Landgericht Düsseldorf Beschluss, 09. Okt. 2015 - 20 KLs 32/14
Tenor
Die Eröffnung des Hauptverfahrens wird aus rechtlichen und aus tatsächlichen Gründen abgelehnt.
Die Staatskasse trägt die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten.
1
Gründe:
2-
I.
3
Einleitung
Die Staatsanwaltschaft betreibt (bzw. betrieb; nach Kenntnis der Kammer wurde eine Anzahl von Ermittlungsverfahren gemäß § 153a StPO eingestellt) gegen eine höhere Anzahl von Ärzten Ermittlungs- bzw. Strafverfahren wegen des Vorwurfs des Abrechnungsbetruges.
5Die betroffenen Ärzte sind oder waren Gesellschafter der ärztlichen Apparategemeinschaft E. Sie stellten ihren Patienten unter anderen sogenannten M III-Leistungen als eigene Leistungen gemäß § 4 Abs. 2 GoÄ in Rechnung.
6Von den in der GoÄ normierten zahlreichen Gebührentatbeständen zu Abschnitt M-III wurde allerdings nur ein kleiner Teil (23) erbracht. Sogenannte Notfallparamater befanden sich nicht darunter.
7In dem vorliegenden Verfahren (und auch den anderen Verfahren) geht es ausschließlich um die Berechnung von M III-Leistungen als eigene Leistungen.
8Die Staatsanwaltschaft wirft dem hiesigen Angeschuldigten mit der Anklageschrift vom 04.09.2014 gewerbsmäßigen Betrug in 367 Fällen vor und beantragt, das Hauptverfahren zu eröffnen.
9Die Eröffnung des Hauptverfahrens war aus rechtlichen und aus tatsächlichen Gründen abzulehnen (§ 204 StPO), da ein hinreichender Tatverdacht nicht besteht.
10-
II.
11
Herangehensweise der Kammer
1.Nach Erhalt der Akten und erstem Lesen der Anklageschrift sowie einem zum damaligen Zeitpunkt noch rudimentären Studium des übrigen Akteninhalts stellte sich das Verfahren so dar, dass zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung divergierende Auffassungen in Bezug auf die Auslegung einiger Vorschriften der GoÄ bestanden/bestehen.
13Die Vorschriften der GoÄ waren zum damaligen Zeitpunkt für alle Kammermitglieder mangels vorheriger dienstlicher Befassung mit dem ärztlichen Abrechnungsrecht weitgehend „Neuland“.
14Die Kammer hat es daher für richtig gehalten, sich den Regelungsgehalt – natürlich mit Blick auf den hiesigen Sachverhalt und natürlich auch mit dem Blick des Strafrechtlers – zunächst anhand des Wortlauts der Vorschriften zu erschließen und sich dabei bewusst zunächst nicht vorab eingehender mit Ansichten anderer beschäftigt.
152.Die Auseinandersetzung der Kammer mit den Regelungen der GoÄ hat ihren Niederschlag in dem Vermerk vom 30.03.2015 gefunden. In den Vermerk sind allerdings auch die von der Kammer für wesentlich erachteten Aspekte des konkreten Falles eingeflossen, die nachfolgend bereits der besseren Verständlichkeit wegen nicht herausgefiltert wurden.
16Der Vermerk hatte folgenden Inhalt/Wortlaut (die Nummerierung des Vermerks wird hier beibehalten, zur besseren Kenntlichkeit wird allerdings eine andere Schriftart verwendet):
17„I. Vorbemerkungen
18a)…
19Der Angeschuldigte, der neben einer größeren Anzahl anderer Ärzte Mitglied (Gesellschafter) der ärztlichen Apparategemeinschaft E. Mitte GbR ist, hat nicht in Abrede gestellt, die in der Anklageschrift benannten Abrechnungen erstellt und dafür Gebühren geltend gemacht zu haben. In seinen Praxisräumen in E. hält der Angeschuldigte keine Apparate für die Laboruntersuchung von sogenannten M III-Leistungen vor. Er verfügt in seinen Praxisräumen allerdings über eine Zentrifuge, die z.B. bei der Entnahme von Blut auch eingesetzt wird, bevor das zu untersuchende Material dann in die Räume der Apparategemeinschaft (deren Gesellschafter der Angeschuldigte ist, was ihn zur eigenen Nutzung der Räume, Gerätschaften und des Personals befugt) transportiert wird.
20…
21Unstreitig ist auch, dass die jeweiligen Patienten die insoweit geltend gemachten Gebühren gezahlt haben, wobei nicht ersichtlich ist, dass die Patienten die gezahlten Beträge nicht von ihren Versicherungen bzw. der Beihilfe erstattet bekommen haben.
22Ein Anhaltspunkt dafür, dass die den Gebühren zugrundeliegenden Laborleistungen medizinisch nicht veranlasst oder fehlerhaft waren, besteht nicht.
23b)Rechtlich bewertet die Staatsanwaltschaft das, was der Angeschuldigte gemacht hat, als Betrug (§ 263 StGB) zum Nachteil der jeweiligen Patienten. Sie vertritt die Auffassung, dass der Angeschuldigte die Voraussetzungen für eine Liquidation der in Rede stehenden M III-Leistungen als eigene Leistungen nicht erfüllt habe, sie deshalb nicht habe in Rechnung stellen dürfen und dass er dies (mit zumindest bedingtem Vorsatz) auch gewusst habe.
24Die Verteidigung ist der Auffassung, dass der Angeschuldigte die Voraussetzungen für die Liquidation der M III-Leistungen als eigene Leistung erfüllt habe. Daneben ist sie der Ansicht, dass der Betrugstatbestand auch dann nicht erfüllt wäre, wenn man dazu käme, die Voraussetzungen für die Liquidation als eigene Leistung als nicht erfüllt anzusehen.
25c)Wie sich aus den Ausführungen unter a) und b) ergibt, „steht und fällt“ die Beurteilung, ob ein hinreichender Tatverdacht zu bejahen ist oder nicht, angesichts des praktisch feststehenden Sachverhalts vorliegend mit der rechtlichen Subsumtion.
26Die rechtliche Subsumtion ist Aufgabe der Rechtsanwender. Sie hat sich an den jeweils einschlägigen Gesetzen und Verordnungen zu orientieren, wobei das erste und vornehmliche Kriterium der Wortlaut der jeweiligen Vorschriften ist. Meinungen und Ansichten Dritter, beispielsweise der Bundesärztekammer, können bei der Auslegung von Gesetzestexten zwar gegebenenfalls hilfreich sein; sie entfalten aber weder Verbindlichkeit, noch vermögen sie die Subsumtion anhand der konkreten Vorschriften durch die nach dem Gesetz dazu berufenen Rechtsanwender zu ersetzen.
27Gleiches gilt sinngemäß beispielsweise auch für die Zuschrift des Geschäftsführers des Berufsverbandes E. M. e.V. an die Staatsanwaltschaft Wuppertal vom 23.01.2009 (Bl. 3 ff. d.A.), die zum Teil rechtliche Bewertungen enthält, die im Verordnungswortlaut keine Stütze finden und die aus der Sicht der Kammer nur dadurch zu erklären sind, dass die Laborärzte bezüglich der Verteilung der Gebühren im Wettbewerb mit Ärzten stehen, die Laborleistungen nicht durch Fremdlabore durchführen lassen und sie als eigene Leistungen abrechnen.
28d)Erhellend für die Bewertung des hier in Rede stehenden Falles waren und sind die Auszüge aus dem deutschen Ärzteblatt, die sich auf Bl. 48 bis 51 d.A. befinden, da dadurch deutlich wird, auf welcher Grundlage und mit welcher Intention es zu der ab 1996 geltenden Fassung der hier in Rede stehenden Rechtsvorschriften gekommen ist.
29Alleiniger Hintergrund der hier maßgeblichen Neuregelung war, dass der Verordnungsgeber (Gesetzgeber) vorgeschlagen hatte, Laborleistungen (zumindest weitgehend) nicht mehr als ärztliche Leistungen zu honorieren, sondern die Abrechnung als Kosten- bzw. Auslagenersatz zu gestalten. Damit sollte der Ärzteschaft ein finanzieller Anreiz genommen werden, der dadurch (zumindest) hätte bestehen können, dass ein Arzt auch Laborleistungen, die er nicht selbst erbracht hatte, sondern die durch ein Fremdlabor durchgeführt wurden, als eigene ärztliche Leistung abrechnen konnte (dies ließ die alte Fassung von § 4 GoÄ zu). Der Hintergrund hierfür war wiederum offenbar die Befürchtung, dass pekuniäre Aspekte Ärzte dazu veranlassen könnten, Laborleistungen zu beauftragen, die sie als Eigenerbringer aus medizinischer Sicht möglicherweise als nicht notwendig bzw. verzichtbar qualifiziert hätten.
30Um „das Labor“ weiterhin als Abrechnungsposition für ärztliche Leistungen zu erhalten, kam aus der Ärzteschaft (Bundesärztekammer) ein Gegenvorschlag, der dann (ohne Änderung) in die neue Verordnung übernommen wurde.
31Es wird damit deutlich, dass die Neuregelung allein auf finanziellen Erwägungen beruhte und nicht auf dem Gedanken, damit medizinische Qualität zu verbessern. Die Neuregelung ist damit letztlich nichts anderes als ein Vehikel, das einem einzigen Zweck dient: „Das Labor“ gebührentatbestandlich für die Ärzteschaft zu erhalten. Eine qualitativ-medizinische Begründung dafür gab es nicht.
32e)Für den Fall, dass es das Ziel der Neuregelung gewesen sein sollte, Ärzte, die nicht vornehmlich auf die Erbringung von Laborleistungen spezialisiert sind, aber als Mitglied von Apparategemeinschaften bzw. Laborgemeinschaften Laborleistungen erbringen, von der Abrechenbarkeit von M III- und M IV-Leistungen grundsätzlich auszuschließen, ist auszuführen, dass ein solches Ziel in dem Wortlaut der Neuregelung keinen Niederschlag gefunden hat. Aus den im Vergleich zur alten Regelung vorgenommenen Änderungen können lediglich Schlüsse in Bezug auf die Intention der Neuregelung gezogen werden, wobei sich grundsätzlich die Frage stellt, inwieweit bestimmte Schlüsse zutreffend bzw. zwingend sind oder nicht. Dies gilt insbesondere für Schlüsse bzw. Ansichten, die im Wortlaut der Neuregelung und auch in der Regelungssystematik der GoÄ keine Stütze finden.
33Anhand der bereits erwähnten Auszüge aus dem deutschen Ärzteblatt wird deutlich, dass die Auseinandersetzungen innerhalb der Ärzteschaft um die Auslegung der Neuregelung seitens der Bundesärztekammer von dem Motiv getragen waren, eine erneute politische Debatte bezüglich der Vergütung für Laborleistungen zu verhindern, um die Vergütung als ärztliche Leistung zu erhalten.
34Wenn dann in der Folge der Neuregelung auch qualitative medizinische Aspekte herangezogen wurden, um die von der Bundesärztekammer für opportun gehaltene Auslegung einer rein gebührenrechtlichen Regelung zu stabilisieren, mag dies unter dem Aspekt der Zielerreichung (Vermeidung einer erneuten politischen Diskussion um „das Labor“; Erhalt der Abrechenbarkeit als ärztliche Leistung) nachvollziehbar sein. Gleichwohl wirkt es aufgesetzt, wenn die eigene Auslegung einer rein unter gebührenrechtlichen Gesichtspunkten geschaffenen Regelung im Nachhinein mittels Vermischung mit medizinischen Aspekten begründet wird.
35Deutlich wird dies u.a. an dem Argument, dass durch den Transport Veränderungen an den Proben erfolgen könnten, weshalb bei der Eingangsbegutachtung der Arzt anwesend oder zumindest unmittelbar erreichbar sein müsse. Dies ist ein qualitativ-medizinischer Aspekt. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn man hinterher die Behauptung aufstellt, es handele sich um einen gebührenrechtlichen Aspekt.
36Im Übrigen erfolgt ein Transport auch zum spezialisierten Fremdlabor. Indes dürfte sich auch dort die Eingangsbegutachtung in aller Regel auf eine Sichtkontrolle beschränken, die auch dort nicht notwendig ein Arzt vornehmen muss. Derartiges verlangt das Gesetz (die Verordnung) an keiner Stelle.
37Eine Ansicht, die im Wortlaut und in der Regelungssystematik einer Verordnung keine Stütze findet, wird im Übrigen weder durch häufige Wiederholung noch durch „Kleidung in andere Gewänder“ zwingender, da sie eben nicht auf einer Subsumtion der konkreten Vorschriften basiert, sondern immer eine außerhalb des Regelungsgehalts der Vorschriften liegende Ansicht bleibt. Zwingend werden könnte eine solche Ansicht erst dann, wenn man die Vorschriften so verändert, dass die Ansicht in ihr zum Ausdruck kommt.
38Eine Veränderung „der Laborvorschriften“ will die Bundesärztekammer aus den bereits genannten Gründen aber gerade vermeiden.
39f)Soweit seitens der Staatsanwaltschaft ausgeführt wird, dass die Laborleistung „systemimmanent“ in den Räumlichkeiten des Labors beginne und dort auch ende, ist dies zumindest sprachlich nicht korrekt.
40Ziffer 1. der allgemeinen Bestimmungen zu Abschnitt M bestimmt, dass die in den Abschnitten M I bis M IV genannten Gebührentatbestände die Schritte von der Eingangsbegutachtung des bereits entnommenen Probenmaterials bis zur Befunderstellung umfassen.
41Die in den Abschnitten M I bis M IV aufgeführten Gebührentatbestände weisen keine Gebühren für die Probenentnahme am bzw. bei dem Patienten auf. Gleichwohl enthalten die allgemeinen Bestimmungen zu Abschnitt M (Laboratoriumsuntersuchungen) unter Ziffer 4. Regelungen zur Berechnungsfähigkeit von Blutentnahmen und die Einbringung von Testsubstanzen. Die Gebühren dafür sind (zumindest nach dem Verständnis der Kammer) in Abschnitt C der Anlage zum Gebührenverzeichnis aufgeführt.
42Wenn aber in Abschnitt M unter dem Oberbegriff Laboratoriumsuntersuchungen die Abrechenbarkeit der Probenentnahme extra aufgeführt wird, wird auch insoweit deutlich, dass die Laborleistung nicht notwendig erst im Labor beginnt.
43Die Erfüllung der einzelnen Gebührentatbestände der Abschnitte M II bis M IV im Sinne der Ziffer 1. der allgemeinen Bestimmungen zu Abschnitt M setzt allerdings regelmäßig Laborräumlichkeiten mit entsprechenden Geräten voraus (Abschnitt M I hingegen nicht), womit allerdings keine zwingende bzw. abschließende Aussage darüber getroffen ist, dass die Erstellung des ärztlichen Laborbefundes (was auch immer man konkret darunter zu verstehen haben sollte) notwendig in den Laborräumlichkeiten stattfinden muss (so finden M I-Untersuchungen außerhalb von Laborräumlichkeiten statt; und auch für sie gilt nach der Regelungssystematik Ziffer 1. der allgemeinen Bestimmungen zu Abschnitt M; und auch für M II- bis M IV-Untersuchungen ist der Norm nicht zu entnehmen, dass die Erstellung des ärztlichen Laborbefundes zwingend in den Laborräumen stattzufinden hat).
44Systemimmanent ist damit, dass Leistungen, die nicht unter den Gebührentatbeständen des Abschnitts M abschließend geregelt sind, dann abgerechnet werden können, wenn es außerhalb der Abschnitte M I bis M IV dafür einen Gebührentatbestand gibt (z.B. für die Probenentnahme).
45II. Die hier relevanten Regelungen der GoÄ
46Wie schon unter I. e) angesprochen liegt ein Kernproblem des vorliegenden Verfahrens darin, dass die Bewertungen, die die Staatsanwaltschaft vornimmt, hinsichtlich des Regelungsgehalts der relevanten GoÄ-Vorschriften in erster Linie auf Ansichten fußen, die die Bundesärztekammer nach der Neureglung „des Labors“ in verschiedenen Publikationen immer wieder (und zwar immer wieder mit der Intention, eine erneute Diskussion um „das Labor“ zu vermeiden) verbreitet hat.
47Es mag sogar sein, dass man bei der Bundesärztekammer vor der Neuregelung „des Labors“ gedacht hat, dass sich die Ärzteschaft an die (erst) im Nachgang verbreitete Ansicht halten wird und dass sich an die Neuregelung keine Diskussion innerhalb der Ärzteschaft über die Auslegung anschließen würde (ob dies so war, ist der Kammer allerdings nicht bekannt).
48Wenn sich dann allerdings herausstellt, dass sich mit dem Wortlaut der Neuregelung in Anbetracht der Regelungssystematik der GoÄ das möglicherweise ursprünglich gewollte nicht begründen lässt, kann man den Wortlaut und den Regelungsgehalt auch nicht durch permanentes Wiederholen der Ansicht korrigieren; hierzu bedürfte es der Änderung des Wortlauts und des Regelungsgehalts. Das aber will man gerade nicht.
49a)Festzuhalten ist zunächst nochmals, dass es sich bei den Bestimmungen der GoÄ um gebührenrechtliche Bestimmungen handelt. Das folgt bereits aus dem unter § 1 GoÄ normierten Anwendungsbereich (und dies sieht zutreffend auch die Staatsanwaltschaft so, so dass im Folgenden nur am Rande auf qualitative medizinische Gesichtspunkte einzugehen sein wird).
50Dass mit Ausnahme von Leistungen, die über das Maß einer medizinisch notwendigen ärztlichen Versorgung hinausgehen (für die Berechnung solcher Leistungen bedarf es des Verlangens des Zahlungspflichtigen), nur solche Leistungen berechnet werden dürfen, die nach den Regeln der ärztlichen Kunst für eine medizinisch notwendige ärztliche Versorgung erforderlich sind (§ 1 Abs. 2 GoÄ), definiert nicht die Regeln der ärztlichen Kunst, sondern bestimmt, dass deren Einhaltung (die sich aus dem Berufsbild und den damit verbundenen Aufgaben und Pflichten ergibt) Voraussetzung für die Berechnungsfähigkeit der Leistungen ist (hinzukommen muss für die Berechnungsfähigkeit, wie gesagt und wie normiert, dass es sich um eine medizinischnotwendige ärztliche Versorgung handelt).
51§ 1 GoÄ wurde zum 01.01.1996 nicht geändert.
52b)Auch § 4 Abs. 1 und § 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ wurden zum 01.01.1996 nicht geändert.
53§ 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ hat nach wie vor folgenden Wortlaut:„Der Arzt kann Gebühren nur für selbständige ärztliche Leistungen berechnen, die er selbst erbracht hat oder die unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht wurden (eigene Leistungen).“
54§ 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ gilt für die gesamte GoÄ und nicht lediglich für Laborleistungen.
55§ 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ besagt nichts darüber, bei welchen der tausenden von Gebührenziffern der abrechnende Arzt in welchem Umfang persönlich tätig sein muss. Erst recht besagt die unverändert gebliebene Regelung diesbezüglich nichts in Bezug auf Laborleistungen.
56Das gilt namentlich auch in Bezug auf die Behauptung, dass man insoweit die Kriterien für die Abrechnung habe verschärfen wollen. Man hat die Kriterien mit § 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ nicht verschärft. Die Vorschrift ist unverändert geblieben. Sie besagt nichts darüber, welche Teile von Laborleistungen ein Arzt persönlich erbringen muss. Sie besagt für sich gesehen nicht einmal, dass der abrechende Arzt überhaupt einen Teil selbst erbringen muss, sondern lässt (für sich gesehen) seine Aufsicht nach fachlicher Weisung ausreichen.
57c)Der Begriff der Aufsicht findet auch in anderen Rechtsgebieten Verwendung (im Zivilrecht zumeist unter dem Aspekt der Aufsichtspflichtverletzung; im öffentlichen Recht zumeist unter dem Aspekt der behördlichen Rechtsaufsicht oder Fachaufsicht und der Dienstaufsicht).
58Wie eine Aufsicht gestaltet sein muss, damit der Aufsichtspflichtige der Aufsichtspflicht gerecht wird (bzw. genügt oder noch genügt), lässt sich nicht generell beantworten.
59Grundsätzlich ist festzustellen, dass eine Aufsicht dann den Anforderungen genügt, wenn sie so geführt wird, dass
60(1.)bei üblichem Verlauf sichergestellt ist, dass kein Schaden (oder im Vertragsrecht keine Schlechterfüllung) eintritt;
61und
62(2.)dann, wenn eine Abweichung vom üblichen Verlauf eintritt, mit der nach der Erfahrung im zu beaufsichtigenden Bereich mit zumindest einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu rechnen ist, ein Eingreifen gewährleistet ist, bei dessen Fehlen die Entstehung eines Schadens oder die Vertiefung bzw. Perpetuierung eines Schadens (oder Schlechterfüllung) zu besorgen ist.
63Je eher der Eintritt eines Schadens nach der Erfahrung zu besorgen ist, desto höher sind die qualitativen Anforderungen an die Ausgestaltung der Aufsicht.
64Es ist im Übrigen nicht ersichtlich, weshalb gebührenrechtlich „Aufsicht“ etwas grundsätzlich anderes bedeuten sollte als im qualitativen Bereich. Für eine diesbezügliche Unterscheidung lässt sich der GoÄ nichts entnehmen.
65d)Geändert zum 01.01.1996 haben sich allerdings § 4 Abs. 2 Satz 2 GoÄ und Abschnitt M der Anlage zur GoÄ.
66Anders als unter der früheren Regelung darf gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 GoÄ ein Arzt, der die Voraussetzungen von § 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ nicht erfüllt (eigene Leistung, was nicht gleichzusetzen ist mit persönlicher Leistung), nur nochfremdärztliche M II-Leistungen wie eigene abrechnen, nicht mehr aber fremdärztliche M III- und M IV-Leistungen.
67Nicht weniger aber auch nicht mehr besagt die Neufassung von § 4 Abs. 2 Satz 2 GoÄ. Sie besagt insbesondere nichts darüber, welche Arbeitsschritte im Labor ein abrechnender Arzt (ganz gleich, ob spezialisierter Labormediziner oder nicht) in Person erbringen muss. Das gilt sowohl für qualitative als auch für gebührenrechtliche Aspekte.
68Es entspricht auch nicht der Regelungssystematik der GoÄ, diesbezüglich Vorgaben zu machen.
69Mit einer einzigen Ausnahme setzt sich dies insoweit auch in Abschnitt M der Anlage zur GoÄ fort. Diese Ausnahme findet sich in der Verwendung des Attributs „ärztlich“ in Ziffer 1. der allgemeinen Bestimmungen der Anlage M. Dort heißt es: „Die Gebühren für Laboratoriumsuntersuchungen des Abschnitts M umfassen die Eingangsbegutachtung des Probenmaterials, die Probenvorbereitung, die Durchführung der Untersuchung (einschließlich der erforderlichen Qualitätssicherungsmaßnahmen) sowie die Erstellung des daraus resultierenden ärztlichen Befunds.“
70Dem Wortlaut von Ziffer 1. ist zu entnehmen, dass für die dort genannten Arbeitsschritte keine anderen Gebühren erhoben werden dürfen als in Abschnitt M bestimmt ist; nicht weniger, aber auch nicht mehr (zur Bedeutung des Attributs „ärztlich“ siehe unten).
71Ziffer 3. der allgemeinen Bestimmungen zu Abschnitt M der Anlage zum Gebührenverzeichnis besagt etwas zu der Frage, welcher Arzt abrechnungsbefugt ist, wenn Untersuchungsmaterial an einen anderen Arzt wegen der Durchführung von Laboruntersuchungen der Abschnitte M III und/oder M IV versendet wird.
72Die Vorschrift enthält für diese Fälle eine Regelung über die Abrechnungsbefugnis zwischen mehreren Ärzten. Da sich eine solche Regelung bereits aus § 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ und dem Umkehrschluss aus § 4 Abs. 2 Satz 2 GoÄ ergibt, stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Formulierung in Ziffer 3. (die als solche eigentlich überflüssig ist).
73Aus der Sicht der Kammer sollte letztlich nur noch einmal der Unterschied zu der früheren Regelung verdeutlicht werden.
74e)Auffällig ist allerdings im Vergleich zu § 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ, dass in Ziffer 3. der allgemeinen Bestimmungen zu Abschnitt M nicht etwa der Begriff der eigenen Leistung (selbst oder unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung) verwendet, sondern allein die Selbsterbringung genannt wird.
75Die Frage, die sich daran anknüpft, ist, ob es sich insoweit um einen gewollten Systembruch im Vergleich zu § 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ handelt oder lediglich um eine Formulierungsnachlässigkeit.
76Da Ziffer 3. ausweislich des Wortlauts nur die Fälle des Weiterversandes an einen anderen Arzt benennt, nicht aber die Erbringung der Laborleistung durch den Arzt, der nicht an einen anderen Arzt versendet, würden sich die Laborärzte, an die das Untersuchungsmaterial versendet wurde, wohl „bedanken“, wenn man die Wortwahl insoweit als Einschränkung von § 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ begreifen würde. Dies würde nämlich bedeuten, dass Laborärzte (und zwar nur Laborärzte, an die das Untersuchungsmaterial versendet wurde) die gesamten in Ziffer 1. der allgemeinen Bestimmungen des Abschnitts M bezeichneten Schritte persönlich erbringen müssten, um sie auch berechnen zu dürfen. Für Ärzte, an die versendet wurde, entfiele damit die Möglichkeit, dass auch nur Teile der Leistung (lediglich) unter ihrer Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht werden könnte, während dem nicht versendenden Arzt diese Möglichkeit erhalten bliebe.
77Die Wortwahl in Ziffer 3. der allgemeinen Bestimmungen zu Abschnitt M beruht nach Auffassung der Kammer daher insoweit auf einer Formulierungsnachlässigkeit.
78f)Die Vorschriften der GoÄ nebst Anlage besagen für die hier in Rede stehende Problematik nichts darüber, dass sich der Arzt, der M III-Leistungen als eigene Leistung berechnen will, ständig in den Räumlichkeiten aufhalten muss, in denen die Laboruntersuchungen im engeren Sinne stattfinden. Sie besagen auch nichts darüber, innerhalb welcher Zeitspanne ein solcher Arzt dann, wenn er während des Verlaufs der Untersuchungen gerufen werden sollte, in den Laborräumlichkeiten erscheinen können muss. Sie besagen gleichfalls nicht, dass eine telefonische Erreichbarkeit nicht ausreichend sein kann.
79Das gilt gerade auch für Ziffer 1. der allgemeinen Bestimmungen zu Abschnitt M der Anlage.
80g)Unter gebührenrechtlichen Aspekten ist allerdings zu diskutieren, welche Bedeutung dem Umstand zukommt, dass unter Ziffer 1. der allgemeinen Bestimmungen zu Abschnitt M der Anlage zur Gebührenordnung (Ziffer 1. gilt für alle Laborgebühren und nicht lediglich für M III- und M IV-Gebühren) der Begriff des „daraus resultierenden ärztlichen Befunds“ verwendet wird (und nicht lediglich des „daraus resultierenden Befunds“).
81Im Hinblick auf den dargestellten Hintergrund der Neuregelung (mit dem Ziel, „das Labor“ als Gebührentatbestand zu erhalten) ist es nicht unwahrscheinlich, dass mit der Wortwahl (zunächst aber möglicherweise auch lediglich) unterstrichen werden sollte, dass „das Labor“ weiterhin eine ärztliche Leistung ist, obwohl qualitative Gesichtspunkte dies zumindest nicht generell erfordern. Letzteres ergibt sich auch aus § 9 Abs. 1 Nr. 1 MTAG. Dort sind die Tätigkeiten aufgelistet, für die es der Erlaubnis der Tätigkeit als medizinisch-technische Assistentin/medizinisch-technischer Assistent bedarf. Dazu gehört beispielsweise die Durchführung von Untersuchungsgängen in der morphologischen Hämatologie, Immunhämatologie und Hämostaseologie einschließlich Ergebniserstellung, Qualitäts- und Plausibilitätskontrolle.
82Anstelle des Wortes Ergebniserstellung träte in Abschnitt M der GoÄ lediglich das Wort Befunderstellung.
83Dass das Attribut „ärztlich“ an jener Stelle (Ziffer 1. zur Anlage M) verwendet wird, entspricht – wie dargelegt - nicht der grundsätzlichen Regelungssystematik der GoÄ, die i.d.R. nämlich gerade keine Vorgaben dazu normiert, welche Leistungen ein Arzt in Person selbst zu erbringen hat.
