Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 10. Mai 2017 - 4 Sa 406/16

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2017:0510.4Sa406.16.00
bei uns veröffentlicht am10.05.2017

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 15.7.2016, Az.: 9 Ca 556/15, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im vorliegenden Berufungsverfahren noch über die Begründetheit eines Antrages der Klägerin, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen, sowie über die Höhe des der Klägerin aus dem Jahr 2015 noch zustehenden Urlaubsanspruchs.

2

Die Klägerin ist bei der Beklagten, die ein Alten- und Pflegeheim betreibt, seit dem 01.08.2000 als Mitarbeiterin im Pflegedienst beschäftigt. Aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarung finden auf das Arbeitsverhältnis die Bestimmungen des Manteltarifvertrages für die Beschäftigten des A. in Rheinland-Pfalz (im Folgenden: MTV-A.) Anwendung. Hinsichtlich der dort in den §§ 33 - 35 enthaltenen Urlaubsregelungen wird auf Bl. 52 - 56 d. A. Bezug genommen. Die regelmäßige Arbeitszeit beläuft sich nach § 11 Abs. 1 MTV-A. auf 38,5 Stunden wöchentlich. Bis zum 30.04.2014 war die Klägerin ausschließlich in der Nachtschicht eingesetzt und erbrachte dabei jeweils Dienste von 10 Stunden. Sie arbeitete daher durchschnittlich an 3,85 Tagen pro Woche. Im Anschluss daran wurde sie in den Tagdienst versetzt mit der seitens der Beklagten gegebenen Begründung, dort führten ihre krankheitsbedingten Ausfälle zu geringeren Betriebsablaufstörungen.

3

Mit ihrer am 31.03.2015 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat die Klägerin die Beklagte (zunächst) auf Zahlung von Urlaubsentgelt für die Zeit vom 23.01. - 26.02.2015 sowie auf Aushändigung eines Sozialversicherungsnachweises in Anspruch genommen und darüber hinaus die Feststellung begehrt, dass ihr für das Jahr 2015 noch ein Urlaubsanspruch von insgesamt 20 Arbeitstagen zusteht.

4

Mit Schreiben vom 29.04.2015 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis aus krankheitsbedingten Gründen zum 31.12.2015. Die Klägerin hat daraufhin ihre Klage am 15.05.2015 um einen diesbezüglichen Kündigungsschutzantrag erweitert.

5

Nachdem die Klägerin im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens geltend gemacht hatte, sie sei anlässlich ihrer Versetzung vom Nachtdienst in den Tagesdienst nicht ausreichend über ihre neuen Aufgaben und Verantwortungen sowie über die Art ihrer neuen Tätigkeit und ihre Einordnung in den Arbeitsablauf unterrichtet worden, und die Qualitätsmanagementbeauftragte der Beklagten habe ihr - trotz Bitte - den sog. QM-Ordner nicht ausgehändigt, hat die Beklagte vorgetragen, der betreffende Ordner sei der Klägerin am 06.06.2014 ausgeliehen worden. Zum Beweis für diese Behauptung hat die Beklagte eine Entnahmequittung vom 06.06.2014 (Bl. 241 d. A.) zu den Akten gereicht, die mit dem Namen der Klägerin unterzeichnet ist. Tatsächlich stammt die Unterschrift jedoch von der Qualitätsmanagementbeauftragten der Beklagten, die nach deren Behauptung der Auffassung gewesen war, sie sei bei der Aushändigung des QM-Ordners an die Klägerin berechtigt gewesen, die Entnahmequittung selbst mit dem Namen der Klägerin zu unterzeichnen. Im Hinblick auf diesen Vorgang hat die Klägerin sodann hilfsweise beantragt, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen.

6

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen streitigen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 15.07.2016 (Bl. 364 - 372 d. A.). Wegen der Berechnungen der Klägerin bezüglich des ihr nach ihrer Auffassung noch zustehenden Resturlaubsanspruchs wird auf die Seiten 7 - 14 der Klageschrift vom 31.03.2015 (Bl. 21 - 28 d. A.) Bezug genommen.

7

Die Klägerin hat beantragt,

8

1. die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 23.01. bis zum 26.02.2015 insgesamt € 3.606,48 (brutto) zuzüglich Zinsen seit Rechtshängigkeit in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem gesetzlichen Basiszinssatz zu zahlen,

9

2. festzustellen, dass der Klägerin nach Gewährung von Erholungsurlaub in der Zeit vom 23.01.2015 bis 26.02.2015 noch Anspruch auf Gewährung von insgesamt 20 Arbeitstagen Urlaub zusteht,

10

3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 29.04.2015 nicht aufgelöst worden ist,

11

4. hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit dem vorstehenden Antrag, das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31.12.2015 aufzulösen und die Beklagte zur Zahlung einer Abfindung im Umfang von mindestens € 40.000,00 brutto nebst Zinsen seit dem Tag der Auflösung zu verurteilen.

12

Die Beklagte hat beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 15.07.2017 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 29.04.2015 nicht aufgelöst worden ist und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 3.376,54 € brutto (Urlaubsentgelt) zu zahlen. Darüber hinaus hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass der Klägerin aus dem Jahr 2015 noch ein Urlaubsanspruch von sieben Tagen zusteht. Im Übrigen hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 9 - 19 diese Urteils (= Bl. 372 - 382 d. A.) Bezug verwiesen.

15

Gegen das ihr am 22.08.2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 16.09.2016 Berufung eingelegt und diese innerhalb der ihr mit Beschluss vom 24.10.2016 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 28.10.2016 begründet.

16

Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts sei das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung nach §§ 9,10 KSchG aufzulösen, da ihr - der Klägerin - die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zumutbar sei. Die Unzumutbarkeit resultiere daraus, dass die Beklagte im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens wahrheitswidrig behauptet habe, sie - die Klägerin - habe den Erhalt des QM-Ordners durch ihre Unterschrift quittiert. Die Unrichtigkeit ihrer diesbezüglichen Behauptung habe die Beklagte erst nach Ankündigung einer Strafanzeige eingeräumt. Mit ihrer unwahren Behauptung habe die Beklagte sie - die Klägerin - als Person dargestellt, die sich nicht an die Grundsätze eines fairen Verhaltens halte und ihrerseits die Unwahrheit vortrage. Durch das Verhalten der Beklagten sei das für die Aufrechterhaltung eines Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauen zerstört. Es dürfe in diesem Zusammenhang auch nicht außer Acht gelassen werden, dass ihr von ihrer behandelten Ärztin bestätigt worden sei, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses am bisherigen Arbeitsplatz zu einem depressiven Rückfall führen würde. Bei der Berechnung des ihr noch zustehenden Urlaubsanspruchs habe das Arbeitsgericht die maßgeblichen tariflichen Vorschriften falsch angewendet. Es sei nicht erkennbar, dass die Tarifvertragsparteien eine Kürzung von Urlaubsansprüchen im Falle der Verteilung der Arbeitszeit auf weniger als fünf Tage pro Woche gewollt hätten. Zudem habe das Arbeitsgericht rechtsfehlerhaft das Pflegezeitgesetz in der ab dem 01.01.2015 geltenden Fassung angewendet, da zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Fassung die am 12.07.2014 begonnene Pflegezeit bereits nahezu beendet gewesen sei. Zum Zeitpunkt der Vereinbarung und des Beginns der Pflegezeit habe eine gesetzliche Grundlage für die Kürzung des Urlaubsanspruchs nicht bestanden. Richtigerweise hätte das Arbeitsgericht daher die in der Klageschrift dargelegte Berechnung des Urlaubsanspruchs zur Grundlage seiner Entscheidung machen müssen. Unter Berücksichtigung des erhaltenen Urlaubs verbleibe daher auf jeden Fall noch ein Restanspruch von 20 Urlaubstagen für das Jahr 2015.

17

Zur Darstellung aller Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin im Berufungsverfahren wird auf deren Berufungsbegründungsschrift vom 28.10.2016 (Bl. 424 - 433 d. A.) Bezug genommen.

18

Die Klägerin beantragt,

19

1. unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 15.07.2016, 9 Ca 556/15, das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31.12.2015 aufzulösen und die Beklagte zur Zahlung einer Abfindung in Höhe von mindestens € 40.000,00 brutto nebst Zinsen seit dem Tag der Auflösung zu verurteilen;

20

2. unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 15.07.2016, 9 Ca 556/15, festzustellen dass der Klägerin für das Urlaubsjahr 2015 noch Anspruch auf Gewährung von 20 Arbeitstagen Urlaub zusteht

21

Die Beklagte beantragt,

22

die Berufung zurückzuweisen.

