Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 22. Nov. 2016 - 8 Sa 182/16

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2016:1122.8SA182.16.0A
bei uns veröffentlicht am22.11.2016

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Teil- und Schlussurteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 22.03.2016 - Az.: 10 Ca 3812/14 - teilweise abgeändert und klarstellend wie folgt insgesamt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger folgende Beträge zu zahlen:

a) für September 2014 4.000,00 EUR brutto abzüglich gezahlter Steuern in Höhe von 338,55 EUR sowie abzüglich geleisteter Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 441,45 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 04.10.2014.

b) für Dezember 2014 4.442, 48 EUR brutto abzüglich von der Bundesagentur für Arbeit geleisteter 1.407,14 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 04.01.2015.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

III. Die Kosten der 1. Instanz trägt der Kläger zu 21 % und die Beklagte zu 79 %. Die Kosten der 2. Instanz trägt der Kläger zu 60 % und die Beklagte zu 40 %.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz allein noch über Ansprüche des Klägers auf Vergütung für die Monate September 2014 bis Dezember 2014.

2

Die Beklagte ist ein im Bereich der Warehouse-Logistik als Software-Entwicklerin sowie Softwarevertriebs- und -beratungsgesellschaft auftretendes Unternehmen. Der Kläger war vom 01.01.2012 bis 31.12.2014 auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 21.11.2011 (Kopien Bl. 31 bis 46 d.A.) als Projektleiter beschäftigt. Sein Gehalt betrug zuletzt 4.000,00 EUR brutto monatlich zuzüglich eines aus der vertraglich vereinbarten privaten Nutzung eines Dienstfahrzeuges resultierenden geldwerten Vorteils in Höhe von 442,48 EUR brutto.

3

Der zwischen den Parteien abgeschlossene Arbeitsvertrag vom 21.11.2011, auf dessen Inhalt insgesamt Bezug genommen wird (Kopien Bl. 31 bis 46 d.A.) enthält unter § 10 ein vertragliches Wettbewerbsverbot und ferner folgende Regelung:

4

§ 17 Verfall von Ansprüchen

5

1. Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden.

6

2. Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab, oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruches, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von weiteren drei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.

7

3. Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, die von dem Ergebnis bzw. Ausgang eines Kündigungsschutzverfahrens abhängen, müssen innerhalb der vorgenannten Fristen geltend gemacht und eingeklagt werden. Durch die Erhebung einer Kündigungsschutzklage werden die Fristen zur Verhinderung eines Verfalls der Ansprüche nicht gewahrt."

8

Der Kläger und weitere Mitarbeiter der Beklagten kündigten ihr Arbeitsverhältnis mit der Beklagten im September 2014.

9

Unter dem 29.10.2014 wurde im Handelsregister des Amtsgerichts Koblenz die P. S. GmbH mit einem Stammkapital von EUR 100.000,00 und dem Gegenstand des Unternehmens: "das Erbringen von Dienstleistungen sowie Organisation, Koordination, Beratung, Erstellung von Konzepten, Optimierung von Betriebsabläufen sowie Programmierung im Bereich Logistik sowie zugehörige Softwarelösungen" eingetragen; Geschäftsführer der P. S. GmbH ist der Vater H. E. des Geschäftsführers M. E. der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten. Zu den Gesellschaftern der GmbH zählen mit Stammeinlagen in Höhe von jeweils EUR 8.600,00 auch der Kläger sowie die bis jedenfalls September 2014 als Arbeitnehmer der Beklagten beschäftigten G. L., F. S. und M. S., die wie der Kläger zählten zu jenen Mitarbeitern, die im September 2014 ihr Arbeitsverhältnis mit der Beklagten gekündigt haben.

10

Am 04.11.2014, 10.11.2014, 12.11.2014, 12.11.2014 sowie am 14.11.2014 besuchte der Kläger zusammen mit dem Geschäftsführer der P. S. GmbH Kunden der Beklagten.

11

Mit im einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Arbeitsgericht Koblenz unter dem Aktenzeichen 10 GA 76/14 am 21.11.2014 abgeschlossenem Vergleich verpflichtete sich der Kläger bei Meidung der für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen zwangsvollstreckungsrechtlichen Ordnungsmaßnahmen bis einschließlich 31.12.2014 nicht im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszecken für die P. S. GmbH tätig zu werden.

12

Die Beklagte begehrt vom Kläger im Wege der Stufenklage Auskunft und Schadensersatz im Verfahren vor dem Arbeitsgericht Koblenz Aktenzeichen 7 Ca 4080/15 (vormals: 7 Ca 4565/14) u.a. wegen der im November 2014 stattgefundenen Kundenbesuche. Ferner hat die Beklagte gegen den Kläger als Gesamtschuldner im Verfahren 7 Ca 1540/16 (vormals: 7 Ca 4933/14). Klage auf Zahlung von verauslagter Detektivkosten für die ab 16.09.2014 durch eine Detektei erfolgte Observation des Klägers und anderer Arbeitnehmer in Höhe von derzeit insgesamt 54.150,62 EUR erhoben.

13

Für September 2014 rechnete die Beklagte einen Bruttolohn von (anteilig) EUR 2.000,00 ab, brachte dem Kläger den Betrag aber nicht zur Auszahlung. Auch für den restlichen Zeitraum bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zahlte die Beklagte dem Kläger keine Vergütung. Das Arbeitsverhältnis endete zum 31.12.2014 aufgrund ordentlicher Kündigung des Klägers vom 11.09.2014. Die zudem von der Beklagten mit Schreiben vom 15.09.2014 ausgesprochene außerordentliche fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung zum nächstzulässigen Termin war hingegen, wie rechtskräftig durch das der Kündigungsschutzklage stattgebenden Teilurteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 28.05.2015 (10 CA 3812/14) festgestellt, unwirksam.

14

Soweit für das vorliegende Berufungsverfahren von Relevanz begehrte der Kläger erstinstanzlich die Zahlung der Annahmeverzugslöhne für die Monate September 2014 bis Dezember 2014.

15

Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen,
Zwischenverdienst habe er keinen erzielt mit Ausnahme ab 09.12.2014 bezogenen Arbeitslosengeldes. Die P. S. GmbH sei erst zum 01.01.2015 in den Markt getreten und habe zuvor weder Aufträge angenommen noch abgeschlossen. Er habe niemanden bei der Beklagten abgeworben, vielmehr sei es so gewesen, dass sich in der Tat eine ganze Gruppe dazu entschlossen habe, die Beklagte aufgrund der bei dieser herrschenden Arbeitsbedingungen zu verlassen und eine eigene Firma zu gründen. Dies müsse sich die Beklagte selbst zuschreiben und die Konsequenzen, die lediglich das allgemeine Wettbewerbsrisiko eines jeden am Markt tätigen Unternehmens widerspiegelten, tragen. Die von ihr in den Rechtsstreit eingeführten Chat-Protokolle seien nicht verwertbar. Er habe lediglich nach der seitens der Beklagten ausgesprochenen fristlosen Kündigung zulässige Vorbereitungshandlungen vorgenommen. Seine Ansprüche seien auch nicht verfallen, da § 17 Ziffer 3 des Arbeitsvertrages gegen § 307 Abs. 1 BGB verstoße und daher unwirksam sei.

16

Der Kläger hat - soweit für die Berufungsinstanz von Relevanz - zuletzt nach der Beklagten am 23.03.2015 zugestellter Klageerweiterung vom 16.03.2015, sowie der der Beklagten am 06.08.2015 zugestellten Klageänderung vom 22.07.2015 / 27.07.2015 erstinstanzlich beantragt,

17

1. für den Monat September 2014 ein Bruttogehalt in Höhe von 4.442,48 EUR abzüglich gezahlter Steuern in Höhe von 338,55 EUR sowie abzüglich geleisteter Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 441,45 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 04.10.2014 zu zahlen;

18

2. für den Monat Oktober 2014 ein Bruttogehalt in Höhe von 4.442,48 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basis-zinssatz hieraus seit dem 04.11.2014 zu zahlen;

19

3. für den Monat November 2014 ein Bruttogehalt in Höhe von 4.442,48 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basis-zinssatz hieraus seit dem 04.12.2014 zu zahlen;

20

4. für den Monat Dezember 2014 ein Bruttogehalt in Höhe von 4.442,48 EUR abzüglich erhaltener Zahlung der Bundesagentur für Arbeit in Höhe von 1.407,14 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 04.01.2015 zu zahlen.

21

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

22

die Klage abzuweisen.

23

Sie hat hierzu ausgeführt,
etwaige Ansprüche seien bereits nach § 17 Ziffer 3. des Arbeitsvertrages verfallen. Im Übrigen stünden dem Kläger aber auch keine Annahmeverzugslohnansprüche zu, da er im streitgegenständlichen Zeitraum weder leistungsfähig noch leistungswillig gewesen sei. Vielmehr habe er seit dem 15.09.2014 gemeinsam mit mehreren von ihr abgeworbenen weiteren Mitarbeitern die Konkurrenzfirma P. S. GmbH eröffnet und für diese gearbeitet. Über aus dieser Tätigkeit erzielte Einkünfte habe er keine Auskunft erteilt, weshalb sie von ihrem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch mache. Zudem habe der Kläger die Erzielung von Zwischenverdienst böswillig unterlassen, da er seine Selbständigkeit vorbereitet und damit nicht dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden habe. Um die P. S. GmbH am Markt als Konkurrenzfirma zu positionieren, habe der Kläger bei der Manipulation von Vertragsunterlagen zwischen ihr und ihrem Kunden, der D. G. GmbH & Co. KG, mitgewirkt, ebenso bei dem Versuch, der neuen Firma ihren urheberrechtlich geschützten Quellcode zur Aktualisierung ihrer speziellen Lagerverwaltungssoftware LFS zu beschaffen. Es habe die Gefahr des Verrats von Geschäftsgeheimnissen bestanden. Schließlich erkläre sie die Aufrechnung insbes. mit Schadensersatzansprüchen und den Ansprüchen auf Erstattung der angefallenen Detektivkosten.

24

Mit Teil- und Schlussurteil vom 22.03.2016 hat das Arbeitsgericht Koblenz den oben angeführten Zahlungsansprüchen stattgegeben und lediglich den darüber hinaus geltend gemachten Urlaubsabgeltungsanspruch abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beklagte dem Kläger die eingeklagten Annahmeverzugslohnansprüche für September 2014 bis Dezember 2014 schulde. Der Kläger habe bis zum 15.09.2014 unstreitig für die Beklagte gearbeitet und sei daher von ihr vertragsgemäß - wie abgerechnet - zu entlohnen. Die erklärte Aufrechnung sei bereits unzulässig, da sämtliche Gegenansprüche lediglich allgemein kategorisiert (Schadensersatz, Detektivkosten, Vertragsstrafe) und eine Aufrechnung nur mit dem Netto- nicht hingegen mit dem Bruttolohnanspruch möglich sei. Auch der restliche Lohn für September 2014, sowie für die Monate Oktober bis Dezember 2014 stehe dem Kläger zu, da die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 15.09.2014 rechtskräftig unwirksam sei und die vorgebrachten Einwände nicht verfängen. Dies gelte zunächst für die behauptete Leistungsunfähigkeit/-unwilligkeit des Klägers. Der Kläger habe mit seinen Vorbereitungshandlungen für seine Selbständigkeit ab dem 01.01.2015 es auch nicht böswillig i.S.v. § 11 Ziffer 2 KSchG / § 615 Satz 2 BGB unterlassen, anderweitigen Zwischenverdienst zu erzielen, da er sich bei der Arbeitsagentur gemeldet habe und ein gekündigter Arbeitnehmer eine ins Auge gefasste Selbständigkeit vorbereiten dürfe. Schließlich sei auch kein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten gegeben, da der Kläger im Laufe des Verfahrens die entsprechende Auskunft vollumfänglich dahingehend erteilt habe, dass er lediglich ab dem 09.12.2014 Arbeitslosengeld bezogen habe. Die Zahlung des Annahmeverzugslohns stelle sich für die Kammer auch nicht als der Beklagten unzumutbar dar. Die Beklagte habe nicht hinreichend substantiiert darlegen können, dass und welche schädigenden Handlungen gerade dem Kläger zuzuschreiben sein sollen, zumal sie häufig selbst nur von einem gehegten "Verdacht" spreche, etwa auf unerlaubte Wettbewerbshandlungen, schwerwiegende Vertragspflichtverletzungen, den Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, den Entzug des Quell-Codes sowie von Software Werkzeugen zur Implementierung ihrer Lagerverwaltungssoftware, den Entzug von Kundendaten, Kundenlisten und Vertragsdaten, die unlautere Abwerbung von Mitarbeitern in zielgerichteter Schädigungsabsicht sowie auf Errichtung und Marktplatzierung einer Konkurrenzgesellschaft. Selbst wenn man die Beobachtungen der Detektei hinzunehme, verbleibe an personalisiertem Vorwurf gegenüber dem Kläger lediglich, dass dieser sich mit anderen Arbeitnehmern getroffen (16.09.) bzw. eine Rechtsanwaltskanzlei aufgesucht (25.09., 29.09.) habe und an 4 Tagen im November bei diversen ihrer Kunden gewesen sein soll. Es sei offenkundig, dass dies den Rahmen zulässiger Vorbereitungshandlungen einer Selbständigkeit nicht überschreite. Soweit sich die Beklagte zusätzlich auf die arbeitsvertraglichen Verfallfristen berufe, dringe sie damit nicht durch, da § 17 Ziffer 3 des Arbeitsvertrages den Arbeitnehmer unangemessen i.S.v. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB benachteilige. Denn die arbeitsvertragliche Regelung verpflichte den Arbeitnehmer, unabhängig von der Dauer eines Kündigungsschutzrechtsstreits sämtliche Annahmeverzugslohnansprüche innerhalb der Ausschlussfristen geltend zu machen und einzuklagen. Da die nicht kostenerhöhende wirtschaftliche Identität von Annahmeverzugslohnansprüchen zum Kündigungsschutzantrag gemäß § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG höchstens die drei Monate nach dem Kündigungsendtermin betreffe, wäre der Arbeitnehmer verpflichtet, spätestens ab dem 4. Monat regelmäßig eine Klageerweiterung einzureichen, was angesichts der zu erwartenden Prozessdauer bis zur insoweit notwendigen rechtskräftigen Endentscheidung eine erhebliche, Sinn und Zweck des § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG augenscheinlich konterkarierende Verteuerung des Verfahrens mit sich brächte, zumal die Berufung in Bestandsschutzstreitigkeiten gemäß § 64 Abs. 2 lit. c) ArbGG regelmäßig eröffnet und damit eine Fortführung des Rechtsstreits in zweiter Instanz häufig vorprogrammiert sei.

25

Gegen das ihr am 20.04.2015 zugestellte Teil- und Schlussurteil des Arbeitsgerichts hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 09.05.2015, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag per Fax eingegangen, Berufung eingelegt und diese innerhalb der Berufungsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 20.06.2015, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag per Fax eingegangen, begründet.

26

Die Beklagte trägt vor, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts stehe dem Kläger kein Annahmeverzugslohn zu. Der Kläger sei insbesondere nach Ausspruch der arbeitgeberseitigen Kündigung maßgeblich mit dem Aufbau und dem Markteintritt der P. S. GmbH als Konkurrenzunternehmen beschäftigt gewesen. So habe er im zeitlich erheblichen Umfang Besprechungen mit dem Mitgesellschaftern, Notartermine und Anwaltstermine wahrgenommen, Büroräume besichtigt, gemietet und eingerichtet, sowie Kundenbesuche durchgeführt. Diese Indizien für den fehlenden Leistungswillen habe der Kläger auch nicht erschüttert. Darüber hinaus sei eine Beschäftigung des Klägers auch aus diesem Grunde und unter Beachtung der übrigen Gesamtumstände (Abwerbung von weiteren Arbeitnehmern, unlautere Methoden der P. S. GmbH) unzumutbar gewesen. Die vom Kläger gegebene Auskunft zu Zwischenverdiensten habe das Arbeitsgericht in Zweifel ziehen müssen, da sie keinerlei Angaben zu etwaigen anzurechnenden späteren Einkünften aus Arbeiten aus dem Streitzeitraum beinhalte. Schließlich sei das Arbeitsgericht rechtsirrig davon ausgegangen, dass die streitgegenständliche arbeitsvertragliche Ausschlussfristenklausel den Kläger unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 S. 1 benachteilige. Dabei habe das Arbeitsgericht außer Acht gelassen, dass auch unter Zugrundelegung der vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätze die Klausel verhältnismäßig sei und gerade keine unzulässige rechtsschutzhemmende Wirkung entfalte. Dies gelte insbesondere auch für die erste Stufe der außergerichtlichen Geltendmachung, die der Kläger schon nicht gewahrt habe, weshalb seine Ansprüche verfallen sein.

27

Die Beklagte beantragt,

28

das Teil- und Schlussurteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 22.03.2016 Az. 10 Ca 3812/14 insoweit abzuändern, als der Klage stattgeben wurde und die Klage insgesamt abzuweisen.

29

Der Kläger beantragt,

30

die Berufung zurückzuweisen.

31

Der Kläger verteidigt, dass angegriffene erstinstanzliche Urteil als zutreffend.

32

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf die Sitzungsniederschrift sowie den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

33

Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b ArbGG statthafte Berufung des Beklagten ist zulässig. Sie ist insbesondere form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. 519, 520 ZPO).

34

Die zulässige Berufung hat in der Sache auch teilweise Erfolg. Der für den Monat September 2014 geltend gemachte Bruttolohnanspruch in Höhe von 4.442,48 EUR ist teilweise verfallen, soweit er den bereits mit der Klageschrift eingeklagten Betrag von 4.000,00 EUR übersteigt. Die für die Monate Oktober 2014 und November 2014 geltend gemachten Bruttolohnforderungen sind ebenfalls verfallen. Hingegen ist die Beklagte auch verpflichtet den Lohn für den Monat Dezember 2014 in Höhe von 4.442,48 EUR brutto abzüglich von der Bundesagentur für Arbeit gezahlter 1.407,14 netto zu leisten.

I.

35

1. Der Kläger hat gegen die Beklagte aus den §§ 611 Abs. 1 BGB i.V.m. Arbeitsvertrag, §§ 615, 293 ff. BGB lediglich einen Anspruch auf Zahlung von 4.000 EUR brutto. Der darüber hinaus eingeklagte Betrag in Höhe von 442,48 EUR brutto ist bereits mangels Nichtwahrung der vertraglichen Ausschlussfrist des § 17 Ziffer 3 verfallen.

36

a) Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung von insgesamt 4.000 EUR brutto für den Monat September 2014.

37

aa) Dem Kläger stehen für die im Zeitraum 01.09.2014 bis 15.09.2014 erbrachte Arbeitsleistung die hierfür von der Beklagten geschuldete und von ihr auch abgerechnete Vergütung in Höhe von 2.000 EUR brutto zu. Aufgrund der von der Beklagten hierüber erteilten Abrechnung bedurfte es auch keinerlei Geltendmachung nach § 17 des schriftlichen Arbeitsvertrages. Denn eine einmal in einer schriftlichen Lohnabrechnung des Arbeitgebers ausgewiesene Lohnforderung ist streitlos gestellt und bedarf schon nach dem Zweck der Ausschlussfristen keiner (schriftlichen) Geltendmachung mehr bedarf (std. Rspr. vgl. BAG 21.04.1993 - 5 AZR 399/92 - BAGE 73, 54; 20.10.1982 - 5 AZR 110/82 - BAGE 40, 258; 29.05.1985 - 7 AZR 124/83 - AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 92; 08.08.1979 - 5 AZR 660/77 - AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 67).

38

bb) Für die Zeit ab Ausspruch der unwirksamen fristlosen Kündigung bis Ende September 2014 folgt die Zahlungsverpflichtung der Beklagten aus § 615 BGB. Das Arbeitsgericht hat insoweit zutreffend ausgeführt, dass der Kläger weder leistungsunwillig gewesen noch die Zahlung von Annahmeverzugslohn vorliegend unzumutbar sei.

39

(1) Es bestehen keine objektiven Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in der streitbefangenen Zeit ab 15.09.2014 nicht leistungswillig war.

40

Nach § 615 Satz 1 BGB hat der Arbeitgeber die vereinbarte Vergütung fortzuzahlen, wenn er mit der Annahme der Dienste in Verzug gerät. Gemäß § 297 BGB kommt er nicht in Verzug, wenn der Arbeitnehmer zur Zeit des Angebots oder im Falle des § 296 BGB zu der für die Handlung des Arbeitgebers bestimmten Zeit außerstande ist, die Leistung zu bewirken. Die in § 297 BGB nicht ausdrücklich genannte Voraussetzung der Leistungswilligkeit ergibt sich daraus, dass ein leistungsunwilliger Arbeitnehmer sich selbst außer Stande setzt, die Arbeitsleistung zu bewirken. Die subjektive Leistungsbereitschaft ist eine von dem Leistungsangebot und dessen Entbehrlichkeit unabhängige Voraussetzung; sie muss während des gesamten Verzugszeitraums vorliegen (BAG 22.02.2012 - 5 AZR 249/11 - Rn. 16 m.w.N., NJW 2012, 2605).

41

Wendet der Arbeitgeber fehlenden Leistungswillen des Arbeitnehmers im Annahmeverzugszeitraum ein, reicht es aus, dass er Indizien vorträgt, aus denen hierauf geschlossen werden kann. In Betracht kommt insbesondere die Nichtaufnahme der Arbeit nach erfolgreichem Betreiben der Zwangsvollstreckung aus einem Weiterbeschäftigungstitel. Hat der Arbeitgeber solche Indizien vorgetragen oder sind sie unstreitig, ist es Sache des Arbeitnehmers, diese Indizwirkung zu erschüttern. Trägt er dazu nichts vor, gilt die Behauptung des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer sei während des Verzugszeitraums leistungsunwillig gewesen, gem. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden (vgl. BAG 17.08.2011 – 5 AZR 251/10, NZA-RR 2012, 342, 343).

42

Der von der Beklagten hierzu in der Berufung wiederholten Ausführungen, der Kläger habe in erheblichen Umfang Besprechungen mit den Mitgesellschaftern abgehalten, Anwaltstermine wahrgenommen, Büroräume besichtigt, angemietet und eingerichtet sowie Kundentermine wahrgenommen, vermögen einen fehlenden Leistungswillen nicht zu indizieren. Die Suche nach geeigneten Büroräumen begann nach den Darlegungen der Beklagten in erster Instanz erst im Oktober 2014 und die Kundenbesuche fanden erst im November 2014 statt. Beides ist schon von daher nicht geeignet einen fehlenden Leistungswillen im davorliegenden Zeitraum zu begründen. Im September 2014 hat sich der Kläger unter zugunsten der Beklagten zugrunde gelegter Angaben der Detektei am 16.09.2014 in der Zeit von 14.35 Uhr bis 15.55 Uhr und am 29.09.2014 in der Zeit von 18.00 Uhr bis 20.30.Uhr bei seinen Eltern mit weiteren Arbeitnehmern getroffen sowie am 25.09.2014 in der Zeit von 15.50 Uhr bis 17.20 Uhr eine Koblenzer Anwaltskanzlei aufgesucht. Selbst wenn dies zur Vorbereitung der Selbständigkeit erfolgte, so nahmen diese (zulässigen) Vorbereitungshandlungen schon in zeitlicher Hinsicht (Dauer und zeitliche Lage) kein Ausmaß an, die Rückschlüsse auf einen fehlenden Leistungswillen zuließen. Zumal das Treffen am 29.09.2014 abends und damit außerhalb jeglicher Arbeitszeit und der Termin für den Kanzleibesuch am 25.09.2014 lediglich10 Minuten vor Ende der arbeitsvertraglichen Kernarbeitszeit (§ 3 Ziffer 2 des Arbeitsvertrages) lag.

43

(2) Auch ist die Zahlung des für September 2014 geschuldeten Annahmeverzugslohns der Beklagten nicht unzumutbar.

44

In seltenen Fällen kann der Arbeitgeber trotz Nichtannahme der Arbeitsleistung nicht in Annahmeverzug kommen. Dies ist der Fall, wenn sich der Arbeitnehmer so verhält, dass der Arbeitgeber nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Arbeitslebens die Annahme der Leistung zu Recht ablehnt.Nicht bei jedem Verhalten des Arbeitnehmers, das zur fristlosen Kündigung berechtigt, kann der Arbeitgeber die Arbeitsleistung ablehnen. Es muss ein ungewöhnlich schwerer Verstoß gegen allgemeine Verhaltenspflichten vorliegen, der den Arbeitgeber schlechterdings berechtigt, die Dienste abzulehnen (BAG 29.10.1987 – 2 AZR 144/87, NZA 1988, 465).Dies kann der Fall sein, wenn bei Annahme der angebotenen Dienste strafrechtlich geschützte Interessen des Arbeitgebers, seiner Angehörigen oder anderer Betriebsangehöriger unmittelbar und nachhaltig so gefährdet werden, dass die Abwehr dieser Gefährdung Vorrang vor dem Interesse des Arbeitnehmers an der Erhaltung seines Verdienstes haben muss. Es ist auf die objektive Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Arbeitnehmers abzustellen; Verschulden ist nicht erforderlich. Wann ein solcher Fall vorliegt, hängt von den jeweiligen konkreten Umständen ab. Dabei sind die Gepflogenheiten des Arbeitslebens zu berücksichtigen (vgl. BAG 16.04.2014 - 5 AZR 739/11)

45

Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechungsgrundsätze kann von einer Unzumutbarkeit für den Zeitraum 15.09.2014 bis 30.09.2014 nicht ausgegangen werden.

46

Die von der Beklagten zur Begründung wiederholt angeführten Vorwürfe der kollusiven Schädigung durch den Kläger und die anderen Arbeitnehmer, der vertragswidrigen Abwerbung von Kollegen reichten bereits nicht zur Rechtfertigung der fristlosen Kündigung aus, wie das Arbeitsgericht Koblenz mit Teilurteils vom 28.05.2015 ( 10 Ca 3812/14) rechtskräftig festgestellt hat. Zur näheren Begründung und Vermeidung unnötiger Wiederholungen wird insoweit auf die Entscheidungsgründe diese Teilurteils insbes. auf S. 11 f. (Bl. 283 f. d. A.) verwiesen. Sie reichen erst recht nicht zur Begründung der Unzumutbarkeit der Bezahlung des geschuldeten Annahmeverzugslohns aus. Die Beklagte hat weder seinerzeit noch im weiteren Verlauf des Verfahrens hinreichend substantiiert darlegen können, dass und welche schädigenden Handlungen gerade dem Kläger zuzuschreiben sein sollen, zumal sie häufig selbst nur von einem gehegten "Verdacht" spricht, worauf das Arbeitsgericht zur Recht hingewiesen hat. Auch unter weiterer Berücksichtigung der unter I. 1. a) bb) (1) angeführten vom Kläger wahrgenommenen Termine aus September 2014 folgt keine andere Beurteilung, da es sich lediglich um zulässige Vorbereitungshandlungen handelt, die zudem in einem sehr geringen Umfang angefallen sind.

47

b) Jedoch ist die für den Monat September 2014 geltend gemachte Forderung in Höhe von 4.442,48 EUR brutto, in Höhe von 442,48 EUR brutto unbegründet, da dieser Betrag mangels Wahrung der vertraglichen Ausschlussfrist des § 17 bereits verfallen und damit erloschen ist.

48

Der Kläger hat für den Monat September 2014 erstmalig mit der Klageerweiterung vom 22.07.2014 einen Gesamtbetrag in Höhe von 442,48 EUR brutto geltend gemacht, während er zunächst mit seiner ursprünglichen Klage vom 06.10.2014 lediglich 4.000,00 EUR brutto forderte. Die erst mi der Klageerweiterung erfolgte Erhöhung der Klageforderung um weitere 442,48 EUR brutto wahrte jedoch nicht die vertragliche Ausschlussfrist des § 17 Ziffer 3. Es fehlt insoweit bereits an der nach notwendigen schriftlichen Geltendmachung gegenüber der Beklagten binnen drei Monaten nach Fälligkeit. Die Vergütung ist gemäß § 5 Ziffer 6 des Arbeitsvertrages zum 3. des Folgemonats zu zahlen, der Septemberlohn 2014 war damit zum 03.10.2014 fällig.

49

Zwar wahrt die Klageerhebung bei rechtzeitiger Zustellung an die Gegenpartei auch die erste Stufe der schriftlichen Geltendmachung (vgl. BAG 24.06.1960 – 1 AZR 29/58 -, BAGE 9, 296). Doch hat der Kläger insoweit mit seiner Klage vom 06.10.2014 die der Beklagten am 13.10.2014 zugestellt wurde, 442,48 EUR brutto zu wenig gefordert. Die erst am 06.08.2015 der Beklagte zugestellten entsprechende Klageerweiterung war hingegen verspätet.

50

Entgegen der Ansicht des Klägers wahrte auch nicht die am 06.10.2014 zugleich erhobene Kündigungsschutzklage die erste Stufe der vertraglichen Ausschlussfrist. Denn anders als in den vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fällen (vgl. std. Rspr. zB. BAG 26.04.2006 – 5 AZR 403/05 -; NZA 2006, 845) normiert § 17 Ziffer 3 der vertraglichen Ausschlussfrist ausdrücklich, dass durch die Erhebung einer Kündigungsschutzklage die Fristen zur Verhinderung eines Verfalls von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis, die vom Ausgang eines Kündigungsschutzverfahrens abhängen, nicht gewahrt werden und sieht vor, dass es hierzu vielmehr der Geltendmachung und das Einklagen innerhalb der vorgesehenen Fristen bedarf.

51

aa) Die spezielle Verfallregelung für Ansprüche die vom Ausgang bzw. Ergebnis des Kündigungsschutzprozesses abhängen, hält jedenfalls hinsichtlich ihrer ersten Stufe, also der Geltendmachung gegenüber dem Arbeitgeber, einer Inhaltskontrolle nach § 305 ff. BGB stand.

52

(1) Im Streitfall ist der Formulararbeitsvertrag der Parteien vom 21.11.2011 unstreitig eine allgemeine Geschäftsbedingung, wofür zudem bereits das äußere Erscheinungsbild spricht (vgl. zur tatsächlichen Vermutung BAG 19.03.2014 - 5 AZR 299/13 (F) - Rn. 17 mwN).

53

(2) Die Verfallklausel des § 17 des schriftlichen Arbeitsvertrages ist nicht überraschend i.S.d. § 305c Abs. 1 BGB und damit Vertragsbestandteil geworden.

54

Die Vereinbarung von Ausschlussfristen entspricht einer weit verbreiteten Übung im Arbeitsleben (BAG 25.05.2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 3 der Gründe, BAGE 115, 19; 13.03.2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 46, BAGE 144, 306). Die Regelung findet sich auch nicht an einer irgendwo im Arbeitsvertrag versteckten Stelle. Sie ist vielmehr in einem mit „Verfall von Ansprüchen“ überschriebenen eigenen Paragraphen enthalten.

55

(3) Das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB ist ebenfalls nicht verletzt, da bereits in der Überschrift deren Regelungsgegenstand mit Verfall von Ansprüchen klar bezeichnet ist und im Text die Voraussetzungen und Folgen der Ausschlussfrist auch für die Ansprüche, die vom Ausgang des Kündigungsschutzverfahrens abhängen, hinreichend klar ausgeführt werden.

56

(4) Die vertragliche Klausel ist jedenfalls soweit sie die schriftlichen Geltendmachung von Ansprüchen, die vom Ausgang des Kündigungsschutzverfahrens abhängen, auch nicht wegen Verstoßes gegen nach § 307 Abs. 1 S. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 BGB unwirksam.

57

Nach dieser Rechtsnorm sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Nach der ständigen Rechtsprechung benachteiligt eine einzelvertragliche Ausschlussfrist den Arbeitnehmer nicht unangemessen, die die schriftliche Geltendmachung aller Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Frist von 3 Monaten ab Fälligkeit verlangt (vgl. BAG, 28.09. 2005 - 5 AZR 52/05 -, NZA 2006, 149).

58

Etwas anderes folgt vorliegend auch nicht aus dem Umstand, dass die Klausel auch im Rahmen eins Kündigungsschutzprozesses für Ansprüche, die von dessen Ergebnis abhängen, deren schriftliche Geltendmachung innerhalb von drei Monaten ab Fälligkeit verlangt.

59

Eine einzelvertragliche Ausschlussfrist weicht von dem gesetzlichen Verjährungsrecht auch dann ab, wenn sie keine gerichtliche Geltendmachung verlangt und muss daher um § 307 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 BGB zu genügen dem Arbeitnehmer als Gläubiger eine faire Chance lassen, seine Ansprüche durchzusetzen (BAG 28.09.2005 – 5 AZR 52/05 -, NZA 2006, 149, 152). Zudem stellt der Vergütungsanspruch (auch in Form des zumeist betroffenen Annahmeverzugslohns) ein wesentliches Recht des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis dar. Zu den von § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB geschützten Rechten gehört auch ihre Verwirklichung. Ohne die ausreichende Möglichkeit einer Durchsetzung des Anspruchs wäre das Recht selbst eingeschränkt und die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB begrenzt deshalb auch Ausschlussklauseln, die zwar nicht die Entstehung von Rechten, aber ihre Verwirklichung einschränken. Es muss die ausreichende Möglichkeit einer Durchsetzung des Anspruchs bestehen bleiben, damit die Erreichung des Vertragszwecks nicht gefährdet wird (BAG 28.09.2005 – 5 AZR 52/05 -, NZA 2006, 149, 152).

60

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze enthält die vorliegende Klausel bei der notwendigen genereller Betrachtung keine unangemessen Benachteiligung. Denn die gegenüber dem Verjährungsrecht deutlich kürzere Frist dient dazu dem Arbeitgeber zeitnah Klarheit zu verschaffen, ob sich der Arbeitnehmer auch tatsächlich nicht nur des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses, sondern auch der sich daraus ergebenden Ansprüche ernsthaft berühmt, wie das Erheben der Kündigungsschutzklage nahelegt. Der Arbeitgeber hat ein berechtigtes Interesse daran möglichst zeitnah Klarheit zu erhalten, ob und in welcher Höhe er Ansprüche im Falle einer Unwirksamkeit der Kündigung ausgesetzt sein wird. Das Erfordernis der schriftlichen Geltendmachung ist zur Erreichung dieses Zwecks geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinn. Es birgt insbesondere keine unangemessenen Belastungen für den Arbeitnehmer. Vielmehr steht sie im Einklang mit dem berechtigten Anliegen des Arbeitnehmers, vor einem Tätigwerden die Sach- und Rechtslage abschließend prüfen zu können und nicht zu einer voreiligen förmlichen Geltendmachung gezwungen zu sein. Denn der Arbeitnehmer behält auch im laufenden Kündigungsschutzprozess jeweils 3 Monate zur schriftlichen Geltendmachung ab Fälligkeit. Ab Fälligkeit sind die Ansprüche auch für den Arbeitnehmer hinreichend erkennbar. Ihm verbleibt zudem ausreichend Zeit zu entscheiden, ob und welche Ansprüche er gegenüber dem Arbeitgeber geltend macht. Bei dem häufigsten Anwendungsfall des Annahmeverzugslohns hat der Arbeitnehmer für jeden Monat neu die Entscheidungsmöglichkeit. Bei der notwendige außergerichtlichen Geltendmachung ist auch kein rechtsschutzhemmendes Kostenrisiko ersichtlich, vielmehr sind die Kosten für Papier, Stift ggfs. auch Briefumschlag und Briefmarke überschaubar. Kostenbarrieren, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Arbeitnehmers übersteigen werden nicht aufgebaut (vgl. zu diesem vom Bundesverfassungsgericht allerdings zur 2. Stufe einzubeziehenden Gesichtspunkt BVerfG 01.12.2010 – 1 BvR 1682/07 -, NZA 2011, 354).

61

bb) Eine etwaige Unwirksamkeit der zweiten Stufe der Ausschlussklausel (Einklagen) führt auch nicht zum ersatzlosen Wegfall der gesamten Verfallregelung.

62

Ohne Verstoß gegen das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion ist bei einer teilbaren Klausel die Inhaltskontrolle jeweils für die verschiedenen, nur formal in einer Allgemeinen Geschäftsbedingung verbundenen Bestimmungen vorzunehmen (BAG 11.04.2006 - 9 AZR 610/05 - Rn. 32, BAGE 118, 36; 14.01.2009 - 3 AZR 900/07 - Rn. 23, BAGE 129, 121). Maßgeblich ist dabei die inhaltliche Teilbarkeit (BAG 13.11.2013 - 10 AZR 848/12 - Rn. 27, BAGE 146, 284; BGH 10.10. 2013 - III ZR 325/12 - Rn. 14 mwN;). Eine sprachlich abtrennbare Bestimmung liegt vor, wenn der unwirksame Teil der Vertragsbestimmung gestrichen werden kann, ohne das der Sinn der restlichen Klausel darunter leidet (sog. blue-pencil-test). Soweit die verbleibende Regelung weiterhin verständlich ist, kann sie rechtlich bestehen bleiben (BAG 12.03.2008 – 5 AZR 152/07 -, NZA 2008, 699) . Deshalb können inhaltlich trennbare Regelungen in einer Verfallklausel nach Anwendung des sog. blue-pencil-Test wirksam sein (BAG 27.01.2016 – 5 AZR 277/14 -, NZA 2016, 678, 680; 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 37, BAGE 141, 340).

63

Die Ausschlussfrist ist vorliegend auch hinsichtlich der Ansprüche die vom Ausgang des Kündigungsschutzverfahrens abhängen insofern teilbar als zwischen Geltendmachung gegenüber dem Arbeitgeber (1. Stufe) und Einklagen vor Gericht (2. Stufe) sowohl sprachlich als auch logisch unterschieden werden kann. Die verbleibende eigenständige Regelung zur Geltendmachung gegenüber dem Arbeitgeber bleibt auch nach Streichung der gerichtlichen Geltendmachung in sich verständlich. Eine etwaige Unwirksamkeit der zweiten Stufe berührt daher vorliegend nicht die Wirksamkeit der ersten Stufe.

64

Einer Entscheidung über die Wirksamkeit der zweiten Stufe bedurfte es demnach nicht, da der Kläger bereits die erste Stufe der Ausschlussfrist nicht gewahrt hat.

65

2. Ebenso sind etwaige Annahmeverzugslohnansprüche für die Monate Oktober 2014 und November 2014 in Höhe von jeweils weiteren 4.442,48 EUR brutto wegen nicht rechtzeitiger schriftlicher Geltendmachung gegenüber der Beklagten nach § 17 des Arbeitsvertrages verfallen. Die erstmalige Geltendmachung mit der der Beklagten am 23.03.2015 zugestellter Klageerweiterung erfolgte nicht innerhalb von 3 Monaten nach Fälligkeit, da der Vergütungsanspruch für Oktober 2014 bereits am 03.11.2014 und der für November 2014 bereits am 03.12.2014 fällig waren.

66

3. Hingegen war der Vergütungsanspruch des Klägers aus § 615 BGB für den Monat Dezember 2014 begründet.

67

a) Auch für den Monat Dezember 2014 vermochte die Beklagte keine ausreichenden Tatsachen vortragen, die einen fehlenden Leistungswillen des Klägers indizieren.

