Landgericht Dortmund Urteil, 30. Sept. 2016 - 3 O 530/15
Tenor
1.
Die Klage wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Rechtsstreits nach einem Streitwert von bis zu 40.000,00 € tragen die Kläger.
3.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Kläger verlangen mit der vorliegenden Klage die Rückabwicklung zweier jeweils im November 2009 mit der Beklagten geschlossener Verbraucherdarlehensverträge nach erklärtem Widerruf.
3Zum einen schlossen die Kläger mit der Beklagten am 14.11./24.11.2009 einen Wohnungsbaudarlehensvertrag zur Hauptdarlehensnummer ##########(Unterkontonummer -###) über einen Nennbetrag von 70.000,00 € bei einer Festzinsperiode bis zum 31.12.2019 und einem anfänglichen effektiven Jahreszins von 4,26 % (Anlagenkonvolut K1 = Bl. 8 ff. d.A.).
4Die Seite 5/16 der Vertragsunterlagen (Bl. 10 d.A.) hat folgenden Inhalt:
5An dieser Stelle ist ein Text zum Widerrufsrecht abgebildet.
6Ferner schlossen die Kläger mit der Beklagten am 26.11.2009 einen Darlehensvertrag über Finanzierungsmittel aus dem „KfW-Wohneigentumsprogramm (124)“ zur selben Hauptdarlehensnummer (Unterkontonummer -###) über einen Nennbetrag von 41.000,00 € bei einer Festzinsperiode bis zum 30.12.2019 und einem anfänglichen effektiven Jahreszins von 3,96 % (Anlagenkonvolut K2 = Bl. 16 ff. d.A.).
7Dieser Vertrag enthielt in separater Anlage auf Blatt 8 und 9 die nachfolgend wiedergegebene Widerrufsbelehrung:
8An dieser Stelle ist eine Widerrufsbelehrung abgebildet.
9Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 20.08.2015 (Anlage K3 = Bl. 21 d.A.) erklärten die Kläger den Widerruf ihrer auf Abschluss der beiden oben bezeichneten Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen. Den Widerruf wies die Beklagte mit Schreiben vom 07.09.2015 (Anlage K4 = Bl. 22 d.A.) zurück.
10Die Kläger sind der Ansicht, dass die von der Beklagten verwendeten Widerrufsbelehrungen nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprächen, weshalb der Lauf der Widerrufsfrist jeweils nicht in Gang gesetzt worden sei.
11Die Kläger beantragen
12festzustellen, dass die Kläger ihre auf Abschluss der Darlehensverträge Nr. ########## und ########## gerichteten Willenserklärungen mit Schreiben vom 20.08.2015 wirksam widerrufen und dass sich die vorbezeichneten Darlehensverträge in Rückabwicklungsschuldverhältnisse umgewandelt haben.
13Die Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Sie ist der Ansicht, dass der Widerruf der Kläger verfristet sei. Ferner hält die Beklagte das Widerrufsrecht für verwirkt und wendet überdies eine unzulässige Rechtsausübung bzw. Rechtsmissbrauch ein.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe:
18I.
19Die Klage ist zulässig.
20Insbesondere ist den Klägern das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse nicht abzusprechen. Zwar war der in der Klageschrift angekündigte Antrag auf Feststellung der Wirksamkeit des erklärten Widerrufs unzulässig. Denn es ist kein tauglicher Gegenstand einer Feststellungsklage auszusprechen, dass die Kläger die Darlehensverträge wirksam widerrufen haben. Die Klage dient der Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses. Die Frage, ob die Verträge wirksam widerrufen sind, betrifft hingegen eine abstrakte Rechtsfrage. Die Beantwortung dieser Frage läuft allein auf eine gerichtliche Stellungnahme zu einem Rechtsproblem hinaus, was im Rahmen des § 256 ZPO gerade nicht geschehen soll (vgl. Rogoz, BKR 2015, 228, 229; LG Essen, Urt. v. 23.07.2015 – 6 O 181/15 – BeckRS 2015, 16348; OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.01.2016 – 22 U 126/15 – BeckRS 2016, 11307, Rn. 11). Mit der Ergänzung der Feststellungsanträge im Termin am 30.09.2016 (S. 2 des Terminsprotokolls = Bl. 99 d.A.) haben die Kläger diese Zulässigkeitsbedenken beseitigt.
21II.
22Die Klage ist jedoch unbegründet und hatte daher der Abweisung zu unterliegen.
23Der geltend gemachte Feststellungsantrag hat keinen Erfolg. Ein wirksamer Widerruf der auf Abschluss der beiden Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen liegt nicht vor.
241.
25Zwar stand den Klägern im Zusammenhang mit dem Abschluss der beiden Darlehensverträge ein Widerrufsrecht nach Maßgabe der §§ 495, 355 Abs. 1 S. 2 u. Abs. 2 S. 1 u. S. 3 BGB a.F. zu. Der mit Schreiben der Klägervertreter vom 20.08.2015 erklärte Widerruf entfaltet allerdings keine Wirkung, da die Frist des § 355 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. im Zeitpunkt der Absendung der Widerrufserklärung längst abgelaufen war.
26Die von der Beklagten in beiden Darlehensverträgen verwendeten Widerrufsbelehrungen genügen in ihrer (optischen und) inhaltlichen Gestaltung den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB i.d.F. vom 08.12.2004 bis 10.06.2010.
27a. Belehrung zum Beginn der Widerrufsfrist
28Die – in beiden Verträgen gleichlautende – Belehrung zum Beginn der Widerrufsfrist ist nach der ständigen Rechtsprechung dieser Kammer (vgl. Urt. v. 01.07.2016 – 3 O 406/15 – n.v.; Urt. v. 29.07.2016 – 3 O 426/15 – n.v.; Urt. v. 05.08.2016 – 3 O 419/15 – BeckRS 2016, 14708) nicht zu beanstanden (vgl. ferner: OLG Celle, a.a.O., dort unter Ziff. I.1. der Gründe = S. 5 f.; LG Köln, Urt. v. 05.08.2010 – 15 O 601/09 – zit. nach juris, Rn. 21-23; bestätigt durch OLG Köln, Beschl. v. 17.12.2010 – 13 U 176/10 – zit. nach juris). Das von den Klägervertretern auf S. 4 f. der Klageschrift zitierte Urteil des Bundesgerichtshofes vom 10.03.2009 (Az.: XI ZR 33/08; NJW 2009, 3572) ist nicht einschlägig: Dort ging es um das Angebot der Bank, während es vorliegend in der Widerrufsbelehrung um das Angebot der Kläger als Darlehensnehmer geht.
29b. Einfügen von gesetzlich nicht vorgesehen Unterschriftenfeldern
30Soweit die Kläger monieren, dass beide Belehrungen Unterschriftenfelder enthalten, die im Gesetz nicht vorgesehen seien, dringen sie damit nicht durch. Das Erfordernis der gesonderten Unterschrift der Widerrufsbelehrung hat der Gesetzgeber bereits im Jahre 2002 gestrichen; aus Beweisgründen empfiehlt es sich aber, die Widerrufsbelehrung durch den Verbraucher nach wie vor gesondert unterschreiben zu lassen (vgl. BeckOK-Grothe, BGB, Hrsg.: Bamberger/Roth, Stand: 01.02.2007, Edition: 16, § 355 Rn. 10; Staudinger-Kaiser, BGB, Neubearb. 2012, § 360 Rn. 36). Auch der Bundesgerichtshof (Urt. v. 10.03.2009, a.a.O., S. 3573, Rn. 18 m.w.N.) hält eine gesonderte Unterschrift des Verbrauchers weiter für unbedenklich und aus Beweisgründen empfehlenswert.
31c. Hinweise zum gesonderten Widerrufsrecht bei mehreren Darlehensnehmern
32Die – auch insoweit gleichlautenden – Belehrungen sind auch nicht deswegen inhaltlich fehlerhaft, weil die Beklagte beide Darlehensnehmer als Adressaten der Belehrung in das Formular aufgenommen und Hinweise zum gesonderten Widerrufsrecht bei mehreren Darlehensnehmern erteilt hat (so auch Urt. dieser Kammer v. Urt. v. 05.08.2016, a.a.O.). Zu der Frage, wie bei mehreren Darlehensnehmern zu verfahren ist, macht die Musterbelehrung keine Vorgaben. Die Beklagte war daher frei, ob sie für jeden der Darlehensnehmer gesonderte Belehrungen fertigt oder den Darlehensnehmern jeweils ein Exemplar überlässt, das sich an beide richtet (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 20.05.2014 – 6 U 182/13 – abrufbar unter: http://docplayer.org/209784-Oberlandesgericht-stuttgart-im-namen-des-volkes-urteil.html, S. 9 f. der UA). Mithin war der Hinweis zum Widerruf bei mehreren Darlehensnehmern nicht geeignet, die Kläger von der Ausübung ihres Widerrufsrechts abzuhalten (vgl. LG Bonn, Urt. v. 12.11.2015 – 17 O 59/15 – BeckRS 2016, 05455 m.w.N.).
33d. fehlende Hinweise auf die Rechtsfolgen des Widerrufs
34Gemäß § 355 BGB a.F. bedurften die Widerrufsbelehrungen nicht der Darstellung der Widerrufsfolgen (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 21.10.2015 – 31 U 56/15 – BeckRS 2015, 20137, Rn. 53; Urt. v. 30.09.2015 – 31 U 132/14 – BeckRS 2016, 02812, Rn. 37; Urt. v. 16.03.2015 – 31 U 118/14 – BeckRS 2015, 08164, Rn. 20; Urt. v. 02.02.2015 – 31 U 126/14 – BeckRS 2015, 08481; OLG Celle, Beschl. v. 14.07.2014 – 3 W 34/14 – zit. nach juris, Rn. 16; OLG Frankfurt, Beschl. v. 07.07.2016 – 23 U 288/15 – BeckRS 2016, 15797, Rn. 29).
35e. fehlende Faxnummer
36Soweit die Kläger insoweit rügen, dass in der Widerrufsbelehrung zum Darlehensvertrag vom 26.11.2009 die Faxnummer der E Bank nicht genannt sei, übersehen sie, dass nach der damals gültigen Musterwiderrufsbelehrung (Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 u. Abs. 3 BGB-InfoV i.d.F. v. 04.08.2009 bis 10.06.2010) ausweislich des Gestaltungshinweises [4] nur der Name bzw. die Firma und die ladungsfähige Anschrift des Widerrufsadressaten zwingend anzugeben waren; zusätzliche Angaben – u.a. die Telefaxnummer – waren dagegen lediglich fakultativ (vgl. LG Hamburg, Urt. v. 22.04.2016 – 332 O 390/15 – BeckRS 2016, 10483 zu Art. 247 § 3 Abs. 1 EGBGB).
37f. überflüssige Belehrung zu verbundenen Geschäften
38Dass die Widerrufsbelehrungen vorsorglich Angaben für verbundene Geschäfte beinhalten, ist unschädlich. Diese Angaben – mögen sie im Streitfall auch überflüssig sein – sind jedenfalls nicht geeignet, bei einem Verbraucher einen Irrtum über den Umfang und die Folgen seines Widerrufsrechts hervorzurufen. Aufgrund der jeweils ausführlichen Erläuterungen dazu, wann eine wirtschaftliche Einheit und ein verbundenes Geschäft vorliegen, die sogar in Fettdruck hervorgehoben sind, war die Belehrung hinreichend transparent (vgl. Urt. dieser Kammer v. 25.09.2015 – 3 O 66/15 – BeckRS 2015, 17470; Urt. dieser Kammer v. 20.05.2016, a.a.O.; LG Bonn, Urt. v. 05.11.2014 – 3 O 278/14 – BeckRS 2015, 07086; bestätigt durch OLG Köln, Hinweisbeschl. v. 23.03.2015 – 13 U 168/14 – BeckRS 2015, 08374; LG Bonn, Urt. v. 09.11.2015, a.a.O.).
392.
40Da der von den Klägern im Jahre 2015 erklärte Widerruf nicht innerhalb der Widerrufsfrist erfolgt ist, kam es für die Entscheidung dieses Rechtsstreits auf Fragen der Verwirkung und/oder des Rechtsmissbrauchs nicht an.
41III.
42Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
43Den – endgültigen – Streitwert hat das Gericht gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO unter Abänderung der Streitwertfestsetzung mit Beschluss vom 19.11.2015 (dort Festsetzung auf bis zu 125.000,00 € nach der Summe der Nettokreditbeträge, s. Bl. 29R d.A.) festgesetzt. Für die Bemessung des Streitwerts sind zunächst die Leistungen maßgeblich, die die Kläger gemäß den §§ 346 ff. BGB beanspruchen zu können meinen, nämlich die bereits erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen, nicht dagegen, da es sich um eine Nebenforderung handelt, der Nutzungsersatz; bei der Schätzung des Wertes des klägerischen Interesses ist ein (Feststellungs-)Abschlag nicht vorzunehmen (vgl. BGH, Beschl. v. 12.01.2016 – XI ZR 366/15 – BeckRS 2016, 04425, Rn. 6 u. 12). Bei monatlichen Zins- und Tilgungsleistungen von 360,50 € auf den Hauptdarlehensvertrag ab dem 31.12.2009 sowie bei vierteljährlichen Zins- und Tilgungsleistungen von 643,70 € auf den KfW-Vertrag ab dem 31.03.2011 errechnet sich danach bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der Klageeinreichung (vgl. KG, Beschl. v. 04.05.2016 – 26 W 18/16 – BeckRS 2016, 09289, Rn. 5 f.; Urt. dieser Kammer v. 05.08.2016 – 3 O 419/15 – BeckRS 2016, 14708), hier also bis zum 17.11.2015, ein Betrag von 35.251,00 € (= bis zu 40.000,00 €; Hauptdarlehensvertrag: 71 Monate x 360,50 €/Monat = 25.595,50 €; KfW-Vertrag: 15 Quartale x 643,70 €/Quartal = 9.655,50 €).
44IV.
45Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 u. S. 2 ZPO.
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Urteil einreichenLandgericht Dortmund Urteil, 30. Sept. 2016 - 3 O 530/15 zitiert oder wird zitiert von 13 Urteil(en).
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger 30.494,92 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.01.2015 Zug-um-Zug gegen Zahlung von 77.231,76 €, Darlehenskonto … zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme dieses Betrages in Verzug befindet.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger zu 60% und die Beklagte zu 40%.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten über die Wirksamkeit des Widerrufs in Bezug auf zwei Verbraucherdarlehensverträge.
3Mit Vertrag vom 25.09.2008 (Nr. …) gewährte die Beklagte den Klägern zur Finanzierung des Erwerbs einer Wohnimmobilie P-Str. …, … W, ein Darlehen über einen Nominalbetrag von 240.000,00 €. Der bis zum 30.09.2018 festgeschriebene Nominalzins beträgt 4,76 % p.a., der effektive Jahreszins beläuft sich auf 4,87 %. Nach der vertraglichen Vereinbarung ist das Darlehen in 447 monatlichen Leistungsraten von 1.152,00 €, fällig am Dreißigsten eines jeden Monats, zurückzuzahlen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die in Ablichtung vorliegende Vertragsurkunde (Anl. K1, Bl. 7 ff. GA) verwiesen. Dem Darlehensvertrag war eine Widerrufsbelehrung beigefügt, in der es u.a. heißt: „Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung in Textform, jedoch nicht, bevor Ihnen auch eine Vertragsurkunde, Ihr schriftlicher Antrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt worden ist.“ Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Widerrufsbelehrung (Bl. 10 GA) Bezug genommen.
4Mit einem weiteren Vertrag vom 17.09.2010 (Nr. …) gewährte die Beklagte den Klägern ein Finanzierungsdarlehen über einen Nominalbetrag von 74.000,00 €. Der bis zum 30.09.2020 festgeschriebene Nominalzins beträgt 3,05 % p.a., der effektive Jahreszins beläuft sich auf 3,31 %. Nach der vertraglichen Vereinbarung ist das Darlehen in 523 monatlichen Leistungsraten von 249,75 €, fällig am Dreißigsten eines jeden Monats, zurückzuzahlen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die in Ablichtung vorliegende Vertragsurkunde (Anl. K2, Bl. 11 ff. GA) Bezug genommen. Der Darlehensvertrag enthält unter Punkt 14 eine Widerrufsbelehrung, in der es u.a. heißt: „Der Darlehensnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrages, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB erhalten hat.“ Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Widerrufsbelehrung (Bl. 14 f. GA) verwiesen.
5Zur Sicherung der Darlehensverbindlichkeit bestellten die Kläger der Beklagten eine Grundschuld über 330.000,00 €, die im Grundbuch von L Blatt … eingetragen wurde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Sicherungszweckerklärung vom 25.09.2008 bzw. 17.09.2010 (Bl. 7, 12 GA) hingewiesen.
6Mit anwaltlichem Schreiben vom 31.12.2014 (Anl. K3, Bl. 16 f. GA) erklärten die Kläger den Widerruf des Darlehensvertrages vom 17.09.2010 (…) und forderten die Beklagte - wenngleich erfolglos - auf, den Widerruf bis zum 14.01.2015 „anzuerkennen“, Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf sämtliche geleistete Raten zu erstatten sowie zu erklären, auf welches Konto die Restvaluta des Darlehensvertrags geleistet werden dürfe.
7Mit weiterem anwaltlichen Schreiben vom 12.01.2015 (Anl. K4, Bl. 18 f. GA) erklärten die Kläger dann auch den Widerruf des Darlehensvertrages vom 25.09.2008 (…) und forderten die Beklagte - obgleich erfolglos - auf, den Widerruf bis zum 26.01.2015 „anzuerkennen“, Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf sämtliche geleistete Raten zu erstatten sowie zu erklären, auf welches Konto die Restvaluta des Darlehensvertrags geleistet werden solle.
8Im Übrigen erklärten die Kläger mit selbigem Schriftsatz (Anl. K4, Bl. 19 GA) die Aufrechnung mit einem etwaigen Anspruch auf Erstattung der Darlehensraten, soweit sie auf die Tilgung entfielen, gegen die Ansprüche auf Beklagtenseite auf Erstattung der ursprünglichen Darlehensvaluta und mit dem Anspruch auf Erstattung der Darlehnsraten, soweit sie auf Zinsen entfielen, gegen den Anspruch auf Nutzungsentschädigung in Höhe der marktüblichen Verzinsung auf Beklagtenseite.
9Die Kläger sind der Auffassung, dass die Widerrufsbelehrungen der Beklagten nicht ordnungsgemäß seien, weshalb ihnen ein zeitlich unbefristetes Widerrufsrecht zustehe.
10Hinsichtlich des Darlehnskontos … [Darlehnsvertrag vom 25.09.2008] sind die Kläger der Ansicht, dass die Widerrufsbelehrung fehlerhaft sei, weil bereits die Angabe einer Telefaxnummer fehle. Des Weiteren sei die Verwendung von Fußnoten in der Belehrung irreführend, da nicht deutlich werde, ob diese nur für die Bank oder auch für den Verbraucher bestimmt seien. Auch trete ein unzumutbares Subsumtionsrisiko für den Verbraucher dadurch auf, dass über „finanzierte Geschäfte“ belehrt werde, obwohl solche im konkreten Fall nicht vorlägen. Dieser Teil der Belehrung sei somit überflüssig und irreführend. Der Teil der Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist sei fehlerhaft, da der Lauf der Frist nicht eindeutig ermittelbar sei. Die Beklagte könne sich zudem nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV berufen, weil die von ihr genutzte Widerrufsbelehrung nicht der seinerzeit gültigen Musterwiderrufsbelehrung nach der BGB-InfoV (Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV) entsprochen habe. Die Beklagte habe die Musterwiderrufsbelehrung inhaltlichen Änderungen unterzogen.
11In Hinblick auf das Darlehnskonto … [Darlehnsvertrag vom 17.09.2010] sind die Kläger der Ansicht, dass auch diese Widerrufsbelehrung fehlerhaft sei, weil eine Information über die wesentlichen Rechte des Verbrauchers (entgegen § 360 BGB in der seinerzeit gültigen Fassung) fehle. Daneben führe die Einbettung der Widerrufsinformationen in anderen Hinweisen zu einer undeutlichen Gestaltung, die den insoweit geltenden Anforderungen nicht genüge. Daneben beginne die Frist für die Erklärung des Widerrufs erst nach Erhalt aller Pflichtangaben i.S.v. § 492 Abs. 2 BGB i. V. m. Art 247 §§ 6-13 EGBGB. Hieran fehle es, da im Verbraucher- darlehensvertrag nicht die Aufsichtsbehörde nach Art 247 § 6 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB genannt sei. Ferner sei die Berufung auf Vertrauensgesichtspunkte seitens der Beklagten durch die Verwendung einer Musterbelehrung i. S. d. BGB-InfoV bereits dem Grunde nach ausgeschlossen, weil diese zum Abschlusszeitpunkt des Vertrages (26.09.2010) nicht mehr gegolten habe.
12Ursprünglich haben die Kläger vor dem Landgericht X Klage erhoben. Mit Beschluss vom 10.06.2015 hat sich dieses für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit auf Antrag der Kläger mit Zustimmung der Beklagten an das erkennende Gericht verwiesen.
13Die Kläger beantragen,
141. festzustellen, dass sie die Darlehensverträge … und … mit der Beklagten wirksam widerrufen haben und keinerlei Ratenzahlungen aus den Verträgen mehr schulden.
152. die Beklagte zu verurteilen, an sie 30.494,92 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2015 zu zahlen, Zug-um-Zug gegen Zahlung von 77.231,76 €, Darlehenskonto …, und 70.647,96 €, Darlehen …, (Restvaluten per 31.12.2014) und festzustellen, dass sich die Beklagt mit der Annahme dieses Betrages im Verzug befindet.
16Die Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Sie ist der Auffassung, dass die Klage im Hinblick auf den Antrag zu 1) unzulässig sei, weil den Klägern aufgrund des bezifferten Antrags zu 2) das erforderliche Feststellungsinteresse fehle.
19Darüber hinaus sei die Klage unbegründet, weil den Klägern kein Widerrufsrecht zustehe. Die Widerrufsbelehrungen seien ordnungsgemäß und der Widerruf der Verträge unwirksam bzw. verfristet.
20Hinsichtlich des Darlehnskontos … [Darlehnsvertrag vom 25.09.2008] vertritt sie die Ansicht, dass sich keine Subsumtionsrisiken für den Darlehnsnehmer ergäben, weil dieser aus den Ausfüllhinweisen der Widerrufserklärung (Anl. K1, Bl. 10 GA) erkennen könne, dass sich die Hinweise nicht auf ihn bezögen. Die Kläger hätten ein bereits ausgefülltes Exemplar erhalten, so dass Missverständnisse ausgeschlossen seien. Unschädlich sei darüber hinaus der verwendete Klammerzusatz vor der Angabe zur konkreten Adressierung einer Widerrufserklärung. Dieser zähle nur zu den abstrakt erforderlichen Angaben, während die konkreten Daten „fett“ abgedruckt seien.
21In Bezug auf das Darlehnskonto … [Darlehnsvertrag vom 17.09.2010] ist die Beklagte der Ansicht, dass der Widerruf der Kläger verfristet sei, da er nicht innerhalb der gültigen 14-tägigen Frist erfolgt sei. Die Beklagte meint, sie habe nach der damals gültigen Gesetzeslage ordnungsgemäß i.S.v. § 360 BGB sowie § 495 Abs. 2 S.1 Nr.1 BGB i. V. m. Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB über den Widerruf belehrt. Insbesondere seien alle Pflichtangaben in der Belehrung Ziffer 14 (Anl. K2, Bl. 14 f. GA) enthalten gewesen. Aufgrund der damaligen Gesetzeslage sei es auch ausreichend gewesen, die Pflichtangaben in den Darlehnsvertrag aufzunehmen; eine gesonderte Widerrufsbelehrung sei nicht erforderlich gewesen. Auch handele es sich bei dem Vertrag um einen Immobiliendarlehnsvertrag im Sinne des § 503 BGB mit den Sonderregelungen aus Artikel 247 § 9 EGBGB, wonach die Angabe der zuständigen Aufsichtsbehörde i.S.v. Artikel 247 § 6 Abs. 1 EGBGB entbehrlich sei. Daneben liege kein Verstoß gegen das Deutlichkeitsgebot vor: Ziffer 12 mit den Pflichtangaben nach § 495 Abs. 2 S. 1 Nr.1 BGB und Ziffer 14 mit den Widerrufsinformationen befänden sich in einem gesondert „fett überschriebenen“ Kasten auf der Vertragsurkunde.
22Darüber hinaus bestreitet die Beklagte die geltend gemachte Höhe der Nutzungsentschädigung von 30.494,92 €. Die Forderungsaufstellung der Kläger sei nicht nachvollziehbar. Ebenso verhalte es sich mit den angebotenen Zahlungen in Höhe von 77.231,76 € bzw. 70.647,96 €.
23Entscheidungsgründe
24Der Klage ist im Hinblick auf den Antrag zu 1) unzulässig. In Bezug auf den Antrag zu 2) ist sie zwar zulässig, aber nur in dem im Tenor genannten Umfang begründet.
25I.
26Der Antrag zu 1) ist unzulässig.
27Die Unzulässigkeit folgt aus dem fehlenden Feststellungsinteresse der Kläger, § 256 Abs. 1 ZPO. Prozessvoraussetzung für die Feststellungsklage ist das schutzwürdige Interesse des Klägers an alsbaldiger Feststellung. Ist eine Klage auf Leistung möglich und zumutbar, wird im Interesse der endgültigen Klärung des Streitstoffs in einem Prozess das abstrakte Feststellungsinteresse regelmäßig fehlen; eine auf Feststellung des Anspruchsgrundes beschränkte Feststellungsklage ist dann unzulässig (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 256 Rn. 7a). Etwas anderes mag für den Fall gelten, in dem es dem Kläger nicht möglich ist, einen konkreten Betrag in Form einer Leistungsklage zu beziffern (BGH, NJW 2000, 1256). Den Klägern ist es, wie aus dem Antrag zu 2) ersichtlich, im konkreten Fall möglich, den Leistungsanspruch zu beziffern. Insoweit gilt der gerade beschriebene Vorrang der Leistungsklage. Selbst wenn die Berechnung hier mit erheblichem Aufwand verbunden gewesen sein mag - was die Kammer nicht verkennt -, haben sie die Kläger vorgenommen und können auf die gewonnenen Ergebnisse zurückgreifen. Ob ihre Berechnung mathematisch richtig ist oder nicht, ist insoweit ohne Belang, da die Kammer das erzielte Ergebnis ggf. mathematisch nachzuvollziehen bzw. zu überprüfen hat.
28Daneben ist es kein tauglicher Gegenstand einer Feststellungsklage i. S. d. § 256 ZPO auszusprechen, dass die Kläger die Darlehensverträge wirksam widerrufen haben. Die Klage dient der Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses. Die Frage, ob die Verträge wirksam widerrufen sind, betrifft hingegen eine abstrakte Rechtsfrage. Die Beantwortung dieser Frage läuft allein auf eine gerichtliche Stellungnahme zu einem Rechtsproblem hinaus, was im Rahmen des § 256 ZPO gerade nicht geschehen soll (vgl. Zöller/Greger 30. Auflage, § 256 ZPO, Rn. 3).
29Der Antrag zu 2) ist zulässig. Die Zuständigkeit des erkennenden Gerichtes folgt aus der bindenden Verweisung des Landgerichts X mit Beschluss vom 10.06.2015, § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO.
30II.
31Der Antrag zu 2) ist in Bezug auf den Darlehnsvertrag vom 25.09.2008, Darlehnskonto … begründet, während er im Übrigen (Darlehnsvertrag vom 17.09.2010, Darlehnskonto ..) unbegründet ist.
321.
33Die Kläger haben einen Anspruch auf Zahlung von 30.494,92 € Zug-um-Zug gegen Zahlung von 77.231,76 € aus §§ 357 Abs. 1 a.F., 346, 348, 495 BGB. Die Erklärung des Widerrufs gemäß § 355 a. F. BGB erfolgte form- und fristgemäß mit der Folge, dass der Darlehensvertrag vom 25.09.2008, Darlehenskonto …, wirksam widerrufen worden ist.
34a)Der gegenständliche Darlehensvertrag wurde am 25.09.2008 geschlossen, weshalb nach Art. 229 § 22 Abs. 1 EGBGB das BGB und die BGB-InfoV in der damals geltenden Fassung anzuwenden sind, d.h.
35- § 355 BGB in der Fassung vom 08.12.2004, gültig bis zum 10.06.2010
36- § 357 BGB in der Fassung vom 08.12.2004, gültig bis zum 10.06.2010
37- § 495 BGB in der Fassung vom 01.08.2002, gültig bis zum 10.06.2010
38- BGB-InfoV in der Fassung vom 01.04.2008, gültig bis zum 03.08.2009.
39b)Den Klägern stand als Darlehensnehmern grds. ein Widerrufsrecht nach §§ 495 Abs. 1, 355 Abs. 1 BGB a.F. zu, da es sich vorliegend um einen Verbraucherdarlehensvertrag handelt.
40c)Der Widerruf wurde auch richtigerweise von den Klägern gemeinsam i. S. v. §§ 357 Abs. 1 a. F., 349, 351 BGB erklärt. Das Rücktritts- sowie durch damaligen Verweis auch das Widerrufsrecht können gemäß § 351 BGB als unteilbare Rechte nur gemeinsam von allen am Vertrag Beteiligten erklärt werden. Auf die Art der Beteiligung (Gesamtgläubiger, Gesamtschuldner, Gemeinschaften) kommt es dabei nicht an (MüKo/Gaier 6. Auflage 2012, § 351, Rn. 1). Die Kläger waren jedenfalls durch gemeinschaftliche Unterzeichnung des Darlehensvertrages (Anl. K1, Bl. 7 ff. GA) gemeinsam berechtigt und verpflichtet. Die Erklärung des Widerrufs erfolgte mit Schriftsatz des Klägervertreters vom 12.01.2015 (Anl. K4, Bl. 18 f. G) in Bevollmächtigung für beide Kläger.
41d)Der Widerruf geschah fristgemäß i. S. v. § 355 Abs. 3 S. 3 BGB a. F. Zwar war die zweiwöchige Widerrufsfrist nach § 355 Abs. 1 Satz 2 a. F. zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung am 12.01.2015 seit über sechs Jahren verstrichen, doch steht den Klägern ein zeitlich unbegrenztes Widerrufsrecht nach Absatz 3 zu, da die Belehrung nicht ordnungsgemäß erteilt war. Hierzu im Einzelnen:
42aa)Die Beklagte kann sich nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs.1 BGB-InfoV a. F. berufen, wonach die Belehrung über das Widerrufsrecht den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB a.F. genügt, wenn das Muster der Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV verwandt wird. Vertrauenschutzgesichtspunkte greifen nicht ein. Die Belehrung der Beklagten weicht von eben dieser Musterbelehrung ab. Bereits geringe Eingriffe in den zur Verfügung gestellten Mustertext durch den Unternehmer führen dazu, dass sich dieser nicht mehr auf die erwähnte Schutzwirkung berufen kann (vgl. BGH, Urt. V. 28.06.2011 – XI ZR 349/10). Dies gilt unabhängig von dem konkreten Umfang der von dem Unternehmer vorgenommenen Änderung der Widerrufsbelehrung (BGH, Urt. V. 01.03.2012 – III ZR 83/11). Eine Berufung auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV ist nur dann möglich, wenn gegenüber dem Verbraucher ein Belehrungsformular verwendet wird, was dem Muster der Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltungvollständig entspricht (vgl. BGH, Urt. v. 28.06.2011 – XI ZR 349/10, NJW-RR 2012, 183, 185). Dies ist hier - wie nunmehr zu zeigen ist - nicht der Fall.
43(1)Das von der Beklagten verwendete Belehrungsformular enthält Fußnoten; solche sind in der Musterwiderrufsbelehrung (Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV) nicht vorgesehen. In der Belehrung der Beklagten heißt es unter der Fußnote 1 in Bezug auf die Überschrift der Widerrufsbelehrung „Nicht für Fernabsatzgeschäfte“ und unter der Fußnote 2 in Beziehung auf den Gegenstand der Widerrufsbelehrung „Bezeichnung des konkret betroffenen Geschäfts, z.B. Darlehnsvertrag vom…“. Unabhängig davon, ob dieser Zusatz die Belehrung der Beklagten insgesamt unwirksam macht (dazu später), liegt augenscheinlich eine Abweichung vom Mustertext der BGB-InfoV vor.
44(2)Die Widerrufsbelehrung der Beklagten enthält im letzten Abschnitt einen Hinweis auf „Finanzierte Geschäfte“. Dieser Hinweis kann nach dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 (Gestaltungshinweis 10) BGB-InfoV vollständig entfallen, wenn - wie hier - gerade kein verbundenes Geschäft vorliegt. Die Abweichung von der Musterbelehrung ist dann nicht unerheblich. Lässt der Darlehensnehmer den Hinweis trotz Vorliegens dieser Voraussetzungen nicht entfallen und belehrt er gleichwohl über finanzierte Geschäfte, muss diese Belehrung dem in der Musterbelehrung vorgesehenem Text entsprechen, um eine Berufung auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 und Abs. 3 BGB-InfoV zu rechtfertigen. Die Musterbelehrung sieht nämlich unterschiedliche Textbausteine vor, die je nach Fallgestaltung verwendet werden können (Gestaltungshinweis 10). Der erste Baustein betrifft die die Belehrung für das finanzierte Geschäft und der zweite für den Darlehnsvertrag. Die dritte Variante sieht vor, dass beim finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts der zweite Satz der zweiten Variante durch einen anderen Satz zu ersetzen ist. Die Beklagte verwendet in ihrer Belehrung eine Kombination aus allen Varianten, ohne einen konkreten Fall zu bezeichnen. So bezieht sich der erste Abschnitt der Belehrung auf Grundstücke oder grundstücksgleiche Rechte, während im vierten Abschnitt der Belehrung auf die Finanzierung zur Überlassung einer Sache hingewiesen wird. Dieser Umstand führt zu einer deutlichen Abweichung von den Vorgaben der Musterwiderrufsbelehrung.
45Auch in sprachlicher Hinsicht weicht die Belehrung von dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV ab. So heißt es in der von der Beklagten verwendeten Widerrufsbelehrung: „Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts ist eine wirtschaftliche Einheit nur anzunehmen, wenn wir zugleich auch ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrages sind oder wenn wir über die Zurverfügungstellung von Darlehen hinaus Ihr Grundstücksgeschäft durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördern, indem wir uns dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu eigen machen […]“.
46In dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV ist unter dem Gestaltungshinweis 10 dagegen folgende Formulierung vorgesehen: „Dies ist nur anzunehmen, wenn die Vertragspartner in beiden Verträgen identisch sind oder wenn der Darlehensgeber über die Zurverfügungstellung von Darlehen hinausgeht und Ihr Grundstücksgeschäft durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördert, indem er sich dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu eigen macht, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projekts Funktionen des Veräußerers übernimmt oder den Veräußerer einseitig begünstigt“.
47bb)Die Widerrufsbelehrung der Beklagten ist im Übrigen unrichtig, da sie nicht der Vorschrift § 355 BGB a.F. entspricht und zu Missverständnissen beim Verbraucher führen kann. Dabei muss die Widerrufsbelehrung insgesamt gut verständlich sein; sie darf keine verwirrenden oder ablenkenden Zusätze enthalten. Das folgt aus dem Verbraucherschutzgedanken der Widerrufsvorschriften (BGH NJW 2002, 3396, 3397 f.; NJW-RR 2005, 1217, 1218).
48(1)Die Verwendung der Fußnoten (s.o. aa) (1)) führt zur Unwirksamkeit der Belehrung der Beklagten. Es handelt sich bei ihnen um verwirrende Zusätze. Insbesondere die Ergänzung „Nicht für Fernabsatzgeschäfte“ kann beim Verbraucher zu Missverständnissen führen. Der verständige Durchschnittsverbraucher weiß nicht, wann dieses Kriterium erfüllt ist. Ihm wird eine Subsumtion auferlegt, die ihm grds. nicht zumutbar ist. Die Fußnoten sind ferner nicht in einem Abschnitt platziert, in dem zusätzlich vermerkt ist, dass dieser nur für die interne Bearbeitung bestimmt sind. Damit wird der Verbraucher den Fußnotentext als Bestandteil der Widerrufserklärung auffassen und so verstehen, dass die ihm erteilte Widerrufsbelehrung nicht für Fernabsatzgeschäfte gilt, obwohl ihn nicht einmal klar sein dürfte, wann ein solcher Vertrag vorliegt. Sollte die Fußnote trotzdem nur für den internen Gebrauch bestimmt sein, ist nicht nachvollziehbar, warum diese trotzdem in der Ausfertigung für die Kläger verblieben ist (so auch: OLG München Urteil v. 21.10.2013, 19 U 1208/13).
49(2)Gleiches gilt für die Belehrung der Beklagten hinsichtlich des Abschnitts „finanzierte Geschäfte“. Die Vermischung von drei Textbausteinen aus der Musterwiderrufsbelehrung (s.o. aa) (1)) sorgt für Unklarheiten auf Verbraucherseite. Wenn schon über finanzierte Geschäfte belehrt wird, obwohl solche überhaupt nicht vorliegen, hat die Belehrung ordnungsgemäß zu erfolgen. Es erfordert keinen großen Aufwand, diese Passage je nach Bedarf für den passenden Geschäftstyp einzufügen bzw. zu streichen. Die Kläger werden insoweit im Unklaren darüber gelassen, was für einen Vertragstypus sie letztlich vor sich und wie sie sich hinsichtlich eines etwaigen Widerrufs zu verhalten haben.
50e)Die Kläger haben einen Anspruch auf Zahlung von 30.494,92 € Zug-um-Zug gegen Zahlung von 77.231,76 € aus §§ 357 Abs. 1 a.F., 346, 348, 495 BGB. Der Darlehensvertrag vom 25.09.2008 wurde wirksam widerrufen (s.o.). Die Rechtsfolgeseite richtet sich bei sog. Altverträgen auf Grund der Verweisung in § 357 Abs. 1 BGB nach den Vorschriften über den Rücktritt, §§ 346 ff. BGB (vgl. hierzu Art. 229, § 22 Abs.1 EGBGB). Nach § 346 Abs. 1 BGB sind die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben bzw. es ist nach Abs. 2 Wertersatz zu leisten. Es kommt zur wechselseitigen Rückabwicklung der erhaltenen Leistungen zwischen Darlehensgeber und Darlehensnehmer, vgl. § 348 BGB.
51Die Berechnung der Anspruchshöhe seitens der Kläger erachtet die Kammer für rechnerisch richtig und sachlich nachvollziehbar. Hierzu im Einzelnen:
52aa)Die Kläger haben als Darlehensnehmer Zins- und Tilgungsleistungen an die Beklagte geleistet. Für die Dauer der Nutzung dieser Beträge hat die Beklagte als Darlehensgeberin Wertersatz zu leisten, § 346 Abs. 2 BGB. Hierbei gilt die Vermutung, dass eine Bank als Darlehensgeberin Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinsatz gemäß § 288 Abs. 1 S. 2 BGB gezogen hat (vgl. BGH, NJW 2009, 3572, 3574). Diese Vermutung kann durch die Bank zwar grds. erschüttert werden, jedoch fehlt es hierzu am ausreichenden Sachvortrag seitens der Beklagten. Hierbei genügt kein pauschaler Vortrag, sondern es ist ein substantiierter Vortrag der Bank erforderlich, wobei Zinsgewinnaufwand und Zinsausfälle darzulegen sind (vgl. BGH, NJW 1998, 2529, 2531). Zur Anspruchshöhe beschränkt sich der Vortrag der Beklagten lediglich darauf, die Höhe der angebotenen Forderung als „nicht einlassungsfähig und nachvollziehbar“ (Klageerwiderung, Bl. 63 GA) zu bezeichnen. Damit konnte die Kammer hinsichtlich der Nutzungsersatzhöhe vom üblichen Zinssatz als Berechnungsgrundlage ausgehen.
53Nach der Forderungsaufstellung der Kläger zum gegenständlichen Darlehensvertrag (Anlage K5, Bl 21 ff. GA) haben sie insgesamt 185.696,00 € auf das Darlehen (Nettodarlehensbetrag 240.000,00 €) gezahlt. Dieser Betrag setzt sich aus monatlichen Zahlungen in Höhe von 1.152,00 € ab dem 30.01.2011 (insgesamt 12-mal = 13.824,00 €) und in Höhe von 1.552,00 € ab dem 30.01.2012 (insgesamt 36-mal = 55.872,00 €) sowie einmaligen Zahlungen zu 12.000,00 € am 01.10.2010, 07.02.2012 und 09.01.2015, zu 62.000,00 € am 30.09.2010, 6.000,00 € am 03.02.2013, 8.000,00 € am 08.07.2014 und 4.000,00 € am 01.09.2014 zusammen.
