Landgericht Dortmund Urteil, 07. Sept. 2016 - 3 O 14/16
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin nach einem Streitwert von 50.000,00 €.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
1
Tatbestand
2Die Klägerin begehrt von der Beklagten mit der vorliegenden Klage die Rückzahlung eines Betrages in Höhe von 50.000,00 €.
3Mit zwei Gewerbesteuerhaftungsbescheiden jeweils vom 24.10.2011 machte die Beklagte gegenüber dem Steuerschuldner C3 Gewerbesteuern zweier Gesellschaften, deren Geschäftsführer C3 war, namentlich der C4 GmbH (Anlage K 1) in Höhe von 1.405.597,00 € und der B GmbH (Anlage K 2) in Höhe von 14.017,00 €, geltend. Herr C3 ist Eigentümer von Hotels bzw. Gesellschaften, die Hotels im Gesellschaftsvermögen halten, die von der Klägerin betrieben werden.
4Hinsichtlich der C4 GmbH werden Steuern für den Zeitraum 1999 bis 2004 erhoben. Unstreitig ist, dass die Gesellschaft ab dem 04.03.1999 ihren Sitz nicht mehr in E hatte. Hinsichtlich der B GmbH werden Steuern für den Zeitraum 2001 und 2002 erhoben. Unstreitig ist dabei, dass sie erst ab dem 01.10.2002 ihren Sitz nach E verlegte.
5Auf den jeweiligen Empfangsbekenntnissen vom 26.10.2011 erklärte Herr C3 gegenüber diesen Steuerbescheiden jeweils „Rechtsbehelfsverzicht“ (Anlage E 2).
6Am 27.10.2015 beantragte die Stadtkasse für das Steueramt der Beklagten die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Herrn C3 beim Amtsgericht Hamburg unter Bezugnahme auf die vorgenannten Haftungsbescheide. Um eine Antragsrücknahme durch die Beklagte zu bewirken, beauftragte Herr C3 die Rechtsänwältin I1 mit seiner Interessenwahrnehmung.
7Am 13.11.2015 wurde Rechtsanwalt C2 aus I als vorläufiger Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn C3 von dem Amtsgericht Hamburg, Az. 67 c IN ###/##, bestellt.
8Am 13.11.2015 telefonierte die Zeugin I1 mit einem Mitarbeiter der Beklagten, dem Zeugen S. Die Einzelheiten des Inhaltes des Gesprächs sind zwischen den Parteien streitig.
9Auch am 16.11.2015 telefonierten die Zeugen I1 und S miteinander, wobei auch hier die Einzelheiten streitig sind. Die Klägerin wies noch am selben Tag den Betrag i.H.v. 50.000,00 € entsprechend der Anlage K 8 unter dem Kassenzeichen „012002801“ an (Anlagen K 8 und E 8), der am 17.11.2015 bei der Beklagten einging. Sodann gaben die Klägerin und eine andere Gesellschaft Haftungserklärungen gegenüber der Beklagten für die Verbindlichkeiten des Herrn C3 ab (Anlage K 9).
10Mit Schreiben vom 23.11.2015 (Anlage K 11) forderte die Klägerin die Beklagte erfolglos unter Fristsetzung zum 27.11.2015 auf, die eingezahlten 50.000,00 € zurückzuzahlen
11Zu einer Antragsrücknahme durch die Beklagte kam es nicht. Das Insolvenzverfahren wurde am 07.12.2015 eröffnet. Weitere Gespräche wurden seitens der Beklagten abgelehnt.
12Ab Dezember 2015 wurde die Zeugin I1 auch für die Klägerin tätig.
13Mit weiterem Schreiben vom 02.12.2015 (Anlage K 12), unter erneuter Fristsetzung bis zum 10.12.2015, forderte die Zeugin namens der Klägerin die Beklagte auf, den Betrag i.H.v. 50.000,00 € zurückzuzahlen. Die Beklagte verweigerte die Rückzahlung.
14Mit Schreiben vom 09.12.2015 forderte der Insolvenzverwalter über das Vermögen von Herrn C3 die Auszahlung der 50.000,00 € von der Beklagten unter Verweis auf § 37 Abs. 2 InsO und eine eingetretene Massebefangenheit (Anlage E 10).
15Die Beklagte zahlte 50.000,00 € am 10.12.2015 auf ein Treuhandkonto (Anlage E 11).
16Mit Schreiben vom 26.08.2016 (Anlage K 16) erklärte die Klägerin Anfechtung der Zahlung an die Beklagte und berief sich dabei darauf, dass sie über das Bestehen einer Vereinbarung mit der Beklagten über eine Zahlung unter Vorbehalt und Rückzahlung für den Fall, dass der Insolvenzantrag nicht zurückgenommen werde, ausgegangen sei.
17Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Beklagte für den Erlass der Gewerbesteuerhaftungsbescheide betreffend die C4 GmbH und die B GmbH gegenüber Herrn C3 unzuständig gewesen sei, da ihr die Verbandskompetenz gefehlt habe, und dass diese fehlende Verbandskompetenz einen Nichtigkeitsgrund bezüglich der Steuerbescheide begründe.
18Die Klägerin behauptet, dass sie und der Steuerschuldner C3 die Zeugin I1 beauftragt hätten, Gespräche mit der Beklagten zu führen. In dem Telefonat am 16.11.2015 sei überdies zwischen der Zeugin I1 und dem Zeugen S besprochen worden, dass der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens unter folgenden Bedingungen zurückgenommen werde:
19 Sofortzahlung 50.000,00 €
20 und Haftungserklärungen der Klägerin.
21Es sei ein Vorbehalt der Zahlung und der Haftungserklärung unter der Bedingung, dass der Antrag auf Insolvenzeröffnung zurückgenommen werde, vereinbart gewesen.
22Die Klägerin meint, dass Grundlage der Zahlung nicht der Haftungsbetrag aus den Steuerbescheiden gegen Herrn C3 gewesen sei. § 37 Abs. 2 AO finde keine Anwendung. Die Zahlung sei aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung und Absprache zwischen der Klägerin und der Beklagten erfolgt. Da die Bedingung, die Zurücknahme des Insolvenzantrages, nicht eingetreten sei, sei die Beklagte zur Herausgabe verpflichtet. Überdies habe der Zeuge S die Rückzahlung von 50.000,00 € telefonisch gegenüber Zeugin I1 zugesagt.
23Die Klägerin beantragt,
24die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin 50.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % - Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.11.2015 zu zahlen.
25Die Beklagte beantragt,
26die Klage abzuweisen.
27Die Beklagte meint, dass die Steuerbescheide wirksam seien. Infolge der Erklärungen der ehemaligen Verfahrensbevollmächtigten, der Zeugin I1, in einem Schriftsatz vom 21.10.2011 sei ein Anerkenntnis der mit den Haftungsbescheiden der Beklagten geltend gemachten Schulden, abgegeben worden (Anlage E 1, dort S. 4). Es sei zudem ein Rechtsmittelverzicht nach § 50 FGO seitens des Steuerschuldners C3 gegenüber den Haftungsbescheiden der Beklagten vom 24.10.2011 erteilt worden (Anlagenkonvolut E 2), so dass die Steuerbescheide auch deshalb wirksam seien.
28Der Zeuge S habe im Anschluss an ein Telefonat mit der Zeugin I1 eine Reihe von Bedingungen zur möglichen Erreichung einer Wiederaufnahme von Einigungsbestrebungen vorgegeben (Anlage E 6):
29 50.000,00 € auf bestehende Außenstände;
30 Belastung in Höhe von 1,6 Mio. € auf ein Grundstück des Herrn C3;
31 Rücknahme sämtlicher Anträge auf Vollstreckungsaufschub und Stundung
32 und Hinterlegung des Reisepasses von Herrn C3 bis zum vollständigen Ausgleich der Rückstände.
33Die Bedingungen seien nicht zur Rücknahme des Insolvenzantrages vereinbart worden, sondern schon zur Wiederaufnahme von Gesprächen.
34Die Wiederaufnahme von Gesprächen sei gescheitert, weil die Zeugin I1 mit Email vom 16.11.2015 unstreitig mitgeteilt habe, dass der Reisepass und die Sicherheiten zugunsten der Beklagten nicht hätten bereit gestellt werden können (Anlage E 7).
35Die Überweisung des Betrages in Höhe von 50.000,00 € unter Angabe des Kassenzeichens, welches für Herrn C3 betreffend die Steuerschuld der C4 GmbH vergeben worden sei, und die Email vom 16.11.2015 in der die Klägerin unstreitig mitgeteilt habe, dass sie Forderungen der Beklagten gegenüber Herrn C3 bis zu einem weiteren Betrag in Höhe von 700.000,00 € unter dem Vorbehalt der Rücknahme des Insolvenzantrages leisten werde, würden klarstellen, dass die Zahlung in Höhe von 50.000,00 € eindeutig auf die Steuerschuld des Herrn C3 und vorbehaltlos erfolgt sei. Eine Rückzahlungszusage sei durch den Zeugen S nicht erteilt worden.
36Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin I1 und des Zeugen S. Wegen des Inhaltes der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 05.08.2016 Bezug genommen. Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteivertreter nebst Anlagen Bezug genommen.
37Entscheidungsgründe
38Die zulässige Klage ist unbegründet.
39I.
40Der Zivilrechtsweg ist eröffnet (vgl. von Beckerath in Beermann/Gosch, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 1. Auflage 1995, § 33 Rn. 78 m.w.N.; Tipke/Kruse, AO/FGO, 1. Auflage 2006, 142. Lieferung 10.2015, § 33 Rn. 37 m.w.N.). Vorliegend werden neben vermeintlichen Ansprüchen aus einem Vergleich Ansprüche aus Rückzahlung durch den Steuerfiskus und Bereicherungsrecht geltend gemacht.
41II.
42Der Klägerin steht kein Anspruch aus einem zwischen ihr und der Beklagten vermeintlich abgeschlossenen, auflösend bedingten Vergleich gemäß §§ 779, 158 Abs. 2 BGB zu.
431.
44Ein solcher Vergleich liegt schon mangels Einhaltung des Formerfordernisses des § 64 GO NRW nicht vor. Gemäß § 64 Abs. 1 GO NRW sind Rechtsgeschäfte, durch die eine Gemeinde verpflichtet wird, schriftformbedürftig und vom Bürgermeister zu unterschreiben. Bei dieser Vorschrift handelt es sich nicht um eine Formvorschrift im eigentlichen Sinne, weil den Ländern die Gesetzgebungskompetenz fehlt, die Form privatrechtlicher Verträge festzulegen, weil der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz insoweit umfassend Gebrauch gemacht hat. § 64 Abs. 1 GO NRW enthält daher eine besondere Vorschrift über die Frage einer wirksamen Vertretung der Gemeinden, wofür das Land die Gesetzgebungskompetenz hat (vgl. LG Kleve, Urteil v. 16.02.2016, Az. 4 O 401/13; Rauball/Pappermann/Roters, GO NRW, 3. Aufl. 1981, § 56, Rn. 1). Die Schriftform des § 64 Abs. 1 GO NRW entspricht der des § 126 BGB (vgl. Rauball/Pappermann/Roters, GO NRW, 3. Aufl. 1981, § 56, Rn. 1). Diese wurde nicht eingehalten. Eine schriftliche Verpflichtung der Beklagten liegt nicht vor.
45Eine Ausnahme nach § 64 Abs. 2 GO NRW liegt ebenfalls nicht vor. Es handelt sich vorliegend – bei dem von der Klägerin behaupteten Vergleich – nicht um ein Geschäft der laufenden Verwaltung. Eine Zuordnung zum Bereich der laufenden Verwaltung kommt nur hinsichtlich solcher Geschäfte der Steuerverwaltung in Betracht, die sich bei wirtschaftlicher Betrachtung in Relation zur Größe der Gemeinde im Rahmen der Üblichkeit bewegen (vgl. OLG Hamm zu grundstücksbezogenen Geschäften, OLG Hamm, Beschluss v. 22.02.2012, Az. I-15 W 67/11, Rn. 7, juris). Nur unter diesen engen Voraussetzungen kann unter Berücksichtigung des gesetzlichen Schutzzwecks im Sinne des § 64 Abs. 2 GO NRW festgestellt werden, dass es sich um ein Geschäft der laufenden Verwaltung handelt. Aufgrund des Gegenstandes des zwischen dem Steuerschuldner C3 und der Beklagten in Rede stehenden Vergleiches über die Rücknahme des Insolvenzantrages gegen Leistung von 50.000,00 € und weitere Sicherheiten aufgrund eines Betrages in Höhe von beinahe 1,5 Mio. € Steuerschulden wegen Steuerhinterziehung, kann dies vorliegend nicht angenommen werden. Es liegt auch keine Ausnahme vom Schriftformerfordernis nach § 64 Abs. 3 GO NRW vor. Auf Nachfrage des Gerichts zum Bestehen einer Vollmacht erklärte der Zeuge S, dass er – der einzige Ansprechpartner von der Zeugin I1 – bei der Beklagten im Aufgabenbereich der Vollstreckung tätig ist. Für die Findung einer Stundungsvereinbarung sei er nicht legitimiert.
462.