23

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderungsschrift vom 02.12.2016 (Bl. 458 - 467 d. A.), auf die Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe

I.

24

Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

II.

1.

25

Der Antrag der Klägerin, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen ist nicht begründet.

26

Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG hat das Gericht das durch eine sozialwidrige Kündigung nicht beendete Arbeitsverhältnis durch Urteil aufzulösen, wenn dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten ist. Dafür muss kein wichtiger Grund i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB vorliegen, der dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar machen würde. Es reicht aus, dass ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auf unbestimmte Dauer unzumutbar ist. Dafür wiederum genügt nicht allein die Sozialwidrigkeit der Kündigung. Es bedarf vielmehr zusätzlicher, vom Arbeitnehmer darzulegender Umstände. Diese müssen im Zusammenhang mit der Kündigung oder dem Kündigungsschutzprozess stehen. Auflösungsgründe können sich demnach aus den Modalitäten der Kündigung als solcher und aus weiteren Handlungen des Arbeitgebers ergeben, die mit der Kündigung einhergehen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zuzumuten ist, ist der Zeitpunkt der Entscheidung über den Auflösungsantrag (BAG v. 11.07.2013 - 2 AZR 241/12 - AP Nr. 69 zu § 9 KSchG 1969 m. w. N.).

27

Gründe, die der Klägerin die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auf unbestimmte Dauer unzumutbar machen, sind nicht gegeben.

28

Zwar hat die Beklagte unstreitig im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens die objektiv wahrheitswidrige Behauptung aufgestellt, die Klägerin habe am 06.06.2014 den Erhalt des sog. QM-Ordner mit ihrer Unterschrift bestätigt und zum Beweis dieser Behauptung eine entsprechende Quittung (Bl. 241 d. A.) zu den Akten gereicht, die mit dem Namen der Klägerin unterzeichnet ist, jedoch tatsächlich nicht von ihr unterschrieben wurde. Damit hat die Beklagte sowohl wahrheitswidrig vorgetragen als auch zur Stützung ihrer objektiv falschen Behauptung eine unrichtige Urkunde vorgelegt. Die Tatsache, dass der Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess unzutreffende Behauptungen aufstellt, genügt zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses jedoch nur dann, wenn die betreffenden Behauptungen bewusst wahrheitswidrig erhoben werden (LAG Köln v. 26.01.1995 - 10 Sa 1134/95 - LAGE § 9 KSchG Nr. 25; ErfK/Kiel, 17. Aufl. § 9 KSchG Rnr. 9).

29

Von einem bewusst wahrheitswidrigen Sachvortrag kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Die Beklagte hat vorgetragen, dass sie, nachdem die Klägerin die Unterzeichnung der Quittung mit Schriftsatz vom 03.12.2015 in Abrede gestellt habe, den Sachverhalt durch Befragung der Qualitätsmanagementbeauftragten aufgeklärt habe, wobei diese eingeräumt habe, das betreffende Schriftstück selbst mit dem Namen der Klägerin unterzeichnet zu haben. Dass die Beklagte bereits im Zeitpunkt ihrer Behauptung, die Klägerin habe die Quittung unterzeichnet bzw. im Zeitpunkt der Vorlage der Quittung wusste oder zumindest hätte davon ausgehen müssen, dass die Unterschrift nicht von der Klägerin stammt, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Ansicht der Klägerin, es bestehe zumindest der dringende Verdacht, dass die Qualitätsmanagementbeauftragten von der Beklagten zur Ableistung der Unterschrift angehalten worden sei, entbehrt konkreter Tatsachen. Die Beklagte hat die Unrichtigkeit ihres vorherigen Sachvortrages bezüglich der Unterschriftsleistung durch die Klägerin auch bereits mit Schriftsatz vom 20.01.2016 ausdrücklich eingeräumt. Die Behauptung der Klägerin, die Beklagte habe trotz der mit außergerichtlichem Schreiben vom 19.10.2015 (Bl. 269 d. A.) erhobenen ausdrücklichen Rüge zunächst an ihrem wahrheitswidrigem Sachvortrag festgehalten, geht ins Leere. Die Klägerin hat in dem betreffenden Schreiben vom 19.10.2015 lediglich allgemein geltend gemacht, das Vorbringen der Beklagten sei zum Teil unwahr und vorgelegte Unterlagen seien unzutreffend. Das Schreiben enthält jedoch nicht ansatzweise den Hinweis darauf, dass die Unterschrift auf der vorgelegten Quittung nicht von der Klägerin selbst stammt. In Ansehung all dieser Umstände kann keinesfalls davon ausgegangen werden, dass die Beklagte bewusst wahrheitswidrig eine Unterschriftsleistung der Klägerin behauptet hat.

30

Die Klägerin kann ihren Auflösungsantrag auch nicht mit Erfolg auf das ärztliche Attest vom 18.01.2016 (Bl. 303 d. A.) stützen. Zwar wird dort ausgeführt, eine Rückkehr an den alten Arbeitsplatz würde aus therapeutischer Sicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bei der Klägerin zu einem depressiven Rückfall führen und sei ihr daher nicht zuzumuten. Eine Erkrankung kann jedoch nur dann einen Auflösungsgrund i. S. v. § 9 Abs. 1 Satz KSchG bilden, wenn der Arbeitgeber die Krankheit zielgerichtet herbeigeführt oder mit einer offensichtlich unbegründeten Kündigung oder etwa ehrverletzenden Äußerungen die Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Arbeitnehmers als möglich angesehen und bewusst in Kauf genommen hat (BAG v. 11.07.2013 - 2 AZR 241/12 - AP Nr. 69 zu § 9 KSchG 1969). Hierfür bestehen im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte.

2.

31

Die Klage auf Feststellung, dass der Klägerin für das Urlaubsjahr 2015 ein Anspruch auf Gewährung weiterer 20 Urlaubstage zusteht, ist zwar zulässig, jedoch nicht begründet.

a.

32

Die Feststellungklage ist zulässig. Die Klägerin hat gemäß § 256 Abs. 1 ZPO ein Interesse an der gerichtlichen Feststellung des Umfangs des ihr aus dem Jahr 2015 infolge ihrer ununterbrochenen Arbeitsunfähigkeit seit Ende Februar 2015 nicht verfallenen und ihr daher derzeit noch zustehenden Urlaubs (vgl. BAG vom 12.07.2016 - 9 AZR 264/15 - juris; BAG v. 21.10.2014 - 9 AZR 956/12 - AP Nr. 7 zu § 10 AGG).

b.

33

Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von mehr als sieben restlichen Urlaubstagen aus dem Jahr 2015.

34

Das Berufungsgericht folgt insoweit den Ausführungen unter IV der Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils und stellt dies gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Von der Darstellung eigener vollständiger Entscheidungsgründe wird daher insoweit abgesehen. Das Berufungsvorbringen der Klägerin bietet lediglich Anlass zu folgenden Klarstellungen:

aa.

35

Zutreffend ist das Arbeitsgericht bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass der tarifliche Urlaub (§§ 34, 35 MTV-A.) vorliegend für die Zeit bis zum 30.04.2014, d. h. für den Zeitraum der von der Klägerin an 3,85 Tagen pro Woche geleisteten Schichtarbeit vermindert war. Zwar ergibt sich dies nicht aus der Protokollnotiz zu Abs. 2 des § 35 MTV-A., jedoch aus allgemeinen urlaubsrechtlichen Erwägungen. Enthalten die anzuwendenden Tarifvorschriften - wie vorliegend - keine besondere Umrechnungsbestimmung für Schichtarbeit, so ist der Urlaubsanspruch nach allgemeinen Grundsätzen umzurechnen. Ist die regelmäßige Arbeitszeit nicht auf eine Kalenderwoche verteilt, muss für die Umrechnung eines nach Arbeitstagen bemessenen Urlaubs auf den Zeitabschnitt abgestellt werden, in dem die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit im Durchschnitt erreicht wird. Die danach maßgebliche Umrechnungsformel lautet:

36

Urlaubstage im Jahr x Arbeitstage im Jahr bei abweichender Verteilung

37

Arbeitstage im Jahr bei einer Fünftagewoche (261 Arbeitstage)

38

Bei einem tariflichen Urlaubsanspruch von insgesamt 35 Arbeitstagen (30 Arbeitstage gemäß § 34 Abs. 1 MTV-A. zuzüglich 5 Tage Zusatzurlaub gemäß § 35 Abs. 4, 5 MTV-A.) und Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 3,85 Tage beläuft sich der zu gewährende Urlaub somit auf (aufgerundet) 27 Arbeitstage.

bb.

