Landgericht Düsseldorf Teilurteil, 27. Feb. 2014 - 14c O 237/11
Tenor
I.
Der Beklagte zu 2) wird verurteilt, an die Klägerin 585.519,60 € zu zahlen,
zuzüglich Zinsen bis zum 10.10.2011 nach Maßgabe der folgenden Aufstellung:
1.1.2008 – 31.12.2010: |
5 % p.a. |
aus 20.648,35 € (Gewinn 2007) |
1.1.2009 – 31.12.2010: |
5 % p.a. |
aus 209.689,20 € (Gewinn 2008) |
1.1.2010 – 31.12.2010: |
5 % p.a. |
aus 355.182,05 € (Gewinn 2009) |
1.1.2011 – 10.10.2011: |
5 % p.a. |
aus 585.519,60 € (Gesamtsumme) |
und ab dem 10.10.2011 in Höhe von 5 % Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 585.519,60 €.
II.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 2) verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr dadurch entstanden ist, dass die der Klageerhebung zugrundeliegenden Auskünfte gemäß den Schreiben und Aufstellungen der Beklagten vom 2. Februar 2010 (Anlage HL 14), vom 15. Februar 2010 (Anlage HL 15), vom 12. März 2010 (Anlage HL 39), vom 20. April 2010 (Anlage HL 17) und vom 11. Mai 2011 (Anlage HL 21) unrichtig waren.
III.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
IV.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
V.
Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 %
des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin ist ein Unternehmen für Babyprodukte. Sie produziert u.a. Kinderwagen und vertreibt sie unter der Marke „Quinny“. Sie ist Inhaberin des am 03.07.2003 angemeldeten und eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters Nr. 000049655 -0003. Einen nach dem Gemeinschaftsgeschmacksmuster mit nur leichten Abweichungen gestalteten Kinderwagen vertreibt sie unter der Bezeichnung „Zapp“. Unmittelbar nach der Markteinführung verkaufte sie in den letzten drei Monaten des Jahres 2004 in Deutschland ca. 2.400 Kinderwagen und erzielte dadurch einen Umsatz von 235.000,00 €. Der Absatz der Kinderwagen und dementsprechend der Umsatz steigerte sich in den Folgejahren. Im Jahr 2005 verkaufte die Klägerin in Deutschland rund 20.000 Stück bei einem Umsatz von rund 2 Mio. €, im Jahr 2006 ca. 29.200 Stück bei einem Umsatz von rund 3 Mio. € und im Jahr 2007 ca. 33.300 Stück bei einem Umsatz von rund 3,5 Mio. €. 2008 gingen die Umsätze etwas zurück auf ca. 28.800 Stück und 3 Mio. € und 2009 auf ca. 22.300 Stück und knapp 2,5 Mio. €.
3Die unter der alleinigen Geschäftsführung des Beklagten zu 2) stehende Beklagte zu 1) vertrieb ebenfalls Kinderwagen. Ende 2007 brachte sie die Kinderwagenmodelle „FIT“ und „KISS“ auf den Markt. Die Klägerin sah darin eine Verletzung ihres Gemeinschaftsgeschmacksmusters und erhob vor der hiesigen Kammer Verletzungsklage gegen die Beklagte zu 1) (Az. 14c O 294/08). Das Verletzungsverfahren wurde durch Urteil des Bundesgerichtshofs vom 28.09.2011 – Az. I ZR 23/10 – rechtskräftig abgeschlossen (Anlage HL 25/1). Der Bundesgerichtshof hat u.a. die Schadensersatzpflicht der Beklagten zu 1) festgestellt. Der Beklagte zu 2) hat die Entscheidung als für sich persönlich bindend anerkannt (Anlage HL 5). Während des Verletzungsrechtsstreits wurden die Kinderwagenmodelle „FIT“ und „KISS“ durch Nachfolgemodelle „FIT+“ und „Kiss+“ sowie später durch die Modelle „FLIC“ und FLAC“ abgelöst, die gleichfalls Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten waren und sind. Ein bei dem Harmonisierungsamt gegen das Gemeinschaftsgeschmacksmuster der Klägerin gerichteter Nichtigkeitsantrag des Kinderwagenproduzenten Suzhou wurde zurückgewiesen (Anlagen HL 40 und HL 41).
4Die Klägerin begehrt im hiesigen Verfahren nunmehr Schadensersatz in Höhe von 976.900,00 € wegen der Verletzung ihres Gemeinschaftsgeschmacksmusters durch den Vertrieb der Kinderwagen „FIT“ und „KISS“ in den Jahren 2007, 2008 und 2009, wie sie Gegenstand des durch den Bundesgerichtshof entschiedenen Verfahren waren, sowie weiterer Modelle „FIT“ und „KISS“, die leicht veränderte Schiebegriffe aufwiesen. Diese hatte die Beklagte zu 1) nach Abgabe einer Unterlassungserklärung auch in ihre Auskunftserteilung eingeschlossen. Nach Auffassung der Klägerin, der der Beklagte zu 2) nicht entgegentritt, fallen sie auch in den Tenor des Urteils des Bundesgerichtshofes. Die Auskunftserteilung wurde nach mehrfacher Ergänzung und Berichtigung abgeschlossen. Hinsichtlich der Gesamtzahl der ausgelieferten Kinderwagen und des Bruttoumsatzes führte sie zu folgenden Ergebnissen:
5
Fit/Kiss |
Fit/Kiss mit geändertem Griff |
||||
Auskunft 11.01/22.01.2010 |
Auskunft 15.02./12.03.2010 (Anlage HL 15) |
Auskunft 20.04.2010 (Anlage HL 17) |
Belegvorlage 06.12.2010 |
Auskunft + Belege 11.05.2011 (Anlage HL 21) |
|
Gesamtzahl ausgelieferter Kinderwagen (alle Modelle) |
31.478 |
31.559 |
46.751 |
49.672 |
59.019 |
Bruttoumsatz |
2.296.403,00 |
2.416.567,00 |
3.648.830,00 |
3.886.939,00 |
4.663.802,00 |
Die Beklagte zu 1) erzielte also mit den streitgegenständlichen Modellen einen Gesamtumsatz in Höhe von 4.663.802,00 € (Anlagenkonvolut HL 21 – HL 23), wobei die Klägerin für das Umsatzjahr 2007 einen Betrag von 164.468,64 €, für das Umsatzjahr 2008 einen Betrag von 1.670.223,38 € und für das Umsatzjahr 2009 einen Betrag von 2.828.472,67 € aufgrund der Belege zuordnen konnte und die Differenz von weiteren 637,31 €, bezüglich derer keine Belege vorlagen, zugunsten der Beklagten dem Jahr 2009 zugerechnet hat.
7Die Klägerin macht für die Berechnung ihres Schadens in erster Linie die Berechnungsart des Verletzergewinns geltend. Hilfsweise stützt sie sich auf die Methode der Lizenzanalogie, soweit diese zu einem für sie günstigeren Ergebnis führt.
8Den herauszugebenden Verletzergewinn hat sie zunächst so berechnet, dass sie vom Bruttoerlös in Höhe von 4.663.802,00 € einen geschätzten Betrag von 210.000,00 € für Gutschriften, Rabatte und Skonti und geschätzte abzugsfähige Wareneingangskosten in Höhe von 2.300.000,00 € sowie direkte Einzelkosten von 200.000,00 € abgezogen hat. Damit ergab sich zunächst ein der Berechnung der Höhe des Schadensersatzanspruchs der Klägerin zugrunde zu legender Verletzergewinn von (abgerundet) 1.953.800,00 €. Die Klägerin behauptet dazu, dass dieser Verletzergewinn, der eine Roh-Gewinnmarge von 41 % bedeute, ein absolut üblicher Wert in der auf Babyprodukte spezialisierten Branche sei.
9Sie behauptet weiter, dass der Verletzergewinn der Beklagten zu 1) zu einem ganz wesentlichen Teil auf der Verletzung ihres Gemeinschaftsgeschmacksmusters beruhe, nämlich zu 50 %. Auch dazu führt sie im Einzelnen aus. Insbesondere weist sie darauf hin, dass ein Käufer sich vorab darüber Gedanken mache, welche Art Kinderwagen er erwerben möchte. Üblicherweise hätten dann Kinderwagen desselben Typs aber ähnliche Funktionalitäten. Ein wesentlicher Punkt, in dem sie sich voneinander abhöben, sei ihr Design. Es werde deshalb zum wesentlichen Faktor für den endgültigen Kaufentschluss. Ihr Schaden beliefe sich mithin nach den in der Klageschrift zugrundegelegten Zahlen auf 976.901,00 €.
10Im Verlaufe des Rechtsstreits hat die Klägerin aufgrund der Darlegungen und Belegvorlage der Beklagten die zunächst der Berechnung zugrunde gelegten Abzugspositionen teilweise modifiziert und einen Verletzergewinn von 826.901,00 € errechnet, es aber bei dem eingangs gestellten Antrag belassen, da nicht auszuschließen sei, dass sich die von der Klägerin angenommenen Abzugsposten ebenfalls nicht bestätigten und eine Kompensation eintrete. Die Angaben zu den Einzelpositionen und die diesbezüglichen entscheidungserheblichen Ausführungen werden im Rahmen der Erörterung der Abzugspostionen in den Entscheidungsgründen wiedergegeben.
11Die hilfsweise beanspruchten Lizenzgebühren berechnet die Klägerin nach einem Lizenzsatz von 20 % des Gesamtumsatzes von 4.663.802,00 € und führt zu dessen Angemessenheit im Einzelnen aus. Weder könnten dem Arbeitnehmererfinderrecht entnommene Lizenzsätze noch der Lizenzsatz für das Europäische „Berger-Patent“ als technisches Schutzrecht, das für den Faltmechanismus zusammenklappbarer Kinderwagen von einer Vielzahl von Wettbewerbern benutzt werde, oder eine Markenlizenz eines branchenfremden Unternehmens als Vergleichsmaßstab herangezogen werden. Ein hoher wirtschaftlicher Wert ihres Gemeinschaftsgeschmacksmusters ergebe sich aus seinem weiten Schutzumfang und der langen Schutzdauer. Lizenzerhöhend wirkten sich die nahezu identische Nachahmung durch die verletzenden Kinderwagen, der ausgezeichnete Ruf des auf ihrem Gemeinschaftsgeschmacksmuster beruhenden Kinderwagens „ZAPP“ als Designer-Kinderwagen und der gute Ruf der Klägerin aus. Zu berücksichtigen sei schließlich, dass der Verletzer im Vergleich zum rechtstreuen Lizenznehmer Vorteile genieße. Insgesamt sei festzustellen, dass es sich um die Nachahmung eines Prestigeobjekts handele, so dass eine angemessene Lizenzspanne zwischen 12,5 % und 20 % liege, wobei die Klägerin von einer Sockellizenz von 16 % ausgehe. Auf diese sei bei Berücksichtigung der weiteren, dargelegten Umstände des Einzelfalls ein Aufschlag in Höhe weiterer 7 % vorzunehmen. Lediglich vorsichtshalber mache sie lediglich eine Lizenz von 20 % geltend.
12Außerdem begehrt sie bei der Schadensberechnung nach der Methode des Verletzergewinns entsprechend § 688 BGB Verwendungszinsen und Verzugszinsen bzw. bei der Schadensberechnung nach der Lizenzanalogie Verzugszinsen. Soweit sie zunächst bei der Berechnung nach dem Verletzergewinn Prozesszinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz beantragt hat, hat sie diese Forderung auf Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz reduziert.
13Schließlich macht sie noch einen Schadensersatz-Festellungsantrag im Hinblick darauf geltend, dass die Beklagten ihre Auskünfte mehrfach korrigiert und dabei erheblich abgeändert hätten. So hätten die Beklagten insbesondere dann Schadensersatz zu leisten, wenn es aufgrund der Änderung der Auskunft und des Nachreichens von Belegen zu einer Teilklageabweisung käme.
14Die Beklagte zu 1) hat mit Schriftsatz vom 12.10.2012 eine Aufrechnung mit einem Kostenerstattungsanspruch aus einem Verfahren in den Niederlanden angekündigt und Widerklage wegen eines Vollziehungsschadens gemäß § 945 ZPO erhoben.
15In der Folge hat das Amtsgericht Passau mit Beschluss vom 26.03.2013 – IE 98/13 – über das Vermögen der Beklagten zu 1) das Insolvenzverfahren eröffnet und Herrn Rechtsanwalt T zum Insolvenzverwalter bestellt, weshalb das hiesige Verfahren gegen die Beklagte zu 1) gemäß § 240 ZPO unterbrochen ist. Mit Schriftsatz vom 23.09.2013 hat der Insolvenzverwalter erklärt, den Passivprozess nicht aufnehmen zu wollen.
16Bezüglich des Beklagten zu 2) beantragt die Klägerin,
17-
18
I. ihn zu verurteilen, an sie € 976.900,00 zu zahlen,
zuzüglich Zinsen bis zum 10.10.2011
20nach Maßgabe der folgenden Aufstellung:
21
1.1.2008 – 31.12.2010: |
5 % p.a. |
aus € 34.191,50 (Gewinn 2007) |
1.1.2009 – 31.12.2010: |
5 % p.a. |
aus € 349.730,20 (Gewinn 2008) |
1.1.2010 – 31.12.2010: |
5 % p.a. |
aus € 592.978,30 (Gewinn 2009) |
1.1.2011 – 10.10.2011: |
5 % p.a. |
aus € 976.900,00 (Gesamtsumme) |
und ab dem 10.10.2011 in Höhe von 5 % Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz;
23-
24
II. hilfsweise, ihn zu verurteilen, an sie € 932.760,40 nebst Zinsen nach Maßgabe der folgenden Aufstellung zu zahlen:
1.2.2008 – 31.1.2011: |
8 %-Punkte über jeweiligen Basiszinssatz |
aus € 32.893,73 (Lizenzgebühr 2007) |
1.2.2009 – 31.1.2011: |
8 %-Punkte über jeweiligen Basiszinssatz |
aus € 334.044,68 (Lizenzgebühr 2008) |
1.2.2010 – 31.1.2011: |
8 %-Punkte über jeweiligen Basiszinssatz |
aus € 565.821,99 (Lizenzgebühr 2009) |
Ab 1.2.2011: |
8 %-Punkte über jeweiligen Basiszinssatz |
aus € 932.760,40 (Gesamtsumme) |
III.