68

Die Tätigkeiten im Dezember 2014 konnte die Beklagte nicht angeben. Auch aus den zwei Treffen und dem Besuch der Anwaltskanzlei im September 2014, der von der Detektiv aufgedeckte Treffen im Oktober 2014 wegen der anzumietenden Büroräume für die P. S. GmbH am 13.10.2014 von 17.00 bis 20.00 Uhr, sowie die vom Kläger mit dem Geschäftsführer der P. S. GmbH gemeinsam durchgeführten Besuche bei Kunden der Beklagten am 04.11.2014, am 05.11.2014, am 10.11.2014, am 12.11.2014 sowie am 13.11.2014, lässt sich kein fehlender Leistungswille des Klägers ableiten. Schon im Hinblick auf ihren zeitlichen Umfang lassen diese Behauptungen keinen Rückschluss auf einen fehlenden Leistungswillen des Klägers zu.

69

b) Darüber hinaus war auch für den Monat Dezember 2014 die Zahlung der Vergütung der Beklagten nicht unzumutbar.

70

Zwar hat der Kläger nach Auffassung der Berufungskammer mit seinen – unstreitig stattgefunden - Besuchen bei Kunden der Beklagten im November 2014 nicht lediglich eine zulässige Vorbereitungshandlung getätigt, sondern unlauter gehandelt. Denn er war als Arbeitnehmer der Beklagten während des laufenden Kündigungsschutzprozesses bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch seine Eigenkündigung am 31.12.2014 gehalten sich der Beklagten gegenüber loyal zu verhalten, wozu auch gehört nicht auf eine Tätigkeit für einen (zukünftigen) Wettbewerber hinzuweisen (vgl. hierzu BGH 22.04.2004 – I ZR 303/01 -, NZA 2004, 986). Sein Auftreten bei Kunden der Beklagten sogar in Begleitung des Geschäftsführers der P. S. GmbH beinhaltet jedoch zwangsläufig einen solchen Hinweis. Schließlich bestand die P. S. GmbH zu diesem Zeitpunkt bereits, wie die Handelsregistereintragung vom 18.10.2014 belegt. Auf die klägerische Zeugenaussage vor dem Landgericht Koblenz unter dem Aktenzeichen 1 O 547/14 zum Besuch am 04.11.2014 bei der Firma A. kam es daher nicht mehr entscheidend an, auch wenn diese anschaulich zeigt, dass der Kläger sich auch durch seine Aussagen beim Kunden nicht treu gegenüber der Beklagten als seinen damaligen Arbeitgeber verhalten hat.

71

Doch vermag dieses inloyale Verhalten auch unter Berücksichtigung der davor liegenden zulässigen Vorbereitungshandlungen keine Unzumutbarkeit zu begründen.

72

Eine erneute fristlose Kündigung hat die Beklagten nach Kenntnis von den Besuchen nicht ausgesprochen. An die Annahme einer Unzumutbarkeit sind strenge Anforderungen zu stellen, weil anderenfalls die sonstigen Unwirksamkeitsgründe im Sinne von § 13 KSchG weitgehend sanktionslos blieben, wenn dem Arbeitnehmer zwar der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bestätigt, ihm der Anspruch auf Arbeitsentgelt für die weitere Arbeitsleistung aber versagt würde (vgl. BAG 29.10.1987 – 2 AZR 144/87, NZA 1988, 465 ff). Auch unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falls kommt die Berufungskammer nicht zu Ergebnis, dass ein besonders grober Vertragsverstoß vorliegt, der das Interesse des Klägers an der Erhaltung seines Verdienstes überwiegt. Es sind insoweit keine hinreichenden Umstände ersichtlich, die das Verhalten des Klägers als derartig krass erscheinen lassen. Zudem hat sich der Kläger nach den zu Recht beanstandeten Treffen im vor dem Arbeitsgericht Koblenz unter dem Aktenzeichen 10 GA 76/14 am 21.11.2014 abgeschlossenem Vergleich verpflichtete bei Meidung der für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen zwangsvollstreckungsrechtlichen Ordnungsmaßnahmen bis einschließlich 31.12.2014 nicht im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszecken für die P. S. GmbH tätig zu werden. Damit war die Gefahr, dass der Kläger in der Zukunft bis zur Beendigung am 31.12.2014 sein unrechtmäßiges Verhalten fortsetze, bereits ausreichend gebannt. Weitere Kundenbesuche nach dem 21.11.2014 wurden von der Beklagten auch nicht vorgetragen.

73

c) Schließlich wahrte die am 23.03.2015 zugestellte Klageerweiterung für den Monat Dezember 2014 zugleich beide Stufen der zweistufigen Ausschlussfrist, so dass ebenfalls keiner Entscheidung über die Wirksamkeit der zweiten Stufe bedurfte. Der Zahlungsanspruch für den Monat Dezember wurde erst am 03.01.2015 fällig. Die direkte klageweise Geltendmachung genügt zur Wahrung beider Stufen der Ausschlussfrist.

74

4. Die von der Beklagten in der Berufung auf die Nettovergütung gerichtete erklärte hilfsweise Aufrechnung, soweit eine Zahlungsverurteilung erfolgt und damit für die Ansprüche aus September und Dezember 2014, hat keinen Erfolg.

75

Der sich aus 4.000 EUR brutto (September 2014) bzw. aus 4.442,48 EUR brutto abzüglich von der Bundesagentur für Arbeit gezahlter 1.407,14 netto (Dezember 2014) jeweils ergebende zu zahlende Nettobetrag ist weder durch die Aufrechnung der Beklagten mit einem Schadensersatzanspruch wegen angefallener Detektivkosten in Höhe von 54.150,62 EUR nebst Zinsen (Arbeitsgerichtsverfahren Koblenz - 7 Ca 1540/16) noch durch die Aufrechnung der Beklagten mit etwaigen Schadensersatzansprüchen resultierend dem vor dem Arbeitsgericht Koblenz geführten Verfahren 7 Ca 4080/15 nach § 389 BGB erloschen.

76

Zu Recht ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass die Beklagte hinsichtlich der zur Aufrechnung gestellten Ansprüche in vollem Umfang darlegungs- und beweispflichtig ist. Dem hat die Beklagte weder erst- noch zweitinstanzlich genügt, denn der Verweis auf die diesbezüglich anhängigen Verfahren vor dem Arbeitsgericht Koblenz reicht hierfür nicht aus.

77

Hinsichtlich eines möglichen Anspruchs auf Erstattung der Detektivkosten aus § 280 Abs. 1 BGB fehlt es insbesondere bereits am nötigen Vortrag zur Notwendigkeit der entstandenen Kosten. Zwar hat ein Arbeitnehmer wegen Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten dem Arbeitgeber die durch das Tätigwerden eines Detektivs entstandenen notwendigen Kosten zu ersetzen, wenn der Arbeitgeber aufgrund eines konkreten Tatverdachts gegen den Arbeitnehmer einem Detektiv die Überwachung eines Arbeitnehmers überträgt und der Arbeitnehmer einer vorsätzlichen Vertragsverletzung überführt wird (BAG 26. September 2013 - 8 AZR 1026/12; BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 547/09). Insofern handelt es sich dann um keine Vorsorgekosten, die unabhängig von konkreten schadensstiftenden Ereignissen als ständige Betriebsausgabe vom Arbeitgeber zu tragen sind (BAG vom 26. September 2013 – 8 AZR 1026/12 – Rn. 21 f.) Zu ersetzen sind die Aufwendungen des Geschädigten nach § 249 BGB aber nur, soweit diese nach den Umständen des Falls als notwendig anzusehen sind (BAG 26. September 2013 - 8 AZR 1026/12). Zu letzterem fehlt jeglicher Vortrag. Mangels schlüssigen Vortrags zum Vorhandensein eines Erstattungsanspruchs, war auch eine Beiziehung der Akte des Arbeitsgerichts zu Beweiszwecken nicht möglich.

78

Etwaige Schadensersatzansprüche aus dem vor dem Arbeitsgericht Koblenz geführten Verfahren 7 Ca 4080/15 konnte die Beklagte weder erst- noch zweitinstanzlich beziffern.

79

5. Schließlich steht der Beklagten kein Zurückbehaltungsrecht im Hinblick auf eine unzureichende Auskunft des Klägers über seine anderweitigen Einkünfte zu.

80

Der Kläger hat im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens die entsprechende Auskunft vollumfänglich dahingehend erteilt, dass er lediglich ab dem 09.12.2014 Arbeitslosengeld bezogen habe, was sich auch mit den von ihm vorgelegten Bescheid der Arbeitsagentur vom 14.10.2014 deckt.

81

Die Beklagte hat mit ihrer Berufung zwar eingewandt, dass die Auskunft aufgrund der Aktivitäten des Klägers für die P. S. GmbH nicht vollständig sei. Damit vermag sie jedoch nicht durchzudringen.

82

Da sich der Auskunftsanspruch analog § 74c Abs. 2 HGB nur auf die Höhe des anderweitigen Verdienstes erstreckt, muss der Arbeitgeber im Streitfall darlegen und beweisen, dass der Arbeitnehmer überhaupt anderweitigen Verdienst erzielt hat (BAG 19.7.1978 - 5 AZR 748/77 -, NJW 1979, 285).

83

Insofern ist ferner zu beachten, dass Einkünfte, die dem Dienstverpflichteten erst nach dem Annahmeverzug zufließen, grundsätzlich nicht angerechnet werden. Insoweit spielt es grundsätzlich auch keine Rolle, ob sie nur deshalb erzielt wurden, weil der Dienstverpflichtete sich während des Annahmeverzuges auf die neue Tätigkeit vorbereiten konnte (Staudinger/Richardi/Fischinger-Rieble, Neubearbeitung 2016, § 615 BGB, Rn. 165) Etwas anderes gilt nur dann, wenn spätere Einnahmen auf Arbeiten im Verzugszeitraum beruhen (BAG 16. 6. 2004 NZA 2004, 1155, 1157; ablehnend ErfK/Preis, § 615 BGB, Rn 93).

84

Doch konnte die Beklagte selbst keine ausreichenden Anhaltspunkte für andere Einkünfte darlegen. Ähnlich wie bei Provisionen, würde eine Auskunftspflicht des Klägers hinsichtlich der Höhe von Einnahmen/Gewinn jedoch insbesondere die Darlegung der Beklagten voraussetzen, dass mit den von dem Kläger im November 2014 besuchten Firmen zu einem späteren Zeitpunkt Verträge abgeschlossen wurden. darlegen, die auf eine Tätigkeit des Klägers während des Annahmeverzugs beruhen. Allein der Umstand, dass der Kläger bei Kunden der Beklagten im November 2014 vorstellig geworden ist, besagt noch nichts darüber, ob es dabei zu Geschäftsabschlüssen gekommen ist. Dementsprechend hat der Kläger den Auskunftsanspruch erfüllt.

85

Im Übrigen würde für den Fall, dass allein Zweifel an der Vollständigkeit der Auskunft bestünden, dies kein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten begründen, vielmehr hätte sie dann gegenüber dem Kläger lediglich einen Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung (vgl. BAG 29.7.1993 - 2 AZR 110/93 -, NZA 1994, 116, 118) begründen.

86

6. Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1 BGB.

II.

87

1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Bei der Verteilung der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ist berücksichtigt worden, dass es sich um ein Schlussurteil handelte und der der Kostenentscheidung zugrunde zulegende Streitwert daher u.a. auch den im Teilurteil ausgeurteilten Kündigungsschutzantrag umfasste, so dass mit dem Annahmeverzugslohnanspruch teilweise wirtschaftliche Identität bestand. Bei der Verteilung der Kosten des Berufungsverfahrens war zu berücksichtigen, dass sich das Berufung allein auf die Zahlungsansprüche für September 2014 bis Dezember 2014 bezog, so dass als Verteilungsmaßstab der sich nach dem Berufungsantrag ergebende Streitwert für das Berufungsverfahren in Höhe von 16.362,78 EUR für die Kostenverteilung nach Maßgabe des jeweiligen Obsiegens bzw. Unterliegens gemäß § 92 Abs. 1 ZPO zugrunde zu legen war.

88

2. Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

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wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis, einer Dienstpflicht oder einer Tätigkeit, die anstelle einer gesetzlichen Dienstpflicht geleistet werden kann, bei Ansprüchen von Arbeitnehmern auf wiederkehrende Leistungen sowie in Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen dem Grunde oder der Höhe nach geltend gemacht oder abgewehrt werden, ist der dreifache Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistungen maßgebend, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist. Ist im Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit die Höhe des Jahresbetrags nicht nach dem Antrag des Klägers bestimmt oder nach diesem Antrag mit vertretbarem Aufwand bestimmbar, ist der Streitwert nach § 52 Absatz 1 und 2 zu bestimmen.

(2) Für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend; eine Abfindung wird nicht hinzugerechnet. Bei Rechtsstreitigkeiten über Eingruppierungen ist der Wert des dreijährigen Unterschiedsbetrags zur begehrten Vergütung maßgebend, sofern nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist.

(3) Die bei Einreichung der Klage fälligen Beträge werden dem Streitwert hinzugerechnet; dies gilt nicht in Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen. Der Einreichung der Klage steht die Einreichung eines Antrags auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe gleich, wenn die Klage alsbald nach Mitteilung der Entscheidung über den Antrag oder über eine alsbald eingelegte Beschwerde eingereicht wird.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

Der Gläubiger kommt nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Falle des § 296 zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit außerstande ist, die Leistung zu bewirken.

Ist für die von dem Gläubiger vorzunehmende Handlung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt, so bedarf es des Angebots nur, wenn der Gläubiger die Handlung rechtzeitig vornimmt. Das Gleiche gilt, wenn der Handlung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Handlung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt.

Der Gläubiger kommt nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Falle des § 296 zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit außerstande ist, die Leistung zu bewirken.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. August 2010 - 16 Sa 532/10, 16 Sa 637/10, 16 Sa 1405/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Annahmeverzugsvergütung nach unwirksamer Arbeitgeberkündigung sowie Schadensersatz nach § 717 Abs. 2 ZPO.

2

Der 1959 geborene Kläger, Diplom-Kaufmann mit Lehrbefähigung für die Unterrichtsfächer Sport und Wirtschaftslehre, ist seit Oktober 1998 beim beklagten Land als Lehrer beschäftigt. Er unterrichtete zuletzt an der A-Oberschule im Bezirk C (im Folgenden: OSZ Sozialwesen). Zum 1. August 2006 setzte ihn das beklagte Land an das Oberstufenzentrum Bürowirtschaft und Verwaltung im Bezirk St (OSZ St) um, das der Kläger erstmals am 22. oder 24. August 2006 aufsuchte. Dabei wurde er vom dortigen Schulleiter in die Räumlichkeiten und den Aufgabenbereich eingewiesen. Am 23. August 2006 und vom 25. August bis zum 29. September 2006 meldete sich der Kläger arbeitsunfähig krank.

3

Am 25. August 2006 schrieb der Kläger an die zuständige Senatsverwaltung:

        

„Sehr geehrte Damen und Herren,

        

leider habe ich bis heute auf mein Schreiben vom 31. Juli 2006 an das Referat II D keine Antwort(en) erhalten.

        

Aber dies passt wiederum ins Bild. Diese Umsetzung ist ein Akt von Willkür.

        

…       

        

Ich betrachte das OSZ-Sozialwesen weiterhin als meine aktuelle Dienststelle.

        

(Unter Vorbehalt bin ich am OSZ Bürowirtschaft und Verwaltung in St erschienen.)

        

Da ich anscheinend weiter der Willkür von Vorgesetzten ausgeliefert sein soll, widerspreche ich der Umsetzung ans OSZ St ausdrücklich.

        

Sollte die Umsetzung nicht bis 1. September rückgängig gemacht werden, müssen Sie damit rechnen, dass ich mich selbst vor der Willkür von Vorgesetzten schützen werde, indem ich am OSZ St keinen Unterricht mehr erteile und/oder den Vorgang gerichtlich überprüfen lassen werde.

        

Hochachtungsvoll

        

…“    

4

Nach den Herbstferien (2. bis 14. Oktober 2006) erschien der Kläger nicht im OSZ St. Ab dem 26. Oktober 2006 meldete er sich wiederum arbeitsunfähig krank.

5

Am 31. Oktober 2006 reichte der Kläger beim Arbeitsgericht einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Beschäftigung als Lehrer am OSZ Sozialwesen ein, den er in der mündlichen Verhandlung vom 14. November 2006 zurücknahm. Am 17. November 2006 erhob der Kläger Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der „Versetzung“ an das OSZ St, der das Arbeitsgericht Berlin mit Urteil vom 18. April 2007 - 96 Ca 20973/06 - stattgab. In der Berufungsverhandlung am 2. November 2007 nahm der Kläger nach dem gerichtlichen Hinweis, eine Entscheidung sei kein Präjudiz für einen Kündigungsschutzprozess, auf Vorschlag des Berufungsgerichts (- 13 Sa 1257/07 -) die Klage zurück. Zwischenzeitlich hatte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 6. Februar 2007 wegen Arbeitsverweigerung zum 30. Juni 2007 gekündigt. Die dagegen erhobene, mit einem allgemeinen Weiterbeschäftigungsantrag verbundene Kündigungsschutzklage wies das Arbeitsgericht Berlin mit Urteil vom 12. März 2008 - 60 Ca 3331/07 - ab, das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg gab ihr mit Urteil vom 26. November 2008 - 23 Sa 1175/08 - statt. Am 11. Dezember 2009 nahm der Kläger seine Tätigkeit wieder auf.

6

Nach Ausspruch der ordentlichen Kündigung und nach der erstinstanzlichen Entscheidung im Rechtsstreit über die Wirksamkeit der Umsetzung teilte das beklagte Land dem Kläger mit Schreiben vom 9. August 2007 mit:

        

„Sehr geehrter Herr R,

        

aufgrund der Entscheidung des Arbeitsgerichts werden Sie mit Wirkung vom 1. August 2007 vom OSZ Bürowirtschaft und Verwaltung im Bezirk St (Schul-Nr. 2) mit voller Stundenzahl, zurzeit 26 Wochenstunden, an die A-Oberschule im Bezirk C (Schul-Nr. 5) umgesetzt.

        

Bis zur Rechtskraft des Urteils ist dieser Bescheid vorläufig. Ein endgültiger Bescheid wird dann zu gegebener Zeit erlassen.“

7

Mit der vorliegenden, am 19. Juni 2009 eingereichten Klage hat der Kläger Annahmeverzugsvergütung für die Zeit vom 2. Juli 2007 bis zum 10. Dezember 2008 unter Abzug bezogenen Arbeitslosengelds und erhaltener Leistungen nach dem SGB II geltend gemacht und die Auffassung vertreten, das beklagte Land habe sich aufgrund der unwirksamen Kündigung im streitbefangenen Zeitraum im Annahmeverzug befunden, ohne dass es eines Arbeitsangebots bedurft hätte. Mit der Erhebung der Kündigungsschutzklage habe er zum Ausdruck gebracht, an dem Arbeitsverhältnis festhalten zu wollen und leistungswillig zu sein. Er hat behauptet, ab dem 2. Juli 2007 wieder arbeitsfähig gewesen zu sein.

8

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

1.    

das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger 73.931,64 Euro brutto abzüglich 16.894,54 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den Differenzbetrag ab dem 2. Juli 2009 zu zahlen;

        

2.    

das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter betragsmäßiger und zeitlicher Staffelung bis zum 1. Juli 2009 zu zahlen.

9

Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, nicht in Annahmeverzug geraten zu sein, weil der Kläger bereits vor Ausspruch der Kündigung nicht willens gewesen sei, die ihm wirksam zugewiesene Tätigkeit am OSZ St zu verrichten.

10

In der Berufungsinstanz hat das beklagte Land widerklagend Schadensersatz wegen der Vollstreckung des erstinstanzlichen Urteils geltend gemacht und beantragt,

        

den Kläger zu verurteilen, an das beklagte Land 53.106,26 Euro zuzüglich weiterer 2.719,04 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

11

Der Kläger hat die Abweisung der Widerklage beantragt.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Ausnahme von Annahmeverzugsvergütung für den Monat Juli 2007 stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und auf die Berufung des beklagten Landes die Klage insgesamt abgewiesen sowie der Widerklage stattgegeben. Mit der vom Senat für den Kläger zugelassenen Revision verfolgt dieser seine zuletzt gestellten Anträge weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision des Klägers ist begründet. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann die Klage nicht abgewiesen und der Widerklage nicht stattgegeben werden. Ob und ggf. für welchen Zeitraum der Kläger Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung nach § 615 Satz 1 iVm. § 611 Abs. 1 BGB hat, kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen nicht entscheiden. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht, § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

14

I. Dem Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung steht ein fehlendes Angebot des Klägers nicht entgegen. Nach einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung bedarf es zur Begründung des Annahmeverzugs eines Angebots des Arbeitnehmers nicht (st. Rspr., zuletzt BAG 17. November 2011 - 5 AZR 564/10 - Rn. 13, NZA 2012, 260; 27. August 2008 - 5 AZR 16/08 - Rn. 16 mwN, AP BGB § 615 Nr. 124 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 26). Das beklagte Land hat den Kläger auch nicht - insbesondere nicht mit dem Schreiben vom 9. August 2007 - zur Wiederaufnahme der Arbeit unter unmissverständlicher Klarstellung, es habe zu Unrecht gekündigt, aufgefordert (vgl. dazu BAG 24. September 2003 - 5 AZR 500/02 - zu I der Gründe, BAGE 108, 27; 7. November 2002 - 2 AZR 650/00 - zu B I 1 b der Gründe, AP BGB § 615 Nr. 98 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 1; ErfK/Preis 12. Aufl. § 615 BGB Rn. 67; Schaub/Linck 14. Aufl. § 95 Rn. 60 - jeweils mwN).

15

II. Das beklagte Land hätte sich aber nicht im Annahmeverzug befunden, wenn der Kläger im streitbefangenen Zeitraum nicht leistungsfähig oder leistungswillig war, § 297 BGB.

16

1. Nach dieser Vorschrift kommt der Arbeitgeber nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer außer Stande ist, die Arbeitsleistung zu bewirken. Neben der (tatsächlichen oder rechtlichen) Leistungsfähigkeit umfasst § 297 BGB auch die nicht ausdrücklich genannte Leistungswilligkeit. Dies folgt daraus, dass ein leistungsunwilliger Arbeitnehmer sich selbst außer Stande setzt, die Arbeitsleistung zu bewirken. Die objektive Leistungsfähigkeit und der subjektive Leistungswille sind von dem Leistungsangebot und dessen Entbehrlichkeit unabhängige Voraussetzungen, die während des gesamten Annahmeverzugszeitraums vorliegen müssen (BAG 17. August 2011 - 5 AZR 251/10 - Rn. 15 mwN, EzA BGB 2002 § 615 Nr. 34).

17

2. Der Arbeitgeber hat darzulegen und zu beweisen, dass der Arbeitnehmer zur Leistung objektiv außer Stande oder subjektiv nicht bereit war. Dies ergibt sich aus der Fassung des § 297 BGB(BAG 17. August 2011 - 5 AZR 251/10 - Rn. 17 mwN, EzA BGB 2002 § 615 Nr. 34; vgl. auch ErfK/Preis 12. Aufl. § 615 BGB Rn. 109; Schaub/Linck 14. Aufl. § 95 Rn. 54 f.). Wendet der Arbeitgeber die fehlende Leistungsfähigkeit oder den fehlenden Leistungswillen des Arbeitnehmers im Annahmeverzugszeitraum ein, reicht es zunächst aus, dass er Indizien vorträgt, aus denen hierauf geschlossen werden kann. Sodann ist es Sache des Arbeitnehmers, die Indizwirkung zu erschüttern. Trägt er nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gilt die Behauptung des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer sei während des Verzugszeitraums leistungsunfähig bzw. leistungsunwillig gewesen, als zugestanden. Andernfalls ist der Arbeitgeber für die die fehlende Leistungsfähigkeit bzw. den fehlenden Leistungswillen begründenden Tatsachen beweispflichtig.

18

3. Nach diesen Grundsätzen gilt vorliegend Folgendes:

19

a) Das beklagte Land hat behauptet, der Kläger sei auch über den Ablauf der Kündigungsfrist am 30. Juni 2007 hinaus weiter arbeitsunfähig und damit leistungsunfähig gewesen. Die Koinzidenz zwischen dem Ablauf der Kündigungsfrist und dem behaupteten Ende der Arbeitsunfähigkeit nach einer mehrmonatigen Erkrankung, deren Beginn in engem zeitlichen Zusammenhang mit der vom Kläger als „Akt der Willkür“ empfundenen Umsetzung stand, reicht zur Begründung der Indizwirkung aus (vgl. allg. zur Indizwirkung von Krankheitszeiten BAG 5. November 2003 - 5 AZR 562/02 - zu I 2 a der Gründe, AP BGB § 615 Nr. 106 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 2). Weitergehender Vortrag war dem beklagten Land nicht möglich, weil ihm keine Erkenntnisse zur Erkrankung des Klägers vorliegen. Es ist Sache des Klägers, die Indizwirkung im weiteren Berufungsverfahren zu erschüttern. Lässt er sich zu seiner Erkrankung und deren Ausheilung gerade zum Ablauf der Kündigungsfrist - ggf. unter Entbindung der behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht - nicht substantiiert ein, gilt die Behauptung des beklagten Landes, der Kläger sei während des Verzugszeitraums leistungsunfähig gewesen, als zugestanden, § 138 Abs. 3 ZPO.

20

b) Ob der Kläger im Annahmeverzugszeitraum leistungswillig war, hängt davon ab, an welcher Schule er seine Tätigkeit - die Kündigung hinweggedacht - zu erbringen hatte. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Leistungswille des Klägers müsse sich auf eine Tätigkeit am OSZ St beziehen, wird durch die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht hinreichend getragen.

21

aa) Nach § 297 BGB muss der Arbeitnehmer außer Stande sein, „die Leistung zu bewirken“. Für den Annahmeverzug ist damit ein auf die vertraglich geschuldete Tätigkeit gerichteter Leistungswille erforderlich (vgl. BAG 13. Juli 2005 - 5 AZR 578/04 - zu II 4 b der Gründe, BAGE 115, 216). Ist die geschuldete Arbeitsleistung nur rahmenmäßig umschrieben (hier: „Lehrer“), obliegt es nach § 106 Satz 1 GewO dem Arbeitgeber, den Inhalt der zu leistenden Arbeit näher zu bestimmen(vgl. nur BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09 - Rn. 14, BAGE 134, 296; ErfK/Preis 12. Aufl. § 106 GewO Rn. 2, 11; Schaub/Linck 14. Aufl. § 95 Rn. 25a). Die durch die wirksame Ausübung des Direktionsrechts näher bestimmte Tätigkeit ist die iSv. § 294 BGB zu bewirkende Arbeitsleistung. Auf sie muss sich der Leistungswille des Arbeitnehmers richten.

22

bb) Ob das beklagte Land mit der Umsetzung des Klägers an das OSZ St zum 1. August 2006 ihr Direktionsrecht wirksam ausgeübt hat, kann der Senat aufgrund fehlender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden.

23

(1) Aus dem Rechtsstreit über die Umsetzung kann dafür nichts hergeleitet werden. Wegen der Klagerücknahme im dortigen Verfahren ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen und das zu Gunsten des Klägers ergangene erstinstanzliche Urteil wirkungslos, § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Das Landesarbeitsgericht ist zwar nach eigener Prüfung von der Wirksamkeit der Umsetzung an das OSZ St ausgegangen, seine bisherigen Feststellungen tragen diese Annahme jedoch nicht und lassen den Sachvortrag des Klägers dazu außer Betracht. Der unterstützende Hinweis auf das Berufungsurteil im Kündigungsschutzprozess ist schon deshalb unbehelflich, weil die 23. Kammer des Berufungsgerichts lediglich erkannt hat, die Kündigung wäre auch dann sozial ungerechtfertigt, wenn der Kläger „vom Vortrag des beklagten Landes ausgehend“ wirksam umgesetzt worden sei. Das Landesarbeitsgericht wird deshalb im erneuten Berufungsverfahren der vom Kläger aufgeworfenen Frage nach der Unwirksamkeit der Umsetzung wegen fehlender bzw. fehlerhafter Beteiligung des Personalrats nachzugehen haben. Erweist sich danach die Umsetzung als unwirksam, musste sich der Leistungswille des Klägers (nur) auf die zuvor zugewiesene Tätigkeit am OSZ Sozialwesen richten. Für das Fehlen eines derartigen Leistungswillens hat das beklagte Land keine Indiztatsachen vorgetragen.

24

(2) Entgegen der Auffassung des Klägers ist es allerdings für die Frage des (fehlenden) Leistungswillens unerheblich, ob die Zuweisung der Tätigkeit am OSZ St billigem Ermessen entsprach. Die unbillige Leistungsbestimmung ist nicht nichtig, sondern nur unverbindlich, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB. Entsteht Streit über die Verbindlichkeit, entscheidet nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB das Gericht. Deshalb darf sich der Arbeitnehmer über eine unbillige Ausübung des Direktionsrechts - sofern sie nicht aus anderen Gründen unwirksam ist - nicht hinwegsetzen, sondern muss entsprechend § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB die Gerichte für Arbeitssachen anrufen. Wegen der das Arbeitsverhältnis prägenden Weisungsgebundenheit (vgl. dazu BAG 20. Januar 2010 - 5 AZR 106/09 - Rn. 18 mwN, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 120 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 17) ist der Arbeitnehmer an die durch die Ausübung des Direktionsrechts erfolgte Konkretisierung ua. des Inhalts der Arbeitsleistung vorläufig gebunden, bis durch ein rechtskräftiges Urteil (etwa aufgrund einer Klage auf Beschäftigung mit der früheren Tätigkeit) die Unverbindlichkeit der Leistungsbestimmung feststeht (vgl. zur Gestaltungswirkung des Urteils nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB und der vorläufigen Bindung an die Leistungsbestimmung BAG 16. Dezember 1965 - 5 AZR 304/65 - zu 4 der Gründe, BAGE 18, 54; 28. Juli 2011 - 3 AZR 859/09 - Rn. 32, AP BetrAVG § 16 Nr. 74 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 60; BGH 4. April 2006 - X ZR 122/05 - Rn. 22, BGHZ 167, 139; MünchKommBGB/Gottwald 5. Aufl. § 315 Rn. 45, 47 ff.; Erman/Hager 13. Aufl. § 315 BGB Rn. 22; Palandt/Grüneberg 71. Aufl. § 315 BGB Rn. 16 f. - jeweils mwN; vgl. zur Verbindlichkeit einer Weisung und der möglichen Verpflichtung des Arbeitgebers, einzelne Weisungen wegen eines Gewissenskonflikts des Arbeitnehmers durch Neuausübung des Direktionsrechts zu verändern, BAG 24. Februar 2011 - 2 AZR 636/09 - Rn. 25, EzA KSchG § 1 Personenbedingte Kündigung Nr. 28).

25

cc) Stellt das Landesarbeitsgericht im weiteren Berufungsverfahren die Bindung des Klägers an die Zuweisung der Tätigkeit am OSZ St fest, musste sich sein Leistungswille darauf richten. Ein solcher Wille des Klägers ist nach den bisherigen Feststellungen nicht erkennbar.

26

(1) Der Kläger hatte mit seinem Schreiben vom 25. August 2006 deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er am OSZ St keinen Unterricht erteilen werde, und diese Absicht auch in die Tat umgesetzt. Er ist der Arbeit am OSZ St nach Ende seiner Arbeitsunfähigkeit in der Zeit vom 17. bis zum 25. Oktober 2006 unentschuldigt ferngeblieben, bevor er sich erneut krankmeldete. Dieses Verhalten begründet ein ausreichendes Indiz für den fehlenden Leistungswillen.

27

(2) Die Erhebung der Kündigungsschutzklage und auch der allgemeine Weiterbeschäftigungsantrag entkräften die Indizwirkung nicht. Der Leistungswille ist eine innere Tatsache. Der vor Ausspruch der Kündigung leistungsunwillige, die Arbeit verweigernde Arbeitnehmer muss deshalb einen wieder gefassten Leistungswillen nach außen gegenüber dem Arbeitgeber kundtun. Dazu reicht ein „Lippenbekenntnis“ nicht aus (vgl. BAG 19. Mai 2004 - 5 AZR 434/03 - zu II 2 b bb der Gründe, AP BGB § 615 Nr. 108 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 6). Vielmehr ist es regelmäßig erforderlich, den neu gewonnenen Leistungswillen im Rahmen des Zumutbaren durch ein tatsächliches Arbeitsangebot zu dokumentieren.

28

(3) Die Indizwirkung ist auch nicht durch das Schreiben des beklagten Landes vom 9. August 2007 dadurch entfallen, dass sich der Leistungswille des Klägers wieder auf eine Tätigkeit am OSZ Sozialwesen hätte richten dürfen. Die vorläufige (Rück-)Umsetzung an das OSZ Sozialwesen war lediglich der zwischenzeitlich ergangenen erstinstanzlichen Entscheidung im Rechtsstreit über die Wirksamkeit der Umsetzung geschuldet, der das beklagte Land vorläufig nachkommen wollte. Eine Neuausübung des Direktionsrechts mit der Folge, dass die vom Kläger bei Hinwegdenken der Kündigung zu bewirkende Arbeitsleistung neu bestimmt worden wäre und er wieder am OSZ Sozialwesen unterrichten sollte, war damit nicht verbunden. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers findet seine Grundlage und Rechtfertigung im bestehenden Arbeitsvertrag, seine Ausübung setzt einen solchen voraus. Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordentlich, steht ihm mit Ablauf der Kündigungsfrist ein Weisungsrecht nicht mehr zu. Er kann lediglich dem Arbeitnehmer eine Prozessbeschäftigung anbieten, aus deren Rechtsgrundlage ein auf die Prozessbeschäftigung bezogenes Direktionsrecht erwächst. Dass das beklagte Land mit dem Schreiben vom 9. August 2007 dem Kläger eine Prozessbeschäftigung nicht angeboten hat, steht zwischen den Parteien außer Streit.

29

III. Sofern der Kläger Annahmeverzugsvergütung beanspruchen kann, stehen ihm auch für die Zeit bis zum 1. Juli 2009 Verzugszinsen entgegen dem bisherigen Antrag jeweils nur abzüglich der monatlich erhaltenen Sozialleistungen zu (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 16 mwN, AP BGB § 310 Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 310 Nr. 10).

30

IV. Die Entscheidung über die Widerklage ist abhängig vom Erfolg der Klage.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Reinders    

        

    Ilgenfritz-Donné    

                 

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 11. Februar 2010 - 8 Sa 1395/09 - aufgehoben, soweit es der Berufung des Klägers gegen das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 13. Mai 2009 - 6 Ca 2276/07 - stattgegeben hat, und die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Annahmeverzugsansprüche für die Zeit vom 11. August bis zum 31. Dezember 2007.

2

Der Kläger war seit 1996 als Verpackungsentwickler bei der Beklagten zu einer Monatsvergütung von zuletzt 5.200,00 Euro brutto beschäftigt. Dem Kläger war ein Dienstwagen zur privaten Nutzung überlassen.

3

Mit Schreiben vom 15. Mai 2006 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 30. September 2006 wegen der Alkoholerkrankung des Klägers. Das Arbeitsgericht stellte mit Urteil vom 5. Juni 2007 die Unwirksamkeit der Kündigung fest und verurteilte die Beklagte zur vorläufigen Weiterbeschäftigung des Klägers als Verpackungsentwickler zu unveränderten Bedingungen.

4

Nachdem der Kläger mit Schriftsatz vom 24. Juli 2007 die Zwangsvollstreckung aus dem Weiterbeschäftigungstitel beantragt hatte, teilte ihm die Beklagte mit Schreiben vom 2. August 2007 mit:

        

„Sehr geehrter Herr H,

        

das Arbeitsgericht Bielefeld hat mit Urteil vom 5.6.2007 festgestellt, dass die von uns ausgesprochene Kündigung unwirksam ist. Gleichzeitig wurden wir verurteilt, Sie bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens weiterzubeschäftigen.

        

Sie haben inzwischen durch ihren Anwalt Vollstreckungsmaßnahmen angedroht.

        

Ausschließlich zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung sind wir bereit, Sie urteilsgemäß tatsächlich weiterzubeschäftigen. Die Weiterbeschäftigung erfolgt nur bis zum Tage der Entscheidung des LAG, da wir davon ausgehen, dass die Entscheidung des Arbeitsgerichts Bielefeld aufgehoben wird.

        

Die Vergütung erfolgt ausschließlich nach den arbeitsrechtlichen Regeln der erzwungenen Weiterbeschäftigung.

        

Wir fordern Sie hiermit auf, am 07.08.2007 um 10:00 Uhr bei Herrn Dr. S zu erscheinen. Er wird ihnen dann Ihren Arbeitsplatz zuweisen.“

5

Daraufhin erklärte der Kläger mit Schriftsatz vom 6. August 2007 den Zwangsgeldantrag für erledigt. Mit Faxschreiben vom 7. August 2007 teilte er der Beklagten mit, er werde an diesem Tag nicht um 10:00 Uhr erscheinen, um sich seinen Arbeitsplatz zuweisen zu lassen. Mit Schriftsatz vom 20. August 2007 ließ er vortragen, er sei zum Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses arbeitswillig, aber - unstreitig - vom 2. bis zum 10. August 2007 arbeitsunfähig krank gewesen. Die Arbeit nahm er nicht auf.

6

Mit Schreiben vom 28. August 2007 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich krankheitsbedingt zum 31. Dezember 2007. Hiergegen erhob der Kläger Kündigungsschutzklage.

7

Das Landesarbeitsgericht wies durch Urteil vom 29. Januar 2008 die Berufung der Beklagten hinsichtlich des Kündigungsschutzantrags betreffend die Kündigung vom 15. Mai 2006 zurück und gab ihr hinsichtlich des Weiterbeschäftigungsantrags statt.

8

Das Arbeitsgericht stellte mit Teilurteil vom 21. Mai 2008 die Unwirksamkeit der Kündigung vom 28. August 2007 fest und verurteilte die Beklagte erneut zur vorläufigen Weiterbeschäftigung und zur Zahlung restlicher Vergütung. Am Ende des Kammertermins vor dem Arbeitsgericht am 21. Mai 2008 forderte die Beklagte den Kläger zur Weiterarbeit auf. Daraufhin berief sich der Kläger erstmals auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen rückständiger Vergütung. Die Beklagte legte nur hinsichtlich der Zahlungsansprüche Berufung ein. Der Kläger nahm die Arbeit wiederum nicht auf und kündigte selbst das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 2010.

9

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe sich im Annahmeverzug befunden. Die Wiederaufnahme der Arbeit sei nicht zumutbar gewesen.

10

Der Kläger hat - soweit in der Revision von Interesse - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 25.327,22 Euro brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengelds iHv. 9.909,58 Euro nebst Zinsen zu zahlen.

11

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und Leistungsunwilligkeit des Klägers eingewandt. Im Übrigen habe er durch die Nichtaufnahme der Arbeit böswillig seine Erwerbsobliegenheit verletzt.