84Zu konstatieren ist allerdings, dass es sich bei dem Attribut „ärztlich“ in Abschnitt M der GoÄ um den einzigen Teil der Neuregelung handelt, aus dem sich Folgerungen in Bezug auf Delegierbarkeit ableiten lassen könnten (der Konjunktiv ist an dieser Stelle bewusst gewählt). Zu betonen ist dabei wiederum, dass sich das Attribut „ärztlich“ nicht lediglich auf Befunde bei M III- und M IV-Leistungen bezieht, sondern auch auf M I- und M II-Leistungen.
85Angesichts der „systemfremden“ Verwendung ist zu klären, ob das Attribut „ärztlich“ eine gewollte normative Eingrenzung des in § 4 Abs. 2 Satz 1 genannten Begriffs der eigenen Leistung darstellen sollte (um die Laborleistungen als ärztliche Gebühren zu erhalten und zu rechtfertigen).
86Falls man die Verwendung des Attributs „ärztlich“ (zwingend) so verstehen müsste, wäre für die Berechnungsfähigkeit der Laborgebühren dann grundsätzlich zu fordern, dass der liquidierende Arzt in Person den aus den Untersuchungen resultierenden Befund erstellen muss.
87Das würde dann aber für jeden Arzt gelten müssen; auch für den spezialisierten Laborarzt.
88Angesichts der zahlreichen in Abschnitt M aufgeführten Gebührenziffern und angesichts fortschreitender Technisierung und Automatisierung im Laborbereich wäre es aus der Sicht der Kammer indes abwegig, bei solchen Laboruntersuchungen, die praktisch komplett durch die Technik „erledigt“ werden, zu verlangen, dass der Arzt die von der Technik erledigten Schritte manuell wiederholt, um abrechnen zu dürfen. Die Kammer hat auch keine Hinweise dazu gefunden, die zwingend darauf hindeuten würden, dass die Formulierung (bevor sie amtlich wurde) bewusst als (eine systemfremde) normative Eingrenzung der dargestellten Art gewählt wurde.
89Vielmehr könnte die Wortwahl („umfassen“) darauf hindeuten, dass lediglich gemeint war, dass die aufgeführten Schritte von den jeweiligen Gebührenziffern des Abschnittes M „umfasst“ sein sollen und dafür keine anderen Gebühren geltend gemacht werden können (dazu siehe auch oben d)). Hierauf deutet auch Satz 2 der Ziffer 1. zu Anlage hin.
90Dieser hat folgenden Wortlaut: „Mit den Gebühren für die berechnungsfähigen (Unterstreichung durch die Kammer) Leistungen sind außer den Kosten - mit Ausnahme der Versand- und Portokosten sowie der Kosten für Pharmaka im Zusammenhang mit Funktionstesten - auch die Beurteilung, die obligatorische Befunddokumentation, die Befundmitteilung sowie der einfache Befundbericht abgegolten.“
91Der medizinische Laie dürfte in der Regel davon ausgehen, dass die Erstellung des aus den technischen Abläufen („daraus“) „resultierenden ärztlichen Befunds“ (Ziffer 1. Satz 1) selbstverständlich beispielsweise „die Beurteilung“ und den „Befundbericht“ beinhaltet. Aus Ziffer 1. Satz 2 könnte jedoch zu schließen sein, dass das nicht der Fall ist, weil dort diese Begriffe gesondert erwähnt werden, was überflüssig wäre, wenn sie gleichsam automatisch dem Begriff der Befunderstellung unterfielen.
92Angesichts des Textes bleibt vollkommen diffus, was denn nun mit Befunderstellung konkret gemeint gewesen sein soll (die Beurteilung und der Befundbericht scheinen nicht damit gemeint zu sein, weil sie dann nicht extra hätten erwähnt werden müssen).
93Gerade dann, wenn – wie im vorliegenden Fall – strafrechtlich relevantes Verhalten vorgeworfen wird, ist bei der Auslegung von Vorschriften, die zumindest in Teilbereichen mehr Fragen aufwerfen als sie klar zu beantworten, äußerste Vorsicht geboten. Wenn Auslegungsfragen ungeklärt bleiben bzw. sich anhand des Gesetzes- bzw. Verordnungstextes und der Regelungssystematik nicht eindeutig (und zwingend) beantworten lassen, kann im Strafrecht nicht einfach die für einen Beschuldigten ungünstige Auslegung zu Grunde gelegt werden.
94Insgesamt wäre die Auslegung, dass das Attribut „ärztlich“ eine gewollte normative Einschränkung für die Entstehung einer Laborgebühr sein könnte, zwar möglich, aber bereits angesichts der Bandbreite der Laborgebührenziffern und der ungeklärten Bedeutung einiger Begrifflichkeiten indes in keiner Weise zwingend. Genausogut kann beispielsweise argumentiert werden, dass das Attribut „ärztlich“ gleichsam überschießend verwendet wurde, um den Erhalt des Charakters „des Labors“ als GoÄ-Gebühr zu unterstreichen (zu der Möglichkeit der Zufälligkeit der Wortwahl siehe auch oben e)).
95Anzumerken ist, dass bei Unterstellung einer (wie dargelegt nicht zwingenden) Auslegung von „ärztlich“ als normative Eingrenzung des Begriffs der eigenen Leistung aus dem Wortlaut von Ziffer 1. der allgemeinen Bestimmungen zu Anlage M im Umkehrschluss dann aber (gerade auch) unter gebührenrechtlichen Gesichtspunkten zu folgern wäre, dass es in den genannten Bereichen der Eingangsbegutachtung des Probenmaterials, der Probenvorbereitung und der Durchführung der Untersuchung (einschließlich der erforderlichen Qualitätssicherungsmaßnahmen) nicht der persönlichen Leistungserbringung durch den Arzt bedarf, um die Gebühr zu rechtfertigen, sondern – da insoweit der Begriff „ärztlich“ nicht verwendet wird – seine Aufsicht nach fachlicher Weisung ausreicht (zumal eine/ein MTLA unter qualitativen Aspekten diese Tätigkeiten zumindest hinsichtlich einer ganzen Anzahl von Untersuchungen auch ohne ärztliche Aufsicht zu erbringen ausgebildet und befugt ist; für einfachere Tätigkeiten im Labor, wie einfache klinisch-chemische Analysen und einfache qualitative und semiquantitative Untersuchungen von Körperflüssigkeiten, Ausscheidungen und Blut bedarf es nicht einmal der MTLA-Erlaubnis).
96h)Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass die Anforderungen, die die Staatsanwaltschaft in Bezug auf die Abrechnungsbefugnis für M III-Leistungen aufstellt (nämlich mit Ausnahme des rein technischen Ablaufs im Analysegerät eine persönliche Leistungserbringung bzw. quasi permanente persönliche Überwachung durch den Arzt), in den Regelungen der GoÄ keine (bzw. auch bei besonderer Beachtung des Attributs „ärztlich“ keine zwingende) Entsprechung finden.
97Die dargestellte Fassung der GoÄ ist im Ergebnis eine „Krücke“ gewesen, die dazu diente, den Gesetzgeber davon abzuhalten, „das Labor“ aus den Gebührentatbeständen der GoÄ auszugliedern, nicht weniger aber auch nicht mehr.
98Unmissverständlich ist gebührenrechtlich lediglich geregelt, dass dann, wenn ein anderer Arzt mit Laboruntersuchungen der Abschnitte M III und M IV beauftragt wird, allein dieser beauftragte Arzt gegenüber dem Patienten abrechnen darf. Das ist der Kern der Neuregelung, die damit auch ihren Zweck erfüllt (nämlich die Abrechnung von M III- und /oder M IV-Leistungen, die ein anderer Arzt erbracht hat durch den auftraggebenden Arzt zu verhindern).
99Keine Neuregelung ist für die Fälle getroffen worden, in denen kein anderer Arzt mit Laboruntersuchungen gemäß den Abschnitten M III und M IV beauftragt wurde, sondern der behandelnde Arzt diese Untersuchungen in Eigenregie durchführt. Für die Abrechnungsbefugnis in solchen Fällen gelten die allgemeinen Regelungen der GoÄ, die sich einer (zwingenden) Regelung dessen enthalten, was ein Arzt persönlich erbringen muss (und was nicht), um abrechnungsbefugt zu sein.
100Anders ausgedrückt normiert die Neuregelung, dass es Geld (hier = Abrechnungsbefugnis) ohne eigene Leistung (sondern für Fremdleistung) nur noch für M II-Gebührentatbestände geben kann, während es im Übrigen Geld nur noch für eigene Leistungen gibt. Diese lassen sich im Unterschied zu der Beauftragung eines Fremdlaborarztes dadurch charakterisieren, dass der abrechnende Arzt die Laborleistung selbst oder so erbringt, dass das gebührenrechtliche Merkmal der Aufsicht nach fachlicher Weisung erfüllt ist.
101Bei der Beauftragung eines Fremdlabors erbringt der behandelnde (und das Labor beauftragende) Arzt die M III oder M IV-Leistung nämlich niemals selbst; sie wird auch nicht unter seiner Aufsicht erbracht, sondern unter Aufsicht des beauftragten Arztes (soweit dieser nicht selbst tätig ist), weshalb allein dieser abrechnungsbefugt ist.
102An dem dargestellten Kern der Neuregelung, die im Vergleich zur vorherigen Regelung nur die Abrechnungsbefugnis für fremderbrachte M III- und/oder M IV-Leistungen entfallen lässt, wird deutlich, dass es für gebührenrechtliche Subsumtion insoweit (zumindest nahezu) ausschließlich darauf ankommt, ob die Voraussetzungen des unverändert gebliebenen § 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ erfüllt sind oder nicht.
103III. Die Aufsicht nach fachlicher Weisung
104Da die GoÄ eine gebührenrechtliche Regelung ist, ist das Merkmal der „Aufsicht nach fachlicher Weisung“ davon geprägt, dass bei einer nach GoÄ in Rechnung gestellten Leistung zum Ausdruck kommen muss, dass es sich um eine eigene Leistung des Arztes handelt (auch wenn er diese nicht in Person erbracht hat).
105Es gibt eine Reihe von Tätigkeiten, die in der GoÄ normiert sind, die regelmäßig aber mehr oder weniger durch ausgebildete nichtärztliche Fachkräfte durchgeführt werden, ohne dass der Arzt, der hinterher die Rechnung stellt, ständig diese Mitarbeiter mittels Augenschein beaufsichtigt.
106Im Arbeitsalltag beispielsweise einer gut frequentierten allgemeinmedizinischen Praxis ist dies bereits faktisch unmöglich. Der Arzt nimmt die Sprechstunde wahr, während seine Assistenten in der gleichen Zeit (in anderen Räumen) delegierte Aufgaben übernehmen. In der Regel zweifelt dennoch niemand die Rechnungsstellungsbefugnis des Arztes an, wenn die delegierte Leistung nach GoÄ abgerechnet wird.
107Für derartige Zweifel gibt es letztlich auch keinen durchgreifenden Grund, wenn die Leistung ordnungsgemäß erbracht wurde, da der Hintergrund für die Abrechnung als ärztliche Leistung dann darin liegt, dass der Arzt durch die sorgfältige Auswahl seiner Assistenten und die Einweisung dafür Sorge getragen hat, dass die Leistung ordnungsgemäß erbracht wurde. Spricht dann in der Folge der Umstand, dass es keine Auffälligkeiten oder gar Beschwerden gibt, dafür, dass die Assistenten die ihnen übertragenen Aufgaben regelmäßig ordnungsgemäß erbringen, wäre es letztlich absurd, nur wegen der Vergütung als ärztliche Leistung eine besonders hohe Kontrolldichte und besonders hohe Kontrollpräsenz zu fordern. Die anfängliche Auswahl und die Einweisung durch den Arzt wirken vielmehr als ein Teil der gebührentatbestandlichen Aufsicht fort und die Beobachtung dessen, dass es eben keine Auffälligkeiten oder gar Beschwerden gibt, ist die Weiterführung der Aufsicht. Misslingt etwas oder ergibt sich ein Problem, greift der Arzt ein (entweder direkt am noch anwesenden Patienten oder durch eine neue verbesserte Einweisung). Läuft alles ordnungsgemäß ab, nimmt er die Aufsicht praktisch „en passant“ wahr, da er als Schluss daraus (mittelbar) mitbekommt, dass nichts „schief geht“ und er deshalb keine Veranlassung hat einzugreifen.
108Damit ist dann sowohl unter qualitativen Gesichtspunkten als auch unter gebührentatbestandlichen Gesichtspunkten das die Gebühr rechtfertigende Merkmal der Aufsicht nach fachlicher Weisung (en passant) erfüllt. Die Verantwortung für den Patienten delegiert der Arzt nicht; er trägt sie weiterhin persönlich.
109Es ist nicht ersichtlich, weshalb für den Laborbereich, für den derselbe in § 4 GoÄ (gebührenrechtlich) normierte Begriff der Aufsicht nach fachlicher Weisung gilt, andere Maßstäbe anzulegen sein sollten. Im Gegenteil: Im Labor ist unter dem qualitativ-medizinischen Gesichtspunkt des Patientenschutzes bei vielen Untersuchungen das Bedürfnis eines ärztlichen Eingreifens noch einmal deutlich seltener zu erwarten als bei Vorgängen, die direkt am Patienten stattfinden (diese Ansicht lässt sich im Übrigen auch auf § 9 MTAG stützen).
110Die gebührenrechtliche Merkmalserfüllung erfordert somit keine ständige und nicht einmal eine häufige Anwesenheit in den Laborräumlichkeiten. Derartiges lässt sich der GoÄ nicht entnehmen. Die Erreichbarkeit des Arztes reicht aus (was unter qualitativen Gesichtspunkten umso mehr Anspruch auf Richtigkeit hat, je weniger der Arzt wegen der Automatisierung eingreifen kann und je eher ein Eingreifen auch durch geschultes Personal – medizinisch-technische Assistenten - gleichwertig erfolgen kann).
111Die Forderung, dass der Arzt vor Ort sein müsse, um gegebenenfalls bei auftauchenden Problemen eingreifen zu können, ist gebührenrechtlich unter dem Prüfungsgesichtspunkt der Aufsicht gerade im Laborbereich nicht relevant. Eine solche Forderung dreht sich um qualitative Gesichtspunkte der Aufsicht. An deren Erfüllung bestehen vorliegend indes ebenfalls keine Zweifel. Ist der Befund verwertbar vorhanden und „passt“ er zu der veranlassten Untersuchung, spricht das dafür, dass die Geräte ordnungsgemäß funktionieren, ordnungsgemäß durch geschultes und eingewiesenes Personal bedient wurden und dass die Arbeitsabläufe eingehalten wurden.
112Wenn dann noch hinzukommt, dass die Befunde zur sonstigen Anamnese passen, es also insoweit keine Rückläufe ins Labor (oder keine Veranlassung für solche Rückläufe) gibt, kann ein Arzt (ob beauftragter Laborarzt oder sonstiger Arzt) auch unter – beim gebührenrechtlichen Merkmal der Aufsicht nicht relevanten –Qualitätsmerkmalen davon ausgehen, dass auch de lege artis gearbeitet wurde. Seine ständige oder auch nur häufige Anwesenheit im Labor ist auch unter diesem Aspekt nicht zu fordern, um die Gebühr auszulösen. Die anderen Ansichten verkennen, dass gerade im Laborbereich regelmäßig besonders gut geschultes nichtärztliches Personal zur Verfügung steht.
113Zu erörtern ist angesichts des Wortlauts von § 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ aber des Weiteren, welche Anforderungen sich für die Rechnungsstellungsbefugnis daraus ergeben könnten, dass die Formulierung „unterseiner Aufsicht“ lautet (die Unterstreichung wurde diesseits vorgenommen).
114Die Erörterungsbedürftigkeit dieses Gesichtspunkts ergibt sich zwangsläufig, wenn sich Ärzte, von denen ein jeder für sich liquidationsberechtigt ist (z.B. Praxisgemeinschaften oder auch Labor- bzw. Apparategemeinschaften oder auch mehrere Laborärzte eines größeren Labors, von denen jeder grundsätzlich liquidationsberechtigt wäre oder ist), Personal „teilen“.
115Der Gesichtspunkt, dass es möglicherweise sogar der Qualität dient, wenn mehrere Ärzte das nichtärztliche Personal beaufsichtigen, hat bei der Prüfung der formal nach dem Gebührenrecht zu beurteilenden Liquidationsberechtigung unter dem Aspekt der Aufsicht außer Betracht zu bleiben.
116Zu fordern ist, dass der die Rechnung stellende Arzt bei dem Vorgang, der die Gebühr auslöst, seine Pflicht zur Aufsicht nach fachlicher Weisung erfüllt hat (soweit er die Leistung nicht selbst erbracht hat).
117Ein Arzt, der in eine bereits bestehende Laborgemeinschaft eintritt, trifft dort auf bereits vorhandenes Personal, vorhandene Geräte und vorhandene Arbeitsabläufe. Gleiches gilt für einen reinen Laborarzt, der in eine bereits bestehende Laborpraxis eintritt.
118Das Gesetz (bzw. die Rechtsverordnung und die Rechtsordnung, zu der auch die Berufsausübungsfreiheit gehört) normiert nicht, dass das nicht zulässig ist. Ein solcher Arzt kann sich notwendig nur durch die anfängliche Sichtung der vorhandenen Arbeitsabläufe (bei denen er auch sieht, wie das Personal agiert) und der vorhandenen Geräte Kenntnis verschaffen. Tut er dies und nimmt er dann bei den Vorgängen, die er in Rechnung stellt, Kenntnis von den Ergebnissen, die die Kontrolle dessen, was zuvor geschehen ist, ermöglichen, erfüllt er damit en passant (s.o.) das gebührenrechtliche Merkmal der Aufsicht, zumal er, wenn er die Befunderstellung (oder die Validierung) in den Laborräumlichkeiten vornimmt, bei jedem Aufsuchen des Labors die Möglichkeit zum Augenschein der Arbeitserbringung und der Geräte hat.
119Zugleich überprüft er damit, dass die Qualitätsstandards erfüllt wurden.
120IV. Rechtsprechung
121a)Der BGH (BGHSt 57, 95 ff.) hat Anfang 2012 ein Urteil des Landgerichts München weitgehend bestätigt, mit welchem ein Arzt wegen Abrechnungsbetruges verurteilt wurde.
122Der dort zugrundeliegende Sachverhalt unterscheidet sich vom vorliegenden wesentlich u.a. dadurch, dass dort ein (anderer) Laborarzt mit den M III-Leistungen beauftragt wurde und diese für den dortigen Angeklagten durchführte, der die Leistungen dann aber selbst in Rechnung stellte, während im vorliegenden Fall kein (anderer) Laborarzt beauftragt wurde.
123In den Gründen der zitierten Entscheidung des BGH wird u.a. aus dem Urteil der Vorinstanz (LG München) wie folgt zitiert: „Laborleistungen der Klassen M III und M IV (Speziallaborleistungen) konnte der Angeklagte nur von einem hierzu befähigten und einzig gegenüber dem Patienten liquidationsberechtigen Laborarzt (Speziallabor) erbringen lassen.“
124Der Kammer sind die Einzelheiten, die zu dieser Feststellung geführt haben, nicht bekannt. Es ist allerdings festzuhalten, dass in der GoÄ nebst Anlagen an keiner Stelle normiert ist, dass nur ein ausdrücklich (nur) als (befähigter) Laborarzt tätiger Arzt die M III- und M IV-Untersuchungen erbringen darf. Falls das Landgericht München dies generell gemeint haben sollte, wäre jenes Urteil nach Auffassung der Kammer insoweit nicht von den Regelungen der GoÄ gedeckt (und somit falsch).
125Der Begriff „Speziallabor“ wird in den der Kammer vorliegenden Fassungen der GoÄ und der Anlage M auch nicht verwendet. Dass damit unzweifelhaft die M III- und M IV-Leistungen gemeint sind, ändert daran nichts. Die Kammer hält dies für erwähnenswert, weil vorliegend die Staatsanwaltschaft wiederholt ausführt, dass der Begriff der „Validation“ in der GoÄ nicht verwendet wird, sie aber gleichzeitig den dort ebenfalls nicht auftauchenden Begriff „Speziallabor“ verwendet.
126Um es nochmals zu verdeutlichen: Nach der alten Fassung der GoÄ durfte der Arzt, der einen anderen Arzt mit der Durchführung von Laboruntersuchungen im Sinne der Anlage M beauftragte, die Gebühren dafür selbst in Rechnung stellen, auch wenn es sich um M III- und M IV-Leistungen handelte. Nach der seit 1996 geltenden Fassung der GoÄ ist die Selbstberechnung fremdärztlicher Leistungen nur noch für M II-Leistungen zulässig.
127Fehlt es hingegen an der Beauftragung eines Fremdarztes, kann es im Ergebnis auch nur einen Arzt geben, dem die Gebühr zustehen kann. Sie steht ihm dann zu, wenn die in § 1 Abs. 2 Satz 1 und § 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ genannten Merkmale erfüllt sind (Ausnahme gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 GoÄ: M II-Leistungen).
128Eine besondere Befähigung zur Erbringung von Laborleistungen wird für M III- und M IV-Leistungen an keiner Stelle der GoÄ gesondert normiert. Die GoÄ normiert Gebührentatbestände, die erfüllt sein müssen, um abrechnen zu dürfen. Eine besondere Zulassung als Laborarzt, um M III- und M IV-Leistungen abrechnen zu dürfen, wird nicht gefordert.
129Die Entscheidung BGHSt 57, 95 ff. ist juristisch nachvollziehbar begründet. Wie aus der Entscheidung deutlich wird, bedurfte es allerdings einiger juristischer Begründung, um den Betrugsvorsatz des dortigen Arztes als gegeben anzusehen. Das gilt insbesondere hinsichtlich der Frage des Vorsatzes in Bezug auf die Tatbestandsmerkmale der Irrtumserregung und der Nachteilszufügung.
130Bezüglich jenes Falles steht außer Frage, dass der dortige Angeklagte nach den Feststellungen (insoweit nach den Feststellungen letztlich mit direktem Vorsatz) wusste, dass er seinen Patienten selbst keine M III-Leistungen berechnen durfte (da diese ein von ihm beauftragter Arzt erbracht hatte) und dass er in seiner Person insoweit keinen Zahlungsanspruch gegenüber den Patienten hatte.
131Der Vorsatz hinsichtlich der Tatbestandsmerkmale der Irrtumserregung und der Nachteilszufügung wird in jenem Fall damit begründet, dass der Patient eine richtige Rechnung erwarte und davon ausgehe, dass der Arzt mit der Rechnung konkludent erkläre, dass er nach der GoÄ zur Abrechnung in eigener Person befugt sei. Dies sei vom Vorsatz des dortigen Angeklagten umfasst gewesen, der die schadensbegründenden Umstände, nämlich die Vergütung selbst nicht beanspruchen zu können, auch gekannt habe.
132Angeknüpft wird insoweit allein an die Rechnungsstellung bzw. den Moment der Rechnungsstellung (und in Bezug auf den Patienten auf den Moment des Rechnungserhalts bzw. der Bezahlung).
133Zu beanstanden ist dies unter juristischen Aspekten bereits deshalb nicht, weil die GoÄ die Voraussetzungen für die Befugnis zur Rechnungsstellung regelt.
134Gleichwohl stellt sich losgelöst von dem dortigen Fall die Frage, ob sich ein Patient, der eine erbrachte Leistung bezahlt, tatsächlich eine Vorstellung davon macht, welcher Arzt die Rechnung stellen durfte.
135Wenn er eine qualitativ (und hinsichtlich der Kosten) gleichwertige Leistung erhalten hat, wird es dem Patienten erst einmal egal sein, welcher Arzt die Rechnung stellt. Oft genug weiß der Patient in Fällen, in denen ein beauftragter Laborarzt die Leistung berechnet, bis zum Erhalt der Rechnung des Fremdlabors nicht einmal, welches Labor durch „seinen“ Arzt beauftragt wurde.
136Wenn man diesem Patienten bei Berechnung der Fremdleistung durch „seinen“ Arzt und Zahlung an diesen dann sagt, dass „sein“ Arzt gegen ihn insoweit keinen Zahlungsanspruch hatte und dass er deshalb insoweit gar nichts hätte bezahlen müssen, wird dieser Patient (wenn er nicht vom „Fach“ ist) voraussichtlich erst einmal sagen, dass er das nicht gewusst habe.
137Das, was der Patient dann weiter bekundet (und tut oder nicht tut), wird - neben der konkreten Fragestellung - davon abhängen, wie er zu seinem Arzt steht.
138Denkbar ist, dass er bekundet, dass er sein Geld zurück haben möchte, weil er über die Rechnungsstellungsbefugnis getäuscht worden sei.
139Wenn man ihm allerdings sagt, dass er bei korrektem Verlauf das Labor in gleicher Höhe hätte bezahlen müssen, ist auch denkbar, dass er sagt, dass er dann, wenn er das gewusst hätte, „seinen“ Arzt bezahlt hätte, weil er aufgrund der Zahlung an „seinen“ Arzt davon ausgehen durfte, jedenfalls vom Labor nicht auch noch in Anspruch genommen zu werden und der „Rest“ ihn nicht interessiere.
140Erfährt der Patient in dem zuletzt gewählten Beispiel erst im Nachhinein von den Umständen, wären objektiv immer noch eine irrtumsbedingte Vermögensverfügung, durch die der Schaden im Zeitpunkt der Verfügung auch nicht unmittelbar kompensiert wird und - abgestellt auf den Zeitpunkt der Rechnungsstellung - juristisch immer noch ein Vorsatz des Arztes zu begründen, obwohl derjenige, dessen Vermögen es unmittelbar betrifft, im Nachhinein sagt, dass es ihm egal gewesen wäre.
141Die „Kompensationsfrage“, die sich bei nicht-juristischer Betrachtung des vom BGH behandelten Sachverhalts stellt, ist die, wie es zu beurteilen ist, wenn der Arzt die Vorstellung hatte, dass der Patient nicht geschädigt wird, weil er die Laborleistung erhalten hat, die (allerdings von einem anderen Arzt erbrachte) Gegenleistung also vor der Rechnungsstellung und vor Bezahlung erfolgt ist.
142Dazu hat der BGH in der zitierten Entscheidung ausgeführt, dass dies nicht den Betrugsvorsatz entfallen lasse, weil derjenige, der sich aufgrund eines ihm (in seiner Person) nicht zustehenden aber (mittels Täuschung darüber) geltend gemachten Zahlungsanspruchs bereichere, wisse oder zumindest billigend in Kauf nehme, dass der Zahlende (an ihn) rechtsgrundlos leiste und dadurch in Höhe des Gezahlten geschädigt sei.
143b)Wie bereits dargelegt unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt jedoch wesentlich von jenem, den der BGH zu beurteilen hatte.
144Neben dem Umstand, dass in dem „BGH-Fall“ der dortige Arzt auch in anders gelagerten Fällen betrügerisch agierte (u.a. auch in kollusivem Zusammenwirken mit Patienten) unterscheidet sich der von der Anklage der Staatsanwaltschaft Wuppertal umfasste Sachverhalt von dem BGH-Fall vor allem dadurch, dass hier weder formal noch faktisch ein anderer Arzt beauftragt wurde, der die M III-Laborleistungen hätte berechnen dürfen.
145Die Durchführung der M III- und /oder M IV-Laborleistungen durch einen anderen Arzt bei gleichzeitiger Rechnungsstellung durch den beauftragenden Arzt ist aber das, was die Neuregelung der GoÄ verhindern wollte. Nicht verhindern wollte die Neuregelung, dass ein Arzt, der die M III-Leistungen oder bestimmte unter dem Abschnitt M III aufgeführte Laborleistungen als eigene Leistung erbringt, diese auch abrechnen darf.
146Vorliegend bleibt die Staatsanwaltschaft letztlich eine nachvollziehbare Erklärung dafür schuldig, wessen Leistung der Angeschuldigte abgerechnet hat, wenn nicht seine eigene (dass eine ordnungsgemäß verwendbare Laborleistung erbracht wurde, steht dabei außer Frage). Schlüssig bliebe die Ansicht der Staatsanwaltschaft nur, wenn überhaupt keine abrechenbare Leistung erbracht worden wäre. Das hieße in Anbetracht der hier unzweifelhaft erbrachten verwertbaren und damit auch werthaltigen Leistung (die Kammer wüsste auch nicht, was ein beauftragter Laborarzt bei den konkreten Untersuchungen mit den konkreten technischen Geräten zwingend anders gemacht hätte als der Angeschuldigte), dass es niemanden gäbe, der sie abrechnen dürfte (da hier kein beauftragter anderer Arzt tätig gewesen ist).
