Landgericht Bonn Urteil, 23. Sept. 2016 - 1 O 400/15


Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 10.783,86 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.02.2016 zu zahlen. Die weitergehende Widerklage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreites werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien sind Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze. Ihre Telekommunikationsnetze sind aufgrund eines Beschlusses der Bundesnetzagentur (BNetzA) vom 03.09.2003 (Beschlussauszüge als Anlage K2 zur Klageschrift) zusammengeschaltet („Zusammenschaltungsanordnung“). Die in dem Beschluss genannte E AG hat ihren Geschäftsbereich „Netze“ auf die Beklagte ausgegliedert. Diese ist insoweit Rechtsnachfolgerin. Die Klägerin firmierte im Jahre 2003 noch als J GmbH & Co. KG.
3Die technische Realisierung der Zusammenschaltungsanschlüsse („Interconnection-Anschlüsse“ – nachfolgend: ICAs) erfolgt in den Ausführungsarten „ICAs Customer Sited“ oder „ICAs Physical Co-location“. Zur bildlichen Darstellung dieser Ausführungsvarianten wird auf die mit der Klageerwiderung zur Akte gereichte Anlage B6 Bezug genommen. Diese Darstellungen enthalten auf der linken Bildhälfte das Haus der Beklagten, in dem diese die Verkabelung für den Netzzusammenanschluss errichtet. Die Verkabelung im Haus nennt sich „Intra-Building-Abschnitt“, die zwischen den Häusern liegende Verkabelung „Inter-Building-Abschnitt“.
4Bei der Variante „ICAs Customer Sited“ findet die Zusammenschaltung auf der Seite des Kunden der Beklagten statt, so dass die Beklagte die Verkabelung bis dorthin einschließlich des Inter-Building-Abschnittes realisiert. Bei der Variante „ICAs Physical Co-location“ errichtet die Beklagte nur die Verkabelung im eigenen Haus – den Intra-Building-Abschnitt - und stellt der Klägerin einen Raum in diesem Haus bereit, so dass die Klägerin eine eigene physische Lokation („Physical Co-location“) bei der Beklagten erhält und von dort aus selbst den Inter-Building-Abschnitt realisiert. Die Klägerin verlegt mithin das Kabel aus dem von ihr angemieteten Raum („Kollokationsraum“) im Hause der Beklagten bis in ihr eigenes Haus.
5Die Klägerin begehrt im vorliegenden Rechtsstreit von der Beklagten die Erstattung von anteiligen Kosten der Netzzusammenschaltung in der Ausführungsart „ICAs Physical Co-location“ für das Jahr 2014.
6Über die Kosten der Netzzusammenschaltung für die Jahre 2008 - 2013 kam es zwischen den Parteien bereits zum Streit. Vor dem Landgericht Bonn - 10 O 80/13 - machte die Klägerin Erstattungsansprüche für das Jahr 2008 anhängig. Zur Beendigung dieses Rechtsstreites trafen die Parteien eine Vergleichsvereinbarung vom 20./31.03.2014 (Anlage K3 zur Klageschrift) mit unter anderem folgenden Inhalt:
7Die Parteien vereinbaren, dass zum 01.01.2014, also erstmalig für die ICAs-Kostenerstattung für das Jahr 2014, die Regelungen der als Anhang zu diesem Vergleich beigefügten Vereinbarung zur ICAs-Kostenerstattung zur Anwendung kommen und die bislang angeordneten und vereinbarten Regelungen zu diesem Zeitpunkt aufgehoben werden.
8Dabei sind sich die Parteien insbesondere über folgende Punkte einig:
9a) Das Entgelt für die Anschlusslinie B, also die auf der Seite des Standortes von V, wird berücksichtigt.
10b) Der Erstattungsbetrag wird für das Kalenderjahr, auf das sich die Erstattung bezieht, mit 5 % per anno verzinst.
11Ferner unterzeichneten die Parteien am 20./28.03.2014 eine „Vereinbarung zur ICAs Kostenerstattung“ (Anlage K4 zur Klageschrift), die unter Ziffer 1.4 wie folgt lautet:
12Für den von V selbst realisierten Inter-Building-Abschnitt des ICAs „Physical Co-location“ wird anteilig (…) der Betrag erstattet, den die E als niedrigsten Preis für die Überlassung des Inter-Building-Abschnitts eines ICAs „Customer Sited“ in Einwegeführung mit Standardentstörung innerhalb von 24 Stunden für die entsprechende Verkehrsbeziehung unter Berücksichtigung der Ausführungsvarianten ICAs „Customer Sited 16x2 Mbit/s / 21x2 Mbit/s / 63x2 Mbit/s“ in Rechnung stellen würde.