27festzustellen, dass er verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr dadurch entstanden ist, dass die der Klageerhebung zugrundeliegenden Auskünfte gemäß den Schreiben und Aufstellungen der Beklagten vom 2. Februar 2010 (Anlage HL 14), vom 15. Februar 2010 (Anlage HL 15), vom 12. März 2010 (Anlage HL 39), vom 20. April 2010 (Anlage HL 17) und vom 11. Mai 2011 (Anlage HL 21) unrichtig waren.
28Der Beklagte zu 2) beantragt,
29die Klage abzuweisen.
30Der Beklagte zu 2) ist der Ansicht, die Schadensberechnung sei völlig überzogen. Die angegebenen Kosten, die den Gewinn der Beklagten zu 1) geschmälert hätten, seien zutreffend ermittelt und alle berücksichtigungsfähig. Wegen der diesbezüglichen Angaben zu den Einzelpositionen und der insoweit entscheidungserheblichen Ausführungen wird auf die Erörterung der Abzugspostionen in den Entscheidungsgründen verwiesen. Keinesfalls seien Rohgewinnmargen von 40 % branchenüblich, vielmehr lägen sie bei ca. 20 % oder darunter. Auch sei der Kausalanteil, also der Anteil zu dem Gewinn auf der geschmacksmustergemäßen Gestaltung beruhe, mit 50 % unzutreffend angegeben. Angemessen sei ein herauszugebender Gewinnanteil von 17,5 %. Für die Kaufentscheidung entscheidend sei einerseits die Funktionalität eines Kinderwagens, die auch bei allen Tests und Beiträgen in Online-Foren in den Vordergrund gestellt werde, also insbesondere Qualität, Handhabung, Transportmöglichkeit und Gewicht, und andererseits der Preis. Zu berücksichtigen sei auch, dass die verletzenden Kinderwagen keine identische Nachahmung des geschützten Erzeugnisses seien, sondern erheblich von diesem abwichen. Außerdem benutzten die verletzenden Kinderwagen auch das Gebrauchsmuster DE 202 88353, das inzwischen zu dem Europäischen Patent EP 1 366 968 geführt habe; dieser Umstand wirke gleichfalls mindernd auf die Höhe des herauszugebenden Verletzergewinns. Schließlich sei schmälernd zu berücksichtigen, dass die Beklagte zu 1) die Kinderwagen unter dem eigenen Kennzeichen „MOON“ vertrieben hätte, da auch das Markenbewusstsein eine Rolle für den Kauf spiele. Der Sanktionsgedanke spiele für die Kaufentscheidung keine Rolle und dürfe sich daher nicht steigernd auswirken.
31Auch der von der Klägerin beanspruchte Lizenzsatz in Höhe von „zumindest 20 %“ liege für den Bereich der Gestaltung von Kinderwagen weitab jeglicher Realität. Angemessen erscheine ein Lizenzsatz von 2,5 %. So habe die Beklagte zu 1) für die Nutzung des Europäischen Patents EP 1 366 968 einen Lizenzsatz in Höhe von 1,9 % gezahlt. Im Rahmen der für die Nutzung dieses Patents geführten Patentverhandlungen habe der Lizenzgeber darauf hingewiesen, dass in der Kinderwagenbranche ein Lizenzsatz in Höhe von 1 % bis 2 % vom Abgabepreis im Handel üblich sei. Auch in der Rechtsprechung lägen Lizenzsätze üblicherweise zwischen 1 % bis höchstens 5 % und lediglich bei der identischen Nachahmung eines Prestige- oder Luxusobjekts bei 12,5 % bis 20 %. Ein Lizenzsatz von 2,5 % werde auch bei Berücksichtigung des Gewinns und der Höchstbelastbarkeitsgrenze bestätigt. Schließlich sei ohnehin nicht der Bruttoumsatz, sondern der Nettoumsatz zur Lizenzberechnung heranzuziehen.
32Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 17.10.2013 (Bl. 378 GA) durch Vernehmung des Zeugen H. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 19.11.2013 (Bl. 423 ff. GA) Bezug genommen.
33Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die tatsächlichen Feststellungen in den nachfolgenden Entscheidungsgründen Bezug genommen.
34Entscheidungsgründe:
35Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Verfahren gegen den Beklagten zu 2) nicht durch die Insolvenz der Beklagten zu 1) unterbrochen. Die Beklagten wurden zwar als Gesamtschuldner in Anspruch genommen, sind dadurch aber keine notwendigen Streitgenossen im Sinne des § 62 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Durch die Erklärung des Beklagten zu 2), die Entscheidung im Verletzungsrechtsstreit für sich als bindend anzuerkennen, wurde lediglich die gerichtliche Feststellung seiner Haftung als Geschäftsführer entbehrlich. Im vorliegenden Höheverfahren war und ist die Entscheidung gegen den Beklagten zu 2) in keiner Weise von der Entscheidung betreffend die Beklagte zu 1) abhängig.
36Das Verfahren gegen den Beklagten zu 2) kann durch Teilurteil, § 301 ZPO, abgeschlossen werden. Zwar darf nach ständiger Rechtsprechung des BGH grundsätzlich ein Teilurteil nur dann ergehen, wenn es von der Entscheidung über den Rest des geltend gemachten prozessualen Anspruchs unabhängig ist, so dass die Gefahr einander widerstreitender Erkenntnisse, auch durch das Rechtsmittelgericht, nicht besteht (BGH, MDR 2002, 1068 m.w.N.). Diese Grundsätze gelten indes nicht, wenn über das Vermögen eines einfachen Streitgenossen das Insolvenzverfahren eröffnet und deshalb das Verfahren insoweit gemäß § 240 ZPO unterbrochen ist. In diesen Fällen hat der BGH trotz der jeweils offen liegenden Gefahr, dass bei Aufnahme des durch die Insolvenz unterbrochenen Verfahrens eine abweichende Entscheidung ergehen könnte, stets die Möglichkeit bejaht, gemäß § 301 ZPO ein Teilurteil zu erlassen. Die Rechtfertigung für diese Ausnahme liegt darin, dass die – in ihrer Dauer nicht absehbare – Unterbrechung des Verfahrens zu einer faktischen Trennung des Rechtsstreits führt und es daher mit dem Anspruch der übrigen Prozessbeteiligten auf einen effektiven Rechtsschutz nicht vereinbar wäre, wenn die Unterbrechung des Verfahrens eine Entscheidung nur deshalb nachhaltig verzögern würde, weil die abstrakte Gefahr einer widersprüchlichen Entscheidung nach einer eventuellen Aufnahme des Verfahrens besteht (BGH, NJW-RR 2003, 1002).
37So liegt der Fall hier. Die beiden Beklagten sind einfache Streitgenossen. Der Insolvenzverwalter hat erklärt, dass er das Passivverfahren nicht aufnehmen wird.
38Die Klage ist überwiegend begründet. Der Klägerin steht gegen den Beklagten zu 2) ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 585.519,60 € nebst Verwendungszinsen und Verzugszinsen und der Feststellungsanspruch zu.
39A.
40Der Anspruch der Klägerin besteht dem Grunde nach. Der Beklagte zu 2) hat die Entscheidung, mit der die Verpflichtung der Beklagten zu 1), gemäß Art. 89 Abs. 1 d) Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung in Verbindung mit § 42 Abs. 2 GeschmMG Schadensersatz zu leisten, festgestellt worden ist, als für sich bindend anerkannt. Die rechtskräftige Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten zu 1) im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 28.09.2011 schließt auch die Modelle mit den geänderten Schiebegriffen ein, so dass der Beklagte zu 2) – wie unstreitig ist – auch insoweit zum Schadensersatz verpflichtet ist.
41B.
42Die Höhe des Schadensersatzanspruchs hat das Gericht, wie von der Klägerin vorrangig beantragt, nach den Grundsätzen des Verletzergewinns ermittelt. Der von der Rechtsprechung im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes entwickelte Anspruch auf den sogenannten Verletzergewinn ist kein Anspruch auf Ersatz des konkret entstandenen Schadens. Vielmehr soll der Verletzte einen billigen Ausgleich dadurch erhalten, dass er so gestellt wird, wie der Geschäftsherr bei der angemaßten Geschäftsführung nach § 687 Abs. 2 BGB. Dabei wird fingiert, dass der Verletzte ohne die Rechtsverletzung unter Ausnutzung der ihm ausschließlich zugewiesenen Rechtsposition in gleicher Weise Gewinn erzielt hätte wie der Verletzer (BGH, GRUR 2007, 431, Rn. 21 – Steckverbindergehäuse; BGH, GRUR 2001, 329, Rn. 24 - Gemeinkostenanteil). Im Geschmacksmusterrecht ist diese Form des Schadensausgleichs in § 42 Abs. 2 Satz 2 GeschmMG ausdrücklich vorgesehen.
43Zur Ermittlung des herauszugebenden Verletzergewinns müssen zunächst die berücksichtigungsfähigen Kosten des Verletzers vom mit den Verletzungsgegenständen erzielten Umsatzerlös abgezogen werden; sodann ist der Anteil des Verletzergewinns zu bestimmen, der auf die Benutzung des fremden Schutzrechts zurückgeht, und dieser an den Verletzten herauszugeben (OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.09.2011, I-2 U 77/09, Rn. 78 – Schräg-Raffstore – zitiert nach juris).
44I.
45Nach den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ist Ausgangspunkt für die Berechnung des Verletzergewinns der Umsatz der Beklagten zu 1) mit den streitgegenständlichen Kinderwagen in den Jahren 2007, 2008 und 2009. Er beträgt unstreitig 4.663.802,00 €.
46II.
47Vom Umsatzerlös müssen die berücksichtigungsfähigen Kosten abgezogen werden. Dabei gilt nach der vom I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in der Entscheidung „Gemeinkostenanteil“ (GRUR 2001, 329) für das Geschmacksmusterrecht aufgestellten Grundsätzen, die später auf andere Gebiete des gewerblichen Rechtsschutz erstreckt wurden, dass Gemeinkosten vom Umsatzerlös nur dann abgezogen werden dürfen, wenn sie den schutzrechtsverletzenden Gegenständen unmittelbar zugeordnet werden können. Von der Verletzungsform unabhängige „Sowieso-Kosten“, die es auch dann gegeben hätte, wenn die Verletzungshandlung nicht begangen worden wäre, sind ebenso wenig abzugsfähig wie die Kosten, die im laufenden Betrieb des Verletzten nicht angefallen wären (BGH, GRUR 2001, 329, Rn. 25 ff. – Gemeinkostenanteil; BGH, GRUR 2007, 431, Rn. 24 ff. – Steckverbindergehäuse; OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.09.2011, I-2 U 77/09, Rn. 78 – Schräg-Raffstore – zitiert nach juris; Thomas Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 5. Aufl. 2011, Rn. 1983 ff.). Zwar ist die Unterscheidung zwischen den berücksichtigungsfähigen und den nicht abzugsfähigen Kosten im Einzelfall schwer zu treffen, allerdings ist sie unerlässlich um dem Ziel Rechnung zu tragen, mit dem Schadensersatz einen billigen Ausgleich der Vermögensnachteile des Verletzen zu bewirken. Da bei der Ermittlung des Verletzergewinns aber ohnehin häufig auf das Mittel der Schätzung (§ 287 ZPO) zurückgegriffen werden muss, sind auch die Schwierigkeiten bei der Feststellung und Zuordnung der Kosten nicht unüberwindbar (BGH, GRUR 2007, 431, Rn. 30 – Steckverbindergehäuse).
48Von diesen Grundsätzen ausgehend gilt im Streitfall für die gewinnmindernd geltend gemachten Kosten das Folgende:
491.
50Die Gutschriften, Rabatte und Skonti sind mit insgesamt 210.000,00 € als abzugsfähige Kosten zu berücksichtigen.
51a.
52Die Höhe der Gutschriften ist mit 48.200,00 € zwischen den Parteien unstreitig.
53b.
54Hinsichtlich der Skonti, die die Beklagten mit 179.813,00 € angeben, und der Boni/WKZ, die sie mit 135.789,49 € angeben, fehlt es an einer nachprüfbaren Darlegung. Die Kammer geht daher vom Schätzbetrag der Klägerin in Höhe von 210.000,00 € einschließlich der Gutschriften aus.
55Die Beklagten haben mit der Anlage PBP 3 eine Liste vorgelegt, in der Boni/WKZ und Skonti angegeben sind, und ihre Richtigkeit unter Zeugenbeweis gestellt. Die Auflistung ist nicht aus sich heraus nachvollziehbar. So ist nicht ersichtlich, bei welchen Kunden und in welchem Umfang in die Skonti weitere Gebühren oder durch Kunden unberechtigt getätigte Abzüge einbezogen sind. Hinsichtlich der Boni/WKZ ist unklar, aufgrund welcher Vereinbarung, die teilweise in den Anlagen PBP 34 und 36 vorgelegt wurden, diese angefallen sein sollen. Insbesondere liegen keine nachvollziehbaren Belege vor, anhand derer die Klägerin und die Kammer die Berechnungen nachvollziehen und prüfen könnten. Die Klägerin hat dies auch in ihrem Schriftsatz vom 22.05.2012, Seite 6 ff. eingehend erläutert und dargestellt, dass die Angaben im Anlagenkonvolut PBP 3 jedenfalls im Einzelfall gerade nicht mit den ergänzend vorgelegten Unterlagen, Anlagen PBP 35 und 36, in Einklang zu bringen sind. Insoweit können auch nicht im Rahmen einer Beweisaufnahme die Positionen mit einer Zeugin durchgegangen werden und erst dann so verständlich erläutert und belegt werden, dass sie für die Klägerin und die Kammer prüfbar sind. Die Kammer hat auf die Unzulänglichkeit der Darlegung im Hinweisbeschluss vom 31.07.2012 hingewiesen. Die Beklagten haben ihren Vortrag lediglich um die mit den Anlagen PBP 48 a) – f) erörterten Beispiele ergänzt und im Übrigen eine weitere Belegvorlage angekündigt. Damit hat sich die Klägerin im Schriftsatz vom 13.11.2012 auseinandergesetzt und die Unzulänglichkeiten aufgezeigt. Eine weitere Belegvorlage ist nicht erfolgt. Soweit sich der Beklagte zu 2) darauf beruft, dass er keinen Zugang zu den Belegen mehr habe, ist nicht ersichtlich, dass er sich darum, wie geboten, bemüht hat. Das Gericht hat am 17.10.2013 erneut darauf hingewiesen, dass der Vortrag nicht nachvollziehbar und die beklagtenseits vorgeschlagene Auswahl von 20 Einzelpositionen durch das Gericht ungeeignet ist.