147Ein solches Ergebnis mutet bereits für sich gesehen seltsam an. Die Staatsanwaltschaft gelangt aber zu einem solchen Ergebnis; und dies – wie dargelegt – auf der Grundlage von Ansichten, die in der GoÄ entweder keine oder (Stichwort „ärztlich“) zumindest keine auch nur annähernd zwingende Stütze finden.
148Die Ansicht des Angeschuldigten, zur Abrechnung der in Rechnung gestellten M III-Leistungen befugt gewesen zu sein, steht in Anbetracht der von ihm dargestellten Schritte der Leistungserbringung (als zum Teil selbst erbracht und zum Teil unter seiner Aufsicht erbrachte eigene Leistung) nicht nur nicht im Widerspruch zu den Regelungen der GoÄ, sie wird – anders als Teile der Ansichten der Bundesärztekammer - vom Wortlaut dieser Regelungen und der Regelungssystematik sogar gestützt (zu den Auffälligkeiten der „Logins“ wird im übernächsten Unterpunkt Stellung genommen).
149c)Anders als in dem unter IV. a) dargestellten „BGH-Fall“ wurde vorliegend auch nicht über Tatsachen getäuscht. In dem „BGH-Fall“ war klar, dass der dortige Arzt nicht zur Abrechnung der M III-Leistungen befugt war, weil diese durch einen von ihm beauftragten anderen Arzt durchgeführt wurden. Er hat bewusst gegen eine in der GoÄ deutlich normierte Regelung verstoßen und somit über seine unstreitig nicht gegebene Rechnungsstellungsbefugnis (dies ist die Tatsache) getäuscht.
150Wenn man an dieser Stelle den unter mehreren Aspekten erörterungsbedürftigen Punkt der Login-Auffälligkeiten (dazu unten V.) (erst einmal) ausblendet, wäre festzuhalten, dass es vorliegend keinen anderen Arzt gab, der die Leistung erbracht hat. Der Angeschuldigte hat jedenfalls dann nicht über seine Rechnungsstellungsbefugnis getäuscht, wenn zugrunde gelegt wird, dass er die Validierung der Befundergebnisse selbst vorgenommen hat. Mit der Rechnungsstellung hat er (jedenfalls in diesem Fall) lediglich seine Ansicht zum Ausdruck gebracht, die Leistungsmerkmale, die eine Abrechnung als eigene Leistung erlauben, erfüllt zu haben. Wie die Kammer unter b) dargelegt hat, war diese Ansicht als solche keineswegs abwegig, sondern gerade angesichts der GoÄ-Regelungen vertretbar.
151Jedenfalls lag in dem Vertreten dieser Ansicht in diesem Fall keine Täuschung über Tatsachen. Eines Eingehens auf weitere Aspekte bei der Subsumtion des Betrugstatbestandes bedarf es unter diesem Aspekt daher an dieser Stelle nicht.
152V. Validierung
153Ein Aspekt, der aus der Sicht der Kammer bei der Frage der Befugnis zur Abrechnung der M III-Leistungen als eigene Leistung der ausführlicheren Erörterung bedarf, ist angesichts der Login-Auffälligkeiten (Bl. 127 ff. d.A.) der der Validierung der Befundergebnisse.
154Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass bei den Fällen, in denen es zu diesen Login-Auffälligkeiten gekommen ist, entweder der Angeschuldigte in den Laborräumlichkeiten war, um die Validierung der Laborergebnisse für seine Patienten und die Patienten des gesondert verfolgten Dr. L. vorzunehmen, oder aber der gesondert verfolgte Dr. L., der dies dann für seine Patienten und die Patienten des Angeschuldigten getan habe.
155Der Angeschuldigte hat diesbezüglich über seine Verteidiger vortragen lassen, dass er mit Dr. L. eine Praxisgemeinschaft unterhalte und mit diesem des Öfteren gemeinsam zu den Laborräumlichkeiten gefahren sei, was die zeitnahen Logins erkläre.
156Bei dem dargestellten Aspekt ist eine Erörterungsbedürftigkeit sowohl im rechtlichen Bereich als auch im tatsächlichen Bereich gegeben.
157a)Die Kammer hat sich insoweit zunächst mit dem Punkt beschäftigt, was unter Validierung zu verstehen ist und in welchem Verhältnis der in der GoÄ nicht verwendete Begriff der Validierung zu dem verwendeten Begriff des „daraus resultierenden ärztlichen Befundes“ steht.
158Zu der Frage, ob es sich bei der Verwendung der Begrifflichkeit des „daraus resultierenden ärztlichen Befundes“ um eine normative Begrenzung von § 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ (Fragestellung: Selbsterbringung wegen der Wortwahl in Ziffer 1. zu Anlage M erforderlich oder Delegierbarkeit unter Aufsicht für die Abrechnungsbefugnis ausreichend?) handelt oder nicht, hat die Kammer bereits Ausführungen gemacht (siehe oben II. g)).
159Sie sieht keinen Anlass, von diesen Ausführungen abzuweichen. Selbst, wenn man danach die Validierung mit dem Begriff der Befunderstellung gleichsetzen würde, wäre aus Ziffer 1. zu Anlage M nicht zwingend zu folgern, dass die Validierung durch einen Arzt vorgenommen werden muss, um befugterweise eine Rechnung für M III- und/oder M IV-Leistungen stellen zu dürfen.
160Die Validierung ist indes auch mit der Befunderstellung nicht gleichzusetzen, wie sich aus zahlreichen im Internet zu findenden Publikationen ergibt.
161Genannt seien insoweit beispielhaft folgend Fundstellen:
162- http://www.uniklinik-duesseldorf.de/fileadmin/Datenpool/einrichtungen/zentralinstitut_fuer_klinische_chemie_und_laboratoriumsdiagnostik_id71/dateien/lehre/eVL_PostA_131104.pdf
163- http://www.bnld.de/sammlung-bilder-files-links/CL%2006%2034_2%20Biol%20Validation.PDF
164- http://www.krankenhauslabor.de/RiliBaek/AA%20Validation%20und%20Freigabe%20V003.pdf
165- http://www.krankenhauslabor.de/RiliBaek/VA%20Postanalytik%20V009.pdf
166- http://www.dvta.de/media/der_verband/weiterbildung/2006_validation.pdf
167Die genannten Publikationen verhalten sich nicht zu gebührenrechtlichen Aspekten der Validierung. Aus ihnen ergibt sich indes, dass man üblicherweise zunächst einen Befund vorliegen haben muss, den man dann validieren kann. Nach den von der Verteidigung dargestellten Abläufen ist es so, dass dieser Befund (die Darstellung der Prüfergebnisse der konkreten Untersuchung) durch die eingesetzten Geräte automatisch erstellt wird. Dass es absurd wäre, für die Abrechnungsbefugnis zu verlangen, dass der Arzt (oder ein Mitarbeiter) dieses manuell wiederholt, hat die Kammer bereits dargelegt. Auch ein beauftragter Laborarzt würde dies bei einem identischen Untersuchungsauftrag und dem Einsatz identischer Geräte nicht tun. Er würde, wenn er es in Person erbringen wollte (was als solches auch für ihn nach der GoÄ kein zwingendes Erfordernis für die Abrechnungsbefugnis wäre), nach dem Geräteeinsatz nichts anderes tun als der Angeschuldigte, nämlich die Ergebnisse validieren.
168Angesichts der unter II. g) aufgeworfenen Fragen zu den in Ziffer 1. zur Anlage M verwendeten Begrifflichkeiten wäre es für die Vervollständigung des Bildes grundsätzlich zu begrüßen, wenn die Verteidigung noch darstellen würde, wie es nach der Validierung am Computer im Hinblick auf den jeweiligen Patienten (mit dem die Laborergebnisse in der Regel zu besprechen sein werden) weitergeht.
169Werden die Daten aus dem Validierungscomputer in die Praxis des Angeschuldigten übertragen oder werden sie in den Laborräumlichkeiten durch den Angeschuldigten unmittelbar nach Validierung ausgedruckt oder sorgt das nichtärztliche Personal im Labor für einen Ausdruck (Verschriftung), der dann zu der Praxis des Angeschuldigten geschickt wird?
170Hilfreich wäre es diesbezüglich auch, wenn der Ablauf hinsichtlich der gebührenmäßigen Erfassung für den Angeschuldigten bis zur Rechnungsstellung zumindest kurz dargelegt werden würde.
171b)Nach den Ausführungen unter V. a) ist die Frage berechtigt, ob die Validierung gebührenrechtlich überhaupt relevant sein kann.
172Diese Frage wäre trotz der Ausführungen unter V. a) für den vorliegenden Sachverhalt bejahend zu beantworten, wenn die Annahme der Staatsanwaltschaft, dass der Angeschuldigte nicht immer selbst validiert hat, als bewiesen anzusehen wäre.
173Die Relevanz ergäbe sich dann nämlich daraus, dass dann der Subsumtionspunkt der Aufsicht nach fachlicher Weisung betroffen wäre. Es ist also zu prüfen, ob und gegebenenfalls wie sich die „verdächtigen“ Logins auf den Subsumtionspunkt der Aufsicht nach fachlicher Weisung auswirken.
174Zur Verdeutlichung ist auszuführen, dass die Validierung als medizinischer oder technischer Vorgang auch außerhalb der Räume der Laborgemeinschaft stattfinden könnte, ohne ihren Wert für die medizinische oder technische Untersuchung zu verlieren. Bei – wie vorliegend – ausgelagerten Laborräumlichkeiten kommt der Validierung aber die zusätzliche Funktion zu, dass der Arzt die Laborräumlichkeiten aufsuchen muss, um zu validieren, und sie damit „en passant“ gerade auch diesbezüglich der Aufsichtswahrnehmung dient.
175Die Kammer hält es bei der Prüfung grundsätzlich für richtig, auf die jeweilige einzelne Rechnung abzustellen. Zu klären wäre damit die Frage, ob der Angeschuldigte, der bei Selbstvalidierung befugt wäre, die M III-Leistungen als eigene Leistung abzurechnen, da er mittels der Validierung en passant (siehe oben) auch die Aufsicht wahrnimmt, die Befugnis zur Abrechnung dadurch verlieren könnte, dass er die Validierung in den Laborräumlichkeiten nicht vornimmt und somit möglicherweise das Kriterium der Aufsicht nach fachlicher Weisung nicht mehr hinreichend erfüllt und die Laborleistung dadurch den Charakter als eigene Leistung verlöre und wie die Leistung durch ein Fremdlabor anzusehen wäre.
176Der Verständlichkeit halber sei an dieser Stelle nochmals ausgeführt, was die GoÄ nach ihrem Wortlaut und der Regelungssystematik hinsichtlich der Rechnungsstellungsbefugnis in den Laborbereichen M III und M IV normiert und was nicht:
177Der Arzt (ganz gleich ob beauftragter Laborarzt oder ein behandelnder Arzt, der kein Fremdlabor beauftragt), der Laborleistungen der in Abschnitt M III und/oder M IV selbst erbringt oder sie unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbringen lässt, darf diese Leistungen auch in Rechnung stellen. Mischformen erfüllen die Befugnis auch.
178Dazu, wie die Aufsicht zu gestalten ist, lassen sich der GoÄ keine konkreten Vorgaben entnehmen. Gleiches gilt sinngemäß für die Frage, ob der abrechnende Arzt wenigstens einen Teil der Laborleistung in Person erbringen muss. Die Ansicht der Bundesärztekammer hierzu findet weder im Wortlaut noch in der Regelungssystematik der GoÄ eine Stütze.
179Der Arzt, der Laborleistungen nach den Abschnitten M III und/oder M IV abrechnet, muss über Laborräumlichkeiten, die erforderlichen Geräte und (wenn er nicht alles selbst erbringt) das Personal zur Bedienung der Geräte verfügen (können). Dass sich mehrere Ärzte Laborräumlichkeiten, Laborgerätschaften und Personal teilen, verbietet die GoÄ nicht. Der abrechnende Arzt muss allerdings – soweit er die Leistungen nicht selbst erbringt – das Abrechnungsmerkmal der eigenen Leistung erfüllen (Aufsicht nach fachlicher Weisung).
180Diese Merkmale sind bei Beauftragung eines Fremdlabors nicht erfüllt. Der Arzt, der ein Fremdlabor beauftragt, verfügt nicht über Laborräumlichkeiten, nicht über die erforderlichen Geräte und nicht über Personal zur Bedienung der Geräte. Damit einem solchen Arzt der Anreiz fehlt, ausufernd Laborleistungen zu beauftragen, um damit ohne eigenen Aufwand Geld zu verdienen, ist die Abrechnungsfiktion in § 4 Abs. 2 Satz 2 GoÄ auf die Leistungen nach Abschnitt M II begrenzt worden.
181Das ist hinsichtlich der Abrechnungsbefugnis im Laborbereich der Gehalt der Verordnung; nicht weniger aber auch nicht mehr.
182Es zeigt sich, dass der Regelungsgehalt als solcher durchaus einfach strukturiert ist.
183Man benötigt weder Gutachten noch lange Kommentierungen, um diesen Regelungsgehalt zu verstehen. Es wäre auch kaum vorstellbar, dass der Verordnungsgeber eine Vorschrift über die Abrechnungsbefugnis für das Labor hätte schaffen wollen, die ohne juristischen Beistand nicht mehr im Einzelnen nachzuvollziehen und anzuwenden ist.
184Dies vorangestellt ist auszuführen, dass die Kammer derzeit zu der Bewertung gelangt, dass auch dann, wenn bewiesen wäre, dass der Angeschuldigte bei der einen oder anderen Rechnung nicht zuvor selbst validiert hat, der Charakter der Laborleistung als eigene Leistung des Angeschuldigten nicht verloren ginge.
185Die Aufsicht wäre in dem jeweils betroffenen einzelnen Vorgang zwar nicht (jedesmal) en passant mittels der Validierung wahrgenommen worden. Derartiges ist für die Erfüllung des Merkmals der Aufsicht im Hinblick auf den einzelnen Vorgang aber auch nicht erforderlich, wenn durch Umstände, die außerhalb des jeweiligen einzelnen Vorgangs liegen, die Annahme begründet ist, dass die Aufsicht insgesamt ausreichend ist (und sich somit auch auf den Einzelfall auswirkt, in dem der Angeschuldigte nicht persönlich validiert hat). Auf die Ausführungen unter III. wird Bezug genommen.
186Hinzu kommt, dass auf Bl. 127 ff für einen Zeitraum von etwa eineinhalb Jahren 59 verdächtige Logins aufgelistet werden. Im selben Zeitraum sind aber weit mehr als doppelt so viele Rechnungen gestellt worden (siehe Anklage). Das hieße selbst dann, wenn man die 59 Logins zu Lasten des Angeschuldigten als nicht durch ihn vorgenommen ansähe, er in mehr als mindestens 60 oder 70 Fällen zur Validierung im Labor war, was dann dennoch eine hohe Kontrolldichte (Aufsichtsdichte) belegt.
187Der Angeschuldigte hat auch kein Fremdlabor beauftragt. Er ist Mitgesellschafter der Apparategemeinschaft. Damit stehen ihm für seine Leistungen Räume, Geräte und Mitarbeiter so zur Verfügung als ob er alleiniger Gesellschafter wäre. Für die Erbringung der Laborleistungen ist niemand „dazwischengeschaltet“. Die Gebühren „bezahlen“ eben auch das Vorhalten von Räumen, Geräten und Personal. Dass sich mehrere Ärzte aus wirtschaftlichen Gründen für die Tragung der Vorhaltekosten zusammenschließen, schließt die GoÄ gerade nicht aus. Auch bei größeren spezialisierten Laboren, die von mehreren reinen Laborärzten betrieben werden, ist es im Ergebnis nicht anders. Die Zahl der zusammengeschlossenen Ärzte, die bei der Apparategemeinschaft hoch ist, wird durch die GoÄ nicht begrenzt.
188c)In Bezug auf den tatsächlichen Bereich ist auszuführen, dass man bei jeder einzelnen Rechnung bzw. bei jedem einzelnen „verdächtigen“ Login feststellen müsste, dass sich nicht der Angeschuldigte, sondern Dr. Krause zur Validierung der Ergebnisse für die Patienten des Angeschuldigten eingeloggt hat. In einem Verfahren gegen Dr. L. müsste man die umgekehrte Feststellung treffen.
189Wie diese Feststellung getroffen werden sollte bzw. könnte, erschließt sich der Kammer derzeit nicht, so dass nach derzeitiger Beurteilung zum einen die Möglichkeit, dass der Angeschuldigte und der gesondert verfolgte Dr. L. gemeinsam vor Ort waren, zumindest für einen Teil der Logins bestehen bliebe und – soweit man dazu käme, dass sich nur einer von ihnen für beide eingeloggt haben sollte - im Übrigen nicht aufzuklären sein dürfte, welcher von beiden dies war. Das sich damit kein Nachweis zu Lasten des Angeschuldigten führen ließe, bedarf keiner weiteren Erörterung.
190Hinzu kommt, dass es in dem Labor drei Validierungsbildschirme gibt. Man müsste gegebenenfalls abgleichen, wieviele Logins in den hier in Rede stehenden Zeitabschnitten durch andere Ärzte stattgefunden haben (die zu klärende Frage wäre dann, ob entweder der Angeschuldigte oder Dr. L. mit ihren Logins hätten warten müssen) und ob sich der eine von beiden stets ausgeloggt hat, bevor sich der andere einloggte. Die Auslogzeiten sind der Liste nicht zu entnehmen.
191VI.
192Die Staatsanwaltschaft hat vorliegend mehrfach geäußert, dass sich der Angeschuldigte bewusst in eine rechtliche Grauzone begeben habe. Mit Ausnahme der dargestellten Formulierungen in den Ziffern 1. und 3. der Anlage M, die aber auf die Frage der Abrechnungsbefugnis keinen (bzw. – Stichwort „ärztlich“ - zumindest keinen zwingenden) Einfluss haben, bieten weder der Wortlaut der GoÄ noch deren Regelungssystematik insoweit indes eine Grauzone. Das, was die Staatsanwaltschaft mit Grauzone meint, ist letztlich nur durch die verbreiteten (und in der Folge weiterverbreiteten) Ansichten der Bundesärztekammer entstanden, die weder im Wortlaut noch in der Regelungssystematik der GoÄ eine Stütze finden und die erkennbar (nur) dem Zweck dienen, eine erneute Diskussion um „das Labor“ zu verhindern.
193Diese Ansichten sind in Folge der Weiterverbreitung offenbar zu einer Art „Selbstläufer“ geworden, der vor allem für die Beschäftigung von Juristen gesorgt hat, die unnötig gewesen wäre, wenn man sich hier wie da an dem Verordnungstext und der Regelungssystematik orientiert hätte.
194Wenn man etwas anderes will als insoweit in der GoÄ geregelt ist, muss man die GoÄ insoweit ändern (was aber wegen der damit verbundenen neuen Diskussion um „das Labor“ die Bundesärztekammer gerade nicht möchte).“
195III.
196Die Kammer hält an ihrer Auffassung fest, dass eine am Wortlaut einer Vorschrift orientierte Auslegung grundsätzlich auch dann nicht falsch, sondern vertretbar ist, wenn sie einer (überwiegend vertretenen) anderen Auslegung nicht entspricht.
197Gerade dann, wenn sich aus der Auslegung einer Vorschrift, die originär nicht zum Bereich des Strafrechts gehört, strafrechtliche Konsequenzen ergeben sollen, ist grundsätzlich Zurückhaltung bei der Qualifizierung geboten, ob ein an einer bestimmten Auslegung orientiertes Verhalten, das (zumindest) dem Wortlaut der Vorschrift nicht zuwiderläuft, dennoch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen soll oder muss.
198Aus den Akten des Ursprungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Wuppertal – 85 Js 46/10 – ist insoweit eine Verfügung der Staatsanwaltschaft Saarbrücken. zu erwähnen, die von den dortigen Verteidigern zur Akte gereicht wurde (dort Bl. 642). Aus dem länger zurückliegenden Verfahren der Staatsanwaltschaft Saarbrücken (33 Js 319/97) ist ein Zitat aus der Einstellungsverfügung angebracht worden. Es heißt dort: „Die Ansichten der Beschuldigten werden jedoch so lange im Strafprozess hinzunehmen sein, wie sie sich nachvollziehbar auf Ansichten von Fachleuten oder Gerichten stützen können. Somit dürfen zivilrechtliche Beurteilungskriterien nicht unbesehen ins Strafrecht übertragen werden. Das hat zur Folge, dass die gebührenrechtliche und die strafrechtliche Bewertung desselben Verhaltens auseinanderfallen können. Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren ist insbesondere nicht geeignet, medizinische oder gebührenrechtliche Zweifelsfragen zu klären.“
199Diese von der Kammer nicht für grundsätzlich falsch erachtete Ansicht spiegelt sich auch in dem Beschluss der 1. großen Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 28.04.2015 (1 AR 13/15; Ausdruck auf Bl. 636 ff. der hiesigen Akte) wieder.
200Mit jenem Beschluss hat die Strafkammer die Zustimmung zu einer beabsichtigten Einstellung des Verfahrens (es handelte sich dort um die gleiche Materie wie im vorliegenden Verfahren) gemäß § 153a StPO mit der Begründung abgelehnt, dass kein hinreichender Tatverdacht bestehe.
201In dem Beschluss vom 28.08.2015 (1 AR 22/15; Ausdruck auf Bl. 642 ff. der hiesigen Akte) hat die 1. große Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf ihre Auffassung wiederholt.
202Auf beide Beschlüsse der 1. großen Strafkammer wird in vollem Umfang Bezug genommen. Dies gilt auch für die dortigen Ausführungen zu einem denkbaren Unterlassungsdelikt, die die Kammer ebenfalls teilt.
203Das Landgericht Köln hat sich in dem (freisprechenden) Urteil vom 11.02.2015 (118 KLs 9/13) unter anderem mit der rechtlichen Problematik im Hinblick auf die Aufsichtspflicht auseinandergesetzt und es – nach einer kurzen Darstellung der dazu vertretenen Auffassungen – für erforderlich erachtet, „dass der abrechnende Arzt während des gesamten Untersuchungsvorgangs entweder im Labor selbst oder in dessen unmittelbarer Nähe anwesend“ sei.
204Es folgen dann Ausführungen (Seite 35 des zitierten Urteils), die sich in erster Linie zu qualitativ-medizinischen Aspekten verhalten (z.B. unmittelbare Eingriffsmöglichkeit in den Analysevorgang durch den Arzt).
205Dazu ist auszuführen, dass so etwas bei hochtechnisierten und hochautomatisierten Laboruntersuchungen praktisch nicht vorkommen kann. Ein Eingriff in den Maschinenablauf birgt – sofern er überhaupt möglich ist – gerade die Gefahr einer Ergebnisverfälschung.
206Auf Seite 36 des zitierten Urteils hat das Landgerichts Köln. dies dann auch thematisiert und in Bezug auf „Black-Box-Verfahren“ ausgeführt, dass es dahinstehen könne, ob „die Ausübung der Aufsicht technisch und medizinisch erforderlich und sinnvoll“ sei.
207Bei dem im vorliegenden Verfahren gegebenen M-III-Untersuchungen handelt es sich indes um solche, die dem „Black-Box-Bereich“ zuzuordnen sind. In der Laborgemeinschaft wird nur ein kleiner Teil der in der GoÄ normierten M-III-Untersuchungen durchgeführt und gerade nicht das ganze Spektrum abgedeckt. Bei anderen Laborleistungen mag die Anwesenheit des Arztes unter qualitativ-medizinischen Gesichtspunkten geboten sein, bei den hier in Rede stehenden Laborleistungen ist sie es unter qualitativ-medizinischen Gesichtspunkten nicht.
208Daran zeigt sich allerdings insoweit die Problematik der Neuregelung, die insoweit gerade keine Differenzierung vornimmt.
209Das Landgericht Köln hat ausgeführt, dass die Laborleistung durch die Anwesenheit des Arztes in den Laborräumlichkeiten oder in deren unmittelbarer räumlicher Nähe ein „persönliches Gepräge“ erhalte (was – so versteht die Kammer jenes Urteil – auch für „Black-Box-Verfahren“ gelte).
210Der Kammer fällt es indes schwer, einem „Black-Box-Verfahren“ ohne Weiteres ein persönliches ärztliches Gepräge beizumessen (mit Ausnahme der medizinischen Validierung).
211Das „persönliche Gepräge“ besteht bei „Black-Box-Verfahren“ letztlich in reiner (körperlicher) Anwesenheit im Labor bzw. unmittelbarer (körperlicher) Nähe zum Labor (ganz gleich, was der Arzt dabei tut oder zu tun hat und ganz gleich, ob er überhaupt etwas tut oder tun muss).
212Der Verordnungsgeber mag bzw. wird (angesichts der Intention, dem Arzt, der für Durchführung der Laborleistungen ein Fremdlabor beauftragt, dafür keinen finanziellen Anreiz zu geben) dabei im Blick gehabt haben, dass ein Arzt für Leistungen, die er als eigene abrechnen möchte, grundsätzlich Zeit aufwenden soll, innerhalb derer er nicht anderweitig tätig werden kann.
213Bei „Black-Box-Verfahren“ tendiert aber – wenn geschulte, nichtärztliche Mitarbeiter die Geräte bedienen – die dafür aufgewendete ärztliche Zeit (mit Ausnahme der medizinischen Validierung) gegen Null.
214Das ist gerade auch in einem größeren (reinen) Labor so. Wenn ein größeres Labor von einer höheren Anzahl niedergelassener Mediziner mit der Durchführung von M-III-Leistungen beauftragt wird und neben Untersuchungen, die qualitativ-medizinisch die Anwesenheit des Arztes erfordern, auch in größerer Zahl „Black-Box-Verfahren“ mit einer größeren Anzahl der dafür erforderlichen Geräte durchführt, die von geschultem nichtärztlichen Personal bedient werden, fehlt es bei dem einzelnen „Black-Box-Verfahren“ nicht nur an einem persönlichen ärztlichen Gepräge, der Laborarzt kann dann auch gerade außerhalb der „Black-Box-Verfahren“ zeitgleich andere Laboruntersuchungen durchführen und damit „Geld verdienen“. Die „Überwachung“ der im „Black-Box-Bereich“ tätigen nichtärztlichen Mitarbeiter durch den Arzt steht dann unter gebührenrechtlichen Aspekten letztlich zunächst auch nur „auf dem Papier“.
215Im Vergleich dazu ist der Zeitaufwand für die Vornahme der medizinischen Validierung einer „Black-Box-Untersuchung“ für einen niedergelassenen Arzt, der zum Validieren seine Praxisräume verlassen muss und dann zu den Räumen der Apparategemeinschaft fährt, sogar höher.
216Das Landgericht Köln, dessen Ansicht die Kammer im Ergebnis für ebenfalls vertretbar hält, hat im Übrigen nicht explizit ausgeführt, dass die anderen Auffassungen unvertretbar seien (und sich in diesem Zusammenhang insbesondere nicht mit dem Wortlaut und der Regelungssystematik der GoÄ auseinandergesetzt, was allerdings angesichts der aus anderen Gründen freisprechenden Entscheidung in dem dortigen Fall auch nicht nötig war).
217Richtig ist, dass die in der Apparategemeinschaft zusammengeschlossenen Ärzte mit den in Rede stehenden „Black-Box-Untersuchungen“ eigene Umsätze und eigene Gewinne generieren, während sie (die Möglichkeit berufsrechtlich untersagter verdeckter Kick-Back-Zahlungen durch ein beauftragtes Labor einmal außer Acht gelassen) bei Beauftragung eines Fremdlabors insoweit „neutral“ agieren würden.
218Allerdings hat der einzelne Arzt der Apparategemeinschaft – anders als bei Beauftragung eines Fremdlabors – auch eigene Kosten für die Apparate und das nicht-ärztliche Personal (die allerdings auf mehrere Schultern verteilt werden, deren Anzahl umso größer ist, je mehr Ärzte Gesellschafter sind). Daneben hat der einzelne Arzt, wenn er die Laborräumlichkeiten zum medizinischen Validieren aufsucht, auch (s.o.) einen nicht unerheblichen zeitlichen Aufwand. Der Arzt der Apparategemeinschaft kauft somit nicht „billig“ durch andere Ärzte erbrachte Laborleistungen ein und stellt diese ohne eigenen Aufwand gehabt zu haben in Rechnung. Er hat einen erhöhten Aufwand im Vergleich zur Beauftragung eines Fremdlabors.