13Die Erstattung durch die E erfolgt nur für die in Rechnung gestellte Länge und maximal für eine Länge von 20 km. Bei einer Länge von über 20 km werden bei der Erstattung die Anschlusslinien voll berücksichtigt, sofern ihre Summe 20 km nicht überschreitet. Der Anteil der Verbindungslinie an der Gesamtlänge ist so lange zu kürzen, bis die Summe aus Anschluss- und Verbindungslinien 20 km nicht überschreitet.
14Unter dem 01.06.2015 stellte die Klägerin der Beklagten einen Erstattungsbetrag in Höhe von 2.184.492,99 € netto in Rechnung (Anlage K7 zur Klageschrift). Hierauf zahlte die Beklagte nach Überprüfung gemäß ihrem erläuternden Schreiben vom 22.06.2015 (Anlage K8, ebenda) einen Betrag von 625.225,09 € netto.
15Die Klägerin vertritt die Rechtsansicht, dass ihr die Beklagte zur Erstattung von Kosten der Netzzusammenschaltung in Höhe von 2.221.654,07 € netto, abzüglich der gezahlten 625.225,09 €, zuzüglich 19% USt. sowie abzüglich einer Kürzung gemäß Schriftsatz vom 24.05.2016 in Höhe von 8.034,64 € (Bl.### – ### d.A.) unter Heranziehung folgender Berechnungskriterien verpflichtet sei:
16- den Preisen, die die Beklagte ihren Vertragspartnern für sogenannte Carrier-Festverbindungen (CFV) jeweils für einzelne 2-Mbit/s-Leitungen, mithin entbündelt, berechnet;
17- die Ermittlung des maximal zu erstattenden Betrages unter Berücksichtigung der Anschlusslinien an beiden Enden der Leitung;
18- die Berechnung eines Pauschalpreises von 3.500,00 € gemäß ihrem Tarifmodell für Mietleitungen pro 2-Mbit/s-Mietleitung, die zur Anwendung jeweils eines ICAs diente, wegen Entfernungen zwischen den Standorten jeweils unter 100 km;
19- die Berücksichtigung der Verlegung einer Vermittlungsanlage am 24.06.2014 aus L nach T und einer weiteren Anlage am 08.01.2014 aus E2 nach I;
20- die Ermittlung des Anteils an den Gesamtkosten pro Inter-Building-Abschnitt nach einem Minutennutzungsverhältnis von 87,40 % (Anteil der Beklagten und damit Erstattungsanteil).
21Die Klägerin behauptet, dass sie die Klageforderung entsprechend diesen Kriterien sachlich und rechnerisch zutreffend ermittelt habe, und verweist dazu auf eine Excel-Kalkulation in CD-Form (Anlage K9 zur Klageschrift) nebst einem (berichtigten) Auszug in Papierform (Anlage K12, = Bl.### – ### d.A.).
22Die Klägerin beantragt,
23die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.891.319,84 € zu zahlen;
24die Beklagte zu verurteilen, an sie
25a) Zinsen in Höhe von 5% vom 01.01.2014 bis zum 31.12.2014 auf 1.596.428,98 €,
26b) Zinsen in Höhe von 8% über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.07.2015 bis zur Rechtshängigkeit auf 1.855.528,80 € und ab Rechtshängigkeit auf 1.899.750,48 € zu zahlen.
27Die Beklagte beantragt,
28die Klage kostenpflichtig abzuweisen.
29Widerklagend beantragt die Beklagte,
30die Klägerin zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 10.783,86 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.06.2015 zu zahlen.
31Die Klägerin beantragt,
32die Widerklage zurückzuweisen.
33Die Beklagte tritt dem Klagevorbringen mit Sach- und Rechtsausführungen entgegen. Sie behauptet unter Vorlage einer Vergleichsberechnung auf CD-Rom (Anlage B10 zur Klageerwiderung), dass die Berechnung der Klageforderung selbst basierend auf der Rechtsansicht der Klägerin unzutreffend sei.
