Landgericht Augsburg Endurteil, 11. Apr. 2017 - 081 O 1259/14

bei uns veröffentlicht am11.04.2017

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten im Wege der Stufenklage um Ansprüche im Zusammenhang mit einer von ihnen gegründeten, zwischenzeitlich aufgelösten Gesellschaft zum Betrieb einer Biogasanlage mit Blockheizkraftwerk, bei der die Biogasanlage auf einem Grundstück des Beklagten und zwei Blockheizkraftwerke auf einem Grundstück des Klägers errichtet und betrieben wurden.

[Hinweis: Die Parteien streiten im Parallelverfahren ... um bezifferte Forderungen des Klägers in Höhe von ca. 376.000,00 €. Die Verfahren wurden, ohne sie zur gemeinsamen Entscheidung zu verbinden, jeweils gleichzeitig verhandelt. Dies bedingt, dass Gegenstand der Erörterung der mündlichen Verhandlung auch für dieses Verfahren relevanten Urkunden waren, die lediglich im Parallelverfahren vorliegen. Solche Urkunden sind im vorliegenden Urteil mit dem Zusatz „Parallelverfahren“ gekennzeichnet.]

Die Gesellschaft, die Biogas ... GmbH & Co. KG (folgend KG), wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 29.09.2005 (Anlage K1) gegründet. Kommanditistin der Gesellschaft sind die Parteien jeweils mit Kapitalanteilen von 50 %. Beide Parteien sind auch die beiden Geschäftsführer der kapitalmäßig an der Gesellschaft nicht beteiligten ... GmbH (folgend GmbH). Die Kommanditeinlage der Parteien beträgt jeweils 200.000,00 €. Die Beschlussfassung regelt der Gesellschaftsvertrag wie folgt:

„Gesellschafterbeschlüsse, durch die der Gesellschaftsvertrag geändert oder die Gesellschaft aufgelöst wird, bedürfen einer Mehrheit von 75 % der Stimmen, sonstige Beschlüsse der einfachen Mehrheit aller stimmberechtigten Gesellschafter. Für je 100 € eines Kapitalanteils erhält der Gesellschafter eine Stimme. Ein Gesellschafter, welcher durch die Beschlussfassung entlastet oder von einer Verbindlichkeit befreit werden soll, hat hierbei kein Stimmrecht.“

Bei der Errichtung der Anlage wurden in erheblichem Umfang Leistungen von der Unternehmensgruppe des Klägers erbracht. Zum Betrieb der Anlage wurde diese mit landwirtschaftlichen Produkten (z.B. Gülle, Mais, Silage) beschickt, die teilweise aus dem landwirtschaftlichen Betrieb des Beklagten stammten und im Übrigen von Drittanbietern zugekauft wurden.“

Im Jahr 2008 kam es zum Zerwürfnis zwischen den Parteien. In dieser Auseinandersetzung hat der Beklagte im Wesentlichen gegenüber dem Kläger geltend gemacht, dass dieser für Bauleistungen aus dessen Unternehmensgruppe in erheblichem Umfange nicht erbrachte Leistungen abgerechnet habe oder Leistungen doppelt abgerechnet habe. Der Kläger hat sich demgegenüber auf die Anerkenntniswirkung der vom Beklagten unterschriebenen Bilanzen berufen. Der Kläger wiederum hat gegenüber dem Beklagten geltend gemacht, dass dieser sich nicht an die Abmachungen gehalten habe und absprachewidrig Leistungen berechnet habe, die er unentgeltlich hätte erbringen müssen.

Unter Mitwirkung ihrer jeweiligen Rechtsanwälte und Steuerberater, den Zeugen ... und ... auf Klägerseite und ... und Gruber auf Beklagtenseite, haben die Parteien dann einvernehmlich ein Mediationsverfahren unter Vermittlung des Zeugen ... durchgeführt. In einer Besprechung am 18.01.2011 haben die Beteiligten Vorschläge des Zeugen ... erörtert, in welcher Höhe er zu den streitigen Forderungen eine Einigung empfehlen würde (vgl. Anlage B11, Anlagen I und II).

Ebenfalls am 18.04.2011 haben die Parteien in einer Gesellschafterversammlung beschlossen, die Gesellschaft zum 01.05.2011 aufzulösen (Anlage K2). In einer Besprechung am selben Tag haben die Parteien vereinbart, dass das vom Beklagten zu übernehmende Sachanlagevermögen (Biogasproduktion) mit 70 % und das vom Kläger zu übernehmende Sachanlagevermögen (Blockheizkraftwerke) mit 30 % bewertet werden soll. Die Steuerberater der Parteien sollten im Anschluss an diese Besprechung die Aufstellung der Jahresabschlüsse zum 31.12.2010 und zum 01.05.2011 abstimmen.

Mit Datumsangabe 02.05.2011 erstellten die Parteien eine Aufstellung „Aufteilung des Anlagevermögens im Rahmen der Realteilung laut Einigungsverhandlung vom 02.05.2011 (Anlage B2). Am 25.05.2011 schloss der Beklagte namens der Biomasse ... die den vom Beklagten übernommenen Teilbetrieb Gasproduktion weiterführte, einen Gaslieferungsvertrag mit dem Kläger zum Betrieb der von diesem weitergeführten Blockheizkraftwerke ab (Anlage B10).

Mit Schreiben u.a. vom 29.11.2011 (Anlage K18), 30.11.2011 (Anlage K19), 23.05.2012, 30.05.2012 und 04.06.2012 erklärten die Parteien jeweils gegenseitig für eventuelle Ansprüche der Parteien gegen die Gesellschaft Verjährungsverzicht (Anlagen K70, K71, K101 bis 103 und K97 Parallelverfahren).

Mit Gesellschafterbeschluss vom 20.06.2012 (Anlage B15) beschlossen die Parteien als Gesellschafter der KG und der Kläger zusätzlich als Geschäftsführer der GmbH die Genehmigung des Jahresabschlusses der KG zum 31.12.2010 (Anlage B14 und K109), der am 15.06.2012 von beiden Parteien als Geschäftsführer der GmbH unterzeichnet worden war und dem die in der Mediation entwickelten Werte zugrundelagen.

Mit Schreiben jeweils vom 02.07.2012 (Anlagen K97 und K98 Parallelverfahren) erklärten die Parteien jeweils gegenüber der anderen Partei, dass mit der Feststellung des Jahresabschlusses 2010 keine Anerkennung der hierin ausgewiesenen Verbindlichkeiten gegenüber dem Beklagten in Höhe von 272.844,27 € bzw. gegenüber dem Kläger in Höhe von 252.922,35 € verbunden sei.

Mit Schreiben vom 19.07.2012 übersandte der Zeuge ... eine vom Beklagten mit der Datumsangabe 03.07.2012 unterschriebene „Vereinbarung über die Realteilung der Biogasanlage ... GmbH & Co. KG“ (folgend Realteilungsvereinbarung), die vom Kläger unter Angabe des Datums 02.08.2012 unterzeichnet und vom Zeugen ... mit Schreiben vom 18.08.2012 an den Zeugen ... mit dem Jahresabschluss zum 31. Dezember 2010 und der vom Kläger bereits unterzeichneten Steuererklärung in 2010 zurückgesandt wurden, mit der Bitte, die Steuererklärung den Beklagten unterzeichnen zu lassen und ans Finanzamt weiterzuleiten sowie zwei vom Beklagten unterschriebene Ausfertigungen des Jahresabschlusses zurückzusenden.

Die Realteilungsvereinbarung (Anlage B1) hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

„Am 18.04.2011 haben die Gesellschafter der Biogas ... GmbH & Co. KG beschlossen, dass die ... GmbH & Co. KG mit Ablauf des 01.05.2011 aufgelöst und das Geschäft mit sämtlichen Aktiva und Passiva mit Ablauf des 01.05.2011 zwischen den Gesellschaftern ... und ... real in die Teilbetriebe Gas- und Stromproduktion aufgeteilt wird. ... Dies vorausgeschickt halten die Gesellschafter der ... GmbH & Co. KG unter Verzicht auf alle Formen und Fristen der Einberufung und Ankündigung eine Gesellschafterversammlung ab und vereinbaren einstimmig:

  • 1.Die Biogas ... GmbH & Co. KG, an der die Kommanditisten ... und J... mit je 50 % am Gesellschaftskapital und am Gewinn beteiligt sind, wird real in die teilbetrieblichen Sphären Gas- und Stromproduktion geteilt.

    1.Die Verbindlichkeiten der Biogas ... GmbH & Co. KG werden im Innenverhältnis der Gesellschafter ebenfalls real geteilt und zwar derart, dass jeder Gesellschafter Verbindlichkeiten übernimmt, die wertmäßig dem übernommenen Aktivvermögen entsprechen. Die Gesellschafter werden sich darum bemühen, eine Realteilung der Verbindlichkeiten auch im Außenverhältnis, insbesondere im Verhältnis zu beteiligten Banken zu erreichen. Die Auflösung und Auseinandersetzung erfolgt im Wege einer Realteilung ertragsteuerlich zu Buchwerten (§ 16 EStG).

    1.1.1. Herr ... übernimmt in Teilbetrieb Gasproduktion mit den jeweils zugehörigen Aktiva und Passiva, Vertragsverhältnissen einschließlich schwebender Geschäfte im Innenverhältnis ab 02.05.2011.

    1.1.2. Herr ... übernimmt den Teilbetrieb Stromproduktion mit dem jeweils zugehörigen Aktiva und Passiva, Vertragsverhältnissen einschließlich schwebender Geschäfte im Innenverhältnis ab 02.05.2011.

    1.1.3. Der Realteilung wird die Schlussbilanz der Biogas ... GmbH & Co. KG zum 01.05.2011 zugrunde gelegt. Dies ist unter Fortführung der bisherigen Praxis und gemäß den Vorschriften des Gesellschaftsvertrags zu erstellen. Insbesondere ist darin keine Auflösung stiller Reserven vorzunehmen, auch der Ausweis eines Firmenwerts entfällt (Bruttowertansatz). Die in der Schlussbilanz der ... I... GmbH & Co. KG anzusetzenden Buchwerte werden zu diesen Werten auf die Teilbetriebe Gasproduktion (Anteil 70 %) und Stromproduktion (Anteil 30 %) aufgeteilt.

    1.1.4. Im Hinblick auf die für die steuerliche Buchwertfortführung notwendigen Kapitalkontenanpassungen in den Fortführungs- und Eröffnungsbilanzen der Realteiler wird vereinbart, dass bereits in der Schlussbilanz die festen Kapitalkonten der beiden Gesellschafter erfolgsneutral an die Summe der Nettobuchwerte (Aktiva ./. Verbindlichkeiten) der von jedem Gesellschafter übernommenen Teilbetriebe anzupassen sind.

    1.Die Verbindlichkeit gegenüber den Gesellschaftern sind über die variablen Kapitalkonten der Gesellschafter im Verhältnis ihrer Beteiligung auszugleichen.

    1.1.5. Das jeweilige Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter ist in Sonderbilanzen ausgewiesen und wird im Rahmen der Realteilung von jedem Gesellschafter in sein Einzelunternehmen überführt, und dort weiterhin zur Gasproduktion und Stromproduktion genutzt.

  • 2.... [Fortführungsverpflichtungen]

  • 3.Ausgleichszahlungen zwischen den Gesellschaftern sind nicht zu leisten, da die Parteien von der Gleichwertigkeit der beiden Teilbetriebe ausgehen. Ausgleichszahlungen werden auch insoweit ausgeschlossen, als stille Reserven in unterschiedlichem Umfang auf die einzelnen Gesellschafter übergehen. Ausgleichszahlungen sind weiter ausgeschlossen, soweit als Folge einer Änderung der Schlussbilanz der ... GmbH & Co. KG auszuweisenden Werte durch eine steuerliche Außenprüfung eine Änderung der Nettobuchwerte und eine abweichende Angleichung der Kapitalkonten erfolgt. Die Gesellschafter verpflichten sich, in diesem Fall die auf Grund der Betriebsprüfung geänderten Buchwerte gemäß § 175 Nr. 2 AO und vorstehenden Ziffer 2 fortzuführen.

  • 4.Zur Ausführung der beschlossenen Beendigung und Realteilung wird hiermit das Gesellschaftervermögen gemäß den in der Anlage beigefügten Aufstellungen, in denen sämtliche materiellen und immateriellen Vermögensgegenstände, Verbindlichkeiten, Vertragsverhältnisse, schwebende Geschäfte usw. aufgeführt und den betreffenden Teilbetrieben zugeordnet sind, übertragen.

    4.4.1. Die Biogas Igenhausen GmbH & Co. KG überträgt hiermit an Herrn Franz-Xaver Sedlmeir sämtliche in der Anlage aufgeführten dem Teilbetrieb Gasproduktion zugeordneten Vermögensgegenstände (Aktiva und Passiva) und Vertragsverhältnisse. Herr ... nimmt diese Übertragung hiermit an.

    4.4.2. Die ... GmbH & Co. KG überträgt Herrn ... sämtliche in der Anlage aufgeführten dem Teilbetrieb Stromproduktion zugeordneten Vermögensgegenstände (Aktiva und Passiva) und Vertragsverhältnisse. Herr ... nimmt diese Übertragung hiermit an.

    4.4.3. ... [Regelung betreffend Vertragsverhältnisse mit Dritten]

  • 5.Die Übertragung von zwei gesondert geführten Betrieben (Teilbetrieben) ist gemäß § 1 Abs. 1 a UStG nicht steuerbar, weil jeweils ein in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen an die Herren... als Unternehmer für dessen Unternehmen übereignet wird.

...“

In der Folgezeit bestanden wiederum Meinungsverschiedenheiten der Parteien über offene Forderungen im Verhältnis zur Gesellschaft bzw. umgekehrt. Mit Schreiben vom 22.10.2012 und 31.10.2012 (Anlagen K61 und K62 Parallelverfahren) wurden wiederum gegenseitig Verjährungsverzichtserklärungen für etwaige Zahlungsansprüche abgegeben.

Weiter wurden von den Steuerberatern gegen die KG Steuerberaterhonorare geltend gemacht. Am 03.05.2013 trafen die Parteien wiederum jeweils im eigenen Namen sowie als Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft der KG eine „Auseinandersetzungsvereinbarung“ (Anlage K5) mit folgendem auszugsweisem Inhalt:

„... Keine Einigung wurde bislang auch zu der Frage erzielt, in welcher Höhe die Beteiligte zu 3. [Die Gesellschaft] für Arbeitsleistungen und/oder Materiallieferungen haftet, welche die Beteiligten zu 1. und 2. im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb der Biogasanlage an die Gesellschaft erbracht haben. Der Beteiligte zu 1., insoweit dass ihm Forderungen in Höhe insgesamt 272.844,27 € und dem Beteiligten zu 2. Forderungen in Höhe von insgesamt 252.922,35 € mit der Folge zustehen, dass eine Abrechnungsdifferenz zu Gunsten des Beteiligten zu 1) in Höhe von 19.921,92 € besteht. Der Beteiligte zu 1. stellt die Forderungen des Beteiligten zu 2. in Abrede. Der Beteiligte zu 2. stellt die Forderungen des Beteiligten zu 1. in Abrede.

Die Beteiligten beabsichtigen nunmehr, die Beteiligte zu 3. endgültig zu liquidieren und ihre Firma zur Löschung im Handelsregister zu bringen. Zu diesem Zweck vereinbaren die Beteiligten was folgt:

I. Steuerberaterhonorare

§ 1

Die Beteiligten zu 1. und 2. tragen die derzeit noch offenen und die zukünftig im Rahmen der Erstellung der Schlussbilanz noch entstehenden Steuerberaterhonorare (vgl. Präambel) je zur Hälfte.

II. Arbeitsleistungen/Materiallieferungen

§ 1

Die Beteiligte zu 3. schuldet dem Beteiligten zu 2. aus Arbeitsleistungen und/oder Materiallieferungen im Zusammenhang mit der Errichtung der Biogasanlage einen Zahlungsbetrag, dessen konkrete Höhe derzeit noch nicht fest steht. Der Beteiligte zu 1. übernimmt hiermit an Stelle der Beteiligten zu 3. diese Verbindlichkeit gegenüber dem Beteiligten zu 2. Im Wege der befreienden Schultübernahme.

§ 2

Die Beteiligte zu 3. schuldet dem Beteiligten zu 1. aus Arbeitsleistungen und/oder Materiallieferungen im Zusammenhang mit der Errichtung der Biogasanlage einen Zahlungsbetrag, dessen konkrete Höhe derzeit noch nicht fest steht. Der Beteiligte zu 2. übernimmt hiermit an Stelle der Beteiligten zu 3. diese Verbindlichkeit gegenüber dem Beteiligten zu 1. Im Wege der befreienden Schuldübernahme.“

In der Folgezeit erklärten die Parteien nochmals jeweils wechselseitig mit Schreiben vom 22.12.2013 und 23.12.2013 Verjährungsverzicht (Anlagen K63 und K64 Parallelverfahren).

Mit Schreiben vom 28.01.2014 (Anlage K65 Parallelverfahren) erklärte der Zeuge ... gegenüber dem Beklagtenvertreter zum Jahresabschluss der KG zum 01.05.2011 der Gesellschaft, dass unter anderem die Bilanzposten variable Kapitalkonten des Beklagten und die Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber dem Beklagten dem Grunde und der Höhe nach bestritten bleiben. Ob eine förmliche Beschlussfassung der KG zur Feststellung dieses Jahresabschlusses erfolgt ist, konnte nicht aufgeklärt werden. Jedenfalls liegen je eine vom Kläger (Anlage K107, Seite 14) und eine vom Beklagten (Anlage B21 Seite 14) jeweils als Geschäftsführer der GmbH i.L. unter Angabe des Datums 30.12.2013 unterzeichnete Ausfertigung des Jahresabschlusses der KG zum 01.05.2011 vor. Unter Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern sind dort Verbindlichkeiten gegenüber dem Kläger in Höhe von 233.824,71 € und gegenüber dem Beklagten in Höhe von 241.566,37 € angegeben.

Der Kläger behauptet:

  • 1.Die von dem Beklagten gegenüber der KG abgerechneten Fuhrleistungen für die Einbringung der Maisernte zur Bestückung der Biogasanlage habe sich von 2008 auf 2009 verdoppelt. Der Kläger vermute deshalb, dass der Beklagte über eigene Rechnungsstellungen gegenüber den Maislieferanten, welchen erhöhte Gutschriften für Maislieferungen erteilt worden seien, Abschöpfungen vorgenommen habe.

  • 2.Der Beklagte habe in den Jahren 2010 und 2011 Maissilage, die in Silos der KG gelagert war, an Dritte verkauft. Eine Nutzungsentschädigung hierfür habe er der KG nicht bezahlt.

  • 3.Der Beklagte habe ab Oktober 2006 bis November 2007 aus Silos der KG Maissilage zur Verfütterung an von ihm gehaltene Bullen entnommen und der KG dafür eine entsprechende Gutschrift erteilt. Der Beklagte habe auch über November 2007 hinaus Maissilage aus Silos der KG zur Verfütterung an seine Bullen entnommen aber keine Gutschriften bzw. Rechnungen erstellt. Die KG sei dadurch geschädigt worden.

  • 4.Zur Biogasanlage der KG habe eine auf deren Kosten errichtete Waage gehört. Der Beklagte habe die Waage auch für private Zwecke genutzt. Hieraus resultiere ein Anspruch der KG auf Nutzungsentgelt.

  • 5.Für die KG sei am 17.09.2005 ein Abschiebewagen zum Preis von 20.900,00 € gekauft worden. Der Beklagte habe das Fahrzeug auch privat genutzt. Zur Bezifferung eines Anspruchs der KG auf Nutzungsentgelt sei entsprechende Auskunft des Beklagten erforderlich.

  • 6.Am 17.04.2009 sei die KG seitens des Maschinenrings Aichach e.V. mit Kosten in Höhe von 1.256,26 € für die Nutzung eines Schleppers belastet worden. Ein Bezug zur Geschäftstätigkeit der KG sei nicht ohne weiteres erkennbar.

  • 7.Eine Rechnung der Firma ... vom 11.08.2010 über 912,60 € an die KG könne seitens des Klägers nicht nachvollzogen und einem Gesellschaftszweck zugeordnet werden. Zur Klärung der Frage, ob die Leistung einem Gesellschaftszweck gedient habe, sei eine Auskunft des Beklagten über die Verwendung der Bleche zu erteilen.

Der Kläger ist der Auffassung, dass der Beklagte als geschäftsführender Gesellschafter gemäß den §§ 713, 666 BGB zur Auskunft verpflichtet sei.

Der Kläger ist weiter der Auffassung, dass die Realteilungsvereinbarung und die Jahresabschlüsse Auskunfts- und Zahlungsansprüchen nicht entgegen stehen. Bereits die Urkunden hätten keine Beweiskraft hinsichtlich einer umfassenden Einigung der Parteien. Durch die Ziffer II der Auseinandersetzungsvereinbarung sei ein Anspruch zwischen den Parteien unmittelbar begründet worden, sodass der Kläger und nicht die Gesellschaft aktivlegitimiert sei. Die unterzeichneten Erklärungen und Jahresabschlüsse seien nicht verbindlich.

Der Kläger beantragt:

  • 1.Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen über

    • a)die von dem Beklagten eingenommenen Vergütungen für Maisernte von Dritten, an die er im Jahr 2009 Verkäufe von zuvor in den Silos der auf seinem Grundstück Fl. Nr. 670 der Gemarkung ... befindlichen Biogasanlage gelagertem Futtermais getätigt hat, mit Darstellung deren Zusammensatzung.

    • b)die von dem Beklagten getätigten Verkäufe von Futtermais an Dritte vom 01.01.2010 bis 30.04.2011 aus den unter lit. a) bezeichneten Silos mit Angaben der Mengen und Preise.

    • c)die Anzahl der von dem Beklagten gehaltenen Bullen, an welche er vom 01.10.2006 bis 30.11.2007 Mais aus den unter lit. a) bezeichneten Silos verfüttert hat, und über die Menge von Mais aus den Silos, die er an seine Bullen in der Zeit vom 01.12.2007 bis 30.04.2011 verfüttert hat sowie der von ihm in dieser Zeit gehaltenen Bullen.