39

Zutreffend ist das Arbeitsgericht auch davon ausgegangen, dass der Urlaub der Klägerin aus dem Jahr 2014 im Hinblick auf die von ihr vom 12.07.2014 bis zum 11.01.2015 in Anspruch genommene Pflegezeit gemäß § 4 Abs. 4 PflegeZG um insgesamt 5/12 gekürzt ist. Dem steht nicht entgegen, dass § 4 Abs. 4 PflegeZG erst am 01.01.2015 in Kraft getreten ist, da die von der Klägerin in Anspruch genommene Pflegezeit zum Zeitpunkt des Inkrafttretens noch nicht beendet war. Die Beklagte war auch nicht gehalten, die Kürzung bereits vor Beginn der Pflegezeit zu erklären. Die Kürzungserklärung konnte auch noch nach dem Ende der Pflegezeit abgegeben werden (vgl. ErfK/Gallner § 17 BEEG Rnr. 4 m. w. N. zur entsprechenden Vorschrift des § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG). Die Beklagte hat auch die nach § 4 Abs. 4 PflegeZG erforderliche Kürzungserklärung abgegeben, indem sie sich - jedenfalls im Berufungsverfahren - ausdrücklich auf die gesetzliche Kürzungsvorschrift berufen hat.

III.

40

Nach alledem war die Berufung der Klägerin mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

41

Für die Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 10. Mai 2017 - 4 Sa 406/16

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 10. Mai 2017 - 4 Sa 406/16

Referenzen - Gesetze

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 10. Mai 2017 - 4 Sa 406/16 zitiert 11 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 256 Feststellungsklage


(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 626 Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund


(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unte

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 69 Urteil


(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Woch

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 9 Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Urteil des Gerichts, Abfindung des Arbeitnehmers


(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältni

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 10 Zulässige unterschiedliche Behandlung wegen des Alters


Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein.

Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG | § 17 Urlaub


(1) Der Arbeitgeber kann den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin für das Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmer

Pflegezeitgesetz - PflegeZG | § 4 Dauer der Inanspruchnahme


(1) Die Pflegezeit nach § 3 beträgt für jeden pflegebedürftigen nahen Angehörigen längstens sechs Monate (Höchstdauer). Für einen kürzeren Zeitraum in Anspruch genommene Pflegezeit kann bis zur Höchstdauer verlängert werden, wenn der Arbeitgeber zust

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 10. Mai 2017 - 4 Sa 406/16 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 10. Mai 2017 - 4 Sa 406/16 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 12. Juli 2016 - 9 AZR 264/15

bei uns veröffentlicht am 12.07.2016

Tenor 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 14. April 2015 - 3 Sa 529/14 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 11. Juli 2013 - 2 AZR 241/12

bei uns veröffentlicht am 11.07.2013

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 21. Dezember 2011 - 9 Sa 136/11 - wird auf seine Kosten zurückge

Referenzen

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.

(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.

(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 21. Dezember 2011 - 9 Sa 136/11 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die vom Kläger beantragte Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung.

2

Der Kläger war seit Januar 1998 bei der Beklagten - einem papierverarbeitenden Unternehmen - als gewerblicher Arbeitnehmer tätig. Aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme gelten für das Arbeitsverhältnis die „für die gewerblichen Arbeitnehmer der Papier, Pappe und Kunststoff verarbeitenden Industrie abgeschlossenen Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung“. Dementsprechend betrug die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit des Klägers anfänglich 35 Stunden.

3

Unter dem 1. Dezember 2004 vereinbarten die Parteien im Rahmen einer „Ergänzung zum Arbeitsvertrag“, dass die wöchentliche Arbeitszeit des Klägers künftig im Jahresdurchschnitt 35 Stunden betragen und der Kläger auf Anforderung der Beklagten pro Woche bis zu drei Stunden unentgeltliche Mehrarbeit „zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit seines Arbeitsplatzes“ leisten sollte. Die monatliche Vergütung sollte - unabhängig vom Umfang der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit - auf der Basis von 35 Stunden pro Woche erfolgen. „Plusstunden“ - über 38 Wochenstunden hinaus geleistete Arbeit - und „Minusstunden“ sollten in ein Arbeitszeitkonto eingestellt werden, für das nähere Regelungen getroffen wurden.

4

Am 20. Februar 2006 bat die Beklagte den Kläger um Zustimmung zu einer Erhöhung der Arbeitszeit von „bisher 38 h/Woche“ auf „40 h/Woche“ ohne Lohnausgleich. Dieser lehnte ab und weigerte sich, eine entsprechende „Ergänzung zum Arbeitsvertrag“ zu unterzeichnen.

5

Bereits am 16. Januar 2004 hatte die Beklagte den Kläger mit der Begründung abgemahnt, er habe seine Anzeigepflichten im Zusammenhang mit einer Erkrankung verletzt. Im September 2006 kündigte sie das Arbeitsverhältnis der Parteien unter Hinweis auf betriebliche Gründe ordentlich. Aufgrund rechtskräftiger Entscheidung steht fest, dass diese Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst hat.

6

Mit Schreiben vom 15. Januar 2007, vom 3. März 2011 und vom 9. März 2011 erteilte die Beklagte dem Kläger weitere Abmahnungen. Mit Schreiben vom 30. März 2011 kündigte sie das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31. August 2011. Unter dem 18. August 2011 kündigte sie das Arbeitsverhältnis erneut, nunmehr zum 31. Januar 2012.

7

Gegen die Kündigung vom 30. März 2011 hat der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit Kündigungsschutzklage erhoben. Durch Teilurteil hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch diese Kündigung nicht aufgelöst worden ist. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht - rechtskräftig - zurückgewiesen. Hinsichtlich der Kündigung vom 18. August 2011 hat der Kläger am 6. Februar 2012 seine in erster Instanz wegen Zahlung und anderer Forderungen noch anhängige Klage um einen Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG erweitert; eine Entscheidung des Arbeitsgerichts über diesen Antrag steht noch aus.

8

Im vorliegenden Verfahren steht noch ein erstmals im Berufungsrechtszug gestellter Auflösungsantrag des Klägers im Streit. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei ihm unzumutbar. Seit seiner Weigerung, einer weiteren Erhöhung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich zuzustimmen, versuche die Beklagte, ihn aus dem Arbeitsverhältnis zu drängen. Mit der Kündigung vom September 2006 habe sie nur ihre Macht demonstrieren wollen, nach Belieben über den Arbeitsplatz verfügen zu können. Anschließend habe sie sich darauf verlegt, ihn mit einer „Politik der kleinen Nadelstiche“ zu treffen. Bei nichtigen Anlässen sei er von Vorgesetzten getadelt, gelegentlich sei er übermäßig, teils über zehn Stunden werktäglich hinaus zu Arbeitsleistungen herangezogen worden. Sein Arbeitszeitkonto werde auf der Basis einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden geführt. Das komme einer Erzwingung der verweigerten Mehrarbeit gleich. Die erste Kündigung habe bei ihm eine Depression ausgelöst. Seither befinde er sich - wie der Beklagten bekannt - in ärztlicher Behandlung. Sein Gesundheitszustand habe sich von da an stetig verschlechtert. Im Zusammenhang mit den neuerlichen, wiederum offensichtlich unwirksamen Kündigungen vom März und August 2011 sei ihm ärztlicherseits dringend geraten worden, das Arbeitsverhältnis im Interesse seiner Gesundheit zu beenden.

9

Der Kläger hat im Wege der Anschlussberufung beantragt,

        

das Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 31. August 2011 gegen Zahlung einer hinsichtlich der Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellten Abfindung aufzulösen.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Anschlussberufung zurückzuweisen. Sie habe den Kläger weder grundlos abgemahnt, noch habe sie leichtfertig Kündigungen ausgesprochen.

11

Das Landesarbeitsgericht hat nach dem Antrag der Beklagten erkannt. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision ist nicht begründet. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts, es liege kein hinreichender Grund vor, das Arbeitsverhältnis auf Antrag des Klägers aufzulösen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

13

I. Die Revision bleibt nicht deshalb erfolglos, weil die von Amts wegen zu prüfenden Voraussetzungen für eine Fortsetzung des Prozesses über den Antrag des Klägers nicht vorlägen. Zwar konnte der Kläger, der durch das Teilurteil des Arbeitsgerichts nicht beschwert war, den Auflösungsantrag nur im Rahmen einer - nach § 9 Abs. 1 Satz 3 KSchG ausnahmsweise noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz zulässigen - Anschlussberufung anbringen(vgl. BAG 3. April 2008 - 2 AZR 720/06 - Rn. 11, BAGE 126, 226). Als ein solches Anschlussrechtsmittel ist sein schon mit der Berufungserwiderung angekündigter Antrag aber zu verstehen (zu einer solchen Auslegung vgl. BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 124/11 - Rn. 11).