56Da der Kammer keine geeignete Schätzgrundlage zur Verfügung steht, verbleibt es bei dem durch die Klägerin zugestandenen Betrag.
572.
58Die abzugsfähigen Wareneingangskosten sind mit 2.775.915,23 € zu berücksichtigen.
59a.
60Kosten in Höhe von 14.948 € für Muster sind nicht nachvollziehbar dargelegt. Allein aus dem Umstand, dass die Beklagte zu 1) nicht alle Kinderwagen verkauft hat, ergibt sich nicht, dass sie Kinderwagen in entsprechendem Einkaufswert als Muster kostenlos abgegeben hat.
61Die anteilige Verteilung von Musterkosten in den Jahren 2007 bis 2009 entsprechend der Umsätze ist zur Ermittlung dieser Kosten ungeeignet. So sind üblicherweise zu Beginn des Vertriebs Muster bereitzustellen. Die von den Beklagten nach Umsätzen errechneten Zahlen ergeben aber Musterkosten, die im letzten Jahr um ein Vielfaches höher liegen als in den Vorjahren. Entscheidender wäre eher die Zahl der Kunden, die üblicherweise von der Beklagten zu 1) Muster erhalten haben. Es ist auch nicht nachvollziehbar, dass die Beklagte zu 1) keine Lieferscheine – mit Ausnahme der 16, die die Klägerin in den Anlagen gefunden hat – und keine Korrespondenz vorlegen konnte.
62Zugrundelegen kann die Kammer daher nur die von der Klägerin ermittelte Stückzahl von Kinderwagen, mithin bei einem von der Kammer zugrundegelegten Stückpreis von 42,0807 € – siehe dazu nachfolgend unter 2.b. – einen Betrag von 673,29 €.
63b.
64Die Kosten für den Wareneinkauf sind mit 2.483.561,00 € zu berücksichtigen. Sie ergeben sich daraus, dass die Beklagte zu 1) für 63.072 Kinderwagen insgesamt 2.654.112,00 € ausgegeben hat, also pro Stück 42,0807 €. 59.019 Kinderwagen hat sie verkauft. Diese Angaben haben die Beklagten durch Vorlage der Rechnungen (Anlagen PBP 4) und die Übersicht aller Wareneingangsrechnungen (Anlage PBP 37) belegt. Der Bitte des Gerichts, die Anlagen PBP 4 so zu nummerieren, dass die Rechnungen der Anlage PBP 37 zugeordnet werden können, ist der Beklagte zu 2) zwar nicht vollständig nachgekommen. Allerdings hat er die Anlagen PBP 4 in der Reihenfolge der Anlage PBP 37 eingereicht und so die Belege zumindest nachvollziehbar gemacht. Soweit die Beklagten zunächst Gesamtkosten für den Wareneinkauf nur in Höhe von 2.560.899,00 € angegeben haben, haben sie auf den Hinweis des Gerichts, dass die Abänderung einer Erläuterung bedarf, angegeben, dass bei der Addition der Rechnungen ein Fehler unterlaufen sei. Sie hätten nun erneut die Übersicht aller Wareneingangsrechnungen mit den Einzelrechnungen verglichen und dabei die Angaben bestätigt gefunden. Die Auffassung der Klägerin, dies sei nicht glaubhaft, weshalb an den ursprünglichen Zahlen festgehalten werden müsse, stellt kein substantiiertes Bestreiten dar. Die Klägerin hat nicht etwa angegeben, dass sie zu einem anderen Ergebnis komme, oder dass die Anlagen PBP 4 nach wie vor nicht der Anlage PBP 37 zuzuordnen seien. Eine Prüfung war ihr indes ohne Weiteres möglich. Soweit sie hinsichtlich 13 erst im Rechtsstreit vorgelegter Rechnungen bestreitet, dass darauf gezahlt worden sei, bestehen dafür nach Auffassung der Kammer keine Anhaltspunkte. Die Beklagte zu 1) ist fortlaufend beliefert worden, weshalb auch von der Zahlung auf alle Rechnungen auszugehen ist.
65c.
66Die Lizenzgebühren können bei der Berechnung der Wareneingangskosten übereinstimmend mit 55.478,20 € zugrunde gelegt werden.
67d.
68Die Kosten für die Ersatzteile werden mit 7.244,74 € berücksichtigt. Die Beklagten sind der Behauptung der Klägerin, dass sich unter Zugrundelegung des zutreffenden Umrechnungskurses dieser Betrag ergebe, nicht entgegengetreten.
69e. + f.
70Hinsichtlich der Eingangsfrachten und der Zollkosten haben die Beklagten die Einzelrechnungen (Anlage PBP 7) und eine Aufstellung (Anlage PBP 37) vorgelegt. Wie im Hinblick auf den Wareneinkauf ausgeführt, ist nicht ersichtlich, dass die Beklagten sich an den ursprünglich zu niedrig angegebenen Beträgen festhalten lassen müssen. Vielmehr fehlt es an einem substantiierten Bestreiten seitens der Klägerin.
71Folgt man – wie unter 2. b. ausgeführt – den Beklagten weiterhin dahingehend, dass 63.072 Kinderwagen bezogen wurden, ergeben sich für die unstreitig verkauften 59.019 Kinderwagen Eingangsfrachten von 156.223,00 € und Zollkosten von 72.735,00 € entsprechend der Berechnung der Beklagten.
72g.
73Die Produktentwicklungskosten sind nach Auffassung der Kammer nicht zu berücksichtigen. Insoweit folgt die Kammer der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in der Entscheidung „Steckverbindergehäuse“ (BGH, GRUR 2007, 431, Rn. 34). Für die Nichtberücksichtigung spricht nach Auffassung der Kammer bereits, dass es nicht billig erschiene, wenn der Schutzrechtsinhaber Kosten für die zusätzliche Produktentwicklung des verletzenden Produkts mittragen müsste, indem sie beim Verletzergewinn schmälernd berücksichtigt würden. Überdies sind sie aber nach den oben erörterten Grundsätzen schon deshalb nicht abzugsfähig, weil sie bei der Klägerin nicht entstanden wären (BGH, GRUR 2007, 431, Rn. 34 – Steckverbindergehäuse; OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.09.2011, I-2 U 77/09, Rn. 86 – Schräg-Raffstore – zitiert nach juris; Thomas Kühnen, a.a.O., Rn. 1988 und 2013). Insoweit kommt es auch auf die von Kühnen aufgeworfene Frage nicht an, ob auch die vom Bundesgerichtshof entwickelte Fiktion, dass der Schutzrechtsinhaber einen Betrieb unterhält, angemessen ist (Thomas Kühnen, a.a.O., Rn. 1988), weil die Klägerin tatsächlich einen solchen Betrieb führt und es mithin keiner Fiktion bedarf.
74h.
75Nicht abzuziehen sind des Weiteren die als Kursaufwand geltend gemachten Kosten in Höhe von 2.797,00 €. Zwar sind diese Kosten, worauf das Gericht hingewiesen hat, dem Grunde nach abzugsfähig. Denn es handelt sich um eine für die einzelnen Lieferungen ermittelte Kostenposition und nicht etwa um allgemeine Finanzierungskosten. Die Beklagten haben insoweit nachvollziehbar vorgetragen, dass es sich um die Kosten handele, die daraus resultieren, dass die in USD in Rechnung gestellte eingehende Ware am Tag des Rechnungseingangs zu dem jeweiligen Wechselkurs in Euro eingebucht wird, eine Bezahlung aber erst nach dem Wareneingang im Nennwert der USD-Rechnung erfolgt. Je nach Wechselkursschwankungen ergäben sich daraus Kurs-Verluste oder Kurs-Gewinne.
76Allerdings haben sie ihren Vortrag der Höhe nach nicht substantiiert, sondern lediglich unter Antritt durch Zeugenbeweis angegeben, sie hätten Kurs-Verluste und -Gewinne für jede Eingangsrechnung ermittelt, woraus sich insgesamt ein Betrag von 2.797,00 € ergebe. Dem ist die Klägerin dem Grunde und der Höhe nach entgegen getreten und hat mehrfach darauf hingewiesen, dass es insoweit an Belegen fehle. Insoweit bedurfte es auch keines weiteren Hinweises. Der gerichtliche Hinweis, ein Kursaufwand von 2.797,00 € sei nachvollziehbar, da es sich um eine für die einzelnen Lieferungen ermittelte Kostenposition handele, bezog sich ersichtlich auf die Frage, ob es sich um allgemeine Finanzierungskosten oder abzugsfähige Kosten handelte, nicht aber auf die Frage, ob die Kosten hinreichend belegt seien. Dass die Angaben der Beklagten in keiner Weise prüfbar waren, weil nur die Rechnungen mit einer Kursangabe in Anlage PBP 4 übergeben wurden und auch die Aufstellung in Anlage PBP 37 keine weitere Kursangabe enthält, ist offenkundig.
77i.
78Insgesamt ergeben sich demnach folgende abzugsfähige Wareneingangskosten:
79
Muster |
673,29 |
Wareneinkauf |
2.483.561,00 |
Lizenzgebühren |
55.478,20 |
Ersatzteile |
7.244,74 |
Eingangsfrachten |
156.223,00 |
Zollkosten |
72.735,00 |
Wareneingangskosten |
2.775.915,23 |
3.
81Schließlich sind direkte Einzelkosten in Höhe von 214.087,73 € berücksichtigungsfähig.
82-
83
a.
Die von den Beklagten angegebenen Personalkosten sind nicht abzugsfähig. Nicht abzugsfähig sind die Kosten, die unabhängig vom Umfang des Vertriebes durch die Unterhaltung des Betriebes entstanden sind, weil diese Kosten beim Verletzten, der einen entsprechenden Betrieb unterhält, ebenfalls angefallen wären (BGH, GRUR 2007, 431, Rn. 34 – Steckverbindergehäuse). Personalkosten sind nur dann abzugsfähig, wenn ein Mitarbeiter sich ausschließlich mit der Herstellung oder dem Vertrieb der Verletzungsprodukte befasst und davon auszugehen ist, dass er nicht eingestellt bzw. entlassen oder durch eine Teilzeitkraft ersetzt worden wäre, wenn die Verletzungshandlungen nicht stattgefunden hätten (OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.09.2011, I-2 U 77/09, Rn. 80 ff. – Schräg-Raffstore – zitiert nach juris; Thomas Kühnen, a.a.O., Rn. 1985, 2001 und 2009).
85Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht gegeben. Frau Rahn ist im Juli 2008 als allgemeine Verwaltungskraft eingestellt worden. Sie war nicht nur mit dem Vertrieb der streitgegenständlichen Kinderwagen befasst. Allgemeine Verwaltungskosten sind gerade nicht abzugsfähig. Überdies ist auch nicht ersichtlich, dass sich der Geschäftsanfall durch den Vertrieb der Verletzungsprodukte derart verändert hat, dass allein deshalb die Einstellung einer weiteren Kraft erforderlich geworden wäre. Umsatzanteile haben insoweit keine oder allenfalls indizielle Bedeutung, weil sie wenig über die Anzahl der zu bearbeitenden Geschäftsvorfälle und den dazu erforderlichen Aufwand aussagen. Zu Recht hält auch die Klägerin den Beklagten entgegen, dass Frau Rahn offenbar weiterhin beschäftigt wurde, nachdem der Vertrieb des Verletzungsprodukts eingestellt wurde.
86Entsprechendes gilt auch für die Kosten des Herrn S. Er ist als allgemeiner Vertriebsmitarbeiter nicht produktbezogen eingestellt worden. Vielmehr wurde eine Aufteilung des Vertriebsgebietes vorgenommen. Diese kann auch durch eine generelle Expansion in allen Geschäftsbereichen oder aus anderen Gründen vorgenommen worden sein. Es ist nicht ersichtlich, in welchem Umfang sich die Kundenzahl und die Bestellvorgänge im Verhältnis zur Gesamtkundenzahl bzw. der Gesamtzahl der Bestellvorgänge aufgrund der Verletzungsprodukte verändert haben und dass ein dadurch erhöhter Vertriebsaufwand nicht von den vorhandenen Vertriebsmitarbeitern mit erledigt werden konnte. Auch ist nicht zuzuordnen, in welchem Umfang im Hinblick auf Herrn S entstandene Kosten, Kfz-, Reise- und Lohnfixkosten, auf die Verletzungsprodukte zu beziehen sind.
87Schließlich wurde Herr G nicht für den Lagerbereich der Verletzerprodukte eingestellt. Auf seinen Lohn kann es daher ohnehin nicht ankommen. Aber auch im Hinblick auf etwaige Kosten für Herrn Hammerl fehlt dem Vortrag die Substanz, insbesondere auch jeglicher Vortrag zur Höhe.
88-
89
b.