54Die klägerische Forderung in Höhe von 30.494,92 € ergibt sich aus den Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach obiger Berechnungsgrundlage. Insoweit ist die Forderungsaufstellung (Anlage K5, Bl 21 ff. GA) nachvollziehbar. Hierzu exemplarisch:
55(1) Einmalige Zahlung in Höhe von 62.000,00 € (30.09.2010)
56Nach der Forderungsaufstellung der Kläger käme es zu einem Nutzungsersatz in Höhe von 12.847,91 € durch Addition der Zinsbeträge nach dem jeweiligem Basiszinssatz.
57Nach Überprüfung durch die Kammer unter Zuhilfenahme eines Zinsrechners:
5859
Es ergibt sich ein Betrag in Höhe von 12.849,02 €. Die marginale Abweichung in Höhe von 1,11 € ist dabei als Rundungsdifferenz zu werten.
60(2) Einmalige Zahlung in Höhe von 6.000,00 € (03.02.2013)
61Nach der Forderungsaufstellung der Kläger käme es hier zu einem Nutzungsersatz in Höhe von 516,69 € durch Addition der Zinsbeträge nach dem jeweiligem Basiszinssatz.
62Nach Überprüfung durch die Kammer unter Zuhilfenahme eines Zinsrechners:
63 64Es ergibt sich ein Betrag in Höhe von 517,93 €. Die marginale Abweichung in Höhe von 1,24 € ist dabei wiederum als Rundungsdifferenz zu werten.
65Die Aufstellung der Kläger ist nach Auffassung der Kammer nachvollziehbar und mathematisch richtig. Im Übrigen kann die Beklagte sich nicht darauf beschränken, die geltend gemachte Nutzungsentschädigung dem Grunde und der Höhe nach pauschal zu bestreiten (vgl. Klageerwiderung, Bl. 63 GA). Im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast (Zöller/Greger 30.Auflage, § 138, Rn. 8 ff.) genügt das einfache Bestreiten hier nicht. Erfüllt der Darlegungspflichtige seine Substantiierungslast, muss sich auch der Gegner substantiiert äußern (Zöller/Greger 30.Auflage, § 138, Rn. 8 a). Die Beklagte hätte unter Beachtung obiger Grundsätze darlegen müssen, dass die Berechnung fehlerhaft erfolgt ist und warum dies der Fall ist bzw. dass die angegebenen Zahlungen (so) nicht erfolgt sind. Dabei wäre Letzteres für sie mit Leichtigkeit feststellbar gewesen. Ein Blick in das bei der Beklagten EDV-mäßig geführte Darlehenskonto hätte gereicht, um die Zahlung der Beträge nachzuvollziehen und ggf. substantiiert bestreiten zu können.
66bb)Als Darlehensnehmer haben die Kläger die ausgezahlte Nettodarlehenssumme an den Darlehensgeber zurückzugewähren, § 346 Abs. 1 BGB. Diese betrug ursprünglich 240.000,00 €. Hierauf haben die Kläger insgesamt 185.696,00 € gezahlt. Mit dem Anspruch auf Erstattung aller auf die Tilgung entfallenden Zinsen gemäß § 346 Abs.1 BGB haben sie nach §§ 387 ff. BGB die Aufrechnung erklärt, so dass ein Restbetrag in Höhe von 77.231,76 € verbleibt, was von der Beklagten im Übrigen gleichfalls nicht substantiiert bestritten worden ist (vgl. Klageerwiderung, Bl. 63 GA). Sie kann sich auch hier nicht darauf beschränken, die angebotene Restvalutazahlung dem Grunde und der Höhe nach pauschal zu bestreiten. Auch hierzu trifft sie eine sekundären Darlegungslast (Zöller/Greger 30.Auflage, § 138, Rn. 8 ff.). Es wäre insoweit eine substantiierte Darlegung erforderlich gewesen, wie hoch die noch ausstehende Darlehnsvaluta tatsächlich ist bzw. welche Zahlungen seitens der Kläger hierauf geflossen sind (s.o.).
67Hinsichtlich des erhaltenen Darlehens schulden die Kläger ferner Wertersatz für die zeitlich begrenzte Möglichkeit der Kapitalnutzung nach § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB. Grundsätzlich steht dem Darlehnsgeber neben dem Anspruch auf Rückzahlung des ausgezahlten Nettodarlehnsbetrages eine marktübliche Verzinsung zu (vgl. BGH, Urt. v. 12.11.2002 – XI ZR 47/01, NJW 2003, 422, 423). Zur Bemessung der marktüblichen Verzinsung kann nach § 346 Abs. 2 S. 2, 1. Hs. BGB auf den vertraglich vereinbarten Sollzinssatz abgestellt werden, wobei dem Darlehensnehmer gemäß § 346 Abs. 2 S. 2, 2. Hs. BGB der Nachweis offensteht, dass der marktübliche Zinssatz für ein vergleichbares Darlehen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geringer gewesen wäre (vgl. MüKo-BGB/Masuch, 6. Aufl. 2012, § 357 Rn. 33). Der Nachweis, dass der marktübliche Zinssatz geringer gewesen wäre, kann der Darlehensnehmer bereits dadurch führen, dass er auf die in der EWU-Zinsstatistik ausgewiesenen Zinssätze verweist (vgl. Servais in: NJW 2014, 3748, 3749). Dies haben die Kläger nicht getan; vielmehr berufen sie sich auf den vereinbarten Zins (Bl. 4/5 d. GA). Die marktübliche Verzinsung richtet sich daher gemäß § 346 Abs. 2 Satz 2 BGB nach dem vertraglich vereinbarten Zinssatz – hier in Höhe von 4,76% (siehe Anlage K1, Bl. 7 d. GA). Gegen den Anspruch der Beklagten auf Verzinsung der Valuta in Höhe von 240.000,00 € haben die Kläger gemäß §§ 389 ff. BGB die Aufrechnung mit dem Anspruch auf Auskehrung der Raten erklärt, soweit sie auf Zinsen geleistet wurden, womit dieser Anspruch vollständig erloschen ist, vgl. § 389 BGB.
68f)Ferner war i. S. d. § 256 ZPO festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der angebotenen Restdarlehensvaluta in Höhe von 77.231,76 € in Annahmeverzug befindet, §§ 293 ff. BGB. Die Zahlung dieses Betrages ist ihr bereits im Schreiben vom 12.01.2015 (Anlage K4, Bl. 18 ff. GA) i. S. d. § 295 BGB angeboten worden.
69g)Die Hauptforderung in Höhe von 30.494,92 € ist nach §§ 286 Abs. 1, 288 BGB mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligem Basiszinssatz zu verzinsen. Der Beginn richtet sich nach § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB, Verzugsbeginn bei Geldschulden. Dieser fällt hier - entgegen dem Antrag der Kläger – auf den 27.01.2015. Mit Schriftsatz vom 12.01.2015 (Anl. K4, Bl. 18 f. GA) wurde die Beklagte aufgefordert, den Widerruf bis zum 26.01.2015 „anzuerkennen“ und Nutzungsersatz zu zahlen. Nach § 187 BGB befindet sich die Beklagte seit dem 27.01.2015 in Verzug mit der Zahlung.
702.Die Kläger haben hingegen keinen Anspruch auf Zahlung von 30.494,92 € Zug-um-Zug gegen Zahlung von 70.647,96 € aus §§ 357 Abs. 1 a.F., 346, 348, 495 BGB. Die Erklärung des Widerrufs gemäß § 355 a. F. BGB erfolgte verspätet mit der Folge, dass der Vertrag vom 17.09.2010, Darlehnskonto …, nicht wirksam widerrufen worden ist.
71a)Der Darlehensvertrag wurde am 17.09.2010 geschlossen, weshalb nach Art. 229 § 9 Abs. 1, § 22 Abs. 1 EGBGB das BGB in der damals geltenden Fassung anzuwenden ist, d.h.
72- § 355 BGB in der Fassung vom 11.06.2010, gültig bis zum 13.06.2014
73- § 357 BGB in der Fassung vom 11.06.2010, gültig bis zum 04.08.2011
74- § 360 BGB in der Fassung vom 11.06.2010, gültig bis zum 12.06.2014
75- § 495 BGB in der Fassung vom 30.07.2010, gültig bis zum 13.06.2014
76- Art 246 EGBGB in der Fassung vom 11.06.2010, gültig bis zum 22.02.2011.
77b)Den Klägern stand als Darlehensnehmer auch bezüglich dieses Vertrages grds. ein Widerrufsrecht nach §§ 495 Abs. 1, 355 Abs. 1 BGB a.F. zu, da es sich vorliegend um einen Verbraucherdarlehensvertrag handelt.
78c)Der Widerruf wurde richtigerweise von den Klägern als unteilbares Recht mit Schriftsatz vom 31.12.2014 (Anl. K3, Bl. 16 f. G) gemeinsam i.S.v. §§ 357 Abs. 1 a. F., 349, 351BGB erklärt (siehe insoweit 1. c)).
79d)Der Widerruf erfolgte jedoch nicht fristgemäß i.S.v. § 355 BGB a.F. Die zweiwöchige Widerrufsfrist nach § 355 Abs. 2 Satz 1 a.F. war zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung am 31.12.2014 seit über vier Jahren verstrichen. Daneben steht den Klägern auch kein zeitlich unbegrenztes Widerrufsrecht nach Absatz 4 zu, da die Belehrung ordnungsgemäß erfolgte. Hierzu im Einzelnen:
80aa)Die Beklagte kann sich zwar auch hinsichtlich des Darlehensvertrages vom 17.09.2010 nicht auf eine Gesetzlichkeitsfiktionen berufen, doch ist die Belehrung im Übrigen ordnungsgemäß und entspricht den seinerzeit gültigen Vorschriften, insbesondere § 495 Abs. 2 S. 1 Nr.1 i. V. m. Art. 247 § 6 Abs. 2 BGB.
81Die BGB-InfoV ist mit Wirkung zum 11.06.2010 (durch Gesetz v. 29. 7. 2009 - BGBl. I S. 2355) in weiten Teilen aufgehoben worden. Insbesondere die Regelungen aus § 14 Abs.1 sowie der Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV sind entfallen, so dass sich die Beklagte jedenfalls nicht mehr auf die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 a. F. berufen kann.
82Vorliegend entspricht die Belehrung der Beklagten auch nicht dem Muster der Anlage 6 zu Art 247 § 6 Abs. 2 EGBGB, der insoweit die Musterbelehrung aus der Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV ersetzt. Nach Art. 247 § 6 Abs.2 S. 3 EGBGB genügt die Verwendung des Musters aus Anlage 6 im Darlehensvertrag den Anforderungen, die § 6 an einen Verbraucherdarlehensvertrag stellt, wenn die Klausel in hervorgehobener und deutlicher Form vorliegt. Insoweit wird der Gedanke der Fiktion einer ordnungsgemäßen Belehrung fortgesetzt. Die Anforderungen entsprechen dabei denen, die vom BGH bereits an § 14 BGB-InfoV gestellt hat. Das bedeutet, dass der Wortlaut der Belehrung in jeder Hinsicht vollständig der Musterbelehrung entsprechen muss. Sobald der Verwender den Text der Musterbelehrung einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzieht, kann er sich schon deshalb nicht mehr auf die oben beschriebene Gesetzlichkeitsfiktion berufen. Dies gilt unabhängig vom konkreten Umfang der von ihm vorgenommenen Änderungen, zumal sich schon mit Rücksicht auf die Vielgestaltigkeit möglicher individueller Veränderungen des Musters keine verallgemeinerungsfähige bestimmte Grenze ziehen lässt, bei deren Einhaltung eine Schutzwirkung noch gelten und ab deren Überschreitung sie bereits entfallen soll (vgl. BGH, Urt. v. 28.06.2011 - XI ZR 349/10, NJW-RR 2012, 183, 185; OLG Hamm, Urt. v. 19.11.2012 – 31U 97/12, Rn. 77 ff. bei juris).
83Im Muster der Anlage 6 heißt es:
84„Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB (z. B. Angabe zur Art des Darlehens, Angabe zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat“
85Die Beklagte weicht hiervon in ihrer Vertragsklausel (Bl. 14 GA) ab, indem sie formuliert:
86„Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB (z. B. Angabe des effektiven Jahreszinses, Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrages, Angabe der für die T zuständigen Aufsichtsbehörde) erhalten hat.“
87Da es sich bei Art. 14 BGB-InfoV um die Vorgängerregelung des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB handelt, gelten die gleichen Anforderungen und die Beklagte kann sich nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB berufen.
88bb)Der Darlehensvertrag der Beklagten enthält aber die nach § 492 Abs. 2 BGB i. V. m. Art. 247 § 6 EGBGB erforderlichen Pflichtangaben, so dass die Widerrufsfrist auch nach den Anforderungen des § 495 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 lit. b) BGB in Gang gesetzt worden ist. Gemäß § 495 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB a.F. ersetzen die verpflichtenden Angaben nach Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB die eigentlich nach § 355 BGB vorgeschriebene Widerrufsbelehrung. Aufgrund der Vorschrift des § 495 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB ist eine gesonderte Widerrufsbelehrung nach Maßgabe des § 360 BGB nicht erforderlich, stattdessen genügt es, wenn die erforderlichen Pflichtangaben in den Darlehensvertrag aufgenommen werden (vgl. MüKo/Schürnbrand, BGB, 6. Aufl. 2012, § 495 Rn. 7).
89Den Klägern wurden sowohl die Pflichtangaben nach Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB als auch diejenigen nach § 492 Abs. 2 BGB mitgeteilt, so dass die 14-tägige Widerrufsfrist nach §§ 355 Abs. 3 S. 1 i. V. m. § 495 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 lit. b) BGB bereits am Tag des Vertragsschlusses, also dem 17.09.2010 begann.
90Da sich die Beklagte nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen kann (s.o.), muss die Vertragsklausel als solche den Anforderungen des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 1 und S. 2 EGBGB genügen. Dazu muss die Vertragsklausel folgende Angaben enthalten:
91- Angaben zur Frist und „anderen Umständen“ für die Erklärung des Widerrufs
92- Hinweis auf Verpflichtung des Darlehensnehmers, ein bereits ausbezahltes Darlehen zurückzuzahlen und Zinsen zu vergüten
93- Angabe des pro Tag zu zahlenden Zinsbetrages.
94Hierzu im Einzelnen:
95(1)Die Widerrufsbelehrung enthält Angaben zur Frist und „anderen Umständen“ für die Erklärung des Widerrufs. Derartige Angaben sind in Ziffer 14 des Darlehensvertrages enthalten, da es dort heißt:
96„Der Darlehensnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB (z. B. Angabe des effektiven Jahreszinses, Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrages, Angabe der für die T zuständigen Aufsichtsbehörde) erhalten hat.“
97Soweit die Beklagte durch ihre Aufzählung in dem Klammerzusatz von dem Muster der Anlage 6 abweicht, ist dies unschädlich, da es sich insoweit ebenfalls um Angaben handelt, die nach Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB a.F. bzw. § 492 Abs. 2 BGB a.F. vorgesehen sind: Die Angaben des effektiven Jahreszinses (Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB), zum einzuhaltenden Verfahren bei Kündigung (Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB) und der für den Darlehensgeber zuständigen Aufsichtsbehörde (Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB).
98(2)Daneben enthält die Belehrung auch den Hinweis auf die Verpflichtung, das Darlehen zurückzuzahlen und Zinsen zu vergüten. In Ziffer 14 des Vertrages wird darauf hingewiesen, dass ein bereits ausbezahltes Darlehen zurückzuzahlen ist und Zinsen zu vergüten sind. Unter Ziffer 14 des Darlehensvertrages heißt es:
99„Der Darlehensnehmer hat innerhalb von 30 Tagen das Darlehen, soweit es bereits ausbezahlt wurde, zurückzuzahlen und für den Zeitraum zwischen der Auszahlung und der Rückzahlung des Darlehens den vereinbarten Sollzins zu entrichten.“
100(3)Gleiches gilt hinsichtlich der Angabe des pro Tag zu zahlenden Zinsbetrages. Im Darlehensvertrag der Beklagten wird wiederum in Ziffer 14 auch der pro Tag zu zahlende Zinsbetrag konkret angegeben. Dort heißt es nämlich:
101„Für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung ist bei vollständiger Inanspruchnahme des Darlehens pro Tag ein Zinsbetrag in Höhe von 6,27 EUR […] zu zahlen.“
102(4)Soweit die Kläger einwenden, dass die Belehrung zu klein geschrieben und drucktechnisch nicht hervorgehoben sei, steht dies der Annahme einer ordnungsgemäßen Information nach Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB nicht entgegen. In § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB heißt es, dass das Muster der Anlage 6 in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form zu verwenden ist. Dies ist für den hier vorliegenden Fall schon deshalb ohne Bedeutung, weil die Gesetzlichkeitsfiktion des § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB zugunsten der Beklagten aus den oben dargestellten Gründen ohnehin nicht greift. Hinzu kommt, dass Art. 247 § 2 Abs. 2 S. 3 EGBGB dem Verwender des Musters ausdrücklich gestattet, alle erforderlichen Angaben gleichartig zu gestalten. Die Gesetzlichkeitsfiktion des § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB greift hier nicht (s.o.), so dass sich die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Information allein nach der Vorschrift des § 6 Abs. 2 S. 1 und S. 2 EGBGB richten, die jedoch keine besondere Hervorhebung oder graphische Gestaltung verlangt. Für eine ordnungsgemäße Information reicht es daher aus, wenn die Angaben - wie vorliegend - klar und verständlich formuliert sind. Ferner erlaubt sich die Kammer den ergänzenden Hinweis, dass die Widerrufsbelehrung drucktechnisch ohnehin nicht zu beanstanden ist. Die Überschriften sind durch Fettdruck hervorgehoben (Bl. 14 f. GA). Der eigentliche Text ist in gut lesbarer Schrift verfasst, wobei die Angabe des Widerrufsadressaten durch Unterstreichungen besonders gekennzeichnet ist.
103cc)Die Kläger haben ferner die zusätzlichen Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB a. F. erhalten. Damit ist die Widerrufsfrist auch nach § 495 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 lit. b) a.F. BGB in Gang gesetzt worden. Nach dieser Vorschrift muss der Vertrag die für den Verbraucherdarlehensvertrag vorgeschriebenen Angaben nach Artikel 247 §§ 6 bis 13 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch enthalten. Vorliegend handelt es sich um einen Immobiliardarlehensvertrag i. S. d. § 503 Abs. 1 BGB, der den Klägern zum Erwerb einer Wohnimmobile in W diente. Damit richtet sich der Umfang der Aufklärungspflichten nach Art. 247 § 9 EGBGB (vgl. MüKo/Schürnbrand, BGB, 6. Aufl. 2012, § 503 Rn. 13). Ein solcher Vertrag liegt nach der Legaldefinition in § 503 Abs. 1 S. 1 BGB vor, wenn die Zurverfügungstellung des Darlehens von der Sicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig gemacht wurde und zu Bedingungen erfolgte, die für grundpfandrechtlich abgesicherte Verträge und deren Zwischenfinanzierung üblich sind. Eine Abhängigkeit der Gewährung des Darlehens von der Bestellung eines Grundpfandrechts ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn das Grundpfandrecht die einzige Sicherheit ist (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 74. Aufl. 2015, § 503 Rn. 2). So liegt der Fall hier. Das Darlehen ist zu den Bedingungen gewährt worden, die für grundpfandrechtlich abgesicherte Verträge üblich sind. Übliche Bedingungen sind die marktüblichen, bei denen die Verzinsung deutlich unter der für Personaldarlehen liegt (vgl. Palandt/Weidenkaff, a.a.O.). Der hier vereinbarte effektiven Jahreszinses von 3,31 % lag zum Abschlusszeitpunkt im Jahre 2010 deutlich unter der Verzinsung für Personaldarlehen. Dies ist insoweit gerichtsbekannt, vgl. § 291 ZPO.
104Der Umfang der Mitteilungspflichten richtet sich somit nach Art 247 § 9 EGBGB und ist bei Immobiliardarlehen erheblich reduziert. Bei Immobiliardarlehensverträgen sind nur die Angaben nach Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 7, 10 und 13 sowie nach § 3 Abs. 4 und nach § 8 EGBGB zwingend. Weitere Angaben können aus anderen Rechtsgründen geboten sein oder freiwillig aufgenommen werden (vgl. MüKo/Schürnbrand, BGB, 6. Aufl. 2012, § 503 Rn. 13). In § 9 heißt es:
105„Bei Verträgen gemäß § 503 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind in der vorvertraglichen Information und im Verbraucherdarlehensvertrag abweichend von den §§ 3 bis 8, 12 und 13 die Angaben nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 7, 10 und 13 sowie nach § 3 Abs. 4 und nach § 8 zwingend. Die vorvertragliche Information muss auch einen deutlich gestalteten Hinweis darauf enthalten, dass der Darlehensgeber Forderungen aus dem Darlehensvertrag ohne Zustimmung des Darlehensnehmers abtreten und das Vertragsverhältnis auf einen Dritten übertragen darf, soweit nicht die Abtretung im Vertrag ausgeschlossen wird oder der Darlehensnehmer der Übertragung zustimmen muss. Der Vertrag muss ferner die Angaben zum Widerrufsrecht nach § 6 Abs. 2 enthalten“
106Die Beklagte hat die oben bezeichneten Mitteilungspflichten erfüllt. Hierzu im Einzelnen:
107(1)Die erforderlichen Angaben nach Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 7, 10 und 13 EGBGB sind im Darlehensvertrag enthalten. Hierbei handelt es sich im Einzelnen um folgende Informationen:
108Art. 247 § 3 Abs. 1:
109Die Unterrichtung vor Vertragsschluss muss folgende Informationen enthalten:
1101. den Namen und die Anschrift des Darlehensgebers: T1, E-Str. …, F
1112. die Art des Darlehens: Darlehen mit Annuitätentilgung, vgl. Ziffer 1 des Vertrages
1123. den effektiven Jahreszins: 3,31 %, vgl. Ziffer 2.3 des Vertrages
1134. den Nettodarlehensbetrag: 74.000,00 €, vgl. Ziffer 2.2 des Vertrages
1145. den Sollzinssatz: 3,45 % vgl. Ziffer 2.1 des Vertrages
1156. die Vertragslaufzeit: 523 Monate, vgl. Ziffer 2.7 des Vertrages
1167. Betrag, Zahl und Fälligkeit der einzelnen Teilzahlungen: genannt vgl. Ziffer 2.7 des Vertrages
117[…]
11810. alle sonstigen Kosten, insbesondere in Zusammenhang mit der Auszahlung oder der Verwendung eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments, mit dem sowohl Zahlungsvorgänge als auch Abhebungen getätigt werden können, sowie die Bedingungen, unter denen die Kosten angepasst werden können: angegeben vgl. Ziffer 2.4
119[…]
12013. das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufsrechts: ebenfalls angegeben vgl. Ziffer 14 des Vertrages
121(2)Die erforderlichen Angaben nach Art. 247 § 3 Abs. 4 EGBGB sind im Darlehensvertrag ebenfalls enthalten. In Art. 247 § 3 Abs. 4 EGBGB heißt es hierzu:
122„Die Angabe zum Sollzinssatz muss die Bedingungen und den Zeitraum für seine Anwendung sowie die Art und Weise seiner Anpassung enthalten. Ist der Sollzinssatz von einem Index oder Referenzzinssatz abhängig, sind diese anzugeben. Sieht der Verbraucherdarlehensvertrag mehrere Sollzinssätze vor, sind die Angaben für alle Sollzinssätze zu erteilen. Sind im Fall des Satzes 3 Teilzahlungen vorgesehen, ist anzugeben, in welcher Reihenfolge die ausstehenden Forderungen des Darlehensgebers, für die unterschiedliche Sollzinssätze gelten, durch die Teilzahlungen getilgt werden.“
123Auch dieser Mitteilungspflicht ist die Beklagte in Ziffer 2.1 des Darlehensvertrages (Bl. 11 GA) nachgekommen. Dort wird angegeben, dass der Sollzinssatz bis zum 30.09.2020 gebunden ist und der veränderliche Zinssatz bei Vertragsschluss 3,45 % betrug. Außerdem wird mitgeteilt, dass sich die Anpassung des Sollzinssatzes nach der Veränderung des 3-Monats-Euribor, kaufmännisch gerundet auf zwei Nachkommastellen, als Referenzzinssatz richtet, wobei die genaue Methode noch weiter beschrieben wird.
124(3)Die Angaben nach Art. 247 § 8 Abs. 4 EGBGB waren im vorliegenden Fall nicht erforderlich. In Art. 247 § 8 EGBGB heißt es:
125„(1) Verlangt der Darlehensgeber zum Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags, dass der Darlehensnehmer zusätzliche Leistungen des Darlehensgebers annimmt oder einen weiteren Vertrag abschließt, insbesondere einen Versicherungsvertrag oder Kontoführungsvertrag, hat der Darlehensgeber dies zusammen mit der vorvertraglichen Information anzugeben. In der vorvertraglichen Information und im Vertrag sind Kontoführungsgebühren sowie die Bedingungen, unter denen sie angepasst werden können, anzugeben.
126(2) Dienen die vom Darlehensnehmer geleisteten Zahlungen nicht der unmittelbaren Darlehenstilgung, sind die Zeiträume und Bedingungen für die Zahlung der Sollzinsen und der damit verbundenen wiederkehrenden und nicht wiederkehrenden Kosten im Verbraucherdarlehensvertrag aufzustellen. Verpflichtet sich der Darlehensnehmer mit dem Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags auch zur Vermögensbildung, muss aus der vorvertraglichen Information und aus dem Verbraucherdarlehensvertrag klar und verständlich hervorgehen, dass weder die während der Vertragslaufzeit fälligen Zahlungsverpflichtungen noch die Ansprüche, die der Darlehensnehmer aus der Vermögensbildung erwirbt, die Tilgung des Darlehens gewährleisten, es sei denn, dies wird vertraglich vereinbart“
127Vorliegend sind die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 bzw. Abs. 2 EGBGB nicht einschlägig, so dass es nach Auffassung der Kammer keiner weiteren Angaben bedurfte. Die Kläger haben weder eine zusätzlichen Versicherungs- oder Kontoführungsvertrag abgeschlossen noch haben sie sich zur Vermögensbildung verpflichtet.
128(4)Der nach Art 247 § 9 Abs. 1 S. 2 erforderliche Hinweis auf die mögliche Abtretung bzw. Übertragbarkeit liegt vor. Unter Ziffer 12 des Darlehensvertrages werden umfangreiche Angaben zur Abtretbarkeit der Darlehensforderung und zur Übertragbarkeit des Vertragsverhältnisses gemacht.
129(5)Auch der Hinweis auf das Widerrufsrecht nach Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB findet sich im Darlehensvertrag der Beklagten. Dessen Vorliegen wurde bereits im Zusammenhang mit §§ 355 Abs. 3 S. 1, 495 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB a.F. erörtert. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird daher auf die obigen Ausführungen (unter cc) (1)) Bezug genommen.
130(6)Die Angabe der zuständigen Aufsichtsbehörde war - entgegen der Ansicht der Kläger - entbehrlich, weil nach § 503 BGB mit den Sonderregelungen aus Artikel 247 § 9 EGBGB nicht auf Artikel 247 § 6 Abs. 1 EGBGB verwiesen wird (s.o.), in dem der Hinweis auf eben diese Behörde unter Nr. 3 enthalten ist.
131III.
132Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 S. 1, 281 Abs. 3 S. 2 ZPO.
133Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 709 S. 1 und S. 2 ZPO.
134Streitwert: 79.788,16 Euro.
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
Tenor
1.
Die Klage wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Rechtsstreits nach einem Streitwert von bis zu 95.000,00 € bis zum 28.04.2016, von bis zu 380.000,00 € bis zum 17.05.2016 und von bis zu 95.000,00 € seitdem tragen die Kläger.
3.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Kläger verlangen mit der vorliegenden Klage die Rückabwicklung zweier Verbraucherdarlehensverträge nach erklärtem Widerruf.
3Zur Finanzierung des Erwerbs einer eigengenutzten Doppelhaushälfte in F schlossen die Kläger mit der Beklagten am 12.08./17.08.2009 einen Wohnungsbau-Darlehensvertrag zur Hauptdarlehensnummer ########## über einen Nennbetrag von 171.000,00 € bei einer Festzinsperiode bis zum 30.09.2019 und einem anfänglichen effektiven Jahreszins von 4,58 % (Anlagenkonvolut B2).
4Die Seiten 5/17, 6/17 (diese beiden Seiten enthalten eine Widerrufsbelehrung) und 7/17 des Darlehensantrages haben folgenden Inhalt (Kopien aus dem Anlagenkonvolut K1):
5An dieser Stelle befindet sich eine Widerrufsbelehrung.
6Ferner schlossen die Kläger mit der Beklagten am 31.08./02.09.2009 einen Darlehensvertrag über Finanzierungsmittel aus dem KfW-Wohneigentumsprogramm zur Hauptdarlehensnummer ########## über einen Nennbetrag von 100.000,00 € bei einer Festzinsperiode (ebenfalls) bis zum 30.09.2019 und einem anfänglichen effektiven Jahreszins von 4,42 % (Anlagenkonvolut B4).
7Dieser Vertrag enthielt in separater Anlage auf Blatt 7 bis Blatt 9 die nachfolgend wiedergegebene Widerrufsbelehrung (Kopien aus dem Anlagenkonvolut K1):
8An dieser Stelle befindet sich eine weitere Widerrufsbelehrung.
9Mit Schreiben vom 10.06.2015 (Anlage K2) erklärten die Kläger den Widerruf ihrer auf Abschluss der beiden oben bezeichneten Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen. Den Widerruf wies die Beklagte mit Schreiben vom 26.08.2015 (Anlage K4) zurück.
10Die Kläger sind der Ansicht, dass die von der Beklagten verwendeten Widerrufsbelehrungen nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprächen, weshalb der Lauf der Widerrufsfrist jeweils nicht in Gang gesetzt worden sei.
11Ursprünglich – mit der Klageschrift vom 16.09.2015 – haben die Kläger beantragt:
12- 13
1. Es wird festgestellt, dass die Kläger aus dem Darlehensvertrag vom 17.08.2009 mit der Nummer ########## aufgrund des Widerrufs vom 10.06.2015 nur noch die Zahlung eines Betrages in Höhe von 152.411,88 € schulden.
- 15
2. Es wird festgestellt, dass die Kläger aus dem Darlehensvertrag mit der Nummer ########## aufgrund des Widerrufs vom 10.06.2015 nur noch die Zahlung eines Betrages von 89.825,95 € schulden.
- 17
3. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien geschlossene Darlehensvertragsverhältnis mit der Nummer ########## über den Darlehensbetrag in Höhe von 171.000,00 € durch Widerruf vom 10.06.2015 in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt wurde.
- 19
4. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien geschlossene Darlehensvertragsverhältnis mit der Nummer ########## über den Darlehensbetrag in Höhe von 171.000,00 € durch Widerruf vom 10.06.2015 in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt wurde.
Mit Schriftsatz vom 25.04.2016 haben die Kläger ihre Anträge wie folgt geändert bzw. erweitert:
21- 22
1. Es wird festgestellt, dass die Kläger aus dem Darlehensvertrag vom 17.08.2009 mit der Nummer ########## aufgrund des Widerrufs vom 10.06.2015 nur noch die Zahlung eines Betrages in Höhe von 153.205,48 € schulden.
- 24
2. Es wird festgestellt, dass die Kläger aus dem Darlehensvertrag mit der Nummer ########## aufgrund des Widerrufs vom 10.06.2015 nur noch die Zahlung eines Betrages von 89.627,58 € schulden.
- 26
3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rückabwicklung des Darlehensvertrages mit der Nummer ########## in Verzug befindet.
- 28
4. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rückabwicklung des Darlehensvertrages mit der Nummer ########## in Verzug befindet.
- 30
5. Die Beklagte zu verurteilen, den Klägern eine löschungsfähige Quittung nach den §§ 1192 Abs. 1, 1168 BGB für die im Grundbuch von B des Amtsgerichts K, Band 84, Blatt 2597, Flur 6, Flurstück 543/2 eingetragene Grundschuld über 271.000,00 € zu erteilen Zug-um-Zug gegen Zahlung in Höhe von 242.833,06 €.
- 32
6. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger, die nach der Widerrufserklärung auf den Darlehensvertrag ########## geleisteten monatlichen Darlehensraten in Höhe von 779,48 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz jeweils seit dem 01.07.2015, dem 01.08.2015, dem 01.09.2015, dem 01.10.2015, dem 01.11.2015, dem 01.12.2015, dem 01.01.2016, dem 01.02.2016, dem 01.03.2016 und seit dem 01.04.2016 zurückzugewähren.
- 34
7. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger, die nach der Widerrufserklärung auf den Darlehensvertrag ########## geleisteten vierteljährlichen Darlehensraten in Höhe von 1.411,77 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz jeweils seit dem 01.07.2015, dem 01.10.2015, dem 01.01.2016 und seit dem 01.04.2016 zurückzugewähren.
- 36
8. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB aus einem Betrag in Höhe von 83.491,50 € seit dem 11.06.2015 bis zum Zeitpunkt der Rückzahlung der Darlehensvaluta zu zahlen.
Auf entsprechenden Hinweis des Gerichts mit Verfügung vom 02.05.2016 (Bl. 118 f. d.A.) haben die Kläger mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 13.05.2016 (Bl. 123 d.A.) den vorstehenden Klageantrag zu Ziff. 5. zurückgenommen.
38Die Kläger beantragen nunmehr (unter erneuter Antragsumstellung mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 13.06.2016, dort S. 2 f. = Bl. 135 f. d.A.):
39- 40
1. Es wird festgestellt, dass Klägerseite an die Beklagte aus dem Darlehensvertrag vom 12.08.2009 mit der Darlehensnummer ########## über ursprünglich 171.000,00 € zum Stichtag 01.07.2015 aufgrund des wirksam erklärten Widerrufs keinen über einen Betrag in Höhe von 153.476,03 € hinausgehenden Betrag zu zahlen hat.
- 42
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rückabwicklung der streitgegenständlichen Darlehensverträge in Verzug befindet.
Hilfsweise:
44Es wird festgestellt, dass die Beklagte zum Stichtag 01.07.2015 ihren Anspruch auf Verzinsung der noch offenen Valuta verloren hat.
45- 46
3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite aus einem Betrag in Höhe von 53.004,64 € Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB für die Zeit zwischen dem 01.07.2015 bis zum Zeitpunkt der Rückzahlung der Darlehensvaluta zu zahlen.
- 48
4. Es wird festgestellt, dass die Klägerseite für jede Zahlung, die die Klägerseite an die Beklagte ab dem 01.07.2015 vornimmt, Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB für die Zeit zwischen dem Datum der Anweisung der Zahlung und der Rückführung des Darlehens zu zahlen hat.
- 50
5. Es wird festgestellt, dass Klägerseite an die Beklagte aus dem Darlehensvertrag vom 31.08.2009 mit der Darlehensnummer ########## über ursprünglich 100.000,00 € zum Stichtag 01.07.2015 aufgrund des wirksam erklärten Widerrufs keinen über einen Betrag in Höhe von 89.780,57 € hinausgehenden Betrag zu zahlen hat.
- 52
6. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rückabwicklung der streitgegenständlichen Darlehensverträge in Verzug befindet.
Hilfsweise:
54Es wird festgestellt, dass die Beklagte zum Stichtag 01.07.2015 ihren Anspruch auf Verzinsung der noch offenen Valuta verloren hat.
55- 56
7. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite aus einem Betrag in Höhe von 30.486,86 € Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB für die Zeit zwischen dem 01.07.2015 bis zum Zeitpunkt der Rückzahlung der Darlehensvaluta zu zahlen.
- 58
8. Es wird festgestellt, dass die Klägerseite für jede Zahlung, die die Klägerseite an die Beklagte ab dem 01.07.2015 vornimmt, Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB für die Zeit zwischen dem Datum der Anweisung der Zahlung und der Rückführung des Darlehens zu zahlen hat.
- 60
9. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von 4.541,99 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit für die außergerichtliche anwaltliche Rechtsverfolgung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
62die Klage abzuweisen.
63Sie ist der Ansicht, dass der Widerruf der Kläger verfristet sei. Ferner hält die Beklagte das Widerrufsrecht für verwirkt und wendet überdies eine unzulässige Rechtsausübung bzw. Rechtsmissbrauch ein.
64Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
65Entscheidungsgründe:
66I.
67Die Klage ist zulässig, wobei das Gericht die zuletzt gestellten Anträge (Schriftsatz vom 13.06.2016, dort S. 2 f. = Bl. 135 f. d.A.) zu Ziff. 2. und 6. (wortidentisch) sowie zu Ziff. 4. und 8. (ebenfalls wortidentisch) bei verständiger Würdigung dahingehend auslegte, dass der Antrag zu Ziff. 6. (der beide Darlehensverträge betrifft) nicht (doppelt) gestellt sein soll und die Anträge zu Ziff. 4. und 8. um den jeweils betroffenen Darlehensvertrag (zu 4.: mit der Nummer ##########, zu 8.: mit der Nummer ##########) zu ergänzen sind.
68Die – so verstandene – Klage ist jedoch unbegründet.
691.
70Den Klägern steht kein Anspruch auf Rückzahlung erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen Zug um Zug gegen Rückgewähr empfangener Nettokreditbeträge gemäß §§ 346, 357 BGB a.F. zu. Ein wirksamer Widerruf der auf Abschluss der beiden Darlehensverträge (d.h. des Wohnungsbau-Darlehensvertrages zur Hauptdarlehensnummer ########## sowie des Darlehensvertrages über Finanzierungsmittel aus dem KfW-Wohneigentumsprogramm zur Hauptdarlehensnummer ##########) gerichteten Willenserklärungen liegt nicht vor.
71Zwar stand den Klägern im Zusammenhang mit dem Abschluss der beiden Darlehensverträge ein Widerrufsrecht nach Maßgabe der §§ 495, 355 Abs. 1 S. 2 u. Abs. 2 S. 1 u. S. 3 BGB a.F. zu. Der mit Schreiben der Kläger vom 10.06.2015 erklärte Widerruf entfaltet allerdings keine Wirkung, da die Frist des § 355 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. im Zeitpunkt der Absendung der Widerrufserklärung bereits längst abgelaufen war.
72Die von der Beklagten in beiden Darlehensverträgen verwendeten Widerrufsbelehrungen genügen in ihrer (optischen und) inhaltlichen Gestaltung den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB i.d.F. vom 08.12.2004 bis 10.06.2010.
73Die beiden Widerrufsbelehrungen unterscheiden sich nur marginal, nämlich wie folgt:
74- eingerahmt (Hauptdarlehen)/nicht eingerahmt (KfW-Darlehen),
75- Unterschiede in der optischen Gestaltung,
76- (Haupt-)Überschrift: WIDERRUFSRECHT/WIDERRUFSBELEHRUNG,
77- Unterstreichung des Worts „beiderseits“/fehlende Unterstreichung.
78Dass die Belehrung zum Hauptdarlehensvertrag die im Muster nicht vorgesehene Überschrift „WIDERRUFSRECHT“ trägt, ist unschädlich. Die Überschrift befindet sich außerhalb des eigentlichen Textes der Belehrung, ist somit nicht Teil der Widerrufsbelehrung selbst (vgl. BGH, Urt. v. 09.11.2011 – I ZR 123/10 – NJW 2012, 1814, 1816, Rn. 25).
79Soweit die Kläger meinen, dass der Kasten „Verbindlichkeit dieses Antrages/Bindefrist“ auf S. 7/17 des Hauptdarlehensvertrages verwirrende Angaben enthalte, dringen sie damit nicht durch. Denn diese Textpassage befindet sich nicht in der – die Seiten 5/17 und 6/17 der Vertragsurkunde umfassenden – Widerrufsbelehrung, sondern auf der darauffolgenden Seite 7/17.
80Die übrigen Beanstandungen betreffen beide Belehrungen gleichermaßen. Diese lassen die Belehrungen nicht falsch erscheinen. Im Einzelnen:
81a. Verwendung des Wortes „Widerspruch“
82Die einmalige Verwendung des Wortes „Widerspruch“ am Ende des mit der Überschrift „Adressat des Widerrufs“ eingeleiteten Absatzes begegnet keinen Bedenken, da aus der dazugehörigen Überschrift und dem Gesamtkontext der Belehrung unmissverständlich hervorgeht, dass hier Aussagen zu einem Widerrufsrecht getroffen werden (vgl. Urt. dieser Kammer v. 20.05.2016 – 3 O 199/15 – BeckRS 2016, 10061; OLG Celle, Hinweisbeschl. v. 23.03.2015 – 3 U 20/15 – abrufbar auf der Homepage der Beklagtenvertreter, dort unter Ziff. I.3. der Gründe = S. 7; LG Bonn, Urt. v. 09.11.2015 – 17 O 136/15 – BeckRS 2016, 05454; Urt. v. 05.11.2014 – 3 O 278/14 – BeckRS 2015, 07086; LG Lübeck, Urt. v. 31.10.2014 – 3 O 288/13 – zit. nach juris, Rn. 30).