    • d)die Nutzung der Waage der ... GmbH & Co. KG auf seinem Grundstück Fl. Nr. 670 der Gemarkung ... für nicht die Gesellschaft betreffende Zwecke in der Zeit vom 01.01.2009 bis 30.04.2011 mit Bezeichnung der einzelnen Wiegevorgänge.

    • e)die Nutzung des Abschiebewagens Gigant ASW 268 der ... GmbH & Co. KG mit dem amtlichen Kennzeichen ... für private Zwecke und Vermietung an Dritte vom 17.09.2005 bis 30.04.2011 mit Darstellung hierfür bezogener Vergütung

    • f)die Verwendung eines Schleppers Allrad 131-150 PS des Maschinenring ... im April 2009,

    • g)die Verwendung von 468 qm Bleche gemäß Rechnung der Firma ... vom 11.08.2010 über 912,60 €.

  • 2.Der Beklagte wird weiter verurteilt, diese Auskünfte zu belegen durch

    • a)Vorlage von Kopien von Rechnungen über im Jahr 2009 eingenommene Vergütung für Maisernte (zu Ziff. 1. a)),

    • b)Vorlage von Kopien der Rechnungen über von dem Beklagten vom 01.01.2010 bis 30.04.2011 getätigte Verkäufe von Futtermais an Dritte (zu Ziff. 1. b)),

    • c)Vorlage der Wiegescheine für die Zeit vom 01.01.2009 bis 30.04.2011 (zu Ziff. 1. d)),

    • d)Vorlage von Kopien der Rechnungen für die Vermietung des Abschiebewagens Gigant ASW 268 vom 17.09.2005 bis 30.04.2011 (zu Ziff. 1. e)).

Der Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Der Beklagte behauptet, dass man sich im Rahmen des Mediationsverfahrens geeinigt habe. Der vom Mediator Hofreiter erarbeitete Einigungsvorschlag habe als Grundlage für die Verhandlungen und anschließende Einigung gedient. Diese sei Grundlage der Aufteilung des Gesellschaftsvermögen im Rahmen der Realteilung gewesen. Auf dieser Grundlage sei die Realteilungsvereinbarung getroffen und die Realteilungsbilanz erstellt worden. Zum Zeitpunkt des Abschlusses der Realteilungsvereinbarung seien sich die Parteien darüber einig gewesen, dass das Gesellschaftsvermögen in der in Bezug genommenen Aufstellung vollständig abgebildet sei. Nicht dargestellte Positionen seien von den Parteien im Rahmen der Mediation im einvernehmlich fallen gelassen worden. Alles andere wäre sinnwidrig gewesen und hätte unter Umständen den steuerlichen Vorteil einer Realteilung, nämlich die Buchwertfortführung und das Vermeiden der Aufdeckung stiller Reserven vereitelt, weil bei einem Verbleib von Restvermögen bei der Gesellschaft möglicherweise keine Übertragung eines vollständigen Teilbetriebs vorgelegen hätte. Im Übrigen wäre es sinnwidrig gewesen, Verbindlichkeiten bei der Gesellschaft zu belassen, weil diese dann mangels eigenen Betriebs umgehend Insolvenzantrag hätte stellen müssen.

Zu den einzelnen Streitgegenständen behauptetet er folgendes:

  • 1.Die Berechnung des Klägers zu den Erntekosten sei nicht nachvollziehbar. Abschöpfungen habe er nicht vorgenommen. Die Entwicklung der Kosten ergebe sich daraus, dass bis 2008 der Mais von den Landwirten ab Feld gekauft worden sei. Ab dem Jahr 2009 sei der Mais frei Siloplatte gekauft worden.

  • 2.und 3.

    2.Zu entnommenem/verfüttertem Silo verfüge der Kläger über die erforderlichen Informationen. Der Kläger könne keinen Auskunftsanspruch über die Anzahl der vom Beklagten gehaltenen Bullen neben einem Auskunftsanspruch über die Menge von Mais aus den Silos haben.

  • 3.Selbst wenn der Beklagte die Waage gelegentlich für private Zwecke genutzt habe, sei der Gesellschaft kein Schaden entstanden. Das Wiegen habe auch keinen objektiven Verkehrswert.

  • 4.Mit dem Abschiebewagen seien gesellschaftsfremde Zwecke nicht durchgeführt worden.

  • 5.Zur Verwendung des Schleppers könne sich der Beklagte nach Ablauf von 5 Jahren nicht mehr erklären. Es handle sich um einen normalen Geschäftsvorfall und müsse sich wohl um den Einsatz für Silozwecke gehandelt haben.

  • 6.Die Bleche seien für eine Reparatur der Dosieranlage der Biogasanlage eingebaut worden.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch mehrfache Einvernahme der Zeugen ... Prof. ... und ... sowie durch Einvernahme des Zeugen .... Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Niederschriften über die mündlichen Verhandlungen am 14.06.2016 und am 18.10.2016 verwiesen.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Den Klageansprüchen steht die Realteilungsvereinbarung entgegen, durch die die zwischen den Parteien bestehenden Streitigkeiten über die jeweiligen Ansprüche und Verbindlichkeiten gegenüber der KG im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wurden. Anderslautende Erklärungen der Beteiligten außerhalb der Realteilungsvereinbarung entkräften die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der über die Realteilungsvereinbarung erstellten Urkunde nicht. Die Vermutungswirkung wird vielmehr zusätzlich durch die von den Parteien in Übereinstimmung mit dem Ergebnis der Mediation und der Realteilungsvereinbarung festgestellten Jahresabschlüssen zum 31.12.2010 und zum 01.05.2011 gestützt. Die Realteilungsvereinbarung wurde durch die Parteien nicht nachträglich aufgehoben. Eine Unwirksamkeit der Realteilungsvereinbarung ergibt sich auch weder aus § 779 BGB oder durch eine wirksame Anfechtung der Realteilungsvereinbarung nach den §§ 119 ff, 142 Abs. 1 BGB.

Die Stufenklage ist insgesamt als unbegründet abzuweisen. Es handelt sich um eine Auseinandersetzung, die bereits vor der Realteilungsvereinbarung bekannt war. Bereits am 31.03.2010 hat der Kläger Auskunft zu den streitgegenständlichen Vorfällen gefordert. Die den Auskunftsansprüchen zugrunde liegenden Zahlungsansprüche sind deshalb ebenfalls vom Vergleich umfasst.

Das Gericht lässt ausdrücklich die Fragen dahinstehen, ob die Klage auch deshalb abzuweisen wäre, weil die Ansprüche nicht vom Kläger sondern nur von der KG bzw. der Komplementär-GmbH geltend gemacht werden können und ob durch die Auseinandersetzungsvereinbarung wirksam Ansprüche der KG gegen den Beklagten an den Kläger abgetreten worden sind oder ob dies an mangelnder Bestimmtheit der abgetretenen Ansprüche scheitert.

I. Realteilungsvereinbarung

1. Wirksamer fortdauernder Vertragsschluss

a) Wie die Vertragsurkunde erstellt wurde, wurde durch die Beweisaufnahme geklärt. Das Gericht geht aufgrund der Beweisaufnahme davon aus, dass der Rohentwurf der Realteilungsvereinbarung vom Zeugen Prof. ... stammt und die unterschriebene Endfassung das Ergebnis der Abstimmung zwischen den Steuerberatern, den Zeugen ... ist. Urkundenmäßig belegt und unstreitig ist der zeitliche Ablauf der Unterschriftsleistungen zunächst durch den Beklagten und dann durch den Kläger, wie er im Tatbestand wiedergegeben ist.

b) Damit haben die Parteien einen Vergleichsvertrag nach den §§ 145 ff., 779 BGB geschlossen.

aa) Die vor Abschluss der Realteilungsvereinbarung zwischen den Parteien gewechselten Schreiben vom 02.07.2012 (Anlagen K97 und K98) stehen dieser Einigung nicht entgegen. Soweit die Schreiben jeweils als Willenserklärung beurteilt werden, wird diese Willenserklärung durch die von ihr abweichende, spätere, auf den Abschluss der Realteilungsvereinbarung gerichtete Willenserklärung konkludent aufgehoben. Falls durch die spiegelbildlich übereinstimmenden Schreiben vom 02.07.2012 zwischen den Parteien ein Vertrag geschlossen worden sein sollte, konnte dieser durch die Einigung im Sinn der Realteilungsvereinbarung durch übereinstimmende konkludente Erklärungen auch jederzeit wieder aufgehoben werden.

bb) Ein wirksamer Realteilungsvertrag scheitert auch nicht an einer Versäumung der Annahmefrist.

§ 147 Abs. 2 BGB räumt für die Annahme eines Angebots die Frist ein, nach der der Beklagte die Annahme seines Vertragsangebots vom 03.07.2012 erwarten konnte. Vorliegend hat der Kläger am 02.08.2012 unterzeichnet. Unter Berücksichtigung der gesamten Umstände, insbesondere dem Erfordernis der laufenden Abstimmung, der vorangegangenen Dauer des Mediationsverfahrens erscheint vorliegend die Frist von einem Monat nach vertretbar. Im übrigen macht keine Partei geltend, dass die Annahmefrist nicht eingehalten worden sei. Außerdem wäre in der späteren, die Realteilungsvereinbarung vollziehenden Unterzeichnung der Jahresabschlüsse eine Neuvornahme der Realteilungsvereinbarung zu sehen. Das Gleiche gilt für die Übersendung der Realteilungsvereinbarung an das Finanzamt.

cc) Die Realteilungsvereinbarung ist nicht als Scheingeschäft nach § 117 BGB unwirksam. Ziel der Parteien war es, durch die Realteilungsvereinbarung steuerrechtlich die Realisierung von stillen Reserven zu vermeiden. Die Parteien haben also die in der Realteilungsvereinbarung enthaltenen Willenserklärungen nicht mit Einverständnis des jeweils anderen zum Schein abgegeben, sondern mit zivilrechtlichem Rechtsbindungswillen zur Erreichung eines beabsichtigten steuerlichen Erfolgs verbindliche Willenserklärungen abgegeben (vgl. BGH, Urteil vom 02.03.2009, Az II ZR 264/07, Textziffer 13, zitiert nach juris).

Dem stehen auch nicht die Schreiben der Parteien vom 02.07.2012 entgegen. Diese Erklärungen haben keinen dauernd bindenden Charakter und konnten durch abweichende spätere Erklärungen jederzeit aufgehoben werden.

c) Die Realteilungsvereinbarung ist auch nicht nachträglich unwirksam geworden.

aa) Der Kläger macht keinen Sachverhalt geltend, wonach ein der Realteilungsvereinbarung zugrunde gelegter Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entsprochen habe. Damit ist der Vergleich nicht nach § 779 BGB unwirksam.

bb) Die Realteilungsvereinbarung wurde nicht durch vertragliche Vereinbarungen der Parteien später aufgehoben.

(1) Eine solche Aufhebungsvereinbarung ergibt sich nicht konkludent aus den jeweils wechselseitig erklärten Verjährungsverzichten. Dass in der Vergangenheit liegende Willenserklärungen oder auch ein Vertrag insgesamt als Folge der Verjährungsverzichtserklärung nicht mehr gelten soll, ist den jeweiligen Erklärungen nicht zu entnehmen. Insbesondere der Beklagte hat seine Verjährungsverzichtserklärung jeweils lediglich für etwaige Zahlungsansprüche abgegeben.

(2) Auch die Auseinandersetzungsvereinbarung vom 03.05.2013 enthält keine Aufhebung der Realteilungsvereinbarung.

Aus der Präambel der Auseinandersetzung ergibt sich, was auch dem durch die Zeugeneinvernahmen erlangten Bild entspricht, dass Anlass für die Auseinandersetzungsvereinbarung Steuerberatungforderungen gegen die KG waren sowie die Sorge insbesondere des Zeugen ..., dass für die nach der Realteilungsvereinbarung vermögenslose KG infolge dessen eine Insolvenzantragspflicht entstehen könnte. Soweit in der Präambel darüberhinaus auch angegeben ist, dass keine Einigkeit zu der Frage erzielt worden sei, in welcher Höhe die KG noch Forderungen gegen die Parteien hat, ergibt sich auch hieraus keine Aufhebung der Realteilungsvereinbarung. Eine ausdrückliche Aufhebung der Realteilungsvereinbarung äußern die Vertragschließenden nicht. Der entsprechende Text steht unter der Überschrift Präambel, sodass eine Vermutung dafür spricht, dass in diesem Teil der Auseinandersetzungsvereinbarung nicht auf die Rechtslage Einfluss genommen sondern die bestehende Rechtslage dargestellt wird. Es handelt sich deshalb lediglich um die unzutreffende rechtliche Bewertung der Vertragschließenden, dass insoweit eine rechtlich verbindliche Regelung durch die Realteilungsvereinbarung nicht getroffen ist oder dass die Reichweite der Vereinbarung nachträglich wieder in Streit geraten ist.

Auch unter Ziffer II der Auseinandersetzungsvereinbarung ist eine Vertragsaufhebung nicht enthalten. Es ist dort zwar unzutreffend von Schulden der KG gegenüber den Gesellschaftern die Rede. Auch insoweit setzt sich aber lediglich eine falsche Einschätzung der Rechtslage fort. Das was die Parteien in der Auseinandersetzungsvereinbarung rechtsgeschäftlich erklärt haben, beschränkt sich darauf, dass Forderungen eines Gesellschafters gegen die Gesellschaft im Wege der jeweils befreienden Schuldübernahme an den jeweils anderen Gesellschafter abgetreten und die Gesellschaft damit entschuldet wird. Irgendwie geartete Regelungen zu Grund oder Höhe der Ansprüche trifft die Auseinandersetzungsvereinbarung gerade nicht. Auch insoweit steht das Motiv der Vermeidung einer Insolvenzantragspflicht im Raum. Vor diesem Hintergrund ist eine ergänzende Auslegung dahingehend, dass gleichzeitig die Realteilungsvereinbarung aufgehoben werden soll, nicht möglich.

cc) Der Vergleich ist auch nicht wegen Anfechtung nach § 142 Abs. 1 BGB unwirksam.

Falls der Kläger bei der Unterzeichnung der Realteilungsvereinbarung der Meinung gewesen sein sollte, dass die Urkunde nur für das Finanzamt sei und keine zivilrechtliche Wirkung entfalte, würde dies einer Willenserklärung mit Rechtsbindungswillen nicht entgegen stehen, weil der Rechtsbindungswille vom Empfängerhorizont des Erklärungsadressaten aus gegeben war. In Betracht käme allenfalls ein Irrtum über den Gehalt der Erklärung.

Ob ein Anfechtungsgrund in Form eines Irrtums im Sinn von § 119 BGB vorgelegen hat, kann aber dahin stehen, weil der Kläger jedenfalls innerhalb der Anfechtungsfrist eine Anfechtung nicht erklärt hat. Insbesondere stellt das Schreiben des Klägers vom 28.01.2014 (Anlage K65) keine Anfechtungserklärung im Hinblick auf die Realteilungsvereinbarung dar. Nach § 143 Abs. 1 BGB erfolgt die Anfechtung durch Erklärung gegenüber dem Anfechtungsgegner. Die Erklärung muss erkennen lassen, dass die Partei das Rechtsgeschäft wegen eines Willensmangels nicht gelten lassen will. Das Wort „anfechten“ braucht nicht verwandt zu werden. Ebensowenig der Anfechtungsgrund. Erforderlich ist aber, dass für den Anfechtungsgegner erkennbar ist, auf welchen tatsächlichen Grund die Anfechtung gestützt wird (Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 76. Auflage, § 143 Rz 1).

Nach diesen Grundsätzen ist das Schreiben des Rechtsanwalt des Klägers vom 28.01.2014 keine Anfechtungserklärung. Ausdrücklich enthält es weder eine Anfechtungserklärung noch ein anzufechtendes Rechtsgeschäft. Auch inhaltlich lässt sich derartiges durch Auslegung nicht ermitteln. Ein irgendwie gearteter Hinweis auf die Realteilungsvereinbarung fehlt vollständig. Die Erklärung geht in ihrem Ziel auch nicht dahin, die Wirkung einer anderen Erklärung aufzuheben. Der Inhalt des Schreibens vom 28.01.2014 beschränkt sich letztlich darauf, klarzustellen, dass bestrittene Forderungen nach Unterzeichnung der Bilanzen bestritten bleiben. Das Schreiben steht damit zwar im Widerspruch zur Realteilungsvereinbarung und den zuvor festgestellten Jahresabschlüssen. Es lässt sich ihr aber bereits mit Blick auf die Bilanzen ein Erklärungswille nicht entnehmen, dass diese in den angegebenen Positionen unwirksam sein oder geändert werden sollen.

Letztlich kommt in dem Schreiben nichts anders zum Ausdruck als die unzutreffende Rechtsauffassung des Klägervertreters, dass man über denselben Sachverhalt bei der Aufstellung des Jahresabschlusses und im Zivilprozess und in den Steuererklärungen unterschiedliche Angaben machen kann.

Ein Wille, Positionen in der Bilanz selbst oder gar in der Realteilungsvereinbarung zu ändern, lässt sich dem Schreiben dagegen nicht entnehmen.

2. Inhalt der Realteilungsvereinbarung

Die Realteilungsvereinbarung enthält eine vollständige Aufteilung des Unternehmens der KG in die Teilbetriebe Gasproduktion und Stromproduktion. Diese Aufteilung betrifft sämtliche Aktiva und Passiva. Soweit die Realteilungsvereinbarung auf in der Anlage beigefügte Aufstellungen verweist, sind hierunter einerseits die für die Ermittlung des prozentualen Wertes von 30 zu 70 % erforderliche Aufstellung des Anlagevermögens gemäß Anlage B7 zu verstehen und im übrigen der Jahresabschluss zum 31.12.2010. Über die dort enthaltenen Positionen hinaus gibt es, sowohl was evtl. Ansprüche der KG gegen Gesellschafter als auch was evtl. Ansprüche von Gesellschaftern gegen die KG betrifft abweichend keinen Raum.

a) Dass mit der Realteilungvereinbarung eine vollständige Auseinandersetzung des Vermögens der beiden Parteien erreicht werden sollte, ergibt deren Wortlaut eindeutig. Die Vereinbarung enthält dabei nicht nur die Begründung von Verpflichtungen, sondern auch jeweils den rechtsgeschäftlichen Erfüllung.

Die vollständige Aufteilung ergibt sich bereits aus den Ziffern 1.1 und 1.2 der Realteilungsvereinbarung. Nach dieser übernimmt der Beklagte ohne Einschränkung den Teilbetrieb Gasproduktion mit den jeweils zugehörigen Aktiva und Passiva, Vertragsverhältnissen einschließlich schwebender Geschäfte im Innenverhältnis ab 02.05.2011 entsprechend lautet die Regelung betreffend die Übernahme des Teilbetriebs Stromproduktion für den Kläger.

Diese Regelungen bedeuten zweierlei. Da die KG keiner anderen Geschäftstätigkeit als Stromproduktion und Gasproduktion nachging, war sämtliches Vermögen der GmbH verteilt. Diese Vereinbarung bedeutet aber auch, dass die KG und damit auch der Kläger im Wege der actio pro socio oder nach einer späteren Abtretungserklärung keine Ansprüche im Sinne der streitgegenständlichen Ansprüche mehr gegen den Beklagten geltend machen kann. Sämtliches Fehlverhalten, das der Kläger gegenüber dem Beklagten geltend macht, betrifft die Sphäre der Gasproduktion. Falls die KG bis zum 01.05.2011 Ansprüche gegen den Beklagten aus dem Bereich der Gasproduktion hatte, sind diese gemäß der Regelung unter Ziffer 1.1 des Vertrages ab 02.05.2011 auf den Beklagten übergegangen und können weder vom Kläger noch von der Gesellschaft geltend gemacht werden.

b) Dass die Verteilung des gesamten Vermögens Gegenstand der Realteilungsvereinbarung ist, ergibt sich auch in den folgenden Regelungen des Vertrages, der unter der Ziffer 4 seinen Vollzug regelt. Diese Regelung bezieht sich wiederum ohne eine Einschränkung vorzunehmen auf das Gesellschaftsvermögen. Damit ist vom Wortlaut das gesamte Gesellschaftsvermögen umfasst. Soweit dann weiter auf in der Anlage beigefügte Aufstellungen Bezug genommen wird, ist dies nicht als Einschränkung zu verstehen. Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass zwar der Urkunde Anlagen rein körperlich nicht beigefügt sind. Sie hat aber ergeben, dass eine Aufstellung des Anlagevermögens bereits zur Zeit des Aufstellungsbeschlusses lange Zeit vor Unterzeichnung der Realteilungsvereinbarung vorlag. Die Beweisaufnahme hat weiter ergeben, dass im Mediationsverfahren durch den Zeugen ... im Zusammenwirken mit den Parteien und teilweise auch den rechtlichen Beratern umfangreiche Listen mit Einzelpositionen bearbeitet und bewertet wurden. Für das Gericht ist letztlich schlüssig, dass auf dieser Grundlage die streitigen Werte in die Buchhaltung und den Jahresabschluss zum 31.12.2010 eingearbeitet worden sind und Grundlage der Realteilungsvereinbarung waren

Der Zeuge G. hat in der Beweisaufnahme am 18.10.2016 ausgesagt, dass sich die Parteien einig waren, dass die Werte, so wie sie in den Positionen 1641 und 1652 stehen in die Bilanz kommen.

Schließlich enthält die Realteilungsvereinbarung in der Ziffer 3 noch die ausdrückliche Regelung, dass Ausgleichszahlungen zwischen den Gesellschaftern nicht zu leisten sind.

Damit lässt der Wortlaut der Realteilungsvereinbarung keinen Raum dafür, dass es zusätzliche Vermögensgegenstände gibt, hinsichtlich derer noch außerhalb der Realteilungsvereinbarung Ansprüche geltend zu machen sind.

Die Parteien haben diese Vereinbarung sowohl als Gesellschafter der KG als auch als Geschäftsführer der GmbH getroffen und damit die Auseinandersetzung umfassend geregelt.

c) Auszulegen ist diese Vereinbarung als Vergleich. Der als Voraussetzung für einen Vergleich erforderliche Streit über Rechtsverhältnisse ist im Verfahren außergewöhnlich plastisch geworden. Sämtliche Zeugen haben mehr oder weniger deutlich außergewöhnliche Meinungsverschiedenheiten der Parteien zu Beginn ihrer Tätigkeit angegeben. Sämtliche Zeugen haben aber auch mehr oder weniger deutlich geschildert, dass es dem Zeugen ... gelungen ist, eine weitgehende Annäherung der Parteien zu vermitteln, die ein klassisches gegenseitiges Nachgeben im Sinn von § 779 BGB darstellt.

