Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 12. Jan. 2012 - 8 Sa 445/11

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2012:0112.8SA445.11.0A
bei uns veröffentlicht am12.01.2012

Tenor

Die Berufung der Klägerin und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 16.6.2011 - 3 Ca 1503/10 - werden zurückgewiesen.

Die Klägerin hat 70 % und die Beklagte 30 % der Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Überstundenvergütung sowie über einen von der Beklagten im Wege der Widerklage geltend gemachten Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe wegen Verletzung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten, die eine auf Pferde spezialisierte Tierarztpraxis betreibt vom 01.08.2009 bis 30.09.2010 als Tierärztin zu einem durchschnittlichen Bruttomonatsgehalt von 4.000,00 € beschäftigt. Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 31.05.2009 enthält u. a. folgende Bestimmungen:

3

"§ 3 Arbeitszeit

4

(1) Die Arbeitszeit beträgt unter Zugrundelegung einer Sechstagewoche 45 Stunden in der Woche. Die Arbeitszeit beträgt täglich von Montag bis Freitag, 08.00 bis 12.00 Uhr und von 14.00 bis 19.00 Uhr. Innerhalb einer Woche sind 2,5 Nachtdienste abzuleisten, zusätzlich Wochenenddienst im Wechsel, jedes 3. Wochenende. Hier erfolgt ein Tag als Freizeitausgleich. Mit der Zahlung der vereinbarten Regelung sind 10 % der wöchentlichen Arbeitszeit an Überstunden mit abgegolten. Darüber hinausgehende Überstunden sind nur dann abzugelten, wenn sie vorher angeordnet oder nachträglich schriftlich genehmigt werden.

5

6

(5) Zeiten der Rufbereitschaft (= die Verpflichtung der Angestellten, sich an einem selbstbestimmten, der Praxisinhaberin anzugebenden Ort auf Abruf zur Arbeit bereitzuhalten) werden als Arbeitszeit mit 25 % der tatsächlichen Dauer berechnet. Soweit im Rahmen der Rufbereitschaft Tätigkeiten anfallen, werden die dafür aufgewendeten Arbeitszeiten im Umfang ihrer tatsächlichen Dauer auf die Arbeitszeit angerechnet. …

7

§ 10 Wettbewerbsverbot

8

(1) Die Angestellte verpflichtet sich, innerhalb von einem Jahr nach Beendigung dieses Arbeitsverhältnisses sich im Umkreis von 50 km von Sitz der Praxis ihres Arbeitgebers weder niederzulassen noch in eine bestehende Praxis einzutreten, diese zu übernehmen oder für einen anderen Tierarzt tätig zu werden, der im genannten Gebiet tätig ist.

9

(2) Für die Dauer des Wettbewerbsverbotes zahlt die Praxisinhaberin an die Angestellte eine monatliche Karenzentschädigung in Höhe von 50 % die der Angestellten zuletzt gewährten monatlichen Bezüge.

10

(3) Die Angestellte muss sich auf die Entschädigung dasjenige anrechnen lassen, was sie während des Zeitraums, für den die Entschädigung bezahlt wird, durch anderweitige Verwertung ihrer Arbeitskraft erwirbt oder böswillig zu erwerben unterlässt, jedoch nur insoweit, als die Karenzentschädigung und der anderweitige Verdienst die zuletzt von ihr bezogene Vergütung um mehr als 1/10 bzw. ¼ bei Wohnsitzverlegung übersteigen würde. Auf Verlangen der Praxisinhaberin ist die Angestellte verpflichtet, während der Dauer des Verbotes nach Abs. 1 über die Höhe ihrer Bezüge Auskunft zu erteilen und ggf. ihre Lohnsteuerkarte am Schluss des Kalenderjahres vorzulegen.

11

(4) Verzichtet die Praxisinhaberin vor der Beendigung des Dienstverhältnisses durch schriftliche Erklärung auf das Wettbewerbsverbot, wird sie mit dem Ablauf eines Jahres seit der Erklärung von der Verpflichtung zur Zahlung der Entschädigung frei.

12

(5) Im Falle der Nichteinhaltung des Wettbewerbsverbotes durch die Angestellte zahlt diese eine Vertragsstrafe in Höhe von 15.000,00 € an die Praxisinhaberin. Fordert die Praxisinhaberin im Falle der Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsverbot die Vertragsstrafe, so kann sie daneben nicht mehr die Einhaltung des Wettbewerbsverbotes verlangen."

13

Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eröffnete die Klägerin, zusammen mit ihrem Lebensgefährten, dem vormaligen Geschäftsführer der Beklagten, ca. 15 km von der Praxis der Beklagten entfernt in Z.-Stadt eine eigene, auf die Behandlung von Pferden spezialisierte Tierarztpraxis.

14

Mit ihrer am 08.11.2010 beim Arbeitsgericht eingereichten und mit Schriftsatz vom 16.12.2010 erweiterten Klage hat die Klägerin die Beklagte auf Zahlung von Überstundenvergütung in Höhe von insgesamt 12.725,83 € brutto in Anspruch genommen. Die Beklagte begehrt ihrerseits von der Klägerin im Wege der Widerklage die Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 15.000,00 €.

15

Zur Darstellung des unstreitigen Tatbestandes im Übrigen sowie des erstinstanzlichen streitigen Parteivorbringens nebst den von den Parteien gestellten Anträgen wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 16.06.2011 (Bl. 97 - 101 d. A.).

16

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 16.06.2011 der Klage in Höhe von 6.663,19 € brutto stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Der Widerklage hat das Arbeitsgericht in vollem Umfang stattgegeben. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 7 bis 13 dieses Urteils (= Bl. 102 - 108 d. A.) verwiesen.

