Landgericht Arnsberg Urteil, 09. Juli 2014 - 2 Ks-412 Js 457/13-13/14

ECLI:ECLI:DE:LGAR:2014:0709.2KS412JS457.13.13.00
bei uns veröffentlicht am09.07.2014

Tenor

Die Angeklagte wird wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt.

Sie trägt die Kosten des Verfahrens.

§§ 211, 13 Abs. 1 StGB


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121 122 123 124 125 126 127 128 129 130 131 132 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142 143 144 145 146 147 148 149 150 151 152 153 154 155 156 157 158 159 160 161 162 163 164 165 166 167 168 169 170 171 172 173 174 175 176 177 178 179 180 181 182 183 184 185 186 187 188 189 190 191 192 193 194 195 196 197 198 199 200 201 202 203 204 205 206 207 208 209 210 211 212 213 214 215 216 217 218 219 220 221 222 223 224 225 226 227 228

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Strafgesetzbuch - StGB | § 49 Besondere gesetzliche Milderungsgründe


(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes: 1. An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.2. Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf hö

Strafgesetzbuch - StGB | § 20 Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen


Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der

Strafprozeßordnung - StPO | § 267 Urteilsgründe


(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese

Strafgesetzbuch - StGB | § 211 Mord


(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft. (2) Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitt

Strafprozeßordnung - StPO | § 465 Kostentragungspflicht des Verurteilten


(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im

Strafgesetzbuch - StGB | § 13 Begehen durch Unterlassen


(1) Wer es unterläßt, einen Erfolg abzuwenden, der zum Tatbestand eines Strafgesetzes gehört, ist nach diesem Gesetz nur dann strafbar, wenn er rechtlich dafür einzustehen hat, daß der Erfolg nicht eintritt, und wenn das Unterlassen der Verwirklichun

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1626 Elterliche Sorge, Grundsätze


(1) Die Eltern haben die Pflicht und das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen (elterliche Sorge). Die elterliche Sorge umfasst die Sorge für die Person des Kindes (Personensorge) und das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge). (2) Bei der Pf

Strafgesetzbuch - StGB | § 57a Aussetzung des Strafrestes bei lebenslanger Freiheitsstrafe


(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn 1. fünfzehn Jahre der Strafe verbüßt sind,2. nicht die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten die weitere Vollstreckung gebietet und3

Strafgesetzbuch - StGB | § 8 Zeit der Tat


Eine Tat ist zu der Zeit begangen, zu welcher der Täter oder der Teilnehmer gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen. Wann der Erfolg eintritt, ist nicht maßgebend.

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Bundesgerichtshof Urteil, 30. Apr. 2003 - 2 StR 503/02

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 StR 503/02 vom 30. April 2003 in der Strafsache gegen wegen Totschlags Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 30. April 2003, an der teilgenommen haben: Richter am Bundesgeri

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Juli 2010 - 4 StR 180/10

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(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

(1) Wer es unterläßt, einen Erfolg abzuwenden, der zum Tatbestand eines Strafgesetzes gehört, ist nach diesem Gesetz nur dann strafbar, wenn er rechtlich dafür einzustehen hat, daß der Erfolg nicht eintritt, und wenn das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun entspricht.

(2) Die Strafe kann nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

(1) Wer es unterläßt, einen Erfolg abzuwenden, der zum Tatbestand eines Strafgesetzes gehört, ist nach diesem Gesetz nur dann strafbar, wenn er rechtlich dafür einzustehen hat, daß der Erfolg nicht eintritt, und wenn das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun entspricht.

(2) Die Strafe kann nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Die Eltern haben die Pflicht und das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen (elterliche Sorge). Die elterliche Sorge umfasst die Sorge für die Person des Kindes (Personensorge) und das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge).

(2) Bei der Pflege und Erziehung berücksichtigen die Eltern die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbständigem verantwortungsbewusstem Handeln. Sie besprechen mit dem Kind, soweit es nach dessen Entwicklungsstand angezeigt ist, Fragen der elterlichen Sorge und streben Einvernehmen an.