Vor dem Hintergrund des Mediationsverfahrens ist die Realteilungsvereinbarung, so wie sie formuliert ist, so zu verstehen, dass die Beteiligten einen Schlussstrich ziehen wollen und dass auch keine bislang unbekannten Ansprüche mehr zwischen ihnen bzw. der KG und ihnen stehen sollen. Zwar hat keiner der Zeugen behauptet, dass letztlich eine Einigung der Parteien erreicht worden sei. Dies stellt aber eine unzutreffende rechtliche Würdigung dar, weil richtigerweise die Parteien den letzten Schritt zur Einigung doch dadurch getan haben, dass sie jeweils die Realteilungsvereinbarung unterzeichnet haben.

3. Beweiswirkung der Urkunde über die Realteilungsvereinbarung

a) Nach ständiger Rechtsprechung besteht für die über ein Rechtsgeschäft aufgenommene Urkunde auch bei gewillkürter Schriftform die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit. Die Partei, die sich auf außerhalb der Urkunde liegende Umstände - sei es zum Nachweis eines vom Urkundentext abweichenden übereinstimmenden Willens der Beteiligten, sei es zum Zweck der Deutung des Inhalts des Beurkundeten aus der Sicht des Erklärungsempfängers - beruft, trifft die Beweislast für deren Vorliegen. Die Vollständigkeits- und Richtigkeitsvermutung setzt allerdings voraus, dass der Geschäftsinhalt durch den Urkundentext bestimmt werden kann; unklar Bleibendes kann keine Vermutung für eine bestimmte Erklärung begründen. Dies bedeutet aber nicht, dass das Beurkundete so eindeutig zu sein hätte, dass für eine Auslegung kein Raum bleibt. Die Vermutung ist vielmehr bereits dann begründet, wenn der Urkundstext nach Wortlaut und innerem Zusammenhang unter Berücksichtigung der Verkehrssitte einen bestimmten Geschäftsinhalt zum Ausdruck bringt. Die außerhalb der Urkunde liegenden Mittel der Auslegung, die Begleitumstände des Vertragsabschlusses, dessen Entstehungsgeschichte, Äußerungen der Parteien außerhalb der Urkunde u.a., bleiben hierbei allerdings außer Betracht. Sie sind Hilfsmittel zur Widerlegung der durch die Urkunde begründeten Vermutung des Geschäftsinhalts (BGH Urteil vom 05.07.2002, Az V ZR 143/01).

b) Nach diesen Kriterien hat die Realteilungsvereinbarung die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit für sich. Die Regelung ist bereits vom Wortlaut her eindeutig, jedenfalls ergibt ihre Auslegung ein eindeutiges Ergebnis. Dass sie auf außer ihr selbst liegende Umstände in Aufstellungen verweist macht sie nicht unbestimmt sondern liegt in der Natur der Sache. Eine Auseinandersetzungsurkunde eines Unternehmen, in der selbst sämtliche Vermögensgegenstände erfasst sind, ist kaum vorstellbar. Die Parteien haben am 20.06.2012 den Jahresabschluss zum 31.12.2010 festgestellt, den die in der Mediation ermittelten Werte zugrunde lagen. Diese sind im Bezug zur Realteilungsvereinbarung zu sehen.

4. Keine Widerlegung der sich aus der Urkunde resultierenden Vermutung

Die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Realteilungsvereinbarungs-Urkunde wird durch die gewechselten Erklärungen darüber, dass streitige Positionen bestritten bleiben und durch die Verzichtserklärungen nicht widerlegt. Erforderlich ist der Gegenbeweis. Die reine Möglichkeit eines anderen Sachverhalts reicht für die Erschütterung der Beweiskraft der Urkunde nicht aus. Es wäre Aufgabe des Klägers zu beweisen, dass die Parteien bei der jeweiligen Unterzeichnung der Urkunde nicht den Willen hatten, sich rechtlich mit dem oben festgestellten Inhalt der Urkunde zu binden. Die Erklärungen der Parteien, dass die in der Bilanz anzusetzenden bzw. dann auch angesetzten Positionen bestritten bleiben, geben zwar einen Hinweis in diese Richtung. Diese Erklärungen können aber zahlreichen Einflüssen ausgesetzt sein. Demgegenüber können die Parteien in dem Moment, in dem sie die Realteilungsvereinbarung unterzeichneten, den Willen gehabt haben, nunmehr den letzten, nach dem Verständnis der Zeugen ... und ... nur noch kleinen und wohl auch nach dem Verständnis der zurückhaltenderen Zeugen ... und ... nicht unmöglichen letzten Schritt auf den anderen zuzutun und einen Schlussstrich zu ziehen. Auch unter Berücksichtigung der vorangegangenen Erklärungen ist dies jedenfalls der Erklärungsinhalt vom Empfängerhorizont aus betrachtet. Die Beweisaufnahme hat damit nicht das Ergebnis erbracht, dass die Parteien das, was sie unterzeichnet haben, zum Zeitpunkt der Unterzeichnung inhaltlich nicht gewollt haben.

II. Bedeutung der Jahresabschlüsse

Die Jahresabschlüsse wirken zugunsten des Beklagten. Dahinstehen kann, ob sie allein ohne die Realteilungsvereinbarung den Klageansprüchen entgegenstehen würden. Jedenfalls stellt die Unterzeichnung der Jahresabschlüsse durch die Parteien einen Umstand dar, der den Erklärungen des Klägers entgegensteht, dass die Positionen bestritten bleiben. Die Jahresabschlüsse sind jeweils mit in die Würdigung einzubeziehen, wenn die Frage geprüft wird, ob es dem Kläger gelungen ist, die Beweiskraft der Urkunde über die Realteilungsvereinbarung zu erschüttern.

1. Rechtsprechung zur zivilrechtlichen Wirkung einer Bilanz

a) Irritiert bleibt das Gericht weiterhin, ohne es selbst im Urteil nochmals mit der Deutlichkeit der Verfügung vom 05.02.2016 (Ziffer 3. b) aa)) zu artikulieren vom Verständnis der rechtlichen Berater, das in der Aussage des Zeugen Simonek gipfelt, dass er die Realteilungsvereinbarung als rein steuerrechtliche Vereinbarung immer verstanden habe und klar gewesen sei, dass zivilrechtliche Ansprüche nicht abgegolten seien. Auch ein Steuerberater sollte erkennen, dass Übertragungen von Vermögensgegenständen, Regelungen zu Ausgleichszahlungen etc. Rechtsgeschäfte des Zivilrechts sind und keine rein steuerrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten.

Dass die Realteilungsvereinbarung von den Parteien tatsächlich gewollt war, ergibt sich auch aus einem Motiv, das der Zeuge ... auf den Punkt gebracht hat. Er hat in der Verhandlung am 18.10.2016 ausgesagt, dass die Vereinbarung (ausschließlich) der Möglichkeit diente, die Betriebe zu teilen und steuerlich die Realteilung zu ermöglichen. Es habe ein wirtschaftlicher Totalschaden vermieden werden sollen!

b) Nicht nur der BGH (Urteil vom 02.03.2009, Az II ZR 264/07) sondern ihm folgend, wenngleich es für die vorliegende Entscheidung nicht darauf ankommt, auch der BFH (Urteil vom 10.05.2016, Az IX R 13/15) geht von der Maßgeblichkeit des Zivilrechts für Jahresabschlüsse und Steuererklärungen aus.

Der BGH schreibt deutlich (a.a.O., zitiert nach juris, Textziffer 13): „Die Annahme des Berufungsgerichts, die Gesellschafter der Schuldnerin hätten allein mit steuerrechtlicher Wirkung Darlehen in den Jahresabschlüssen ausweisen wollen, ohne zugleich eine zivilrechtlich wirksame Darlehensverbindlichkeit zu begründen oder zuvor begründet zu haben ist unvertretbar. Sie übersieht, dass nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung eine bestimmte vertragliche Regelung nicht gleichzeitig steuerrechtlich gewollt, zivilrechtlich aber nicht gewollt sein kann. Wählen dementsprechend die Parteien eine bestimmte Rechtsgestaltung lediglich aus steuerlichen Gründen, fehlt es in der Regel nicht am erforderlichen Rechtsbindungswillen, weil die steuerliche Anerkennung ein gültiges ernstlich gewolltes Rechtsgeschäft voraussetzt. Erweist sich die gewählte Vertragsgestaltung nachträglich als zivilrechtlich nachteilig, begründet das nicht den Einwand des Scheingeschäfts. Für die Annahme, die - steuerlich beratenen - Beteiligten hätten eine Steuerhinterziehung begehen wollen, fehlt jeglicher Anhaltspunkt.“

Der BGH führt weiter aus (Rz 15):

„Zu kurz greift die Annahme des Berufungsgerichts, dem Jahresabschluss komme keine Beweiskraft gemäß § 416 ZPO im Hinblick auf die inhaltliche Richtigkeit der Bilanz zu. Zwar mag dies insoweit zutreffen, als außenstehende Gläubiger aus bilanziellen Ausweisen allein nicht den Beweis für das Bestehen zivilrechtlicher Ansprüche gegen die Gesellschaft und deren rechtliche Qualifizierung ableiten können. Darum geht es hier indessen nicht; vielmehr steht im vorliegenden Fall allein die Bedeutung des festgestellten Jahresabschlusses für das gesellschaftsinterne Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern in Rede. Insoweit handelt es sich bei der Feststellung des Jahresabschlusses um einen konstitutiv wirkenden Akt der Billigung des aufgestellten Jahresabschlusses durch die Gesellschafter, mit der diese dessen Richtigkeit anerkennen.“

2. Bedeutung für die streitigen Positionen im vorliegenden Fall

Die Klage setzt sowohl Ansprüche des Klägers gegen die KG als auch solche der KG gegen den Beklagten voraus. Die streitgegenständlichen Geschäftsvorfälle sind in diesen Bilanzpositionen unstreitig nicht enthalten. Die Bilanz hat damit die Wirkung eines Schuldanerkenntnisses bzw. eines negativen Schuldanerkenntnisses.

a) Die vom Klägervertreter vorgelegten Kommentarstellen haben für die vorliegende Fragestellung keine Bedeutung. Sie betreffen die rückwirkende Änderung von Jahresabschlüssen bei nachträglicher Feststellung eines anderen Sachverhalts oder einer anderen Rechtslage. Auch wenn es in den Kommentarstellen nicht zum Ausdruck kommt, wird es um Geschäftsvorfälle mit Außenwirkung gehen, die nicht allein von der Entscheidung der Gesellschafter abhängen.

b) Vorlegend geht es dagegen um die Frage, welche zivilrechtlich wirksamen Erklärungen die Gesellschafter gegenüber einander mit der Unterzeichnung der Bilanz abgegeben haben.

Diese Beurteilung ist vorliegend eindeutig. Nach den Regelungen des Gesellschaftsvertrags muss jeder Gesellschafter der Bilanz zugestimmt haben. Die Frage, welche Aussagekraft eine Bilanz zivilrechtlich gegenüber einem überstimmten Gesellschafter hat, stellt sich vorliegend nicht. Der Kläger muss sich daran festhalten lassen, dass er jedem einzelnen Bilanzansatz zugestimmt hat. Dies betrifft insbesondere die Nichtberücksichtigung der streitgegenständlichen Geschäftsvorfälle im Sinne eines Verzichts bzw. die für den Beklagten gegen die KG angesetzten Forderungen im Sinne eines Anerkenntnisses.

Eine von allen Gesellschaftern unterschriebene Bilanz bringt zum Ausdruck, dass sich die Gesellschafter über den Ansatz des Bilanzposten einig sind. Vorliegend sind die Gesellschafter hälftig beteiligt. Da die Komplementärin keinen Kapitalanteil hält, sind allein die Kommanditisten nach § 9 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages stimmberechtigt. Die Ansatz eines Bilanzpostens erfordert die Mehrheit der Gesellschafter. Das bedeutet, dass der Kläger zu jeder einzelnen Position verhindern konnte, dass sie in die Bilanz aufgenommen wird. Umgekehrt ist, dass seine Unterzeichnung der Bilanz auf sein Einverständnis mit dem Bilanzansatz zu schließen.

III. Zusammenfassend zur Bedeutung der Auseinandersetzungsvereinbarung

Die Auseinandersetzungsvereinbarung ist unter Berücksichtigung der chronologischen Entwicklung zu sehen. Die zuerst geschlossene Realteilungsvereinbarung, die im Zusammenhang mit der Auflösung der Gesellschaft steht und deren Konsequenzen detailliert regelt, hat der Kläger dem Gericht zunächst vorenthalten. Dass aber tatsächlich die Realteilungsvereinbarung zunächst die Auseinandersetzung der Parteien zivilrechtlich unfassend geregelt hat und die spätere Auseinandersetzungsvereinbarung an den getroffenen Regelungen nichts mehr geändert hat, wurde bereits ausgeführt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Gericht davon überzeugt, dass die Auseinandersetzungsvereinbarung in erster Linie daraus entstanden ist, dass es galt, die Steuerberater zu bezahlen. Sie sollte dann auch der Tatsache Rechnung tragen, dass der Kläger die Auffassung vertrat, noch umfangreiche Ansprüche geben die Gesellschaft zu haben. Zur Vermeidung einer Insolvenzantragspflicht wurden diese eventuellen Ansprüche durch befreiende Schuldübernahme vorsorglich aus der Gesellschaft herausgenommen. Die Bedeutung, die der Kläger der Auseinandersetzungsvereinbarung im Rechtsstreit beimessen will, hat sie nicht gehabt.

IV. Zusammenfassung

1. Die Parteien haben im Wege gegenseitigen Nachgebens einen Vergleich geschlossen und durch die Realteilungsvereinbarung im Zusammenhang mit dem Jahresabschluss zum 31.12.2010 festgelegt, in welcher Höhe Ansprüche des jeweiligen Gesellschafters gegen die KG zu berücksichtigen sind. Hierdurch nicht erfasste Ansprüche sind durch den Vergleich ausgeschlossen.

2. Daneben ist ein Anspruch auch deshalb ausgeschlossen, weil die Parteien durch die Realteilungsvereinbarung die Sphären Stromproduktion und Gasproduktion getrennt haben. Sämtliche streitgegenständlichen Vorgänge wurden durch Ziffer 4.1 auf den Beklagten übertragen. Selbst wenn die KG die Zahlungsansprüche gehabt hätte, die Gegenstand der Stufenklage sind, wären die Ansprüche damit im vollen Umfang auf den Beklagten übergegangen.

3. Damit können der KG und auch dem Kläger aus den streitgegenständlichen Sachverhalte keine Zahlungsansprüche mehr zustehen. Dementsprechend komme auch keine Auskunftsansprüche in Betracht. Die Klage ist deshalb nicht nur lediglich hinsichtlich des Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruchs sondern insgesamt als unbegründet abzuweisen.

Nebenentscheidungen

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 2 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

Verkündet am 11.04.2017

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(1) Der einem Anwesenden gemachte Antrag kann nur sofort angenommen werden. Dies gilt auch von einem mittels Fernsprechers oder einer sonstigen technischen Einrichtung von Person zu Person gemachten Antrag. (2) Der einem Abwesenden gemachte Antra

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Privaturkunden begründen, sofern sie von den Ausstellern unterschrieben oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet sind, vollen Beweis dafür, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben sind.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 143 Anfechtungserklärung


(1) Die Anfechtung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Anfechtungsgegner. (2) Anfechtungsgegner ist bei einem Vertrag der andere Teil, im Falle des § 123 Abs. 2 Satz 2 derjenige, welcher aus dem Vertrag unmittelbar ein Recht erworben hat. (

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Die Rechte und Verpflichtungen der geschäftsführenden Gesellschafter bestimmen sich nach den für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§ 664 bis 670, soweit sich nicht aus dem Gesellschaftsverhältnis ein anderes ergibt.

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 143/01 Verkündet am: 5. Juli 2002 K a n i k Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 264/07 Verkündet am: 2. März 2009 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR

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Oberlandesgericht München Beschluss, 26. Juli 2017 - 14 U 1694/17

bei uns veröffentlicht am 26.07.2017

Tenor 1. Das Wiedereinsetzungsgesuch in den vorigen Stand gemäß Schriftsatz des Klägers vom 03.07.2017 wird zurückgewiesen. 2. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Augsburg vom 11.04.2017, Aktenzeichen 08

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(1)1Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören auch Gewinne, die erzielt werden bei der Veräußerung

1.
des ganzen Gewerbebetriebs oder eines Teilbetriebs.2Als Teilbetrieb gilt auch die das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft; im Fall der Auflösung der Kapitalgesellschaft ist § 17 Absatz 4 Satz 3 sinngemäß anzuwenden;
2.
des gesamten Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2);
3.
des gesamten Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3).
2Gewinne, die bei der Veräußerung eines Teils eines Anteils im Sinne von Satz 1 Nummer 2 oder 3 erzielt werden, sind laufende Gewinne.

(2)1Veräußerungsgewinn im Sinne des Absatzes 1 ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens (Absatz 1 Satz 1 Nummer 1) oder den Wert des Anteils am Betriebsvermögen (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) übersteigt.2Der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils ist für den Zeitpunkt der Veräußerung nach § 4 Absatz 1 oder nach § 5 zu ermitteln.3Soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind, gilt der Gewinn insoweit jedoch als laufender Gewinn.

(3)1Als Veräußerung gilt auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs sowie eines Anteils im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3.2Werden im Zuge der Realteilung einer Mitunternehmerschaft Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile oder einzelne Wirtschaftsgüter in das jeweilige Betriebsvermögen der einzelnen Mitunternehmer übertragen, so sind bei der Ermittlung des Gewinns der Mitunternehmerschaft die Wirtschaftsgüter mit den Werten anzusetzen, die sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergeben, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist; der übernehmende Mitunternehmer ist an diese Werte gebunden; § 4 Absatz 1 Satz 4 ist entsprechend anzuwenden.3Dagegen ist für den jeweiligen Übertragungsvorgang rückwirkend der gemeine Wert anzusetzen, soweit bei einer Realteilung, bei der einzelne Wirtschaftsgüter übertragen worden sind, zum Buchwert übertragener Grund und Boden, übertragene Gebäude oder andere übertragene wesentliche Betriebsgrundlagen innerhalb einer Sperrfrist nach der Übertragung veräußert oder entnommen werden; diese Sperrfrist endet drei Jahre nach Abgabe der Steuererklärung der Mitunternehmerschaft für den Veranlagungszeitraum der Realteilung.4Satz 2 ist bei einer Realteilung, bei der einzelne Wirtschaftsgüter übertragen werden, nicht anzuwenden, soweit die Wirtschaftsgüter unmittelbar oder mittelbar auf eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse übertragen werden; in diesem Fall ist bei der Übertragung der gemeine Wert anzusetzen.5Soweit einzelne dem Betrieb gewidmete Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe des Betriebs veräußert werden und soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind, gilt der Gewinn aus der Aufgabe des Gewerbebetriebs als laufender Gewinn.6Werden die einzelnen dem Betrieb gewidmeten Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe des Betriebs veräußert, so sind die Veräußerungspreise anzusetzen.7Werden die Wirtschaftsgüter nicht veräußert, so ist der gemeine Wert im Zeitpunkt der Aufgabe anzusetzen.8Bei Aufgabe eines Gewerbebetriebs, an dem mehrere Personen beteiligt waren, ist für jeden einzelnen Beteiligten der gemeine Wert der Wirtschaftsgüter anzusetzen, die er bei der Auseinandersetzung erhalten hat.

(3a) Einer Aufgabe des Gewerbebetriebs steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung sämtlicher Wirtschaftsgüter des Betriebs oder eines Teilbetriebs gleich; § 4 Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(3b)1In den Fällen der Betriebsunterbrechung und der Betriebsverpachtung im Ganzen gilt ein Gewerbebetrieb sowie ein Anteil im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 nicht als aufgegeben, bis

1.
der Steuerpflichtige die Aufgabe im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 ausdrücklich gegenüber dem Finanzamt erklärt oder
2.
dem Finanzamt Tatsachen bekannt werden, aus denen sich ergibt, dass die Voraussetzungen für eine Aufgabe im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 erfüllt sind.
2Die Aufgabe des Gewerbebetriebs oder Anteils im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 ist in den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 rückwirkend für den vom Steuerpflichtigen gewählten Zeitpunkt anzuerkennen, wenn die Aufgabeerklärung spätestens drei Monate nach diesem Zeitpunkt abgegeben wird.3Wird die Aufgabeerklärung nicht spätestens drei Monate nach dem vom Steuerpflichtigen gewählten Zeitpunkt abgegeben, gilt der Gewerbebetrieb oder Anteil im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 erst in dem Zeitpunkt als aufgegeben, in dem die Aufgabeerklärung beim Finanzamt eingeht.

(4)1Hat der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet oder ist er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig, so wird der Veräußerungsgewinn auf Antrag zur Einkommensteuer nur herangezogen, soweit er 45 000 Euro übersteigt.2Der Freibetrag ist dem Steuerpflichtigen nur einmal zu gewähren.3Er ermäßigt sich um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn 136 000 Euro übersteigt.

(5) Werden bei einer Realteilung, bei der Teilbetriebe auf einzelne Mitunternehmer übertragen werden, Anteile an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse unmittelbar oder mittelbar von einem nicht von § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes begünstigten Steuerpflichtigen auf einen von § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes begünstigten Mitunternehmer übertragen, ist abweichend von Absatz 3 Satz 2 rückwirkend auf den Zeitpunkt der Realteilung der gemeine Wert anzusetzen, wenn der übernehmende Mitunternehmer die Anteile innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach der Realteilung unmittelbar oder mittelbar veräußert oder durch einen Vorgang nach § 22 Absatz 1 Satz 6 Nummer 1 bis 5 des Umwandlungssteuergesetzes weiter überträgt; § 22 Absatz 2 Satz 3 des Umwandlungssteuergesetzes gilt entsprechend.

(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,
2.
soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt.