47Überdies steht auch nicht zur Überzeugung des Gerichts gemäß § 286 Abs. 1 ZPO fest, dass eine (formunwirksame) mündliche Vereinbarung dahingehend getroffen wurde, dass die Klägerin an die Beklagte einen Betrag in Höhe von 50.000,00 € sowie weitere Sicherheiten in Höhe von 700.000,00 € zur Rücknahme des Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den Steuerschuldner Herrn C3 zahlte. Es steht auch nicht fest, dass im Falle fehlender Rücknahme des Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens die von der Klägerin erbrachten 50.000,00 € zurück gewährt werden sollten. Die Zeugin I1 und der Zeuge S bekundeten im Rahmen ihrer Aussage glaubhaft und übereinstimmend, dass eine Vereinbarung des Inhaltes, dass die Zahlung der 50.000,00 € unter dem Vorbehalt der Rücknahme des Insolvenzantrages durch die Beklagte erfolgen sollte, nicht getroffen worden ist. Zweifel gegen die logisch konsistenten und nachvollziehbaren Zeugenaussagen konnten zur Überzeugung des Gerichts nicht festgestellt werden. Überdies bekundeten beide Zeugen weiter übereinstimmend, dass die Zeugin I1 zu dem Zeitpunkt, in dem sie mit dem Zeugen S über eine mögliche Rücknahme des Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verhandelte, nur von dem Steuerschuldner C3 und nicht von der Klägerin beauftragt war.
48III.
49Ein Anspruch aus Rückzahlung besteht auch nicht aus einem Schuldversprechen gemäß § 780 BGB. Unabhängig davon, ob der Zeuge S eine solche Aussage getroffen haben soll – was er jedenfalls im Rahmen seiner Vernehmung verneinte, indem er bekundete, dass man zwar darüber gesprochen habe, dass die 50.000,00 € nicht bei der Stadt verbleiben würden, aber nicht geklärt wurde, an wen der Betrag ausgekehrt werde – wäre eine solche Vereinbarung jedenfalls auch formunwirksam gemäß § 780 BGB und § 64 GO NRW, da unstreitig eine schriftliche Erklärung hierüber nicht abgegeben wurde.
50IV.
51Der Klägerin steht auch kein Rückzahlungsanspruch gemäß § 37 Abs. 2 S. 1 AO zu. Danach kann derjenige, der eine Steuer, eine Steuervergütung, einen Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt hat, gegenüber demjenigen, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags geltend machen.
521.
53Die Klägerin ist schon nicht Erstattungsberechtigte gegenüber der Beklagten im Sinne der Norm, von der sie die Rückzahlung begehrt. Bei der Leistung durch Dritte bestimmt sich der Erstattungsberechtigte danach, wessen Steuerschuld nach dem erkennbaren Willen des Zahlenden getilgt wird. Erstattungsberechtigt ist der Steuerpflichtige, für dessen Rechnung die Zahlung geleistet worden ist (vgl. Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, 145. Lieferung, 07.2016, § 37 AO, Rn. 58). Ausschlaggebend ist, ob der zahlende Dritte bei objektiver Betrachtungsweise ersichtlich zur Tilgung einer fremden Schuld geleistet hat (vgl. Koenig, AO, 3. Aufl. 2014, § 37 Rn. 21 m.w.N.; Drüen in Tipke/Kruse, a.a.O.). Es handelt sich nach dieser Betrachtungsweise um eine Zahlung auf die Steuerschulden des Steuerschuldners C3. Unstreitig gab die Klägerin bei der Zahlungsanweisung das „Kassenzeichen #########“ an (Anlage K 8). Auf diesem Kassenzeichen sind die Steuerschulden von Herrn C3 für die C4 GmbH veranlagt (Anlage K 1). Überdies spricht auch die Anlage K 9 dafür, dass die Klägerin die Schuld des Steuerschuldners C3 begleichen wollte, denn so schreibt sie „…nachdem wir heute bereits eine erste Teilzahlung in Höhe von € 50.000,00 angewiesen haben, die Haftung für die Forderungen der Stadt gegen Herrn […] C3…“. Aus den vorliegenden Unterlagen lässt sich ein gegenteiliger Wille der Klägerin, die Zahlung als eigene Leistung bzw. auf eine eigene Verbindlichkeit – den behaupteten Vergleich – an die Beklagte zu erbringen, nicht erkennen.
542.
55Überdies liegt auch ein Rechtsgrund für die Zahlung vor.
56Die Gewerbesteuerhaftungsbescheide vom 24.10.2011 sind nicht gemäß § 125 AO nichtig (so auch im Ergebnis AG I, Az. 67 c IN 412/15; Landgericht I Beschluss v. 03.02.2016, Az. 326 T 2/16 und Az. 326 T 3/16, Anlage E 1; VG Gelsenkirchen Beschluss v. 10.09.2015, Az. 2 L 1693/15 – Anlage E 3 – dort Seite 4; OVG NRW Beschluss v. 30.11.2015, Az. 14 B 1127/15, Anlage E 4). Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten sind, § 125 Abs. 3 Nr. 1 AO.