219Die Kammer sieht aus den gesamthaft genannten Gründen keinen Anlass, der weder gegen den Wortlaut noch gegen die Regelungssystematik der GoÄ verstoßenden dargelegten möglichen Auslegung des Merkmals „unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung“ in Bezug auf die hier in Rede stehenden M-III-Leistungen (die nur einen kleinen Teil der normierten M-III-Leistungen betreffen) die Vertretbarkeit abzusprechen.
220Wenn der Verordnungsgeber die von den Mitgliedern der ärztlichen Apparategemeinschaft gewählte Struktur hätte unterbinden wollen, hätten die diesbezüglich mal mehr, mal weniger intensiv geführten Diskussionen um die Auslegung von § 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ für den Laborbereich gerade angesichts des rasanten technischen Fortschritts ausreichend Anlass für eine Klarstellung in Abschnitt M sein können. Die Einfügung eines (wohlformulierten) Satzes hätte genügt. Geschehen ist das in nunmehr mehr als 19 Jahren nicht. Insbesondere wurde – wie dargelegt - die Regelungssystematik der GoÄ nicht verändert, weshalb§ 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ nicht für den einen Gebührenbereich auf die eine Weise und für einen anderen Gebührenbereich auf eine andere Weise ausgelegt werden kann. Je patientenferner, je automatisierter und je weniger fehlergeneigt eine gebührenauslösende Aktion ist, desto eher kann diese auf geschultes nichtärztliches Personal delegiert werden und desto weniger bedarf es sowohl gebührenrechtlich als auch qualitativ-medizinisch einer permanenten Aufsicht im Sinne eines permanenten räumlichen Zurverfügungstehens des Arztes.
221Des Weiteren ist auszuführen, dass auch den privaten Versicherern die Diskussion nicht unbekannt geblieben sein dürfte. Erstattet wurden die betroffenen Rechnungspositionen gleichwohl.
222Die Kammer hielte es für rechtlich in erheblicher Weise bedenklich, außerhalb des Strafrechts liegende Rechtsnormen, über deren Auslegung keine einhellige Meinung besteht und bezüglich derer sowohl die eine als auch die andere Meinung mit jeweils sachlichen und nicht offenkundig abwegigen Argumenten als nicht unvertretbar zu qualifizieren ist, über die „Hintertür“ des Strafrechts einer abschließenden Auslegung zuzuführen.
223Die Kammer sieht sich dabei in Übereinstimmung mit der Staatsanwaltschaft Saarbrücken und der 1. großen Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf (s.o.).
224Im Hinblick auf § 263 StGB fehlt es insoweit aus den dargelegten Gründen auch grundsätzlich an einer Täuschung über Tatsachen (es sei denn, die Täuschung liegt in einem anderen Bereich) durch die – wie hier – anwaltlich (rechtlich) zur Auslegung beratenen Ärzte.
225Eine vertretbare Rechtsansicht ist keine Tatsache i.S.d. Betrugstatbestandes, sondern eine Rechtsansicht. Bei Kenntnis, dass man nicht abrechnen darf, weil man weiß, dass man die Abrechnungsvoraussetzungen mit (tatsächlicher und rechtlicher) Sicherheit nicht erfüllt hat (BGH-Fall, s.o.), vertritt man keine Rechtsansicht, sondern täuscht mit der Rechnungsstellung über die Tatsache, dass man keine Abrechnungsbefugnis hat.
226Ist man der (vertretbaren) Ansicht abrechnen zu dürfen, täuscht man auch nicht über diese Ansicht, sondern tut mit der Rechnungsstellung gerade diese Ansicht kund.
227Des Eingehens auf weitere rechtliche Gesichtspunkte im Zusammenhang mit dem Tatbestand des § 263 StGB (z.B. zur inneren Tatseite einschließlich der Prüfung eines Verbotsirrtums) bedarf es aus den dargelegten Gründen nicht.
228IV. Besonderheiten des hiesigen Verfahrens
2291.Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass aufgrund von Login-Auffälligkeiten der Verdacht bestehe, dass entweder der Angeschuldigte in den Laborräumlichkeiten war, um die Validierung der Laborergebnisse für seine Patienten und die Patienten des gesondert verfolgten Dr. L. vorzunehmen, oder aber der gesondert verfolgte Dr. L., der dies dann für seine Patienten und die Patienten des Angeschuldigten getan habe.
230Der Angeschuldigte hat diesbezüglich über seine Verteidiger vortragen lassen, dass er mit Dr. L. eine Praxisgemeinschaft unterhalte und mit diesem des Öfteren gemeinsam zu den Laborräumlichkeiten gefahren sei, was die zeitnahen Logins erkläre.
231Aus dem Ausgangsverfahren ist der Kammer bekannt, dass dort eine Ärztin die Räume der Apparategemeinschaft aufgesucht hat, um Validierungen für mehrere andere Ärzte vorzunehmen.
232Die Kammer muss an dieser Stelle nicht entscheiden, ob für die dort betroffenen Ärzte deshalb davon auszugehen ist, dass diese (oder einzelne von ihnen) ihre Aufsichtspflicht gezielt in einer Weise vernachlässigt haben, aus der sich dann im Weiteren wegen Nichterfüllung dieses Gebühren-Merkmals auch die Erfüllung des Betrugstatbestandes ergeben könnte.
233Für den hier gegebenen Fall verbleibt es bei den diesbezüglichen Ausführungen in dem Vermerk vom 30.03.2015.
234Die weiteren Ermittlungen haben keine Erkenntnisse erbracht, die im tatsächlichen Bereich den Verdacht der Staatsanwaltschaft für den jeweils konkreten einzelnen Fall als beweisbar erscheinen lassen. Im Übrigen hat die Zeugin C. bekundet, dass der Angeschuldigte und Dr. L. „immer“ oder „fast immer“ gemeinsam mit dem Auto zu den Räumen der Apparategemeinschaft gefahren seien. Die Zeugin N. hat dies sinngemäß weitgehend bestätigt.
235Ein hinreichender Tatverdacht ist somit unter diesem Aspekt auch weiterhin nicht begründet. Es ist nicht ersichtlich, durch welche Umstände der Vortrag des Angeschuldigten zu widerlegen sein könnte.
2362.Mit der Stellungnahme vom 06.05.2015 (Bl. 464 d.A. ff.) hat die Staatsanwaltschaft die gegen den Angeschuldigten erhobenen Betrugsvorwürfe auch darauf gestützt, dass er kein Facharzt sei und deshalb im Laborbereich keine fachlichen Weisungen erteilen könne bzw. dürfe.
237Die Verteidigung hat dazu mit Schriftsatz vom 22.06.2015 (Bl. 520 d.A. ff.) sehr ausführlich argumentativ Stellung genommen.
238Die Kammer kommt in der rechtlichen Bewertung zu denselben Ergebnissen wie die Verteidigung. Aus den von der Verteidigung dargelegten Gründen würde es zumindest an der Feststellbarkeit eines Betrugsvorsatzes fehlen (wenn nicht die Prüfung bereits vorher aus den von der Verteidigung dargelegten Gründen zu beenden wäre).
239Zur Vermeidung von Wiederholungen wird daher an dieser Stelle auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 22.06.2015 Bezug genommen (nicht notwendig allerdings auf jedwede dort getroffene Wort- bzw. Formulierungswahl).
240Ergänzend ist anzuführen, dass kein Fall bekannt ist, in welchem ein Versicherer dem Patienten die Erstattung der in Rechnung gestellten M-III-Leistungen verweigert hat und somit denknotwenig auch kein Fall, in dem ein Versicherer auf eine fehlende ärztliche Qualifikation des Angeschuldigten verwiesen hätte; dies bei einer vieljährigen Tätigkeit des Angeschuldigten, der bereits ausweislich des von ihm verwendeten Briefkopfs kein Facharzt ist.
241Die Bundesärztekammer hat zudem im Jahr 2000 in Bezug auf die Befugnis zur Erteilung fachlicher Weisungen im Laborbereich im Sinne einer Besitzstandswahrung für zuvor im Laborbereich tätige Ärzte die Approbation ausreichen lassen (siehe Bl. 48 d.A.). Sie hat in diesem Zusammenhang zwar erneut ihrer Auffassung Ausdruck verliehen, dass „die Mitgliedschaft in einer Laborgemeinschaft“ nicht ausreiche. Über jenen Punkt bestanden und bestehen aber gerade die dargestellten unterschiedlichen Auffassungen. Es ist für die Kammer auch nicht unmittelbar ersichtlich, inwieweit die Besitzstandswahrung in einem notwendigen oder gar zwingenden Zusammenhang mit dem Merkmal der Eignung zur Erteilung fachlicher Weisungen stehen soll. Auf der Hand liegt aus bereits angesprochenen Gründen lediglich der Wille, insoweit eine Verknüpfung herzustellen. Nähme man den Meinungsstreit aus, bliebe die Besitzstandswahrung, was wiederum zumindest im vorliegenden Fall ein weiteres Argument dafür sein kann, dass es unter dem Aspekt der nicht gegebenen Facharztausbildung an einem Betrugsvorsatz zum Zeitpunkt der Rechnungsstellungen fehlte.
242V.
243Aus den dargelegten Gründen fehlt es an einem hinreichenden Tatverdacht.
244Die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen folgt aus § 467 Abs.1 StPO.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Düsseldorf Beschluss, 09. Okt. 2015 - 20 KLs 32/14
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Urteil einreichenLandgericht Düsseldorf Beschluss, 09. Okt. 2015 - 20 KLs 32/14 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts und des Beschuldigten kann die Staatsanwaltschaft bei einem Vergehen vorläufig von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen und zugleich dem Beschuldigten Auflagen und Weisungen erteilen, wenn diese geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen, und die Schwere der Schuld nicht entgegensteht. Als Auflagen oder Weisungen kommen insbesondere in Betracht,
- 1.
zur Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens eine bestimmte Leistung zu erbringen, - 2.
einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung oder der Staatskasse zu zahlen, - 3.
sonst gemeinnützige Leistungen zu erbringen, - 4.
Unterhaltspflichten in einer bestimmten Höhe nachzukommen, - 5.
sich ernsthaft zu bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich) und dabei seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wieder gut zu machen oder deren Wiedergutmachung zu erstreben, - 6.
an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen oder - 7.
an einem Aufbauseminar nach § 2b Abs. 2 Satz 2 oder an einem Fahreignungsseminar nach § 4a des Straßenverkehrsgesetzes teilzunehmen.
(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren vorläufig einstellen und zugleich dem Angeschuldigten die in Absatz 1 Satz 1 und 2 bezeichneten Auflagen und Weisungen erteilen. Absatz 1 Satz 3 bis 6 und 8 gilt entsprechend. Die Entscheidung nach Satz 1 ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar. Satz 4 gilt auch für eine Feststellung, daß gemäß Satz 1 erteilte Auflagen und Weisungen erfüllt worden sind.
(3) Während des Laufes der für die Erfüllung der Auflagen und Weisungen gesetzten Frist ruht die Verjährung.
(4) § 155b findet im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 6, auch in Verbindung mit Absatz 2, entsprechende Anwendung mit der Maßgabe, dass personenbezogene Daten aus dem Strafverfahren, die nicht den Beschuldigten betreffen, an die mit der Durchführung des sozialen Trainingskurses befasste Stelle nur übermittelt werden dürfen, soweit die betroffenen Personen in die Übermittlung eingewilligt haben. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach sonstigen strafrechtlichen Vorschriften die Weisung erteilt wird, an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen.
(1) Gebühren sind Vergütungen für die im Gebührenverzeichnis (Anlage) genannten ärztlichen Leistungen.
(2) Der Arzt kann Gebühren nur für selbständige ärztliche Leistungen berechnen, die er selbst erbracht hat oder die unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht wurden (eigene Leistungen). Als eigene Leistungen gelten auch von ihm berechnete Laborleistungen des Abschnitts M II des Gebührenverzeichnisses (Basislabor), die nach fachlicher Weisung unter der Aufsicht eines anderen Arztes in Laborgemeinschaften oder in von Ärzten ohne eigene Liquidationsberechtigung geleiteten Krankenhauslabors erbracht werden. Als eigene Leistungen im Rahmen einer wahlärztlichen stationären, teilstationären oder vor- und nachstationären Krankenhausbehandlung gelten nicht
- 1.
Leistungen nach den Nummern 1 bis 62 des Gebührenverzeichnisses innerhalb von 24 Stunden nach der Aufnahme und innerhalb von 24 Stunden vor der Entlassung, - 2.
Visiten nach den Nummern 45 und 46 des Gebührenverzeichnisses während der gesamten Dauer der stationären Behandlung sowie - 3.
Leistungen nach den Nummern 56, 200, 250, 250a, 252, 271 und 272 des Gebührenverzeichnisses während der gesamten Dauer der stationären Behandlung,
(2a) Für eine Leistung, die Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis ist, kann der Arzt eine Gebühr nicht berechnen, wenn er für die andere Leistung eine Gebühr berechnet. Dies gilt auch für die zur Erbringung der im Gebührenverzeichnis aufgeführten operativen Leistungen methodisch notwendigen operativen Einzelschritte. Die Rufbereitschaft sowie das Bereitstehen eines Arztes oder Arztteams sind nicht berechnungsfähig.
(3) Mit den Gebühren sind die Praxiskosten einschließlich der Kosten für den Sprechstundenbedarf sowie die Kosten für die Anwendung von Instrumenten und Apparaten abgegolten, soweit nicht in dieser Verordnung etwas anderes bestimmt ist. Hat der Arzt ärztliche Leistungen unter Inanspruchnahme Dritter, die nach dieser Verordnung selbst nicht liquidationsberechtigt sind, erbracht, so sind die hierdurch entstandenen Kosten ebenfalls mit der Gebühr abgegolten.
(4) Kosten, die nach Absatz 3 mit den Gebühren abgegolten sind, dürfen nicht gesondert berechnet werden. Eine Abtretung des Vergütungsanspruchs in Höhe solcher Kosten ist gegenüber dem Zahlungspflichtigen unwirksam.
(5) Sollen Leistungen durch Dritte erbracht werden, die diese dem Zahlungspflichtigen unmittelbar berechnen, so hat der Arzt ihn darüber zu unterrichten.
(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat, - 2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen, - 3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt, - 4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder - 5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.
(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.
(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.
(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(7) (weggefallen)
(1) Gebühren sind Vergütungen für die im Gebührenverzeichnis (Anlage) genannten ärztlichen Leistungen.
(2) Der Arzt kann Gebühren nur für selbständige ärztliche Leistungen berechnen, die er selbst erbracht hat oder die unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht wurden (eigene Leistungen). Als eigene Leistungen gelten auch von ihm berechnete Laborleistungen des Abschnitts M II des Gebührenverzeichnisses (Basislabor), die nach fachlicher Weisung unter der Aufsicht eines anderen Arztes in Laborgemeinschaften oder in von Ärzten ohne eigene Liquidationsberechtigung geleiteten Krankenhauslabors erbracht werden. Als eigene Leistungen im Rahmen einer wahlärztlichen stationären, teilstationären oder vor- und nachstationären Krankenhausbehandlung gelten nicht
- 1.
Leistungen nach den Nummern 1 bis 62 des Gebührenverzeichnisses innerhalb von 24 Stunden nach der Aufnahme und innerhalb von 24 Stunden vor der Entlassung, - 2.
Visiten nach den Nummern 45 und 46 des Gebührenverzeichnisses während der gesamten Dauer der stationären Behandlung sowie - 3.
Leistungen nach den Nummern 56, 200, 250, 250a, 252, 271 und 272 des Gebührenverzeichnisses während der gesamten Dauer der stationären Behandlung,
(2a) Für eine Leistung, die Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis ist, kann der Arzt eine Gebühr nicht berechnen, wenn er für die andere Leistung eine Gebühr berechnet. Dies gilt auch für die zur Erbringung der im Gebührenverzeichnis aufgeführten operativen Leistungen methodisch notwendigen operativen Einzelschritte. Die Rufbereitschaft sowie das Bereitstehen eines Arztes oder Arztteams sind nicht berechnungsfähig.
(3) Mit den Gebühren sind die Praxiskosten einschließlich der Kosten für den Sprechstundenbedarf sowie die Kosten für die Anwendung von Instrumenten und Apparaten abgegolten, soweit nicht in dieser Verordnung etwas anderes bestimmt ist. Hat der Arzt ärztliche Leistungen unter Inanspruchnahme Dritter, die nach dieser Verordnung selbst nicht liquidationsberechtigt sind, erbracht, so sind die hierdurch entstandenen Kosten ebenfalls mit der Gebühr abgegolten.
(4) Kosten, die nach Absatz 3 mit den Gebühren abgegolten sind, dürfen nicht gesondert berechnet werden. Eine Abtretung des Vergütungsanspruchs in Höhe solcher Kosten ist gegenüber dem Zahlungspflichtigen unwirksam.
(5) Sollen Leistungen durch Dritte erbracht werden, die diese dem Zahlungspflichtigen unmittelbar berechnen, so hat der Arzt ihn darüber zu unterrichten.
(1) Die Vergütungen für die beruflichen Leistungen der Ärzte bestimmen sich nach dieser Verordnung, soweit nicht durch Bundesgesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Vergütungen darf der Arzt nur für Leistungen berechnen, die nach den Regeln der ärztlichen Kunst für eine medizinisch notwendige ärztliche Versorgung erforderlich sind. Leistungen, die über das Maß einer medizinisch notwendigen ärztlichen Versorgung hinausgehen, darf er nur berechnen, wenn sie auf Verlangen des Zahlungspflichtigen erbracht worden sind.
(1) Gebühren sind Vergütungen für die im Gebührenverzeichnis (Anlage) genannten ärztlichen Leistungen.
(2) Der Arzt kann Gebühren nur für selbständige ärztliche Leistungen berechnen, die er selbst erbracht hat oder die unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht wurden (eigene Leistungen). Als eigene Leistungen gelten auch von ihm berechnete Laborleistungen des Abschnitts M II des Gebührenverzeichnisses (Basislabor), die nach fachlicher Weisung unter der Aufsicht eines anderen Arztes in Laborgemeinschaften oder in von Ärzten ohne eigene Liquidationsberechtigung geleiteten Krankenhauslabors erbracht werden. Als eigene Leistungen im Rahmen einer wahlärztlichen stationären, teilstationären oder vor- und nachstationären Krankenhausbehandlung gelten nicht
- 1.
Leistungen nach den Nummern 1 bis 62 des Gebührenverzeichnisses innerhalb von 24 Stunden nach der Aufnahme und innerhalb von 24 Stunden vor der Entlassung, - 2.
Visiten nach den Nummern 45 und 46 des Gebührenverzeichnisses während der gesamten Dauer der stationären Behandlung sowie - 3.
Leistungen nach den Nummern 56, 200, 250, 250a, 252, 271 und 272 des Gebührenverzeichnisses während der gesamten Dauer der stationären Behandlung,
(2a) Für eine Leistung, die Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis ist, kann der Arzt eine Gebühr nicht berechnen, wenn er für die andere Leistung eine Gebühr berechnet. Dies gilt auch für die zur Erbringung der im Gebührenverzeichnis aufgeführten operativen Leistungen methodisch notwendigen operativen Einzelschritte. Die Rufbereitschaft sowie das Bereitstehen eines Arztes oder Arztteams sind nicht berechnungsfähig.
(3) Mit den Gebühren sind die Praxiskosten einschließlich der Kosten für den Sprechstundenbedarf sowie die Kosten für die Anwendung von Instrumenten und Apparaten abgegolten, soweit nicht in dieser Verordnung etwas anderes bestimmt ist. Hat der Arzt ärztliche Leistungen unter Inanspruchnahme Dritter, die nach dieser Verordnung selbst nicht liquidationsberechtigt sind, erbracht, so sind die hierdurch entstandenen Kosten ebenfalls mit der Gebühr abgegolten.
(4) Kosten, die nach Absatz 3 mit den Gebühren abgegolten sind, dürfen nicht gesondert berechnet werden. Eine Abtretung des Vergütungsanspruchs in Höhe solcher Kosten ist gegenüber dem Zahlungspflichtigen unwirksam.
(5) Sollen Leistungen durch Dritte erbracht werden, die diese dem Zahlungspflichtigen unmittelbar berechnen, so hat der Arzt ihn darüber zu unterrichten.
(1) Auf dem Gebiet der Humanmedizin dürfen ausgeübt werden
- 1.
die folgenden Tätigkeiten nur von Personen mit einer Erlaubnis nach § 1 Nr. 1: - a)
technische Aufarbeitung des histologischen und zytologischen Untersuchungsmaterials, technische Beurteilung der Präparate auf ihre Brauchbarkeit zur ärztlichen Diagnose, - b)
Durchführung von Untersuchungsgängen in der morphologischen Hämatologie, Immunhämatologie und Hämostaseologie einschließlich Ergebniserstellung, Qualitäts- und Plausibilitätskontrolle, - c)
Durchführung von Untersuchungsgängen in der Klinischen Chemie einschließlich Ergebniserstellung, Qualitäts- und Plausibilitätskontrolle, - d)
Durchführung von Untersuchungsgängen in der Mikrobiologie, Parasitologie und Immunologie einschließlich Ergebniserstellung, Qualitäts- und Plausibilitätskontrolle;
ausgenommen von den unter den Buchstabe b bis d genannten Tätigkeiten sind einfache klinisch-chemische Analysen sowie einfache qualitative und semiquantitative Untersuchungen von Körperflüssigkeiten, Ausscheidungen und Blut, - 2.
die folgenden Tätigkeiten nur von Personen mit einer Erlaubnis nach § 1 Nr. 2: - a)
Durchführung der technischen Arbeiten und Beurteilung ihrer Qualität in der Radiologischen Diagnostik und anderen bildgebenden Verfahren einschließlich Qualitätssicherung, - b)
technische Mitwirkung in der Strahlentherapie bei der Erstellung des Bestrahlungsplanes und dessen Reproduktion am Patienten einschließlich Qualitätssicherung, - c)
technische Mitwirkung in der nuklearmedizinischen Diagnostik und Therapie einschließlich Qualitätssicherung, - d)
Durchführung meßtechnischer Aufgaben in der Dosimetrie und im Strahlenschutz in der Radiologischen Diagnostik, der Strahlentherapie und der Nuklearmedizin;
die Röntgenverordnung vom 8. Januar 1987 (BGBl. I S. 114) bleibt unberührt, - 3.
die folgenden Tätigkeiten nur von Personen mit einer Erlaubnis nach § 1 Nr. 3: - a)
Durchführung von Untersuchungsgängen in der Funktionsdiagnostik des Nervensystems und der Sinnesorgane einschließlich Ergebniserstellung, Qualitäts- und Plausibilitätskontrolle, - b)
Durchführung von Untersuchungsgängen in der kardio-vaskulären Funktionsdiagnostik einschließlich Ergebniserstellung, Qualitäts- und Plausibilitätskontrolle, - c)
Durchführung von Untersuchungsgängen in der pulmologischen Funktionsdiagnostik einschließlich Ergebniserstellung, Qualitäts- und Plausibilitätskontrolle, - d)
technische Mitwirkung im Rahmen der chirurgischen und invasiven Funktionsdiagnostik;
ausgenommen von den unter den Buchstaben a bis c genannten Tätigkeiten sind einfache vor- oder nachbereitende Tätigkeiten und einfache Funktionsprüfungen, wie das Elektrokardiogramm, die Ergometrie und die Spirometrie.
(2) Auf dem Gebiet der Veterinärmedizin dürfen die folgenden Tätigkeiten nur von Personen mit einer Erlaubnis nach § 1 Nr. 4 ausgeübt werden:
- 1.
Tätigkeiten, die den in Absatz 1 Nr. 1 genannten entsprechen, - 2.
Durchführung von Untersuchungsgängen an Lebensmitteln tierischer Herkunft einschließlich Ergebniserstellung, Qualitäts- und Plausibilitätskontrolle, - 3.
Durchführung von Untersuchungsgängen in der Spermatologie einschließlich Ergebniserstellung, Qualitäts- und Plausibilitätskontrolle.
(3) Tätigkeiten, deren Ergebnisse der Erkennung einer Krankheit und der Beurteilung ihres Verlaufs dienen, dürfen von den in § 1 genannten Personen nur auf ärztliche, zahnärztliche oder tierärztliche oder auf Anforderung einer Heilpraktikerin oder eines Heilpraktikers ausgeübt werden.
(1) Gebühren sind Vergütungen für die im Gebührenverzeichnis (Anlage) genannten ärztlichen Leistungen.
(2) Der Arzt kann Gebühren nur für selbständige ärztliche Leistungen berechnen, die er selbst erbracht hat oder die unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht wurden (eigene Leistungen). Als eigene Leistungen gelten auch von ihm berechnete Laborleistungen des Abschnitts M II des Gebührenverzeichnisses (Basislabor), die nach fachlicher Weisung unter der Aufsicht eines anderen Arztes in Laborgemeinschaften oder in von Ärzten ohne eigene Liquidationsberechtigung geleiteten Krankenhauslabors erbracht werden. Als eigene Leistungen im Rahmen einer wahlärztlichen stationären, teilstationären oder vor- und nachstationären Krankenhausbehandlung gelten nicht
- 1.
Leistungen nach den Nummern 1 bis 62 des Gebührenverzeichnisses innerhalb von 24 Stunden nach der Aufnahme und innerhalb von 24 Stunden vor der Entlassung, - 2.
Visiten nach den Nummern 45 und 46 des Gebührenverzeichnisses während der gesamten Dauer der stationären Behandlung sowie - 3.
Leistungen nach den Nummern 56, 200, 250, 250a, 252, 271 und 272 des Gebührenverzeichnisses während der gesamten Dauer der stationären Behandlung,
(2a) Für eine Leistung, die Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis ist, kann der Arzt eine Gebühr nicht berechnen, wenn er für die andere Leistung eine Gebühr berechnet. Dies gilt auch für die zur Erbringung der im Gebührenverzeichnis aufgeführten operativen Leistungen methodisch notwendigen operativen Einzelschritte. Die Rufbereitschaft sowie das Bereitstehen eines Arztes oder Arztteams sind nicht berechnungsfähig.
(3) Mit den Gebühren sind die Praxiskosten einschließlich der Kosten für den Sprechstundenbedarf sowie die Kosten für die Anwendung von Instrumenten und Apparaten abgegolten, soweit nicht in dieser Verordnung etwas anderes bestimmt ist. Hat der Arzt ärztliche Leistungen unter Inanspruchnahme Dritter, die nach dieser Verordnung selbst nicht liquidationsberechtigt sind, erbracht, so sind die hierdurch entstandenen Kosten ebenfalls mit der Gebühr abgegolten.
(4) Kosten, die nach Absatz 3 mit den Gebühren abgegolten sind, dürfen nicht gesondert berechnet werden. Eine Abtretung des Vergütungsanspruchs in Höhe solcher Kosten ist gegenüber dem Zahlungspflichtigen unwirksam.
(5) Sollen Leistungen durch Dritte erbracht werden, die diese dem Zahlungspflichtigen unmittelbar berechnen, so hat der Arzt ihn darüber zu unterrichten.
