Landgericht Düsseldorf Urteil, 05. Dez. 2013 - 4b O 168/11
Tenor
I. Die Beklagte wird verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft an ihrem jeweiligen Geschäftsführer zu vollstrecken ist, zu unterlassen,
a. Polyamid-Formmasse mit einer Zusammensetzung aus (A) 30-100 Gew.-% wenigstens eines Copolyamids 10T/6T, wobei dieses aufgebaut ist aus (A1) 40-95 Mol-% 10T-Einheiten, gebildet aus den Monomeren 1,10 Decandiamin und Terephthalsäure, (A2) 5-60 Mol-% 6T-Einheiten, gebildet aus den Monomeren 1,6 Hexandiamin und Terephthalsäure, sowie (B) 0-70 Gew.-% Verstärkungs- und/oder Füllstoffe, sowie (C) 0-50 Gew.-% Additive und/oder weitere Polymere, wobei die Komponenten (A) bis (C) zusammen 100% ergeben, mit der Maßgabe, dass in der Komponente (A) unabhängig voneinander in (A1) und/oder (A2) bis zu 30 Mol-%, bezogen auf die Gesamtmenge der Dicarbonsäure, der Terephthalsäure ersetzt sein können durch andere aromatische, alipathische oder cycloalipathische Dicarbonsäuren mit 6 bis 36 Kohlenstoffatomen, und mit der Maßgabe, dass in der Komponente (A) unabhängig voneinander in (A1) und/oder (A2) bis zu 30 Mol-% von 1,10 Decandiamin respektive 1,6 Hexandiamin, bezogen auf die Gesamtmenge der Diamine, ersetzt sein können durch andere Diamine mit 4 bis 36 Kohlenstoffatomen, und mit der Maßgabe, dass nicht mehr als 30 Mol-% in der Komponente (A), bezogen auf die Gesamtmenge der Monomeren, durch Lactame oder Aminosäuren gebildet sein können, und mit der Maßgabe, dass die Summe der Monomeren, die Terephthalsäure, 1,6 Hexandiamin und 1,10 Decandiamin ersetzen, eine Konzentration von 30 Mol-% in Bezug auf die Gesamtmenge der in Komponente A eingesetzten Monomere nicht überschreitet,
b. Granulat, insbesondere langfaserverstärktes Stäbchengranulat, Halbzeug oder Formkörper aus einer Polyamid-Formmasse mit einer Zusammensetzung aus (A) 30-100 Gew.-% wenigstens eines Copolyamids 10T/6T, wobei dieses aufgebaut ist aus (A1) 40-95 Mol-% 10T-Einheiten, gebildet aus den Monomeren 1,10 Decandiamin und Terephthalsäure, (A2) 5-60 Mol-% 6T-Einheiten, gebildet aus den Monomeren 1,6 Hexandiamin und Terephthalsäure, sowie (B) 0-70 Gew.-% Verstärkungs- und/oder Füllstoffe, sowie (C) 0-50 Gew.-% Additive und/oder weitere Polymere, wobei die Komponenten (A) bis (C) zusammen 100% ergeben, mit der Maßgabe, dass in der Komponente (A) unabhängig voneinander in (A1) und/oder (A2) bis zu 30 Mol-%, bezogen auf die Gesamtmenge der Dicarbonsäure, der Terephthalsäure ersetzt sein können durch andere aromatische, alipathische oder cycloalipathische Dicarbonsäuren mit 6 bis 36 Kohlenstoffatomen, und mit der Maßgabe, dass in der Komponente (A) unabhängig voneinander in (A1) und/oder (A2) bis zu 30 Mol-% von 1,10 Decandiamin respektive 1,6 Hexandiamin, bezogen auf die Gesamtmenge der Diamine, ersetzt sein können durch andere Diamine mit 4 bis 36 Kohlenstoffatomen, und mit der Maßgabe, dass nicht mehr als 30 Mol-% in der Komponente (A), bezogen auf die Gesamtmenge der Monomeren, durch Lactame oder Aminosäuren gebildet sein können, und mit der Maßgabe, dass die Summe der Monomeren, die Terephthalsäure, 1,6 Hexandiamin und 1,10 Decandiamin ersetzen, eine Konzentration von 30 Mol-% in Bezug auf die Gesamtmenge der in Komponente A eingesetzten Monomere nicht überschreitet, insbesondere bevorzugt zur Verwendung in feuchter und/oder nasser Umgebung,
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken einzuführen;
2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer 1.a. und b. bezeichneten Handlungen seit dem 14.11.2009 begangen hat, und zwar unter Angabe
a. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, –zeiten und –preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
b. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, –zeiten und –preisen und Typenbezeichnungen,
c. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
d. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei für die Angaben zu Ziff. 2.a. Lieferscheine oder Rechnungen in Form von Kopien vorzulegen sind;
3. die vorstehend unter Ziffer 1.a. und b. bezeichneten, seit dem 14.11.2009 im Besitz gewerblicher Abnehmer befindlichen Erzeugnisse zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an diesen Erzeugnissen eingeräumt wurde, schriftlich darüber informiert werden, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf Verletzung des deutschen Teils des EP A erkannt hat, ihnen ein ernsthaftes Angebot zur Rücknahme dieser Erzeugnisse durch die Beklagte unterbreitet wird und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Erstattung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises beziehungsweise eines sonstigen Äquivalents für die zurückgerufenen Erzeugnisse sowie die Übernahme der Verpackungs- und Transport- beziehungsweise Versendungskosten für die Rückgabe zugesagt wird, und wobei die Beklagte verpflichtet ist, die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die zu Ziffer I.1.a. und b. bezeichneten, seit dem 14.11.2009 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
III. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 500.000,00 € vorläufig vollstreckbar.
1
4b O 168/11 Verkündet am 05.12.2013
2Majstorovic, Justizsekretärin
3als Urkundsbeamtin
4der Geschäftsstelle
5LANDGERICHT DÜSSELDORF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
7In dem Rechtsstreit
8hat die 4b. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 14.11.2013 durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht Voß, den Richter am Landgericht Dr. Voß und die Richterin Dr. Thom
9für R e c h t erkannt:
10- 11
I. Die Beklagte wird verurteilt,
- 13
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft an ihrem jeweiligen Geschäftsführer zu vollstrecken ist, zu unterlassen,
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a. Polyamid-Formmasse mit einer Zusammensetzung aus (A) 30-100 Gew.-% wenigstens eines Copolyamids 10T/6T, wobei dieses aufgebaut ist aus (A1) 40-95 Mol-% 10T-Einheiten, gebildet aus den Monomeren 1,10 Decandiamin und Terephthalsäure, (A2) 5-60 Mol-% 6T-Einheiten, gebildet aus den Monomeren 1,6 Hexandiamin und Terephthalsäure, sowie (B) 0-70 Gew.-% Verstärkungs- und/oder Füllstoffe, sowie (C) 0-50 Gew.-% Additive und/oder weitere Polymere, wobei die Komponenten (A) bis (C) zusammen 100% ergeben, mit der Maßgabe, dass in der Komponente (A) unabhängig voneinander in (A1) und/oder (A2) bis zu 30 Mol-%, bezogen auf die Gesamtmenge der Dicarbonsäure, der Terephthalsäure ersetzt sein können durch andere aromatische, alipathische oder cycloalipathische Dicarbonsäuren mit 6 bis 36 Kohlenstoffatomen, und mit der Maßgabe, dass in der Komponente (A) unabhängig voneinander in (A1) und/oder (A2) bis zu 30 Mol-% von 1,10 Decandiamin respektive 1,6 Hexandiamin, bezogen auf die Gesamtmenge der Diamine, ersetzt sein können durch andere Diamine mit 4 bis 36 Kohlenstoffatomen, und mit der Maßgabe, dass nicht mehr als 30 Mol-% in der Komponente (A), bezogen auf die Gesamtmenge der Monomeren, durch Lactame oder Aminosäuren gebildet sein können, und mit der Maßgabe, dass die Summe der Monomeren, die Terephthalsäure, 1,6 Hexandiamin und 1,10 Decandiamin ersetzen, eine Konzentration von 30 Mol-% in Bezug auf die Gesamtmenge der in Komponente A eingesetzten Monomere nicht überschreitet,
