Landgericht Bonn Urteil, 23. Sept. 2016 - 1 O 400/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 10.783,86 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.02.2016 zu zahlen. Die weitergehende Widerklage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreites werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien sind Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze. Ihre Telekommunikationsnetze sind aufgrund eines Beschlusses der Bundesnetzagentur (BNetzA) vom 03.09.2003 (Beschlussauszüge als Anlage K2 zur Klageschrift) zusammengeschaltet („Zusammenschaltungsanordnung“). Die in dem Beschluss genannte E AG hat ihren Geschäftsbereich „Netze“ auf die Beklagte ausgegliedert. Diese ist insoweit Rechtsnachfolgerin. Die Klägerin firmierte im Jahre 2003 noch als J GmbH & Co. KG.
3Die technische Realisierung der Zusammenschaltungsanschlüsse („Interconnection-Anschlüsse“ – nachfolgend: ICAs) erfolgt in den Ausführungsarten „ICAs Customer Sited“ oder „ICAs Physical Co-location“. Zur bildlichen Darstellung dieser Ausführungsvarianten wird auf die mit der Klageerwiderung zur Akte gereichte Anlage B6 Bezug genommen. Diese Darstellungen enthalten auf der linken Bildhälfte das Haus der Beklagten, in dem diese die Verkabelung für den Netzzusammenanschluss errichtet. Die Verkabelung im Haus nennt sich „Intra-Building-Abschnitt“, die zwischen den Häusern liegende Verkabelung „Inter-Building-Abschnitt“.
4Bei der Variante „ICAs Customer Sited“ findet die Zusammenschaltung auf der Seite des Kunden der Beklagten statt, so dass die Beklagte die Verkabelung bis dorthin einschließlich des Inter-Building-Abschnittes realisiert. Bei der Variante „ICAs Physical Co-location“ errichtet die Beklagte nur die Verkabelung im eigenen Haus – den Intra-Building-Abschnitt - und stellt der Klägerin einen Raum in diesem Haus bereit, so dass die Klägerin eine eigene physische Lokation („Physical Co-location“) bei der Beklagten erhält und von dort aus selbst den Inter-Building-Abschnitt realisiert. Die Klägerin verlegt mithin das Kabel aus dem von ihr angemieteten Raum („Kollokationsraum“) im Hause der Beklagten bis in ihr eigenes Haus.
5Die Klägerin begehrt im vorliegenden Rechtsstreit von der Beklagten die Erstattung von anteiligen Kosten der Netzzusammenschaltung in der Ausführungsart „ICAs Physical Co-location“ für das Jahr 2014.
6Über die Kosten der Netzzusammenschaltung für die Jahre 2008 - 2013 kam es zwischen den Parteien bereits zum Streit. Vor dem Landgericht Bonn - 10 O 80/13 - machte die Klägerin Erstattungsansprüche für das Jahr 2008 anhängig. Zur Beendigung dieses Rechtsstreites trafen die Parteien eine Vergleichsvereinbarung vom 20./31.03.2014 (Anlage K3 zur Klageschrift) mit unter anderem folgenden Inhalt:
7Die Parteien vereinbaren, dass zum 01.01.2014, also erstmalig für die ICAs-Kostenerstattung für das Jahr 2014, die Regelungen der als Anhang zu diesem Vergleich beigefügten Vereinbarung zur ICAs-Kostenerstattung zur Anwendung kommen und die bislang angeordneten und vereinbarten Regelungen zu diesem Zeitpunkt aufgehoben werden.
8Dabei sind sich die Parteien insbesondere über folgende Punkte einig:
9a) Das Entgelt für die Anschlusslinie B, also die auf der Seite des Standortes von V, wird berücksichtigt.
10b) Der Erstattungsbetrag wird für das Kalenderjahr, auf das sich die Erstattung bezieht, mit 5 % per anno verzinst.
11Ferner unterzeichneten die Parteien am 20./28.03.2014 eine „Vereinbarung zur ICAs Kostenerstattung“ (Anlage K4 zur Klageschrift), die unter Ziffer 1.4 wie folgt lautet:
12Für den von V selbst realisierten Inter-Building-Abschnitt des ICAs „Physical Co-location“ wird anteilig (…) der Betrag erstattet, den die E als niedrigsten Preis für die Überlassung des Inter-Building-Abschnitts eines ICAs „Customer Sited“ in Einwegeführung mit Standardentstörung innerhalb von 24 Stunden für die entsprechende Verkehrsbeziehung unter Berücksichtigung der Ausführungsvarianten ICAs „Customer Sited 16x2 Mbit/s / 21x2 Mbit/s / 63x2 Mbit/s“ in Rechnung stellen würde.
13Die Erstattung durch die E erfolgt nur für die in Rechnung gestellte Länge und maximal für eine Länge von 20 km. Bei einer Länge von über 20 km werden bei der Erstattung die Anschlusslinien voll berücksichtigt, sofern ihre Summe 20 km nicht überschreitet. Der Anteil der Verbindungslinie an der Gesamtlänge ist so lange zu kürzen, bis die Summe aus Anschluss- und Verbindungslinien 20 km nicht überschreitet.
14Unter dem 01.06.2015 stellte die Klägerin der Beklagten einen Erstattungsbetrag in Höhe von 2.184.492,99 € netto in Rechnung (Anlage K7 zur Klageschrift). Hierauf zahlte die Beklagte nach Überprüfung gemäß ihrem erläuternden Schreiben vom 22.06.2015 (Anlage K8, ebenda) einen Betrag von 625.225,09 € netto.
15Die Klägerin vertritt die Rechtsansicht, dass ihr die Beklagte zur Erstattung von Kosten der Netzzusammenschaltung in Höhe von 2.221.654,07 € netto, abzüglich der gezahlten 625.225,09 €, zuzüglich 19% USt. sowie abzüglich einer Kürzung gemäß Schriftsatz vom 24.05.2016 in Höhe von 8.034,64 € (Bl.### – ### d.A.) unter Heranziehung folgender Berechnungskriterien verpflichtet sei:
16- den Preisen, die die Beklagte ihren Vertragspartnern für sogenannte Carrier-Festverbindungen (CFV) jeweils für einzelne 2-Mbit/s-Leitungen, mithin entbündelt, berechnet;
17- die Ermittlung des maximal zu erstattenden Betrages unter Berücksichtigung der Anschlusslinien an beiden Enden der Leitung;
18- die Berechnung eines Pauschalpreises von 3.500,00 € gemäß ihrem Tarifmodell für Mietleitungen pro 2-Mbit/s-Mietleitung, die zur Anwendung jeweils eines ICAs diente, wegen Entfernungen zwischen den Standorten jeweils unter 100 km;
19- die Berücksichtigung der Verlegung einer Vermittlungsanlage am 24.06.2014 aus L nach T und einer weiteren Anlage am 08.01.2014 aus E2 nach I;
20- die Ermittlung des Anteils an den Gesamtkosten pro Inter-Building-Abschnitt nach einem Minutennutzungsverhältnis von 87,40 % (Anteil der Beklagten und damit Erstattungsanteil).
21Die Klägerin behauptet, dass sie die Klageforderung entsprechend diesen Kriterien sachlich und rechnerisch zutreffend ermittelt habe, und verweist dazu auf eine Excel-Kalkulation in CD-Form (Anlage K9 zur Klageschrift) nebst einem (berichtigten) Auszug in Papierform (Anlage K12, = Bl.### – ### d.A.).
22Die Klägerin beantragt,
23die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.891.319,84 € zu zahlen;
24die Beklagte zu verurteilen, an sie
25a) Zinsen in Höhe von 5% vom 01.01.2014 bis zum 31.12.2014 auf 1.596.428,98 €,
26b) Zinsen in Höhe von 8% über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.07.2015 bis zur Rechtshängigkeit auf 1.855.528,80 € und ab Rechtshängigkeit auf 1.899.750,48 € zu zahlen.
27Die Beklagte beantragt,
28die Klage kostenpflichtig abzuweisen.
29Widerklagend beantragt die Beklagte,
30die Klägerin zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 10.783,86 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.06.2015 zu zahlen.
31Die Klägerin beantragt,
32die Widerklage zurückzuweisen.
33Die Beklagte tritt dem Klagevorbringen mit Sach- und Rechtsausführungen entgegen. Sie behauptet unter Vorlage einer Vergleichsberechnung auf CD-Rom (Anlage B10 zur Klageerwiderung), dass die Berechnung der Klageforderung selbst basierend auf der Rechtsansicht der Klägerin unzutreffend sei.
34Mit der Widerklage macht die Beklagte basierend auf ihrer Vergleichsberechnung einen Rückforderungsbetrag geltend, zu dessen Begründung sie vorträgt (S.11 der Klageerwiderung), dass sich dieser aus der von der Klägerin in der Klageschrift angesprochenen Korrektur ihrer Standorte nach den Umzügen der betreffenden Leitungen ergebe, die sie – die Beklagte – bei der Erstellung ihrer ursprünglichen Vergleichsberechnung nicht gekannt habe und nicht habe kennen können.
35Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
36E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
37Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die gemäß § 33 ZPO in formeller Hinsicht unbedenkliche Widerklage ist mit Ausnahme eines Teils des Zinsanspruches begründet.
381. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 1.891.319,84 € aus der Vergleichsvereinbarung der Parteien vom 20./31.03.2014 in Verbindung mit der „Vereinbarung zur ICAs-Kostenerstattung“ vom 20./28.03.2014. Auch Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherungsrecht bestehen nicht.
39a) Die tatsächlichen Voraussetzungen für einen vertraglichen Anspruch in Höhe der Klageforderung hat die Klägerin nicht schlüssig dargetan. Denn die von der Klägerin dargestellten Berechnungskriterien finden in den klar dokumentierten vertraglichen Vereinbarungen der Parteien keine Stütze.
40aa) Die Rechtsansicht der Klägerin, die Beklagte müsse sich auch in Bezug auf die Klageforderung an einer entbündelten Berechnungsweise für einzelne 2-Mbit/s-Leitungen festhalten lassen, entspricht nicht den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien.
41Die unter Ziffer 1.4 der „Vereinbarung zur ICAs Kostenerstattung“ formulierte Regelung, wonach die Beklagte den Betrag erstattet, den sie als niedrigsten Preis für die Überlassung des Inter-Building-Abschnitts eines ICAs „Customer Sited“ (…) unter Berücksichtigung der Ausführungsvarianten ICAs „Customer Sited 16x2 Mbit/s / 21x2 Mbit/s / 63x2 Mbit/s“ in Rechnung stellen würde, knüpft unter verständiger Würdigung (§§ 133, 157, 242 BGB) an die zu erwartende Berechnungsweise einer Netzzusammenschaltung dieser Ausführungsvariante an. Wie die Beklagte aber in der Klageerwiderung einleuchtend und insoweit unwidersprochen dargelegt hat, kann die Realsierung der Ausführungsart „Customer Sited“ im Inter-Building-Abschnitt sowohl in der preisgünstigeren gebündelten Ausführungsvariante 16x2 Mbit/s, 21x2 Mbit/s oder 63x2 Mbit/s – auch „nx2-System“ genannt – bestellen, als auch in Einzelleitungen zu jeweils 2 Mbit/s. Diese letztgenannte Variante findet indes nicht nur in dem eingangs zitierten Wortlaut von Ziffer 1.4 keine (ausdrückliche) Erwähnung, sie würde auch als Produktauswahl eines Bestellers der wirtschaftlichen Vernunft widersprechen, da die von der BNetzA genehmigten Preise der Beklagten für die gebündelten „nx2-Systeme“ im Verhältnis erheblich niedriger sind, als die für Einzelleistungen genehmigten Preise. Die von der Klägerin favorisierte Auslegung des Passus in Rechnung stellen würde dahingehend, dass man hier eine ausgesprochen unwirtschaftliche Produktauswahl und Abrechnung unterstellen würde, ist hingegen mit den allgemeinen Auslegungsregeln von Vertragserklärungen nicht zu vereinbaren (vgl. nur Palandt/Ellenberger, BGB, 75. Aufl. 2016, § 133 Rd.18 m.w.N.).