(3) Zum Wohl des Kindes gehört in der Regel der Umgang mit beiden Elternteilen. Gleiches gilt für den Umgang mit anderen Personen, zu denen das Kind Bindungen besitzt, wenn ihre Aufrechterhaltung für seine Entwicklung förderlich ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 180/10
vom
22. Juli 2010
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes in drei tateinheitlichen Fällen u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 22. Juli 2010 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 11. November 2009 mit den Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in drei tateinheitlichen Fällen sowie mit gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr und mit fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr verurteilt worden ist; jedoch bleiben die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen und zur Schuldfähigkeit bestehen,
b) im Rechtsfolgenausspruch. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in drei tateinheitlichen Fällen sowie mit gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr und mit fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr und wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Jugendstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt; außerdem hat es eine Maßregelanordnung nach §§ 69, 69a StGB getroffen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.
2
Die Verfahrensrüge ist, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat, unbegründet. Mit der Sachrüge hat das Rechtsmittel in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Die Annahme des Mordmerkmals der niedrigen Beweggründe bezüglich der versuchten Tötung der Zeugin K. begegnet schon in objektiver Hinsicht durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
4
a) Beweggründe zu einem Tötungsverbrechen sind "niedrig", wenn sie nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen und in deutlich weiterreichendem Maße als bei einem Totschlag als verwerflich und deshalb als besonders verachtenswert erscheinen; die Beurteilung dieser Frage hat auf Grund einer Gesamtwürdigung aller äußeren und inneren für die Handlungsantriebe des Täters maßgeblichen Faktoren zu erfolgen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 1987 - 2 StR 559/87, BGHSt 35, 116, 127; Beschluss vom 21. Dezember 2000 - 4 StR 499/00, StV 2001, 571).
5
b) Das Landgericht begründet die Annahme, der Angeklagte habe die Zeugin K. aus niedrigen Beweggründen töten wollen, damit, dass der Angeklagte in erster Linie aus krankhaft übersteigerter Eifersucht gehandelt habe. Er habe die Zeugin "als ihm gehörend, als sein Eigentum und damit lediglich als Objekt" betrachtet, "das er bestrafen und lieber tot sehen wollte, als zuzulassen, dass sie ihn noch einmal verließ" (UA 82, 83).
6
Das Landgericht hat dabei nicht bedacht, dass Gefühlsregungen wie Eifersucht , aber auch Rache, Wut und Hass nach ständiger Rechtsprechung nur dann als niedrige Beweggründe in Betracht kommen, wenn sie ihrerseits auf niedrigen Beweggründen beruhen, was am ehesten der Fall ist, wenn diese Gefühlsregungen jeglichen nachvollziehbaren Grund entbehren (vgl. BGH, Urteil vom 6. März 1992 - 2 StR 551/91, BGHR § 211 Abs. 2 niedrige Beweggründe 22; Beschluss vom 21. Dezember 2000 - 4 StR 499/00 aaO, jeweils m.w.N.; vgl. auch Fischer StGB 57. Aufl. § 211 Rn. 19 m.w.N.).
7