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b. Granulat, insbesondere langfaserverstärktes Stäbchengranulat, Halbzeug oder Formkörper aus einer Polyamid-Formmasse mit einer Zusammensetzung aus (A) 30-100 Gew.-% wenigstens eines Copolyamids 10T/6T, wobei dieses aufgebaut ist aus (A1) 40-95 Mol-% 10T-Einheiten, gebildet aus den Monomeren 1,10 Decandiamin und Terephthalsäure, (A2) 5-60 Mol-% 6T-Einheiten, gebildet aus den Monomeren 1,6 Hexandiamin und Terephthalsäure, sowie (B) 0-70 Gew.-% Verstärkungs- und/oder Füllstoffe, sowie (C) 0-50 Gew.-% Additive und/oder weitere Polymere, wobei die Komponenten (A) bis (C) zusammen 100% ergeben, mit der Maßgabe, dass in der Komponente (A) unabhängig voneinander in (A1) und/oder (A2) bis zu 30 Mol-%, bezogen auf die Gesamtmenge der Dicarbonsäure, der Terephthalsäure ersetzt sein können durch andere aromatische, alipathische oder cycloalipathische Dicarbonsäuren mit 6 bis 36 Kohlenstoffatomen, und mit der Maßgabe, dass in der Komponente (A) unabhängig voneinander in (A1) und/oder (A2) bis zu 30 Mol-% von 1,10 Decandiamin respektive 1,6 Hexandiamin, bezogen auf die Gesamtmenge der Diamine, ersetzt sein können durch andere Diamine mit 4 bis 36 Kohlenstoffatomen, und mit der Maßgabe, dass nicht mehr als 30 Mol-% in der Komponente (A), bezogen auf die Gesamtmenge der Monomeren, durch Lactame oder Aminosäuren gebildet sein können, und mit der Maßgabe, dass die Summe der Monomeren, die Terephthalsäure, 1,6 Hexandiamin und 1,10 Decandiamin ersetzen, eine Konzentration von 30 Mol-% in Bezug auf die Gesamtmenge der in Komponente A eingesetzten Monomere nicht überschreitet, insbesondere bevorzugt zur Verwendung in feuchter und/oder nasser Umgebung,
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken einzuführen;
19- 20
2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer 1.a. und b. bezeichneten Handlungen seit dem 14.11.2009 begangen hat, und zwar unter Angabe
- 22
a. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, –zeiten und –preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
- 23
b. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, –zeiten und –preisen und Typenbezeichnungen,
- 24
c. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
- 25
d. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei für die Angaben zu Ziff. 2.a. Lieferscheine oder Rechnungen in Form von Kopien vorzulegen sind;
27- 28
3. die vorstehend unter Ziffer 1.a. und b. bezeichneten, seit dem 14.11.2009 im Besitz gewerblicher Abnehmer befindlichen Erzeugnisse zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an diesen Erzeugnissen eingeräumt wurde, schriftlich darüber informiert werden, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf Verletzung des deutschen Teils des EP A erkannt hat, ihnen ein ernsthaftes Angebot zur Rücknahme dieser Erzeugnisse durch die Beklagte unterbreitet wird und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Erstattung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises beziehungsweise eines sonstigen Äquivalents für die zurückgerufenen Erzeugnisse sowie die Übernahme der Verpackungs- und Transport- beziehungsweise Versendungskosten für die Rückgabe zugesagt wird, und wobei die Beklagte verpflichtet ist, die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen.
- 30
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die zu Ziffer I.1.a. und b. bezeichneten, seit dem 14.11.2009 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
- 32
III. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
- 34
IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 500.000,00 € vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
36Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des am 20.03.2008 angemeldeten und am 14.10.2009 u. a. mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland eingetragenen europäischen Patents EP A (Anlage K 1, nachfolgend: Klagepatent). Der deutsche Teil des Klagepatents, welches eine Priorität vom 03.05.2007 in Anspruch nimmt, wird beim DPMA unter dem Az. 50 208 000 140.9 geführt. Das Klagepatent steht in Kraft. Es wurde mit Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 22.01.2013 in seiner erteilten Fassung unverändert aufrechterhalten (Anlage PBP 7). Den seitens der Beklagten erklärten Beitritt zu dem gegen das Klagepatent anhängigen Einspruchsverfahren (Anlage PBP 13) verwarf die Einspruchsabteilung als unzulässig. Über die gegen die Einspruchsentscheidung eingelegte Beschwerde ist bislang nicht entschieden.
37Das Klagepatent betrifft teilaromatische Polyamid-Formmassen und deren Verwendung. Die im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachten Ansprüche 1 und 22 lauten wie folgt:
38„1. Polyamid-Formmasse mit folgender Zusammensetzung:
39(A) 30-100 Gew.-% wenigstens eines Copolyamids 10T/6T, wobei dieses aufgebaut ist aus
40(A1) 40-95 Mol-% 10T-Einheiten, gebildet aus den Monomeren 1,10 Decandiamin und Terephthalsäure
41(A2) 5-60 Mol-% 6T-Einheiten, gebildet aus den Monomeren 1,6 Hexandiamin und Terephthalsäure
42(B) 0-70 Gew.-% Verstärkungs- und/oder Füllstoffe
43(C) 0-50 Gew.-% Additive und/oder weitere Polymere
44wobei die Komponenten A bis C zusammen 100% ergeben,
45mit der Maßgabe, dass in der Komponente (A) unabhängig voneinander in (A1) und/oder (A2) bis zu 30 Mol-%, bezogen auf die Gesamtmenge der Dicarbonsäure, der Terephthalsäure ersetzt sein können durch andere aromatische, alipathische oder cycloalipathische Dicarbonsäuren mit 6 bis 36 Kohlenstoffatomen,
46und mit der Maßgabe, dass in der Komponente (A) unabhängig voneinander in (A1) und/oder (A2) bis zu 30 Mol-% von 1,10 Decandiamin respektive 1,6 Hexandiamin, bezogen auf die Gesamtmenge der Diamine, ersetzt sein können durch andere Diamine mit 4 bis 36 Kohlenstoffatomen,
47und mit der Maßgabe, dass nicht mehr als 30 Mol-% in der Komponente (A), bezogen auf die Gesamtmenge der Monomeren, durch Lactame oder Aminosäuren gebildet sein können,
48und mit der Maßgabe, dass die Summe der Monomere, die Terephthalsäure, 1,6 Hexandiamin und 1,10 Decandiamin ersetzen, eine Konzentration von 30 Mol-% in Bezug auf die Gesamtmenge der in Komponente A eingesetzten Monomere nicht überschreitet.
4922. Granulat, insbesondere langfaserverstärktes Stäbchengranulat, Halbzeug oder Formkörper aus einer Polyamid-Formmasse nach einem der vorhergehenden Ansprüche 1-19 oder aus einer Polyamid-Mischung nach einem der Ansprüche 21 und 20, insbesondere bevorzugt zur Verwendung in feuchter und/oder nasser Umgebung.“
50Die Beklagte produziert Verbundstoffe zur Weiterverarbeitung in der chemischen Industrie. Unter dem Handelsnamen „Vicnyl R360 NH“ vertreibt sie in der Bundesrepublik Deutschland ein von ihr hergestelltes Granulat aus Polyamid-Formmasse (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform), welches sie im Oktober 2010 auf der Kunststoffmesse K in Düsseldorf ausstellte. Die Beklagte lieferte die angegriffene Ausführungsform an die Ponachem Compound GmbH in Hamburg.
51Die angegriffene Ausführungsform hat einen Polyamid-Anteil, der die Monomere 1,10 Decandiamin, 1,6 Hexandiamin, Terephthalsäure und Adipinsäure enthält. Ausgehend von diesen Monomeren weist sie im Endprodukt die Amideinheiten 10T (Decandiamin + Terephthalsäure), 6T (Hexandiamin + Terephthalsäure), 66 (Hexandiamin + Adipinsäure) und 106 (Decandiamin + Adipinsäure) auf. Die angegriffene Ausführungsform ist bevorzugt zur Verwendung in feuchter und/oder nasser Umgebung.