83b. Einfügung von im Muster nicht vorgesehenen Zwischenüberschriften
84Auch die Einfügung der im Muster (Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV i.d.F. v. 04.08.2009 bis 10.06.2010) nicht vorgesehenen Zwischenüberschriften („Form des Widerrufs“, „Beginn der Widerrufsfrist“, „Adressat des Widerrufs“) ist unschädlich. Dies stellt zwar eine inhaltliche Abweichung vom Muster dar (vgl. dazu: LG Essen, Urt. v. 17.09.2015 – 6 O 190/15 – BeckRS 2016, 05983), begründet aber keinen Verstoß gegen § 355 Abs. 2 BGB a.F.
85c. Belehrung zum Beginn der Widerrufsfrist
86Die Belehrung zum Beginn der Widerrufsfrist ist nicht zu beanstanden (vgl. im Einzelnen hierzu: OLG Celle, a.a.O., dort unter Ziff. I.1. der Gründe = S. 5 f.; LG Köln, Urt. v. 05.08.2010 – 15 O 601/09 – zit. nach juris, Rn. 21-23; bestätigt durch OLG Köln, Beschl. v. 17.12.2010 – 13 U 176/10 – zit. nach juris). Das von den Klägervertretern auf S. 7-9 der Klageschrift zitierte Urteil des Bundesgerichtshofes vom 10.03.2009 (Az.: XI ZR 33/08; NJW 2009, 3572) ist nicht einschlägig: Dort ging es um das Angebot der Bank, während es vorliegend in der Widerrufsbelehrung um das Angebot der Kläger als Darlehensnehmer geht.
87d. fehlender Satz am Ende des Abschnitts „Widerrufsfolgen“
88Dass die Beklagte den Satz aus der Musterbelehrung „Die Frist beginnt für Sie mit der Absendung Ihrer Widerrufserklärung, für uns mit deren Empfang.“ in die streitgegenständlichen Belehrungen nicht aufgenommen hat, ist ebenfalls unschädlich (vgl. LG Bonn, Urt. v. 09.11.2015, a.a.O.).
89e. überflüssige Belehrung zu verbundenen Geschäften
90Dass die Widerrufsbelehrungen vorsorglich Angaben für verbundene Geschäfte beinhalten, ist unschädlich. Diese Angaben – mögen sie im Streitfall auch überflüssig sein – sind jedenfalls nicht geeignet, bei einem Verbraucher einen Irrtum über den Umfang und die Folgen seines Widerrufsrechts hervorzurufen. Aufgrund der jeweils ausführlichen Erläuterungen dazu, wann eine wirtschaftliche Einheit und ein verbundenes Geschäft vorliegen, die sogar in Fettdruck hervorgehoben sind, war die Belehrung hinreichend transparent (vgl. Urt. dieser Kammer v. 25.09.2015 – 3 O 66/15 – BeckRS 2015, 17470; Urt. dieser Kammer v. 20.05.2016, a.a.O.; LG Bonn, Urt. v. 05.11.2014 – 3 O 278/14 – BeckRS 2015, 07086; bestätigt durch OLG Köln, Hinweisbeschl. v. 23.03.2015 – 13 U 168/14 – BeckRS 2015, 08374; LG Bonn, Urt. v. 09.11.2015, a.a.O.).
91f. fehlerhafte Belehrung zu verbundenen Geschäften
92Schließlich ist der von der Beklagten in beiden Belehrungen verwendete Satz „Steht dem Darlehensnehmer für das verbundene Geschäft ein gesetzliches Widerrufsrecht zu, so ist das Recht zum Widerruf des Darlehensvertrages ausgeschlossen.“ nicht zu beanstanden (vgl. LG Bonn, Urt. v. 09.11.2015, a.a.O.).
93g. Hinweise zum gesonderten Widerrufsrecht bei mehreren Darlehensnehmern
94Die Belehrungen sind auch nicht deswegen inhaltlich fehlerhaft, weil die Beklagte beide Darlehensnehmer als Adressaten der Belehrung in das Formular aufgenommen und Hinweise zum gesonderten Widerrufsrecht bei mehreren Darlehensnehmern erteilt hat. Zu der Frage, wie bei mehreren Darlehensnehmern zu verfahren ist, macht die Musterbelehrung keine Vorgaben. Die Beklagte war daher frei, ob sie für jeden der Darlehensnehmer gesonderte Belehrungen fertigt oder den Darlehensnehmern jeweils ein Exemplar überlässt, das sich an beide richtet (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 20.05.2014 – 6 U 182/13 – abrufbar unter: http://docplayer.org/209784-Oberlandesgericht-stuttgart-im-namen-des-volkes-urteil.html, S. 9 f. der UA). Mithin war der Hinweis zum Widerruf bei mehreren Darlehensnehmern nicht geeignet, die Kläger von der Ausübung ihres Widerrufsrechts abzuhalten (vgl. LG Bonn, Urt. v. 12.11.2015 – 17 O 59/15 – BeckRS 2016, 05455 m.w.N.).
95h. fehlender Hinweis auf Fernabsatzgeschäft
96Soweit die Kläger schließlich geltend machen, die Widerrufsbelehrungen seien fehlerhaft, weil es sich vorliegend um ein Fernabsatzgeschäft handele und sich daraus ergebende Informationspflichten der Beklagten nicht erfüllt worden seien, so können sie auch damit nicht gehört werden, da kein Fernabsatzgeschäft vorliegt.
97Gemäß § 312b Abs. 1 BGB a.F. sind Fernabsatzgeschäfte Verträge über die Lieferung von Waren oder über die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich Finanzdienstleistungen, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen werden, es sei denn, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt. Hier sind die beiden Darlehensverträge nicht ausschließlich über die Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zustande gekommen. Zwar gab es zwischen den Klägern einerseits und der Beklagten andererseits zu keinem Zeitpunkt einen persönlichen Kontakt. Vielmehr fungierte die Firma „G OHG“ in Person von Herrn B nach dem unstreitigen Vorbringen der Parteien als Finanzierungsvermittlerin. Die Darlehensanträge wurden unstreitig von der Beklagten an die Vermittlerin gesandt, die die Unterschriften der Kläger einholte und die unterschriebenen Anträge an die Beklagte zurücksandte. Herr B war damit unstreitig als Vermittler, d.h. als Ansprechperson für die Kläger tätig. Schutzzweck des § 312b BG a.F. ist, dass der Verbraucher in der Praxis keine Möglichkeit hat, vor Abschluss des Vertrages das Erzeugnis zu sehen oder die Eigenschaften der Dienstleistung im Einzelnen zur Kenntnis zu nehmen. Diese Defizite sollen die Fernabsatzvorschriften ausgleichen. Ist eine zwischen Unternehmer und Verbraucher eingeschaltete Person in der Lage und damit beauftragt, dem Verbraucher in einem persönlichen Gespräch nähere Auskünfte über die angebotene Ware oder Dienstleistung zu geben, so kommt der Vertrag nicht ausschließlich über die Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zustande (vgl. BGH, Urt. v. 21.10.2004 – III ZR 380/03 – NJW 2004, 3699, 3700). Dies läuft auch nicht dem Schutzzweck zuwider, da den Klägern Herr B als Ansprechperson zur Verfügung stand (vgl. zum Ganzen auch: LG Köln, Urt. v. 05.08.2010, a.a.O.).
98Dass die Beklagte, obwohl im Streitfall keine Fernabsatzgeschäfte vorliegen, in beiden Belehrungen unter der jeweiligen Überschrift „Widerrufsfolgen“ den nur für Fernabsatzverträge über Dienstleistungen geltenden Gestaltungshinweis [6] aus der Musterwiderrufsbelehrung übernommen hat, macht die Belehrungen entgegen der Ansicht der Klägervertreter ebenfalls nicht inhaltlich fehlerhaft. Der Hinweis mag überflüssig sein; insoweit wird sinngemäß auf die oben unter e. gemachten Ausführungen verwiesen. Der Hinweis war jedenfalls aber nicht geeignet, bei einem Verbraucher einen Irrtum über den Umfang und die Folgen seines Widerrufsrechts hervorzurufen. Der Verweis der Klägervertreter auf das Urteil des OLG Frankfurt vom 08.02.2012 (Az.: 19 U 26/11; BeckRS 2012, 07271) verfängt schon deshalb nicht, weil es dort um eine sog. „frühestens“-Belehrung und die – vom OLG verneinte – Frage ging, ob das von der Bank verwendete Formular dem damals gültigen Muster vollständig entsprach. Vorliegend handelt es sich jedoch nicht um sog. „frühestens“-Belehrungen; Gradmesser für die inhaltliche Richtigkeit der Belehrungen ist folglich allein § 355 Abs. 2 BGB a.F.
99Da der von den Klägern im Jahre 2015 erklärte Widerruf nicht innerhalb der Widerrufsfrist erfolgt ist, kam es für die Entscheidung dieses Rechtsstreits auf Fragen der Verwirkung und/oder des Rechtsmissbrauchs nicht an.
1002.
101Die weiteren Klageanträge sind damit ebenfalls unbegründet.
102II.
103Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
104Den – endgültigen – Streitwert hat das Gericht gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. den §§ 3, 5 ZPO unter Abänderung der Streitwertfestsetzungen mit Beschlüssen vom 07.10.2015 (dort Festsetzung auf 271.000,00 € nach der Summe der Nettokreditbeträge, s. Bl. 18R d.A.) und vom 16.02.2016 (dort Festsetzung auf bis zu 260.000,00 € nach der Höhe der noch offenen Darlehensvaluten, s. Bl. 82 d.A.) festgesetzt. Für die Bemessung des Streitwerts sind zunächst die Leistungen maßgeblich, die die Kläger gemäß den §§ 346 ff. BGB beanspruchen zu können meinen, nämlich die bereits erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen, nicht dagegen, da es sich um eine Nebenforderung handelt, der Nutzungsersatz; bei der Schätzung des Wertes des klägerischen Interesses ist ein (Feststellungs-)Abschlag nicht vorzunehmen (vgl. BGH, Beschl. v. 12.01.2016 – XI ZR 366/15 – BeckRS 2016, 04425, Rn. 6 u. 12). Bei monatlichen Zins- und Tilgungsleistungen von 779,48 € auf den Hauptdarlehensvertrag ab dem 01.11.2009 (s. dazu Anlage K6 = Bl. 146 f. d.A.) sowie bei anfangs monatlichen (Zeitraum 01.11.2009 bis einschließlich 01.12.2010: 362,50 €) und ab dem 01.01.2011 vierteljährlichen Zins- und Tilgungsleistungen von 1.411,77 € auf den KfW-Vertrag (s. dazu Anlage K7 = Bl. 148 f. d.A.) errechnet sich danach bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der Klageeinreichung (vgl. KG, Beschl. v. 04.05.2016 – 26 W 18/16 – BeckRS 2016, 09289, Rn. 5 f.), hier also bis zum 01.10.2015, ein Betrag von 89.432,96 € (Hauptdarlehensvertrag: 72 Monate x 779,48 €/Monat = 56.122,56 €; KfW-Vertrag: 14 Monate x 362,50 €/Monat + 20 Quartale x 1.411,77 €/Quartal = 33.310,40 €). Dieser Wert (= bis zu 95.000,00 €) entspricht dem Streitwert bis zum 28.04. und seit dem 17.05.2016. Für den Zeitraum dazwischen war für den Streitwert nach der neuesten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. Beschl. v. 04.03.2016 – XI ZR 39/15 – BeckRS 2016, 05324, Rn. 4; vgl. ferner: OLG Koblenz, Beschl. v. 31.03.2016 – 8 W 143/16 – zit. nach juris, Rn. 5; LG Düsseldorf, Urt. v. 08.04.2016 – 8 O 258/15 – zit. nach www.nrwe.de, Rn. 80) der Nennwert der Grundschuld in Höhe von 271.000,00 € hinzuzurechnen (= bis zu 380.000,00 €).
105III.
106Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 u. S. 2 ZPO.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Kosten des Revisionsverfahrens werden der Beklagten auferlegt mit Ausnahme der durch die Streithilfe verursachten Kosten, die die Streithelferin trägt.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger begehrt die Rückabwicklung eines Darlehens, das ihm die Rechtsvorgängerin der beklagten Bank (im Folgenden: Beklagte) zur Finanzierung der Beteiligung an einer Immobilienfondsgesellschaft gewährt hat.
- 2
- Der Kläger, ein damals 38 Jahre alter Diplomingenieur, wurde im Dezember 2002 von einem Vermittler geworben, sich über eine Treuhän- derin an der F. GmbH & Co. KG (im Folgenden : Fondsgesellschaft) mit einem Anteil von 40.000 € zuzüglich 5% Agio zu beteiligen. Er leistete am 30. Dezember 2002 eine Eigenkapitalzahlung in Höhe von 10.000 € an die Fondsgesellschaft. Den Restbetrag finanzierte er über ein Darlehen bei der Beklagten, die dem Kläger hierzu ein von ihr am 14. Februar 2003 unterzeichnetes, mit "Darlehensvertrag" überschriebenes und mit einer Widerrufsbelehrung versehenes Darlehensangebot über einen Nettokreditbetrag von 32.000 € unterbreitete. In dem Vertragsformular war die Provision von 1% des Darlehensnennbetrags (323,23 €), die die Beklagte für die Darlehensvermittlung an die Fondsgesellschaft gezahlt hatte, als „Bearbeitungsgebühr“ ausgewiesen.
- 3
- Mit Datum vom 22. Februar 2003 bestätigte der Kläger den Empfang des Vertragsangebots und der beigefügten Widerrufsbelehrung. Diese lautete auszugsweise wie folgt: "Jeder Darlehensnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (...) widerrufen. Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem dem Darlehensnehmer diese Belehrung mitgeteilt und eine Vertragsurkunde, der schriftliche Darlehensantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Darlehensantrages zur Verfügung gestellt wurde. … Von dieser Widerrufsbelehrung habe/n ich/wir Kenntnis genommen : ................ ........................................ Ort, Datum Unterschrift R. B. "
- 4
- Am 15. März 2003 unterzeichnete der Kläger den Darlehensvertrag sowie - durch gesonderte Unterschrift - die Erklärung über die Kenntnisnahme der Widerrufsbelehrung. Er übersandte die Vertragsurkunde der Beklagten, erbrachte bis zum 30. Dezember 2005 auf das valutierte Darlehen ratenweise Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 10.065,48 € und erhielt in diesem Zeitraum Fondsausschüttungen in Höhe von 5.600 €. Nachdem die Fondsgesellschaft im Frühjahr 2005 in Insolvenz geraten war, widerrief der Kläger mit Schreiben vom 5. August 2005 seine Darlehensvertragserklärung.
- 5
- Mit seiner Klage hat er die Beklagte auf Rückgewähr der auf das Darlehen geleisteten Zahlungen - hilfsweise Zug um Zug gegen Übertragung seiner Gesellschaftsanteile - sowie auf Ersatz der ihm entstandenen vorgerichtlichen Anwaltskosten in Anspruch genommen und die Feststellung begehrt, dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag keine Ansprüche mehr zustehen. Zur Begründung hat er sich unter Hinweis auf die für fehlerhaft gehaltene Widerrufsbelehrung auf den Widerruf seiner Darlehensvertragserklärung gestützt und sich ergänzend auf die Formnichtigkeit des Darlehensvertrags wegen fehlender Pflichtangaben zu den Vermittlungskosten berufen. Auch sei er durch die Fondsverantwortlichen arglistig getäuscht worden. Dies könne er der Beklagten entgegenhalten , da Kreditvertrag und Fondsbeitritt ein verbundenes Geschäft seien. Sein Anspruch auf Rückzahlung der Annuitätenleistungen sei mit Rücksicht auf die von ihm erklärte Aufrechnung mit seinem Anspruch auf Rückzahlung der Eigenkapitalleistung nicht um die von ihm empfangenen Ausschüttungen zu kürzen.
- 6
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht der Feststellungsklage und der Zahlungsklage im Hauptantrag stattgegeben mit Ausnahme der begehrten Anwaltskosten. Mit der - vom Berufungsgericht für die Beklagte zugelassenen - Revision erstrebt diese die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
- 7
- Die Revision ist unbegründet.
I.
- 8
- Berufungsgericht Das hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit es der Klage stattgegeben hat, im Wesentlichen ausgeführt:
- 9
- Zwar sei der Darlehensvertrag wirksam zustande gekommen und auch nicht wegen fehlender Pflichtangaben zu den Vermittlungskosten nichtig. Der Kläger habe aber seine Darlehensvertragserklärung wirksam widerrufen. Der Widerruf sei insbesondere rechtzeitig gewesen, da der Kläger über sein aus § 495 Abs. 1 BGB folgendes Widerrufsrecht nicht ordnungsgemäß (§ 355 Abs. 2 BGB) belehrt worden sei. Die ihm erteilte Widerrufsbelehrung sei irreführend gewesen. Sie erwecke bei einem unbefangenen und rechtsunkundigen Leser den falschen Eindruck, die Widerrufsfrist beginne unabhängig davon, von wem der "Darlehensantrag" stamme, einen Tag, nachdem der Verbraucher das Angebot der Beklagten mit der beigefügten Widerrufsbelehrung erhalten habe. Zudem sei die Belehrung verfrüht, da sie erteilt worden sei, bevor der Kläger seine bindende Vertragserklärung abgegeben habe. Der Kläger könne als Rechtsfolge seines Widerrufs von der Beklagten die Rückgewähr der Zahlungen verlangen, die er auf die Darlehensschuld erbracht habe. Die empfangenen Fondsausschüttungen, die er sich grundsätzlich anrechnen lassen müsse, minderten den eingeklagten Betrag mit Rücksicht auf die von ihm erklärte Aufrechnung mit seinem Anspruch auf Rückerstattung der Eigenkapitalzahlung nicht. Auf diesen könne er sich auch gegenüber der Beklagten berufen, da Darlehensvertrag und Fondsbeitritt ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 358 Abs. 3 Satz 1 BGB seien.
II.
- 10
- Berufungsurteil Das hält rechtlicher Überprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Das Berufungsgericht hat zu Recht einen Rückzahlungsanspruch des Klägers bejaht und festgestellt, dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag vom 14. Februar/15. März 2003 keine Ansprüche mehr zustehen.
- 11
- 1. Entgegen der Auffassung des Klägers ist sein Rückzahlungsbegehren allerdings nicht bereits wegen Formnichtigkeit des Vertrags gemäß § 494 Abs. 1, § 492 Abs. 1 Satz 5 Nr. 4 BGB gerechtfertigt. Dabei kommt es auf die vom Berufungsgericht erörterte Frage, ob die Ausweisung der Vermittlungskosten als "Bearbeitungsgebühr" einen Formverstoß darstellt, nicht an. Die von ihm begehrte Rückabwicklung des Vertrags kann der Kläger mit diesem Vorbringen schon deshalb nicht erreichen , weil - worauf das Berufungsgericht zu Recht hinweist - der Vertrag durch die Inanspruchnahme des Darlehens gemäß § 494 Abs. 2 Satz 1 BGB jedenfalls geheilt worden ist.
- 12
- 2. Zutreffend ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass das Rückabwicklungsbegehren des Klägers jedoch mit Rücksicht auf den von ihm erklärten Widerruf seiner Darlehensvertragserklärung begründet ist. Nach den nicht angefochtenen Feststellungen des Berufungsgerichts steht dem Kläger ein Widerrufsrecht gemäß § 495 Abs. 1, § 355 BGB zu. Dieses konnte er entgegen der Auffassung der Revision mit seinem am 5. August 2005 erklärten Widerruf noch wirksam ausüben. Eine Widerrufsfrist hatte gemäß § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB in der hier anwendbaren Fassung des OLG-Vertretungsänderungsgesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I, S. 2850) nicht zu laufen begonnen, da die dem Kläger erteilte Widerrufsbelehrung nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprach.
- 14
- b) Eine den Vorgaben des § 355 BGB entsprechende Widerrufsbelehrung hat sie - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - nicht erteilt. Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Er ist deshalb gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB auch über den Beginn der Widerrufsfrist eindeutig zu informieren (Senatsurteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350, 351, Tz. 14; BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989, 1991).
- 15
- aa) Deren Lauf hängt bei einem Vertrag, der wie der streitgegenständliche Verbraucherdarlehensvertrag schriftlich abzuschließen ist (§ 492 BGB), davon ab, dass dem Verbraucher über die Widerrufsbelehrung hinaus (§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB) auch eine Vertragsurkunde oder sein eigener schriftlicher Antrag im Original bzw. in Abschrift zur Verfügung gestellt wird (§ 355 Abs. 2 Satz 3 BGB). Der Widerrufsbelehrung muss bei Schriftform des Vertrags also eindeutig zu entnehmen sein, dass der Lauf der Widerrufsfrist zusätzlich zu dem Empfang der Widerrufsbelehrung voraussetzt, dass der Verbraucher im Besitz einer seine eigene Vertragserklärung enthaltenden Urkunde ist. § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB trägt insofern dem mit der Belehrung verfolgten Ziel Rechnung, dem Verbraucher sein Widerrufsrecht klar und deutlich vor Augen zu führen. Nur wenn der Verbraucher eine Vertragserklärung bereits abgegeben hat oder zumindest zeitgleich mit der Belehrung abgibt, wenn sich also die Belehrung auf eine konkrete Vertragserklärung des Verbrauchers bezieht , kann er die ihm eingeräumte Überlegungsfrist sachgerecht wahrnehmen (BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989, 1992; vgl. auch zu § 7 VerbrKrG Senatsurteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350, 351, Tz. 18).
- 16
- bb) Diesen Anforderungen genügt die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung nicht. Sie belehrt den Verbraucher über den nach § 355 Abs. 2 BGB maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist nicht richtig, weil sie - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - das unrichtige Verständnis nahe legt, die Widerrufsfrist beginne bereits einen Tag nach Zugang des mit der Widerrufsbelehrung versehenen Darlehensangebots der Beklagten zu laufen. Durch die Formulierung der in dem von der Beklagten übersandten Vertragsangebot enthaltenen Belehrung , die Widerrufsfrist beginne „einen Tag“ nach Mitteilung „dieser“ Belehrung und Zurverfügungstellung einer Vertragsurkunde, entsteht aus der Sicht eines unbefangenen durchschnittlichen Kunden, auf den abzustellen ist (vgl. Senatsurteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350, 351, Tz. 16; BGH, Urteil vom 18. April 2005 - II ZR 224/04, WM 2005, 1166, 1168), der Eindruck, diese Voraussetzungen seien bereits mit der Übermittlung des die Widerrufsbelehrung enthaltenden Vertragsantrags der Beklagten erfüllt und die Widerrufsfrist beginne ohne Rücksicht auf eine Vertragserklärung des Verbrauchers bereits am Tag nach Zugang des Angebots der Beklagten zu laufen. Dies gilt umso mehr, als das Angebot der Beklagten mit "Darlehensvertrag" überschrieben ist, so dass für den unbefangenen Leser der Eindruck entsteht, es handele sich bei dieser Urkunde unabhängig von der Annahmeerklärung des Klägers um die in der Widerrufsbelehrung genannte Vertragsurkunde , die dem Kläger zur Verfügung gestellt wurde. Auf die von der Revision aufgeworfene Frage, ob das Berufungsgericht zu Recht in dem Angebot der Beklagten einen "Darlehensantrag" gesehen hat, kommt es daher nicht an. Entscheidend ist, dass die von der Beklagten verwendete Formulierung der Widerrufsbelehrung dem Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht entspricht, weil sie die unzutreffende Vorstellung hervorrufen kann, die Widerrufsfrist beginne unabhängig von einer Vertragserklärung des Verbrauchers bereits am Tag nach dem Zugang des Angebots der Beklagten nebst Widerrufsbelehrung.
- 17
- cc) Die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung hat schon aus diesem Grund den Lauf der Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt. Auf die vom Berufungsgericht zusätzlich erörterte Frage, ob die Widerrufsbelehrung auch zu früh erteilt worden war (hierzu BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989 ff.), oder ob es insoweit - wie die Revision geltend macht - ausreichte, dass der Kläger - wie das von ihm bei der Unterschrift angegebene Datum ausweist - von der Widerrufsbelehrung jedenfalls zeitgleich mit der Vertragsannahme Kenntnis genommen hat, kommt es daher nicht an.
- 18
- dd) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist in der Rechtsprechung bereits geklärt, dass ein Kenntnisnahmevermerk, wie ihn der Kläger hier unterschrieben hat, der Ordnungsmäßigkeit der Widerrufsbelehrung nicht entgegen steht. Richtig ist zwar, dass die Widerrufsbelehrung nach § 355 BGB grundsätzlich keine anderen Erklärungen enthalten darf, um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung des Rechts zum Widerruf nicht zu beeinträchtigen (BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989, 1991). Zulässig sind diesem Zweck entsprechend allerdings Ergänzungen, die keinen eigenen Inhalt aufweisen und den Inhalt der Widerrufsbelehrung verdeutlichen (Senatsurteile vom 11. März 2008 - XI ZR 317/06, WM 2008, 828, 829, Tz. 13 und vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350, 351, Tz. 14, jeweils m.w.N.; BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, aaO). Hierzu gehört auch der Zusatz, der Verbraucher habe von der Widerrufsbelehrung Kenntnis genommen. Ihm kommt kein weiterer Erklärungsinhalt zu, als dass der Darlehensnehmer auf die Widerrufsbelehrung - neben dem eigentlichen Vertragsinhalt - gesondert hingewiesen worden ist und um sein Widerrufsrecht weiß (vgl. Senatsurteile vom 13. Januar 2009 - XI ZR 508/07 und XI ZR 509/07, jeweils Umdruck S. 14, Tz. 25). Die vom Kläger erbetene Unterschrift sieht das neue Widerrufsrecht als Wirksamkeitsvoraussetzung der Belehrung zwar nicht mehr vor. Sie ist jedoch auch weiter unbedenklich und aus Beweisgründen empfehlenswert (Palandt/Grüneberg, BGB, 68. Aufl., § 355 Rn. 15; Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2004, § 355 Rn. 51).
- 19
- 3. Durch den wirksamen Widerruf hat sich der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag gemäß § 357 Abs. 1, § 346 BGB ex nunc in ein Rückabwicklungsverhältnis umgewandelt.
- 20
- a) Die Beklagte schuldet dem Kläger danach die Rückgewähr der von ihm aus seinem Vermögen erbrachten Zins- und Tilgungsraten (vgl. Senat, BGHZ 172, 147, 153, Tz. 22). Dies zieht auch die Revision als Rechtsfolge eines wirksamen Widerrufs zu Recht nicht in Zweifel. Sie wendet sich jedoch dagegen, dass das Berufungsgericht den vom Kläger eingeklagten Betrag von 10.065,48 € nicht um die empfangenen Fondsausschüttungen in Höhe von 5.600 € gekürzt hat. Auch insoweit bleibt sie aber ohne Erfolg.
- 21
- aa) Zutreffend ist allerdings, dass sich der Darlehensnehmer nach einem Widerruf seiner auf den Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung die an ihn oder an die Bank direkt geflossenen Fondsausschüttungen nach den Regeln des Vorteilsausgleichs anrechnen lassen muss, da er andernfalls besser stünde, als er ohne die Betei- ligung an dem Fonds gestanden hätte (Senat, BGHZ 172, 147, 153, Tz. 22; 167, 252, 267 f., Tz. 41).
- 22
- bb) Dies hat auch das Berufungsgericht richtig gesehen. Zu Recht hat es jedoch angenommen, dass der Kläger gegenüber dem Anspruch der Beklagten auf Herausgabe der ihm zugeflossenen Fondsausschüttungen (5.600 €) wirksam mit seiner Forderung auf Rückzahlung der an den Fonds erbrachten Eigenkapitalzahlung von 10.000 € aufgerechnet hat.
- 23
- Soweit (1) die Revision hiergegen einwendet, der Anspruch auf Rückzahlung der Eigenkapitalleistung sei nicht rechtshängig, übersieht sie, dass der Kläger nach den tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts , gegen die die Revision nichts Erhebliches vorbringt, im Rechtsstreit die unbedingte Aufrechnung mit seinem Anspruch auf Rückzahlung der Eigenkapitalleistung erklärt hat. Gegen die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, mit dieser Aufrechnungserklärung habe der Kläger seine Rechte aus § 358 Abs. 4 Satz 3 BGB im Rahmen der Rückabwicklung der Fondsbeteiligung (§ 358 Abs. 2 Satz 1 BGB) geltend gemacht, ist aus Rechtsgründen nichts zu erinnern, zumal sie damit in Einklang steht, dass der Kläger bereits in erster Instanz von der Beklagten im Rahmen der Rückabwicklung des verbundenen Geschäfts ausdrücklich die Rückzahlung der erbrachten Eigenkapitalleistung abzüglich der erhaltenen Fondsausschüttungen verlangt hat. Auch die Revision bringt hiergegen nichts Beachtliches vor.
- 24
- (2) Zu Recht hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass der Kläger mit seinem ursprünglich gegen die Fondsgesellschaft gerich- teten Anspruch auf Rückzahlung seiner Eigenkapitalleistung gegenüber der Beklagten aufrechnen kann.
- 25
- (a) Da es sich nach den von der Revision nicht angegriffenen und aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts bei dem Darlehensvertrag und dem Fondsbeitritt um ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 358 BGB handelt, führt der Widerruf der Darlehensvertragserklärung zugleich dazu, dass der Kläger gemäß § 358 Abs. 2 Satz 1 BGB auch nicht mehr an den finanzierten Vertrag , hier also den Beitritt zu der Fondsgesellschaft, gebunden ist. § 358 Abs. 2 BGB gilt auch für den finanzierten Erwerb von Anteilen an einer Gesellschaft, sofern - wie nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hier der Fall - die Voraussetzungen eines verbundenen Geschäfts nach § 358 Abs. 3 BGB vorliegen (MünchKommBGB/Habersack, 5. Aufl., § 358 Rn. 14; Palandt/Grüneberg, aaO, § 358 Rn. 7; ebenso die gefestigte Rechtsprechung zu § 3 HWiG, § 9 VerbrKrG: vgl. BGHZ 156, 46, 50 ff.; 159, 294, 309 f.; 167, 252, 256, Tz. 12).
- 26
- Die (b) Rückabwicklungsansprüche, die dem Kläger infolge der Erstreckung der Widerrufsfolgen auf das finanzierte Geschäft zustehen, kann er - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - gemäß § 358 Abs. 4 Satz 3 BGB der finanzierenden Bank, hier also der Beklagten , entgegenhalten. Sofern - wie hier - das auszuzahlende Darlehen bereits ganz oder teilweise dem Unternehmer zugeflossen ist, sieht § 358 Abs. 4 Satz 3 BGB eine bilaterale Rückabwicklung allein im Verhältnis zwischen Darlehensgeber und Verbraucher vor. Der Darlehensgeber tritt in diesem Fall anstelle des Unternehmers in dessen Rechte und Pflichten aus dem verbundenen Vertrag ein und wird an dessen Stelle Gläubiger und Schuldner des Verbrauchers im Abwicklungsverhältnis (MünchKomm BGB/Habersack, aaO, Rn. 82; Palandt/Grüneberg, aaO, § 358 Rn. 21; Staudinger/Kessal-Wulf, aaO, § 358 Rn. 67; ebenso zu § 9 VerbrKrG BGHZ 131, 66, 72 f.). Ziel des § 358 BGB ist es, den Verbraucher vor Risiken zu schützen, die ihm durch die Aufspaltung eines wirtschaftlich einheitlichen Vertrags in ein Bargeschäft und einen damit verbundenen Darlehensvertrag drohen (Palandt/Grüneberg, aaO, § 358 Rn. 1; Staudinger/Kessal-Wulf, aaO). Der Gesetzgeber hat hiermit die in der Vergangenheit zum Widerruf im Rahmen des Verbraucherkreditgesetzes und des Haustürwiderrufsgesetzes entwickelte Rechtsprechung (vgl. BGHZ 131, aaO; 133, 254, 259 ff.; 152, 331, 337; 167, 252, 256 f., Tz. 12) aufgegriffen, nach welcher der Verbraucher innerhalb einer angemessenen Überlegungsfrist frei und ohne Furcht vor finanziellen Nachteilen die Entscheidung soll treffen können, ob er an seinen eine wirtschaftliche Einheit bildenden Verpflichtungserklärungen festhalten will oder nicht (st. Rspr., Senat, BGHZ 167, 252, 256, Tz. 12 m.w.N.). Dieses Ziel stellt § 358 BGB im Falle des Widerrufs der Darlehensvertragserklärung dadurch sicher, dass der Verbraucher auch an seine auf den Abschluss des mit dem Verbraucherdarlehensvertrag verbundenen Vertrags gerichtete Willenserklärung insgesamt nicht mehr gebunden ist und sich im Rahmen der Rückabwicklung beider Verträge hinsichtlich sämtlicher Ansprüche ausschließlich dem Darlehensgeber als Gläubiger und Schuldner gegenüber sieht, der an Stelle des Unternehmers in das Abwicklungsverhältnis eingetreten ist.
- 27
- Verbraucher Der hat daher - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - gegen die finanzierende Bank einen Anspruch auf Rückerstattung aller aus seinem Vermögen an Darlehensgeber und Unternehmer erbrachten Leistungen. Hierzu gehören sowohl die an den Darlehensgeber erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen als auch eine Anzahlung, die der Verbraucher aus eigenen Mitteln an den Unternehmer geleistet hat (Bamberger/Roth/C. Möller, BGB, 2. Aufl., § 358 Rn. 28, 34; Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht, 6. Aufl., § 495 Rn. 290; Erman/ Saenger, BGB, 12. Aufl., § 358 Rn. 28; MünchKommBGB/Habersack, aaO, Rn. 84 f.; Staudinger/Kessal-Wulf, aaO; ebenso schon zum AbzG: BGHZ 131, 66, 72 f.). Ist also die Beteiligung an der Fondsgesellschaft - wie hier - nicht vollständig fremdfinanziert, hat der Darlehensgeber dem Verbraucher auch dessen aus eigenen Mitteln an die Gesellschaft gezahlten Eigenanteil zu erstatten (Erman/Saenger, aaO; MünchKommBGB /Habersack, aaO, Rn. 85).
- 28
- Dies hat das Berufungsgericht zutreffend gesehen und hat daher zu Recht die Aufrechnung des Klägers mit seinem Anspruch auf Rückgewähr der von ihm aus eigenen Mitteln geleisteten Bareinlage gegenüber der Forderung der Beklagten auf Anrechung der Fondsausschüttungen für durchgreifend erachtet.
- 29
- b) Zutreffend - und von der Revision unbeanstandet - hat es dem Kläger des weiteren einen Anspruch auf Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zuerkannt. Der Anspruch folgt aus § 357, § 346 Abs. 1 BGB. Zwar sind nach § 346 Abs. 1 BGB nur tatsächlich gezogene Nutzungen herauszugeben. Bei Zahlungen an eine Bank besteht aber eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Bank Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gezogen hat, die sie als Nutzungsersatz herausgeben muss (vgl. zu § 818 Abs. 1 BGB Senat, BGHZ 172, 147, 157, Tz. 35 m.w.N.).
- 30
- c) Von der Revision zu Recht hingenommen, hat das Berufungsgericht die Beklagte auch nicht lediglich Zug um Zug gegen Abtretung der Fondsanteile des Klägers verurteilt. Die Beklagte hat sich auf ein Zurückbehaltungsrecht nicht berufen und es war auch nicht von Amts wegen zu berücksichtigen (Senat, BGHZ 174, 334, 344, Tz. 35).
Ellenberger Matthias
Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 13.10.2006 - 5 O 277/06 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 28.12.2007 - 17 U 397/06 -
Tenor
1.
Es wird festgestellt, dass der Darlehensvertrag vom 02.11./05.11.2007 über einen Nennbetrag in Höhe von 25.000,00 Euro mit der Darlehensnummer ########## (Unterkontonummer -###) wirksam widerrufen und in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt wurde.
2.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 70% und die Beklagte zu 30%.
4.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Der Kläger macht Ansprüche wegen des Widerrufs seiner auf Abschluss zweier Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen geltend.
3Der Kläger schloss mit der Beklagten am 22.10/07.11.2007 im sogenannten Antragsverfahren einen Darlehensvertrag mit der Darlehensnummer ########## (Unterkontonummer -###) über einen Nennbetrag in Höhe von 95.000,00 Euro zu einem Nominalzinssatz von 4,73% p.a. Die Widerrufsbelehrung zu diesem Darlehensvertrag lautet auszugsweise wie folgt:
4„ Beginn der Widerrufsfrist
5Die Widerrufsfrist beginnt zu dem Zeitpunkt, zu dem der Darlehensnehmer
6 ein Exemplar dieser Belehrung
7 eine Urkunde oder eine Abschrift des Darlehensvertrages oder das Vertrags-/Darlehensangebot des Darlehensnehmer, das alle Vertragsbedingungen enthält, - im Original oder in Abschrift – mit der Annahmeerklärung der Bank sowie die Finanzierungsbedingungen
8 und die Informationen zu Fernabsatzverträgen (§§ 312c BGB, § 1 BGB-InfoV)
9erhalten hat, jedoch nicht vor dem Tag des Vertragsabschlusses.“
10Für die Einzelheiten des Vertrages und des Wortlauts der Widerrufsbelehrung wird auf den Darlehensvertrag (Anlage L 1,Bl. ## ff. d.A.) verwiesen. Der Kläger erhielt zu diesem Darlehensvertrag ein Informations- und Merkblatt zum Baufinanzierungsdarlehen für Verbraucher, welches eine weitere Widerrufsbelehrung enthielt. Diese lautet u.a. wie folgt: „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das Informations- und Merkblatt (Anlage B 1, Bl. ### ff. d.A.) verwiesen.
11Der Kläger schloss mit der Beklagten im sogenannten Angebotsverfahren am 02.11./05.11.2007 einen weiteren Darlehensvertrag mit der Darlehensnummer ########## (Unterkontonummer -###) über einen Nominalbetrag in Höhe von 25.000,00 Euro zu einem Nominalzinssatz in Höhe von 4,8% p.a. Auch diese Widerrufsbelehrung lautet auszugsweise wie folgt:
12„ Beginn der Widerrufsfrist
13Die Widerrufsfrist beginnt zu dem Zeitpunkt, zu dem der Darlehensnehmer
14 ein Exemplar dieser Belehrung
15 eine Urkunde oder eine Abschrift des Darlehensvertrages oder das Vertrags-/Darlehensangebot des Darlehensnehmer, das alle Vertragsbedingungen enthält, - im Original oder in Abschrift – mit der Annahmeerklärung der Bank sowie die Finanzierungsbedingungen
16 und die Informationen zu Fernabsatzverträgen (§§ 312c BGB, § 1 BGB-InfoV)
17erhalten hat, jedoch nicht vor dem Tag des Vertragsabschlusses.“
18Für die Einzelheiten des Vertrages und des Wortlauts der Widerrufsbelehrung wird auf den Darlehensvertrag (Anlage L 2, Bl. ## ff. d.A.) verwiesen.
19Beide Darlehen wurden mit einer Buchgrundschuld abgesichert.
20Am 21./23.02.2001 trafen die Parteien eine Änderung der Tilgungsvereinbarung für das Darlehen über einen Nennbetrag in Höhe von 95.000,00 Euro. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Änderung der Tilgungsvereinbarung wird auf die Anlage B 2, Bl. ### ff. d.A. Bezug genommen. Am 21./29.11.2012 schlossen die Parteien eine weitere Änderungsvereinbarung für das Darlehen über einen Nennbetrag in Höhe von 95.000,00 Euro. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Änderung der Tilgungsvereinbarung wird auf die Anlage B 3, Bl. ### ff. d.A. Bezug genommen.
21Mit Schreiben vom 26.11.2014 widerrief der Kläger seine auf Abschluss des Darlehensvertrages über einen Nennbetrag in Höhe von 95.000,00 Euro gerichteten Willenserklärungen (Anlage L 3 und L 4, BL. ## f. d.A.). In der Klageschrift vom 01.04.2015 erklärte der Kläger erneut den Widerruf beider auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen.
22Der Kläger ist der Auffassung, der von ihm erklärte Widerruf sei wirksam, da er nie ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht informiert worden sei. Auf die Gesetzlichkeitsfiktion der Musterwiderrufsbelehrung könne sich die Beklagte nicht berufen, da sie eine selbständig formulierte Widerrufsbelehrung verwendet habe. Zudem sei die Belehrung über die Widerrufsfolgen falsch, da nur einseitig auf die Pflicht zum Wertersatz und die Pflicht der Beklagten zur Erstattung binnen 30 Tagen hingewiesen werde. Die Bezeichnung „Widerspruch“ sowie die Angaben zu verbundenen Geschäften seien falsch und verwirrend. Der Hinweis zum Widerruf bei mehreren Darlehensnehmern unter der Unterschrift des Darlehensnehmers sei ebenfalls verwirrend. Jedenfalls aufgrund der abweichenden Widerrufsbelehrung in dem Informations- und Merkblatt sei der Kläger nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden. Der Kläger behauptet zudem, die Information zu Fernabsatzverträgen nur für den Darlehensvertrag vom 22.10./07.11.2007 erhalten zu haben, nicht aber für den Darlehensvertrag vom 02.11./05.11.2007.