42Dass sich die Klägerin abweichend hiervon regelmäßig für eine ungebündelte Realisierung der Inter-Building-Abschnitte entschieden haben soll, hat die Beklagte in der Klageerwiderung ausdrücklich bestritten. Die Klägerin hat eine derartige Vertragspraxis und dem entsprechende konkrete Anhaltspunkte für ein abweichendes Parteiverständnis dieses Vertragspassus´ weder näher dargelegt noch unter Beweis gestellt.
43Auch in technischer Hinsicht ist der in diesem Zusammenhang von der Klägerin für ihre Vertragsauslegung und Berechnungsweise einer Erstattung angeführte Aspekt der CFV-Preise (S.14 der Klageschrift; S.5f. der Replik) nicht nachvollziehbar. Denn die Beklagte hat dazu in der Klageerwiderung unwidersprochen dargelegt, dass der Inter-Building-Abschnitt nicht ausschließlich mit Mietleitungen oder Carrierfestverbindungen (CFV) realisiert werden könne, sondern dass die Bestellung eines Zusammenschaltungsanschlusses in der Variante „ICAs Customer Sited“ den Inter-Building-Abschnitt immanent beinhalte. Allein diese letztgenannte Leistungsvariante findet indes in Ziffer 1.4 der hier diskutierten Regelung ausdrückliche Erwähnung. Eine Grundlage für die Berechnung nach dem Produkt „Carrierfestverbindung“ findet sich demgegenüber in diesem Vertrag nicht.
44Ergänzend dazu wird auf die zutreffenden Ausführungen in dem als Anlage B19 zum Beklagtenschriftsatz vom 12.05.2016 zur Akte gereichten Urteil des Landgerichts Bonn vom 25.02.2016 – 18 O 338/14 – (dort S.12 – 13) Bezug genommen.
45bb) Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Erstattung von Kosten der Netzzusammenschaltung für die Anschlusslinien an beiden Enden der Leitung.
46Nach dem Wortlaut der Vergleichsvereinbarung der Parteien vom 20./31.03.2014 ist bei der Kostenerstattung das Entgelt für die Anschlusslinie B, also die auf der Seite des Standortes von V, zu berücksichtigen. Mit dieser Anschlusslinie B wird nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Beklagten in der Klageerwiderung allein die Anschlusslinie bezeichnet, die bei einer von einem Kunden bestellten Carrierfestverbindung von A nach B für die Verbindung von einem Standort („Technikraum“) der Beklagten zu einem anderen, weiteren Standort („Technikraum“) der Beklagten führt. Demgegenüber bezeichnet die Anschlusslinie A die Verbindung von einem Kundenstandort A zu dem ersten Standort der Beklagten. Anknüpfend an diesen Sachverhalt widerspricht die von der Klägerin nunmehr vorgenommene Abrechnung der Anschlusslinien an beiden Enden der Leitung (S.12 der Klageschrift), mithin auch der Anschlusslinie A, dem Inhalt und technischen Wortlaut dieser Vereinbarung.
47Diese Erwägungen werden gestützt durch die Ausführungen der Beklagten in der Klageerwiderung, ausweislich derer die bereits in der Vergangenheit umgesetzte Praxis der Beklagten, die Anschlusslinie A nicht zu erstatten, in dem Rechtsstreit vor dem Landgericht Bonn – 10 O 80/13 – überhaupt nicht streitig gewesen sei (vgl. Anlagen B12, B13 und B14 zur Klageerwiderung). Vielmehr hätten die Parteien nur um die Frage der Erstattung der Kosten für die Anschlusslinie B gestritten und dazu eine Regelung finden wollen und gefunden. Diesem Vorbringen ist die Klägerin in der Replik nicht entgegen getreten (§ 138 Abs.3 ZPO).
48Der Hinweis der Klägerin auf die im Tatbestand zitierte Regelung von Ziffer 1.4 der „Vereinbarung zur ICAs Kostenerstattung“, dort im zweiten Absatz des Zitates, geht schon anhand der vorstehenden Erwägungen fehl.
49Aber auch der weitergehende technische und wirtschaftliche Hintergrund dieser Regelung entkräftet die Auslegung der Klägerin. Denn der im Tatbestand zitierte zweite Absatz knüpft an den ersten Absatz und damit an eine Abrechnungsweise unter Berücksichtigung der Ausführungsvarianten ICAs „Customer Sited“ an. Bei dieser Ausführungsvariante stellt die Beklagte indes keine Anschlusslinie A in Rechnung, da sie diese Anschlusslinie bei einer Carrierfestverbindung, die im Hause der Beklagte beginnt, nicht mehr herstellen muss, weil diese Anschlusslinie A dort bereits vorhanden ist. Insoweit wird auf die in technischer Hinsicht unwidersprochenen Ausführungen in der Klageerwiderung (S.9 und S.15f.) Bezug genommen.
50Soweit sich die Klägerin auf die in Satz 2 des zitierten zweiten Absatzes verwendete Pluralform (…werden bei der Erstattung die Anschlusslinien voll berücksichtigt...) stützt, werden allein hierdurch die eingangs aufgezeigten Gründe nicht erschüttert. Darüber hinaus dokumentiert der von der Beklagten als Anlage B16 zur Akte gereichte Beschluss der BNetzA vom 20.07.2007, dass auch dort die Pluralform „Anschlusslinien“ Verwendung findet, obwohl in diesem Verfahren die Anschlusslinie A keine Berücksichtigung gefunden hat. Allein die Verwendung eines einzelnen Begriffs im Plural rechtfertigt deshalb auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin angeführten wirtschaftlichen und geografischen Überlegungen (insbesondere S.11f. und S.14 bis S.16 der Klageschrift) keine abweichende Würdigung.
51cc) Die von der Klägerin behauptete Berechnung eines Pauschalpreises von 3.500,00 € gemäß ihrem Tarifmodell für Mietleitungen pro 2-Mbit/s-Mietleitung entspricht aus den vorstehend unter 1.a)aa) dargelegten Gründen gleichsam nicht den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien.
52b) Die Klägerin hat ferner nicht schlüssig dargetan, dass die Berücksichtigung der Verlegung der Standorte der Vermittlungsanlagen nach T und nach I zu einer abweichenden und ihr günstigeren Berechnung führt und insoweit die Klageforderung zumindest teilweise begründet ist.
53Vielmehr hat die Beklagte hierzu auf Seite 11 der Klageschrift vorgetragen, dass die Klägerin am Standort M ursprünglich als Endpunkt B drei Standorte genannt habe, und zwar E2 mit 3 ICAs, I mit 6 ICAs und L mit 11 ICAs, wobei sich eine Bündelung nur in der Verkehrsbeziehung M-L gelohnt habe (vgl. dazu bereits unter 1.a)aa)). Nachdem in der Klageschrift anstelle des Endpunktes E2 nunmehr der Endpunkt I – mit 10 ICAs – angegeben worden sei, sei eine Bündelung günstiger. Diesem konkreten Tatsachenvortrag hat die Klägerin nicht widersprochen, der deshalb gemäß § 138 Abs.3 ZPO als zugestanden gilt.
54Im Übrigen ist schon die konkrete Berechnungsweise der Klageforderung allein anhand der zu den Akten gereichten Dokumentationen (Anlagen K9, K10 und K12) für das erkennende Gericht nicht überprüfbar. Es fehlt auch unter Hinzuziehung der Erläuterungen auf den Seiten 16 und 17 der Klageschrift sowie des ergänzenden Schriftsatzes vom 24.05.2016 an einer Aufschlüsselung der konkreten Berechnungsparameter, der Eingangswerte und der einzelnen Berechnungsschritte.
55Die Frage, ob die Ermittlung des Anteils an den Gesamtkosten pro Inter-Building-Abschnitt nach einem Minutennutzungsverhältnis von 87,4 % sowie die Errechnung der Klageforderung insgesamt sachlich und rechnerisch zutreffend erfolgt ist, bedarf in Anbetracht der Ausführungen oben unter 1.a)aa) bis cc) keiner Vertiefung.
56c) Zahlungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte aus den §§ 683 Satz 1, 670 BGB oder den §§ 812 Abs.1 Satz 1, 818 Abs.2 BGB kommen nicht in Betracht.
57Die grundsätzlich vorrangige Vergleichsvereinbarung der Parteien vom 20./31.03.2014 in Verbindung mit der „Vereinbarung zur ICAs-Kostenerstattung“ vom 20./28.03.2014 steht schon begrifflich Ansprüchen der Klägerin aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 677 BGB) entgegen (vgl. nur Palandt/Sprau, BGB, aaO., § 677 Rd.11 m.w.N.). Insoweit gelten – auch zur Frage des hier nicht dargelegten wirklichen oder mutmaßlichen Willens der Beklagten im Sinne von § 683 Satz 1 BGB - die Erwägungen oben unter 1.a)aa) bis cc) sinngemäß.
58Da diese Vereinbarungen der Parteien zugleich auch den Rechtsgrund für die – dem Umfang nach streitigen (vgl. oben unter 1.b)) - Leistungen der Klägerin im Sinne von § 812 Abs.1 Satz 1 BGB bilden (vgl. Palandt/Sprau, aaO., § 812 Rd.21), bleibt für Bereicherungsansprüche der Klägerin kein Raum.
592. Die Beklagte hat gegen die Klägerin einen Anspruch auf (Rück-) Zahlung von 10.783,86 € aus den §§ 812 Abs.1 Satz 1, 1.alt., 818 Abs.2 BGB.
60Bei diesem Betrag handelt es sich in Anwendung der zwischen den Parteien vereinbarten Abrechnungssystematik um eine Überzahlung aus dem vorprozessual von der Beklagten an die Klägerin erstatteten Betrag von 625.225,09 € netto. Denn die Beklagte hat die konkreten Anknüpfungstatsachen für diese Berechnung unwidersprochen dargelegt (vgl. oben unter 1.b)) und vorgetragen, dass sich aus dieser Korrektur der Rückforderungsbetrag ergebe. Die dieser Korrektur zugrunde liegende günstigere Bündelung entspricht der eingangs unter 1.a)aa) aufgezeigten vertraglich vereinbarten Abrechnungssystematik der Parteien.
61Da die Vergleichsvereinbarung der Parteien vom 20./31.03.2014 in Verbindung mit der „Vereinbarung zur ICAs-Kostenerstattung“ vom 20./28.03.2014 für diese Überzahlung mithin keine Grundlage bildet, ist diese ohne Rechtsgrund erfolgte Leistung an die Beklagte zurückzugewähren.
62Der aus den §§ 288 Abs.1, 291 BGB folgende Zinsanspruch war auf den Zeitpunkt ab Rechtshängigkeit der Widerklage zu beschränken, da die Beklagte einen früheren Verzinsungstag nicht schlüssig dargelegt hat.
63Eine verschärfte Haftung der Klägerin lässt sich aus § 819 Abs.1 BGB nicht begründen, da diese Norm die positive Kenntnis aller Tatsachen, aus denen sich das Fehlen des Rechtsgrundes ergibt, einschließlich der Rechtsfolgen verlangt (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 75. Aufl. 2016, § 819 Rd.2 m.w.N.). Hierfür ist schon in Anbetracht der Komplexität der wechselseitig vorgenommenen Berechnungen und Vergleichsberechnungen der Parteien nichts ersichtlich. Anderes ergibt sich auch nicht aus dem vorgerichtlichen erläuternden Schreiben der Beklagten vom 22.06.2015 (Anlage K8 zur Klageschrift).