14

II. Das Landesarbeitsgericht hat die Kündigung vom 30. März 2011 rechtskräftig für sozialwidrig erachtet. Dabei ist es unausgesprochen davon ausgegangen, dass das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis der Parteien zur Anwendung gelangt. Die Beklagte hat diesbezüglich keine Einwände erhoben.

15

III. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG hat das Gericht das durch eine sozialwidrige Kündigung nicht beendete Arbeitsverhältnis durch Urteil aufzulösen, wenn dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten ist. Dafür muss kein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB vorliegen, der dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar machen würde. Es reicht aus, dass ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auf unbestimmte Dauer unzumutbar ist (BAG 27. März 2003 - 2 AZR 9/02 - zu II 2 der Gründe; 26. November 1981 - 2 AZR 509/79 - zu II 2 der Gründe, BAGE 37, 135). Dafür wiederum genügt nicht allein die Sozialwidrigkeit der Kündigung. Es bedarf vielmehr zusätzlicher, vom Arbeitnehmer darzulegender Umstände. Diese müssen im Zusammenhang mit der Kündigung oder doch dem Kündigungsschutzprozess stehen (BAG 24. September 1992 - 8 AZR 557/91 - zu I 3 der Gründe, BAGE 71, 221; 18. Januar 1962 - 2 AZR 179/59 - zu II der Gründe, BAGE 12, 174). Auflösungsgründe können sich demnach aus den Modalitäten der Kündigung als solcher und aus weiteren Handlungen des Arbeitgebers ergeben, die mit der Kündigung einhergehen (BAG 24. September 1992 - 8 AZR 557/91 - aaO: gänzlich ungerechtfertigte Suspendierung).

16

IV. Diesen Maßstäben hält die angefochtene Entscheidung stand.

17

1. Das Landesarbeitsgericht hat bei der Zumutbarkeitsprüfung zutreffend auf die Verhältnisse im Zeitpunkt seiner letzten mündlichen Verhandlung am 21. Dezember 2011 abgestellt. Dabei hat es mit Recht auch solche Umstände berücksichtigt, die sich - wie die am 18. August 2011 erklärte Kündigung - erst im Verlauf des Prozesses ergeben haben (vgl. dazu BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 554/08 - Rn. 22, 23 mwN).

18

2. Das Landesarbeitsgericht war wegen der zum 31. Januar 2012 erklärten Kündigung nicht gehindert, über den Auflösungsantrag zu entscheiden. Zwar kann der Umstand, dass das Arbeitsverhältnis alsbald nach einem möglichen Auflösungszeitpunkt ohnehin enden würde, von Bedeutung für die anzustellende Zumutbarkeitsprüfung sein. Ein solcher Umstand macht eine Entscheidung über den Auflösungsantrag aber nicht obsolet, sondern beeinflusst unter Umständen ihr Ergebnis: Ob dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zuzumuten ist, richtet sich ua. nach der voraussichtlichen Dauer einer Weiterbeschäftigung. Ist der Eintritt einer anderweitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur möglich, steht er aber nicht mit Gewissheit fest, muss das zur Entscheidung über einen Auflösungsantrag berufene Gericht ggf. eine Prognose über die Wahrscheinlichkeit eines solchen Eintritts treffen (BAG 27. April 2006 - 2 AZR 360/05 - Rn. 29, BAGE 118, 95).

19

3. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht deshalb als rechtsfehlerhaft, weil es keine konkreten Ausführungen zu dem für die Zumutbarkeitsprüfung maßgebenden Zeitraum enthält. Das Landesarbeitsgericht ist entweder von einem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses nur bis zum 31. Januar 2012 oder aber von einem Fortbestand auf unbestimmte Zeit ausgegangen. Auch eine Weiterarbeit auf unbestimmte Zeit war dem Kläger nicht unzumutbar. Dies vermag der Senat, da der entscheidungserhebliche Sachverhalt feststeht, selbst zu beurteilen.

20

a) Der Kläger hat gemeint, das Vertrauensverhältnis der Parteien sei deshalb unheilbar zerrüttet, weil die Beklagte, wie die vorangegangenen Kündigungen belegten, darauf ausgehe, ihn „um jeden Preis“ aus dem Arbeitsverhältnis zu drängen. Das trifft nicht zu.

21

aa) Ein die Unzumutbarkeit iSd. § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG begründender Umstand kann darin liegen, dass ein Kündigungsschutzverfahren über eine offensichtlich sozialwidrige Kündigung seitens des Arbeitgebers mit einer solchen Schärfe geführt worden ist, dass der Arbeitnehmer mit einem schikanösen Verhalten des Arbeitgebers und anderer Mitarbeiter rechnen muss, wenn er in den Betrieb zurückkehrt(BAG 27. März 2003 - 2 AZR 9/02 - zu II 2 a der Gründe). Das Arbeitsverhältnis kann ferner aufzulösen sein, wenn feststeht, dass sich der Arbeitgeber ungeachtet der im Kündigungsschutzprozess vertretenen Rechtsauffassung des Gerichts auf jeden Fall von ihm trennen will und offensichtlich beabsichtigt, mit derselben oder einer beliebigen anderen Begründung solange Kündigungen auszusprechen, bis er sein Ziel erreicht hat (vgl. BAG 27. März 2003 - 2 AZR 9/02 - zu II 3 b der Gründe; 29. Januar 1981 - 2 AZR 1055/78 - zu III 2 b der Gründe, BAGE 35, 30).

22

bb) Anhaltspunkte für eine derartige Intention der Beklagten liegen nicht vor.

23

(1) Dass die Beklagte gegenüber dem Kläger inzwischen drei Kündigungen erklärt hat, spricht nicht für einen Trennungswillen „um jeden Preis“. Die Kündigungen beruhen nicht auf demselben Lebenssachverhalt und stehen auch sonst in keinem erkennbaren Zusammenhang. Während sich die Beklagte zur Rechtfertigung der Kündigung aus dem Jahr 2006 auf betriebliche Gründe berufen hat, hat sie die Kündigungen im Jahr 2011 auf Gründe im Verhalten des Klägers gestützt. Das Urteil des Arbeitsgerichts betreffend die Kündigung vom September 2006 hat sie hingenommen und den Kläger weiterbeschäftigt. Zwischen diesem Urteil und der nachfolgenden Kündigung vom 30. März 2011 liegt ein Zeitraum von mehr als vier Jahren. Die deutliche zeitliche Zäsur widerspricht nicht nur der Auffassung des Klägers, die Beklagte wolle ihn als „missliebigen Arbeitnehmer“ unbedingt „loswerden“. Sie steht auch der Annahme entgegen, die Kündigungen stellten eine Reaktion auf seine Weigerung dar, einer Erhöhung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit auf 40 Stunden ohne Lohnausgleich zuzustimmen.

24

(2) Hinzu kommt, dass sich die Kündigungen, zumindest was diejenigen aus dem Jahr 2011 betrifft, nicht als offensichtlich sozialwidrig erweisen. Dass die Beklagte sie leichtfertig erklärt und Kündigungsgründe „an den Haaren“ herbeigezogen hätte, ist nicht ersichtlich.

25

(a) Anlass für die Kündigung vom 30. März 2011 war der Umstand, dass der Kläger am 9. März 2011 seinen Arbeitsplatz unerlaubt für eine Raucherpause von mehr als zehn Minuten verlassen und sich dafür bewusst nicht „ausgestempelt“ hatte. Ein vorsätzlicher Verstoß des Arbeitnehmers gegen seine Verpflichtung, die tatsächlich geleistete Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, ist „an sich“ geeignet, eine verhaltensbedingte Kündigung zu rechtfertigen (vgl. BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 381/10 - Rn. 14). Selbst wenn die Beklagte das Arbeitszeitkonto vertragswidrig geführt haben sollte, gäbe dies dem Kläger nicht das Recht, Arbeitsleistungen vorzuspiegeln, die er nicht erbracht hat. Dementsprechend hat das Landesarbeitsgericht die Kündigung vom 30. März 2011 nicht mangels Pflichtwidrigkeit des Klägers, sondern deshalb für sozialwidrig erachtet, weil der Kündigungsgrund aufgrund vorausgegangener Abmahnungen „verbraucht“ gewesen sei. Der Kläger habe die ihm am 9. März 2011 wegen Rauchens in der Kantine „während der regulären Arbeitszeit“ erteilte Rüge so verstehen dürfen, dass von ihr auch der Vorwurf erfasst sei, er habe die Pause nicht wie vorgeschrieben dokumentiert. Daraus folgt nicht, dass sich der Beklagten die Unwirksamkeit der Kündigung ohne Weiteres aufdrängen musste und sie sich leichtfertig zu ihr hat hinreißen lassen.