12

Das Arbeitsgericht hat die Zahlungsklage für den noch streitigen Zeitraum abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr auf die Berufung des Klägers stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Zurückweisung der Berufung des Klägers.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung des Klägers zu Unrecht stattgegeben. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Kläger für die Zeit vom 11. August bis zum 31. Dezember 2007 keine Zahlungen beanspruchen kann.

14

I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von Vergütung gemäß § 615 Satz 1 iVm. § 611 Abs. 1 BGB. Die Beklagte befand sich nicht im Annahmeverzug, denn der Kläger war in der streitbefangenen Zeit nicht leistungswillig, § 297 BGB.

15

1. Die in § 297 BGB nicht ausdrücklich genannte Voraussetzung der Leistungswilligkeit folgt daraus, dass ein leistungsunwilliger Arbeitnehmer sich selbst außer Stande setzt, die Arbeitsleistung zu bewirken. Der subjektive Leistungswille ist eine von dem Leistungsangebot und dessen Entbehrlichkeit unabhängige Voraussetzung, die während des gesamten Verzugszeitraums vorliegen muss (vgl. BAG 24. September 2003 - 5 AZR 591/02 - zu B I der Gründe, EzA BGB 2002 § 615 Nr. 5; 19. Mai 2004 - 5 AZR 434/03 - AP BGB § 615 Nr. 108 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 6).

16

2. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist der Anwendungsbereich des § 297 BGB nicht auf den Fall beschränkt, in dem der Arbeitnehmer bereits vor einer Kündigung leistungsunwillig war. Die Nichtaufnahme einer vom Arbeitgeber angebotenen Beschäftigung kann nicht nur zur Anrechnung böswillig nicht erzielten Verdienstes gemäß § 615 Satz 2 BGB, § 11 Nr. 1 und Nr. 2 KSchG führen. Vielmehr kann sie den Annahmeverzug des Arbeitgebers gänzlich entfallen lassen (BAG 13. Juli 2005 - 5 AZR 578/04 - BAGE 115, 216; MünchKommBGB/Henssler 5. Aufl. § 615 Rn. 42; ErfK/Preis 11. Aufl. § 615 BGB Rn. 47; aA Boemke JuS 2006, 287, 288; KR/Spilger 9. Aufl. § 11 KSchG Rn. 24). Die vom Landesarbeitsgericht angenommene Eingrenzung lässt sich weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck des § 297 BGB entnehmen. § 297 BGB bestimmt schlicht, dass der Gläubiger dann nicht in Verzug kommt, wenn der Schuldner außerstande ist (oder sich außerstande gesetzt hat), die Leistung zu bewirken. Dies gilt unabhängig davon, ob eine Kündigung seitens des Gläubigers ausgesprochen worden ist oder nicht. § 297 BGB lässt den Annahmeverzug im Fall der Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers entfallen und ist auch in diesem Anwendungsbereich nicht auf die Leistungsunfähigkeit vor einer Kündigung beschränkt. Der Rückschluss auf einen fehlenden Leistungswillen anlässlich der Nichtaufnahme einer vom Arbeitgeber angebotenen Arbeit lässt den Anwendungsbereich der § 615 Satz 2 BGB, § 11 Nr. 2 KSchG nicht entfallen. Er ist nur dann zulässig, wenn der Arbeitnehmer ein Angebot des Arbeitgebers ablehnt, das trotz Aufrechterhaltung der Kündigung auf eine Weiterbeschäftigung zu unveränderten Bedingungen gerichtet und dessen Annahme auch sonst zumutbar ist. Bei einer reinen Anrechnung bleibt es hingegen, wenn entweder das böswillige Unterlassen eines Zwischenerwerbs bei einem anderen Arbeitgeber oder als Selbständiger in Rede steht oder die Beschäftigungsmöglichkeit bei dem Arbeitgeber besteht, der sich mit der Annahme der Dienste in Verzug befindet (BAG 24. September 2003 - 5 AZR 500/02 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 108, 27; 16. Juni 2004 - 5 AZR 508/03 - BAGE 111, 123) und dieser eine zwar nicht vertragsgemäße, jedoch gleichwohl zumutbare Beschäftigung (vgl. BAG 7. Februar 2007 - 5 AZR 422/06 - Rn. 16, BAGE 121, 133) angeboten hat.

17

3. Der Arbeitgeber hat darzulegen und zu beweisen, dass der Arbeitnehmer zur Leistung objektiv außerstande oder subjektiv nicht zur Leistung bereit ist. Dies ergibt sich aus der Fassung des § 297 BGB(zum fehlenden Leistungswillen, BAG 6. November 1986 - 2 AZR 744/85 - zu II 3 a der Gründe, RzK I 13b Nr. 4; zum Unvermögen, 23. Januar 2008 - 5 AZR 393/07 - Rn. 13, EzA BGB 2002 § 615 Nr. 22; 5. November 2003 - 5 AZR 562/02 - zu I 2 a der Gründe, AP BGB § 615 Nr. 106 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 2). Der Leistungswille ist eine innere Tatsache. Dass eine Partei eine innere Tatsache zu beweisen hat und die Führung dieses Beweises Schwierigkeiten bereitet, führt nicht zur Beweislastumkehr, sondern zur Modifizierung der Darlegungslast. Wendet der Arbeitgeber fehlenden Leistungswillen des Arbeitnehmers im Annahmeverzugszeitraum ein, reicht es aus, dass er Indizien vorträgt, aus denen hierauf geschlossen werden kann. In Betracht kommt insbesondere die Nichtaufnahme der Arbeit nach erfolgreichem Betreiben der Zwangsvollstreckung aus einem Weiterbeschäftigungstitel. Hat der Arbeitgeber solche Indizien vorgetragen oder sind sie unstreitig, ist es Sache des Arbeitnehmers, diese Indizwirkung zu erschüttern. Trägt er dazu nichts vor, gilt die Behauptung des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer sei während des Verzugszeitraums leistungsunwillig gewesen, gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden(vgl. BAG 5. November 2003 - 5 AZR 562/02 - aaO).

18

4. Das Landesarbeitsgericht hat offen gelassen, ob der Kläger im Klagezeitraum leistungswillig war. Doch belegen bereits die unstreitigen Tatsachen, dass der Leistungswille des Klägers fehlte.

19

a) Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 5. Juni 2007 die Unwirksamkeit der Kündigung vom 15. Mai 2006 festgestellt und auf Antrag des Klägers die Beklagte zur vorläufigen Weiterbeschäftigung des Klägers als Verpackungsentwickler zu unveränderten Bedingungen verurteilt. Nachdem der Kläger mit Schriftsatz vom 24. Juli 2007 die Zwangsvollstreckung aus dem Weiterbeschäftigungstitel beantragt hatte, erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 2. August 2007 ihre Bereitschaft, den Kläger „urteilsgemäß“ zu beschäftigen, und forderte ihn zur Arbeitsaufnahme auf. Mit Faxschreiben vom 7. August 2007 teilte der Kläger der Beklagten jedoch ohne nähere Begründung mit, er werde an diesem Tag nicht erscheinen, um sich seinen Arbeitsplatz zuweisen zu lassen.

20

Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat, beinhaltete das Angebot der Beklagten eine tatsächliche Weiterbeschäftigung als Verpackungsentwickler bei unveränderten Bedingungen. Dieses Angebot war dem Kläger schon deshalb zumutbar, weil er durch die Erwirkung des Titels sowie die eingeleitete Zwangsvollstreckung selbst die Zumutbarkeit einer „urteilsgemäßen“ Weiterbeschäftigung zu erkennen gegeben hatte. Angesichts der eingeleiteten Zwangsvollstreckung aus dem erstrittenen Weiterbeschäftigungstitel hätte der Kläger konkret begründen müssen, warum ihm die Weiterbeschäftigung nicht mehr zumutbar war (vgl. BAG 24. September 2003 - 5 AZR 500/02 - zu II 3 b cc der Gründe, BAGE 108, 27). An der Bereitschaft der Beklagten zur urteilsgemäßen Beschäftigung hatte - seinerzeit - offenbar auch der Kläger keine Zweifel. Ansonsten hätte er nicht erklärt, dass sich der Zwangsgeldantrag durch das Schreiben der Beklagten vom 2. August 2007 „erledigt“ habe und der zunächst zulässige und begründete Vollstreckungsantrag unbegründet geworden sei, weil die Beklagte begonnen habe, das Weiterbeschäftigungsurteil „zu achten“. Der Kläger ist dem Angebot nicht nachgekommen.

21

b) Der Kläger hat keine Umstände vorgetragen, die die Indizwirkung der genannten Tatsachen erschüttern.

22

aa) Der Kläger war zwar am 7. August 2007 arbeitsunfähig. Jedoch hat er diesen vorübergehenden Hinderungsgrund zunächst gar nicht benannt und auch mit Schriftsatz vom 20. August 2007 nur erklären lassen, dass er zum Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses arbeitswillig, vom 2. bis zum 10. August 2007 arbeitsunfähig gewesen sei. Anstalten zu einer Arbeitsaufnahme hat er trotz zwischenzeitlicher Genesung weiterhin nicht gemacht, obwohl das Angebot der Beklagten zeitlich unbefristet war.

23

bb) Der Leistungswille ist nicht zu einem späteren Zeitpunkt wieder eingetreten. Der Kläger hat keine Tatsachen vorgetragen, welche den Schluss zuließen, dass er nach Ablehnung des Weiterbeschäftigungsangebots seinen Leistungswillen zu einem späteren Zeitpunkt vor Ablauf des 31. Dezember 2007 wiederhergestellt habe (vgl. BAG 13. Juli 2005 - 5 AZR 578/04 - BAGE 115, 216). Es ist nicht erkennbar, dass die im Laufe des Rechtsstreits zur Unzumutbarkeit der Tätigkeit nachgeschobenen Gründe im Zusammenhang mit seinem Leistungswillen im Klagezeitraum standen.

24

(1) Der Kläger hat nicht vorgetragen, dass er die angebotene Beschäftigung wegen der Einstellung eines weiteren Verpackungsentwicklers nicht aufgenommen habe. Der Kläger hat weder dargelegt, wann er von der „Doppelbesetzung“ Kenntnis erlangte, noch dass er im Klagezeitraum überhaupt von seiner Versetzung iSd. § 95 Abs. 3 BetrVG ausgehen musste und die Weiterbeschäftigung ohne Beteiligung des Betriebsrats gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG für unzumutbar erachtet hatte. Zwar handelt der Arbeitnehmer nicht böswillig iSv. § 11 Nr. 2 KSchG, wenn er einer ohne Beteiligung des Betriebsrats ausgesprochenen Versetzung keine Folge leistet(vgl. BAG 7. November 2002 - 2 AZR 650/00 - zu B I 2 c cc der Gründe, AP BGB § 615 Nr. 98 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 1). Jedoch hat der Kläger diesen angeblichen Unzumutbarkeitsgrund erst im Verlauf des Rechtsstreits über die Annahmeverzugsvergütung nachgeschoben. Von einer fehlenden Zustimmung des Betriebsrats zu einer geplanten Versetzung ist in keinem bis zum 31. Dezember 2007 eingereichten Schriftsatz des Klägers die Rede. Hätte der Kläger damals angenommen, dass seiner Weiterbeschäftigung irgendwelche Hinderungsgründe „aus der Sphäre der Beklagten“ entgegenstünden, wäre auch kein Raum für eine Erledigungserklärung gewesen. Zudem konnte der Kläger nicht davon ausgehen, dass er überhaupt versetzt oder vertragswidrig habe beschäftigt werden sollen.

25

(2) Der Ausspruch der Folgekündigung vom 28. August 2007 belegt keine Wiederherstellung des Leistungswillens des Klägers. Im Übrigen galt das Angebot der Beklagten trotz des Ausspruchs der Folgekündigung für den Streitzeitraum, dh. bis zum 31. Dezember 2007, fort. Der Leistungswille des Klägers wurde auch nicht durch die Kündigungsschutzklage ersetzt. Ohne den ernstlichen Willen des Arbeitnehmers, die angebotene Leistung zu erbringen, sind tatsächliche und wörtliche Angebote unbeachtlich (vgl. BAG 19. Mai 2004 - 5 AZR 434/03 - AP BGB § 615 Nr. 108 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 6).

26

II. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Entschädigung für die entgangene private Nutzung eines Dienstfahrzeugs. Ohne Vergütungsanspruch bestand auch kein Anspruch auf Überlassung des Dienstfahrzeugs zur privaten Nutzung (vgl. BAG 11. Oktober 2000 - 5 AZR 240/99 - zu A II 1 b der Gründe, BAGE 96, 34; 14. Dezember 2010 - 9 AZR 631/09 - Rn. 14, NZA 2011, 569).

27

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 und § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Zoller    

        

    S. Röth-Ehrmann    

                 

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 20. September 2011 - 7 Sa 1318/11 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 9. Juni 2011 - 3 Ca 422/11 - teilweise abgeändert.

3. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

4. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Differenzvergütung unter dem Gesichtspunkt des equal pay.

2

Die 1959 geborene Klägerin war - nach vorhergehender Arbeitslosigkeit - vom 4. Mai 2009 bis zum 30. Juni 2010 bei der Beklagten, die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betreibt, beschäftigt und der B KG in B für Montagearbeiten überlassen. Die Klägerin erhielt bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von 35 Wochenstunden einen Bruttostundenlohn von zunächst 6,00 Euro, ab 1. Juli 2009 von 6,15 Euro. Außerdem zahlte die Beklagte für Überstunden einen Zuschlag von 25 %, eine Fahrtkostenerstattung iHv. 12,00 Euro pro Arbeitstag und ab Dezember 2009 einen monatlichen Zuschuss zu vermögenswirksamen Leistungen iHv. 13,50 Euro brutto.

3

Dem Arbeitsverhältnis lag ein Formulararbeitsvertrag vom 30. April 2009 zugrunde, in dem es ua. heißt:

        

㤠1 Tarifliche Bestimmungen

        

Die Rechte und Pflichten dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) geschlossenen Tarifverträgen, bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifverträgen sowie etwaigen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen, in ihrer jeweils gültigen Fassung. Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied einer Gewerkschaft der in Satz 1 genannten Tarifgemeinschaft ist.

        

Soweit der Mitarbeiter nicht tarifgebunden ist, vereinbaren die Parteien, dass die Bestimmungen der in Abs. 1 genannten Tarifverträge den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages vorgehen. Dies gilt nicht, soweit die in Abs. 1 genannten Tarifverträge eine solche Abweichung ausdrücklich zulassen oder sich aus den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages eine für den Mitarbeiter günstigere Regelung ergibt. Insoweit gilt § 4 Abs. 3 Tarifvertragsgesetz, insbesondere für die Durchführung des Günstigkeitsvergleichs gemäß Satz 2 entsprechend.

        

Sollten die in Abs. 1 genannten Tarifverträge gekündigt werden oder auf andere Weise ihre Gültigkeit verlieren, ohne dass neue, zwischen diesen Tarifvertragsparteien abgeschlossene Tarifverträge an ihre Stelle treten, bestimmen sich die Rechte und Pflichten der Parteien des Arbeitsvertrages nach den in Abs. 1 genannten Tarifverträgen in der zuletzt zwischen den Tarifvertragsparteien vereinbarten Fassung.

        

...     

        

§ 2 Vertragsgegenstand

        

…       

        

Der Mitarbeiter wird für folgende Tätigkeit eingestellt:

        

Zeitarbeiterin

        

Diese Tätigkeit umfasst folgende Aufgabenbereiche:

        

allgemeine Montagearbeiten gem. Einsatzmitteilung

        

Für ihre Ausübung ist folgende Qualifikation erforderlich:

        

keine 

        

…       

        

§ 6 Vergütung

        

Gemäß der in § 2 genannten Tätigkeitsbezeichnung wird der Mitarbeiter in Entgeltgruppe E 1 gemäß des in § 1 Abs. 1 genannten Entgeltrahmentarifvertrags eingruppiert.

        

Der Mitarbeiter erhält

        

ein tarifliches Entgelt, dessen Höhe sich nach den Bestimmungen der in § 1 Abs. 1 genannten Tarifverträge bemisst (tarifliches Entgelt). Der Stundenlohn beträgt danach derzeit 6,00 € brutto.

        

…       

        

Bei auswärtigen Einsätzen können unter Beachtung der jeweils gültigen gesetzlichen Bestimmungen je nach Einsatzort arbeitstägliche Zuschüsse für Fahrgeld, Verpflegung oder Übernachtung (Aufwandserstattung) gewährt werden. Maßgebend ist die Entfernung des Arbeitsortes vom Wohnort oder der Betriebsstätte, das genutzte Verkehrsmittel und die ggf. erforderliche Unterbringung am Arbeitsort. Solche Zuschüsse werden nur gezahlt, wenn und soweit es sofort zwischen der D - GmbH und dem Mitarbeiter schriftlich vereinbart worden ist.

        

…       

        

Lohnabrechnungszeitraum ist der Kalendermonat. Die Lohnabrechnung und -zahlung ist zum 21. Kalendertag des folgenden Monats fällig. Die Zahlung erfolgt bargeldlos, wofür der Mitarbeiter der D - GmbH ein Bankkonto anzugeben hat.

        

…       

        

§ 14 Ausschlussfristen

        

Die Parteien vereinbaren hiermit ausdrücklich einzelvertraglich unabhängig von der Geltung eines Tarifvertrages und der einzelvertraglichen Bezugnahme eines Tarifvertrages im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses folgendes:

        

Ansprüche der Vertragsparteien aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, sind ausgeschlossen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden. Satz 1 gilt nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden.

        

Lehnt die andere Vertragspartei die Erfüllung des Anspruchs schriftlich ab, oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach Ablehnung oder Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.

        

…“    

4

Am 6. April 2010 schlossen die Parteien rückwirkend zum 1. Januar 2010 eine von der Beklagten vorformulierte Änderungsvereinbarung, die auszugsweise lautet:

        

㤠1 Tarifliche Bestimmungen

        

(Änderung des Absatzes 1)

        

Die Rechte und Pflichten dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP), der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM), der DHV - die Berufsgewerkschaft e.V. (DHV), dem Beschäftigtenverband Industrie, Gewerbe, Dienstleistung (BIGD), dem Arbeitnehmerverband land- und ernährungswirtschaftlicher Berufe (ALEB) sowie medsonet. Die Gesundheitsgewerkschaft (medsonet) geschlossenen Tarifverträgen, derzeit bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifverträgen sowie etwaigen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen, in ihrer jeweils gültigen Fassung. Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied einer der in Satz 1 genannten Gewerkschaften oder der Tarifgemeinschaft ist.“

5

Ab 1. Juli 2010 wurde die Klägerin von der B KG in ein befristetes Arbeitsverhältnis übernommen und erhielt bei einer Arbeitszeit von 35 Wochenstunden ein Bruttomonatsgehalt von 1.948,00 Euro. Außerdem sollten die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg Anwendung finden.

6

Mit der am 8. März 2011 eingereichten und der Beklagten am 11. März 2011 zugestellten Klage hat die Klägerin zuletzt für den Zeitraum 15. Juni 2009 bis 30. Juni 2010 unter Berufung auf § 10 Abs. 4 AÜG die Differenz zwischen der von der Beklagten erhaltenen Vergütung und dem Arbeitsentgelt, das die Entleiherin im Streitzeitraum vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt hat, verlangt und geltend gemacht, die einzelvertragliche Ausschlussfrist habe erst mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP zu laufen begonnen.

7

Die Klägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 14.809,29 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. März 2011 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die fehlende Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung führe nur zur Unwirksamkeit vollzogener Tarifverträge ex nunc, zumindest habe sie auf die Wirksamkeit der von der CGZP geschlossenen Tarifverträge vertrauen dürfen. Ab dem 1. Januar 2010 habe sie aufgrund der Inbezugnahme des mehrgliedrigen Tarifvertrags zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP), der CGZP und einer Reihe von christlichen Arbeitnehmervereinigungen vom 15. März 2010 von dem Gebot der Gleichbehandlung abweichen dürfen. Schließlich seien Ansprüche der Klägerin wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung nach der vertraglichen Ausschlussfristenregelung verfallen.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit sie in die Revisionsinstanz gelangt ist - stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht zurückgewiesen. Die Klage ist unbegründet.

11

A. In Höhe eines Teilbetrags von 1.365,74 Euro brutto ist die Klage bereits nach der eigenen Berechnung der Klägerin unbegründet. Die Vorinstanzen haben ihr zwar 14.809,29 Euro brutto zugesprochen. Doch hat die Klägerin in der Revisionserwiderung ihre Forderung auf 13.443,55 Euro brutto neu berechnet und ausgeführt, es sei mit der Klage irrtümlich zu viel gefordert und „so auch überhöht ausgeurteilt worden“. Prozessuale Konsequenzen hat sie daraus nicht gezogen.

12

B. Im Übrigen war die Beklagte nach § 10 Abs. 4 AÜG verpflichtet, der Klägerin für die Zeit der Überlassung an die B KG das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, wie es die Entleiherin ihren Stammarbeitnehmern gewährt(I.). Der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt ist aber aufgrund der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung verfallen, weil ihn die Klägerin nicht rechtzeitig gegenüber der Beklagten geltend gemacht hat (II.).

13

I. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz verpflichtet den Verleiher, dem Leiharbeitnehmer das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, das der Entleiher vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt („equal pay“). Von diesem Gebot der Gleichbehandlung erlaubt das AÜG ein Abweichen durch Tarifvertrag, wobei im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen arbeitsvertraglich vereinbaren können (§ 9 Nr. 2 AÜG) mit der Folge, dass der Entleiher grundsätzlich nur das tariflich vorgesehene Arbeitsentgelt gewähren muss (§ 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG). Eine solche zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen. § 1 des ursprünglichen Arbeitsvertrags(fortan: Arbeitsvertrag) verweist auf unwirksame Tarifverträge, mit § 1 des Arbeitsvertrags idF der Änderungsvereinbarung vom 6. April 2010 (fortan: Arbeitsvertrag 2010) werden die dort genannten Tarifverträge nicht wirksam in Bezug genommen.

14

1. Das Gebot der Gleichbehandlung ist bindend. § 10 Abs. 4 AÜG verstößt insoweit weder gegen Grundrechte noch gegen Unionsrecht.

15

a) § 10 Abs. 4 AÜG verletzt die Koalitionsfreiheit der Arbeitgeberverbände ebenso wenig wie die Berufsfreiheit der Verleihunternehmen. Das hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden (BVerfG 29. Dezember 2004 - 1 BvR 2283/03 ua. -). Entgegen der Auffassung der Revision gilt im Hinblick auf die kollektive Koalitionsfreiheit der in der Leiharbeitsbranche tätigen Arbeitnehmervereinigungen und die individuelle Koalitionsfreiheit der Leiharbeitnehmer nichts anderes.

16

Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistet einer Arbeitnehmerkoalition deren Bildung, Bestand und Betätigung, wobei letztere alle koalitionsspezifischen Verhaltensweisen umfasst(vgl. BVerfG 6. Februar 2007 - 1 BvR 978/05 - Rn. 21 ff.; BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 111). Zu der koalitionsmäßigen Betätigung gehört auch die Tarifautonomie als das Recht, Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen mit der Arbeitgeberseite auszuhandeln. In diesen Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG greift das Gebot der Gleichbehandlung nicht ein, weil die Tariföffnungsklausel es den Koalitionen ermöglicht, für ihre Mitglieder verbindliche abweichende Regelungen zu treffen. Das Bestreben der Arbeitgeberseite, über für sie wirtschaftlich günstigere tarifliche Regelungen dem Gebot der Gleichbehandlung nicht nachkommen zu müssen, wird es einer Arbeitnehmerkoalition in der Arbeitnehmerüberlassungsbranche eher erleichtern als erschweren, Tarifverträge auszuhandeln. Zudem wäre ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG wegen der damit vom Gesetzgeber verfolgten Zwecke nicht nur gegenüber Arbeitgeber-, sondern auch gegenüber Arbeitnehmerkoalitionen verfassungsrechtlich gerechtfertigt(vgl. dazu im Einzelnen: BVerfG 29. Dezember 2004 - 1 BvR 2283/03 ua. - zu C II 3 b der Gründe).

17

Die Koalitionsfreiheit umfasst als individuelles Freiheitsrecht auch das Recht des Einzelnen, sich einer Koalition anzuschließen. Ein - feststellbarer - Druck auf Leiharbeitnehmer zum Austritt aus bzw. zum Nichteintritt in eine Arbeitnehmerkoalition geht von § 10 Abs. 4 AÜG nicht aus. Ist der Verleiher bereit, dem Leiharbeitnehmer ein Arbeitsentgelt zu zahlen, so wie es der Entleiher seinen Stammarbeitnehmern gewährt, kann dies unbeschadet einer Tarifbindung arbeitsvertraglich wirksam (§ 4 Abs. 3 TVG) vereinbart werden.

18

b) Ob Art. 5 der Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit (fortan: RL) hinsichtlich des Arbeitsentgelts von der Ermächtigungsgrundlage des Art. 153 AEUV(ex Art. 137 EGV) gedeckt ist, kann dahingestellt bleiben. Dem nationalen Gesetzgeber bleibt es unbenommen, über die in Art. 5 RL vorgesehenen Maßnahmen hinauszugehen. Eine Vorlage der in der Revision aufgeworfenen Frage nach der Reichweite des Art. 5 RL an den Gerichtshof der Europäischen Union hatte mangels Entscheidungserheblichkeit zu unterbleiben(vgl. BVerfG 29. Mai 2012 - 1 BvR 3201/11 - Rn. 21 ff.).

19

2. Das Gebot der Gleichbehandlung nach § 10 Abs. 4 Satz 1 und Satz 4 AÜG wird nicht gemäß § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG durch Bezugnahme auf von der CGZP abgeschlossene Tarifverträge(§ 1 Arbeitsvertrag in der ursprünglichen Fassung) ausgeschlossen. Die CGZP konnte keine wirksamen Tarifverträge schließen.

20

a) Nach den Entscheidungen des Ersten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Dezember 2010 (- 1 ABR 19/10 - BAGE 136, 302), dem Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Januar 2012 (- 24 TaBV 1285/11 ua. -) sowie der Zurückweisung der hiergegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde (BAG 22. Mai 2012 - 1 ABN 27/12 -) ist rechtskräftig und mit bindender Wirkung gegenüber jedermann festgestellt, dass die CGZP seit ihrer Gründung und jedenfalls bis zum 14. Dezember 2010 nicht tariffähig war (vgl. BAG 23. Mai 2012 - 1 AZB 58/11 - Rn. 12; 23. Mai 2012 - 1 AZB 67/11 - Rn. 7). Ob die Rechtskraftwirkung der genannten Entscheidungen durch die zum 30. April 2011 erfolgte Einfügung von § 3a AÜG durch Art. 1 Nr. 6 des Ersten Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes - Verhinderung von Missbrauch der Arbeitnehmerüberlassung vom 28. April 2011 (BGBl. I S. 642) wieder entfallen ist (so etwa Lützeler/Bissels DB 2011, 1636; Lembke NZA 2011, 1062), kann entgegen der Auffassung der Revision dahingestellt bleiben. § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG setzen einen zum Zeitpunkt der arbeitsvertraglichen Vereinbarung und während der Dauer des Arbeitsverhältnisses wirksamen Tarifvertrag voraus(hM, vgl. nur Schüren in Schüren/Hamann AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 102; Mengel in Thüsing AÜG 3. Aufl. § 9 Rn. 39; Boemke/Lembke AÜG 2. Aufl. § 9 Rn. 120).

21

b) Fehlt einer Tarifvertragspartei die Tariffähigkeit, kann sie allenfalls eine Kollektivvereinbarung ohne normative Wirkung, aber keinen Tarifvertrag iSd. § 1 Abs. 1 TVG abschließen(zur fehlenden Tarifzuständigkeit: BAG 17. April 2012 - 1 ABR 5/11 - Rn. 69). Trotz fehlender Tariffähigkeit abgeschlossene „Tarifverträge“ sind deshalb von Anfang an unwirksam (BAG 15. November 2006 - 10 AZR 665/05 - Rn. 21 mwN, BAGE 120, 182; 27. November 1964 - 1 ABR 13/63 - zu B I der Gründe, BAGE 16, 329; ErfK/Franzen 13. Aufl. § 2 TVG Rn. 5; Schaub/Treber Arbeitsrechts-Handbuch 14. Aufl. § 198 Rn. 4). Davon geht auch § 97 Abs. 5 ArbGG aus. Die gesetzliche Anordnung, einen Rechtsstreit, der davon abhängt, ob eine Vereinigung tariffähig oder deren Tarifzuständigkeit gegeben ist, bis zur Erledigung des Beschlussverfahrens nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG auszusetzen, wäre sinnlos, wenn die fehlende Tariffähigkeit oder die fehlende Tarifzuständigkeit lediglich zu einer Unwirksamkeit des Tarifvertrags ex nunc führen würde. Dementsprechend wird in dem als besonderes Beschlussverfahren ausgestalteten Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG nicht eine ursprünglich bestehende Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit „abgesprochen“, sondern lediglich das Fehlen der Fähigkeit oder der Zuständigkeit zum Abschluss eines Tarifvertrags festgestellt.

22

c) Die These vom fehlerhaften Tarifvertrag (HWK/Henssler 5. Aufl. § 1 TVG Rn. 21a), die in Anlehnung an die Regeln der fehlerhaften Gesellschaft und des fehlerhaften Arbeitsverhältnisses zur Vermeidung einer Rückabwicklung die Unwirksamkeit vollzogener Tarifverträge ex nunc annimmt, ist bei der Vereinbarung tariflicher Regelungen gemäß § 9 Nr. 2 AÜG ungeeignet. Denn es geht in diesem Falle nicht um die Rückabwicklung vollzogener Tarifverträge, sondern um die Rechtsfolge des Scheiterns einer vom Gesetz nach § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG eröffneten Gestaltungsmöglichkeit. Dabei muss nichts rückabgewickelt werden. Der Arbeitnehmer behält die bezogene Vergütung aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung und erwirbt darüber hinaus nach § 10 Abs. 4 AÜG einen Anspruch auf die Differenz zu dem Entgelt, das er erhalten hätte, wenn das Gebot der Gleichbehandlung von Anfang an beachtet worden wäre. Dazu räumt § 13 AÜG dem Leiharbeitnehmer einen Auskunftsanspruch gegenüber dem Entleiher ein.

23

d) Ein etwaiges Vertrauen der Verleiher in die Tariffähigkeit der CGZP ist nicht geschützt.

24

Der aus Art. 20 Abs. 3 GG hergeleitete Grundsatz des Vertrauensschutzes kann es, obwohl höchstrichterliche Urteile kein Gesetzesrecht sind und keine vergleichbare Rechtsbindung erzeugen, gebieten, einem durch gefestigte Rechtsprechung begründeten Vertrauenstatbestand erforderlichenfalls durch Bestimmungen zur zeitlichen Anwendbarkeit einer geänderten Rechtsprechung oder Billigkeitserwägungen im Einzelfall Rechnung zu tragen(BVerfG 15. Januar 2009 - 2 BvR 2044/07 - Rn. 85, BVerfGE 122, 248; vgl. dazu auch BAG 19. Juni 2012 - 9 AZR 652/10 - Rn. 27 mwN). Die Entscheidungen zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP waren nicht mit einer Rechtsprechungsänderung verbunden. Weder das Bundesarbeitsgericht noch Instanzgerichte haben in dem dafür nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 iVm. § 97 ArbGG vorgesehenen Verfahren jemals die Tariffähigkeit der CGZP festgestellt. In der von der Revision angezogenen Entscheidung (BAG 24. März 2004 - 5 AZR 303/03 - zu I 2 c cc der Gründe, BAGE 110, 79) hat der Senat bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit der Vergütung eines Leiharbeitnehmers zwar auch einen von der CGZP abgeschlossenen Entgelttarifvertrag herangezogen, eine Feststellung von deren Tariffähigkeit war damit aber nicht verbunden. Die bloße Erwartung, das Bundesarbeitsgericht werde eine von ihm noch nicht geklärte Rechtsfrage in einem bestimmten Sinne, etwa entsprechend im Schrifttum geäußerter Auffassungen, entscheiden, vermag einen Vertrauenstatbestand nicht zu begründen (Koch SR 2012, 159, 161 mwN).

25

Ein dennoch von Verleihern möglicherweise und vielleicht aufgrund des Verhaltens der Bundesagentur für Arbeit oder sonstiger Stellen entwickeltes Vertrauen in die Tariffähigkeit der CGZP ist nicht geschützt. Die Revision weist selbst darauf hin, dass die Tariffähigkeit der CGZP bereits nach deren ersten Tarifvertragsabschluss im Jahre 2003 in Frage gestellt und öffentlich diskutiert wurde (vgl. Schüren in Schüren/Hamann AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 107 ff. mwN; Ulber NZA 2008, 438; Rolfs/Witschen DB 2010, 1180; Lunk/Rodenbusch RdA 2011, 375). Wenn ein Verleiher gleichwohl zur Vermeidung einer Gleichbehandlung der Leiharbeitnehmer von der CGZP abgeschlossene Tarifverträge arbeitsvertraglich vereinbart hat, bevor die dazu allein berufenen Gerichte für Arbeitssachen über deren Tariffähigkeit befunden hatten, ist er ein Risiko eingegangen, das sich durch die rechtskräftigen Entscheidungen zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP realisiert hat.

26

3. § 1 Arbeitsvertrag 2010 hat die Beklagte nicht von dem Gebot der Gleichbehandlung entbunden. Die Bezugnahmeklausel, mit der die Geltung der vom Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP), der CGZP und einer Reihe von christlichen Arbeitnehmervereinigungen geschlossenen Tarifverträge vom 15. März 2010 (im Folgenden: AMP-TV 2010) vereinbart werden soll, ist intransparent und nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam.

27

a) Bei den in § 1 Arbeitsvertrag 2010 genannten Tarifverträgen handelt es sich nicht um ein einheitliches Tarifwerk(Einheitstarifvertrag), sondern, wie auch die Präambel zum AMP-TV 2010 festhält, um einen mehrgliedrigen Tarifvertrag im engeren Sinne (zur Terminologie: BAG 8. November 2006 - 4 AZR 590/05 - Rn. 22, BAGE 120, 84). Bei diesem sind mehrere selbständige Tarifverträge in einer Urkunde zusammengefasst. Die arbeitsvertragliche Bezugnahme erstreckt sich damit auf sechs eigenständige Tarifwerke, jeweils bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifvertrag. Mangels anderweitiger Regelung in der Klausel, etwa einer einsatzbezogenen Differenzierung der anzuwendenden Tarifwerke nach der Branche des Entleihers, muss der durchschnittliche Leiharbeitnehmer davon ausgehen, dass gleichzeitig sechs eigenständige Tarifwerke auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung finden.

28

Ob § 9 Nr. 2 AÜG eine derartige Vertragsgestaltung, mit der gleichsam sechsfach von der Tariföffnungsklausel Gebrauch gemacht werden soll, zulässt, zumal wenn zum Zeitpunkt des Abschlusses der vereinbarten Tarifwerke die fehlende Tariffähigkeit einer der tarifschließenden Koalitionen im Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4, § 97 ArbGG bereits zweitinstanzlich festgestellt war(LAG Berlin-Brandenburg 7. Dezember 2009 - 23 TaBV 1016/09 - [CGZP]), braucht der Senat nicht zu entscheiden. § 1 Arbeitsvertrag 2010 ist jedenfalls intransparent.

29

b) § 1 Arbeitsvertrag 2010 ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung(§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Klausel ist unstreitig von der Beklagten für eine Vielzahl von Änderungsvereinbarungen vorformuliert und den Arbeitnehmern einseitig gestellt worden. Anhaltspunkte dafür, die Klausel sei zwischen den Parteien „ausgehandelt“ iSv. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB liegen nicht vor. Die Beklagte hat selbst nicht vorgebracht, der Klägerin die Möglichkeit der Einflussnahme auf die streitgegenständliche Klausel eingeräumt zu haben (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 25 f. mwN).

30

c) Verweist eine Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Vorschriften eines anderen Regelwerks, führt dies für sich genommen nicht zur Intransparenz. Insbesondere arbeitsvertragliche Bezugnahmen auf tarifliche Regelwerke, auch wenn sie dynamisch ausgestaltet sind, entsprechen einer im Arbeitsrecht gebräuchlichen Regelungstechnik und dienen den Interessen beider Parteien eines auf die Zukunft gerichteten Arbeitsverhältnisses (BAG 14. November 2012 - 5 AZR 107/11 - Rn. 22 mwN). Dass bei Vertragsschluss noch nicht absehbar ist, welchen zukünftigen Inhalt die in Bezug genommenen Tarifregelungen haben werden, ist unerheblich. Die im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendung geltenden, in Bezug genommenen Regelungen sind bestimmbar. Das ist zur Wahrung des Transparenzgebots für Klauseln, die - wie im Regelfall - auf einen bestimmten bzw. bestimmbaren Tarifvertrag oder ein bestimmtes bzw. bestimmbares tarifliches Regelwerk im Sinne einer Einheit aus Mantel-, Entgelt- und sonstigen Einzeltarifverträgen verweisen, ausreichend (vgl. BAG 21. November 2012 - 4 AZR 85/11 - Rn. 35 mwN). Doch bedarf eine Bezugnahmeklausel wie die streitgegenständliche, mit der mehrere eigenständige tarifliche Regelwerke gleichzeitig auf das Arbeitsverhältnis zur Anwendung gebracht werden sollen, zur Gewährleistung ihrer hinreichenden Bestimmtheit einer Kollisionsregel, der sich entnehmen lässt, welches der mehreren in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke bei sich widersprechenden Regelungen den Vorrang haben soll. Andernfalls lässt sich nicht für jeden Zeitpunkt bestimmen, welches der in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke sich jeweils durchsetzen und gelten soll. Fehlt in der Bezugnahmeklausel eine Kollisionsregel, besteht die Gefahr, dass der Arbeitnehmer wegen dieser Unklarheit seine Rechte nicht wahrnimmt. Gerade dies will das Bestimmtheitsgebot verhindern (BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 13, 16 mwN).

31

d) Nach diesen Grundsätzen verstößt § 1 Arbeitsvertrag 2010 gegen das Transparenzgebot. Die Klausel enthält keine Kollisionsregel. Der Leiharbeitnehmer kann aus ihr nicht ersehen, welches der mehreren in Bezug genommen tariflichen Regelwerke bei sich widersprechenden Regelungen den Vorrang haben und bei welcher - für das Gebot der Gleichbehandlung nach § 10 Abs. 4 AÜG maßgeblichen - Überlassung gelten soll. Er kann außerdem anhand der Klausel und der gemäß § 8 TVG im Betrieb auszulegenden Tarifverträge nicht ermitteln, welches der in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke bei einer bestimmten Überlassung eine Vereinbarung „im Geltungsbereich“ eines Tarifvertrags iSv. § 9 Nr. 2 AÜG ist. Denn die AMP-TV 2010 enthalten neben dem räumlichen, fachlichen und persönlichen einen „organisatorischen“ Geltungsbereich, der sich nur aus den Satzungen der Arbeitnehmervereinigungen, bei der CGZP aus der Kenntnis von deren Mitgliederbestand erschließen lässt.