64Von einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung aufgrund des nicht nachgelassenen Klägerschriftsatz vom 19.08.2016 hat das Gericht abgesehen (§ 156 Abs.1 ZPO), zumal ein nachgelassener Schriftsatz der Beklagten vom 19.07.2016 im vorliegenden Rechtsstreit – anders als in dem Parallelprozess 1 O 484/15 des erkennenden Gerichts – nicht zu den Akten gelangt ist.
65Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
66Streitwert: 1.910.534,34 € (= 1.899.750,48 € zzgl. Widerklage).
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Bonn Urteil, 23. Sept. 2016 - 1 O 400/15
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Tenor
1. Die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung werden abgelehnt.
2. Die Verfügungsklägerin hat die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Verfügungsklägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent der nach diesem Urteil zu vollstreckenden Kosten abzuwenden, wenn nicht die Verfügungsbeklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Teils erbringt.
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T a t b e s t a n d
2Die Verfügungsklägerin (im folgenden: Klägerin) will der Verfügungsbeklagten (im folgenden: Beklagte) im einstweiligen Verfügungsverfahren verbieten lassen, spezialisierte Dienstleister damit zu beauftragen, eine möglichst breite Aktionärspräsenz auf der für den 04.09. und gegebenenfalls 05.09.2013 einberufenen Hauptversammlung herbeizuführen und die Aktionäre nach der streitigen Behauptung der Klägerin dahin zu beeinflussen, gegen die Beschlussanträge zu votieren. Ferner soll es der Beklagten untersagt werden, bis zur Hauptversammlung eine Kapitalerhöhung mit Ausschluss des Bezugsrechtes aus dem genehmigten Kapital zu vollziehen, um auf diese Weise eine „Verwässerung“ ihres Aktienanteils zu verhindern. Etwaige, bereits veranlasste Maßnahmen soll die Beklagte nach dem Petitum der Klägerin rückgängig machen.
3Die Klägerin hält seit Anfang 2013 bis heute 29,9 % der Aktien der börsennotierten Beklagten. Sie plant, den gewählten Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. M. sowie die beiden weiteren, gerichtlich bestellten Aufsichtsratsmitglieder –der Aufsichtsrat besteht gem. § 10 Abs. 1 der Satzung aus drei Mitgliedern- durch auf einer außerordentlichen Hauptversammlung zu wählende neue Aufsichtsratsmitglieder zu ersetzen. In den Aufsichtsrat sollen nach dem Vorhaben der Klägerin ihr Gesellschaftergeschäftsführer sowie zwei weitere, von ihr benannte und für kompetent gehaltene Personen gewählt werden. Über die mit dem Investment sowie der beabsichtigten Neubesetzung des Aufsichtsrates verfolgten Ziele und Strategien machte die Klägerin bislang keine konkreten Angaben. Sie ließ lediglich verlauten, sich für eine kurzfristige Sonderausschüttung von ca. 54 Mio. Euro an die Aktionäre und mittel- und langfristig regelmäßig und stabile Ausschüttungen einsetzen zu wollen, ebenso wie für die Veräußerung einer nach ihrer Darstellung verlustträchtigen Produktionsstätte in Malaysia (Anlage ASt 1). Zu etwaigen Vorstellungen über die Verwendung der aktuellen Liquiditätsreserven der Beklagten in Höhe von ca. 200 Mio. Euro äußerte sich die Klägerin –soweit ersichtlich- bislang nicht. Nachdem die Beklagte die Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung abgelehnt hatte, erwirkte die Klägerin den bestandskräftigen Beschluss des Amtsgerichts Bad Oeynhausen vom 05.06.2013, durch den sie ermächtigt wurde, binnen zwei Monate eine außerordentliche Hauptversammlung der Beklagten einzuberufen, in der über die von ihr eingebrachten Beschlussanträge –Wahl dreier von ihr bezeichneten Personen in den Aufsichtsrat- entschieden werden soll. Den Vorschlag der Beklagten vom 07.06.2013, den von ihr bereits in den zurückliegenden Jahren mit der Einberufung, der Anmeldung der Aktionäre sowie der organisatorischen Begleitung der Hauptversammlung beauftragten Dienstleister –die Fa. O. AG- mit der Einberufung der Hauptversammlung und deren Organisation zu betrauen, lehnte die Klägerin ab. Sie sah sich als zur Einberufung der außerordentlichen Hauptversammlung ermächtigte Aktionärin auch befugt, den spezialisierten Dienstleister I. GmbH (im folgenden: I. GmbH) als Anmeldestätte anzugeben und diesen mit der Einberufung sowie der Anmeldung der Aktionäre und der weiteren Organisation der Hauptversammlung zu beauftragen. Die Satzung der Beklagten enthält gemäß § 16 als Voraussetzung für die Teilnahme und die Stimmrechtsausübung folgende Regelung:
4„Zur Teilnahme an der Hauptversammlung und zur Ausübung des Stimm-
5rechts sind nur die Aktionäre berechtigt, die sich vor der Hauptversammlung
6angemeldet und ihre Berechtigung nachgewiesen haben. Zum Nachweis der
7Berechtigung bedarf es eines Nachweises des Anteilsbesitzes durch das
8depotführende Institut. Der Nachweis hat sich auf den Beginn des 21. Tages
9vor der Versammlung zu beziehen. Die Anmeldung und der Nachweis der
10Berechtigung müssen der Gesellschaft unter der in der Einberufung hierfür
11mitgeteilten Adresse in Textform in deutscher oder englischer Sprache
12mindestens sechs Tage vor der Hauptversammlung zugehen. In der Ein-
13berufung kann eine kürzere, in Tagen zu bemessene Frist vorgesehen
14werden. Bei der Berechnung der Frist sind der Tag der Hauptversammlung
15und der Tag des Zugangs der Anmeldung und des Nachweises nicht mit-
16zurechnen.“
17Die Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung auf den 18.07.2013 wurde am 11.06.2013 einschließlich der Tagesordnung (Ziffer I; Abberufung des Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. M. sowie Ersetzung der beiden weiteren Aufsichtsratsmitglieder durch Wahl von drei namentlich bezeichneten Personen) im Bundesanzeiger veröffentlicht. Ferner wurde im Bundesanzeiger unter Ziffer II. folgende Voraussetzungen für die Teilnahme an der Hauptversammlung und die Ausübung des Stimmrechtes veröffentlicht:
18„Zur Teilnahme an der Hauptversammlung und zur Ausübung des Stimm-
19rechtes sind nur die Aktionäre berechtigt, die sich vor der Hauptversammlung
20angemeldet und ihre Berechtigung nachgewiesen haben. Zum Nachweis der
21Berechtigung bedarf es eines Nachweises des Anteilsbesitzes durch das
22depotführende Institut. Der Nachweis hat sich auf den Beginn des 27. Juni
232013 (0.00 Uhr) (Nachweisstichtag) zu beziehen. Die Anmeldung und der
24Nachweis der Berechtigung müssen der Gesellschaft in Textform in deutscher
25oder englischer Sprache spätestes am 11. Juni 2013 (24.00 Uhr) unter der
26folgenden Adresse zugehen (Anmeldestelle):
27C. Aktiengesellschaft
28c/o I. GmbH
29...“
30Die Beklagte –vertreten durch den Vorstand- und der Aufsichtsratsvorsitzende wandten sich mit im wesentlichen gleichlautenden Schreiben vom 19.06.2013 an die Aktionäre. Sie wiesen u.a. darauf hin, dass sie mit der Beauftragung der I. GmbH durch die Klägerin nicht einverstanden seien und sie diese Gesellschaft als Annahmestelle für die Einberufung der Hauptversammlung zum 18.07.2013 nicht bevollmächtigt hätten. Ferner erläuterten sie die bisherige Unternehmensstrategie und machten sinngemäß deutlich, dass nicht absehbar sei, ob an dieser Strategie in dem Fall, in dem die Klägerin mit einem Aktienbesitz von 29,9 % den Aufsichtsrat mit drei Mitgliedern dominiere, festzuhalten sei. Die Beklagte und der Aufsichtsratsvorsitzende brachten in diesem „Aktionärsbrief“ den Wunsch zum Ausdruck, dass möglichst viele Aktionäre in Ansehung der Bedeutung der Aufsichtsratswahl von ihrem Stimmrecht in der Hauptversammlung am 18.07.2013 Gebrauch machten.
31Die Beklagte hatte Zweifel an der Wirksamkeit der Anmeldung der Aktionäre zur Teilnahme an der Hauptversammlung bei der von der Klägerin beauftragten I. GmbH. Sie beauftragte daher ihrerseits drei Gutachter –F. T., Präsident des OLG Stuttgart a.D.; Prof. Dr. C., Universität Jena und Prof. Dr. D., Universität Frankfurt am Main- mit der Erstellung von Rechtsgutachten im wesentlichen zu der Frage der Wirksamkeit der Anmeldung der Aktionäre zur Hauptversammlung am 18.07.2013. Diese Gutachten, auf deren weiteren Inhalt Bezug genommen wird (Anlagen AG 9 bis 11), gelangten –bei der Beurteilung einzelner Fragen mit differenzierter Begründung- übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass die Anmeldungen der Aktionäre bei der Anmeldestelle I. GmbH nicht der Satzung der Beklagten und auch nicht den speziellen gesetzlichen Bestimmungen des Aktienrechtes entsprachen. Diese Gutachten lagen der Beklagten am 16.07.2013 vor.
32Am 12.07.2013 setzte die I. GmbH den Aufsichtsratsvorsitzenden der Beklagten Dr. M. von den Anmeldungen in Kenntnis. Danach entfielen auf die Klägerin 50,163 % der zur Hauptversammlung angemeldeten Aktionärsstimmen.
33Die Leitung der Hauptversammlung vom 18.07.2013 übernahm gemäß den § 17 Abs. 1, Abs. 2 der Satzung der Beklagten Dr. M. als Aufsichtsratsvorsitzender. Dieser führte unter Hinweis auf die drei von der Beklagten eingeholten Rechtsgutachten aus, dass die Aktionäre sich bei der Fa. I. GmbH nicht wirksam für die Hauptversammlung hätten anmelden können, da die Beklagte die Fa. I. GmbH nicht als Annahmestelle beauftragt und ermächtigt habe. Demgemäß sei niemand der erschienenen Aktionäre wirksam zur Hauptversammlung angemeldet worden mit der Folge, dass eine Abstimmung über die Beschlussanträge –Abwahl des Aufsichtsratsvorsitzenden und Wahl der von der Klägerin benannten Personen zu Aufsichtsratsmitgliedern- nicht zulässig sei. Eine Abstimmung über die Beschlussanträge unterblieb in der Hauptversammlung vom 18.07.2013.