57Ob die Bescheide gemäß Anlage K 1 und Anlage K 2 vorliegend wegen fehlender Verbandskompetenz – einer Unterart der sachlichen Zuständigkeit – nichtig waren, kann letztlich dahinstehen. Für die Gewerbesteuer ist nach § 4 Abs. 1 GewStG die verbandsmäßige Zuständigkeit relevant, weil die Gewerbesteuern gebietsbezogen sind (vgl. Drüen in Tipke/Kruse, a.a.O., § 16 Rn. 6). Für sie ist der Ort der Tatbestandsverwirklichung wesentlich, so dass in den Fällen, in denen eine verbandsmäßig nicht zuständige Gemeinde einen Gewerbesteuerbescheid gegenüber einem Unternehmer erlässt, der ausschließlich in einer anderen Gemeinde tätig ist, dies regelmäßig zur Nichtigkeit des Verwaltungsaktes führt (vgl. von Wedelstädt in Beermann/Gosch, AO/FGO, 124. Lieferung, 1. Aufl 1995, § 125 Rn. 63 m.w.N.).
58Die Klägerin ist jedoch nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gehindert, sich auf die Nichtigkeit der Gewerbesteuerhaftungsbescheide vom 24.10.2011 zu berufen (vgl. BFH Urteil v. 17.06.1992, Az. X R 47/88, DStR 1993, 92,93; so auch Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 125 Rn. 37 i.V.m. § 124 Rn. 13). Der Grundsatz von Treu und Glauben konkretisiert bzw. beschränkt die Rechte oder Pflichten innerhalb bestehender Steuerrechtsverhältnisse (vgl. Koenig, a.a.O. § 4 Rn. 33). Eine solche Beschränkung liegt hier vor. Die Berufung auf die Nichtigkeit ist nicht möglich, wenn dies nach dem Grundsatz von Treu und Glauben zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führen würde (vgl. BFH, a.a.O.). Der Steuerschuldner hat bereits kurz nach Geltendmachung der Steuerschulden am 24.10.2011 – nämlich am 26.10.2011 – umfassenden Rechtsmittelverzicht erklärt (Anlage E 2), welcher zu seinen Gunsten bei der Strafzumessung in dem Steuerstrafverfahren berücksichtigt wurde. Es kann daher dahinstehen, ob der Steuerschuldner C3 mit Schriftsatz der Zeugin I1 vom 21.10.2011 die mit den Haftungsbescheiden geltend gemachten Schulden ausdrücklich anerkannt hat. Durch sein Verhalten hat er die Steuerschuld akzeptiert und sie – zur Beeinflussung anderer Entscheidungen – positiv benutzt. Überdies hat auch das VG Gelsenkirchen in seiner Entscheidung vom 10.09.2015, Az. 2 L 1693/15 (Anlage E 4) im Rahmen der Auseinandersetzung mit der vom Steuerschuldner begehrten Bescheidung der Stundung festgestellt, dass eine offensichtliche Rechtswidrigkeit oder gar Nichtigkeit der Haftungsbescheide nicht besteht und das überdies nicht ersichtlich ist, aus welchem Grund dem Steuerschuldner eine fristgerechte Anfechtung der Haftungsbescheide nicht möglich war. Es ist auch bei der Frage, ob es wider Treu und Glauben ist, sich auf eine Unwirksamkeit zu berufen, zu berücksichtigen, dass ein Zeitraum von mehr als 4 Jahren vergangen ist, in dem der Steuerschuldner sich nicht auf eine etwaig fehlende Verbandskompetenz berief. Dass für die Klägerin daneben möglicherweise keine eigene rechtliche Verpflichtung bestand den Betrag in Höhe von 50.000,00 € an die Beklagte zu erbringen, vermag keine andere Bewertung zu rechtfertigen. Sie hat sich – wie vorliegend festgestellt – auch nicht mit der Beklagten über eine Zahlung unter Vorbehalt geeinigt. Vielmehr liegt der Rechtsgrund der Zahlung an die Beklagte in dem Steuerschuldverhältnis zwischen der Beklagten und dem Steuerschuldner C3. Dies war auch der Anlass aus dem die Klägerin tätig wurde. Die Möglichkeit sich auf eine etwaige Nichtigkeit zu berufen gilt nicht uneingeschränkt und ausnahmslos. Schließlich ging auch die Klägerin vom Bestand der Haftungsbescheide aus, als sie die Zahlung erbrachte. Zweifel an dem Bestand der Haftungsbescheide hat sie nicht geäußert. Wenn Sie – aus Anlass der Steuerschulden eines Dritten eine Leistung an das Finanzamt erbringt – so ist sie an ein Anerkenntnis der Steuerschuld durch den Steuerschuldner gebunden. Schließlich erbrachte sie – entsprechend der Anlage K 9 – eine „erste Teilzahlung“.