17

Gegen das der Beklagten am 01.07. und der Klägerin am 04.07.2011 zugestellte Urteil haben die Beklagte am 27.07. und die Klägerin am 02.08.2011 Berufung eingelegt. Die Berufung der Beklagten ist am 31.08.2011, die der Klägerin innerhalb der ihr mit Beschluss vom 29.08.2011 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 05.10.2011 begründet worden.

18

Die Beklagte trägt zur Begründung ihrer Berufung im Wesentlichen vor, es sei ihr - entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts - nicht möglich, die von der Klägerin behaupteten Überstunden substantiiert zu bestreiten, da es in ihrem Betrieb keinerlei Stundenaufzeichnungen gebe. Im Rahmen der Nacht- und Wochenenddienste habe Rufbereitschaft bestanden, d. h. die Klägerin habe sich zu den von ihr angegebenen Zeiten nicht durchgehend in der Klinik aufgehalten. Bei allen Eintragungen in die EDV über durchgeführte Behandlungen sei die Zeit der Behandlung nicht aufgeführt, da ausschließlich nach der hierzu bestehenden Gebührenordnung für die jeweilige Behandlungsart abgerechnet werde. Im Übrigen sei die Klägerin oftmals nicht, wie arbeitsvertraglich vorgesehen, morgens um 08:00 Uhr, sondern häufig erst um 09:00 Uhr erschienen und habe dann auch erst einmal ausgiebig gefrühstückt. Sie habe Überstunden häufig auch über Freizeitausgleich ausgeglichen. Stundenzettel habe die Klägerin keine eingereicht, allerdings habe sie auch keine einreichen müssen. Allein die Einteilung zu Nacht- und Wochenenddiensten führe nicht automatisch dazu, dass die Klägerin im Rahmen ihrer Rufbereitschaft Anspruch auf Bezahlung der festgelegten Rufbereitschaftszeiten habe. Es könne insoweit nur auf die tatsächlichen Einsatzzeiten ankommen, welche die Klägerin substantiiert darzulegen habe.

19

Zur Darstellung aller Einzelheiten der Berufungsbegründung der Beklagten wird auf den Schriftsatz vom 21.08.2011 (Bl. 148 - 150 d. A.) Bezug genommen.

20

Die Beklagte beantragt,

21

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

22

Die Klägerin beantragt,

23

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

24

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil soweit der Klage stattgegeben wurde und trägt zur Begründung ihrer eigenen Berufung im Wesentlichen vor, das vertraglich vereinbarte Wettbewerbsverbot überschreite in mehrfacher Hinsicht das notwendige Maß und sei daher nach § 138 BGB nichtig. Eine geltungserhaltende Reduktion komme insoweit - entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts - nicht in Betracht. Das Wettbewerbsverbot sei bereits in räumlicher Hinsicht zu weit gefasst. In der Rechtsprechung sei insoweit anerkannt, dass ein schützenswertes Interesse maximal bezogen auf einen Umkreis von 20 km, in Ausnahmefällen möglicherweise bis zu 30 km gerechtfertigt sei. Diesen Umfang überschreite das vorliegende Wettbewerbsverbot mit einem Radius von 40 km bei Weitem. Das Wettbewerbsverbot komme in seiner konkreten Form einem Berufsverbot gleich. So sei nicht einzusehen, weshalb ein Wettbewerbsverbot auch dann gelten solle, wenn sie - die Klägerin - beispielsweise eine Tätigkeit in einer Kleintierpraxis aufnehme. Den Interessen der Widerklägerin hätte es genügt, eine Tätigkeit in einer auf Pferde spezialisierten Tierklinik zu untersagen. Das Wettbewerbsverbot erweise sich auch insoweit als zu unbestimmt, als es sich auf jede Tätigkeit für einen anderen Tierarzt beziehe, "der im genannten Gebiet tätig ist". Die Tätigkeit eines Tierarztes werde nicht nur an dessen Praxisstandort ausgeübt; vielmehr begebe sich der Tierarzt häufig zu den Tierhaltern und betreue daher seine Kunden auch außerhalb seiner Praxis. Es sei daher für sie - die Klägerin - vor Begründung eines Anstellungsverhältnisses zu einem potentiellen Arbeitgeber unmöglich, festzustellen, in welchem konkreten Bereich dieser tätig sei. Angesichts des vereinbarten durchschnittlichen Gehalts von 4.000,00 € pro Monat sei die vereinbarte Vertragsstrafe in Höhe von 15.000,00 € deutlich übersetzt. Das Wettbewerbsverbot sei auch deshalb insgesamt unwirksam, weil die vereinbarte Karenzentschädigung die in § 74 Abs. 2 HGB vorgeschriebene Mindesthöhe nicht erreiche. Nach § 10 Abs. 2 des Anstellungsvertrages bemesse sich die Karenzentschädigung ausschließlich an der Arbeitsvergütung für den letzten Monat. Zuvor angefallene Überstunden blieben daher, ebenso wie die in § 4 Abs. 4 des Anstellungsvertrages vereinbarte Weihnachtszuwendung außer Betracht. Die vereinbarte Karenzentschädigung erreiche daher nicht die gesetzlich vorgeschriebene Mindesthöhe von 50 % eines Jahresgehalts.

25

Zur Darstellung aller Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin im Berufungsverfahren wird auf deren Berufungsbegründungsschrift vom 05.10.2011 (Bl. 185 - 195 d. A.) sowie auf den Schriftsatz vom 28.12.2011 (Bl. 205 - 208 d. A.) Bezug genommen.

26

Die Klägerin beantragt,

27

die Widerklage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abzuweisen.

28

Die Beklagte beantragt,

29

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

30

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil soweit der Widerklage stattgegeben wurde nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 14.11.2011 (Bl. 202 - 204 d. A.), auf den Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe

31

I. Die statthaften Berufungen der Klägerin und der Beklagten sind sowohl fristgerecht eingelegt als auch fristgerecht begründet worden. Keines der beiden hiernach insgesamt zulässigen Rechtsmittel hat jedoch in der Sache Erfolg.