34Mit der Widerklage macht die Beklagte basierend auf ihrer Vergleichsberechnung einen Rückforderungsbetrag geltend, zu dessen Begründung sie vorträgt (S.11 der Klageerwiderung), dass sich dieser aus der von der Klägerin in der Klageschrift angesprochenen Korrektur ihrer Standorte nach den Umzügen der betreffenden Leitungen ergebe, die sie – die Beklagte – bei der Erstellung ihrer ursprünglichen Vergleichsberechnung nicht gekannt habe und nicht habe kennen können.
35Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
36E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
37Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die gemäß § 33 ZPO in formeller Hinsicht unbedenkliche Widerklage ist mit Ausnahme eines Teils des Zinsanspruches begründet.
381. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 1.891.319,84 € aus der Vergleichsvereinbarung der Parteien vom 20./31.03.2014 in Verbindung mit der „Vereinbarung zur ICAs-Kostenerstattung“ vom 20./28.03.2014. Auch Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherungsrecht bestehen nicht.
39a) Die tatsächlichen Voraussetzungen für einen vertraglichen Anspruch in Höhe der Klageforderung hat die Klägerin nicht schlüssig dargetan. Denn die von der Klägerin dargestellten Berechnungskriterien finden in den klar dokumentierten vertraglichen Vereinbarungen der Parteien keine Stütze.
40aa) Die Rechtsansicht der Klägerin, die Beklagte müsse sich auch in Bezug auf die Klageforderung an einer entbündelten Berechnungsweise für einzelne 2-Mbit/s-Leitungen festhalten lassen, entspricht nicht den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien.
41Die unter Ziffer 1.4 der „Vereinbarung zur ICAs Kostenerstattung“ formulierte Regelung, wonach die Beklagte den Betrag erstattet, den sie als niedrigsten Preis für die Überlassung des Inter-Building-Abschnitts eines ICAs „Customer Sited“ (…) unter Berücksichtigung der Ausführungsvarianten ICAs „Customer Sited 16x2 Mbit/s / 21x2 Mbit/s / 63x2 Mbit/s“ in Rechnung stellen würde, knüpft unter verständiger Würdigung (§§ 133, 157, 242 BGB) an die zu erwartende Berechnungsweise einer Netzzusammenschaltung dieser Ausführungsvariante an. Wie die Beklagte aber in der Klageerwiderung einleuchtend und insoweit unwidersprochen dargelegt hat, kann die Realsierung der Ausführungsart „Customer Sited“ im Inter-Building-Abschnitt sowohl in der preisgünstigeren gebündelten Ausführungsvariante 16x2 Mbit/s, 21x2 Mbit/s oder 63x2 Mbit/s – auch „nx2-System“ genannt – bestellen, als auch in Einzelleitungen zu jeweils 2 Mbit/s. Diese letztgenannte Variante findet indes nicht nur in dem eingangs zitierten Wortlaut von Ziffer 1.4 keine (ausdrückliche) Erwähnung, sie würde auch als Produktauswahl eines Bestellers der wirtschaftlichen Vernunft widersprechen, da die von der BNetzA genehmigten Preise der Beklagten für die gebündelten „nx2-Systeme“ im Verhältnis erheblich niedriger sind, als die für Einzelleistungen genehmigten Preise. Die von der Klägerin favorisierte Auslegung des Passus in Rechnung stellen würde dahingehend, dass man hier eine ausgesprochen unwirtschaftliche Produktauswahl und Abrechnung unterstellen würde, ist hingegen mit den allgemeinen Auslegungsregeln von Vertragserklärungen nicht zu vereinbaren (vgl. nur Palandt/Ellenberger, BGB, 75. Aufl. 2016, § 133 Rd.18 m.w.N.).
42Dass sich die Klägerin abweichend hiervon regelmäßig für eine ungebündelte Realisierung der Inter-Building-Abschnitte entschieden haben soll, hat die Beklagte in der Klageerwiderung ausdrücklich bestritten. Die Klägerin hat eine derartige Vertragspraxis und dem entsprechende konkrete Anhaltspunkte für ein abweichendes Parteiverständnis dieses Vertragspassus´ weder näher dargelegt noch unter Beweis gestellt.