23Der Kläger beantragt,
241. festzustellen, dass die zwischen den Parteien geschlossenen Darlehensverträge vom 22.10.2007 und 02.11.2007 mit der Hauptdarlehensnummer ########## wirksam widerrufen wurden und in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt wurden,
252. die Beklagte zu verurteilen, ihn von einer Forderung seiner Prozessbevollmächtigten für die außergerichtliche Tätigkeit in Höhe von 2.217,45 Euro freizustellen.
26Die Beklagte beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Klage mangels Feststellungsinteresse unzulässig, jedenfalls aber unbegründet sei. Die streitgegenständlichen Widerrufsbelehrungen entsprächen in allen Punkten den gesetzlichen Vorgaben. Darüber hinaus sei die Ausübung des Widerrufsrechts rechtsmissbräuchlich bzw. verwirkt.
29Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass der Kläger einen Betrag in Höhe von 2.217,45 Euro an seine Prozessbevollmächtigten gezahlt hat.
30Mit Beschluss vom 17.09.2015 hat das Gericht den Übergang ins schriftliche Verfahren angeordnet und eine Schriftsatzfrist bis zum 29.10.2015 gesetzt.
31Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17.09.2015 (Bl. ### ff. d.A.) Bezug genommen.
32Entscheidungsgründe
33Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.
34I. Der Klageantrag zu 1) ist zulässig, aber nur teilweise begründet.
351. Die Klage ist zulässig.
36Gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen keine Bedenken. Der Antrag zielt ausdrücklich auf die Klärung eines zwischen den Parteien geführten Streits über ein Rechtsverhältnis. Mit der Feststellung, dass sich das Darlehensverhältnis durch den Widerruf in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat, begehrt der Kläger Feststellungen zum (Nicht-) Bestehen eines Rechtsverhältnisses und nicht nur die Klärung bezüglich einer Vorfrage. Das Feststellungsinteresse des Klägers entfällt auch nicht im Hinblick auf den Vorrang einer Leistungsklage. Auf eine solche Leistungsklage ist der Kläger nicht zu verweisen, denn im Rahmen des Rückabwicklungsverhältnisses wird sich bei einer Aufrechnung der wechselseitigen Zahlungsansprüche aufgrund der Höhe der von Klägerseite zu erstattenden Darlehensvaluta im Ergebnis ein negativer Saldo zu Lasten des Klägers ergeben. Auch ist zu erwarten, dass die Beklagte als Bankinstitut im Falle eines zusprechenden Urteils der tenorierten Feststellung bei der Darlehensabwicklung Rechnung tragen wird.
372. Die Klage ist nur teilweise begründet
38a. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Feststellung, dass der Darlehensvertrag mit der Darlehensnummer ########## (Unterkontonummer -###) vom 22.10./07.11.2007 über einen Nennbetrag in Höhe von 95.000,00 Euro wirksam widerrufen und in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt wurde.
39Es kann dahingestellt bleiben, ob die Ausübung des Widerrufsrechts durch den Kläger rechtsmissbräuchlich oder verwirkt ist. Der Widerruf des Klägers vom 26.11.2014 war jedenfalls verfristet.
40Nach § 355 Abs. 2 S. 1 BGB (in der bis zum 10.06.2010 geltenden Fassung) beginnt die Widerrufsfrist mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutliche Belehrung über sein Widerrufsrecht, die ihm seine Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden ist. Voraussetzung für eine wirksame Widerrufsbelehrung ist, dass der Verbraucher umfassend, unmissverständlich und in für ihn eindeutiger Form über seine Rechte belehrt wird. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Hierfür bedarf es einer eindeutigen Information über den Beginn der Widerrufsfrist (BGH, Urt. v. 13.01.2009, XI ZR 118/08; OLG Hamm, Beschl. v. 25.08.2014, 31 U 79/14).
41Die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung ist gemessen daran nicht zu beanstanden.
42Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass die Widerrufsbelehrung nicht der Gesetzlichkeitsfiktion der Musterwiderrufsbelehrung gem. Anlage 2 zu §14 Abs. 1 BGB-InfoV in der maßgeblichen Fassung unterfällt, da sie von dieser inhaltlich abweicht.
43Indes ist dies nicht relevant. Es bestand für die Beklagte keine Verpflichtung, die Musterbelehrung zu verwenden. Die Verwendung einer Musterbelehrung ist nur fakultativ. Es genügt vielmehr, dass die Belehrung den gesetzlichen Vorgaben der §§ 495 Abs. 1, 355 Abs. 2 S. 3 BGB a.F. entspricht, was hier der Fall ist.
44Die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung macht die Rechte eines Verbrauchers im Zusammenhang mit dem ihm zustehenden Widerrufsrecht hinreichend deutlich (vgl. § 355 Abs. 2 BGB a.F.).
45Insbesondere entspricht die Formulierung den Vorgaben des § 355 Abs. 2 S. 3 BGB (in der Fassung vom 08.12.2004 – 10.06.2010) sowie § 312c BGB (in der Fassung 2004-2010) i.V.m. Art. 240 EGBGB und § 1 BGB-InfoV (in der Fassung 2004 – 2010). Letztlich erfordert § 355 Abs. 1 und Abs. 3 BGB (in der Fassung 2004-2010) keine weitergehenden Erläuterungen zum Tag des Fristbeginns unter Berücksichtigung der Regelung des § 187 BGB. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Hinweis auf § 187 BGB nicht erforderlich, vielmehr genügt es, wenn die Widerrufsbelehrung zutreffend und unzweideutig das Ereignis benennt, das nach dem Gesetz den Lauf der Frist auslöst, und dazu den Gesetzeswortlaut zitiert (BGH, Urteil v. 05.11.1997 – VIII ZR 351/96, BGHZ 137, 115 ff. zum damaligen VerbrKrG), was hier geschehen ist (vgl. LG Bonn, Urt. v. 05.11.2014, 3 O 278/14; Urt. v. 13.07.2015, 3 O 209/14; OLG Köln, Hinweis v. 23.03.2015 und Urteil v. 22.04.2015, 13 U 168/14; Beschl. v. 30.09.2015, 13 W 33/15).
46Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf die von dem Kläger beanstandete Belehrung über die Folgen eines Widerrufs. Entgegen der Auffassung der Kläger, die Belehrung sei unvollständig und missverständlich, genügt die erteilte Belehrung den gesetzlichen Anforderungen. Sie ist zutreffend, hinreichend vollständig und aus Verbrauchersicht nicht irreführend (vgl. LG Bonn, Urt. v. 05.11.2014, 3 O 278/14; Urt. v. 13.07.2015, 3 O 209/14). Aus der Widerrufsbelehrung lässt sich eindeutig und unzweifelhaft entnehmen, dass beide Seiten – Darlehensnehmer und Darlehensgeber – zur Rückgewährung der empfangenen Leistungen verpflichtet sind und zudem ggf. gezogene Nutzungen herauszugeben haben. Dies ist ausreichend, um den Anforderungen der § 355 Abs. 2 BGB sowie § 312c Abs. 1 BGB a.F. und § 1 Abs. 1 Nr. 10 Info-V in der Fassung bis 10.06.2010 zu entsprechen (vgl. OLG Köln, Beschluss v. 30.09.2015, 13 W 33/15; LG Bonn, a.a.O.; LG Bielefeld, Urt. v. 22.08.2014, 1 O 268/13, Rn. 82, zitiert nach juris).
47Soweit der Kläger beanstandet, dass in der Folge missverständlich und fälschlicherweise nur auf die Pflicht des Darlehensnehmer hingewiesen werde, Zahlungen innerhalb von 30 Tages zu erstatten, dringt er mit diesem Einwand gegen die Ordnungsgemäßheit der Widerrufsbelehrung nicht durch. Eine besondere Hinweispflicht über die grundsätzlichen Pflichten des Darlehensgebers zur Rückerstattung empfangener Leistungen und ggf. Zahlung von Nutzungsersatz hinaus traf die Beklagte nicht (vgl. OLG Köln, Beschluss v. 30.09.2015, 13 W 33/15). Aus der gewählten Formulierung ergeben sich Rechte und Pflichten der Parteien hinreichend vollständig und verständlich. Der den Darlehensgeber grundsätzlich ebenfalls treffenden Erstattungspflicht innerhalb von 30 Tagen kommt in der vorliegenden Sachverhaltskonstellation vom Vertrag gesehen her keine Bedeutung zu. Bei einem widerrufenen Realkredit hat der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber die ausgezahlte Darlehensvaluta nebst marktüblicher Verzinsung zurückzuzahlen (BGHZ 152,331), welche die erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen regelmäßig übersteigt. Damit verbleibt nach erfolgter Saldierung der wechselseitigen Ansprüche ein Anspruch der Bank auf Erstattung der restlichen Darlehensvaluta zuzüglich Zinsen (vgl. zur Saldierungsfolge OLG Hamm, Urt. v. 14.09.1981, 2 U 43/81 zu § 325 BGB a.F., BGH, Urt. v. 20.02.2008, VIII ZR 334/06, LG Hagen, Urt. v. 30.10.2014, 9 O 9 O 73/14, Rn. 27, zitiert nach juris), während ein Erstattungsanspruch des Darlehensnehmers in der vorliegenden Konstellation mit wenigen, hier nicht einschlägigen Ausnahmen praktisch ausgeschlossen ist (vgl. LG Bielefeld, a.a.O., Rn. 80, zitiert nach juris). Auf solche, vom Vertrag nicht vorgesehene, Konstellationen muss durch den Darlehensgeber nicht hingewiesen werden (LG Dortmund, Urt. v. 05.02.2015, Az. 7 O 274/14, Rdnr. 39 - juris).
48Selbst wenn man vorliegend Gegenteiliges vertreten würde, würde nichts anderes gelten. Denn der angegriffene Teil der Belehrung hatte aus Sicht der Kläger nämlich insofern keine Relevanz, als die Widerrufsfrist bereits abgelaufen war, bevor durch den Kläger Leistungen aufgrund des Darlehensvertrages erbracht wurden (vgl. dazu LG Bielefeld, a.a.O., Rn. 83; LG Dortmund, a.a.O., Rn. 35). Ein anderer Ablauf war nach der tatsächlichen Vertragsgestaltung ausgeschlossen, da Bereitstellungszinsen erst ab dem 22.01.2008 und Tilgungsleistungen nicht vor den auf die Vollauszahlung folgenden Monat zu erbringen waren.
49Sinn und Zweck des § 312 c Abs. 1 BGB a.F. und des § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV ist es insofern, den Verbraucher nicht nur vor den mit Fernabsatzverträgen einhergehenden Gefahren zu schützen, sondern ihm eine gesicherte Grundlage für die Entscheidung zu geben, ob er das Widerrufsrecht ausüben will oder nicht (KG Berlin, Beschl. v. 09.11.2007, 5 W 276/07). Wenn er jedoch – anderes ist weder ersichtlich noch vertraglich vorgesehen noch vorgetragen worden – bei Ablauf der Widerrufsfrist noch keine Leistung erbracht bzw. zu erbringen hat, die die Darlehensgeberin zurückgewähren müsste, ist es für ihn für die Frage nach der Ausübung des Widerrufsrechts schlicht unerheblich, binnen welcher Frist die Rückgewähr etwaiger Leistungen durch die Darlehensgeberin zu erfolgen hat.
50Es ist entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht zu beanstanden, dass die Widerrufsbelehrung Angaben für verbundene Geschäfte beinhaltet, obwohl ein verbundenes Geschäft hier unstreitig nicht vorlag. Aufgrund der ausführlichen Erläuterungen dazu, wann eine wirtschaftliche Einheit und ein verbundenes Geschäft vorliegen, ist die Belehrung hinreichend transparent und nicht geeignet, bei einem Verbraucher einen Irrtum über den Umfang und die Folgen seines Widerrufsrechts hervorzurufen. Die Textpassage suggeriert auch nicht, dass ein verbundenes Geschäft vorliegt. Durch den vorstehenden und mittels Fettdruck besonders hervorgehobenen Hinweis „Der nachfolgende Hinweis ist nur einschlägig, wenn ein verbundenes Geschäft vorliegt.“ wird unmissverständlich deutlich gemacht, dass diese Textpassage lediglich musterhaft eingefügt ist und keinen Bezug zu den konkret vorliegenden Vertragsumständen darstellt. Dass der Darlehensnehmer selbst prüfen muss, ob diese Ausführungen gelten, ist unschädlich, solange sie – wie vorliegend – so transparent sind, dass die Gefahr eines Irrtums über den Umfang und die Folgen des Widerrufsrechts nicht besteht (OLG Köln Beschluss v. 23.03.2015, 13 U 168/14 [BeckRS 2015, 08374, Rz. 7]). Unzulässig sind lediglich verwirrende oder ablenkende Zusätze (vgl. BGH, Urteil v. 04.07.2002, I ZR 55/00), die vorliegend jedoch nicht festzustellen sind.
51Schließlich begegnet auch die einmalige Verwendung des Wortes „Widerspruch“ keinen Bedenken, da aus der dazugehörigen Überschrift und dem Gesamtkontext der Angaben des Darlehensvertrages unmissverständlich hervorgeht, dass hier Aussagen zu einem Widerrufsrecht getroffen werden.
52Auch der Hinweis zum Widerruf bei mehreren Darlehensnehmern war nicht geeignet, den Kläger von der Ausübung seines Widerrufsrechts abzuhalten (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 30.09.2015, 13 W 33/15).
53Eine andere Beurteilung folgt auch nicht aus dem Umstand, dass in dem Informations- und Merkblatt eine fehlerhafte „frühestens“-Belehrung enthalten war (vgl. dazu BGH, Urt. v. 09.12.2009 - VIII ZR 219/08; Urt. v. 01.12. 2010, VIII ZR 82/10; Urt. v. 01.03.2012, III ZR 83/11, OLG Köln, Urt. v. 23.01.2013, 13 U 69/12 - BeckRS 2013, 04235 jeweils m.w.N.). Bei dem Informations- und Merkblatt handelt es sich eindeutig nicht um eine zur Vertragserklärung gehörende Belehrung, sondern um eine allgemeine Information (vgl. LG Köln, Urt. v. 05.08.2010, 15 O 601/09, Rn. 19 - juris).
54b. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Feststellung, dass der Darlehensvertrag vom 02.11./05.11.2007 über einen Nennbetrag in Höhe von 25.000,00 Euro mit der Darlehensnummer ########## (Unterkontonummer -###) wirksam widerrufen und in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt wurde.
55Der Darlehensvertrag hat sich aufgrund des vom Kläger wirksam erklärten Widerrufs gem. §§ 346 Abs. 1, 355 Abs. 1, § 495 BGB a. F. in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt. Der Widerruf des Klägers war nicht verfristet, da die Widerrufsfrist nie zu laufen begonnen hatte. Es kann dahingestellt bleiben, ob die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung auch im Angebotsverfahren den gesetzlichen Anforderungen genügte. Die Frist hat jedenfalls nicht zu laufen begonnen, weil der Kläger bestritten hat, das Informations- und Merkblatt, an dessen Erhalt der Beginn der Widerrufsfrist geknüpft ist, zu diesem Darlehensvertrag erhalten zu haben. Die Beklagte hat den ihr obliegenden Beweis, dass die Widerrufsfrist ordnungsgemäß in Gang gesetzt worden ist, nicht erbracht, da der Kläger lediglich den Erhalt des Informationsblatts zu dem Darlehensvertrag vom 22.10/07.11.2007 bestätigt hat (vgl. Anlage B 2, Bl. ### d.A.).
56Die Ausübung des Widerrufsrechts ist weder rechtsmissbräuchlich noch verwirkt.
57Insbesondere begründen die etwaigen Motive der Klägerseite für den Widerruf keinen Rechtsmissbrauch. Das Gericht folgt insofern nicht der zum Teil in der Rechtsprechung und Literatur vertretenen abweichenden Ansicht, wonach u.a. die Motivation des Widerrufenden den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung rechtfertigen kann. Nach Auffassung des Gerichts haben die Motive für eine Widerrufserklärung keinen Einfluss auf deren Wirksamkeit (vgl. zur Unbeachtlichkeit der Motivlage: BGH NJW 1986, 1679, 1681; Habersack/Schürnbrand ZIP 2014, 749, 756 m.w.N.). Vielmehr trägt das Risiko, dass bei unzureichender Belehrung auch auf eine lange Laufzeit angelegte Verträge widerrufen werden können, wenn sich die wirtschaftliche Entwicklung für den Verbraucher nachteilig darstellt, nach der Ausgestaltung der gesetzlichen Regelungen der Unternehmer (OLG Oldenburg, Urt. v. 28.05.2009 - 14 U 60/08- Rz. 51 – zitiert nach juris; Habersack/Schürnbrand ZIP 2014, 749, 756).
58Auch die Voraussetzungen für eine Verwirkung des Widerrufsrechts sind vorliegend nach Ansicht des Gerichts nicht gegeben.
59Die Verwirkung eines Rechts tritt ein, wenn es vom Berechtigten über längere Zeit nicht geltend gemacht worden ist und der andere Teil sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten darauf einstellen durfte und sich auch tatsächlich darauf eingerichtet hat, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde (BGH, Urt. v. 23.01.2014 - VII ZR 177/13; Urt. v. 14.06. 2004 - II ZR 395/01). Ob das notwendige Zeitmoment angesichts der Zeitspanne zwischen Abschluss des Darlehensvertrags und der Widerrufserklärung vorliegend zu bejahen ist, kann offen bleiben, da es jedenfalls am Umstandsmoment fehlt. Der Vertrauenstatbestand kann nicht durch bloßen Zeitablauf geschaffen werden (BGH, Urt. v. 09.10.2013 - XII ZR 59/12). Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen zu dem reinen Zeitablauf besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen (BGH, Urt. v. 09.10.2013 a.a.O.). Hierzu bot das Verhalten der Klägerseite indes keinen Anlass. Nach Ansicht des Gerichts kann ein Umstandsmoment nicht darin gesehen werden, dass die Klägerseite ihre Pflichten aus dem Darlehensvertrag erfüllt und vereinbarungsgemäß die Darlehensraten gezahlt hat. Die Änderung der Tilgungsvereinbarung, die im Rahmen des Umstandsmoments berücksichtigt werden kann, bezieht sich nur auf den Darlehensvertrag vom 22.10./07.11.2007.
60I. Der Klageantrag zu 2) ist unbegründet.
61Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.217,45 Euro aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB. Nur der Widerruf des Darlehensvertrages vom 02.11./05.11.2007 war wirksam. Insoweit fehlt es jedoch an einem kausalen Schaden, da der Widerruf diesbezüglich erst in der Klageschrift erklärt worden ist. Selbst wenn der Kläger bereits mit Schreiben vom 26.11.2014 (Anlage L 3 und L 4) den Widerruf auch für den Darlehensvertrag vom 02.11./05.11.2007 erklärt haben sollte, fehlt es an einem Verzug der Beklagten, da der Kläger die Beklagte lediglich zur Stellungnahme, nicht aber zur Leistung aufgefordert hat.
62Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte folgt auch nicht aus § 280 Abs. 1 BGB, da es keine allgemeine Vertragspflicht gibt, die richtige Rechtsansicht zu vertreten (OLG Köln, Hinweis v. 19.08.2015, 13 U 19/15).
63Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 und 2 ZPO.
64Die Rechtsausführungen im Schriftsatz des Klägers vom 10.11.2015 gaben keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 ZPO.
65Der Streitwert wird auf bis zu 80.000,00 Euro festgesetzt.
66Rechtsbehelfsbelehrung:
67Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Landgericht Bonn statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Landgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Landgericht Bonn, Wilhelmstr. 21, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das am 18.2.2015 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Essen – Az.: 11 O 141/14 – wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe
2I.
3Die Kläger machen Ansprüche nach dem Widerruf mehrerer Darlehensverträge geltend, die in zwei Vertragsdokumenten niedergelegt sind.
4Die Kläger unterzeichneten am 19.5.2008 einen ersten Darlehensantrag (Vertrags-Nr. #########). Dieser hatte zwei Darlehen zum Gegenstand. Die Kläger beantragten zum einen einen Kredit mit der laufenden Nummer 1 über einen nominalen Betrag i.H.v. 99.000 EUR bei der E AG (E) und zum anderen ein Darlehen mit der laufenden Nummer 2 über einen Nominalbetrag i.H.v. 47.000 EUR bei der Beklagten.
5Die Beklagte erklärte sich mit beiden Darlehensvergaben einverstanden. Im Darlehensvertrag heißt es dazu unter anderem: „Darlehensverträge der… E kommen mit Zusageschreiben der D-Bank im Namen und für Rechnung der jeweiligen Darlehensgeber zu dem Darlehenstrag zustande.“ Auf Seite 4 des Darlehensvertrages war eine Widerrufsbelehrung abgedruckt, die von den Klägern gesondert unterschrieben wurde. Diese lautet:
6„Widerrufsbelehrung
7WiderrufsrechtIch bin an meine Willenserklärung zum Abschluss dieses Vertrages nicht mehr gebunden, wenn ich sie binnen zwei Wochen widerrufe.Form des WiderrufsDer Widerruf muss in Textform (z.B. schriftlich, mittels Telefax oder E-Mail-Nachricht) erfolgen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten.FristlaufDer Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem mir- ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung und- eine Vertragsurkunde, mein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder meines Vertragsantragszur Verfügung gestellt wurden. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
8Adressat des Widerrufs
9Der Widerruf ist zu senden an…
10Widerrufsfolgen
11Habe ich vor Ablauf der Widerrufsfrist bereits eine Leistung von der Bank erhalten, so kann ich mein Widerrufsrecht noch ausüben. Im Falle eines wirksam Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und gegebenenfalls gezogene Nutzungen (z. B. Zinsen) herauszugeben. Kann ich die von der Bank mir gegenüber erbrachte Leistung ganz oder teilweise nicht zurückgewähren – beispielsweise, weil dies nach dem Inhalt der eigenen Leistung ausgeschlossen ist -, so bin ich verpflichtet, insoweit Wertersatz zu leisten. Dies kann dazu führen, dass ich die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen für den Zeitraum bis zum Widerruf gleichwohl erfüllen muss. Dies gilt auch für den Fall, dass ich die von der Bank erbrachte Leistung bestimmungsgemäß genutzt habe. Die Verpflichtung zum Wertersatz kann ich vermeiden, wenn ich die erbrachte Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist nicht in Anspruch nehme. Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen muss ich innerhalb von 30 Tagen nach Absendung meiner Widerrufserklärung und muss die Bank innerhalb von 30 Tagen nach Zugang der Widerrufserklärung erfüllen.“
12Wegen der Einzelheiten der Widerrufsbelehrung wird auf Bl. 8 der Akte verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Darlehensantrages wird auf Bl. 5 ff. der Akte Bezug genommen.
13Die Kläger schlossen mit der Beklagten am 13.8.2008 einen weiteren Darlehensvertrag (Vertragsnummer #########) über einen nominalen Darlehnsbetrag i.H.v. 65.000 EUR. Auf Seite 7 des Darlehensvertrages befindet sich eine weitgehend gleichlautende Widerrufsbelehrung. Wegen deren Einzelheiten wird auf Bl. 16 der Akte Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Darlehensvertrages wird auf Bl. 10 ff. der Akte verwiesen.
14Mit Schreiben vom 19.8.2008 erklärten die Kläger den Rücktritt von ihrem Widerrufsrecht (Anl. B1, Bl. 60 der Akte). Hierzu kam es, weil die Beklagte den Klägern bei Vertragsunterzeichnung erklärt hatte, dass eine Auszahlung des Darlehens vor dem 1.9.2008 nur erfolgen könne, wenn sie auf das Widerrufsrecht verzichten würden.
15Mit Schreiben vom 11.2.2014 erklärten die Kläger den Widerruf der Darlehensverträge. Mit Schreiben vom 20.2.2014 wies die Beklagte die Widerrufe zurück.
16Die Kläger haen die Ansicht vertreten, die Widerrufsbelehrungen seien fehlerhaft. In den Belehrungen heiße es, der Widerruf müsse in Textform, z.B. schriftlich, erfolgen. Der Begriff „schriftlich“ sei falsch gewählt, da sich Schriftform und Textform voneinander unterschieden. Zudem sei die Aufzählung „schriftlich, mittels Telefax oder E-Mail-Nachricht“ fehlerhaft. Denn ein Telefax erfolge immer zugleich schriftlich. Wenn Telefax und schriftlicher Widerruf wie in der Widerrufsbelehrung alternativ genannt würden, sei dies verwirrend. Darüber hinaus erwecke die Belehrung zum ersten Darlehensantrag den Eindruck, der Darlehensnehmer müsse entweder einen Brief schicken oder einen Telefax und eine E-Mail schicken, um wirksam zu widerrufen. Die Belehrungen belehrten darüber hinaus über den Lauf der Frist. Doch müsse nicht über den Lauf der Frist belehrt werden, sondern über deren Beginn. Weiter heiße es in den Belehrungen, dass der Lauf der Frist beginne, nachdem Unterlagen zur Verfügung gestellt worden seien. Diese Formulierung erwecke den Eindruck, dass die Frist schon beginnen könne, bevor man den Vertrag unterschrieben habe. Dies sei unzutreffend. Die Widerrufsfrist beginne erst mit dem Tag der Unterzeichnung, nicht bereits mit dem Tag, an dem der Vertrag dem Darlehensnehmer zur Verfügung gestellt werde. Als Adressat des Widerrufs hinsichtlich des ersten Darlehensvertrages sei ausschließlich die D-Bank genannt, obwohl der Vertrag ein weiteres Darlehen von der E enthalte. Richtigerweise müsse die E der Adressat für einen Widerruf sein. In den Belehrungen heiße es zudem, der Kunde sei gegebenenfalls verpflichtet, Wertersatz zu leisten. Wertersatz werde jedoch ausschließlich in Geld geleistet. Im Kern bedeute die Formulierung, der Darlehensnehmer müsse Geld zahlen, wenn er kein Geld zahlen könne. Eine solche Formulierung sei irreführend. Außerdem belehre die Widerrufsbelehrung einseitig darüber, dass die Kläger im Falle eines Widerrufs Wertersatz zu leisten hätten. Die Widerrufsbelehrung weise nicht darauf hin, dass auf der anderen Seite auch die Beklagte Wertersatz leisten müsse, wenn sie Leistungen (Tilgung und Zinsen) nicht an den Darlehensnehmer zurückgewähren könne. Eine Belehrung, die einseitig über die Pflichten des Verbrauchers belehre, nicht aber über dessen Rechte, sei fehlerhaft. Fehlerhaft sei auch die Formulierung: „Die Verpflichtung zum Wertersatz kann ich vermeiden, wenn ich die erbrachte Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist nicht in Anspruch nehme.“ Es sei unklar, was dieser Satz bedeute. Er sei auf den Austausch von Waren zugeschnitten. Die Widerrufsbelehrungen enthielten zudem jeweils eine fehlerhafte Anschrift der Beklagten. Bei der Widerrufsbelehrung zum ersten Darlehensantrag sei die letzte Ziffer der Postleitzahl falsch, was unstreitig ist. Bei der Anschrift in der Widerrufsbelehrung zum zweiten Vertragsdokument (B-Straße) handele es sich um die Adresse des sogenannten C-Hauses, was ebenfalls unstreitig ist. Doch belege die D-Bank nicht das gesamte C-Haus. Es handele sich um ein Haus mit mehreren eigenen Eingängen, die jeweils eine gesonderte Hausnummer hätten. Von der Beklagten würden nur Büroräume in der Hausnummer ## benutzt. Der Verbraucher könne dort aufgrund der Angaben in der Widerrufsbelehrung nicht persönlich einen Brief einwerfen. Die Kläger verweisen darauf, dass in der ersten Widerrufsbelehrung die E-Mail-Adresse der Beklagten durch Unterstreichung optisch hervorgehoben ist. Doch dürfe die Beklagte nicht suggerieren, dass sie eine bestimmte Form des Widerrufsrechts präferiere. Darüber hinaus gebe es vorliegend zwei Darlehensnehmer. Die Kläger hätten jedoch nur eine Ausfertigung des Darlehensvertrages und dementsprechend nur eine Ausfertigung der Widerrufsbelehrung erhalten, was unstreitig ist. Bei einer Mehrheit von Darlehensnehmern sei jeder Darlehensnehmer einzeln über sein Widerrufsrecht zu belehren. Dementsprechend sehe auch Art. 10 Abs. 1 der Verbraucherkreditrichtlinie vor, dass alle Vertragsparteien eine Ausfertigung des Kreditvertrages erhalten. Aus der Belehrung gehe nicht hervor, dass die Belehrung zum ersten Darlehensantrag sowohl für einen Darlehensvertrag mit der Beklagten als auch für einen Darlehensvertrag mit der E gelten solle. Der Belehrung sei nicht zu entnehmen, dass sie sich auf zwei Verträge beziehe. Doch müsse von einer Willenserklärung verlangt werden, dass der Verbraucher auch darüber belehrt werde, welche Folgen der Widerruf des einen Darlehens auf den Bestand des anderen habe. Wenn keine Wechselwirkung bestehe, sei auch darüber zu belehren. Andernfalls werde der Verbraucher von der Ausübung seines Widerrufsrechts abgehalten. Er könne nicht beurteilen, ob der eine Vertrag Bestand behalte, wenn er den anderen Vertrag widerrufe.
17Die Widerrufsbelehrungen entsprächen nicht der Musterwiderrufsbelehrung gemäß Anl. 2 zur BGB-InfoV. Daher könne sich die Beklagte insoweit nicht auf Vertrauensschutz berufen. Soweit sich die Beklagte auf einen Verzicht des Widerrufsrechts aufgrund des Schreibens vom 19.8.2008 berufe, sei dieser unwirksam. Denn bei den Widerrufsvorschriften in §§ 495, 355 BGB handele es sich um zwingendes Recht. Dies habe zur Folge, dass der Darlehensnehmer aus Gründen des Verbraucherschutzes nicht auf das Widerrufsrecht verzichten könne. Eine gegenteilige Vereinbarung sei unwirksam.
18Die Beklagte hat geltend gemacht, das Widerrufsrecht der Kläger sei erloschen. Die Widerrufsbelehrungen seien fehlerfrei. Dies hätten beispielsweise das Landgericht Frankfurt a.M. (25 O 192/13), das OLG Frankfurt a.M. (23 U 288/13) sowie das Landgericht Bielefeld (6 O 459/13) für gleichartige Widerrufsbelehrungen bestätigt. Insoweit hat die Beklagte zu den einzelnen Rügen der Kläger Stellung genommen. Die Widerrufsbelehrungen würden auch keine wesentlichen inhaltlichen Abweichungen von der Musterwiderrufsbelehrung aufweisen, so dass sie sich auf Vertrauensschutz berufen könne. Ein etwaiges Widerrufsrecht der Kläger sei zudem verwirkt. Der Ausübung des Widerrufsrechts stehe jedenfalls der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegen. Denn die Kläger hätten mit Schreiben vom 19.8.2008 ausdrücklich auf ihr Widerrufsrecht verzichtet, damit die Darlehensvaluta zeitig zur Auszahlung gelangen konnte. Selbst wenn dieser Verzicht unwirksam sei, sei er im Rahmen von Treu und Glauben zu würdigen. Erst ca. sechs Jahre später hätten die Kläger dann gleichwohl den Widerruf erklärt. Die Beklagte habe aber berechtigterweise darauf vertrauen dürfen, dass die Kläger von dem Widerrufsrecht keinen Gebrauch mehr machen würden.
19Das Landgericht Essen hat mit dem angefochtenen Urteil die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es könne dahinstehen, ob den Klägern im Zeitpunkt der Erklärung des Widerrufs noch ein Widerrufsrecht zugestanden habe. Denn jedenfalls sei das Widerrufsrecht der Kläger verwirkt gewesen. Sowohl das Zeit- als auch das Umstandsmoment lägen vor. Das Zeitmoment sei gegeben, da die Kläger das Widerrufsrecht erst fast sechs Jahre nach Vertragsschluss ausgeübt hätten. Das Umstandsmoment sei in dem Verzicht auf das Widerrufsrecht in dem Schreiben vom 19.08.2008 zu sehen. Die Beklagte habe danach berechtigterweise darauf vertrauen dürfen, dass die Kläger ihre Widerrufsrechte nicht mehr ausüben würden. Dem stünden die Regelungen der §§ 312i, 487, 511 BGB und § 10 FernUSG nicht entgegen. Zwar seien die Regelungen des § 355 BGB halbzwingender Natur, so dass sie vertraglichen Vereinbarungen nur insoweit entgegenstünden, als sie den Verbraucher belasten, nicht aber soweit sie ihn begünstigen. Im Streitfall komme es jedoch nicht auf die Wirksamkeit der Vereinbarung an, sondern darauf, ob die Beklagte aufgrund dieser Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben noch mit einem Widerruf habe rechnen müssen.
20Wegen der weiteren Einzelheiten und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf das angefochtene Urteil (Bl. 126 ff. der Akte) Bezug genommen.
21Gegen diese Entscheidung wenden sich die Kläger mit ihrer Berufung. Sie rügen im Wesentlichen, Verwirkung liege nicht vor. Zeit- und Umstandsmoment seien nicht gegeben. Das Zeitmoment sei nicht erfüllt, da der Darlehensvertrag noch nicht beendet sei. Während eines noch laufenden Darlehensvertrages komme eine Verwirkung nicht in Betracht. Solange ein Darlehensvertrag bestehe, über dessen Widerrufbarkeit die Beklagte nicht ordnungsgemäß belehrt habe, habe die Beklagte die Möglichkeit und Pflicht zur ordnungsgemäßen Nachbelehrung. Solange diese Pflicht bestehe, könne keine Verwirkung eintreten.
22Weiter liege das Umstandsmoment nicht vor. Das Landgericht berücksichtige nicht hinreichend, dass das Widerrufsrecht nicht dispositiv sei und der Darlehensnehmer nicht darauf verzichten könne. Andernfalls würden die Vorschriften zum Verbraucherschutz umgangen. Ein Verzicht komme zudem allenfalls in Betracht, wenn der Verbraucher ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden sei. Andernfalls verzichte der Verbraucher auf ein Recht, dessen Inhalt er nicht kenne. Da die Beklagte die Kläger nicht ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt habe, könne sie kein Vertrauen entwickelt haben, dass die Kläger von dem Widerrufsrecht keinen Gebrauch machen würden. Das Landgericht habe außerdem nicht ausgeführt, dass die Beklagte sich darauf eingerichtet habe, dass die Kläger ihr Widerrufsrecht nicht mehr ausüben würden. Auch die Beklagte habe dazu nichts vorgetragen.
23Die Kläger beantragen,
24das Urteil des Landgerichts Essen abzuändern und festzustellen, dass sich die Darlehensverträge zwischen den Parteien vom 11.02.2014 mit den Nummern ######### und ######### aufgrund der von den Klägern wirksam erklärten Widerrufe in Rückabwicklungsschuldverhältnisse umgewandelt haben.
25Die Beklagte beantragt,
26die Berufung zurückzuweisen.
27Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Ergänzend trägt sie vor, ein Hinweis auf die Rechte des Darlehensnehmers im Falle eines Widerrufs sei nicht erforderlich, wenn ein solcher sinnlos sei. Dies sei bei dem zu Grunde liegenden Sachverhalt der Fall. Auch der BGH habe entschieden, dass über die Rechtsfolgen eines Widerrufs nicht zu belehren sei, wenn der Eintritt dieser Rechtsfolgen nach der konkreten Vertragsgestaltung tatsächlich ausgeschlossen sei (BGH, VIII ZR 103/10; II ZR 109/13).
28Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
29II.
30A.
31Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
32I.
33Die Feststellungsklage ist zulässig (§ 256 ZPO).
34Die Klage hat die Frage der Beendigung der Darlehensverträge durch Widerruf und die Umwandlung in ein Rückgewährschuldverhältnis zum Gegenstand. Die Klärung der Beendigung eines Vertrages kann typischerweise im Wege der Feststellungsklage geltend gemacht werden (vgl. § 256 ZPO; OLG Dresden, Urteil vom 11. Juni 2015 – 8 U 1760/14 –, juris, Rn. 22; Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 256, Rn. 4 m.w.N.).
35Wenn eine Feststellungsklage zur endgültigen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte führt, etwa weil von der Bereitschaft des Beklagten zur Leistung schon auf ein rechtskräftiges Feststellungsurteil hin auszugehen ist, bestehen gegen die Zulässigkeit keine Bedenken (vgl. Zöller, ZPO, 30. Aufl., § 256 Rn. 8; BGH, Urteil vom 30. Mai 1995 – XI ZR 78/94 –, BGHZ 130, 59-70, Rn. 16 und 17). So liegt der Fall hier. Es besteht hinreichende Gewähr, dass die Beklagte, die der Bankenaufsicht unterliegt, auch einem rechtskräftigen Feststellungsurteil nachkommen würde (vgl. BGH, Urteil vom 30. Mai 1995 – XI ZR 78/94 –, BGHZ 130, 59-70, Rn. 16 und 17). Sie hat die Zulässigkeit der Feststellungsklage als solche nicht in Zweifel gezogen.
36Darüber hinaus ist der nach dem Widerruf eines Darlehensvertrages per Saldo zu zahlende Betrag für einen Bankkunden nur mit unverhältnismäßigem Aufwand bezifferbar. Aus diesem Grunde ist es nach Auffassung des Senats sachgerecht, die Rückabwicklungspflicht zunächst feststellen zu lassen, so dass ein Interesse daran den Klägern nicht abgesprochen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 2000 – V ZR 387/98 –, juris, Rn. 11; Zöller/Greger, ZPO, 21. Aufl., § 256 Rdn. 7a).
37Die Frage, ob ein Rückabwicklungsverhältnis besteht, wäre bei einer Leistungsklage zudem lediglich eine Vorfrage und nähme an der materiellen Rechtskraft des Leistungsurteils nicht teil (OLG Hamm, Urteil vom 25. August 2008, Az. 31 U 59/08), so dass die Kläger im Falle einer Leistungsklage nicht abschließend klären könnten, ob ein Rückgewährschuldverhältnis vorliegt.
38- 39
II.
Die Kläger haben jedoch gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Feststellung, dass sich die zwischen den Parteien ursprünglich geschlossenen Darlehensverträge Nr. ########## und ######### vom 11.02.2014 aufgrund wirksamen Widerrufs in Rückabwicklungsschuldverhältnisse umgewandelt haben. Die Kläger haben die streitgegenständlichen Darlehensverträge vom 11.2.2014 nicht wirksam widerrufen, weil die Widerrufsbelehrung nicht fehlerhaft war und die Kläger als Folge davon die Widerrufsfrist nicht eingehalten haben.
411)
42Ein Widerrufsrecht der Kläger scheidet nicht bereits aus dem Grunde aus, weil sich die Beklagte auf Vertrauensschutz wegen Verwendung der Muster-Widerrufsbelehrung berufen könnte.
43Ein Unternehmer kann sich auf die Schutzwirkung des § 14 I BGB-InfoV nur berufen, wenn er gegenüber dem Verbraucher ein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 I BGB-InfoV in der jeweils maßgeblichen Fassung entspricht (BGH, Urteil vom 12.04.2007, VI ZR 122/06, juris Rz. 12; BGH, Urteil vom 09.12.2009, VIII ZR 219/08, juris Rz. 20; BGH, Urteil vom 28.06.2011, XI ZR 349/10, Juris Rz. 10).
44Unterzieht der Verwender den Text der Musterbelehrung einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung, kann er sich nicht auf eine mit der unveränderten Übernahme der Musterbelehrung verbundene Schutzwirkung berufen. Das gilt unabhängig vom konkreten Umfang der von ihm vorgenommenen inhaltlichen Änderungen, da sich schon mit Rücksicht auf die Vielgestaltigkeit möglicher individueller Veränderungen des Musters keine verallgemeinerungsfähige bestimmte Grenze ziehen lässt, bei deren Einhaltung eine Schutzwirkung noch gelten und ab deren Überschreitung sie bereits entfallen soll (BGH, Urteil vom 18. März 2014 – II ZR 109/13–, juris, Rn. 18).
45Hiervon ausgehend kann sich die Beklagte wegen mehrerer inhaltlicher Abweichungen vom Text der Muster-Widerrufsbelehrung nicht auf Vertrauensschutz berufen. So enthalten beide Widerrufsbelehrungen anders als die Muster-Widerrufsbelehrung den Zusatz „Die Verpflichtung zum Wertersatz kann ich vermeiden, wenn ich die erbrachte Leistung vor dem Widerruf nicht in Anspruch nehme.“ Zudem weichen die Formulierungen zum Fristbeginn von der Muster-Widerrufsbelehrung ab. Auch enthält die Muster-Widerrufsbelehrung den Zusatz „[die Frist zur Rückgewähr innerhalb von 30 Tagen beginnt] für uns mit deren Empfang.“ Dieser Zusatz fehlt in den Widerrufserklärungen. Jedenfalls in ihrer Gesamtheit lassen diese Abweichungen den Vertrauensschutz wegen Verwendung der Muster-Widerrufsbelehrung entfallen.