34Die Klägerin berief auf der Grundlage des Ermächtigungsbeschlusses des Amtsgerichts Bad Oeynhausen vom 07.06.2013 daraufhin eine außerordentliche Hauptversammlung für den 04.09. und gegebenenfalls 05.09.2013 in Berlin ein. Die Einberufung einschließlich der Tagesordnung (Beschlussfassung über die Abberufung des Aufsichtsratsvorsitzenden sowie Beschlussfassung über die Wahl neuer Aufsichtsratsmitglieder) wurde am 29.07.2013 im Bundesanzeiger veröffentlicht. Unter Ziffer II. wurden zudem die Voraussetzungen für die Teilnahme an der Hauptversammlung und die Ausübung des Stimmrechtes bekanntgegeben. Danach haben sich die Aktionäre mit einem entsprechenden Nachweis ihres Aktienbesitzes bis zum 28.08.2013 bei der wiederum von der Klägerin beauftragten I. GmbH anzumelden (Anlage ASt 11). Die Klägerin sah das Verhalten des Aufsichtsratsvorsitzenden auf der Hauptversammlung vom 18.07.2013 als grob pflichtwidrig an. Nach ihrer Auffassung hat der Aufsichtsratsvorsitzende in der sicheren Annahme seiner Abwahl im Falle einer Abstimmung über die Beschlussanträge eine solche vereitelt. Da sie befürchtete und befürchtet, dass der Vorstand sowie der Aufsichtsratsvorsitzende der Beklagten unter Verletzung ihrer Neutralitätspflicht Einfluss auf die Aktionäre nehmen könnten, forderte sie die Beklagte sowie deren Aufsichtsratsvorsitzenden mit Anwaltsschreiben vom 29.07.2013 auf, die I. GmbH als Anmeldestelle für die Hauptversammlung vom 04.09./gegebenenfalls 05.09.2013 zu genehmigen und diese Gesellschaft als Empfängerin der Anmeldungen der Aktionäre zu bevollmächtigen. Ferner wies sie den Vorstands sowie den Aufsichtsratsvorsitzenden darauf hin, dass sie es zu unterlassen haben, spezialisierte Dienstleister zu beauftragen, gezielt Stimmen für eine Abstimmung in der Hauptversammlung zu sammeln. Sie verlangte von ihnen unter Fristsetzung bis zum 30.07. –später verlängert bis zum 02.08.2013- verbindlich zu erklären, keine Maßnahmen zu ergreifen, die die Neutralitätspflicht verletzten. Ferner verlangte die Klägerin von der Beklagten bis zur Hauptversammlung einen Verzicht auf die Durchführung von Kapitalmaßnahmen (Anlage ASt 12). Diesen Verzicht begründete die Klägerin aufgrund folgender Beschlusslage: Die ordentliche Hauptversammlung der Beklagten hatte am 11.05.2012 beschlossen, den Vorstand der Beklagten zu ermächtigen, das Grundkapital der Beklagten mit Zustimmung des Aufsichtsrates bis zum 10.05.2017 einmal oder mehrmals von bis zu 29.445.318,00 € durch Ausgabe von bis zu 29.445.318 neuen auf den Inhaber lautenden Stückaktien gegen bar –und/oder Sacheinlage zu erhöhen. Dabei ist der Vorstand ermächtigt worden, das Bezugsrecht der „Altaktionäre“ unter bestimmten Voraussetzungen auszuschließen. Darüber, ob dieser Beschluss in formell wirksamer Weise in das Handelsregister eingetragen worden ist, besteht zwischen den Parteien Streit.
35Die Klägerin sah sich in ihren Befürchtungen durch ein an sie gerichtetes Schreiben des Aktionärs Markus T. vom 31.07.2013 bestärkt. In diesem Schreiben, wegen dessen weiteren Inhalts auf die zur Akte gereichte Kopie Bezug genommen wird (Anlage ASt 14), heißt es u.a. wie folgt:
36„...bei Nachfrage bei der IR-Abteilung von C. wurde mir geantwortet,
37dass dort schon wieder an einer Gegenaktion gearbeitet wird ...“
38Die Beklagte teilte der Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 01.08.2013 (Anlage AG 6) mit, dass sie bereit sei, die Fa. I. GmbH als Anmeldestelle zu akzeptieren, wenn sie und der Aufsichtsratsvorsitzende als Leiter der Hauptversammlung zeitnah über den Stand der Anmeldungen unterrichtet würden. Eine von ihr konzipierte Vereinbarung über die Zuleitung von Anmeldedaten im Hinblick auf die außerordentliche Hauptversammlung der C. AG vom 04.09./05.09.2013 übersandte die Beklagte der Fa. I. GmbH mit Anwaltsschreiben vom 06.08.2013 (Anlage AG 7); (bis zum Zeitpunkt der mündliche Verhandlung hatte die I. GmbH die rechtliche Prüfung dieses Angebotes zum Abschluss der Vereinbarung noch nicht beendet). Dem Verlangen der Klägerin, auf die Beauftragung von sog. proxy advisern zu verzichten, kam die Beklagte nicht nach. Als proxy adviser hatte sie die Fa. S. GmbH damit beauftragt, die Kommunikation zwischen ihr und ihren Aktionären herzustellen und auf eine hohe Aktionärspräsenz auf der Hauptversammlung hinzuwirken. Vertragliche Aufgabe der S. GmbH ist es auch, das Gespräch mit Groß- und Kleinaktionären über die Themen der Hauptversammlung zu suchen und die Aktionäre zu einer Teilnahme an der Hauptversammlung zu bewegen. Ob auch deren Beeinflussung –auf der Hauptversammlung gegen die Beschlussanträge zu votieren- Gegenstand des mit der Beklagten geschlossenen Vertrages ist, ist zwischen den Parteien streitig.
39Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte verletze durch die Beauftragung des Dienstleisters S. GmbH mit der Maßgabe, für eine hohe Aktionärspräsenz auf der Hauptversammlung zu sorgen, ihre Neutralitätspflicht. Es sei das Recht eines jeden Aktionäres, einer Hauptversammlung fernzubleiben und damit an der Abstimmung über die Beschlussanträge nicht teilzunehmen. Dies habe die Beklagte zu beachten und sich jeglicher Maßnahmen, die Aktionärspräsenz zu erhöhen, zu enthalten. Dies gelte für die Beklagte in besonderem Maße auch deshalb, weil die Hauptversammlung über das Aufsichtsgremium des Vorstandes der Beklagten zu befinden habe. Im übrigen –so behauptet die Klägerin- habe die Beklagte die S. GmbH auch damit beauftragt, auf die Aktionäre dahin Einfluss zu nehmen, gegen die Beschlussanträge zu votieren. Alles andere sei auch mit Blick auf die Ereignisse in der Hauptversammlung vom 18.07.2013 lebensfremd. In dieser Hauptversammlung habe der Aufsichtsratsvorsitzende als Versammlungsleiter durch ein grob pflichtwidriges Verhalten eine Abstimmung über die Beschlussanträge verhindert. Das Verhalten lasse sich auch nicht auf der Grundlage der drei von der Beklagten in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten rechtfertigen. Zum einen seien diese Gutachten inhaltlich angreifbar; zum anderen verhielten sie sich nicht über die allein entscheidende Frage einer Teilnahmeberechtigung und das Recht zur Stimmabgabe auf der Hauptversammlung. Dass die Beklagte ihrer Neutralitätspflicht zuwider Einfluss nehme oder aber zu nehmen beabsichtige, werde auch durch das Schreiben des Aktionärs Markus T. belegt, in dem davon die Rede sei, dass die Beklagte an einer Gegenaktion arbeite. Im übrigen befürchtet die Klägerin, dass der Vorstand der Beklagten mit Genehmigung des Aufsichtsrates auf der Grundlage des Beschlusses der Hauptversammlung vom 11. Mai 2012 neue Aktien unter Ausschluss des Bezugsrechtes ausgeben, damit ihren Anteil „verwässern“ und auf diese Weise Einfluss auf die Abstimmung über die Beschlussanträge nehmen könnte.
40Die Klägerin beantragt,
41- 42
1. der Beklagten zu untersagen, im Vorfeld der von ihr auf den 04. (und sofern erforderlich 05.) September 2013 einberufenen außerordentlichen Hauptversammlung Dritte, insbesondere spezialisierte Dienstleister, direkt oder indirekt zu beauftragen, um im Aktionärskreis der Beklagten auf eine ablehnende Stimmabgabe zu den in der Einberufung zu der genannten Hauptversammlung bekannt gemachten Beschlussvorschlägen hinzuwirken und entsprechende Stimmen zu sammeln oder die Hauptversammlungspräsenz zu erhöhen,
- 43
2. für den Fall, dass die Beklagte bereits solche Dritten, insbesondere spezialisierte Dienstleister, direkt oder indirekt beauftragt hat, um im Aktionärskreis der Beklagten auf eine ablehnende Stimmabgabe zu den in der Einberufung zu außerordentlichen Hauptversammlung am 04. (und sofern erforderlich 05.) September 2013 bekannt gemachten Beschlussvorschlägen hinzuwirken und entsprechende Stimmen zu sammeln oder die Hauptversammlungspräsenz zu erhöhen, wird der Beklagten aufgegeben, diese Beauftragungen unverzüglich zu beenden sowie darauf hinzuwirken, dass die betreffenden Dritten nicht weiter tätig werden,
- 44
3. der Beklagten zu untersagen, vor der Beendigung der auf den 04. (und sofern erforderlich 05.) September 2013 einberufenen außerordentlichen Hauptversammlung eine Kapitalerhöhung aus dem in der Hauptversammlung am 11. Mia 2012 beschlossenen genehmigten Kapital (mit einem Gesamtbetrag von 29.445.318,00 €) mit Bezugsrechtsausschluss durchzuführen und die Eintragung des in der Hauptversammlung vom 11. Mai 2012 beschlossenen genehmigten Kapitals (mit einem Gesamtbetrag von 29.445.318,00 €) und/oder die Eintragung der Durchführung einer solchen Kapitalerhöhung in das Handelsregister zu beantragen oder anderweitig zu bewirken,
- 45
4. für den Fall, dass das in der Hauptversammlung am 11. Mai 2012 beschlossene genehmigte Kapital (mit einem Gesamtbetrag von 29.445.318,00 €) und/oder eine Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss auf der Grundlage dieses genehmigten Kapitals bereits zu Eintragungen in das Handelsregister angemeldet ist, wird der Beklagten aufgegeben, die Anmeldung unverzüglich zurückzunehmen und ihr untersagt, das in der Hauptversammlung am 11. Mai 2012 beschlossene genehmigte Kapital oder eine Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss auf der Grundlage dieses genehmigten Kapitals vor der Beendigung der auf den 04. (und sofern erforderlich 05.) September 2013 einberufenen außerordentlichen Hauptversammlung erneut anzumelden.
Die Beklagte beantragt,
47die Anträge zurückzuweisen.
48Nach Auffassung der Beklagten sei die Beauftragung der S. GmbH mit dem Ziel einer möglichst großen Aktionärspräsenz auf der Hauptversammlung vom 04.09./gegebenenfalls 05.09.2013 nicht zu beanstanden. Eine solche Inanspruchnahme der vertraglichen Leistungen eines spezialisierten Dienstleisters sei üblich und werde auch von zahlreichen DAX-Unternehmen entsprechend gehandhabt. Im Sinne der Aktionärsdemokratie sei es geboten, auf eine möglichst breite Aktionärspräsenz hinzuwirken. Sie betreitet jedoch, S. GmbH beauftragt zu haben, Aktionäre dahin zu beeinflussen, auf der Hauptversammlung gegen die Beschlussanträge zu stimmen. Im übrigen könne die Klägerin aus dem Verhalten des Aufsichtsratsvorsitzenden während der Hauptversammlung vom 18.07.2013 nichts für die bevorstehende Hauptversammlung herleiten. Der Aufsichtsratsvorsitzende habe sich nämlich nicht pflichtwidrig verhalten, er habe auf der Grundlage der am 16.07.2013 vorliegenden drei Rechtsgutachten zu Recht darauf hingewiesen, dass die Anmeldung der Aktionäre über die Anmeldestelle I. GmbH unzulässig gewesen sei. Dem Verlangen der Klägerin, sie –die Beklagte- habe sich bis zur Hauptversammlung einer Ausnutzung des genehmigten Kapitals zu enthalten, hält die Beklagte entgegen, selbst keinerlei konkrete Maßnahmen unternommen zu haben, um eine solche Kapitalerhöhung bis zum 04.09.2013 vorzubereiten oder vorzunehmen.
49Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze und Anlagen Bezug genommen. Ferner wird auf die von den Parteien zur Akte gereichten eidesstattlichen Versicherungen verwiesen.