(1) Auf dem Gebiet der Humanmedizin dürfen ausgeübt werden
- 1.
die folgenden Tätigkeiten nur von Personen mit einer Erlaubnis nach § 1 Nr. 1: - a)
technische Aufarbeitung des histologischen und zytologischen Untersuchungsmaterials, technische Beurteilung der Präparate auf ihre Brauchbarkeit zur ärztlichen Diagnose, - b)
Durchführung von Untersuchungsgängen in der morphologischen Hämatologie, Immunhämatologie und Hämostaseologie einschließlich Ergebniserstellung, Qualitäts- und Plausibilitätskontrolle, - c)
Durchführung von Untersuchungsgängen in der Klinischen Chemie einschließlich Ergebniserstellung, Qualitäts- und Plausibilitätskontrolle, - d)
Durchführung von Untersuchungsgängen in der Mikrobiologie, Parasitologie und Immunologie einschließlich Ergebniserstellung, Qualitäts- und Plausibilitätskontrolle;
ausgenommen von den unter den Buchstabe b bis d genannten Tätigkeiten sind einfache klinisch-chemische Analysen sowie einfache qualitative und semiquantitative Untersuchungen von Körperflüssigkeiten, Ausscheidungen und Blut, - 2.
die folgenden Tätigkeiten nur von Personen mit einer Erlaubnis nach § 1 Nr. 2: - a)
Durchführung der technischen Arbeiten und Beurteilung ihrer Qualität in der Radiologischen Diagnostik und anderen bildgebenden Verfahren einschließlich Qualitätssicherung, - b)
technische Mitwirkung in der Strahlentherapie bei der Erstellung des Bestrahlungsplanes und dessen Reproduktion am Patienten einschließlich Qualitätssicherung, - c)
technische Mitwirkung in der nuklearmedizinischen Diagnostik und Therapie einschließlich Qualitätssicherung, - d)
Durchführung meßtechnischer Aufgaben in der Dosimetrie und im Strahlenschutz in der Radiologischen Diagnostik, der Strahlentherapie und der Nuklearmedizin;
die Röntgenverordnung vom 8. Januar 1987 (BGBl. I S. 114) bleibt unberührt, - 3.
die folgenden Tätigkeiten nur von Personen mit einer Erlaubnis nach § 1 Nr. 3: - a)
Durchführung von Untersuchungsgängen in der Funktionsdiagnostik des Nervensystems und der Sinnesorgane einschließlich Ergebniserstellung, Qualitäts- und Plausibilitätskontrolle, - b)
Durchführung von Untersuchungsgängen in der kardio-vaskulären Funktionsdiagnostik einschließlich Ergebniserstellung, Qualitäts- und Plausibilitätskontrolle, - c)
Durchführung von Untersuchungsgängen in der pulmologischen Funktionsdiagnostik einschließlich Ergebniserstellung, Qualitäts- und Plausibilitätskontrolle, - d)
technische Mitwirkung im Rahmen der chirurgischen und invasiven Funktionsdiagnostik;
ausgenommen von den unter den Buchstaben a bis c genannten Tätigkeiten sind einfache vor- oder nachbereitende Tätigkeiten und einfache Funktionsprüfungen, wie das Elektrokardiogramm, die Ergometrie und die Spirometrie.
(2) Auf dem Gebiet der Veterinärmedizin dürfen die folgenden Tätigkeiten nur von Personen mit einer Erlaubnis nach § 1 Nr. 4 ausgeübt werden:
- 1.
Tätigkeiten, die den in Absatz 1 Nr. 1 genannten entsprechen, - 2.
Durchführung von Untersuchungsgängen an Lebensmitteln tierischer Herkunft einschließlich Ergebniserstellung, Qualitäts- und Plausibilitätskontrolle, - 3.
Durchführung von Untersuchungsgängen in der Spermatologie einschließlich Ergebniserstellung, Qualitäts- und Plausibilitätskontrolle.
(3) Tätigkeiten, deren Ergebnisse der Erkennung einer Krankheit und der Beurteilung ihres Verlaufs dienen, dürfen von den in § 1 genannten Personen nur auf ärztliche, zahnärztliche oder tierärztliche oder auf Anforderung einer Heilpraktikerin oder eines Heilpraktikers ausgeübt werden.
(1) Gebühren sind Vergütungen für die im Gebührenverzeichnis (Anlage) genannten ärztlichen Leistungen.
(2) Der Arzt kann Gebühren nur für selbständige ärztliche Leistungen berechnen, die er selbst erbracht hat oder die unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht wurden (eigene Leistungen). Als eigene Leistungen gelten auch von ihm berechnete Laborleistungen des Abschnitts M II des Gebührenverzeichnisses (Basislabor), die nach fachlicher Weisung unter der Aufsicht eines anderen Arztes in Laborgemeinschaften oder in von Ärzten ohne eigene Liquidationsberechtigung geleiteten Krankenhauslabors erbracht werden. Als eigene Leistungen im Rahmen einer wahlärztlichen stationären, teilstationären oder vor- und nachstationären Krankenhausbehandlung gelten nicht
- 1.
Leistungen nach den Nummern 1 bis 62 des Gebührenverzeichnisses innerhalb von 24 Stunden nach der Aufnahme und innerhalb von 24 Stunden vor der Entlassung, - 2.
Visiten nach den Nummern 45 und 46 des Gebührenverzeichnisses während der gesamten Dauer der stationären Behandlung sowie - 3.
Leistungen nach den Nummern 56, 200, 250, 250a, 252, 271 und 272 des Gebührenverzeichnisses während der gesamten Dauer der stationären Behandlung,
(2a) Für eine Leistung, die Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis ist, kann der Arzt eine Gebühr nicht berechnen, wenn er für die andere Leistung eine Gebühr berechnet. Dies gilt auch für die zur Erbringung der im Gebührenverzeichnis aufgeführten operativen Leistungen methodisch notwendigen operativen Einzelschritte. Die Rufbereitschaft sowie das Bereitstehen eines Arztes oder Arztteams sind nicht berechnungsfähig.
(3) Mit den Gebühren sind die Praxiskosten einschließlich der Kosten für den Sprechstundenbedarf sowie die Kosten für die Anwendung von Instrumenten und Apparaten abgegolten, soweit nicht in dieser Verordnung etwas anderes bestimmt ist. Hat der Arzt ärztliche Leistungen unter Inanspruchnahme Dritter, die nach dieser Verordnung selbst nicht liquidationsberechtigt sind, erbracht, so sind die hierdurch entstandenen Kosten ebenfalls mit der Gebühr abgegolten.
(4) Kosten, die nach Absatz 3 mit den Gebühren abgegolten sind, dürfen nicht gesondert berechnet werden. Eine Abtretung des Vergütungsanspruchs in Höhe solcher Kosten ist gegenüber dem Zahlungspflichtigen unwirksam.
(5) Sollen Leistungen durch Dritte erbracht werden, die diese dem Zahlungspflichtigen unmittelbar berechnen, so hat der Arzt ihn darüber zu unterrichten.
(1) Die Vergütungen für die beruflichen Leistungen der Ärzte bestimmen sich nach dieser Verordnung, soweit nicht durch Bundesgesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Vergütungen darf der Arzt nur für Leistungen berechnen, die nach den Regeln der ärztlichen Kunst für eine medizinisch notwendige ärztliche Versorgung erforderlich sind. Leistungen, die über das Maß einer medizinisch notwendigen ärztlichen Versorgung hinausgehen, darf er nur berechnen, wenn sie auf Verlangen des Zahlungspflichtigen erbracht worden sind.
(1) Gebühren sind Vergütungen für die im Gebührenverzeichnis (Anlage) genannten ärztlichen Leistungen.
(2) Der Arzt kann Gebühren nur für selbständige ärztliche Leistungen berechnen, die er selbst erbracht hat oder die unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht wurden (eigene Leistungen). Als eigene Leistungen gelten auch von ihm berechnete Laborleistungen des Abschnitts M II des Gebührenverzeichnisses (Basislabor), die nach fachlicher Weisung unter der Aufsicht eines anderen Arztes in Laborgemeinschaften oder in von Ärzten ohne eigene Liquidationsberechtigung geleiteten Krankenhauslabors erbracht werden. Als eigene Leistungen im Rahmen einer wahlärztlichen stationären, teilstationären oder vor- und nachstationären Krankenhausbehandlung gelten nicht
- 1.
Leistungen nach den Nummern 1 bis 62 des Gebührenverzeichnisses innerhalb von 24 Stunden nach der Aufnahme und innerhalb von 24 Stunden vor der Entlassung, - 2.
Visiten nach den Nummern 45 und 46 des Gebührenverzeichnisses während der gesamten Dauer der stationären Behandlung sowie - 3.
Leistungen nach den Nummern 56, 200, 250, 250a, 252, 271 und 272 des Gebührenverzeichnisses während der gesamten Dauer der stationären Behandlung,
(2a) Für eine Leistung, die Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis ist, kann der Arzt eine Gebühr nicht berechnen, wenn er für die andere Leistung eine Gebühr berechnet. Dies gilt auch für die zur Erbringung der im Gebührenverzeichnis aufgeführten operativen Leistungen methodisch notwendigen operativen Einzelschritte. Die Rufbereitschaft sowie das Bereitstehen eines Arztes oder Arztteams sind nicht berechnungsfähig.
(3) Mit den Gebühren sind die Praxiskosten einschließlich der Kosten für den Sprechstundenbedarf sowie die Kosten für die Anwendung von Instrumenten und Apparaten abgegolten, soweit nicht in dieser Verordnung etwas anderes bestimmt ist. Hat der Arzt ärztliche Leistungen unter Inanspruchnahme Dritter, die nach dieser Verordnung selbst nicht liquidationsberechtigt sind, erbracht, so sind die hierdurch entstandenen Kosten ebenfalls mit der Gebühr abgegolten.
(4) Kosten, die nach Absatz 3 mit den Gebühren abgegolten sind, dürfen nicht gesondert berechnet werden. Eine Abtretung des Vergütungsanspruchs in Höhe solcher Kosten ist gegenüber dem Zahlungspflichtigen unwirksam.
(5) Sollen Leistungen durch Dritte erbracht werden, die diese dem Zahlungspflichtigen unmittelbar berechnen, so hat der Arzt ihn darüber zu unterrichten.
Tenor
Der vorläufigen Einstellung des Verfahrens wird nicht zugestimmt.
1
Gründe:
2I.
3Die Staatsanwaltschaft wirft den beiden Beschuldigten Betrug im Zusammenhang mit der Erbringung von „privatärztlichen sogenannten Speziallaborleistungen“ der Abschnitte M III GOÄ vor. Die Beschuldigten – jeweils niedergelassene Ärzte – sollen Patienten in betrügerischer Weise geschädigt haben, indem sie Laborleistungen als eigene abgerechnet haben, obwohl sie nicht selbst von ihnen erbracht worden seien.
4Die Frage, ob die Abrechnung von Laborleistungen der Abschnitte M III der GOÄ die persönliche Anwesenheit des abrechnenden Arztes in dem Labor voraussetzt, ist seit 1995 Gegenstand kontroverser Diskussionen in den berufsständischen Vereinigungen. Dies führte auch zu gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen Ärzten, aufgrund derer die Berechtigung zur Abrechnung jedoch ausschließlich unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten diskutiert und entschieden wurde. Der Berufsverband deutscher Laborärzte e.V. drängte gegenüber der Staatsanwaltschaft Wuppertal auf eine strafrechtliche Verfolgung der Mitglieder der „Ärztlichen Apparategemeinschaft“, zu der auch die beiden Beschuldigten zählen.
5Nach Kenntnis der Kammer hat die Staatsanwaltschaft Wuppertal bei dem Landgericht Düsseldorf in mehreren Fällen Anklage gegen ärztliche Mitglieder der Apparategemeinschaft erhoben, über deren Zulassung noch nicht entschieden worden ist.
6II.
7Die Voraussetzungen für eine vorläufige Einstellung des Verfahrens gegen Erbringung einer Geldauflage (§ 153a Abs. 1 StPO) sind nicht gegeben. Voraussetzung einer solchen Verfahrenseinstellung ist u.a. der hinreichende Verdacht der Begehung einer Straftat (vgl. BVerfG NStZ-RR 1996, 168 [169]). Dieser liegt – jedenfalls nach dem gegenwärtigen Stand der Ermittlungen – nicht vor.
81) Mutmaßliche Tathandlung ist die Geltendmachung der Vergütung für ärztliche Leistungen, ohne dass die Beschuldigten gegenüber den Patienten auf den Sachverhalt hingewiesen hätten, dass nicht sie selbst sondern ein nicht unter ihrer Aufsicht und Leitung stehendes Labor die Leistungen erbracht habe.
9Bei der Einordnung eines solchen Verhaltens in strafrechtlich relevante Verhaltenskategorien (Handeln oder Unterlassen) ist – in wertender Würdigung – danach zu fragen, wo der Schwerpunkt einer eventuellen Vorwerfbarkeit läge (vgl. BGH Beschluss vom 17. August 1999 – 1 StR 390/99 – NStZ 1999, 607). Berücksichtigt man, dass einer Person, die der Auffassung ist, ihr stehe – bei unklarer Rechtslage – ein Zahlungsanspruch zu, nicht versagt werden kann, diesen – durch aktives Handeln – geltend zu machen, läge der Schwerpunkt einer eventuellen Vorwerfbarkeit in derartigen Fällen in dem Unterlassen der Offenbarung derjenigen Umstände, die den Bestand des geltend gemachten Anspruchs in Frage stellen könnten. Vorliegend ergeben die Ermittlungen nicht, dass die Beschuldigten in der gesicherten Annahme vorgegangen sind, sie seien nicht berechtigt, die Laborleistungen als eigene Leistungen abzurechnen. Wie die Frage, ob die berechneten laborärztlichen Leistungen unter der Aufsicht der Beschuldigten und nach ihrer fachlichen Weisung erbracht wurden (§ 4 Abs. 2 Satz 1 GOÄ), vor dem Hintergrund der konkreten Ausgestaltung der Beziehung der Beschuldigten zu dem Personal der „Ärztlichen Apparategemeinschaft“ zu beantworten ist, lässt sich zumindest nicht mit einer solchen Eindeutigkeit beantworten, die – für die Antwort auf die Frage nach dem Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit – zu dem Schluss führen würde, die Beschuldigten hätten sich bewusst eines materiell-rechtlich nicht bestehenden Anspruchs berühmt. Mit anderen Worten: Der von den Beschuldigten bei den Abrechnungen – aber auch bei der Beteiligung an der „Ärztlichen Apparategemeinschaft“ – eingenommene rechtliche Standpunkt ist jedenfalls nicht derart fernliegend, dass bereits auf der Geltendmachung der Ansprüche als solcher der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit läge.
10Dies belegt auch die – aus Sicht der Kammer sich vorliegend besonders aufdrängende – Parallele zum Zivilprozess: Dass dieser „streitig“ geführt wird, weil die Prozessparteien unterschiedliche, für entscheidungserheblich gehaltene Lebenssachverhalte vortragen und diese ggf. unterschiedlich rechtlich würdigen, ist im forensischen Alltag die Regel. Dass sich die unterliegende Partei alleine deshalb dem Verdacht einer Strafbarkeit wegen Betruges aussetzt, weil sie den von dem Gericht letztlich verneinten Anspruch überhaupt geltend gemacht hat, liegt – wenn nicht weitere Umstände hinzukommen – ersichtlich fern. Ein strafbares Verhalten wäre lediglich dann in Betracht zu ziehen, wenn die unterliegende Partei erhebliche Tatsachen unter Verstoß gegen prozessuale Offenbarungspflichten (§ 138 Abs. 1 ZPO) verschweigt. In einem solchen Falle liegt indes der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit in dem Unterlassen der Offenbarung und nicht in der Geltendmachung des infolge der verschwiegenen Tatsachen möglicherweise zweifelhaften Anspruchs als solcher.
112) Voraussetzung für eine Strafbarkeit der Angeschuldigten wegen Verschweigens – möglicherweise – anspruchshindernder Tatsachen gegenüber ihren Patienten wäre gemäß § 13 Abs. 1 StGB eine Rechtspflicht zur Offenbarung.
12Eine solche vermag die Kammer nicht zu erkennen:
13a) Sie ergibt sich im konkreten Fall insbesondere nicht aus § 241 Abs. 2 BGB als Nebenpflicht aus dem mit dem Patienten geschlossenen Behandlungsvertrag. Zwar kann ein Arzt dazu verpflichtet sein, den – privatärztlich behandelten – Patienten vor der Behandlung darauf hinzuweisen, dass die Behandlungskosten nicht oder nur unter gewissen Voraussetzungen oder nicht in voller Höhe von der Krankenversicherung oder einem anderen Träger erstattet werden. Darum geht es vorliegend jedoch nicht: Die Ermittlungen haben nicht ergeben, dass die Beschuldigten geplant hatten, die Vergütung für die Laborleistungen unabhängig davon zu vereinnahmen, ob sie tatsächlich von einem anderen Arzt beansprucht werden kann. Die Beschuldigten haben also nicht die Leistung in dem Bewusstsein abgerechnet, dass für die Patienten die Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme besteht. Sie haben auch nicht in dem Bewusstsein gehandelt, dass den Patienten die Erstattung des Honorars durch ihre Krankenversicherungen bzw. – im Falle der Beihilfeberechtigung – durch ihren Dienstherrn versagt wird. Beides ist – soweit ersichtlich – auch nicht geschehen. Da somit für die Beschuldigten kein Anlass zu der Befürchtung bestand, ihren Patienten entstehe durch die gewählte Art und Weise, der Erbringung und Abrechnung laborärztlicher Leistungen ein Nachteil, bestand auch keine in den jeweiligen Behandlungsverträgen wurzelnde Hinweispflicht, deren Verletzung gemäß § 13 Abs. 1 StGB strafbar hätte sein können.
14b) Die Kammer vermag auch keine sonstige – insbesondere keine berufsrechtliche – Grundlage für eine entsprechende Hinweispflicht zu erkennen.
153) Grundlage des Vorwurfs, der den Beschuldigten von der Staatsanwaltschaft gemacht wird, ist letztlich nicht der mittels Täuschung vorgenommene Angriff auf fremdes Vermögen (der Patienten), sondern der Versuch, sich durch eine bestimmte Organisation bei der Erbringung von Laborleistungen privatärztliche Abrechnungsmöglichkeiten für Leistungen zu erhalten, die grundsätzlich auch abrechnungsfähig sind. Der – aus Sicht der Kammer unberechtigte (s.o.) – Betrugsvorwurf ergibt sich somit lediglich als Reflex aus unterschiedlichen Auffassungen über die Zulässigkeit der von den Beschuldigten gewählten Organisation ihrer Laborleistungen sowie deren Abrechnung und nicht aus einer tatsächlichen Beeinträchtigung des von § 263 StGB geschützten Rechtsguts, also aus einem Schaden für die Patienten. Strafbar ist solches Verhalten – unter dem rechtlichen Gesichtspunkt eines Unterlassungsdelikts – lediglich dann, wenn der Gesetz- oder der Verordnungsgeber bzw. der Rechtsgutträger (Patient) dem Interesse an einer Offenbarung der möglicherweise anspruchshindernden Umstände in einer Art und Weise Ausdruck verleiht, die eine entsprechende Rechtspflicht im Sinne von § 13 Abs. 1 StGB begründet. Hieran fehlt es jedoch.
(1) Mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts und des Beschuldigten kann die Staatsanwaltschaft bei einem Vergehen vorläufig von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen und zugleich dem Beschuldigten Auflagen und Weisungen erteilen, wenn diese geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen, und die Schwere der Schuld nicht entgegensteht. Als Auflagen oder Weisungen kommen insbesondere in Betracht,
- 1.
zur Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens eine bestimmte Leistung zu erbringen, - 2.
einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung oder der Staatskasse zu zahlen, - 3.
sonst gemeinnützige Leistungen zu erbringen, - 4.
Unterhaltspflichten in einer bestimmten Höhe nachzukommen, - 5.
sich ernsthaft zu bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich) und dabei seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wieder gut zu machen oder deren Wiedergutmachung zu erstreben, - 6.
an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen oder - 7.
an einem Aufbauseminar nach § 2b Abs. 2 Satz 2 oder an einem Fahreignungsseminar nach § 4a des Straßenverkehrsgesetzes teilzunehmen.
(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren vorläufig einstellen und zugleich dem Angeschuldigten die in Absatz 1 Satz 1 und 2 bezeichneten Auflagen und Weisungen erteilen. Absatz 1 Satz 3 bis 6 und 8 gilt entsprechend. Die Entscheidung nach Satz 1 ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar. Satz 4 gilt auch für eine Feststellung, daß gemäß Satz 1 erteilte Auflagen und Weisungen erfüllt worden sind.
(3) Während des Laufes der für die Erfüllung der Auflagen und Weisungen gesetzten Frist ruht die Verjährung.
(4) § 155b findet im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 6, auch in Verbindung mit Absatz 2, entsprechende Anwendung mit der Maßgabe, dass personenbezogene Daten aus dem Strafverfahren, die nicht den Beschuldigten betreffen, an die mit der Durchführung des sozialen Trainingskurses befasste Stelle nur übermittelt werden dürfen, soweit die betroffenen Personen in die Übermittlung eingewilligt haben. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach sonstigen strafrechtlichen Vorschriften die Weisung erteilt wird, an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen.
Tenor
Der Angeklagte wird freigesprochen.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt die Staatskasse.
1
G r ü n d e:
2A.
3I.
4Die Staatsanwaltschaft Köln hat dem Angeklagten, einem niedergelassenen Arzt, mit Anklageschrift vom 14.01.2013 zur Last gelegt, in der Zeit vom 05.04.2005 bis zum 12.07.2011 in Köln in 1.033 Fällen Privatpatienten bei der Abrechnung von Laborleistungen betrogen zu haben.
5Im Anklagesatz heißt es:
6„Im oben genannten Tatzeitraum betrieb der Angeschuldigte als Arzt auf der H-Straße in Köln eine Arztpraxis und ließ die für seine Privatpatienten zu erbringenden Speziallaborleistungen aus den Bereichen M III und M IV der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) durch die Laborgemeinschaft "Ärztliche Gemeinschaft für Diagnostik L1" durchführen, deren Mitglied er war und die ihm im Tatzeitraum hierfür - sowie für weitere Laborleistungen - einen Gesamtbetrag in Höhe von 31.134,78 € in Rechnung stellte, wobei sich dieser Betrag nach den bei der Erbringung der Laborleistung tatsächlich anfallenden Kosten bemaß.
7Gegenüber seinen Patienten stellte der Angeschuldigte die von der "Ärztlichen Gemeinschaft für Diagnostik L1" erbrachten Speziallaborleistungen aus den Bereichen M III und M IV in einem Gesamtvolumen in Höhe von 42.002,16 € unzulässiger Weise nach § 4 Abs. 2 GOÄ als selbst erbrachte Leistungen in Rechnung, wobei der in der GOÄ normierte und von ihm berechnete Gebührensatz erheblich über den von der Laborgemeinschaft in Rechnung gestellten Kosten lag.
8Hierbei spiegelte er seinen Patienten wahrheitswidrig vor, zur Abrechnung in dem in Rechnung gestellten Umfang berechtigt gewesen zu sein, obwohl eine persönliche Leistungserbringung nach § 4 Abs. 2 GOÄ durch ihn oder unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung tatsächlich nicht erfolgte, wobei er zumindest billigend in Kauf nahm, zur Abrechnung der Laborleistungen nicht berechtigt gewesen zu sein.
9Daraufhin überwiesen seine Privatpatienten bzw. deren Krankenversicherungen, die von einer ordnungsgemäßen Rechnungserstellung ausgingen, die in Rechung gestellten Geldbeträge.
10Der Angeschuldigte handelte jeweils in der Absicht, sich aus wiederholten Betrugsstraftaten eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von erheblichem Umfang zu verschaffen und eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen.“
11Es folgt eine tabellarische Auflistung der angeklagten Taten.
12II.
13Mit Beschluss vom 23.09.2014 hat die Kammer das Verfahren in den Fällen 16, 24, 27, 53, 54, 97, 101, 119, 120, 128, 131, 136, 145, 166, 173, 181, 189, 204, 211, 221, 226, 228, 233, 283, 291, 305, 311, 315, 330, 332, 351, 352, 358, 368, 381, 398, 410, 414, 424, 441, 447, 449, 498, 501, 513, 559, 577, 612, 618, 637, 640, 644, 648, 668, 670, 680, 692, 700, 710, 725, 734, 740, 743, 746, 747, 779, 788, 794, 797, 809, 820, 828, 837, 852, 857, 865, 879, 880, 902, 907, 908, 925, 935, 941, 944, 947, 955, 956, 966, 970, 982 und 990 vorläufig gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt. Mit Beschluss vom 18.11.2014 hat die Kammer das Verfahren in den Fällen 111, 125 und 484 vorläufig gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt und die Anklage im Übrigen zur Hauptverhandlung zugelassen.
14B.
15I.
16Zur Person des Angeklagten hat die Kammer folgende Feststellungen getroffen:
17Der Angeklagte Dr. Y wurde am 27.11.1949 in Köln geboren. Er ist verheiratet und hat einen 32-jährigen Sohn sowie zwei Enkelkinder.
18Der Angeklagte ist seit etwa 40 Jahren als Arzt tätig. Er absolvierte seine Ausbildung zum Facharzt für Innere Medizin im Krankenhaus und bei der Bundeswehr. Seit 1983 ist der Angeklagte als niedergelassener Arzt mit hausärztlicher Praxis in der H-Straße in Köln tätig.
19Der Angeklagte lebt in geordneten finanziellen Verhältnissen.
20Der Bundeszentralregisterauszug des Angeklagten weist keine Eintragungen auf.
21II.
22Nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung hat sich der Anklagevorwurf nicht bestätigt. Der Angeklagte war aus tatsächlichen Gründen freizusprechen.
23In der Sache hat die Kammer folgende Feststellungen getroffen:
241. Der Angeklagte erbringt die im Rahmen seiner hausärztlichen Praxis anfallenden Laboruntersuchungen zum Teil selbst in seinem eigenen Labor in den Praxisräumlichkeiten; hier werden u.a. Urinuntersuchungen gemäß der Abrechnungsziffern 3760 und 4605 des Gebührenverzeichnisses für Ärztliche Leistungen der GOÄ durchgeführt. Andere Laborleistungen werden außerhalb der Praxisräume in einer Laborgemeinschaft erbracht, bei der der Angeklagte Gesellschafter ist. Die in der Praxis und der Laborgemeinschaft erbrachten Untersuchungen rechnet der Angeklagte als eigene Leistungen ab. Die übrigen anfallenden Laboruntersuchungen werden durch Laborfachärzte auf deren Rechnung erbracht. Gegenstand des Anklagevorwurfs sind nur bestimmte in der Laborgemeinschaft erbrachte Laborleistungen des Angeklagten.
25Der Angeklagte war zunächst ab Mitte der 1980er-Jahre Mitglied einer kleineren Laborgemeinschaft in A1, die sich nach einigen Jahren auflöste, da sie mit dem technischen Fortschritt nicht mithalten konnte. Er wurde sodann Gesellschafter der Ärztlichen Gemeinschaft für Diagnostik L1, einer Laborgemeinschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die ihren Sitz zunächst in der L-Straße in A hatte. Im Februar 2006 verlegte die Laborgemeinschaft ihren Sitz in die benachbarte J-Straße in A. Im Jahr 2008 wurde der Angeklagte Gesellschafter der neu gegründeten Privatärztlichen Gemeinschaft für Diagnostik L1, die ebenfalls in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts betrieben wurde und den Geschäftsbetrieb der Laborgemeinschaft in denselben Räumlichkeiten übernahm (im Folgenden werden die beiden letztgenannten Laborgemeinschaften des Angeklagten einheitlich als Ärztliche Gemeinschaft bezeichnet).
262. Die Ärztliche Gemeinschaft hatte im verfahrensgegenständlichen Zeitraum durchgehend ca. 800 Mitglieder, ausschließlich niedergelassene Ärzte, bei wechselndem Bestand durch Ein- und Austritte. Geschäftsführer der Ärztlichen Gemeinschaft waren in dieser Zeit die gesondert Verfolgten Dr. S, Dr. I und Dr. C. Die gesondert Verfolgte Dr. C betrieb in den Räumlichkeiten der Laborgemeinschaft zugleich ihr Facharztlabor. Bei der Ärztlichen Gemeinschaft waren und sind eine Vielzahl von Mitarbeitern beschäftigt, sowohl in der Verwaltung (u.a. Rechnungswesen, Telefonzentrale) als auch im Labor. Die Räumlichkeiten der Laborgemeinschaft befanden sich in der L-Straße auf einer Etage, wobei Labor und Probenannahme sich in getrennten Räumen befanden. Seit dem Umzug in die J-Straße erstrecken sich die Räumlichkeiten über zwei Etagen in einem Geschäfts- und Bürogebäude. Im ersten Obergeschoss befindet sich der Eingangsbereich mit der Telefonzentrale. Die eigentlichen Laborräumlichkeiten sowie die Verwaltung befinden sich im Stockwerk darüber, wobei hier die Probenannahme in dem gleichen Raum erfolgt, in dem sich auch die Zentrifugen und Untersuchungsgeräte befinden.
27Die Ärztliche Gemeinschaft bietet ihren Gesellschaftern die Möglichkeit, in ihrem Labor in begrenztem Umfang Laborleistungen gemäß des Abschnitts M. III. des Gebührenverzeichnisses für ärztliche Leistungen der GOÄ (im Folgenden: M-III-Untersuchungen) zu erbringen. Es handelt sich dabei ausschließlich um Blutuntersuchungen, die voll automatisiert und computergesteuert in Untersuchungsgeräten ablaufen (sog. Black-Box-Verfahren). Leistungen aus dem Abschnitt M. IV. des Gebührenverzeichnisses der GOÄ bietet die Ärztliche Gemeinschaft nicht an. Die in der Ärztlichen Gemeinschaft erbrachten M-III-Leistungen rechnen die als Gesellschafter beteiligten Ärzte unmittelbar als eigene Leistungen gegenüber ihren Patienten ab. Die Ärztliche Gemeinschaft stellt den Ärzten lediglich die Kosten der Untersuchung in Rechnung, die bei M-III-Leistungen ca. 20-25 % des nach der GOÄ abrechenbaren Betrages ausmachen.