59V.
60Schließlich scheitert auch ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB. Es kann dabei dahinstehen, ob es sich hier ausschließlich um einen Erstattungsanspruch in Abgabenangelegenheiten handelt und daher der Erstattungsanspruch durch besondere Vorschriften des öffentlichen Rechts – hier § 37 AO – abschließend geregelt wäre (vgl. BFH, Urt. v. 25.07.1995, Az. VII R /1/94, Urt. v. 07.02.2002, Az. VII ZR 33/01; FG Münster, Urt. v. 07.05.2013, Az. 13 K 3148/10 AO, BeckRS 2013, 95434; Drüen in Tipke/Kruse, Kommentar zu AO, FGO, § 37 Rn. 102 m.w.N.) oder ob aufgrund einer Zahlung auf einen vermeintlichen Vergleich zur Rücknahme des Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gem. § 13 Abs. 2 InsO auch das allgemeine Bereicherungsrecht anwendbar ist.
61Ein bereicherungsrechtlicher Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt BGB scheitert schon am Vorliegen einer Leistung der Klägerin an die Beklagte. Wer Leistender ist, bestimmt sich dann, wenn die Vorstellungen der Parteien nicht übereinstimmen, nach einer objektiven Betrachtungsweise aus der Sicht des Zuwendungsempfängers (vgl. Sprau in Palandt, 74. Auflage 21015, § 812 Rn. 14, 16). Durch die Angabe des Kassenzeichens 012002801 hat die Klägerin jedenfalls aus Sicht der Empfängerin, der Beklagten, eine fremde Leistung des Steuerschuldners C3 erbracht. Auf die Ausführungen unter IV.1. wird Bezug genommen.
62VI.
63Unabhängig von der Anwendbarkeit des Bereicherungsrechtes besteht auch kein Anspruch auf Rückzahlung der 50.000,00 € aus § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB. Aufgrund des Vorranges der Leistungskondiktion vor der Nichtleistungskondiktion sind diese Ansprüche jedenfalls ausgeschlossen. Denn, wenn wie hier eine fremde Schuld getilgt wird, fallen Deckungs- und Valutaverhältnis auseinander und der Zuwendende, die Klägerin, muss sich an den Schuldner halten, da die Abwicklung in den Leistungsbeziehungen stattfindet (vgl. BGH Urteil v. 20.07.2011, Az. XII ZR 149/09, BGH NJW 2012, S. 525 f; Sprau in Palandt, a.a.O., Rn. 63 m.w.N.).
64VII.
65Ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt BGB wegen der von der Klägerin nach Schluss der mündlichen Verhandlung im nachgelassenen Schriftsatz vom 26.08.2016 erklärten Anfechtung der Zahlung (Anlage K 16) scheitert unabhängig vom Vorrang der Leistungskondiktion schon an der Tauglichkeit der erklärten Anfechtung. Anfechtbar sind gemäß § 119 BGB Willenserklärungen. Ob ausnahmsweise auch die „Zahlung“, also das Verfügungsgeschäft angefochten werden kann, oder ob die Klägerin entsprechend der von ihr erklärten Anfechtung die Anweisung zur Zahlung anficht, kann dahinstehen. Das Bestehen eines Irrtums gemäß § 119 BGB kann schon nicht darin gesehen werden, dass die Klägerin vorträgt darüber geirrt zu haben, dass die Vereinbarung mit der Beklagten unter dem Vorbehalt der Antragsrücknahme geschlossen worden sei. Eine Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Beklagten im Zeitpunkt der Zahlung bestand nicht. Zur Überzeugung des Gerichts hat die Zeugin I1 erklärt, dass sie von Herrn C3 mandatiert war, als die Gespräche stattfanden. Daher lag bereits keine Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Beklagten vor. Wenn die Klägerin aber nun meint, dass sie anfechten könne, weil sie sich hierüber geirrt habe, trägt sie schon nicht die inhaltlichen Voraussetzungen eines Inhalts- oder Erklärungsirrtums gem. § 119 BGB vor. Weder ist die Anweisung der Zahlung erfolgt, obwohl sie nicht erfolgen sollte, noch hat die Anweisung einen anderen als den erklärten Inhalt. Vielmehr handelt es sich bei dem Irrtum der Klägerin um einen Irrtum im Anlass der Zahlung, mithin um einen unbeachtlichen Motivirrtum, der schon nicht zur Anfechtung berechtigt.