50Entscheidungsgründe
51Die Verfügungsanträge bleiben ohne Erfolg, denn die Klägerin hat die Voraussetzungen eines Verfügungsanspruches nicht hinreichend dargetan und glaubhaft gemacht. Die Beauftragung der S. GmbH durch die Beklagte mit dem Ziel der Kommunikation zwischen der Beklagten und ihren Aktionären sowie dem Bemühen um eine hohe Aktionärspräsenz auf der Hauptversammlung vom 04.09. (ggfs. 05.09.2013) stellt keine Verletzung der Neutralitätspflicht der Beklagten dar; ein Einwirken der Beklagten auf das Abstimmungsverhalten der Aktionäre hat die Klägerin nicht glaubhaft gemacht (I.). Für die von ihr in den Raum gestellten Kapitalmaßnahmen der Beklagten und die damit aus ihrer Sicht verbundene Gefahr der „Verwässerung“ ihres Aktienanteils hat die Klägerin keine greifbaren Tatsachen vorgetragen (II.). Im einzelnen:
52I.
53Die Beauftragung der S. GmbH durch die Beklagte verletzt nicht ihre Neutralitätspflicht.
54- 55
1. Die Beklagte räumt ein, die S. GmbH als spezialisierten Dienstleister damit beauftragt zu haben, die Kommunikation zwischen ihr und ihren Aktionären herzustellen, das Gespräch über Themen der einberufenen Hauptversammlung zu suchen und die Aktionäre zu einer Teilnahme an der Hauptversammlung zu bewegen. Dies ist –bei isolierter Betrachtung- unverfänglich und möglicherweise gar wünschenswert. Je breiter die Aktionärspräsenz auf der Hauptversammlung ist, ein umso vielfältigeres Meinungsspektrum kann erwartet werden. Abstimmungen bei großer Aktionärspräsenz beleben die Aktionärsdemokratie, die Risiken, dass Interessen weniger Aktionäre bei geringer Teilnahme durchgesetzt werden können, lassen sich auf diese Weise eingrenzen. Eine solche isolierte Betrachtung des Werbens der Beklagten für eine rege Teilnahme der Aktionäre auf der Hauptversammlung ließe jedoch wesentliche Gesichtspunkte außer Betracht. Mit an die Aktionäre gerichtetem Schreiben vom 19.06.2013 hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass die Wahl der von der Klägerin vorgeschlagenen Kandidaten erhebliche Auswirkungen auf die künftige Entwicklung des Unternehmens haben könnte und es bei der Wahl auch um eine das Unternehmen betreffende richtungsweisende Wahl gehen könnte. Die Darstellung der bisherigen Unternehmensstrategie sowie des bisher Erreichten einerseits sowie die angedeuteten Unwägbarkeiten im Falle der Wahl der von der Klägerin vorgeschlagenen Kandidaten andererseits vermittelt den Aktionären den Eindruck, dass die Beklagte die Neubesetzung des Aufsichtsrates in dem von der Klägerin vorgeschlagenen Umfang nicht für wünschenswert hält. Vor diesem Hintergrund spricht vieles dafür, dass die Beklagte das Ziel verfolgt, dass bei hoher Aktionärspräsenz der Stimmanteil der Klägerin für die Wahl der von ihr vorgeschlagenen Kandidaten zu Aufsichtsratsmitgliedern nicht ausreicht. Es kommt mithin maßgeblich auf die Frage an, ob sich das Werben der Beklagten für eine große Aktionärspräsenz auf der Hauptversammlung in der nach außen deutlich gemachten Hoffnung, dass der Stimmanteil der Klägerin für die Wahl der Aufsichtsratskandidaten nicht ausreicht, als Verstoß gegen die Neutralitätspflicht des Vorstandes der Beklagten erweist.Der Vorstand kann und muß unter den in § 124 AktG genannten Voraussetzungen Vorschläge zur Beschlussfassung machen. Dass er insoweit für bestimmte Positionen oder Personen Stellung bezieht, liegt auf der Hand und wird vom Gesetzgeber akzeptiert. Dies gilt gem. § 124 Abs. 3 S. 1 1. Alt. AktG jedoch nicht, soweit es um die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern geht. Damit soll eine Einflussnahme des Vorstandes auf die Personen, die seine Arbeit zu überwachen und zu überprüfen haben, verhindert werden (vgl. Münchener-Kommentar, Kubis, AktG, 3. Aufl., § 124 RN 30 m.w.N.; K. Schmidt-Lutter, Ziemons, AktG, 2. Aufl., § 124 RN 26 m.w.N.). Ginge es mithin allein um die Frage, ob die von der Klägerin benannten Personen entsprechend den Beschlussanträge zu Mitgliedern des Aufsichtsrates gewählt werden oder ob diesen Vorschläge die erforderliche Stimmenmehrheit versagt wird, so könnte sich die von der Beklagten über die S. GmbH versuchte Einflussnahme auf die Aktionäre als Verstoß gegen ihre Verpflichtung zur Enthaltung einer Stellungnahme darstellen. Bei der Abstimmung über die Beschlussanträge geht es zwar formal lediglich um die Abberufung des Aufsichtsratsvorsitzenden der Beklagten sowie die Wahl der von der Klägerin bezeichneten Kandidaten. Darüber hinaus geht es aber auch um die für einen Aktionär maßgebliche Frage, ob und in welchem Umfang durch die komplette Neubesetzung des Aufsichtsrates die bisherige Unternehmensstrategie möglicherweise geändert werden soll sowie weiter darum, ob die Klägerin mit einem Aktienanteil von 29,9 % den Aufsichtsrat mit den von ihr bezeichneten Kandidaten dominieren und auf diese Weise Einfluß auf die Unternehmensstrategie und Unternehmensführung nehmen und somit gegebenenfalls Singularinteressen durchsetzen kann. Dies ist für die Beklagte wie auch für die Aktionäre von wesentlicher Bedeutung. Die Beauftragung der S. GmbH mit dem Ziel des Erreichens einer hohen Aktionärspräsenz geschah erkennbar auch deshalb, um die Aktionäre auf die Bedeutung der Wahl für die künftige Unternehmensstrategie aufmerksam zu machen und diese für das Vorhaben der Klägerin, den Aufsichtsrat zu dominieren, zu sensibilisieren. Dies erweist sich nicht als Verletzung der Neutralitätspflicht.
- 56
2. Eine weitergehende, gezielte Einflußnahme auf das Abstimmungsverhalten der Aktionäre durch die Beklagte hat die Klägerin nicht hinreichend substantiiert dargetan. Die Beklagte hat den Inhalt der vertraglichen Regelungen mit der S. GmbH vorgetragen und mit der eidesstattlichen Versicherung ihres Vorstandes vom 09.08.2013 (Bl. 130 f. d.A.) glaubhaft gemacht. Danach ist es nicht vertragliche Aufgabe der S. GmbH, gezielt die Stimmabgabe der Aktionäre in die eine oder andere Richtung zu beeinflussen oder „auf Stimmenfang“ zu gehen. Mit diesem glaubhaft gemachten Vortrag hat die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast genügt. Das Bestreiten dieser Darstellung mit Nichtwissen durch die Klägerin reicht nicht hin. Ihr oblag es, einzelne Anknüpfungspunkte für ihre Behauptung der gezielten Einflußnahme der Beklagten auf die Aktionäre vorzutragen und glaubhaft zu machen. Dies ist nicht geschehen. Der Inhalt des Schreibens des Aktionärs Markus T. vom 31.07.2013 „bei Nachfrage bei der IR-Abteilung von C. wurde mir geantwortet, dass dort schon wieder an einer Gegenaktion gearbeitet wird“, ist aussagearm und gibt für die Behauptung einer gezielten Aktionärsbeeinflussung und eines „Stimmenfangs“ nichts Substantielles her. Es läßt sich weder dem Schreiben noch dem Vortrag der Klägerin entnehmen, wer diese Erklärung wann und in welchem Zusammenhang abgegeben hat. Im übrigen stehen dieser Darstellung des Aktionärs T. die von der Beklagten vorgelegten eidesstattliche Versicherungen der Mitarbeiter der D. GmbH & Co., dem „IR“ (= Investor Relations) der Beklagten entgegen. Die Mitarbeiter C. N., S. M. U. und E. V. Reuter haben als allein in Betracht kommende Ansprechpartner des Aktionärs T. versichert, keine Antwort oder Auskunft gegeben zu haben, dass „dort schon wieder an einer Gegenaktion gearbeitet wird“.
- 57
3. Das von der Klägerin als grob pflichtwidrig bezeichnete Verhalten des Aufsichtsratsvorsitzenden als Versammlungsleiter der Hauptversammlung vom 18.07.2013 kann ebenfalls nicht als Beleg oder Indiz dafür herangezogen werden, dass die Beklagte gezielt auf das Abstimmungsverhalten der Aktionäre in der Hauptversammlung vom 04.09.2013 (05.09.2013) Einfluß nimmt und auf „Stimmenfang“ geht. Der Aufsichtsratsvorsitzende hat –wie die Klägerin meint, zu Unrecht- die Wirksamkeit der Anmeldung der Aktionäre für die Hauptversammlung vom 18.07.2013 verneint und mit dieser Begründung einer Abstimmung über die Beschlussanträge verhindert. Die Fragen, ob die von dem Aufsichtsratsvorsitzenden vertretenen Rechtsauffassung zutrifft, ob den von der Beklagten beauftragten Rechtsgutachtern der Sachverhalt vollständig und richtig mitgeteilt worden ist, ob sich das Gutachten zu der von der Klägerin für allein maßgeblich gehaltenen Frage –waren die erschienenen Aktionäre oder deren Vertreter zur Beschlussfassung berechtigt?- verhalten, können in diesem Verfahren dahinstehen. Zum einen rechtfertigt das Verhalten des Aufsichtsratsvorsitzenden in der Hauptversammlung vom 18.07.2013 nicht den Schluss, die Beklagte nehme über die S. GmbH gezielt Einfluß auf das Abstimmungsverhalten der Aktionäre. Zum weiteren hat die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 01.08.2013 und vom 06.08.2013 erklärt, sie akzeptiere und bevollmächtige die I. GmbH als Annahmestelle für die Hauptversammlung vom 04.09.2013 (05.09.2013) unter bestimmten, in dem beigefügten Vertragsentwurf genannten Voraussetzungen. Der Streit um die Akzeptanz und die Bevollmächtigung der I. GmbH dürfte damit –soweit es um die Einberufung zur Hauptversammlung auf den 04.09. (ggfs. 05.09.) 2013 geht- nicht weiter fortgesetzt werden.
- 58
4. Der Verfügungsantrag zu 2) hat aus den dargestellten Gründen ebenfalls keinen Erfolg.
II.
60Die Verfügungsanträge zu 3) und 4) sind unbegründet. Die Klägerin hat lediglich die Möglichkeit einer Ausnutzung des durch Beschluss der Hauptversammlung vom 11.05.2012 genehmigten Kapitals beschrieben und eine solche Kapitalmaßnahme unter verschiedenen rechtlichen Gesichtspunkten als unzulässig bezeichnet. Damit läßt sich ein Verfügungsanspruch jedoch nicht begründen. Die Beklagte hat dargetan, keinerlei konkreten Maßnahmen unternommen zu haben, um eine solche Kapitalerhöhung bis zum 04.09.2013 vorzubereiten oder vorzunehmen. Dem ist die Klägerin nicht qualifiziert entgegengetreten, insbesondere hat sie nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, aufgrund welcher konkreten Umstände die von ihr beschriebenen Kapitalmaßnahmen von der Beklagten geplant und vollzogen werden sollen.
61Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus den §§ 91, 708 Ziff. 6, 711 ZPO.
(1) Bei dem Gericht der Klage kann eine Widerklage erhoben werden, wenn der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln in Zusammenhang steht.