52Die Klägerin sieht in dem Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform eine wortsinngemäße Verwirklichung der Ansprüche 1 und 22 des Klagepatents. Anspruch 1 des Klagepatents sei ein Stoffanspruch, der keinerlei Einschränkung hinsichtlich des Herstellungsverfahrens der geschützten Polyamid-Formmasse aufweise oder Anhaltspunkte dafür liefere, dass nur die genannten Monomeren als Edukte (Ausgangsstoffe für die Reaktion) eingesetzt werden dürften. Die unter Schutz gestellte Polyamid-Formmasse könne durch jedes an sich bekannte Verfahren hergestellt werden, wobei es insbesondere mit Blick auf das Copolyamid 10T/6T nicht zwingend der Verwendung von „fertigen“ 10T- bzw. 6T- Einheiten bedürfe. Maßgeblich sei die Zusammensetzung des Endprodukts, d. h. der hergestellten Polyamid-Formmasse.
53Dass die angegriffene Ausführungsform die erfindungsgemäße Zusammensetzung aufweise, belege die ordnungsgemäß an einer Probe der Lieferung der angegriffenen Ausführungsform an die Firma Ponachem Compound GmbH durchgeführte Analyse (Analysebericht Anlage K 4).
54Die Klägerin behauptet, die Verteilung der Monomere in einem Copolyamid und somit die Entstehung des jeweiligen Amids (10T- bzw. 6T), die das Copolyamid bilden, geschehe nicht zufällig, sondern nach statistischen Gesetzmäßigkeiten. Deshalb sei bereits vor der Herstellung bekannt, welche Copolyamide und Polyamide in dem hergestellten Produkt enthalten sein werden.
55Hinsichtlich der von der Beklagten behaupteten – vorsorglich mit Nichtwissen bestrittenen – Verwendung eines AH-Salzes (66-Einheit, bestehend aus 1,6 Hexandiamin und Adipinsäure) bei der Herstellung der angegriffenen Ausführungsform sei zu bemerken, dass dieses keine „fertige“ 66-Einheit mit einer kovalenten Amid-Bindung sei, sondern als ionisches Assoziat aus protoniertem Hexandiamin und deprotonierter Adipinsäure vorliege, das sich im Laufe des Herstellungsverfahrens zwingend aufspalte, so dass die in dem AH-Salz enthaltenen Monomere 1,6 Hexandiamin und Adipinsäure in ihrer jeweils freien Form vorlägen und somit für eine Polymerisationsreaktion unter Ausbildung von Amid-Bindungen mit den im Reaktionsgemisch ebenfalls vorhandenen Monomeren Terephthalsäure bzw. 1,10 Decandiamin zur Verfügung stünden.
56Die Klägerin beantragt,
57wie zuerkannt.
58Die Beklagte beantragt,
59die Klage abzuweisen,
60hilfsweise, den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den beim Europäischen Patentamt anhängigen Einspruch gegen das Klagepatent nach § 148 ZPO auszusetzen.
61Die Beklagte ist der Ansicht, Anspruch 1 sei ein „product-by-process“-Anspruch, da die nachfolgende Struktur des Polyamids durch die vorherige Verwendung von Monomeren definiert sei, die wiederum zu Amid-Einheiten (Salze) verbunden würden. Erst nach diesen beiden Schritten bilde sich ein Copolyamid nach dem Klagepatent. Die exakten Reaktionsabläufe bei der Herstellung von Polyamiden seien ungeklärt, weshalb der Fachmann das spätere Produkt über dessen Ausgangsprodukte – die er als einziges kenne und kontrollieren könne – definiere. Demzufolge müssten die vom jeweiligen Copolyamid-System ausdrücklich benannten Einheiten zur Herstellung des jeweiligen Systems verwendet werden. Für das Klagepatent, welches ausdrücklich nur ein 10T/6T-System unter Schutz stelle, bedeute dies, dass zwingend 10T/6T-Einheiten als Ausgangsstoffe für die Herstellung des Copolyamids verwendet werden müssten. Es müssten folglich entweder aus den Monomeren 1,10 Decandiamin, 1,6 Hexandiamin und Terephthalsäure zunächst 10T- und 6T-Einheiten hergestellt werden, die dann weiter zu fertigen Polyamid-Ketten kondensieren, oder es müssten im ersten Schritt fertige 10T- und 6T-Einheiten als vorgefertigte Salze Verwendung finden. Ob das Endprodukt 10T/6T-Einheiten bzw. Copolyamid 10T/6T aufweise, sei demgegenüber nicht von Bedeutung. Dem Fachmann sei die Tatsache bewusst, dass bei Verwendung unterschiedlicher Monomeren und unterschiedlicher Amid-Bestandteile im Endprodukt zufällig Monomeren nebeneinander liegen könnten, die zusammen betrachtet eine 6T-Einheit bildeten. Die Entstehung zufälliger bzw. automatischer Einheiten könne weder verhindert noch von vornherein eindeutig quantifiziert werden. Die genaue Angabe des Verhältnisses von zwei bestimmten Einheiten müsse sich somit auf die Ausgangsstoffe beziehen. Der tatsächliche Anteil der Einheiten in der Polyamid-Formmasse lasse sich nämlich erst nach Auflösung der fertigen Polyamid-Kette feststellen.
62Basierend auf diesem Verständnis stellt die Beklagte eine Patentverletzung in Abrede. Die angegriffene Ausführungsform weise kein Copolyamid 10T/6T und keine 6T-Einheit auf, die aus Hexandiamin und Terephthalsäure gebildet wäre. Sie arbeite vielmehr ein 10T/66 Copolyamid. Die Beklagte behauptet, als Ausgangsstoffe würden einerseits die Monomeren Terephthalsäure und 1,10 Decandiamin sowie eine fertige 66 Einheit, das sogenannte AH-Salz genutzt. Freies 1,6 Hexandiamin werde nicht verwendet. Das Ergebnis der Salzbildung seien somit ausschließlich 10T-Einheiten und 66-Einheiten. Das verwendete AH-Salz löse sich während der Reaktion nicht vollständig in Monomere auf. Soweit die in der nächsten Verarbeitungsstufe gebildeten Polyamid-Ketten ein an ein Terephthalsäure-Monomer angeschlossenes 1,6 Hexandiamin-Monomer aufwiesen, sei bei isolierter Betrachtung zwar eine 6T-Einheit zu erkennen. Hierbei handele es sich jedoch um eine zufälliges bzw. ein „automatisch“ entstehendes Nebenprodukt. Die Beklagte behauptet weiter, dass sich bei der Verwendung eines AH-Salzes anstelle einzelner Monomere unterschiedliche Strukturen des resultierenden Polyamids ergeben würden. Sie könne experimentell zeigen, dass bei Vorlage eines Salzes die entsprechende Amid-Einheit sehr viel häufiger im späteren Polyamid vorkomme. Es sei zu vermuten, dass die beiden nächstliegenden, bereits durch Ionenbindung angenäherten Monomere statistisch gesehen häufiger miteinander reagierten als andere Monomere. Aus der verwendeten Menge der Monomere könne folglich nicht zwingend auf die spätere Struktur des Polyamids geschlossen werden. Der Nachweis dieser Tatsachen finde sich in dem Untersuchungsbericht PBP 16. Dieser Untersuchung liege ein Vergleich der angegriffenen Ausführungsform mit einem 10T/6T Copolyamid, das aus Einzelmonomeren hergestellt wurde und von der Struktur der klagepatentgemäßen Technik entspreche, zugrunde. Es falle auf, dass in der angegriffenen Ausführungsform mehr 10T- und nahezu doppelt so viele 66-Einheiten entstünden wie bei dem klagepatentgemäßen Copolyamid.
63Mit der Analyse K 4 könne eine Verwirklichung des Klagepatents schon deswegen nicht belegt werden, weil die Analyse nicht die Ausgangsstoffe benenne. Die Analyse sei zudem unrichtig. Es werde ein Polyamidanteil von 47,8 Gew.-% konstatiert, obgleich die Summe der angeblich festgestellten vier Bestandteile einen Polyamidanteil von 53,71 Gew.-% sei. Der Analyse sei ferner nicht zu entnehmen, zu welchem Anteil die angegriffene Ausführungsform 66 und 106 Einheiten enthalte.