66Für den Fall, dass die Klägerin, die Erklärungen über die Aufnahme von Vergleichsverhandlungen zwischen dem Steuerschuldner C3 und der Beklagten anfechten will, fehlt es schon gemäß § 143 Abs. 1 BGB an der Anfechtungsbefugnis der Klägerin. Sie war nicht diejenige, die die Willenserklärung in diesem Verhältnis abgegeben hat.
67VIII.
68Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
69Die Streitwertfestsetzung fußt auf § 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO.
moreResultsText
Annotations
(1) Wird bei dem Güterstand der Gütergemeinschaft das Gesamtgut von einem Ehegatten allein verwaltet und über das Vermögen dieses Ehegatten das Insolvenzverfahren eröffnet, so gehört das Gesamtgut zur Insolvenzmasse. Eine Auseinandersetzung des Gesamtguts findet nicht statt. Durch das Insolvenzverfahren über das Vermögen des anderen Ehegatten wird das Gesamtgut nicht berührt.
(2) Verwalten die Ehegatten das Gesamtgut gemeinschaftlich, so wird das Gesamtgut durch das Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Ehegatten nicht berührt.
(3) Absatz 1 ist bei der fortgesetzten Gütergemeinschaft mit der Maßgabe anzuwenden, daß an die Stelle des Ehegatten, der das Gesamtgut allein verwaltet, der überlebende Ehegatte, an die Stelle des anderen Ehegatten die Abkömmlinge treten.
(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten für Lebenspartner entsprechend.
(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche.
(2) Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt. Im Fall der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung richtet sich der Anspruch auch gegen den Abtretenden, Verpfänder oder Pfändungsschuldner.
(1) Auf die Erhebung der Klage kann nach Erlass des Verwaltungsakts verzichtet werden. Der Verzicht kann auch bei Abgabe einer Steueranmeldung ausgesprochen werden, wenn er auf den Fall beschränkt wird, dass die Steuer nicht abweichend von der Steueranmeldung festgesetzt wird. Eine trotz des Verzichts erhobene Klage ist unzulässig.
(1a) Soweit Besteuerungsgrundlagen für ein Verständigungs- oder ein Schiedsverfahren nach einem Vertrag im Sinne des § 2 der Abgabenordnung von Bedeutung sein können, kann auf die Erhebung der Klage insoweit verzichtet werden. Die Besteuerungsgrundlage, auf die sich der Verzicht beziehen soll, ist genau zu bezeichnen.
(2) Der Verzicht ist gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder zu Protokoll zu erklären; er darf keine weiteren Erklärungen enthalten. Wird nachträglich die Unwirksamkeit des Verzichts geltend gemacht, so gilt § 56 Abs. 3 sinngemäß.
(1) Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde.
(2) Der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis steht es gleich, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist.
(1) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer aufschiebenden Bedingung vorgenommen, so tritt die von der Bedingung abhängig gemachte Wirkung mit dem Eintritt der Bedingung ein.
(2) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen, so endigt mit dem Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts; mit diesem Zeitpunkt tritt der frühere Rechtszustand wieder ein.
(1) Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.
(2) Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.
(3) Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
(4) Die schriftliche Form wird durch die notarielle Beurkundung ersetzt.
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den eine Leistung in der Weise versprochen wird, dass das Versprechen die Verpflichtung selbständig begründen soll (Schuldversprechen), ist, soweit nicht eine andere Form vorgeschrieben ist, schriftliche Erteilung des Versprechens erforderlich. Die Erteilung des Versprechens in elektronischer Form ist ausgeschlossen.
Bei der Eintragung sind der Name und der Sitz des Vereins, der Tag der Errichtung der Satzung, die Mitglieder des Vorstands und ihre Vertretungsmacht anzugeben.
(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche.
(2) Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt. Im Fall der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung richtet sich der Anspruch auch gegen den Abtretenden, Verpfänder oder Pfändungsschuldner.
(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist.
(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,
- 1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Finanzbehörde aber nicht erkennen lässt, - 2.
den aus tatsächlichen Gründen niemand befolgen kann, - 3.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht, - 4.
der gegen die guten Sitten verstößt.
(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil
- 1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind, - 2.
eine nach § 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 und Satz 2 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat, - 3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsakts vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war, - 4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.
(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsakts, so ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Finanzbehörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.
(5) Die Finanzbehörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.
(1)1Die stehenden Gewerbebetriebe unterliegen der Gewerbesteuer in der Gemeinde, in der eine Betriebsstätte zur Ausübung des stehenden Gewerbes unterhalten wird.2Befinden sich Betriebsstätten desselben Gewerbebetriebs in mehreren Gemeinden, oder erstreckt sich eine Betriebsstätte über mehrere Gemeinden, so wird die Gewerbesteuer in jeder Gemeinde nach dem Teil des Steuermessbetrags erhoben, der auf sie entfällt.