(2) Als rückwirkendes Ereignis gilt auch der Wegfall einer Voraussetzung für eine Steuervergünstigung, wenn gesetzlich bestimmt ist, dass diese Voraussetzung für eine bestimmte Zeit gegeben sein muss, oder wenn durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, dass sie die Grundlage für die Gewährung der Steuervergünstigung bildet. Die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung gilt nicht als rückwirkendes Ereignis.

Die Rechte und Verpflichtungen der geschäftsführenden Gesellschafter bestimmen sich nach den für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§ 664 bis 670, soweit sich nicht aus dem Gesellschaftsverhältnis ein anderes ergibt.

Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber die erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen über den Stand des Geschäfts Auskunft zu erteilen und nach der Ausführung des Auftrags Rechenschaft abzulegen.

(1) Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde.

(2) Der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis steht es gleich, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist.

(1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.

(2) Als Irrtum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrtum über solche Eigenschaften der Person oder der Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden.

(1) Wird ein anfechtbares Rechtsgeschäft angefochten, so ist es als von Anfang an nichtig anzusehen.

(2) Wer die Anfechtbarkeit kannte oder kennen musste, wird, wenn die Anfechtung erfolgt, so behandelt, wie wenn er die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts gekannt hätte oder hätte kennen müssen.

(1) Der einem Anwesenden gemachte Antrag kann nur sofort angenommen werden. Dies gilt auch von einem mittels Fernsprechers oder einer sonstigen technischen Einrichtung von Person zu Person gemachten Antrag.

(2) Der einem Abwesenden gemachte Antrag kann nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf.

(1) Wird eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben, so ist sie nichtig.

(2) Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so finden die für das verdeckte Rechtsgeschäft geltenden Vorschriften Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 264/07 Verkündet am:
2. März 2009
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 117, 781; GmbHG §§ 42 a Abs. 2, 31, 73 Abs. 1

a) Wählen die Vertragsparteien eine bestimmte zivilrechtliche Rechtsgestaltung lediglich aus steuerlichen
Gründen, fehlt es in der Regel nicht am erforderlichen Rechtsbindungswillen, weil die steuerliche
Anerkennung ein gültiges, ernstlich gewolltes Rechtsgeschäft voraussetzt. Erweist sich die
gewählte Vertragsgestaltung nachträglich als zivilrechtlich nachteilig, begründet das nicht den
Einwand des Scheingeschäfts.

b) Die Feststellung des Jahresabschlusses hat - nicht anders als bei der Personengesellschaft (vgl.
dazu: BGHZ 132, 263, 266) - auch bei der GmbH die Bedeutung einer Verbindlicherklärung der
Bilanz jedenfalls im Verhältnis der Gesellschafter zur Gesellschaft und auch untereinander. Typischer
Inhalt einer solchen korporativen Abrede ist auch der Ausschluss bekannter oder mindestens
für möglich gehaltener Einwendungen gegenüber bilanzierten Gesellschafterverbindlichkeiten
im Sinne eines deklaratorischen Anerkenntnisses.

c) Eine gegen das in § 73 Abs. 1, 2 GmbHG normierte zwingende Kapitalerhaltungsgebot in der
Liquidation verstoßende Verteilung von Gesellschaftsvermögen hat einen Rückerstattungsanspruch
der GmbH gegen die Gesellschafter analog § 31 GmbHG zur Folge, der nicht die Entstehung
einer Unterbilanz als Folge der Auszahlung voraussetzt.

d) Vorabausschüttungen auf einen erwarteten Liquidationserlös stehen unter dem stillschweigenden
Vorbehalt, dass auf die Empfänger nach der abschließenden Liquidationsbilanz ein entsprechender
Erlös entfällt. Soweit ein Liquidationserlös nicht vorhanden ist, besteht aufgrund stillschweigender
Abrede ein vertraglicher Rückgewähranspruch der GmbH auf Rückzahlung der Vorabausschüttung.
BGH, Urteil vom 2. März 2009 - II ZR 264/07 - OLG Düsseldorf
LG Kleve
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. März 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette
und die Richter Dr. Kurzwelly, Kraemer, Dr. Reichart und Dr. Drescher