Die vom Landgericht zum Verhalten der Zeugin K. gegenüber dem Angeklagten getroffenen Feststellungen rechtfertigen die Bewertung der Eifersucht als "krankhaft übersteigert" nicht, denn danach bestand für den Angeklagten mehrfach begründeter Anlass zur Eifersucht, weil die Zeugin Kontakte zu anderen Männern suchte und sich zweimal wegen einer neuen Bekanntschaft kurzzeitig vom Angeklagten getrennt hatte. Auch während des der Tat vorangegangenen Diskothekenbesuchs, für dessen Kosten - wie stets - der Angeklagte aufkam, flirtete sie intensiv mit dem Zeugen R. , außerdem verursachte sie eine ungewöhnlich hohe Zeche, die nahezu zwei Fünftel des monatlichen Einkommens des Angeklagten betrug. Im Rahmen der Strafzumessung bezeichnet das Landgericht die Empörung des Angeklagten über das Verhalten seiner Verlobten als nachvollziehbar und hält dem zur Tatzeit alkoholisierten Angeklagten zugute, dass dieser sich in einer in gewisser Weise sogar noch verständlichen Aufwallung von Jähzorn, Enttäuschung, Wut aber auch Angst davor, verlassen zu werden, zur Tat entschlossen habe.
8
Diese Erwägungen hätte das Landgericht auch in die Prüfung des Mordmerkmals der niedrigen Beweggründe einbeziehen müssen. Dies wird der neue Tatrichter nachzuholen haben.
9
2. Die Verurteilung des Angeklagten wegen versuchten Mordes zum Nachteil des Zeugen R. hat keinen Bestand, weil die Verneinung eines strafbefreienden Rücktritts durch das Landgericht rechtlicher Prüfung nicht standhält.
10
a) Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen fuhr der Angeklagte seine damalige Verlobte, die Zeugin K. , die nach einem gemeinsamen Diskothekenbesuch infolge einer Kreislaufschwäche auf einem Parkplatzgelände lag, sowie die Zeugen S. und R. , die ihr helfen wollten und neben ihr knieten, mit seinem Kastenwagen vorsätzlich an, wobei er schwere, auch tödliche Verletzungen der drei Personen in Kauf nahm. Die Zeugen K. und S. wurden von dem Fahrzeug überrollt und erlitten schwere Verletzungen, der Zeuge R. wurde lediglich "streifend am Arm" erfasst und nur geringfügig verletzt. Bevor sich der Angeklagte vom Tatort entfernte, betrachtete er die beiden Schwerverletzten. Er unternahm weder einen weiteren Angriff noch sorgte er für ärztliche Hilfe.
11
Zur Frage eines strafbefreienden Rücktritts hat das Landgericht ausgeführt , dass es aus der Sicht des Angeklagten nicht nötig gewesen sei, seinen Opfern weitere Verletzungen beizubringen, "da N. K. bereits offenbar schwer verletzt und vor Schmerzen laut schreiend auf dem Boden lag und er also sein Ziel, N. K. für ihr Verhalten ihm gegenüber zu bestrafen, schon erreicht hatte. Die Frage eines etwaigen Rücktritts stellt sich damit nicht, der Tötungsversuch war bereits beendet" (UA 83).
12
b) Dies hält, soweit es die Tat zum Nachteil des Zeugen R. betrifft, rechtlicher Prüfung nicht stand, weil die Urteilsfeststellungen nicht belegen, dass insoweit ein beendeter Versuch vorlag.
13
aa) Für die Abgrenzung des beendeten vom unbeendeten Versuch kommt es nach ständiger Rechtsprechung darauf an, ob der Täter nach der letzten von ihm konkret vorgenommenen Ausführungshandlung den Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolges für möglich hält (sog. Rücktrittshorizont; vgl. auch BGH, Urteil vom 3. Dezember 1982 - 2 StR 550/82, BGHSt 31, 170, 175; Urteil vom 22. August 1985 - 4 StR 326/85, BGHSt 33, 295, 299; Beschluss vom 19. Mai 1993 - GSSt 1/93, BGHSt 39, 221, 227) oder sich keine Gedanken darüber macht, ob sein bisheriges Verhalten ausreicht, um den Erfolg herbeizuführen (vgl. BGH, Urteil vom 2. November 1994 - 2 StR 449/94, BGHSt 40, 304).
14
Hält er den Erfolgseintritt für möglich, so ist der Versuch beendet. In diesem Fall setzt ein strafbefreiender Rücktritt voraus, dass der Täter den Erfolgseintritt durch eigene Tätigkeit verhindert oder sich, wenn der Erfolg ohne sein Zutun ausbleibt, darum bemüht.
15
Rechnet der Täter dagegen nach der letzten Ausführungshandlung (noch) nicht mit dem Eintritt des tatbestandlichen Erfolges, so ist der Versuch unbeendet, wenn die Vollendung aus Sicht des Täters noch möglich war. In diesem Fall genügt das bloße Aufgeben weiterer Tatausführung, um die straf- befreiende Wirkung des Rücktritts zu erlangen. Dies gilt auch dann, wenn der Täter von weiteren Handlungen absieht, weil er sein außertatbestandsmäßiges Handlungsziel erreicht hat.
16