32

II. Das Arbeitsgericht hat sowohl im Ergebnis zu Recht als auch mit zutreffender Begründung der Klage in Höhe von 6.693,19 € brutto sowie der Widerklage insgesamt stattgegeben.

33

Das Berufungsgericht folgt den ausführlichen und sorgfältig dargestellten Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils und stellt dies gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Von der Darstellung eigener vollständiger Entscheidungsgründe wird daher abgesehen. Das Berufungsvorbringen der Parteien bietet lediglich Anlass zu folgenden Ergänzungen:

34

1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäß § 612 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Zahlung von Überstundenvergütung in Höhe der erstinstanzlich ausgeurteilten Summe.

35

Zwar besteht vorliegend weder eine tarifvertragliche, noch eine vertragliche Regelung, aus der sich der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch unmittelbar ergibt. Auch ohne eine solche Bestimmung gilt jedoch eine Grundvergütung für Überstunden (üblicher Stundenverdienst; Anteil des Monatslohns) gemäß § 612 Abs. 1 als stillschweigend vereinbart, da der Arbeitnehmer eine quantitative Mehrleistung erbringt (vgl. Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 11. Auflage, § 611 BGB, Rz. 488 m. Nachw. a. d. Rspr.).

36

Zutreffend ist das Arbeitsgericht bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass die Beklagte die seitens der Klägerin substantiiert vorgetragenen Überstunden nicht ausreichend bestritten hat. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass die von der Klägerin in Ansatz gebrachten Nacht- und Wochenenddienste hinsichtlich ihrer Anzahl der in § 3 Abs. 1 des Arbeitsvertrages getroffenen Vereinbarung entsprechen. Die Beklagte hat in ihrer Berufungsbegründungsschrift diesbezüglich auch eingeräumt, dass die von der Klägerin angegebenen Nacht- und Wochendienstzeiten korrekt seien. Soweit die Beklagte geltend macht, die Klägerin habe während dieser Dienste nicht durchgehend gearbeitet, so erweist sich dieses Vorbringen als unerheblich. Unstreitig bestanden nämlich diese Dienste in der Ableistung von Rufbereitschaft, so dass sie - unabhängig von der Erbringung einer tatsächlichen Arbeitsleistung - nach § 3 Abs. 5 des Arbeitsvertrages mit 25 % ihrer Dauer als Arbeitszeit zu berechnen sind. Die Klägerin hat diese Berechnungsweise der Bezifferung der für die Ableistung von Nacht- und Wochenenddiensten zu ihren Gunsten zu berücksichtigenden Arbeitszeiten ausdrücklich zugrunde gelegt.

37

Soweit die Beklagte hinsichtlich der von der Klägerin erbrachten tatsächlichen Arbeitsstunden einwendet, die Klägerin sei häufig verspätet erschienen, so erweist sich dieses Vorbringen - worauf bereits das Arbeitsgericht in den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils hingewiesen hat - als unsubstantiiert. Entsprechendes gilt bezüglich der Behauptung, die Klägerin habe ihre Überstunden (teilweise) im Wege eines eigenmächtig in Anspruch genommenen Freizeitausgleichs ausgeglichen. Bezüglich der tatsächlich erbrachten Arbeitsstunden kann sich die Beklagte auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass diesbezüglich keinerlei Stundenaufzeichnungen existieren. Unstreitig sind es sämtliche von der Klägerin durchgeführten Behandlungen in der EDV der Beklagten aufgezeichnet. Die Beklagte wäre daher durchaus in der Lage gewesen, zu den von der Klägerin unter Angabe der einzelnen Daten und der Dauer der Behandlungsleistungen geltend gemachten Arbeitsstunden konkret Stellung zu nehmen. Das pauschale Bestreiten der Beklagten erweist sich daher auch insoweit als unzureichend.

38

Hinsichtlich der Berechnung der der Klägerin zustehenden Überstundenvergütung ist den erstinstanzlichen Entscheidungsgründen nichts hinzuzufügen.

39

2. Die Widerklage ist in vollem Umfang begründet.

40

Die Beklagte hat gegen die Klägerin nach Maßgabe der in § 10 Abs. 5 des Arbeitsvertrages getroffenen Vereinbarung Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 15.000,00 € die gemäß den § 75 c Abs. 1 HGB, 340 Abs. 1 BGB.

41

Entgegen der Ansicht der Klägerin erweist sich das der Vertragsstrafe zugrunde liegende Wettbewerbsverbot nicht bereits nach § 74 Abs. 2 HGB als unverbindlich. Nach dieser Bestimmung ist ein Wettbewerbsverbot nur verbindlich, wenn sich der Arbeitgeber verpflichtet, für die Dauer des Verbots eine Entschädigung zu zahlen, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der vom Arbeitnehmer zuletzt bezogenen vertragsgemäßen Leistungen erreicht. Diesen Anforderungen genügt die in § 10 Abs. 2 des Arbeitsvertrages vereinbarte Karenzentschädigung. Entgegen der Ansicht der Klägerin ergibt sich aus der dort gewählten Formulierung ("eine monatliche Karenzentschädigung in Höhe von 50 %, die der Angestellten zuletzt gewährten monatlichen Bezüge") keineswegs, dass lediglich die Höhe des im letzten Monat des Arbeitsverhältnisses gezahlten Gehalts bei der Bemessung der Karenzentschädigung zugrunde zu legen ist. Dies kann der vertraglichen Regelung nicht entnommen werden. Die nach § 133, 157 BGB durchzuführende Auslegung der Vereinbarung führt vielmehr zu dem Ergebnis, dass es dem Willen der Vertragsparteien entsprach, im Wege der betreffenden Formulierung eine gesetzeskonforme, d. h. in Einklang mit § 74 Abs. 2 HGB stehende Regelung zu treffen und die Karenzentschädigung demnach mit der Hälfte der von der Klägerin "zuletzt" bezogenen vertragsmäßigen Leistungen zu bemessen mit der Folge, dass alle Vergütungsbestandteile (auch Überstundenvergütungen und Gratifikationen) zu berücksichtigen sind.