26

(b) Dieser Bewertung steht nicht entgegen, dass sich die Beklagte zur Rechtfertigung der Kündigung vom 30. März 2011 auch auf ein Fehlverhalten des Klägers im Zusammenhang mit einem von ihm gewünschten Schichttausch und ein unberechtigtes Verlassen des Betriebs vor dem Ende der Schicht am 16. März 2011 berufen hat. Selbst wenn diese Umstände wegen der Geringfügigkeit der behaupteten Vertragsverletzungen ungeeignet gewesen sein sollten, eine Kündigung zu rechtfertigen, ergibt sich daraus kein unbedingter Trennungswille der Beklagten. Diese hat das fragliche Verhalten des Klägers nicht isoliert, sondern nur zusammen mit seinem Verhalten bei der Arbeitszeiterfassung zum Kündigungsanlass genommen.

27

(c) Es kann dahinstehen, ob der Beklagten für die Kündigung vom 18. August 2011 Gründe iSd. § 1 Abs. 2 KSchG zur Seite standen. Auch sie ist jedenfalls nicht offensichtlich unwirksam.

28

(aa) Nach den Feststellungen im Berufungsurteil hat der Kläger zumindest ab dem 11. August 2011 seine Arbeitsunfähigkeit gegenüber der Beklagten weder angezeigt noch nachgewiesen - allerdings bestand im fraglichen Zeitraum keine Entgeltfortzahlungspflicht der Beklagten mehr.

29

(bb) Es spricht viel dafür, dass die Pflichten aus § 5 Abs. 1 EFZG einen Arbeitnehmer auch während solcher Zeiten treffen, für die er nach § 3 Abs. 1 EFZG keine Entgeltfortzahlung(mehr) beanspruchen kann. Das gilt zumindest im ungekündigten Arbeitsverhältnis, zu dem im Fall der ordentlichen Kündigung auch Zeiten vor dem Kündigungstermin zählen (vgl. ErfK/Dörner/Reinhard 13. Aufl. § 5 EFZG Rn. 3; Schmitt EFZG 5. Aufl. § 5 Rn. 38). Soweit der Senat (vgl. BAG 24. November 1994 - 2 AZR 179/94 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 78, 333) angenommen hat, der Arbeitnehmer sei für die Dauer des Kündigungsschutzprozesses im Regelfall von den ihm sonst obliegenden Anzeige- und Nachweispflichten befreit, betrifft dies Zeiten nach dem mitgeteilten Beendigungstermin.

30

(cc) Unabhängig davon, wie die Rechtslage im Ergebnis zu beurteilen ist, kann der Beklagten jedenfalls nicht der Vorwurf gemacht werden, sie habe eine offensichtlich haltlose Kündigung erklärt. Das gilt umso mehr, als sie den Kläger bereits unter dem 3. März 2011 wegen Verletzung der Anzeigepflicht - aus ihrer Sicht berechtigt - abgemahnt hatte. Soweit der Kläger vorbringt, er sei nicht davon ausgegangen, dass weitere „Nachrichten oder Nachweise“ gegenüber der Beklagten erforderlich gewesen seien, und soweit er sich darauf beruft, diese habe die Nichtanzeige der Arbeitsunfähigkeit und das Ausbleiben eines Nachweises seit Juni 2011 stillschweigend „geduldet“, handelt es sich um neuen Tatsachenvortrag, der in der Revisionsinstanz keine Berücksichtigung finden kann. Im Übrigen rechtfertigt auch dieser Vortrag nicht die Annahme, die Beklagte habe offensichtlich grundlos gekündigt.

31

b) Dem Kläger war die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten nicht wegen anderer Umstände unzumutbar.

32

aa) Seine Behauptung, die „Betriebsleitung der Beklagten“ und seine Vorgesetzten hätten nach der ersten Kündigung eine „Politik der kleinen Nadelstiche“ betrieben und versucht, ihn aus dem Arbeitsverhältnis zu drängen, hat das Landesarbeitsgericht mit Recht als unsubstantiiert angesehen. Es fehlt an der Darstellung konkreter Geschehensabläufe, die es ermöglicht hätten, etwaige Verstöße der Beklagten gegen die ihr obliegende Pflicht zur Rücksichtnahme aus § 241 Abs. 2 BGB und/oder eine Verletzung geschützter Rechtsgüter des Klägers iSd. § 823 Abs. 1 BGB festzustellen(vgl. zu dieser Anforderung BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 546/09 - Rn. 17; 13. März 2008 - 2 AZR 88/07 - Rn. 51).

33

bb) Ein Auflösungsgrund ergibt sich nicht aus dem Vorbringen des Klägers, die Beklagte habe die von ihm verweigerte Arbeitszeiterhöhung ohne Lohnausgleich durch eine bestimmte Schichteinteilung und die Führung seines Arbeitszeitkontos auf der Grundlage einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden dennoch „erzwungen“. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, hierin liege deshalb kein die Unzumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung begründender Umstand, weil das beanstandete Verhalten nicht in Zusammenhang mit der Kündigung oder dem Kündigungsschutzprozess stehe. Die Würdigung erweist sich - jedenfalls im Ergebnis - als rechtsfehlerfrei.

34

(1) Die Möglichkeit, im Rahmen des durch das Kündigungsschutzgesetz gewährleisteten Bestandsschutzes das Arbeitsverhältnis durch gerichtliche Entscheidung aufzulösen, beruht - neben anderen Motiven - auf der Erwägung des Gesetzgebers, das Vertrauensverhältnis der Arbeitsvertragsparteien könne entweder durch die zur Rechtfertigung der Kündigung angeführten Gründe selbst oder durch das Kündigungsschutzverfahren ohne ein Verschulden des Arbeitnehmers zerrüttet worden sein (vgl. den Abdruck der Gesetzesbegründung in RdA 1951, 64). Dem trägt die Anforderung Rechnung, zwischen Kündigung und/oder Kündigungsschutzprozess einerseits und dem geltend gemachten Auflösungsgrund müsse ein Zusammenhang bestehen. Sie stellt sicher, dass nicht jeder Streit der Parteien über den Inhalt ihrer Vertragspflichten zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses führen kann. Dies wäre mit der gesetzgeberischen Intention, bei sozialwidriger Kündigung vorrangig den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu gewährleisten, nicht in Einklang zu bringen.

35

(2) Die Art und Weise, wie die Beklagte das Arbeitszeitkonto des Klägers führt, hat erkennbar nichts mit der Kündigung vom 30. März 2011 zu tun. Im Übrigen rechtfertigte das Vorgehen die Auflösung des Arbeitsverhältnisses auch dann nicht, wenn man von der Voraussetzung des „inneren Zusammenhangs“ absähe. Die Beklagte mag sich in der Vergangenheit über arbeitsvertragliche Vereinbarungen und in Einzelfällen über gesetzliche Arbeitszeitbestimmungen hinweggesetzt haben. Das bedeutet nicht, dass sie bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter keinen Umständen bereit wäre, zu vertragskonformem Verhalten zurückzukehren. Dass die Beklagte einem erstinstanzlich angebrachten Antrag des Klägers festzustellen, für ihn gelte eine Arbeitszeit von 38 Stunden, und einem Antrag auf Zahlung von Differenzvergütung entgegengetreten ist, vermag eine entsprechende Besorgnis nicht zu begründen. Die Beklagte steht auf dem Standpunkt, der Kläger habe durch die widerspruchslos erbrachten Arbeitsleistungen konkludent in die ihm angetragene Vertragsänderung eingewilligt, zumindest aber die konkrete Arbeitszeitgestaltung und die Führung seines Arbeitszeitkontos auf der Basis von 40 Wochenstunden geduldet. Allein daraus, dass der Arbeitgeber in einer zwischen den Parteien umstrittenen Frage einen anderen rechtlichen Standpunkt einnimmt und deshalb einer womöglich berechtigten Vergütungsforderung seines Arbeitnehmers nicht von sich aus nachkommt, folgt nicht, dass diesem die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses iSd. § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG unzumutbar wäre. Etwas anderes könnte nur bei gänzlich haltlosem Gegenvortrag gelten. Dafür fehlt es im Streitfall an Anhaltspunkten. Der Kläger hat nicht behauptet, er habe die Beklagte in der Vergangenheit unmissverständlich aufgefordert, bei der Schichteinteilung und der Führung des Arbeitszeitkontos auf eine für ihn geltende Arbeitszeit von weniger als 40 Stunden Bedacht zu nehmen.