43Auch in technischer Hinsicht ist der in diesem Zusammenhang von der Klägerin für ihre Vertragsauslegung und Berechnungsweise einer Erstattung angeführte Aspekt der CFV-Preise (S.14 der Klageschrift; S.5f. der Replik) nicht nachvollziehbar. Denn die Beklagte hat dazu in der Klageerwiderung unwidersprochen dargelegt, dass der Inter-Building-Abschnitt nicht ausschließlich mit Mietleitungen oder Carrierfestverbindungen (CFV) realisiert werden könne, sondern dass die Bestellung eines Zusammenschaltungsanschlusses in der Variante „ICAs Customer Sited“ den Inter-Building-Abschnitt immanent beinhalte. Allein diese letztgenannte Leistungsvariante findet indes in Ziffer 1.4 der hier diskutierten Regelung ausdrückliche Erwähnung. Eine Grundlage für die Berechnung nach dem Produkt „Carrierfestverbindung“ findet sich demgegenüber in diesem Vertrag nicht.
44Ergänzend dazu wird auf die zutreffenden Ausführungen in dem als Anlage B19 zum Beklagtenschriftsatz vom 12.05.2016 zur Akte gereichten Urteil des Landgerichts Bonn vom 25.02.2016 – 18 O 338/14 – (dort S.12 – 13) Bezug genommen.
45bb) Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Erstattung von Kosten der Netzzusammenschaltung für die Anschlusslinien an beiden Enden der Leitung.
46Nach dem Wortlaut der Vergleichsvereinbarung der Parteien vom 20./31.03.2014 ist bei der Kostenerstattung das Entgelt für die Anschlusslinie B, also die auf der Seite des Standortes von V, zu berücksichtigen. Mit dieser Anschlusslinie B wird nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Beklagten in der Klageerwiderung allein die Anschlusslinie bezeichnet, die bei einer von einem Kunden bestellten Carrierfestverbindung von A nach B für die Verbindung von einem Standort („Technikraum“) der Beklagten zu einem anderen, weiteren Standort („Technikraum“) der Beklagten führt. Demgegenüber bezeichnet die Anschlusslinie A die Verbindung von einem Kundenstandort A zu dem ersten Standort der Beklagten. Anknüpfend an diesen Sachverhalt widerspricht die von der Klägerin nunmehr vorgenommene Abrechnung der Anschlusslinien an beiden Enden der Leitung (S.12 der Klageschrift), mithin auch der Anschlusslinie A, dem Inhalt und technischen Wortlaut dieser Vereinbarung.
47Diese Erwägungen werden gestützt durch die Ausführungen der Beklagten in der Klageerwiderung, ausweislich derer die bereits in der Vergangenheit umgesetzte Praxis der Beklagten, die Anschlusslinie A nicht zu erstatten, in dem Rechtsstreit vor dem Landgericht Bonn – 10 O 80/13 – überhaupt nicht streitig gewesen sei (vgl. Anlagen B12, B13 und B14 zur Klageerwiderung). Vielmehr hätten die Parteien nur um die Frage der Erstattung der Kosten für die Anschlusslinie B gestritten und dazu eine Regelung finden wollen und gefunden. Diesem Vorbringen ist die Klägerin in der Replik nicht entgegen getreten (§ 138 Abs.3 ZPO).
48Der Hinweis der Klägerin auf die im Tatbestand zitierte Regelung von Ziffer 1.4 der „Vereinbarung zur ICAs Kostenerstattung“, dort im zweiten Absatz des Zitates, geht schon anhand der vorstehenden Erwägungen fehl.
49Aber auch der weitergehende technische und wirtschaftliche Hintergrund dieser Regelung entkräftet die Auslegung der Klägerin. Denn der im Tatbestand zitierte zweite Absatz knüpft an den ersten Absatz und damit an eine Abrechnungsweise unter Berücksichtigung der Ausführungsvarianten ICAs „Customer Sited“ an. Bei dieser Ausführungsvariante stellt die Beklagte indes keine Anschlusslinie A in Rechnung, da sie diese Anschlusslinie bei einer Carrierfestverbindung, die im Hause der Beklagte beginnt, nicht mehr herstellen muss, weil diese Anschlusslinie A dort bereits vorhanden ist. Insoweit wird auf die in technischer Hinsicht unwidersprochenen Ausführungen in der Klageerwiderung (S.9 und S.15f.) Bezug genommen.