64Die Einbeziehung der angegriffenen Ausführungsform in den Schutzbereich des Klagepatents scheitere außerdem an dem widersprüchlichen Verhalten der Klägerin. Gegenüber dem europäischen Patentamt habe die Klägerin das Klagepatent insbesondere dadurch vom Stand der Technik abgegrenzt, dass in dem Bestandteil (A2) immer 6T-Einheiten vorhanden sein müssten. Darüber hinaus habe sie darauf verwiesen, dass in beiden Bestandteilen (A1) und (A2) die „gleiche Säure, namentliche Terephthalsäure eingesetzt wird.“ Anders als im hiesigen Verletzungsverfahren habe die Klägerin im Einspruchsverfahren mithin die Ansicht vertreten, dass es entscheidend auf die Monomere und die daraus gewonnenen Amid-Einheiten als Zwischenprodukte zum späteren Copolyamid ankomme.
65Hilfsweise sei der Rechtsstreit bis zur Beschwerdeentscheidung auszusetzen. Abgesehen davon, dass die Einspruchsabteilung ihren Beitritt zu Unrecht als unzulässig zurückgewiesen habe, sei die Entscheidung auch inhaltlich offensichtlich falsch. Der Gegenstand des Klagepatents werde durch die US B (Entgegenhaltung D1) vollständig vorweggenommen
66Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
67Entscheidungsgründe
68Die zulässige Klage ist begründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche wegen Patentverletzung wie aus dem Tenor ersichtlich zu. Die angegriffene Ausführungsform macht von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch.
69I.
70Die Erfindung der Ansprüche 1 und 22 betrifft Polyamid-Formmassen auf Basis eines Terephthalsäure-Copolyamids.
71Ein Copolyamid setzt sich aus einer Vielzahl von Polyamidketten zusammen. Eine Polyamidkette wiederum besteht aus einer Vielzahl von Amid-Einheiten, die über kovalente Bindungen verbunden sind. Eine Amid-Einheit besteht aus zwei Monomeren, nach dem Klagepatent Diamin und Dicarbonsäure. Ein Copolyamid ist ein Polyamid, das aus verschiedenen Monomeren aufgebaut ist.
72Polyamide und Copolyamide sind nach den einleitenden Ausführungen in der Klagepatentschrift aus dem Stand der Technik bekannt. Sie weisen unterschiedliche Vor- und Nachteile auf.
73Bekannte Standardpolyamide wie PA6 und PA66 lassen sich beispielsweise leicht verarbeiten, haben hohe Schmelzpunkte und hohe Wärmeformbeständigkeit, insbesondere wenn sie mit Glasfasern verstärkt sind oder mineralische Füllstoffe enthalten. Allerdings weisen sie auch eine hohe Wasseraufnahme von bis zu 60% bei Lagerung im Wasser auf. Sie sind daher für die Anwendung mit hohen Anforderungen an die Dimensionsstabilität unter nassen oder feuchten Bedingungen nicht einsetzbar.
74Die gleichfalls bekannten langkettigen alipathischen Polyamide aus Aminoundecansäure (PA11) oder Larinlactam (PA12) oder aus Dodecandiamin und Dodecandisäure (PA12) haben zwar eine niedrige Wasseraufnahme, aber unerwünscht tiefe Schmelzpunkte unter 200˚C. Diese Polyamide sind für technische Anwendungen bei höheren Temperaturen nicht geeignet.
75Teilaromatische Polyamide des Typs PA6T/6I, wie sie in der US 4, 607, 073 beschrieben sind, haben zwar eine reduzierte Wasseraufnahme verglichen mit PA6 und PA66 und die mechanischen Eigenschaften bleiben nach Wasseraufnahme weitgehend erhalten. Die Wasseraufnahme ist jedoch für Präzisionsteile immer noch zu hoch (Quellung), die Schmelzpunkte sind ebenfalls zu hoch und durch die Verwendung der Isophthalsäure werden die Kristallinität sowie die Kristallisationsgeschwindigkeit stark abgesenkt, und die Verarbeitbarkeit ist problematisch. Das gleichfalls in der genannten Schrift beschriebene PA10T zeigt eine stark reduzierte Wasseraufnahme, so dass sich die mechanischen Eigenschaften bei Lagerung im Wasser nicht verändern. Das Material ist indessen hochkristallin und kristallisiert sehr schnell, so dass es beim Spritzguss zum Einfrieren der Düse kommt.
76Die aus der EP 0 659 799, der EP 0 976 774, der EP 1 186 634 und der EP 1 375 578 bekannten teilaromatischen Polyamide zeichnen sich zwar durch ein gute Verarbeitbarkeit, exzellente Kristallinität, gute Wärmeformbeständigkeit, niedrige Wasseraufnahme, gute chemische Beständigkeit, Dimensionsstabilität und Zähigkeit aus. Sie enthalten jedoch 2-Methyl-1,8-octandiamin, welches zurzeit in Europa nicht zugelassen ist.
77Als weiteren Stand der Technik benennt das Klagepatent diverse Druckschriften, die weitere Polyamide und Copolyamide offenbaren. Ihnen ist gemein, dass ausschließlich Systeme auf Basis von 1,6 Hexandiamin, Terephthalsäure und Isophthalsäure oder Adipinsäure (PA6T/6I und PA 6T/66) oder Systeme mit 1,6 Hexandiamin, Terephthalsäure, Adipinsäure und Caprolactam gezeigt sind.
78Ausgehend von dem Stand der Technik liegt dem Klagepatent die Aufgabe (das technische Problem) zugrunde, eine Polyamid-Formmasse zur Verfügung zu stellen, welche sowohl hinsichtlich der mechanischen Eigenschaften auch unter nassen oder feuchten Bedingungen als auch hinsichtlich der Verarbeitbarkeit im Vergleich zum Stand der Technik verbessert ist.
79Gelöst wird die Aufgabe durch eine Kombination der in den Ansprüchen 1 und 22 niedergelegten Merkmale, die sich wie folgt gliedern lassen:
80Anspruch 1:
81- 82
1. Polyamid-Formmasse mit folgender Zusammensetzung:
- 84
a. 30-100 Gew.-% wenigstens eines Copolyamids 10T/6T, wobei dieses aufgebaut ist aus
- 86
i. (A1) 40-95 Mol-% 10T-Einheiten, gebildet aus den Monomeren 1,10 Decandiamin und Terephthalsäure,
- 88
ii. (A2) 5-60 Mol-% 6T-Einheiten, gebildet aus den Monomeren 1,6 Hexandiamin und Terephthalsäure,
- 90
b. (B) 0-70 Gew.-% Verstärkungs- und/oder Füllstoffe,
- 92
c. (C) 0-50 Gew.-% Additive und/oder weitere Polymere.
- 94
d. Die Komponenten (A) bis (C) ergeben zusammen 100%.
- 96
2. In der Komponente (A) können unabhängig voneinander in (A1) und/oder (A2)
- 98
a. bis zu 30 Mol-%, bezogen auf die Gesamtmenge der Dicarbonsäure, der Terephthalsäure ersetzt sein durch andere aromatische, alipathische oder cycloalipathische Dicarbonsäuren mit 6 bis 36 Kohlenstoffatomen,
- 100
b. bis zu 30 Mol-% von 1,10 Decandiamin respektive 1,6 Hexandiamin, bezogen auf die Gesamtmenge der Diamine, ersetzt sein durch andere Diamine mit 4 bis 36 Kohlenstoffatomen.
- 102
3. In der Komponente (A) können nicht mehr als 30 Mol-%, bezogen auf die Gesamtmenge der Monomeren, durch Lactame oder Aminosäuren gebildet sein.
- 104
4. Die Summe der Monomere, die Terephthalsäure, 1,6 Hexandiamin und 1,10 Decandiamin ersetzen, überschreitet nicht eine Konzentration von 30 Mol-% in Bezug auf die Gesamtmenge der in Komponente (A) eingesetzten Monomere.
Anspruch 22:
106- 107
1. Granulat, insbesondere
- 109
a. langfaserverstärktes Stäbchengranulat,
- 110
b. Halbzeug oder
- 111
c. Formkörper.