36

cc) Die Ausführungen des Klägers zu einer bei ihm aufgetretenen Depression rechtfertigen kein anderes Ergebnis.

37

(1) Das Landesarbeitsgericht hat als wahr unterstellt, dass die im September 2006 erklärte Kündigung seine Erkrankung ausgelöst und die zweite Kündigung sie verstärkt hat. Es ist ferner davon ausgegangen, dem Kläger sei in Anbetracht seiner Erkrankung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten unzumutbar, weil nach ärztlicher Einschätzung eine Genesung nur bei dessen Beendigung möglich sei. Es hat seine Auffassung, gleichwohl sei das Arbeitsverhältnis nicht aufzulösen, im Wesentlichen damit begründet, dass die Beklagte für die Depression nicht einzustehen habe. Erkranke der Arbeitnehmer infolge einer sozialwidrigen Kündigung, verwirkliche sich ein allgemeines Lebensrisiko. Ein Auflösungsgrund iSd. § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG liege nur vor, wenn der Arbeitgeber ein über die Sozialwidrigkeit hinausgehendes, von der Rechtsordnung missbilligtes Verhalten gezeigt habe. Das sei hier nicht der Fall.

38

(2) Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

39

(a) Die Beurteilung der Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 KSchG erfordert eine Abwägung, die der Grundkonzeption des Kündigungsschutzgesetzes als eines Bestandsschutz gewährenden Gesetzes und dem Ausnahmecharakter der Regelung ausreichend Rechnung trägt(BAG 23. Oktober 2008 - 2 AZR 483/07 - Rn. 72). Der im Interesse des Arbeitnehmers geschaffene Bestandsschutz soll zwar, wie schon die Regelungen des § 7 und des § 12 KSchG belegen, nicht gegen dessen Willen durchsetzbar sein. Grundsätzlich geht das Gesetz aber bei sozial ungerechtfertigter Kündigung von der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses aus. Die Auflösung ist an Umstände gebunden, die messbar über die bloße Rechtsunwirksamkeit der Kündigung nach § 1 KSchG hinausgehen.

40

(b) Für eine Auflösung auf Antrag des Arbeitgebers nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG müssen die Gründe, die einer den Betriebszwecken dienlichen weiteren Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien entgegenstehen, nicht notwendig im Verhalten, insbesondere nicht in einem schuldhaften Verhalten des Arbeitnehmers liegen(vgl. BAG 9. September 2010 - 2 AZR 482/09 - Rn. 11; 10. Juni 2010 - 2 AZR 297/09 - Rn. 13, jeweils mwN). Ob dies gleichermaßen für den Auflösungsantrag des Arbeitnehmers gilt und dieser eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses auch dann verlangen kann, wenn der Arbeitgeber die zur Unzumutbarkeit führenden Umstände nicht durch eigenes Tun zu verantworten hat, bedarf im Streitfall keiner abschließenden Beurteilung (zur Problematik vgl. KR/Spilger 10. Aufl. § 9 KSchG Rn. 41; APS/Biebl 4. Aufl. § 9 KSchG Rn. 44). Ein Auflösungsgrund iSd. § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn die einer Weiterarbeit entgegenstehenden Tatsachen im Einfluss- oder Risikobereich des Arbeitnehmers liegen. Davon ist auszugehen, wenn der Arbeitnehmer infolge einer sozialwidrigen Kündigung erkrankt oder durch sie eine schon bestehende Erkrankung sich verschlimmert, aber der Arbeitgeber die Krankheit weder zielgerichtet herbeigeführt, noch mit einer offensichtlich unbegründeten Kündigung oder etwa ehrverletzenden Äußerungen die Verschlechterung des Gesundheitszustands des Arbeitnehmers als möglich angesehen und bewusst in Kauf genommen hat.

41

(c) Ein entsprechender Vorwurf kann der Beklagten nicht gemacht werden. Selbst wenn ihr das Leiden des Klägers bei Zugang der Kündigung vom 30. März 2011 bekannt gewesen sein sollte, musste sie nicht vom Ausspruch ihrer - nicht offensichtlich unbegründeten - Kündigung absehen. Gleiches trifft auf die Kündigung vom 18. August 2011 zu.

42

(d) Ähnliches gilt, falls die Führung des Arbeitszeitkontos die Krankheit des Klägers befördert hat. Dem Arbeitnehmer steht mit Blick auf ein rechtswidriges Verhalten des Arbeitgebers, das in keinem Zusammenhang mit der Kündigung oder dem Kündigungsschutzprozess steht, nicht ein Wahlrecht zwischen Eigenkündigung und gerichtlicher Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu (KR/Spilger 10. Aufl. § 9 KSchG Rn. 43). Es besteht auch dann nicht, wenn das Verhalten einen wichtigen Grund zur Kündigung iSd. § 626 Abs. 1 BGB darstellt. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis nur selbst fristlos kündigen und Schadenersatz nach § 628 Abs. 2 BGB verlangen. § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG führt nicht zu einem eigenständigen Kündigungsgrund mit Abfindungsanspruch(ErfK/Kiel 13. Aufl. § 9 KSchG Rn. 7). Unabhängig davon ist zu berücksichtigen, dass der Kläger die Schichteinteilung und Führung des Arbeitszeitkontos über lange Zeit widerspruchslos hingenommen hat. Auch dies steht der Auflösung wegen Missachtung der für das Arbeitsverhältnis maßgebenden Arbeitszeit entgegen.

43

V. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Rachor    

        

    Berger    

        

        

        

    B. Schipp    

        

    Wolf     

                 

(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.

(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 14. April 2015 - 3 Sa 529/14 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Anzahl der dem Kläger im Kalenderjahr zustehenden Urlaubstage.

2

Die Parteien verbindet seit dem 3. Mai 2000 ein Arbeitsverhältnis, auf das kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme die für die Beklagte geltenden Haustarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung finden. Die Beklagte schloss am 24. September 2001 mit der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) einen ab dem 1. Januar 2000 geltenden Manteltarifvertrag - Haustarifvertrag - (MTV 2000), der in § 8 ua. regelt:

        

„2.     

Urlaubsdauer

        

2.1     

Der Erholungsurlaub für Jugendliche und Behinderte … wird entsprechend den gesetzlichen Vorschriften gewährt.

        

2.2     

Alle übrigen Arbeitnehmer erhalten 23 Arbeitstage Urlaub.

        

2.3     

Für langjährige Betriebszugehörigkeit erhöht sich der Urlaubsanspruch gemäß Ziff. 2.2 wie folgt:

                 

-       

nach vollendeter 5-jähriger Betriebszugehörigkeit um 1 Arbeitstag,

                 

-       

nach vollendeter 10-jähriger Betriebszugehörigkeit um 2 Arbeitstage,

                 

-       

nach vollendeter 15-jähriger Betriebszugehörigkeit um 3 Arbeitstage,

                 

-       

nach vollendeter 20-jähriger Betriebszugehörigkeit um 4 Arbeitstage,

                 

-       

nach vollendeter 25-jähriger Betriebszugehörigkeit um 5 Arbeitstage,

                 

-       

nach vollendeter 30-jähriger Betriebszugehörigkeit um 6 Arbeitstage.

                 

Ergibt das erste Jahr der Beschäftigung kein volles Kalenderjahr, so bleibt es bei der Berechnung der Betriebszugehörigkeit im Sinne der vorgenannten Staffelung außer Betracht.“

3

Unter dem 16. Dezember 2004 vereinbarten die Tarifvertragsparteien einen Manteltarifvertrag - Haustarifvertrag - (MTV 2005), der am 1. Januar 2005 in Kraft trat. Dieser regelt in § 7 ua. Folgendes:

        

2. Urlaubsdauer

        

Der Erholungsurlaub für Jugendliche und Behinderte wird entsprechend den gesetzlichen Vorschriften gewährt.

        

Alle seit dem 01.01.2004 eingestellten Arbeitnehmer und Auszubildende erhalten 21 Arbeitstage Urlaub.