für Recht erkannt:
I. Auf die Revision des Klägers wird - unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels - das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 21. November 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als auf die Berufung der Beklagten das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Kleve vom 3. November 2006, soweit dieses der Klage stattgegeben hat, abgeändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen worden ist. II. Die Berufung der Beklagten gegen das vorbezeichnete Urteil des Landgerichts Kleve wird mit der Maßgabe zurückgewiesen , dass in Abänderung der landgerichtlichen Kostenentscheidung die erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits dem Kläger zu 42 % und der Beklagten zu 58 % auferlegt werden. III. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger zu 42 % und der Beklagten zu 58 %, diejenigen des Revisionsverfahrens dem Kläger zu 38 % und der Beklagten zu 62 % auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem am 29. April 2004 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der G. -Vertriebsgesellschaft mbH i.L. (nachfolgend: Schuldnerin); die Beklagte ist Alleinerbin des am 27. März 2004 verstorbenen H. T. , eines von neun in gleicher Höhe am Stammkapital der Schuldnerin von insgesamt 531.000,00 DM beteiligten Gesellschaftern. Die am 21. August 1981 gegründete Schuldnerin veräußerte durch Vertrag vom 15. Dezember 1991 ihr gesamtes Anlagevermögen mit Wirkung vom 1. März 1992 an die N. B. V (NBV). Durch Liquidationsbeschluss der Gesellschafterversammlung vom 28. Februar 1992 wurde die Schuldnerin zum Ablauf des folgenden Tages aufgelöst. Die Mehrheit der Gesellschafter verlangte die gleichmäßige Auszahlung des aus der Veräußerung des Betriebsvermögens erzielten Kaufpreises von 1,84 Mio. DM an alle und setzte sich damit über die von dem Mitgesellschafter C. dagegen erhobenen Bedenken, dass "die Gesellschaft zuerst abgewickelt werden müsse", hinweg. Die Liquidatoren der Schuldnerin zahlten daraufhin bis Juni 1992 an die Gesellschafter - mit Ausnahme des Mitgesellschafters E. - aus dem Gesellschaftsvermögen jeweils 230.000,00 DM aus; auf den Empfängerabschnitten der den Gesellschaftern hingegebenen Verrechnungsschecks soll - was zwischen den Parteien streitig ist - von den Liquidatoren als Verwendungszweck : "Darlehensauszahlung lt. Gesellschafterbeschluss" vermerkt worden sein. Im Hinblick darauf, dass bei einigen Gesellschaftern Steuerveranlagungen wegen angeblicher "verdeckter Gewinnausschüttung" stattgefunden hatten, wurde auf einer Gesellschafterversammlung der Schuldnerin vom 26. Oktober 1995 - zu der jedenfalls der Mitgesellschafter E. nicht geladen worden war - der Beschluss gefasst, dass die "Umwandlung der Gesellschafterdarlehen in Gewinnausschüttungen nach erfolgter Betriebsprüfung und nach Zahlung aller Verbindlichkeiten" erfolgen sollte. Auf Anforderung der Liquidato- ren leistete der Ehemann der Beklagten - wie andere Mitgesellschafter auch - in der Folgezeit von dem empfangenen Geld insgesamt drei Rückzahlungen zugunsten der Schuldnerin: Ende Juni 1995 25.378,20 DM auf einen Rückforderungsanspruch der NBV, im Januar 1996 anteilig 16.932,79 DM zur Tilgung von Gesellschaftsschulden gegenüber der Volksbank sowie am 30. Juni 1999 18.812,50 DM an die Stadtkasse Ge. zur Teiltilgung einer Steuerverbindlichkeit der Schuldnerin.
2
Mit Schreiben vom 24. Juli 2001 sprachen die Liquidatoren gegenüber allen Gesellschaftern die "Kündigung der Darlehen" aus; Zinszahlungen waren bis zu diesem Zeitpunkt von den Gesellschaftern nicht gefordert und von ihnen auch nicht erbracht worden. Durch mehrheitlich - auch mit der Stimme des Ehemanns der Beklagten - gefassten Gesellschafterbeschluss vom 27. Juni 2002 wurden zu TOP 4 sämtliche Jahresabschlüsse der Schuldnerin - in denen die im Jahr 1992 erfolgten Auszahlungen an die Gesellschafter als "Darlehen" ausgewiesen sind - für die Geschäftsjahre von 1992 bis 2000 festgestellt. Unter TOP 6 hat der Liquidator T. protokolliert: "Die in den Bilanzen ausgewiesenen Darlehen, die mit den Feststellungen der finanzbehördlichen Betriebsprüfung übereinstimmen, sind dem Grunde und der Höhe nach zutreffend. Mit Feststellung der Jahresabschlüsse laut TOP 4 sind die Darlehen durch Gesellschafterbeschluss anerkannt und genehmigt. Die Darlehen sind somit fällig." Mit Schreiben vom 12. Dezember 2002 mahnten die Liquidatoren der Schuldnerin bei den Gesellschaftern die Rückzahlung der empfangenen Beträge - erfolglos - an.
3
Mit der am 22. Dezember 2004 erhobenen Klage hat der Kläger von der Beklagten als Erbin ihres verstorbenen Ehemannes Rückerstattung der erhaltenen Auszahlung von 230.000,00 DM nebst angeblich vereinbarter Darlehenszinsen , hilfsweise Kapitalnutzungszinsen seit dem 1. Juli 1992 verlangt; dabei hat er einen früher entstandenen Gewinnanspruch des Ehemanns der Beklagten von 5.250,00 DM und dessen drei Rückerstattungszahlungen zum Teil auf die Hauptforderung, überwiegend jedoch auf die - kapitalisiert - als Hauptforderung geltend gemachten Zinsen bis 31. Dezember 1999 angerechnet; außerdem hat er vorgerichtliche Kosten der Rechtsverfolgung geltend gemacht. Die Beklagte hat die Forderung bestritten und sich auf Verjährung berufen.
4
Das Landgericht hat der - auf Zahlung von insgesamt 146.606,42 € zuzüglich Zinsen gerichteten - Klage nur im Umfang von 83.660,91 € nebst 5 % Zinsen seit dem 12. März 2003 sowie in Höhe vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten von 962,86 € nebst Zinsen stattgegeben. Dabei ist es von einer "Umwandlung der zunächst rechtsgrundlosen Geldhingabe zu einem Darlehen" anlässlich der Bilanzfeststellungen durch Gesellschafterbeschluss vom 27. Juni 2002 ausgegangen und hat die anrechenbaren Gewinne und Teilrückzahlungen hiermit verrechnet; demgegenüber hat es eine Verpflichtung der Beklagten zur Entrichtung von kapitalisierten Darlehenszinsen ab 1992 verneint und insoweit die Klage abgewiesen.
5
Gegen dieses Urteil haben beide Parteien in vollem Umfang Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat das Rechtsmittel des Klägers zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten die Klage insgesamt abgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der - von dem erkennenden Senat zugelassenen - Revision, wobei er lediglich die Teilabweisung der Klage in Höhe eines - verjährten - Zinsbetrages von 9.779,47 € hinnimmt, im Übrigen aber seine verbleibende Forderung in Höhe von 136.926,95 € weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision des Klägers ist teilweise begründet und führt - unter Teilaufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückweisung der Berufung der Beklagten - zur Wiederherstellung des der Klage im Umfang von 83.660,91 € und vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten von 962,86 € - jeweils nebst Zinsen - stattgebenden Landgerichtsurteils. Soweit der Kläger hingegen die darüber hinausgehende Verurteilung der Beklagten bis zur Gesamthöhe von 136.926,95 € nebst Zinsen erstrebt, ist seine Revision ebenso unbegründet wie seine entsprechende Berufung gegen das - auch insoweit zutreffende - Landgerichtsurteil.
7
I. Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
8
Bei der Auszahlung an die Gesellschafter habe es sich um die Vorabausschüttung eines künftigen Liquidationserlöses gehandelt. Ein Darlehensvertrag zwischen der Schuldnerin und ihren Gesellschaftern sei insoweit weder durch die einseitige Anbringung eines diesbezüglichen Verwendungszwecks auf den Verrechnungsschecks durch die Liquidatoren noch aufgrund des - im Übrigen verfahrensfehlerhaft gefassten - Gesellschafterbeschlusses vom 26. Oktober 1995, der zwar steuerlichen Zwecken gedient habe, nicht aber eine vorherige zivilrechtlich verbindliche Novation beweise, zustande gekommen. Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei auch durch den Gesellschafterbeschluss vom 27. Juni 2002 über die Feststellung der Jahresabschlüsse 1992 bis 2000 trotz des bilanziellen Ausweises der Auszahlungen an die Gesellschafter als Darlehen kein Darlehensvertrag zustande gekommen; auch insoweit könne von einer zivilrechtlich verbindlichen Schuldumschaffung nicht die Rede sein, da diese Gestaltung allein der Vermeidung sonst drohender steuerlicher Nachteile gedient habe. Eine Beweiskraft für die inhaltliche Richtigkeit der An- gaben in der Bilanz komme der Feststellung nicht zu. Ein Rückforderungsanspruch aus § 31 GmbHG analog wegen des zweifellos vorliegenden Verstoßes der Auszahlung innerhalb des Sperrjahres und vor einer Gläubigerbefriedigung bzw. Sicherstellung gegen die zwingende Kapitalbindungsvorschrift des § 73 Abs. 1 GmbHG sei verjährt; nach der letzten Unterbrechung aufgrund der Teilrückzahlung vom 30. Juni 1999 sei Verjährung mit Ablauf des 30. Juni 2004 - also lange vor Klageerhebung - eingetreten. Ein Rückforderungsanspruch könne nicht auf Abschnitt 9 c i.V.m. 9 b der Satzung der Schuldnerin gestützt werden, da diese Bestimmungen nicht einschlägig seien und zudem der diesbezügliche Sachvortrag des Klägers nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen sei.
9
II. Diese Beurteilung hält in mehrfacher Hinsicht der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
10
1. Aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist allerdings die vom Berufungsgericht - insoweit in Übereinstimmung mit dem Landgericht - aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme gewonnene Überzeugung, dass sich anlässlich der Auszahlung der jeweils 230.000,00 DM an die Gesellschafter - darunter den Ehemann der Beklagten - das Zustandekommen eines Darlehensvertrages zwischen der Schuldnerin und ihren Gesellschaftern nicht nachweisen lasse. Die Annahme, die überwiegende Mehrheit der Gesellschafter habe ungeachtet der vom Zeugen C. geäußerten Bedenken eine Vorabausschüttung gewollt, da sie auf die Auszahlung des Erlöses aus der Unternehmensveräußerung "heiß gewesen" seien, ist nicht nur nachvollziehbar, sondern wegen ihres unmissverständlichen Wunsches, "Kasse zu machen", sogar wahrscheinlich. Angesichts dessen hat sich das Berufungsgericht auch ohne insoweit erkennbaren revisionsrechtlich relevanten Rechtsfehler nicht davon zu überzeugen vermocht, dass aus Anlass des - zudem vage gefassten - Gesellschafterbeschlusses vom 26. Oktober 1995 eine zeitlich vorangegangene, konkludente Schuldumschaffung der ursprünglichen Vorabausschüttung in eine - noch dazu verzinsliche - Darlehensverbindlichkeit zwischen den einzelnen Gesellschaftern und der Schuldnerin stattgefunden hat, zumal ersichtlich in der Folgezeit bis zur Klageerhebung Darlehenszinsen weder von den Liquidatoren geltend gemacht noch durch einzelne Gesellschafter bezahlt worden sind und auch anlässlich der drei Rückerstattungen jedenfalls nicht von Darlehensrückzahlungen die Rede war.
11
2. Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet jedoch die Annahme des Berufungsgerichts, eine Darlehensverbindlichkeit des Ehemannes der Beklagten gegenüber der Schuldnerin sei auch anlässlich des mit seiner Zustimmung gefassten Bilanzfeststellungsbeschlusses vom 27. Juni 2002 nicht zustande gekommen, weil mit dem bilanziellen Ausweis als Darlehen lediglich die Vermeidung einer steuerlichen Behandlung als verdeckte Gewinnausschüttung, nicht hingegen eine zivilrechtlich verbindliche Schuldumschaffung der Vorabausschüttung in ein Darlehen bezweckt gewesen sei, und zudem der Bilanzfeststellung keine inhaltliche Beweiskraft zukomme.
12
Diese Argumentation ist - wie die Revision mit Recht rügt - in doppelter Hinsicht von Rechtsirrtum beeinflusst.
13
a) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Gesellschafter der Schuldnerin hätten mit alleiniger steuerrechtlicher Wirkung ("nur zu steuerlichen Zwecken" ) Darlehen in den Jahresabschlüssen ausweisen wollen, ohne zugleich eine zivilrechtlich wirksame Darlehensverbindlichkeit zu begründen oder zuvor begründet zu haben, ist unvertretbar. Sie übersieht, dass nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung eine bestimmte vertragliche Regelung nicht gleichzeitig steuerrechtlich gewollt, zivilrechtlich aber nicht gewollt sein kann (BGHZ 67, 334, 337; Sen.Urt. v. 5. Juli 1993 - II ZR 114/92, ZIP 1993, 1158, 1159; BGH, Urt. v. 20. Juli 2006 - IX ZR 226/03, ZIP 2006, 1639, 1640 m.w.Nachw.). Wählen dementsprechend - wie das Berufungsgericht festgestellt hat - die Parteien eine bestimmte Rechtsgestaltung lediglich aus steuerlichen Gründen, fehlt es in der Regel nicht am erforderlichen Rechtsbindungswillen, weil die steuerliche Anerkennung ein gültiges, ernstlich gewolltes Rechtsgeschäft voraussetzt. Erweist sich die gewählte Vertragsgestaltung nachträglich als zivilrechtlich nachteilig, begründet das nicht den Einwand des Scheingeschäfts (BGH, Urt. v. 20. Juli 2006 - IX ZR 226/03, aaO). Für die Annahme, die - steuerlich beratenen - Beteiligten hätten eine Steuerhinterziehung begehen wollen, fehlt jeglicher Anhaltspunkt.
14
War danach hier das vom Berufungsgericht angenommene steuerliche Ziel der Vermeidung einer Behandlung der Vorabausschüttungen als offene oder verdeckte Gewinnausschüttungen durch die Steuerbehörden nur auf dem Wege einer zivilrechtlich verbindlichen Umwandlung der bis dahin bestehenden bloßen Vorabausschüttungen im Wege der Schuldumschaffung in Darlehen möglich, so sprechen - anders als das Berufungsgericht gemeint hat - bereits der Ausweis als Darlehen in der Bilanz und deren Feststellung dafür, dass eine solche Novation auch von den Gesellschaftern - zumindest denen, die wie der Ehemann der Beklagten dafür gestimmt haben - gewollt war.
15
b) Zu kurz greift die Annahme des Berufungsgerichts, dem Jahresabschluss komme keine Beweiskraft gemäß § 416 ZPO im Hinblick auf die inhaltliche Richtigkeit der Bilanz zu. Zwar mag dies insoweit zutreffen, als außenstehende Gläubiger aus bilanziellen Ausweisen allein nicht den Beweis für das Bestehen zivilrechtlicher Ansprüche gegen die Gesellschaft und deren rechtliche Qualifizierung ableiten können. Darum geht es hier indessen nicht; vielmehr steht im vorliegenden Fall allein die Bedeutung des festgestellten Jahresabschlusses für das gesellschaftsinterne Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern in Rede. Insoweit handelt es sich bei der Feststellung des Jahresabschlusses um einen konstitutiv wirkenden Akt der Billigung des aufgestellten Jahresabschlusses durch die Gesellschafter, mit der diese dessen Richtigkeit anerkennen. Nicht anders als bei den Personengesellschaften (vgl. dazu nur BGHZ 132, 263, 266 m.w.Nachw.) hat diese Feststellung des Jahresabschlusses auch bei einer GmbH - wie hier - die Bedeutung einer Verbindlicherklärung der Bilanz jedenfalls im Verhältnis der Gesellschafter zur Gesellschaft und auch untereinander. Dementsprechend ist die Bilanzfeststellung ein Vorgang , aus dem sich im Innenverhältnis auch rechtliche Konsequenzen für die Ansprüche zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern im Sinne eines - zivilrechtlich verbindlichen - Schuldanerkenntnisses ergeben können. Ob insoweit in der (einvernehmlichen) Feststellung des Jahresabschlusses ein abstraktes Schuldanerkenntnis (vgl. zur Personengesellschaft: Sen.Urt. v. 11. Januar 1960 - II ZR 69/59, BB 1960, 188; v. 13. Januar 1966 - II ZR 68/64, BB 1966, 474) oder ein Feststellungsvertrag (vgl. Senat, BGHZ 132, 263, 266 f. m.w. Literaturnachw. - zur KG) im Sinne eines deklaratorischen ("kausalen") Anerkenntnisses (h.M.: vgl. zum Meinungsstand Ehricke in Ebenroth/Boujong/Jost/Strohn, HGB 2. Aufl. § 120 Rdn. 35 m.w.Nachw.; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1994, 1455, 1457 f.; vgl. insbesondere auch Hüffer in MünchKommBGB § 781 Rdn. 16 ff. mit eingehender Begründung) zu sehen ist, kann hier schon deshalb offen bleiben , weil die Qualifizierung in der einen oder der anderen Richtung regelmäßig von den Umständen des Einzelfalls abhängt. Auch die Gesellschafter der GmbH bezwecken mit der ihnen - in der Form der korporativen Beschlussfassung - obliegenden Feststellung des Jahresabschlusses (§§ 42 a Abs. 2, 46 Nr. 1 GmbHG) regelmäßig, zumindest die Rechtsgrundlage für das Folgejahr zu fixieren und ihre Ansprüche und Verbindlichkeiten gegenüber der Gesellschaft zum Bilanzstichtag festzulegen; typischer Inhalt einer solchen korporativen Ab- rede ist auch der Ausschluss der bekannten oder mindestens für möglich gehaltenen Einwendungen im Sinne eines deklaratorischen Anerkenntnisses.
16
Angesichts dessen erweist sich die Annahme des Berufungsgerichts, der bilanzielle Ausweis als Darlehen (vgl. § 42 Abs. 3 GmbHG) lasse keine beweisrechtlichen Schlüsse auf die zivilrechtliche Verbindlichkeit der Feststellung einer Bilanz mit einem derartigen Inhalt zu, als verfehlt. Vielmehr lag es hier nach den tatrichterlichen Feststellungen nahe, gerade wegen der steuerrechtlichen Motivation in der Bilanzfeststellung zugleich ein deklaratorisches Anerkenntnis einer zuvor oder gleichzeitig konkludent begründeten Darlehensforderung zu sehen.
17
Eine - vom Berufungsgericht von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig nicht geprüfte - Verjährung der als Darlehen bilanzierten Forderung gegen den Ehemann der Beklagten kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil eine derartige Umwandlung in ein Darlehen in unverjährter Zeit stattgefunden hat. Nach den in anderem Zusammenhang vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen war nämlich ein - alternativ aus anderem Rechtsgrund (§§ 31 analog, 73 Abs. 1 GmbHG) bestehender - Rückforderungsanspruch der Schuldnerin aufgrund dreimaliger Teilrückzahlungen im Juni 1995, Januar 1996 und am 30. Juni 1999 gemäß § 208 BGB a.F. unterbrochen und lief daher die Frist erneut zumindest bis zum 30. Juni 2004 (vgl. auch Art. 229 § 6 Abs. 2, 4 EGBGB). Aufgrund der mit der Umwandlung in ein Darlehen selbst verbundenen erneuten Anerkennung der Forderung anlässlich der Bilanzfeststellung am 27. Juni 2002 war mithin im Zeitpunkt der Klageerhebung am 22. Dezember 2004 eine derartige Darlehensforderung der Schuldnerin gegen die Beklagte als Rechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehemannes keinesfalls verjährt (Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB).
18
3. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht auch einen Rückforderungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte aus §§ 31 analog, 73 GmbHG als verjährt und damit nicht durchsetzbar angesehen.
19
Zwar hat es im Ansatz zutreffend das Bestehen eines derartigen - konkurrierenden - Rückforderungsanspruchs dem Grunde nach bejaht, weil die Auszahlung von je 230.000,00 DM an die Gesellschafter - hier den Ehemann der Beklagten - weit vor Ablauf des sog. Sperrjahres und zudem vor Tilgung oder Sicherstellung der Schulden der Gesellschaft erfolgte und damit gegen die zwingende Gläubigerschutzvorschrift des § 73 Abs. 1 GmbHG verstieß. Insoweit ist es unerheblich, ob die Auszahlung rechtlich als Darlehen oder - wie das Berufungsgericht angenommen hat - weiterhin als Vorabausschüttung zu qualifizieren ist; denn nach dem dieser Vorschrift zugrunde liegenden Thesaurierungsgebot ist in diesem Stadium der Liquidation jegliche Auszahlung von Gesellschaftsvermögen verboten, da wegen der vorrangigen Gläubigerbefriedigung nicht nur der Gesamtvermögensbestand, sondern auch die Liquidität der aufgelösten GmbH zu sichern ist.
20
Ein derartiger Rückerstattungsanspruch analog § 31 Abs. 1 GmbHG, der im Hinblick auf die Verschärfung der Ausschüttungssperre durch § 73 GmbHG nicht die Entstehung einer Unterbilanz als Folge der Auszahlung voraussetzt (vgl. Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG 5. Aufl. § 73 Rdn. 26 m.w.Nachw.), war nach § 31 Abs. 5 Satz 1 GmbHG a.F. entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht bereits Ende Juni 2004 - also vor Klageerhebung - verjährt, weil die Verjährungsfrist nicht etwa letztmalig durch die Teiltilgung einer Steuerschuld am 30. Juni 1999 unterbrochen, sondern mit der Anerkennung der Rückzahlungspflicht aufgrund der Feststellung der Jahresabschlüsse am 27. Juni 2002 erneut "gehemmt" wurde (vgl. § 208 BGB a.F., § 212 Nr. 1 BGB n.F., Art. 229 § 6 Abs. 1, 2 EGBGB).
21
4. Die vollständige Abweisung eines Rückerstattungsanspruchs des Klägers gegen die Beklagte bereits dem Grunde nach war schließlich auch insoweit rechtsfehlerhaft, als das Berufungsgericht es unterlassen hat, das Klagebegehren unter dem Blickwinkel eines Rückzahlungsanspruchs aus konkludenter Rückzahlungsabrede im Zusammenhang mit einer - von ihm angenommenen - Vorabausschüttung zu prüfen. Handelte es sich - wie die Vorinstanzen im Ansatz zutreffend angenommen haben - bei der Auszahlung des aus dem Veräußerungsgeschäft erzielten Kaufpreises an die Gesellschafter nach Fassung des Liquidationsbeschlusses vom 29. Februar 1992 um - freilich gegen § 73 Abs. 1 GmbHG verstoßende - Vorabausschüttungen auf einen erwarteten Liquidationserlös , so standen diese unter dem selbstverständlichen stillschweigenden Vorbehalt, dass auf die Empfänger nach der abschließenden Liquidationsbilanz auch ein entsprechender Erlös entfiel; die Rechtslage entspricht insoweit derjenigen bei vereinbarten Vorauszahlungen auf einen erwarteten Jahresgewinn im Sinne des § 29 GmbHG. Soweit in diesen Fällen ein entsprechender Liquidationserlös bzw. Jahresgewinn nicht vorhanden ist, besteht aufgrund stillschweigender Abrede ein vertraglicher Rückgewähranspruch auf Rückzahlung der Vorabausschüttung.
22
Ein derartiger - unverjährter - Rückzahlungsanspruch ist auch jedenfalls mit der Geltendmachung durch den Kläger als Insolvenzverwalter fällig geworden. Zwar liegt bislang eine - regelmäßig zur Herbeiführung der Fälligkeit erforderliche - Liquidationsbilanz noch nicht vor. Jedoch darf im hier vorliegenden Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Insolvenzverwalter auf der Grundlage der von ihm vorgelegten Vermögensübersicht gemäß § 135 InsO wegen der vorrangigen Zwecke des Insolvenzverfahrens sofort geltend machen , dass der stillschweigend vorausgesetzte Grund für ein Behaltendürfen der Vorabausschüttung entfallen ist, und damit die Fälligkeit der Rückzahlung zum Zwecke der Gläubigerbefriedigung herbeiführen. Dass nach dieser Vermö- gensübersicht - wie die Beklagte vorträgt - im (theoretischen) Fall einer Realisierung sämtlicher Rückzahlungsansprüche gegen alle Gesellschafter, die die Vorabausschüttungen erhalten haben, die Summe der Erstattungsansprüche die gesamten Verbindlichkeiten möglicherweise knapp übersteigen könnte, führt nicht zu einer Nichtdurchsetzbarkeit der Klageforderung gegen die Beklagte. Denn angesichts des - vom Kläger in den Tatsacheninstanzen unwidersprochen vorgetragenen und durch die Übersicht nach § 135 InsO belegten - großen Ausmaßes der Verbindlichkeiten der Schuldnerin und der Ungewissheit der Realisierbarkeit der Rückforderungen gegen die Mitgesellschafter ist derzeit davon auszugehen, dass die Einziehung der an den Ehemann der Beklagten geleisteten verbleibenden Restforderung durch den Kläger zur Gläubigerbefriedigung benötigt wird.
23
III. Aufgrund der aufgezeigten Rechtsfehler unterliegt das angefochtene Urteil insoweit der Aufhebung, als das Berufungsgericht - auf die Berufung der Beklagten - das Landgerichtsurteil, soweit es der Klage stattgegeben hat, geändert und die Klage abgewiesen hat (§ 562 Abs. 1 ZPO). In diesem Umfang ist - was der Senat wegen Endentscheidungsreife auf der Grundlage der in den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen selbst zu entscheiden hat (§ 563 Abs. 3 Satz 1 ZPO) - die Berufung der Beklagten zurückzuweisen, so dass es bei der durch das Landgericht ausgesprochenen Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 83.660,91 € nebst 5 % Zinsen seit dem 12. März 2003 sowie vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 962,86 € nebst 5 % Zinsen seit dem 15. Februar 2005 verbleibt (1).
24
Im Übrigen bleibt die Revision des Klägers erfolglos, weil sich das seine Berufung zurückweisende Urteil des Oberlandesgerichts insoweit gemäß § 561 ZPO aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig erweist (2).
25
1. a) Der Rückerstattungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte als Erbin ihres verstorbenen Ehemanns in Höhe von 83.660,91 € ergibt sich aus gekündigtem Darlehen (§§ 488 Abs. 1, 1922 BGB).
26
Bei der Auszahlung von jeweils 230.000,00 DM an acht Gesellschafter - darunter den Ehemann der Beklagten - handelte es sich allerdings zunächst, wie die Vorinstanzen insoweit zutreffend festgestellt haben, um eine Vorabausschüttung auf vermeintlich erwarteten Liquidationserlös im Zusammenhang mit der Veräußerung des Unternehmens, wobei wegen des Vorschusscharakters das Behaltendürfen unter dem konkludenten Vorbehalt stand, dass auf die Empfänger nach der abschließenden Liquidationsbilanz auch endgültig ein entsprechender Gewinn entfiel. Den auf entsprechender stillschweigender Rückzahlungsabrede beruhenden Rückgewähranspruch für den Fall des Ausfalls eines Erlöses haben die Schuldnerin und der Ehemann der Beklagten sowie die anderen Auszahlungsempfänger jedoch aus Anlass der am 27. Juni 2002 mehrheitlich beschlossenen Feststellung der Jahresbilanzen ab 1992 bis 2000 - zumindest soweit sie zugestimmt haben - im Wege der Schuldumschaffung in einen Darlehensrückzahlungsanspruch umgewandelt, da eine steuerliche Behandlung durch die Finanzbehörden als verdeckte Gewinnausschüttung vermieden und dafür die entsprechende zivilrechtliche Grundlage geschaffen werden sollte. In der Bilanzfeststellung liegt zugleich die deklaratorische Anerkennung einer solchen auf rechtsgeschäftlicher Ebene gleichzeitig konkludent vollzogenen Umwandlung durch die betreffenden Gesellschafter. Da Anhaltspunkte für ein Scheingeschäft nicht ersichtlich sind und anzunehmen ist, dass dem Ehemann der Beklagten als Gartenbauunternehmer ebenso wie seinen früher in der Schuldnerin zusammengeschlossenen Mitgesellschaftern auch bei einer Parallelwertung in der Laiensphäre die rechtliche Bedeutung eines Darlehens geläufig ist, kann nicht davon ausgegangen werden, dass etwa der bilanzielle Ansatz einer Darlehensverbindlichkeit eine Falschbezeichnung ist oder ein sol- ches Darlehen nicht als rechtsverbindlich gewollt gewesen wäre. Vom Zeugen T. als damaligem Liquidator der Schuldnerin und damit Erklärungsempfänger sind die Willenskundgebungen des Ehemanns der Beklagten und seiner Mitgesellschafter auch - anders als das Berufungsgericht meint - durchaus zutreffend als verbindliche Darlehensabreden aufgefasst worden, wie seine Protokollierung zu TOP 6 unmissverständlich ausweist. Nach der jahrelangen diesbezüglichen , unter den Gesellschaftern kontrovers geführten Diskussion war die - im Übrigen nicht angefochtene oder sonst beanstandete - Feststellung der neun Bilanzen mit dem Ausweis der Forderungen der Schuldnerin gegen die Gesellschafter als Darlehen auch nicht anders zu verstehen. Insoweit ist die im Ergebnis gleich lautende Einstufung der Forderung gegen den Ehemann der Beklagten als Darlehen durch das Landgericht rechtlich einwandfrei.
27
b) Zutreffend ist auch dessen rechnerische Ermittlung der zuerkannten Hauptforderung, die sich aus der ursprünglichen Auszahlung von 230.000,00 DM abzüglich des nicht entnommenen Gewinns von 5.250,00 DM und der drei geleisteten Rückzahlungen von 25.378,20 DM, 16.932,79 DM und 18.812,50 DM ergibt. Die Richtigkeit der Verrechnung der Rückerstattungen mit der Hauptforderung folgt daraus, dass jedenfalls von einer entsprechenden stillschweigenden Anrechnungsbestimmung des Ehemannes der Beklagten schon deshalb auszugehen ist, weil die Beträge den angeforderten auszugleichenden Gesellschaftsschulden entsprachen und zudem seinerzeit eine etwaige Verzinsungspflicht nicht als vereinbart gelten konnte.
28
Der Zinsanspruch ergibt sich nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts aus der sog. Mahnung vom 12. Dezember 2002, in der zugleich die Kündigung des Darlehens zu sehen ist, mit deren Wirksamkeit am 12. März 2003 gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB der Verzug eingetreten ist.
29
c) Gegen die Zuerkennung der vom Landgericht zutreffend ermittelten und eingehend begründeten vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten des Klägers bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken; konkrete Beanstandungen sind insoweit nach den tatrichterlichen Feststellungen von der Beklagten auch nicht erhoben worden.
30
2. Demgegenüber bestehen weiter gehende, vom Kläger mit der Berufung verfolgte Zinsansprüche, die im Wesentlichen als kapitalisierte Hauptforderung geltend gemacht worden sind und die überwiegend Zeiträume bis Ende 1999, zum Teil aber auch spätere Abschnitte bis zum Ausspruch der Darlehenskündigung betreffen, nicht.
31
a) Die Vereinbarung einer - rückwirkend ab Ausreichung der ursprünglichen "unentgeltlichen" Vorabausschüttung zu leistenden - Verzinsung ist, wie bereits das Landgericht zutreffend festgestellt hat, nicht ersichtlich. Aus dem Gesellschafterbeschluss vom 27. Juni 2002 ergibt sich zwar - wie oben ausgeführt - die Umwandlung der Vorabausschüttungen in Darlehen mit Wirkung ab der Auszahlung im Jahr 1992, nicht jedoch eine Verzinsungsabrede. Eine solche war nicht etwa deshalb entbehrlich, weil die Verzinslichkeit des Darlehens nunmehr in § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB - anders als nach früherem Recht (vgl. §§ 607, 608 BGB a.F.) - als gesetzlicher Regelfall normiert ist. Der vorliegende Fall ist nämlich von Besonderheiten geprägt, die der Annahme eines solchen Regelfalls entgegenstehen. Zum einen liegt hier eine atypische konkludente Schuldumschaffung mit Rückwirkung für lange Zeiträume vor, die ursprünglich dem zeitlichen Geltungsbereich des "alten" Rechts zuzuordnen waren und für die daher eine ausdrückliche Festlegung zu erwarten gewesen wäre, falls dies dem Parteiwillen entsprochen hätte. Zum anderen ist unverkennbar, dass anlässlich des früheren Gesellschafterbeschlusses vom 26. Oktober 1995 - dem allerdings letztlich nicht die Wirkung einer Schuldumschaffung in ein Darlehen beizumessen war - eine ausdrückliche Verzinsungsabrede vorgesehen war, um dadurch rechtssicher eine bestimmte steuerliche Gestaltung zu ermöglichen; auf der Gesellschafterversammlung vom 27. Juni 2002 hingegen wurde in einer - unter steuerlichen Aspekten - gleich gelagerten Situation eine entsprechende Zinsabrede weder ausdrücklich formuliert noch schriftlich festgehalten. Vielmehr verhält sich die Versammlungsniederschrift des Zeugen T. , der als Liquidator für die Bilanzaufstellung verantwortlich und schon früher stets für eine "steuerliche Lösung" des zwischen den Gesellschaftern umstrittenen Problems eingetreten war, unter TOP 6 nur zu den "Darlehen" an sich und zu deren "Grund und Höhe", nicht jedoch zu Zinsen, obwohl gerade sie ein wesentliches Gestaltungskriterium hätten sein müssen. Entscheidende Bedeutung kommt aber letztlich dem Umstand zu, dass nach den tatrichterlichen Feststellungen in den am 27. Juni 2002 festgestellten Bilanzen zwar die "Hauptforderungen" der Schuldnerin gegen ihre Gesellschafter als Darlehen ausgewiesen sind, nicht jedoch Zinsansprüche hieraus. Damit lässt sich aus der Bilanzfeststellung - anders als hinsichtlich der "Hauptforderung" - bezüglich einer Verzinslichkeit des Darlehens keine "Feststellungswirkung" zu Lasten der betroffenen Gesellschafter ableiten. Das Fehlen derartiger - schon im Hinblick auf die beträchtliche zahlenmäßige Größe - wesentlicher Posten in den Bilanzen lässt vielmehr im vorliegenden Fall sogar auf das Gegenteil schließen: nämlich auf eine bewusste Nichteinbeziehung einer etwaigen Verzinslichkeit der Darlehen. Hierfür spricht nicht zuletzt die Tatsache, dass in der Niederschrift über die Gesellschafterversammlung vom 27. Juni 2002 zu Top 6 ausdrücklich festgehalten ist, "die in den Bilanzen ausgewiesenen Darlehen, die mit den Feststellungen der finanzbehördlichen Betriebsprüfung übereinstimmen", seien "dem Grunde und der Höhe nach zutreffend".
32
b) Angesichts dieser eindeutigen Umstände ist auch für die Annahme einer konkludenten Vereinbarung einer Verzinslichkeit der Darlehen kein Raum.
33
Soweit - wie im Klägervortrag anklingt - möglicherweise ohne eine Verzinslichkeit der Darlehen die steuerliche Konstruktion zum Scheitern verurteilt war, kann der Kläger daraus nichts zu seinen Gunsten ableiten. Erweist sich die gewählte Vertragsgestaltung - etwa infolge einer unvollkommenen Umsetzung der steuerlichen Planung in das Zivilrecht - nachträglich als steuerrechtlich nachteilig, so lässt sich das Fehlen einer notwendigen zivilrechtlichen Vereinbarung nicht gegen den Willen einer Partei durch eine ergebnisorientierte Auslegung "korrigieren". Da entsprechende vertragliche Darlehenszinsen weder in der Vergangenheit vor der Schuldumschaffung noch in der Zeit bis zur Insolvenzeröffnung von den Liquidatoren eingefordert, geschweige denn vom Ehemann der Beklagten oder dieser selbst gezahlt worden sind, kann auch nicht aus sonstigen Umständen die stillschweigende Vereinbarung einer solchen Verzinsung entnommen werden.
34
c) Soweit der Kläger erstmals in der Berufungsinstanz Kapitalnutzungszinsen aus § 9 der Satzung der Schuldnerin in Verbindung mit einem vermeintlichen Rückforderungsanspruch aus Nr. 9 c i.V.m. 9 b der Satzung herzuleiten versucht, hat das Berufungsgericht mit Recht den neuen Vortrag gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht zugelassen. Im Übrigen trifft auch seine materiell-rechtliche Hilfsbegründung zu, dass diese Satzungsklauseln nicht auf die vorliegende Fallkonstellation zugeschnitten sind, in der im Stadium der Liquidation einvernehmlich eine gleichmäßige Vorabausschüttung an die Gesellschafter in Erwartung eines bestimmten Liquidationserlöses stattgefunden hat.
Goette Kurzwelly Kraemer Reichart Drescher
Vorinstanzen:
LG Kleve, Entscheidung vom 03.11.2006 - 7 O 88/04 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 21.11.2007 - I-15 U 192/06 -

(1) Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde.

(2) Der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis steht es gleich, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist.

(1) Wird ein anfechtbares Rechtsgeschäft angefochten, so ist es als von Anfang an nichtig anzusehen.

(2) Wer die Anfechtbarkeit kannte oder kennen musste, wird, wenn die Anfechtung erfolgt, so behandelt, wie wenn er die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts gekannt hätte oder hätte kennen müssen.

(1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.

(2) Als Irrtum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrtum über solche Eigenschaften der Person oder der Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden.

(1) Die Anfechtung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Anfechtungsgegner.

(2) Anfechtungsgegner ist bei einem Vertrag der andere Teil, im Falle des § 123 Abs. 2 Satz 2 derjenige, welcher aus dem Vertrag unmittelbar ein Recht erworben hat.

(3) Bei einem einseitigen Rechtsgeschäft, das einem anderen gegenüber vorzunehmen war, ist der andere der Anfechtungsgegner. Das Gleiche gilt bei einem Rechtsgeschäft, das einem anderen oder einer Behörde gegenüber vorzunehmen war, auch dann, wenn das Rechtsgeschäft der Behörde gegenüber vorgenommen worden ist.

(4) Bei einem einseitigen Rechtsgeschäft anderer Art ist Anfechtungsgegner jeder, der auf Grund des Rechtsgeschäfts unmittelbar einen rechtlichen Vorteil erlangt hat. Die Anfechtung kann jedoch, wenn die Willenserklärung einer Behörde gegenüber abzugeben war, durch Erklärung gegenüber der Behörde erfolgen; die Behörde soll die Anfechtung demjenigen mitteilen, welcher durch das Rechtsgeschäft unmittelbar betroffen worden ist.

(1) Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde.