28Im Rahmen der vierten Änderungsverordnung zur GOÄ, die zum 01.01.1996 in Kraft getreten ist, änderte der Verordnungsgeber die Voraussetzungen für die Abrechenbarkeit von Laborleistungen gemäß § 4 Abs. 2 GOÄ und strukturierte den Bereich „M. Laboratoriumsuntersuchungen“ des Gebührenverzeichnisses neu. Die Laborleistungen wurden in die Bereiche „Praxislabor“ (M. I., Ziffern 3500 bis 3532), „Basislabor“ (M. II., Ziffern 3541 bis 3621) und „Speziallabor“ (M. III., Ziffern 3630 bis 4469, und M. IV., Ziffern 4500 bis 4787) unterteilt.
29In der seit dem 01.01.1996 gültigen Fassung lautet § 4 Abs. 2 GOÄ wie folgt:
30„Der Arzt kann Gebühren nur für selbständige ärztliche Leistungen berechnen, die er selbst erbracht hat oder die unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht wurden (eigene Leistungen). Als eigene Leistungen gelten auch von ihm berechnete Laborleistungen des Abschnitts M II des Gebührenverzeichnisses (Basislabor), die nach fachlicher Weisung unter der Aufsicht eines anderen Arztes in Laborgemeinschaften oder in von Ärzten ohne eigene Liquidationsberechtigung geleiteten Krankenhauslabors erbracht werden. (…)“
31Die Bundesärztekammer (im Folgenden: BÄK) veröffentlichte im Deutschen Ärzteblatt vom 01.03.1996 eine Stellungnahme zur Auslegung des § 4 Abs. 2 S.1 GOÄ betreffend die Erbringung von Speziallaborleistungen. Die BÄK führte zur Abrechenbarkeit von M-III-Leistungen u.a. Folgendes aus:
32„In solchen Fällen ergibt sich daher gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 GOÄ (1996) die Notwendigkeit, dass der Arzt bei allen Schritten der Leistungserstellung persönlich anwesend ist, auch wenn er das Labor einer Laborgemeinschaft zur eigenen Leistungserbringung in Anspruch nimmt. Während der technischen Erstellung durch automatisierte Verfahren, welche im Labor ausgeführt werden, ist allerdings die persönliche Anwesenheit während dieses Teilschritts nicht erforderlich.
33Zur Wahrnehmung der „Aufsicht“ sind mindestens folgende Voraussetzungen zu erfüllen:
34- 35
Sicherstellung ordnungsgemäßer Probenvorbereitung;
- die regelmäßig – stichprobenartige – Überprüfung der ordnungsgemäßen Laborgerätewartung und der Bedienungsabläufe durch das Laborpersonal einschließlich der Durchführung der Qualitätssicherungsmaßnahmen;
- die persönliche und nicht nur telefonische Erreichbarkeit innerhalb kurzer Zeit zur Aufklärung von Problemfällen;
- die persönliche Überprüfung der Plausibilität der aus einem Untersuchungsmaterial erhobenen Parameter im Labor nach Abschluss des Untersuchungsganges, um bei auftretenden Zweifeln aus derselben Probe eine weitere Analyse zeitgerecht durchführen zu können;
- 36
die unmittelbare Weisungsberechtigung gegenüber dem Laborpersonal;
- 37
die Dokumentation der Wahrnehmung der Verantwortung.“
Diese Auslegung des § 4 Abs. 2 S. 1 GOÄ bestätigte die BÄK u.a. in Veröffentlichungen im Deutschen Ärzteblatt vom 18.10.1996 und vom 28.07.2000. Die Ärztekammer Nordrhein (im Folgenden: ÄKNO) machte sich in einer im Rheinischen Ärzteblatt 3/96 veröffentlichen Stellungnahme die Auslegung der Bundesärztekammer zu eigen.
393. Der Ablauf der von der Laborgemeinschaft angebotenen Untersuchungen – soweit für das vorliegende Verfahren von Bedeutung – ist grundsätzlich Folgender:
40Dem Patienten wird in der Arztpraxis des jeweiligen Gesellschafters Blut abgenommen. Die Probenröhrchen werden dort nach der Eingangsbegutachtung mit einem Barcodeaufkleber versehen und es wird eine Anforderungskarte ausgefüllt, aus der sich die durchzuführenden Untersuchungen ergeben. Diese wird ebenfalls mit einem Barcode dem Patienten zugeordnet. Je nach Art der Untersuchung (Basislabor, Speziallabor, Fachlabor) und des Versicherungsstatus der Patienten werden verschiedenfarbige Probenröhrchen verwendet. Die Proben werden dann per Fahrdienst ins Labor gebracht. Der Transport in den bruchsicheren Probenröhrchen hat auf die Qualität der Proben keine Auswirkungen.
41In der Probenannahmestelle des Labors werden die Probenröhrchen von den Anforderungskarten getrennt. Während die Anforderungskarten in einem Nebenraum eingescannt werden, werden die Probenröhrchen zentrifugiert. Über die automatisch ablaufende Zentrifugation hinaus erfolgt im Labor jedenfalls bei M-III-Untersuchungen keine gesonderte Probenvorbereitung. Die Probenröhrchen werden nach Farben sortiert, in Metallgestelle, sog. Racks, eingestellt und dann über einen automatischen Probenverteiler den entsprechenden Untersuchungsgeräten zugeführt. Dort werden die Barcodes eingescannt und der Computer gleicht die Patientendaten mit denen der Anforderungskarten ab. Die für den jeweiligen Patienten angeforderten Untersuchungen werden vollautomatisch durchgeführt. Nach Abschluss der Untersuchung erhält der Arzt die Ergebnisse per Post oder Datenfernübertragung übermittelt. An keiner Stelle des Untersuchungsvorgangs nach Übergabe der Proben an den Fahrdienst bis zur Fertigstellung der Untersuchungen ist eine Beteiligung oder ein Eingreifen der einsendenden Ärzte, die für ihre eigenen Untersuchungen den Labormitarbeiterinnen gegenüber weisungsbefugt sind, vorgesehen. Hierfür besteht auch keine medizinische Notwendigkeit. Die Untersuchungen werden – vorbehaltlich anderer Anweisungen des Arztes – grundsätzlich zeitnah am Tag des Probeneingangs im Labor durchgeführt. Nach der Untersuchung werden die Proben zwei Wochen lang aufbewahrt. Alle in der Laborgemeinschaft angebotenen M-III-Untersuchungen können in dieser Zeit problemlos wiederholt werden, weil der Zeitablauf auf die Untersuchungsergebnisse keinen Einfluss hat.
42Wenn im Labor technische Probleme auftreten, welche die Labormitarbeiterinnen nicht selbst lösen können, können sie sich an die technische Leiterin des Labors – im verfahrensgegenständlichen Zeitraum die Zeugin W – oder die leitende MTA – im verfahrensgegenständlichen Zeitraum die Zeugin K –wenden oder unmittelbar den Service des Herstellers der Untersuchungsgeräte kontaktieren. Im Labor können bei Problemfällen zudem jederzeit die gesondert Verfolgte Dr. C oder ihre ärztlichen Mitarbeiter angesprochen werden. Möglich ist grundsätzlich auch eine Kontaktaufnahme zu den einsendenden Ärzten, wobei eine solche wegen Problemen bei der Untersuchung aufgrund der vollautomatischen Analysevorgänge praktisch nicht vorkommt. Im verfahrensgegenständlichen Zeitraum waren neben den Telefonnummern der Arztpraxen der Gesellschafter der Ärztlichen Gemeinschaft jedenfalls teilweise auch die Privat- und Handynummern der Ärzte hinterlegt.
43Die Qualitätssicherung erfolgt über mehrfach am Tag durchgeführte Qualitätskontrollen und durch sog. Ringversuche. Bei den täglichen Kontrollen wird die ordnungsgemäße Funktion der Untersuchungsgeräte durch Kontrollproben überprüft, wobei die Ergebnisse innerhalb bestimmter Parameter liegen müssen. Bei den Ringversuchen handelt es sich um externe Kontrollen, bei denen Proben von hierauf spezialisierten externen Laboren zur Untersuchung eingesandt und die Untersuchungsergebnisse kontrolliert werden. Das Labor der Ärztlichen Gemeinschaft ist zudem von der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS) akkrediert. Die Ärzte können die Ergebnisse der Qualitätssicherung im Labor am Validierungsarbeitsplatz einsehen. Kontrollen des Labors und der dortigen Abläufe durch die Ärzte selbst sind nicht vorgesehen.
444. In dem Verfahren 810 Js 21/99 ermittelte die Staatsanwaltschaft Wuppertal u.a. gegen die Mitglieder der Ärztlichen Gemeinschaft wegen des Verdachts des Abrechnungsbetruges bei Speziallaborleistungen im kassenärztlichen Bereich. Das Verfahren gegen den Angeklagten Dr. Y wurde abgetrennt (StA Wuppertal 830 Js 326/02) und gegen die Zahlung einer Geldauflage eingestellt.
45a) U.a. als Reaktion auf diese staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen beauftragten die Gesellschafter der Ärztlichen Gemeinschaft die Geschäftsführung, ein „rechtssicheres Modell“ für die Erbringung von M-III-Leistungen zu entwickeln. Die Ärztliche Gemeinschaft führte daraufhin im Jahr 2003 für M-III-Leistungen ein sog. Validationsverfahren ein. Bei den M-III-Laborleistungen erhält der Arzt die Untersuchungsergebnisse seither erst übermittelt, nachdem er diese im Labor medizinisch validiert hat. Dazu kommt der Arzt nach Abschluss der Untersuchungen in die Räumlichkeiten der Ärztlichen Gemeinschaft, ruft dort an einem eigens eingerichteten Computerarbeitsplatz die Befunde der von ihm angeforderten M-III-Untersuchungen auf und prüft diese auf medizinische Plausibilität. Sind die Befunde medizinisch plausibel, gibt der Arzt diese mit einem Kennwort am Computer frei; anderenfalls kann er eine Kontrolluntersuchung aus der gleichen Blutprobe durch die zuständige Labormitarbeiterin veranlassen. Dieser Computerarbeitsplatz befand sich bis zum Umzug der Ärztlichen Gemeinschaft in die J-Straße im Februar 2006 in den Laborräumen selbst in unmittelbarer Nähe zu den Untersuchungsgeräten und danach bis Anfang 2011 in der Telefonzentrale im Eingangsbereich. Danach wurde er im Hinblick auf die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Köln wieder neben die Untersuchungsgeräte im Labor verlegt.
46Im Anschluss an die Befundfreigabe werden Befundberichte erstellt und dem Arzt übermittelt. Eine Übermittlung der Befundberichte ist technisch erst nach der Freigabe der Ergebnisse durch den anfordernden Arzt möglich. Auf den Befundberichten sind sowohl das Datum des Eingangs der Blutprobe im Labor (Eingangsdatum) sowie das Datum der Übermittlung an die Arztpraxis (Ausgangsdatum) vermerkt. Zudem ist festgehalten, an welchem Tag und zu welcher Uhrzeit der Arzt die Befundergebnisse validiert hat. Der Arzt kann seine Anwesenheit im Labor außerdem mit seiner Unterschrift in einem am Empfang ausliegenden Kalender, welcher der Laborgemeinschaft als „Anwesenheitsbuch“ dient, dokumentieren.
47Die Ärzte haben im Rahmen des Validationsverfahrens zudem die Möglichkeit, den Wochentag für ihre M-III-Laborleistungen durch Anbringen eines farbigen Zusatzetiketts auf den Probenröhrchen zu bestimmen. An diesem Wochentag werden dann vormittags die von diesem Arzt angeforderten M-III-Untersuchungen durchgeführt. Der Arzt kann die Untersuchungsergebnisse am selben Tag validieren.
48Das Validationsverfahren wurde den hieran teilnehmenden Ärzten ab Anfang 2003 in Workshops und schriftlich – u.a. in einem Rundschreiben vom 17.02.2003 – vorgestellt und erläutert. Bis 2007 war die Teilnahme am Validationsverfahren freiwillig. Seit Januar 2008 ist es für alle Gesellschafter verpflichtend, wobei lediglich die Durchführung der Validation als solcher technisch sichergestellt wurde. Die Einhaltung der von der Geschäftsführung der Ärztlichen Gemeinschaft empfohlenen Validation am Untersuchungstag wurde weder kontrolliert noch anderweitig durchgesetzt.
49b) In einem Schreiben vom 15.09.2003 bat der gesondert Verfolgte Dr. S für die Ärztliche Gemeinschaft die ÄKNO um Stellungnahme dazu, ob die in der Laborgemeinschaft geübte Praxis der Durchführung von M-III-Leistungen GOÄ-konform sei. Er schilderte die Untersuchungsabläufe in der Ärztlichen Gemeinschaft anhand der von der BÄK aufgestellten Abrechnungsvoraussetzungen und führte zur Frage der Qualitätssicherung, Erreichbarkeit der Ärzte und Überprüfung der Plausibilität aus:
50„Die Punkte 2-4 werden für MIII-Untersuchungen wie folgt sichergestellt:
51Jede Praxis hat die Möglichkeit, den Wochentag für die eigene MIII-Diagnostik festzulegen, indem das Serumröhrchen mit einem farbigen Zusatzetikett versehen wird. Diese Proben werden am jeweiligen Vormittag analysiert und der Arzt überprüft das Analyseergebnis in der Mittagszeit desselben Tages im Labor und gibt die Analyse persönlich frei. Dies entspricht dem Ablauf „wie in der eigenen Praxis“. So ist sichergestellt, dass der Arzt am Tag der Analytik auch persönlich kurzfristig erreichbar ist.
52Im Labor überprüft der Arzt die Ergebnisplausibilität persönlich. Er kann bei Zweifelsfällen unmittelbar eine Kontrolluntersuchung anordnen, die dann während seiner Anwesenheit durchgeführt werden kann. Alle notwendigen Unterlagen bezüglich der analytischen Plausibilität der Serie sowie alle Unterlagen zur Qualitätssicherung befinden sich griffbereit am Validationsplatz. Die MTA, welche die Analysen durchgeführt hat, steht für Rückfragen zur Verfügung.“
53Die ÄKNO teilte durch ihren Justiziar Dr. V mit Schreiben vom 30.09.2003 mit, dass ihres Erachtens die geschilderten Arbeitsabläufe der Laborgemeinschaft grundsätzlich den Anforderungen der GOÄ genügten.
54Im September 2005 informierten die Geschäftsführer der Ärztlichen Gemeinschaft ihre Mitglieder über eine Einigung mit der Versicherung F zur Frage der Anwesenheitspflicht bei M-III-Untersuchungen. Die F hatte zuvor die Berechtigung der Ärzte zur Abrechnung von M-III-Leistungen bezweifelt und gegenüber Versicherten und Ärzten Nachfragen gestellt. Die Gesellschafter der Ärztlichen Gemeinschaft konnten nunmehr eine freiwillige Verpflichtungserklärung abgeben, die u.a. folgenden Inhalt hatte:
55„Für Leistungen, die mittels voll automatisierter Analysegeräte durchgeführt werden, bin ich während der Maschinenlaufzeit nicht im Labor anwesend. Nach Beendigung der technischen Erstellung wird die Analyse von mir persönlich im Labor, L-Straße in A beurteilt. (…)“
56Im Gegenzug verzichtete die F auf Nachfragen an Ärzte oder Patienten, akzeptierte also letztlich die Abrechenbarkeit der in der Ärztlichen Gemeinschaft erbrachten M-III-Laborleistungen als eigene Leistungen im Sinne der GOÄ.
57Nachdem die Räumlichkeiten der Ärztlichen Gemeinschaft im Rahmen des vorliegenden Verfahrens im März 2007 durchsucht worden waren, beauftragte der gesondert Verfolgte Dr. S Herrn Prof. Dr. U mit der Erstattung eines Rechtsgutachtens zur Frage der Abrechenbarkeit der in der Laborgemeinschaft durchgeführten M-III-Leistungen durch die behandelnden Ärzte. In seinem Rechtsgutachten vom 14.08.2007 führte Prof. Dr. U u.a. zum Merkmal der „Aufsicht“ in § 4 Abs. 2 GOÄ aus, dass diese in eine allgemeine und eine konkrete Aufsicht zu unterteilen sei. Dabei könne die allgemeine Aufsicht (Auswahl des Personals, Gerätewartung, Organisationsablauf) grundsätzlich stellvertretend für alle Ärzte von der Geschäftsführung der Ärztlichen Gemeinschaft wahrgenommen werden. Die Wahrnehmung der konkreten Aufsicht bei den angeforderten Laboruntersuchungen durch den jeweiligen Arzt erfordere bei den sog. Black-Box-Verfahren keine ständige räumliche Präsenz des Arztes im Labor. Erforderlich seien jedoch die kurzfristige persönliche Erreichbarkeit des Arztes, um bei ggf. festgestellten Messabweichungen über Freigabe oder Wiederholung der Analyse am Ort des Geschehens zu urteilen, sowie die Anwesenheit des Arztes im Labor bei der medizinischen Validierung der Ergebnisse im Anschluss an die Analyse, wobei die medizinische Validierung im Labor jedenfalls am Tag der Analyse stattfinden sollte.
58Über die Durchsuchungsmaßnahme informierte die Geschäftsführung der Ärztlichen Gemeinschaft ihre Mitglieder erstmals mit Schreiben vom 13.03.2007 und teilte mit, dass es u.a. um den „üblichen Vorwurf“ der persönlichen Leistungserbringung gehe. Im November 2007 wandte sich die Geschäftsführung sodann mit einem Rundschreiben an die Gesellschafter. Sie wies im Hinblick auf die laufenden staatsanwaltlichen Ermittlungen bezüglich der Abrechenbarkeit von M-III-Leistungen auf Folgendes hin:
59„Es besteht kein Zweifel daran, dass die Berechtigung zur Abrechnung des Speziallabors nicht die persönliche Anwesenheit des Arztes während der voll automatischen Analyseerstellung erfordert. (…) Fest steht aber, dass eine abrechenbare Leistung als selbständige ärztliche Leistung dann vorliegt, wenn im Anschluss an den automatisierten Analysengang eine persönliche Validierung durch den abrechnenden Arzt erfolgt.
60Dem Erfordernis der persönlichen Leistungserbringung ist gemäß einem aktuellen Gutachten eines renommierten Medizinrechtlers jedenfalls dann genüge getan, wenn der Arzt das Befundergebnis am Tage der Analyse im Labor persönlich validiert.“
61Zudem übersandte Rechtsanwalt Dr. N, der den gesondert Verfolgten Dr. S anwaltlich vertritt, Ende November 2007 das Gutachten von Prof. Dr. U vom 14.08.2007 an die ÄKNO und bat um Mitteilung, ob diese sich den dort getroffenen Feststellungen zum Umfang der persönlichen Anwesenheitspflicht des Arztes bei der Erbringung von M-III-Leistungen anschließe. Die ÄKNO bejahte dies durch ihren Justiziar Dr. V mit Schreiben vom 12.12.2007.
62In einem Rundschreiben vom 04.01.2008 an die Gesellschafter stellte die Geschäftsführung der Ärztlichen Gemeinschaft folgende „Segelanweisungen für die die Erbringung von M3-Leistungen“ vor:
63„Die Erbringung von M3-Leistungen muss nicht nur nach medizinischen, sondern auch nach rechtlichen Regeln erfolgen. Diese verlangen eine zeitnahe Validierung von M3-Leistungen. Um das für Sie organisatorisch sicherzustellen, gibt es ab Januar 2008 nur noch einen Weg:
64- ein Patient
65- zwei Serumröhrchen (das eine für M2-, das andere für M3-Leistungen) mit
66- zwei verschiedenen Barcodes (einen für M2-, den anderen für M3-Leistungen)
67- und einem Tagesaufkleber auf dem M3-Röhrchen für den Validationstag ihrer Wahl.
68Damit ist sichergestellt:
69- Sie erhalten die M2-Ergebnisse tagesgleich.
70- Die M3-Analytik erfolgt an Ihrem Validationstag.“
71Mit Schreiben vom 04.06.2008 bat der gesondert Verfolgte Dr. S die ÄKNO um eine Stellungnahme zum Begriff der „fachlichen Weisung“ gemäß § 4 Abs. 2 GOÄ zur Erbringung von Laborleistungen. Die ÄKNO, vertreten durch ihren Justiziar Dr. V, nahm mit Schreiben vom 24.06.2008 umfassend zu den Voraussetzungen der Abrechnung von Laborleistungen nach § 4 Abs. 2 GOÄ Stellung, wobei sie sich im Wesentlichen an den Ausführungen im Gutachten von Prof. Dr. U vom 14.08.2007 orientierte. In ihrer Stellungnahme wies die ÄKNO u.a. darauf hin, dass eine abschließende Feststellung, welche Anforderungen an die konkrete Aufsicht zu stellen sind, nicht möglich sei. Zwar sprächen gute Gründe dafür, dass durch das Erfordernis der kurzfristigen persönlichen Erreichbarkeit und die Präsenzpflicht im Rahmen der medizinischen Validierung die Aufsicht durch den Arzt wahrgenommen werde. Zu berücksichtigen sei jedoch, dass die Rechtsprechung bislang eine eher restriktive Haltung an den Tag gelegt und die persönliche Anwesenheit des Arztes im Labor bzw. in dessen unmittelbarer Nähe während der Untersuchung gefordert habe.
72Mit Schreiben vom 22.07.2009 wiesen die Geschäftsführer der Ärztlichen Gemeinschaft die Gesellschafter darauf hin, dass inzwischen einige Gesellschafter Schreiben der Staatsanwaltschaft erhalten hätten, und rieten dazu, rechtlichen Beistand einzuholen.
73In weiteren Rundschreiben an die Gesellschafter vom 09.09.2009, 14.07. und 27.11.2010 wiederholte die Geschäftsführung der Ärztlichen Gemeinschaft ihre Auffassung, dass das in der Laborgemeinschaft durchgeführte medizinische Validierungsverfahren den Stellungnahmen und Hinweisen der Ärztekammer zur Eigenleistungserbringung bei den M-III-Laborleistungen entspräche. Dabei wies sie im Schreiben vom 14.07.2010 u.a. darauf hin, dass die Validation der Untersuchungsergebnisse „im Labor am individuellen M3-Tag“ erfolgen solle. Im Schreiben vom 27.11.2010 wies sie auf die Möglichkeit hin, „sich während der Analytik im oder in unmittelbarer Nähe des Labors aufzuhalten, um den Anforderungen der Staatsanwaltschaft Köln gerecht zu werden.“, betonte aber zugleich dass das mit der ÄKNO abgestimmte Verfahren – allerdings „aus rein medizinischer Sicht“ – für ausreichend angesehen werde.
74Mit Rundschreiben vom 25.08.2011 empfahl die Geschäftsführung den Mitgliedern der Ärztlichen Gemeinschaft im Hinblick auf die andauernden staatsanwaltlichen Ermittlungen unter Vorsichtsgesichtspunkten die Durchführung der sog. Präsenzvalidation, bei welcher der Arzt die Proben vor der Untersuchung gemeinsam mit der zuständigen Labormitarbeiterin in Augenschein nimmt, sich während der Untersuchung im Labor oder in einem eigens eingerichteten Warteraum aufhält und die Untersuchungsergebnisse unmittelbar im Anschluss an die Analytik im Labor validiert. Die Durchführung der Präsenzvalidation wurde Ende 2011/Anfang 2012 als einzig zulässige Möglichkeit der Erbringung von M-III-Laborleistungen durch den jeweiligen Arzt eingeführt.
75Über diese Schreiben hinaus waren die Voraussetzungen der Abrechnung von M-III-Leistungen und das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Köln auch Gegenstand der Erörterung auf Gesellschafterversammlungen der Ärztlichen Gemeinschaft (u.a. vom 03.04.2006, 20.04.2010 und 07.04.2011) und besonderen Informationsveranstaltungen (u.a. am 16.01.2008, im September und Dezember 2009 sowie am 13.07. und 18.11.2010). An Gesellschafterversammlungen und Informationsveranstaltungen nahm der Angeklagte regelmäßig teil. Bei welchen konkreten Veranstaltungen er anwesend war, konnte in der Hauptverhandlung nicht festgestellt werden.
765. Der Angeklagte nimmt die Möglichkeit, M-III-Untersuchungen in der Ärztlichen Gemeinschaft durchzuführen, ebenfalls in Anspruch. Er meldete sich im Jahr 2003 zur Teilnahme am Validationsverfahren an. Im verfahrensgegenständlichen Zeitraum ging er bei der Erbringung von M-III-Leistungen wie folgt vor:
77Die Blutentnahme bei den Patienten erfolgte in der Regel in der Praxis des Angeklagten. Im Anschluss an die Blutentnahme wurden die Blutproben begutachtet, mit einem Barcode versehen und auf der Anforderungskarte der Laborgemeinschaft die gewünschten Untersuchungen markiert. Die bei Erscheinen des Fahrdienstes des Labors in der Praxis gegen 9:00 Uhr bereits vorhandenen Blutproben gab der Angeklagte, allerdings nur soweit es sich um Blutproben von Kassenpatienten handelte, dem Fahrdienst für den Transport ins Labor mit. Die Blutproben von Privatpatienten, bei denen M-II- oder M-III-Untersuchungen vorgesehen waren, gingen nicht mit dem Fahrdienst ins Labor; hier verfuhr der Angeklagte aus Gründern der Abrechenbarkeit anders. Der Angeklagte, der nach seiner Sprechstunde Hausbesuche durchführte, nahm sie in einem besonderen Probenbeutel mit. Im Anschluss an die Hausbesuche fuhr er auf dem Weg in die Mittagspause, die er normalerweise zuhause, ca. einen Kilometer von den Räumlichkeiten der Ärztlichen Gemeinschaft entfernt verbrachte, im Labor vorbei und gab dort die Blutproben der Privatpatienten sowie die nach 9.00 Uhr in der Praxis oder bei Hausbesuchen abgenommenen Blutproben von Kassenpatienten persönlich ab.
78Die Labormitarbeiterinnen führten die angeforderten Untersuchungen unmittelbar nach der Abgabe der Blutproben durch den Angeklagten durch. Die einzelnen Untersuchungen nahmen dabei einen Zeitrahmen von 10 bis 45 Minuten in Anspruch. Im Regelfall standen alle Untersuchungsergebnisse spätestens nach 1,5 bis 2 Stunden und damit noch vor dem Ende der ca. zweistündigen Mittagspause des Angeklagten zur Verfügung.
79Die Mittagspause verbrachte der Angeklagte regelmäßig zuhause, wo er gemeinsam mit seiner Ehefrau zu Mittag aß. Gelegentlich verbrachte der Angeklagte seine Mittagspause auch gemeinsam mit seiner Ehefrau in einem gegenüber der Ärztlichen Gemeinschaft gelegenen Restaurant. Der Angeklagte war in der Mittagspause telefonisch über seinen privaten Festnetzanschluss oder über sein Handy erreichbar. Das Labor hätte er in wenigen Minuten erreichen können. Die telefonische Erreichbarkeit des Angeklagten war während des gesamten verfahrensgegenständlichen Zeitraums im Labor hinterlegt. Dass der Angeklagte in einem der verfahrensgegenständlichen Fälle nicht erreichbar gewesen wäre, konnte in der Hauptverhandlung nicht festgestellt werden.
80Der Angeklagte war fast täglich im Labor. Einen Tag für die M-III-Analytik bestimmte er entgegen der Empfehlungen der Geschäftsführung der Ärztlichen Gemeinschaft nicht, sondern ließ diese – auch zur möglichst zeitnahen Erlangung der Untersuchungsergebnisse – an dem Tag durchführen, an dem sie anfielen, was im Durchschnitt zwei bis dreimal die Woche der Fall war. Normalerweise validierte er, wenn er zur Abgabe der Blutproben im Labor war, zugleich die Ergebnisse der Untersuchungen des Vortages, was im Regelfall einem Zeitraum von unter 24 Stunden nach Untersuchungsabschluss entsprach. Nur im Einzelfall, bei eiligen Untersuchungen, begab er sich entweder nach der Mittagspause oder am Ende seines Arbeitstags noch einmal ins Labor, um zu validieren. Der Angeklagte dokumentierte seine Anwesenheit im Labor jeweils mit seiner Unterschrift unter Hinzufügung der ihm vom Labor zugeteilten Labornummer 318 in dem am Empfang des Labors ausliegenden Anwesenheitsbuch.