Die geltend gemachten Raumkosten sind in Höhe von 13.459,00 € abzugsfähig. Insoweit hat die Beweisaufnahme ergeben, dass die Beklagte zu 1) tatsächlich zusätzliche Lagerräume angemietet und nur für die streitgegenständlichen Kinderwagen genutzt hat. So hat der Zeuge H, der in leitender Funktion im Lagerbetrieb der Beklagten zu 1) tätig war, glaubhaft bekundet, dass aufgrund des „Booms“ mit den Kinderwagen „FIT“ und „KISS“, die seit 2007 oder 2008 gekommen seien, die Lagerkapazitäten nicht mehr gereicht hätten. Deshalb habe man von der Fa. SAKU 2008 oder 2009 für ca. 1,5 Jahre ein Lager angemietet. Er habe in der Halle nur die Modelle „FIT“ und „KISS“ gelagert, um diese beieinander zu haben. Damit hat er bestätigt, dass die Halle allein für die Verletzerprodukte angemietet wurde. Die Aussage war auch glaubhaft. Der Zeuge, an dessen Glaubwürdigkeit kein Zweifel besteht, war ersichtlich darum bemüht, die Wahrheit zu sagen. So war er sehr vorsichtig und zurückhaltend mit seinen Schätzungen bezüglich der Größe der Halle und gab erst auf Nachfrage die von ihm geschätzten Maße an. Er räumte auch ein, die genauen Zeitabläufe nicht zu erinnern und weder Kenntnis vom Mietvertrag noch vom Mietpreis zu haben. Umgekehrt schilderte er aber sehr lebensnah, wie zunächst das Lager nicht mehr ausreichte und er dann das neue Lager für die Kinderwagen „FIT“ und „KISS“ nutzte, die er unter Zuhilfenahme eines Gabelstapler nach Farben sortiert dort gut lagern konnte. Dass er zwischen den verschiedenen Modellvarianten der Kinderwagen der Beklagten zu 1), die der Klägervertreter ihm auf Fotos zeigte, nicht differenzierte, vermag die Angaben nicht in Zweifel zu ziehen, da im streitgegenständlichen Zeitraum nur die streitgegenständlichen Modelle vertrieben wurden. Es ist nicht ersichtlich, dass der Vertrieb der Nachfolgemodelle bereits im Jahr 2009 aufgenommen worden wäre.
91Hinsichtlich Zeitraum und Mietpreis besteht kein Anlass, insoweit an der Richtigkeit des vorgelegten Mietvertrages (Anlage PBP 13) zu zweifeln, so dass die geltend gemachten Mietkosten zu berücksichtigen sind.
92-
93
c.
Bei den Verpackungskosten haben sich die Parteien auf einen Betrag von 3.000,00 € als Abzugsposten verständigt.
95-
96
d.
Die Ausgangsfrachten hat der Beklagte zu 2) weiterhin nicht substantiiert vorgetragen. Es ist nicht Aufgabe der Klägerin oder des Gerichts, die Frachtrechnungen gemäß Anlage PBP 67 den Verkaufsvorgängen zuzuordnen, zumal dies auch nicht ohne weitere Angaben möglich ist. Allein der kostenlose Ersatz von Kinderwagen ist belegt durch die Lieferscheine gemäß Anlage PBP 68. 16 Lieferscheine beziehen sich auf Mustersendungen, so dass maximal 90 Einzellieferungen verbleiben.
98Tatsächlich sind die 59.019 Kinderwagen versandt worden. Auch ist ohne Weiteres anzunehmen, dass die Beklagte zu 1) Ersatzteile und reparierte Kinderwagen ausgeliefert hat. Indes hat der Beklagte zu 2) versäumt, durch Zuordnung der Lieferscheine zu den Rechnungen nachvollziehbar darzulegen, welche Kosten entstanden sind. Es wurden auch keine Portorechnungen oder sonstige Buchungsbelege vorgelegt. Dies geht zu Lasten des Beklagten zu 2), weshalb die Kosten nur mit einem Mindestbetrag zu schätzen sind.
99Die Beklagten haben angegeben, dass die Paletten mit 10 bis 20 Kinderwagen gepackt worden seien. Bei einem Preis von 30,00 € für die Versendung in Deutschland ergibt sich dabei ein Mindestpreis von 1,50 € pro Kinderwagen. Diesen Mindestpreis hat die Kammer zugrundegelegt, bei der weiteren Berechnung dann aber zugunsten des Beklagten zu 2) unberücksichtigt gelassen, dass bei größeren Lieferungen mit verschiedenen Produkten möglicherweise keine direkte Zuordnung der Frachtkosten zu den Verletzungsprodukten vorgenommen werden kann (vgl. dazu auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.09.2011, I-2 U 77/09, Rn. 90 – Schräg-Raffstore – zitiert nach juris). Versandt wurden jedenfalls 59.095 Kinderwagen (59.019 Kinderwagen + mindestens 76 kostenlose Ersatzlieferungen), so dass mindestens 88.642,50 € Versandkosten angefallen sind. Hinzu kommen Kosten für die Rücksendungen nach Reparatur, die in Einzelpaketen erfolgt sein dürften, und die Kosten für die Versendung von Ersatzteilen, die das Gericht mit je 4.000 € geschätzt hat. Im Hinblick darauf, dass ein Teil des Versandes ins Ausland erfolgte und die Kammer mit 1,50 € den Mindestpreis als Ausgangspunkt gewählt hat, obwohl ersichtlich in großem Umfang auch Einzelpakete verschickt wurden, hat die Kammer den errechneten Betrag auf 100.000,00 € aufgerundet.
100-
101
e.
Hinsichtlich der Rückfrachten haben die Parteien einen Betrag von 11.000,00 € unstreitig gestellt.
103-
104
f.
Vertriebsprovisionen haben die Beklagten zunächst mit 112.468 € (Anlage PBP 15) und später mit 100.695,00 € (Anlage PBP 42) geltend gemacht. Die Klägerin hat die Kosten bestritten. Es fehlt insoweit an jeder substantiierten Darlegung. Die Beklagten präsentieren auch hier nur fertige Listen und stellen sie unter Zeugenbeweis, ohne dass nachvollziehbar ist, wie die Zahlen ermittelt wurden. Nachdem das Gericht den Beklagten im Hinweisbeschluss vom 13.07.2012 aufgegeben hat, Zahlungsbelege zunächst für die Zeugen S2 und S vollständig vorzulegen, ist dies nur unvollständig geschehen. Zahlungen belegen die vorgelegten Unterlagen nicht. Überdies sind, wie die Klägerin beispielhaft dargelegt hat, Provisionen enthalten, die sich zu einem erheblichen Teil nicht auf die Verletzungsprodukte beziehen. Auch die Angaben zu den Provisionssätzen sind nicht mit den Angaben in der Anlage PBP 42 in Einklang zu bringen. Im Hinblick darauf, dass nach Angaben der Beklagten der Umsatzanteil mit den streitgegenständlichen Kinderwagen im Jahr 2009 bei ca. 33 % und davor noch darunter lag und überdies Provisionssätze ersichtlich nicht zutreffend berechnet sowie etwaige Provisionszahlungen nicht belegt sind, berücksichtigt die Kammer 1/3 der geltend gemachten Provisionskosten, also 33.565,00 €.
106-
107
g.
Hinsichtlich der Coface-Gebühren ist die Kammer zwar der Auffassung, dass diese grundsätzlich zu berücksichtigen sind, da sie konkret für jede Rechnung betreffend die Verletzerprodukte gezahlt wurden. Allerdings hat die Klägerin im Schriftsatz vom 13.11.2012 (Seite 20 oben) gerügt, dass die Beklagten nicht dargelegt haben, wie sie die in der Anlage PBP 16 angegebenen Coface-Gebühren berechnet haben, insbesondere welche Umsatzzahlen zugrunde gelegt worden sind. Die Kammer hat dem Beklagten zu 2) im Beschluss vom 17.10.2013 aufgegeben, unter Belegvorlage weiter vorzutragen. Dies hat er nicht getan. Die Kammer hat deshalb die in der Klageschrift angegebenen, unbestrittenen Umsatzzahlen zugrundegelegt und die Coface-Gebühr wie folgt ermittelt:
109
2007 |
164.468,64 € |
1,2 % |
1.973,62 € |
2008 |
1.670.223,38 € |
1,2 % |
20.042,68 € |
2009 |
2.829.109,98 € |
0,85 % |
24.047,43 € |
gesamt |
46.063,73 € |
Zu den Limitgebühren haben die Beklagten nicht weiter vorgetragen, sondern um Schätzung gebeten. Es ist allerdings nicht ersichtlich, dass nicht festgestellt werden kann, welche Neukunden im hier relevanten Zeitraum gewonnen wurden, und was diese bei der Erstbestellung bestellt haben. Für eine Schätzung fehlt es an einer tragfähigen Grundlage.
111Der Zinsaufwand kann nicht berücksichtigt werden, da es sich um die allgemeinen Finanzierungskosten der Beklagten zu 1) handelt, die den Verletzerprodukten nicht zugeordnet werden können. Zwar ist den Beklagten zuzugeben, dass sie jeweils im Zusammenhang mit dem Verkauf der Finanzierung dienten. Wäre die Beklagte zu 1) allerdings finanzstark gewesen, möglicherweise auch aufgrund langfristiger Kredite, hätte es der Zwischenfinanzierung nicht bedurft. Letztlich handelt es sich um allgemeine Finanzierungskosten.
112-
113
h.
Produktbezogene Marketingkosten haben die Beklagten trotz des entsprechenden Hinweises der Kammer nicht darzulegen vermocht. Die Belege in Anlage PBP 17 nehmen zwar teilweise auf die Bezeichnung „MOON“, nicht aber auf die streitgegenständlichen Kinderwagen Bezug. Hinsichtlich der weiteren Werbungskosten hat die Kammer bereits im Beschluss vom 31.07.2013 darauf hingewiesen, dass nicht ersichtlich ist, dass sie produktbezogen waren und dass sie insbesondere nicht umsatzbezogen geschätzt werden können.
115Da üblicherweise für ein umsatzstarkes Produkt aber auch gewisse produktbezogene Marketingkosten, wie die Erstellung von Abbildungen für Werbung und Kataloge, anfallen, hat die Kammer eine Pauschale von 2.000,00 € berücksichtigt.
116-
117
i.
Schließlich haben die Parteien Reisekosten in Höhe von 5.000,00 € unstreitig gestellt.
119j.
120Nach alledem ergeben sich nachfolgende, abzugsfähige direkte Einzelkosten:
121
Raumkosten |
13.459,00 € |
Verpackungskosten |
3.000,00 € |
Ausgangsfrachten |
100.000,00 € |
Rückfrachten |
11.000,00 € |
Vertriebsprovisionen |
33.565,00 € |
Finanzierungskosten |
46.063,73 € |
Marketing |
2.000,00 € |
Reisekosten |
5.000,00 € |
Direkte Einzelkosten |
214.087,73 € |
4.
123Insgesamt sind gerundet 3.200.003,00 € (210.000,00 € + 2.775.915,23 € + 214.087,73 €) vom Umsatz in Höhe von 4.663.802,00 € abzuziehen, sodass sich ein Verletzergewinn von 1.463.799 € ergibt.
124III.
125Der Schadensersatzanspruch der Klägerin erstreckt sich auf denjenigen Anteil des Verletzergewinns, der auf die Verletzung des Gemeinschaftsgeschmacksmusters der Klägerin zurückzuführen ist. Dieser Anteil ist nach § 287 ZPO in tatrichterlichem Ermessen zu schätzen (BGH, GRUR 2007, 431, Rn. 38 – Steckverbindergehäuse – m.w.N.). Maßgeblich ist insoweit, inwieweit beim Vertrieb der geschmacksmusterverletzenden Produkte die mustergemäße Gestaltung für die Kaufentschlüsse der Abnehmer gewesen sind (BGH, GRUR 1993, 55, Rn. 39 f. – Tchibo/Rolex II; OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.09.2011, I-2 U 77/09, Rn. 108 – Schräg-Raffstore – zitiert nach juris, m.w.N.). Die Kammer schätzt den auf die Verletzung des Gemeinschaftsgeschmacksmusters zurückgehenden Gewinnanteil auf 40 % des Gesamtgewinns. Bei einem Verletzergewinn von 1.463.799,00 € entsprechen 40 % einem Betrag von 585.519,60 €. Dabei hat das Gericht folgende Erwägungen zugrunde gelegt:
126Beim Kauf eines Kinderwagens spielen verschiedene Faktoren eine maßgebliche Rolle, vor allem seine funktionalen Eigenschaften, die äußere Gestaltung und der Preis.
127Die Kammer, deren Mitglieder zum angesprochenen Abnehmerkreis gehören, geht davon aus, dass beim Kauf der Verletzungsprodukte die funktionalen Eigenschaften und die äußere Gestaltung jeweils zu ca. 40 % die Kaufentscheidung beeinflussen, während der Preis einerseits und die sonstigen Faktoren, wie Markenbewusstsein, Schadstofffreiheit etc., andererseits jeweils mit 10 % zu berücksichtigen sind.
128Denn der Käufer eines Kinderwagens trifft zunächst aus der Vielzahl der Kinderwagen die Auswahl unter funktionalen Gesichtspunkten. Das sind auch die Gesichtspunkte, die in besonderem Maß objektivierbar und deshalb Gegenstand der Bewertungskriterien in den zahlreichen von den Beklagten zum Beleg für die hohe Bedeutung der Funktionalität angeführten Tests sind.
129Im funktionalen Bereich ist entscheidend, welche Art von Kinderwagen der Käufer erwerben möchte, also insbesondere, ob er einen herkömmlichen Kinderwagen, der auch Platz für ein liegendes Baby bietet, oder einen faltbaren Buggy für ein sitzendes Kind wünscht. In dieser Phase ist das konkrete Design noch von untergeordneter Bedeutung. Im Bereich der Buggys trifft er dann auf eine vielfältige Auswahl, bei denen sich die technische Funktionalität nur geringfügig unterscheidet. Der Käufer wird im Hinblick auf sein vorrangiges Nutzungsverhalten – in der Stadt oder im Gelände – überlegen, wie viele Räder an dem Kinderwagen sein sollten und in welcher Größe. Er wird prüfen, ob der Faltmechanismus gut und sicher zu bedienen ist, welche Größe der Kinderwagen im gefalteten Zustand hat, ob er standsicher ist, ob der Komfort für das Kind gut ist und welche Accessoires – Einkaufskörbe, Sonnenschutz, etc. – zur Verfügung stehen. Die genaue Ausgestaltung steht dabei weniger im Vordergrund.