42

Auch wenn man mit der Klägerin davon ausgeht, dass das Wettbewerbsverbot in räumlicher Hinsicht zu weitgehend ist, als es sich auf einen Umkreis von 50 km vom Sitz der Beklagten erstreckt, so steht dies dem Anspruch der Beklagten auf Zahlung der Vertragsstrafe nicht entgegen. Entsprechendes gilt, falls man einzelne, in § 10 Abs. 1 des Arbeitsvertrages genannte Wettbewerbshandlungen als nicht zum Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses der Beklagten i. S. v. § 74 a Abs. 1 Satz 1 HGB erachtet. Hieraus ergäbe sich nämlich keineswegs eine Nichtigkeit des Wettbewerbsverbots, sondern vielmehr lediglich dessen (teilweise) Unverbindlichkeit nach § 74 a Abs. 1 HGB, der gemäß § 110 Satz 2 GewO auf Arbeitsverhältnisse Anwendung findet. Nach dieser Bestimmung ist ein Wettbewerbsverbot lediglich insoweit unverbindlich, als es unter Berücksichtigung der gewährten Entschädigung nach Ort, Zeit oder Gegenstand eine unbillige Erschwerung des Fortkommens des Arbeitnehmers enthält. Soweit sich das Wettbewerbsverbot im zulässigen Rahmen hält, bleibt es wirksam und muss vom Arbeitnehmer eingehalten werden. Es findet daher eine geltungserhaltende Reduktion statt (BAG v. 21.04.2010 - 10 AZR 288/09 -). Die Schuldrechtsreform hat diese Rechtsfolge unberührt gelassen (LAG Hamm v. 14.04.2003 - 7 Sa 1881/02 - NZA - RR 2003, 513); Oetker, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 11. Auflage, § 74 a HGB Rz. 5). Die von der Klägerin in ihrer Berufungsbegründungsschrift zitierte Rechtsprechung des BGH bezieht sich nicht auf arbeitsvertragliche, sondern auf gesellschaftsvertragliche Wettbewerbsverbote und ist daher vorliegend nicht einschlägig.

43

Das in § 10 Abs. 1 des Arbeitsvertrages vereinbarte Wettbewerbsverbot ist zweifellos jedenfalls insoweit verbindlich, als es die Verpflichtung der Klägerin beinhaltet, im Umkreis von 15 km vom Sitz der Beklagten keine eigene, auf die Behandlung von Pferden spezialisierte Tierarztpraxis zu eröffnen bzw. zu betreiben. Insoweit dient das Wettbewerbsverbot zum Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses der Beklagten. Ein solches besteht, wenn das Wettbewerbsverbot entweder dem Schutz vor Betriebsgeheimnissen dient oder den Einbruch eines ausgeschiedenen Mitarbeiters in den Kunden- oder Lieferantenkreis unter Ausnutzung besonderer Kenntnisse oder persönlicher Kontakte verhindern soll. Dies ist vorliegend der Fall. Das Wettbewerbsverbot dient erkennbar dem Zweck, zu verhindern, dass die Klägerin unter Ausnutzung u. a. der von ihr im Rahmen ihrer Tätigkeit bei der Beklagten gewonnenen persönlichen Kontakte in den Kundenkreis der Beklagten eindringt. Das Betreiben einer lediglich 15 km vom Sitz der Beklagten entfernten, ebenfalls auf die Behandlung von Pferden spezialisierten Tierarztpraxis birgt diese Gefahr in besonders hohem Maße in sich. Darüber hinaus hat die Beklagte unwidersprochen vorgetragen, ihr Leistungsangebot sei sogar in einem Umkreis von 100 km einzigartig.

44

Auch die Höhe der Vertragsstrafe (15.000,00 €) begegnet keinen Bedenken. Bei der Beurteilung der Angemessenheit der Vertragsstrafe, die für den Arbeitnehmer auch fühlbar sein darf, ist jedes berechtigte Interesse des Gläubigers in Betracht zu ziehen, so insbesondere die ihm bei Verletzung des Wettbewerbsverbotes drohenden Schäden. Auf Seiten des Arbeitnehmers sind dessen wirtschaftlichen Verhältnisse und die Erschwerung seines beruflichen Fortkommens zu berücksichtigen (Oetker, a.a.O., § 75 c HGB Rz. 5 m.w.N.). Vorliegend ist nicht zu verkennen, dass eine Nichtbefolgung des Wettbewerbsverbotes in seinem verbindlichen Umfang durch die Klägerin für die Beklagte die erhebliche Gefahr des Verlustes von Kunden in nicht nur geringer Anzahl mit sich bringt. Dem gegenüber bedeutet die Einhaltung des Wettbewerbsverbotes - soweit dieses verbindlich ist - für die Klägerin im Hinblick auf die auf ein Jahr beschränkte Dauer des Wettbewerbsverbotes keine erhebliche Erschwerung ihres beruflichen Fortkommens. Es ist auch weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin der Angemessenheit der Vertragsstrafe entgegenstehen könnten.

45

3. Nach alledem waren sowohl die Berufung der Beklagten als auch die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

46

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

47

Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.