(2) Dies gilt nicht, wenn für eine Klage wegen des Gegenanspruchs die Vereinbarung der Zuständigkeit des Gerichts nach § 40 Abs. 2 unzulässig ist.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Tenor
1. Die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung werden abgelehnt.
2. Die Verfügungsklägerin hat die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Verfügungsklägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent der nach diesem Urteil zu vollstreckenden Kosten abzuwenden, wenn nicht die Verfügungsbeklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Teils erbringt.
1
T a t b e s t a n d
2Die Verfügungsklägerin (im folgenden: Klägerin) will der Verfügungsbeklagten (im folgenden: Beklagte) im einstweiligen Verfügungsverfahren verbieten lassen, spezialisierte Dienstleister damit zu beauftragen, eine möglichst breite Aktionärspräsenz auf der für den 04.09. und gegebenenfalls 05.09.2013 einberufenen Hauptversammlung herbeizuführen und die Aktionäre nach der streitigen Behauptung der Klägerin dahin zu beeinflussen, gegen die Beschlussanträge zu votieren. Ferner soll es der Beklagten untersagt werden, bis zur Hauptversammlung eine Kapitalerhöhung mit Ausschluss des Bezugsrechtes aus dem genehmigten Kapital zu vollziehen, um auf diese Weise eine „Verwässerung“ ihres Aktienanteils zu verhindern. Etwaige, bereits veranlasste Maßnahmen soll die Beklagte nach dem Petitum der Klägerin rückgängig machen.
3Die Klägerin hält seit Anfang 2013 bis heute 29,9 % der Aktien der börsennotierten Beklagten. Sie plant, den gewählten Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. M. sowie die beiden weiteren, gerichtlich bestellten Aufsichtsratsmitglieder –der Aufsichtsrat besteht gem. § 10 Abs. 1 der Satzung aus drei Mitgliedern- durch auf einer außerordentlichen Hauptversammlung zu wählende neue Aufsichtsratsmitglieder zu ersetzen. In den Aufsichtsrat sollen nach dem Vorhaben der Klägerin ihr Gesellschaftergeschäftsführer sowie zwei weitere, von ihr benannte und für kompetent gehaltene Personen gewählt werden. Über die mit dem Investment sowie der beabsichtigten Neubesetzung des Aufsichtsrates verfolgten Ziele und Strategien machte die Klägerin bislang keine konkreten Angaben. Sie ließ lediglich verlauten, sich für eine kurzfristige Sonderausschüttung von ca. 54 Mio. Euro an die Aktionäre und mittel- und langfristig regelmäßig und stabile Ausschüttungen einsetzen zu wollen, ebenso wie für die Veräußerung einer nach ihrer Darstellung verlustträchtigen Produktionsstätte in Malaysia (Anlage ASt 1). Zu etwaigen Vorstellungen über die Verwendung der aktuellen Liquiditätsreserven der Beklagten in Höhe von ca. 200 Mio. Euro äußerte sich die Klägerin –soweit ersichtlich- bislang nicht. Nachdem die Beklagte die Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung abgelehnt hatte, erwirkte die Klägerin den bestandskräftigen Beschluss des Amtsgerichts Bad Oeynhausen vom 05.06.2013, durch den sie ermächtigt wurde, binnen zwei Monate eine außerordentliche Hauptversammlung der Beklagten einzuberufen, in der über die von ihr eingebrachten Beschlussanträge –Wahl dreier von ihr bezeichneten Personen in den Aufsichtsrat- entschieden werden soll. Den Vorschlag der Beklagten vom 07.06.2013, den von ihr bereits in den zurückliegenden Jahren mit der Einberufung, der Anmeldung der Aktionäre sowie der organisatorischen Begleitung der Hauptversammlung beauftragten Dienstleister –die Fa. O. AG- mit der Einberufung der Hauptversammlung und deren Organisation zu betrauen, lehnte die Klägerin ab. Sie sah sich als zur Einberufung der außerordentlichen Hauptversammlung ermächtigte Aktionärin auch befugt, den spezialisierten Dienstleister I. GmbH (im folgenden: I. GmbH) als Anmeldestätte anzugeben und diesen mit der Einberufung sowie der Anmeldung der Aktionäre und der weiteren Organisation der Hauptversammlung zu beauftragen. Die Satzung der Beklagten enthält gemäß § 16 als Voraussetzung für die Teilnahme und die Stimmrechtsausübung folgende Regelung:
4„Zur Teilnahme an der Hauptversammlung und zur Ausübung des Stimm-
5rechts sind nur die Aktionäre berechtigt, die sich vor der Hauptversammlung
6angemeldet und ihre Berechtigung nachgewiesen haben. Zum Nachweis der
7Berechtigung bedarf es eines Nachweises des Anteilsbesitzes durch das
8depotführende Institut. Der Nachweis hat sich auf den Beginn des 21. Tages
9vor der Versammlung zu beziehen. Die Anmeldung und der Nachweis der
10Berechtigung müssen der Gesellschaft unter der in der Einberufung hierfür
11mitgeteilten Adresse in Textform in deutscher oder englischer Sprache
12mindestens sechs Tage vor der Hauptversammlung zugehen. In der Ein-
13berufung kann eine kürzere, in Tagen zu bemessene Frist vorgesehen
14werden. Bei der Berechnung der Frist sind der Tag der Hauptversammlung
15und der Tag des Zugangs der Anmeldung und des Nachweises nicht mit-
16zurechnen.“
17Die Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung auf den 18.07.2013 wurde am 11.06.2013 einschließlich der Tagesordnung (Ziffer I; Abberufung des Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. M. sowie Ersetzung der beiden weiteren Aufsichtsratsmitglieder durch Wahl von drei namentlich bezeichneten Personen) im Bundesanzeiger veröffentlicht. Ferner wurde im Bundesanzeiger unter Ziffer II. folgende Voraussetzungen für die Teilnahme an der Hauptversammlung und die Ausübung des Stimmrechtes veröffentlicht:
18„Zur Teilnahme an der Hauptversammlung und zur Ausübung des Stimm-
19rechtes sind nur die Aktionäre berechtigt, die sich vor der Hauptversammlung
20angemeldet und ihre Berechtigung nachgewiesen haben. Zum Nachweis der
21Berechtigung bedarf es eines Nachweises des Anteilsbesitzes durch das
22depotführende Institut. Der Nachweis hat sich auf den Beginn des 27. Juni
232013 (0.00 Uhr) (Nachweisstichtag) zu beziehen. Die Anmeldung und der
24Nachweis der Berechtigung müssen der Gesellschaft in Textform in deutscher
25oder englischer Sprache spätestes am 11. Juni 2013 (24.00 Uhr) unter der
26folgenden Adresse zugehen (Anmeldestelle):
27C. Aktiengesellschaft
28c/o I. GmbH
29...“
30Die Beklagte –vertreten durch den Vorstand- und der Aufsichtsratsvorsitzende wandten sich mit im wesentlichen gleichlautenden Schreiben vom 19.06.2013 an die Aktionäre. Sie wiesen u.a. darauf hin, dass sie mit der Beauftragung der I. GmbH durch die Klägerin nicht einverstanden seien und sie diese Gesellschaft als Annahmestelle für die Einberufung der Hauptversammlung zum 18.07.2013 nicht bevollmächtigt hätten. Ferner erläuterten sie die bisherige Unternehmensstrategie und machten sinngemäß deutlich, dass nicht absehbar sei, ob an dieser Strategie in dem Fall, in dem die Klägerin mit einem Aktienbesitz von 29,9 % den Aufsichtsrat mit drei Mitgliedern dominiere, festzuhalten sei. Die Beklagte und der Aufsichtsratsvorsitzende brachten in diesem „Aktionärsbrief“ den Wunsch zum Ausdruck, dass möglichst viele Aktionäre in Ansehung der Bedeutung der Aufsichtsratswahl von ihrem Stimmrecht in der Hauptversammlung am 18.07.2013 Gebrauch machten.
31Die Beklagte hatte Zweifel an der Wirksamkeit der Anmeldung der Aktionäre zur Teilnahme an der Hauptversammlung bei der von der Klägerin beauftragten I. GmbH. Sie beauftragte daher ihrerseits drei Gutachter –F. T., Präsident des OLG Stuttgart a.D.; Prof. Dr. C., Universität Jena und Prof. Dr. D., Universität Frankfurt am Main- mit der Erstellung von Rechtsgutachten im wesentlichen zu der Frage der Wirksamkeit der Anmeldung der Aktionäre zur Hauptversammlung am 18.07.2013. Diese Gutachten, auf deren weiteren Inhalt Bezug genommen wird (Anlagen AG 9 bis 11), gelangten –bei der Beurteilung einzelner Fragen mit differenzierter Begründung- übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass die Anmeldungen der Aktionäre bei der Anmeldestelle I. GmbH nicht der Satzung der Beklagten und auch nicht den speziellen gesetzlichen Bestimmungen des Aktienrechtes entsprachen. Diese Gutachten lagen der Beklagten am 16.07.2013 vor.
32Am 12.07.2013 setzte die I. GmbH den Aufsichtsratsvorsitzenden der Beklagten Dr. M. von den Anmeldungen in Kenntnis. Danach entfielen auf die Klägerin 50,163 % der zur Hauptversammlung angemeldeten Aktionärsstimmen.
33Die Leitung der Hauptversammlung vom 18.07.2013 übernahm gemäß den § 17 Abs. 1, Abs. 2 der Satzung der Beklagten Dr. M. als Aufsichtsratsvorsitzender. Dieser führte unter Hinweis auf die drei von der Beklagten eingeholten Rechtsgutachten aus, dass die Aktionäre sich bei der Fa. I. GmbH nicht wirksam für die Hauptversammlung hätten anmelden können, da die Beklagte die Fa. I. GmbH nicht als Annahmestelle beauftragt und ermächtigt habe. Demgemäß sei niemand der erschienenen Aktionäre wirksam zur Hauptversammlung angemeldet worden mit der Folge, dass eine Abstimmung über die Beschlussanträge –Abwahl des Aufsichtsratsvorsitzenden und Wahl der von der Klägerin benannten Personen zu Aufsichtsratsmitgliedern- nicht zulässig sei. Eine Abstimmung über die Beschlussanträge unterblieb in der Hauptversammlung vom 18.07.2013.