(2) Der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis steht es gleich, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 143/01 Verkündet am:
5. Juli 2002
K a n i k
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 125, 133 Fa, 157 Ha

a) Die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit einer Urkunde ist begründet,
wenn der Urkundstext nach Wortlaut und innerem Zusammenhang unter Berücksichtigung
der Verkehrssitte einen bestimmten Geschäftsinhalt zum Ausdruck
bringt.

b) Zur Widerlegung der Vermutung kann auf außerhalb der Urkunde liegende Mittel
der Auslegung (Begleitumstände des Geschäfts, Äußerungen der Parteien außerhalb
der Urkunde u.a.) zurückgegriffen werden.
BGH, Urt. v. 5. Juli 2002 - V ZR 143/01 – Kammergericht in Berlin
LG Berlin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Juli 2002 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein und Dr. Lemke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 25. Januar 2001 aufgehoben.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der Zivilkammer 31 des Landgerichts Berlin vom 9. Dezember 1999 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelinstanzen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


Mit notariellen Verträgen vom 16. Dezember 1998 kaufte die Klägerin von dem Beklagten zwei bebaute Grundstücke zu Preisen von 403.000 DM und 635.000 DM und beauftragte jeweils die G. W. - und F. bau (GWF), die Gebäude zu sanieren; der Sanierungsaufwand betrug 1.065.530 DM und 1.535.420 DM. Mit weiteren notariellen Urkunden vom
22. Dezember 1998 ergänzten die drei Beteiligten die Verträge vom 16. Dezember 1998 dahingehend, "daû die Vertretene zu 3 (scil. Klägerin) das Recht hat, von diesem (scil. vom jeweiligen) Vertrag bis zum 31. März 1999 einseitig zurückzutreten, wenn eine Finanzierung für den Kaufpreis - einschlieûlich des Sanierungsanteils - nicht möglich ist". Für die Zeitspanne vom 30. Dezember 1998 bis 1. März 1999 finanzierte die Hausbank der Klägerin die Objekte, nachdem der Beklagte und GWF Bankbürgschaften erbracht hatten, ohne Eigenkapitalbeteiligung der Klägerin. Die mit der Vermittlung der endgültigen Finanzierung beauftragte Firma B. Finanz teilte der Klägerin am 10. März 1999 mit, daû eine Beleihung ohne Eigenkapitalbeteiligung nicht erreicht werden könne. Mit Schreiben vom gleichen Tage erklärte die Klägerin gegenüber dem Beklagten und GWF "unter Bezugnahme auf die Änderung bzw. Ergänzung der ... Verträge durch die URNrn. ..., alle vom 22. Dezember 1998 ... den Rücktritt von den ... Verträgen".
Die Klägerin, die sich wegen der Zahlung der Kaufpreise der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hatte, hat Vollstreckungsgegenklage erhoben und diese (u.a.) auf den am 10. März 1999 erklärten Rücktritt gestützt. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts erstrebt. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht meint, die notariellen Urkunden vom 22. Dezember 1998 räumten der Klägerin kein "freies" Rücktrittsrecht ein, da sie einen Rücktrittsgrund bezeichneten. Mangels eindeutigen Wortlauts der Rücktrittsvereinbarungen könne sich die Klägerin für ihre Auffassung, bereits der Umstand , daû ihr keine Finanzierung ohne Eigenkapital gelungen sei, habe sie zum Rücktritt berechtigt, nicht auf die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Urkunden stützen. Die Beweisaufnahme über die vor und bei den notariellen Verhandlungen abgegebenen Erklärungen lasse eine Feststellung im Sinne der Klägerin nicht zu.
Dies hält den Angriffen der Revision nicht stand.

II.


1. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsurteils, die ergänzenden Vereinbarungen vom 22. Dezember 1998 räumten der Klägerin kein Rücktrittsrecht ein, dessen Ausübung allein in ihrem Belieben stehe. Die Vereinbarungen bezeichnen vielmehr einen Rücktrittsgrund. Die Bezeichnung des Rücktrittsgrundes in den Urkunden begründet indessen, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, die Vermutung dafür, daû das Rücktrittsrecht der Klägerin an keine weitere Voraussetzung gebunden war, als das Scheitern der Finanzierung als solches. Die Vermutung umfaût mithin auch den
Fall des Unvermögens der Klägerin, die Finanzierungsmittel ohne Eigenkapitalbeteiligung zu erlangen.

a) Nach ständiger Rechtsprechung besteht für die über ein Rechtsgeschäft aufgenommenen Urkunden die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit (BGHZ 20, 109, 111; BGH, Urt. v. 14. Oktober 1999, III ZR 203/98, ZIP 1999, 1887, 1888). Die Partei, die sich auf auûerhalb der Urkunde liegende Umstände - sei es zum Nachweis eines vom Urkundstext abweichenden übereinstimmenden Willens der Beteiligten, sei es zum Zwecke der Deutung des Inhalts des Beurkundeten aus der Sicht des Erklärungsempfängers (§§ 133, 157 BGB) - beruft, trifft die Beweislast für deren Vorliegen (Senatsurt. v. 5. Februar 1999, V ZR 353/97, WM 1999, 965). Die Vollständigkeits- und Richtigkeitsvermutung setzt allerdings voraus, daû der Geschäftsinhalt durch den Urkundstext bestimmt werden kann; unklar Bleibendes kann keine Vermutung für eine bestimmte Erklärung begründen. Dies bedeutet aber nicht, daû das Beurkundete, wovon das Berufungsgericht (möglicherweise) ausgeht, in dem Sinne eindeutig zu sein hätte, daû für eine Auslegung kein Raum mehr bleibt (vgl. BGHZ 25, 318, 319; 80, 246, 250; krit. MünchKomm-BGB/MayerMaly /Busche, 4. Aufl., § 133 Rdn. 46). Denn in diesem Falle wäre die Vermutung dem Beweis des Gegenteils nicht zugänglich, ginge mithin über eine Beweislastregelung hinaus. Die Vermutung ist vielmehr bereits dann begründet, wenn der Urkundstext nach Wortlaut und innerem Zusammenhang unter Berücksichtigung der Verkehrssitte (§ 157 BGB) einen bestimmten Geschäftsinhalt zum Ausdruck bringt. Die auûerhalb der Urkunde liegenden Mittel der Auslegung, die Begleitumstände des Vertragsabschlusses, dessen Entstehungsgeschichte , Äuûerungen der Parteien auûerhalb der Urkunde u.a., ble i-
ben hierbei allerdings auûer Betracht. Sie sind Hilfsmittel zur Widerlegung der durch die Urkunde begründeten Vermutung des Geschäftsinhalts.

b) Dem wird das Berufungsurteil nicht gerecht. Das Berufungsgericht gründet seine Zweifel am Inhalt der Urkunde darauf, daû der beurkundende Notar das Rücktrittsrecht nicht an die Finanzierung des "gesamten Kaufpreises" , sondern an das Scheitern "einer" Finanzierung "für" den Kaufpreis geknüpft hat. Dabei bleibt es, entgegen dem Gebot des § 133 BGB, am buchstäblichen Sinne des Ausdrucks haften und läût den wirklichen Willen der Beteiligten unerforscht. Nach § 433 Abs. 2 BGB hat der Käufer für die Zahlung des Kaufpreises als Geldschuld einzustehen. Wie er die erforderlichen Mittel aufbringt, insbesondere ob er hierzu ganz oder teilweise Eigenkapital einsetzt, ist seine Sache. Behält er sich den Rücktritt für den Fall des Scheiterns der Kaufpreisfinanzierung vor, so ist, wenn sich aus der Urkunde nichts anderes ergibt, davon auszugehen, daû der Grund des Scheiterns, in den Grenzen der §§ 162 entspr., 242 BGB, keine Rolle spielt. Der Verkäufer kann, wenn er nicht darauf besteht, den Rücktrittsgrund weiter einzugrenzen, nicht davon ausgehen , daû der Käufer sich in seiner Dispositionsfreiheit, auf welchem Wege und in welcher Weise er die Kaufpreismittel aufbringt, Einschränkungen unterzogen hat. Im Streitfalle hat die Klägerin ihr Rücktrittsrecht daran geknüpft, daû ihr die Finanzierung von Kaufpreis und Sanierungsaufwand "nicht möglich ist". Einschränkungen ihrer Dispositionsbefugnis dahin, daû sie die Kreditmöglichkeiten , welche einem Darlehensnehmer am Markt schlechthin zur Verfügung stehen , ausschöpfen, also auch Eigenkapital einsetzen müsse, hat sie sich nicht unterworfen. Insoweit zu Recht meint das Berufungsgericht, ob und in welchem Umfang Eigenmittel hätten zum Einsatz kommen sollen, sei von den Gegebenheiten des Falles abhängig gewesen. Im Sinne des Rücktrittsgrundes ist der
Klägerin die Finanzierung auch dann nicht möglich, wenn ihr Eigenkapital nicht zur Verfügung steht oder dieses anderweit eingesetzt wird. Eine Grenze wäre nur dann überschritten, wenn die Finanzierung des Kauf- und Sanierungsvorhabens der Parteien ohne Einsatz von Eigenmitteln auûerhalb der Grenzen der Verkehrssitte läge. Hiervon kann aber weder im allgemeinen noch gerade im Hinblick auf die Geschäftstätigkeit der Klägerin ausgegangen werden. Diese hatte, was unstreitig ist, vorher ein Vorhaben ähnlichen Zuschnitts allein mit Fremdmitteln verwirklicht.
2. Zu Recht hat das Berufungsgericht über die für die Auslegung des Rücktrittsgrundes erheblichen Begleitumstände Beweis erhoben. Denn auch ein Beweisergebnis, welches die Behauptung der Beklagten gestützt hätte, die Klägerin habe vor Erklärung des Rücktritts Eigenkapital einsetzen müssen, wäre rechtlich beachtlich gewesen. Es hätte in der Urkunde einen, wenn auch nur andeutungsweisen, Niederschlag gefunden und hätte mithin dem Urkundserfordernis des § 313 Satz 1 BGB a.F. genügt. Da das Berufungsgericht Feststellungen in der einen oder anderen Richtung nicht zu treffen vermochte, ist die Sache im Sinne der Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts entscheidungsreif (§ 565 Abs. 3 ZPO a.F.).
Die Gegenrüge des Beklagten ändert hieran nichts. Der Beklagte vermag nicht auf einen Beweisantrag zu verweisen, zum Begriff der Finanzierung sachverständigen Rat einzuholen. Daû die besonderen Voraussetzungen vorgelegen hätten, unter denen das Gericht entweder Beweis von Amts wegen zu erheben (§ 144 ZPO) oder auf die Stellung eines Beweisantrags hinzuwirken (§ 139 ZPO) hat (zum Sachverständigenbeweis: BGH, Urt. v. 16. Oktober 1986, III ZR 121/85, NJW 1987, 591), legt die Revision nicht dar.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 91, 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf RiBGH Prof. Dr. Krüger ist wegen Urlaubsabwesenheit gehindert, zu unterschreiben Karlsruhe, den 09.07.2002 Wenzel Klein Lemke

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 264/07 Verkündet am:
2. März 2009
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 117, 781; GmbHG §§ 42 a Abs. 2, 31, 73 Abs. 1

a) Wählen die Vertragsparteien eine bestimmte zivilrechtliche Rechtsgestaltung lediglich aus steuerlichen
Gründen, fehlt es in der Regel nicht am erforderlichen Rechtsbindungswillen, weil die steuerliche
Anerkennung ein gültiges, ernstlich gewolltes Rechtsgeschäft voraussetzt. Erweist sich die
gewählte Vertragsgestaltung nachträglich als zivilrechtlich nachteilig, begründet das nicht den
Einwand des Scheingeschäfts.

b) Die Feststellung des Jahresabschlusses hat - nicht anders als bei der Personengesellschaft (vgl.
dazu: BGHZ 132, 263, 266) - auch bei der GmbH die Bedeutung einer Verbindlicherklärung der
Bilanz jedenfalls im Verhältnis der Gesellschafter zur Gesellschaft und auch untereinander. Typischer
Inhalt einer solchen korporativen Abrede ist auch der Ausschluss bekannter oder mindestens
für möglich gehaltener Einwendungen gegenüber bilanzierten Gesellschafterverbindlichkeiten
im Sinne eines deklaratorischen Anerkenntnisses.

c) Eine gegen das in § 73 Abs. 1, 2 GmbHG normierte zwingende Kapitalerhaltungsgebot in der
Liquidation verstoßende Verteilung von Gesellschaftsvermögen hat einen Rückerstattungsanspruch
der GmbH gegen die Gesellschafter analog § 31 GmbHG zur Folge, der nicht die Entstehung
einer Unterbilanz als Folge der Auszahlung voraussetzt.

d) Vorabausschüttungen auf einen erwarteten Liquidationserlös stehen unter dem stillschweigenden
Vorbehalt, dass auf die Empfänger nach der abschließenden Liquidationsbilanz ein entsprechender
Erlös entfällt. Soweit ein Liquidationserlös nicht vorhanden ist, besteht aufgrund stillschweigender
Abrede ein vertraglicher Rückgewähranspruch der GmbH auf Rückzahlung der Vorabausschüttung.
BGH, Urteil vom 2. März 2009 - II ZR 264/07 - OLG Düsseldorf
LG Kleve
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. März 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette
und die Richter Dr. Kurzwelly, Kraemer, Dr. Reichart und Dr. Drescher