        

Für die langjährige Betriebszugehörigkeit aller Arbeitnehmer erhöht sich der Urlaubsanspruch wie folgt:

        

-       

nach vollendeter 10-jähriger Betriebszugehörigkeit

um 1 Arbeitstag,

        

-       

nach vollendeter 20-jähriger Betriebszugehörigkeit

um 2 Arbeitstage,

        

-       

nach vollendeter 30-jähriger Betriebszugehörigkeit

um 3 Arbeitstage.

        

Ergibt das erste Jahr der Beschäftigung kein volles Kalenderjahr, so bleibt es bei der Berechnung der Betriebszugehörigkeit im Sinne der vorgenannten Staffelung außer Betracht. …

        

Für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis vor dem 01.01.04 begonnen hat, gelten die bis zum 31.12.04 erworbenen Urlaubsansprüche gemäß dem Manteltarifvertrag vom 24.09.01 besitzstandswahrend weiter.“

4

Die IG BAU kündigte den MTV 2005 zum 31. Dezember 2009. Ein neuer Tarifvertrag wurde bislang nicht vereinbart.

5

Unter dem 23. November 2010 teilte die Beklagte der Belegschaft mit, dass sich Geschäftsführung und Betriebsrat am 20. August 2010 auf eine neue „Betriebliche Mantelregelung“ verständigt hätten. Diese seitens des Betriebsrats nicht unterzeichnete Vereinbarung vom 19. November 2010 wiederholt in § 7 Ziff. 2 sinngemäß die Tarifregelung des § 7 Ziff. 2 MTV 2005. Angefügt ist in Abs. 5 folgender Satz:

        

„Für diese Arbeitnehmer wird ein nach dem 31.12.2004 neu entstehender Urlaubsanspruch von mehr als 24 Arbeitstagen - im Sinne dieser betrieblichen Mantelregelung - ausgeschlossen.“

6

Die von der Beklagten erstellte Lohnabrechnung für Januar 2012 wies für den Kläger einen Jahresurlaub im Umfang von 23 Arbeitstagen aus.

7

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, infolge seiner 10-jährigen Betriebszugehörigkeit habe sich der 23 Arbeitstage umfassende Urlaubsanspruch, der ihm aufgrund der Besitzstandsregelung gemäß § 7 Ziff. 2 Abs. 5 MTV 2005 zustehe, um einen Arbeitstag erhöht.

8

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass ihm ab dem Kalenderjahr 2013 24 Arbeitstage Jahresurlaub zustehen.

9

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage mit der Begründung beantragt, der von einem Arbeitnehmer erworbene Besitzstand nach § 7 Ziff. 2 Abs. 5 MTV 2005 sei auf den Urlaubsanspruch nach dem neuen Tarifstand anzurechnen. Für Arbeitnehmer, die bereits vor dem 1. Januar 2004 in ihre Dienste getreten seien, erhöhe sich der Urlaubsanspruch deshalb erst, wenn die Summe des Urlaubsanspruchs aus § 7 Ziff. 2 Abs. 2 MTV 2005 (Grundurlaub) und § 7 Ziff. 2 Abs. 3 MTV 2005 (Mehrurlaubstage) den besitzstandsgeschützten Urlaub übersteige. Dem Kläger, der mit einem Besitzstand von 23 Arbeitstagen in den MTV 2005 übergeleitet worden sei, stehe daher erst nach einer 30-jährigen Betriebszugehörigkeit ein jährlicher Urlaubsanspruch im Umfang von 24 Arbeitstagen zu.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision der Beklagten ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts im Ergebnis zu Recht abgeändert und der Klage stattgegeben.

12

I. Die Klage ist nach der gebotenen Auslegung des Klageantrags zulässig. Streitgegenstand ist allein die Frage, ob sich infolge der 10-jährigen Betriebszugehörigkeit des Klägers der zwischen den Parteien im Umfang von 23 Arbeitstagen unstreitige jährliche Urlaubsanspruch gemäß § 7 Ziff. 2 Abs. 3 Spiegelstrich 1 MTV 2005 um einen Arbeitstag erhöht hat. Dies hat der Kläger in der Revisionsverhandlung vor dem Senat klargestellt. Da die Beklagte die Erhöhung des Urlaubsanspruchs in Abrede stellt, hat der Kläger gemäß § 256 Abs. 1 ZPO ein Interesse an einer gerichtlichen Feststellung des Umfangs des ihm zustehenden Jahresurlaubs(vgl. BAG 21. Oktober 2014 - 9 AZR 956/12 - Rn. 8 ff. mwN, BAGE 149, 315).

13

II. Die Klage ist begründet. Der seit dem 3. Mai 2000 bei der Beklagten beschäftigte Kläger hat gemäß § 7 Ziff. 2 Abs. 3 und Abs. 5 MTV 2005 ab dem Kalenderjahr 2013 Anspruch auf 24 Arbeitstage Urlaub im Kalenderjahr. Am maßgeblichen Stichtag, dem 31. Dezember 2004, standen ihm 23 Arbeitstage Jahresurlaub zu (§ 8 Ziff. 2.2 MTV 2000). Dieser Anspruch blieb ihm nach § 7 Ziff. 2 Abs. 5 MTV 2005 erhalten. Nach vollendeter 10-jähriger Betriebszugehörigkeit erhöhte sich dieser Anspruch um einen Urlaubstag auf 24 Arbeitstage (§ 7 Ziff. 2 Abs. 3 Spiegelstrich 1 MTV 2005).

14

1. Die Besitzstandsregelung in § 7 Ziff. 2 Abs. 5 MTV 2005 bezieht sich nicht nur auf die Mehrurlaubstage, die der Arbeitnehmer aufgrund seiner Betriebszugehörigkeit vor dem Stichtag nach § 8 Ziff. 2.3 Abs. 1 MTV 2000 erworben hatte, sondern auch auf den gegenüber der Neuregelung höheren Grundurlaubsanspruch von 23 Arbeitstagen (§ 8 Ziff. 2.2 MTV 2000). Dies folgt mittelbar aus dem Wortlaut des § 7 Ziff. 2 Abs. 2 MTV 2005, der ausschließlich den Grundurlaub für die seit dem 1. Januar 2004 eingestellten Arbeitnehmer regelt. Wollte man die Tarifregelung des § 7 Ziff. 2 Abs. 5 MTV 2005 so lesen, dass diese nur die aufgrund einer langjährigen Betriebszugehörigkeit erworbenen Ansprüche als Summe aus Grundurlaub und Mehrurlaubstagen sichert, fehlte eine Regelung für die vor dem 1. Januar 2004 eingestellten Arbeitnehmer, die bis zu diesem Stichtag eine 5-jährige Betriebszugehörigkeit noch nicht vollendet hatten. Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifvertragsparteien eine derart lückenhafte Tarifregelung schaffen wollten, fehlen.

15

2. Entgegen der Auffassung der Revision sind bei Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis - wie das des Klägers - vor dem 1. Januar 2004 begründet wurde, die in § 7 Ziff. 2 Abs. 3 MTV 2005 geregelten Mehrurlaubstage dem Grundurlaub der Vorgängerregelung (23 Arbeitstage nach § 8 Ziff. 2.2 MTV 2000) und nicht dem Grundurlaub der Neuregelung (21 Arbeitstage nach § 7 Ziff. 2 Abs. 2 MTV 2005) hinzuzurechnen. Hiermit zu vergleichen ist der besitzstandsgeschützte Urlaub (§ 7 Ziff. 2 Abs. 5 MTV 2005). Der höhere Urlaubsanspruch ist dann maßgeblich.

16

a) Bereits der Wortlaut des § 7 Ziff. 2 Abs. 3 MTV 2005 zwingt zu dieser Auslegung. Die Tarifnorm ordnet die Erhöhung des Urlaubsanspruchs - abhängig von der Dauer der Betriebszugehörigkeit - für „alle Arbeitnehmer“ an und damit auch für die Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis vor dem 1. Januar 2004 begründet worden ist. Hätten die Tarifvertragsparteien diese Arbeitnehmer ausnehmen wollen, hätten sie die Regelung anders formulieren müssen.