34Die Klägerin berief auf der Grundlage des Ermächtigungsbeschlusses des Amtsgerichts Bad Oeynhausen vom 07.06.2013 daraufhin eine außerordentliche Hauptversammlung für den 04.09. und gegebenenfalls 05.09.2013 in Berlin ein. Die Einberufung einschließlich der Tagesordnung (Beschlussfassung über die Abberufung des Aufsichtsratsvorsitzenden sowie Beschlussfassung über die Wahl neuer Aufsichtsratsmitglieder) wurde am 29.07.2013 im Bundesanzeiger veröffentlicht. Unter Ziffer II. wurden zudem die Voraussetzungen für die Teilnahme an der Hauptversammlung und die Ausübung des Stimmrechtes bekanntgegeben. Danach haben sich die Aktionäre mit einem entsprechenden Nachweis ihres Aktienbesitzes bis zum 28.08.2013 bei der wiederum von der Klägerin beauftragten I. GmbH anzumelden (Anlage ASt 11). Die Klägerin sah das Verhalten des Aufsichtsratsvorsitzenden auf der Hauptversammlung vom 18.07.2013 als grob pflichtwidrig an. Nach ihrer Auffassung hat der Aufsichtsratsvorsitzende in der sicheren Annahme seiner Abwahl im Falle einer Abstimmung über die Beschlussanträge eine solche vereitelt. Da sie befürchtete und befürchtet, dass der Vorstand sowie der Aufsichtsratsvorsitzende der Beklagten unter Verletzung ihrer Neutralitätspflicht Einfluss auf die Aktionäre nehmen könnten, forderte sie die Beklagte sowie deren Aufsichtsratsvorsitzenden mit Anwaltsschreiben vom 29.07.2013 auf, die I. GmbH als Anmeldestelle für die Hauptversammlung vom 04.09./gegebenenfalls 05.09.2013 zu genehmigen und diese Gesellschaft als Empfängerin der Anmeldungen der Aktionäre zu bevollmächtigen. Ferner wies sie den Vorstands sowie den Aufsichtsratsvorsitzenden darauf hin, dass sie es zu unterlassen haben, spezialisierte Dienstleister zu beauftragen, gezielt Stimmen für eine Abstimmung in der Hauptversammlung zu sammeln. Sie verlangte von ihnen unter Fristsetzung bis zum 30.07. –später verlängert bis zum 02.08.2013- verbindlich zu erklären, keine Maßnahmen zu ergreifen, die die Neutralitätspflicht verletzten. Ferner verlangte die Klägerin von der Beklagten bis zur Hauptversammlung einen Verzicht auf die Durchführung von Kapitalmaßnahmen (Anlage ASt 12). Diesen Verzicht begründete die Klägerin aufgrund folgender Beschlusslage: Die ordentliche Hauptversammlung der Beklagten hatte am 11.05.2012 beschlossen, den Vorstand der Beklagten zu ermächtigen, das Grundkapital der Beklagten mit Zustimmung des Aufsichtsrates bis zum 10.05.2017 einmal oder mehrmals von bis zu 29.445.318,00 € durch Ausgabe von bis zu 29.445.318 neuen auf den Inhaber lautenden Stückaktien gegen bar –und/oder Sacheinlage zu erhöhen. Dabei ist der Vorstand ermächtigt worden, das Bezugsrecht der „Altaktionäre“ unter bestimmten Voraussetzungen auszuschließen. Darüber, ob dieser Beschluss in formell wirksamer Weise in das Handelsregister eingetragen worden ist, besteht zwischen den Parteien Streit.
35Die Klägerin sah sich in ihren Befürchtungen durch ein an sie gerichtetes Schreiben des Aktionärs Markus T. vom 31.07.2013 bestärkt. In diesem Schreiben, wegen dessen weiteren Inhalts auf die zur Akte gereichte Kopie Bezug genommen wird (Anlage ASt 14), heißt es u.a. wie folgt:
36„...bei Nachfrage bei der IR-Abteilung von C. wurde mir geantwortet,
37dass dort schon wieder an einer Gegenaktion gearbeitet wird ...“
38Die Beklagte teilte der Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 01.08.2013 (Anlage AG 6) mit, dass sie bereit sei, die Fa. I. GmbH als Anmeldestelle zu akzeptieren, wenn sie und der Aufsichtsratsvorsitzende als Leiter der Hauptversammlung zeitnah über den Stand der Anmeldungen unterrichtet würden. Eine von ihr konzipierte Vereinbarung über die Zuleitung von Anmeldedaten im Hinblick auf die außerordentliche Hauptversammlung der C. AG vom 04.09./05.09.2013 übersandte die Beklagte der Fa. I. GmbH mit Anwaltsschreiben vom 06.08.2013 (Anlage AG 7); (bis zum Zeitpunkt der mündliche Verhandlung hatte die I. GmbH die rechtliche Prüfung dieses Angebotes zum Abschluss der Vereinbarung noch nicht beendet). Dem Verlangen der Klägerin, auf die Beauftragung von sog. proxy advisern zu verzichten, kam die Beklagte nicht nach. Als proxy adviser hatte sie die Fa. S. GmbH damit beauftragt, die Kommunikation zwischen ihr und ihren Aktionären herzustellen und auf eine hohe Aktionärspräsenz auf der Hauptversammlung hinzuwirken. Vertragliche Aufgabe der S. GmbH ist es auch, das Gespräch mit Groß- und Kleinaktionären über die Themen der Hauptversammlung zu suchen und die Aktionäre zu einer Teilnahme an der Hauptversammlung zu bewegen. Ob auch deren Beeinflussung –auf der Hauptversammlung gegen die Beschlussanträge zu votieren- Gegenstand des mit der Beklagten geschlossenen Vertrages ist, ist zwischen den Parteien streitig.
39Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte verletze durch die Beauftragung des Dienstleisters S. GmbH mit der Maßgabe, für eine hohe Aktionärspräsenz auf der Hauptversammlung zu sorgen, ihre Neutralitätspflicht. Es sei das Recht eines jeden Aktionäres, einer Hauptversammlung fernzubleiben und damit an der Abstimmung über die Beschlussanträge nicht teilzunehmen. Dies habe die Beklagte zu beachten und sich jeglicher Maßnahmen, die Aktionärspräsenz zu erhöhen, zu enthalten. Dies gelte für die Beklagte in besonderem Maße auch deshalb, weil die Hauptversammlung über das Aufsichtsgremium des Vorstandes der Beklagten zu befinden habe. Im übrigen –so behauptet die Klägerin- habe die Beklagte die S. GmbH auch damit beauftragt, auf die Aktionäre dahin Einfluss zu nehmen, gegen die Beschlussanträge zu votieren. Alles andere sei auch mit Blick auf die Ereignisse in der Hauptversammlung vom 18.07.2013 lebensfremd. In dieser Hauptversammlung habe der Aufsichtsratsvorsitzende als Versammlungsleiter durch ein grob pflichtwidriges Verhalten eine Abstimmung über die Beschlussanträge verhindert. Das Verhalten lasse sich auch nicht auf der Grundlage der drei von der Beklagten in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten rechtfertigen. Zum einen seien diese Gutachten inhaltlich angreifbar; zum anderen verhielten sie sich nicht über die allein entscheidende Frage einer Teilnahmeberechtigung und das Recht zur Stimmabgabe auf der Hauptversammlung. Dass die Beklagte ihrer Neutralitätspflicht zuwider Einfluss nehme oder aber zu nehmen beabsichtige, werde auch durch das Schreiben des Aktionärs Markus T. belegt, in dem davon die Rede sei, dass die Beklagte an einer Gegenaktion arbeite. Im übrigen befürchtet die Klägerin, dass der Vorstand der Beklagten mit Genehmigung des Aufsichtsrates auf der Grundlage des Beschlusses der Hauptversammlung vom 11. Mai 2012 neue Aktien unter Ausschluss des Bezugsrechtes ausgeben, damit ihren Anteil „verwässern“ und auf diese Weise Einfluss auf die Abstimmung über die Beschlussanträge nehmen könnte.
40Die Klägerin beantragt,
41- 42
1. der Beklagten zu untersagen, im Vorfeld der von ihr auf den 04. (und sofern erforderlich 05.) September 2013 einberufenen außerordentlichen Hauptversammlung Dritte, insbesondere spezialisierte Dienstleister, direkt oder indirekt zu beauftragen, um im Aktionärskreis der Beklagten auf eine ablehnende Stimmabgabe zu den in der Einberufung zu der genannten Hauptversammlung bekannt gemachten Beschlussvorschlägen hinzuwirken und entsprechende Stimmen zu sammeln oder die Hauptversammlungspräsenz zu erhöhen,
- 43
2. für den Fall, dass die Beklagte bereits solche Dritten, insbesondere spezialisierte Dienstleister, direkt oder indirekt beauftragt hat, um im Aktionärskreis der Beklagten auf eine ablehnende Stimmabgabe zu den in der Einberufung zu außerordentlichen Hauptversammlung am 04. (und sofern erforderlich 05.) September 2013 bekannt gemachten Beschlussvorschlägen hinzuwirken und entsprechende Stimmen zu sammeln oder die Hauptversammlungspräsenz zu erhöhen, wird der Beklagten aufgegeben, diese Beauftragungen unverzüglich zu beenden sowie darauf hinzuwirken, dass die betreffenden Dritten nicht weiter tätig werden,
- 44
3. der Beklagten zu untersagen, vor der Beendigung der auf den 04. (und sofern erforderlich 05.) September 2013 einberufenen außerordentlichen Hauptversammlung eine Kapitalerhöhung aus dem in der Hauptversammlung am 11. Mia 2012 beschlossenen genehmigten Kapital (mit einem Gesamtbetrag von 29.445.318,00 €) mit Bezugsrechtsausschluss durchzuführen und die Eintragung des in der Hauptversammlung vom 11. Mai 2012 beschlossenen genehmigten Kapitals (mit einem Gesamtbetrag von 29.445.318,00 €) und/oder die Eintragung der Durchführung einer solchen Kapitalerhöhung in das Handelsregister zu beantragen oder anderweitig zu bewirken,
- 45
4. für den Fall, dass das in der Hauptversammlung am 11. Mai 2012 beschlossene genehmigte Kapital (mit einem Gesamtbetrag von 29.445.318,00 €) und/oder eine Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss auf der Grundlage dieses genehmigten Kapitals bereits zu Eintragungen in das Handelsregister angemeldet ist, wird der Beklagten aufgegeben, die Anmeldung unverzüglich zurückzunehmen und ihr untersagt, das in der Hauptversammlung am 11. Mai 2012 beschlossene genehmigte Kapital oder eine Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss auf der Grundlage dieses genehmigten Kapitals vor der Beendigung der auf den 04. (und sofern erforderlich 05.) September 2013 einberufenen außerordentlichen Hauptversammlung erneut anzumelden.
Die Beklagte beantragt,
47die Anträge zurückzuweisen.
48Nach Auffassung der Beklagten sei die Beauftragung der S. GmbH mit dem Ziel einer möglichst großen Aktionärspräsenz auf der Hauptversammlung vom 04.09./gegebenenfalls 05.09.2013 nicht zu beanstanden. Eine solche Inanspruchnahme der vertraglichen Leistungen eines spezialisierten Dienstleisters sei üblich und werde auch von zahlreichen DAX-Unternehmen entsprechend gehandhabt. Im Sinne der Aktionärsdemokratie sei es geboten, auf eine möglichst breite Aktionärspräsenz hinzuwirken. Sie betreitet jedoch, S. GmbH beauftragt zu haben, Aktionäre dahin zu beeinflussen, auf der Hauptversammlung gegen die Beschlussanträge zu stimmen. Im übrigen könne die Klägerin aus dem Verhalten des Aufsichtsratsvorsitzenden während der Hauptversammlung vom 18.07.2013 nichts für die bevorstehende Hauptversammlung herleiten. Der Aufsichtsratsvorsitzende habe sich nämlich nicht pflichtwidrig verhalten, er habe auf der Grundlage der am 16.07.2013 vorliegenden drei Rechtsgutachten zu Recht darauf hingewiesen, dass die Anmeldung der Aktionäre über die Anmeldestelle I. GmbH unzulässig gewesen sei. Dem Verlangen der Klägerin, sie –die Beklagte- habe sich bis zur Hauptversammlung einer Ausnutzung des genehmigten Kapitals zu enthalten, hält die Beklagte entgegen, selbst keinerlei konkrete Maßnahmen unternommen zu haben, um eine solche Kapitalerhöhung bis zum 04.09.2013 vorzubereiten oder vorzunehmen.
49Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze und Anlagen Bezug genommen. Ferner wird auf die von den Parteien zur Akte gereichten eidesstattlichen Versicherungen verwiesen.
50Entscheidungsgründe
51Die Verfügungsanträge bleiben ohne Erfolg, denn die Klägerin hat die Voraussetzungen eines Verfügungsanspruches nicht hinreichend dargetan und glaubhaft gemacht. Die Beauftragung der S. GmbH durch die Beklagte mit dem Ziel der Kommunikation zwischen der Beklagten und ihren Aktionären sowie dem Bemühen um eine hohe Aktionärspräsenz auf der Hauptversammlung vom 04.09. (ggfs. 05.09.2013) stellt keine Verletzung der Neutralitätspflicht der Beklagten dar; ein Einwirken der Beklagten auf das Abstimmungsverhalten der Aktionäre hat die Klägerin nicht glaubhaft gemacht (I.). Für die von ihr in den Raum gestellten Kapitalmaßnahmen der Beklagten und die damit aus ihrer Sicht verbundene Gefahr der „Verwässerung“ ihres Aktienanteils hat die Klägerin keine greifbaren Tatsachen vorgetragen (II.). Im einzelnen:
52I.
