Landgericht Dortmund Urteil, 25. Sept. 2015 - 3 O 66/15
Gericht
Tenor
1.
Die Klage wird abgewiesen.
2.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits nach einem Streitwert von bis zu 230.000,00 € bis zum 31.03.2015 und von bis zu 95.000,00 € seitdem.
3.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin verlangt mit der vorliegenden Klage die Rückabwicklung zweier Verbraucherdarlehensverträge nach erklärtem Widerruf.
3Am 09.09./11.09.2008 schlossen die Klägerin, seinerzeit noch unter ihrem Geburtsnamen H, und ihr späterer (und zwischenzeitlich geschiedener) Ehemann L2 mit der Beklagten einen Wohnungsbaudarlehensvertrag über einen Nettokreditbetrag von 159.000,00 €; der Darlehensbetrag wurde durch eine Buchgrundschuld in Höhe von 219.000,00 € auf dem Finanzierungsobjekt C-Straße 69 in X, einem Einfamilienhaus, gesichert (im Folgenden: Hauptdarlehensvertrag, Einzelheiten: Anlage K1 = Bl. 7-23 d.A.). Daneben schlossen die Darlehensnehmer mit der Beklagten einen weiteren Darlehensvertrag aus einer L-Förderung über einen Nettokreditbetrag von 60.000,00 € (im Folgenden: L-Darlehensvertrag, Einzelheiten: Anlage K2 = Bl. 24-26 d.A.).
4Beide Verträge enthielten in jeweils separater Anlage eine Widerrufsbelehrung.
5Die Widerrufsbelehrung zum Hauptdarlehensvertrag ist inhaltlich und optisch wie folgt gestaltet (Bl. 12 f. d.A.):
6Hier folgt eine Widerrufsbelehrung.
7Die Widerrufsbelehrung zum L-Darlehensvertrag ist inhaltlich und optisch wie folgt gestaltet (Bl. 25 f. d.A.):
8Hier folgt eine Widerrufsbelehrung.
9Im Juni 2013 beantragten die Klägerin und ihr Ehemann nach Scheidung die Entlassung des Ehemanns aus der Schuldhaft.
10Mit Schreiben an die Beklagte vom 23.06.2014 (Anlage K3 = Bl. 27 d.A.) widerrief die Klägerin (nicht auch zugleich ihr Ehemann) den Hauptdarlehensvertrag. Mit anwaltlichem Schreiben an die Beklagte vom 06.11.2014 wiederholte sie die Widerrufserklärung, und zwar nunmehr ausdrücklich bezogen auf den Hauptdarlehensvertrag „nebst eingeschlossener Mittel aus einer L-Förderung“ (Anlage K5 = Bl. 30-33 d.A.).
11Die Klägerin ist der Ansicht, dass die von der Beklagten verwendeten Widerrufsbelehrungen nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprächen, weshalb der Lauf der Widerrufsfristen nicht in Gang gesetzt worden sei.
12Ursprünglich – mit der Klageschrift vom 04.02.2015 – hat die Klägerin die Feststellung beantragt, dass sie ihre Vertragserklärungen zum Abschluss des Haupt- und des L-Darlehensvertrages wirksam widerrufen hat. Auf entsprechenden Hinweis des Gerichts mit Verfügung vom 25.02.2015 (Bl. 36 d.A.) hat die Klägerin die Klage mit Schriftsatz vom 30.03.2015 dahingehend umgestellt, dass sie die Beklagte nunmehr auf Rückzahlung erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen Zug um Zug gegen Rückgewähr der Nettokreditbeträge in Anspruch nimmt; mit späterem Schriftsatz (vom 28.05.2015) hat sie den Zahlungsbetrag aus dem Schriftsatz vom 30.03.2015 um 3.461,44 € auf 81.755,70 € reduziert. Daneben begehrt sie die Feststellung, dass der Beklagten aus den Darlehensverträgen keine Ansprüche mehr gegen die Klägerin zustehen. Schließlich verlangt sie die Bezahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
13Nach entsprechender Teilklagerücknahme hinsichtlich des nachfolgenden Klageantrags zu Ziff. 1. beantragt die Klägerin nunmehr:
14- 15
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 81.755,70 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 321,56 € seit dem 05.01.2009 sowie aus weiteren 672,22 € seit dem 02.02.2009 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 02.03.2009 sowie aus weiteren 1.560,90 € seit dem 31.03.2009 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 30.04.2009 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 01.06.2009 sowie aus weiteren 1.560,90 € seit dem 30.06.2009 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 31.07.2009 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 31.08.2009 sowie aus weiteren 1.560,90 € seit dem 30.09.2009 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 02.11.2009 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 30.11.2009 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 30.12.2009 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 01.02.2010 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 01.03.2010 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 31.03.2010 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 30.04.2010 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 31.05.2010 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 30.06.2010 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 02.08.2010 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 31.08.2010 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 30.09.2010 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 01.11.2010 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 30.11.2010 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 30.12.2010 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 31.01.2011 