32

Unerheblich ist, dass bei der Vereinbarung der Klausel die tariflichen Regelwerke noch inhaltsgleich waren (aA Stoffels/Bieder RdA 2012, 27, 34). Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss für die Dauer des Arbeitsverhältnisses erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“ (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 21 mwN). Er kann weder auf eine ständige Beobachtung der Tariflandschaft im Arbeitnehmerüberlassungsgewerbe noch zu Spekulationen darüber verpflichtet werden, welches von mehreren tariflichen Regelwerken zu einem bestimmten Zeitpunkt auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung finden soll.

33

II. Der Anspruch der Klägerin auf gleiches Arbeitsentgelt ist nach § 14 Abs. 2 Arbeitsvertrag verfallen.

34

1. Allerdings war die Klägerin nicht gehalten, Ausschlussfristen aus unwirksamen Tarifverträgen der CGZP oder aus dem nicht wirksam in das Arbeitsverhältnis einbezogenen AMP-TV 2010 einzuhalten. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob Regelungen zu Ausschlussfristen in Tarifverträgen der Arbeitnehmerüberlassungsbranche überhaupt den Anspruch auf gleiches Entgelt erfassen (vgl. dazu LAG Düsseldorf 29. August 2012 - 12 Sa 576/12 - Rn. 132, rkr.).

35

Eine Ausschlussfristenregelung in einem unwirksamen CGZP-Tarifvertrag ist auch nicht kraft Bezugnahme als Allgemeine Geschäftsbedingung Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden (aA Löwisch SAE 2013, 11). Arbeitsvertragsparteien sind zwar grundsätzlich frei, ein kollektives Regelwerk in Bezug zu nehmen, ohne dass es auf dessen normative Wirksamkeit ankommt. Eine derartige Abrede scheidet jedoch aus, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, nur ein wirksamer Tarifvertrag habe vereinbart werden sollen (BAG 14. Dezember 2011 - 4 AZR 26/10 - Rn. 43). Das ist vorliegend der Fall. Nur mit einer Bezugnahme auf einen wirksamen Tarifvertrag konnte die Beklagte als Klauselverwenderin den Zweck der Bezugnahme - das Abweichen vom Gebot der Gleichbehandlung nach § 9 Nr. 2 AÜG - erreichen.

36

2. Die Klägerin musste die erste Stufe der Ausschlussfristenregelung in § 14 Abs. 2 Arbeitsvertrag beachten. Es handelt sich um eine eigenständige arbeitsvertragliche Regelung, die der AGB-Kontrolle standhält. Dem steht die Unabdingbarkeit des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG nicht entgegen, weil Ausschlussfristen ausschließlich die Art und Weise der Durchsetzung eines entstandenen Anspruchs betreffen und nicht zu dessen Inhalt gehören(BAG 23. März 2011 - 5 AZR 7/10 - Rn. 31 mwN, BAGE 137, 249).

37

a) § 14 Arbeitsvertrag ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung(§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). Das steht zwischen den Parteien außer Streit. Die Klausel enthält unabhängig von der Inbezugnahme tariflicher Vorschriften eine eigenständige arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung, die auch den Anspruch auf gleiches Entgelt erfasst und von dessen Fälligkeit zu dem für die Vergütung nach § 6 Arbeitsvertrag bestimmten Zeitpunkt ausgeht. Das ergibt die Auslegung der Klausel.

38

aa) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind - ausgehend vom Vertragswortlaut - nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (st. Rspr., vgl. zB BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 30 mwN).

39

bb) Die Klausel erfasst den Anspruch des Arbeitnehmers auf ein Arbeitsentgelt in der Höhe, wie es einem vergleichbaren Stammarbeitnehmer des Entleihers gewährt wird. Denn zu den Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis gehören alle Ansprüche, welche die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsbeziehungen gegeneinander haben, ohne dass es auf die materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage ankäme (BAG 21. Januar 2010 - 6 AZR 556/07 - Rn. 19 mwN). Der durchschnittliche Leiharbeitnehmer muss zumindest aus der Formulierung „die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen“ erkennen, dass die Klausel auch den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt erfasst. Ohne Arbeitsverhältnis hätte er keinen derartigen Anspruch.

40

Unbeschadet des grundsätzlichen Vorrangs einer ausdrücklich in den Arbeitsvertrag aufgenommenen Klausel vor einer nur durch die pauschale Bezugnahme auf einen Tarifvertrag anwendbaren Regelung, bringt § 14 Abs. 1 Arbeitsvertrag unmissverständlich zum Ausdruck, dass die Klausel unabhängig von der einzelvertraglichen Bezugnahme auf einen Tarifvertrag auf arbeitsvertraglicher Ebene Geltung beansprucht.

41

Durch Auslegung ist weiter zu ermitteln, welche Bedeutung dem Begriff „Fälligkeit“ nach der Klausel zukommt. Davon geht im Ansatz auch das Landesarbeitsgericht aus, wenn es von einer „Auslegung des Begriffs der Fälligkeit im Sinne der vertraglich vereinbarten Ausschlussfrist“ spricht. Allerdings gewinnt das Landesarbeitsgericht anschließend sein „Auslegungsergebnis“ aus § 307 BGB und „maßgeblichen Grundgedanken des Verjährungsrechts“. Damit vermischt es aber gleichsam die Ebenen: Es ist zunächst nach den für die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen entwickelten Grundsätzen zu klären, was „Fälligkeit“ in § 14 Arbeitsvertrag meint und dann in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob der durch Auslegung gewonnene Inhalt der Klausel den Anforderungen des § 307 BGB genügt.

42

Unter der Überschrift „Vergütung“ ist in § 6 Arbeitsvertrag auch deren Fälligkeit geregelt(zum 21. Kalendertag des folgenden Monats). Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass § 14 Arbeitsvertrag für gesetzlich begründete Ansprüche von einem anderen Fälligkeitszeitpunkt ausgeht. Der Anspruch des Leiharbeitnehmers auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG ist ein die arbeitsvertragliche Vergütungsabrede korrigierender gesetzlicher Entgeltanspruch, der mit der Überlassung entsteht und zu dem in § 6 Arbeitsvertrag für die Vergütung bestimmten Zeitpunkt fällig wird. Weiterhin fehlt jeglicher Anhaltspunkt, Fälligkeit im Sinne der Klausel würde die Kenntnis des Leiharbeitnehmers von dem Anspruch und der für die Bezifferung maßgeblichen Tatsachen voraussetzen.

43

b) Die Klausel ist nicht überraschend iSd. § 305c Abs. 1 BGB und damit Vertragsbestandteil geworden.

44

aa) Nach § 305c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Dies setzt objektiv eine ungewöhnliche Klausel voraus, mit der der Arbeitnehmer subjektiv nicht zu rechnen brauchte (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 16 mwN).

45

bb) Gemessen an diesen Anforderungen ist eine arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung nicht überraschend iSv. § 305c Abs. 1 BGB.

46

Die Vereinbarung von Ausschlussfristen entspricht einer weit verbreiteten Übung im Arbeitsleben (BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 3 Gründe mwN, BAGE 115, 19). Die Regelung findet sich auch nicht an einer irgendwo im Arbeitsvertrag versteckten Stelle. Sie ist vielmehr in einem mit „Ausschlussfristen“ überschriebenen eigenen Parapraphen enthalten, der zudem durch Fettdruck hervorgehoben ist.

47

c) Die Klausel ist nicht mangels hinreichender Transparenz unwirksam, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

48

aa) Für eine den Inhalt des Entgeltanspruchs regelnde Allgemeine Geschäftsbedingung wie die zur Pauschalabgeltung von Überstunden verlangt das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung, der Arbeitnehmer müsse bereits bei Vertragsabschluss erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“ (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 21 mwN). Für eine die Art und Weise der Geltendmachung eines entstandenen Entgeltanspruchs - und damit zugleich dessen Untergang (zur rechtsvernichtenden Wirkung der Ausschlussfrist: BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 29, BAGE 116, 66) - regelnde Klausel gelten keine geringeren Anforderungen. Auch hier muss der Arbeitnehmer bei Vertragsabschluss erkennen können, was „auf ihn zukommt“: Es muss aus der Klausel ersichtlich sein, welche Rechtsfolge der Arbeitnehmer zu gewärtigen (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - Rn. 26, BAGE 115, 372) und was er zu tun hat, um diese Rechtsfolge zu verhindern.

49

bb) Diesen Anforderungen genügt § 14 Arbeitsvertrag. Der Arbeitnehmer kann ersehen, dass alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, „ausgeschlossen“ sind bzw. „verfallen“ (also - untechnisch - in Wegfall geraten), wenn sie nicht innerhalb bestimmter Fristen in der in der Klausel bezeichneten Weise geltend gemacht werden.

50

d) Jedenfalls die erste Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung hält der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand.

51

aa) Der Senat hat im Jahre 2005 entschieden, dass eine einzelvertragliche Ausschlussfrist, die die schriftliche Geltendmachung aller Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Frist von nicht weniger als drei Monaten ab Fälligkeit verlangt, den Arbeitnehmer nicht unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben benachteiligt (BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - BAGE 116, 66). Daran hält der Senat auch unter Berücksichtigung des zwischenzeitlich in Kraft getretenen § 9 Satz 3 AEntG und des § 8 Abs. 3 Satz 3 MiArbG fest. Diese Rechtsprechung hat im Schrifttum überwiegend Zustimmung gefunden (vgl. nur ErfK/Preis 13. Aufl. §§ 194 - 218 BGB Rn. 46; HWK/Gotthardt 5. Aufl. Anh. §§ 305 - 310 BGB Rn. 10 - jeweils mwN; Kortstock NZA 2010, 311) und in der Praxis Rechtssicherheit geschaffen.

52

bb) Eine Ausschlussfrist muss dem Gläubiger aber eine faire Chance lassen, seine Ansprüche durchzusetzen (BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 30, BAGE 116, 66). Um zu gewährleisten, dass der Leiharbeitnehmer den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt auch dann fristwahrend geltend machen kann, wenn er die Höhe des vergleichbaren Stammarbeitnehmern des Entleihers gewährten Arbeitsentgelts (noch) nicht im Einzelnen kennt, muss die erste Stufe einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung im Leiharbeitsverhältnis es zulassen, dass eine schriftliche Geltendmachung des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG „dem Grunde nach“ ausreicht.

53

Das ist bei der streitgegenständlichen Klausel der Fall. In ihr ist nur von schriftlicher Geltendmachung, aber nicht davon die Rede, dass diese konkret beziffert sein müsse. Für den vergleichbaren Fall der Geltendmachung von Annahmeverzugsvergütung nach einer Arbeitgeberkündigung hat das Bundesarbeitsgericht für die schriftliche Geltendmachung seit jeher die Erhebung der Kündigungsschutzklage ausreichen lassen (st. Rspr. seit BAG 10. April 1963 - 4 AZR 95/62 - BAGE 14, 156; siehe auch BAG 19. September 2012 - 5 AZR 924/11 - Rn. 18). In dieser Auslegung bleibt der Zweck der ersten Stufe einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung gewahrt. Der Arbeitgeber erhält zeitnah Gewissheit, ob der Leiharbeitnehmer den (versuchten) Ausschluss des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG hinnimmt oder sich ein vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährtes Entgelt vorbehält. Der Leiharbeitnehmer erhält eine angemessene Überlegungsfrist und kann sich - auch wenn er die Entgeltregelung für Stammarbeitnehmer im Entleiherbetrieb noch nicht im Einzelnen kennt - durch schriftliche Geltendmachung „dem Grunde nach“ für jede Überlassung den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt sichern.

54

e) Ob die zweite Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung, gegebenenfalls in der Auslegung, dass bis zur rechtskräftigen Feststellung der als Vorfrage für den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt maßgebenden fehlenden Tariffähigkeit einer Koalition eine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO zur gerichtlichen Geltendmachung ausreicht, den Anforderungen des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB genügt, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn die Unwirksamkeit der zweiten Stufe würde nach dem sog. blue-pencil-Test die Wirksamkeit der ersten Stufe einer Ausschlussfristenregelung wie der vorliegenden nicht berühren (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 37; 12. März 2008 - 10 AZR 152/07 - Rn. 26 ff. mwN).

55

3. Die Klägerin hat die erste Stufe der Ausschlussfristenregelung in § 14 Arbeitsvertrag nicht eingehalten. Sie hat den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt erstmals mit der der Beklagten am 11. März 2011 zugestellten Klage geltend gemacht. Zu diesem Zeitpunkt war der Anspruch aus § 10 Abs. 4 AÜG für den gesamten Streitzeitraum bereits untergegangen.

56

Dem Verfall steht § 14 Abs. 2 Satz 2 Arbeitsvertrag nicht entgegen. Danach gilt Satz 1 nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden. Ein solcher ist der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nicht. § 10 Abs. 4 AÜG begründet nicht bloß ein Verhaltensgebot für den Entleiher mit das Vermögen des Leiharbeitnehmers drittschützender Wirkung. Die Norm regelt vielmehr die arbeitsvertragliche Sonderbeziehung zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer und begründet selbst einen gesetzlichen Entgeltanspruch. § 10 Abs. 4 AÜG ist deshalb kein Schutzgesetz iSv. § 823 Abs. 2 BGB(vgl. BAG 25. April 2001 - 5 AZR 368/99 - zu B II 1 b aa der Gründe, BAGE 97, 350; Palandt/Sprau 72. Aufl. § 823 BGB Rn. 56). Auch die Bestimmung des § 16 Abs. 1 Nr. 7a AÜG ist kein Schutzgesetz, denn die dort als Ordnungswidrigkeit eingestufte Verletzung des Gebots der Gleichbehandlung wird im Verhältnis zum Leiharbeitnehmer über den gesetzlichen Entgeltanspruch aus § 10 Abs. 4 AÜG gesichert.

57

C. Die Klägerin hat gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Busch    

        

    A. Christen    

                 

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Tenor

1. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 23. Januar 2007 - 13 Sa 954/06 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes. Es wird aufgehoben. Damit wird der Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 9. Mai 2007 - 5 AZN 234/07 - gegenstandslos. Die Sache wird an das Landesarbeitsgericht Köln zurückverwiesen.

2. ...

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen ein Berufungsurteil des Landesarbeitsgerichts Köln und einen Beschluss des Bundesarbeitsgerichts über eine Nichtzulassungsbeschwerde. Im Ausgangsverfahren geht es darum, ob dem Beschwerdeführer im Ergebnis keine Möglichkeit offen stand, seine Ansprüche auf Annahmeverzugslohn in zumutbarer Weise gerichtlich geltend zu machen.

2

1. Der Beschwerdeführer führte mit seiner Arbeitgeberin (im Folgenden: Beklagte) einen Rechtsstreit über den Abschluss eines Arbeitsvertrags im Anschluss an eine Berufsausbildung. In diesem wurde die Beklagte verurteilt, an den Beschwerdeführer ein Angebot abzugeben, ihn ab dem 7. Juli 2004 befristet für zwölf Monate in ein Vollzeitarbeitsverhältnis gemäß § 15 des Tarifvertrags Rationalisierungsschutz und Beschäftigungssicherung zu übernehmen.

3

2. Da sich die Verurteilung der Beklagten zur Angebotserklärung auf den Abschluss eines Arbeitsvertrags für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum bezog, konnte der Beschwerdeführer in diesem Arbeitsverhältnis von vornherein nicht mehr tätig werden. Er verlangte deshalb von der Beklagten die Zahlung von Vergütung aufgrund dieses Arbeitsverhältnisses unter den Gesichtspunkten des Annahmeverzugs und des Schadensersatzes. Die von ihm errechneten Ansprüche machte er mit Schreiben vom 25. Oktober 2005 gegenüber der Beklagten schriftlich geltend. Nachdem die Beklagte die Zahlung abgelehnt hatte, reichte der Beschwerdeführer am 28. Dezember 2005 Klage beim Arbeitsgericht ein. Das Arbeitsgericht gab ihr überwiegend statt. Mit dem hier angegriffenen Urteil änderte das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil ab und wies die Klage ab. Der Anspruch sei gemäß § 31 des bei der Beklagten geltenden Manteltarifvertrags (MTV T.) verfallen.

4

Die hier maßgeblichen Bestimmungen lauten:

5

(1) Die Ansprüche beider Seiten aus dem Arbeitsverhältnis müssen innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.

6

Bei regelmäßig wiederkehrenden Leistungen bedarf es keiner erneuten schriftlichen Geltendmachung, sofern der nicht oder unzutreffend erfüllte Anspruch auf dem selben Fehler beruht. Nach Ablauf der vorstehenden Frist ist die Geltendmachung ausgeschlossen.

7

(…)

8

(4) Werden die Ansprüche beider Seiten aus dem Arbeitsverhältnis trotz Geltendmachung durch Bestreiten in Schriftform nicht erfüllt oder nur teilweise erfüllt, ist innerhalb einer Frist von zwei Monaten Klage zu erheben. Wird keine Klage erhoben, verfallen die Ansprüche.

9

Protokollnotiz zu Absatz 1:

10

Bis zum 30. Juni 2005 gilt eine abweichende Ausschlussfrist von zwölf Monaten.

11

Die streitgegenständlichen Ansprüche seien nicht erst mit Annahme des Vertragsangebots der Beklagten, also am 25. Oktober 2005, fällig geworden, sondern bereits zum Monatsende des jeweiligen Monats. Deshalb sei die schriftliche Geltendmachung vom 25. Oktober 2005 für sämtliche Vergütungsansprüche verspätet gewesen.

12

Der Beschwerdeführer habe die zweite Stufe der Ausschlussfrist aus § 31 Abs. 4 MTV T. nicht gewahrt, die eine gerichtliche Geltendmachung erfordert hätte. Das zur Auslösung des Laufs der zweiten Stufe der Frist erforderliche gegnerische "Bestreiten in Schriftform" liege hier in dem Schriftsatz der Beklagten aus dem Vorprozess, der den Klageabweisungsantrag beinhaltet habe und aus dem zweiten Halbjahr 2004 stamme. Ebenso wie ein Klageabweisungsantrag in einem Kündigungsschutzprozess habe auch hier der Antrag auf Abweisung der auf die Begründung des Arbeitsverhältnisses gerichteten Klage die Ablehnung damit verknüpfter Ansprüche enthalten. Da die auf der zweiten Stufe zu beachtende zweimonatige Klagefrist also spätestens Ende 2004 begonnen habe und die vorliegende Klage erst am 28. Dezember 2005 beim Arbeitsgericht eingegangen sei, sei die Frist durch diese Klage nicht eingehalten worden. Auch die im Vorprozess erstmals vor dem Landesarbeitsgericht am 26. April 2005 hilfsweise erhobene Vergütungsklage sei verspätet, so dass es nicht darauf ankomme, ob diese eine gerichtliche Geltendmachung im Sinne der Verfallfrist gewesen wäre.

13

3. Die gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gerichtete, auf Divergenz und Verletzung des rechtlichen Gehörs gestützte Nichtzulassungsbeschwerde des Beschwerdeführers verwarf das Bundesarbeitsgericht mit dem hier ebenfalls angegriffenen Beschluss vom 9. Mai 2007 als unzulässig.

II.

14

Mit seiner rechtzeitig eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer unter anderem die Verletzung von Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG).

15

Dazu gehöre, nicht durch Kostenbarrieren von der Verfolgung berechtigter Interessen und geschützter Positionen auf dem Rechtsweg abgehalten zu werden oder zu deren Durchsetzung aussichtslose und zugleich kostenträchtige Gerichtsverfahren führen zu müssen. Hiergegen verstoße das Landesarbeitsgericht. Denn nach dessen Argumentation habe seine Klageerhebung zu einem Zeitpunkt erfolgen müssen, zu dem weder die Zahlungsansprüche für Februar bis Juli 2005 fällig gewesen seien noch das zur Begründung der Ansprüche erforderliche Vertragsverhältnis tatsächlich zustande gekommen sei. Der Streitwert einer solchen Klage sei gegenüber der Klage auf Abschluss eines Arbeitsvertrags deutlich höher gewesen, da sich der Streitwert um zwölf Monatsgehälter erhöht habe und damit circa 20.000 € betragen hätte. Eine solche Klage sei aber von vornherein aussichtslos gewesen und wäre auf seine Kosten abgewiesen worden. Denn entweder hätten die Ansprüche mangels Fälligkeit nicht ausgeurteilt werden können oder als Klage auf zukünftige Leistung hätte das fehlende Vertragsverhältnis entgegen gestanden. Ihm habe daher keine effektive Möglichkeit zur Verfügung gestanden, seine Ansprüche durchzusetzen. Sachliche Gründe für diese Konsequenz habe das Landesarbeitsgericht nicht genannt.

16

Die Bundesregierung, das Bundesministerium der Justiz, die Landesregierung Nordrhein-Westfalen und die Beklagte des Ausgangsverfahrens haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.

III.

17

Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung gemäß § 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen vor, soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts richtet. Insoweit ist die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung anzunehmen, weil ihre Annahme zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Der angegriffene Beschluss des Bundesarbeitsgerichts wird damit gegenstandslos.

18

1. Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen zur Reichweite der Gewährleistung des Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG; vgl. zum effektiven Rechtsschutz im Zivilprozess: BVerfGE 85, 337 <345>; 88, 118; 97, 169 <185>; BVerfGK 6, 206 <209 f.>; vgl. zur Beeinträchtigung des effektiven Rechtsschutzes durch Verfahrenskosten: BVerfGE 11, 139 <143>; 50, 217 <231>; 54, 39 <41>; 85, 337 <347>; zu Ausschlussfristen: BVerfGK 4, 137 <141>) bereits entschieden.

19

2. Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet.

20

Die angegriffene Entscheidung verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes, das in zivilrechtlichen Streitigkeiten durch Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip verbürgt wird. Das Landesarbeitsgericht hat sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob im vorliegenden Fall die Ausschlussfrist unter dem Gesichtspunkt der Gewährung effektiven Rechtsschutzes in der von ihm vertretenen Art und Weise ausgelegt und angewandt werden durfte, und ob das von ihm erzielte Ergebnis in Ansehung des Grundrechts des Beschwerdeführers auf effektiven Rechtsschutz vertretbar war. Es hat grundlegend Inhalt und Umfang des Grundrechtsschutzes aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verkannt, indem es dem Beschwerdeführer eine übersteigerte Obliegenheit zur gerichtlichen Geltendmachung seiner Ansprüche auf Annahmeverzugslohn auferlegte.

21

a) Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip gewährleistet den Parteien im Zivilprozess effektiven Rechtsschutz (vgl. BVerfGE 88, 118 <123>). Danach darf den Prozessparteien der Zugang zu den Gerichten nicht in unzumutbarer, durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 78, 88 <99>; 88, 118 <124>).

22

Auch die Festsetzung der Verfahrenskosten darf daher nicht in einer Weise erfolgen, die dem Betroffenen die Anrufung des Gerichts praktisch unmöglich macht (vgl. BVerfGE 11, 139 <143>; 54, 39 <41>). Eine derartige rechtsschutzhemmende Wirkung liegt aber nicht nur vor, wenn das Kostenrisiko die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Einzelnen übersteigt. Vielmehr wird die Beschreitung des Rechtswegs oder die Ausschöpfung prozessualer Möglichkeiten auch dann faktisch vereitelt, wenn das Kostenrisiko zu dem mit dem Verfahren angestrebten Erfolg außer Verhältnis steht, so dass die Inanspruchnahme der Gerichte nicht mehr sinnvoll erscheint (vgl. BVerfGE 85, 337 <347>).

23

Der Gesetzgeber erkennt durch § 4 Abs. 1 KSchG und § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG an, dass dem Bürger der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nicht durch Kostenbarrieren abgeschnitten werden darf, indem sie den Streitwert bei Bestandsschutzstreitigkeiten auf drei Monatsgehälter begrenzen und den Arbeitnehmer lediglich dazu zwingen, die Bestandsschutzstreitigkeit binnen drei Wochen rechtshängig zu machen, nicht aber die mit ihr im Zusammenhang stehenden Entgeltansprüche (so auch BAG, Urteil vom 12. Dezember 2006 - 1 AZR 96/06 -, NZA 2007, S. 453 <456 f.>). Dies ist Teil einer vom Gesetzgeber seit jeher verfolgten Gesamtkonzeption, dem Arbeitnehmer insbesondere beim Streit über den (Fort-)Bestand seines Arbeitsverhältnisses den Weg zu den Gerichten für Arbeitssachen zu ebnen und nicht durch Kostenbarrieren zu versperren (BAG, Urteil vom 12. Dezember 2006 - 1 AZR 96/06 -, NZA 2007, S. 453 <456 f.>). Die Vorschriften sind damit als Ausprägungen des Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG bei der Auslegung und Anwendung von Regelungen, wie der in § 31 MTV T. enthaltenen Ausschlussfrist zu berücksichtigen.

24

Auch der Richter muss die Tragweite des Grundrechts auf einen effektiven Rechtsschutz beachten. Er hat das Verfahrensrecht so auszulegen und anzuwenden, dass er mit diesen Grundsätzen nicht in Widerspruch gerät (vgl. BVerfGE 88, 118 <125>). Diese Grundsätze kommen auch dann zur Anwendung, wenn sich aus der Auslegung und Anwendung einer materiellrechtlich wirkenden Ausschlussfrist Rückwirkungen auf die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen ergeben (BVerfGK 4, 137 <141>).

25

b) Das angegriffene Urteil wird diesen verfassungsrechtlichen Maßstäben nicht gerecht. Das Landesarbeitsgericht hätte sich mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob die vom Beschwerdeführer verlangte Art der Geltendmachung seiner Ansprüche auf Annahmeverzugslohn diesem möglich und zumutbar war. Dies war vorliegend nicht der Fall.

26

Denn dadurch, dass der Beschwerdeführer bereits bevor der Rechtsstreit über die Begründung eines Arbeitsverhältnisses abgeschlossen war, gezwungen war, seine Ansprüche auf Annahmeverzugslohn einzuklagen, erhöhte sich sein Kostenrisiko im Rechtsstreit über den Bestand des Arbeitsverhältnisses (vgl. zu Ausschlussfristen in Betriebsvereinbarungen: BAG, Urteil vom 12. Dezember 2006 - 1 AZR 96/06 -, NZA 2007, S. 453 <456 f.>). Jedenfalls mit Blick auf die Kostenrisiken eines Leistungsantrags oder eines unechten Hilfsantrags, die angesichts der Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte bestehen, weil diese Anträge insgesamt oder zumindest mit Blick auf die Anwaltsgebühren als streitwerterhöhend angesehen werden (LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17. Juli 2007 - 1 Ta 167/07 -, juris; LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 21. Juli 2008 - 1 Ta 123/08 -, juris; LAG Nürnberg, Beschluss vom 13. März 2008 - 6 Ta 57/08 -, juris; LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. März 2008 - 17 Ta (Kost) 6027/08 -, juris), war es naheliegend der Frage nachzugehen, ob die entsprechende Obliegenheit zur Klageerhebung für den Beschwerdeführer vor diesem Hintergrund zumutbar war. Vor dem Hintergrund des bei einer derartigen Antragstellung bestehenden Kostenrisikos (vgl. BAG, Urteil vom 12. Dezember 2006 - 1 AZR 96/06 -, NZA 2007, S. 453 <456 f.>) durfte dem Beschwerdeführer die vom Landesarbeitsgericht angenommene Obliegenheit zur Klageerhebung vor dem rechtskräftigen Abschluss des Vorprozesses jedenfalls im Ergebnis nicht auferlegt werden.

27

3. Die angegriffene Entscheidung beruht auf der Verletzung von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG. Unter Berücksichtigung der dargestellten verfassungsrechtlichen Vorgaben erscheint eine andere für den Beschwerdeführer günstigere Sachentscheidung möglich.

28

4. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts vom 23. Januar 2007 ist zur Beseitigung des festgestellten Verfassungsverstoßes aufzuheben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen, ohne dass es auf die weiter erhobenen Rügen noch ankommt. Der Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 9. Mai 2007 - 5 AZN 234/07 - wird damit gegenstandslos.

IV.

29

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

Tenor

I. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 19. April 2012 - 7 Sa 1232/11 - aufgehoben, soweit es die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 6. Juli 2011 - 2 Ca 7935/10 - hinsichtlich des Antrags zu 1. zurückgewiesen hat.

II. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 6. Juli 2011 - 2 Ca 7935/11 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.299,50 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2010 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen. Die Kosten der ersten und der zweiten Instanz hat die Beklagte jeweils zu 2/5 und der Kläger jeweils zu 3/5 zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Anspruch auf Sonderzahlung für das Jahr 2010.

2

Der Kläger war nach seiner bei der Beklagten absolvierten Berufsausbildung ab Januar 2006 als Controller auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrags von Dezember 2005 beschäftigt.

3

Der Arbeitsvertrag enthielt unter § 3(Bezüge) ua. folgende Regelung:

„2. Die Zahlung von Gratifikationen und sonstigen Leistungen liegt im freien Ermessen des Verlages und begründet keinen Rechtsanspruch, auch wenn die Zahlung wiederholt ohne ausdrücklichen Vorbehalt der Freiwilligkeit erfolgte. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Zahlung durch gültigen Tarifvertrag geregelt ist.“

4

Gemäß § 11 des Arbeitsvertrags fanden die Tarifverträge für den Groß- und Außenhandel in Hessen auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Der Manteltarifvertrag für den Groß- und Außenhandel Hessen vom 4. Juli 1997 (MTV) ist ausweislich des vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) veröffentlichten Verzeichnisses der für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge (Stand 1. Oktober 2013) ab dem 1. Januar 1997 allgemeinverbindlich mit einer hier nicht interessierenden Einschränkung.

5

Im MTV findet sich unter § 14(Sonderzahlungen) folgende Regelung:

        

„1.     

Arbeitnehmer und Auszubildende, die am 1.12. eines Kalenderjahres dem Betrieb/Unternehmen/Konzern ununterbrochen mindestens 12 Monate angehören, haben kalenderjährlich einen Anspruch auf eine Sonderzahlung in folgender Höhe:

                 

1997   

1998   

1999   

2000   

                 

1115,-

1130,-

1145,-

1160,- [DM]

                 

…       

                          
        

3.    

Wird das Arbeitsverhältnis aufgrund grob treuwidrigen Verhaltens oder Vertragsbruches des Arbeitnehmers beendet, so entfällt der Anspruch auf die tarifliche Sonderzahlung. Gegebenenfalls für das laufende Kalenderjahr gewährte Sonderzahlungen sind als Vorschuss zurückzuzahlen.

        

4.    

Die im laufenden Kalenderjahr erbrachten Sonderzahlungen des Arbeitgebers, wie Jahresabschlussvergütungen, Weihnachtsgeld, Gratifikationen, Jahresergebnisbeteiligungen, Jahresprämien und ähnliches, gelten als Sonderzahlungen im Sinne dieser Vereinbarung und erfüllen den tariflichen Anspruch, soweit sie zusammengerechnet die Höhe der tariflich zu erbringenden Leistungen erreichen.

                 

…       

        

5.    

Wenn dem Anspruchsberechtigten in dem Kalenderjahr keine Ansprüche auf Entgelt oder Zuschüsse zum Krankengeld gemäß § 15 Ziffer 2 - 4 oder zum Mutterschaftsgeld gemäß § 14 Mutterschutzgesetz zustehen, entfällt der Anspruch auf die nach Ziffer 1 garantierte Sonderzahlung. Wenn nur für einen Teil des Kalenderjahres derartige Ansprüche bestehen, ermäßigt sich der Anspruch auf die Sonderzahlung für jeden Kalendermonat ohne derartige Ansprüche um ein Zwölftel.

        

6.    

Arbeitnehmer, die vor dem Stichtag 1.12. wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit oder Erreichung der Altersgrenze aus dem Betrieb ausscheiden, erhalten eine anteilige Leistung.

        

…“    

        
6

Der Kläger erhielt jährlich mit dem Novembergehalt eine jeweils als Gratifikation, ab dem Jahr 2007 zusätzlich auch als Weihnachtsgratifikation bezeichnete Sonderzahlung in Höhe des jeweiligen Novemberentgelts. Hierzu übersandte die Beklagte jeweils im Herbst ein Schreiben an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, in dem sie „Richtlinien“ für die Auszahlung der Gratifikation aufführte, die im Wesentlichen unverändert blieben.

7

Im Schreiben vom 30. September 2010 hieß es ua.:

        

„Als Dank für Ihren bisherigen persönlichen Einsatz in diesem Jahr und zugleich als ein Stück Motivation für eine weiterhin loyale und wirkungsvolle Zusammenarbeit zahlen wir Ihnen eine Weihnachtsgratifikation aus, deren Höhe im Vergleich zum letzten Jahr unverändert bleibt. Sie wird mit dem November-Gehalt 2010 abgerechnet und auf die Konten überwiesen.

        

Die Gratifikation wird nach folgenden Richtlinien ermittelt:

        

1.    

Die Zahlung erfolgt an Verlagsangehörige, die sich am 31.12.2010 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befinden.

        

2.    

Die Gratifikation beträgt 100 % des November-Bruttogehaltes/-lohnes bzw. der Ausbildungsvergütung, wenn das Arbeitsverhältnis seit 01.01.2010 besteht und keine unbezahlten Arbeitsbefreiungen zu verzeichnen sind. Bei Arbeitszeitveränderungen im Laufe des Jahres errechnet sich die Gratifikation anteilig.

        

3.    

Verlagsangehörige, die nach dem 01.01.2010 eingetreten sind oder eine unbezahlte Arbeitsbefreiung aufweisen, erhalten für jeden Kalendermonat des bestehenden Arbeitsverhältnisses bzw. der bezahlten Arbeitsleistung 1/12 des Bruttomonatsgehaltes/-lohnes.

                 

Dabei wird ein angefangener Monat als voller Monat gerechnet, wenn die Betriebszugehörigkeit/bezahlte Arbeitsleistung 15 Kalendertage übersteigt. Auszubildende erhalten in jedem Fall 100 % der Ausbildungsvergütung.

        

4.    

Tariflich zu zahlende Jahresleistungen werden auf diese Zahlungen angerechnet.

        

Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass die Zahlung der Weihnachtsgratifikation eine freiwillige, jederzeit widerrufliche Leistung des Verlages ist. Auf diese besteht für die Zukunft auch durch wiederholte Zahlung kein Rechtsanspruch.“

8

Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete aufgrund einer vom Kläger ausgesprochenen Kündigung am 30. September 2010.

9

Mit der Klage hat der Kläger - soweit noch von Interesse - unter Berufung auf die Richtlinien Zahlung der anteiligen (9/12 eines Monatsgehalts) Sonderzahlung für das Jahr 2010 verlangt. Er hat gemeint, sein Anspruch ergebe sich aus der Gesamtzusage vom 30. September 2010. Diese stelle gegenüber § 14 MTV eine eigene Rechtsgrundlage für seinen Anspruch dar. Die Stichtagsregelung in der Zusage sei unwirksam. Es handele sich um eine die Kündigung der Arbeitnehmer erschwerende Bedingung. Die Regelung sei sowohl in sich als auch gegenüber der tarifvertraglichen Stichtagsregelung widersprüchlich.

10

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.299,50 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2010 zu zahlen.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Kläger habe das Schreiben vom 30. September 2010 nicht erhalten. Im Übrigen erfülle er wegen seines Ausscheidens zum 30. September 2010 weder die Voraussetzungen der tarifvertraglichen Regelung noch die der Richtlinien. Die dort geregelte Anforderung, dass am 31. Dezember 2010 noch ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis bestanden haben müsse, sei wirksam.

12

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision hat Erfolg. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat Anspruch auf die von ihm begehrte Zahlung in Höhe von 9/12 eines Monatsgehalts (zu I). Grundlage des Anspruchs ist die von der Beklagten in Gestalt der Richtlinien erteilte Gesamtzusage für das Jahr 2010 (zu I 1). Bei der in den Richtlinien vorgesehenen Leistung handelt es sich um eine Sonderzahlung, die sowohl Gegenleistung für erbrachte Arbeit ist als auch Anreiz zu künftiger Betriebstreue des Arbeitnehmers sein soll („Mischcharakter“, zu I 2). Die in den Richtlinien vorgesehene Klausel, nach der am 31. Dezember des Bezugsjahres ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis bestehen muss, ist unwirksam. Sie kann nicht in dem Sinne teilweise aufrechterhalten werden, dass sie lediglich den Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember verlangt (zu I 3). Im Übrigen kann eine Sonderzahlung, die jedenfalls auch Gegenleistung für laufend erbrachte Arbeitsleistung darstellt, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen regelmäßig nicht vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde (zu I 4). Der im Arbeitsvertrag enthaltene Freiwilligkeitsvorbehalt steht dem Anspruch nicht entgegen (zu I 5).

14

I. Die Klage ist begründet. Dem Kläger steht der von ihm erhobene und der Höhe nach außer Streit stehende Anspruch zu.

15

1. Rechtsgrundlage des Anspruchs ist die von der Beklagten am 30. September 2010 erteilte Gesamtzusage.

16

a) Eine Gesamtzusage liegt vor, wenn ein Arbeitgeber einseitig bekannt gibt, dass er jedem Arbeitnehmer, der die von ihm abstrakt festgelegten Voraussetzungen erfüllt, eine bestimmte Leistung gewährt. Der Arbeitnehmer erwirbt einen einzelvertraglichen Anspruch auf diese Leistung, wenn er die vom Arbeitgeber genannten Anspruchsvoraussetzungen erfüllt, ohne dass es einer gesonderten Erklärung der Annahme des in der Zusage enthaltenen Angebots bedarf. Gesamtzusagen werden bereits dann wirksam, wenn sie gegenüber den Arbeitnehmern in einer Form verlautbart werden, die den einzelnen Arbeitnehmer typischerweise in die Lage versetzt, von der Erklärung Kenntnis zu nehmen (BAG 13. Dezember 2011 - 3 AZR 852/09 - Rn. 17).

17

b) Diesen Anforderungen entsprachen die Richtlinien der Beklagten. Davon ist das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgegangen. Die Richtlinien richteten sich an alle Arbeitnehmer der Beklagten und legten die rechtlichen Regeln fest, nach denen Zahlungsansprüche der Arbeitnehmer gegen die Beklagte begründet werden sollten. Auf die Frage, wie die Richtlinien dem Kläger im Jahr 2010 zugegangen sind, kommt es nicht an, weil das Zustandekommen eines vertraglichen Anspruchs aufgrund einer Gesamtzusage nicht vom konkret nachgewiesenen Zugang der Zusage an den einzelnen Arbeitnehmer abhängig ist (BAG 28. Juni 2006 - 10 AZR 385/05 - Rn. 31, BAGE 118, 360).

18

2. Nach den Richtlinien dient die Sonderzahlung einerseits der Vergütung erbrachter Arbeitsleistung, andererseits auch dem Anreiz zur Betriebstreue. Anspruchsvoraussetzung soll der ungekündigte Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember 2010 sein. Dies ergibt die Auslegung der Richtlinien, die ein an eine Vielzahl von Arbeitnehmern gerichtetes Vertragsangebot iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB darstellen(vgl. BAG 29. September 2010 - 3 AZR 557/08 - Rn. 24 ff., BAGE 135, 334) und den für Allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Regeln unterliegen.

19

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (st. Rspr., zB BAG 20. März 2013 - 10 AZR 636/11 - Rn. 20).