bb) Dafür, dass der Angeklagte den Tod des Zeugen R. , der von dem Fahrzeug nicht wie die anderen Geschädigten überrollt, sondern nur am Arm leicht erfasst worden ist, für möglich hielt, ergeben sich aus den Urteilsgründen keine hinreichenden Anhaltspunkte.
17
Das Urteil verhält sich zwar nicht ausdrücklich dazu, wo sich dieser Zeuge befand, als der Angeklagte die beiden Schwerverletzten betrachtete und ob der Angeklagte dessen vergleichsweise geringe Verletzungen bemerkte. Dem Zusammenhang der Urteilsgründe ist aber zu entnehmen, dass der Angeklagte sowohl im Augenblick des Überrollens als auch beim Anblick der beiden Schwerverletzten erkannte, dass er nur zwei und nicht drei Personen überfahren hat. Entsprechend äußerte er sich zudem unmittelbar nach der Tat gegenüber seinen Eltern (UA 29).
18
cc) Der Senat vermag nicht sicher auszuschließen, dass sich in einer neuen Hauptverhandlung weitere Feststellungen treffen lassen, die der Annahme eines strafbefreienden Rücktritts entgegenstehen könnten. Deshalb sieht er von einer eigenen Entscheidung in der Sache, wie sie vom Generalbundesanwalt angeregt wurde, ab.
19
3. Hinsichtlich der versuchten Tötungsdelikte zum Nachteil der Zeugen K. und S. ist das Landgericht dagegen zu Recht von einem beendeten Versuch ausgegangen. Die getroffenen Feststellungen belegen, dass der Angeklagte nach dem Überfahren dieser beiden Opfer deren Tod für möglich hielt. Er hat beide mit einem relativ schweren Fahrzeug und einer Anstoßgeschwindigkeit von etwa 30 km/h überrollt, wodurch ein deutlicher Ruck in der Fahrbewegung und sogar ein Querversatz des Fahrzeugs ausgelöst wurden. Nachdem er sein Fahrzeug angehalten hatte, erkannte er an dem Zustand der beiden Geschädigten, dass diese offenbar erheblich verletzt waren. Vor dem Hintergrund der vom Angeklagten wahrgenommenen Auswirkungen seiner äußerst gefährlichen Vorgehensweise ist die Schlussfolgerung des Landgerichts, der Angeklagte habe mit tödlichen Verletzungen der Zeugen K. und S. gerechnet, nicht zu beanstanden.
20
Da der Angeklagte keine Bemühungen unternommen hat, den Erfolgseintritt zu verhindern, hat das Landgericht einen strafbefreienden Rücktritt insoweit im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Die zum Teil missverständlichen Formulierungen in den Ausführungen zum Rücktritt stehen dem nicht entgegen.
21
4. Die festgestellten Rechtsfehler zwingen zur Aufhebung der - für sich genommen rechtsfehlerfrei festgestellten - tateinheitlich mit den beiden Mordversuchen begangenen Taten (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 1997 - 4 StR 642/96, BGHR StPO § 353 Aufhebung 1).
22
5. Die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen und zur Schuldfähigkeit können aufrechterhalten werden, weil sie rechtsfehlerfrei getroffen sind. Ergänzende Tatsachenfeststellungen, die hierzu nicht in Widerspruch stehen, sind möglich.
23
6. Der neue Tatrichter wird auch zu prüfen haben, ob hinsichtlich des versuchten Tötungsdelikts zum Nachteil der Zeugin K. das Mordmerkmal der Heimtücke in Betracht kommt, das dem Angeklagten in der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage auch hinsichtlich dieser Geschädigten zur Last gelegt worden war. Zwar war die Zeugin K. selbst nicht auf Grund ihrer Arglosigkeit wehrlos, sondern infolge der erlittenen Kreislaufschwäche. Das Mordmerkmal der Heimtücke kann, worauf der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift, auf die der Senat insoweit Bezug nimmt, hingewiesen hat, auch dadurch erfüllt sein, dass ein Täter die Arglosigkeit einer schutzbereiten Person zur Tatausführung ausnutzt (vgl. BGH, Beschluss vom 29. April 1997 - 4 StR 158/97, BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 24 m.w.N.).
Ernemann Solin-Stojanović Ri'inBGH Roggenbuck befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Ernemann RiBGH Dr. Mutzbauer befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Ernemann Bender