für Recht erkannt:
I. Auf die Revision des Klägers wird - unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels - das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 21. November 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als auf die Berufung der Beklagten das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Kleve vom 3. November 2006, soweit dieses der Klage stattgegeben hat, abgeändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen worden ist. II. Die Berufung der Beklagten gegen das vorbezeichnete Urteil des Landgerichts Kleve wird mit der Maßgabe zurückgewiesen , dass in Abänderung der landgerichtlichen Kostenentscheidung die erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits dem Kläger zu 42 % und der Beklagten zu 58 % auferlegt werden. III. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger zu 42 % und der Beklagten zu 58 %, diejenigen des Revisionsverfahrens dem Kläger zu 38 % und der Beklagten zu 62 % auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem am 29. April 2004 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der G. -Vertriebsgesellschaft mbH i.L. (nachfolgend: Schuldnerin); die Beklagte ist Alleinerbin des am 27. März 2004 verstorbenen H. T. , eines von neun in gleicher Höhe am Stammkapital der Schuldnerin von insgesamt 531.000,00 DM beteiligten Gesellschaftern. Die am 21. August 1981 gegründete Schuldnerin veräußerte durch Vertrag vom 15. Dezember 1991 ihr gesamtes Anlagevermögen mit Wirkung vom 1. März 1992 an die N. B. V (NBV). Durch Liquidationsbeschluss der Gesellschafterversammlung vom 28. Februar 1992 wurde die Schuldnerin zum Ablauf des folgenden Tages aufgelöst. Die Mehrheit der Gesellschafter verlangte die gleichmäßige Auszahlung des aus der Veräußerung des Betriebsvermögens erzielten Kaufpreises von 1,84 Mio. DM an alle und setzte sich damit über die von dem Mitgesellschafter C. dagegen erhobenen Bedenken, dass "die Gesellschaft zuerst abgewickelt werden müsse", hinweg. Die Liquidatoren der Schuldnerin zahlten daraufhin bis Juni 1992 an die Gesellschafter - mit Ausnahme des Mitgesellschafters E. - aus dem Gesellschaftsvermögen jeweils 230.000,00 DM aus; auf den Empfängerabschnitten der den Gesellschaftern hingegebenen Verrechnungsschecks soll - was zwischen den Parteien streitig ist - von den Liquidatoren als Verwendungszweck : "Darlehensauszahlung lt. Gesellschafterbeschluss" vermerkt worden sein. Im Hinblick darauf, dass bei einigen Gesellschaftern Steuerveranlagungen wegen angeblicher "verdeckter Gewinnausschüttung" stattgefunden hatten, wurde auf einer Gesellschafterversammlung der Schuldnerin vom 26. Oktober 1995 - zu der jedenfalls der Mitgesellschafter E. nicht geladen worden war - der Beschluss gefasst, dass die "Umwandlung der Gesellschafterdarlehen in Gewinnausschüttungen nach erfolgter Betriebsprüfung und nach Zahlung aller Verbindlichkeiten" erfolgen sollte. Auf Anforderung der Liquidato- ren leistete der Ehemann der Beklagten - wie andere Mitgesellschafter auch - in der Folgezeit von dem empfangenen Geld insgesamt drei Rückzahlungen zugunsten der Schuldnerin: Ende Juni 1995 25.378,20 DM auf einen Rückforderungsanspruch der NBV, im Januar 1996 anteilig 16.932,79 DM zur Tilgung von Gesellschaftsschulden gegenüber der Volksbank sowie am 30. Juni 1999 18.812,50 DM an die Stadtkasse Ge. zur Teiltilgung einer Steuerverbindlichkeit der Schuldnerin.
2
Mit Schreiben vom 24. Juli 2001 sprachen die Liquidatoren gegenüber allen Gesellschaftern die "Kündigung der Darlehen" aus; Zinszahlungen waren bis zu diesem Zeitpunkt von den Gesellschaftern nicht gefordert und von ihnen auch nicht erbracht worden. Durch mehrheitlich - auch mit der Stimme des Ehemanns der Beklagten - gefassten Gesellschafterbeschluss vom 27. Juni 2002 wurden zu TOP 4 sämtliche Jahresabschlüsse der Schuldnerin - in denen die im Jahr 1992 erfolgten Auszahlungen an die Gesellschafter als "Darlehen" ausgewiesen sind - für die Geschäftsjahre von 1992 bis 2000 festgestellt. Unter TOP 6 hat der Liquidator T. protokolliert: "Die in den Bilanzen ausgewiesenen Darlehen, die mit den Feststellungen der finanzbehördlichen Betriebsprüfung übereinstimmen, sind dem Grunde und der Höhe nach zutreffend. Mit Feststellung der Jahresabschlüsse laut TOP 4 sind die Darlehen durch Gesellschafterbeschluss anerkannt und genehmigt. Die Darlehen sind somit fällig." Mit Schreiben vom 12. Dezember 2002 mahnten die Liquidatoren der Schuldnerin bei den Gesellschaftern die Rückzahlung der empfangenen Beträge - erfolglos - an.
3
Mit der am 22. Dezember 2004 erhobenen Klage hat der Kläger von der Beklagten als Erbin ihres verstorbenen Ehemannes Rückerstattung der erhaltenen Auszahlung von 230.000,00 DM nebst angeblich vereinbarter Darlehenszinsen , hilfsweise Kapitalnutzungszinsen seit dem 1. Juli 1992 verlangt; dabei hat er einen früher entstandenen Gewinnanspruch des Ehemanns der Beklagten von 5.250,00 DM und dessen drei Rückerstattungszahlungen zum Teil auf die Hauptforderung, überwiegend jedoch auf die - kapitalisiert - als Hauptforderung geltend gemachten Zinsen bis 31. Dezember 1999 angerechnet; außerdem hat er vorgerichtliche Kosten der Rechtsverfolgung geltend gemacht. Die Beklagte hat die Forderung bestritten und sich auf Verjährung berufen.
4
Das Landgericht hat der - auf Zahlung von insgesamt 146.606,42 € zuzüglich Zinsen gerichteten - Klage nur im Umfang von 83.660,91 € nebst 5 % Zinsen seit dem 12. März 2003 sowie in Höhe vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten von 962,86 € nebst Zinsen stattgegeben. Dabei ist es von einer "Umwandlung der zunächst rechtsgrundlosen Geldhingabe zu einem Darlehen" anlässlich der Bilanzfeststellungen durch Gesellschafterbeschluss vom 27. Juni 2002 ausgegangen und hat die anrechenbaren Gewinne und Teilrückzahlungen hiermit verrechnet; demgegenüber hat es eine Verpflichtung der Beklagten zur Entrichtung von kapitalisierten Darlehenszinsen ab 1992 verneint und insoweit die Klage abgewiesen.
5
Gegen dieses Urteil haben beide Parteien in vollem Umfang Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat das Rechtsmittel des Klägers zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten die Klage insgesamt abgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der - von dem erkennenden Senat zugelassenen - Revision, wobei er lediglich die Teilabweisung der Klage in Höhe eines - verjährten - Zinsbetrages von 9.779,47 € hinnimmt, im Übrigen aber seine verbleibende Forderung in Höhe von 136.926,95 € weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision des Klägers ist teilweise begründet und führt - unter Teilaufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückweisung der Berufung der Beklagten - zur Wiederherstellung des der Klage im Umfang von 83.660,91 € und vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten von 962,86 € - jeweils nebst Zinsen - stattgebenden Landgerichtsurteils. Soweit der Kläger hingegen die darüber hinausgehende Verurteilung der Beklagten bis zur Gesamthöhe von 136.926,95 € nebst Zinsen erstrebt, ist seine Revision ebenso unbegründet wie seine entsprechende Berufung gegen das - auch insoweit zutreffende - Landgerichtsurteil.
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I. Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
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Bei der Auszahlung an die Gesellschafter habe es sich um die Vorabausschüttung eines künftigen Liquidationserlöses gehandelt. Ein Darlehensvertrag zwischen der Schuldnerin und ihren Gesellschaftern sei insoweit weder durch die einseitige Anbringung eines diesbezüglichen Verwendungszwecks auf den Verrechnungsschecks durch die Liquidatoren noch aufgrund des - im Übrigen verfahrensfehlerhaft gefassten - Gesellschafterbeschlusses vom 26. Oktober 1995, der zwar steuerlichen Zwecken gedient habe, nicht aber eine vorherige zivilrechtlich verbindliche Novation beweise, zustande gekommen. Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei auch durch den Gesellschafterbeschluss vom 27. Juni 2002 über die Feststellung der Jahresabschlüsse 1992 bis 2000 trotz des bilanziellen Ausweises der Auszahlungen an die Gesellschafter als Darlehen kein Darlehensvertrag zustande gekommen; auch insoweit könne von einer zivilrechtlich verbindlichen Schuldumschaffung nicht die Rede sein, da diese Gestaltung allein der Vermeidung sonst drohender steuerlicher Nachteile gedient habe. Eine Beweiskraft für die inhaltliche Richtigkeit der An- gaben in der Bilanz komme der Feststellung nicht zu. Ein Rückforderungsanspruch aus § 31 GmbHG analog wegen des zweifellos vorliegenden Verstoßes der Auszahlung innerhalb des Sperrjahres und vor einer Gläubigerbefriedigung bzw. Sicherstellung gegen die zwingende Kapitalbindungsvorschrift des § 73 Abs. 1 GmbHG sei verjährt; nach der letzten Unterbrechung aufgrund der Teilrückzahlung vom 30. Juni 1999 sei Verjährung mit Ablauf des 30. Juni 2004 - also lange vor Klageerhebung - eingetreten. Ein Rückforderungsanspruch könne nicht auf Abschnitt 9 c i.V.m. 9 b der Satzung der Schuldnerin gestützt werden, da diese Bestimmungen nicht einschlägig seien und zudem der diesbezügliche Sachvortrag des Klägers nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen sei.
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II. Diese Beurteilung hält in mehrfacher Hinsicht der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
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1. Aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist allerdings die vom Berufungsgericht - insoweit in Übereinstimmung mit dem Landgericht - aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme gewonnene Überzeugung, dass sich anlässlich der Auszahlung der jeweils 230.000,00 DM an die Gesellschafter - darunter den Ehemann der Beklagten - das Zustandekommen eines Darlehensvertrages zwischen der Schuldnerin und ihren Gesellschaftern nicht nachweisen lasse. Die Annahme, die überwiegende Mehrheit der Gesellschafter habe ungeachtet der vom Zeugen C. geäußerten Bedenken eine Vorabausschüttung gewollt, da sie auf die Auszahlung des Erlöses aus der Unternehmensveräußerung "heiß gewesen" seien, ist nicht nur nachvollziehbar, sondern wegen ihres unmissverständlichen Wunsches, "Kasse zu machen", sogar wahrscheinlich. Angesichts dessen hat sich das Berufungsgericht auch ohne insoweit erkennbaren revisionsrechtlich relevanten Rechtsfehler nicht davon zu überzeugen vermocht, dass aus Anlass des - zudem vage gefassten - Gesellschafterbeschlusses vom 26. Oktober 1995 eine zeitlich vorangegangene, konkludente Schuldumschaffung der ursprünglichen Vorabausschüttung in eine - noch dazu verzinsliche - Darlehensverbindlichkeit zwischen den einzelnen Gesellschaftern und der Schuldnerin stattgefunden hat, zumal ersichtlich in der Folgezeit bis zur Klageerhebung Darlehenszinsen weder von den Liquidatoren geltend gemacht noch durch einzelne Gesellschafter bezahlt worden sind und auch anlässlich der drei Rückerstattungen jedenfalls nicht von Darlehensrückzahlungen die Rede war.
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2. Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet jedoch die Annahme des Berufungsgerichts, eine Darlehensverbindlichkeit des Ehemannes der Beklagten gegenüber der Schuldnerin sei auch anlässlich des mit seiner Zustimmung gefassten Bilanzfeststellungsbeschlusses vom 27. Juni 2002 nicht zustande gekommen, weil mit dem bilanziellen Ausweis als Darlehen lediglich die Vermeidung einer steuerlichen Behandlung als verdeckte Gewinnausschüttung, nicht hingegen eine zivilrechtlich verbindliche Schuldumschaffung der Vorabausschüttung in ein Darlehen bezweckt gewesen sei, und zudem der Bilanzfeststellung keine inhaltliche Beweiskraft zukomme.
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Diese Argumentation ist - wie die Revision mit Recht rügt - in doppelter Hinsicht von Rechtsirrtum beeinflusst.
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a) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Gesellschafter der Schuldnerin hätten mit alleiniger steuerrechtlicher Wirkung ("nur zu steuerlichen Zwecken" ) Darlehen in den Jahresabschlüssen ausweisen wollen, ohne zugleich eine zivilrechtlich wirksame Darlehensverbindlichkeit zu begründen oder zuvor begründet zu haben, ist unvertretbar. Sie übersieht, dass nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung eine bestimmte vertragliche Regelung nicht gleichzeitig steuerrechtlich gewollt, zivilrechtlich aber nicht gewollt sein kann (BGHZ 67, 334, 337; Sen.Urt. v. 5. Juli 1993 - II ZR 114/92, ZIP 1993, 1158, 1159; BGH, Urt. v. 20. Juli 2006 - IX ZR 226/03, ZIP 2006, 1639, 1640 m.w.Nachw.). Wählen dementsprechend - wie das Berufungsgericht festgestellt hat - die Parteien eine bestimmte Rechtsgestaltung lediglich aus steuerlichen Gründen, fehlt es in der Regel nicht am erforderlichen Rechtsbindungswillen, weil die steuerliche Anerkennung ein gültiges, ernstlich gewolltes Rechtsgeschäft voraussetzt. Erweist sich die gewählte Vertragsgestaltung nachträglich als zivilrechtlich nachteilig, begründet das nicht den Einwand des Scheingeschäfts (BGH, Urt. v. 20. Juli 2006 - IX ZR 226/03, aaO). Für die Annahme, die - steuerlich beratenen - Beteiligten hätten eine Steuerhinterziehung begehen wollen, fehlt jeglicher Anhaltspunkt.
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War danach hier das vom Berufungsgericht angenommene steuerliche Ziel der Vermeidung einer Behandlung der Vorabausschüttungen als offene oder verdeckte Gewinnausschüttungen durch die Steuerbehörden nur auf dem Wege einer zivilrechtlich verbindlichen Umwandlung der bis dahin bestehenden bloßen Vorabausschüttungen im Wege der Schuldumschaffung in Darlehen möglich, so sprechen - anders als das Berufungsgericht gemeint hat - bereits der Ausweis als Darlehen in der Bilanz und deren Feststellung dafür, dass eine solche Novation auch von den Gesellschaftern - zumindest denen, die wie der Ehemann der Beklagten dafür gestimmt haben - gewollt war.
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b) Zu kurz greift die Annahme des Berufungsgerichts, dem Jahresabschluss komme keine Beweiskraft gemäß § 416 ZPO im Hinblick auf die inhaltliche Richtigkeit der Bilanz zu. Zwar mag dies insoweit zutreffen, als außenstehende Gläubiger aus bilanziellen Ausweisen allein nicht den Beweis für das Bestehen zivilrechtlicher Ansprüche gegen die Gesellschaft und deren rechtliche Qualifizierung ableiten können. Darum geht es hier indessen nicht; vielmehr steht im vorliegenden Fall allein die Bedeutung des festgestellten Jahresabschlusses für das gesellschaftsinterne Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern in Rede. Insoweit handelt es sich bei der Feststellung des Jahresabschlusses um einen konstitutiv wirkenden Akt der Billigung des aufgestellten Jahresabschlusses durch die Gesellschafter, mit der diese dessen Richtigkeit anerkennen. Nicht anders als bei den Personengesellschaften (vgl. dazu nur BGHZ 132, 263, 266 m.w.Nachw.) hat diese Feststellung des Jahresabschlusses auch bei einer GmbH - wie hier - die Bedeutung einer Verbindlicherklärung der Bilanz jedenfalls im Verhältnis der Gesellschafter zur Gesellschaft und auch untereinander. Dementsprechend ist die Bilanzfeststellung ein Vorgang , aus dem sich im Innenverhältnis auch rechtliche Konsequenzen für die Ansprüche zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern im Sinne eines - zivilrechtlich verbindlichen - Schuldanerkenntnisses ergeben können. Ob insoweit in der (einvernehmlichen) Feststellung des Jahresabschlusses ein abstraktes Schuldanerkenntnis (vgl. zur Personengesellschaft: Sen.Urt. v. 11. Januar 1960 - II ZR 69/59, BB 1960, 188; v. 13. Januar 1966 - II ZR 68/64, BB 1966, 474) oder ein Feststellungsvertrag (vgl. Senat, BGHZ 132, 263, 266 f. m.w. Literaturnachw. - zur KG) im Sinne eines deklaratorischen ("kausalen") Anerkenntnisses (h.M.: vgl. zum Meinungsstand Ehricke in Ebenroth/Boujong/Jost/Strohn, HGB 2. Aufl. § 120 Rdn. 35 m.w.Nachw.; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1994, 1455, 1457 f.; vgl. insbesondere auch Hüffer in MünchKommBGB § 781 Rdn. 16 ff. mit eingehender Begründung) zu sehen ist, kann hier schon deshalb offen bleiben , weil die Qualifizierung in der einen oder der anderen Richtung regelmäßig von den Umständen des Einzelfalls abhängt. Auch die Gesellschafter der GmbH bezwecken mit der ihnen - in der Form der korporativen Beschlussfassung - obliegenden Feststellung des Jahresabschlusses (§§ 42 a Abs. 2, 46 Nr. 1 GmbHG) regelmäßig, zumindest die Rechtsgrundlage für das Folgejahr zu fixieren und ihre Ansprüche und Verbindlichkeiten gegenüber der Gesellschaft zum Bilanzstichtag festzulegen; typischer Inhalt einer solchen korporativen Ab- rede ist auch der Ausschluss der bekannten oder mindestens für möglich gehaltenen Einwendungen im Sinne eines deklaratorischen Anerkenntnisses.
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Angesichts dessen erweist sich die Annahme des Berufungsgerichts, der bilanzielle Ausweis als Darlehen (vgl. § 42 Abs. 3 GmbHG) lasse keine beweisrechtlichen Schlüsse auf die zivilrechtliche Verbindlichkeit der Feststellung einer Bilanz mit einem derartigen Inhalt zu, als verfehlt. Vielmehr lag es hier nach den tatrichterlichen Feststellungen nahe, gerade wegen der steuerrechtlichen Motivation in der Bilanzfeststellung zugleich ein deklaratorisches Anerkenntnis einer zuvor oder gleichzeitig konkludent begründeten Darlehensforderung zu sehen.
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Eine - vom Berufungsgericht von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig nicht geprüfte - Verjährung der als Darlehen bilanzierten Forderung gegen den Ehemann der Beklagten kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil eine derartige Umwandlung in ein Darlehen in unverjährter Zeit stattgefunden hat. Nach den in anderem Zusammenhang vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen war nämlich ein - alternativ aus anderem Rechtsgrund (§§ 31 analog, 73 Abs. 1 GmbHG) bestehender - Rückforderungsanspruch der Schuldnerin aufgrund dreimaliger Teilrückzahlungen im Juni 1995, Januar 1996 und am 30. Juni 1999 gemäß § 208 BGB a.F. unterbrochen und lief daher die Frist erneut zumindest bis zum 30. Juni 2004 (vgl. auch Art. 229 § 6 Abs. 2, 4 EGBGB). Aufgrund der mit der Umwandlung in ein Darlehen selbst verbundenen erneuten Anerkennung der Forderung anlässlich der Bilanzfeststellung am 27. Juni 2002 war mithin im Zeitpunkt der Klageerhebung am 22. Dezember 2004 eine derartige Darlehensforderung der Schuldnerin gegen die Beklagte als Rechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehemannes keinesfalls verjährt (Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB).
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3. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht auch einen Rückforderungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte aus §§ 31 analog, 73 GmbHG als verjährt und damit nicht durchsetzbar angesehen.
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Zwar hat es im Ansatz zutreffend das Bestehen eines derartigen - konkurrierenden - Rückforderungsanspruchs dem Grunde nach bejaht, weil die Auszahlung von je 230.000,00 DM an die Gesellschafter - hier den Ehemann der Beklagten - weit vor Ablauf des sog. Sperrjahres und zudem vor Tilgung oder Sicherstellung der Schulden der Gesellschaft erfolgte und damit gegen die zwingende Gläubigerschutzvorschrift des § 73 Abs. 1 GmbHG verstieß. Insoweit ist es unerheblich, ob die Auszahlung rechtlich als Darlehen oder - wie das Berufungsgericht angenommen hat - weiterhin als Vorabausschüttung zu qualifizieren ist; denn nach dem dieser Vorschrift zugrunde liegenden Thesaurierungsgebot ist in diesem Stadium der Liquidation jegliche Auszahlung von Gesellschaftsvermögen verboten, da wegen der vorrangigen Gläubigerbefriedigung nicht nur der Gesamtvermögensbestand, sondern auch die Liquidität der aufgelösten GmbH zu sichern ist.
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Ein derartiger Rückerstattungsanspruch analog § 31 Abs. 1 GmbHG, der im Hinblick auf die Verschärfung der Ausschüttungssperre durch § 73 GmbHG nicht die Entstehung einer Unterbilanz als Folge der Auszahlung voraussetzt (vgl. Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG 5. Aufl. § 73 Rdn. 26 m.w.Nachw.), war nach § 31 Abs. 5 Satz 1 GmbHG a.F. entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht bereits Ende Juni 2004 - also vor Klageerhebung - verjährt, weil die Verjährungsfrist nicht etwa letztmalig durch die Teiltilgung einer Steuerschuld am 30. Juni 1999 unterbrochen, sondern mit der Anerkennung der Rückzahlungspflicht aufgrund der Feststellung der Jahresabschlüsse am 27. Juni 2002 erneut "gehemmt" wurde (vgl. § 208 BGB a.F., § 212 Nr. 1 BGB n.F., Art. 229 § 6 Abs. 1, 2 EGBGB).
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4. Die vollständige Abweisung eines Rückerstattungsanspruchs des Klägers gegen die Beklagte bereits dem Grunde nach war schließlich auch insoweit rechtsfehlerhaft, als das Berufungsgericht es unterlassen hat, das Klagebegehren unter dem Blickwinkel eines Rückzahlungsanspruchs aus konkludenter Rückzahlungsabrede im Zusammenhang mit einer - von ihm angenommenen - Vorabausschüttung zu prüfen. Handelte es sich - wie die Vorinstanzen im Ansatz zutreffend angenommen haben - bei der Auszahlung des aus dem Veräußerungsgeschäft erzielten Kaufpreises an die Gesellschafter nach Fassung des Liquidationsbeschlusses vom 29. Februar 1992 um - freilich gegen § 73 Abs. 1 GmbHG verstoßende - Vorabausschüttungen auf einen erwarteten Liquidationserlös , so standen diese unter dem selbstverständlichen stillschweigenden Vorbehalt, dass auf die Empfänger nach der abschließenden Liquidationsbilanz auch ein entsprechender Erlös entfiel; die Rechtslage entspricht insoweit derjenigen bei vereinbarten Vorauszahlungen auf einen erwarteten Jahresgewinn im Sinne des § 29 GmbHG. Soweit in diesen Fällen ein entsprechender Liquidationserlös bzw. Jahresgewinn nicht vorhanden ist, besteht aufgrund stillschweigender Abrede ein vertraglicher Rückgewähranspruch auf Rückzahlung der Vorabausschüttung.
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Ein derartiger - unverjährter - Rückzahlungsanspruch ist auch jedenfalls mit der Geltendmachung durch den Kläger als Insolvenzverwalter fällig geworden. Zwar liegt bislang eine - regelmäßig zur Herbeiführung der Fälligkeit erforderliche - Liquidationsbilanz noch nicht vor. Jedoch darf im hier vorliegenden Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Insolvenzverwalter auf der Grundlage der von ihm vorgelegten Vermögensübersicht gemäß § 135 InsO wegen der vorrangigen Zwecke des Insolvenzverfahrens sofort geltend machen , dass der stillschweigend vorausgesetzte Grund für ein Behaltendürfen der Vorabausschüttung entfallen ist, und damit die Fälligkeit der Rückzahlung zum Zwecke der Gläubigerbefriedigung herbeiführen. Dass nach dieser Vermö- gensübersicht - wie die Beklagte vorträgt - im (theoretischen) Fall einer Realisierung sämtlicher Rückzahlungsansprüche gegen alle Gesellschafter, die die Vorabausschüttungen erhalten haben, die Summe der Erstattungsansprüche die gesamten Verbindlichkeiten möglicherweise knapp übersteigen könnte, führt nicht zu einer Nichtdurchsetzbarkeit der Klageforderung gegen die Beklagte. Denn angesichts des - vom Kläger in den Tatsacheninstanzen unwidersprochen vorgetragenen und durch die Übersicht nach § 135 InsO belegten - großen Ausmaßes der Verbindlichkeiten der Schuldnerin und der Ungewissheit der Realisierbarkeit der Rückforderungen gegen die Mitgesellschafter ist derzeit davon auszugehen, dass die Einziehung der an den Ehemann der Beklagten geleisteten verbleibenden Restforderung durch den Kläger zur Gläubigerbefriedigung benötigt wird.
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III. Aufgrund der aufgezeigten Rechtsfehler unterliegt das angefochtene Urteil insoweit der Aufhebung, als das Berufungsgericht - auf die Berufung der Beklagten - das Landgerichtsurteil, soweit es der Klage stattgegeben hat, geändert und die Klage abgewiesen hat (§ 562 Abs. 1 ZPO). In diesem Umfang ist - was der Senat wegen Endentscheidungsreife auf der Grundlage der in den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen selbst zu entscheiden hat (§ 563 Abs. 3 Satz 1 ZPO) - die Berufung der Beklagten zurückzuweisen, so dass es bei der durch das Landgericht ausgesprochenen Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 83.660,91 € nebst 5 % Zinsen seit dem 12. März 2003 sowie vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 962,86 € nebst 5 % Zinsen seit dem 15. Februar 2005 verbleibt (1).
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Im Übrigen bleibt die Revision des Klägers erfolglos, weil sich das seine Berufung zurückweisende Urteil des Oberlandesgerichts insoweit gemäß § 561 ZPO aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig erweist (2).
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1. a) Der Rückerstattungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte als Erbin ihres verstorbenen Ehemanns in Höhe von 83.660,91 € ergibt sich aus gekündigtem Darlehen (§§ 488 Abs. 1, 1922 BGB).
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Bei der Auszahlung von jeweils 230.000,00 DM an acht Gesellschafter - darunter den Ehemann der Beklagten - handelte es sich allerdings zunächst, wie die Vorinstanzen insoweit zutreffend festgestellt haben, um eine Vorabausschüttung auf vermeintlich erwarteten Liquidationserlös im Zusammenhang mit der Veräußerung des Unternehmens, wobei wegen des Vorschusscharakters das Behaltendürfen unter dem konkludenten Vorbehalt stand, dass auf die Empfänger nach der abschließenden Liquidationsbilanz auch endgültig ein entsprechender Gewinn entfiel. Den auf entsprechender stillschweigender Rückzahlungsabrede beruhenden Rückgewähranspruch für den Fall des Ausfalls eines Erlöses haben die Schuldnerin und der Ehemann der Beklagten sowie die anderen Auszahlungsempfänger jedoch aus Anlass der am 27. Juni 2002 mehrheitlich beschlossenen Feststellung der Jahresbilanzen ab 1992 bis 2000 - zumindest soweit sie zugestimmt haben - im Wege der Schuldumschaffung in einen Darlehensrückzahlungsanspruch umgewandelt, da eine steuerliche Behandlung durch die Finanzbehörden als verdeckte Gewinnausschüttung vermieden und dafür die entsprechende zivilrechtliche Grundlage geschaffen werden sollte. In der Bilanzfeststellung liegt zugleich die deklaratorische Anerkennung einer solchen auf rechtsgeschäftlicher Ebene gleichzeitig konkludent vollzogenen Umwandlung durch die betreffenden Gesellschafter. Da Anhaltspunkte für ein Scheingeschäft nicht ersichtlich sind und anzunehmen ist, dass dem Ehemann der Beklagten als Gartenbauunternehmer ebenso wie seinen früher in der Schuldnerin zusammengeschlossenen Mitgesellschaftern auch bei einer Parallelwertung in der Laiensphäre die rechtliche Bedeutung eines Darlehens geläufig ist, kann nicht davon ausgegangen werden, dass etwa der bilanzielle Ansatz einer Darlehensverbindlichkeit eine Falschbezeichnung ist oder ein sol- ches Darlehen nicht als rechtsverbindlich gewollt gewesen wäre. Vom Zeugen T. als damaligem Liquidator der Schuldnerin und damit Erklärungsempfänger sind die Willenskundgebungen des Ehemanns der Beklagten und seiner Mitgesellschafter auch - anders als das Berufungsgericht meint - durchaus zutreffend als verbindliche Darlehensabreden aufgefasst worden, wie seine Protokollierung zu TOP 6 unmissverständlich ausweist. Nach der jahrelangen diesbezüglichen , unter den Gesellschaftern kontrovers geführten Diskussion war die - im Übrigen nicht angefochtene oder sonst beanstandete - Feststellung der neun Bilanzen mit dem Ausweis der Forderungen der Schuldnerin gegen die Gesellschafter als Darlehen auch nicht anders zu verstehen. Insoweit ist die im Ergebnis gleich lautende Einstufung der Forderung gegen den Ehemann der Beklagten als Darlehen durch das Landgericht rechtlich einwandfrei.
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b) Zutreffend ist auch dessen rechnerische Ermittlung der zuerkannten Hauptforderung, die sich aus der ursprünglichen Auszahlung von 230.000,00 DM abzüglich des nicht entnommenen Gewinns von 5.250,00 DM und der drei geleisteten Rückzahlungen von 25.378,20 DM, 16.932,79 DM und 18.812,50 DM ergibt. Die Richtigkeit der Verrechnung der Rückerstattungen mit der Hauptforderung folgt daraus, dass jedenfalls von einer entsprechenden stillschweigenden Anrechnungsbestimmung des Ehemannes der Beklagten schon deshalb auszugehen ist, weil die Beträge den angeforderten auszugleichenden Gesellschaftsschulden entsprachen und zudem seinerzeit eine etwaige Verzinsungspflicht nicht als vereinbart gelten konnte.
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Der Zinsanspruch ergibt sich nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts aus der sog. Mahnung vom 12. Dezember 2002, in der zugleich die Kündigung des Darlehens zu sehen ist, mit deren Wirksamkeit am 12. März 2003 gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB der Verzug eingetreten ist.
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c) Gegen die Zuerkennung der vom Landgericht zutreffend ermittelten und eingehend begründeten vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten des Klägers bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken; konkrete Beanstandungen sind insoweit nach den tatrichterlichen Feststellungen von der Beklagten auch nicht erhoben worden.
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2. Demgegenüber bestehen weiter gehende, vom Kläger mit der Berufung verfolgte Zinsansprüche, die im Wesentlichen als kapitalisierte Hauptforderung geltend gemacht worden sind und die überwiegend Zeiträume bis Ende 1999, zum Teil aber auch spätere Abschnitte bis zum Ausspruch der Darlehenskündigung betreffen, nicht.
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a) Die Vereinbarung einer - rückwirkend ab Ausreichung der ursprünglichen "unentgeltlichen" Vorabausschüttung zu leistenden - Verzinsung ist, wie bereits das Landgericht zutreffend festgestellt hat, nicht ersichtlich. Aus dem Gesellschafterbeschluss vom 27. Juni 2002 ergibt sich zwar - wie oben ausgeführt - die Umwandlung der Vorabausschüttungen in Darlehen mit Wirkung ab der Auszahlung im Jahr 1992, nicht jedoch eine Verzinsungsabrede. Eine solche war nicht etwa deshalb entbehrlich, weil die Verzinslichkeit des Darlehens nunmehr in § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB - anders als nach früherem Recht (vgl. §§ 607, 608 BGB a.F.) - als gesetzlicher Regelfall normiert ist. Der vorliegende Fall ist nämlich von Besonderheiten geprägt, die der Annahme eines solchen Regelfalls entgegenstehen. Zum einen liegt hier eine atypische konkludente Schuldumschaffung mit Rückwirkung für lange Zeiträume vor, die ursprünglich dem zeitlichen Geltungsbereich des "alten" Rechts zuzuordnen waren und für die daher eine ausdrückliche Festlegung zu erwarten gewesen wäre, falls dies dem Parteiwillen entsprochen hätte. Zum anderen ist unverkennbar, dass anlässlich des früheren Gesellschafterbeschlusses vom 26. Oktober 1995 - dem allerdings letztlich nicht die Wirkung einer Schuldumschaffung in ein Darlehen beizumessen war - eine ausdrückliche Verzinsungsabrede vorgesehen war, um dadurch rechtssicher eine bestimmte steuerliche Gestaltung zu ermöglichen; auf der Gesellschafterversammlung vom 27. Juni 2002 hingegen wurde in einer - unter steuerlichen Aspekten - gleich gelagerten Situation eine entsprechende Zinsabrede weder ausdrücklich formuliert noch schriftlich festgehalten. Vielmehr verhält sich die Versammlungsniederschrift des Zeugen T. , der als Liquidator für die Bilanzaufstellung verantwortlich und schon früher stets für eine "steuerliche Lösung" des zwischen den Gesellschaftern umstrittenen Problems eingetreten war, unter TOP 6 nur zu den "Darlehen" an sich und zu deren "Grund und Höhe", nicht jedoch zu Zinsen, obwohl gerade sie ein wesentliches Gestaltungskriterium hätten sein müssen. Entscheidende Bedeutung kommt aber letztlich dem Umstand zu, dass nach den tatrichterlichen Feststellungen in den am 27. Juni 2002 festgestellten Bilanzen zwar die "Hauptforderungen" der Schuldnerin gegen ihre Gesellschafter als Darlehen ausgewiesen sind, nicht jedoch Zinsansprüche hieraus. Damit lässt sich aus der Bilanzfeststellung - anders als hinsichtlich der "Hauptforderung" - bezüglich einer Verzinslichkeit des Darlehens keine "Feststellungswirkung" zu Lasten der betroffenen Gesellschafter ableiten. Das Fehlen derartiger - schon im Hinblick auf die beträchtliche zahlenmäßige Größe - wesentlicher Posten in den Bilanzen lässt vielmehr im vorliegenden Fall sogar auf das Gegenteil schließen: nämlich auf eine bewusste Nichteinbeziehung einer etwaigen Verzinslichkeit der Darlehen. Hierfür spricht nicht zuletzt die Tatsache, dass in der Niederschrift über die Gesellschafterversammlung vom 27. Juni 2002 zu Top 6 ausdrücklich festgehalten ist, "die in den Bilanzen ausgewiesenen Darlehen, die mit den Feststellungen der finanzbehördlichen Betriebsprüfung übereinstimmen", seien "dem Grunde und der Höhe nach zutreffend".
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b) Angesichts dieser eindeutigen Umstände ist auch für die Annahme einer konkludenten Vereinbarung einer Verzinslichkeit der Darlehen kein Raum.
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Soweit - wie im Klägervortrag anklingt - möglicherweise ohne eine Verzinslichkeit der Darlehen die steuerliche Konstruktion zum Scheitern verurteilt war, kann der Kläger daraus nichts zu seinen Gunsten ableiten. Erweist sich die gewählte Vertragsgestaltung - etwa infolge einer unvollkommenen Umsetzung der steuerlichen Planung in das Zivilrecht - nachträglich als steuerrechtlich nachteilig, so lässt sich das Fehlen einer notwendigen zivilrechtlichen Vereinbarung nicht gegen den Willen einer Partei durch eine ergebnisorientierte Auslegung "korrigieren". Da entsprechende vertragliche Darlehenszinsen weder in der Vergangenheit vor der Schuldumschaffung noch in der Zeit bis zur Insolvenzeröffnung von den Liquidatoren eingefordert, geschweige denn vom Ehemann der Beklagten oder dieser selbst gezahlt worden sind, kann auch nicht aus sonstigen Umständen die stillschweigende Vereinbarung einer solchen Verzinsung entnommen werden.
34
c) Soweit der Kläger erstmals in der Berufungsinstanz Kapitalnutzungszinsen aus § 9 der Satzung der Schuldnerin in Verbindung mit einem vermeintlichen Rückforderungsanspruch aus Nr. 9 c i.V.m. 9 b der Satzung herzuleiten versucht, hat das Berufungsgericht mit Recht den neuen Vortrag gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht zugelassen. Im Übrigen trifft auch seine materiell-rechtliche Hilfsbegründung zu, dass diese Satzungsklauseln nicht auf die vorliegende Fallkonstellation zugeschnitten sind, in der im Stadium der Liquidation einvernehmlich eine gleichmäßige Vorabausschüttung an die Gesellschafter in Erwartung eines bestimmten Liquidationserlöses stattgefunden hat.
Goette Kurzwelly Kraemer Reichart Drescher
Vorinstanzen:
LG Kleve, Entscheidung vom 03.11.2006 - 7 O 88/04 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 21.11.2007 - I-15 U 192/06 -