20

b) Die Richtlinien gewähren dem Arbeitnehmer die Sonderzahlung einerseits als Gegenleistung für erbrachte Arbeit. Es handelt sich nicht um eine reine Gratifikation, deren Zweck allein in der Zuwendung von Geld aus Anlass des Weihnachtsfestes läge. Zwar könnte die in den Richtlinien verwendete Bezeichnung „Weihnachtsgratifikation“ in diese Richtung weisen. Jedoch soll die Zahlung ausdrücklich auch „Dank für ... persönlichen Einsatz“ sein. Außerdem zeigen die Anspruchsvoraussetzungen in Ziff. 2 und Ziff. 3, dass die Zahlung jedenfalls auch eine Gegenleistung für erbrachte Arbeit darstellt. Die Zahlung knüpft nicht an das bloße Bestehen des Arbeitsverhältnisses im Bezugsjahr an. Sie ist abhängig davon, dass entweder Arbeitsleistung erbracht wurde oder doch keine unbezahlten Arbeitsbefreiungen vorlagen. Wie aus Ziff. 3 hervorgeht, erhalten unterjährig eintretende Mitarbeiter und solche mit einer unbezahlten Arbeitsbefreiung eine anteilige Sonderzahlung, und zwar entsprechend der Anzahl der Monate, in denen sie gearbeitet haben.

21

c) Andererseits verlangen die Richtlinien Betriebstreue über das Bezugsjahr hinaus. Die Stichtagsklausel benennt zwar den letzten Tag des Bezugsjahres als den Tag, an dem das Arbeitsverhältnis noch bestehen muss. Damit liegt der Stichtag für den Bestand des Arbeitsverhältnisses aber nur scheinbar innerhalb des Jahres, in dem die Arbeitsleistung, die mit der Sonderzahlung entgolten wird, erbracht wird. In Wahrheit macht die Klausel entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts den Anspruch auf die Sonderzahlung in aller Regel vom Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über das Jahr 2010 hinaus abhängig. Dies wird dadurch bewirkt, dass nach der Klausel das Arbeitsverhältnis am 31. Dezember „ungekündigt“ bestehen muss. Ein Arbeitnehmer, der sich den Anspruch erhalten will, darf demnach frühestens am 1. Januar des Folgejahres kündigen. Jede Kündigung vor dem 1. Januar 2011 soll dem Anspruch entgegenstehen. Dies kann den Arbeitnehmer, je nach Dauer der Kündigungsfrist, zum Verbleib im Arbeitsverhältnis bis weit in das Folgejahr hinaus zwingen. Entsprechendes gilt für Arbeitgeberkündigungen. Keine über das Jahr 2010 hinausgehende Bindung wurde als Anspruchsvoraussetzung nur für die Fälle einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses am oder zum 31. Dezember 2010 ohne Ausspruch einer Kündigung verlangt, was insbesondere bei Befristung, Aufhebungsvertrag oder Betriebsübergang in Betracht kommt.

22

3. Mit diesem Inhalt hält die Stichtagsregelung der Inhaltskontrolle nicht stand. Sie ist insgesamt unwirksam mit der Folge, dass die Richtlinien ohne die Stichtagsklausel gelten (§ 306 Abs. 1 BGB).

23

a) Eine Sonderzahlung, die jedenfalls auch Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung darstellt, kann in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde. Eine derartige Klausel benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen iSd. § 307 Abs. 1 BGB(vgl. ausführlich BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - BAGE 140, 231). Wie ausgeführt, erstreckt sich die hier durch die Stichtagsklausel vermittelte Bindung des Arbeitnehmers auf einen Zeitraum außerhalb des Bezugsjahres. Daran ändern auch die erwähnten, in der Klausel aber nicht genannten Fallgestaltungen einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung nichts.

24

b) Die Klausel kann nicht mit dem Inhalt aufrechterhalten werden, dass die Entstehung des Anspruchs auf die Sonderzahlung lediglich den - sei es auch gekündigten - Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember voraussetzt. Die Klausel ist nicht teilbar.

25

aa) Handelt es sich um eine teilbare Klausel, ist die Inhaltskontrolle jeweils für die verschiedenen, nur formal verbundenen Bestimmungen vorzunehmen (BAG 11. April 2006 - 9 AZR 610/05 - Rn. 32, BAGE 118, 36). Maßgeblich ist, ob die Klausel mehrere sachliche Regelungen enthält und der unzulässige Teil sprachlich eindeutig abtrennbar ist. Ist die verbleibende Regelung weiterhin verständlich, bleibt sie bestehen. Die Teilbarkeit einer Klausel ist durch Streichung des unwirksamen Teils zu ermitteln (vgl. BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 27, BAGE 139, 156).

26

bb) Der Senat hat für eine ähnlich lautende Klausel die Teilbarkeit bejaht (BAG 6. Mai 2009 - 10 AZR 443/08 - Rn. 11). Er hat angenommen, eine derartige Klausel sei sprachlich abtrennbar; bei Streichung des Wortes „unkündbar“ bleibe als verständliche Regelung immer noch die Bestimmung eines Stichtags übrig (kritisch ErfK/Preis 14. Aufl. §§ 305 - 310 BGB Rn. 103a; wohl zweifelnd Lüders GwR 2009, 206; differenzierend Salamon NZA 2010, 314 ff., 317).

27

cc) Daran hält der Senat nicht fest. Die sprachliche Teilbarkeit einer Klausel ist nur ein Indiz für die - entscheidende - inhaltliche Teilbarkeit (ErfK/Preis §§ 305 - 310 BGB Rn. 103). Die hier fragliche Regelung verfolgt mit dem Zusammenspiel von Bestand und besonderer Qualität („ungekündigt“) des Arbeitsverhältnisses als Anspruchsvoraussetzung ein Zielbündel von Betriebstreue und Motivation des Arbeitnehmers, das sich nicht sinnvoll aufspalten lässt. Es geht nicht um mehrere unterschiedliche sachliche Regelungen der Beklagten, die unabhängig voneinander beurteilt werden könnten. Vielmehr verlangt die Klausel das Bestehen des Arbeitsverhältnisses am Ende des Bezugszeitraums gerade mit der Besonderheit, es dürfe weder der Arbeitnehmer noch der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis gekündigt haben; damit geht eine Erweiterung der Bestandsvoraussetzung einher, die sich im Einzelfall unterschiedlich auswirkt. Für den Arbeitnehmer stellt sie sich als Obliegenheit dar, auf eine Eigenkündigung zu verzichten, was als Einforderung einer weiteren Betriebstreue verstanden werden kann; im Fall der Arbeitgeberkündigung geht es eher um das Interesse des Arbeitgebers, einem Arbeitnehmer, der in absehbarer Zeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, keine auch der Motivation für die künftige Arbeit dienende Sonderzahlung mehr leisten zu wollen. Diese durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen bestimmten Anspruchsvoraussetzungen hängen so eng miteinander zusammen, dass es auf eine im Rahmen von § 306 BGB unzulässige Neubestimmung des Vertragsinhalts hinauslaufen würde, wollte man aus Ziff. 1 der Richtlinien das Wort „ungekündigt“ herausstreichen.

28

4. Im Übrigen kann eine Sonderzahlung, die (auch) Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung darstellt, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen regelmäßig nicht vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde. Die Klausel benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen und ist deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unzulässig.

29

a) Der Senat hat die Unzulässigkeit eines Stichtags außerhalb des Bezugszeitraums damit begründet, dass die Stichtagsklausel im Widerspruch zum Grundgedanken des § 611 Abs. 1 BGB stehe, indem sie dem Arbeitnehmer bereits erarbeiteten Lohn entziehe. Ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer Lohn für geleistete Arbeit gegebenenfalls vorenthalten zu können, sei nicht ersichtlich (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - BAGE 140, 231; zustimmend ErfK/Preis § 611 BGB Rn. 534a - 534f; Bartholomä BB 2012, 2250; Schmitt-Rolfes AuA 2012, 455; Reinecke BB 2013, 437; Beitz SAE 2013, 17; ablehnend: jurisPK-BGB/Lapp/Salamon 6. Aufl. § 310 Rn. 104; vgl. auch Salamon NZA 2011, 1328). Diese Überlegungen gelten auch dann, wenn der Stichtag innerhalb des Bezugsjahres liegt und die Sonderzahlung - auch - Arbeitsleistung abgelten soll, die in dem Zeitraum vor dem Stichtag erbracht wurde.

30

b) Auch in diesem Fall ist die Sonderzahlung zum Teil Gegenleistung für erbrachte Arbeit. Ein im Austausch von Arbeit und Vergütung liegender Grund für die Kürzung der Vergütung besteht nicht. Die Kürzung erfolgt vielmehr aufgrund einer aus Sicht des Arbeitgebers nicht hinreichend erwiesenen Betriebstreue. Dieser Gesichtspunkt ändert aber nichts daran, dass der Arbeitnehmer die nach dem Vertrag geschuldete Leistung erbracht hat. Irgendeine Störung des Austauschverhältnisses ist nicht gegeben.

31

c) Auch ein Stichtag innerhalb des Bezugsjahres erschwert dem Arbeitnehmer die Ausübung des Kündigungsrechts, obwohl er seine Arbeitsleistung jedenfalls teilweise erbracht hat. Er erleidet einen ungerechtfertigten Nachteil. Der Wert der Arbeitsleistung für den Arbeitgeber hängt von ihrer Qualität und vom Arbeitserfolg ab, regelmäßig jedoch nicht von der reinen Verweildauer des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis. Die Belohnung zunehmender Beschäftigungsdauer als solcher steht nicht in einem Verhältnis zur Qualität und zum Erfolg der Arbeitsleistung. Die einmal erbrachte Arbeitsleistung gewinnt auch regelmäßig nicht durch bloßes Verharren des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis nachträglich an Wert (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 25, BAGE 140, 231).

32

d) Anders mag es liegen, wenn die Arbeitsleistung gerade in einem bestimmten Zeitraum vor dem Stichtag besonderen Wert hat. Das kann bei Saisonbetrieben der Fall sein, aber auch auf anderen branchen- oder betriebsbezogenen Besonderheiten beruhen. Möglich ist auch, dass eine Sonderzahlung an bis zu bestimmten Zeitpunkten eintretende Unternehmenserfolge anknüpft; in diesen Fällen ist eine zu bestimmten Stichtagen erfolgende Betrachtung oftmals zweckmäßig und nicht zu beanstanden (BAG 6. Mai 2009 - 10 AZR 443/08 - Rn. 15). Für solche besonderen Einflüsse ist hier jedoch nichts ersichtlich. Im Gegenteil spricht die Zuwendung von - bezogen auf die zurückgelegten Beschäftigungsmonate - anteiligen Sonderzahlungen an unterjährig eintretende Arbeitnehmer dafür, dass den Richtlinien die Vorstellung zugrunde liegt, die Sonderzahlung werde gleichmäßig im Lauf des Jahres als zusätzliches Entgelt für die laufende Arbeitsleistung verdient.

33

e) Diesen Überlegungen entspricht die insolvenzrechtliche Einordnung von leistungsbezogenen Sonderzahlungen durch den Senat. Der Anspruch auf eine solche Sonderzuwendung entsteht danach regelmäßig während des Bezugszeitraums entsprechend der zurückgelegten Dauer („pro rata temporis“) und wird nur zu einem anderen Zeitpunkt insgesamt fällig. Insolvenzrechtlich sind arbeitsleistungsbezogene Sonderzuwendungen dem Zeitraum zuzuordnen, für den sie als Gegenleistung geschuldet sind: Soweit mit ihnen Arbeitsleistungen vergütet werden, die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbracht wurden, handelt es sich um Masseforderungen. Soweit durch sie vor Verfahrenseröffnung erbrachte Arbeitsleistungen honoriert werden, liegen Insolvenzforderungen vor (BAG 14. November 2012 - 10 AZR 793/11 - Rn. 14, 20).

34

f) An diesem Ergebnis ändert auch der Umstand nichts, dass § 14 MTV für die dort geregelten Ansprüche auf Sonderzahlung zulässigerweise einen unterjährigen Stichtag vorsieht, nämlich den 1. Dezember des Bezugsjahres.

35

aa) Die Tarifvertragsparteien überschreiten den ihnen zustehenden Gestaltungsspielraum nicht, wenn sie Sonderzahlungen, die sowohl eine Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung darstellen als auch der Honorierung von Betriebstreue dienen, vom Bestand des Arbeitsverhältnisses an einem bestimmten Stichtag im Bezugszeitraum abhängig machen (vgl. zum TV Zuwendung: BAG 18. August 1999 - 10 AZR 424/98 - BAGE 92, 218). Ihr Gestaltungsspielraum ist dabei sowohl gegenüber den Betriebsparteien (vgl. zu Stichtagsregelungen außerhalb des Bezugszeitraums in Betriebsvereinbarungen: BAG 12. April 2011 - 1 AZR 412/09 - BAGE 137, 300; 7. Juni 2011 - 1 AZR 807/09 -; 5. Juli 2011 - 1 AZR 94/10 -) als auch gegenüber den einseitigen Gestaltungsmöglichkeiten des Arbeitgebers in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (vgl. dazu BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - BAGE 140, 231) erweitert (BAG 12. Dezember 2012 - 10 AZR 718/11 - Rn. 39 - 41).

36

bb) Tarifvertragliche Regelungen sind zwar kein Maßstab für die Inhaltskontrolle (MüKoBGB/Basedow 6. Aufl. § 310 Rn. 104; Lingemann NZA 2002, 181, 188; Thüsing BB 2002, 2666, 2674; aA Däubler NZA 2001, 1329, 1334). Allgemeine Geschäftsbedingungen unterliegen der Inhaltskontrolle nach § 307 ff. BGB jedoch nicht, soweit sie keine von den Tarifverträgen, Betriebs- und Dienstvereinbarungen abweichenden Regelungen oder diese Kollektivverträge lediglich ergänzende Regelungen vereinbaren (§ 310 Abs. 4 Satz 3 iVm. § 307 Abs. 3 BGB; vgl. BeckOK BGB/Becker Stand 1. November 2013 § 310 BGB Rn. 42). Im Streitfall weichen die Richtlinien zulasten der Arbeitnehmer von den Regelungen des Tarifvertrags ab und unterliegen deshalb als eigenständige Allgemeine Geschäftsbedingungen der uneingeschränkten Inhaltskontrolle. Während nach den Richtlinien eine Bindung ggf. bis weit in das auf das Bezugsjahr folgende Jahr vorgesehen ist, bindet der Tarifvertrag den Arbeitnehmer nur bis zum 1. Dezember des laufenden Jahres. Andererseits gewährt der Tarifvertrag einen Anspruch lediglich bei mindestens einjährigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses am 1. Dezember eines Jahres. Das Arbeitsverhältnis muss also spätestens am 1. Dezember des Vorjahres begonnen haben. Einen anteiligen Zahlungsanspruch bei unterjährigem Eintritt ins Arbeitsverhältnis gewährt der Tarifvertrag nicht, er sieht aber Ausnahmen von der Stichtagsregelung bei Verrentung vor. Der Tarifvertrag betont insgesamt wesentlich stärker den Gesichtspunkt der Betriebstreue, als es die Richtlinien tun: Während nach den Richtlinien ein Arbeitnehmer, der am 1. Dezember eintritt, einen Anspruch auf 1/12 des Novembergehaltes für das laufende Jahr erwirbt, besteht nach dem Tarifvertrag für einen solchen Arbeitnehmer selbst dann kein Anspruch, wenn er ein Jahr arbeitet und dann am 30. November des Folgejahres ausscheidet.

37

5. Der Anspruch ist nicht durch den arbeitsvertraglichen Freiwilligkeitsvorbehalt ausgeschlossen. Dieser Vorbehalt ist unwirksam.

38

a) Nach § 3 Ziff. 2 des Arbeitsvertrags, der als Allgemeine Geschäftsbedingung anzusehen ist, bezieht sich der Freiwilligkeitsvorbehalt nicht nur auf Gratifikationen, sondern auf alle Leistungen, die nicht im Arbeitsvertrag oder durch „gültigen Tarifvertrag“ geregelt sind. Die Entstehung von Rechtsansprüchen soll generell ausgeschlossen sein. „Freies Ermessen“ bedeutet, dass der es Ausübende lediglich die - stets geltenden - allgemeinen Schranken der Rechtsausübung, insbesondere den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, die Willkür- und Maßregelungsverbote sowie den Grundsatz von Treu und Glauben zu beachten hat. Die Entscheidung muss sich nicht am Maßstab der Billigkeit ausrichten (vgl. BAG 4. Januar 2009 - 5 AZR 75/08 - Rn. 14, 17).

39

b) Mit diesem Inhalt hält die Vertragsklausel der Inhaltskontrolle nicht stand. Ein Freiwilligkeitsvorbehalt, der alle zukünftigen Leistungen unabhängig von ihrer Art und ihrem Entstehungsgrund erfasst, benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB und ist deshalb unwirksam. Ein solcher Freiwilligkeitsvorbehalt bezieht unzulässigerweise laufende Leistungen ein und verstößt sowohl gegen den in § 305b BGB bestimmten Vorrang der Individualabrede als auch gegen den allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass vertragliche Regelungen einzuhalten sind(BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 36 - 41, BAGE 139, 156; 16. Januar 2013 - 10 AZR 26/12 - Rn. 22; zustimmend Worzalla SAE 2012, 92; Preis/Sagan NZA 2012, 1077; kritisch Bauer/von Medem NZA 2012, 894; Niebling NJW 2013, 3011).

40

c) Soweit die Gratifikation in der Gesamtzusage vom 30. September 2010 als „freiwillige, jederzeit widerrufliche Leistung“ bezeichnet wird, ändert das ebenfalls nichts an der Verpflichtung der Beklagten.

41

II. Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 iVm. § 288 Abs. 1 BGB.

42

III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 97 ZPO.

        

    Mikosch    

        

    Mestwerdt    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    R. Baschnagel    

        

    Petri    

                 
14
b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können inhaltlich voneinander trennbare, einzeln aus sich heraus verständliche Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch dann Gegenstand einer gesonderten Wirksamkeitsprüfung sein, wenn sie in einem äußeren sprachlichen Zusammenhang mit anderen - unwirksamen - Regelungen stehen. Nur wenn der als wirksam anzusehende Teil im Gesamtgefüge des Vertrags nicht mehr sinnvoll, insbesondere der als unwirksam beanstandete Klauselteil von so einschneidender Bedeutung ist, dass von einer gänzlich neuen, von der bisherigen völlig abweichenden Vertragsgestaltung gesprochen werden muss, ergreift die Unwirksamkeit der Teilklausel die Gesamtklausel (BGH, Urteile vom 10. Oktober 1996 - VII ZR 224/95, NJW 1997, 394, 395 mwN und vom 12. Februar 2009 - VII ZR 39/08, NJW 2009, 1664 Rn. 15). Die inhaltliche Trennbarkeit einer Klausel und damit ihre Zerlegung in einen inhaltlich zulässigen und einen inhaltlich unzulässigen Teil ist immer dann gegeben, wenn der unwirksame Teil der Klausel gestrichen werden kann, ohne dass der Sinn des anderen Teils darunter leidet (sog. blue-pencil-test); ob beide Bestimmungen den gleichen Regelungsgegenstand betreffen ist dabei unerheblich (MüKoBGB/Basedow, 6. Aufl., § 306 Rn. 18; Palandt/Grüneberg, BGB, 72. Aufl., § 306 Rn. 7, jeweils mwN).

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 18. Dezember 2013 - 6 Sa 357/13 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Differenzvergütung unter dem Gesichtspunkt des equal pay.

2

Der Kläger war vom 5. März 1998 bis zum 29. November 2013 bei der Beklagten, die neben einem eigenen Produktionsbetrieb auch Arbeitnehmerüberlassung betreibt, als Putzer von Gussteilen beschäftigt. In dem in die Revisionsinstanz gelangten Streitzeitraum - die Jahre 2008 und 2009 - war der Kläger mehrfach der F GmbH & Co. KG (fortan Entleiherin) überlassen und erhielt dabei einen Bruttostundenlohn von 10,00 Euro nebst Zuschlägen für Nacht- und Feiertagsarbeit. Von März bis September 2009 sowie im Dezember 2009 war der Kläger von Kurzarbeit betroffen.

3

Dem Arbeitsverhältnis lag zunächst ein Formulararbeitsvertrag vom 1. Januar 1999 (im Folgenden AV 1999) zugrunde, in dem es ua. heißt:

        

„§ 11 Ausschlußfrist

        

(1) Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis müssen wie folgt geltend gemacht werden: Ansprüche auf Zuschläge aller Art sofort, spätestens innerhalb von 4 Wochen nach Abrechnung des Zeitraums, bei dem sie hätten abgerechnet werden müssen; alle übrigen beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit.

        

(2) Eine Geltendmachung nach Ablauf der unter Ziffer 1 festgesetzten Frist ist ausgeschlossen.

        

(3) Ist ein Anspruch rechtzeitig erhoben worden und lehnt der Arbeitgeber seine Erfüllung ab, so hat der Arbeitnehmer den Anspruch innerhalb von drei Monaten seit der Ablehnung gerichtlich geltend zu machen. Eine spätere Geltendmachung ist ausgeschlossen.

        

§ 12 Ergänzende Vorschriften

        

Soweit in diesem Vertrag einzelne Bestimmungen des Manteltarifvertrages einbezogen sind, handelt es sich hierbei um den Manteltarifvertrag für das Metallbauer-Handwerk, das Maschinenbaumechaniker-Handwerk, das Werkzeugmacher-Handwerk, das Dreher-Handwerk, das Feinmechaniker-Handwerk, das Metallformer- und das Metallgießer-Handwerk in Hessen in der jeweils gültigen Fassung. Über die ausdrücklich in diesem Vertrag bezeichneten Bestimmungen hinaus findet der Manteltarifvertrag aber keine Anwendung.“

4

Am 29. Januar 2010 schlossen die Parteien einen neuen Arbeitsvertrag (im Folgenden AV 2010), der auszugsweise lautet:

        

㤠2 Anwendung eines Tarifvertrages

        

1. Für diesen Arbeitsvertrag kommen der Manteltarifvertrag, der Entgeltrahmentarifvertrag, der Entgelttarifvertrag und der Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung des Interessenverbandes Deutscher Zeitarbeitsunternehmen in ihrer jeweiligen gültigen Fassung zur Anwendung. Eine Tarifbindung besteht nicht.

        

…       

        

§ 4 Beginn und Dauer des Arbeitsverhältnisses

        

Das Arbeitsverhältnis hat aufgrund des zwischen den Vertragsschließenden vereinbarten Arbeitsvertrages vom 05.03.1998 bereits zum 05.03.1998 begonnen. Es ist unbefristet. Zwischen den Vertragsschließenden besteht Einigkeit darüber, dass der vorgenannte Arbeitsvertrag durch die Regelungen dieses Vertrages ersetzt wird.

        

…       

        

§ 23 Besondere Vereinbarungen

        

Zwischen den Vertragsschließenden besteht Einigkeit darüber, dass die vorstehend vereinbarten arbeitsvertraglichen Regelungen sämtliche Regelungen des bisherigen Arbeitsvertrages ersetzen und aus dem bisherigen Arbeitsvertrag sämtliche Ansprüche, gleich welcher Art, bekannt oder unbekannt, abgegolten und erledigt sind; die bisherige Dauer der Betriebszugehörigkeit (zeitliche Faktor) bleibt hiervon unberührt. Im Übrigen besteht zwischen den Vertragsschließenden Einigkeit darüber, dass die Bestimmungen der vorstehend bezeichneten tariflichen Regelungen bereits im Rahmen des bisherigen Vertragsverhältnisses Anwendung gefunden haben.“

5

Mit Schreiben vom 20. August 2010 forderte der Kläger die Beklagte auf, ihm beginnend ab Januar 2007 für die Zeiten der Überlassung an die Entleiherin „ordnungsgemäße“ Abrechnungen unter Berücksichtigung des Lohnrahmentarifvertrags für die Eisen-, Metall- und Elektroindustrie des Landes Hessen zu erteilen und „sich daraus ergebende Lohnansprüche“ auszugleichen. Dem kam die Beklagte nicht nach.

6

Mit der am 2. März 2011 eingereichten Klage hat der Kläger zunächst dieses Begehr für die Zeit ab Januar 2008 weiterverfolgt. Nachdem er von der Entleiherin eine Auskunft nach § 13 AÜG eingeholt hatte, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 1. August 2011 auf eine bezifferte Leistungsklage umgestellt und unter Berufung auf § 10 Abs. 4 AÜG für die Zeiträume der Überlassungen an die Entleiherin die Differenz zwischen der von der Beklagten erhaltenen Vergütung und dem Arbeitsentgelt, das die Entleiherin vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt haben soll, verlangt. Außerdem stehe ihm ein jährliches Urlaubsgeld in der von vergleichbaren Stammarbeitnehmern bezogenen Höhe sowie eine auf der Grundlage des Vergleichsentgelts berechnete „Kurzarbeitervergütung“ zu.

7

Der Kläger hat - soweit die Klage in die Revisionsinstanz gelangt ist - zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 10.540,33 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. März 2011 zu zahlen und über die Zahlungsbeträge neue Abrechnungen zu erteilen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, möglichen Ansprüchen des Klägers stehe die Abgeltungsklausel in § 23 AV 2010 entgegen. Jedenfalls sei Verfall nach der in § 11 AV 1999 vereinbarten Ausschlussfristenreglung eingetreten.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit sie in die Revisionsinstanz gelangt ist - stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten dem Kläger nur (Differenz-)Zuschläge iHv. 904,89 Euro brutto nebst Zinsen zuerkannt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat - unter nicht tenorierter, aber sich aus den Gründen ergebender und rechtskräftig gewordener Zurückweisung der Berufung im Übrigen - der Berufung der Beklagten gegen die erstinstanzliche Entscheidung zu Recht in dem ausgeurteilten Umfang stattgegeben. Die Klage ist hinsichtlich der noch anhängigen Ansprüche unbegründet.

11

I. Der Kläger hat für jede Überlassung für deren jeweilige Dauer Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG(vgl. BAG 13. März 2013 - 5 AZR 294/12 - Rn. 24; 23. Oktober 2013 - 5 AZR 135/12 - Rn. 27, BAGE 146, 217). Eine nach § 9 Nr. 2 AÜG zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung haben die Parteien im AV 1999 nicht getroffen.

12

II. Den Ansprüchen des Klägers auf gleiches Arbeitsentgelt steht § 23 AV 2010 nicht entgegen.

13

1. Unabhängig von der Frage, ob die „Erledigungsklausel“ in § 23 Satz 1 AV 2010 überhaupt rechtsgeschäftliche Erklärungen enthalten soll, hätte ein - zugunsten der Beklagten unterstellter - rechtsgeschäftlicher Erklärungswert dieses Verbrauchervertrags(§ 310 Abs. 3 BGB) allenfalls die Bedeutung eines deklaratorischen negativen Schuldanerkenntnisses. Entsprechend ihrem Wortlaut hält die Klausel die übereinstimmende Auffassung der Parteien fest, dass mit der Ersetzung des AV 1999 durch den AV 2010 alle Ansprüche aus dem bisherigen Arbeitsvertrag „abgegolten und erledigt“ sind. Damit fixieren die Vertragsparteien typischerweise die von ihnen angenommene Rechtslage und dokumentieren das, wovon sie ausgingen: Es bestehen nach diesem Zeitpunkt keine Ansprüche aus dem „alten“ Arbeitsverhältnis mehr (vgl. BAG 23. Oktober 2013 - 5 AZR 135/12 - Rn. 16 ff., BAGE 146, 217; 28. Januar 2015 - 5 AZR 122/13 - Rn. 21).

14

2. Soweit § 23 Satz 2 AV 2010 die erst im neuen Arbeitsvertrag in Bezug genommenen tariflichen Regelungen aus der Leiharbeitsbranche rückwirkend zur Anwendung bringen soll, benachteiligt die Klausel den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist unwirksam, § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Der Anspruch des Leiharbeitnehmers auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG entsteht als ein die arbeitsvertragliche Vergütungsabrede korrigierender gesetzlicher Entgeltanspruch mit jeder Überlassung(BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 42, BAGE 144, 306). Die rückwirkende Vereinbarung tariflicher Regelungen iSd. § 9 Nr. 2 AÜG zielt auf den Ausschluss der während der Geltung des AV 1999 bereits entstandenen Ansprüche des Klägers auf equal pay und damit auf einen Anspruchsverzicht. Ein solcher einseitig und kompensationslos den Leiharbeitnehmer treffender Entzug von erworbenen Ansprüchen auf gleiches Arbeitsentgelt widerspricht einer ausgewogenen Vertragsgestaltung und ist sachlich nicht zu begründen (vgl. BAG 19. Februar 2014 - 5 AZR 920/12 - Rn. 20 ff.).

15

III. Die Ansprüche des Klägers auf gleiches Arbeitsentgelt sind jedoch nach § 11 AV 1999 wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung verfallen.

16

1. Die arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung ist nach nicht angegriffener Feststellung des Landesarbeitsgerichts eine Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). Dafür begründet zudem das äußere Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung (vgl. BAG 19. März 2014 - 5 AZR 299/13 (F) - Rn. 17 mwN), der keine der Parteien entgegengetreten ist.

17

Unter Zugrundelegung des für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen geltenden Maßstabs (dazu zB BAG 16. Dezember 2015 - 5 AZR 567/14 - Rn. 12 mwN, st. Rspr.), erfasst die Klausel den Anspruch des Leiharbeitnehmers auf gleiches Arbeitsentgelt. Denn zu den „beiderseitigen Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis“ gehören alle Ansprüche, welche die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsbeziehung gegeneinander haben, ohne dass es auf die materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage ankäme (vgl. BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 39, BAGE 144, 306).

18

2. Die Klausel ist nicht überraschend iSd. § 305c Abs. 1 BGB und damit Vertragsbestandteil geworden.

19

Die Vereinbarung von Ausschlussfristen entspricht einer weit verbreiteten Übung im Arbeitsleben (BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 3 der Gründe, BAGE 115, 19; 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 46, BAGE 144, 306). Die Regelung findet sich auch nicht an einer irgendwo im Arbeitsvertrag versteckten Stelle. Sie ist vielmehr in einem mit „Ausschlussfrist“ überschriebenen eigenen Paragraphen enthalten.

20

3. Die Regelung zur Geltendmachung von Ansprüchen auf „Zuschläge aller Art“ ist unwirksam, im Übrigen hält § 11 Abs. 1 AV 1999 der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand.

21

a) Die erste Stufe der Frist zur Geltendmachung von Zuschlägen ist unwirksam nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, weil sie wegen ihrer Kürze den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Ihm verbleibt zur Geltendmachung nicht eine Mindestfrist von drei Monaten ab Fälligkeit des nicht erfüllten Anspruchs (vgl. BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 34 ff., BAGE 116, 66; 19. Februar 2014 - 5 AZR 920/12 - Rn. 25).

22

b) Die Unwirksamkeit der Frist zur Geltendmachung von Zuschlägen bedingt nicht die Unwirksamkeit der - den Anforderungen des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB genügenden - Frist zur Geltendmachung aller übrigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis. Die Klausel ist teilbar.

23

aa) Ohne Verstoß gegen das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion ist bei einer teilbaren Klausel die Inhaltskontrolle jeweils für die verschiedenen, nur formal in einer Allgemeinen Geschäftsbedingung verbundenen Bestimmungen vorzunehmen (BAG 11. April 2006 - 9 AZR 610/05 - Rn. 32, BAGE 118, 36; 14. Januar 2009 - 3 AZR 900/07 - Rn. 23, BAGE 129, 121). Maßgeblich ist dabei die inhaltliche Teilbarkeit (BAG 13. November 2013 - 10 AZR 848/12 - Rn. 27, BAGE 146, 284; BGH 10. Oktober 2013 - III ZR 325/12 - Rn. 14 mwN; ErfK/Preis 16. Aufl. §§ 305 - 310 BGB Rn. 103; HWK/Gotthardt 6. Aufl. § 306 BGB Rn. 3; Bonin in Däubler/Bonin/Deinert 4. Aufl. § 306 BGB Rn. 12a). Deshalb können inhaltlich trennbare Regelungen in einer Verfallklausel nach Anwendung des sog. blue-pencil-Test wirksam sein (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 37, BAGE 141, 340).

24

bb) Gemessen daran ist § 11 Abs. 1 AV 1999 inhaltlich teilbar. Er enthält - sprachlich verschränkt und in einer Klausel zusammengefasst - für die erste Stufe der Geltendmachung zwei Ausschlussfristenregelungen, nämlich eine für Zuschläge, eine weitere für alle übrigen beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis. Eine solche Aufspaltung mag bei arbeitsvertraglichen Verfallfristen ungewöhnlich sein, in tariflichen Ausschlussfristenregelungen ist eine unterschiedliche Länge der Geltendmachungsfrist für verschiedene Arten von Ansprüchen nicht unüblich. So enthält der in § 12 AV 1999 erwähnte Manteltarifvertrag für das Metallbauer-, Maschinenbaumechaniker-, Werkzeugmacher-, Dreher-, Feinmechaniker-, Metallformer- und Metallgießerhandwerk für das Land Hessen in § 26 eine wortgleiche Ausschlussfristenregelung(zwischen Ansprüchen auf Zuschläge und „alle übrigen Ansprüche“ differenzierend zB auch § 22 MTV für die Arbeitnehmer der bayerischen Metall- und Elektroindustrie). Bei einer Ausschlussfristenregelung müssen nicht zwingend alle Ansprüche einer Ausschlussfrist - noch dazu einer gleich langen - unterworfen werden. Auch ohne Ausschlussfristenregelung für Zuschläge enthält § 11 AV 1999 für alle Ansprüche, die nicht auf Zuschläge gerichtet sind, ein sinnvolles, in sich geschlossenes Ganzes.

25

Der Teilbarkeit der Klausel steht nicht entgegen, dass der verbleibende Teil - Ausschlussfristenregelung für „alle übrigen beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ - wegen der Auflösung der sprachlichen Verschränkung auslegungsbedürftig wird. Dies lässt nicht die inhaltliche Eigenständigkeit der verbleibenden Regelung entfallen, sondern betrifft deren Transparenz.

26

4. Die in § 11 Abs. 1 AV 1999 verbleibende Regelung ist hinreichend transparent iSd. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

27

a) Bei einer die Art und Weise der Geltendmachung eines entstandenen Anspruchs - und damit zugleich dessen Untergang - regelnden Klausel ist es erforderlich, dass der Arbeitnehmer bei Vertragsabschluss erkennen kann, was „auf ihn zukommt“: Es muss aus der Klausel ersichtlich sein, welche Rechtsfolge der Arbeitnehmer zu gewärtigen und was er zu tun hat, um diese Rechtsfolge zu verhindern (BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 48, BAGE 144, 306). Dabei führt die Auslegungsbedürftigkeit der Klausel nicht automatisch zu deren Intransparenz (BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 16 mwN, BAGE 139, 44).

28

b) Diesen Anforderungen genügt die verbleibende Ausschlussfristenregelung.

29

Die gedankliche Prüfung der Teilbarkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führt nicht dazu, dass der unwirksame Teil einer Klausel „unter dem blauen Stift verschwindet“. Vielmehr kann der Vertragstext weiterhin zur Auslegung der verbleibenden Regelung herangezogen werden. Für den durchschnittlichen Arbeitnehmer ist unbeschadet des späteren blue-pencil-Test erkennbar, dass mit der Formulierung „alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ all diejenigen gemeint sind, die nicht „Zuschläge aller Art“ zum Inhalt haben. Auch über den Rechtsbegriff der „Zuschläge“ ist der durchschnittliche Arbeitnehmer nicht im Unklaren und weiß, dass es sich dabei um über das Grundentgelt hinausgehende Vergütungen etwa für Arbeit zu besonderer Zeit oder unter besonderen Bedingungen handelt. Dementsprechend hatte der Kläger keine Schwierigkeiten, die vergleichbaren Stammarbeitnehmern von der Entleiherin gewährten (tariflichen) Zuschläge in seine Vergleichsberechnung einzubeziehen.

30

Des Weiteren kann der Arbeitnehmer aus der Klausel ersehen, dass diese Ansprüche „ausgeschlossen“ sind (also - untechnisch - in Wegfall geraten), wenn sie nicht innerhalb bestimmter Fristen geltend gemacht werden.

31

IV. Der Kläger hat keinen Anspruch auf neue Abrechnungen.

32

Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 GewO ist dem Arbeitnehmer „bei Zahlung“ des Arbeitsentgelts eine Abrechnung in Textform zu erteilen. Der Abrechnungsanspruch entsteht danach erst, wenn Arbeitsentgelt gezahlt wird und ist vorher nicht klagbar (BAG 13. Oktober 2015 - 1 AZR 130/14 - Rn. 29; 16. Dezember 2015 - 5 AZR 567/14 - Rn. 34 ff. mwN).

33

V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

        

        

    Kremser    

        

    Pollert    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 12. Januar 2011 - 4 Sa 437/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Annahmeverzugsansprüche.

2

Der Kläger war seit 1998 bei der Beklagten als Diplomingenieur zu einem Bruttomonatsentgelt von zuletzt 3.579,04 Euro beschäftigt. Der von der Beklagten vorformulierte Anstellungsvertrag vom 6. Oktober 1998 regelt ua.:

        

㤠3

        

…       

        

Das Urlaubsgeld beträgt 50% des Grundgehalts zuzüglich der Leistungszulage nach Beurteilung.

        

Das Weihnachtsgeld ist wie folgt gestaffelt:

        

…       

        

Bei Betriebszugehörigkeit am 1.12. über 35 Monate

50 %   

        

….    

        

Die Wartezeit für Urlaubsgeld beträgt 6 Monate zum 1.7. Die Wartezeit für Weihnachtsgeld jeweils 5 Monate vom 1.7. bzw. 1.12. eines Kalenderjahres.

        

Ein Anspruch auf Bezahlung besteht nicht, wenn der Angestellte bei Fälligkeit (1.7. oder 1.12.) nicht mehr bei der Firma beschäftigt ist oder sich in gekündigtem Arbeitsverhältnis befindet.

        

§ 5

        

Der Hausvertrag ist wesentlicher Bestandteil dieses Anstellungsvertrages.

        

Herr S erklärt, daß ihm der Inhalt des Hausvertrages bekannt ist und daß derselbe mit dem Anstellungsvertrag übergeben wurde.

        

Die Parteien verzichten auf die Unterzeichnung des Hausvertrages als Wirksamkeitsvoraussetzung.“

3

Der Hausvertrag regelt ua.:

        

㤠11

        

Ausschlußfristen

        

…       

        

Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Zusammenhang stehen, müssen innerhalb von 4 Wochen nach Fälligkeit gegenüber dem anderen Vertragspartner schriftlich geltend gemacht werden.

        

Lehnt der Vertragspartner den Anspruch ab, oder erklärt er sich nicht innerhalb von 4 Wochen nach Geltendmachung des Anspruches uneingeschränkt zur Erfüllung bereit, so kann der Anspruch nicht mehr geltend gemacht werden, wenn er nicht innerhalb von 4 Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.“

4

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 20. Dezember 2002 zum 31. März 2003. Das Landesarbeitsgericht Nürnberg stellte mit Urteil vom 29. Januar 2008 (-   2 Sa 34/07 -) fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch diese Kündigung nicht aufgelöst wurde. Die Beklagte nahm die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde mit Schriftsatz vom 9. Juni 2006 zurück.