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(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

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(1) Eine Vereinbarung zwischen dem Prinzipal und dem Handlungsgehilfen, die den Gehilfen für die Zeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt (Wettbewerbsverbot), bedarf der Schriftform und der Aushändigung einer vom Prinzipal unterzeichneten, die vereinbarten Bestimmungen enthaltenden Urkunde an den Gehilfen.

(2) Das Wettbewerbsverbot ist nur verbindlich, wenn sich der Prinzipal verpflichtet, für die Dauer des Verbots eine Entschädigung zu zahlen, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der von dem Handlungsgehilfen zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreicht.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

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(3) (weggefallen)

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Eine Vereinbarung zwischen dem Prinzipal und dem Handlungsgehilfen, die den Gehilfen für die Zeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt (Wettbewerbsverbot), bedarf der Schriftform und der Aushändigung einer vom Prinzipal unterzeichneten, die vereinbarten Bestimmungen enthaltenden Urkunde an den Gehilfen.

(2) Das Wettbewerbsverbot ist nur verbindlich, wenn sich der Prinzipal verpflichtet, für die Dauer des Verbots eine Entschädigung zu zahlen, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der von dem Handlungsgehilfen zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreicht.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Eine Vereinbarung zwischen dem Prinzipal und dem Handlungsgehilfen, die den Gehilfen für die Zeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt (Wettbewerbsverbot), bedarf der Schriftform und der Aushändigung einer vom Prinzipal unterzeichneten, die vereinbarten Bestimmungen enthaltenden Urkunde an den Gehilfen.

(2) Das Wettbewerbsverbot ist nur verbindlich, wenn sich der Prinzipal verpflichtet, für die Dauer des Verbots eine Entschädigung zu zahlen, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der von dem Handlungsgehilfen zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreicht.

Arbeitgeber und Arbeitnehmer können die berufliche Tätigkeit des Arbeitnehmers für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Vereinbarung beschränken (Wettbewerbsverbot). Die §§ 74 bis 75f des Handelsgesetzbuches sind entsprechend anzuwenden.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 18. Dezember 2008 - 2 Sa 378/08 - im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, wie es die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 28. Mai 2008 - 4 Ca 1725/07 - in Höhe von 51.667,68 Euro zurückgewiesen hat.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 28. Mai 2008 - 4 Ca 1725/07 - teilweise abgeändert und unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 66.954,24 Euro brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. November 2003 aus 6.372,20 Euro, seit dem 11. Dezember 2003 aus 3.186,10 Euro, seit dem 1. Januar 2004 aus 3.186,10 Euro, seit dem 3. Februar 2004 und dem 2. März 2004 aus jeweils 345,04 Euro, seit dem 1. April 2004, 1. Mai 2004, 1. Juni 2004, 1. Juli 2004, 3. August 2004, 1. September 2004, 1. Oktober 2004, 2. November 2004, 1. Dezember 2004, 1. Januar 2005, 1. Februar 2005, 1. März 2005, 1. April 2005, 1. Mai 2005 und 1. Juni 2005 aus jeweils 3.186,10 Euro sowie seit dem 1. Juli 2005, 1. August 2005 und 1. September 2005 aus jeweils 1.909,42 Euro.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

3. Im Übrigen wird die Revision des Klägers zurückgewiesen.

4. Die Beklagte hat die Kosten des ersten und des zweiten Rechtszugs zu tragen. Die Kosten der Revision hat der Kläger zu 1/10, die Beklagte zu 9/10 zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die Zahlung einer Karenzentschädigung für den Zeitraum vom 1. September 2003 bis zum 28. Februar 2005.

2

Die Beklagte stellt Fenster und Türen her. Sie vertreibt ihre Produkte an den Fachhandel. Der Kläger war bis zum 31. August 2003 für die Beklagte tätig. Zuletzt arbeitete er als Marketingleiter. Er bezog im Durchschnitt der letzten drei Jahre ein monatliches Entgelt inklusive aller Prämien, Gratifikationen und Leistungszulagen von 6.372,20 Euro brutto.

3

Die Parteien vereinbarten 1996 ein Wettbewerbsverbot. Dort heißt es:

        

„…   

        
        

1.   

Der Mitarbeiter verpflichtet sich, während der Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses nicht für ein Unternehmen in Deutschland tätig zu sein, das mit der Firma in Konkurrenz steht.

                 

Als Konkurrenzunternehmen gilt ein Unternehmen, das sich mit der Herstellung oder dem Vertrieb von Fenstern, Türen, Fensterläden, Isolier- und Funktionsgläsern oder spezifischen EDV-Programmen für eine dieser Branchen befasst.

                 

Er verpflichtet sich demnach vor allem:

                 

a)   

nicht ein festes Anstellungsverhältnis oder ein freies Beratungs- oder Vertretungsverhältnis bei einem solchen Unternehmen einzugehen,

                 

b)   

nicht ein solches Unternehmen selbst zu errichten oder zu erwerben,

                 

c)   

sich an einem solchen Unternehmen weder unmittelbar noch mittelbar zu beteiligen oder dergleichen zu begünstigen.

        

2.   

Die Firma zahlt dem Mitarbeiter für die Dauer des Wettbewerbsverbots eine Entschädigung in Höhe der Hälfte der zuletzt von ihm bezogenen Vergütung. Soweit die Bezüge in wechselnden Leistungen bestehen, ist bei der Berechnung der Entschädigung von dem Durchschnitt der letzten drei Jahre auszugehen. Die Entschädigung wird in monatlichen Raten jeweils am Monatsende ausgezahlt.

        

...“

        
4

Der Kläger arbeitete im Streitzeitraum als selbständiger Handelsvertreter für die F GmbH. Dieses Unternehmen vertreibt als Fachhändler Fenster und Türen an private und gewerbliche Endkunden. Es bezieht einen Großteil der Produkte von der Beklagten. Der Kläger bezog von September 2003 bis Februar 2004 ein Überbrückungsgeld iHv. monatlich 3.259,46 Euro. Sein monatliches Einkommen aus selbständiger Tätigkeit im Jahr 2004 betrug 3.404,92 Euro. Im Januar und Februar 2005 erzielte er nur geringfügige Einkünfte.