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 28.02.2011 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 31.03.2011 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 02.05.2011 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem31.05.2011 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 30.06.2011 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 01.08.2011 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 31.08.2011 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 30.09.2011 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 31.10.2011 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 30.11.2011 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 30.12.2011 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 31.01.2012 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 29.02.2012 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 02.04.2012 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 30.04.2012 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 31.05.2012 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 02.07.2012 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 31.07.2012 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 31.08.2012 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 01.10.2012 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 31.10.2012 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 30.11.2012 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 02.01.2013 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 31.01.2013 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 28.02.2013 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 01.04.2013 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 30.04.2013 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 31.05.2013 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 01.07.2013 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 31.07.2013 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 02.09.2013 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 30.09.2013 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 31.10.2013 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 02.12.2013 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 30.12.2013 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 31.01.2014 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 28.02.2014 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 31.03.2014 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 30.04.2014 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 02.06.2014 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 30.06.2014 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 31.07.2014 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 01.09.2014 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 30.09.2014 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 31.10.2014 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 01.12.2014 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 30.12.2014 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 02.02.2015 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 02.03.2015 Zug um Zug gegen Zahlung von 219.000,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5,12 Prozentpunkten aus 144.000,00 € vom 02.01.2009 bis zum 23.06.2014 sowie weiteren 15.000,00 € vom 09.01.2009 bis zum 23.06.2014 sowie 5,0 Prozentpunkten aus 60.000,00 € vom 02.01.2009 bis zum 23.06.2014 sowie 2,5 Prozentpunkten aus 219.000,00 seit dem 24.06.2014 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass der Beklagten gegen die Klägerin aus dem Darlehensvertrag zu der Hauptdarlehensnummer ########## sowie dem L-Darlehensvertrag zur Konto-Nr. ########## (Hauptdarlehensnummer ##########) keine Ansprüche zustehen.
17- 18
3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.822,96 € zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Sie ist der Ansicht, dass der Widerruf der Klägerin verfristet sei. Ferner hält die Beklagte das Widerrufsrecht für verwirkt und wendet überdies eine unzulässige Rechtsausübung bzw. Rechtsmissbrauch ein.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
23Entscheidungsgründe:
24I.
25Die Klage ist mit dem Klageantrag zu Ziff. 1. zwar zulässig, aber unbegründet.
261.
27Der Klägerin steht kein Anspruch auf Rückzahlung erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen Zug um Zug gegen Rückgewähr empfangener Nettokreditbeträge gemäß §§ 346, 357 BGB a.F. zu. Ein wirksamer Widerruf der auf Abschluss der beiden Darlehensverträge (d.h. des Hauptdarlehensvertrages mit der Nr. ########## und des L-Darlehensvertrages mit der Nr. ##########) gerichteten Willenserklärungen liegt nicht vor.
28Dass hier nur die Klägerin – als eine von zwei Darlehensnehmern – die Darlehensverträge widerrufen hat, ist unschädlich. Ist nämlich am Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrages eine Mehrheit von Verbrauchern beteiligt, so können sie das Widerrufsrecht grundsätzlich unabhängig voneinander ausüben (vgl. MüKo-Masuch, BGB, 6. Auflage 2012, § 355 Rn. 29).