5

Die Beklagte forderte den Kläger mit Schreiben vom 21. November 2008 auf, am Montag, dem 24. November 2008, die Arbeit wieder anzutreten, nachdem das Arbeitsverhältnis „unverändert fortbesteht“. Der Kläger reagierte auf diese Aufforderung nicht. Er setzte das zum 1. November 2006 begründete Arbeitsverhältnis bei einem Dritten fort. Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 3. Dezember 2008 außerordentlich. Der Kläger erhob gegen diese Kündigung keine Klage.

6

Er hat für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis zum 30. November 2008 Annahmeverzugsvergütung einschließlich Urlaubs- und Weihnachtsgelder am 20. August und 9. Dezember 2008 schriftlich und mit seiner am 16. Juli 2009 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage gerichtlich geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, der Annahmeverzug habe nicht vor Ablauf des Monats November 2008 geendet.

7

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Interesse - beantragt,

        

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 40.558,65 Euro brutto nebst Zinsen zu zahlen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Mit Eintritt der Rechtskraft im Kündigungsrechtsstreit habe der Annahmeverzug geendet, jedenfalls mit der späteren Arbeitsaufforderung. Urlaubs- und Weihnachtsgeld stehe dem Kläger nicht zu, weil er nicht tatsächlich beschäftigt gewesen sei. Alle Ansprüche seien zudem verfallen.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 ZPO). Der Senat ist an einer eigenen Sachentscheidung gehindert, weil das Landesarbeitsgericht notwendige Feststellungen zum Zugang des Schreibens vom 21. November 2008 und zur Höhe der dem Kläger bis dahin zustehenden Annahmeverzugsvergütung nicht getroffen hat (§ 563 Abs. 3 ZPO).

11

I. Der Kläger kann gemäß § 615 Satz 1, § 611 Abs. 1 iVm. §§ 293 ff. BGB Vergütung wegen Annahmeverzugs der Beklagten für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis zu dem Zeitpunkt beanspruchen, als er durch sein Verhalten nach Zugang der Arbeitsaufforderung vom 21. November 2008 seinen fehlenden Leistungswillen (§ 297 BGB) offenbarte.

12

1. Der Vergütungsanspruch ist entstanden. Das Arbeitsverhältnis der Parteien bestand bis zum Wirksamwerden der außerordentlichen Kündigung der Beklagten vom 3. Dezember 2008, die vom Kläger nicht angegriffen wurde. Die Beklagte kam durch den Ausspruch der unwirksamen ordentlichen Kündigung vom 20. Dezember 2002 in Annahmeverzug. Da in der Kündigung zugleich die Erklärung der Beklagten lag, sie werde die Leistung nicht annehmen, bedurfte es keines Angebots des Klägers, §§ 295, 296 Satz 1 BGB (vgl. BAG 24. September 2003 - 5 AZR 500/02 - zu I der Gründe mwN, BAGE 108, 27).

13

2. Der Annahmeverzug endete nicht mit Rücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde im Kündigungsrechtsstreit.

14

a) Der Annahmeverzug des Arbeitgebers endet nicht von selbst, sondern wenn die Voraussetzungen des Gläubigerverzugs entfallen. Ist der Arbeitgeber nach einer unwirksamen Kündigungserklärung mit der Annahme der Dienste des Arbeitnehmers in Verzug gekommen, muss er deshalb zur Beendigung des Annahmeverzugs die versäumte Arbeitsaufforderung nachholen. Die Beendigung des Streits über den Bestand eines Arbeitsverhältnisses ändert daran nichts. Auch in diesem Fall kann der Arbeitnehmer regelmäßig eine Arbeitsaufforderung des Arbeitgebers abwarten (BAG 19. September 1991 - 2 AZR 619/90 - zu B I 1 d der Gründe, RzK I 13b Nr. 18; 19. Januar 1999 - 9 AZR 679/97 - BAGE 90, 329; 18. Januar 2000 - 9 AZR 932/98 - zu I 1 der Gründe, BAGE 93, 179; 26. September 2007 - 5 AZR 870/06 - Rn. 28, BAGE 124, 141; KR/Spilger 9. Aufl. § 11 KSchG Rn. 24, 24a; v. Hoyningen-Huene/Linck KSchG 14. Aufl. § 11 Rn. 22, 24). Einer den Annahmeverzug beendenden Arbeitsaufforderung des Arbeitgebers bedarf es in jedem Fall, wenn dem Arbeitnehmer nicht ohne Weiteres erkennbar ist, wann und wo er die Arbeit wieder aufnehmen soll (Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 95 Rn. 63).

15

b) Hiernach bedurfte es einer erneuten Arbeitszuweisung durch die Beklagte, um den Annahmeverzug zu beenden.

16

3. Der Annahmeverzug der Beklagten endete aber, als der Kläger seinen fehlenden Leistungswillen (§ 297 BGB) offenbarte, indem er jede Reaktion auf die Arbeitsaufforderung der Beklagten unterließ.

17

a) Die Beklagte forderte den Kläger mit Schreiben vom 21. November 2008 auf, am Montag, dem 24. November 2008, die Arbeit in den Betriebsräumen in N, No, um 8:00 Uhr, wieder aufzunehmen, nachdem das Arbeitsverhältnis „unverändert fortbesteht“. Damit nahm sie die ihr obliegende Mitwirkungshandlung vor (vgl. BAG 19. Januar 1999 - 9 AZR 679/97 - BAGE 90, 329).

18

b) Die Beklagte musste hinsichtlich der Aufforderung keine „Ankündigungsfrist“ einhalten. Eine solche Ankündigungsfrist findet im Gesetz keine Stütze. Zwar ist der Arbeitnehmer nach Ausspruch einer Kündigung gehalten, seine Arbeitskraft anderweitig zu verwerten, § 615 Satz 2 BGB. Deshalb räumt ihm § 12 KSchG ein Wahlrecht ein: Besteht nach einer Entscheidung des Gerichts das Arbeitsverhältnis fort und ist der Arbeitnehmer ein neues Arbeitsverhältnis eingegangen, kann er binnen einer Woche nach der Rechtskraft die Fortsetzung des (früheren) Arbeitsverhältnisses verweigern. Mit der Erklärung endet das (frühere) Arbeitsverhältnis und es ist ihm nach § 12 Satz 4 KSchG entgangener Verdienst nur für die Zeit zwischen der Entlassung und dem Tag des Eintritts in das neue Arbeitsverhältnis zu gewähren. Lässt der Arbeitnehmer, wie hier der Kläger, die Wochenfrist aber verstreichen, besteht das frühere Arbeitsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten fort. Der Arbeitnehmer kann und muss deshalb jederzeit damit rechnen, dass der Arbeitgeber ihn zur Wiederaufnahme der Arbeit auffordert.

19

c) Allein aus der Eingehung eines neuen Arbeitsverhältnisses kann nicht das Fehlen jeder Leistungsbereitschaft des gekündigten Arbeitnehmers im alten Arbeitsverhältnis hergeleitet werden (BAG 6. November 1986 - 2 AZR 744/85 - zu III 1 b bb der Gründe, RzK I 13b Nr. 4). Der Arbeitnehmer kann das neue Arbeitsverhältnis auch unter Einhaltung einer Kündigungsfrist beenden. Kommt er der Arbeitsaufforderung aber ohne jegliche Erklärung nicht nach, hüllt er sich quasi in Schweigen, indiziert dies seine fehlende Leistungsbereitschaft (vgl. BAG 17. August 2011 - 5 AZR 251/10 - Rn. 21, EzA BGB 2002 § 615 Nr. 34).

20

d) Da der Kläger mit dem Unterlassen jeglicher Reaktion seinen fehlenden Leistungswillen kundtat, endete zu diesem Zeitpunkt der Annahmeverzug der Beklagten. Um diesen Zeitpunkt bestimmen zu können, wird das Landesarbeitsgericht festzustellen haben, wann dem Kläger die Arbeitsaufforderung zugegangen ist.

21

II. Der Kläger hat für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis zum Ende des Annahmeverzugs Anspruch auf Vergütung. Zu deren Höhe hat das Landesarbeitsgericht noch Feststellungen zu treffen.

22

1. Endete der Annahmeverzug der Beklagten vor dem 30. November 2008, ist zur Ermittlung der für November 2008 geschuldeten Vergütung nicht auf die in diesem Monat anteilig zu leistenden Arbeitstage abzustellen, sondern die anteilige Vergütung ist auf der Grundlage eines Tagessatzes von einem Dreißigstel des Monatsentgelts zu berechnen.

23

a) Das Gesetz regelt nicht, wie die Höhe des Vergütungsanspruchs zu errechnen ist, wenn das vertragliche Entgelt nach Monaten bemessen und ein Kalendermonat lediglich anteilig zu vergüten ist.Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen, die entsprechende Regelungen enthalten können, finden im vorliegenden Fall keine Anwendung. Ebenso fehlen vertragliche Absprachen der Parteien.

24

b) Eine konkrete Berechnungsweise, die auf die Zahl der Arbeitstage einschließlich der gesetzlichen Feiertage abstellt (so zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall: BAG 14. August 1985 - 5 AZR 384/84 - AP HGB § 63 Nr. 40 = EzA HGB § 63 Nr. 38), bildet zwar den Entgeltausfall im konkreten Monat genau ab, für eine pauschalierende Berechnungsweise auf der Grundlage von 30 Tagen monatlich spricht jedoch, dass diese im Einklang mit dem Prinzip des Monatsgehalts steht. Mit einem Monatsgehalt soll die im Laufe eines Monats vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung unabhängig von der im betreffenden Monat gegebenen Zahl von Arbeits-, Werk- oder Kalendertagen in gleichbleibender Höhe vergütet werden. Beide Vertragsparteien gehen nicht davon aus, dass der jeweilige Tageswert der Arbeitsleistung von Monat zu Monat schwankt. Zudem berücksichtigt diese Berechnungsweise die in § 191 BGB niedergelegte gesetzliche Wertung, ein Monatszeitraum werde zu 30 Tagen gerechnet. Eine vergleichbare gesetzliche Wertung findet sich in § 18 Abs. 1 Satz 2 BBiG. Ein Abstellen auf einen Durchschnittswert von 30 Tagen ist im Übrigen - mit Ausnahme des Monats Februar - die im Jahresdurchschnitt für die Arbeitnehmer günstigere Berechnungsweise, weil das Kalenderjahr mehr als 360 Tage hat (BAG 28. Februar 1975 - 5 AZR 213/74 - AP BGB § 628 Teilvergütung Nr. 1 = EzA BGB § 191 Nr. 2; aA Sächsisches Landesarbeitsgericht 2. September 2011 - 3 Sa 127/11 -). Vor allem dient die Berechnung auf der Basis von monatlich 30 Kalendertagen ihrer Vereinfachung. Dies gilt auch und gerade für die Ermittlung der Annahmeverzugsvergütung, auf die gemäß § 615 Satz 2 BGB, § 11 Nr. 1 KSchG anderweitig erzielter Verdienst anzurechnen ist. Würde bei einem Anspruch auf Teilvergütung eine konkrete Berechnungsweise anzuwenden sein, gölte diese konsequenterweise auch für die Berechnung des anzurechnenden Verdienstes. Es wäre dann jeweils zu ermitteln, welche Regelungen beim anderen Arbeitgeber Anwendung finden und welche konkrete Teilvergütung dort der jeweiligen Arbeitsleistung entspricht. Dies würde die Berechnung der Vergütung insgesamt erschweren und damit auch verzögern.

25

c) Die dem Kläger zustehende Vergütung umfasst entgegen der Auffassung der Beklagten auch die Urlaubsgelder für 2006, 2007, 2008 und die Weihnachtsgelder für 2006 und 2007 gemäß § 3 des Arbeitsvertrags iHv. jeweils 50 % der monatlichen Vergütung, weil der Kläger länger als 35 Monate bei der Beklagten beschäftigt war. Entgegen der Auffassung der Beklagten setzt § 3 des Arbeitsvertrags zur Entstehung des Anspruchs keine tatsächliche Beschäftigung voraus. Das folgt bereits aus dem Wortlaut der Regelung. Zum selben Ergebnis führt die Unklarheitenregel, § 305c BGB, denn hiernach gehen etwaige Auslegungszweifel hinsichtlich des Begriffs der „Beschäftigung“ zu Lasten der Beklagten.

26

d) Das Landesarbeitsgericht hat jedoch ergänzende Feststellungen hinsichtlich des vom Kläger für 2008 beanspruchten Weihnachtsgelds zu treffen.

27

Nach § 3 des Arbeitsvertrags haben die Parteien eine „Wartezeit“ bestimmt, die für Weihnachtsgeld jeweils fünf Monate vom 1. Juli bzw. 1. Dezember eines Kalenderjahres beträgt. Der Begriff der „Wartezeit“ bedarf der Auslegung. Abhängig davon ist zu entscheiden, ob und in welchem Maß das Weihnachtsgeld für 2008 geschuldet ist, wenn der Annahmeverzug der Beklagten vor dem 1. Dezember 2008 geendet haben sollte. Dabei wird das Landesarbeitsgericht zu berücksichtigen haben, dass der arbeitsvertraglich in Bezug genommene Hausvertrag in § 8 ausdrücklich neben dem Weihnachtsgeld eine freiwillige Weihnachtsgratifikation kennt.

28

2. Auf die Vergütung ist gemäß § 615 Satz 2 BGB, § 11 Nr. 1 KSchG das anzurechnen, was der Kläger durch anderweitige Arbeit verdient hat.

29

a) Der anderweitige Verdienst, den der Kläger während des Anrechnungszeitraums erzielt hat, ist nicht pro-rata-temporis, sondern auf die Gesamtvergütung für die Dauer des (beendeten) Annahmeverzugs anzurechnen. Zum Zwecke der dafür erforderlichen Vergleichsberechnung (Gesamtberechnung) ist zunächst die Vergütung für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste zu ermitteln. Dieser Gesamtvergütung ist das gegenüberzustellen, was der Arbeitnehmer in der betreffenden Zeit anderweitig verdient hat (BAG 12. Dezember 2006 - 1 AZR 96/06 - Rn. 33, BAGE 120, 308; 22. November 2005 -  1 AZR 407/04  - Rn. 22 mwN, BAGE 116, 246; 19. Februar 1997 -  5 AZR 379/94  - zu 2 der Gründe). Aufgrund der im Zivilprozess geltenden Dispositionsmaxime bestimmen die Parteien mit ihren Anträgen und Einwendungen den der Gesamtberechnung zugrunde zu legenden Zeitraum. Als Anfangstermin ist dies unstreitig der 1. Januar 2006. Den Endtermin hat das Landesarbeitsgericht noch festzustellen.

30

b) Öffentlich-rechtliche Leistungen hat der Kläger im Klagezeitraum nicht erhalten. Anderweitigen Arbeitsverdienst hat er seit dem 1. November 2006 erzielt. Die Vorinstanzen haben das sich aus den Abrechnungen des neuen Arbeitgebers ergebende Gesamtbruttoeinkommen des Klägers zutreffend zugrunde gelegt. Sollte der Annahmeverzug der Beklagten vor dem 30. November 2008 geendet haben, ist auch nur bis zu diesem Endtermin anderweitiges Einkommen anzurechnen.

31

3. Der Kläger hat im Hinblick auf den Verzug der Beklagten Anspruch auf Zinsen auf die Differenzvergütung gemäß § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Trotz der Gesamtberechnung entstehen die Annahmeverzugsansprüche nicht erst am Ende des Annahmeverzugs, sondern sukzessive während des Annahmeverzugs und werden mit dem jeweiligen Abrechnungszeitraum fällig. Der Arbeitnehmer ist grundsätzlich nicht gehindert, sie ratierlich geltend zu machen. Der Arbeitnehmer kann Prozess- oder Verzugszinsen fordern. Doch hat der Kläger die von dritter Seite bezogenen Bruttovergütungen taggenau abzusetzen, wie dies für anzurechnende öffentlich-rechtliche Leistungen bereits entschieden ist (vgl. BAG 19. März 2008 - 5 AZR 429/07 - Rn. 16, BAGE 126, 198).

32

III. Die Ansprüche des Klägers sind, soweit sie entstanden sind, nicht gemäß § 5 des Arbeitsvertrags iVm. § 11 des Hausvertrags verfallen.

33

1. Nach § 5 des Arbeitsvertrags ist der Hausvertrag wesentlicher Bestandteil des Anstellungsvertrags. Die Bezugnahme auf den Hausvertrag als anderweitiges Regelungswerk ist wirksam. Verweist eine Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Vorschriften eines anderen Regelwerks, führt dies für sich genommen nicht zur Intransparenz ( BAG 14. März 2007 - 5 AZR 630/06  - BAGE 122, 12 ). Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Arbeitnehmer von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Erst in der Gefahr, dass der Arbeitnehmer wegen unklar abgefasster Allgemeiner Geschäftsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 BGB vor. Umstände, die allein im Hinblick auf die Bezugnahmeklausel eine solche Gefahr begründen könnten, hat der Kläger nicht vorgetragen; im Übrigen sind sie nicht ersichtlich. Die Bezugnahmeklausel ist nach dem äußeren Erscheinungsbild des Arbeitsvertrags auch nicht ungewöhnlich und überraschend.

34

2. Bei den Regelungen des Hausvertrags handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen, die den Anforderungen der §§ 305 ff. BGB standhalten müssen. Dieser Prüfungsmaßstab führt zur Unwirksamkeit der in § 11 des Hausvertrags normierten zweistufigen Ausschlussfrist.

35

a) Nach § 11 Abs. 1 des Hausvertrags müssen alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang stehen, innerhalb von vier Wochen nach Fälligkeit gegenüber dem anderen Vertragspartner schriftlich geltend gemacht werden (erste Stufe). Diese Ausschlussfrist ist angesichts der Unterschreitung der Dauer von drei Monaten unwirksam, weil sie den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB (vgl. BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 34 ff., BAGE 116, 66 ; 25. Mai 2005 -  5 AZR 572/04  - zu IV 7 der Gründe, BAGE 115, 19 ). Die Unwirksamkeit der ersten Stufe der Ausschlussklausel führt zu ihrem ersatzlosen Wegfall bei Aufrechterhaltung des Arbeitsvertrags im Übrigen ( § 306 Abs. 1 und Abs. 2 BGB ).

36

b) Die Unwirksamkeit der ersten Stufe führt im Streitfall auch zur Unwirksamkeit der zweiten Stufe der Ausschlussfrist.

37

aa) Gegenstand einer Inhaltskontrolle sind jeweils verschiedene, nur formal verbundene AGB-Bestimmungen. Deshalb können inhaltlich zu trennende Bestimmungen einer Ausschlussfristenregelung nach Anwendung des sog. Blue-Pencil-Tests wirksam sein (BAG 12. März 2008 - 10 AZR 152/07 - Rn. 26 ff., AP BGB § 305 Nr. 10 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 33; 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04  - BAGE 115, 19 ). Die Regelungen müssen allerdings nicht nur sprachlich, sondern auch inhaltlich zu trennen sein. Maßgeblich ist, ob sie mehrere sachliche Regelungen enthalten. Ist die verbleibende Regelung weiterhin verständlich, bleibt sie bestehen ( BGH 7. Oktober 1981 - VIII ZR 214/80 - zu II 3 e der Gründe, NJW 1982, 178; 25. Juni 2003 - VIII ZR 344/02 - zu II 2 der Gründe, NJW 2003, 2899; BAG 21. April 2005 - 8 AZR 425/04 - zu II 3 e der Gründe, AP BGB § 307 Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 309 Nr. 3; 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 26 ff., EzA BGB 2002 § 307 Nr. 54; Uffmann RdA 2012, 113, 118; Preis RdA 2012, 101, 106).

38

bb) § 11 Abs. 2 des Hausvertrags enthält keine eigenständige sachliche Regelung. Zwar sind die Stufen der Ausschlussfrist in getrennten Sätzen geregelt. Doch ist die verbleibende Regelung der zweiten Stufe allein nicht vollziehbar. Wegen der Unwirksamkeit der ersten Stufe gibt es keinen Zeitpunkt mehr, an den der Fristenlauf der zweiten Stufe anknüpfen könnte.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    S. Röth-Ehrmann    

        

    A. Christen    

                 

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 303/01 Verkündet am:
22. April 2004
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Verabschiedungsschreiben
Ein Beschäftigter, der vor dem Ausscheiden aus einem Arbeitsverhältnis unter
Verwendung des Adressenmaterials seines Arbeitgebers ein Verabschiedungsschreiben
an die bislang von ihm betreuten und ihm dabei durch ein Vertrauensverhältnis
verbundenen Kunden richtet, handelt wettbewerbswidrig, wenn er
direkt oder indirekt (hier u.a. durch die Angabe seiner privaten Adresse und Telefonnummer
) auf seine zukünftige Tätigkeit als Wettbewerber oder für einen
Wettbewerber hinweist.
BGH, Urt. v. 22. April 2004 - I ZR 303/01 - OLG Nürnberg
LG Nürnberg-Fürth
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. April 2004 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 2. Oktober 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 14. Februar 2001 hinsichtlich des Klageantrags zu Ziffer I 1 und der darauf bezogenen Anträge auf Auskunftserteilung (Klageantrag zu Ziffer II) sowie auf Schadensersatzleistung (Klageantrag zu Ziffer III) zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger und der Beklagte zu 1 sind Lohnsteuerhilfevereine und unterhalten beide in N. Beratungsstellen. Der Beklagte zu 2 war seit 1991 in der Beratungsstelle des Klägers als Steuersachbearbeiter angestellt. Er kündigte sein Arbeitsverhältnis am 30. November 1998 fristgerecht zum 31. Dezember 1998. Am 19. Dezember 1998 verabschiedete er sich mit dem nachstehend wiedergegebenen Schreiben von den damals durch ihn betreuten Mitgliedern des Klägers:
Gegenstand des Revisionsverfahrens sind, nachdem der Senat die weitergehende Revision des in beiden Vorinstanzen unterlegenen Klägers teilweise nicht angenommen hat, noch dessen Anträge,
es dem Beklagten zu 1 unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen , im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Mitglieder des Klägers durch ehemalige Mitarbeiter des Klägers unter Nennung des Vor- und Zunamens, der Adresse und Telefonnummer des Mitarbeiters unter Verwendung des Briefpapiers des Klägers anzuschreiben und/oder anschreiben zu lassen, insbesondere wie mit dem Schreiben des Beklagten zu 2 vom 19. Dezember 1998 geschehen; die Beklagten zu verurteilen, dem Kläger unter Nennung von Vor- und Zunamen und der Adresse mitzuteilen, welche Mitglieder des Klägers der Beklagte zu 2 mit dem Schreiben vom 19. Dezember 1998 angeschrieben hat, die 1998, 1999 und 2000 beim Beklagten zu 1 als Mitglieder eingetreten sind; die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, einen Betrag, dessen Höhe nach Erteilung der Auskunft noch zu bestimmen ist, mindestens jedoch 100.000 DM zuzüglich Zinsen seit Klagezustellung an den Kläger zu bezahlen. Der Kläger hat insoweit geltend gemacht, der Beklagte zu 2 habe zusammen mit seinem späteren Arbeitgeber, dem Beklagten zu 1, im Oktober und November 1998 ein Modell zur systematischen Abwerbung von Mitgliedern des Klägers entwickelt. Der Beklagte zu 2 sollte danach im Anschluß an die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses den bislang von ihm betreuten Mitgliedern des Klägers in einem Rundschreiben auf einem Briefpapier des Klägers unter Angabe seiner Privatanschrift und seiner privaten Telefonnummer sein Ausscheiden mitteilen. Der Schaden des Klägers durch den infolge des Schreibens des Beklagten zu 2 vom 19. Dezember 1998 eingetretenen Verlust von Mitgliedsbeiträgen habe allein im Jahr 2000 50.730 DM betragen.
Die Beklagten beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Nach der Auffassung des Berufungsgerichts erfüllen die im Unterlassungsantrag aufgeführten Verhaltensweisen den Tatbestand des § 1 UWG nicht. Aus der Sicht der Empfänger sei der Kläger auch dann Absender des Schreibens vom 19. Dezember 1998 gewesen, wenn seine Versendung zwischen den beiden Beklagten abgesprochen gewesen sei. Damit fehle es, wenn man den Vortrag des Klägers zu der zwischen den Beklagten im Oktober und November 1998 getroffenen Vereinbarung als richtig unterstelle, zwar nicht an der für eine Störerhaftung des Beklagten zu 1 erforderlichen Wiederholungsgefahr. Das Versenden des Rundschreibens sei aber nicht als wettbewerbswidriges Abwerben von Mitgliedern des Klägers zu werten. Das Schreiben fordere nicht dazu auf, die Mitgliedschaft beim Kläger zu beenden und in Zukunft mit dem Beklagten zu 2 oder dessen neuem Arbeitgeber zusammenzuarbeiten. Der Umstand, daß der Beklagte zu 2 das Briefpapier des Klägers verwendet habe und seinerzeit noch bei diesem angestellt gewesen sei, sei unerheblich. Ebensowenig führe die Angabe der privaten Anschrift und Telefonnummer des Beklagten zu 2 in dem Schreiben zu einer unzulässigen Abwerbung von Mitgliedern des Klägers. Die Angaben in dem Schreiben signalisierten dem Empfänger weder, daß er sich mit dem Beklagten zu 2 nach dessen Ausscheiden beim Kläger in Verbindung setzen solle, um zu erfahren, ob und wie sich dieser weiter betätige, noch erst recht, daß der Empfänger den Kläger verlassen solle.
Der Kläger könne den Unterlassungsanspruch auch nicht auf den bestrittenen Sachvortrag stützen, der Beklagte zu 2 habe die Namen und Adressen der Empfänger des Schreibens unter Verletzung seiner Pflichten als Mitarbeiter aus dem Rechner des Klägers übernommen. Zum einen komme dieser Gesichtspunkt im Unterlassungsantrag nicht zum Ausdruck, und zum anderen ha-
be der Beklagte zu 2 im Rahmen seines Aufgabenkreises gehandelt, wenn er sich der Üblichkeit entsprechend namens des Klägers von dessen durch ihn betreuten Mitgliedern verabschiedet habe. Die Annahme des Klägers, die Verwendung seines Briefpapiers erwecke bei einem nicht unbeträchtlichen Teil der angeschriebenen Mitglieder den Eindruck, der Beklagte zu 2 scheide beim Kläger im Einvernehmen aus, liege ebenso fern wie diejenige, der Beklagte zu 2 habe in dem Schreiben eine persönliche Steuerberatungsbefugnis in Anspruch genommen. Zudem sei nicht ersichtlich, inwiefern im ersteren Fall ein solcher falscher Eindruck Mitglieder des Klägers dazu hätte veranlassen können, sich einem Konkurrenzunternehmen zuzuwenden, und wäre im letzteren Fall allenfalls ein - nicht streitgegenständlicher - Unterlassungsanspruch gemäß § 3 UWG gegenüber dem Beklagten zu 2 gegeben. Fehl gehe schließlich der Hinweis des Klägers, Lohnsteuerhilfevereinen sei es gemäß § 6 der inzwischen aufgehobenen Werbeverordnung zum Steuerberatungsgesetz verwehrt, unter Nennung der Namen von Mitarbeitern zu werben.
II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht stand. Sie führen zur Aufhebung und zur Zurückverweisung.
1. Aus wettbewerbsrechtlicher Sicht besteht grundsätzlich kein Anspruch auf den Fortbestand des Kundenstamms. Das Abwerben von Kunden gehört zum Wesen des Wettbewerbs, auch wenn die Kunden noch an den Mitbewerber gebunden sind (vgl. BGH, Urt. v. 19.11.1965 - Ib ZR 122/63, GRUR 1966, 263, 264 - Bau-Chemie; Urt. v. 5.10.1966 - Ib ZR 136/64, GRUR 1967, 104, 106 - Stubenhändler; Urt. v. 8.11.2001 - I ZR 124/99, GRUR 2002, 548, 549 = WRP 2002, 524 - Mietwagenkostenersatz). Das Bestimmen zur ordnungsgemäßen Vertragsauflösung unter Beachtung der gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfristen ist daher wettbewerbsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden. Wettbewerbswidrig wird ein Einbrechen in fremde Vertragsbeziehungen erst
dann, wenn besondere Unlauterkeitsumstände hinzutreten (BGH, Urt. v. 27.2.1986 - I ZR 210/83, GRUR 1986, 547, 548 = WRP 1986, 379 - Handzettelwerbung ; BGHZ 110, 156, 170 - HBV-Familien- und Wohnungsrechtsschutz; BGH GRUR 2002, 548, 549 - Mietwagenkostenersatz).
2. Das Versenden des beanstandeten Rundschreibens durch den Beklagten zu 2 ist wettbewerbswidrig. Bei der für das Revisionsverfahren als richtig zu unterstellenden Absprache der beiden Beklagten kann ein wettbewerbswidriges Verhalten auch des Beklagten zu 1 nicht verneint werden.

a) Das vom Beklagten zu 2 an die von ihm betreuten Mitglieder des Klägers versandte Schreiben vom 19. Dezember 1998 zielte auf deren Abwerbung. Der Beurteilung des Berufungsgerichts, das Schreiben erschöpfe sich in einer höflichen Verabschiedung, kann nicht zugestimmt werden. Gegen diese beschränkte Sicht spricht die Angabe der privaten Anschrift und der Telefonnummer des Beklagten zu 2. Es kommt hinzu, daß sich der Beklagte zu 2 in dem Schreiben für das "bisherige ... Vertrauen" bedankt. Diese Formulierung sollte es den Adressaten ersichtlich nahelegen zu erwägen, mit dem Beklagten zu 2 auch nach dessen Ausscheiden beim Kläger weiterhin vertrauensvoll zusammenzuarbeiten. Ein ernstlich gemeintes und als solches dann auch im Interesse des Klägers liegendes Verabschiedungsschreiben hätte zudem Angaben zu der die Adressaten insbesondere interessierenden Frage enthalten, wie und, falls dies schon feststand, durch wen deren weitere steuerliche Beratung beim Kläger erfolgen würde. Alles in allem genommen war das Schreiben vom 19. Dezember 1998 daher darauf ausgerichtet, die vom Beklagten zu 2 seinerzeit betreuten Mitglieder zu veranlassen, sich auch weiterhin von diesem beraten zu lassen und sich hinsichtlich eines Wechsels der Mitgliedschaft in einem Lohnsteuerhilfeverein an den Beklagten zu 2 zu wenden.
Der Beklagte zu 2 verhielt sich schon deshalb unlauter i.S. des § 1 UWG, weil er zu dem Zeitpunkt, zu dem er das Rundschreiben versandte, noch in einem Arbeitsverhältnis zum Kläger stand und sich daher diesem gegenüber loyal zu verhalten hatte (vgl. RG GRUR 1939, 728, 731; BAG AP Nr. 5 zu § 60 HGB = BB 1970, 1095; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., § 1 UWG Rdn. 601; Großkomm.HGB/Konzen/Weber, 4. Aufl., § 60 Rdn. 17). Das galt zumal im Hinblick darauf, daß er als - teilweise langjähriger - steuerlicher Betreuer der Mitglieder des Klägers diesen gegenüber eine Vertrauensstellung innehatte und deshalb auch noch nach seinem Ausscheiden beim Kläger immerhin in einem gewissen Umfang auf dessen Interessen Rücksicht nehmen mußte (vgl. Großkomm.UWG/Brandner/Bergmann, § 1 Rdn. A 240). Die Wettbewerbswidrigkeit der Verhaltensweise des Beklagten zu 2 folgt zudem daraus, daß dieser das ihm vom Kläger anvertraute wertvolle Adressenmaterial zweckwidrig und zielgerichtet für sein Unternehmen, beim Kläger noch während des dort bestehenden Beschäftigungsverhältnisses eine erhebliche Anzahl von Mitgliedern abzuwerben, zum Einsatz brachte.

b) Der Beklagte zu 1 hätte danach mit der im Oktober und November 1998 mit dem Beklagten zu 2 getroffenen Vereinbarung, von deren Vorliegen das Berufungsgericht zugunsten des Klägers ausgegangen ist, unter dem Gesichtspunkt der Anstiftung, zumindest aber der (psychischen) Beihilfe zu dem von dem Beklagten zu 2 begangenen Verstoß wettbewerbswidrig gehandelt (vgl. BGH, Urt. v. 17.2.1956 - I ZR 57/54, GRUR 1956, 273, 274 f. - Drahtverschluß ; Urt. v. 20.5.1960 - I ZR 93/59, GRUR 1960, 558, 559 - Eintritt in Kundenbestellung ; Urt. v. 15.1.1987 - I ZR 215/84, GRUR 1987, 532, 533 = WRP 1987, 606 - Zollabfertigung; Großkomm.UWG/Brandner/Bergmann, § 1 Rdn. A 227).
3. Die Schadensersatzhaftung des Beklagten zu 2 wie auch des Beklagten zu 1 - die behauptete Abrede unterstellt - folgt aus § 1 UWG. Die beiden Beklagten sind danach zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Kläger durch den infolge des wettbewerbswidrigen Verhaltens der Beklagten bewirkten Wegfall von Mitgliedsbeiträgen entstanden ist. Der Umstand, daß ein Störer vom Betroffenen zwar auf Unterlassung, nicht aber auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden kann (BGH, Urt. v. 6.4.2000 - I ZR 67/98, GRUR 2001, 82, 83 = WRP 2000, 1263 - Neu in Bielefeld I; Urt. v. 18.10.2001 - I ZR 22/99, GRUR 2002, 618, 619 = WRP 2002, 532 - Meißner Dekor), steht der Haftung des Beklagten zu 1 nicht entgegen. Denn dieser betätigte sich, soweit er die vom Kläger behauptete Vereinbarung mit dem Beklagten zu 2 geschlossen hat, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht lediglich als - ohne eigene Wettbewerbsabsicht handelnder - Störer, sondern, wie vorstehend unter 2. b) dargestellt, als Teilnehmer an einer i.S. des § 1 UWG wettbewerbswidrigen Verhaltensweise.
4. Zur Durchsetzung seiner Schadensersatzansprüche benötigt der Kläger zudem die Auskunft, welche der bei ihm ausgetretenen 256 Mitglieder, die in der Anlage K 11 aufgeführt sind, als Adressaten des Schreibens vom 19. Dezember 1998 im zeitlichen Zusammenhang mit diesem beim Beklagten zu 1 eingetreten sind. Denn damit wäre es dem Kläger möglich, den Nachweis eines durch das Schreiben verursachten Schadens zu führen, ohne daß die Beklagten hierdurch ihrerseits in unzumutbarer Weise belastet werden.
III. Das Urteil des Berufungsgerichts konnte danach keinen Bestand haben ; es war deshalb aufzuheben. Da die Entscheidung des Rechtsstreits weitergehende Feststellungen in tatsächlicher Hinsicht erfordert, war die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Dieses wird im Rahmen des wiedereröffneten Berufungsverfahrens zunächst zu prüfen haben, ob die Beklagten im Oktober und November 1998 die vom Kläger behauptete Vereinbarung über die Abwerbung seiner Mitglieder getroffen haben. Sollte sich dieses ergeben, wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob die von den Beklagten erhobene Einrede der Verjährung durchgreift. Sollte sich das Unterlassungsbegehren danach als grundsätzlich begründet darstellen, käme, wie das Berufungsgericht im angefochtenen Urteil bereits zutreffend ausgeführt hat, eine Verurteilung des Beklagten zu 1 allein wegen des "Anschreibenlassens" von Mitgliedern des Klägers in Betracht. Bei der Fassung des Verbotsausspruchs wäre zudem zu berücksichtigen, daß dem Beklagten zu 1 nicht - entsprechend dem im Berufungsverfahren anders als in erster Instanz gestellten Unterlassungsantrag - das Anschreibenlassen von Mitgliedern des Klägers durch einen früheren Mitarbeiter, sondern dasjenige durch einen (seinerzeit dort noch) aktiven Mitarbeiter als wettbewerbswidrig anzulasten wäre (vgl. zu vorstehend II. 2. b)). Die zur Ermöglichung der Bezifferung des dem Kläger entstandenen Schadens gegebenenfalls bestehende Auskunftspflicht der Beklagten beschränkte sich auf diejenigen in der Anlage K 11 aufgeführten ehemaligen Mitglieder des Klägers, die beim Beklagten zu 1 im
zeitlichen Zusammenhang mit der etwaigen wettbewerbswidrigen Verhaltensweise der Beklagten eingetreten sind (vgl. zu vorstehend II. 4.). Ein solcher zeitlicher Zusammenhang könnte jedoch auch bei den beim Beklagten zu 1 erst im Jahr 2000 eingetretenen ehemaligen Mitgliedern des Klägers insbesondere dann anzunehmen sein, wenn bei diesen im Jahr 1999 kein Bedarf für eine steuerliche Beratung bestanden hatte.
Ullmann Bornkamm Büscher
Schaffert Bergmann

(1) Die Vorschriften über das Recht zur außerordentlichen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses werden durch das vorliegende Gesetz nicht berührt. Die Rechtsunwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung kann jedoch nur nach Maßgabe des § 4 Satz 1 und der §§ 5 bis 7 geltend gemacht werden. Stellt das Gericht fest, dass die außerordentliche Kündigung unbegründet ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat auf seinen Antrag das Gericht das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzulegen, zu dem die außerordentliche Kündigung ausgesprochen wurde. Die Vorschriften der §§ 10 bis 12 gelten entsprechend.

(2) Verstößt eine Kündigung gegen die guten Sitten, so finden die Vorschriften des § 9 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 und der §§ 10 bis 12 entsprechende Anwendung.

(3) Im Übrigen finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 auf eine Kündigung, die bereits aus anderen als den in § 1 Abs. 2 und 3 bezeichneten Gründen rechtsunwirksam ist, keine Anwendung.

Die Aufrechnung bewirkt, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 2. Oktober 2012 - 18 Sa 492/11 - insoweit aufgehoben, als das Landesarbeitsgericht die Berufung des Klägers gegen die Verurteilung zur Zahlung von 1.000,00 Euro nebst Zinsen an die Beklagte zurückgewiesen hat.

Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch um einen Anspruch auf Schadensersatz der Beklagten, den sie im Wege der Widerklage wegen aufgewendeter Detektivkosten geltend gemacht hat und der ihr vom Berufungsgericht iHv. 1.000,00 Euro nebst Zinsen zugesprochen wurde.

2

Die Beklagte betreibt ein Busunternehmen und beschäftigt mehr als zehn Arbeitnehmer. Der Kläger war seit 9. Oktober 2000 als Busfahrer im Schichtdienst zu einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt ca. 2.100,00 Euro beschäftigt.