5

Mit Schreiben vom 16. Oktober 2003 hat der Kläger die Zahlung der vereinbarten Karenzentschädigung verlangt. Er hat geltend gemacht, das Wettbewerbsverbot sei nach § 74a Abs. 1 HGB unverbindlich, soweit es ihm den Vertrieb von Fenstern und Türen auch für den Fachhandel untersage. Es benachteilige ihn unangemessen in seiner beruflichen Entwicklung, da es ihm keine Tätigkeit in der Türen- und Fensterbranche mehr ermögliche. Soweit das Wettbewerbsverbot ihm gegenüber verbindlich sei, habe er es beachtet.

6

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 51.667,68 Euro brutto zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter Staffelung zu zahlen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, und die Auffassung vertreten, der Kläger habe gegen das vereinbarte Wettbewerbsverbot verstoßen. Sie habe ein berechtigtes geschäftliches Interesse daran gehabt, jede Tätigkeit im Vertrieb von Fenstern und Türen auszuschließen, auch eine Verkaufstätigkeit, die sich ausschließlich an Endverbraucher richte; denn der Kläger habe bei der Beklagten bis zu 20 Gebietsverkaufsleiter betreut und sei an der Entwicklung der Produkte beteiligt gewesen.

8

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet.

10

I. Der Kläger hat aus Ziff. 2 des vereinbarten Wettbewerbsverbots einen Anspruch auf Karenzentschädigung. Das Wettbewerbsverbot genügt den Anforderungen des § 74 Abs. 1 und 2 HGB.Der Kläger hat das Wettbewerbsverbot, soweit es für ihn verbindlich war, beachtet. Er war nicht gehalten, das Wettbewerbsverbot auch insoweit einzuhalten, als es für ihn unverbindlich war.

11

1. Wettbewerbsverbote sind gegenseitige Verträge. Im Synallagma stehen die vom Arbeitnehmer geschuldete Unterlassung des Wettbewerbs und die vom Arbeitgeber geschuldete Zahlung der Karenzentschädigung(BAG 23. November 2004 - 9 AZR 595/03 - zu A I 2 der Gründe, BAGE 112, 376).

12

2. Das Unternehmen, für das der Kläger als Handelsvertreter gearbeitet hat, ist zwar ein Konkurrenzunternehmen iSv. Ziff. 1 Abs. 2 des Wettbewerbsverbots, da es sich mit dem Vertrieb von Fenstern und Türen befasst. Der Wortlaut der Vereinbarung ist eindeutig und wird von den Parteien auch nicht anders verstanden.

13

3. Der Vertrieb von Fenstern und Türen an Endkunden für dieses Unternehmen steht dem Anspruch auf Karenzentschädigung aber nicht entgegen. Das Wettbewerbsverbot war für den Kläger insoweit unverbindlich. Es diente nach § 74a Abs. 1 Satz 1 HGB nicht dem Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses der Beklagten.

14

a) Nach § 74a Abs. 1 Satz 1 HGB ist ein Wettbewerbsverbot insoweit unverbindlich, als es nicht zum Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses des Prinzipals dient. Es ist nach § 74a Abs. 1 Satz 2 HGB ferner unverbindlich, soweit es unter Berücksichtigung der gewährten Entschädigung nach Ort, Zeit oder Gegenstand eine unbillige Erschwerung des Fortkommens des Gehilfen enthält.

15

aa) Ein berechtigtes geschäftliches Interesse des Arbeitgebers besteht, wenn das Wettbewerbsverbot entweder dem Schutz von Betriebsgeheimnissen dient oder den Einbruch eines ausgeschiedenen Mitarbeiters in den Kunden- oder Lieferantenkreis unter Ausnutzung besonderer Kenntnisse oder persönlicher Kontakte verhindern soll. Das bloße Interesse, Konkurrenz einzuschränken, genügt nicht(BAG 1. August 1995 - 9 AZR 884/93 - zu I 2 a der Gründe mwN, BAGE 80, 303; Bauer/Diller Wettbewerbsverbote 5. Aufl. Rn. 196; MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene 2. Aufl. § 74a Rn. 3; vgl. E/B/J/Boecken HGB § 74a Rn. 6). Die Reichweite des Verbots muss sowohl sachlich als auch örtlich und zeitlich von einem berechtigten geschäftlichen Interesse des Arbeitgebers gedeckt sein.

16

bb) Wettbewerbsverbote sind dynamisch. Ihre genaue Reichweite steht regelmäßig erst im Zeitpunkt des Ausscheidens des Arbeitnehmers fest. Bis dahin können sich die tatsächlichen Verhältnisse zugunsten beider Parteien immer wieder verändern(vgl. Bauer/Diller Rn. 190b). Maßgeblich für die Beurteilung ist der Zeitpunkt, in dem die Wettbewerbsenthaltung des Arbeitnehmers eintreten soll und der Arbeitgeber in Anspruch genommen wird (BAG 28. Januar 1966 - 3 AZR 374/65 - zu A III 3 c der Gründe, BAGE 18, 104). Ob berechtigte geschäftliche Interessen das Verbot einer Tätigkeit rechtfertigen und das Wettbewerbsverbot insoweit verbindlich ist, kann abhängig von den erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten erst zu diesem Zeitpunkt entschieden werden. Es muss ein Zusammenhang bestehen zwischen Inhalt und Umfang des Verbots und der bisherigen Funktion oder Tätigkeit des Arbeitnehmers (vgl. BAG 1. August 1995 - 9 AZR 884/93 - BAGE 80, 303, 306 ff.; LAG Hamm 4. November 2008 - 14 Sa 818/08 - Rn. 41; ErfK/Oetker 10. Aufl. § 74a HGB Rn. 2).