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Eine Tat ist zu der Zeit begangen, zu welcher der Täter oder der Teilnehmer gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen. Wann der Erfolg eintritt, ist nicht maßgebend.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 503/02
vom
30. April 2003
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 30. April
2003, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Bode
als Vorsitzender,
der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Kuckein,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Otten,
der Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 26. Juni 2002 mit den zugehörigen Feststellungen, mit Ausnahme derjenigen zum äußeren Tatgeschehen , aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dagegen wendet sich die vom Generalbundesanwalt (in der Hauptverhandlung) vertretene Revision der Staatsanwaltschaft mit der Sachrüge. Sie beanstandet die Verneinung des Mordmerkmals Heimtücke und die Annahme einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit.
Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.


Das Landgericht hat festgestellt:

Der zur Tatzeit 22-jährige Angeklagte, der als Kind von seinem Stiefvater sexuell mißbraucht wurde und sich seit seinem 18. Lebensjahr offen zu homosexuellen Neigungen bekennt, lernte 1996 das spätere Tatopfer P. kennen. Zwischen beiden entwickelte sich eine freundschaftliche Beziehung, sexuelle Annäherungsversuche des ebenfalls homosexuell veranlagten über 30 Jahre älteren P. wies der Angeklagte jedoch bis August 2001 zurück. In dieser Zeit zog er vorübergehend in die Einzimmerwohnung des Tatopfers ein. Da der Angeklagte den vereinbarten Mietanteil nicht zahlte, aber auch wegen seiner Unordentlichkeit und seines Drogenkonsums kam es bald zu Streitigkeiten, bei denen P. dem Angeklagten androhte, ihn aus der Wohnung zu werfen. Der Angeklagte warf P. seinerseits dessen seit langem bestehenden sexuellen Beziehungen zu einem 18-jährigen vor und beschimpfte ihn als „Kinderficker“. Auch am 9. September 2001 kam es zum Streit zwischen dem Angeklagten und P., der gegen 18.00 Uhr begann und sich über mehrere Stunden hinzog. Um sich zu beruhigen und den Streit zu beenden, verließ der Angeklagte mehrfach die Wohnung, wobei er außerhalb der Wohnung einige Male Crack zu sich nahm. Nach seiner Rückkehr setzte sich der Streit jeweils wieder fort. P. hielt dem Angeklagten u. a. vor, daß er gar kein richtiger Homosexueller sei und ihm die als Kind erlittenen Mißbrauchstaten offensichtlich Spaß gemacht hätten. Der Angeklagte, der P. diese als traumatisch empfundenen Erlebnisse einmal erzählt hatte, empfand dies als groben Vertrauensbruch. Als er wiederum die Wohnung verlassen wollte, stellte sich P., um ihn darin zu hindern, vor die Wohnungstür. Der Angeklagte, der immer wütender wurde, ergriff schließlich eine an der Wand in einer Lederscheide hängende Machete und stieß insgesamt 33 mal mit direktem Tötungsvorsatz auf P. ein. Ein Stich, der das Tatopfer traf, als es bereits aufgrund seiner Verletzungen zu Boden gestürzt war, führte
innerhalb kürzester Zeit zum Tod. Auch die anderen Verletzungen waren lebensgefährlich. Das Landgericht hat das Tatgeschehen als Totschlag gewertet. Das Vorliegen von Mordmerkmalen, insbesondere von Heimtücke, hat es ausgeschlossen. Zwar habe sich das Tatopfer keines tätlichen Angriffs versehen, der Angeklagte habe aber aufgrund seiner affektiven Erregung bei der Tatbegehung die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers (ebenso wie Umstände, die niedrige Beweggründe ausmachen könnten) möglicherweise nicht hinreichend in sein Bewußtsein aufgenommen und gebilligt.
Eine affektbedingte tiefgreifende Bewußtseinsstörung mit der Folge eines völligen Ausschlusses der Schuldfähigkeit des Angeklagten hat das Landgericht - dem Sachverständigen folgend - abgelehnt. Eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit hat das Landgericht hingegen nicht ausgeschlossen , "unabhängig davon, ob sie erst nach Tatbeginn eingetreten ist (und damit möglicherweise im Augenblick des tödlichen Stichs vorlag) oder schon vor dem ersten Stich vorlag“.

II.