46Umkehrt können die Kläger kein Recht aus dem Umstand herleiten, dass die Widerrufsbelehrung nicht der Muster-Widerrufsbelehrung entspricht. Ist die von der Musterbelehrung abweichende Widerrufsbelehrung in Bezug auf den Fristbeginn gesetzeskonform, bleibt eine Abweichung von der Musterbelehrung folgenlos (OLG Frankfurt a.M., 23 U 288/13).
472)
48Der Ausübung eines Widerrufsrechts der Kläger steht nach Auffassung des Senats nicht der Einwand der Verwirkung bzw. der unzulässigen Rechtsausübung entgegen.
49Der BGH hat für die Frage der Verwirkung eines Widerrufsrechts folgende Kriterien entwickelt: „Die Verwirkung setzt voraus, dass der Berechtigte ein Recht längere Zeit nicht geltend gemacht hat, obwohl er dazu in der Lage gewesen wäre, der Gegner sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass dieser sein Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde, und die verspätete Geltendmachung daher gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt (Sen.Urt. v. 14. Juni 2004 - II ZR 392/01, WM 2004, 1518, 1520; BGHZ 25, 47, 51 f.; 84, 280, 281)…. Die mit der unterlassenen oder nicht ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung verbundenen Nachteile hat grundsätzlich der Geschäftspartner des Verbrauchers zu tragen… Die bloße Dauer zwischen dem Gesellschaftsbeitritt und dem Widerruf reicht [für die Annahme einer Verwirkung] nicht aus…“ (BGH, Urteil vom 18.10.2004, II ZR 352/02).
50Gegen ein schutzwürdiges Vertrauen der darlehensgebenden Bank im Falle einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung spricht, dass sie die betreffende Situation selbst herbeigeführt hat. Zudem bedarf es konkreten Vortrags, dass und aus welchen Gründen sich die darlehensgebende Bank berechtigter Weise darauf eingerichtet hat, dass die Darlehensnehmer Verträge nicht noch mehrere Jahre nach deren Abschluss widerrufen. Dies gilt erst recht, wenn man berücksichtigt, dass die darlehensgebende Bank in der Lage ist, die Darlehensnehmer in wirksamer Form nachzubelehren (vgl. § 355 Abs. 2 S. 3 BGB n.F., vgl. zur Anwendbarkeit auf Altfälle BGH, Urteil vom 26. Oktober 2010, XI ZR 367/07–, juris).
51Hiervon ausgehend müsste die Beklagte ggf. Umstände aufzeigen, die in der Gesamtschau höher zu gewichten sind als die genannten Argumente, um eine Verwirkung bzw. eine unzulässige Rechtsausübung annehmen zu können. Solche Umstände hat die Beklagte nicht aufgezeigt. Von den Vertragslaufzeiten von 20 bzw. über 20 Jahren Jahren waren lediglich knapp 6 Jahre verstrichen. Zwar haben die Kläger als Besonderheit des hiesigen Verfahrens bei einem der Darlehen auf den Widerruf verzichtet. Ein Verzicht auf das Widerrufsrecht seitens des Verbrauchers ist jedoch jedenfalls vor Ablauf der regulären Widerrufsfrist unzulässig, §§ 495, 511 BGB (vgl. Weidenkaff, in: Palandt, BGB, 74. Aufl., § 511, Rn. 2), so dass die Beklagte daraus keine Rechte herleiten kann.
523)
53Den Klägern stand 2014 aber ein Widerrufsrecht gemäß § 495 BGB nicht mehr zu, weil die verwendeten Widerrufsbelehrungen nicht fehlerhaft sind.
54a)
55Die Frage der Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung bemisst sich nach § 355 BGB, in der Fassung vom 02.12.2004; gültig vom 08.12.2004 bis zum 10.06.2010. Diese Vorschrift lautet:
56„Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so ist er an seine auf den Abschluss des Vertrags gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden, wenn er sie fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten und ist in Textform oder durch Rücksendung der Sache innerhalb von zwei Wochen gegenüber dem Unternehmer zu erklären; zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung.
57Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht, die ihm entsprechend den Erfordernissen des eingesetzten Kommunikationsmittels seine Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden ist, die auch Namen und Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, und einen Hinweis auf den Fristbeginn und die Regelung des Absatzes 1 Satz 2 enthält. Wird die Belehrung nach Vertragsschluss mitgeteilt, beträgt die Frist abweichend von Absatz 1 Satz 2 einen Monat. Ist der Vertrag schriftlich abzuschließen, so beginnt die Frist nicht zu laufen, bevor dem Verbraucher auch eine Vertragsurkunde, der schriftliche Antrag des Verbrauchers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt werden. Ist der Fristbeginn streitig, so trifft die Beweislast den Unternehmer.“
58Aus § 355 BGB a.F. ergibt sich, dass eine Widerrufsbelehrung deutlich und in Textform gestaltet sein muss, die Bezeichnung des eingesetzten Kommunikationsmittels zu beinhalten hat, den Namen und die Anschrift des Widerrufsempfängers ausweisen und auf den Fristbeginn hinweisen muss.
59b)
60Die Widerrufsbelehrung belehrt – wie der Senat zu einer gleichartigen Formulierung entschieden hat – ordnungsgemäß über den Beginn der Widerrufsfrist. Hierzu heißt es in beiden Widerrufsbelehrungen:
61FristlaufDer Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem mir- ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung und- eine Vertragsurkunde, mein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder meines Vertragsantragszur Verfügung gestellt wurden. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs …
62aa)
63Soweit sich die Kläger darauf berufen, die Belehrungen verhielten sich über den „Lauf der Frist“, doch müsse nicht über den Lauf der Frist belehrt werden, sondern über deren Beginn, lässt sich hieraus kein Fehler herleiten. Nach dem Wortlaut des § 355 BGB a.F. ist der Verbraucher zwar über den Fristbeginn zu belehren. Diesen Anforderungen entsprechen die Widerrufsbelehrungen jedoch. Aus der Formulierung „Der Lauf der Frist beginnt…“ geht hinreichend deutlich hervor, dass es um den Beginn der Frist geht.
64Abzustellen ist insoweit auf den Horizont eines durchschnittlichen Verbrauchers, der der deutschen Sprache mächtig ist. Legt man diesen Maßstab an, ist die von der Beklagten verwandte Formulierung nicht misszuverstehen.
65bb)
66Soweit sich die Kläger auf das Argument stützen, in den Belehrungen heiße es, der Lauf der Frist beginne, nachdem Unterlagen zur Verfügung gestellt worden seien, was den Eindruck erwecke, dass die Frist schon beginnen könne, bevor man den Vertrag unterschrieben habe, lässt sich auch daraus kein Fehler herleiten (OLG Hamm, Urteil vom 2.2.2015, 31 U 126/14, juris, Rn. 31 zu einer gleichartigen Formulierung; auch das OLG Frankfurt a.M. hat die vom Kläger gerügte Passage für rechtmäßig erkannt; vgl. OLG Frankfurt a.M., 23 U 288/13).
67Die für die Klärung dieser Rechtsfrage maßgebliche Reglung in § 355 BGB a.F. lautet: „Ist der Vertrag schriftlich abzuschließen, so beginnt die Frist nicht zu laufen, bevor dem Verbraucher auch eine Vertragsurkunde, der schriftliche Antrag des Verbrauchers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt werden.“
68Diesen Anforderungen entspricht die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung. Durch das Voranstellen des Possessivpronomens [„mein“, „meines“] wird deutlich, dass nicht allein das bloße Antragsformular für den Fristbeginn ausreicht, sondern dass es sich gerade um den Antrag des Verbrauchers, d.h. um seine im Antragsformular verkörperte Willenserklärung, handeln muss, wie es § 355 BGB a.F. voraussetzt (LG Frankfurt a.M., Urteil vom 22.11.2013, 2-25 O 192/13).
69Die Entscheidungen BGH XI ZR 33/08 vom 10.3.2009 und BGH XI ZR 148/10 vom 15.2.2011 sind nicht einschlägig. Denn in den Widerrufsbelehrungen, die der BGH in den genannten Entscheidungen für fehlerhaft erkannt hat, fehlten gerade die hier verwendeten Possessivpronomen.
70c)
71Die Formulierung „Der Widerruf muss in Textform (z.B. schriftlich, mittels Telefax oder E-Mail-Nachricht) erfolgen“ ist ebenfalls nicht zu beanstanden.
72Soweit sich die Kläger darauf berufen, der Begriff „schriftlich“ sei falsch gewählt, da sich Schriftform und Textform unterschieden, führt dies nicht zu einer anderen rechtlichen Bewertung. Aus der Formulierung „z.B.“ geht hinreichend deutlich hervor, dass der Widerruf beispielsweise schriftlich, aber auch in anderer Form, etwa per E-Mail, eingelegt werden kann.
73Soweit sich die Kläger zusätzlich auf das Argument stützen, die Aufzählung schriftlich, mittels Telefax oder E-Mail Nachricht sei fehlerhaft; denn ein Telefax sei immer auch schriftlich; wenn Telefax und schriftlich alternativ genannt würden, sei dies verwirrend, führt dies zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Auch insoweit wird anhand des Zusatzes „z.B.“ für den Verbraucher hinreichend deutlich, dass ein Widerruf etwa schriftlich (z.B. per Brief), per Telefax, aber auch in sonstiger Textform eingelegt werden kann.
74Die Belehrung zum ersten Darlehensantrag erweckt auch nicht den Eindruck, der Darlehensnehmer müsse entweder einen Brief schicken oder ein Telefax sowie kumulativ dazu eine E-Mail, um wirksam zu widerrufen. Die Widerrufsbelehrung lässt vielmehr hinreichend deutlich erkennen, dass ein Widerruf lediglich einmal eingelegt werden muss, nicht zweifach. Dies ist etwa an der Formulierung „Der Widerruf“ (Einzahl) zu erkennen, aber auch an der Formulierung „z.B. schriftlich, mittels Telefax oder E-Mail-Nachricht.“ Denn anhand des Begriffs „oder“ ist für den Verbraucher mit hinreichender Deutlichkeit ersichtlich, dass der Widerruf nicht sowohl per Telefax als auch per E-Mail einzulegen ist.
75Nicht zu beanstanden ist es weiter, wenn die E-Mail-Adresse der Beklagten im Text der Widerrufsbelehrung unterstrichen ist. Eine Erschwernis für den Verbraucher, Widerruf einzulegen, ist mit dem Unterstrich nicht verbunden.
76d)
77Die Widerrufsbelehrung ist nicht aus dem Grunde fehlerhaft, weil die Widerrufsfolgen unzutreffend dargestellt worden wären.
78aa)
79Gemäß § 355 BGB a.F. bedurfte die Widerrufsbelehrung nicht der Darstellung der Widerrufsfolgen (OLG Celle, WM 2014, S. 1422). Anders wäre es u.U. (vgl. aber § 312a BGB a.F.), wenn die Parteien den Vertrag in einer Haustürsituation abgeschlossen hätten, was hier aber nicht der Fall war. Wenn die Beklagte gleichwohl auf Widerrufsfolgen hinweist, darf der Hinweis indes nicht unzutreffend oder irreführend sein.
80Die Kläger verweisen darauf, dass die streitgegenständlichen Widerrufsbelehrungen nur über die Pflichten des Kunden zur Rückgewähr der empfangenen Leistungen/Nutzungen belehrten, nicht über die entsprechenden Verpflichtungen der Darlehensgeber. Dies gibt jedoch den Inhalt der Widerrufsbelehrungen schon nicht vollständig wieder, weil beide Widerrufsbelehrungen einen Hinweis darauf enthalten, dass auch die Bank im Falle eines Widerrufs die Verpflichtung zur Erstattung von Leistungen innerhalb von 30 Tagen erfüllen muss (letzter Satz der Widerrufsbelehrungen).
81Unabhängig davon ist die Belehrung über die Widerrufsfolgen nach der Rechtsprechung des Senats nicht irreführend oder unzutreffend. Bei einem widerrufenen Realkredit hat der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer die erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen nebst marktüblicher Verzinsung zu erstatten, wohingegen der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber die ausgereichte Darlehensvaluta nebst marktüblicher Verzinsung zurückzuzahlen hat. Der Hinweis in der Widerrufsbelehrung, dass der Darlehensnehmer, soweit er den Vertrag widerruft, die empfangene Leistung an die Bank bzw. den jeweiligen Kooperationspartner zurückzugewähren und der Bank bzw. dem jeweiligen Kooperationpartner die von ihm aus der Leistung gezogenen Nutzungen herauszugeben hat, ist daher zutreffend. Nach Auszahlung der Darlehensvaluta verbleibt auch nach dem Beginn von Zins- und Tilgungsleistungen eine den Anspruch der Darlehnsnehmer übersteigende Forderung der Bank Zinsen (OLG Hamm, Urteil vom 2.2.2015, 31 U 126/14). Diese Rechtsfolgen geben die Widerrufsbelehrungen zutreffend wieder.
82bb)
83In der hier streitgegenständlichen Sachverhaltskonstellation ist die Darstellung der Widerrufsfolgen auch aus einem weiteren Grunde nicht unzutreffend oder irreführend. Denn nach beiden Darlehensvertragsdokumenten war vorgesehen, dass zum Zeitpunkt der ersten Tilgungsrate die Widerrufsfrist bei ordnungsgemäßer Belehrung bereits abgelaufen gewesen wäre (so LG Bielefeld, 1 O 268/13). Eines Hinweises auf die Verpflichtung des Darlehensgebers zur Rückgewähr von Leistungen/Nutzungen bedurfte es vor diesem Hintergrund nicht, weil eine solche Konstellation nach dem Vertragsinhalt nicht eintreten konnte (vgl. BGH, Entscheidung vom 2.2.2011, VIII ZR 103/10, juris, Leitsatz).
84cc)
85Die Kläger berufen sich weiter darauf, in den Belehrungen heiße es, der Kunde sei gegebenenfalls verpflichtet, Wertersatz zu leisten, wenn er die Leistung nicht zurückgewähren könne; Wertersatz werde jedoch ausschließlich in Geld geleistet; im Kern bedeute die Formulierung, der Darlehensnehmer müsse Geld zahlen, wenn er kein Geld zahlen könne; eine solche Formulierung sei irreführend.
86Indes wird mit einer Darlehensvergabe die Nutzung eines zur Verfügung gestellten Geldbetrages in einem bestimmten Zeitraum gewährt. Die Nutzung über einen bestimmten Zeitraum kann nicht in Natura zurückgewährt werden, so dass für diese Nutzung stattdessen Wertersatz geschuldet ist. Die Widerrufsbelehrung ist folglich auch insoweit nicht fehlerhaft oder irreführend.
87dd)
88Die Kläger berufen sich zudem auf eine Fehlerhaftigkeit der Formulierung: „Die Verpflichtung zum Wertersatz kann ich vermeiden, wenn ich die erbrachte Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist nicht in Anspruch nehme.“ Es sei unklar, was dieser Satz bedeute. Er sei auf den Austausch von Waren zugeschnitten.
89Jedoch kann die von der Bank erbrachte Leistung auch in der Bereitstellung und Vorhaltung des Darlehens liegen. Dies ist hier auch daran erkennbar, dass die Parteien jeweils Bereitstellungszinsen i.H.v. 0,25 % pro Monat vereinbart haben. Nimmt der Darlehensnehmer das bereitgestellte Darlehen nicht in Anspruch, ist er im Falle eines Widerrufs trotz der Bereitstellungsleistung der Beklagten nicht zum Wertersatz verpflichtet. Diese Rechtsfolge wird von der betreffenden Formulierung erfasst, so dass sie zutreffend ist.
90ee)
91Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 21.10.2015 ergänzend darauf hingewiesen haben, dass nach der Entscheidung BGH VII ZR 122/06 der Schutz des Verbrauchers eine möglichst umfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis der Verbraucher eindeutige Belehrung erfordert und dass sich eine diesen Anforderungen genügende Information über die Rechtsfolgen des § 357 Abs. 1 und 3 BGB nicht darauf beschränken kann, allein die Pflichten des Verbrauchers wiederzugeben, da zu den in § 357 Abs. 1 BGB geregelten Rechtsfolgen ebenso Rechte des Verbrauchers gehören, führt dies nicht zu einer anderen rechtlichen Bewertung. Denn die streitgegenständlichen Widerrufsbelehrungen geben nicht lediglich Pflichten des Verbrauchers wieder, sondern auch Pflichten der Bank und damit spiegelbildliche Rechte des Verbrauchers. Zudem betrifft der vom BGH entschiedene Fall eine Haustürsituation, bei der über die Widerrufsfolgen aufzuklären ist. Demgegenüber sind vorliegend die Regelungen zu Haustürsituationen nicht einschlägig, so dass gemäß § 355 BGB a.F. keine Pflicht bestand, über die Widerrufsfolgen aufzuklären (s.o.).
92e)
93Die Kläger können die Darlehensverträge nicht aus dem Grunde widerrufen, weil die Anschrift der Beklagten in den Widerrufsbelehrungen fehlerhaft wäre.
94Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 11. April 2002 – I ZR 306/99 –, juris, Rn. 14), der sich der Senat anschließt, hat das Erfordernis der Angabe der Anschrift primär das Ziel, zweifelsfrei zum Ausdruck zu bringen, an wen der Widerruf zu richten ist. Diesen Anforderungen entsprechen die streitgegenständlichen Widerrufsbelehrungen. Sie lassen keinen Zweifel daran aufkommen, gegenüber wem der Widerruf zu erklären ist.
95Marginale Fehler in der Anschrift, die eine Zustellung nicht gefährden, führen für sich gesehen nicht zu einer Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung. In diesem Sinne hat das Hanseatische Oberlandesgericht ausgeführt:
96„Auch die Rüge, dass eine ladungsfähige Anschrift in der Widerrufsbelehrung nicht genannt sei, dringt nicht durch: Auch die Klägerin behauptet nicht, dass unter der in Anl. K 1 genannten Postadresse - auch wenn keine Straße und Hausnummer genannt sind - Zustellungen an die Beklagte nicht möglich gewesen wären“ (Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 15. April 2014 – 13 U 52/14 –, juris, Rn. 6; ähnlich OLG Celle, Urteil vom 21. Mai 2015 – 13 U 38/14 –, juris, Rn. 52).
97Dass aufgrund der von den Klägern gerügten Fehler eine Zustellung nicht möglich wäre, behaupten auch die Kläger nicht (vgl. Bl. 72 d.A.).
98Soweit sich die Kläger auf das Argument stützen, sie seien daran gehindert, den Widerruf in den Briefkasten der Beklagten einzuwerfen, weil das C-Haus mehrere Eingänge mit unterschiedlichen Hausnummern habe, haben die Kläger zum einen, wie in der mündlichen Verhandlung erläutert, nicht aufgezeigt, dass es mit unzumutbaren oder den Widerruf erschwerenden Bedingungen einherginge, die Räumlichkeiten der Beklagten im C-Haus zu finden.
99Zum anderen ist es nicht erforderlich, dass der Verbraucher selbst den Widerruf in den Briefkasten des Widerrufsempfängers einwerfen kann. Dazu führt der BGH aus:
100Der Umstand, dass [der Verbraucher ] damit seine Widerrufserklärung regelmäßig nicht selbst in den Hausbriefkasten des Widerrufsempfängers einwerfen kann, steht dem mit der Einräumung des Widerrufsrechts bezweckten Verbraucherschutz nicht entgegen (BGH, Urteil vom 11. April 2002 - I ZR 306/99, aaO), zumal für den Verbraucher (auch) bei Angabe einer Postfachanschrift als Widerrufsadresse die Möglichkeit besteht, seine Widerrufserklärung durch Einwurfeinschreiben an den Unternehmer zu übersenden (BGH, Urteil vom 25. Januar 2012 – VIII ZR 95/11 –, juris, Rn. 11 und 13 zu Fernabsatzverträgen).
101f)
102Die Widerrufsbelehrung zum ersten Darlehensantrag ist nicht aus dem Grunde fehlerhaft, weil die Beklagte als Empfängerin des Widerrufs für beide Darlehen des ersten Vertrages angegeben wird. Nach der Rechtsprechung des BGH, der sich der Senat anschließt, ist die Angabe der Anschrift des Widerrufsempfängers „erforderlich, damit der Verbraucher, insbesondere wenn der am Verbrauchervertrag beteiligte Unternehmer einen Dritten als Empfangsvertreter oder Empfangsboten benannt hat, keinem Zweifel unterliegt, an wen er den Widerruf zu richten hat“ (BGH, Urteil vom 11. April 2002 – I ZR 306/99 –, juris, Rn. 14).
103Dem ist zu entnehmen, dass ein Unternehmer nach der Rechtsprechung des BGH einen Empfangsvertreter einsetzen kann. Dass die Beklagte als Empfangsvertreterin für die E auftreten durfte (vgl. Bl. 75 d.A.), ergibt sich aus dem Darlehensvertragsformular. Darin heißt es unter anderem: „Darlehensverträge der… E kommen mit Zusageschreiben der D-Bank im Namen und für Rechnung der jeweiligen Darlehensgeber zu dem Darlehenstrag zustande.“
104g)
105Die Widerrufsbelehrung zum ersten Darlehensantrag ist weiterhin nicht aus dem Grunde fehlerhaft, weil es zwei Darlehen, aber nur eine Widerrufsbelehrung gibt.
106Auch einem vom LG Bielefeld, Urteil vom 21.7.2014, 6 O 459/13, entschiedenen Fall lag eine Sachverhaltskonstellation zugrunde, in der in einem Vertragsdokument mit einer Widerrufsbelehrung mehrere Einzeldarlehen mit unterschiedlichen Vertragspartnern aufgeführt waren. Das LG Bielefeld hat keinen Fehler in der dort verwendeten Widerrufsbelehrung gesehen. Der Senat (Urteil vom 16.3.2015, 31 U 118/14) hat diese Entscheidung bestätigt und ebenfalls die Widerrufsbelehrung als nicht fehlerhaft bewertet.
107§ 355 BGB a.F. stellt maßgeblich darauf ab, dass der Verbraucher seine „Willenserklärung“ widerrufen kann („Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so ist er an seine auf den Abschluss des Vertrags gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden, wenn er sie fristgerecht widerrufen hat.“). Gibt der Verbraucher lediglich eine Willenserklärung ab, bedarf es demzufolge lediglich einer Widerrufsbelehrung. § 355 BGB a.F. sieht nicht vor, dass der Verbraucher gesonderte Widerrufsbelehrungen für einzelne Komponenten seiner Willenserklärung zu erhalten hat.
108Vorliegend haben die Kläger hinsichtlich des ersten Darlehensvertragsdokuments lediglich eine Willenserklärung abgegeben. Dies ist daran erkennbar, dass sie jeweils lediglich eine Unterschrift auf einem Darlehensantragsformular geleistet haben. Demzufolge bedurfte es auch nur einer Widerrufsbelehrung.
109Auch das OLG Nürnberg hat angenommen, dass sich eine einheitliche Widerrufsbelehrung auf mehrere zusammengehörige Einzelgeschäfte beziehen kann:
110„Es handelt sich um zusammengehörige Sicherungsgeschäfte für dem Ehemann gewährte Darlehen, obwohl getrennte Formulare verwendet wurden. Eine einheitliche Widerrufsbelehrung war daher zulässig, auch wenn im Regelfall für getrennte Verträge gesonderte Widerrufsbelehrungen erforderlich sein mögen (vgl. Palandt, 71. Aufl., § 360 BGB Rn. 2 (6) - allerdings ohne Nachweise; OLG Nürnberg, Urteil vom 10. Januar 2012 – 14 U 1314/11 –, juris, Rn. 35).
111Um zusammengehörige Geschäfte handelt es sich auch bei den beiden streitgegenständlichen Darlehen im ersten Darlehensantrag. So weist der Darlehensantrag den einheitlichen Verwendungszweck Baufinanzierung/Kauf Doppelhaushälfte auf. Beide Darlehenskomponenten wurden über dasselbe Konto bei der Beklagten abgewickelt (Nr. #####/####). Zudem sind die Regelungen zur Vorlage von Unterlagen (Bl. 5 des Darlehensvertragsdokuments) einheitlich. Auch die Bedingungen auf Blatt 3 des Darlehensvertrages gehen von einem zusammengehörigen Geschäft im oben genannten Sinne aus. Darin heißt es: „Bestandteil dieses Darlehensvertrages sind die beigehefteten Allgemeinen Darlehensbedingungen für erststellige Baudarlehen der E…“ Hätten die Parteien zwei voneinander unabhängige Darlehensverträge abschließen wollen, hätte es näher gelegen, zu formulieren: „Bestandteil des Darlehensvertrages mit der E sind die beigehefteten Allgemeinen Darlehensbedingungen für erststellige Baudarlehen der E…“
112h)
113Die Widerrufsbelehrung ist nicht aus dem Grunde fehlerhaft, weil darin die „Ich-Form“ verwendet wird. Die Kläger berufen sich insoweit darauf, es sei nicht hinreichend erkennbar, dass beide Kläger jeweils unabhängig voneinander den Widerruf erklären können.
114Doch schließt die Formulierung in der Ich-Form für den durchschnittlichen Verbraucher nicht aus, dass bei mehreren Darlehensnehmern jeder Darlehensnehmer allein den Widerruf erklären kann. Bei der direkten Ansprache des Darlehensnehmers ("Sie") und der Formulierung aus Sicht des Darlehensnehmers ("ich") werden jeweils die Rechte des einzelnen Darlehensnehmers dargestellt, eine "Verklammerung" aller Darlehensnehmer zu einer Einheit könnte allenfalls bei der Formulierung "wir" angenommen werden, die hier aber gerade nicht gewählt wurde (vgl. LG Bielefeld, Urteil vom 21. Juli 2014 – 6 O 459/13 –, juris, bestätigt durch OLG Hamm, Urteil vom 16. März 2015 –31 U 118/14 –, juris).
115Soweit sich die Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 21.10.2015 ergänzend darauf berufen haben, aus der Widerrufsbelehrung müsse hervorgehen, dass beide Darlehensnehmer den Widerruf lediglich gemeinsam erklären könnten, vermag sich der Senat diesem Argument nicht anzuschließen. Bei einer Mehrheit von Schuldnern ist jeder einzeln zum Widerruf befugt (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 14. Juni 2006, 4 U 225/05, juris, Rn. 83; OLG Koblenz, Beschluss vom 13. Mai 1998, 3 W 323/98, juris, Rn. 7; LG Bielefeld, Urteil vom 21. Juli 2014, 6 O 459/13, juris, Rn. 96; Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht, 8. Aufl., § 491 Rn. 28; Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 3. Aufl., § 81 Rn. 8). Bei einer Mehrheit von Schuldnern darf daher nicht der Eindruck erweckt werden, sie könnten nur gemeinschaftlich vom Widerrufsrecht Gebrauch machen. Vielmehr ist jeder Kreditnehmer, der nach dem persönlichen Anwendungsbereich den verbraucherschützenden Vorschriften unterfällt, darüber zu belehren, dass er ein eigenes Widerrufsrecht hat, das er unbeschadet der Widerrufsrechte anderer Schuldner ausüben darf (Staudinger/Sibylle Kessal-Wulf (2012) BGB § 495, Rn. 34). Dies folgt aus § 355 BGB a.F. Diese Vorschrift stellt maßgeblich darauf ab, dass jeder einzelne „Verbraucher“ seine „Willenserklärung“ widerrufen kann („Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so ist er an seine auf den Abschluss des Vertrags gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden, wenn er sie fristgerecht widerrufen hat.“). Demgegenüber stellen §§ 355 BGB a.F., 495 BGB nicht auf einen Begriff wie den der jeweiligen Vertragsseite ab, der darauf schließen ließe, dass Mitdarlehensnehmer nur gemeinsam den Widerruf erklären könnten.
116i)
117Die Kläger berufen sich weiter darauf, es gebe vorliegend zwei Darlehensnehmer. Sie hätten aber jeweils nur eine Ausfertigung des Darlehensvertrages und dementsprechend auch nur eine Ausfertigung der Widerrufsbelehrung erhalten. Bei einer Mehrheit von Darlehensnehmern sei aber jeder Darlehensnehmer einzeln über sein Widerrufsrecht zu belehren. In diesem Sinne sehe Art. 10 Abs. 1 der Verbraucherkreditrichtlinie vor, dass alle Vertragsparteien eine Ausfertigung des Kreditvertrages erhalten. Die Möglichkeit, sich über das Widerrufsrecht zu informieren, stehe jedem Mitdarlehensnehmer 14 Tage lang ununterbrochen 24 Stunden am Tag zu; die Pflicht, die Vertragsausfertigung auch nur eine juristische Sekunde aus der Hand geben zu müssen, führe zwangsweise zur Nichterfüllung des Anspruchs auf Erteilung einer Widerrufsbelehrung in Textform.
118Die Nichtaushändigung von zwei Widerrufsbelehrungen begründet keinen Fehler in der Widerrufsbelehrung. Die Frage, wie viele Widerrufsbelehrungen auszuhändigen sind, betrifft nicht den Inhalt der Widerrufsbelehrung, sondern ist dem Verfassen der Widerrufsbelehrung zeitlich nachgelagert.
119Die Aushändigung einer zweifachen Widerrufsbelehrung war zudem nicht erforderlich. § 355 BGB a.F. enthält hierzu folgende Regelung: „Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht, die ihm entsprechend den Erfordernissen des eingesetzten Kommunikationsmittels seine Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden ist…“
120Da die Belehrung dem Verbraucher sonach „mitzuteilen“ ist, muss sie ihm im Sinne des § 130 BGB zugehen (Staudinger/Dagmar Kaiser (2012) BGB § 355, juris, Rn. 58; LG Köln, Urteil vom 9.12.2014, 21 O 266/14, B17; vgl. OLG Köln, Urteil vom 24.8.2007, 6 U 60/07, Rn. 21, juris; vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 04. Februar 2008, 2 U 71/07, juris, Rn. 24).
121Wenn zwei Verbraucher einen Darlehensvertrag abschließen, die in häuslicher Gemeinschaft leben und Mitbesitz an der Widerrufsbelehrung erlangen, bedarf es keiner zweifachen Widerrufsbelehrung. In diesem Sinne haben Rechtsprechung und Literatur ausgeführt:
123„Einem mitverpflichteten Lebensgefährten des Verbrauchers oder einem sonstigen gleichgründigen Gesamtschuldner braucht nach h.M. jedenfalls dann keine gesonderte Widerrufsbelehrung ausgehändigt zu werden, wenn er an der ihm und dem Verbraucher bei der gemeinsamen Vertragsunterzeichnung übergebenen Widerrufsbelehrung Mitbesitz erlangt hat“ (Martis/Meinhof, MDR 2004, 4, 6).
124„Schließen mehrere Verbraucher gemeinsam einen Kreditvertrag ab und unterschreiben sie auch gemeinsam die Widerrufsbelehrung, liegt in der gemeinsamen Aushändigung der Belehrung zumindest dann eine Aushändigung iSv VerbrKrG § 7 Abs 2 S 2, wenn die Kreditnehmer in häuslicher Gemeinschaft leben“ (LG Oldenburg, 1 S 90/98, juris, Orientierungssatz).
125„Schließlich hält es die Kammer nicht für erforderlich, dass die D-Bank AG den Klägern jeweils eigene Abschriften der Widerrufsbelehrung hätte erteilen müssen. Insoweit bedeutet „Erteilung“ bzw. „Mitteilung“ der Widerrufsbelehrung im Sinne des § 355 BGB lediglich, dass sie dem Darlehensnehmer im Sinne des § 130 BGB zugehen muss… Dies setzt schon nach dem Wortlaut von § 130 BGB nicht voraus, dass beide Mitdarlehensnehmer über den gesamten Widerrufszeitraum und während jeder logischen Sekunde über eine Abschrift der Widerrufsbelehrung verfügen müssen. Darüber hinaus ist die Kammer – anders als der Kläger – der Auffassung, dass zwei Darlehensnehmer, die gemeinschaftlich einen Darlehensvertrag unterschrieben und sodann eine Ausfertigung der Widerrufsbelehrung entgegennehmen, Mitbesitzer sind und die Widerrufsbelehrung jedem Mitbesitzer alleine zugänglich ist…, jedenfalls dann, wenn sie in einem gemeinsamen Haushalt leben…“ (LG Köln, Urteil vom 9.12.2014, 21 O 266/14, Anlage B17).
126Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. Das Ziel der Aushändigung der Widerrufsbelehrung liegt darin, dass der Verbraucher nach Vertragsschluss Zugriff auf ein nicht veränderliches Exemplar der Widerrufsbelehrung hat (Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl. 2007, § 355 Rn. 8). Das ist hier bei lebensnaher Betrachtung gewährleistet. Die in häuslicher Gemeinschaft lebenden Kläger haben, wie in der mündlichen Verhandlung erläutert, nicht aufgezeigt, dass einer der Kläger keinen Zugriff auf den Text der Widerrufsbelehrung gehabt hätte. Sie haben zwar bestritten, dass beide Kläger uneingeschränkten Zugriff bzw. Mitbesitz (Bl. 76 d.A.) haben, haben dies aber nicht näher erläutert (vgl. Bl. 75 d.A.). Unstreitig sind die Kläger unter derselben Wohnanschrift gemeldet, und die Immobilie, in der beide Kläger wohnten, diente als Beleihungswert für die Darlehen (Bl. 75 d.A.).
127Art. 10 Abs. 1 der Verbraucherkreditrichtlinie ist für die hiesige Problemstellung nicht ergiebig. Danach haben zwar alle Vertragsparteien einen Anspruch auf eine Ausfertigung des Kreditvertrages. Zur Frage des Widerrufsrechts, des Beginns der Widerrufsfrist oder des Mitbesitzes an einem Darlehensvertrag verhält sich die Vorschrift jedoch nicht.
128Soweit die Kläger auf einen vom LG Kempen protokollierten Hinweis in einer mündlichen Verhandlung verweisen (51 S 503/14), stützt dies die Auffassung der Kläger nicht. So hat das LG Kempen ausgeführt, dass es in dem von ihm zu entscheidenden Rechtsstreit auf die Frage des Mitbesitzes an einer zurückgelassenen Abschrift der Vertragsurkunde nicht ankam. Darüber hinaus verweist das LG Kempen u.a. auf den Aufsatz Martis/Meinhof, MDR 2004, 4, in dem ausgeführt wird, dass nach h.M. keine gesonderte Widerrufsbelehrung ausgehändigt zu werden brauche, wenn an einer bei gemeinsamer Vertragsunterzeichnung übergebenen Widerrufsbelehrung Mitbesitz erlangt wurde.
129j)
130Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 21.10.2015 behauptet haben, die von der Beklagten in den Widerrufsbelehrungen angegebenen Telefax-Nummern seien kostenpflichtig, wozu sich die Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung nicht äußern konnten, sind sie mit diesem neuen Vortrag nach §§ 529, 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen. Denn der Vortrag hätte schon erstinstanzlich erfolgen können, und es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass dies nicht auf einer Nachlässigkeit der Kläger beruht. Darüber hinaus sieht das Gesetz nicht vor, dass die darlehensgebende Bank jede Möglichkeit des Widerrufs für die Kläger kostenfrei auszugestalten hätte. So ist die darlehensgebende Bank nicht dazu verpflichtet, die Portokosten des widerrufenden Darlehensnehmers zu übernehmen und ihm für die Zwecke des Widerrufs frankierte Briefumschläge zur Verfügung zu stellen. Ebenso wenig ist die Widerrufsmöglichkeit per Telefax für den Darlehensnehmer kostenfrei auszugestalten. Die Kläger haben zudem nicht aufgezeigt, dass die Kosten so hoch wären, dass sie einen Widerruf in erheblicher oder unzumutbarer Weise erschweren würden oder die Kosten für das im Falle eines per Brief erfolgenden Widerrufs anfallende Porto übersteigen würden.
131- 132
B.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Ziffer 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 543 II ZPO nicht vorliegen.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 29.09.2014 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg (Az.: I-2 O 114/14) wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe
2I.
3Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche nach dem Widerruf eines Darlehensvertrages geltend.
4Der Kläger war bei der C-Bank eG beschäftigt, deren Vertriebspartnerin die Beklagte war. Am 19.03.2007 unterschrieb er in den Geschäftsräumen der Volksbank einen Darlehensvertrag mit der Beklagten, den die Volksbank am 15.03.2007 für die Beklagte unterzeichnet hatte. Der Darlehensbetrag belief sich auf 82.000 €. Es handelte sich um ein so genanntes D-Darlehen. Als Abnahmetermin für das Darlehen war der 01.04.2010 vereinbart.
5Im Darlehensvertrag heißt es auf Seite 4: „Die Auszahlung kann frühestens nach Ablauf der Widerrufsfrist erfolgen.“ Dem Darlehensvertrag war eine Widerrufsbelehrung beigefügt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Bezug genommen.
6In den Jahren 2011 bis 2013 leistete der Kläger auf das Darlehen Zahlungen i.H.v. insgesamt 13.385,80 €. Mit anwaltlichem Schreiben vom 10.02.2014 an die Beklagte erklärte er den Widerruf des Darlehensvertrages. Mit Schreiben vom 11.02.2014 wies die Beklagte den Widerruf zurück.
7Der Kläger hat sich darauf berufen, er sei aufgrund einer Haustür- bzw. Arbeitsplatzsituation zum Abschluss des Darlehensvertrages bestimmt worden. Die Widerrufsbelehrung zum Darlehensvertrag sei fehlerhaft. Bei der Darstellung der Widerrufsfolgen fehle der Zusatz, dass der Kläger vertragliche Zahlungsverpflichtungen ggf. bis zum Widerruf erfüllen müsse (Gestaltungshinweis 6 der Musterwiderrufsbelehrung). Darüber hinaus fehle bei der Darstellung der Widerrufsfolgen die Angabe der Dreißigtagesfrist, innerhalb derer nach einem Widerruf Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen zu erfüllen seien. Die Widerrufsbelehrung schließe mit einer Bestätigungserklärung des Darlehensnehmers, die nicht im Einklang mit der Musterwiderrufsbelehrung stehe. Diese Klausel sei unwirksam, da der Darlehensnehmer zu seinen Lasten bestätige, dass er über die Widerrufsmöglichkeit tatsächlich belehrt worden sei.
8Die Beklagte könne sich auch nicht auf die Schutzwirkung der Musterwiderrufsbelehrung berufen, weil die Widerrufsbelehrung zum Darlehensvertrag in mehreren Punkten von der Musterbelehrung abweiche.
9Die Beklagte hat dem entgegengehalten, der Vortrag des Klägers zur Haustürsituation sei unsubstantiiert. Die Unterzeichnung des Vertrages am Arbeitsplatz des Klägers lasse einen Überrumpelungs- oder Überraschungseffekt entfallen, weil der Kläger selbst Mitarbeiter derjenigen Volksbank gewesen sei, die den Vertrag für die Beklagte unterzeichnet habe. Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Widerrufsbelehrung sei fehlerfrei. Der Widerruf des Klägers sei daher verfristet. Die Widerrufsbelehrung weiche nicht zum Nachteil des Darlehensnehmers von den gesetzlichen Vorgaben ab. Eine etwaige Nutzungsentschädigung, die die Beklagte zu zahlen habe, belaufe sich gemäß § 503 Abs. 2 BGB auf 2,5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
10Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Arnsberg vom 29.9.2014 verwiesen.
11Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
12Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der mit Schreiben vom 10.02.2014 erklärte Widerruf des Klägers sei verfristet. Die zweiwöchige Widerrufsfrist habe gem. § 187 Abs. 1 BGB am 20.03.2007 zu laufen begonnen. Die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung habe den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB a.F. – insbesondere auch dem Deutlichkeitsgebot – genügt. Auch könne sich die Beklagte auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGBInfoV a.F. berufen. Die von der Beklagten verwendete Widerrufserklärung entspreche inhaltlich deren Vorgaben.
13Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er rügt im Wesentlichen, es sei bereits nicht hinreichend klar, auf welchen Vertrag sich die Widerrufsbelehrung beziehe. Sie beinhalte keine Darlehensnummer. Es gebe zwei ergänzende Vereinbarungen mit unterschiedlichen Datumsangaben, die er ebenfalls am 19.03.2007 unterzeichnet habe.
14Darüber hinaus wiederholt und vertieft er sein erstinstanzliches Vorbringen. Das Fehlen des Hinweises auf Gestaltungshinweis 6 der Musterwiderrufsbelehrung sowie das Fehlen der Dreißigtagesfrist führten zur Unwirksamkeit der Widerrufsbelehrung. Der Verweis des Landgerichts auf Gestaltungshinweis 4 greife nicht. Wenn die Beklagte sich entscheide, über die Widerrufsfolgen zu belehren, müsse sie dies vollständig tun. Bei der Bestätigungserklärung im letzten Satz der Widerrufsbelehrung gehe es nicht um eine reine „Kenntnisnahme“, die bestätigt werden solle. Darüber hinaus solle der Darlehensnehmer vielmehr bestätigen, dass eine Belehrung tatsächlich erfolgt sei. Im Übrigen sei die Belehrung optisch undeutlich.