17

cc) Die Frage der unbilligen Fortkommenserschwerung gemäß § 74a Abs. 1 Satz 2 HGB ist im Einzelfall unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu beurteilen. Maßgeblich sind das Alter des Arbeitnehmers und seine Stellung im Betrieb, die Höhe der Entschädigung, der Umfang des Wettbewerbsverbots und die Mobilität der jeweiligen Berufsgruppe(Bauer/Diller Rn. 227; MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene § 74a Rn. 11). Es besteht eine Wechselwirkung mit der vereinbarten Entschädigung. Eine großzügige Entschädigung wird eine weitergehende örtliche, zeitliche und gegenständliche Einschränkung der Handlungsfreiheit des Arbeitnehmers rechtfertigen können (BAG 18. Februar 1967 - 3 AZR 290/66 - zu IV 3 der Gründe, BAGE 19, 267).

18

dd)§ 74a Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB stehen nicht beziehungslos nebeneinander. Ein Wettbewerbsverbot, das nicht dem Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses dient, stellt regelmäßig auch eine unbillige Fortkommenserschwerung des Arbeitnehmers dar. In erster Linie kommt es deshalb darauf an, inwieweit das vereinbarte Wettbewerbsverbot tatsächlich von einem berechtigten geschäftlichen Interesse des Arbeitgebers gedeckt ist. Ist dies im Hinblick auf eine dem Verbot unterliegende Tätigkeit nicht der Fall, ist das Wettbewerbsverbot insoweit bereits nach § 74a Abs. 1 Satz 1 HGB unverbindlich. Besteht ein solches Interesse, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, inwieweit das Wettbewerbsverbot den Arbeitnehmer ausnahmsweise dennoch unbillig behindert.

19

b) Das vereinbarte Wettbewerbsverbot war nach § 74a Abs. 1 Satz 1 HGB insoweit unverbindlich, als dem Kläger der Vertrieb von Fenstern und Türen für einen Fachhändler an private und gewerbliche Endkunden untersagt war.

20

aa) Eine Vertriebstätigkeit auf einer anderen Handelsstufe stellt regelmäßig keine unerlaubte Konkurrenztätigkeit dar, an deren Untersagung ein berechtigtes geschäftliches Interesse durch den vormaligen Arbeitgeber besteht(Senat 8. März 2006 - 10 AZR 349/05 - Rn. 41, BAGE 117, 218). Die Beklagte vertreibt ihre Produkte an den Fachhandel und unterhält keine direkten Beziehungen zum Endkunden. Sonderverkäufe an Mitarbeiter sind in diesem Zusammenhang unerheblich, da sie den Vertrieb nicht prägen. Der Kläger ist im Streitzeitraum weder für ein Fenster und Türen herstellendes und deshalb konkurrierendes Unternehmen noch auf der Vertriebsebene zwischen Produzent und Fachhändler tätig geworden, wo er seine im Betrieb der Beklagten erworbenen Kenntnisse über Kunden, Preise und Vertriebsstrukturen zum Nachteil der Beklagten hätte verwenden können. Er hat vielmehr auf der nächsten Handelsstufe Fenster und Türen an Endkunden vertrieben.

21

bb) Ein berechtigtes geschäftliches Interesse an einer Untersagung der Vertriebstätigkeit im Streitzeitraum resultiert auch nicht aus der zuletzt ausgeübten Tätigkeit des Klägers für die Beklagte als Marketingleiter und den damit verbundenen Kenntnissen des Vertriebs und der Produkte. Soweit die Beklagte geltend macht, sie habe befürchten müssen, dass der Kläger einzelne Mitarbeiter der Beklagten in Schlüsselpositionen anspricht, um sie zu einem Wechsel zu seinem neuen Auftraggeber zu bewegen, geht das über den Schutzzweck eines Wettbewerbsverbots hinaus. Zudem handelt es sich um eine durch konkreten Sachvortrag nicht belegte Vermutung.

22

4. Nach § 74a Abs. 1 Satz 1 HGB büßt ein zu weit gefasstes Wettbewerbsverbot seine Wirksamkeit nicht insgesamt, sondern nur teilweise ein. Es wird aufgrund der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls auf das erlaubte Maß zurückgeführt(BAG 13. Dezember 1968 - 3 AZR 434/67 - zu 2 der Gründe, AP GewO § 133f Nr. 21 = EzA GewO § 133f Nr. 11; LAG Baden-Württemberg 30. Januar 2008 - 10 Sa 60/07 - NZA-RR 2008, 508; MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene § 74a Rn. 20). Die Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbots in seinem unverbindlichen Teil tritt kraft Gesetzes ein (zutreffend Bauer/Diller Rn. 222); es findet eine geltungserhaltende Reduktion statt (ErfK/Oetker § 74a HGB Rn. 5). Das Wettbewerbsverbot bleibt in dem Umfang wirksam, der dem Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses des Arbeitgebers dient.

23

Rechtsfolge eines teilweise verbindlichen Wettbewerbsverbots ist, dass der Arbeitgeber insoweit Unterlassung begehren(BAG 2. Februar 1968 - 3 AZR 462/66 - zu III 3 der Gründe, AP HGB § 74 Nr. 22 = EzA HGB § 74 Nr. 5)wie auch bei Verstößen weitere Ansprüche geltend machen kann (vgl. für eine verwirkte Vertragsstrafe BAG 13. Dezember 1966 - 3 AZR 434/67 - AP GewO § 133f Nr. 21 = EzA GewO § 133f Nr. 11). Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf die vereinbarte Karenzentschädigung, sofern er das Wettbewerbsverbot in seinem verbindlichen Teil beachtet (vgl. Bauer/Diller Rn. 222, 222a; Heymann/Henssler HGB 2. Aufl. § 74a Rn. 20; Schlegelberger HGB 5. Aufl. Bd. II § 74a Rn. 4d; MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene § 74a Rn. 22).