29Zwar stand der Klägerin im Zusammenhang mit dem Abschluss der beiden Darlehensverträge ein Widerrufsrecht nach Maßgabe der §§ 495, 355 Abs. 1 S. 2 u. Abs. 2 S. 1 u. S. 3 BGB a.F. zu. Der streitgegenständliche Widerruf aus dem Jahre 2014 entfaltet allerdings keine Wirkung, da die Frist des § 355 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. im Zeitpunkt der Absendung der Widerrufserklärung bereits längst abgelaufen war.
30Die von der Beklagten in beiden Darlehensverträgen (Anlagen K1 und K2) verwendeten Widerrufsbelehrungen genügen in ihrer (optischen und) inhaltlichen Gestaltung den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB i.d.F. vom 08.12.2004 bis 10.06.2010. Die von der Klägerin eingewandten Bedenken inhaltlicher Art lassen die Belehrungen nicht falsch erscheinen. Im Einzelnen:
31a.
32Dass die Widerrufsbelehrungen vorsorglich Angaben für verbundene Geschäfte beinhalten, ist unschädlich. Diese Angaben – mögen sie im Streitfall auch überflüssig sein – sind jedenfalls nicht geeignet, bei einem Verbraucher einen Irrtum über den Umfang und die Folgen seines Widerrufsrechts hervorzurufen. Aufgrund der jeweils ausführlichen Erläuterungen dazu, wann eine wirtschaftliche Einheit und ein verbundenes Geschäft vorliegen, die sogar in Fettdruck hervorgehoben sind, war die Belehrung hinreichend transparent (vgl. LG Bonn, Urt. v. 05.11.2014 – 3 O 278/14 – Anlage U1, dort UA S. 9 = BeckRS 2015, 07086; bestätigt durch OLG Köln, Hinweisbeschl. v. 23.03.2015 – 13 U 168/14 – Anlage U2, dort BA S. 4 = BeckRS 2015, 08374).
33b.
34Die Hinweise in den Widerrufsbelehrungen zum Beginn der Widerrufsfrist entsprechen den gesetzlichen Vorgaben des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. Der Beginn der Widerrufsfrist ist nach Auffassung des Gerichts auch hinreichend erläutert worden, wobei der letzte Spiegelstrich und der Zusatz „jedoch nicht vor dem Tag des Vertragsabschlusses“ auf § 312d Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 BGB (in der Fassung ab dem 29.07.2009) zurückgehen, da der Vertragsschluss im Wege eines Fernabsatzgeschäftes erfolgte. § 355 Abs. 1 u. Abs. 3 BGB a.F. erforderte auch keine weitergehenden Erläuterungen zum Tag des Fristbeginns unter Berücksichtigung der Regelung des § 187 BGB. Denn ein Hinweis auf diese Regelung ist nicht erforderlich, vielmehr genügt es, wenn die Widerrufsbelehrung zutreffend und unzweideutig das Ereignis benennt, das nach dem Gesetz den Lauf der Frist auslöst, und dazu den Gesetzeswortlaut zitiert, was hier geschehen ist (vgl. LG Bonn, a.a.O., UA S. 8; bestätigt durch OLG Köln, a.a.O., BA S. 3).
35c.
36Dass die Beklagte in den beiden streitgegenständlichen Widerrufsbelehrungen statt der in der seinerzeit gültigen Musterwiderrufsbelehrung (Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 u. 3 BGB-InfoV i.d.F. vom 01.04.2008 bis 03.08.2009) eigentlich vorgesehenen Anredeform „Sie können (…)“ die neutrale Form „Der Darlehensnehmer kann (…)“ gewählt hat, macht die Belehrungen nicht falsch. Es handelt sich um eine nach dem Dafürhalten der Kammer unschädliche grammatikalische Anpassung (vgl. auch OLG Frankfurt, Urt. v. 29.12.2014 – 23 U 80/14 – BeckRS 2015, 13565, Rn. 18). Der Gesetzgeber selbst lässt mittlerweile in der derzeit gültigen Musterwiderrufsbelehrung (Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 u. § 12 Abs. 1 EGBGB) eine Verwendung beider Anredeformen ausdrücklich zu:„Der Darlehensnehmer* kann (…) * Die Vertragsparteien können auch direkt angesprochen werden (z.B. „Sie“, „Wir“).“
37Der Verweis der Klägerin auf eine Stelle in dem Urteil des BGH vom 01.12.2010 (Az.: VIII ZR 82/10; NJW 2011, 1061, 1062, Rn. 16: „Die Belehrung wendet sich auch nicht, wie es das Muster vorsieht, konkret an den Adressaten der Belehrung („Sie“), sondern ist abstrakt formuliert („Verbraucher“), ohne den Rechtsbegriff „Verbraucher“ zu erläutern.“) verfängt ersichtlich nicht, da sich die vorliegenden Belehrungen gerade nicht abstrakt an einen „Verbraucher“ wenden (so auch: LG Lübeck, Urt. v. 31.10.2014 – 3 O 288/13 – Anlage U6, dort UA S. 7).