15Der Kläger beantragt,
16unter Abänderung des Urteils des LG Arnsberg vom 29.9.2014
171. festzustellen, dass der Darlehensvertrag vom 15./19.03.2007, über nominal 82.000,- €, Darlehensnummer: ########, unwirksam ist und die Beklagte hieraus keine Rechte herleiten kann;
182. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 13.385,80 € nebst 5 %-Punkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.02.2014 zu zahlen.
19Die Beklagte beantragt,
20die Berufung zurückzuweisen.
21Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend trägt sie vor, die verwendete Widerrufsbelehrung sei auch von anderen Gerichten als fehlerfrei erkannt worden. U.a. verweist sie insoweit auf die Entscheidung OLG Celle, 3 U 197/14. Ein Hinweis auf die Widerrufsfolgen sei nicht erforderlich gewesen, weil gemäß Ziffer 4 der Gestaltungshinweise zur Musterwiderrufsbelehrung der gesamte Absatz zur Belehrung über die Widerrufsfolgen entfallen könne. Der Kläger könne sich auch nicht darauf berufen, dass es unklar sei, auf welchen Vertrag sich die Widerrufsbelehrung beziehe. Die ergänzenden Vereinbarungen zum Darlehensvertrag und die Information zum D-Darlehen seien Teil des Darlehensvertrages gewesen und stellten keinen eigenständigen Vertrag dar.
22Sie ist der Ansicht, die Forderung des Klägers sei jedenfalls verwirkt. Ein über 7 Jahre nach Vertragsschluss und 3 Jahre nach vollständigem Empfang des Darlehens erfolgter Widerruf verstoße gegen Treu und Glauben.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
24II.
25Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
26- 27
A.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Feststellung, dass der Darlehensvertrag vom 15./19.03.2007 über nominal 82.000,- €, Darlehensnummer: ########, unwirksam ist und die Beklagte hieraus keine Rechte herleiten kann (§§ 346, 347, 357 Abs. 1 BGB). Denn der Kläger hat den streitgegenständlichen Darlehensvertrag vom 15./19.03.2007 nicht wirksam widerrufen.
29I.
30Dem Kläger steht kein Widerrufsrecht gemäß § 495 BGB zu.
311.
32Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag um einen Verbraucherdarlehensvertrag im Sinne dieser Vorschrift handelt. Dies steht auch nicht im Streit. Hiervon ausgehend ist die erteilte Widerrufsbelehrung (Bl. 14) an § 355 BGB in der zum 19.03.2007 geltenden Fassung zu messen. Diese Vorschrift lautet wie folgt:
33§ 355. Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen.
34(1) [1] Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so ist er an seine auf den Abschluss des Vertrags gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden, wenn er sie fristgerecht widerrufen hat. [2] Der Widerruf muss keine Begründung enthalten und ist in Textform oder durch Rücksendung der Sache innerhalb von zwei Wochen gegenüber dem Unternehmer zu erklären; zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung.
35(2) [1] Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht, die ihm entsprechend den Erfordernissen des eingesetzten Kommunikationsmittels seine Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden ist, die auch Namen und Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, und einen Hinweis auf den Fristbeginn und die Regelung des Absatzes 1 Satz 2 enthält. [2] Wird die Belehrung nach Vertragsschluss mitgeteilt, beträgt die Frist abweichend von Absatz 1 Satz 2 einen Monat. [3] Ist der Vertrag schriftlich abzuschließen, so beginnt die Frist nicht zu laufen, bevor dem Verbraucher auch eine Vertragsurkunde, der schriftliche Antrag des Verbrauchers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt werden. [4] Ist der Fristbeginn streitig, so trifft die Beweislast den Unternehmer.
36(3) [1] Das Widerrufsrecht erlischt spätestens sechs Monate nach Vertragsschluss. [2] Bei der Lieferung von Waren beginnt die Frist nicht vor dem Tag ihres Eingangs beim Empfänger. [3] Abweichend von Satz 1 erlischt das Widerrufsrecht nicht, wenn der Verbraucher nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist, bei Fernabsatzverträgen über Finanzdienstleistungen ferner nicht, wenn der Unternehmer seine Mitteilungspflichten gemäß § 312c Abs. 2 Nr. 1 nicht ordnungsgemäß erfüllt hat.
372.
38Aus § 355 BGB a.F. ergibt sich, dass eine Widerrufsbelehrung deutlich gestaltet sein muss. Die verwendete Widerrufsbelehrung entspricht diesem Deutlichkeitsgebot. Sie hebt sich von dem Vertragstext des Darlehensvertrages drucktechnisch deutlich heraus. Dies folgt daraus, dass sie auf einer eigenen Seite abgedruckt und von dem Kläger gesondert unterschrieben ist. Darüber hinaus ist sie mit einer fettgedruckten Überschrift („Widerrufsbelehrung“) versehen. Sie ist zudem einspaltig gedruckt, während der vorangehende Text der AGB zum Darlehensvertrag doppelspaltig gedruckt ist.
393.
40Soweit der Kläger erstmals in der Berufung rügt, es erschlösse sich nicht, auf welchen Vertrag sich die Widerrufsbelehrung beziehen soll, begründet dies keinen Fehler der Widerrufsbelehrung. Der Kläger führt hierzu aus, in der Widerrufsbelehrung sei weder eine Darlehensnummer aufgeführt, noch gebe es einen anderen Hinweis auf den Darlehensvertrag. Im Übrigen seien noch zwei ergänzende Vereinbarungen unter demselben Datum geschlossen worden.
41Doch gibt es nach dem Vortrag des Klägers in der Klageschrift nur einen Darlehensvertrag zwischen den Parteien; tatsächliche Umstände, aus denen sich eine Verwechselungsgefahr ergeben könnte, oder andere Umstände, aus denen sich ergibt, dass der Kläger nicht gewusst hat, dass sich diese Widerrufsbelehrung auf diesen Darlehensvertrag bezieht, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Kläger hat vielmehr in der Klageschrift (dort S. 3) vorgetragen, dass der „Darlehensvertrag […] über eine Widerrufsbelehrung mit folgendem Inhalt“ verfügte..
42Eine Verwechselungsgefahr wird auch nicht durch die beiden Zusatz-Vereinbarungen zum Darlehensvertrag begründet. Aus deren Wortlaut ergibt sich, dass sie sich jeweils auf den streitgegenständlichen Darlehensvertrag beziehen und ohne diesen obsolet sind. Es handelt sich um unselbständige Annexe. Bei der Vereinbarung über das Sondertilgungsrecht (Bl. 20 d.A.) ist das Aktenzeichen des Darlehensvertrages angegeben; die „Information zum D-Darlehen“ wird als „Anlage zum Darlehensvertrag vom 12.03.2007 über 82.000,00“ bezeichnet. Der Darlehensvertrag verweist auf die ergänzende Vereinbarung bezüglich der Sondertilgungsoption (Bl. 9. d.A.). Es gibt demzufolge nur einen Verbraucherdarlehensvertrag, der widerrufen werden kann.
43Im Übrigen kann nach Verbraucherdarlehensrecht ohnehin nur die auf den Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrages gerichtete Willenserklärung widerrufen werden. Kennzeichnend für den Verbraucherdarlehensvertrag ist die Einräumung eines Kapitalnutzungsrechts. Ein Widerrufsrecht aus Verbraucherdarlehensrecht besteht daher bei einer Änderung des Vertrages nur dann, wenn dem Verbraucher infolge der Vertragsänderung ein neues, im ursprünglichen Vertrag weder geregeltes noch angelegtes Kapitalnutzungsrecht eingeräumt wird (BGH, Urteil v. 28.05.13, XI ZR 6/12, Tz. 21). Bei der ergänzenden Vereinbarung und der Information zum D-Darlehen geht es nur um eine Änderung der Konditionen eines bereits vereinbarten Kapitalnutzungsrechts. Ein neues Kapitalnutzungsrecht wird dem Kläger dadurch nicht eingeräumt.
444.
45Die Widerrufsbelehrung belehrt ordnungsgemäß über den Beginn der Widerrufsfrist (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 2.2.2015, 31 U 126/14 und OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 17.9.2014, 23 U 288/13, jeweils zu einer ähnlichen Formulierung). Hierzu heißt es in der Widerrufsbelehrung:
46FristlaufDer Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag nach Erhalt eines Exemplars- dieser Widerrufsbelehrung sowie- einer Vertragsurkunde, Ihres schriftlichen Vertragsantrag oder einer Abschrift der Vertragsurkunde oder Ihres Vertragsantrags. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
47Die für die Klärung dieser Rechtsfrage maßgebliche Reglung in § 355 BGB a.F. lautet: „Ist der Vertrag schriftlich abzuschließen, so beginnt die Frist nicht zu laufen, bevor dem Verbraucher auch eine Vertragsurkunde, der schriftliche Antrag des Verbrauchers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt werden.“ Der Widerrufsbelehrung muss bei Schriftform des Vertrages eindeutig zu entnehmen sein, dass der Lauf der Widerrufsfrist zusätzlich zu dem Empfang der Widerrufsbelehrung erfordert, dass der Verbraucher im Besitz einer seine eigene Vertragserklärung enthaltenden Urkunde ist (BGH, Urteil vom 10.03.2009, XI ZR 33/08, Juris Rz. 15).
48Diesen Anforderungen genügt die streitgegenständliche Belehrung. Durch das Voranstellen des Possessivpronomens („Ihres“) wird hinreichend deutlich, dass nicht allein das bloße Antragsformular ausreicht, sondern dass es sich um das Antragsformular des Verbrauchers, d. h. um seine in diesem Formular verkörperte Willenserklärung, handeln muss, wie es § 355 BGB a.F. voraussetzt (vgl. LG Frankfurt a.M., Urteil vom 22.11.2013, 2-25 O 192/13 zu einer ähnlichen Formulierung).
49Aus dem gleichen Grund sind die Entscheidungen BGH XI ZR 33/08 vom 10.3.2009 und BGH XI ZR 148/10 vom 15.2.2011 nicht einschlägig. In den Widerrufsbelehrungen, die der BGH in den genannten Entscheidungen für fehlerhaft erkannt hat, fehlten die betreffenden Possessivpronomen.
505.
51Bei der Bestätigungsklausel vor der Unterschriftenleiste („Mit nachstehender Unterschrift werden die erfolgte Belehrung und der Erhalt eines Exemplars der Widerrufsbelehrung bestätigt.“) handelt es sich – wie vom Landgericht zutreffend ausgeführt – nicht um einen Fehler. Auch der BGH hat entschieden, dass ein Kenntnisnahmevermerk, den der Kläger unterschrieben hat, der Ordnungsmäßigkeit der Widerrufsbelehrung nicht entgegen steht (BGH, Urteil vom 10. März 2009, XI ZR 33/08, Rn. 18; vgl. BGH XI ZR 508/07, Rn. 25). Dem betreffenden Satz kommt – wie vom Landgericht ausgeführt – kein weiterer Erklärungsinhalt zu, als dass der Darlehensnehmer auf die Widerrufsbelehrung hingewiesen worden ist und um sein Widerrufsrecht weiß. Der BGH hat dazu ausgeführt:
52Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist in der Rechtsprechung bereits geklärt, dass ein Kenntnisnahmevermerk, wie ihn der Kläger hier unterschrieben hat, der Ordnungsmäßigkeit der Widerrufsbelehrung nicht entgegen steht. Richtig ist zwar, dass die Widerrufsbelehrung nach § 355 BGB grundsätzlich keine anderen Erklärungen enthalten darf, um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung des Rechts zum Widerruf nicht zu beeinträchtigen. Zulässig sind diesem Zweck entsprechend allerdings Erklärungen, die keinen eigenen Inhalt aufweisen und den Inhalt der Widerrufsbelehrung verdeutlichen. Hierzu gehört auch der Zusatz, der Verbraucher habe von der Widerrufsbelehrung Kenntnis genommen. Ihm kommt kein weiterer Erklärungsinhalt zu, als dass der Darlehensnehmer auf die Widerrufsbelehrung – neben dem eigentlichen Vertragsinhalt – gesondert hingewiesen worden ist und um sein Widerrufsrecht weiß. Die vom Kläger erbetene Unterschrift sieht das neue Widerrufsrecht als Wirksamkeitsvoraussetzung zwar nicht mehr vor. Sie ist jedoch auch weiter unbedenklich und aus Beweisgründen empfehlenswert (BGH, Urteil vom 10. März 2009, XI ZR 33/08, Rn. 18).
536.
54Der Kläger weist zutreffend darauf hin, dass in der Widerrufsbelehrung ein Hinweis darauf fehlt, dass der Widerruf dazu führen kann, dass der Verbraucher die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen für den Zeitraum bis zum Widerruf gleichwohl erfüllen muss (Gestaltungshinweis 6). Dies ist indes unschädlich, weil nach dem Darlehensvertrag vorgesehen war, dass die Auszahlung frühestens nach Ablauf der Widerrrufsfrist erfolgen werde (S. 4 des Darlehensvertrages). In diesem Fall bedarf es nach Auffassung des Senats keines Hinweises auf die Widerrufsfolgen bis zum Ablauf der Widerrufsfrist (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 2.2.2015, 31 U 126/14). Im Übrigen fällt dieser Umstand auch in den Regelungsbereich des Gestaltungshinweises 4), nach dem der gesamte Belehrungsabschnitt über die Widerrufsfolgen entfallen kann, wenn die beiderseitigen Leistungen erst nach Ablauf der Widerrufsfrist erbracht werden (s.u.).
557.
56Ein Fehler ergibt sich nicht daraus, dass die Beklagte – entgegen Gestaltungshinweis 4) – gleichwohl (teilweise) auf Widerrufsfolgen durch die Erklärung hingewiesen hat, dass im Falle eines wirksamen Widerrufs die beiderseits empfangenen Leistungen zurück zu gewähren und gegebenenfalls gezogene Nutzungen herauszugeben sind.
57Denn auch dabei handelt es sich um einen unschädlichen Zusatz, da dieser Hinweis zum einen zutreffend und zum anderen nicht geeignet ist, den Verbraucher zu verwirren oder ihn in der Ausübung seines Widerrufsrechts zu beeinträchtigen oder zu hindern. Der Hinweis belehrt den Verbraucher nicht nur über ihn treffende Pflichten, sondern informiert ihn auch über seine eigenen wesentlichen Rechte. Dazu gehört, dass auch der Unternehmer etwaig empfangene Leistungen zurück zu gewähren und gegebenenfalls gezogene Nutzungen herauszugeben hat (BGH, Urteil vom 12.04.2007, VII ZR 122/06, Rz. 16).
58Soweit der Kläger rügt, dass der Hinweis darauf fehle, dass Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen innerhalb von 30 Tagen nach Absendung Ihrer Widerrufserklärung erfüllt werden müssen, ist dies ebenfalls nicht geeignet ist, den Verbraucher zu verwirren oder ihn in der Ausübung seines Widerrufsrechts zu beeinträchtigen oder zu hindern. Dies gilt umso mehr, als aus der als fehlend gerügten Passage nicht hervorgeht, welche Rechtsfolgen es hat, wenn der Kläger die Frist von 30 Tagen nicht einhält, so dass sich auch aus der als fehlend gerügten Passage keine abschließende Aufklärung über die Folgen des Widerrufs ergibt. Die betreffende Passage ist aufgrund eines Verweises in § 312 Abs. 2 BGB a.F. für das Widerrufsrecht nach § 312 BGB von Bedeutung (s.u.), nicht aber für das Widerrufsrecht nach § 495 BGB.
598.
60Als Rechtsfolge ist die Widerrufsbelehrung – soweit sie sich auf ein Widerrufsrecht aus § 495 BGB bezieht – nicht zu beanstanden.
61II.
62Dem Kläger steht kein Widerrufsrecht nach § 312 BGB a. F. i.V.m § 355 BGB a.F. zu.
63Für Haustürgeschäfte sah § 312 Abs. 2 BGB a.F. vor, dass in der erforderlichen Belehrung über das Widerrufs- oder Rückgaberecht auf die Rechtsfolgen des § 357 Abs. 1 und 3 BGB hinzuweisen ist (OLG Hamm, Urteil vom 2.2.2015, 31 U 126/14). Der erforderliche Hinweis zu § 357 Abs. 1 BGB fehlt in der streitgegenständlichen Widerrufserkärung („Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen müssen Sie innerhalb von 30 Tagen nach Absendung Ihrer Widerrufserklärung erfüllen.“). Wenn der Kläger also ein Widerrufsrecht auch aus § 312 BGB gehabt hätte, wäre die erteilte Widerrufsbelehrung folglich unvollständig und damit fehlerhaft.
64Die von der Beklagten zitierten Entscheidungen führen nicht zu einer anderen rechtlichen Bewertung. So führt auch das OLG Celle in der Entscheidung 3 U 197/14 (Anl. BB2) aus, dass bei Haustürgeschäften gemäß § 312 BGB über die Rechtsfolgen eines Widerrufs zu belehren ist. Das OLG Celle wies die Berufung des Klägers zurück, nachdem im dortigen Verfahren keine Haustürsituation vorlag. Dass eine Widerrufsbelehrung der vorliegenden Art auch im Falle einer Haustürsituation fehlerfrei wäre, lässt sich auch den von der Beklagten übermittelten Entscheidungen, insbesondere den Anlagen BB3, BB4, BB5, BB6 und BB7 (Unterzeichnung in den Räumlichkeiten der Bank) nicht entnehmen.
65Dem Kläger steht aus § 312 BGB indes aus anderen Gründen kein Widerrufrecht zu.
66So ist bereits zweifelhaft, ob eine Haustür- bzw. Arbeitsplatzsituation, die für den Vertragsschluss im Sinne einer Überraschung oder Überrumpelung kausal geworden ist, hinreichend dargetan ist.
67Das kann jedoch dahinstehen, da für den im Streitfall maßgeblichen Zeitpunkt die Sperrwirkung des § 312a BGB in der Fassung vom 01.01.2004 bis zum 21.07.2013 eingreift. Diese Vorschrift lautete wie folgt:
68„Steht dem Verbraucher zugleich nach Maßgabe anderer Vorschriften ein Widerrufs- oder Rückgaberecht nach § 355 oder § 356 dieses Gesetzes, nach § 126 des Investmentgesetzes zu, ist das Widerrufs- oder Rückgaberecht nach § 312 ausgeschlossen.“
69Mit § 312a BGB wollte der Gesetzgeber regeln, dass ein Widerrufsrecht nach § 312 BGB „eindeutig“ ausscheidet, wenn dem Verbraucher bereits nach anderen Vorschriften ein Widerrufsrecht nach §§ 355, 356 BGB zusteht (vgl. BT-Drucks. 14/9266 vom 5.6.2002, S. 44).
70Dass das nach § 495 BGB a. F. bestehende Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB a. F. zwischenzeitlich aufgrund der – wie zuvor bereits ausgeführt – ordnungsgemäßen Belehrung schon erloschen war, führt nicht dazu, dass das Widerrufsrecht nach § 312 BGB a. F. wieder auflebt (vgl. BT-Drucks. 14/9266 vom 5.6.2002, S. 44). Bereits der Umstand, dass die Möglichkeit des Widerrufs nach § 495 BGB a. F. bestand, sperrt die Anwendbarkeit des § 312 BGB a. F. Die Vorrangregelung des § 312 a BGB a. F. entfällt nicht dadurch, dass der Verbraucher von der ihm eröffneten Möglichkeit des Widerrufs nach § 495 BGB a. F. nicht oder nicht rechtzeitig Gebrauch macht (OLG Celle, Urteil vom 21.05.2015, 13 U 38/14, juris, Rz. 67 m. w. N.).
71III.
72Die Frage, ob die Beklagte sich auf den Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes im Hinblick auf § 14 der BGB-InfoV (in der Fassung vom 08.12.2004) berufen kann, bedarf nach dem Vorangegangenen keiner Entscheidung.
73- 74
B.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Ziffer 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 543 II ZPO nicht vorliegen.
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das am 21.07.2014 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger dürfen die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht vor der Vollstreckung die Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe
2A)
3Die Parteien haben erstinstanzlich darüber gestritten, ob die Kläger eine am 20.12.2006 unterzeichnete Vertragsurkunde, in der 2 Darlehen i.H.v. 145.000 € und i.H.v. 70.000 € aufgeführt waren, wirksam widerrufen haben. Ferner haben die Kläger geltend gemacht, sie hätten einen Darlehensvertrag vom 30.01.2007 über 70.000 € wirksam widerrufen, weshalb sie keine Zahlungen mehr schuldeten. Dabei haben sich die Kläger darauf berufen, die ihnen erteilte Widerrufsbelehrung sei unwirksam.
4Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat behauptet, bei dem Darlehen über 145.000 € habe es sich um ein Annuitätendarlehen der F AG gehandelt, weshalb sie gar nicht passivlegitimiert sei. Das Darlehen über 70.000 € sei den Kläger nur für einen Zeitraum von 1 1/2 Jahren bewilligt worden und sodann per 30.01./12.02.2007 in ein D-Darlehen umgeschuldet worden. Mit Abruf und Auszahlung dieses neuen Darlehens sei das am 20.12.2006 von den Klägern aufgenommene Darlehen über 70.000 € vollständig zurückgeführt worden.
5Die Kläger haben beantragt, festzustellen
61. dass die Willenserklärung zum Abschluss des Darlehensvertrages über ein Darlehensnennbetrag von 70.000 € mit der Kto.-Nr. #########,
72. die Willenserklärung zum Abschluss des Kreditvertrages über ursprünglich 145.000 € mit der Kto.-Nr. ##########, Bankleitzahl: #########,
83. die Willenserklärung zum Abschluss des Darlehensvertrages über 70.000 € zum Kto. #########
9wirksam widerrufen worden sind.
10Die Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die von ihr verwendeten Widerrufsbelehrung hätten das in § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. aufgestellte Deutlichkeitsgebot erfüllt. Insbesondere seien sie auch hinsichtlich der Widerrufsfolgen fehlerfrei gewesen. Insoweit lasse sich § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. entnehmen, dass über das voraussetzungslose Widerrufsrecht als solches, die Widerrufsfrist und den Fristbeginn, den Inhalt und die Form der Widerrufserklärung, die Fristwahrung durch Absendung der Widerrufserklärung, den Namen und die Anschrift des Widerrufsempfängers sowie die Bezugnahme auf den zu widerrufenden Vertrag aufzuklären sein, nicht dagegen über die Widerrufsfolgen. Etwas Abweichendes lasse sich auch nicht der Musterwiderrufsbelehrung in Anl. 2 zu § 14 BGB InfoVO entnehmen. Die dort vorgesehene Hinweispflicht über die Rechtsfolgen des Widerrufs betreffe nur Haustürgeschäfte. Zudem habe Anl. 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 der BGB-InfoVO bestimmt, dass der Absatz über die Widerrufsfolgen entfallen könne, wenn die beiderseitigen Leistungen – wie im vorliegenden Fall – erst nach Ablauf der Widerrufsfrist erbracht würden.
13Schließlich hat die Beklagte die Auffassung vertreten, ein etwaiges Widerrufsrecht der Kläger sei verwirkt.
14Wegen des weiteren Tatsachenvortrags der Parteien einschließlich der genauen Fassung der erstinstanzlich gestellten Sachanträge nimmt der Senat Bezug auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils.
15Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
16Mit dieser Entscheidung sind die Kläger nicht einverstanden und verfolgen ihre Anträge weiter, soweit es um das Darlehen über 70.000 € geht. Die Kläger sind der Auffassung, sie hätten den Darlehensvertrag vom 30.01.2007 wirksam widerrufen. Entgegen der Annahme des Landgerichts sei die Widerrufsbelehrung nicht ordnungsgemäß und der Widerruf damit nicht verfristet gewesen. Dass die im vorliegenden Verfahren von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung nicht den Anforderungen des § 355 BGB a.F. entsprochen habe, lasse sich bereits dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10.03.2009 (XI ZR 33/08) entnehmen, da sich aus Sicht des unbefangenen Durchschnittskunden der Eindruck ergebe, diese Voraussetzungen seien bereits mit der Übermittlung des die Widerrufsbelehrung enthaltenden Vertragsantrags der Beklagten erfüllt und die Widerrufsfrist beginne ohne Rücksicht auf eine Vertragserklärung des Verbrauchers bereits am Tag nach dem Zugang des Angebots der Beklagten zu laufen. Weiter halten die Kläger es für rechtsfehlerhaft, dass auf die Widerrufsfolgen nicht hingewiesen worden sei. Insoweit habe das Landgericht verkannt, dass es nicht darauf ankomme, ob die vertragliche Leistung nach der Vertragsgestaltung vor Ablauf der Widerrufsfrist erfolgen solle, sondern ob sie nach der tatsächlichen Vertragsgestaltung ausgeschlossen gewesen sei. Seite 2 des Darlehensvertrags lasse sich hinsichtlich der Zinsen entnehmen, dass diese Verzinsung mit dem Tag der angegebenen festen Wertstellung der D habe beginnen sollen. Im Übrigen könne es auf diese Frage gar nicht ankommen, da die Beklagte tatsächlich über Folgen des Widerrufs belehrt habe, sie jedoch nur über die Pflichten der Kläger, nicht aber deren Rechte informiert habe. Dies halten die Kläger für unzulässig.
17Die Kläger beantragen,
18festzustellen, dass die Willenserklärung der Berufungskläger zum Abschluss des Darlehensvertrages vom 30.01.2007 über einen Darlehensbetrag von 70.000 € wirksam widerrufen wurde.
19Die Beklagte beantragt,
20die Berufung der Kläger zurückzuweisen.
21Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung. Sie wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Tatsachenvortrag.
22Wegen des weiteren Tatsachenvortrags der Parteien nimmt der Senat Bezug auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.
23B)
24Die Berufung ist unbegründet. Die Klage ist unbegründet. Die Kläger haben den Darlehensvertrag über einen Betrag von 70.000 € vom 30.01.2007 nicht wirksam mit Schreiben vom 21.02.2014 gemäß §§ 355 Abs. 1 S. 1, 495 BGB a.F. widerrufen. Denn die Widerrufsfrist des § 355 I 2 BGB a.F. war im Zeitpunkt des Widerrufs abgelaufen.
25Entgegen der Ansicht der Kläger entsprach die ihnen erteilte Widerrufsbelehrung den Anforderungen des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F.
26I. Aus der Widerrufsbelehrung ergab sich gerade nicht, dass die Frist für den Widerruf bereits mit Erhalt des Darlehensangebots beginnt, was der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 10.03.2009 (XI ZR 33/08, ZIP 2009, 952) beanstandet hat. In dem Sachverhalt, der dem Bundesgerichtshof zur Überprüfung vorlag, lautete die Widerrufsbelehrung wie folgt:
27„Sie können ihre Vertragserklärung ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) oder durch Rücksendung der Ware innerhalb von 2 Wochen widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit dem Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs oder der Ware“.
28Vorliegend heißt es in der Widerrufsbelehrung wie folgt:
29„Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem mir
30- 31
ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung und
- 32
eine Vertragsurkunde, mein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder meines Vertragsantrages zur Verfügung gestellt wurden“.
Aus der ausdrücklichen Verwendung der Worte „mein schriftlicher Vertragsantrag“ bzw. „meines Vertragsantrages“ ist eindeutig zu entnehmen, dass es um das Angebot des Darlehensnehmers und nicht um dasjenige der Bank geht (vgl. OLG Celle ZIP 2014, 2073, 2074 mit zustimmender Anmerkung von Homberger, EWiR 21/2014, 671 f.).
34II. Ohne Erfolg berufen sich die Kläger darauf, dass es nicht darauf ankommen könne, ob die vertragliche Leistung nach der Vertragsgestaltung vor Ablauf der Widerrufsfrist ausgeschlossen sein sollte, sondern dass es darauf ankomme, ob sie nach der tatsächlichen Vertragsgestaltung ausgeschlossen war. Soweit die Kläger auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 02.02.2011 (VIII ZR 103/10) verweisen, verkennen sie, dass der Entscheidung des Bundesgerichtshofs ein Haustürgeschäft zugrundelag. Bei einem solchen Haustürgeschäft muss aufgrund der Regelung des § 312 Abs. 2 BGB ein Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 357 Abs. 1 und 3 BGB erfolgen. Demzufolge gilt die von den Klägern zitierte Rechtsprechung für Haustürgeschäfte (vgl. auch BGH NJW-RR 2012, 1197 Rz. 19 f. m.w.N.; BGH NJW-RR 2011, 785, 787 Rz. 17), nicht jedoch für einen Darlehensvertrag wie im vorliegenden Fall.
35III. Soweit die Kläger schließlich einen fehlenden Hinweis auf Rechte und/oder Pflichten nach erfolgtem Widerruf beanstanden, vermag dies ebenfalls die Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung nicht zu begründen. Die Kläger verkennen insoweit, dass nach § 355 BGB a.F. ein solcher Hinweis nicht erforderlich war. Soweit die Widerrufsbelehrung der Kläger gleichwohl unter der Überschrift „Widerruf bei bereits erhaltenen Leistungen“ den Hinweis enthält, dass „ich für den Fall, dass ich vor Ablauf der Widerrufsfrist bereits eine Leistung von der Bank erhalten habe, mein Widerrufsrecht dennoch ausüben kann, ich im Fall eines Widerrufs allerdings empfangene Leistungen an die Bank zurückzugewähren muss und der Bank die von mir aus der Leistung gezogenen Nutzungen herauszugeben habe“, ist dieser Hinweis von Rechts wegen nicht zu beanstanden, da er dem Abwicklungsverhältnis nach einem Widerruf Rechnung trägt (vgl. OLG Celle, a.a.O.)
36IV. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Z. 10, 711 ZPO. Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen des §§ 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das am 22. August 2014 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe
2 3A)
4Die Parteien streiten über die Rückabwicklung eines Darlehensvertrags nach einem von den Klägern erklärten Widerruf des Darlehensvertrags. Diesen schlossen die Parteien am 09.02.2006 in einer Geschäftsstelle der Beklagten. Der Darlehensvertrag über eine Summe von 143.000 € diente den Klägern zum Erwerb der Immobilie C-Straße in C. Dem Darlehensvertrag ist auf einem gesonderten Blatt eine Widerrufsbelehrung beigefügt, wegen deren Einzelheiten der Senat Bezug nimmt auf GA 14 d.A. Das Darlehen erhielten die Kläger Ende März 2006 abzüglich eines Bearbeitungsentgeltes/CAP-Prämie i.H.v. 1.430 € und einer Wertermittlungsgebühr i.H.v. 400 € i.H.v. 141.170 € ausbezahlt. Ab April 2006 bis Ende August 2012 erbrachten die Kläger die vertraglich geschuldeten Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von monatlich 782,71 €. Die Zinsbindungsfrist betrug 7 Jahre. Da die Kläger den Vertrag wegen Arbeitslosigkeit des Klägers danach nicht mehr bedienen konnten, wurde die Immobilie am 28.02.2013 wieder veräußert. Die Beklagte erklärte sich mit einer vorzeitigen Rückführung des Darlehens gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung i.H.v. 11.192,62 € und eines Bearbeitungsentgelts i.H.v. 300 € einverstanden. Sie erhielt Ende April 2013 aus dem Hausverkauf insgesamt 138.800 €, von denen sie den Klägern im Mai 2013 überzahlte 3.771,06 € zurückerstattete.
5Mit anwaltlichem Schreiben vom 21.06.2013 erklärten die Kläger den Widerruf ihrer auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung vom 09.02.2006 und forderten die Beklagte auf, bis zum 05.07.2013 15.079,54 € an sie zu zahlen. Dies lehnte die Beklagte ab und zahlte lediglich das von den Klägern gezahlte Bearbeitungsentgelt i.H.v. 300 € an diese zurück.
6Die Kläger sind der Auffassung, sie hätten ihre Willenserklärung vom 09.02.2006 auch am 21.06.2013 noch widerrufen können, da die dem Darlehensvertrag beigefügte Widerrufsbelehrung nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprochen habe. Der übliche Zinssatz für Baufinanzierungsdarlehen mit achtjähriger Laufzeit habe damals nur bei 3,36 % gelegen.
7Unter Berücksichtigung üblicher Zinsen i.H.v. 29.549,52 €, des an sie ausgezahlten Darlehens i.H.v. 141.170 € und der von ihnen erbrachten Leistungen i.H.v. insgesamt 199.068,67 € stehe ihnen ein Zahlungsanspruch i.H.v. 24.578,09 € zu.
8Die Kläger haben beantragt,
91. die Beklagte zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger 24.578,09 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 06.07.2013 zu zahlen;
102. die Beklagte zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Kosten i.H.v. 1.493,21 € zu zahlen.
11Die Beklagte hat beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Sie hat die Auffassung vertreten, der Widerruf sei unwirksam. Die Kläger seien ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt worden. Nach beiderseitiger Erfüllung sämtlicher Vertragspflichten sei der Widerruf ins Leere gegangen, zumindest aber verwirkt. Der vertraglich vereinbarte Zins habe den durchschnittlichen Marktzins seinerzeit nur um 0,3 % überstiegen (GA 117). Dass die Kläger die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten beglichen haben, hat die Beklagte bestritten.
14Wegen des weitergehenden Sachvortrags der Parteien nimmt der Senat Bezug auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung.
15Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
16Mit dieser Entscheidung sind die Kläger nicht einverstanden. Sie sind der Auffassung, dass die Beklagte sie auch über die Rechtsfolgen eines Widerrufs habe belehren müssen. Das Landgericht habe sich insoweit rechtsfehlerhaft auf § 355 Abs. 1 BGB a.F. beschränkt, ohne sich mit § 355 Abs. 2 BGB a.F. auseinandergesetzt zu haben. Das Muster gemäß Anl. 2 zu § 14 BGB Informationspflichten-Verordnung spreche ausdrücklich im Hinblick auf § 346 BGB von beiderseits empfangenen Leistungen und darüber hinaus auch von den beiderseits gezogenen Nutzungen. Dies verdeutliche, dass der Gesetzgeber davon ausgegangen sei, dass auch über die Rechtsfolgen eines Widerrufs zu belehren sei.
17Die Kläger beantragen,
18das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 22.08.2014, Az. 1 O 268/13 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 24.578,09 € zuzüglich Zinsen von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 06.07.2013 zu zahlen;
19Die Beklagte zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Kosten i.H.v. 1.493,21 € zu zahlen.
20Die Beklagte beantragt,
21die Berufung der Kläger zurückzuweisen.
22Die Beklagte wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Tatsachenvortrag und verteidigt die angefochtene Entscheidung.
23Wegen des weiteren Tatsachenvortrags der Parteien nimmt der Senat Bezug auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.
24B)
25Die Berufung ist unbegründet. Die Klage ist unbegründet. Den Klägern steht kein Anspruch gegen die Beklagte aus § 346 BGB auf Zahlung des von ihnen verlangten Betrags i.H.v. 24.578,09 € zu.
26I. Im Zeitpunkt des Widerrufs des Darlehensvertrags am 21.06.2013 war das den Klägern ursprünglich zustehende Widerrufsrecht gemäß §§ 491 I, 495 I BGB infolge Fristablaufs gemäß § 355 Absatz 1 S. 2 BGB erloschen. Gemäß § 355 Abs. 1 S. 2 1. HS 1 BGB muss der Widerruf innerhalb einer Frist von 2 Wochen gegenüber dem Unternehmer erklärt werden, wobei gemäß § 355 Absatz 1 S. 2 Halbsatz 2 zur Fristwahrung die rechtzeitige Absendung genügt. Diese Frist haben die Kläger nicht eingehalten.
27II. Entgegen der von den Klägern vertretenen Rechtsauffassung genügte die im vorliegenden Fall von der Beklagte verwendete Widerrufserklärung den Anforderungen des § 355 Abs. 2 S. 1, 3 BGB a. F.
28Gemäß § 355 Abs. 2 S. 1 BGB beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht, die ihm entsprechend den Erfordernissen des eingesetzten Kommunikationsmittel seine Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden ist, die auch Namen und Anschrift desjenigen enthält, gegen über dem der Widerruf zu erklären ist sowie einen Hinweis auf den Fristbeginn und die Regelung des Abs. 1 S. 2 BGB. Handelt es sich bei dem Vertrag – wie im vorliegenden Fall – um einen Verbraucherdarlehensvertrag (§ 492 Abs. 1 BGB a.F.), der schriftlich abzuschließen ist, so beginnt die Frist nicht zu laufen, bevor dem Verbraucher auch eine Vertragsurkunde, der schriftliche Antrag des Verbrauchers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt worden ist (§ 355 Abs. 2 S. 3 BGB a.F.). Diesen Anforderungen entsprach die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung.
291. Die dem Darlehensvertrag beigelegte Widerrufsbelehrung entsprach dem Deutlichkeitsgebot. Sie war auf einem gesonderten Blatt abgedruckt und mit fetter Schrift und unterstrichen gedruckter Überschrift „Widerrufsbelehrung“ übertitelt. Ferner waren die einzelnen Passagen jeweils gesondert mit in fett gedruckter Schrift geschriebenen Überschriften versehen. Die einzelnen Absätze waren darüber hinaus durch die Zwischenüberschriften textlich untergliedert.
302. Die Belehrung entsprach auch inhaltlich den gesetzlichen Vorgaben. Ohne Erfolg wendet sich die Berufung gegen die Annahme des Landgerichts, der Beginn der Widerrufsfrist sei in der Widerrufsbelehrung unzutreffend dargestellt. Dort heißt es:
31„Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem mir
32• Ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung und
33• Eine Vertragsurkunde, mein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder meines Vertragsantrages zur Verfügung gestellt wurden. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs“.
34Diese Hinweise entsprechen der gesetzlichen Regelung in § 355 Abs. 2 S. 3 BGB a.F. Die Belehrung ist entgegen der Darstellung der Kläger hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist unmissverständlich.
353. Entgegen der Auffassung der Kläger war eine Belehrung über die Rechtsfolgen eines Widerrufs nach § 355 Abs. 1 BGB entbehrlich. Insbesondere berufen sich die Kläger insoweit zu Unrecht auf die Urteile des Bundesgerichtshofs vom 12.04.2007, VII ZR 122/06, und vom 18.10.2004, II ZR 352/02. Insoweit verkennen die Kläger, dass diese Entscheidungen des Bundesgerichtshofs jeweils Haustürgeschäfte im Sinne des § 312 BGB betrafen. Für solche Geschäfte sah § 312 Abs. 2 BGB a.F. ausdrücklich vor, dass in der erforderlichen Belehrung über das Widerrufs- oder Rückgaberecht auf die Rechtsfolgen des § 357 Abs. 1 und 3 BGB hinzuweisen ist. Demzufolge findet sich auch in der einschlägigen Literatur kein Hinweis darauf, dass bei anderen als Haustürgeschäften in der Widerrufsbelehrung auf die Rechtsfolgen des Widerrufs hinzuweisen war (vgl. statt aller Palandt-Heinrichs, BGB, 64. Auflage, § 355 Rz. 13-20). Ein Haustürgeschäft lag hier nicht vor. Der Darlehensvertrag wurde vielmehr – was unstreitig ist – in der Geschäftsstelle der Beklagten am 09.02.2006 geschlossen. Die Auszahlung des Darlehens erfolgte erst nach Ablauf der Widerrufsfrist und zwar Ende März 2006. Ebenfalls nicht nachvollziehbar ist die Behauptung der Kläger, die Widerrufsbelehrung betreffend die Sicherungszweckerklärung und die Widerrufsbelehrung betreffend den Abschluss des Darlehensvertrags hätten vertauscht sein können. Die Kläger verkennen in diesen Zusammenhang, dass es in der vorliegenden Widerrufsbelehrung unter der Überschrift Widerrufsrecht ausdrücklich heißt, dass „ich (bin) an meine Willenserklärung (Antrag auf Abschluss des Darlehensvertrages mit der D AG bzw. ihren Kooperationspartnern) nicht mehr gebunden (bin), wenn ich sie binnen 2 Wochen widerrufe“.
364. Unverständlich ist der Hinweis der Kläger auf § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV. § 1 BGB-InfoV betrifft Informationspflichten bei Fernabsatzverträgen. Einen solchen Vertrag hatten die Kläger nicht geschlossen, weshalb die genannte Regelung für die Auslegung des §§ 355 Abs. 2 BGB ohne Bedeutung ist. Der Hinweis auf die aktuell gültige Regelung des §§ 356 Abs. 3 BGB ist für den vorliegenden Sachverhalt ebenfalls unerheblich. Denn die Kläger haben den Darlehensvertrag im Jahr 2006 geschlossen.
375. Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass die streitgegenständliche Belehrung jedenfalls nicht grundsätzlich irreführend ist. Bei einem widerrufenen Realkredit hat der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer die erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen nebst marktüblicher Verzinsung zu erstatten, wohingegen der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber die ausgezahlte Darlehensvaluta nebst marktüblicher Verzinsung zurückzuzahlen hat. Der Hinweis in der Widerrufsbelehrung, dass der Darlehensnehmer, soweit er den Vertrag widerruft, die empfangene Leistung an die Bank bzw. den jeweiligen Kooperationspartner zurückzugewähren und der Bank bzw. dem jeweiligen Kooperationpartner die von ihm aus der Leistung gezogenen Nutzungen herauszugeben hat, trifft im Ergebnis zu. Nach Auszahlung der Darlehensvaluta verbleibt auch nach dem Beginn von Zins- und Tilgungsleistungen nach erfolgter Saldierung der wechselseitigen Ansprüche ein Anspruch der Bank auf Erstattung der restlichen Darlehnsvaluta zuzüglich Zinsen.
38III. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Z. 10, 711 ZPO. Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger zu je ½.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
- 1
Die Kläger begehren nach Widerruf ihres Immobilienkredits dessen Rückabwicklung von der beklagten Bank.
- 2
Die Parteien schlossen im Juni 2011 einen grundpfandrechtliche gesicherten Darlehensvertrag über 207.000,00 EUR für den Kauf eines Wohnhauses. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Darlehensvertrages, insbesondere hinsichtlich der dort auf Seite 3 enthaltenen Widerrufsbelehrung wird auf den als Anlage K 1 zur Akte gereichten Darlehensvertrag vom 28.06.2011 verwiesen.
- 3
Mit Schreiben vom 31.08.2015 und 10.09.2015 erklärten beide Kläger den Widerruf des Darlehensvertrages.
- 4
Die Kläger vertreten die Auffassung, sie könnten den Darlehensvertrag auch über 4 Jahre nach dem Abschluss des Darlehensvertrages widerrufen, da die verwendete Widerrufsbelehrung formal und inhaltlich fehlerhaft sei. Sie sei formal fehlerhaft, da sie optisch nicht hervorgehoben sei. Inhaltlich entspreche sie nicht der damals geltenden Musterwiderrufsbelehrung gem. Anlage 6 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB, da bei dem vorliegenden grundpfandrechtlich gesicherten Darlehen der Hinweis gemäß Ziffer 6 der Musterwiderrufsbelehrung fehle. Auch würden in der Belehrung die Faxnummer und die E-Mail-Adresse nicht genannt.
- 5
Die Kläger beantragen,
- 6
festzustellen, dass der zwischen den Parteien geschlossene Darlehensvertrag vom 28.06.2011 mit der Nr. 5....6 durch den Widerruf vom 31.08.2015 und vom 10.09.2015 beendet und in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt worden ist.
- 7
Die Beklagte beantragt,
- 8
die Klage abzuweisen.
- 9
Die Beklagte vertritt die Auffassung, die erhobene Feststellungsklage sei bereits unzulässig. Zudem hätten die Kläger ein etwaiges Widerrufsrecht jedenfalls verwirkt.
- 10
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
- 11
Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die Möglichkeit, lediglich eine Feststellungsklage bei einem streitigen Widerruf eines Darlehensvertrages zu erheben, zwischenzeitlich in Rechtsprechung und Literatur weitgehend anerkannt.
- 12
Die Klage ist jedoch unbegründet, ohne dass es insoweit auf eine etwaige Verwirkung des von den Klägern erklärten Widerrufsrechts ankommt.
I.
- 13
Der zwischen den Parteien geschlossene Darlehensvertrag vom 28.06.2011 mit der Nr. 5....6 wurde nicht durch den Widerruf der Kläger vom 31.08. und 10.09.2015 beendet und in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt.
- 14
Der Widerruf des Darlehensvertrages ist unwirksam, weil die Kläger ihr Widerrufsrecht nach §§ 495, 355 BGB a.F. jedenfalls nicht fristgemäß innerhalb der 14-tägigen Widerrufsfrist des § 355 II 1 BGB a.F. sondern erst mehr als 4 Jahr nach Abschluss des Darlehensvertrages ausgeübt haben. Die zweiwöchige Frist des § 355 II 2 BGB a.F. zum Widerruf der auf Abschluss des streitgegenständlichen Darlehensvertrags im Juni 2011 gerichteten Willenserklärung war zum Zeitpunkt der Widerrufserklärungen mit Schreiben vom 31.08. und 10.09.2015 bereits abgelaufen. Nach § 355 III 1 BGB a.F. beginnt die 14-tägige Widerrufsfrist in dem Zeitpunkt, zu welchem dem Verbraucher eine den Anforderungen des § 360 I BGB entsprechende Belehrung über sein Widerrufsrecht in Textform mitgeteilt worden ist. Gem. § 495 II 1 Nr. 1 BGB in der hier maßgeblichen Fassung vom 24.07.2010 treten insoweit an die Stelle der Widerrufsbelehrung die Pflichtangaben nach Art. 247 § 6 II EGBGB. Außerdem bestimmt § 495 II 1 Nr. 2 lit b) BGB a.F., dass die Widerrufsfrist auch dann nicht beginnt, bevor der Darlehensnehmer die Pflichtangaben nach § 492 II BGB erhält.
- 15
Da den Klägern vorliegend in den ihnen zur Verfügung gestellten Vertragsunterlagen sowohl die Pflichtangaben nach Art. 247 § 6 II EGBGB als auch die Pflichtangaben nach § 492 II BGB a.F. in ordnungsgemäßer Weise mitgeteilt worden ist, stand den Klägern kein unbefristetes „ewiges“ Widerrufsrecht zu. Stattdessen wurde die 14-tägige Widerrufsfrist gem. § 355 III 1 BGB a.F. i.V.m. § 495 II 1 Nr. 1 und Nr. 2 b) BGB a.F. bereits am Tage des Vertragsschlusses in Gang gesetzt und war zum Zeitpunkt der beiden Widerrufserklärungen im Jahr 2015 bereits abgelaufen. Im Einzelnen (vgl. insoweit auch instruktiv LG Essen, Urt. v. 20.08.2015, Az. 6 O 186/15):
1.
- 16
Die in dem Darlehensvertrag (Anlage k 1) unter Ziff. 11 aufgeführten Widerrufsinformationen enthalten die Pflichtangaben nach Art. 247 § 6 II EGBGB. Gemäß § 495 II 1 Nr. 1 BGB a.F. ersetzen die Pflichtangaben nach Art. 247 § 6 II EGBGB die eigentlich nach § 355 BGB a.F. vorgeschriebene Widerrufsbelehrung. Aufgrund der Vorschrift des § 495 II 1 Nr. 1 BGB ist eine gesonderte Widerrufsbelehrung nach Maßgabe des § 360 I BGB nicht erforderlich, stattdessen genügt es, wenn die erforderlichen Pflichtangaben in den Darlehensvertrag aufgenommen werden. Dies ist vorliegend der Fall.
- 17
In Art. 247 § 6 II EGBGB a.F. heißt es:
- 18
"Besteht ein Widerrufsrecht nach § 495 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, müssen im Vertrag Angaben zur Frist und anderen Umständen für die Erklärung des Widerrufs sowie ein Hinweis auf die Verpflichtung des Darlehensnehmers enthalten sein, ein bereits ausbezahltes Darlehen zurückzuzahlen und Zinsen zu vergüten. Der pro Tag zu zahlende Zinsbetrag ist anzugeben. Enthält der Verbraucherdarlehensvertrag eine Vertragsklausel in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form, die dem Muster in Anlage 6 entspricht, genügt diese den Anforderungen der Sätze 1 und 2. Der Darlehensgeber darf unter Beachtung von Satz 3 in Format und Schriftgröße von dem Muster abweichen."
a.)
- 19
Zwar kann sich die Beklagte nicht auf das Eingreifen der Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 II 3 EGBGB berufen, da die von ihr unter Ziff. 11 des jeweiligen Darlehensvertrages verwandte Klausel nicht vollständig dem Muster der Anlage 6 entspricht, da bei dem vorliegenden grundpfandrechtlich gesicherten Darlehen der Hinweis gemäß Ziffer 6 der Musterwiderrufsbelehrung fehlte. Die vom BGH vertretene streng formalistische Betrachtungsweise im Zusammenhang mit dem Eingreifen der Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 BGB-InfoV ist hierbei auf die Nachfolgenorm, den Art. 247 § 6 II 3 EGBGB, zu übertragen (LG Essen, Urt. v. 16.04.2015, 6 O 33/15). Im Zusammenhang mit der Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 BGB-InfoV vertritt der BGH die Auffassung, dass der Wortlaut der Belehrung in jeder Hinsicht vollständig der Musterbelehrung entsprechen muss. Sobald der Verwender den Text der Musterbelehrung einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzieht, kann er sich schon deshalb nicht mehr auf die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 I, III BGB-InfoV berufen. Dies gilt unabhängig von dem konkreten Umfang der von ihm vorgenommenen Änderungen, zumal sich schon mit Rücksicht auf die Vielgestaltigkeit möglicher individueller Veränderungen des Musters keine verallgemeinerungsfähige bestimmte Grenze ziehen lässt, bei deren Einhaltung eine Schutzwirkung noch gelten und ab deren Überschreitung sie bereits entfallen soll (vgl. BGH, Urt. v. 28.06.2011, XI ZR 349/10, zitiert nach juris). Da es sich bei § 14 BGB-InfoV um die Vorgängerregelung des Art. 247 § 6 II 3 EGBGB handelt, sind an das vollständige "Entsprechen" die gleichen Anforderungen zu stellen, was dazu führt, dass sich die Beklagte aufgrund des fehlenden Hinweises gemäß Ziffer 6 der Musterwiderrufsbelehrung nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 II 3 EGBGB berufen kann.
- 20
Zudem fehlt es vorliegend auch an einer „hervorgehobenen“ Widerrufsbelehrung im Sinne des Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB, da die Beklagte jedenfalls die gesamte Seiten 3 und 4 des Darlehensvertrages mit dem gleichen Schriftbild sowie den Umrandungen entsprechend der Musterwiderrufsbelehrung nach der Anlage 6 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB gestaltet hat. Hierdurch fehlt es an einer „hervorgehobenen“ Widerrufsbelehrung im vorgenannten Sinne, die durch die Musterbelehrung gerade gewährleistet sein soll.
- 21
b.) Das Nichteingreifen der Gesetzlichkeitsfiktion ist allerdings unschädlich, da die in Ziffer 11 des streitgegenständlichen Darlehensvertrags enthaltenen Widerrufsinformationen als solche den Anforderungen des Art. 247 § 6 II 1, 2 EGBGB genügen. Nach Art. 247 § 6 II 1, 2 EGBGB muss der Vertrag folgende Angaben enthalten:
- 22
- Angaben zur Frist und anderen Umständen für die Erklärung des Widerrufs (hierzu (aa.))
- 23
- Hinweis auf Verpflichtung des Darlehensnehmers, ein bereits ausbezahltes Darlehen zurückzuzahlen und Zinsen zu vergüten (hierzu (bb.))
- 24
- Angabe des pro Tag zu zahlenden Zinsbetrages (hierzu (cc.))
- 25
Diese Pflichtangaben sind in Ziffer 11 des streitgegenständlichen Darlehensvertrags enthalten. Im Einzelnen:
- 26
aa.) Die erforderlichen Pflichtangaben zur Frist und anderen Umständen für die Erklärung des Widerrufs werden in Ziffer 11 der Widerrufsinformation mitgeteilt. Dort heißt es:
- 27
"Der Darlehensnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB (z. B. Angabe zur Art des Darlehens, Angabe zum Nettobetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat."
- 28
bb.) Die Widerrufsinformation weist darüber hinaus darauf hin, dass ein bereits ausbezahltes Darlehen zurückzuzahlen ist und Zinsen zu vergüten sind. So heißt es in den Widerrufsinformationen unter der Überschrift "Widerrufsfolgen":
- 29
"Der Darlehensnehmer hat innerhalb von 30 Tagen das Darlehen, soweit es bereits ausbezahlt wurde, zurückzuzahlen und für den Zeitraum zwischen der Auszahlung und der Rückzahlung des Darlehens den vereinbarten Sollzins zu entrichten.“
- 30
Eines Hinweises gem. Fußnote 6 der Musterwiderrufsbelehrung, wonach der Darlehensnehmer gem. § 346 Abs. 2 S. 2 BGB nachweisen kann, dass der Wert seines Gebrauchsvorteils niedriger als der Vertragszins war, bedarf es in diesem Rahmen damit gerade nicht.
- 31
cc.) Die Belehrung enthält zudem die Angabe des jeweils pro Tag konkret zu zahlenden Zinsbetrags, welcher vorliegend 21,67 EUR beträgt.
c.)
- 32
Der Einwand der Kläger, die Widerrufsbelehrung sei in keiner Weise deutlich genug drucktechnisch hervorgehoben, sondern wie jede weitere Ziffer des Vertrages gestaltet und nummeriert, verfängt in diesem Zusammenhang nicht. Wie bereits dargestellt, ist es aufgrund der Sonderregelung in § 495 II 1 Nr. 1 BGB a.F. nicht erforderlich, dass dem Verbraucher eine gesonderte Widerrufsbelehrung nach § 360 I BGB a.F. erteilt wird. Stattdessen reicht es aus, wenn die Pflichtangaben zum Widerrufsrecht in den Darlehensvertrag aufgenommen werden (vgl. MüKo/Schürnbrand, BGB (2012), § 495 Rn. 7). Dies ist vorliegend der Fall, da die Beklagte die Pflichtangaben zum Widerrufsrecht vollumfänglich unter Ziffer 11 des Darlehensvertrags mitgeteilt hat. Diese Angaben sind auch „klar und verständlich“ im Sinne des Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB.
- 33
Soweit es in Art. 247 § 6 II 3 EGBGB heißt, dass das Muster der Anlage 6 in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form zu verwenden ist, handelt es sich im Übrigen um eine bloße Voraussetzung für das Eingreifen der Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 II 3 EGBGB und damit gerade nicht um eine allgemein gültige Wirksamkeitsvoraussetzung. Da die Belehrung der Beklagten ohnehin nicht dem Muster der Anlage 6 nicht entspricht und sich die Beklagte somit auch nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 II 3 EGBGB berufen kann, ist die von ihr erteilte Widerrufsbelehrung allein an den Anforderungen des Art. 247 § 6 II 1, 2 EGBGB zu messen, der jedoch keine besondere Hervorhebung oder graphische Gestaltung der Widerrufsinformationen verlangt (so jetzt auch BGH, Urt. v. 23.02.2016, Az. XI ZR 101/15 – zitiert nach juris).
- 34
Dies bedeutet zwar nicht, dass auch eine im Fließtext eingefügte Widerrufsbelehrung in kaum lesbarem Kleindruck unter Verbraucherschutzgesichtspunkten nicht beanstandet werden kann, da Art. 247 § 2 II 3 EGBGB einem Darlehensgeber, der sich zur Erfüllung seiner Informationspflichten keines Musters bedient, ausdrücklich aufgibt, dass die erforderlichen Pflichtangaben - also auch die zum Widerrufsrecht - gleichartig zu gestalten und hervorzuheben sind. Diesen Anforderungen ist die Beklagte allerdings gerecht geworden, da sie die erforderlichen Angaben - einschließlich der Pflichtangaben zum Widerrufsrecht - durch Verwendung eines einheitlichen Schriftbildes und einer einheitlichen Schriftgröße nicht nur gleichartig gestaltet, sondern durch entsprechende Nummerierungen, Fettdrucke und Absätze klar strukturiert und hervorgehoben hat. Eine deutliche Hervorhebung im Sinne der gesetzlichen Anforderung ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt abzulehnen, dass die Widerrufsinformationen sich nicht am Ende des Vertrages befinden, sondern nach den Widerrufsinformationen noch weitere Angaben folgen. Die besondere Positionierung der Widerrufsinformationen am Ende der Vertragsurkunde kann zwar grundsätzlich als Mittel zur Hervorhebung der Belehrung dienen, ist aber nicht zwingende Voraussetzung für die Bejahung einer ordnungsgemäßen Hervorhebung der Belehrung im Sinne des Art. 247 § 2 II 3 EGBGB, soweit die Widerrufsinformationen auf andere Weise von dem Rest des Vertrages hinreichend hervorgehoben sind, was vorliegend durch die eingefügten Absätze und die optische klare Gliederung durch die Überschriften in Fettdruck erfolgt ist.
2.
- 35
Darüber hinaus enthält der Darlehensvertrag auch die nach § 492 II BGB a.F. erforderlichen Pflichtangaben. Nach § 495 II 1 Nr. 2 b) a.F. BGB wird die Widerrufsfrist nur in Gang gesetzt, wenn der Darlehensnehmer zusätzlich die Pflichtangaben nach § 492 II BGB a.F. erhalten hat. In § 492 II BGB a.F. heißt es:
- 36
„Der Vertrag muss die für den Verbraucherdarlehensvertrag vorgeschriebenen Angaben nach Artikel 247 §§ 6 bis 13 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche enthalten.“
- 37
Die Widerrufsinformationen für den Darlehensvertrag erfüllen die Voraussetzungen der §§ 495 II 1 Nr. 2 b), 492 II BGB. Bei dem Darlehensvertrag handelt es sich um einen Immobiliardarlehensvertrag i.S.d. § 503 I BGB. Für einen solchen Vertrag bemisst sich der Umfang der Aufklärungspflichten allein nach der Vorschrift des Art. 247 § 9 EGBGB (vgl. MüKo/Schürnbrand, BGB (2012), § 503 Rn. 13). Im Einzelnen:
- 38
Nach der Legaldefinition in § 503 I 1 BGB liegt ein Immobiliardarlehensvertrag vor, wenn die Zurverfügungstellung des Darlehens von der Sicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig gemacht wurde und zu Bedingungen erfolgte, die für grundpfandrechtlich abgesicherte Verträge und deren Zwischenfinanzierung üblich sind. Eine Abhängigkeit der Gewährung des Darlehens von der Bestellung eines Grundpfandrechts ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn das Grundpfandrecht die einzige Sicherheit ist (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, (2015), § 503 Rn. 2).
- 39
Hinsichtlich des Darlehensvertrags ist dies nach Ziff. 9 des Darlehensvertrags der Fall, da hiernach das Darlehen erst in Anspruch genommen werden kann, wenn die vorgehenen Sicherheiten bestellt.
- 40
Bei Immobiliardarlehen sind die Mitteilungspflichten nach Art. 247 § 9 EGBGB erheblich reduziert, weil lediglich die Angaben nach Art. 247 § 3 I Nr. 1 bis 7, 10 und 13 sowie nach § 3 IV und nach § 8 EGBGB zwingend sind (vgl. MüKo/Schürnbrand, BGB, (2012), § 503 Rn. 13). In Art 247 § 9 EGBGB heißt es:
- 41
"Bei Verträgen gemäß § 503 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind in der vorvertraglichen Information und im Verbraucherdarlehensvertrag abweichend von den §§ 3 bis 8, 12 und 13 die Angaben nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 7, 10 und 13 sowie nach § 3 Abs. 4 und nach § 8 zwingend. Die vorvertragliche Information muss auch einen deutlich gestalteten Hinweis darauf enthalten, dass der Darlehensgeber Forderungen aus dem Darlehensvertrag ohne Zustimmung des Darlehensnehmers abtreten und das Vertragsverhältnis auf einen Dritten übertragen darf, soweit nicht die Abtretung im Vertrag ausgeschlossen wird oder der Darlehensnehmer der Übertragung zustimmen muss. Der Vertrag muss ferner die Angaben zum Widerrufsrecht nach § 6 Abs. 2 enthalten.“
- 42
Die Beklagte hat die ihr nach Art. 247 § 9 EGBGB obliegenden Mitteilungspflichten erfüllt. Die Darlehensverträge enthalten sämtliche der nach Art. 247 § 3 I Nr. 1 bis 7, 10 und 13 EGBGB erforderlichen Angaben. In Art. 247 § 3 I EGBGB heißt es u.a.:
- 43
"Die Unterrichtung vor Vertragsschluss muss folgende Informationen enthalten:
- 44
1. den Namen und die Anschrift des Darlehensgebers
- 45
2. die Art des Darlehens
- 46
3. den effektiven Jahreszins
- 47
4. den Nettodarlehensbetrag
- 48
5. den Sollzinssatz
- 49
6. die Vertragslaufzeit
- 50
7. Betrag, Zahl und Fälligkeit der einzelnen Teilzahlungen
- 51
[ ... ]
- 52
10. alle sonstigen Kosten, insbesondere in Zusammenhang mit der Auszahlung oder der Verwendung eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments, mit dem sowohl Zahlungsvorgänge als auch Abhebungen getätigt werden können, sowie die Bedingungen, unter denen die Kosten angepasst werden können
- 53
[ ... ]
- 54
13. das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufsrechts"
- 55
Alle diese Angaben sind in den betroffenen Darlehensverträgen enthalten, auf den insoweit zwecks Vermeidung unnötiger Schreibarbeit verwiesen wird; dies wird im Übrigen auch von keiner der Parteien bestritten. Soweit die Kläger insoweit rügen, dass die Faxnummer und die E-Mail-Adresse der Beklagten nicht genannt seien, übersehen sie, dass nach Art. 247 § 3 I EGBGB nur der Name und die Anschrift des Darlehensgeber zwingend anzugeben sind.
II.
- 56
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet seine Grundlagen in den § 709 ZPO.
Tenor
1.
Die Klage wird abgewiesen.
2.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits nach einem Streitwert von bis zu 230.000,00 € bis zum 31.03.2015 und von bis zu 95.000,00 € seitdem.
3.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin verlangt mit der vorliegenden Klage die Rückabwicklung zweier Verbraucherdarlehensverträge nach erklärtem Widerruf.
3Am 09.09./11.09.2008 schlossen die Klägerin, seinerzeit noch unter ihrem Geburtsnamen H, und ihr späterer (und zwischenzeitlich geschiedener) Ehemann L2 mit der Beklagten einen Wohnungsbaudarlehensvertrag über einen Nettokreditbetrag von 159.000,00 €; der Darlehensbetrag wurde durch eine Buchgrundschuld in Höhe von 219.000,00 € auf dem Finanzierungsobjekt C-Straße 69 in X, einem Einfamilienhaus, gesichert (im Folgenden: Hauptdarlehensvertrag, Einzelheiten: Anlage K1 = Bl. 7-23 d.A.). Daneben schlossen die Darlehensnehmer mit der Beklagten einen weiteren Darlehensvertrag aus einer L-Förderung über einen Nettokreditbetrag von 60.000,00 € (im Folgenden: L-Darlehensvertrag, Einzelheiten: Anlage K2 = Bl. 24-26 d.A.).
4Beide Verträge enthielten in jeweils separater Anlage eine Widerrufsbelehrung.
5Die Widerrufsbelehrung zum Hauptdarlehensvertrag ist inhaltlich und optisch wie folgt gestaltet (Bl. 12 f. d.A.):
6Hier folgt eine Widerrufsbelehrung.
7Die Widerrufsbelehrung zum L-Darlehensvertrag ist inhaltlich und optisch wie folgt gestaltet (Bl. 25 f. d.A.):
8Hier folgt eine Widerrufsbelehrung.
9Im Juni 2013 beantragten die Klägerin und ihr Ehemann nach Scheidung die Entlassung des Ehemanns aus der Schuldhaft.
10Mit Schreiben an die Beklagte vom 23.06.2014 (Anlage K3 = Bl. 27 d.A.) widerrief die Klägerin (nicht auch zugleich ihr Ehemann) den Hauptdarlehensvertrag. Mit anwaltlichem Schreiben an die Beklagte vom 06.11.2014 wiederholte sie die Widerrufserklärung, und zwar nunmehr ausdrücklich bezogen auf den Hauptdarlehensvertrag „nebst eingeschlossener Mittel aus einer L-Förderung“ (Anlage K5 = Bl. 30-33 d.A.).
11Die Klägerin ist der Ansicht, dass die von der Beklagten verwendeten Widerrufsbelehrungen nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprächen, weshalb der Lauf der Widerrufsfristen nicht in Gang gesetzt worden sei.
12Ursprünglich – mit der Klageschrift vom 04.02.2015 – hat die Klägerin die Feststellung beantragt, dass sie ihre Vertragserklärungen zum Abschluss des Haupt- und des L-Darlehensvertrages wirksam widerrufen hat. Auf entsprechenden Hinweis des Gerichts mit Verfügung vom 25.02.2015 (Bl. 36 d.A.) hat die Klägerin die Klage mit Schriftsatz vom 30.03.2015 dahingehend umgestellt, dass sie die Beklagte nunmehr auf Rückzahlung erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen Zug um Zug gegen Rückgewähr der Nettokreditbeträge in Anspruch nimmt; mit späterem Schriftsatz (vom 28.05.2015) hat sie den Zahlungsbetrag aus dem Schriftsatz vom 30.03.2015 um 3.461,44 € auf 81.755,70 € reduziert. Daneben begehrt sie die Feststellung, dass der Beklagten aus den Darlehensverträgen keine Ansprüche mehr gegen die Klägerin zustehen. Schließlich verlangt sie die Bezahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
13Nach entsprechender Teilklagerücknahme hinsichtlich des nachfolgenden Klageantrags zu Ziff. 1. beantragt die Klägerin nunmehr:
14- 15
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 81.755,70 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 321,56 € seit dem 05.01.2009 sowie aus weiteren 672,22 € seit dem 02.02.2009 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 02.03.2009 sowie aus weiteren 1.560,90 € seit dem 31.03.2009 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 30.04.2009 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 01.06.2009 sowie aus weiteren 1.560,90 € seit dem 30.06.2009 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 31.07.2009 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 31.08.2009 sowie aus weiteren 1.560,90 € seit dem 30.09.2009 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 02.11.2009 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 30.11.2009 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 30.12.2009 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 01.02.2010 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 01.03.2010 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 31.03.2010 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 30.04.2010 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 31.05.2010 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 30.06.2010 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 02.08.2010 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 31.08.2010 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 30.09.2010 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 01.11.2010 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 30.11.2010 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 30.12.2010 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 31.01.2011 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 28.02.2011 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 31.03.2011 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 02.05.2011 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem31.05.2011 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 30.06.2011 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 01.08.2011 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 31.08.2011 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 30.09.2011 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 31.10.2011 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 30.11.2011 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 30.12.2011 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 31.01.2012 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 29.02.2012 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 02.04.2012 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 30.04.2012 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 31.05.2012 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 02.07.2012 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 31.07.2012 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 31.08.2012 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 01.10.2012 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 31.10.2012 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 30.11.2012 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 02.01.2013 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 31.01.2013 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 28.02.2013 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 01.04.2013 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 30.04.2013 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 31.05.2013 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 01.07.2013 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 31.07.2013 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 02.09.2013 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 30.09.2013 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 31.10.2013 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 02.12.2013 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 30.12.2013 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 31.01.2014 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 28.02.2014 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 31.03.2014 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 30.04.2014 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 02.06.2014 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 30.06.2014 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 31.07.2014 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 01.09.2014 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 30.09.2014 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 31.10.2014 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 01.12.2014 sowie aus weiteren 1.730,72 € seit dem 30.12.2014 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 02.02.2015 sowie aus weiteren 810,90 € seit dem 02.03.2015 Zug um Zug gegen Zahlung von 219.000,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5,12 Prozentpunkten aus 144.000,00 € vom 02.01.2009 bis zum 23.06.2014 sowie weiteren 15.000,00 € vom 09.01.2009 bis zum 23.06.2014 sowie 5,0 Prozentpunkten aus 60.000,00 € vom 02.01.2009 bis zum 23.06.2014 sowie 2,5 Prozentpunkten aus 219.000,00 seit dem 24.06.2014 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass der Beklagten gegen die Klägerin aus dem Darlehensvertrag zu der Hauptdarlehensnummer ########## sowie dem L-Darlehensvertrag zur Konto-Nr. ########## (Hauptdarlehensnummer ##########) keine Ansprüche zustehen.
17- 18
3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.822,96 € zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Sie ist der Ansicht, dass der Widerruf der Klägerin verfristet sei. Ferner hält die Beklagte das Widerrufsrecht für verwirkt und wendet überdies eine unzulässige Rechtsausübung bzw. Rechtsmissbrauch ein.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
23Entscheidungsgründe:
24I.
25Die Klage ist mit dem Klageantrag zu Ziff. 1. zwar zulässig, aber unbegründet.
261.
27Der Klägerin steht kein Anspruch auf Rückzahlung erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen Zug um Zug gegen Rückgewähr empfangener Nettokreditbeträge gemäß §§ 346, 357 BGB a.F. zu. Ein wirksamer Widerruf der auf Abschluss der beiden Darlehensverträge (d.h. des Hauptdarlehensvertrages mit der Nr. ########## und des L-Darlehensvertrages mit der Nr. ##########) gerichteten Willenserklärungen liegt nicht vor.
28Dass hier nur die Klägerin – als eine von zwei Darlehensnehmern – die Darlehensverträge widerrufen hat, ist unschädlich. Ist nämlich am Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrages eine Mehrheit von Verbrauchern beteiligt, so können sie das Widerrufsrecht grundsätzlich unabhängig voneinander ausüben (vgl. MüKo-Masuch, BGB, 6. Auflage 2012, § 355 Rn. 29).
29Zwar stand der Klägerin im Zusammenhang mit dem Abschluss der beiden Darlehensverträge ein Widerrufsrecht nach Maßgabe der §§ 495, 355 Abs. 1 S. 2 u. Abs. 2 S. 1 u. S. 3 BGB a.F. zu. Der streitgegenständliche Widerruf aus dem Jahre 2014 entfaltet allerdings keine Wirkung, da die Frist des § 355 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. im Zeitpunkt der Absendung der Widerrufserklärung bereits längst abgelaufen war.
30Die von der Beklagten in beiden Darlehensverträgen (Anlagen K1 und K2) verwendeten Widerrufsbelehrungen genügen in ihrer (optischen und) inhaltlichen Gestaltung den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB i.d.F. vom 08.12.2004 bis 10.06.2010. Die von der Klägerin eingewandten Bedenken inhaltlicher Art lassen die Belehrungen nicht falsch erscheinen. Im Einzelnen:
31a.
32Dass die Widerrufsbelehrungen vorsorglich Angaben für verbundene Geschäfte beinhalten, ist unschädlich. Diese Angaben – mögen sie im Streitfall auch überflüssig sein – sind jedenfalls nicht geeignet, bei einem Verbraucher einen Irrtum über den Umfang und die Folgen seines Widerrufsrechts hervorzurufen. Aufgrund der jeweils ausführlichen Erläuterungen dazu, wann eine wirtschaftliche Einheit und ein verbundenes Geschäft vorliegen, die sogar in Fettdruck hervorgehoben sind, war die Belehrung hinreichend transparent (vgl. LG Bonn, Urt. v. 05.11.2014 – 3 O 278/14 – Anlage U1, dort UA S. 9 = BeckRS 2015, 07086; bestätigt durch OLG Köln, Hinweisbeschl. v. 23.03.2015 – 13 U 168/14 – Anlage U2, dort BA S. 4 = BeckRS 2015, 08374).
33b.
34Die Hinweise in den Widerrufsbelehrungen zum Beginn der Widerrufsfrist entsprechen den gesetzlichen Vorgaben des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. Der Beginn der Widerrufsfrist ist nach Auffassung des Gerichts auch hinreichend erläutert worden, wobei der letzte Spiegelstrich und der Zusatz „jedoch nicht vor dem Tag des Vertragsabschlusses“ auf § 312d Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 BGB (in der Fassung ab dem 29.07.2009) zurückgehen, da der Vertragsschluss im Wege eines Fernabsatzgeschäftes erfolgte. § 355 Abs. 1 u. Abs. 3 BGB a.F. erforderte auch keine weitergehenden Erläuterungen zum Tag des Fristbeginns unter Berücksichtigung der Regelung des § 187 BGB. Denn ein Hinweis auf diese Regelung ist nicht erforderlich, vielmehr genügt es, wenn die Widerrufsbelehrung zutreffend und unzweideutig das Ereignis benennt, das nach dem Gesetz den Lauf der Frist auslöst, und dazu den Gesetzeswortlaut zitiert, was hier geschehen ist (vgl. LG Bonn, a.a.O., UA S. 8; bestätigt durch OLG Köln, a.a.O., BA S. 3).
35c.
36Dass die Beklagte in den beiden streitgegenständlichen Widerrufsbelehrungen statt der in der seinerzeit gültigen Musterwiderrufsbelehrung (Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 u. 3 BGB-InfoV i.d.F. vom 01.04.2008 bis 03.08.2009) eigentlich vorgesehenen Anredeform „Sie können (…)“ die neutrale Form „Der Darlehensnehmer kann (…)“ gewählt hat, macht die Belehrungen nicht falsch. Es handelt sich um eine nach dem Dafürhalten der Kammer unschädliche grammatikalische Anpassung (vgl. auch OLG Frankfurt, Urt. v. 29.12.2014 – 23 U 80/14 – BeckRS 2015, 13565, Rn. 18). Der Gesetzgeber selbst lässt mittlerweile in der derzeit gültigen Musterwiderrufsbelehrung (Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 u. § 12 Abs. 1 EGBGB) eine Verwendung beider Anredeformen ausdrücklich zu:„Der Darlehensnehmer* kann (…) * Die Vertragsparteien können auch direkt angesprochen werden (z.B. „Sie“, „Wir“).“
37Der Verweis der Klägerin auf eine Stelle in dem Urteil des BGH vom 01.12.2010 (Az.: VIII ZR 82/10; NJW 2011, 1061, 1062, Rn. 16: „Die Belehrung wendet sich auch nicht, wie es das Muster vorsieht, konkret an den Adressaten der Belehrung („Sie“), sondern ist abstrakt formuliert („Verbraucher“), ohne den Rechtsbegriff „Verbraucher“ zu erläutern.“) verfängt ersichtlich nicht, da sich die vorliegenden Belehrungen gerade nicht abstrakt an einen „Verbraucher“ wenden (so auch: LG Lübeck, Urt. v. 31.10.2014 – 3 O 288/13 – Anlage U6, dort UA S. 7).
38Da der von der Klägerin im Jahre 2014 erklärte Widerruf nicht innerhalb der Widerrufsfrist erfolgt ist, kam es für die Entscheidung dieses Rechtsstreits auf Fragen der Verwirkung und/oder des Rechtsmissbrauchs nicht an.
392.
40Der (negative Feststellungs-)Antrag zu Ziff. 2. und der Klageantrag zu Ziff. 3. auf Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten sind damit, da sie dem Schicksal des Hauptantrages zu Ziff. 1. folgen, ebenfalls unbegründet.
41II.
42Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
43Den Streitwert hat das Gericht gemäß den §§ 48 GKG, 3, 5 ZPO festgesetzt, wobei sich die Klageumstellung mit Wirkung zum 31.03.2015 streitwertermäßigend ausgewirkt hat. Die spätere teilweise Klagerücknahme bewegte sich innerhalb derselben Gebührenstufe (nämlich bis 95.000,00 €), weshalb eine weitere Streitwertabstufung nicht geboten war.
44III.
45Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 u. S. 2 ZPO.
Tenor
1.
Die Klage wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
1
Tatbestand:
2Die Parteien streiten über die Verpflichtung einer Bank zur Rückzahlung einer geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung.
3Die Klägerin und ihr geschiedener Ehemann, Herr H, nahmen bei der Beklagten im Jahre 2009 ein Wohnungsbaudarlehen über 100.000,00 € auf. Dieses wurde über einen Herrn L vermittelt, der nach dem unwidersprochenen Beklagtenvortrag Mitarbeiter des selbständigen Finanzberatungsunternehmens O GMBH war und die Vermittlung über die D GmbH, eine Handelsvertreterin und Vertriebspartnerin der Beklagten, vorgenommen hatte. Die Korrespondenz über die D GmbH erfolgte ausschließlich auf schriftlichem Wege. Einen persönlichen Kontakt zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann einerseits und der Beklagten andererseits gab es nicht.
4Die Klägerin und ihr Ehemann unterzeichneten unter dem 11.08.2009 einen von der Beklagten vorgefertigten schriftlichen Darlehensantrag, auf dessen Wortlaut Bezug genommen wird (Anlage B2, Bl. ## ff. d.A.). Der Darlehensantrag enthält eine Widerrufsbelehrung mit folgendem Wortlaut:
5Widerrufsrecht
6Widerrufsrecht
7Der Darlehensnehmer kann seine auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung innerhalb von zwei Wochen widerrufen.
8Form des Widerrufs
9(…)
10Beginn der Widerrufsfrist
11Die Widerrufsfrist beginnt zu dem Zeitpunkt, zu dem der Darlehensnehmer
12 ein Exemplar dieser Belehrung
13 eine Urkunde oder eine Abschrift des Darlehensvertrages oder das Vertrags-/Darlehensangebot des Darlehensnehmers, das alle Vertragsbedingungen enthält, - im Original oder in Abschrift - mit der Annahmeerklärung der Bank sowie die Finanzierungsbedingungen
14 und die Informationen zu Fernabsatzverträgen (§ 312c BGB, § 1 BGB InfoV)
15erhalten hat, jedoch nicht vor dem Tag des Vertragsschlusses.
16Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
17Adressat des Widerrufs
18(…)
19Der Darlehensnehmer kann den Widerspruch auch unter Verwendung der E-Mail Adresse Widerruf@#######.de senden.
20Widerrufsfolgen
21(…)
22Der nachfolgende Hinweis ist nur einschlägig, wenn ein verbundenes Geschäft vorliegt.
23Verbundene Geschäfte
24Widerruf der Darlehensnehmer diesen Darlehensvertrag, mit dem er seine Verpflichtungen aus einem anderen Vertrag finanziert, so ist er auch an den anderen Vertrag nicht gebunden, wenn beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. (…)
25Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder eines grundstücksgleichen Rechts ist eine wirtschaftliche Einheit nur anzunehmen, wenn die E Bank selbst das Grundstück oder das grundstücksgleiche Recht verschafft oder wenn die E Bank über die Zurverfügungstellung von Darlehen hinausgeht und das Grundstücksgeschäft des Darlehensnehmers durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördert, indem sie sich dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu eigen macht, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projektes Funktionen des Veräußerers übernimmt oder den Veräußerer einseitig begünstigt (…).
26Ziffer 27 der Finanzierungsbedingungen, die Anlage zu dem Darlehensvertragsangebot waren (Anlage B1, Bl. ## ff. d.A.), enthält die Aussage, dass Personen, die den Darlehensvertrag vermitteln oder bei der Vertragsabwicklung tätig werden, weder Vertreter noch Erfüllungsgehilfen der Bank seien und eine Haftung der Bank für diese Personen ausgeschlossen sei.
27Die Beklagte nahm den Darlehensantrag mit Schreiben vom 14.08.2009 (Anlagen B3, B4, Bl. ## ff. d.A.) an.
28Als die Klägerin und ihr Ex-Mann im Jahre 2013 in die Immobilie veräußern wollten, verlangte die Beklagte eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 11.492,72 EUR. Die Beklagte übersandte der Klägerin und ihrem Ehemann unter dem 21.05.2014 einen Vertragsentwurf über die vorzeitige Vertragsaufhebung (Bl. #d d.A.), den die Klägerin und ihr Ehemann letztlich zwar unterzeichneten und die darin geforderte Zahlung leisteten, vorab jedoch anwaltlich mit Schreiben vom 08.07.2013 mitteilen ließen, dass sie sich vorbehalten, die Vorfälligkeitsentschädigung zurückzufordern (Bl. #b d.A.).
29Herr H hat der Klägerin seinen Anspruch gegen die Beklagte in Bezug auf einen einbehaltenen Betrag von 11.492,72 EUR mit Vereinbarung vom 17.09.2013 abgetreten.
30Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 02.09.2014 ließ die Klägerin während des laufenden Prozesses über die Rückforderung der Vorfälligkeitsentschädigung den Widerruf des Darlehensvertrages erklären.
31Die Klägerin behauptet, sie sei über Herrn I, ihren heutigen Lebensgefährten, in Kontakt zu Herrn L gelangt, der als Finanzierungsmittler vor Ort gewesen sei und zunächst einen Bausparvertrag angeboten habe. In diesem Gespräch habe die Klägerin erwähnt, dass sie ihr Haus nicht mehr halten könne und mit dem Gedanken spiele, es zu verkaufen. Herr L habe angegeben, dass es die Möglichkeit einer Umfinanzierung gebe, welche die monatliche Belastung senken würde. Die Klägerin sei mit ihrem Ex-Mann übereingekommen, dass eine Umfinanzierung sinnvoll sei, damit die Kinder bis zum Ende der Schulausbildung im Haus wohnen könnten. Die Schulausbildung des jüngeren Sohnes sei für das Jahr 2013 angestrebt gewesen. Herr L sei bei Abschluss des Vertrages mehrfach gefragt worden, ob eine Vorfälligkeitsentschädigung anfalle, wenn der Vertrag im Jahre 2013 durch die Veräußerung der Immobilie vorzeitig getilgt werde, was Herr L verneint habe. Als man dann bei Abschluss des Vertrages in X zusammen am Tisch gesessen habe, habe Herr H nochmals angesprochen, dass eine Vorfälligkeitsentschädigung nicht zu zahlen sei, was Herr L, der über die gesamten persönlichen Umstände und den beabsichtigten Verkauf informiert gewesen sei, bestätigt habe. Die Klägerin ist der Ansicht, aufgrund dieser Vereinbarung seien sie und ihr Ex-Mann nicht verpflichtet gewesen, eine irgendwie geartete Vorfälligkeitsentschädigung zu leisten, zumal der Darlehensvertrag lediglich der Zwischenfinanzierung gedient habe.