3

2009 hatte der Kläger neunmal Fehlzeiten wegen ärztlich attestierter Arbeitsunfähigkeit, wobei diese zwischen fünf Tagen und mehr als fünf Wochen dauerten. 2010 war der Kläger zunächst vom 4. bis zum 28. Januar arbeitsunfähig. Sodann reichte er eine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Zeit vom 22. Februar 2010 bis 6. März 2010 ein. Auf Antrag der Beklagten bestimmte die AOK einen Untersuchungstermin für den Kläger bei dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen auf den 2. März 2010. Eine entsprechende Ladung schickte sie an den Kläger ab, welcher den Untersuchungstermin nicht wahrnahm. Am 9. März 2010 bestimmte die AOK einen weiteren Untersuchungstermin für den Kläger auf den 11. März 2010, diesmal wurde die Ladung durch einen Mitarbeiter der AOK dem Kläger am 9. März 2010 in den Briefkasten geworfen. Am 11. März 2010 rief sodann die Ehefrau des Klägers bei der AOK an und teilte mit, der Kläger habe die Einladung erst am 11. März 2010 erhalten. Auf Vorhalt eines Mitarbeiters der AOK, der Brief sei bereits am 9. März 2010 eingeworfen worden, erwiderte die Ehefrau des Klägers, sie schaue nicht täglich in den Briefkasten. Der Kläger nahm auch diesen Untersuchungstermin nicht wahr. Der Kläger reichte weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bis einschließlich 22. März 2010 ein.

4

Die Beklagte ließ den Kläger vom 16. März bis 21. März 2010 von einer Detektei observieren. Diese stellte fest, dass sich der Kläger täglich in dem Bistro „B“ in R aufhalte. Inhaber des Bistros ist der Schwiegervater des Klägers, geführt wird das Bistro von der Ehefrau des Klägers. Im Observationszeitraum tätigte der Kläger verschiedene Einkäufe mit dem Pkw und holte seine Ehefrau ab. Ebenso wurde beobachtet, dass er an der Eingangstür des Bistros ein Schild mit neuen Öffnungszeiten anbrachte und einmal zwei volle Getränkekisten aus dem Kofferraum seines Autos in das Bistro trug. Für diese Observation stellte die Detektei der Beklagten unter dem 23. März 2010 insgesamt 11.946,88 Euro netto in Rechnung.

5

Ohne die Observation zu erwähnen hielt die Beklagte mit Schreiben vom 31. März 2010 dem Kläger vor, sich zweimal der Untersuchung durch den Medizinischen Dienst entzogen zu haben, um nicht seine Arbeitsfähigkeit feststellen zu lassen. Dem Kläger wurde eine Kündigung angedroht und eine Frist zur Stellungnahme gesetzt. Der Kläger legte seinerseits eine neue Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Zeit ab dem 1. April 2010 vor und ließ durch Anwaltsschreiben vom 8. April 2010 erklären, die Einladung zur Untersuchung vom 2. März 2010 nicht erhalten und diejenige für den 11. März 2010 erst an diesem Tag im Briefkasten gefunden zu haben. Die Arbeitsunfähigkeit des Klägers dauerte über den 19. April 2010 hinaus fort, am 21. April 2010 legte der Kläger eine neue Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis einschließlich 5. Mai 2010 vor.

6

Vom 23. April 2010 bis 25. April 2010 ließ die Beklagte den Kläger erneut durch die Detektei beobachten. Diese hielt die Aktivitäten des Klägers sinngemäß wie folgt fest:

7

23. April 2010: Um 16:30 Uhr erschien er im Bistro. Ab 18:10 Uhr maß er die Terrasse des Bistros aus; zuvor hatte er in einem Baumarkt Holz gekauft. Der Kläger transportierte die Holzbalken aus dem Auto in den hinteren Bereich des Bistros, darüber hinaus einen Eimer mit Spannschrauben und eine Tüte mit Pfostenhaltern aus Metall.

8

Am Samstag, dem 24. April 2010 wurde der Kläger von einem Mitarbeiter des Detektivbüros dabei beobachtet, wie er zwischen 17:11 Uhr und 20:49 Uhr, durch Pausen unterbrochen, mit einem Bekannten einen niedrigen Zaun als Umrandung einer Terrasse im Außenbereich des Bistros baute. Dabei hantierte der Kläger mit einer Säge, einem Hammer und einem Akkuschrauber. Ab 21:00 Uhr spielte der Kläger bis 00:51 Uhr American Dart, dabei trank er Bier und nahm auch hochprozentige alkoholische Getränke zu sich. Insgesamt machte der Kläger nicht den Eindruck, dass er körperlich beeinträchtigt war.

9

Am Sonntag, dem 25. April 2010 machte der auf den Kläger angesetzte Detektiv bis 14:00 Uhr keine Beobachtungen.

10

Für diese Observation stellte die Detektei 1.000,00 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer in Rechnung.

11

Am 27. April 2010 wurde der Kläger bei dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen untersucht und seine Arbeitsfähigkeit ab dem 28. April 2010 festgestellt. Der Kläger nahm an diesem Tag seine Arbeit wieder auf.

12

Unter dem 30. April 2010 konfrontierte die Beklagte den Kläger erneut mit dem Vorwurf, seine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen erschlichen zu haben. Nunmehr hielt sie ihm seine Aktivitäten im Bistro „B“ vor und drohte ihm eine Kündigung für den Fall an, dass er diese Verdachtsmomente nicht entkräften könne. Der Kläger stritt in der Folgezeit ab, im Bistro gearbeitet oder andere Aktivitäten verrichtet zu haben. Nach Anhörung des Betriebsrats kündigte die Beklagte unter dem 14. Mai 2010 das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger einmal außerordentlich und einmal fristgemäß zum 31. August 2010. Am 11. November 2010 folgte erneut eine außerordentliche, hilfsweise fristgemäße Kündigung des Arbeitsverhältnisses, da der Kläger vereinnahmte Bargelder nicht an die Beklagte weitergeleitet habe.

13

Der Kläger hat die ausgesprochenen Kündigungen fristgemäß angegriffen. Die Beklagte hat Widerklage auf Ersatz der entstandenen Detektivkosten iHv. 12.946,88 Euro nebst Zinsen erhoben.

14

Die Beklagte hat insoweit beantragt,

den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte 12.946,88 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Widerklage zu zahlen.

15

Der Kläger hat beantragt, die Widerklage abzuweisen und bestritten, sich vertragsuntreu verhalten zu haben.

16

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und auf die Widerklage unter Abweisung im Übrigen den Kläger verurteilt, an die Beklagte 1.000,00 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Bis auf einen geringfügigen Zahlungsanspruch des Klägers blieben die von beiden Parteien eingelegten Berufungen vor dem Landesarbeitsgericht erfolglos. Das Landesarbeitsgericht hat für beide Parteien in Bezug auf die Widerklage die Revision zugelassen; mit der nur von ihm eingelegten Revision begehrt der Kläger die vollständige Abweisung der Widerklage.

Entscheidungsgründe

17

Die Revision des Klägers ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte er nicht zu einer Schadensersatzzahlung an die Beklagte wegen entstandener Detektivkosten verurteilt werden.

18

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 14. Mai 2010 habe das Arbeitsverhältnis der Parteien aus wichtigem Grund nach § 626 BGB zum 15. Mai 2010 beendet. Gegen den Kläger bestehe der schwere Verdacht, dass er seine Arbeitsunfähigkeit vorgetäuscht und zu Unrecht Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bezogen habe. Trotz erheblicher Zweifel, ob der Kläger ab dem 19. April 2010 noch arbeitsunfähig gewesen sei, scheide eine Tatkündigung aus, weil zur Überzeugung der Kammer nicht auszuschließen sei, dass der Kläger wegen der Einnahme von Medikamenten keinen Bus hätte führen dürfen.

19

Anders als noch im März durfte die Beklagte im April 2010 aufgrund der konkreten Verdachtsmomente gegen den Kläger eine Detektei mit seiner Observation beauftragen. Ihr mittlerweile durch Tatsachen zu untersetzender Verdacht, der Kläger beziehe trotz Arbeitsfähigkeit Entgeltfortzahlung, sei durch die Beobachtungen der Detektei im April 2010 als Verdacht bestätigt worden. Für die Frage der Erstattung erforderlicher und angemessener Detektivkosten könne es keinen Unterschied machen, ob die Observation zur sicheren Feststellung einer vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung führe oder lediglich genüge, eine Verdachtskündigung zu rechtfertigen. Dies gelte zumindest dann, wenn das Verhalten, das zu dem schwerwiegenden und erheblichen Verdacht führe, für sich betrachtet bereits pflichtwidrig sei. Rückschauend sei zwar die Frage, ob der Kläger am 23. und 24. April 2010 arbeitsfähig gewesen sei, nicht mehr zu beantworten. Wegen des möglichen Medikamenteneinflusses bleibe es insoweit bei einem Verdacht. Dies habe jedoch die Beklagte nicht zu verantworten. Das Verhalten des Klägers sei zumindest genesungswidrig gewesen, falls er nicht mehr an Schmerzen litt, aber seine Schulter belastete und hochprozentigen Alkohol konsumierte sowie Medikamente einnahm, die das zentrale Nervensystem beeinflussten.

20

B. Die Begründung des Landesarbeitsgerichts hält nicht in allen Punkten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Ob der Kläger die Kosten der zweiten Beauftragung des Detektivbüros iHv. 1.000,00 Euro der Beklagten zu erstatten hat, kann der Senat nicht entscheiden, da es dafür weiterer Feststellungen durch das Tatsachengericht bedarf (§ 563 Abs. 1 ZPO).

21

I. Grundsätzlich kommt eine Erstattungspflicht hinsichtlich der Detektivkosten auch dann in Betracht, wenn die ermittelten Tatsachen zu einem so schwerwiegenden Verdacht einer vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung führen, dass eine deswegen ausgesprochene Kündigung im Sinne einer Verdachtskündigung als begründet angesehen werden muss.

22

1. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 547/09 - Rn. 24, AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 135 = EzA BGB 2002 § 280 Nr. 5; 28. Mai 2009 - 8 AZR 226/08 - Rn. 22, AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 133 = EzA ZPO 2002 § 91 Nr. 4; 17. September 1998 - 8 AZR 5/97 - zu C II 1 der Gründe, BAGE 90, 1 = AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 113 = EzA BGB § 249 Nr. 23) hat der Arbeitnehmer wegen der Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten (§ 280 Abs. 1 BGB) dem Arbeitgeber die durch das Tätigwerden eines Detektivs entstandenen notwendigen Kosten zu ersetzen, wenn der Arbeitgeber aufgrund eines konkreten Tatverdachts einem Detektiv die Überwachung des Arbeitnehmers überträgt und der Arbeitnehmer einer vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung überführt wird. Insofern handelt es sich um keine Vorsorgekosten, die unabhängig von konkreten schadensstiftenden Ereignissen als ständige Betriebsausgabe vom Arbeitgeber zu tragen sind. Nach § 249 BGB erstreckt sich die Schadensersatzpflicht auf alle Aufwendungen des Geschädigten, soweit diese nach den Umständen des Falles als notwendig anzusehen sind. Dazu gehört auch die Abwehr drohender Nachteile, wenn sich insofern konkrete Verdachtsmomente ergeben. § 254 BGB verlangt von einem Geschädigten allerdings die Rücksichtnahme auf das Interesse des Schädigers an der Geringhaltung des Schadens. Daraus folgt, dass der Arbeitgeber nur für die Maßnahmen Erstattungsansprüche hat, die ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Arbeitgeber nach den Umständen des Einzelfalles zur Beseitigung der Störung bzw. zur Schadensverhütung nicht nur als zweckmäßig, sondern auch als erforderlich ergriffen haben würde (BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 226/08 - aaO; 17. September 1998 - 8 AZR 5/97 - aaO).

23

2. Rechtsfehlerfrei ist das Landesarbeitsgericht weiter davon ausgegangen, dass die den Verdacht begründenden sogenannten Belastungstatsachen Verletzungen von Vertragspflichten darstellen können und dann der Grund für die Erstattungspflicht aufgewendeter Detektivkosten sind.

24

a) Der Verdacht, der Vertragspartner bzw. Arbeitnehmer könnte eine strafbare Handlung oder eine schwerwiegende Pflichtverletzung begangen haben, kann nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung bilden (vgl. BAG 18. November 1999 - 2 AZR 743/98 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 93, 1 = AP BGB § 626 Verdacht einer strafbaren Handlung Nr. 32; ErfK/Müller-Glöge 13. Aufl. § 626 BGB Rn. 173). Entscheidend sind dabei der Verdacht eines Verstoßes gegen vertragliche Haupt- oder Nebenpflichten und der damit verbundene Vertrauensverlust (vgl. BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - BAGE 134, 349). Es muss gerade der Verdacht sein, der das zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauen des Arbeitgebers in die Redlichkeit des Arbeitnehmers zerstört oder zu einer unerträglichen Belastung des Arbeitsverhältnisses geführt hat (vgl. BAG 26. März 1992 - 2 AZR 519/91 - AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 23; 27. November 2008 - 2 AZR 98/07 -). Daher erscheint der Begriff der Vertrauenskündigung angemessen (Gilberg DB 2006, 1555, 1559). Letztlich geht es darum, dass erhebliche Verdachtsmomente das für ein weiteres Zusammenwirken erforderliche Vertrauen zerstört haben. Die Kündigung wegen Verdachts stellt neben der Kündigung wegen der Tat einen eigenständigen Tatbestand dar (vgl. BAG 13. September 1995 - 2 AZR 587/94 - zu II 3 der Gründe, BAGE 81, 27 = AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 25; 12. August 1999 - 2 AZR 923/98 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 92, 184 = AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 28; 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/07 - Rn. 55, BAGE 131, 155).

25

b) Das dem Verdacht zugrunde liegende Fehlverhalten des Arbeitnehmers muss eine erhebliche Verfehlung des Arbeitnehmers - strafbare Handlung oder schwerwiegende Vertragsverletzung - sein (BAG 27. November 2008 - 2 AZR 98/07 - Rn. 18). Der Verdacht muss objektiv durch Tatsachen - sog. Belastungstatsachen - begründet sein, die so beschaffen sind, dass sie einen verständigen und gerecht abwägenden Arbeitgeber zum Ausspruch der Kündigung veranlassen können (vgl. BAG 14. September 1994 - 2 AZR 164/94 - BAGE 78, 18 = AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 24; 29. November 2007 - 2 AZR 724/06 - Rn. 30, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 40). Der Verdacht muss darüber hinaus dringend sein, dh. es muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass der gekündigte Arbeitnehmer die Straftat oder die Pflichtverletzung begangen hat (vgl. BAG 12. August 1999 - 2 AZR 923/98 - BAGE 92, 184 = AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 28; 25. November 2010 - 2 AZR 801/09 - Rn. 16). Hierfür ist eine wertende Beurteilung und kein bestimmter Grad der Wahrscheinlichkeit notwendig (vgl. BAG 6. September 2007 - 2 AZR 722/06 - BAGE 124, 59; LAG Düsseldorf 17. Januar 2012 - 17 Sa 252/11 -). Die Verdachtsmomente und die Verfehlungen, deren der Arbeitnehmer verdächtigt wird, müssen so schwerwiegend sein, dass dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Als derartige schwere Verfehlungen gelten etwa Veruntreuungen eines Filialleiters, Verrat von Geschäftsgeheimnissen, Diebstahl, Betrug bei der Spesenabrechnung, Erschleichen der Lohnfortzahlung, eine illegale verfassungsfeindliche Tätigkeit oder die sexuelle Belästigung von Mitarbeitern (vgl. ErfK/Müller-Glöge 13. Aufl. § 626 BGB Rn. 177, unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung).

26

3. Das Landesarbeitsgericht hat indes bislang nicht festgestellt, dass die Observation vorgelagerte und den Verdacht als Hilfstatsachen begründende Pflichtwidrigkeiten des Klägers erbracht hat.

27

a) Soweit das Berufungsgericht in Erwägung gezogen hat, der Kläger habe sich zumindest genesungswidrig verhalten, „falls er nicht mehr an Schmerzen litt“, bedeutet dies zum einen nicht die Feststellung einer Hilfstatsache, die für sich eine Pflichtwidrigkeit darstellt. Es handelt sich vielmehr um eine Vermutung, „falls“ der Kläger wieder schmerzfrei gewesen sein sollte. Zum anderen konnte das Berufungsgericht nicht ohne Verstoß gegen Denkgesetze alternativ ein genesungswidriges und damit pflichtwidriges Verhalten des Klägers annehmen. Denn „genesungswidrig“ kann sich nur der Arbeitnehmer verhalten, der tatsächlich arbeitsunfähig ist. Die Kündigung der Beklagten hielt jedoch das Landesarbeitsgericht wegen des schwerwiegenden Verdachts tatsächlich bestehender Arbeitsfähigkeit und erschlichener Entgeltfortzahlung für begründet. Um diese Vermutung zu erhärten, war im März und im April 2010 die Beauftragung der Detektei erfolgt. Nur insoweit kann nach den Umständen des Falles die Aufwendung der Beklagten für das Detektivbüro als notwendig anzusehen sein. Die Revision sieht im Grundsatz zutreffend, dass entgegen der Rechtsprechung des Senats andernfalls unabhängig von der Notwendigkeit gemachter Aufwendungen auch Zufallsergebnisse zur Kostenerstattungspflicht des observierten Arbeitnehmers führen könnten.

28

b) Hätte die Observation im April 2010 Indizien erbracht, die in Form eines vorsätzlichen Verhaltens des Klägers darauf hindeuten, dass er in Wahrheit nicht erkrankt war und die so den Verdacht stützten, er habe sich die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und infolge dessen die Entgeltfortzahlung erschlichen, könnte dies zu einer Ersatzpflicht des Klägers führen. Es kommt insoweit nicht darauf an, ob sich der Kläger gesundheits- oder genesungswidrig verhalten hat, sondern darauf, ob er sich vorsätzlich so verhalten hat, dass nach allgemeiner Lebenserfahrung der Schluss gezogen werden muss, er sei nicht arbeitsunfähig. Das Landesarbeitsgericht hat rechtskräftig die fristlose Kündigung der Beklagten vom 14. Mai 2010 für wirksam befunden, weil die Beklagte zwar nicht beweisen konnte, dass der Kläger tatsächlich gesund war, sie aber Indizien darlegen und beweisen konnte, die diese Schlussfolgerung zulassen und damit den Verdacht begründen, es sei so gewesen und der Kläger habe die Beklagte betrogen. Das Landesarbeitsgericht wird daher bezüglich der Detektivkosten zu prüfen haben, ob für seine Entscheidung über die Kündigung maßgebliche Hilfstatsachen auf die Observation durch das Detektivbüro vom 23. bis 25. April 2010 zurückzuführen sind. Das setzt voraus, dass ein Verhalten des Klägers beobachtet wurde, das in einer vom Kläger zu vertretenden Art und Weise (§ 619a BGB) die Rücksicht auf die Interessen der Beklagten (§ 241 Abs. 2 BGB) derart vermissen ließ, dass es den Verdacht eines Betrugs zu Lasten der Beklagten (mit-)begründete. Nach § 619a BGB liegt im Übrigen die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Kläger dergestalt vorwerfbar seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verletzt hat und nach § 280 Abs. 1 BGB der Beklagten zum Schadensersatz verpflichtet ist, bei der Beklagten.

29

II. Im Übrigen sind die Erwägungen des Landesarbeitsgerichts zur zweiten Beauftragung der Detektei im April 2010 rechtsfehlerfrei, sowohl was die Gebotenheit des Auftrages als auch die Angemessenheit der entstandenen Kosten anbelangt. Insoweit hat die Revision auch keine Rügen erhoben. Bei seiner Kostenentscheidung wird das Landesarbeitsgericht auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Wein    

        

    Pauli    

                 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Teilurteil des Landesarbeitsgerichts München vom 3. Dezember 2008 - 10 Sa 645/07 - wird zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz noch über einen mittels Widerklage geltend gemachten Anspruch auf Schadensersatz wegen von der Beklagten gezahlter Detektivkosten.

2

Die Beklagte betreibt Arbeitnehmerüberlassung. Der Kläger war seit 24. September 2001 bei ihr als Leiter für die Niederlassung München beschäftigt.

3

Der Kläger beabsichtigte im Dezember 2003 seine Tätigkeit für die Beklagte mit Ablauf des Monats Januar 2004 einzustellen und anschließend eine Konkurrenztätigkeit auszuüben. In diesem Zusammenhang fand am 22. Dezember 2003 ein Gespräch zwischen ihm und dem Geschäftsführer der Beklagten Schmidt statt, welches die Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers und dessen anschließende Konkurrenztätigkeit zum Gegenstand hatte. Ob eine Einigung über eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Januar 2004 erzielt wurde, ist zwischen den Parteien streitig.

4

Der Kläger entfernte Anfang Januar 2004 seine privaten Gegenstände aus seinem Büro bei der Beklagten.

5

In der zweiten Kalenderwoche 2004 besuchte der Kläger die A GmbH, eine Kundin der Beklagten in München. Ob der Kläger nach der internen Aufgabenverteilung bei der Beklagten für die Betreuung dieser Kundin zuständig war und ob bei dieser Beratungsbedarf bestand, ist streitig.

6

Am 14. Januar 2004 schloss die Beklagte mit der Detektei H einen Dienstvertrag, der die Überwachung des Klägers hinsichtlich etwaiger Konkurrenztätigkeiten zum Gegenstand hatte.

7

Am 19. Januar 2004 nahm eine Mitarbeiterin der Detektei telefonischen Kontakt zur Ehefrau des Klägers auf und erhielt von dieser die Information, der Kläger habe sich vor etwa einem Jahr in München im Bereich der Personalvermittlung selbstständig gemacht. Die Mitarbeiterin der Detektei teilte der Ehefrau mit, dass ein Unternehmen namens K Group derzeit Personal suche und hinterließ eine Telefonnummer. Bei der K Group handelte es sich um eine von der Detektei errichtete Scheinfirma, die den Kläger einer bereits aufgenommenen Konkurrenztätigkeit überführen sollte.

8

Daraufhin nahm der Kläger telefonischen Kontakt zu der K Group auf und erstellte dieser namens einer Al GmbH am 22. Januar 2004 ein Angebot.

9

Mit Schreiben vom 29. Januar 2004 kündigte der Kläger sein mit der Beklagten bestehendes Arbeitsverhältnis zum 29. Februar 2004.

10

Der Kläger war am 2. und 3. Februar 2004 sowie vom 16. Februar bis zum 27. Februar 2004 arbeitsunfähig erkrankt.

11

Am 3. Februar 2004 übernahm der Kläger von seinem Bruder durch notariellen Vertrag Gesellschaftsanteile der Al GmbH, einem im Raum M tätigen Zeitarbeitsunternehmen, das am 9. März 2004 in das Handelsregister eingetragen wurde. Zum Zwecke der Gründung einer Niederlassung in München mietete die Al GmbH im Januar 2004 zum 1. März 2004 Räumlichkeiten an, zu denen der Kläger bereits im Februar 2004 Zutritt hatte und die er vor dem 1. März 2004 einrichten ließ.

12

Die Überwachung des Klägers durch die Detektei H wurde bis einschließlich 27. Februar 2004 durchgeführt.

13

Für ihre Tätigkeit berechnete die Detektei der Beklagten insgesamt 40.301,00 Euro netto zzgl. 16 % Umsatzsteuer. Der Gesamtbetrag setzt sich aus fünf Einzelrechnungen zusammen, nämlich aus Rechnungen für den „Einsatzzeitraum: 14.01.2004 bis 23.01.2004“, den „Einsatzzeitraum: Januar 2004“, den „Einsatzzeitraum: Januar 2004 & Februar 2004“, den „Einsatzzeitraum: Februar 2004“ sowie aus einer „Schluss-Rechnung“ vom 8. März 2004 betreffend „Einsatztage: Februar bis März 2004“.

14

Die Beklagte meint, der Kläger sei zum Ersatz der Detektivkosten verpflichtet. Die Detektei sei anlässlich des konkreten Verdachts einer Konkurrenztätigkeit des Klägers beauftragt worden und der Kläger sei durch die Überwachung einer Konkurrenztätigkeit tatsächlich überführt worden. Im Zeitpunkt der ersten Beauftragung der Detektei habe ein konkreter Verdacht einer unerlaubten Konkurrenztätigkeit des Klägers bestanden. Dieser habe sich einerseits aus dem Gespräch vom 22. Dezember 2003 ergeben, andererseits daraus, dass der Kläger seine Privatgegenstände aus seinem Büro bei der Beklagten entfernt und Anfang Januar 2004 die Kundin A GmbH besucht habe.

15

Die Beklagte trägt vor, sie habe nicht einen einzelnen durchgehenden Auftrag an die Detektei vergeben, sondern mehrere. Der erste Auftrag habe eine zeitlich begrenzte Observation vom 14. bis zum 23. Januar 2004 sowie Grundermittlungen zur Wettbewerbstätigkeit zum Gegenstand gehabt. Aufgrund der ermittelten Verdachtsmomente sei eine zweite Observierungsphase vom 26. bis 31. Januar 2004 in Auftrag gegeben worden. Diese Observierung sei aufgrund der Ermittlungen dann bis zum 6. Februar 2004 verlängert worden. Wegen der Aktivitäten des Beklagten während seiner Arbeitsunfähigkeit sei sodann eine dritte Überwachung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses sowie eine anschließende weitere Observierung bei der Detektei in Auftrag gegeben worden.

16

Die Beklagte hat, soweit der Rechtsstreit in die Revisionsinstanz gelangt ist, beantragt,

                 

den Kläger und Widerbeklagten zu verurteilen, an die Beklagte und Widerklägerin 37.605,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

17

Der Kläger hat die Abweisung der Widerklage beantragt und bestritten, sich vertragsuntreu verhalten zu haben.

18

Das Landesarbeitsgericht hat die auf Zahlung von 40.301,00 Euro nebst Zinsen gerichtete Widerklage der Beklagten abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihre Schadensersatzforderung nur noch in Höhe von 37.605,00 Euro nebst Zinsen weiter, nachdem sie ihre Revision um die Kosten für den „1. Teilbetrag“ der Observierungskosten iHv. 2.696,00 Euro (Zeitraum 14. bis 23. Januar 2004) beschränkt hat. Der Kläger hat die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

19

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Ihr steht der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der Detektivkosten gegen den Kläger nicht zu.

20

I. Das Landesarbeitsgericht hat die Zurückweisung der auf Erstattung dieser Kosten gerichteten Widerklage damit begründet, dass sich ein diesbezüglicher Schadensersatzanspruch weder aus § 280 Abs. 1 BGB noch aus einer unerlaubten Handlung ergebe. Zwar seien Detektivkosten grundsätzlich erstattungsfähig, wenn der Arbeitgeber anlässlich eines konkreten Tatverdachts gegen den Arbeitnehmer einem Detektiv dessen Überwachung übertrage und der Arbeitnehmer hierdurch einer vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung überführt werde. Allerdings müsse der konkrete Verdacht im Zeitpunkt der Entstehung der Aufwendungen, also der Beauftragung der Detektei vorgelegen haben. Hieran fehle es vorliegend. Insbesondere könne ein konkreter Verdacht weder aus einem geäußerten Abkehrwillen noch daraus gefolgert werden, dass der Kläger ein Bild in seinem Büro abgehängt habe. Auch der Besuch des Klägers bei einem Kunden der Beklagten, dessen Zweck die Beklagte nur vermute, könne nicht die Annahme begründen, der Kläger habe während des noch laufenden Beschäftigungsverhältnisses eine Wettbewerbstätigkeit aufnehmen wollen.

21

Für die Frage des Vorliegens eines konkreten Tatverdachts sei ausschließlich auf den Zeitpunkt der ersten Beauftragung des Detektivbüros am 14. Januar 2004 abzustellen.

22

II. Das landesarbeitsgerichtliche Urteil hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.

23

Die Widerklage auf Zahlung der verauslagten Detektivkosten ist nicht begründet.

24

1. Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass ein Arbeitgeber, der eine Detektivkostenerstattung wegen einer Konkurrenztätigkeit des Arbeitnehmers durchsetzen will, konkrete Anhaltspunkte dafür haben muss, dass der Arbeitnehmer eine Wettbewerbstätigkeit tatsächlich ausübt und dadurch die wettbewerblichen Interessen des Arbeitgebers gefährdet sind. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. 28. Mai 2009 - 8 AZR 226/08 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 133 = EzA ZPO 2002 § 91 Nr. 4; 17. September 1998 - 8 AZR 5/97 - BAGE 90, 1 = AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 113 = EzA BGB § 249 Nr. 23) hat der Arbeitnehmer wegen der Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten (§ 280 Abs. 1 BGB) dem Arbeitgeber die durch das Tätigwerden eines Detektivs entstandenen notwendigen Kosten zu ersetzen, wenn der Arbeitgeber aufgrund eines konkreten Tatverdachts gegen den Arbeitnehmer einem Detektiv die Überwachung des Arbeitnehmers überträgt und der Arbeitnehmer einer vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung überführt wird. Insofern handelt es sich um keine Vorsorgekosten, die unabhängig von konkreten schadensstiftenden Ereignissen als ständige Betriebsausgabe vom Arbeitgeber zu tragen sind. Nach § 249 BGB erstreckt sich die Schadensersatzpflicht auf alle Aufwendungen des Geschädigten, soweit diese nach den Umständen des Falles als notwendig anzusehen sind. Dazu gehört auch die Abwehr drohender Nachteile, wenn sich insofern konkrete Verdachtsmomente ergeben. § 254 BGB verlangt von einem Geschädigten allerdings die Rücksichtnahme auf das Interesse des Schädigers an der Geringhaltung des Schadens. Daraus folgt, dass der Arbeitgeber nur für die Maßnahmen Erstattungsansprüche hat, die ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Arbeitgeber nach den Umständen des Einzelfalles zur Beseitigung der Störung bzw. zur Schadensverhütung nicht nur als zweckmäßig, sondern auch als erforderlich ergriffen haben würde (Senat 28. Mai 2009 - 8 AZR 226/08 - aaO; 17. September 1998 - 8 AZR 5/97 - aaO).

25

2. Ob dem Landesarbeitsgericht darin zu folgen ist, dass für einen Anspruch der Beklagten die konkreten Anhaltspunkte für die Konkurrenztätigkeit des Klägers bereits bei der Erstbeauftragung der Detektei hätten vorliegen müssen, kann für den Streitfall dahinstehen.

26

Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht zunächst davon aus, dass vor dem 14. Januar 2004 keine konkreten Verdachtsmomente für eine Konkurrenztätigkeit des Klägers gegeben waren, sich insbesondere ein konkreter Verdacht weder aus dem geäußerten Abkehrwillen noch aus der Entfernung privater Gegenstände aus dem Büro oder dem durchgeführten Kundenbesuch ergibt. Die Beklagte hat unbestritten vorgetragen, dass sie zunächst nur einen Auftrag für eine zeitlich begrenzte Observation für die Zeit vom 14. Januar 2004 bis zum 23. Januar 2004 sowie Grundermittlungen zur Wettbewerbstätigkeit des Klägers erteilt hat.

27

3. Während dieses ersten Überwachungszeitraumes, für den die Beklagte in der Revision keine Kostenerstattung mehr verlangt, hatte sich der Verdacht einer Wettbewerbstätigkeit des Klägers aufgrund des Telefonats einer Mitarbeiterin der Detektei mit der Ehefrau des Klägers und durch die Abgabe des Angebots vom 22. Januar 2004 durch den Kläger an die K Group namens der Al GmbH bestätigt.

28

Die Beklagte erteilte daraufhin am 23. Januar 2004 der Detektei den Folgeauftrag zur Überwachung des Klägers vom 26. Januar bis zum 1. Februar 2004, um ihn einer Konkurrenztätigkeit während des laufenden Arbeitsverhältnisses zu überführen. Zum Zeitpunkt dieser Beauftragung stand als Ermittlungsergebnis der Erstbeschattung vom 14. Januar bis 23. Januar 2004 die entfaltete Tätigkeit des Klägers gegenüber der Scheinfirma K Group jedoch bereits fest. Insbesondere wusste die Beklagte von dem Angebot des Klägers namens der Al GmbH vom 22. Januar 2004 an die Scheinfirma.

29

Unter vernünftigen wirtschaftlichen Gesichtspunkten war unter Zugrundelegung dieser Kenntnisse weder am 23. Januar 2004 noch zu einem späteren Zeitpunkt die Erteilung eines Folgeauftrags an die Detektei zur Überwachung des Klägers notwendig. Eine solche Überwachung konnte zu diesem Zeitpunkt keinen Beitrag zur Beseitigung einer Vertragsstörung oder zur Schadensverhütung mehr leisten.

30

Der Beklagten ging es bei der Beauftragung der Detektei darum, den Nachweis einer Konkurrenztätigkeit des Klägers zu erhalten. Dieser Nachweis war mit der Vorlage des vom Kläger an die Scheinfirma abgegebenen Angebots erbracht. Die Beklagte wusste aufgrund dieses Angebots, dass der Kläger bereits zu diesem Zeitpunkt auf dem Markt der Arbeitnehmerüberlassung selbstständig tätig war und seine Dienste anpries, obwohl er noch in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten stand. Aufgrund dieser Kenntnis hätte die Beklagte verschiedene Möglichkeiten gehabt, die Arbeitsvertragsverletzung durch den Kläger zu beseitigen. So hätte sie das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristlos beenden können oder dem Kläger durch eine einstweilige Verfügung die Ausübung des Wettbewerbs untersagen lassen können. Stattdessen hat sie den Kläger mit der Vertragsverletzung fortfahren lassen und nicht versucht, aufgrund der erlangten Informationen, weitere Schäden zu verhüten.

31

4. Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich von den bislang vom Bundesarbeitsgericht zur Frage der Erstattungsfähigkeit von Detektivkosten entschiedenen Fallgestaltungen. Diesen lag nämlich entweder zugrunde, dass der Arbeitgeber den Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttern wollte, um in der Folge das Arbeitsverhältnis beenden zu können (Senat 28. Mai 2009 - 8 AZR 226/08 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 133 = EzA ZPO 2002 § 91 Nr. 4)oder neben der Kündigung des Arbeitsverhältnisses auch keine Entgeltfortzahlung während der Kündigungsfrist leisten zu müssen (Senat 17. September 1998 - 8 AZR 5/97 - BAGE 90, 1 = AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 113 = EzA BGB § 249 Nr. 23). In einem weiteren Verfahren ging es um den Nachweis von Unterschlagungen und die Wirksamkeit eines in diesem Zusammenhang geschlossenen Aufhebungsvertrages (BAG 3. Dezember 1985 - 3 AZR 277/84 - BB 1987, 689). Diesen Sachverhalten ist gemeinsam, dass der Arbeitgeber jeweils versucht hat, aufgrund durch die Observation gewonnener Erkenntnisse die Vertragsverletzung des Arbeitnehmers durch eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu beseitigen. Ein derartiges Ziel verfolgte die Beklagte nicht. Ihr ging es erkennbar nicht darum, eine Vertragsstörung zu beseitigen oder weitere Schäden zu verhüten.

32

Welche konkreten Ziele die Beklagte mit dem Nachweisen einer Konkurrenztätigkeit des Klägers verfolgt hat, hat sie nicht ausdrücklich vorgetragen. Aus ihrem Vorbringen: „Damit wurde der Kläger einzig und allein bis zum Ende der arbeitsvertraglichen Laufzeit observiert. Dies war auch erforderlich, weil im Rahmen der Ermittlungsarbeit auch die Problematik ‚Abwerben von Mitarbeitern’, ‚Akquirieren von Kunden der Beklagten’, ‚Akquirieren potentieller Neukunden’ sowie Überprüfung von Büroräumen, von denen heraus Wettbewerbstätigkeit entfaltet wurde, erforderlich war“, lässt sich schließen, dass es der Beklagten um die Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs gegangen sein könnte. Diesbezüglich war aber die Erteilung der Folgeaufträge ab dem 23. Januar 2004 nicht als notwendig anzusehen, da der Beklagten zu diesem Zeitpunkt die Konkurrenztätigkeit des Klägers bereits bekannt war. Ihr stand ab diesem Zeitpunkt ein Auskunftsanspruch gegen den Kläger zu, der ihr weiterreichende Sicherheit geboten hätte als der Einsatz eines Detektivs, der zwar feststellen kann, wo sich der Kläger aufhält und mit wem er spricht, regelmäßig aber nicht den Inhalt vertraglicher Vereinbarungen des Klägers mit Konkurrenten der Beklagten ermitteln kann.

33

III. Wegen des Erfordernisses einer einheitlichen Kostenentscheidung war diese - auch über die Kosten der Revision - dem Schlussurteil vorzubehalten.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Burr    

        

    F. Avenarius    

                 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 2. Oktober 2012 - 18 Sa 492/11 - insoweit aufgehoben, als das Landesarbeitsgericht die Berufung des Klägers gegen die Verurteilung zur Zahlung von 1.000,00 Euro nebst Zinsen an die Beklagte zurückgewiesen hat.

Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch um einen Anspruch auf Schadensersatz der Beklagten, den sie im Wege der Widerklage wegen aufgewendeter Detektivkosten geltend gemacht hat und der ihr vom Berufungsgericht iHv. 1.000,00 Euro nebst Zinsen zugesprochen wurde.

2

Die Beklagte betreibt ein Busunternehmen und beschäftigt mehr als zehn Arbeitnehmer. Der Kläger war seit 9. Oktober 2000 als Busfahrer im Schichtdienst zu einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt ca. 2.100,00 Euro beschäftigt.

3

2009 hatte der Kläger neunmal Fehlzeiten wegen ärztlich attestierter Arbeitsunfähigkeit, wobei diese zwischen fünf Tagen und mehr als fünf Wochen dauerten. 2010 war der Kläger zunächst vom 4. bis zum 28. Januar arbeitsunfähig. Sodann reichte er eine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Zeit vom 22. Februar 2010 bis 6. März 2010 ein. Auf Antrag der Beklagten bestimmte die AOK einen Untersuchungstermin für den Kläger bei dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen auf den 2. März 2010. Eine entsprechende Ladung schickte sie an den Kläger ab, welcher den Untersuchungstermin nicht wahrnahm. Am 9. März 2010 bestimmte die AOK einen weiteren Untersuchungstermin für den Kläger auf den 11. März 2010, diesmal wurde die Ladung durch einen Mitarbeiter der AOK dem Kläger am 9. März 2010 in den Briefkasten geworfen. Am 11. März 2010 rief sodann die Ehefrau des Klägers bei der AOK an und teilte mit, der Kläger habe die Einladung erst am 11. März 2010 erhalten. Auf Vorhalt eines Mitarbeiters der AOK, der Brief sei bereits am 9. März 2010 eingeworfen worden, erwiderte die Ehefrau des Klägers, sie schaue nicht täglich in den Briefkasten. Der Kläger nahm auch diesen Untersuchungstermin nicht wahr. Der Kläger reichte weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bis einschließlich 22. März 2010 ein.

4

Die Beklagte ließ den Kläger vom 16. März bis 21. März 2010 von einer Detektei observieren. Diese stellte fest, dass sich der Kläger täglich in dem Bistro „B“ in R aufhalte. Inhaber des Bistros ist der Schwiegervater des Klägers, geführt wird das Bistro von der Ehefrau des Klägers. Im Observationszeitraum tätigte der Kläger verschiedene Einkäufe mit dem Pkw und holte seine Ehefrau ab. Ebenso wurde beobachtet, dass er an der Eingangstür des Bistros ein Schild mit neuen Öffnungszeiten anbrachte und einmal zwei volle Getränkekisten aus dem Kofferraum seines Autos in das Bistro trug. Für diese Observation stellte die Detektei der Beklagten unter dem 23. März 2010 insgesamt 11.946,88 Euro netto in Rechnung.