50Soweit sich die Klägerin auf die in Satz 2 des zitierten zweiten Absatzes verwendete Pluralform (…werden bei der Erstattung die Anschlusslinien voll berücksichtigt...) stützt, werden allein hierdurch die eingangs aufgezeigten Gründe nicht erschüttert. Darüber hinaus dokumentiert der von der Beklagten als Anlage B16 zur Akte gereichte Beschluss der BNetzA vom 20.07.2007, dass auch dort die Pluralform „Anschlusslinien“ Verwendung findet, obwohl in diesem Verfahren die Anschlusslinie A keine Berücksichtigung gefunden hat. Allein die Verwendung eines einzelnen Begriffs im Plural rechtfertigt deshalb auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin angeführten wirtschaftlichen und geografischen Überlegungen (insbesondere S.11f. und S.14 bis S.16 der Klageschrift) keine abweichende Würdigung.
51cc) Die von der Klägerin behauptete Berechnung eines Pauschalpreises von 3.500,00 € gemäß ihrem Tarifmodell für Mietleitungen pro 2-Mbit/s-Mietleitung entspricht aus den vorstehend unter 1.a)aa) dargelegten Gründen gleichsam nicht den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien.
52b) Die Klägerin hat ferner nicht schlüssig dargetan, dass die Berücksichtigung der Verlegung der Standorte der Vermittlungsanlagen nach T und nach I zu einer abweichenden und ihr günstigeren Berechnung führt und insoweit die Klageforderung zumindest teilweise begründet ist.
53Vielmehr hat die Beklagte hierzu auf Seite 11 der Klageschrift vorgetragen, dass die Klägerin am Standort M ursprünglich als Endpunkt B drei Standorte genannt habe, und zwar E2 mit 3 ICAs, I mit 6 ICAs und L mit 11 ICAs, wobei sich eine Bündelung nur in der Verkehrsbeziehung M-L gelohnt habe (vgl. dazu bereits unter 1.a)aa)). Nachdem in der Klageschrift anstelle des Endpunktes E2 nunmehr der Endpunkt I – mit 10 ICAs – angegeben worden sei, sei eine Bündelung günstiger. Diesem konkreten Tatsachenvortrag hat die Klägerin nicht widersprochen, der deshalb gemäß § 138 Abs.3 ZPO als zugestanden gilt.
54Im Übrigen ist schon die konkrete Berechnungsweise der Klageforderung allein anhand der zu den Akten gereichten Dokumentationen (Anlagen K9, K10 und K12) für das erkennende Gericht nicht überprüfbar. Es fehlt auch unter Hinzuziehung der Erläuterungen auf den Seiten 16 und 17 der Klageschrift sowie des ergänzenden Schriftsatzes vom 24.05.2016 an einer Aufschlüsselung der konkreten Berechnungsparameter, der Eingangswerte und der einzelnen Berechnungsschritte.
55Die Frage, ob die Ermittlung des Anteils an den Gesamtkosten pro Inter-Building-Abschnitt nach einem Minutennutzungsverhältnis von 87,4 % sowie die Errechnung der Klageforderung insgesamt sachlich und rechnerisch zutreffend erfolgt ist, bedarf in Anbetracht der Ausführungen oben unter 1.a)aa) bis cc) keiner Vertiefung.
56c) Zahlungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte aus den §§ 683 Satz 1, 670 BGB oder den §§ 812 Abs.1 Satz 1, 818 Abs.2 BGB kommen nicht in Betracht.
57Die grundsätzlich vorrangige Vergleichsvereinbarung der Parteien vom 20./31.03.2014 in Verbindung mit der „Vereinbarung zur ICAs-Kostenerstattung“ vom 20./28.03.2014 steht schon begrifflich Ansprüchen der Klägerin aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 677 BGB) entgegen (vgl. nur Palandt/Sprau, BGB, aaO., § 677 Rd.11 m.w.N.). Insoweit gelten – auch zur Frage des hier nicht dargelegten wirklichen oder mutmaßlichen Willens der Beklagten im Sinne von § 683 Satz 1 BGB - die Erwägungen oben unter 1.a)aa) bis cc) sinngemäß.