81Der Angeklagte nahm bei seinen Besuchen im Labor regelmäßig die Gelegenheit wahr, sich auch mit den für die M-III-Untersuchungen zuständigen Labormitarbeiterinnen zu unterhalten. Er war – im Gegensatz zu anderen Gesellschaftern der Ärztlichen Gemeinschaft – den Labormitarbeiterinnen persönlich bekannt. Der Angeklagte konnte auch den Raum, in dem sich die Untersuchungsgeräte befinden, in Augenschein zu nehmen. In der L-Straße war letzteres vor allem bei der Validation der Fall, weil sich der Validationsarbeitsplatz neben den Untersuchungsgeräten befand, in der J-Straße vor allem bei der Abgabe der Blutproben im Labor. Der Angeklagte sah auch in regelmäßigen Abständen von ca. zwei Wochen die Ergebnisse von Qualitätskontrollen und Ringversuchen ein. Eigene Kontrollen der Zustände und Abläufe im Labor nahm er nicht vor. Aufgrund seiner fast täglichen Anwesenheit auch in den eigentlichen Laborräumlichkeiten hatte er aber einen persönlichen Eindruck von den Zuständen im Labor und den dort tätigen Mitarbeiterinnen. Anlass für Beanstandungen hatte der Angeklagte zu keinem Zeitpunkt.
82Die Ärztliche Gemeinschaft stellte dem Angeklagten die durchgeführten Untersuchungen monatlich in Rechnung. Der Angeklagte rechnete die M-III-Laborleistungen gegenüber seinen Privatpatienten im Regelfall vierteljährlich ab. Die Rechnungen des Angeklagten enthielten folgenden Hinweis:
83„Bei der Berechnung von Laborwerten wird darauf hingewiesen, dass die Qualifikation zur Erbringung besteht und die Untersuchungen von qualifizierten Laborpersonal unter meiner unmittelbaren fachlichen Aufsicht durchgeführt werden.“
84Zudem fügte der Angeklagte seinen Rechnungen ab dem Jahr 2002 auf Empfehlung der Laborgemeinschaft im Anschluss an das Verfahren bei der Staatsanwaltschaft Wuppertal ein Beiblatt „Information zu Ihren Laborleistungen“ mit folgendem Inhalt bei:
85„Nur ein kleiner Teil der Laboruntersuchungen erfolgt im Anschluß an die Blutentnahme in unserer Praxis direkt. Für die meisten Untersuchungen nutzen wir die Einrichtungen einer Laborgemeinschaft, die mit modernsten Geräten ausgestattet ist. Die Geräte sind in hohem Maße automatisiert und computerisiert. Untersuchungen, die früher fehlerträchtig von Menschenhand ausgeführt wurden, laufen heute in Analyseautomaten ab, was zu einer erheblichen Qualitätsverbesserung führt. Ihre in Ihrer Rechnung ausgewiesenen Laborwerte werden in meiner Laborgemeinschaft auf diese hoch technisierte Art und Weise untersucht. Das führt dazu, dass die persönliche Anwesenheit des Arztes während der Laufzeit der Maschinen – die teilweise gefordert wird – heutzutage keinen Sinn mehr macht. Die Ergebnisse werden nach Abschluss der Analytik von mir persönlich im Labor auf Korrektheit überprüft.“
86In der Zeit vom 05.04.2005 bis zum 12.07.2011 stellte der Angeklagte 918 Rechnungen an Privatpatienten aus, die in der Laborgemeinschaft erbrachte M-III-Leistungen betrafen. Die Kosten für die in Rechnung gestellten Laborleistungen beliefen sich für die einzelne Leistung auf Beträge zwischen 2,68 € und 50,27 €. Insgesamt machen diese Leistungen einen Betrag von ca. 40.000 € aus. Im gleichen Zeitraum berechnete die Ärztliche Gemeinschaft dem Angeklagten einen Kostenanteil von über 30.000,00 € für die dort erbrachten M-II- und M-III-Leistungen.
87Die Patienten des Angeklagten beglichen die verfahrensgegenständlichen Rechnungen vollständig. Die Kammer hat keine Feststellungen zu den Vorstellungen der Patienten hinsichtlich der Berechtigung des Angeklagten zur Abrechnung der in Rechnung gestellten Gebühren sowie ihrer Motivation zur Begleichung der Rechnungen getroffen.
88Dem Angeklagten waren die Veröffentlichungen der BÄK und der ÄKNO zur Auslegung des § 4 Abs. 2 GOÄ im Hinblick auf die Abrechenbarkeit von Speziallaborleistungen bekannt. Er wusste auch, dass es die Intention des Verordnungsgebers war, Gebührenanreizen durch die Selbstzuweisung von Laborleistungen entgegenzuwirken. Der Angeklagte kannte zudem Empfehlungen der Geschäftsführung der Ärztlichen Gemeinschaft und er war auch über die Durchsuchungen und den Lauf des Ermittlungsverfahrens im Allgemeinen informiert. Das Rechtsgutachten von Prof. Dr. U sowie die Stellungnahmen der ÄKNO auf die Anfragen des gesondert Verfolgten Dr. S waren dem Angeklagten im Detail nicht bekannt. Bekannt war dem Angeklagten insoweit nur das von der Geschäftsführung übermittelte Ergebnis des Rechtsgutachtens und der Anfragen bei der ÄKNO, wonach die Abläufe in der Laborgemeinschaft „in Ordnung seien“.
89Die Kammer konnte nicht feststellen, dass der Angeklagte davon ausging oder billigend in Kauf nahm, dass das von ihm praktizierte System bei der Erbringung der M-III-Laborleistungen den Anforderungen der GOÄ an eine eigene Leistung nicht genügte. Seine Einlassung, er habe sich an den Vorgaben der BÄK und der ÄKNO orientiert und diese für erfüllt gehalten, ist unwiderlegt geblieben.
906. Die Fälle 85, 87, 275, 511, 811 und 829 der Anklageschrift betreffen Untersuchungen gemäß der Ziffern 3760 und 4605 des Gebührenverzeichnisses für Ärztliche Leistungen der GOÄ, die im Praxislabor des Angeklagten durchgeführt worden sind. In Fall 701 konnte der Gegenstand der Rechnung in der Hauptverhandlung nicht festgestellt werden. Die übrigen Fälle betreffen in der Ärztlichen Gemeinschaft durchgeführte M-III-Untersuchungen.
91In zwölf Fällen ist die gleiche Rechnung zweimal zum Gegenstand der Anklageschrift gemacht worden:
92Fall 86 = Fall 584
93Fall 92 = Fall 582
94Fall 574 = Fall 586
95Fall 830 = Fall 858
96Fall 831 = Fall 859
97Fall 832 = Fall 860
98Fall 833 = Fall 861
99Fall 834 = Fall 862
100Fall 835 = Fall 863
101Fall 836 = Fall 864
102Fall 838 = Fall 866
103Fall 839 = Fall 867
104In Fall 409 findet sich auf der Rechnung ein handschriftlicher Vermerk, dass die Rechnung falsch sei und eine neue Rechnung ausgestellt worden sei. Welchen Teil der Abrechnung dies betrifft und ob eine neue Rechnung ausgestellt worden ist, ist in der Hauptverhandlung offen geblieben.
105III.
106Seinen Ursprung hatte das vorliegende Verfahren im Ermittlungsverfahren 3 Js 33170/01 der Staatsanwaltschaft Limburg/Lahn, wo gegen ein Mitglied der Ärztlichen Gemeinschaft der Vorwurf des Abrechnungsbetruges erhoben worden war. Aufgrund der Erkenntnisse aus diesem Ermittlungsverfahren wurde ein Verfahren gegen die Verantwortlichen der Ärztlichen Gemeinschaft eingeleitet und an die Staatsanwaltschaft Köln abgegeben, wo es unter dem Aktenzeichen 115 Js 74/03 (= LG Köln 118 KLs 1/14) geführt wird. Angeschuldigte dieses Verfahrens sind die gesondert Verfolgten Dr. C, Dr. I und Dr. S. Nachdem in diesem Verfahren bereits in den Jahren 2005 und 2006 Durchsuchungsbeschlüsse erlassen worden waren, die aber nicht vollstreckt werden konnten, ergingen unter dem 24.01.2007 weitere Durchsuchungsbeschlüsse des Amtsgerichts Köln (502 Gs 229/07) u.a. hinsichtlich der Räumlichkeiten der Ärztlichen Gemeinschaft. Als Beschuldigte waren in diesen Beschlüssen bezeichnet die gesondert Verfolgte Dr. C „sowie weitere Verantwortliche der Ärztlichen Gemeinschaft für Diagnostik L1“. In der Begründung der Beschlüsse heißt es:
107„(…) Zur Aufklärung, welche Ärzte über die Laborgemeinschaft ihre Laborleistungen bezogen, wann und zu welchem Preis und wie sie abgerechnet wurden sowie zur Aufklärung, welche Personen die Arbeitsgemeinschaft betreiben und zum Nachweis der Tathandlungen im Einzelnen ist eine Einsichtnahme in die Geschäftsunterlagen der Laborgemeinschaft erforderlich. (…)“
108Da die bei der Durchsuchung sichergestellten EDV-Daten nicht ausgewertet werden konnten, ergingen im August 2007 zwei weitere Durchsuchungsbeschlüsse, die ebenfalls u.a. der Ermittlung der Ärzte, welche in der Ärztlichen Gemeinschaft Laborleistungen erbrachten, dienten.
109In der Folge wurden Ermittlungsverfahren gegen die Mitglieder der Laborgemeinschaft, u.a. auch das vorliegende Verfahren gegen den Angeklagten, eingeleitet. Dem Angeklagten wurde mit Schreiben der Staatsanwaltschaft Köln vom 14.01.2011 mitgeteilt, dass gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Abrechnungsbetruges anhängig sei. Insgesamt hat die Staatsanwaltschaft Köln über 1.000 Ermittlungsverfahren gegen Gesellschafter der Ärztlichen Gemeinschaft eingeleitet.
110Die Anklageschrift vom 14.01.2013 ist am 18.01.2013 beim Landgericht Köln eingegangen.
111C.
112Die Feststellungen haben sich folgendermaßen aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung ergeben:
113I.
114Zu seinen persönlichen Verhältnissen hat der Angeklagte glaubhafte Angaben gemacht, die den unter B.I. getroffenen Feststellungen entsprechen.
115Dass der Angeklagte nicht vorbestraft ist, ergibt sich aus dem in der Hauptverhandlung verlesenen Bundeszentralregisterauszug vom 27.01.2015.
116II.
117Die Feststellungen zur Sache beruhen auf der Einlassung des Angeklagten in der Hauptverhandlung und der weiteren nach Maßgabe des Sitzungsprotokolls durchgeführten Beweisaufnahme.
1181.
119Der Angeklagte hat sich wie folgt eingelassen:
120Am zweiten Hauptverhandlungstag hat der Angeklagte eine vorbereitete Einlassung verlesen, in der er zunächst Angaben zu seinem beruflichen Werdegang und seiner Praxis gemacht hat. Er hat hervorgehoben, als Gesellschafter der Ärztlichen Gemeinschaft sowohl finanziell für Räume, Apparate und Personal des Labors als auch fachlich für die medizinischen Ergebnisse der Untersuchungen zu haften. Die Untersuchungen würden nicht durch einen anderen Arzt, auch nicht die Mitgesellschafterin Dr. C, welche das Labor für ihre Facharztpraxis nutze, durchgeführt, sondern durch sein Personal und durch ihn selbst erbracht. Er arbeite als Gesellschafter mit seinem Personal, seinen Geräten und in seinen Räumen. Daher seien die Untersuchungen auch seine eigene Leistung. Die Anwesenheit im Labor sei eine Organisationsfrage im Tagesablauf. Sie sei durch das Anwesenheitsbuch und in der EDV dokumentiert. Er habe sämtliche Anforderungen des § 4 Abs. 2 GOÄ erfüllt, so dass für ihn feststehe, dass er weder Patienten getäuscht noch ihnen einen Schaden zugefügt habe. Er habe im Gegenteil dafür gesorgt, dass die Untersuchungsergebnisse besonders schnell und ohne Umwege an ihn gelangt seien.
121Diese Einlassung hat der Angeklagte im Anschluss und im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung auf Befragen durch das Gericht und die Verfahrensbeteiligten umfassend ergänzt. Er hat die objektiven Gegebenheiten und Abläufe in seiner Praxis und der Ärztlichen Gemeinschaft im Wesentlichen wie festgestellt geschildert.
122Zur Erbringung und Abrechnung der M-III-Laboruntersuchungen durch ihn hat er sich wie unter B.II.5. festgestellt eingelassen.
123Er hat insoweit allerdings zunächst erklärt, dass er die Blutproben auf dem Weg in die Mittagspause persönlich im Labor abgegeben und die Befundergebnisse nach seiner Mittagspause am gleichen Tag validiert habe. In jedem Fall sei die Validierung am Tag der Untersuchung erfolgt. Nachdem sich diese Einlassung des Angeklagten nicht bestätigt hat, da sich aus den zur Akte gereichten Befundberichten, die im Selbstleseverfahren in die Hauptverhandlung eingeführt bzw. verlesen worden sind (Selbstlesepaket Band V, Bl. 154 ff. und 217 ff. sowie Sonderheft Laborberichte, Bl. 94ff.), ergibt, dass der Angeklagte die Untersuchungsergebnisse in der Regel erst am nächsten Laborarbeitstag validiert hat, hat er seine Einlassung entsprechend den Feststellungen zu B.II.5. korrigiert. Der Angeklagte hat erklärt, dass er bei der Durchsicht der Befundberichte selbst erstaunt gewesen sei, dass er im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht in dem Umfang tagesgleich validiert habe, wie er dies in Erinnerung gehabt habe. Der Eindruck der letzten Jahre, in denen er aufgrund der nunmehr in der Ärztlichen Gemeinschaft vorgeschriebenen Präsenzvalidation die Ergebnisse stets am Untersuchungstag validiert habe, habe wohl seine Erinnerung verfälscht.
124Der Angeklagte hat erklärt, er sei davon ausgegangen, dass das von ihm bei der Erbringung der M-III-Laborleistungen praktizierte System den Anforderungen der GOÄ an eine eigene, durch den behandelnden Arzt abrechenbare Leistung genüge. Er habe sich an den Vorgaben der BÄK und der ÄKNO orientiert und diese für mehr als erfüllt gehalten. Er habe persönlich dafür gesorgt, dass die Blutproben „korrekt“ im Labor angekommen seien, regelmäßig die Ergebnisse der Qualitätssicherungsmaßnahmen kontrolliert und sei während der Untersuchungen in der Nähe und kurzfristig erreichbar gewesen. Er sei gegenüber den Mitarbeiterinnen des Labors weisungsbefugt gewesen und habe seine Anwesenheit im Labor durch Unterschrift im „Anwesenheitsbuch“ dokumentiert. Die Befundergebnisse habe er zeitnah auf ihre medizinische Plausibilität überprüft. Zwar habe die Ärztliche Gemeinschaft die Durchführung einer tagesgleichen Validation der Untersuchungsergebnisse empfohlen, eine solche sei jedoch von der BÄK und der ÄKNO nicht gefordert worden. Erforderlich sei – wie von ihm praktiziert – lediglich eine zeitnahe Validation gewesen.
125Der Angeklagte hat weiter dargelegt, dass Grund für die besondere Behandlung der Blutproben von Privatpatienten und den eigenen Transport dieser Blutproben durch ihn ins Labor auch die Abrechenbarkeit der M-III-Untersuchungen als eigene Leistung gewesen sei. Durch den persönlichen Transport der Blutproben gebe er diese bis zur Abgabe im Labor nicht aus der Hand, was weder von der BÄK noch von der ÄKNO gefordert werde, so dass er insoweit von einer „Übererfüllung“ der Anforderungen durch ihn ausgegangen sei. Sein System habe gegenüber den Empfehlungen der Geschäftsführung der Ärztlichen Gemeinschaft zudem den Vorteil, dass die M-III-Untersuchungen durchgeführt würden, wenn sie anfallen und nicht erst an einem bestimmten „M-III-Tag“, der ggfs. bis zu einer Woche nach der Blutentnahme liege.
126Der Angeklagte hat sich ferner dahingehend eingelassen, regelmäßig an den Gesellschafterversammlungen und Informationsveranstaltungen der Ärztlichen Gemeinschaft teilgenommen zu haben. Die Rundschreiben der Ärztlichen Gemeinschaft zu den Voraussetzungen der Abrechnung von M-III-Leistungen sowie zum Stand des Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Köln seien ihm bekannt gewesen. Von den Intentionen des Verordnungsgebers bei der Änderungen der GOÄ und den Veröffentlichungen der BÄK und der ÄKNO zur Auslegung des § 4 Abs. 2 GOÄ im Hinblick auf die Abrechenbarkeit von Speziallaborleistungen habe er ebenfalls Kenntnis gehabt. Der Schriftverkehr des gesondert Verfolgten Dr. S und der Ärztlichen Gemeinschaft mit der ÄKNO sowie das Gutachten des Prof. Dr. U seien ihm im Detail nicht bekannt gewesen. Durch die Ärztliche Gemeinschaft sei nur das Ergebnis der verschiedenen Anfragen mitgeteilt worden, wonach die Abläufe in der Laborgemeinschaft in Ordnung seien.
127Der Angeklagte hat angegeben, dass das gegen ihn anhängige Verfahren bei der Staatsanwaltschaft Wuppertal wegen des Verdachts des Abrechnungsbetruges bei Speziallaborleistungen im kassenärztlichen Bereich gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt worden sei. Er sei auch damals von der Ordnungsmäßigkeit seiner Abrechnungen ausgegangen, habe jedoch aus ökonomischen Gründen dem Rat seines Rechtsanwaltes folgend einer Verfahrenseinstellung gegen Geldauflage zugestimmt.
1282. Die Kammer hat keine im Widerspruch zu dieser Einlassung des Angeklagten stehenden Feststellungen getroffen. Im Einzelnen gilt Folgendes:
129a) Die Feststellungen zur Mitgliedschaft des Angeklagten in der Ärztlichen Gemeinschaft und anschließend in der Privatärztlichen Gemeinschaft beruhen auf den glaubhaften Angaben des Angeklagten, die im Einklang mit den im Selbstleseverfahren in die Hauptverhandlung eingeführten Urkunden, namentlich den Gesellschaftsverträgen, den Ausgangsrechnungen der Ärztlichen Gemeinschaft und den Befundberichten (im Selbstlesepaket Band IV und V enthalten) stehen.
130b) Die Feststellungen zur Organisation der Ärztlichen Gemeinschaft, ihren Mitarbeitern, ihren Räumlichkeiten, den allgemeinen Abläufen bei Laboruntersuchungen sowie dem Validationsverfahren beruhen auf den glaubhaften Angaben der als Zeugen vernommenen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Ärztlichen Gemeinschaft, den Zeugen K, C1, W, Z, B1, Q, D und E, die diese wie festgestellt im Einklang mit der Einlassung des Angeklagten geschildert haben. Anlass für Zweifel an der Richtigkeit dieser Angaben hat sich in der Hauptverhandlung nicht ergeben. Zu den räumlichen Verhältnissen in der J-Straße haben auch die Zeugen KHK’in P und KHK T Angaben gemacht. Bestätigt und ergänzt werden diese zeugenschaftlichen Angaben durch die in der Hauptverhandlung in Augenschein genommenen Lichtbilder und Pläne der Räumlichkeiten in der J-Straße (Anlage 1 zum Protokoll vom 16.01.2015 sowie SH 9 der Beiakte 118 KLs 1/14) und die von der Zeugin K gefertigte Skizze der Räumlichkeiten in der L-Straße (Anlage 1 zum Protokoll vom 28.01.2015) sowie die in die Hauptverhandlung eingeführten Urkunden, die sich mit der Organisation der Laborgemeinschaft, den räumlichen Verhältnissen und den Verfahrensweisen befassen (im Selbstlesepaket Band V enthalten).
131Die Zeuginnen K, W und E haben darüber hinaus bekundet, dass sämtliche Blutproben zwei Wochen aufbewahrt würden und die in der Ärztlichen Gemeinschaft angebotenen M-III-Untersuchungen innerhalb dieses Zeitraums problemlos wiederholt werden könnten. Aufgrund der Kühlung der Proben würden diese sich nicht auf eine Weise verändern, dass die Gefahr verfälschter Untersuchungsergebnisse bestehe.
132Die Rundschreiben der Ärztlichen Gemeinschaft an ihre Gesellschafter, die Protokolle der Mitgliederversammlungen im verfahrensgegenständlichen Zeitraum, der Schriftwechsel zwischen der Ärztlichen Gemeinschaft bzw. dem gesondert Verfolgten Dr. S und der ÄKNO, die Stellungnahmen der BÄK und der ÄKNO zur Auslegung von § 4 Abs. 2 GOÄ sowie das Gutachten von Herrn Prof. Dr. U vom 14.08.2007 sind im Selbstleseverfahren in die Hauptverhandlung eingeführt worden (im Selbstlesepaket Band V enthalten).
133c) aa) Die objektiven Feststellungen zur Vorgehensweise des Angeklagten bei der Durchführung von M-III-Untersuchungen beruhen auf seiner glaubhaften Einlassung. Diese wird bestätigt durch die Angaben der Zeugen K, W, Z, B1, Q, D und E, die übereinstimmend bekundet haben, den Angeklagten persönlich mit Namen zu kennen, weil dieser sehr häufig in den Räumlichkeiten der Ärztlichen Gemeinschaft anwesend sei. Er sei auch in der Zeit ab 2005 in der Regel täglich in der Mittagszeit erschienen, um Blutproben persönlich im Labor abzugeben und – soweit erforderlich – Untersuchungsergebnisse zu validieren. Im Einzelfall sei er auch zweimal täglich in den Räumlichkeiten der Ärztlichen Gemeinschaft gewesen. Hierdurch habe sich der Angeklagte von anderen Gesellschaftern der Ärztlichen Gemeinschaft abgehoben, die in der Regel nur an ihrem M-III-Analysetag und auch nur zur Validation in die Räumlichkeiten der Ärztlichen Gemeinschaft gekommen seien. Die Zeugin Q hat darüber hinaus bestätigt, dass der Angeklagte am Validationsarbeitsplatz im Empfangsbereich, den sie von ihrem Arbeitsplatz in der Telefonzentrale sehen könne, regelmäßig die ausgelegten Ordner mit den Ergebnissen der Qualitätskontrollen eingesehen habe.
134Dass die M-III-Analysen zeitnah nach Abgabe der Proben durch den Angeklagten, in der Regel innerhalb von 1,5 bis 2 Stunden, abgearbeitet wurden, haben die Zeuginnen K, die Leitende MTA der Ärztlichen Gemeinschaft war, W, die technische Leiterin des Labors war und inzwischen Leitende MTA ist, und E, die mit der Durchführung der M-III-Untersuchungen befasst war und ist, bestätigt. Sie haben mit den Feststellungen im Einklang stehende Angaben zur Dauer der einzelnen Untersuchungen gemacht und erklärt, selbst bei Verzögerungen durch hohen Arbeitsanfall und/oder besonders zeitaufwändige Untersuchungen sei die Bearbeitung in dem o.g. Zeitrahmen sichergestellt.
135Die Einlassung des Angeklagten steht auch im Einklang mit den im Selbstleseverfahren in die Hauptverhandlung eingeführten bzw. auszugsweise verlesenen Befundberichten der Laborgemeinschaft, die regelmäßig eine Validation am Arbeitstag nach dem Eingang der Probe und zur Mittagszeit, ausnahmsweise schon am frühen oder späten Nachmittag des Eingangstags, belegen. Nachdem entsprechende Befundberichte für drei zusammenhängende Zeiträume – mit Ausnahme der Berichte für verstorbene und verzogene Patienten – vorlagen, war die Einführung von sämtlichen Befundberichten zu den verfahrensgegenständlichen Fällen, deren Beschaffung in der Praxis des Angeklagten mit erheblichem Aufwand verbunden gewesen wäre, nicht veranlasst.
136Dass die Proben des Angeklagten unmittelbar nach Abgabe noch in der Mittagspause analysiert wurden, der Angeklagte die Validation aber in der Regel erst am nächsten Laborarbeitstag vorgenommen hat, ist nicht aufgrund der von der Geschäftsführung der Ärztlichen Gemeinschaft empfohlenen tagesgleichen Validation ausgeschlossen. Es handelte sich hierbei um eine bloße Empfehlung, die, wie die Zeugin K bestätigt hat, nicht durch technische Maßnahmen durchgesetzt wurde. Das EDV-System habe lediglich eine Befundfreigabe ohne Validation verhindert. Dass Gesellschaftern der Ärztlichen Gemeinschaft, die ggf. nur aufgrund eines unvorhergesehenen Ereignisses an der tagesgleichen Validation gehindert waren, keinen Zugriff mehr auf die Untersuchungsergebnisse erhalten haben könnten, erscheint auch ausgesprochen lebensfremd und wäre unter haftungsrechtlichen Aspekten bedenklich. Ebenso wenig bietet der Umstand, dass der Angeklagte sich zur Teilnahme am Validationsverfahren mit dem in der Hauptverhandlung verlesenen Formular Anlage 1 zum Protokoll vom 04.02.2015 angemeldet hat, in dem er erklärt, einen Tag für die Durchführung der M-III-Analysen zu bestimmen, Anlass, an seiner Darstellung der objektiven Abläufe zu zweifeln. Es handelt sich um ein von der Geschäftsführung der Ärztlichen Gemeinschaft vorgegebenes Formular auf der Grundlage ihrer Empfehlungen. Eine rechtliche oder tatsächliche Verpflichtung, tagesgleich zu validieren, war damit nicht verbunden.
137Die Angaben des Angeklagten zur Gestaltung seiner Mittagspause hat seine Ehefrau, die Zeugin Y, bestätigt, die insbesondere bekundet hat, dass der Angeklagte die Pause in der Regel mit ihr zu Hause oder in einem italienischen Restaurant gegenüber der Räumlichkeiten der Laborgemeinschaft verbracht habe, er in der Regel gegen 15.00 Uhr wieder in die Praxis gefahren und per Privatanschluss und Handy erreichbar gewesen sei. Dass Privat- und Mobilnummern zahlreicher Ärzte im verfahrensgegenständlichen Zeitraum bei der Ärztlichen Gemeinschaft hinterlegt waren, hat zudem die Zeugin K bestätigt.
138Die verfahrensgegenständlichen Rechnungen sowie die Rechnungen der Ärztlichen Gemeinschaft an den Angeklagten sind im Selbstleseverfahren in die Hauptverhandlung eingeführt worden (Selbstlesepaket Band I-IV), ein Exemplar des Erläuterungsschreibens, das der Angeklagte ab 2002 verwendet hat, ist verlesen worden (Bl. 178 d.A.).
139bb) Dass der Angeklagte davon ausging oder billigend in Kauf nahm, dass er zur Abrechnung der M-III-Laborleistungen gegenüber seinen Privatpatienten nach den Vorschriften der GOÄ nicht berechtigt sei, konnte in der Hauptverhandlung nicht festgestellt werden. Die Einlassung des Angeklagten, er habe sich an den Vorgaben der BÄK und ÄKNO orientiert und diese für erfüllt gehalten, ist unwiderlegt geblieben.
140Dass der Angeklagte sich gezielt Gedanken darüber gemacht hat, wie er die Anforderungen an die Erbringung einer „eigenen Leistung“ im Sinne des § 4 Abs. 2 GOÄ erfüllen kann, wird dadurch belegt, dass er – ohne dass dies von der BÄK, der ÄKNO oder der Ärztlichen Gemeinschaft gefordert oder empfohlen worden wäre – die Blutproben der Privatpatienten eigenhändig ins Labor gebracht hat und diese nicht wie die Blutproben der Kassenpatienten dem Fahrdienst des Labors mitgegeben hat. Bei M-III-Untersuchungen wies der Angeklagte zudem in den Rechnungen und dem diesen beigefügten Hinweisschreiben auf die Besonderheiten der Durchführung der Untersuchung in der Laborgemeinschaft hin. Er hat mithin für M-III-Untersuchungen ein eigenes System eingerichtet, was nur unter Abrechnungsgesichtspunkten einen Sinn ergibt.