130Aus den in Betracht kommenden Kinderwagen wählt der Käufer dann den Kinderwagen mit dem Design, das ihm am meisten zusagt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin mit dem geschmacksmustergemäßen Kinderwagen ein Design geschaffen hat, dass sich deutlich von den vorbekannten Kinderwagen absetzt und einen modernen, sportlich-dynamischen Eindruck vermittelt. Dieses Design haben die Verletzungsprodukte zwar nicht in identischer Nachahmung, indes in einem Maße übernommen, dass der Gesamteindruck übereinstimmt. Die Übernahme des Designs in abgewandelter Form wird ganz maßgeblich zur Kaufentscheidung beitragen. Denn wie die umfangreich mit Geschmacksmustersachen befasste Kammer weiß, nimmt die Bedeutung des Designs auch von Alltagsgegenständen fortlaufend zu. So werden neben der Kleidung und den Autos zunehmend auch Taschen, Mobiltelefone, mitgeführte elektronische Geräte und andere Gebrauchsgegenstände, die man bei sich führt, als Statussymbol verwandt, und der Verwender achtet darauf, ob sie zu ihm und dem Image passen, das er transportieren möchte. Das besondere Design, durch dass sich das Gemeinschaftsgeschmacksmuster der Klägerin von den anderen Gestaltungen – wie gerichtlich entschieden – deutlich absetzt, ist dabei geeignet, die Kaufentscheidung maßgeblich mit zu beeinflussen. Diese Einschätzung wird bestätigt durch den Umstand, dass der nach dem Gemeinschaftsgeschmacksmuster gefertigte Kinderwagen der Klägerin großen Markterfolg hat und dass verschiedene, teilweise marktstarke Wettbewerber das Design aufgegriffen haben, weshalb die Klägerin mehrere Verletzungsverfahren geführt hat. Auch die Beklagten sind nach der ersten Verurteilung nicht etwa von dem streitgegenständlichen Design abgerückt und haben sich mit dem Nachfolgeprodukt deutlich abgesetzt. Vielmehr haben sie sich - wenngleich vielleicht auch, um Entwicklungskosten zu ersparen – weiterhin angelehnt und sich bemüht, nur durch kleinere Änderungen aus dem Schutzbereich zu gelangen.
131Für den Kauf mitentscheidend sind schließlich der Preis sowie andere Faktoren wie Markenbewusstsein, ökologische Aspekte etc.. Hinsichtlich des Preises ist die Berücksichtigung mit einem Anteil vom 10 % an der Kaufentscheidung angemessen. Zwar liegen die Verletzungsprodukte im Preis etwa 1/3 unter dem Preis, zu dem die Klägerin ihre nach dem Gemeinschaftsgeschmacksmuster gestalteten Kinderwagen anbietet. Nicht ersichtlich ist, dass die Preisunterbietung gerade auf ersparten Entwicklungskosten beruht und schon deswegen keine Rolle spielen kann (vgl. dazu OLG Hamburg, GRUR-RR 2009, 136, Rn. 31 f. – Gipürespitze II). Der niedrige Preis wird daher durchaus zur Kaufentscheidung beitragen. Gerade Kinderwagen sind aber einmalige Anschaffungen und wie andere Ausstattungsgegenstände für Kinder keine Anschaffungsgegenstände, bei denen der Käufer typischerweise sparen wird und der Preis entscheidenden Einfluss hat. Vielmehr sind die Abnehmer zumeist gewillt, für die Ausstattung des Kindes ein gut geeignetes oder sogar das aus ihrer Sicht beste Produkt zu erwerben, auch wenn sie – wie von den Beklagten angeführt – mit vielfachen Ausgaben für das Kind belastet sind. Preiserwägungen sind hier eher nachrangig und mit 10 % angemessen berücksichtigt. Auch sonstige Faktoren tragen lediglich zur Kaufentscheidung bei und sind für die Käufer von unterschiedlicher, aber nicht sehr hoher Bedeutung, weshalb sie mit 10 % gleichfalls angemessen berücksichtigt sind. Insbesondere sind die Schulderin und ihre Kennzeichen nicht herausragend bekannt und die Verletzungsprodukte setzen sich auch nicht durch besondere Merkmale vom Marktumfeld ab.
132Der Kausalanteil des Gemeinschaftsgeschmacksmusters der Klägerin vermindert sich auch nicht dadurch, dass die verletzenden Kinderwagen Gebrauch von dem sog. „Beger-Patent“ machen. Zwar kann sich der Kausalanteil eines Schutzrechts durch die Benutzung eines weiteren Schutzrechts vermindern, da auch deren Inhabern ein Anteil am Verletzergewinn zusteht (OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.09.2011, I-2 U 77/09, Rn. 145 – Schräg-Raffstore – zitiert nach juris). Allerdings steht hier fest, dass der Inhaber des „Beger-Patents“ seine Lizenz nur im Hinblick darauf erhält, dass er eine technische Lösung bereitgestellt hat, die bei den Verletzungsprodukten Verwendung gefunden hat. Der Kausalanteil, der auf das Design entfällt, ist daher nicht zu mindern, sondern vielmehr die Lizenz für das „Beger-Patent“ aus den 40 % zu entrichten, die nach Auffassung der Kammer dem Gesichtspunkt der Funktionalität zukommen.
133C.
134Die von der Klägerin hilfsweise herangezogene Berechnungsmethode der Lizenzanalogie, führt im Streitfall nicht zu einem weitergehenden Schadenersatzanspruch der Klägerin, weshalb es bei der Berechnung des Schadensersatzanspruches nach dem Verletzergewinn verbleibt.
135In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass dem Verletzten ein Wahlrecht hinsichtlich der anzuwendenden Berechnungsart zusteht. Stützt sich der Verletzte – wie im Streitfall die Klägerin – im Eventualverhältnis auf beide Berechnungsarten, so ist die günstigere Berechnungsmethode anzuwenden. Der Übergang auf die Berechnungsmethode nach der Lizenzanalogie setzt dann voraus, dass die von der Klägerin in erster Linie zugrunde gelegte Berechnungsmethode nach dem Verletzergewinn einen niedrigeren Schadensersatzbetrag ergibt als die Berechnung nach der entgangenen Lizenz (vgl. BGH, GRUR 1993, 55, Rn. 26 – Tchibo/Rolex II m.w.N.).
136Indes erreicht der sich aus der Anwendung der Lizenzmethode errechnete Schadensersatzanspruch bei Anwendung eines angemessenen Lizenzsatzes im Streitfall nicht den Schadensbetrag, der bei einer Berechnung nach dem Verletzergewinn zu zahlen ist. Üblicherweise wird die fiktive Lizenz bei der Nachahmung von Produkten als Prozentsatz der vom Verletzer erzielten Umsätze berechnet; dies ist auch vom BGH mehrfach gebilligt worden. Teilweise hat der BGH eine Berechnung nach Bruttoumsätzen zugelassen (BGH, GRUR 66, 375, Rn. 19 – Messmer Tee; BGH, GRUR 75, 85, Rn. 26 – Clarissa), teilweise nach Nettoumsätzen (so OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2003, 209, 210 – Meissner Dekor).
137Die Höhe des Lizenzsatzes schätzt die Kammer auf höchstens 12,5 %. Ob er tatsächlich – wie der Beklagte zu 2) meint – noch deutlich darunter anzusetzen ist, bedarf keiner Entscheidung, weil auch bei Zugrundelegung dieses Lizenzsatzes und des Bruttoumsatzes der Beklagten zu 1) in Höhe von 4.663.802,00 €, so wie es die Klägerin für zutreffend hält, die Lizenzgebühr lediglich 582.9725,25 € beträgt und damit unter dem herauszugebenden Verletzergewinn liegt.
138Den Lizenzsatz von 12,5 % hat die Kammer unter Berücksichtigung der nachfolgend wiedergegebenen Gesichtspunkte geschätzt. Es ist nicht ersichtlich, dass es branchenübliche Lizenzsätze gibt, die für eine Schätzung herangezogen werden können. Daher ist entscheidend, was die Parteien vernünftigerweise vereinbart hätten, wenn sie bei Abschluss einer Lizenzvereinbarung zum Zeitpunkt des Beginns der verletzenden Handlungen den künftigen Nutzungsumfang vorausgesehen hätten. Zu berücksichtigen sind insoweit der Verkehrswert des verletzten Ausschlussrechts und die Nähe der Nachbildung (vgl. BGH, GRUR 75, 85, Rn. 28 – Clarissa). Das Gemeinschaftsgeschmacksmuster der Klägerin hat einen erheblichen Wert. Wie gerichtlich festgestellt, hat es einen weiten Schutzumfang und erfasst daher eine Vielzahl von im Gesamteindruck übereinstimmenden Gestaltungen. Es kann noch bis in das Jahr 2028 verlängert werden. Die Klägerin hat mit dem nach ihrem Gemeinschaftsgeschmacksmuster hergestellten Kinderwagen seit 2004 ganz erhebliche Umsätze erzielt. Die Beklagten haben zwar das Gemeinschaftsgeschmacksmuster nicht nahezu identisch nachgeahmt; gleichwohl ist der Gesamteindruck eines Kinderwagens mit einem modernen, sportlich-dynamischen Design übernommen. Die Umsatzerwartung konnte auch deshalb als besonders gut angesehen werden, weil – wie ausgeführt – Kinderwagen wie andere Alltagsgegenstände, die der Verwender mit sich führt, zunehmend unter Designgesichtspunkten angeschafft werden, um ein gewisses Image des Verwenders zu transportieren. Einen Kinderwagen als Prestigeobjekt zu bezeichnen, wie z.B. die Rolex-Uhren, erscheint hingegen zu weitgehend, da ein Kinderwagen – selbst wenn man ihn auch als Statussymbol verwendet – in erster Linie ein notwendiger Gebrauchsgegenstand ist. Gleichwohl ist zu vertreten, dass er sich einem Prestigeobjekt annähert. Es ist deshalb angemessen, den Lizenzsatz allenfalls am unteren Ende der für Prestigeobjekte üblichen Sätze zwischen 12,5 und 20 % anzusetzen (vgl. dazu BGH, GRUR 93, 55, Rn. 31 – Tchibo/Rolex II).
139Dabei ist bereits berücksichtigt, dass es sich lizenzerhöhend auswirkt, dass die Klägerin keinen Einfluss auf die Preisgestaltung der Beklagten zu 1) hatte und der gewöhnliche Lizenznehmer gerade deshalb besonders günstige Konditionen erhält, weil er unaufgefordert und unabhängig von seinen Gewinnen seine Lizenzgebühren zahlt. Lizenzmindernd ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Klägerin ihre Produkte weiterhin verkauft hat, also nicht die Fiktion einer ausschließlichen Lizenz in Betracht kommt.
140Nach alledem ist die Wahl des für Prestigeobjekte an der Obergrenze liegenden Wertes von 20 %, wie ihn die Klägerin für angemessen hält, nicht veranlasst. Als das Ergebnis bestätigende Kontrollüberlegung kann auch – ohne dadurch die Berechnungsmethoden zu vermengen – der Umstand angesehen werden, dass angesichts eines ermittelten Verletzergewinns von ca. 30 % ein Lizenzsatz von höchstens 12,5 % auch angemessen erscheint, da die Parteien des fiktiven Lizenzvertrages keine Lizenz vereinbart hätten, die den Gewinn des Lizenznehmers weitgehend aufgezehrt hätte (vgl. BGH, GRUR 2010, 239, Rn. 49 f. – BTK).
141Es bedurfte insoweit auch nicht der Einholung eines Sachverständigengutachtens. Ein über 12,5 % liegender Lizenzsatz erscheint unter Berücksichtigung der in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze und der tatsächlichen Gegebenheiten des Streitfalls ausgeschlossen.
142D.
143Der Klägerin stehen gemäß § 668 BGB analog Verwendungszinsen wie aus dem Tenor ersichtlich zu. Denn der Verletzer wird als Fremdgeschäftsführer behandelt, der den Verletzergewinn behalten hat und den der Verletzte deshalb nicht gewinnbringend anlegen kann. Die Verletzungshandlungen waren Handelsgeschäfte i.S.d. § 343 HGB. Demnach beträgt der Zinssatz gemäß § 352 HGB 5 % (Thomas Kühnen, a.a.O., Rn 2036). Die Beklagte zu 1) hat die Kinderwagen „FIT“ und „KISS“ vom 10. Dezember 2007 bis zum 10. Dezember 2009 vertrieben. Die Kammer hat unter Berücksichtigung der prozentualen Anteile der Jahresumsätze am Gesamtumsatz die Anteile des Verletzergewinns für die Jahre 2007, 2008 und 2009 berechnet, wie nachfolgend wiedergegeben:
144
Umsatz |
% am Gesamtumsatz |
Verletzergewinn |
|
10.12.-31.12.2007 |
164.468,64 € |
3,5265 % |
20.648,35 € |
01.01.-31.12.2008 |
1.670.223,38 € |
35,8125 % |
209.683,20 € |
01.01.-10.12.2009 |
2.829.109,98 € |
60,6610 % |
355.182,05 € |
gesamt |
4.663.802,00 € |
100,0000 % |
585.519,60 € |
Der Klägerin stehen dann jeweils ab dem Folgejahr Zinsen auf den jeweiligen Anteil am Verletzergewinn zu. Ab dem 01.01.2011 bis zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit am 10.10.2011 sind die Verwendungszinsen auf den gesamten Verletzergewinn zu zahlen (zur Berechnung der Verwendungszinsen vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 04.03.2011, 4 b O 260/09, Oberflächenvorbehandlung m.w.N. – zitiert nach juris).
146Ab Eintritt der Rechtshängigkeit hat die Klägerin einen Anspruch auf Prozesszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus dem herauszugebenden Verletzergewinn in Höhe von 585.519,60 € gemäß §§ 291 i.V.m. 288 Abs. 1 BGB).
147E.
148Die Klägerin hat einen Anspruch auf Ersatz sämtlicher durch die Geschmacksmusterverletzung verursachten Schäden. Die Beklagten haben die von ihnen erteilte Auskunft zu den Verletzungshandlungen zunächst nicht mit der gehörigen Sorgfalt erstellt und vor und während des hiesigen Rechtsstreits mehrfach korrigiert und Belege nachgereicht. So kommt in Betracht, dass insbesondere durch das Nachreichen von Belegen es zu einer Reduktion des Verletzergewinns und mithin des nach der darauf beruhenden Berechnungsmethode ermittelten Schadensersatzanspruches sowie in der Folge zu einer Teilklageabweisung kommt. Da die Klägerin ihren Schaden derzeit noch nicht beziffern kann, hat sie ein Interesse an der Feststellung der Schadensersatzpflicht (§ 256 ZPO).
149F.
150Soweit die Parteien nach Schluss der mündlichen Verhandlung weitere Tatsachen vorgetragen haben, waren diese nicht entscheidungserheblich und geboten daher nicht die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
151G.
152Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Düsseldorf Teilurteil, 27. Feb. 2014 - 14c O 237/11
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BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin, eine in den Niederlanden ansässige Gesellschaft, vertreibt weltweit Babyprodukte. Sie ist Inhaberin des am 3. Juli 2003 angemeldeten und am selben Tag für „Kinderwagen“ eingetragenen sowie am 3. September 2003 bekanntgemachten nachstehend wiedergegebenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters Nr. 000049655-0003: Die Klägerin vertreibt seit dem Jahr 2003 unter der Marke „Quinny“ das
- 2
- nachfolgend dargestellte Kinderwagenmodell „ZAPP“:
- 3
- Vor der Anmeldung des Klagemusters erfolgte die Bekanntgabe der für „Stroller/Poussette d'enfants“ (Kindersportwagen) international registrierten nachstehenden Geschmacksmuster DM/061845, DM/061834 und DM/061846: DM/061845 DM/061834 DM/061846
- 4
- Ebenfalls vor der Anmeldung des Klagemusters wurden die nachstehenden , auszugsweise wiedergegebenen Patent- und Gebrauchsmusteranmeldungen veröffentlicht: Patentanmeldung Internationale Veröffentlichungsnummer WO 99/02389 Figuren 3 und 6 US-Design-Patent 442 895 US-Design-Patent 5 863 061 Figur 3 US-Design-Patent 399 458 Figuren 1 und 2 US-Design-Patent 369 992 Figur 1 Gebrauchsmusteranmeldung DE 20208353 U1 Figuren 1 und 2
- 5
- Die Beklagte, eine in Süddeutschland ansässige GmbH, ist Herstellerin von Babyausstattungen. Sie bietet die im Klageantrag abgebildeten Kinderwagen der Modelle „Fit“ und „Kiss“ an.
- 6
- Die Klägerin hält die Kinderwagen der Modelle „Fit“ und „Kiss“ der Beklagten für unzulässige Nachahmungen ihres Gemeinschaftsgeschmacksmusters. Sie hat die von der Beklagten vertriebenen Kinderwagen zudem als wettbewerbsrechtlich unlautere Nachahmung ihres Modells „ZAPP“ beanstandet.
- 7
- Die Klägerin hat die Beklagte auf Unterlassung und Auskunftserteilung in Anspruch genommen und die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung der Beklagten begehrt.
- 8
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (LG Düsseldorf, Urteil vom 19. Februar 2009 - 14c O 294/08, juris).
- 9
- In der Berufungsinstanz hat die Klägerin beantragt, I. 1. die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen , es zu unterlassen, Kinderwagen, die die nachstehenden Gestaltungsmerkmale aufweisen, im Gebiet der Europäischen Gemeinschaft herzustellen und/oder herstellen zu lassen, anzubieten und/oder anbieten zu lassen, in Verkehr zu bringen oder in Verkehr bringen zu lassen oder zu den vorstehend genannten Zwecken zu besitzen: (1) elliptisch geformter Rahmen aus Aluminiumstangen, dessen Ellipsenform nur im oberen Bereich durch eine horizontal verlaufende Aluminiumstange begrenzt wird; (2) Applikationen aus schwarzem Kunststoff an den Gelenkstellen und am unteren Ende des Rahmens; (3) Griffe aus schwarzem Kunststoff, die die äußeren Streben des Rahmens fortsetzen und nach vorne zeigen; (4) horizontal verlaufende Verbindung der Griffe mit einem schwarzen Kunststoffversatzstück um das sich in der Mitte befindende Gelenk herum; (5) Sitzfläche aus gespanntem Stoff, die den Rahmen ausfüllt und in den Rahmen eingespannt ist; (6) hängemattenartige Form der Sitzfläche, die einstufig in den Stoff eingelassen ist; (7) zwei Räder im hinteren Bereich, die durch Aluminiumstangen pfeilartig mit zwei im Abstand voneinander angeordneten Rädern an der Spitze des Pfeilsegments verbunden sind; wenn diese wie nachfolgend abgebildet gestaltet sind: Modell „Fit“ Modell „Kiss“ 2. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I 1 bezeichneten Handlungen begangen hat und zwar unter Angabe
a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer ;
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und unter Angabe der Namen und Anschriften der Abnehmer;
c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagehöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet;
d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns; 3. die Beklagte zu verurteilen, die im unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder im Eigentum der Beklagten befindlichen Erzeugnisse entsprechend vorstehend Ziffer I 1 an einen von der Klägerin zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben; II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die vorstehend zu Ziffer I 1 bezeichneten Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
- 10
- Das Berufungsgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt (OLG Düsseldorf, WRP 2011, 614).
- 11
- Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
- 12
- Während des Revisionsverfahrens hat die Klägerin den Auskunfts- und Vernichtungsanspruch sowie den Schadensersatzanspruch auf Verletzungshandlungen im Inland beschränkt. Die Beklagte hat der darin liegenden Klagerücknahme zugestimmt.
Entscheidungsgründe:
- 13
- A. Das Berufungsgericht hat den von der Klägerin verfolgten Unterlassungsanspruch nach Art. 10 Abs. 1, Art. 19 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 89 Abs. 1 Buchst. a GGV und die Ansprüche auf Auskunft und Vernichtung gemäß Art. 89 Abs. 1 Buchst. d GGV in Verbindung mit § 43 Abs. 1, § 46 GeschmMG, § 242 BGB sowie den Schadensersatzanspruch nach Art. 89 Abs. 1 Buchst. d GGV in Verbindung mit § 42 Abs. 2 GeschmMG für begründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:
- 14
- Dem Klagemuster komme ein weiter Schutzbereich zu. Der Entwerfer eines Kinderwagens habe nur wenige funktionale Vorgaben zu beachten. Er verfüge deshalb über einen großen Gestaltungsspielraum. Das Klagemuster setze sich erheblich vom vorbekannten Formenschatz ab. Die angegriffenen Kinder- wagenmodelle mit den Bezeichnungen „Kiss“ und „Fit“ erweckten beim informierten Betrachter keinen anderen Gesamteindruck als das Klagemuster. Dem eingetragenen Muster sei die Verwendung bestimmter Materialien nicht zu entnehmen. Der die Materialien umfassende Klageantrag stelle sich danach als eine Einschränkung des Klageanspruchs dar. In den angegriffenen Modellen seien mit Ausnahme der Stützkonstruktion die Merkmale nahezu identisch übernommen worden, die das Klagemuster prägten. Die unterschiedlich gestalteten Stützkonstruktionen seien nicht geeignet, den Gesamteindruck zu ändern. Der Frontbügel, das Dach und die Aufbewahrungstasche der angegriffenen Modelle „Kiss“ und „Fit“ seien Zubehör, das bei der Beurteilung des Gesamteindrucks außer Betracht zu bleiben habe.
- 15
- Der Klägerin stehe dem Grunde nach ein Anspruch auf Schadensersatz zu. Die Beklagte habe das Klagemuster fahrlässig verletzt. Der Auskunftsanspruch folge aus Art. 89 Abs. 1 Buchst. d GGV in Verbindung mit § 46 GeschmMG und § 242 BGB. Die Klägerin könne auch die Herausgabe der im Besitz und Eigentum der Beklagten befindlichen rechtsverletzenden Erzeugnisse beanspruchen. Die Vernichtung sei nicht unverhältnismäßig. Auf die lauterkeitsrechtlichen Ansprüche, die nur hilfsweise geltend gemacht worden seien, komme es nicht an.
- 16
- B. Die Revision hat keinen Erfolg.
- 17
- I. Gegenstand des Rechtsmittels sind die Verurteilung nach dem Klageantrag zu I 1 und - nach teilweiser Klagerücknahme im Revisionsrechtszug - die Verurteilung zur Auskunftserteilung und Herausgabe zur Vernichtung sowie die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung nach den Klageanträgen zu I 2 und 3 sowie zu II für im Inland begangene Rechtsverletzungen. Soweit die Klägerin die Verurteilung nach den Klageanträgen zu I 2 und 3 sowie II für Verlet- zungshandlungen in anderen Mitgliedstaaten begehrt hat, hat sie die Klage wirksam zurückgenommen (§ 269 ZPO).
- 18
- II. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte, die auch unter Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist, folgt aus Art. 82 Abs. 1 GGV. Die Beklagte hat ihren Sitz in Deutschland. Für die internationale Zuständigkeit kommt es nicht darauf an, dass die Beklagte nicht im Zuständigkeitsbereich des Landgerichts Düsseldorf als Gemeinschaftsgeschmacksmustergericht geschäftsansässig ist, sondern im Bezirk des Oberlandesgerichts München, für den das Landgericht München I Gemeinschaftsgeschmacksmustergericht ist. Dies berührt nur die örtliche Zuständigkeit, die der revisionsgerichtlichen Nachprüfung entzogen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 16. März 2010 - VIII ZR 341/09, NJW-RR 2011, 72 Rn. 1).
- 19
- III. Der Klägerin steht gegen die Beklagte der geltend gemachte gemeinschaftsweite Unterlassungsanspruch wegen Verletzung des Gemeinschaftsgeschmacksmusters Nr. 000049655-0003 nach Art. 19 Abs. 1 und Art. 89 Abs. 1 Buchst. a GGV zu.
- 20
- 1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass im vorliegenden Verletzungsverfahren nach Art. 85 Abs. 1 Satz 1 GGV von der Rechtsgültigkeit des eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters und damit vom Vorliegen der Schutzvoraussetzungen (Art. 4 Abs. 1 GGV) der Neuheit (Art. 5 GGV) und der Eigenart (Art. 6 GGV) sowie vom Fehlen von Schutzausschließungsgründen (Art. 8, 9 GGV) auszugehen ist.
- 21
- Im Streitfall besteht auch kein Anlass, das vorliegende Verfahren im Hinblick auf den gegen das Klagemuster gerichteten Antrag auf Nichtigerklärung (Art. 52 GGV) auszusetzen. Die Voraussetzungen des Art. 91 Abs. 1 GGV für eine Aussetzung liegen nicht vor. Die Bestimmung sieht eine Verfahrensaussetzung vor, wenn vor Erhebung einer Klage im Sinne des Art. 81 GGV die Rechtsgültigkeit des Gemeinschaftsgeschmacksmusters bereits aufgrund einer Widerklage vor einem Gemeinschaftsgeschmacksmustergericht angegriffen oder beim Amt bereits ein Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit des eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters gestellt worden ist. Das vorliegende Verfahren betrifft zwar eine Verletzungsklage nach Art. 81 Buchst. a GGV. Der Antrag auf Nichtigerklärung vom 14. Mai 2010 ist aber nach Erhebung der vorliegenden Verletzungsklage gestellt worden.
- 22
- Eine Aussetzung des Verfahrens nach Art. 88 Abs. 3 GGV in Verbindung mit § 148 ZPO kommt ebenfalls nicht in Betracht. Ob ein Verletzungsverfahren im Hinblick auf einen Antrag auf Nichtigerklärung nach § 148 ZPO auszusetzen ist, entscheidet sich anhand der Abwägung der Erfolgsaussichten des Verfahrens auf Nichtigerklärung und der mit der Aussetzung verbundenen Prozessverzögerung (vgl. BGH, Urteil vom 28. August 2003 - I ZR 257/00, BGHZ 156, 112, 119 - Kinder I; Urteil vom 25. Januar 2007 - I ZR 22/04, BGHZ 171, 89 Rn. 17 - Pralinenform I). Der Antrag auf Nichtigerklärung ist erst während des Revisionsverfahrens gestellt worden. Mit der Aussetzung des Verfahrens wäre eine unzumutbare Verfahrensverzögerung verbunden, die die Klägerin in Abwägung mit den Erfolgsaussichten des Verfahrens auf Erklärung der Nichtigkeit nach Art. 52 Abs. 1 GGV im Interesse einer effektiven Rechtsverfolgung nicht hinnehmen muss.
- 23
- 2. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass das Modell „Fit“ das Klagemuster verletzt, weil das angegriffene Muster beim informierten Benutzer keinen anderen Gesamteindruck als das Klagemuster erweckt und daher in dessen Schutzbereich fällt (Art. 10 Abs. 1 GGV).
- 24
- a) Bei der Bestimmung des Schutzumfangs des Klagemusters ist nach Art. 10 Abs. 2 GGV - ebenso wie bei der Beurteilung der Eigenart nach Art. 6 Abs. 2 GGV - der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung seines Geschmacksmusters zu berücksichtigen. Dabei besteht zwischen dem Gestaltungsspielraum des Entwerfers und dem Schutzumfang des Musters eine Wechselwirkung. Eine hohe Musterdichte und damit ein kleiner Gestaltungsspielraum des Entwerfers führen zu einem engen Schutzumfang des Musters mit der Folge, dass bereits geringe Gestaltungsunterschiede beim informierten Benutzer einen anderen Gesamteindruck hervorrufen können. Dagegen führen eine geringe Musterdichte und damit ein großer Gestaltungsspielraum des Entwerfers zu einem weiten Schutzumfang des Musters, so dass selbst größere Gestaltungsunterschiede beim informierten Benutzer möglicherweise keinen anderen Gesamteindruck erwecken (vgl. BGH, Urteil vom 19. Mai 2010 - I ZR 71/08, GRUR 2011, 142 Rn. 17 = WRP 2011, 100 - Untersetzer; KG, ZUM 2005, 230, 231; öOGH, GRUR Int. 2008, 523, 525; vgl. auch Begründung zum Regierungsentwurf des Geschmacksmusterreformgesetzes, BT-Drucks. 15/1075, S. 52 zu § 38 GeschmMG). Der bereits vor Umsetzung der Richtlinie 98/71/EG durch das Geschmacksmusterreformgesetz anerkannte Grundsatz, dass der Schutzumfang eines Geschmacksmusters von dessen Abstand zum vorbekannten Formenschatz abhängt, gilt daher nach wie vor und ist auch für die Bestimmung des Schutzumfangs eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters nach Art. 10 Abs. 2 GGV maßgeblich (vgl. BGH, GRUR 2011, 142 Rn. 17 - Untersetzer ; BGH, Urteil vom 24. März 2011 - I ZR 211/08, GRUR 2011, 1112 Rn. 32 = WRP 2011, 1621 - Schreibgeräte; OLG Frankfurt, GRUR-RR 2009, 16, 18; Koschtial, GRUR Int. 2003, 973, 977; D. Jestaedt, GRUR 2008, 19, 22; vgl. auch EuG, Urteil vom 18. März 2010 - T 9/07, Slg. 2010, II-981 = GRUR Int. 2010, 602 Rn. 72 - Grupo Promer/HABM). Von diesen Maßstäben ist auch das Berufungsgericht ausgegangen und ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass das Klagemuster über einen weiten Schutzumfang verfügt.