Die Ausführungen zur Verneinung der subjektiven Tatseite des Mordmerkmals der Heimtücke und die Annahme einer nicht ausschließbaren verminderten Schuldfähigkeit sind - worauf die Revision zu Recht hinweist - nicht rechtsbedenkenfrei.
1. Der Tatbestand des Heimtückemordes setzt in subjektiver Hinsicht voraus, daß der Täter die Arg- und Wehrlosigkeit des Tatopfers kennt und sich bewußt ist, daß er diese zur Tat ausnutzt. Hierfür genügt es, daß der Täter die
Arg- und Wehrlosigkeit in ihrer Bedeutung für die hilflose Lage des Angegriffenen und die Ausführung der Tat in dem Sinne erfaßt, daß er sich bewußt ist, einen durch seine Ahnungslosigkeit gegenüber einem Angriff schutzlosen Menschen zu überraschen (NStZ-RR 2000, 166 f.; NStZ 1999, 506 f.). Dabei steht nicht jede affektive Erregung der Annahme eines Ausnutzungsbewußtseins in diesem Sinne entgegen. Kommt der Tatrichter zu dem Ergebnis, daß der Täter die für die Heimtücke maßgeblichen Umstände aufgrund seiner Erregung nicht in sein Bewußtsein aufgenommen hat, so muß er die Beweisanzeichen dafür darlegen und würdigen.
Schon eine solche umfassende Würdigung hat das Landgericht nicht vorgenommen. So hat es sich nicht mit den - zum Ausschluß der Schuldunfähigkeit des Angeklagten - getroffenen Feststellungen zur Wahrnehmungsfähigkeit des Angeklagten bei der Tatbegehung auseinandergesetzt, die mit acht konkreten Einzelbeobachtungen des Angeklagten während der Tat belegt wird (UA S. 23 und 26). Zudem hat es die Annahme einer affektiv bedingten Erregung ersichtlich allein auf die vorhergehenden Feststellungen zur erheblich verminderten Schuldfähigkeit aufgrund einer affektiv bedingten tiefgreifenden Bewußtseinsstörung gestützt. Für die Annahme der subjektiven Seite des Heimtückemords kommt es aber nicht auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen der rechtlichen Voraussetzungen des § 21 StGB an, sondern darauf, ob und gegebenenfalls welche tatsächlichen Auswirkungen die affektive Erregung auf die Erkenntnisfähigkeit des Angeklagten in der Tatsituation und auf sein Bewußtsein hatte (BGH NStZ-RR 2000, 166 f.). Abgesehen davon sind diese Feststellungen hier aber auch schon deshalb nicht geeignet, das fehlende Ausnutzungsbewußtsein zu belegen, weil sie ihrerseits - wie noch auszuführen ist - unklar sind. Angesichts der vom Landgericht vorgenommenen Verknüp-
fung zwischen den Feststellungen zur affektbedingten tiefgreifenden Bewußtseinsstörung im Sinne von § 21 StGB und den subjektiven Voraussetzungen der Heimtückemordmerkmale kann nicht ausgeschlossen werden, daß Rechtsfehler zum Ausmaß und insbesondere auch zum Zeitpunkt des Eintritts des Affekts, den das Landgericht im Rahmen seiner Feststellungen zur verminderten Schuldfähigkeit offen gelassen hat, sich auch auf die Beurteilung des affektbedingten Fehlens des Ausnutzungsbewußtseins ausgewirkt haben.
2. Das Landgericht hat rechtsfehlerhaft offen gelassen, zu welchem Zeitpunkt die affektbedingt erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit des Angeklagten eingetreten ist. Zwar könnten die weiteren Ausführungen des Landgerichts zur Persönlichkeitsfremdheit der Tat, zu der vorangegangenen stundenlangen verbalen "Aufheizung“, zu den den Angeklagten sehr verletzenden Vorhalten seiner Mißbrauchserlebnisse durch das Tatopfer sowie zum Drogenkonsum des Angeklagten dafür sprechen, daß das Landgericht einen die Schuldfähigkeit beeinträchtigenden Affekt schon bei Tatbeginn nicht auszuschließen vermochte. Andererseits meinte das Landgericht, sich in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen zu befinden, der aber eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit "allenfalls für den Zeitraum nach Eintritt in die Tat“ für möglich gehalten hat. Danach ist zu besorgen, daß es von einem verfehlten Ansatz bei der Beurteilung der Schuldfähigkeit ausgegangen ist. Denn wäre der Angeklagte nicht bereits bei Eintritt in das Versuchsstadium affektbedingt in seiner Steuerungsfähigkeit beeinträchtigt gewesen, sondern erst - wie der Sachverständige angenommen hat - nach Tatbeginn beim Einschlagen auf das Tatopfer in eine Art "Entfesselungsaffekt" geraten, hätte eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit nicht durchgehend bei der gesamten Tatbegehung vorgelegen. Welche Folgen sich ergeben, wenn der Täter erst während der Tat-