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 2. Oktober 2014  1 K 172/11 aufgehoben.

Die Sache wird an das Finanzgericht Hamburg zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist die Höhe der Anschaffungskosten bei der Ermittlung eines Veräußerungsverlusts i.S. von § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

2

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) waren zuletzt mit 1 003 161 Aktien (zu ca. 6 %) an der A-AG beteiligt. Davon entfielen unstreitig 51,12 % der Aktien auf den Kläger und 48,88 % auf die Klägerin.

3

Im Streitjahr (2004) veräußerten die Kläger aus ihrem Bestand 894 451 A-Aktien und erlösten daraus nach Abzug der Veräußerungskosten 2.097.215,73 €.

4

Angeschafft hatten die Kläger die A-Aktien im Jahr 2001 an Erfüllungs statt gegen Forderungsverzicht von der P-GmbH. Streitig ist der Zeitpunkt des Erwerbs. Der Kläger war im fraglichen Zeitraum Gesellschafter und Geschäftsführer der P-GmbH.

5

Die P-GmbH schuldete den Klägern den Kaufpreis aus dem Ankauf von Geschäftsanteilen an der A-GmbH und der B-GmbH im Jahr 1998. Zur Sicherung des Kaufpreisanspruchs hatte die P-GmbH sämtliche Ansprüche aus und an den erworbenen Beteiligungen sicherungshalber an die Kläger abgetreten. Die P-GmbH hatte die Anteile an der A-GmbH zunächst in die B-GmbH eingebracht und die B-GmbH sodann in die X-AG umgewandelt. Anschließend hatte die P-GmbH ihre Anteile an der X-AG in die A-AG eingebracht und dafür A-Aktien erhalten. Die Aktien der A-AG waren zum Börsenhandel zugelassen.

6

Mit Schreiben vom 15. Februar 2001 verlangte der Kläger aus der Sicherungsvereinbarung von der P-GmbH die Übertragung von 1 003 161 A-Aktien. Die P-GmbH sollte die Aktien ab dem 5. März 2001, nach dem Auslaufen der "Lock-Up-Phase", zunächst treuhänderisch für ihn halten, um eine Pflichtveröffentlichung des Erwerbs zu vermeiden und die Aktien auf erste Anforderung in sein Depot übertragen. Das Schreiben endet mit der Bitte, diese Vorgehensweise durch Abzeichnung und Rückgabe der Kopie des Schreibens zu bestätigen. Eine unterzeichnete Kopie des Schreibens haben die Kläger nicht vorgelegt. Nach Aufforderung des Klägers übertrug die P-GmbH die Aktien am 25. Oktober 2001 in das Depot der Kläger.

7

Die A-Aktie notierte am 5. März 2001 im Durchschnitt mit 7,60 € und am 25. Oktober 2001 mit 2,36 €.

8

Die P-GmbH ging in ihrem Jahresabschluss zunächst davon aus, die A-Aktien seien erst am 25. Oktober 2001 auf die Kläger übergegangen. Im Hinblick darauf, dass der Forderungsverzicht den Wert der Aktien (Börsenkurs am 25. Oktober 2001) erheblich überschritt, ermittelte sie deshalb zunächst einen hohen außerordentlichen Ertrag. Im März 2005 berichtigte die P-GmbH ihren Jahresabschluss. Sie ging nun davon aus, dass die P-GmbH die A-Aktien vom 5. März 2001 bis zum 25. Oktober 2001 nur noch treuhänderisch gehalten habe, verringerte dementsprechend den außerordentlichen Ertrag und erhöhte die Erträge aus der Veräußerung der A-Aktien entsprechend. Eine Auswirkung auf die Besteuerungsgrundlagen bei der P-GmbH ergab sich daraus nicht. Eine am 12. Oktober 2014 bei der P-GmbH begonnene Außenprüfung führte unter Berücksichtigung des geänderten Jahresabschlusses für 2001 zu keinen Änderungen.

9

In ihrer Einkommensteuererklärung für 2004 machten die im Streitjahr zusammenveranlagten Kläger nach Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens einen Verlust aus der Veräußerung der A-Aktien in Höhe von ./. 2.349.320,86 € geltend (Anschaffungskosten: 6.795.857,44 €).

10

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) ging demgegenüber von Anschaffungskosten in Höhe von 2.110.904,36 € aus (894 451 Aktien x 2,36 €/Aktie) und ermittelte einen steuerbaren Veräußerungsverlust von ./. 6.845 €.

11

Im Einspruchsverfahren verneinte das FA, dass den Klägern ein steuerbarer Veräußerungsverlust gemäß § 17 EStG entstanden sei und stellte den vortragsfähigen Verlust für beide Kläger niedriger fest.

12

Das Finanzgericht (FG) hat der Klage teilweise stattgegeben, die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags auf den 31. Dezember 2004 entsprechend geändert und die Klage im Übrigen abgewiesen.

13

Das FA hat den Verlustfeststellungsbescheid nach Zustellung des Urteils am 10. November 2014 noch einmal geändert und betragsmäßig an das FG-Urteil angepasst. Eine inhaltliche Änderung war damit nicht verbunden.

14

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Sie halten daran fest, dass die P-GmbH 1 003 161 A-Aktien vom 5. März 2001 bis zum 25. Oktober 2001 treuhänderisch für sie gehalten habe.

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Die Kläger beantragen sinngemäß,

  

die Vorentscheidung aufzuheben und den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2004 vom 20. April 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Juni 2011, zuletzt in nicht streiterheblicher Weise geändert am 10. November 2014, dergestalt zu ändern, dass die Kläger anstelle der bisher im Streitjahr berücksichtigten Einkünfte aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft in Höhe von ./. 6.845 € solche in Höhe von ./. 2.349.320,86 € erzielt haben, die dem Kläger in Höhe von ./. 1.200.972,83 € und der Klägerin in Höhe von ./. 1.148.348,03 € zuzurechnen sind,

hilfsweise,

die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an einen anderen Senat des FG Hamburg zurückzuverweisen.

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Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zu Unrecht hat das FG dem geänderten Jahresabschluss der P-GmbH jegliche Indizwirkung für den Abschluss und die tatsächliche Durchführung des von den Klägern behaupteten Treuhandverhältnisses abgesprochen.

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1. Zur Begründung seines Urteils hat das FG u.a. ausgeführt, die Kläger hätten die A-Aktien an Erfüllungs statt von der P-GmbH erworben. Zwar fehle eine ausdrückliche Erklärung, dass die Kläger im Gegenzug für die Übertragung der Aktien auf die ihnen noch zustehenden Kaufpreisforderungen verzichten wollten. Der Verzicht ergebe sich jedoch indiziell daraus, dass die P-GmbH in ihrem Jahresabschluss für 2001 die entsprechenden Forderungen erfolgswirksam ausgebucht habe. Der Jahresabschluss der P-GmbH sei für das Verhältnis der Gesellschaft zu ihren Gesellschaftern und das Verhältnis der Gesellschafter untereinander verbindlich. Der Erwerb der Aktien habe jedoch erst am 25. Oktober 2001 stattgefunden. Das von den Klägern zum 5. März 2001 behauptete Treuhandverhältnis könne nicht festgestellt werden. Die Kläger hätten eine schriftliche Zustimmung der P-GmbH zu ihrem Schreiben vom 15. Februar 2001 nicht vorgelegt. Die P-GmbH habe die Vorgänge nicht zeitnah dokumentiert. Der geänderte Jahresabschluss der P-GmbH könne über die tatsächliche Handhabung zum 5. März 2001 keinen Aufschluss geben, weil er erst nach Ablauf des Jahres aufgestellt worden sei.

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2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

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a) Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG in der im Streitjahr (2004) geltenden Fassung gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 % beteiligt war. Eine unmittelbare Beteiligung liegt auch vor, wenn die veräußerten Anteile, abweichend von der rechtlichen Inhaberschaft, dem Veräußerer nach steuerrechtlichen Grundsätzen zuzurechnen sind (zuletzt Senatsurteil vom 25. Mai 2011 IX R 23/10, BFHE 234, 55, BStBl II 2012, 3, zu wirtschaftlichem Eigentum).

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b) Wirtschaftsgüter sind auch im Steuerrecht grundsätzlich dem Eigentümer zuzurechnen (§ 39 Abs. 1 der Abgabenordnung --AO--); davon abweichend ist das Treugut steuerrechtlich dem Treugeber zuzurechnen (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO). Ein Geschäftsanteil (hier: Aktie) ist steuerrechtlich ein Wirtschaftsgut i.S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO und stellt einen treugutfähigen Gegenstand dar (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 2009 IX R 14/08, BFHE 228, 10, BStBl II 2010, 460, für Teilgeschäftsanteil).

22

c) Voraussetzung für die steuerliche Zurechnung ist das Vorliegen eines steuerlich anzuerkennenden Treuhandverhältnisses.

23

aa) Die Voraussetzungen dafür sind weder im Zivilrecht noch für das Steuerrecht gesetzlich bestimmt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 21. Mai 2014 I R 42/12, BFHE 246, 119, BStBl II 2015, 4). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist ein Treuhandverhältnis nur gegeben, wenn die mit der rechtlichen Eigentümer- bzw. Inhaberstellung verbundene Verfügungsmacht (schuldrechtlich) so zu Gunsten des Treugebers eingeschränkt ist, dass das rechtliche Eigentum bzw. die rechtliche Inhaberschaft gewissermaßen als "leere Hülle" erscheint (z.B. BFH-Urteile vom 20. Januar 1999 I R 69/97, BFHE 188, 254, BStBl II 1999, 514, und vom 24. November 2009 I R 12/09, BFHE 228, 195, BStBl II 2010, 590). Der Treugeber muss das Treuhandverhältnis beherrschen, und zwar nicht nur nach den mit dem Treuhänder getroffenen Absprachen, sondern auch bei deren tatsächlichem Vollzug (BFH-Urteil vom 15. Juli 1997 VIII R 56/93, BFHE 183, 518, BStBl II 1998, 152).

24

bb) Bei der Frage nach der tatsächlichen Durchführung einer Treuhandvereinbarung kommt der bilanziellen Behandlung des Treuguts indizielle Bedeutung zu (BFH-Urteile in BFHE 183, 518, BStBl II 1998, 152; vom 28. Februar 2001 I R 12/00, BFHE 194, 320, BStBl II 2001, 468, und in BFHE 228, 195, BStBl II 2010, 590). Deshalb ist einem Treuhandverhältnis die steuerliche Anerkennung grundsätzlich zu versagen, wenn das Treuhandvermögen in der Bilanz des Treuhänders nicht als solches dargestellt wird (BFH-Urteil in BFHE 194, 320, BStBl II 2001, 468).

25

cc) Bei der Prüfung, ob ein Treuhandverhältnis tatsächlich gegeben und damit eine von der zivilrechtlichen Inhaberschaft abweichende Zurechnung gerechtfertigt ist, ist ein strenger Maßstab anzulegen. § 159 Abs. 1 Satz 1 AO enthält eine Beweisführungslastregelung für den Fall, dass streitig bleibt, wem die Rechte oder Sachen gehören. Allerdings beschränkt § 159 Abs. 1 AO nicht die Pflicht des FG, gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu entscheiden (vgl. BFH-Beschluss vom 10. Januar 2007 VIII B 221/05, BFH/NV 2007, 1079).

26

d) Die Tatsachenfeststellung und –würdigung des FG ist, wenn sie verfahrensfehlerfrei zustande gekommen ist, für den BFH grundsätzlich bindend (§ 118 Abs. 2 FGO). Sie ist nur insoweit revisibel, als Verstöße gegen Denkgesetze oder gegen allgemeine Erfahrungssätze vorliegen (z.B. BFH-Urteil vom 6. Februar 2014 IV R 59/10, BFHE 244, 385, BStBl II 2014, 465, Rz 31).

27

3. Bei Anwendung dieser Maßstäbe kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben.

28

a) Zu Recht hat das FG allerdings nicht darauf abgestellt, dass das Treugut in der Bilanz der P-GmbH nicht als solches ausgewiesen war. Da das Treuhandverhältnis nach dem Vortrag der Kläger nur für wenige Monate im Jahr 2001 bestand und am Bilanzstichtag bereits beendet war, konnte und durfte es im Jahresabschluss der P-GmbH als solches nicht abgebildet werden.

29

b) Mit Erfolg rügt die Revision aber, dass das FG dem geänderten Jahresabschluss der P-GmbH jegliche Indizwirkung für den Abschluss und die tatsächliche Durchführung des von den Klägern behaupteten Treuhandverhältnisses abgesprochen hat.

30

aa) Dabei ist das FG im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass durch die Feststellung des Jahresabschlusses nicht nur die Bilanz, sondern auch die in ihr dargestellten Rechtsverhältnisse im Verhältnis der Gesellschafter zur Gesellschaft und im Verhältnis der Gesellschafter untereinander zivilrechtlich verbindlich bestätigt werden. In der Feststellung des Jahresabschlusses kann deshalb auch ein deklaratorisches Anerkenntnis von Gesellschafterforderungen oder –verbindlichkeiten liegen (vgl. Urteile des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 2. März 2009 II ZR 264/07, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2009, 1272, unter II.2.b, und vom 18. Juli 2013 IX ZR 198/10, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2014, 305, Rz 20).

31

bb) Zu Recht hat das FG diese Rechtsprechung im Streitfall auch herangezogen, um trotz fehlenden Nachweises eines Verzichts auf die restliche Kaufpreisforderung dem Vortrag der Kläger entsprechend eine Leistung an Erfüllungs statt festzustellen. Aus dem Jahresabschluss der P-GmbH ergibt sich, dass die Forderungen der Gesellschafter zum 31. Dezember 2001 ausgebucht worden sind. Damit ist im Verhältnis der Gesellschafter zur Gesellschaft zivilrechtlich bindend festgestellt, dass zuvor ausgewiesene Forderungen der Gesellschafter (Kläger) am 31. Dezember 2001 nicht mehr bestanden. Auf dieser Grundlage hat das FG zutreffend angenommen, dass die Kläger nicht erst im Jahr 2004 auf ihre Forderung gegen die P-GmbH verzichtet haben. Diese tatsächliche Würdigung ist zumindest möglich und bindet deshalb den BFH. Das FG ist dabei offensichtlich davon ausgegangen, dass der Jahresabschluss der P-GmbH ordnungsgemäß festgestellt worden ist.

32

cc) Vor diesem Hintergrund stellt sich aber die Annahme des FG als widersprüchlich und damit als rechtlich fehlerhaft dar, dass dem Jahresabschluss der P-GmbH für den Abschluss und die tatsächliche Durchführung des von den Klägern behaupteten Treuhandverhältnisses (ab dem 5. März 2001) keine Aussagekraft zukomme, weil er erst nachträglich aufgestellt worden sei. Das FG scheint insofern der Ansicht zu sein, dass die tatsächliche Durchführung eines Rechtsverhältnisses nur durch eine zeitnahe Dokumentation nachgewiesen werden kann. Das ist nicht zutreffend. Der Nachweis einer steuerlich erheblichen Tatsache kann grundsätzlich durch sämtliche Beweismittel erbracht werden; entsprechendes gilt, wenn der Nachweis indirekt geführt werden muss. Aus dem geänderten Jahresabschluss der P-GmbH ergibt sich zumindest mittelbar, dass die P-GmbH 1 003 161 A-Aktien am 5. März 2001 aus ihrem Bestand ausgebucht hat, denn die Bewertung des Vorgangs im geänderten Jahresabschluss der P-GmbH beruht auf dem Börsenkurs der A-Aktien am 5. März 2001.

33

4. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat --von seinem Standpunkt aus zu Recht-- keine Feststellungen dazu getroffen, ob der geänderte Jahresabschluss der P-GmbH zumindest konkludent von den Gesellschaftern beschlossen worden ist. Dies wird es im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben. Nur dann wäre der geänderte Jahresabschluss der P-GmbH zivilrechtlich bindend und käme ihm auch steuerlich die beschriebene indizielle Bedeutung zu. Wäre insofern davon auszugehen, dass die Kläger rechtsverbindlich bereits am 5. März 2001 auf ihre Forderungen gegen die P-GmbH verzichtet hätten, läge die Annahme nahe, dass sie die A-Aktien ebenfalls an diesem Tag von der P-GmbH erworben haben.

34

Sollte sich nicht erweisen, dass der geänderte Jahresabschluss der P-GmbH von den Gesellschaftern zumindest konkludent beschlossen worden ist, wird das FG unter Berücksichtigung der von ihm noch aufzuklärenden Umstände, unter denen der geänderte Jahresabschluss der P-GmbH zustande gekommen ist, beurteilen müssen, welche Indizwirkung dem Vorgang dann für den (konkludenten) Abschluss und die tatsächliche Durchführung des von den Klägern behaupteten Treuhandverhältnisses zukommt.

35

5. Auf die Verfahrensrügen geht der Senat nicht ein, weil die Revision bereits mit der Sachrüge Erfolg hat.

36

6. Der Hilfsantrag, die Sache an einen anderen Senat des FG zurückzuverweisen, wird abgelehnt. Gemäß § 155 FGO i.V.m. § 563 Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann der BFH die Rechtssache an einen anderen Senat des FG zurückverweisen. Da die Zurückverweisung an einen anderen Senat das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes) berührt, setzt sie besondere sachliche Gründe voraus, um eine willkürfreie Ermessensausübung zu gewährleisten. So kommt die Zurückverweisung an einen anderen Senat in Betracht, wenn ernstliche Zweifel an der Unvoreingenommenheit des erkennenden Senats des FG bestehen (BFH-Urteile vom 25. November 2009 I R 18/08, BFH/NV 2010, 941, und vom 18. April 2013 VI R 29/12, BFHE 240, 570, BStBl II 2013, 735). Hierfür liegen im Streitfall aber keine Anhaltspunkte vor.

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7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

Privaturkunden begründen, sofern sie von den Ausstellern unterschrieben oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet sind, vollen Beweis dafür, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben sind.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.