- 25
- aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, dass das Klagemuster folgende prägende Merkmale aufweist: (1) elliptisch geformter Rahmen aus metallisch-hellen Stangen, dessen Ellipsenform nur im oberen Bereich durch eine horizontal verlaufende metallischhelle Stange begrenzt wird; (2) Applikationen aus schwarzem Material an den Gelenkstellen und am unteren Rand des Rahmens; (3) Griffe aus schwarzem Material, die die äußeren Streben des Rahmens fortsetzen und nach vorne zeigen; (4) horizontal verlaufende Verbindung der Griffe mit einem schwarzen Versatzstück um das sich in der Mitte befindende Gelenk herum; (5) Sitzfläche aus gespanntem Stoff, die den Rahmen ausfüllt und in den Rahmen eingespannt ist; (6) hängemattenartige Form der Sitzfläche, die einstufig in den Stoff eingelassen ist; (7) zwei Räder im hinteren Bereich, die durch metallisch-helle Stangen pfeilartig mit zwei im Abstand voneinander angeordneten Rädern an der Spitze des Pfeilsegments verbunden sind; (8) zwei metallisch-helle Stangen, die jeweils von den hinteren Rädern zu einem Verbindungsstück unter der Sitzfläche führen, von dem aus ein weiteres Verbindungsrohr zur vorderen Spitze führt; (9) zwei metallisch-helle Stangen, die von dem Mittelgelenk der Seitenstangen gleichfalls zu dem Verbindungsstück führen.
- 26
- bb) Entgegen der Ansicht der Revision ist im Hinblick auf den vorbekannten Formenschatz kein Vergleich der einzelnen das Klagemuster prägenden Elemente mit den einzelnen Merkmalen vorbekannter Modelle vorzunehmen, sondern jeweils der Gesamteindruck des Klagemusters mit jedem Muster aus dem vorbekannten Formenschatz zu vergleichen. Für die Frage, welchen Abstand das Klagemuster vom vorbekannten Formenschatz einhält, kommt es nicht auf einen Vergleich einzelner Merkmale des Klagemusters mit einzelnen Merkmalen vorbekannter Muster an. Maßgeblich ist vielmehr der jeweilige Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Muster, der darüber entscheidet, wie groß die Ähnlichkeit des Klagemusters mit dem vorbekannten Formenschatz ist (vgl. BGH, Urteil vom 22. April 2010 - I ZR 89/08, BGHZ 185, 224 Rn. 33 - Verlängerte Limousinen; BGH, GRUR 2011, 142 Rn. 17 - Untersetzer; Ruhl, Gemeinschaftsgeschmacksmuster, 2. Aufl., Art. 10 Rn. 4; Eichmann in Eichmann/v. Falckenstein, Geschmacksmustergesetz, 4. Aufl., § 38 Rn. 21). Diese Beurteilung hat das Berufungsgericht seiner Prüfung zutreffend zugrunde gelegt.
- 27
- Die - ohnehin weitgehend auf tatrichterlichem Gebiet liegende - Beurteilung des Gesamteindrucks der einzelnen Muster des vorbekannten Formenschatzes durch das Berufungsgericht lässt ebenfalls keinen Rechtsfehler erkennen.
- 28
- (1) Das Berufungsgericht hat angenommen, das Geschmacksmuster DM/061845 der H. GmbH & Co. KG verfüge ebenso wie das Klagemuster über Applikationen aus schwarzem Material. Es weise aber keine elliptische Gestaltung des Rahmens auf; die Stangen des Rahmens liefen nur im unteren Bereich spitz zu. Auch die pfeilartige Fahrwerkkonstruktion des Klagemusters fehle, weshalb das Vergleichsmuster eher den Eindruck eines herkömmlichen Kinderwagens hervorrufe und im Gesamteindruck deutlich vom Klagemuster abweiche.
- 29
- Ohne Erfolg hält die Revision dem entgegen, der untere Teil des Musters DM/061845 sei ellipsenförmig ausgestaltet. Auch wenn die Rahmenstangen des Musters DM/061845 im unteren Teil gebogen - oder wie die Revision geltend macht - ellipsenförmig ausgestaltet sind, ist der Gesamteindruck des in Rede stehenden Musters und des Klagemusters trotz der schwarzen Applikation deutlich verschieden.
- 30
- Das Berufungsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass die weiteren Muster der H. GmbH & Co. KG sich noch weiter vom Klagemuster unterscheiden als das Muster DM/061845, weil das Muster DM/061834 nur ein Vorderrad aufweist und das Muster DM/061846 über eine vierrädrige Anordnung verfügt.
- 31
- (2) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts weisen das Modell „Gecko“ und die Patentanmeldung WO 99/02389 einen deutlich anderen Gesamteindruck als das Klagemuster auf. Die Ellipsenform sei bei den vorbekannten Modellen nicht geschnitten, weil eine horizontal verlaufende Stange im oberen Bereich fehle. Die Fahrwerkskonstruktion unterscheide sich vom Klagemuster durch das klassische vierrädrige Fahrgestell. Die Sitzfläche sei nicht in den Rahmen eingespannt und im Zentrum der Ellipse finde sich eine Sitzschale.
- 32
- Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Die Revision greift sie auch nicht an. Sie meint vielmehr, charakteristisches Element des Modells „Gecko“ sei die Ellipsenform. Auf den von der Revision in diesem Zusammenhang vorgenommenen Vergleich eines einzelnen Elements des Klagemusters mit einem Element des Modells „Gecko“ kommt es aber nicht an.
- 33
- (3) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Gebrauchsmusterschrift DE 202 08 353 U 1 keinen Kinderwagen, sondern nur ein Gestell zeigt, bei dem zwar die Radaufhängung pfeilförmig ausgestaltet ist, dem aber die für das Klagemuster charakteristische Ellipsenform fehlt. Dagegen erinnert die Revision mit Ausnahme eines Hinweises auf Applikationen aus Kunststoff am unteren Ende des Rahmens und an den Gelenkstellen und die pfeilartige Ausgestaltung der Stangen nichts. Die Applikationen ändern aber nichts daran, dass das in der Gebrauchsmusterschrift wiedergegebene Gestell und das Klagemuster sich deutlich unterscheiden. Entsprechendes gilt für die weitere Rüge der Revision. Die pfeilartige Ausgestaltung der zwei Stangen hat das Berufungsgericht berücksichtigt. Die Anordnung doppelter Räder findet sich im Klagemuster nur vorne. Am unterschiedlichen Gesamteindruck ändern diese Merkmale nichts. Auf den von der Revision durchgeführten Vergleich einzelner Merkmale des Klagemusters und des in der Gebrauchsmusterschrift abgebildeten Modells kommt es aus Rechtsgründen nicht an.
- 34
- (4) Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Abbildungen der US-Design-Patentschriften 369 992 und 442 895 keines der charakteristischen Merkmale des Klagemusters wiedergeben. Dagegen wendet sich die Revision nur insoweit, als sie geltend macht, die Patentschrift 369 992 zeige eine hängende Sitzplatzgestaltung. Das trifft zwar zu, ändert aber an dem vom Berufungsgericht angenommenen Ergebnis nichts, nach dem der Rahmen des in der Patentschrift wiedergegebenen Modells anders als beim Klagemuster von der Sitzbespannung verborgen wird.
- 35
- (5) Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Modelle der USDesign -Patentschriften 5863061 und 399 458 gewisse Ähnlichkeiten mit dem Klagemuster im Hinblick auf die Griffgestaltung aufweisen, im Übrigen aber völlig anders gestaltet sind. Auch diese tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Daran ändert auch die Rüge der Revision nichts, das Berufungsgericht habe bei den Abbildungen in den Patentschriften die horizontal verlaufende Verbindung der Griffe außer Acht gelassen. Die Revision zeigt schon nicht auf, dass die Beklagte in den Tatsacheninstanzen eine entsprechende Übereinstimmung geltend gemacht hat. Im Übrigen ändert dieses Merkmal an dem Ergebnis der Beurteilung des Berufungsgerichts nichts. Entgegen der Ansicht der Revision bestehen bei dem in der Patentschrift 399 458 wiedergegebenen Modell auch keine Übereinstimmungen mit dem Klagemuster in der Sitzgestaltung.
- 36
- (6) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts , der Entwerfer von Kinderwagen verfüge über einen großen Gestaltungsspielraum , weil er nur wenige Vorgaben beachten müsse. Auf den gegenteiligen Vortrag der Beklagten in den Instanzen brauchte das Berufungsgericht nicht weiter einzugehen. Er erschöpft sich in der allgemeinen Darstellung, bei Kinderwagen seien zahlreiche technische und sicherheitsrelevante Vorgaben zu berücksichtigen, ohne dass die Beklagte angeführt hat, dass und in welchem Umfang dadurch der Gestaltungsspielraum des Entwerfers eingeengt wird.
- 37
- b) Das Berufungsgericht hat angenommen, beim Modell „Fit“ der Beklagten seien die Merkmale (1) bis (7) des Klagemusters nahezu identisch übernommen worden. Der Rahmen weise die gleiche durch die obere Stange (Merkmal 4) geschnittene Ellipsenform (Merkmal 1) des Klagemusters auf. Ebenso finde sich die Form der geschnittenen Ellipse bei der Fahrwerkgestaltung (Merkmal 7) wieder. Der Rahmen werde ebenfalls durch zwei schwarze Griffe begrenzt, die nach vorne zeigten (Merkmal 3). Die Griffe würden beim Modell „Fit“ der Beklagten anders als beim Klagemuster nach oben hin breiter. Dies beeinflusse den Gesamteindruck des Klagemusters aber nicht wesentlich. Das angegriffene Modell übernehme weiter die Merkmale (5) und (6) des Klagemusters. Der Stoff der Sitzbespannung sei in den Rahmen eingespannt; bei beiden Mustern bleibe der Rahmen dadurch vollständig sichtbar. Die unterschiedliche Spannung des Stoffs - beim Klagemuster sei der Stoff straff gespannt und beim Modell „Fit“ der Beklagten eher locker gehalten - präge den Gesamteindruck weniger als der sichtbare Rahmen. Weniger bedeutungsvoll für den Gesamteindruck seien die Unterschiede zwischen dem Klagemuster und dem Modell der Beklagten bei der Stufengestaltung. Das Klagemuster zeige nur eine Stufe, während das Modell „Fit“ eine weitere Stufe für die Füße aufweise. Die Merkmale (8) und (9) der Stützkonstruktion des Klagemusters fänden sich nicht in gleicher Weise beim angegriffenen Modell „Fit“. Die Unterschiede seien indessen nicht geeignet, den Gesamteindruck zu ändern. Der informierte Benutzer werde die Stützkonstruktion als eher technisch bedingt ansehen. Bei dem Vergleich mit dem Klagemuster hätten beim angegriffenen Modell „Fit“ der Frontbügel, das Dach und die Aufbewahrungstasche außer Betracht zu bleiben. Diese Teile würden bei der Auslieferung nur mitgeliefert. Sie müssten vom Benutzer des Kinderwagens noch montiert werden. Es handele sich um Zubehör, das der informierte Betrachter bei der Beurteilung des Gesamteindrucks außer Betracht lasse. Die Übernahme des in Form einer geschnittenen Ellipse gestalteten Rahmens und Fahrwerks sowie der eingespannte Stoff, der den Rahmen sichtbar lasse, wirke sich auf den Gesamteindruck besonders aus, weil sich das Klagemuster gerade durch diese Merkmale vom vorbekannten Formenschatz abhebe.
- 38
- Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat den Gesamteindruck des Klagemusters und des angegriffenen Musters rechtsfehlerfrei bestimmt.
- 39
- aa) Entgegen der Rüge der Revision sind die Merkmale (1) bis (7) des Klagemusters für dessen Gesamteindruck ebenfalls prägend. Sie sind in ihrem Zusammenwirken nicht vorbekannt und dem informierten Benutzer deshalb auch nicht geläufig (dazu Rn. 26 bis 36). Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass diese Merkmale bestimmend für den Gesamteindruck des Klagemusters sind und sich in nahezu identischer Form auch in dem angegriffenen Modell „Fit“ der Beklagten wiederfinden.
- 40
- bb) Die Revision rügt, das Berufungsgericht sei bei seiner Beurteilung von einem falschen Maßstab ausgegangen. Es hätte berücksichtigen müssen, dass der informierte Benutzer bei teuren Erzeugnissen und solchen, die äußer- lich sichtbar benutzt werden und mit denen er ständig konfrontiert werde, eine größere Aufmerksamkeit walten lasse.
- 41
- Auch mit diesem Vorbringen dringt die Revision nicht durch. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, dass auf dem Produktsektor der Kinderwagen der informierte Benutzer ein gegenüber anderen Gegenständen gesteigertes Interesse am Produktdesign hat. Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang auch keinen Vortrag der Beklagten übergangen. Der von der Revision in Bezug genommene Vortrag lässt keinen Rückschluss auf ein in diesem Sinn gesteigertes Interesse des informierten Benutzers am Produktdesign von Kinderwagen zu, so dass vorliegend von den allgemeinen Maßstäben auszugehen ist, die für den Grad der Aufmerksamkeit des informierten Benutzers gelten (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 20. November 2011 - C-281/10, GRUR Int. 2012, 43 Rn. 59 - PepsiCo.).
- 42
- cc) Die Revision macht vergeblich geltend, das Berufungsgericht sei nur von den übereinstimmenden Merkmalen ausgegangen und habe Gewicht und Umfang der Unterschiede zu Unrecht außer Betracht gelassen. Es habe auch die Merkmale, die einen besonderen Abstand zum Formenschatz aufwiesen, nicht gewichtet. Das betreffe die Stützkonstruktion und die vordere Radaufhängung.