- 113
2. Das Granulat besteht aus
- 115
a. einer Polyamid-Formmasse nach einem der vorhergehenden Ansprüche 1-19 oder
- 116
b. aus einer Polyamid-Mischung nach einem der Ansprüche 21 und 20.
- 118
3. Das Granulat ist insbesondere bevorzugt zur Verwendung in feuchter und/oder nasser Umgebung
II.
120Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht die Ansprüche 1 und 22 des Klagepatents wortsinngemäß.
1211)
122Die Parteien stimmen zu Recht darin überein, dass die angegriffene Ausführungsform die Merkmale 1.a.i., die Merkmalsgruppe 2 sowie die Merkmale 3 und 4 des Anspruchs 1 und zudem die Merkmalsgruppe 1 sowie die Merkmale 2 und 3 des Anspruchs 22 verwirklicht. Weitere Ausführungen der Kammer hierzu erübrigen sich.
1232)
124Die angegriffene Ausführungsform weist darüber hinaus ein Copolyamid 10T/6T im Sinne des Merkmals 1.a. und 6T-Einheiten gemäß Merkmal 1.a.ii des Anspruchs 1 auf. Sie verwirklicht damit zugleich das Merkmal 2a. des Anspruchs 22.
125a)
126Anspruch 1 – worauf Anspruch 22 Bezug nimmt – stellt in Merkmal 1.a. eine Polyamid-Formmasse unter Schutz, die zu 30-100 Gew.-% wenigstens aus einem Copolyamid 10T/6T zusammengesetzt ist, wobei das Copolyamid 10T/6T entsprechend Merkmal 1.a.ii aus 5-60 Mol-% 6T-Einheiten, gebildet aus den Monomeren 1,6 Hexandiamin und Terephthalsäure, aufgebaut sein muss. Diese Vorgaben betreffen das Endprodukt, die hergestellte Polyamid-Formmasse. Auf Grund welcher Herstellungsvorgänge in der Polyamid-Formmasse das erfindungsgemäße Copolyamid 10T/6T aufgebaut ist, welches Herstellungsverfahren angewendet wurde, ob hierbei als Ausgangsstoff „fertige“ 6T-Einheiten bzw. freie Monomere verwendet wurden und ob hierbei „zufällig“ 6T-Einheiten entstehen, lässt Anspruch 1 offen. Nach Anspruch 1 führt es zudem nicht aus dem Schutzbereich heraus, wenn in der hergestellten Polyamid-Formmasse auch Polyamide der 106- oder 66-Einheiten vorhanden sind.
127Anspruch 1 kennzeichnet einen Stoff bzw. ein Erzeugnis und ist ein Sachanspruch. Die unter Schutz gestellte Polyamid-Formmasse muss (nach ihrer Herstellung) eine Zusammensetzung aufweisen, die durch bestimmte – in den einzelnen Merkmalen des Anspruchs niedergelegte – räumlich-körperliche Merkmale gekennzeichnet ist. Die Kennzeichnung des Erzeugnisses erfolgt demgegenüber nicht im Gewand eines Product-by-process-Anspruchs, wofür erforderlich wäre, dass ein (Herstellungs-)Verfahren zur Definition der Polyamid-Formmasse dient, weil eine präzisere Kennzeichnung des Erzeugnisses durch strukturelle Merkmale nicht zuverlässig möglich oder ganz unpraktikabel wäre (BGH BeckRS 2010, 18946; BGH GRUR 1993, 651 – Tetraploide Kamille).
128Betrachtet der Fachmann als Ausgangspunkt und Grundlage seiner Überlegungen den Anspruchswortlaut nimmt er zunächst zur Kenntnis, dass in diesem von einer „Polyamid-Formmasse mit folgender Zusammensetzung: (A) 30 – 100 Gew.-% wenigstens eines Copolyamids 10T/6T, wobei dieses aufgebaut ist aus, ... (A2) 5 bis 60 Mol-% 6T-Einheiten, gebildet aus den Monomeren 1,6 Hexandiamin und Terephthalsäure …“ die Rede ist. Geschützt ist demnach ein Stoff bzw. ein Erzeugnis, dessen Aufbau und Einheiten festgelegt sind. Ein Verfahren zur Herstellung des geschützten Erzeugnisses ist hingegen an keiner Stelle erwähnt; ebenso wenig die Verwendung einer der genannten Einheiten als Ausgangsstoff.
129Die Vorgabe eines bestimmten Verfahrens oder eines bestimmten Ausgangsstoffes in dem von der Beklagten genannten Sinne kann auch nicht in den im Anspruch verwendeten Begriff „Copolyamid 10T/6T“ hineingelesen werden. Abgesehen davon, dass der Anspruch 1 insoweit nicht von einem „System“ spricht, lässt sich nicht feststellen, dass der Fachmann diesen Begriff als Qualifizierung der Ausgangsstoffe und nicht als Qualifizierung des in der hergestellten Polyamid-Formmasse vorhandenen Copolyamids versteht. Ein Beleg für ein dahingehendes – von der Klägerin bestrittenes – gebräuchliches Fachverständnis findet sich nicht. Und selbst wenn diesem Begriff nach dem allgemeinen Fachverständnis ein dahingehender Inhalt beizumessen wäre, ist zu berücksichtigen, dass die Merkmale eines Patentanspruchs aus der Patentschrift selbst ausgelegt werden müssen und gebräuchliche Fachbegriffe nicht unbesehen mit ihrem nach dem allgemeinen Sprachgebrauch gegebenen Inhalt zugrunde gelegt werden können.
130Richtet der Fachmann seinen Fokus auf das Klagepatent, berücksichtigt er den Inhalt des Anspruchs 1 in seiner Gesamtheit und wird infolge dessen gewahr, dass Merkmal 2 a.1. es gestattet, in der Komponente (A) unabhängig voneinander in (A1) und/oder (A2) in einem gewissen Umfang die Terephthalsäure durch eine andere aromatische, alipathische oder cycloalipathische Dicarbonsäure mit 6 bis 36 Kohlenstoffatomen zu ersetzen. Die Terephthalsäure kann folglich durch Adipinsäure ersetzt werden, wie beispielsweise auch aus Absatz [0040] des Klagepatents hervorgeht. Im Falle eines anspruchsgemäßen Ersetzen der Terephthalsäure durch Adipinsäure enthält die Polyamid-Formmasse – wie der Fachmann unstreitig weiß – neben 10T- und 6T-Einheiten auch Polyamide der 106- und 66-Einheiten. Auch für diese erfindungsgemäße Variante belässt es der Anspruch bei der Bezeichnung „Copolyamid 10T/6T“, woraus der Fachmann den Schluss zieht, dass es nicht auf die Ausgangsstoffe, sondern auf das Vorhandensein von 10T/6T- Einheiten in der hergestellten Polyamid-Formmasse ankommt, wobei 10T entsprechend der üblichen Listung die am häufigsten vorkommenden Einheiten und 6T die am zweithäufigsten vorkommenden Einheiten sind.
131Gestützt wird dieses Verständnis durch die von der technischen Lehre zwingend beanspruchten Vorteile. Die erfindungsgemäße Polyamid-Formmasse muss in Abgrenzung zum Stand der Technik bestimmte verbesserte Eigenschaften aufweisen. Wie insbesondere in Absatz [0022] des Klagepatents erläutert, soll die Polyamid-Formmasse über eine hohe Wärmebeständigkeit, gute Verarbeitbarkeit, niedrige Wasseraufnahme, unveränderte mechanische Eigenschaften nach Wasseraufnahme, gute Oberflächenqualität der glasfaserverstärkten Produkte und hohe Dimensionsstabilität verfügen. Diese Eigenschaften der Polyamid-Formmasse sind kein Selbstzweck, sondern sollen dazu führen, dass die aus der Formmasse geformten Vorrichtungen, Gegenstände, Teile etc. die genannten Vorteile und Charakteristiken aufweisen. Entscheidend sind folglich die Eigenschaften der hergestellten Polyamid-Formmasse, die gerade auf der erfindungsgemäßen Kombination der im Anspruch genannten Komponenten beruht (vgl. auch Absatz [0020]).