53Die Beauftragung der S. GmbH durch die Beklagte verletzt nicht ihre Neutralitätspflicht.
54- 55
1. Die Beklagte räumt ein, die S. GmbH als spezialisierten Dienstleister damit beauftragt zu haben, die Kommunikation zwischen ihr und ihren Aktionären herzustellen, das Gespräch über Themen der einberufenen Hauptversammlung zu suchen und die Aktionäre zu einer Teilnahme an der Hauptversammlung zu bewegen. Dies ist –bei isolierter Betrachtung- unverfänglich und möglicherweise gar wünschenswert. Je breiter die Aktionärspräsenz auf der Hauptversammlung ist, ein umso vielfältigeres Meinungsspektrum kann erwartet werden. Abstimmungen bei großer Aktionärspräsenz beleben die Aktionärsdemokratie, die Risiken, dass Interessen weniger Aktionäre bei geringer Teilnahme durchgesetzt werden können, lassen sich auf diese Weise eingrenzen. Eine solche isolierte Betrachtung des Werbens der Beklagten für eine rege Teilnahme der Aktionäre auf der Hauptversammlung ließe jedoch wesentliche Gesichtspunkte außer Betracht. Mit an die Aktionäre gerichtetem Schreiben vom 19.06.2013 hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass die Wahl der von der Klägerin vorgeschlagenen Kandidaten erhebliche Auswirkungen auf die künftige Entwicklung des Unternehmens haben könnte und es bei der Wahl auch um eine das Unternehmen betreffende richtungsweisende Wahl gehen könnte. Die Darstellung der bisherigen Unternehmensstrategie sowie des bisher Erreichten einerseits sowie die angedeuteten Unwägbarkeiten im Falle der Wahl der von der Klägerin vorgeschlagenen Kandidaten andererseits vermittelt den Aktionären den Eindruck, dass die Beklagte die Neubesetzung des Aufsichtsrates in dem von der Klägerin vorgeschlagenen Umfang nicht für wünschenswert hält. Vor diesem Hintergrund spricht vieles dafür, dass die Beklagte das Ziel verfolgt, dass bei hoher Aktionärspräsenz der Stimmanteil der Klägerin für die Wahl der von ihr vorgeschlagenen Kandidaten zu Aufsichtsratsmitgliedern nicht ausreicht. Es kommt mithin maßgeblich auf die Frage an, ob sich das Werben der Beklagten für eine große Aktionärspräsenz auf der Hauptversammlung in der nach außen deutlich gemachten Hoffnung, dass der Stimmanteil der Klägerin für die Wahl der Aufsichtsratskandidaten nicht ausreicht, als Verstoß gegen die Neutralitätspflicht des Vorstandes der Beklagten erweist.Der Vorstand kann und muß unter den in § 124 AktG genannten Voraussetzungen Vorschläge zur Beschlussfassung machen. Dass er insoweit für bestimmte Positionen oder Personen Stellung bezieht, liegt auf der Hand und wird vom Gesetzgeber akzeptiert. Dies gilt gem. § 124 Abs. 3 S. 1 1. Alt. AktG jedoch nicht, soweit es um die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern geht. Damit soll eine Einflussnahme des Vorstandes auf die Personen, die seine Arbeit zu überwachen und zu überprüfen haben, verhindert werden (vgl. Münchener-Kommentar, Kubis, AktG, 3. Aufl., § 124 RN 30 m.w.N.; K. Schmidt-Lutter, Ziemons, AktG, 2. Aufl., § 124 RN 26 m.w.N.). Ginge es mithin allein um die Frage, ob die von der Klägerin benannten Personen entsprechend den Beschlussanträge zu Mitgliedern des Aufsichtsrates gewählt werden oder ob diesen Vorschläge die erforderliche Stimmenmehrheit versagt wird, so könnte sich die von der Beklagten über die S. GmbH versuchte Einflussnahme auf die Aktionäre als Verstoß gegen ihre Verpflichtung zur Enthaltung einer Stellungnahme darstellen. Bei der Abstimmung über die Beschlussanträge geht es zwar formal lediglich um die Abberufung des Aufsichtsratsvorsitzenden der Beklagten sowie die Wahl der von der Klägerin bezeichneten Kandidaten. Darüber hinaus geht es aber auch um die für einen Aktionär maßgebliche Frage, ob und in welchem Umfang durch die komplette Neubesetzung des Aufsichtsrates die bisherige Unternehmensstrategie möglicherweise geändert werden soll sowie weiter darum, ob die Klägerin mit einem Aktienanteil von 29,9 % den Aufsichtsrat mit den von ihr bezeichneten Kandidaten dominieren und auf diese Weise Einfluß auf die Unternehmensstrategie und Unternehmensführung nehmen und somit gegebenenfalls Singularinteressen durchsetzen kann. Dies ist für die Beklagte wie auch für die Aktionäre von wesentlicher Bedeutung. Die Beauftragung der S. GmbH mit dem Ziel des Erreichens einer hohen Aktionärspräsenz geschah erkennbar auch deshalb, um die Aktionäre auf die Bedeutung der Wahl für die künftige Unternehmensstrategie aufmerksam zu machen und diese für das Vorhaben der Klägerin, den Aufsichtsrat zu dominieren, zu sensibilisieren. Dies erweist sich nicht als Verletzung der Neutralitätspflicht.
- 56
2. Eine weitergehende, gezielte Einflußnahme auf das Abstimmungsverhalten der Aktionäre durch die Beklagte hat die Klägerin nicht hinreichend substantiiert dargetan. Die Beklagte hat den Inhalt der vertraglichen Regelungen mit der S. GmbH vorgetragen und mit der eidesstattlichen Versicherung ihres Vorstandes vom 09.08.2013 (Bl. 130 f. d.A.) glaubhaft gemacht. Danach ist es nicht vertragliche Aufgabe der S. GmbH, gezielt die Stimmabgabe der Aktionäre in die eine oder andere Richtung zu beeinflussen oder „auf Stimmenfang“ zu gehen. Mit diesem glaubhaft gemachten Vortrag hat die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast genügt. Das Bestreiten dieser Darstellung mit Nichtwissen durch die Klägerin reicht nicht hin. Ihr oblag es, einzelne Anknüpfungspunkte für ihre Behauptung der gezielten Einflußnahme der Beklagten auf die Aktionäre vorzutragen und glaubhaft zu machen. Dies ist nicht geschehen. Der Inhalt des Schreibens des Aktionärs Markus T. vom 31.07.2013 „bei Nachfrage bei der IR-Abteilung von C. wurde mir geantwortet, dass dort schon wieder an einer Gegenaktion gearbeitet wird“, ist aussagearm und gibt für die Behauptung einer gezielten Aktionärsbeeinflussung und eines „Stimmenfangs“ nichts Substantielles her. Es läßt sich weder dem Schreiben noch dem Vortrag der Klägerin entnehmen, wer diese Erklärung wann und in welchem Zusammenhang abgegeben hat. Im übrigen stehen dieser Darstellung des Aktionärs T. die von der Beklagten vorgelegten eidesstattliche Versicherungen der Mitarbeiter der D. GmbH & Co., dem „IR“ (= Investor Relations) der Beklagten entgegen. Die Mitarbeiter C. N., S. M. U. und E. V. Reuter haben als allein in Betracht kommende Ansprechpartner des Aktionärs T. versichert, keine Antwort oder Auskunft gegeben zu haben, dass „dort schon wieder an einer Gegenaktion gearbeitet wird“.
- 57
3. Das von der Klägerin als grob pflichtwidrig bezeichnete Verhalten des Aufsichtsratsvorsitzenden als Versammlungsleiter der Hauptversammlung vom 18.07.2013 kann ebenfalls nicht als Beleg oder Indiz dafür herangezogen werden, dass die Beklagte gezielt auf das Abstimmungsverhalten der Aktionäre in der Hauptversammlung vom 04.09.2013 (05.09.2013) Einfluß nimmt und auf „Stimmenfang“ geht. Der Aufsichtsratsvorsitzende hat –wie die Klägerin meint, zu Unrecht- die Wirksamkeit der Anmeldung der Aktionäre für die Hauptversammlung vom 18.07.2013 verneint und mit dieser Begründung einer Abstimmung über die Beschlussanträge verhindert. Die Fragen, ob die von dem Aufsichtsratsvorsitzenden vertretenen Rechtsauffassung zutrifft, ob den von der Beklagten beauftragten Rechtsgutachtern der Sachverhalt vollständig und richtig mitgeteilt worden ist, ob sich das Gutachten zu der von der Klägerin für allein maßgeblich gehaltenen Frage –waren die erschienenen Aktionäre oder deren Vertreter zur Beschlussfassung berechtigt?- verhalten, können in diesem Verfahren dahinstehen. Zum einen rechtfertigt das Verhalten des Aufsichtsratsvorsitzenden in der Hauptversammlung vom 18.07.2013 nicht den Schluss, die Beklagte nehme über die S. GmbH gezielt Einfluß auf das Abstimmungsverhalten der Aktionäre. Zum weiteren hat die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 01.08.2013 und vom 06.08.2013 erklärt, sie akzeptiere und bevollmächtige die I. GmbH als Annahmestelle für die Hauptversammlung vom 04.09.2013 (05.09.2013) unter bestimmten, in dem beigefügten Vertragsentwurf genannten Voraussetzungen. Der Streit um die Akzeptanz und die Bevollmächtigung der I. GmbH dürfte damit –soweit es um die Einberufung zur Hauptversammlung auf den 04.09. (ggfs. 05.09.) 2013 geht- nicht weiter fortgesetzt werden.
- 58
4. Der Verfügungsantrag zu 2) hat aus den dargestellten Gründen ebenfalls keinen Erfolg.
II.
60Die Verfügungsanträge zu 3) und 4) sind unbegründet. Die Klägerin hat lediglich die Möglichkeit einer Ausnutzung des durch Beschluss der Hauptversammlung vom 11.05.2012 genehmigten Kapitals beschrieben und eine solche Kapitalmaßnahme unter verschiedenen rechtlichen Gesichtspunkten als unzulässig bezeichnet. Damit läßt sich ein Verfügungsanspruch jedoch nicht begründen. Die Beklagte hat dargetan, keinerlei konkreten Maßnahmen unternommen zu haben, um eine solche Kapitalerhöhung bis zum 04.09.2013 vorzubereiten oder vorzunehmen. Dem ist die Klägerin nicht qualifiziert entgegengetreten, insbesondere hat sie nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, aufgrund welcher konkreten Umstände die von ihr beschriebenen Kapitalmaßnahmen von der Beklagten geplant und vollzogen werden sollen.
61Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus den §§ 91, 708 Ziff. 6, 711 ZPO.
(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.
(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.
(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.
(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.
Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. In den Fällen des § 679 steht dieser Anspruch dem Geschäftsführer zu, auch wenn die Übernahme der Geschäftsführung mit dem Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch steht.
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
Wer ein Geschäft für einen anderen besorgt, ohne von ihm beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein, hat das Geschäft so zu führen, wie das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen es erfordert.
Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. In den Fällen des § 679 steht dieser Anspruch dem Geschäftsführer zu, auch wenn die Übernahme der Geschäftsführung mit dem Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch steht.
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.
(1) Kennt der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang oder erfährt er ihn später, so ist er von dem Empfang oder der Erlangung der Kenntnis an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre.
(2) Verstößt der Empfänger durch die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten, so ist er von dem Empfang der Leistung an in der gleichen Weise verpflichtet.
(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.
(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn
- 1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt, - 2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder - 3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.