- 43
- (1) Anders als die Revision meint, hat das Berufungsgericht die übereinstimmenden Merkmale in ihrer Bedeutung für die Frage, ob das angegriffene Modell „Fit“ der Beklagten keinen anderen Gesamteindruck hervorruft, näher gewichtet. In die Beurteilung hat das Berufungsgericht auch die Unterschiede zwischen den Mustern und die Bedeutung dieser Unterschiede für die Frage einbezogen, ob dadurch ein vom Klagemuster abweichender Gesamteindruck erweckt wird.
- 44
- (2) Die Ausführungen, aufgrund deren das Berufungsgericht angenommen hat, das angegriffene Muster der Beklagten rufe keinen anderen Gesamteindruck als das Klagemuster hervor, halten auch im Übrigen der rechtlichen Nachprüfung stand.
- 45
- Die Feststellung des übereinstimmenden Gesamteindrucks der sich gegenüberstehenden Muster liegt im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet. In der Revisionsinstanz ist nur zu prüfen, ob der Tatrichter einen zutreffenden Rechtsbegriff zugrunde gelegt, nicht gegen Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstoßen und keine wesentlichen Umstände unberücksichtigt gelassen hat.
- 46
- Ohne Erfolg macht die Revision in diesem Zusammenhang geltend, das Berufungsgericht habe die Unterschiede zwischen den Mustern nicht zutreffend erfasst. Der in der Form der geschnittenen Ellipse gestaltete Rahmen des Klagemusters sei nicht identisch übernommen. Der optische Eindruck der Ellipse werde beim angegriffenen Muster dadurch eingeschränkt, dass der Stoff mit der Fußstufe ende und dort die nach vorne gewölbte Kunststoffapplikation beginne. Die Aluminiumstangen des Rahmens seien beim Verletzungsmuster nicht wie beim Klagemuster kreisrund, sondern oval gehalten. Die schwarzen Kunststoffapplikationen an den Gelenkstangen und an der Spitze des Wagens hätten aufgrund ihrer Vorbekanntheit nur ein geringes Gewicht bei der Beurteilung des Gesamteindrucks. Die Kunststoffapplikationen des angegriffenen Musters und des Klagemusters unterschieden sich. Die Griffgestaltung sei üblich. Die horizontal verlaufenden Streben mit dem Faltmechanismus gehörten zum vorbekannten Formenschatz. Die Gestaltung der Sitzflächen des Klagemusters und des angegriffenen Musters sei unterschiedlich. Der verschiedenen Zahl der Stufen der Muster komme entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts Bedeutung für den Gesamteindruck zu. Die pfeilförmige Gestaltung der unteren Streben gehöre zum vorbekannten Formenschatz. Der unterschiedlichen Ausformung der Muster unterhalb des Sitzes komme erhebliches Gewicht für die Bestimmung des Gesamteindrucks zu.
- 47
- Mit dieser von der Beurteilung des Berufungsgerichts abweichenden Würdigung und Gewichtung einzelner Merkmale des Klagemusters und des angegriffenen Modells „Fit“ der Beklagten zeigt die Revision keinen Rechtsfehler des Berufungsgerichts auf. Sie setzt vielmehr in unzulässiger Weise ihre eigene Auffassung an die Stelle derjenigen des Tatrichters.
- 48
- (3) Ohne Erfolg bleiben auch die Angriffe der Revision dagegen, dass das Berufungsgericht in die Beurteilung des Gesamteindrucks des angegriffenen Musters nicht den Frontbügel, das Dach und die Aufbewahrungstasche einbezogen hat. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass diese Teile Zubehör sind, dessen Montage im Belieben des Benutzers steht. Sie haben außer Betracht zu bleiben, wenn die Klägerin ein Verbot der Verletzungsform ohne die Zubehörteile verfolgt, wie dies vorliegend der Fall ist. Entgegen der Ansicht der Revision verfehlt der Unterlassungsantrag danach auch nicht die konkrete Verletzungsform.
- 49
- c) Der Klägerin steht danach ein unionsweiter Unterlassungsanspruch zu. Dies folgt aus Art. 1 Abs. 3 Satz 1 und 2 GGV, nach dem das Gemeinschaftsgeschmacksmuster einheitlich ist und sich in den Wirkungen auf die gesamte Gemeinschaft erstreckt. Eine Verletzungshandlung, die in einem Mitgliedstaat begangen wird, begründet in der Regel eine Begehungsgefahr für das gesamte Gebiet der Europäischen Union (vgl. BGHZ 185, 224 Rn. 56 - Verlängerte Limousinen, mwN).
- 50
- Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Unterlassungsanspruch auch das Herstellen und Herstellenlassen des Modells „Fit“ der Beklagten umfasst. Nach Art. 19 Abs. 1 GGV gewährt das eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster seinem Inhaber das ausschließliche Recht, es durch Herstellung, Anbieten, Inverkehrbringen, Einfuhr oder Ausfuhr eines Erzeugnisses zu benutzen.
- 51
- Das Berufungsgericht hat eine Begehungsgefahr für ein Herstellen oder Herstellenlassen des angegriffenen Musters in dem Gebiet der Europäischen Union zwar nicht festgestellt. Dies ist jedoch unschädlich, weil der Senat aufgrund des unstreitigen Parteivorbringens das Vorliegen einer Begehungsgefahr bejahen kann.
- 52
- Die Beklagte ist kein reines Handelsunternehmen, sondern selbst Herstellerin von Babyausstattungen. Sie hat zwar bestritten, die streitbefangenen Erzeugnisse selbst herzustellen oder in der Europäischen Union herstellen zu lassen. Dass sie die Erzeugnisse außerhalb des Gebiets der Europäischen Union herstellen lässt, hat sie aber nicht in Abrede gestellt. Da die Frage des Produktionsstandorts oder einer Eigen- oder Auftragsfertigung bei einem produzierenden Unternehmen in erster Linie eine Kostenfrage ist, die sich fortlaufend ändern kann, ist vorliegend auch von einer Begehungsgefahr für ein Herstellen oder Herstellenlassen innerhalb der Europäischen Union durch die Klägerin auszugehen.
- 53
- 3. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass auch das angegriffene Muster „Kiss“ das Klagemuster verletzt, weil es beim informierten Benutzer keinen anderen Gesamteindruck erweckt (Art. 10 Abs. 1 GGV). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts unterscheidet sich das Modell „Kiss“ allein dadurch von dem Modell „Fit“, dass die beiden Vorderräder etwas weiter auseinanderstehen. Dieser Unterschied rechtfertigt keine andere Beurteilung des mit dem Klagemuster übereinstimmenden Gesamteindrucks als beim Mo- dell „Fit“ der Beklagten. Insoweit gelten die vorstehenden Erwägungen entsprechend (Rn. 23 bis 51).
- 54
- IV. Der Klägerin steht der begehrte Schadensersatzanspruch nach Art. 89 Abs. 1 Buchst. d GGV in Verbindung mit § 42 Abs. 2 GeschmMG analog zu, soweit er auf im Inland begangenen Verletzungshandlungen beruht. Entsprechendes gilt für den Auskunfts- und den Vernichtungsanspruch.
- 55
- 1. Die Beurteilung der Schadensersatzansprüche der im Inland begangenen Verletzungen der Klagemuster richtet sich nach deutschem Recht.
- 56
- Gemäß Art. 89 Abs. 1 Buchst. d GGV bestimmen sich andere als die in Art. 89 Abs. 1 Buchst. a bis c GGV angeführten Anordnungen im Falle einer bereits erfolgten oder drohenden Verletzung eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters nach der Rechtsordnung des Mitgliedstaats einschließlich seines Internationalen Privatrechts, in dem die Verletzungshandlungen begangen sind oder drohen. Zu der Anordnung von Sanktionen nach Art. 89 Abs. 1 Buchst. d GGV zählen Schadensersatzansprüche. Aufgrund der Verweisung in Art. 89 Abs. 1 Buchst. d GGV ist danach deutsches Internationales Privatrecht für die Frage maßgeblich, welches Recht auf Schadensersatzansprüche anzuwenden ist, die auf Verletzungshandlungen beruhen, die in Deutschland begangen sind (vgl. BGHZ 185, 224 Rn. 59 - Verlängerte Limousinen).
- 57
- Nach dem Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom-II-VO) am 11. Januar 2009 ist gemäß ihrem Art. 8 Abs. 2 bei außervertraglichen Schuldverhältnissen aus einer Verletzung von gemeinschaftsweit einheitlichen Rechten des geistigen Eigentums auf Fragen, die nicht unter den einschlägigen Rechtsakt der Gemeinschaft - hier die Gemeinschaftsgeschmacksmusterver- ordnung - fallen, das Recht des Staates anzuwenden, in dem die Verletzung begangen wurde. Maßgeblich für die in Deutschland begangenen Rechtsverletzungen ist danach deutsches Recht.
- 58
- Für den Zeitraum vor Inkrafttreten der Rom-II-VO gilt nichts anderes, weil sich die Ansprüche im Fall der Verletzung gewerblicher Schutzrechte auch zuvor nach dem Recht des Schutzlandes richteten, das heißt nach dem Recht desjenigen Staates, für dessen Gebiet der Immaterialgüterschutz in Anspruch genommen wird (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2007 - I ZR 42/04, GRUR 2007, 691 Rn. 22 = WRP 2007, 996 - Staatsgeschenk).
- 59
- Die Klägerin kann dem Grunde nach in entsprechender Anwendung des § 42 Abs. 2 GeschmMG Schadensersatz aufgrund von Rechtsverletzungen, die im Inland begangen sind, beanspruchen (vgl. BGHZ 185, 224 Rn. 62 - Verlängerte Limousinen).
- 60
- Nach Ansicht des Berufungsgerichts hat die Beklagte die Klagemuster der Klägerin zumindest fahrlässig verletzt. Das lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
- 61
- 2. Der Auskunfts- und der Vernichtungsanspruch nach Art. 89 Abs. 1 Buchst. d GGV in Verbindung mit § 43 Abs. 1 und § 46 Abs. 1 GeschmMG, § 242 BGB sind ebenfalls begründet, soweit sie auf Verletzungshandlungen bezogen sind, die im Inland begangen sind. Insoweit gelten die vorstehenden Erwägungen zum Schadensersatzanspruch entsprechend (Rn. 54 bis 59).
- 62
- V. Ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht geboten, weil sich im Streitfall keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen zur Auslegung des Unionsrechts stellen, die eine Vorlage erfordern. Die Gesamtwürdigung und Gewichtung der relevanten Umstände im konkreten Einzelfall ist Sache der nationalen Gerichte (EuGH, Urteil vom 16. November 2004 - C-245/02, Slg. 2004, I-10989 = GRUR 2005, 153 Rn. 84 - Anheuser Busch).
Kirchhoff Löffler
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 19.02.2009 - 14c O 294/08 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 30.12.2009 - I-20 U 46/09 -
Durch den Verwahrungsvertrag wird der Verwahrer verpflichtet, eine ihm von dem Hinterleger übergebene bewegliche Sache aufzubewahren.
Erweist sich die Anordnung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung als von Anfang an ungerechtfertigt oder wird die angeordnete Maßregel auf Grund des § 926 Abs. 2 oder des § 942 Abs. 3 aufgehoben, so ist die Partei, welche die Anordnung erwirkt hat, verpflichtet, dem Gegner den Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Vollziehung der angeordneten Maßregel oder dadurch entsteht, dass er Sicherheit leistet, um die Vollziehung abzuwenden oder die Aufhebung der Maßregel zu erwirken.
Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.
(1) Kann das streitige Rechtsverhältnis allen Streitgenossen gegenüber nur einheitlich festgestellt werden oder ist die Streitgenossenschaft aus einem sonstigen Grund eine notwendige, so werden, wenn ein Termin oder eine Frist nur von einzelnen Streitgenossen versäumt wird, die säumigen Streitgenossen als durch die nicht säumigen vertreten angesehen.
(2) Die säumigen Streitgenossen sind auch in dem späteren Verfahren zuzuziehen.
(1) Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder ist nur ein Teil eines Anspruchs oder bei erhobener Widerklage nur die Klage oder die Widerklage zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil (Teilurteil) zu erlassen. Über einen Teil eines einheitlichen Anspruchs, der nach Grund und Höhe streitig ist, kann durch Teilurteil nur entschieden werden, wenn zugleich ein Grundurteil über den restlichen Teil des Anspruchs ergeht.
(2) Der Erlass eines Teilurteils kann unterbleiben, wenn es das Gericht nach Lage der Sache nicht für angemessen erachtet.
Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.
(1) Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder ist nur ein Teil eines Anspruchs oder bei erhobener Widerklage nur die Klage oder die Widerklage zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil (Teilurteil) zu erlassen. Über einen Teil eines einheitlichen Anspruchs, der nach Grund und Höhe streitig ist, kann durch Teilurteil nur entschieden werden, wenn zugleich ein Grundurteil über den restlichen Teil des Anspruchs ergeht.
(2) Der Erlass eines Teilurteils kann unterbleiben, wenn es das Gericht nach Lage der Sache nicht für angemessen erachtet.
(1) Die Vorschriften der §§ 677 bis 686 finden keine Anwendung, wenn jemand ein fremdes Geschäft in der Meinung besorgt, dass es sein eigenes sei.
(2) Behandelt jemand ein fremdes Geschäft als sein eigenes, obwohl er weiß, dass er nicht dazu berechtigt ist, so kann der Geschäftsherr die sich aus den §§ 677, 678, 681, 682 ergebenden Ansprüche geltend machen. Macht er sie geltend, so ist er dem Geschäftsführer nach § 684 Satz 1 verpflichtet.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
Verwendet der Beauftragte Geld für sich, das er dem Auftraggeber herauszugeben oder für ihn zu verwenden hat, so ist er verpflichtet, es von der Zeit der Verwendung an zu verzinsen.
(1) Die Höhe der gesetzlichen Zinsen, mit Ausnahme der Verzugszinsen, ist bei beiderseitigen Handelsgeschäften fünf vom Hundert für das Jahr. Das gleiche gilt, wenn für eine Schuld aus einem solchen Handelsgeschäfte Zinsen ohne Bestimmung des Zinsfußes versprochen sind.
(2) Ist in diesem Gesetzbuche die Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen ohne Bestimmung der Höhe ausgesprochen, so sind darunter Zinsen zu fünf vom Hundert für das Jahr zu verstehen.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.