(2)1Für Betriebsstätten in gemeindefreien Gebieten bestimmt die Landesregierung durch Rechtsverordnung, wer die nach diesem Gesetz den Gemeinden zustehenden Befugnisse ausübt.2Der in § 2 Absatz 7 Nummer 1 und 2 bezeichnete Anteil am Festlandsockel und an der ausschließlichen Wirtschaftszone ist gemeindefreies Gebiet.3In Fällen von Satz 2 bestimmt sich die zuständige Landesregierung im Sinne des Satzes 1 unter entsprechender Anwendung des § 22a der Abgabenordnung.
(3)1Für Betriebsstätten im nicht zur Bundesrepublik Deutschland gehörenden Teil eines grenzüberschreitenden Gewerbegebiets im Sinne des § 2 Absatz 7 Nummer 3 ist die Gemeinde hebeberechtigt, in der der zur Bundesrepublik Deutschland gehörende Teil des grenzüberschreitenden Gewerbegebiets liegt.2Liegt der zur Bundesrepublik Deutschland gehörende Teil in mehreren Gemeinden, gilt Absatz 2 entsprechend.
(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche.
(2) Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt. Im Fall der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung richtet sich der Anspruch auch gegen den Abtretenden, Verpfänder oder Pfändungsschuldner.
(1) Das Insolvenzverfahren wird nur auf schriftlichen Antrag eröffnet. Antragsberechtigt sind die Gläubiger und der Schuldner. Dem Antrag des Schuldners ist ein Verzeichnis der Gläubiger und ihrer Forderungen beizufügen. Wenn der Schuldner einen Geschäftsbetrieb hat, der nicht eingestellt ist, sollen in dem Verzeichnis besonders kenntlich gemacht werden
- 1.
die höchsten Forderungen, - 2.
die höchsten gesicherten Forderungen, - 3.
die Forderungen der Finanzverwaltung, - 4.
die Forderungen der Sozialversicherungsträger sowie - 5.
die Forderungen aus betrieblicher Altersversorgung.
- 1.
der Schuldner Eigenverwaltung beantragt, - 2.
der Schuldner die Merkmale des § 22a Absatz 1 erfüllt oder - 3.
die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses beantragt wurde.
(2) Der Antrag kann zurückgenommen werden, bis das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Antrag rechtskräftig abgewiesen ist.
(3) Ist der Eröffnungsantrag unzulässig, so fordert das Insolvenzgericht den Antragsteller unverzüglich auf, den Mangel zu beheben und räumt ihm hierzu eine angemessene Frist ein.
(4) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates für die Antragstellung durch den Schuldner ein Formular einzuführen. Soweit nach Satz 1 ein Formular eingeführt ist, muss der Schuldner dieses benutzen. Für Verfahren, die von den Gerichten maschinell bearbeitet, und für solche, die nicht maschinell bearbeitet werden, können unterschiedliche Formulare eingeführt werden.
(1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.
(2) Als Irrtum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrtum über solche Eigenschaften der Person oder der Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden.
(1) Die Anfechtung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Anfechtungsgegner.
(2) Anfechtungsgegner ist bei einem Vertrag der andere Teil, im Falle des § 123 Abs. 2 Satz 2 derjenige, welcher aus dem Vertrag unmittelbar ein Recht erworben hat.
(3) Bei einem einseitigen Rechtsgeschäft, das einem anderen gegenüber vorzunehmen war, ist der andere der Anfechtungsgegner. Das Gleiche gilt bei einem Rechtsgeschäft, das einem anderen oder einer Behörde gegenüber vorzunehmen war, auch dann, wenn das Rechtsgeschäft der Behörde gegenüber vorgenommen worden ist.
(4) Bei einem einseitigen Rechtsgeschäft anderer Art ist Anfechtungsgegner jeder, der auf Grund des Rechtsgeschäfts unmittelbar einen rechtlichen Vorteil erlangt hat. Die Anfechtung kann jedoch, wenn die Willenserklärung einer Behörde gegenüber abzugeben war, durch Erklärung gegenüber der Behörde erfolgen; die Behörde soll die Anfechtung demjenigen mitteilen, welcher durch das Rechtsgeschäft unmittelbar betroffen worden ist.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.
(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt ist. In Musterfeststellungsklagen nach Buch 6 der Zivilprozessordnung und in Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen.
(2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über eine Million Euro angenommen werden.
(3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.