handlung in einen Zustand nach §§ 20, 21 StGB gerät, hat die Rechtssprechung bisher insbesondere für den Eintritt eines völligen Ausschlusses der Schuldfähigkeit nach Tatbeginn entschieden (BGHSt 7, 325, 328, 329; 23, 133, 135, 136; siehe auch BGHR StGB § 21 Vorverschulden 3; BGH, Urt. vom 14. Dezember 1976 - 1 StR 568/76). Danach sind einem Täter Handlungen auch dann zuzurechnen, wenn sie vom Vorsatz erfaßt waren und der Tatablauf der Vorstellung entsprach, die der Täter noch vor Eintritt der Schuldunfähigkeit sich von dem Tatgeschehen gemacht hatte. Der Eintritt der Schuldunfähigkeit während der Tatbegehung stellt sich dann als unwesentliche Abweichung vom Kausalverlauf dar. Dabei genügt es, daß der Zustand der Schuldunfähigkeit sich aus dem vorausgehenden Handeln entwickelt hat und nicht durch äußere Einflüsse ausgelöst worden ist. In einem solchen Fall ist der Täter wegen vollendeter Tat, begangen im schuldfähigen Zustand, zu bestrafen. Nichts anderes kann für den Eintritt der erheblich verminderten Schuldfähigkeit erst während der Tatausführung gelten (vgl. auch Jähnke in LK, 11. Aufl. § 21 Rdn. 23). Die Versagung einer Strafmilderung in diesem Fall steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung zum Vorverschulden und zur actio libera in causa, bei der jeweils an ein Verschulden oder an Verhaltensweisen des Täters vor Tatbeginn angeknüpft und eine Strafmilderung trotz Tatbegehung im Zustand verminderter Schuldfähigkeit nicht gewährt wird. Hingegen hat der Täter, wenn er erst während der Tat - bei ansonsten planmäßiger Durchführung der Tat - erheblich vermindert schuldfähig geworden ist, seinen Tatentschluß nicht nur im voll schuldfähigen Zustand gefaßt, sondern sogar noch in diesem Zustand über die Versuchsgrenze hinaus umgesetzt.
Das Landgericht durfte deshalb nicht offen lassen, ab wann die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten erheblich vermindert war.
3. Das Urteil kann danach keinen Bestand haben. Die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen und können bestehen bleiben.
Bode RiBGH Dr. Kuckein ist durch Otten Urlaub an der Unterschrift gehindert. Bode Rothfuß Roggenbuck

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Wer es unterläßt, einen Erfolg abzuwenden, der zum Tatbestand eines Strafgesetzes gehört, ist nach diesem Gesetz nur dann strafbar, wenn er rechtlich dafür einzustehen hat, daß der Erfolg nicht eintritt, und wenn das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun entspricht.

(2) Die Strafe kann nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn

1.
fünfzehn Jahre der Strafe verbüßt sind,
2.
nicht die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten die weitere Vollstreckung gebietet und
3.
die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 vorliegen.
§ 57 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 6 gilt entsprechend.

(2) Als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 gilt jede Freiheitsentziehung, die der Verurteilte aus Anlaß der Tat erlitten hat.

(3) Die Dauer der Bewährungszeit beträgt fünf Jahre. § 56a Abs. 2 Satz 1 und die §§ 56b bis 56g, 57 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 Satz 2 gelten entsprechend.

(4) Das Gericht kann Fristen von höchstens zwei Jahren festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag des Verurteilten, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.

(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.

(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.