132Dass die hergestellte Polyamid-Formmasse, die u. a. aus Copolyamid 10T/6T zusammengesetzt ist, diese Vorteile nur dann aufweist, wenn als Ausgangsstoff „fertige“ 6T-Einheiten bzw. freie Monomere verwendet wurden, ist nicht ersichtlich. Die Beklagte hat derartiges nicht vorgetragen und auch ihre Behauptung, bei Einsatz eines Salzes, hier eines AH-Salzes, als Ausgangsstoff komme es zu „strukturellen Unterschieden“ verfängt nicht. Selbst wenn die von der Beklagten behaupteten strukturellen Unterschiede im hergestellten Copolyamid vorhanden sein und ihren Grund darin finden sollten, dass die Wahrscheinlichkeit der Bildung einer 66-Einheit wegen der Verwendung des AH-Salzes größer ist und so nahezu doppelt so viele 66-Einheiten wie bei einem Herstellungsverfahren mit „fertigen“ 6T-Einheiten entstehen sollten, ist nicht ersichtlich, welche Konsequenzen dies für die hergestellte Polyamid-Formmasse mit sich bringt und dass etwaige Konsequenzen aus dem Schutzbereich des Anspruchs herausführen. Insbesondere die in Absatz [0022] genannten Vorteile und Eigenschaften der Polyamid-Formmasse hat die Beklagte bei Verwendung des Salzes nicht in Abrede gestellt.
133Einen Bedarf, zur Bestimmung des Copolyamids auf die Ausgangsstoffe zurückzugreifen, sieht der Fachmann nicht. Denn es lässt sich weder feststellen, dass eine hergestellte Polyamid-Formmasse nicht auf die in ihr vorhandenen Bestandteile hin untersucht werden könnte, noch ist festzustellen, dass es sich – auch wenn die genauen chemischen Reaktionsabläufe bei der Herstellung eines Copolyamids, insbesondere der Mechanismus der Amid-Bindung nicht eindeutig geklärt sind – um einen „unkontrollierten“ oder „zufälligen“ Vorgang in dem Sinne handelt, dass der Fachmann nie weiß, welches Copolyamid im Endprodukt vorhanden sein wird. Aufgrund der statistisch vorhersagbaren Verteilung der Monomere in dem herzustellenden Copolyamid ist dem Fachmann vielmehr bekannt, welche Copolyamide und Polyamide bei Verwendung einer bestimmten Menge von Diaminen und Dicarbonsäuren entstehen. Dass die Verteilung der Monomere in einem Copolyamid und somit die Entstehung des jeweiligen Amids, die das Copolyamid bilden, nicht zufällig, sondern nach statistischen Gesetzmäßigkeiten erfolgt, belegt die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 22.01.2013 (Anlage PBP 17), welche als sachkundige Äußerung zu beachten ist. Ein weiterer Beleg ist der als Anlage K 11 überreichte Wikipedia-Auszug zum Stichwort „Polyamide“.
134Gegen das von der Beklagten vertretene Verständnis spricht fürderhin die Beschreibung des Klagepatents. In Absatz [0114] ist festgehalten, dass die „teilaromatischen Copolyamide (A) PA10T/6T … mit an sich bekannten Verfahren hergestellt werden können.“ Eine Festlegung auf ein bestimmtes (der bekannten) Verfahren ist dies gerade nicht. Hinzu tritt, dass als eine Herstellungsmöglichkeit in Absatz [0117] ein Verfahren zur kontinuierlichen Herstellung von Polyamiden beschrieben wird, bei dem zunächst wässrige „Lösungen von Salzen aus Dicarbonsäuren und Diaminen“ erhitzt werden. Ausgangsstoff dieser Herstellungsvariante sind folglich nicht die jeweiligen Monomere Diamin und Dicarbonsäure, sondern die Salze dieser Monomeren. In Absatz [0022] wird ferner ein einstufiges Batchverfahren beschrieben, bei dem zur Herstellung des geschützten Copolyamids die Mischung der Monomeren oder deren Salze für einen bestimmten Zeitraum auf eine bestimmte Temperatur aufgeheizt werden. Auch für dieses Herstellungsverfahren ist es dem Klagepatent zufolge möglich, die Salze der Monomeren (und nicht die jeweiligen Monomeren selbst) als Ausgangsstoffe einzusetzen. Ein Copolyamid 10T/6T, welches mittels eines Herstellungsverfahrens hergestellt wird, bei dem die Salze von Monomeren als Edukt verwendet werden, wird demzufolge als erfindungsgemäß beschrieben.
135Soweit im Rahmen der Beschreibung bevorzugter Ausführungsbeispiele der Einsatz „fertiger“ 6T-Einheiten zur Herstellung erläutert wird, bietet das Klagepatent keinen Anknüpfungspunkt dafür, den Anspruch auf die bzw. eines der Ausführungsbeispiele einzuschränken.
136Auch die weiteren, von der Beklagten vorgebrachten Beschreibungsstellen werden den Fachmann nicht zu einem einschränkenden Verständnis hinsichtlich eines Herstellungsverfahrens bzw. der zu verwendeten Ausgangsstoffe leiten. Die Absätze [0019] und [0028] des Klagepatents betreffen das Ersetzen der Komponente (A) gemäß den in der Merkmalsgruppe 2 enthaltenen Vorgaben. Unabhängig davon, dass in diesen Absätzen nur eine bevorzugte Ersetzungsvariante genannt ist, ist ihnen keine Aussage zu der Verwendung einer „fertigen“ 6T-Einheit zu entnehmen. Absatz [0026] des Klagepatents befasst sich mit der genügenden Reinheit der eingesetzten Monomeren. Auch hier ist indes zunächst im Blick zu halten, dass dieser Absatz nur eine vorteilhafte Ausgestaltung beschreibt. Darüber hinaus ist die Reinheit eines Stoffes nicht gleichbedeutend mit der isolierten Verwendung als Ausgangsstoff; es geht vielmehr um nicht erwünschte Verunreinigungen. Ein Salz eines der im Anspruch genannten Monomere kann nicht als eine Verunreinigung angesehen werden. Ferner lässt sich auch Absatz [0047] des Klagepatents nicht für die Sichtweise fruchtbar machen, dass das Copolyamid 10T/6T aus „fertigen“ 6T-Einheiten aufgebaut sein muss. In diesem Absatz wird der beim Herstellungsprozess eintretende Diaminverlust thematisiert und vorgeschlagen, zum Ausgleich des Diaminverlustes bevorzugt dem Monomeransatz ein Diaminüberschuss in einer bestimmten Größenordnung zuzusetzen. Auch hier wird demnach lediglich eine bevorzugte Variante geschildert, wobei dieser Absatz überdies den Verfahrensanspruch 31 erläutert. Schließlich verhilft auch der Verweis auf Absatz [0010] des Klagepatents nicht zum Erfolg. Auch wenn dort mit Bezug auf die EP C vom Klagepatent verschiedene Bezeichnungen für die dort bevorzugten Polyamide aufgeführt werden, obgleich in den dortigen Beispielen wegen der Ausgangsstoffe auch immer (automatisch) andere Einheiten gebildet werden, steht dies nicht im Widerspruch zum hiesigen Verständnis. Denn auch nach Anspruch 1 ist es nicht ausgeschlossen, dass neben den zur Bezeichnung des Copolyamids verwendeten Einheiten noch andere Einheiten im geschützten Erzeugnis vorhanden sind.
137Abschließend ist zu bemerken, dass der Fachmann auch nicht deshalb zu einer anderen Sichtweise neigt, weil in Merkmal 1.a.ii näher erläutert ist, aus was die 6T-Einheiten gebildet sind. Zwar belehrt bereits der Begriff „6T-Einheiten“ für sich genommen den Fachmann darüber, aus welchen Monomeren die Einheit besteht. Mit Blick auf die in der Merkmalsgruppe 2 vorgesehenen Ersetzungsmöglichkeiten verschafft ihm die Benennung der Einheiten in Merkmal 1.a.ii jedoch Klarheit und einen eindeutigen Anknüpfungspunkt, was wie nach der technischen Lehre des Anspruchs 1 ersetzt werden kann.