24

5.Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts setzt der Anspruch auf Karenzentschädigung bei einem teilweise verbindlichen und teilweise unverbindlichen Wettbewerbsverbot nicht voraus, dass der Arbeitnehmer ein Wahlrecht zugunsten der Einhaltung des Wettbewerbsverbots in dem vertraglich vereinbarten Umfang ausübt und das Verbot auch insoweit beachtet, als es für ihn unverbindlich ist.

25

a) Besteht nach § 74 Abs. 2 HGB ein insgesamt unverbindliches Wettbewerbsverbot, hängt der Anspruch auf eine vereinbarte Entschädigung von der Ausübung eines Wahlrechts für die Wettbewerbsenthaltung ab(BAG 18. Januar 2000 - 9 AZR 929/98 -). § 74a Abs. 1 HGB differenziert demgegenüber ausdrücklich zwischen einem verbindlichen und einem unverbindlichen Teil des Wettbewerbsverbots.

26

b) Nach Sinn und Zweck von § 74a Abs. 1 HGB soll das Wettbewerbsverbot nur insoweit greifen, wie es dem Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses des Arbeitgebers dient. Hält sich der Arbeitnehmer insoweit an das vereinbarte Verbot und trägt er damit diesem Interesse Rechnung, so verhält er sich gesetzeskonform. Er hat dann Anspruch auf die vereinbarte Karenzentschädigung.

27

c) Es widerspräche dem Schutzzweck von § 74a Abs. 1 HGB und der durch Art. 12 GG geschützten Berufsfreiheit, wenn der Anspruch auf Entschädigung davon abhängig wäre, dass der Arbeitnehmer sich einer Tätigkeit enthält, die einem berechtigten geschäftlichen Interesse des vormaligen Arbeitgebers nicht zuwiderläuft. Der Arbeitgeber hätte es in der Hand, durch eine weit gefasste Konkurrenzklausel den Arbeitnehmer bei Inanspruchnahme der Karenzentschädigung von einer beruflichen Tätigkeit fast beliebig auszuschließen. Mittelbar würde er die Einhaltung des Wettbewerbsverbots auch in Bezug auf den verbindlichen Teil entschädigungslos durchsetzen können, wenn die Aufnahme einer Tätigkeit im Bereich des unverbindlichen Teils von einem Verzicht auf die vereinbarte Entschädigung abhängig wäre.

28

d) Ein anderes Verständnis der Norm verstieße gegen § 75d HGB. Danach kann der Prinzipal sich auf eine Vereinbarung, die von § 74a Abs. 1 HGB abweicht, nicht berufen. Dies wäre aber der Fall, wenn die Zahlung der Entschädigung davon abhinge, dass der Arbeitnehmer sich auch an den unverbindlichen Teil eines vereinbarten Wettbewerbsverbots hält.

29

6. Die Tätigkeit des Klägers im Streitzeitraum verstößt nicht deshalb gegen den verbindlichen Teil des Wettbewerbsverbots, weil die F GmbH in geringem Umfang selbst Haustüren hergestellt hat. Nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts vertreibt dieses Unternehmen Fenster und Türen, die sie zum Großteil von der Beklagten bezieht. Die - ergänzende - Herstellung einiger weniger Spezialanfertigungen stellt den Charakter als Handelsunternehmen nicht in Frage.

30

II. Der Klageanspruch besteht in der zuletzt beantragten Höhe. Der Kläger hat im Durchschnitt der letzten drei Jahre vor dem Ausscheiden monatlich 6.372,20 Euro brutto verdient. Daraus ergibt sich ein monatlicher Anspruch auf Karenzentschädigung von 3.186,10 Euro brutto. Im Januar und Februar 2004 ist gem. § 74c Abs. 1 HGB anderweitiger Verdienst von jeweils 2.841,06 Euro anzurechnen, da der Kläger neben seinen monatlichen Einkünften von 3.404,92 Euro Überbrückungsgeld iHv. 3.259,46 Euro bezogen hat und die monatliche Entschädigung unter Hinzurechnung dieser Beträge die zuletzt vom Kläger bezogenen vertragsmäßigen Leistungen um mehr als 1/10 überstiegen hat. Damit besteht im Januar und Februar 2004 ein Anspruch von je 345,04 Euro. Im Übrigen sind im Streitzeitraum anderweitige Bezüge nach § 74c Abs. 1 HGB nicht anzurechnen.

31

Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB iVm. § 74b Abs. 1 HGB, § 193, § 187 Abs. 1 BGB. Die Karenzentschädigung war nach § 74b Abs. 1 HGB am Schluss eines jeden Monats fällig. In den Monaten, in denen der Fälligkeitstag auf einen Samstag oder Sonntag fiel, verschob sich die Fälligkeit nach § 193 BGB auf den nächsten Werktag und der Eintritt des Verzugs auf den darauffolgenden Tag(vgl. BAG 4. Dezember 2002 - 5 AZR 494/01 - zu IV 4 der Gründe, AP EntgeltFG § 3 Nr. 17 = EzA EntgeltfortzG § 3 Nr. 10; 15. Mai 2001 - 1 AZR 672/00 - zu II der Gründe, BAGE 98, 1; BGH 1. Februar 2007 - III ZR 159/06 - BGHZ 171, 33).

32

III. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 92 ZPO.

        

    Mikosch    

        

    Marquardt    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Hintloglou    

        

    Schlegel    

                 

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.