32Die Klägerin ist darüber hinaus der Ansicht, der im Prozess erklärte Widerruf des Darlehensvertrages sei noch möglich gewesen, da die Widerrufsklausel unwirksam sei. Diese entspreche nicht dem gesetzlichen Muster und weise eine Reihe von Mängeln auf. Das Widerrufsrecht sei in seiner Form nicht deutlich hervorgehoben gewesen. Für den Beginn der Widerrufsfrist sei nicht ausreichend dargestellt worden, ob für den Lauf der Frist der Tag des Erhalts der Widerrufsklausel mitzähle oder nicht und der Textzusatz „jedoch nicht vor dem Tag des Vertragsschlusses“ sei unklar und intransparent, weil nicht offen hervortrete, ob der Tag des Abschlusses mitzählen soll oder nicht, was einen Verstoß gegen § 187 Abs. 1 BGB darstelle. Im Rahmen der Mitteilung, dass ein Widerruf auch unter Verwendung der E-Mail-Adresse erfolgen kann, sei fälschlicherweise der Begriff „Widerspruch“ verwendet worden. Zudem könne der Verbraucher nicht entscheiden, ob die Hinweise für ein verbundenes Geschäft einschlägig seien; der Darlehensgeber müsse deutlich aufführen, ob ein verbundenes Geschäft vorliegt oder nicht, ansonsten sei die Widerrufsklausel intransparent.
33Die Klägerin rügt zudem, dass die Berechnungsgrundlagen der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung von der Beklagten nicht angegeben worden seien und deswegen eine intransparente Berechnung vorliege; der Betrag sei bei weitem übersetzt.
34Die Klägerin beantragt,
351.
36die Beklagte zu verurteilen, an sie 11.492,72 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit 01.10.2013 zu bezahlen.
372.
38die Beklagte zu verurteilen, vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 837,52 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
39Die Beklagte beantragt,
40die Klage abzuweisen.
41Die Beklagte bestreitet den Zweck der Darlehensaufnahme und die geführten Gespräche mit Nichtwissen. Sie wisse nur, dass das streitgegenständliche Darlehen – was an sich unstreitig ist - dazu gedient habe, ein Darlehen der M, drei Darlehen der Q Bank und vier Darlehen der Beklagten abzulösen. Die Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt die Zusage gegeben, bei einem späteren Verkauf des Hauses auf eine Vorfälligkeitsentschädigung zu verzichten. Es sei nicht ansatzweise ersichtlich, warum die Beklagte sich etwaige Zusagen des Herrn L zurechnen lassen müsse. Weder die O GmbH noch die D GmbH habe die Befugnis, die Beklagte zu vertreten oder sonstige Erklärungen für die Beklagte abzugeben oder Darlehenszusagen zu machen; dies sei in den Finanzierungsbedingungen auch ausdrücklich klargestellt. Es sei auch schwer vorstellbar, dass ein Finanzierungsberater derartige Zusagen mache. Ebenfalls sei es verwunderlich, dass sich die Klägerin und ihr Ehemann die angebliche Zusage nicht haben schriftlich bestätigen lassen.
42Die Beklagte ist der Ansicht, ein Widerruf des Darlehensvertrages sei nicht mehr möglich gewesen. Blatt 5 des Darlehensantrags vom 11.08.2009 zeige, dass die Darlehensnehmer deutlich und unübersehbar auf ihr Widerrufsrecht hingewiesen worden seien. Die Darstellung des Beginns der Widerrufsfrist verstoße auch nicht gegen § 187 Abs.1 BGB. Vielmehr entspreche sie dem Wortlaut des §§ 355 Abs. 2 S. 3 BGB, dessen Voraussetzungen hier – was an sich unstreitig ist – auch erfüllt gewesen seien. Dem Gesetz sei nicht zu entnehmen, dass die Frist, sollte die Belehrung vor Vertragsschluss erfolgt sein, erst nach Vertragsschluss zu laufen beginne und darüber zu belehren wäre. Die Verwendung des Wortes „Widerspruch“ sei unschädlich, da aufgrund des übrigen Textes unzweifelhaft deutlich werde, dass es in dem Hinweis um den „Widerruf“ gehe. Auf Blatt 6 des Darlehensvertrages sei auch unmissverständlich erläutert, wann eine wirtschaftliche Einheit als Voraussetzung eines verbundenen Geschäfts vorliege, so dass der durchschnittliche Verbraucher problemlos erkennen könne, dass der Abschluss des streitgegenständlichen Darlehensvertrages kein verbundenes Geschäft darstellt.
43Die Beklagte ist der Ansicht, ein Widerrufsrecht sei auch aufgrund der Abgeltungsklausel in der Vertragsaufhebungsvereinbarung vom 21.05.2013 ausgeschlossen. Ein Widerruf könne ohnehin nur in einem bestehenden Vertragsverhältnis und nicht bei erloschenen Vertragsverhältnissen erfolgen. Darüber hinaus sei die Ausübung eines Widerrufsrechts auch rechtsmissbräuchlich und verwirkt, weil im Zeitpunkt der Widerrufserklärung der Vertragsschluss mehr als fünf Jahre zurück lag und das Darlehen bereits aufgrund der Vereinbarung vom 21.05.2013 zurückgezahlt wurde.
44Im Hinblick auf die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung legt die Beklagte umfassend dar, wie sie zu der errechneten Summe gekommen ist (Bl. ## ff. d.A und Anlage B5, Bl. ## ff. d.A.).
45Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 24.09.2014 Bezug genommen.
46Entscheidungsgründe:
47Die zulässige Klage ist unbegründet.
48Der Klägerin steht aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Rückforderung der Vorfälligkeitsentschädigung zu.
49Der Beklagten stand aufgrund der vorzeitigen Vertragsablösung nach § 490 Abs. 2 S. 3 BGB ein Anspruch auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung zu. Gegen die Höhe der abgerechneten Vorfälligkeitsentschädigung hat die Klägerin, nachdem die Beklagte im Prozess ihre Berechnungsmethode, die sich an den Vorgaben des Bundesgerichtshofs orientiert, genau offengelegt hat, auch keine substantiierten Einwendungen mehr erhoben, so dass die Anspruchshöhe als zugestanden gilt.
50Ein Ausschluss des Anspruchs der Beklagten aufgrund einer Verzichtsvereinbarung im Jahre 2009 ist von der Klägerin nicht schlüssig vorgetragen worden. Die Vermittlung des Darlehens erfolgte unstreitig über einen selbständigen Finanzierungsvermittler, der regelmäßig keine Vertretungsmacht für die Geschäfte einer Bank besitzt. Die für eine solche Verzichtsvereinbarung beweisbelastete Klägerin hat auch nicht dargelegt und unter Beweis gestellt, dass und weswegen der Vermittler hier ausnahmsweise für Zusagen im Namen der Beklagten bevollmächtigt gewesen sein sollte.
51Der Klägerin steht wegen etwaiger falscher Zusagen des Finanzierungsvermittlers auch kein Schadensersatzanspruch zu, den sie der Forderung einer Vorfälligkeitsentschädigung entgegenhalten könnte. Denn nach dem Klagevortrag ist nicht ersichtlich, weswegen der Finanzierungsvermittler als Erfüllungsgehilfe der Beklagten i.S.v. § 278 BGB einzustufen sein sollte, dessen Pflichtverletzungen die Beklagte sich zurechnen lassen müsste. Erfüllungsgehilfe ist, wer mit Wissen und Wollen einer anderen Person in deren Pflichtenkreis tätig wird (Palandt, BGB, 72. Aufl., § 278 Rz. 7 m.w.N.). Denn § 278 BGB setzt voraus, dass sich jemand einer anderen Person zur Erfüllung seiner Verbindlichkeitenbedient. Hier liegen nach dem Klagevortrag aber keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass Herr L mit Wissen und Wollen der Beklagten tätig wurde, zumal er Mitarbeiter eines selbständigen Finanzberatungsunternehmens war und sich – nach dem insoweit unwidersprochen gebliebenen Beklagtenvortrag – an ein weiteres selbständiges Vermittlungsunternehmen gewandt hatte. Sein Handeln dürfte deshalb ausschließlich im Auftrag und Interesse der Klägerin und ihres Ehemannes erfolgt sein und nicht der Beklagten zuzurechnen sein. Die der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 24.09.2014 gesetzte Frist zur Ergänzung ihres Sachvortrags ist fruchtlos verstrichen.
52Darüber hinaus wäre auch nicht ersichtlich, welcher konkrete Schaden durch eine entsprechende Pflichtverletzung entstanden sein sollte, da ein Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Angaben bei Vertragsschluss nach § 280 BGB nur auf das sog. negative Interesse und nicht auf das sog. positive Interesse in Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung gerichtet sein könnte.
53Der Klägerin stand am 02.09.2014 auch kein Recht zum Widerruf des Darlehensvertrages mehr zu. Die Widerrufsbelehrung begegnet in ihrer optischen und inhaltlichen Gestaltung keinen durchgreifenden Bedenken, so dass der Klägerin lediglich eine zweiwöchige Widerrufsfrist zustand. Die maßgebliche Widerrufsbelehrung, die sich auf den Seiten 5 und 6 des Darlehensantrages mit fettgedruckten Überschriften in einem separaten Kasten befindet, in welchem gesonderte Unterschriften der Darlehensnehmer erfolgen mussten, ist optisch deutlich genug hervorgehoben worden und genügt den Anforderungen des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB (in der Fassung 2004-2010). Der Beginn der Widerrufsfrist ist nach Auffassung des Gerichts auch hinreichend erläutert worden, weil er exakt den gesetzlichen Vorgaben des § 355 Abs. 2 S. 3 BGB (in der Fassung 2004-2010) entspricht, wobei der letzte Spiegelstrich und der Zusatz „nicht vor dem Tag des Vertragsschlusses“ auf § 312d Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 BGB (in der Fassung ab dem 29.07.2009) zurückgehen, da der Vertragsschluss im Wege eines Fernabsatzgeschäftes i.S.v. § 312 d BGB erfolgte. Entgegen der Auffassung der Klägerin erforderte § 355 Abs. 1 und Abs. 3 BGB (in der Fassung 2004-2010) keine weitergehenden Erläuterungen zum Tag des Fristbeginns unter Berücksichtigung der Regelung des § 187 BGB. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Hinweis auf § 187 BGB nicht erforderlich, vielmehr genügt es, wenn die Widerrufsbelehrung zutreffend und unzweideutig das Ereignis benennt, das nach dem Gesetz den Lauf der Frist auslöst, und dazu den Gesetzeswortlaut zitiert (BGH, Urteil v. 05.11.1997 – VIII ZR 351/96, BGHZ 137, 115 ff. zum damaligen VerbrKrG), was hier geschehen ist. Darüber hinaus begegnet auch die einmalige Verwendung des Wortes „Widerspruch“ keinen Bedenken, da aus der dazugehörigen Überschrift und dem Gesamtkontext der Angaben auf Seite 5 des Darlehensvertrages unmissverständlich hervorgeht, dass hier Aussagen zu einem Widerrufsrecht getroffen werden. Ebenso wenig kann beanstandet werden, dass die Belehrung vorsorglich Angaben für verbundene Geschäfte beinhaltet. Aufgrund der ausführlichen Erläuterungen dazu, wann eine wirtschaftliche Einheit und ein verbundenes Geschäft vorliegen, die sogar in Fettdruck hervorgehoben sind, war die Belehrung hinreichend transparent und nicht geeignet, bei einem Verbraucher einen Irrtum über den Umfang und die Folgen seines Widerrufsrechts hervorzurufen.
54Da nach dem unwidersprochenen Beklagtenvortrag alle Voraussetzungen des § 355 Abs. 2 S. 3 BGB (in der Fassung 2004-2010) erfüllt waren und der Darlehensantrag nebst Anlagen auch den Anforderungen des § 312c BGB (in der Fassung 2004-2010) i.V.m. Art. 240 EGBGB und § 1 InfoV (in der Fassung 2004 – 2010) genügt, ist das Widerrufsrecht der Klägerin bereits im Jahre 2009 erloschen.
55Die Entscheidungen über die Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.
56Streitwert: 11.492,72 €.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 5. November 2014 (3 O 278/14) wird gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das angefochtene Urteil und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
1
Gründe:
2I.
3Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 522 Abs. 2 S. 4 ZPO in Verbindung mit § 522 Abs. 3 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.
4II.
51. Die Berufung unterliegt der Zurückweisung nach § 522 Abs. 2 ZPO.
6a) Die Berufung der Klägerin ist nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich unbegründet. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf seine Ausführungen im Hinweisbeschluss vom 23. März 2015, denen die Klägerin nicht mehr entgegengetreten ist.
7b) Wie ebenfalls im Hinweisbeschluss ausgeführt, hat die Sache auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil.
8c) Schließlich erscheint auch eine mündliche Verhandlung angesichts des gegebenen Sach- und Streitstands und der relevanten rechtlichen Fragen nicht geboten, so dass die Berufung - wie bereits im Beschluss vom 23. März 2015 angekündigt – gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen ist.
9d) Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 Satz 2 in Verbindung mit § 713 ZPO.
102. Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 11.492,72 €
11festgesetzt.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt ist. In Musterfeststellungsklagen nach Buch 6 der Zivilprozessordnung und in Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen.
(2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über eine Million Euro angenommen werden.
(3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
BUNDESGERICHTSHOF
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Februar 2017 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Joeres und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Dauber
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Die aus eigenem Recht eingelegte Gegenvorstellung der Verkehrsanwälte der Kläger gibt keinen Anlass, den Streitwert heraufzusetzen.
- 2
- Zwar ist die Gegenvorstellung in entsprechender Anwendung des § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG, § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG statthaft und auch innerhalb der analog geltenden sechsmonatigen Frist des § 68 Abs. 1 Satz 3, § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG eingelegt worden.
- 3
- Sie ist aber unbegründet. Für die Bewertung des Streitwerts sind die Grundsätze maßgeblich, die der Senat in dieser Sache mit Beschluss vom 12. Januar 2016 (XI ZR 366/15, WM 2016, 434 Rn. 4 ff.) aufgestellt hat. Der Streitwert bestimmt sich demgemäß nach den Zins- und Tilgungsleistungen, die die Kläger auf die in Streit stehenden Verträge bis zum Widerruf vom 20. Juni 2014 erbracht haben. Dies sind die Verträge mit den Nummern 005 … , 015 … und 055 … . Allein über die Rückabwicklung dieser Verträge haben die Vorinstanzen, was der Senat durch Auslegung selbst bestimmen kann (Senatsurteil vom 16. März 1999 - XI ZR 209/98, NJW-RR 1999, 1006 unter II. 2; BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 559/14, NJW 2016, 3244 Rn. 29), erkannt. Die Zins- und Tilgungsleistungen belaufen sich auf insgesamt 137.388,66 €, so dass der Streitwert wie geschehen auf bis 140.000 € festzusetzen war.
- 4
- Anders als von den Verkehrsanwälten der Kläger beantragt, besteht auch kein Anlass, den Streitwert der Vorinstanzen gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG abzuändern (BGH, Beschlüsse vom 17. März 2015 - II ZR 391/13, juris Rn. 1 ff. und vom 8. Oktober 2015 - I ZB 10/15, juris Rn. 1).
LG Stuttgart, Entscheidung vom 13.02.2015 - 8 O 278/14 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 21.07.2015 - 6 U 41/15 -
Tenor
1.
Die Klage wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Rechtsstreits nach einem Streitwert von bis zu 95.000,00 € bis zum 28.04.2016, von bis zu 380.000,00 € bis zum 17.05.2016 und von bis zu 95.000,00 € seitdem tragen die Kläger.
3.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Kläger verlangen mit der vorliegenden Klage die Rückabwicklung zweier Verbraucherdarlehensverträge nach erklärtem Widerruf.
3Zur Finanzierung des Erwerbs einer eigengenutzten Doppelhaushälfte in F schlossen die Kläger mit der Beklagten am 12.08./17.08.2009 einen Wohnungsbau-Darlehensvertrag zur Hauptdarlehensnummer ########## über einen Nennbetrag von 171.000,00 € bei einer Festzinsperiode bis zum 30.09.2019 und einem anfänglichen effektiven Jahreszins von 4,58 % (Anlagenkonvolut B2).
4Die Seiten 5/17, 6/17 (diese beiden Seiten enthalten eine Widerrufsbelehrung) und 7/17 des Darlehensantrages haben folgenden Inhalt (Kopien aus dem Anlagenkonvolut K1):
5An dieser Stelle befindet sich eine Widerrufsbelehrung.
6Ferner schlossen die Kläger mit der Beklagten am 31.08./02.09.2009 einen Darlehensvertrag über Finanzierungsmittel aus dem KfW-Wohneigentumsprogramm zur Hauptdarlehensnummer ########## über einen Nennbetrag von 100.000,00 € bei einer Festzinsperiode (ebenfalls) bis zum 30.09.2019 und einem anfänglichen effektiven Jahreszins von 4,42 % (Anlagenkonvolut B4).
7Dieser Vertrag enthielt in separater Anlage auf Blatt 7 bis Blatt 9 die nachfolgend wiedergegebene Widerrufsbelehrung (Kopien aus dem Anlagenkonvolut K1):
8An dieser Stelle befindet sich eine weitere Widerrufsbelehrung.
9Mit Schreiben vom 10.06.2015 (Anlage K2) erklärten die Kläger den Widerruf ihrer auf Abschluss der beiden oben bezeichneten Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen. Den Widerruf wies die Beklagte mit Schreiben vom 26.08.2015 (Anlage K4) zurück.
10Die Kläger sind der Ansicht, dass die von der Beklagten verwendeten Widerrufsbelehrungen nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprächen, weshalb der Lauf der Widerrufsfrist jeweils nicht in Gang gesetzt worden sei.
11Ursprünglich – mit der Klageschrift vom 16.09.2015 – haben die Kläger beantragt:
12- 13
1. Es wird festgestellt, dass die Kläger aus dem Darlehensvertrag vom 17.08.2009 mit der Nummer ########## aufgrund des Widerrufs vom 10.06.2015 nur noch die Zahlung eines Betrages in Höhe von 152.411,88 € schulden.
- 15
2. Es wird festgestellt, dass die Kläger aus dem Darlehensvertrag mit der Nummer ########## aufgrund des Widerrufs vom 10.06.2015 nur noch die Zahlung eines Betrages von 89.825,95 € schulden.
- 17
3. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien geschlossene Darlehensvertragsverhältnis mit der Nummer ########## über den Darlehensbetrag in Höhe von 171.000,00 € durch Widerruf vom 10.06.2015 in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt wurde.
- 19
4. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien geschlossene Darlehensvertragsverhältnis mit der Nummer ########## über den Darlehensbetrag in Höhe von 171.000,00 € durch Widerruf vom 10.06.2015 in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt wurde.
Mit Schriftsatz vom 25.04.2016 haben die Kläger ihre Anträge wie folgt geändert bzw. erweitert:
21- 22
1. Es wird festgestellt, dass die Kläger aus dem Darlehensvertrag vom 17.08.2009 mit der Nummer ########## aufgrund des Widerrufs vom 10.06.2015 nur noch die Zahlung eines Betrages in Höhe von 153.205,48 € schulden.
- 24
2. Es wird festgestellt, dass die Kläger aus dem Darlehensvertrag mit der Nummer ########## aufgrund des Widerrufs vom 10.06.2015 nur noch die Zahlung eines Betrages von 89.627,58 € schulden.
- 26
3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rückabwicklung des Darlehensvertrages mit der Nummer ########## in Verzug befindet.
- 28
4. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rückabwicklung des Darlehensvertrages mit der Nummer ########## in Verzug befindet.
- 30
5. Die Beklagte zu verurteilen, den Klägern eine löschungsfähige Quittung nach den §§ 1192 Abs. 1, 1168 BGB für die im Grundbuch von B des Amtsgerichts K, Band 84, Blatt 2597, Flur 6, Flurstück 543/2 eingetragene Grundschuld über 271.000,00 € zu erteilen Zug-um-Zug gegen Zahlung in Höhe von 242.833,06 €.
- 32
6. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger, die nach der Widerrufserklärung auf den Darlehensvertrag ########## geleisteten monatlichen Darlehensraten in Höhe von 779,48 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz jeweils seit dem 01.07.2015, dem 01.08.2015, dem 01.09.2015, dem 01.10.2015, dem 01.11.2015, dem 01.12.2015, dem 01.01.2016, dem 01.02.2016, dem 01.03.2016 und seit dem 01.04.2016 zurückzugewähren.
- 34
7. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger, die nach der Widerrufserklärung auf den Darlehensvertrag ########## geleisteten vierteljährlichen Darlehensraten in Höhe von 1.411,77 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz jeweils seit dem 01.07.2015, dem 01.10.2015, dem 01.01.2016 und seit dem 01.04.2016 zurückzugewähren.
- 36
8. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB aus einem Betrag in Höhe von 83.491,50 € seit dem 11.06.2015 bis zum Zeitpunkt der Rückzahlung der Darlehensvaluta zu zahlen.
Auf entsprechenden Hinweis des Gerichts mit Verfügung vom 02.05.2016 (Bl. 118 f. d.A.) haben die Kläger mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 13.05.2016 (Bl. 123 d.A.) den vorstehenden Klageantrag zu Ziff. 5. zurückgenommen.
38Die Kläger beantragen nunmehr (unter erneuter Antragsumstellung mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 13.06.2016, dort S. 2 f. = Bl. 135 f. d.A.):
39- 40
1. Es wird festgestellt, dass Klägerseite an die Beklagte aus dem Darlehensvertrag vom 12.08.2009 mit der Darlehensnummer ########## über ursprünglich 171.000,00 € zum Stichtag 01.07.2015 aufgrund des wirksam erklärten Widerrufs keinen über einen Betrag in Höhe von 153.476,03 € hinausgehenden Betrag zu zahlen hat.
- 42
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rückabwicklung der streitgegenständlichen Darlehensverträge in Verzug befindet.
Hilfsweise:
44Es wird festgestellt, dass die Beklagte zum Stichtag 01.07.2015 ihren Anspruch auf Verzinsung der noch offenen Valuta verloren hat.
45- 46
3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite aus einem Betrag in Höhe von 53.004,64 € Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB für die Zeit zwischen dem 01.07.2015 bis zum Zeitpunkt der Rückzahlung der Darlehensvaluta zu zahlen.
- 48
4. Es wird festgestellt, dass die Klägerseite für jede Zahlung, die die Klägerseite an die Beklagte ab dem 01.07.2015 vornimmt, Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB für die Zeit zwischen dem Datum der Anweisung der Zahlung und der Rückführung des Darlehens zu zahlen hat.
- 50
5. Es wird festgestellt, dass Klägerseite an die Beklagte aus dem Darlehensvertrag vom 31.08.2009 mit der Darlehensnummer ########## über ursprünglich 100.000,00 € zum Stichtag 01.07.2015 aufgrund des wirksam erklärten Widerrufs keinen über einen Betrag in Höhe von 89.780,57 € hinausgehenden Betrag zu zahlen hat.
- 52
6. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rückabwicklung der streitgegenständlichen Darlehensverträge in Verzug befindet.
Hilfsweise:
54Es wird festgestellt, dass die Beklagte zum Stichtag 01.07.2015 ihren Anspruch auf Verzinsung der noch offenen Valuta verloren hat.
55- 56
7. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite aus einem Betrag in Höhe von 30.486,86 € Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB für die Zeit zwischen dem 01.07.2015 bis zum Zeitpunkt der Rückzahlung der Darlehensvaluta zu zahlen.
- 58
8. Es wird festgestellt, dass die Klägerseite für jede Zahlung, die die Klägerseite an die Beklagte ab dem 01.07.2015 vornimmt, Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB für die Zeit zwischen dem Datum der Anweisung der Zahlung und der Rückführung des Darlehens zu zahlen hat.
- 60
9. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von 4.541,99 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit für die außergerichtliche anwaltliche Rechtsverfolgung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
62die Klage abzuweisen.
63Sie ist der Ansicht, dass der Widerruf der Kläger verfristet sei. Ferner hält die Beklagte das Widerrufsrecht für verwirkt und wendet überdies eine unzulässige Rechtsausübung bzw. Rechtsmissbrauch ein.
64Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
65Entscheidungsgründe:
66I.
67Die Klage ist zulässig, wobei das Gericht die zuletzt gestellten Anträge (Schriftsatz vom 13.06.2016, dort S. 2 f. = Bl. 135 f. d.A.) zu Ziff. 2. und 6. (wortidentisch) sowie zu Ziff. 4. und 8. (ebenfalls wortidentisch) bei verständiger Würdigung dahingehend auslegte, dass der Antrag zu Ziff. 6. (der beide Darlehensverträge betrifft) nicht (doppelt) gestellt sein soll und die Anträge zu Ziff. 4. und 8. um den jeweils betroffenen Darlehensvertrag (zu 4.: mit der Nummer ##########, zu 8.: mit der Nummer ##########) zu ergänzen sind.
68Die – so verstandene – Klage ist jedoch unbegründet.
691.
70Den Klägern steht kein Anspruch auf Rückzahlung erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen Zug um Zug gegen Rückgewähr empfangener Nettokreditbeträge gemäß §§ 346, 357 BGB a.F. zu. Ein wirksamer Widerruf der auf Abschluss der beiden Darlehensverträge (d.h. des Wohnungsbau-Darlehensvertrages zur Hauptdarlehensnummer ########## sowie des Darlehensvertrages über Finanzierungsmittel aus dem KfW-Wohneigentumsprogramm zur Hauptdarlehensnummer ##########) gerichteten Willenserklärungen liegt nicht vor.
71Zwar stand den Klägern im Zusammenhang mit dem Abschluss der beiden Darlehensverträge ein Widerrufsrecht nach Maßgabe der §§ 495, 355 Abs. 1 S. 2 u. Abs. 2 S. 1 u. S. 3 BGB a.F. zu. Der mit Schreiben der Kläger vom 10.06.2015 erklärte Widerruf entfaltet allerdings keine Wirkung, da die Frist des § 355 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. im Zeitpunkt der Absendung der Widerrufserklärung bereits längst abgelaufen war.
72Die von der Beklagten in beiden Darlehensverträgen verwendeten Widerrufsbelehrungen genügen in ihrer (optischen und) inhaltlichen Gestaltung den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB i.d.F. vom 08.12.2004 bis 10.06.2010.
73Die beiden Widerrufsbelehrungen unterscheiden sich nur marginal, nämlich wie folgt:
74- eingerahmt (Hauptdarlehen)/nicht eingerahmt (KfW-Darlehen),
75- Unterschiede in der optischen Gestaltung,
76- (Haupt-)Überschrift: WIDERRUFSRECHT/WIDERRUFSBELEHRUNG,
77- Unterstreichung des Worts „beiderseits“/fehlende Unterstreichung.
78Dass die Belehrung zum Hauptdarlehensvertrag die im Muster nicht vorgesehene Überschrift „WIDERRUFSRECHT“ trägt, ist unschädlich. Die Überschrift befindet sich außerhalb des eigentlichen Textes der Belehrung, ist somit nicht Teil der Widerrufsbelehrung selbst (vgl. BGH, Urt. v. 09.11.2011 – I ZR 123/10 – NJW 2012, 1814, 1816, Rn. 25).
79Soweit die Kläger meinen, dass der Kasten „Verbindlichkeit dieses Antrages/Bindefrist“ auf S. 7/17 des Hauptdarlehensvertrages verwirrende Angaben enthalte, dringen sie damit nicht durch. Denn diese Textpassage befindet sich nicht in der – die Seiten 5/17 und 6/17 der Vertragsurkunde umfassenden – Widerrufsbelehrung, sondern auf der darauffolgenden Seite 7/17.
80Die übrigen Beanstandungen betreffen beide Belehrungen gleichermaßen. Diese lassen die Belehrungen nicht falsch erscheinen. Im Einzelnen:
81a. Verwendung des Wortes „Widerspruch“
82Die einmalige Verwendung des Wortes „Widerspruch“ am Ende des mit der Überschrift „Adressat des Widerrufs“ eingeleiteten Absatzes begegnet keinen Bedenken, da aus der dazugehörigen Überschrift und dem Gesamtkontext der Belehrung unmissverständlich hervorgeht, dass hier Aussagen zu einem Widerrufsrecht getroffen werden (vgl. Urt. dieser Kammer v. 20.05.2016 – 3 O 199/15 – BeckRS 2016, 10061; OLG Celle, Hinweisbeschl. v. 23.03.2015 – 3 U 20/15 – abrufbar auf der Homepage der Beklagtenvertreter, dort unter Ziff. I.3. der Gründe = S. 7; LG Bonn, Urt. v. 09.11.2015 – 17 O 136/15 – BeckRS 2016, 05454; Urt. v. 05.11.2014 – 3 O 278/14 – BeckRS 2015, 07086; LG Lübeck, Urt. v. 31.10.2014 – 3 O 288/13 – zit. nach juris, Rn. 30).
83b. Einfügung von im Muster nicht vorgesehenen Zwischenüberschriften
84Auch die Einfügung der im Muster (Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV i.d.F. v. 04.08.2009 bis 10.06.2010) nicht vorgesehenen Zwischenüberschriften („Form des Widerrufs“, „Beginn der Widerrufsfrist“, „Adressat des Widerrufs“) ist unschädlich. Dies stellt zwar eine inhaltliche Abweichung vom Muster dar (vgl. dazu: LG Essen, Urt. v. 17.09.2015 – 6 O 190/15 – BeckRS 2016, 05983), begründet aber keinen Verstoß gegen § 355 Abs. 2 BGB a.F.
85c. Belehrung zum Beginn der Widerrufsfrist
86Die Belehrung zum Beginn der Widerrufsfrist ist nicht zu beanstanden (vgl. im Einzelnen hierzu: OLG Celle, a.a.O., dort unter Ziff. I.1. der Gründe = S. 5 f.; LG Köln, Urt. v. 05.08.2010 – 15 O 601/09 – zit. nach juris, Rn. 21-23; bestätigt durch OLG Köln, Beschl. v. 17.12.2010 – 13 U 176/10 – zit. nach juris). Das von den Klägervertretern auf S. 7-9 der Klageschrift zitierte Urteil des Bundesgerichtshofes vom 10.03.2009 (Az.: XI ZR 33/08; NJW 2009, 3572) ist nicht einschlägig: Dort ging es um das Angebot der Bank, während es vorliegend in der Widerrufsbelehrung um das Angebot der Kläger als Darlehensnehmer geht.
87d. fehlender Satz am Ende des Abschnitts „Widerrufsfolgen“
88Dass die Beklagte den Satz aus der Musterbelehrung „Die Frist beginnt für Sie mit der Absendung Ihrer Widerrufserklärung, für uns mit deren Empfang.“ in die streitgegenständlichen Belehrungen nicht aufgenommen hat, ist ebenfalls unschädlich (vgl. LG Bonn, Urt. v. 09.11.2015, a.a.O.).
89e. überflüssige Belehrung zu verbundenen Geschäften
90Dass die Widerrufsbelehrungen vorsorglich Angaben für verbundene Geschäfte beinhalten, ist unschädlich. Diese Angaben – mögen sie im Streitfall auch überflüssig sein – sind jedenfalls nicht geeignet, bei einem Verbraucher einen Irrtum über den Umfang und die Folgen seines Widerrufsrechts hervorzurufen. Aufgrund der jeweils ausführlichen Erläuterungen dazu, wann eine wirtschaftliche Einheit und ein verbundenes Geschäft vorliegen, die sogar in Fettdruck hervorgehoben sind, war die Belehrung hinreichend transparent (vgl. Urt. dieser Kammer v. 25.09.2015 – 3 O 66/15 – BeckRS 2015, 17470; Urt. dieser Kammer v. 20.05.2016, a.a.O.; LG Bonn, Urt. v. 05.11.2014 – 3 O 278/14 – BeckRS 2015, 07086; bestätigt durch OLG Köln, Hinweisbeschl. v. 23.03.2015 – 13 U 168/14 – BeckRS 2015, 08374; LG Bonn, Urt. v. 09.11.2015, a.a.O.).
91f. fehlerhafte Belehrung zu verbundenen Geschäften
92Schließlich ist der von der Beklagten in beiden Belehrungen verwendete Satz „Steht dem Darlehensnehmer für das verbundene Geschäft ein gesetzliches Widerrufsrecht zu, so ist das Recht zum Widerruf des Darlehensvertrages ausgeschlossen.“ nicht zu beanstanden (vgl. LG Bonn, Urt. v. 09.11.2015, a.a.O.).
93g. Hinweise zum gesonderten Widerrufsrecht bei mehreren Darlehensnehmern
94Die Belehrungen sind auch nicht deswegen inhaltlich fehlerhaft, weil die Beklagte beide Darlehensnehmer als Adressaten der Belehrung in das Formular aufgenommen und Hinweise zum gesonderten Widerrufsrecht bei mehreren Darlehensnehmern erteilt hat. Zu der Frage, wie bei mehreren Darlehensnehmern zu verfahren ist, macht die Musterbelehrung keine Vorgaben. Die Beklagte war daher frei, ob sie für jeden der Darlehensnehmer gesonderte Belehrungen fertigt oder den Darlehensnehmern jeweils ein Exemplar überlässt, das sich an beide richtet (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 20.05.2014 – 6 U 182/13 – abrufbar unter: http://docplayer.org/209784-Oberlandesgericht-stuttgart-im-namen-des-volkes-urteil.html, S. 9 f. der UA). Mithin war der Hinweis zum Widerruf bei mehreren Darlehensnehmern nicht geeignet, die Kläger von der Ausübung ihres Widerrufsrechts abzuhalten (vgl. LG Bonn, Urt. v. 12.11.2015 – 17 O 59/15 – BeckRS 2016, 05455 m.w.N.).
95h. fehlender Hinweis auf Fernabsatzgeschäft
96Soweit die Kläger schließlich geltend machen, die Widerrufsbelehrungen seien fehlerhaft, weil es sich vorliegend um ein Fernabsatzgeschäft handele und sich daraus ergebende Informationspflichten der Beklagten nicht erfüllt worden seien, so können sie auch damit nicht gehört werden, da kein Fernabsatzgeschäft vorliegt.
97Gemäß § 312b Abs. 1 BGB a.F. sind Fernabsatzgeschäfte Verträge über die Lieferung von Waren oder über die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich Finanzdienstleistungen, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen werden, es sei denn, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt. Hier sind die beiden Darlehensverträge nicht ausschließlich über die Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zustande gekommen. Zwar gab es zwischen den Klägern einerseits und der Beklagten andererseits zu keinem Zeitpunkt einen persönlichen Kontakt. Vielmehr fungierte die Firma „G OHG“ in Person von Herrn B nach dem unstreitigen Vorbringen der Parteien als Finanzierungsvermittlerin. Die Darlehensanträge wurden unstreitig von der Beklagten an die Vermittlerin gesandt, die die Unterschriften der Kläger einholte und die unterschriebenen Anträge an die Beklagte zurücksandte. Herr B war damit unstreitig als Vermittler, d.h. als Ansprechperson für die Kläger tätig. Schutzzweck des § 312b BG a.F. ist, dass der Verbraucher in der Praxis keine Möglichkeit hat, vor Abschluss des Vertrages das Erzeugnis zu sehen oder die Eigenschaften der Dienstleistung im Einzelnen zur Kenntnis zu nehmen. Diese Defizite sollen die Fernabsatzvorschriften ausgleichen. Ist eine zwischen Unternehmer und Verbraucher eingeschaltete Person in der Lage und damit beauftragt, dem Verbraucher in einem persönlichen Gespräch nähere Auskünfte über die angebotene Ware oder Dienstleistung zu geben, so kommt der Vertrag nicht ausschließlich über die Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zustande (vgl. BGH, Urt. v. 21.10.2004 – III ZR 380/03 – NJW 2004, 3699, 3700). Dies läuft auch nicht dem Schutzzweck zuwider, da den Klägern Herr B als Ansprechperson zur Verfügung stand (vgl. zum Ganzen auch: LG Köln, Urt. v. 05.08.2010, a.a.O.).
98Dass die Beklagte, obwohl im Streitfall keine Fernabsatzgeschäfte vorliegen, in beiden Belehrungen unter der jeweiligen Überschrift „Widerrufsfolgen“ den nur für Fernabsatzverträge über Dienstleistungen geltenden Gestaltungshinweis [6] aus der Musterwiderrufsbelehrung übernommen hat, macht die Belehrungen entgegen der Ansicht der Klägervertreter ebenfalls nicht inhaltlich fehlerhaft. Der Hinweis mag überflüssig sein; insoweit wird sinngemäß auf die oben unter e. gemachten Ausführungen verwiesen. Der Hinweis war jedenfalls aber nicht geeignet, bei einem Verbraucher einen Irrtum über den Umfang und die Folgen seines Widerrufsrechts hervorzurufen. Der Verweis der Klägervertreter auf das Urteil des OLG Frankfurt vom 08.02.2012 (Az.: 19 U 26/11; BeckRS 2012, 07271) verfängt schon deshalb nicht, weil es dort um eine sog. „frühestens“-Belehrung und die – vom OLG verneinte – Frage ging, ob das von der Bank verwendete Formular dem damals gültigen Muster vollständig entsprach. Vorliegend handelt es sich jedoch nicht um sog. „frühestens“-Belehrungen; Gradmesser für die inhaltliche Richtigkeit der Belehrungen ist folglich allein § 355 Abs. 2 BGB a.F.
99Da der von den Klägern im Jahre 2015 erklärte Widerruf nicht innerhalb der Widerrufsfrist erfolgt ist, kam es für die Entscheidung dieses Rechtsstreits auf Fragen der Verwirkung und/oder des Rechtsmissbrauchs nicht an.
1002.
101Die weiteren Klageanträge sind damit ebenfalls unbegründet.
102II.
103Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
104Den – endgültigen – Streitwert hat das Gericht gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. den §§ 3, 5 ZPO unter Abänderung der Streitwertfestsetzungen mit Beschlüssen vom 07.10.2015 (dort Festsetzung auf 271.000,00 € nach der Summe der Nettokreditbeträge, s. Bl. 18R d.A.) und vom 16.02.2016 (dort Festsetzung auf bis zu 260.000,00 € nach der Höhe der noch offenen Darlehensvaluten, s. Bl. 82 d.A.) festgesetzt. Für die Bemessung des Streitwerts sind zunächst die Leistungen maßgeblich, die die Kläger gemäß den §§ 346 ff. BGB beanspruchen zu können meinen, nämlich die bereits erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen, nicht dagegen, da es sich um eine Nebenforderung handelt, der Nutzungsersatz; bei der Schätzung des Wertes des klägerischen Interesses ist ein (Feststellungs-)Abschlag nicht vorzunehmen (vgl. BGH, Beschl. v. 12.01.2016 – XI ZR 366/15 – BeckRS 2016, 04425, Rn. 6 u. 12). Bei monatlichen Zins- und Tilgungsleistungen von 779,48 € auf den Hauptdarlehensvertrag ab dem 01.11.2009 (s. dazu Anlage K6 = Bl. 146 f. d.A.) sowie bei anfangs monatlichen (Zeitraum 01.11.2009 bis einschließlich 01.12.2010: 362,50 €) und ab dem 01.01.2011 vierteljährlichen Zins- und Tilgungsleistungen von 1.411,77 € auf den KfW-Vertrag (s. dazu Anlage K7 = Bl. 148 f. d.A.) errechnet sich danach bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der Klageeinreichung (vgl. KG, Beschl. v. 04.05.2016 – 26 W 18/16 – BeckRS 2016, 09289, Rn. 5 f.), hier also bis zum 01.10.2015, ein Betrag von 89.432,96 € (Hauptdarlehensvertrag: 72 Monate x 779,48 €/Monat = 56.122,56 €; KfW-Vertrag: 14 Monate x 362,50 €/Monat + 20 Quartale x 1.411,77 €/Quartal = 33.310,40 €). Dieser Wert (= bis zu 95.000,00 €) entspricht dem Streitwert bis zum 28.04. und seit dem 17.05.2016. Für den Zeitraum dazwischen war für den Streitwert nach der neuesten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. Beschl. v. 04.03.2016 – XI ZR 39/15 – BeckRS 2016, 05324, Rn. 4; vgl. ferner: OLG Koblenz, Beschl. v. 31.03.2016 – 8 W 143/16 – zit. nach juris, Rn. 5; LG Düsseldorf, Urt. v. 08.04.2016 – 8 O 258/15 – zit. nach www.nrwe.de, Rn. 80) der Nennwert der Grundschuld in Höhe von 271.000,00 € hinzuzurechnen (= bis zu 380.000,00 €).
105III.
106Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 u. S. 2 ZPO.