138b)
139Ausgehend von diesem Verständnis verwirklicht die angegriffene Ausführungsform die Merkmale 1.a und 1.a.ii des Anspruchs 1. Dies folgt sowohl aus dem von der Klägerin vorgelegten Analysebericht K 4 wie auch aus dem als Anlage PBP 16 von der Beklagten vorgelegten Untersuchungsbericht (dessen in der mündlichen Verhandlung überreichte „Übersetzung“ sich vom Original unterscheidet).
140Trotz der zum Teil voneinander abweichenden einzelnen Angaben weist die angegriffene Ausführungsform nach beiden Berichten im Endprodukt die Amid-Einheiten 10T, 6T, 66 und 106 auf. Gleichfalls beide Berichte belegen einen durchschnittlichen Anteil von 10T-Einheiten und einen durchschnittlichen Anteil von 6T-Einheiten, der innerhalb der jeweiligen anspruchsgemäßen Mol-% liegt. Beiden Berichten ist ferner zu entnehmen, dass die beiden genannten Einheiten die im Endprodukt am häufigsten vorkommenden Einheiten sind. Angesichts dieser insoweit übereinstimmenden Ergebnisse des Analyseberichts Anlage K 4 und des Untersuchungsberichts Anlage PBP 16, der nach dem Vorbringen der Beklagten die angegriffene Ausführungsform untersucht, bedarf es keiner weiteren Klärung, ob die von der Beklagten gegen den Analysebericht Anlage K 4 vorgebrachten Einwände durchgreifen. Selbst wenn der Analysebericht Anlage K 4 eine falsche Addition der Gewichtsprozente der einzelnen Bestandteile des Polyamids enthalten sollte, und obwohl sich in dem Analysebericht K 4 keine Differenzierung des Mol-%-Anteils von 106 und 66 findet, führt dies aufgrund der Erkenntnisse aus dem Untersuchungsbericht Anlage PBP 16 nicht aus dem Schutzbereich des Anspruchs 1 heraus. Der Untersuchungsbericht Anlage PBP 16 belegt für sich genommen die Verwirklichung des Anspruchs 1.
141Dass die 10T- und die 6T-Einheit in der angegriffenen Ausführungsform in Form eines Copolyamids vorliegen, ist aufgrund des Vortrages der Klägerin festzustellen, dass der Polyamid-Anteil der angegriffenen Ausführungsform zwei Schmelzpunkte aufweist, 287˚C und 298˚C. Die Schmelzpunkte für 10T- und 6T-Homopolyamide liegen dem klägerischen Vortrag zufolge demgegenüber bei 316˚C bzw. bei 370˚C. Untermauert wird dieses Vorbringen durch den Analysebericht Anlage K 4. Dem ist die Beklagte nicht in erheblicher Weise entgegen getreten. Sie hat zwar das Merkmal 1.a. bestritten, jedoch nicht dargetan, dass die genannten Schmelzpunkte unzutreffend sind.
142Der Einwand der Beklagten der Analysebericht Anlage K 4 tauge bereits deswegen nicht zum Nachweis einer Verwirklichung des Anspruchs 1, weil aus diesem Bericht nicht die Ausgangskomponenten hervorgehen, ist aus den unter 2a) genannten Gründen ohne Belang. Es kann deshalb auch dahin stehen, ob die bestrittene Behauptung der Beklagten, sie verwende zur Herstellung der angegriffenen Ausführungsform AH-Salz als Ausgangsstoff, zutrifft. Ebenso ist ohne Bedeutung, ob die von der Beklagten in diesem Zusammenhang dargelegte größere Wahrscheinlichkeit einer Bildung von 66-Einheiten anzunehmen ist.
143c)
144Aus alledem folgt, dass die angegriffene Ausführungsform auch Merkmal 2a des Anspruchs 22 verwirklicht. Es kann auf die Ausführungen unter a)/b) verwiesen werden.
145III.
146Angesichts der Patentbenutzung durch die angegriffene Ausführungsform stehen der Klägerin die mit der vorliegenden Klage geltend gemachten Ansprüche gegen die Beklagte zu.
1471)
148Der Unterlassungsanspruch beruht auf § 139 Abs. 1 PatG i. V. m. Art. 64 Abs. 1 EPÜ, da die Benutzung des Erfindungsgegenstandes ohne Berechtigung erfolgt.
1492)
150Die Klägerin hat gegen die Beklagte dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz, der aus § 139 Abs. 2 PatG i. V. m. Art. 64 Abs. 1 EPÜ folgt. Als Fachunternehmen hätte die Beklagte die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Da überdies durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten die Entstehung eines Schadens hinreichend wahrscheinlich ist, der durch die Klägerin noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im Einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an der Feststellung der Schadensersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO.
1513)
152Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den Schadensersatzanspruch zu beziffern, steht ihr gegen die Beklagte ein Anspruch auf Auskunft im zuerkannten Umfang zu. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsformen ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus § 140b Abs. 1 PatG i. V. m. Art. 64 Abs. 1 EPÜ, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 140b Abs. 3 PatG i. V. m. Art. 64 Abs. 1 EPÜ. Die weitergehende Auskunftspflicht folgt aus §§ 242, 259 BGB i. V. m. Art. 64 Abs. 1 EPÜ. Die Klägerin ist im Übrigen auf die Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt; die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.
1534)
154Der Anspruch auf Rückruf basiert auf § 140a Abs. 3 PatG i. V. m. Art. 64 EPÜ. Die Unverhältnismäßigkeit eines Rückrufs ist weder ersichtlich noch vorgetragen.
1555)
156Der Durchsetzung der Ansprüche steht der von der Beklagten erhobene Einwand der unzulässigen Rechtsausübung gem. § 242 BGB nicht entgegen.
157Zwar ist anerkannt, dass ein Patentanmelder, der im Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren erklärt hat, für eine bestimmte Ausführungsform keinen Patentschutz zu begehren, und im Verletzungsstreitverfahren gleichwohl gegenüber einem am Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren Beteiligten Ansprüche aus dem Patent wegen dieser Ausführungsform geltend macht, gegen die Grundsätze von Treu und Glauben unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung (venire contra factum proprium) verstößt, wenn seine Erklärung Grundlage für die Erteilung des Patents oder dessen Fassung war und wenn der in Anspruch Genommene auf die Redlichkeit und Zuverlässigkeit des Patentanmelders vertrauen durfte (BGH GRUR 1993, 886 – Weichvorrichtung; BGH Mitt. 1997, 364 – Weichvorrichtung II). Vorliegend greift dieser Einwand indessen nicht durch.
158Weder der Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 22.01.2013 (Anlage PBP 7) noch dem Schriftsatz der Klägerin im Einspruchsverfahren vom 21.02.2011 (Anlage PBP 9) ist ein widersprüchlicher Vortrag der Klägerin zum Schutzbereich des Klagepatents zu entnehmen, der Bezug zur angegriffenen Ausführungsform aufweist. Die Klägerin hat im Einspruchsverfahren an keiner Stelle ausgeführt, dass eine Ausführungsform, die zwar im Endprodukt die erfindungsgemäße Bestandteile aufweist, für die jedoch nicht „fertige“ 6T-Einheiten als Ausgangsstoff gedient haben, nicht der technischen Lehre des Klagepatents unterfiele. Dass die Klägerin die Bedeutung der 6T-Einheiten „betont“ und vorgetragen hat, dass nach dem Anspruch 1 Terephthalsäure nicht in einem Ausmaß ersetzt werden könne, dass keine 6T-Einheiten mehr vorhanden sei, bedeutet nicht, dass sie die Ansicht vertreten habe, der Anspruch qualifiziere die Ausgangsstoffe. Derartiges lässt sich auch nicht aus einem Verweis darauf schließen, dass in beiden Bestandteilen (A1) und (A2) die „gleiche Säure, namentliche Terephthalsäure eingesetzt wird.“
159IV.
160Es besteht keine Veranlassung, den Rechtsstreit bis zum rechtskräftigen Abschluss des Einspruchsverfahrens bzw. bis zum Vorliegen einer Beschwerdeentscheidung gem. § 148 ZPO auszusetzen.