38Da der von der Klägerin im Jahre 2014 erklärte Widerruf nicht innerhalb der Widerrufsfrist erfolgt ist, kam es für die Entscheidung dieses Rechtsstreits auf Fragen der Verwirkung und/oder des Rechtsmissbrauchs nicht an.
392.
40Der (negative Feststellungs-)Antrag zu Ziff. 2. und der Klageantrag zu Ziff. 3. auf Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten sind damit, da sie dem Schicksal des Hauptantrages zu Ziff. 1. folgen, ebenfalls unbegründet.
41II.
42Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
43Den Streitwert hat das Gericht gemäß den §§ 48 GKG, 3, 5 ZPO festgesetzt, wobei sich die Klageumstellung mit Wirkung zum 31.03.2015 streitwertermäßigend ausgewirkt hat. Die spätere teilweise Klagerücknahme bewegte sich innerhalb derselben Gebührenstufe (nämlich bis 95.000,00 €), weshalb eine weitere Streitwertabstufung nicht geboten war.
44III.
45Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 u. S. 2 ZPO.
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(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.
(2) Statt der Rückgewähr oder Herausgabe hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit
- 1.
die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist, - 2.
er den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet hat, - 3.
der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht.
(3) Die Pflicht zum Wertersatz entfällt,
- 1.
wenn sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes gezeigt hat, - 2.
soweit der Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat oder der Schaden bei ihm gleichfalls eingetreten wäre, - 3.
wenn im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
(4) Der Gläubiger kann wegen Verletzung einer Pflicht aus Absatz 1 nach Maßgabe der §§ 280 bis 283 Schadensersatz verlangen.
(1) Die empfangenen Leistungen sind spätestens nach 14 Tagen zurückzugewähren.
(2) Der Unternehmer muss auch etwaige Zahlungen des Verbrauchers für die Lieferung zurückgewähren. Dies gilt nicht, soweit dem Verbraucher zusätzliche Kosten entstanden sind, weil er sich für eine andere Art der Lieferung als die vom Unternehmer angebotene günstigste Standardlieferung entschieden hat.
(3) Für die Rückzahlung muss der Unternehmer dasselbe Zahlungsmittel verwenden, das der Verbraucher bei der Zahlung verwendet hat. Satz 1 gilt nicht, wenn ausdrücklich etwas anderes vereinbart worden ist und dem Verbraucher dadurch keine Kosten entstehen.
(4) Bei einem Verbrauchsgüterkauf kann der Unternehmer die Rückzahlung verweigern, bis er die Waren zurückerhalten hat oder der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er die Waren abgesandt hat. Dies gilt nicht, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen.
(5) Der Verbraucher trägt die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren, wenn der Unternehmer den Verbraucher nach Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche von dieser Pflicht unterrichtet hat. Satz 1 gilt nicht, wenn der Unternehmer sich bereit erklärt hat, diese Kosten zu tragen.
(6) Der Verbraucher ist nicht verpflichtet, die Waren zurückzusenden, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen.
(7) Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, bei denen die Waren zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zur Wohnung des Verbrauchers gebracht worden sind, ist der Unternehmer verpflichtet, die Waren auf eigene Kosten abzuholen, wenn die Waren so beschaffen sind, dass sie nicht per Post zurückgesandt werden können.
(8) Für die Rechtsfolgen des Widerrufs von Verträgen über die Bereitstellung digitaler Produkte gilt ferner § 327p entsprechend.
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.
(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt ist. In Musterfeststellungsklagen nach Buch 6 der Zivilprozessordnung und in Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen.
(2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über eine Million Euro angenommen werden.
(3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.