5

Ohne die Observation zu erwähnen hielt die Beklagte mit Schreiben vom 31. März 2010 dem Kläger vor, sich zweimal der Untersuchung durch den Medizinischen Dienst entzogen zu haben, um nicht seine Arbeitsfähigkeit feststellen zu lassen. Dem Kläger wurde eine Kündigung angedroht und eine Frist zur Stellungnahme gesetzt. Der Kläger legte seinerseits eine neue Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Zeit ab dem 1. April 2010 vor und ließ durch Anwaltsschreiben vom 8. April 2010 erklären, die Einladung zur Untersuchung vom 2. März 2010 nicht erhalten und diejenige für den 11. März 2010 erst an diesem Tag im Briefkasten gefunden zu haben. Die Arbeitsunfähigkeit des Klägers dauerte über den 19. April 2010 hinaus fort, am 21. April 2010 legte der Kläger eine neue Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis einschließlich 5. Mai 2010 vor.

6

Vom 23. April 2010 bis 25. April 2010 ließ die Beklagte den Kläger erneut durch die Detektei beobachten. Diese hielt die Aktivitäten des Klägers sinngemäß wie folgt fest:

7

23. April 2010: Um 16:30 Uhr erschien er im Bistro. Ab 18:10 Uhr maß er die Terrasse des Bistros aus; zuvor hatte er in einem Baumarkt Holz gekauft. Der Kläger transportierte die Holzbalken aus dem Auto in den hinteren Bereich des Bistros, darüber hinaus einen Eimer mit Spannschrauben und eine Tüte mit Pfostenhaltern aus Metall.

8

Am Samstag, dem 24. April 2010 wurde der Kläger von einem Mitarbeiter des Detektivbüros dabei beobachtet, wie er zwischen 17:11 Uhr und 20:49 Uhr, durch Pausen unterbrochen, mit einem Bekannten einen niedrigen Zaun als Umrandung einer Terrasse im Außenbereich des Bistros baute. Dabei hantierte der Kläger mit einer Säge, einem Hammer und einem Akkuschrauber. Ab 21:00 Uhr spielte der Kläger bis 00:51 Uhr American Dart, dabei trank er Bier und nahm auch hochprozentige alkoholische Getränke zu sich. Insgesamt machte der Kläger nicht den Eindruck, dass er körperlich beeinträchtigt war.

9

Am Sonntag, dem 25. April 2010 machte der auf den Kläger angesetzte Detektiv bis 14:00 Uhr keine Beobachtungen.

10

Für diese Observation stellte die Detektei 1.000,00 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer in Rechnung.

11

Am 27. April 2010 wurde der Kläger bei dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen untersucht und seine Arbeitsfähigkeit ab dem 28. April 2010 festgestellt. Der Kläger nahm an diesem Tag seine Arbeit wieder auf.

12

Unter dem 30. April 2010 konfrontierte die Beklagte den Kläger erneut mit dem Vorwurf, seine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen erschlichen zu haben. Nunmehr hielt sie ihm seine Aktivitäten im Bistro „B“ vor und drohte ihm eine Kündigung für den Fall an, dass er diese Verdachtsmomente nicht entkräften könne. Der Kläger stritt in der Folgezeit ab, im Bistro gearbeitet oder andere Aktivitäten verrichtet zu haben. Nach Anhörung des Betriebsrats kündigte die Beklagte unter dem 14. Mai 2010 das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger einmal außerordentlich und einmal fristgemäß zum 31. August 2010. Am 11. November 2010 folgte erneut eine außerordentliche, hilfsweise fristgemäße Kündigung des Arbeitsverhältnisses, da der Kläger vereinnahmte Bargelder nicht an die Beklagte weitergeleitet habe.

13

Der Kläger hat die ausgesprochenen Kündigungen fristgemäß angegriffen. Die Beklagte hat Widerklage auf Ersatz der entstandenen Detektivkosten iHv. 12.946,88 Euro nebst Zinsen erhoben.

14

Die Beklagte hat insoweit beantragt,

den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte 12.946,88 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Widerklage zu zahlen.

15

Der Kläger hat beantragt, die Widerklage abzuweisen und bestritten, sich vertragsuntreu verhalten zu haben.

16

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und auf die Widerklage unter Abweisung im Übrigen den Kläger verurteilt, an die Beklagte 1.000,00 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Bis auf einen geringfügigen Zahlungsanspruch des Klägers blieben die von beiden Parteien eingelegten Berufungen vor dem Landesarbeitsgericht erfolglos. Das Landesarbeitsgericht hat für beide Parteien in Bezug auf die Widerklage die Revision zugelassen; mit der nur von ihm eingelegten Revision begehrt der Kläger die vollständige Abweisung der Widerklage.

Entscheidungsgründe

17

Die Revision des Klägers ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte er nicht zu einer Schadensersatzzahlung an die Beklagte wegen entstandener Detektivkosten verurteilt werden.

18

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 14. Mai 2010 habe das Arbeitsverhältnis der Parteien aus wichtigem Grund nach § 626 BGB zum 15. Mai 2010 beendet. Gegen den Kläger bestehe der schwere Verdacht, dass er seine Arbeitsunfähigkeit vorgetäuscht und zu Unrecht Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bezogen habe. Trotz erheblicher Zweifel, ob der Kläger ab dem 19. April 2010 noch arbeitsunfähig gewesen sei, scheide eine Tatkündigung aus, weil zur Überzeugung der Kammer nicht auszuschließen sei, dass der Kläger wegen der Einnahme von Medikamenten keinen Bus hätte führen dürfen.

19

Anders als noch im März durfte die Beklagte im April 2010 aufgrund der konkreten Verdachtsmomente gegen den Kläger eine Detektei mit seiner Observation beauftragen. Ihr mittlerweile durch Tatsachen zu untersetzender Verdacht, der Kläger beziehe trotz Arbeitsfähigkeit Entgeltfortzahlung, sei durch die Beobachtungen der Detektei im April 2010 als Verdacht bestätigt worden. Für die Frage der Erstattung erforderlicher und angemessener Detektivkosten könne es keinen Unterschied machen, ob die Observation zur sicheren Feststellung einer vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung führe oder lediglich genüge, eine Verdachtskündigung zu rechtfertigen. Dies gelte zumindest dann, wenn das Verhalten, das zu dem schwerwiegenden und erheblichen Verdacht führe, für sich betrachtet bereits pflichtwidrig sei. Rückschauend sei zwar die Frage, ob der Kläger am 23. und 24. April 2010 arbeitsfähig gewesen sei, nicht mehr zu beantworten. Wegen des möglichen Medikamenteneinflusses bleibe es insoweit bei einem Verdacht. Dies habe jedoch die Beklagte nicht zu verantworten. Das Verhalten des Klägers sei zumindest genesungswidrig gewesen, falls er nicht mehr an Schmerzen litt, aber seine Schulter belastete und hochprozentigen Alkohol konsumierte sowie Medikamente einnahm, die das zentrale Nervensystem beeinflussten.

20

B. Die Begründung des Landesarbeitsgerichts hält nicht in allen Punkten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Ob der Kläger die Kosten der zweiten Beauftragung des Detektivbüros iHv. 1.000,00 Euro der Beklagten zu erstatten hat, kann der Senat nicht entscheiden, da es dafür weiterer Feststellungen durch das Tatsachengericht bedarf (§ 563 Abs. 1 ZPO).

21

I. Grundsätzlich kommt eine Erstattungspflicht hinsichtlich der Detektivkosten auch dann in Betracht, wenn die ermittelten Tatsachen zu einem so schwerwiegenden Verdacht einer vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung führen, dass eine deswegen ausgesprochene Kündigung im Sinne einer Verdachtskündigung als begründet angesehen werden muss.

22

1. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 547/09 - Rn. 24, AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 135 = EzA BGB 2002 § 280 Nr. 5; 28. Mai 2009 - 8 AZR 226/08 - Rn. 22, AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 133 = EzA ZPO 2002 § 91 Nr. 4; 17. September 1998 - 8 AZR 5/97 - zu C II 1 der Gründe, BAGE 90, 1 = AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 113 = EzA BGB § 249 Nr. 23) hat der Arbeitnehmer wegen der Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten (§ 280 Abs. 1 BGB) dem Arbeitgeber die durch das Tätigwerden eines Detektivs entstandenen notwendigen Kosten zu ersetzen, wenn der Arbeitgeber aufgrund eines konkreten Tatverdachts einem Detektiv die Überwachung des Arbeitnehmers überträgt und der Arbeitnehmer einer vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung überführt wird. Insofern handelt es sich um keine Vorsorgekosten, die unabhängig von konkreten schadensstiftenden Ereignissen als ständige Betriebsausgabe vom Arbeitgeber zu tragen sind. Nach § 249 BGB erstreckt sich die Schadensersatzpflicht auf alle Aufwendungen des Geschädigten, soweit diese nach den Umständen des Falles als notwendig anzusehen sind. Dazu gehört auch die Abwehr drohender Nachteile, wenn sich insofern konkrete Verdachtsmomente ergeben. § 254 BGB verlangt von einem Geschädigten allerdings die Rücksichtnahme auf das Interesse des Schädigers an der Geringhaltung des Schadens. Daraus folgt, dass der Arbeitgeber nur für die Maßnahmen Erstattungsansprüche hat, die ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Arbeitgeber nach den Umständen des Einzelfalles zur Beseitigung der Störung bzw. zur Schadensverhütung nicht nur als zweckmäßig, sondern auch als erforderlich ergriffen haben würde (BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 226/08 - aaO; 17. September 1998 - 8 AZR 5/97 - aaO).

23

2. Rechtsfehlerfrei ist das Landesarbeitsgericht weiter davon ausgegangen, dass die den Verdacht begründenden sogenannten Belastungstatsachen Verletzungen von Vertragspflichten darstellen können und dann der Grund für die Erstattungspflicht aufgewendeter Detektivkosten sind.

24

a) Der Verdacht, der Vertragspartner bzw. Arbeitnehmer könnte eine strafbare Handlung oder eine schwerwiegende Pflichtverletzung begangen haben, kann nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung bilden (vgl. BAG 18. November 1999 - 2 AZR 743/98 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 93, 1 = AP BGB § 626 Verdacht einer strafbaren Handlung Nr. 32; ErfK/Müller-Glöge 13. Aufl. § 626 BGB Rn. 173). Entscheidend sind dabei der Verdacht eines Verstoßes gegen vertragliche Haupt- oder Nebenpflichten und der damit verbundene Vertrauensverlust (vgl. BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - BAGE 134, 349). Es muss gerade der Verdacht sein, der das zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauen des Arbeitgebers in die Redlichkeit des Arbeitnehmers zerstört oder zu einer unerträglichen Belastung des Arbeitsverhältnisses geführt hat (vgl. BAG 26. März 1992 - 2 AZR 519/91 - AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 23; 27. November 2008 - 2 AZR 98/07 -). Daher erscheint der Begriff der Vertrauenskündigung angemessen (Gilberg DB 2006, 1555, 1559). Letztlich geht es darum, dass erhebliche Verdachtsmomente das für ein weiteres Zusammenwirken erforderliche Vertrauen zerstört haben. Die Kündigung wegen Verdachts stellt neben der Kündigung wegen der Tat einen eigenständigen Tatbestand dar (vgl. BAG 13. September 1995 - 2 AZR 587/94 - zu II 3 der Gründe, BAGE 81, 27 = AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 25; 12. August 1999 - 2 AZR 923/98 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 92, 184 = AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 28; 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/07 - Rn. 55, BAGE 131, 155).

25

b) Das dem Verdacht zugrunde liegende Fehlverhalten des Arbeitnehmers muss eine erhebliche Verfehlung des Arbeitnehmers - strafbare Handlung oder schwerwiegende Vertragsverletzung - sein (BAG 27. November 2008 - 2 AZR 98/07 - Rn. 18). Der Verdacht muss objektiv durch Tatsachen - sog. Belastungstatsachen - begründet sein, die so beschaffen sind, dass sie einen verständigen und gerecht abwägenden Arbeitgeber zum Ausspruch der Kündigung veranlassen können (vgl. BAG 14. September 1994 - 2 AZR 164/94 - BAGE 78, 18 = AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 24; 29. November 2007 - 2 AZR 724/06 - Rn. 30, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 40). Der Verdacht muss darüber hinaus dringend sein, dh. es muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass der gekündigte Arbeitnehmer die Straftat oder die Pflichtverletzung begangen hat (vgl. BAG 12. August 1999 - 2 AZR 923/98 - BAGE 92, 184 = AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 28; 25. November 2010 - 2 AZR 801/09 - Rn. 16). Hierfür ist eine wertende Beurteilung und kein bestimmter Grad der Wahrscheinlichkeit notwendig (vgl. BAG 6. September 2007 - 2 AZR 722/06 - BAGE 124, 59; LAG Düsseldorf 17. Januar 2012 - 17 Sa 252/11 -). Die Verdachtsmomente und die Verfehlungen, deren der Arbeitnehmer verdächtigt wird, müssen so schwerwiegend sein, dass dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Als derartige schwere Verfehlungen gelten etwa Veruntreuungen eines Filialleiters, Verrat von Geschäftsgeheimnissen, Diebstahl, Betrug bei der Spesenabrechnung, Erschleichen der Lohnfortzahlung, eine illegale verfassungsfeindliche Tätigkeit oder die sexuelle Belästigung von Mitarbeitern (vgl. ErfK/Müller-Glöge 13. Aufl. § 626 BGB Rn. 177, unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung).

26

3. Das Landesarbeitsgericht hat indes bislang nicht festgestellt, dass die Observation vorgelagerte und den Verdacht als Hilfstatsachen begründende Pflichtwidrigkeiten des Klägers erbracht hat.

27

a) Soweit das Berufungsgericht in Erwägung gezogen hat, der Kläger habe sich zumindest genesungswidrig verhalten, „falls er nicht mehr an Schmerzen litt“, bedeutet dies zum einen nicht die Feststellung einer Hilfstatsache, die für sich eine Pflichtwidrigkeit darstellt. Es handelt sich vielmehr um eine Vermutung, „falls“ der Kläger wieder schmerzfrei gewesen sein sollte. Zum anderen konnte das Berufungsgericht nicht ohne Verstoß gegen Denkgesetze alternativ ein genesungswidriges und damit pflichtwidriges Verhalten des Klägers annehmen. Denn „genesungswidrig“ kann sich nur der Arbeitnehmer verhalten, der tatsächlich arbeitsunfähig ist. Die Kündigung der Beklagten hielt jedoch das Landesarbeitsgericht wegen des schwerwiegenden Verdachts tatsächlich bestehender Arbeitsfähigkeit und erschlichener Entgeltfortzahlung für begründet. Um diese Vermutung zu erhärten, war im März und im April 2010 die Beauftragung der Detektei erfolgt. Nur insoweit kann nach den Umständen des Falles die Aufwendung der Beklagten für das Detektivbüro als notwendig anzusehen sein. Die Revision sieht im Grundsatz zutreffend, dass entgegen der Rechtsprechung des Senats andernfalls unabhängig von der Notwendigkeit gemachter Aufwendungen auch Zufallsergebnisse zur Kostenerstattungspflicht des observierten Arbeitnehmers führen könnten.

28

b) Hätte die Observation im April 2010 Indizien erbracht, die in Form eines vorsätzlichen Verhaltens des Klägers darauf hindeuten, dass er in Wahrheit nicht erkrankt war und die so den Verdacht stützten, er habe sich die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und infolge dessen die Entgeltfortzahlung erschlichen, könnte dies zu einer Ersatzpflicht des Klägers führen. Es kommt insoweit nicht darauf an, ob sich der Kläger gesundheits- oder genesungswidrig verhalten hat, sondern darauf, ob er sich vorsätzlich so verhalten hat, dass nach allgemeiner Lebenserfahrung der Schluss gezogen werden muss, er sei nicht arbeitsunfähig. Das Landesarbeitsgericht hat rechtskräftig die fristlose Kündigung der Beklagten vom 14. Mai 2010 für wirksam befunden, weil die Beklagte zwar nicht beweisen konnte, dass der Kläger tatsächlich gesund war, sie aber Indizien darlegen und beweisen konnte, die diese Schlussfolgerung zulassen und damit den Verdacht begründen, es sei so gewesen und der Kläger habe die Beklagte betrogen. Das Landesarbeitsgericht wird daher bezüglich der Detektivkosten zu prüfen haben, ob für seine Entscheidung über die Kündigung maßgebliche Hilfstatsachen auf die Observation durch das Detektivbüro vom 23. bis 25. April 2010 zurückzuführen sind. Das setzt voraus, dass ein Verhalten des Klägers beobachtet wurde, das in einer vom Kläger zu vertretenden Art und Weise (§ 619a BGB) die Rücksicht auf die Interessen der Beklagten (§ 241 Abs. 2 BGB) derart vermissen ließ, dass es den Verdacht eines Betrugs zu Lasten der Beklagten (mit-)begründete. Nach § 619a BGB liegt im Übrigen die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Kläger dergestalt vorwerfbar seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verletzt hat und nach § 280 Abs. 1 BGB der Beklagten zum Schadensersatz verpflichtet ist, bei der Beklagten.

29

II. Im Übrigen sind die Erwägungen des Landesarbeitsgerichts zur zweiten Beauftragung der Detektei im April 2010 rechtsfehlerfrei, sowohl was die Gebotenheit des Auftrages als auch die Angemessenheit der entstandenen Kosten anbelangt. Insoweit hat die Revision auch keine Rügen erhoben. Bei seiner Kostenentscheidung wird das Landesarbeitsgericht auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Wein    

        

    Pauli    

                 

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 2. Oktober 2012 - 18 Sa 492/11 - insoweit aufgehoben, als das Landesarbeitsgericht die Berufung des Klägers gegen die Verurteilung zur Zahlung von 1.000,00 Euro nebst Zinsen an die Beklagte zurückgewiesen hat.

Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch um einen Anspruch auf Schadensersatz der Beklagten, den sie im Wege der Widerklage wegen aufgewendeter Detektivkosten geltend gemacht hat und der ihr vom Berufungsgericht iHv. 1.000,00 Euro nebst Zinsen zugesprochen wurde.

2

Die Beklagte betreibt ein Busunternehmen und beschäftigt mehr als zehn Arbeitnehmer. Der Kläger war seit 9. Oktober 2000 als Busfahrer im Schichtdienst zu einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt ca. 2.100,00 Euro beschäftigt.

3

2009 hatte der Kläger neunmal Fehlzeiten wegen ärztlich attestierter Arbeitsunfähigkeit, wobei diese zwischen fünf Tagen und mehr als fünf Wochen dauerten. 2010 war der Kläger zunächst vom 4. bis zum 28. Januar arbeitsunfähig. Sodann reichte er eine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Zeit vom 22. Februar 2010 bis 6. März 2010 ein. Auf Antrag der Beklagten bestimmte die AOK einen Untersuchungstermin für den Kläger bei dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen auf den 2. März 2010. Eine entsprechende Ladung schickte sie an den Kläger ab, welcher den Untersuchungstermin nicht wahrnahm. Am 9. März 2010 bestimmte die AOK einen weiteren Untersuchungstermin für den Kläger auf den 11. März 2010, diesmal wurde die Ladung durch einen Mitarbeiter der AOK dem Kläger am 9. März 2010 in den Briefkasten geworfen. Am 11. März 2010 rief sodann die Ehefrau des Klägers bei der AOK an und teilte mit, der Kläger habe die Einladung erst am 11. März 2010 erhalten. Auf Vorhalt eines Mitarbeiters der AOK, der Brief sei bereits am 9. März 2010 eingeworfen worden, erwiderte die Ehefrau des Klägers, sie schaue nicht täglich in den Briefkasten. Der Kläger nahm auch diesen Untersuchungstermin nicht wahr. Der Kläger reichte weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bis einschließlich 22. März 2010 ein.

4

Die Beklagte ließ den Kläger vom 16. März bis 21. März 2010 von einer Detektei observieren. Diese stellte fest, dass sich der Kläger täglich in dem Bistro „B“ in R aufhalte. Inhaber des Bistros ist der Schwiegervater des Klägers, geführt wird das Bistro von der Ehefrau des Klägers. Im Observationszeitraum tätigte der Kläger verschiedene Einkäufe mit dem Pkw und holte seine Ehefrau ab. Ebenso wurde beobachtet, dass er an der Eingangstür des Bistros ein Schild mit neuen Öffnungszeiten anbrachte und einmal zwei volle Getränkekisten aus dem Kofferraum seines Autos in das Bistro trug. Für diese Observation stellte die Detektei der Beklagten unter dem 23. März 2010 insgesamt 11.946,88 Euro netto in Rechnung.

5

Ohne die Observation zu erwähnen hielt die Beklagte mit Schreiben vom 31. März 2010 dem Kläger vor, sich zweimal der Untersuchung durch den Medizinischen Dienst entzogen zu haben, um nicht seine Arbeitsfähigkeit feststellen zu lassen. Dem Kläger wurde eine Kündigung angedroht und eine Frist zur Stellungnahme gesetzt. Der Kläger legte seinerseits eine neue Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Zeit ab dem 1. April 2010 vor und ließ durch Anwaltsschreiben vom 8. April 2010 erklären, die Einladung zur Untersuchung vom 2. März 2010 nicht erhalten und diejenige für den 11. März 2010 erst an diesem Tag im Briefkasten gefunden zu haben. Die Arbeitsunfähigkeit des Klägers dauerte über den 19. April 2010 hinaus fort, am 21. April 2010 legte der Kläger eine neue Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis einschließlich 5. Mai 2010 vor.

6

Vom 23. April 2010 bis 25. April 2010 ließ die Beklagte den Kläger erneut durch die Detektei beobachten. Diese hielt die Aktivitäten des Klägers sinngemäß wie folgt fest:

7

23. April 2010: Um 16:30 Uhr erschien er im Bistro. Ab 18:10 Uhr maß er die Terrasse des Bistros aus; zuvor hatte er in einem Baumarkt Holz gekauft. Der Kläger transportierte die Holzbalken aus dem Auto in den hinteren Bereich des Bistros, darüber hinaus einen Eimer mit Spannschrauben und eine Tüte mit Pfostenhaltern aus Metall.

8

Am Samstag, dem 24. April 2010 wurde der Kläger von einem Mitarbeiter des Detektivbüros dabei beobachtet, wie er zwischen 17:11 Uhr und 20:49 Uhr, durch Pausen unterbrochen, mit einem Bekannten einen niedrigen Zaun als Umrandung einer Terrasse im Außenbereich des Bistros baute. Dabei hantierte der Kläger mit einer Säge, einem Hammer und einem Akkuschrauber. Ab 21:00 Uhr spielte der Kläger bis 00:51 Uhr American Dart, dabei trank er Bier und nahm auch hochprozentige alkoholische Getränke zu sich. Insgesamt machte der Kläger nicht den Eindruck, dass er körperlich beeinträchtigt war.

9

Am Sonntag, dem 25. April 2010 machte der auf den Kläger angesetzte Detektiv bis 14:00 Uhr keine Beobachtungen.

10

Für diese Observation stellte die Detektei 1.000,00 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer in Rechnung.

11

Am 27. April 2010 wurde der Kläger bei dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen untersucht und seine Arbeitsfähigkeit ab dem 28. April 2010 festgestellt. Der Kläger nahm an diesem Tag seine Arbeit wieder auf.

12

Unter dem 30. April 2010 konfrontierte die Beklagte den Kläger erneut mit dem Vorwurf, seine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen erschlichen zu haben. Nunmehr hielt sie ihm seine Aktivitäten im Bistro „B“ vor und drohte ihm eine Kündigung für den Fall an, dass er diese Verdachtsmomente nicht entkräften könne. Der Kläger stritt in der Folgezeit ab, im Bistro gearbeitet oder andere Aktivitäten verrichtet zu haben. Nach Anhörung des Betriebsrats kündigte die Beklagte unter dem 14. Mai 2010 das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger einmal außerordentlich und einmal fristgemäß zum 31. August 2010. Am 11. November 2010 folgte erneut eine außerordentliche, hilfsweise fristgemäße Kündigung des Arbeitsverhältnisses, da der Kläger vereinnahmte Bargelder nicht an die Beklagte weitergeleitet habe.

13

Der Kläger hat die ausgesprochenen Kündigungen fristgemäß angegriffen. Die Beklagte hat Widerklage auf Ersatz der entstandenen Detektivkosten iHv. 12.946,88 Euro nebst Zinsen erhoben.

14

Die Beklagte hat insoweit beantragt,

den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte 12.946,88 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Widerklage zu zahlen.

15

Der Kläger hat beantragt, die Widerklage abzuweisen und bestritten, sich vertragsuntreu verhalten zu haben.

16

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und auf die Widerklage unter Abweisung im Übrigen den Kläger verurteilt, an die Beklagte 1.000,00 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Bis auf einen geringfügigen Zahlungsanspruch des Klägers blieben die von beiden Parteien eingelegten Berufungen vor dem Landesarbeitsgericht erfolglos. Das Landesarbeitsgericht hat für beide Parteien in Bezug auf die Widerklage die Revision zugelassen; mit der nur von ihm eingelegten Revision begehrt der Kläger die vollständige Abweisung der Widerklage.

Entscheidungsgründe

17

Die Revision des Klägers ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte er nicht zu einer Schadensersatzzahlung an die Beklagte wegen entstandener Detektivkosten verurteilt werden.

18

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 14. Mai 2010 habe das Arbeitsverhältnis der Parteien aus wichtigem Grund nach § 626 BGB zum 15. Mai 2010 beendet. Gegen den Kläger bestehe der schwere Verdacht, dass er seine Arbeitsunfähigkeit vorgetäuscht und zu Unrecht Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bezogen habe. Trotz erheblicher Zweifel, ob der Kläger ab dem 19. April 2010 noch arbeitsunfähig gewesen sei, scheide eine Tatkündigung aus, weil zur Überzeugung der Kammer nicht auszuschließen sei, dass der Kläger wegen der Einnahme von Medikamenten keinen Bus hätte führen dürfen.

19

Anders als noch im März durfte die Beklagte im April 2010 aufgrund der konkreten Verdachtsmomente gegen den Kläger eine Detektei mit seiner Observation beauftragen. Ihr mittlerweile durch Tatsachen zu untersetzender Verdacht, der Kläger beziehe trotz Arbeitsfähigkeit Entgeltfortzahlung, sei durch die Beobachtungen der Detektei im April 2010 als Verdacht bestätigt worden. Für die Frage der Erstattung erforderlicher und angemessener Detektivkosten könne es keinen Unterschied machen, ob die Observation zur sicheren Feststellung einer vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung führe oder lediglich genüge, eine Verdachtskündigung zu rechtfertigen. Dies gelte zumindest dann, wenn das Verhalten, das zu dem schwerwiegenden und erheblichen Verdacht führe, für sich betrachtet bereits pflichtwidrig sei. Rückschauend sei zwar die Frage, ob der Kläger am 23. und 24. April 2010 arbeitsfähig gewesen sei, nicht mehr zu beantworten. Wegen des möglichen Medikamenteneinflusses bleibe es insoweit bei einem Verdacht. Dies habe jedoch die Beklagte nicht zu verantworten. Das Verhalten des Klägers sei zumindest genesungswidrig gewesen, falls er nicht mehr an Schmerzen litt, aber seine Schulter belastete und hochprozentigen Alkohol konsumierte sowie Medikamente einnahm, die das zentrale Nervensystem beeinflussten.

20

B. Die Begründung des Landesarbeitsgerichts hält nicht in allen Punkten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Ob der Kläger die Kosten der zweiten Beauftragung des Detektivbüros iHv. 1.000,00 Euro der Beklagten zu erstatten hat, kann der Senat nicht entscheiden, da es dafür weiterer Feststellungen durch das Tatsachengericht bedarf (§ 563 Abs. 1 ZPO).

21

I. Grundsätzlich kommt eine Erstattungspflicht hinsichtlich der Detektivkosten auch dann in Betracht, wenn die ermittelten Tatsachen zu einem so schwerwiegenden Verdacht einer vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung führen, dass eine deswegen ausgesprochene Kündigung im Sinne einer Verdachtskündigung als begründet angesehen werden muss.

22

1. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 547/09 - Rn. 24, AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 135 = EzA BGB 2002 § 280 Nr. 5; 28. Mai 2009 - 8 AZR 226/08 - Rn. 22, AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 133 = EzA ZPO 2002 § 91 Nr. 4; 17. September 1998 - 8 AZR 5/97 - zu C II 1 der Gründe, BAGE 90, 1 = AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 113 = EzA BGB § 249 Nr. 23) hat der Arbeitnehmer wegen der Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten (§ 280 Abs. 1 BGB) dem Arbeitgeber die durch das Tätigwerden eines Detektivs entstandenen notwendigen Kosten zu ersetzen, wenn der Arbeitgeber aufgrund eines konkreten Tatverdachts einem Detektiv die Überwachung des Arbeitnehmers überträgt und der Arbeitnehmer einer vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung überführt wird. Insofern handelt es sich um keine Vorsorgekosten, die unabhängig von konkreten schadensstiftenden Ereignissen als ständige Betriebsausgabe vom Arbeitgeber zu tragen sind. Nach § 249 BGB erstreckt sich die Schadensersatzpflicht auf alle Aufwendungen des Geschädigten, soweit diese nach den Umständen des Falles als notwendig anzusehen sind. Dazu gehört auch die Abwehr drohender Nachteile, wenn sich insofern konkrete Verdachtsmomente ergeben. § 254 BGB verlangt von einem Geschädigten allerdings die Rücksichtnahme auf das Interesse des Schädigers an der Geringhaltung des Schadens. Daraus folgt, dass der Arbeitgeber nur für die Maßnahmen Erstattungsansprüche hat, die ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Arbeitgeber nach den Umständen des Einzelfalles zur Beseitigung der Störung bzw. zur Schadensverhütung nicht nur als zweckmäßig, sondern auch als erforderlich ergriffen haben würde (BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 226/08 - aaO; 17. September 1998 - 8 AZR 5/97 - aaO).

23

2. Rechtsfehlerfrei ist das Landesarbeitsgericht weiter davon ausgegangen, dass die den Verdacht begründenden sogenannten Belastungstatsachen Verletzungen von Vertragspflichten darstellen können und dann der Grund für die Erstattungspflicht aufgewendeter Detektivkosten sind.

24

a) Der Verdacht, der Vertragspartner bzw. Arbeitnehmer könnte eine strafbare Handlung oder eine schwerwiegende Pflichtverletzung begangen haben, kann nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung bilden (vgl. BAG 18. November 1999 - 2 AZR 743/98 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 93, 1 = AP BGB § 626 Verdacht einer strafbaren Handlung Nr. 32; ErfK/Müller-Glöge 13. Aufl. § 626 BGB Rn. 173). Entscheidend sind dabei der Verdacht eines Verstoßes gegen vertragliche Haupt- oder Nebenpflichten und der damit verbundene Vertrauensverlust (vgl. BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - BAGE 134, 349). Es muss gerade der Verdacht sein, der das zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauen des Arbeitgebers in die Redlichkeit des Arbeitnehmers zerstört oder zu einer unerträglichen Belastung des Arbeitsverhältnisses geführt hat (vgl. BAG 26. März 1992 - 2 AZR 519/91 - AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 23; 27. November 2008 - 2 AZR 98/07 -). Daher erscheint der Begriff der Vertrauenskündigung angemessen (Gilberg DB 2006, 1555, 1559). Letztlich geht es darum, dass erhebliche Verdachtsmomente das für ein weiteres Zusammenwirken erforderliche Vertrauen zerstört haben. Die Kündigung wegen Verdachts stellt neben der Kündigung wegen der Tat einen eigenständigen Tatbestand dar (vgl. BAG 13. September 1995 - 2 AZR 587/94 - zu II 3 der Gründe, BAGE 81, 27 = AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 25; 12. August 1999 - 2 AZR 923/98 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 92, 184 = AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 28; 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/07 - Rn. 55, BAGE 131, 155).

25

b) Das dem Verdacht zugrunde liegende Fehlverhalten des Arbeitnehmers muss eine erhebliche Verfehlung des Arbeitnehmers - strafbare Handlung oder schwerwiegende Vertragsverletzung - sein (BAG 27. November 2008 - 2 AZR 98/07 - Rn. 18). Der Verdacht muss objektiv durch Tatsachen - sog. Belastungstatsachen - begründet sein, die so beschaffen sind, dass sie einen verständigen und gerecht abwägenden Arbeitgeber zum Ausspruch der Kündigung veranlassen können (vgl. BAG 14. September 1994 - 2 AZR 164/94 - BAGE 78, 18 = AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 24; 29. November 2007 - 2 AZR 724/06 - Rn. 30, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 40). Der Verdacht muss darüber hinaus dringend sein, dh. es muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass der gekündigte Arbeitnehmer die Straftat oder die Pflichtverletzung begangen hat (vgl. BAG 12. August 1999 - 2 AZR 923/98 - BAGE 92, 184 = AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 28; 25. November 2010 - 2 AZR 801/09 - Rn. 16). Hierfür ist eine wertende Beurteilung und kein bestimmter Grad der Wahrscheinlichkeit notwendig (vgl. BAG 6. September 2007 - 2 AZR 722/06 - BAGE 124, 59; LAG Düsseldorf 17. Januar 2012 - 17 Sa 252/11 -). Die Verdachtsmomente und die Verfehlungen, deren der Arbeitnehmer verdächtigt wird, müssen so schwerwiegend sein, dass dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Als derartige schwere Verfehlungen gelten etwa Veruntreuungen eines Filialleiters, Verrat von Geschäftsgeheimnissen, Diebstahl, Betrug bei der Spesenabrechnung, Erschleichen der Lohnfortzahlung, eine illegale verfassungsfeindliche Tätigkeit oder die sexuelle Belästigung von Mitarbeitern (vgl. ErfK/Müller-Glöge 13. Aufl. § 626 BGB Rn. 177, unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung).

26

3. Das Landesarbeitsgericht hat indes bislang nicht festgestellt, dass die Observation vorgelagerte und den Verdacht als Hilfstatsachen begründende Pflichtwidrigkeiten des Klägers erbracht hat.

27

a) Soweit das Berufungsgericht in Erwägung gezogen hat, der Kläger habe sich zumindest genesungswidrig verhalten, „falls er nicht mehr an Schmerzen litt“, bedeutet dies zum einen nicht die Feststellung einer Hilfstatsache, die für sich eine Pflichtwidrigkeit darstellt. Es handelt sich vielmehr um eine Vermutung, „falls“ der Kläger wieder schmerzfrei gewesen sein sollte. Zum anderen konnte das Berufungsgericht nicht ohne Verstoß gegen Denkgesetze alternativ ein genesungswidriges und damit pflichtwidriges Verhalten des Klägers annehmen. Denn „genesungswidrig“ kann sich nur der Arbeitnehmer verhalten, der tatsächlich arbeitsunfähig ist. Die Kündigung der Beklagten hielt jedoch das Landesarbeitsgericht wegen des schwerwiegenden Verdachts tatsächlich bestehender Arbeitsfähigkeit und erschlichener Entgeltfortzahlung für begründet. Um diese Vermutung zu erhärten, war im März und im April 2010 die Beauftragung der Detektei erfolgt. Nur insoweit kann nach den Umständen des Falles die Aufwendung der Beklagten für das Detektivbüro als notwendig anzusehen sein. Die Revision sieht im Grundsatz zutreffend, dass entgegen der Rechtsprechung des Senats andernfalls unabhängig von der Notwendigkeit gemachter Aufwendungen auch Zufallsergebnisse zur Kostenerstattungspflicht des observierten Arbeitnehmers führen könnten.

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b) Hätte die Observation im April 2010 Indizien erbracht, die in Form eines vorsätzlichen Verhaltens des Klägers darauf hindeuten, dass er in Wahrheit nicht erkrankt war und die so den Verdacht stützten, er habe sich die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und infolge dessen die Entgeltfortzahlung erschlichen, könnte dies zu einer Ersatzpflicht des Klägers führen. Es kommt insoweit nicht darauf an, ob sich der Kläger gesundheits- oder genesungswidrig verhalten hat, sondern darauf, ob er sich vorsätzlich so verhalten hat, dass nach allgemeiner Lebenserfahrung der Schluss gezogen werden muss, er sei nicht arbeitsunfähig. Das Landesarbeitsgericht hat rechtskräftig die fristlose Kündigung der Beklagten vom 14. Mai 2010 für wirksam befunden, weil die Beklagte zwar nicht beweisen konnte, dass der Kläger tatsächlich gesund war, sie aber Indizien darlegen und beweisen konnte, die diese Schlussfolgerung zulassen und damit den Verdacht begründen, es sei so gewesen und der Kläger habe die Beklagte betrogen. Das Landesarbeitsgericht wird daher bezüglich der Detektivkosten zu prüfen haben, ob für seine Entscheidung über die Kündigung maßgebliche Hilfstatsachen auf die Observation durch das Detektivbüro vom 23. bis 25. April 2010 zurückzuführen sind. Das setzt voraus, dass ein Verhalten des Klägers beobachtet wurde, das in einer vom Kläger zu vertretenden Art und Weise (§ 619a BGB) die Rücksicht auf die Interessen der Beklagten (§ 241 Abs. 2 BGB) derart vermissen ließ, dass es den Verdacht eines Betrugs zu Lasten der Beklagten (mit-)begründete. Nach § 619a BGB liegt im Übrigen die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Kläger dergestalt vorwerfbar seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verletzt hat und nach § 280 Abs. 1 BGB der Beklagten zum Schadensersatz verpflichtet ist, bei der Beklagten.

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II. Im Übrigen sind die Erwägungen des Landesarbeitsgerichts zur zweiten Beauftragung der Detektei im April 2010 rechtsfehlerfrei, sowohl was die Gebotenheit des Auftrages als auch die Angemessenheit der entstandenen Kosten anbelangt. Insoweit hat die Revision auch keine Rügen erhoben. Bei seiner Kostenentscheidung wird das Landesarbeitsgericht auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Wein    

        

    Pauli    

                 

(1) Der Handlungsgehilfe muß sich auf die fällige Entschädigung anrechnen lassen, was er während des Zeitraums, für den die Entschädigung gezahlt wird, durch anderweite Verwertung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterläßt, soweit die Entschädigung unter Hinzurechnung dieses Betrags den Betrag der zuletzt von ihm bezogenen vertragsmäßigen Leistungen um mehr als ein Zehntel übersteigen würde. Ist der Gehilfe durch das Wettbewerbsverbot gezwungen worden, seinen Wohnsitz zu verlegen, so tritt an die Stelle des Betrags von einem Zehntel der Betrag von einem Viertel. Für die Dauer der Verbüßung einer Freiheitsstrafe kann der Gehilfe eine Entschädigung nicht verlangen.

(2) Der Gehilfe ist verpflichtet, dem Prinzipal auf Erfordern über die Höhe seines Erwerbes Auskunft zu erteilen.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

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(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.