161Keiner Klärung bedarf in diesem Rahmen die Frage, ob die Einspruchsabteilung den Beitritt der Beklagten zum gegen das Klagepatent anhängigen Einspruch zu Recht als unzulässig zurückgewiesen hat. Selbst dann, wenn dieser Punkt der Einspruchsentscheidung vom 22.01.2013 (Anlage PBP 17) falsch entschieden worden wäre, ließe sich daraus kein Schluss im Hinblick auf die sachliche Richtigkeit der Entscheidung ziehen. Überdies ist es für die Frage der Aussetzung eines Verletzungsverfahrens grundsätzlich irrelevant, ob der Rechtsbestand des Klagepatents aufgrund eines Angriffs des Beklagten selbst oder eines Dritten zur Überprüfung steht.
162Mit Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 22.01.2013 (Anlage PBP 17) ist das Klagepatent in vollem Umfang aufrechterhalten worden. Dass die Entscheidung offensichtlich haltlos ist, so dass der Beschwerde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Erfolg beschieden werden kann, ist nicht ersichtlich. Die Beschwerdeschrift gegen die Einspruchsentscheidung ist nicht zur Akte gereicht worden. Die von der Beklagten im hiesigen Verfahren als neuheitsschädlich angeführte US 2004/07769A1 ist im Einspruchsverfahren als Entgegenhaltung D1 geprüft worden. Die Einspruchsabteilung hat sich mit dieser Entgegenhaltung ausführlich auseinander gesetzt und ist zu dem Schluss gelangt, dass keines der spezifischen Beispiele der Entgegenhaltung D1 ein Copolyamid des Typs 10T/6T beschreibt und erst eine Auswahl aus mehreren Listen getroffen werden muss, um zu dem Gegenstand der unabhängigen Ansprüche des Klagepatents zu gelangen. Angesichts der Notwendigkeit mehrerer Auswahlschritte hat die Einspruchsabteilung die Neuheitsschädlichkeit der Entgegenhaltung D1 verneint. Aufgrund welcher Umstände diese Ansicht der Einspruchsabteilung offensichtlich falsch und damit haltlos ist, hat die Beklagte nicht aufgezeigt. Sie hat insbesondere keinen rechtsfehlerhaften Ansatz der Einspruchsabteilung benannt. Die Beklagte setzt vielmehr nur ihre eigene Sichtweise an die Stelle der Sichtweise der Einspruchsabteilung. Dies genügt nicht. Die Ausführungen der Einspruchsabteilung sind für die Kammer mindestens gut vertretbar.
163V.
164Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Anordnung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.
165Der Streitwert des Rechtsstreits wird auf 500.000,00 € festgesetzt.
166Voߠ Dr. Voߠ Dr. Thom
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Referenzen - Gesetze
Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht
Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben
Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung
Zivilprozessordnung - ZPO | § 256 Feststellungsklage
Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 276 Verantwortlichkeit des Schuldners
Zivilprozessordnung - ZPO | § 148 Aussetzung bei Vorgreiflichkeit
Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 259 Umfang der Rechenschaftspflicht
Patentgesetz - PatG | § 139
Patentgesetz - PatG | § 140b
Patentgesetz - PatG | § 140a
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Urteil einreichenLandgericht Düsseldorf Urteil, 05. Dez. 2013 - 4b O 168/11 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
Landgericht Düsseldorf Urteil, 05. Dez. 2013 - 4b O 168/11
Landgericht Düsseldorf Urteil, 05. Dez. 2013 - 4b O 168/11
(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.
(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.
(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde. In diesem Fall ist dem Verletzten ein angemessener Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Schadensersatzanspruch nach Absatz 2 bleibt hiervon unberührt.
(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung eingeholt hätte.
(3) Ist Gegenstand des Patents ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses, so gilt bis zum Beweis des Gegenteils das gleiche Erzeugnis, das von einem anderen hergestellt worden ist, als nach dem patentierten Verfahren hergestellt. Bei der Erhebung des Beweises des Gegenteils sind die berechtigten Interessen des Beklagten an der Wahrung seiner Herstellungs- und Betriebsgeheimnisse zu berücksichtigen.
(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.
(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.
(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der benutzten Erzeugnisse in Anspruch genommen werden.
(2) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung oder in Fällen, in denen der Verletzte gegen den Verletzer Klage erhoben hat, besteht der Anspruch unbeschadet von Absatz 1 auch gegen eine Person, die in gewerblichem Ausmaß
- 1.
rechtsverletzende Erzeugnisse in ihrem Besitz hatte, - 2.
rechtsverletzende Dienstleistungen in Anspruch nahm, - 3.
für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachte oder - 4.
nach den Angaben einer in Nummer 1, 2 oder Nummer 3 genannten Person an der Herstellung, Erzeugung oder am Vertrieb solcher Erzeugnisse oder an der Erbringung solcher Dienstleistungen beteiligt war,
(3) Der zur Auskunft Verpflichtete hat Angaben zu machen über
- 1.
Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Erzeugnisse oder der Nutzer der Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, und - 2.
die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie über die Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse oder Dienstleistungen bezahlt wurden.
(4) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 und 2 sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist.
(5) Erteilt der zur Auskunft Verpflichtete die Auskunft vorsätzlich oder grob fahrlässig falsch oder unvollständig, so ist er dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(6) Wer eine wahre Auskunft erteilt hat, ohne dazu nach Absatz 1 oder Absatz 2 verpflichtet gewesen zu sein, haftet Dritten gegenüber nur, wenn er wusste, dass er zur Auskunftserteilung nicht verpflichtet war.
(7) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung kann die Verpflichtung zur Erteilung der Auskunft im Wege der einstweiligen Verfügung nach den §§ 935 bis 945 der Zivilprozessordnung angeordnet werden.
(8) Die Erkenntnisse dürfen in einem Strafverfahren oder in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten wegen einer vor der Erteilung der Auskunft begangenen Tat gegen den Verpflichteten oder gegen einen in § 52 Abs. 1 der Strafprozessordnung bezeichneten Angehörigen nur mit Zustimmung des Verpflichteten verwertet werden.
(9) Kann die Auskunft nur unter Verwendung von Verkehrsdaten (§ 3 Nummer 70 des Telekommunikationsgesetzes) erteilt werden, ist für ihre Erteilung eine vorherige richterliche Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung der Verkehrsdaten erforderlich, die von dem Verletzten zu beantragen ist. Für den Erlass dieser Anordnung ist das Landgericht, in dessen Bezirk der zur Auskunft Verpflichtete seinen Wohnsitz, seinen Sitz oder eine Niederlassung hat, ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig. Die Entscheidung trifft die Zivilkammer. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend. Die Kosten der richterlichen Anordnung trägt der Verletzte. Gegen die Entscheidung des Landgerichts ist die Beschwerde statthaft. Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen. Die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten bleiben im Übrigen unberührt.
(10) Durch Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 9 wird das Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) eingeschränkt.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, hat dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege erteilt zu werden pflegen, Belege vorzulegen.
(2) Besteht Grund zu der Annahme, dass die in der Rechnung enthaltenen Angaben über die Einnahmen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht worden sind, so hat der Verpflichtete auf Verlangen zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen die Einnahmen so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei.
(3) In Angelegenheiten von geringer Bedeutung besteht eine Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht.
(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten auf Vernichtung der im Besitz oder Eigentum des Verletzers befindlichen Erzeugnisse, die Gegenstand des Patents sind, in Anspruch genommen werden. Satz 1 ist auch anzuwenden, wenn es sich um Erzeugnisse handelt, die durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellt worden sind.
(2) Absatz 1 ist entsprechend auf die im Eigentum des Verletzers stehenden Materialien und Geräte anzuwenden, die vorwiegend zur Herstellung dieser Erzeugnisse gedient haben.
(3) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten auf Rückruf der Erzeugnisse, die Gegenstand des Patents sind, oder auf deren endgültiges Entfernen aus den Vertriebswegen in Anspruch genommen werden. Satz 1 ist auch anzuwenden, wenn es sich um Erzeugnisse handelt, die durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellt worden sind.
(4) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 bis 3 sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit sind auch die berechtigten Interessen Dritter zu berücksichtigen.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.
(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.