58Da diese Vereinbarungen der Parteien zugleich auch den Rechtsgrund für die – dem Umfang nach streitigen (vgl. oben unter 1.b)) - Leistungen der Klägerin im Sinne von § 812 Abs.1 Satz 1 BGB bilden (vgl. Palandt/Sprau, aaO., § 812 Rd.21), bleibt für Bereicherungsansprüche der Klägerin kein Raum.
592. Die Beklagte hat gegen die Klägerin einen Anspruch auf (Rück-) Zahlung von 10.783,86 € aus den §§ 812 Abs.1 Satz 1, 1.alt., 818 Abs.2 BGB.
60Bei diesem Betrag handelt es sich in Anwendung der zwischen den Parteien vereinbarten Abrechnungssystematik um eine Überzahlung aus dem vorprozessual von der Beklagten an die Klägerin erstatteten Betrag von 625.225,09 € netto. Denn die Beklagte hat die konkreten Anknüpfungstatsachen für diese Berechnung unwidersprochen dargelegt (vgl. oben unter 1.b)) und vorgetragen, dass sich aus dieser Korrektur der Rückforderungsbetrag ergebe. Die dieser Korrektur zugrunde liegende günstigere Bündelung entspricht der eingangs unter 1.a)aa) aufgezeigten vertraglich vereinbarten Abrechnungssystematik der Parteien.
61Da die Vergleichsvereinbarung der Parteien vom 20./31.03.2014 in Verbindung mit der „Vereinbarung zur ICAs-Kostenerstattung“ vom 20./28.03.2014 für diese Überzahlung mithin keine Grundlage bildet, ist diese ohne Rechtsgrund erfolgte Leistung an die Beklagte zurückzugewähren.
62Der aus den §§ 288 Abs.1, 291 BGB folgende Zinsanspruch war auf den Zeitpunkt ab Rechtshängigkeit der Widerklage zu beschränken, da die Beklagte einen früheren Verzinsungstag nicht schlüssig dargelegt hat.
63Eine verschärfte Haftung der Klägerin lässt sich aus § 819 Abs.1 BGB nicht begründen, da diese Norm die positive Kenntnis aller Tatsachen, aus denen sich das Fehlen des Rechtsgrundes ergibt, einschließlich der Rechtsfolgen verlangt (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 75. Aufl. 2016, § 819 Rd.2 m.w.N.). Hierfür ist schon in Anbetracht der Komplexität der wechselseitig vorgenommenen Berechnungen und Vergleichsberechnungen der Parteien nichts ersichtlich. Anderes ergibt sich auch nicht aus dem vorgerichtlichen erläuternden Schreiben der Beklagten vom 22.06.2015 (Anlage K8 zur Klageschrift).
64Von einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung aufgrund des nicht nachgelassenen Klägerschriftsatz vom 19.08.2016 hat das Gericht abgesehen (§ 156 Abs.1 ZPO), zumal ein nachgelassener Schriftsatz der Beklagten vom 19.07.2016 im vorliegenden Rechtsstreit – anders als in dem Parallelprozess 1 O 484/15 des erkennenden Gerichts – nicht zu den Akten gelangt ist.
65Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
66Streitwert: 1.910.534,34 € (= 1.899.750,48 € zzgl. Widerklage).

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(1) Bei dem Gericht der Klage kann eine Widerklage erhoben werden, wenn der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln in Zusammenhang steht.
(2) Dies gilt nicht, wenn für eine Klage wegen des Gegenanspruchs die Vereinbarung der Zuständigkeit des Gerichts nach § 40 Abs. 2 unzulässig ist.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.
(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.
(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.
(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.
Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. In den Fällen des § 679 steht dieser Anspruch dem Geschäftsführer zu, auch wenn die Übernahme der Geschäftsführung mit dem Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch steht.
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
Wer ein Geschäft für einen anderen besorgt, ohne von ihm beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein, hat das Geschäft so zu führen, wie das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen es erfordert.
Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. In den Fällen des § 679 steht dieser Anspruch dem Geschäftsführer zu, auch wenn die Übernahme der Geschäftsführung mit dem Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch steht.
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.
(1) Kennt der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang oder erfährt er ihn später, so ist er von dem Empfang oder der Erlangung der Kenntnis an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre.
(2) Verstößt der Empfänger durch die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten, so ist er von dem Empfang der Leistung an in der gleichen Weise verpflichtet.
(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.
(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn
- 1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt, - 2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder - 3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.