141Für die Einlassung des Angeklagten spricht, dass er das von ihm entwickelte System zur Erbringung von M-III-Leistungen erkennbar an den Anforderungen der BÄK und ÄKNO ausgerichtet hat. Der Angeklagte hat insbesondere sichergestellt, dass er während der Durchführung der Untersuchungen telefonisch erreichbar und jederzeit in der Lage war, innerhalb weniger Minuten persönlich ins Labor zu kommen. Hierdurch und indem er in der Regel täglich im eigentlichen Labor war, Mitarbeiter und Abläufe kannte sowie regelmäßig die Ergebnisse der Qualitätskontrollen zur Kenntnis nahm, gab er den M-III-Leistungen ein derartiges persönliches Gepräge, dass die Annahme, er sei als juristischer Laie vom Vorliegen einer eigenen Leistung im Sinne von § 4 Abs. 2 GOÄ ausgegangen, nachvollziehbar erscheint.
142Gegen den Angeklagten spricht nicht, dass die Ärztliche Gemeinschaft die Durchführung der Validation am Untersuchungstag empfahl. Die Ärztliche Gemeinschaft hat zwar ihren Gesellschaftern gegenüber ausgeführt, dass dem Erfordernis der persönlichen Leistungserbringung „jedenfalls dann genüge getan ist, wenn der Arzt das Befundergebnis am Tage der Analyse im Labor persönlich validiert“ (vgl. Rundschreiben der Ärztlichen Gemeinschaft vom November 2007), und ihnen empfohlen, bei M-III-Laborleistungen mit einem Tagesaufkleber eine Untersuchungs-und Validationstag zu bestimmen, um eine „zeitnahe Validierung“ organisatorisch sicherzustellen (vgl. Rundschreiben der Ärztlichen Gemeinschaft vom 04.01.2008). Es handelt sich indessen um eine über die von der BÄK und der ÄKNO in ihren Stellungnahmen im Deutschen Ärzteblatt bzw. dem Rheinischen Ärzteblatt postulierten Anforderungen hinausgehende Empfehlung. Erforderlich ist danach lediglich eine persönliche Überprüfung der Plausibilität der Untersuchungsergebnisse, um bei auftretenden Zweifeln aus derselben Probe eine weitere Analyse zeitgerecht durchführen zu können. Eine solche Wiederholung der Untersuchung war bei der vom Angeklagten praktizierten Validierung am nächsten Laborarbeitstag ohne Weiteres möglich. Soweit dies anhand der in die Hauptverhandlung eingeführten Unterlagen nachvollzogen werden kann, ist eine tagesgleiche Validation erstmals im Rahmen des Schreibens des gesondert Verfolgten Dr. S vom 15.09.2003 an die ÄKNO im Rahmen der Darstellung des Validationsverfahrens erwähnt. Die ÄKNO hat diese dann im Rahmen ihrer Schreiben an die Ärztliche Gemeinschaft ebenso wie später Herr Prof. Dr. U aufgegriffen und als den rechtlichen Anforderungen genügend angesehen. Dem Angeklagten waren diese Schreiben der ÄKNO und das Gutachten von Prof. Dr. U im Einzelnen nicht bekannt. Da das Vorgehen des Angeklagten insoweit den Anforderungen der BÄK und ÄKNO in ihren veröffentlichten Stellungnahmen in vollem Umfang genügte, spricht der Umstand, dass er den Empfehlungen der Ärztlichen Gemeinschaft nicht gefolgt ist, nicht ohne Weiteres dafür, dass er billigend in Kauf genommen hat, dass sein Vorgehen der Abrechenbarkeit entgegenstehen könnte.
143Auch daraus, dass der Angeklagte seine Einlassung im Hinblick auf den Zeitpunkt der Validierung im Laufe der Hauptverhandlung korrigieren musste, kann nicht auf einen Vorsatz des Angeklagten bzgl. des Fehlens der Abrechnungsvoraussetzungen geschlossen werden. Zwar hat der Angeklagte sich zunächst dahingehend eingelassen, die Ergebnisse der M-III-Laboruntersuchungen am gleichen Tag nach der Mittagspause validiert zu haben, womit er auch den Empfehlungen der Ärztlichen Gemeinschaft entsprochen hätte. Abgesehen davon, dass auch eine bewusst falsche Einlassung eines Angeklagten nicht den zwingenden Schluss auf seine Schuld zulässt, weil sich auch der Unschuldige in die Lüge flüchten kann, ist offen geblieben, ob der Angeklagte zunächst bewusst falsche Angaben gemacht hat, um seine Sachverhaltsdarstellung den Empfehlungen der Ärztlichen Gemeinschaft anzugleichen. Dies liegt zwar auf den ersten Blick nahe, ebenso nachvollziehbar ist angesichts des Zeitablaufs indessen seine Erklärung, dass er sich aufgrund der seit 2012 praktizierten Präsenzvalidation schlicht geirrt habe.
144Dass der Angeklagte von den Durchsuchungen bei der Ärztlichen Gemeinschaft im Jahr 2007 und dem weiterem Gang des Ermittlungsverfahrens Kenntnis hatte, spricht angesichts der Besonderheiten des vorliegenden Falls nicht gegen seine Einlassung. Nicht nur hat die Ärztliche Gemeinschaft gegenüber den Gesellschaftern im verfahrensgegenständlichen Zeitraum stets betont, dass das in der Laborgemeinschaft durchgeführte Validierungsverfahren den rechtlichen Anforderungen an die Erbringung von M-III-Laborleistungen als eigene Leistung im Sinne von § 4 Abs. 2 GOÄ entspreche. Der Angeklagte hat vor allem die Erbringung der M-III-Laborleistungen gerade anders als von der Ärztlichen Gemeinschaft empfohlen und von der Mehrheit der Gesellschafter praktiziert gehandhabt. Dabei hat er sich in die Leistungserbringung deutlich mehr als von der Ärztlichen Gemeinschaft empfohlen eingebracht. Es liegt daher nicht fern, dass er angenommen hat, die Monita der Staatsanwaltschaft an der Verfahrensweise in der Ärztlichen Gemeinschaft beträfen ihn nicht, zumal in den Durchsuchungsbeschlüssen auch unzutreffend eine Rabattgewährung des Labors angesprochen wurde, die nicht an die Patienten weitergegeben worden sei.
145Nach alledem hat die Kammer durchgreifende Zweifel an einem vorsätzlichen Handeln des Angeklagten.
146d) Die Feststellungen zu dem von der Staatsanwaltschaft Wuppertal geführten Ermittlungsverfahren gegen die Mitglieder der Ärztlichen Gemeinschaft und die Einstellung des Verfahrens gegen den Angeklagten gegen Geldauflage beruhen auf der Einlassung des Angeklagten sowie den in der Hauptverhandlung verlesenen Urkunden aus dem Sonderheft 7 zur Akte 115 Js 74/03 der Staatsanwaltschaft Köln.
147Die Feststellungen zum Gang des vorliegenden Ermittlungsverfahrens beruhen auf den Angaben der Zeugin KHK´in P, der Ermittlungsführerin der Polizei, des Zeugen KOK T, der ebenfalls an den Ermittlungen beteiligt war, den verlesenen Durchsuchungsbeschlüssen sowie dem verlesenen Schreiben der Staatsanwaltschaft Köln an den Angeklagten vom 14.01.2011.
148D.
149Nach den getroffenen Feststellungen war der Angeklagte insgesamt freizusprechen.
150I.
151Die angeklagten Fälle 1 – 134 sind verjährt. Die Verjährungsfrist für die dem Angeklagten zur Last gelegten Betrugstaten beträgt fünf Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB). Die Verjährung ist gegenüber dem Angeklagten erst durch das Schreiben der Staatsanwaltschaft vom 14.11.2011, in dem ihm die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen ihn bekannt gegeben worden ist, unterbrochen worden, § 78c Abs. 1 Nr. 1 StGB.
152Die Verjährung ist gegenüber dem Angeklagten nicht bereits durch den Erlass der Durchsuchungsbeschlüsse in dem Ermittlungsverfahren 115 Js 74/03 gegen die Verantwortlichen der Ärztlichen Gemeinschaft nach § 78c Abs. 1 Nr. 4 StGB unterbrochen worden, da sich die Durchsuchungsanordnungen nicht gegen den zu diesem Zeitpunkt noch unbekannten Angeklagten richteten. Gemäß § 78c Abs. 4 StGB wirkt die Unterbrechung der Verjährung nur gegenüber demjenigen, auf den sich die Handlung bezieht. Durchsuchungsbeschlüsse können nur dann verjährungsunterbrechende Wirkung entfalten, wenn die Durchsuchung innerhalb eines Verfahrens erfolgt, das gegen einen bereits bekannten Täter geführt wird. Zwar muss der Täter nicht namentlich bekannt sein. Es müssen jedoch Merkmale vorliegen, die den Täter sicher individuell bestimmen. Dafür reicht es nicht aus, wenn der Täter durch die Maßnahme seiner Person nach erst ermittelt werden soll, auch wenn das mit Hilfe vorhandener schriftlicher Unterlagen erfolgsversprechend oder möglich und der in Betracht kommende Personenkreis begrenzt ist. Vielmehr ist erforderlich, dass der Täter auf Grund bei den Akten befindlicher Unterlagen bestimmt werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 16.03.1972 - 4 StR 55/72 -; BGH, Urteil vom 12.03.1991 - 1 StR 38/91 -; BGH, Beschluss vom 06.03.2007 - KRB 1/07 -).
153Die Durchsuchungsbeschlüsse im Verfahren 115 Js 74/03 richteten sich gegen die Verantwortlichen der Ärztlichen Gemeinschaft und nennen den Angeklagten nicht. Die Durchsuchung diente ausweislich der Begründung der Durchsuchungsbeschlüsse vielmehr dazu, noch unbekannte weitere Tatverdächtige, in diesem Fall die Ärzte, die Leistungen der Laborgemeinschaft in Anspruch genommen haben, zu ermitteln. Da der Angeklagte zum Zeitpunkt des Erlasses der Durchsuchungsbeschlüsse den Ermittlungsbehörden noch nicht bekannt war, konnte die Durchsuchungsbeschlüsse auch keine verjährungsunterbrechende Wirkung entfalten.
154Trotz des Vorliegens dieses Verfahrenshindernisses war im Urteil in diesen Fällen nicht die Verfahrenseinstellung auszusprechen, sondern auf Freispruch zu erkennen, soweit das Verfahren nicht bereits vor Eröffnung der Hauptverhandlung nach § 154 StPO vorläufig eingestellt worden war, da nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung feststeht, dass dem Angeklagten keine Straftat nachzuweisen ist (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Auflage 2014, § 260 Rn. 44; KK-Ott, StPO, 7. Auflage 2013, § 260 Rn. 50 f.).
155II.
156In den unter B.II.6. genannten Fällen schied eine Verurteilung des Angeklagten schon deshalb aus, weil entweder nicht festgestellt werden konnte, dass sie in der Ärztlichen Gemeinschaft durchgeführte M-III-Laboruntersuchungen betrafen, oder die gleiche Rechnung doppelt zum Gegenstand der Anklage gemacht worden ist.
157III.
158Der Angeklagte hat sich im Übrigen nicht wegen Betruges nach § 263 StGB strafbar gemacht, da kein Vorsatz in Bezug auf die Täuschungshandlung und die Rechtswidrigkeit des erstrebten Vermögensvorteils festgestellt werden konnte.
1591. Der Angeklagte täuschte in den verfahrensgegenständlichen Fällen objektiv seine Patienten über das Vorliegen der Voraussetzungen, die zur Abrechnung von M-III-Leistungen berechtigen. Durch die Abrechnung der Leistungen machte der Angeklagte nicht lediglich einen Zahlungsanspruch geltend, sondern behauptete auch, die Voraussetzungen der zugrunde liegenden Rechtsvorschriften eingehalten zu haben. Wer eine Leistung einfordert, bringt damit zugleich das Bestehen des zugrunde liegenden Anspruchs, hier also die Abrechnungsfähigkeit der in Rechnung gestellten ärztlichen Leistung zum Ausdruck (vgl. BGH, Beschluss vom 25.01.2012 - 1 StR 45/11 -; BGH, Urteil vom 04.09.2012 - 1 StR 534/11 -; BGH, Urteil vom 10.03.1993 - 3 StR 461/92 -; Fischer, StGB, 62. Auflage 2015, § 263 Rn. 35).
160Der Angeklagte war in den verfahrensgegenständlichen Fällen nicht zur Abrechnung der M-III-Laborleistungen gegenüber seiner Patienten nach § 4 Abs. 2 GOÄ berechtigt, da es sich nicht um eigene Leistungen des Angeklagten handelte. Erbringt der Arzt die Leistung nicht persönlich, liegt eine eigene Leistung im Sinne dieser Vorschrift nur vor, wenn sie unter seiner Aufsicht nach seiner fachlichen Weisung erbracht wird. Eine Ausnahme gilt lediglich für Laborleistungen des Abschnitts M. II. des Gebührenverzeichnisses der GOÄ.
161a) Vorliegend wurden die M-III-Leistungen nach der fachlichen Weisung des Angeklagten erbracht. Der Angeklagte besitzt insbesondere aufgrund seiner abgeschlossenen Facharztausbildung die erforderliche Qualifikation zur Erbringung der verfahrensgegenständlichen Laborleistungen (vgl. Uleer u.a., GOÄ, § 4, Rn. 47; Hess, DÄBl. 1995, A-3509, A-3510). Da er seine Facharztweiterbildung vor Inkrafttreten der Weiterbildungsverordnung aus dem Jahr 1992 absolviert hat, ist ein gesonderter Fachkundenachweis nicht erforderlich.
162b) Der Angeklagte ist jedoch seiner Aufsichtspflicht nicht im erforderlichen Umfang nachgekommen.
163Welche Anforderungen an die Aufsichtspflicht des Arztes bei der Erbringung von Speziallaborleistungen in Laborgemeinschaften zu stellen sind, wird in Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich beantwortet.
164aa) Im Mittelpunkt der Diskussion steht insbesondere die Frage, ob der Arzt während des gesamten Untersuchungsvorgangs im Labor anwesend sein muss. Während eine strenge Auffassung eine Anwesenheit im Labor oder dessen unmittelbarer Nähe fordert (so etwa LG Duisburg, Urteil vom 28.05.1996 - 1 O 139/96 -; LG Hamburg, Urteil vom 20.02.1996 - 312 O 57/96 -; Uleer u.a., GOÄ, § 4, Rn. 44 ff.), lässt die Gegenauffassung eine telefonische Erreichbarkeit des Arztes bei allen in der Laborgemeinschaft durchgeführten Arbeitsschritten genügen (so etwa Hess aaO.; Zuck, VersR, 1996, 1315, 1320). Eine vermittelnde Ansicht, der sich auch die BÄK und die ÄKNO in den unter B.II.2. genannten Stellungnahmen angeschlossen haben, hält während der technischen Durchführung der Untersuchungen durch automatisierte Verfahren eine kurzfristige persönliche, nicht nur telefonische Erreichbarkeit des Arztes für ausreichend (so etwa U, MedR 1996, 498, 499; U/Neikes, MedR, 2008, 121, 130; Gercke/Leimenstoll, MedR 2010, 695, 697; Fehn, MedR 2014, 377, 380).
165Die Kammer hält es mit der erstgenannten Auffassung für erforderlich, dass der abrechnende Arzt während des gesamten Untersuchungsvorgangs entweder im Labor selbst oder in dessen unmittelbarer Nähe anwesend ist. Unmittelbare Nähe in diesem Sinne ist nur gegeben, wenn der Arzt für die Labormitarbeiter jederzeit persönlich, nicht nur telefonisch, ansprechbar ist. Nur bei räumlicher und persönlicher Präsenz des Arztes kann er seiner Aufsichtspflicht effektiv nachkommen und die Tätigkeiten der Labormitarbeiter und die labortechnischen Vorgänge in dem erforderlichen Umfang überwachen. Gerade bei einer Laborgemeinschaft mit einer Vielzahl von Mitgliedern wird so sichergestellt, dass die Mitarbeiter, welche die Untersuchung durchführen, wissen, für welchen Arzt sie gerade tätig sind und diesen bei Problemen und Nachfragen unmittelbar ansprechen können, weil er sich im Labor oder etwa einem gesonderten Warteraum aufhält. Zudem ist auch nur so gewährleistet, dass der Arzt zu jedem Zeitpunkt in den Analysevorgang eingreifen kann und bei problematischen Befunden sofort die erforderlichen Beurteilungen und Anweisungen geben kann. Nach Auffassung der Kammer ist zudem eine regelmäßige persönliche stichprobenartige Kontrolle der Zustände und Abläufe im Labor zu fordern. Eine bloße Überprüfung der Durchführung der Qualitätssicherungsmaßnahmen reicht als bloße „Kontrolle der Kontrolle“ nicht aus. Hiervon geht auch die BÄK in ihrer Stellungnahme vom 01.03.1996 (DÄBl. 1996, A-562) aus, die gerade zwischen der stichprobenartigen Überprüfung der ordnungsgemäßen Laborgerätewartung und der Bedienungsabläufe einerseits und der Durchführung der Qualitätssicherungsmaßnahmen andererseits differenziert.
166Die Ausübung der Aufsicht auf diese Weise entspricht den Abläufen in der eigenen Praxis. Die Leistung des Arztes erhält ein persönliches Gepräge, welches ihn zur Abrechnung der Laborleistungen als eigene Leistung berechtigt. Es kann dahinstehen, ob aufgrund der Automatisierung der Untersuchungen (sog. Black-Box-Verfahren) die Ausübung der Aufsicht technisch und medizinisch erforderlich und sinnvoll ist. Der Verordnungsgeber hat jedenfalls die Abrechenbarkeit von M-III-Laborleistungen als eigene Leistung von der persönlichen Wahrnehmung der Aufsicht abhängig gemacht. Dies dient auch dem Ziel des Verordnungsgebers, Gebührenanreize durch die Selbstzuweisung von Laborleistungen zu vermindern, was auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden ist.
167bb) Der Angeklagte genügte diesen Anforderungen an die Aufsichtspflicht bei den verfahrensgegenständlichen Untersuchungen nicht. Er war während des Analysevorganges weder im Labor anwesend noch in dessen unmittelbarer Nähe. Die Anwesenheit in seiner Privatwohnung oder einem Restaurant reichen unabhängig von der räumlichen Entfernung vom Labor nicht aus. Er war dort weder für die Labormitarbeiter unmittelbar persönlich ansprechbar, noch war er in der Lage, von dort eine eigene Aufsicht auszuüben. Auch im Rahmen der allgemeinen Aufsicht hat er lediglich die Ergebnisse der Qualitätssicherungsmaßnahmen zur Kenntnis genommen, nicht aber die Zustände und Abläufe im Labor kontrolliert.
1682. Die Kammer konnte jedoch nicht feststellen, dass der Angeklagte insoweit vorsätzlich und in der Absicht gehandelt hat, sich rechtswidrig zu bereichern.
169Die Rechtswidrigkeit des erstrebten Vermögensvorteils ist ein normatives Tatbestandsmerkmal, auf das sich der – zumindest bedingte – Vorsatz des Täters erstrecken muss. Stellt er sich für die erstrebte Bereicherung einen Anspruch vor, der in Wirklichkeit nicht besteht, so handelt er in einem Tatbestandsirrtum im Sinne des § 16 Abs. 1 S. 1 StGB. In subjektiver Hinsicht erstrebt der Täter eine unrechtmäßige Bereicherung schon dann, wenn er es für möglich hält oder billigend in Kauf nimmt, dass seine Forderung nicht oder nicht in diesem Umfang besteht. Dies ist nicht bereits dann der Fall, wenn der Täter die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen sich ergibt, dass ihm zivilrechtlich ein Anspruch nicht zusteht. Maßgeblich ist vielmehr, ob er sich als Ergebnis laienhafter Bewertung dieser Umstände einen von der Rechtsordnung anerkannten Anspruch auf die erstrebte Leistung nicht zumisst oder für zweifelhaft hält (vgl. BGH, Urteil vom 07.08.2003 - 3 StR 137/03 -; BGH, Urteil vom 15.10.1991 - 4 StR 420/91 - ; Fischer, StGB, 62. Auflage 2015, § 263 Rn. 193).
170Der Angeklagte ist nach seiner unwiderlegten Einlassung davon ausgegangen, die Abrechnungsvoraussetzungen des § 4 Abs. 2 GOÄ zu erfüllen. Er hat sich an der von der BÄK und der ÄKNO vertretenen Auslegung des § 4 Abs. 2 GOÄ orientiert und sein Verhalten entsprechend ausgerichtet.
171Der Angeklagte konnte im Rahmen der vorzunehmenden Parallelwertung in der Laiensphäre annehmen, die von der BÄK und der ÄKNO aufgestellten Anforderungen für die Abrechnung von M-III-Leistungen zu erfüllen. Hiernach ist es nicht erforderlich, dass der Arzt während der vollautomatisch ablaufenden Vorgänge bei der Probenvorbereitung und der Analyse im Labor oder dessen unmittelbarer Nähe anwesend ist. Gefordert wird lediglich eine persönliche, nicht nur telefonische Erreichbarkeit des Arztes.
172Zu den einzelnen von der BÄK aufgestellten Voraussetzungen (s.o. B.II.2.) gilt hier Folgendes:
173a) Die Sicherstellung ordnungsgemäßer Probenvorbereitung einschließlich der Eingangsbegutachtung des Probenmaterials erfolgte im Wesentlichen in der Praxis des Angeklagten bzw. durch ihn selbst bei der Blutabnahme außerhalb der Praxis. Im Labor der Ärztlichen Gemeinschaft wurde lediglich die abschließende Probenvorbereitung durch Zentrifugation vorgenommen, wobei es sich um einen vollautomatischen Vorgang handelt, bei dem der Angeklagte nach den von der BÄK und der ÄKNO aufgestellten Kriterien nicht anwesend sein musste.
174b) Die regelmäßige – stichprobenartige – Überprüfung der ordnungsgemäßen Laborgerätewartung und der Bedienungsabläufe durch das Laborpersonal einschließlich der Durchführung der Qualitätssicherungsmaßnahmen hat der Angeklagte durch die Kenntnisnahme von den Berichten über die Qualitätssicherungsmaßnahmen wahrgenommen. Dies allein reicht zwar entgegen der von der ÄKNO im Schreiben vom 04.06.2008 (Selbstlesepaket Band V, Bl. 16) geäußerten und von der Geschäftsführung der Ärztlichen Gemeinschaft vertretenen Auffassung nicht aus. Da der Angeklagte sich indessen durch seine regelmäßige Anwesenheit im Labor einen persönlichen Eindruck von den dortigen Zuständen und Abläufen verschafft hat, wenn auch ohne die erforderlichen konkreten stichprobenartigen Kontrollen durchzuführen, und keinen Anlass zu Beanstandungen hatte, konnte er annehmen, den von den Ärztekammern aufgestellten Anforderungen zu genügen..
175c) Die persönliche und nicht nur telefonische Erreichbarkeit innerhalb kurzer Zeit zur Aufklärung von Problemfällen des Angeklagten war in einer den Anforderungen der BÄK und ÄKNO genügenden Weise sichergestellt. Der persönlichen Erreichbarkeit ist danach genügt, wenn der Arzt während der Untersuchungen kurzfristig in der Lage ist, im Labor zu erscheinen. Welche Anforderungen insoweit an die Entfernung des Arztes vom Labor und die etwaige Organisation von Praxisabläufen während des Untersuchungszeitraums zu stellen sind, kann offen bleiben. Dass der Angeklagte sicherstellte, dass die Untersuchungen während seiner Mittagspause durchgeführt wurden, und diese Zeit im Umkreis von ca. einem Kilometer vom Labor verbrachte, wobei er über seine Privatnummer oder sein Handy erreichbar war, genügt den Anforderungen in jedem Fall.
176d) Die persönliche Überprüfung der Plausibilität der aus einem Untersuchungsmaterial erhobenen Parameter im Labor nach Abschluss des Untersuchungsganges, um bei auftretenden Zweifeln aus derselben Probe eine weiter Analyse zeitgerecht durchführen zu können, hat der Angeklagte durch die Validation der Untersuchungsergebnisse vorgenommen. Er hat die Befundergebnisse in der Regel am nächsten Laborarbeitstag innerhalb von 24 Stunden nach der Untersuchung und damit zeitnah validiert. Eine Validierung am Tag der Analyse – wie sie von der Ärztlichen Gemeinschaft empfohlen wurde – war nicht erforderlich. Die BÄK und die ÄKNO fordern lediglich eine Überprüfung, die eine „zeitgerechte“ weitere Analyse ermöglicht. Da die Proben in der Ärztlichen Gemeinschaft zwei Wochen aufbewahrt wurden und eine Wiederholung der Untersuchung auch medizinisch innerhalb dieses Zeitraums ohne Weiteres möglich ist, ist diesem Erfordernis auch bei einer Validation am nächsten Laborarbeitstag genüge getan.
177e) Die unmittelbare Weisungsberechtigung gegenüber dem Laborpersonal war gegeben.
178f) Die Dokumentation der Wahrnehmung der Verantwortung erfolgte hier dadurch, dass die Person des validierenden Arztes und der Validationszeitpunkt mit dem Befund gespeichert und ausgedruckt wurden. Der Angeklagte hat sich zudem im in der Ärztlichen Gemeinschaft ausliegenden Anwesenheitsbuch eingetragen.
179Nach alledem konnte nach den getroffenen Feststellungen ein auch nur bedingter Vorsatz des Angeklagten nicht angenommen werden.
180E.
181Die Kostenentscheidung beruht auf § 467 Abs. 1 StPO.
(1) Gebühren sind Vergütungen für die im Gebührenverzeichnis (Anlage) genannten ärztlichen Leistungen.
(2) Der Arzt kann Gebühren nur für selbständige ärztliche Leistungen berechnen, die er selbst erbracht hat oder die unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht wurden (eigene Leistungen). Als eigene Leistungen gelten auch von ihm berechnete Laborleistungen des Abschnitts M II des Gebührenverzeichnisses (Basislabor), die nach fachlicher Weisung unter der Aufsicht eines anderen Arztes in Laborgemeinschaften oder in von Ärzten ohne eigene Liquidationsberechtigung geleiteten Krankenhauslabors erbracht werden. Als eigene Leistungen im Rahmen einer wahlärztlichen stationären, teilstationären oder vor- und nachstationären Krankenhausbehandlung gelten nicht
- 1.
Leistungen nach den Nummern 1 bis 62 des Gebührenverzeichnisses innerhalb von 24 Stunden nach der Aufnahme und innerhalb von 24 Stunden vor der Entlassung, - 2.
Visiten nach den Nummern 45 und 46 des Gebührenverzeichnisses während der gesamten Dauer der stationären Behandlung sowie - 3.
Leistungen nach den Nummern 56, 200, 250, 250a, 252, 271 und 272 des Gebührenverzeichnisses während der gesamten Dauer der stationären Behandlung,
(2a) Für eine Leistung, die Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis ist, kann der Arzt eine Gebühr nicht berechnen, wenn er für die andere Leistung eine Gebühr berechnet. Dies gilt auch für die zur Erbringung der im Gebührenverzeichnis aufgeführten operativen Leistungen methodisch notwendigen operativen Einzelschritte. Die Rufbereitschaft sowie das Bereitstehen eines Arztes oder Arztteams sind nicht berechnungsfähig.
(3) Mit den Gebühren sind die Praxiskosten einschließlich der Kosten für den Sprechstundenbedarf sowie die Kosten für die Anwendung von Instrumenten und Apparaten abgegolten, soweit nicht in dieser Verordnung etwas anderes bestimmt ist. Hat der Arzt ärztliche Leistungen unter Inanspruchnahme Dritter, die nach dieser Verordnung selbst nicht liquidationsberechtigt sind, erbracht, so sind die hierdurch entstandenen Kosten ebenfalls mit der Gebühr abgegolten.
(4) Kosten, die nach Absatz 3 mit den Gebühren abgegolten sind, dürfen nicht gesondert berechnet werden. Eine Abtretung des Vergütungsanspruchs in Höhe solcher Kosten ist gegenüber dem Zahlungspflichtigen unwirksam.
(5) Sollen Leistungen durch Dritte erbracht werden, die diese dem Zahlungspflichtigen unmittelbar berechnen, so hat der Arzt ihn darüber zu unterrichten.
(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat, - 2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen, - 3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt, - 4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder - 5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.
(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.
(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.
(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(7) (weggefallen)
(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.
(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.
(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er
- 1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder - 2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.
(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.
(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.