17

b) Auch der Regelungszusammenhang, in den die Tarifregelung eingebettet ist, gibt das Auslegungsergebnis vor. Die Erhöhung des Urlaubsanspruchs aufgrund langjähriger Betriebszugehörigkeit ist in § 7 Ziff. 2 Abs. 3 MTV 2005 und damit in einem eigenständigen Absatz geregelt. Anders als bei der Vorgängerregelung des § 8 Ziff. 2.3 MTV 2000 („erhöht sich der Urlaubsanspruch gemäß Ziff. 2.2“) fehlt es an einer Bezugnahme auf eine bestimmte Tarifvorschrift, etwa auf § 7 Ziff. 2 Abs. 2 MTV 2005. Stattdessen haben die Tarifvertragsparteien eine Tarifregelung für „alle Arbeitnehmer“ und nicht nur für eine Gruppe von Arbeitnehmern - etwa die nach dem 1. Januar 2004 eingetretenen Arbeitnehmer - geschaffen. Die Bezugnahme auf konkret bezeichnete Bestimmungen ist eine im Tarifrecht verbreitete Regelungstechnik, derer sich auch die Tarifvertragsparteien des MTV 2005 mehrfach bedient haben (vgl. § 3 Ziff. 8, § 4 Ziff. 1.1 Abs. 1 und § 8 Ziff. 3 Abs. 2 MTV 2005). Wenn sie bei der Tarifierung des § 7 Ziff. 2 Abs. 3 MTV 2005 auf eine Bezugnahme auf § 7 Ziff. 2 Abs. 2 MTV 2005 verzichtet haben, belegt dies, dass eine Einschränkung des begünstigten Personenkreises nicht beabsichtigt war.

18

c) Schließlich sprechen auch Sinn und Zweck der Tarifregelung für das Auslegungsergebnis. § 7 Ziff. 2 Abs. 3 MTV 2005 dient dem Zweck, die langjährige Betriebstreue von Arbeitnehmern zu honorieren. Dies geschieht durch eine an der Dauer der Betriebszugehörigkeit orientierte Erhöhung des Urlaubsanspruchs. Folgte man der Rechtsansicht der Beklagten, führte weder eine 10-jährige noch eine 20-jährige Betriebszugehörigkeit zu einer Erhöhung des dem Kläger zustehenden Urlaubsanspruchs. Im Streitfall wäre der Kläger insoweit von der Urlaubsstaffelung abgekoppelt, was dem Zweck der Tarifnorm zuwiderliefe.

19

d) Etwas anderes folgt auch nicht aus der Besitzstandsregelung in § 7 Ziff. 2 Abs. 5 MTV 2005. Diese sichert den Arbeitnehmern die bis zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Tarifänderung erworbenen Urlaubsansprüche, ohne Aussagen darüber zu treffen, wie sich der Urlaubsanspruch unter dem Regime des MTV 2005 künftig entwickelt. Dazu bedurfte es einer weiteren Regelung. Eine solche haben die Tarifvertragsparteien für „alle Arbeitnehmer“ in § 7 Ziff. 2 Abs. 3 MTV 2005 geschaffen, ohne diese in persönlicher Hinsicht einzuschränken.

20

3. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass die „Betriebliche Mantelregelung“ vom 19. November 2010 dem Anspruch des Klägers nicht entgegensteht. Gegen diese Würdigung seitens des Landesarbeitsgerichts erhebt die Revision keine Einwände.

21

III. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Suckow    

        

        

        

    Heilmann    

        

    Jacob    

                 

Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein. Derartige unterschiedliche Behandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:

1.
die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bedingungen für Entlohnung und Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Beschäftigten und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen,
2.
die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile,
3.
die Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung auf Grund der spezifischen Ausbildungsanforderungen eines bestimmten Arbeitsplatzes oder auf Grund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand,
4.
die Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten und die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen,
5.
eine Vereinbarung, die die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der oder die Beschäftigte eine Rente wegen Alters beantragen kann; § 41 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt,
6.
Differenzierungen von Leistungen in Sozialplänen im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, wenn die Parteien eine nach Alter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung geschaffen haben, in der die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berücksichtigt worden sind, oder Beschäftigte von den Leistungen des Sozialplans ausgeschlossen haben, die wirtschaftlich abgesichert sind, weil sie, gegebenenfalls nach Bezug von Arbeitslosengeld, rentenberechtigt sind.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Die Pflegezeit nach § 3 beträgt für jeden pflegebedürftigen nahen Angehörigen längstens sechs Monate (Höchstdauer). Für einen kürzeren Zeitraum in Anspruch genommene Pflegezeit kann bis zur Höchstdauer verlängert werden, wenn der Arbeitgeber zustimmt. Eine Verlängerung bis zur Höchstdauer kann verlangt werden, wenn ein vorgesehener Wechsel in der Person des Pflegenden aus einem wichtigen Grund nicht erfolgen kann; dies gilt nicht für Fälle des § 3 Absatz 6a. Pflegezeit und Familienpflegezeit nach § 2 des Familienpflegezeitgesetzes dürfen gemeinsam die Gesamtdauer von 24 Monaten je pflegebedürftigem nahen Angehörigen nicht überschreiten. Die Pflegezeit wird auf Berufsbildungszeiten nicht angerechnet.

(2) Ist der nahe Angehörige nicht mehr pflegebedürftig oder die häusliche Pflege des nahen Angehörigen unmöglich oder unzumutbar, endet die Pflegezeit vier Wochen nach Eintritt der veränderten Umstände. Der Arbeitgeber ist über die veränderten Umstände unverzüglich zu unterrichten. Im Übrigen kann die Pflegezeit nur vorzeitig beendet werden, wenn der Arbeitgeber zustimmt.

(3) Für die Betreuung nach § 3 Absatz 5 gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend. Für die Freistellung nach § 3 Absatz 6 gilt eine Höchstdauer von drei Monaten je nahem Angehörigen. Für die Freistellung nach § 3 Absatz 6 gelten Absatz 1 Satz 2, 3 und 5 sowie Absatz 2 entsprechend; bei zusätzlicher Inanspruchnahme von Pflegezeit oder einer Freistellung nach § 3 Absatz 5 oder Familienpflegezeit oder einer Freistellung nach § 2 Absatz 5 des Familienpflegezeitgesetzes dürfen die Freistellungen insgesamt 24 Monate je nahem Angehörigen nicht überschreiten.

(4) Der Arbeitgeber kann den Erholungsurlaub, der der oder dem Beschäftigten für das Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Kalendermonat der vollständigen Freistellung von der Arbeitsleistung um ein Zwölftel kürzen.

(1) Der Arbeitgeber kann den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin für das Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin während der Elternzeit bei seinem oder ihrem Arbeitgeber Teilzeitarbeit leistet.

(2) Hat der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin den ihm oder ihr zustehenden Urlaub vor dem Beginn der Elternzeit nicht oder nicht vollständig erhalten, hat der Arbeitgeber den Resturlaub nach der Elternzeit im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr zu gewähren.

(3) Endet das Arbeitsverhältnis während der Elternzeit oder wird es im Anschluss an die Elternzeit nicht fortgesetzt, so hat der Arbeitgeber den noch nicht gewährten Urlaub abzugelten.

(4) Hat der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin vor Beginn der Elternzeit mehr Urlaub erhalten, als ihm oder ihr nach Absatz 1 zusteht, kann der Arbeitgeber den Urlaub, der dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin nach dem Ende der Elternzeit zusteht, um die zu viel gewährten Urlaubstage kürzen.

(1) Die Pflegezeit nach § 3 beträgt für jeden pflegebedürftigen nahen Angehörigen längstens sechs Monate (Höchstdauer). Für einen kürzeren Zeitraum in Anspruch genommene Pflegezeit kann bis zur Höchstdauer verlängert werden, wenn der Arbeitgeber zustimmt. Eine Verlängerung bis zur Höchstdauer kann verlangt werden, wenn ein vorgesehener Wechsel in der Person des Pflegenden aus einem wichtigen Grund nicht erfolgen kann; dies gilt nicht für Fälle des § 3 Absatz 6a. Pflegezeit und Familienpflegezeit nach § 2 des Familienpflegezeitgesetzes dürfen gemeinsam die Gesamtdauer von 24 Monaten je pflegebedürftigem nahen Angehörigen nicht überschreiten. Die Pflegezeit wird auf Berufsbildungszeiten nicht angerechnet.

(2) Ist der nahe Angehörige nicht mehr pflegebedürftig oder die häusliche Pflege des nahen Angehörigen unmöglich oder unzumutbar, endet die Pflegezeit vier Wochen nach Eintritt der veränderten Umstände. Der Arbeitgeber ist über die veränderten Umstände unverzüglich zu unterrichten. Im Übrigen kann die Pflegezeit nur vorzeitig beendet werden, wenn der Arbeitgeber zustimmt.

(3) Für die Betreuung nach § 3 Absatz 5 gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend. Für die Freistellung nach § 3 Absatz 6 gilt eine Höchstdauer von drei Monaten je nahem Angehörigen. Für die Freistellung nach § 3 Absatz 6 gelten Absatz 1 Satz 2, 3 und 5 sowie Absatz 2 entsprechend; bei zusätzlicher Inanspruchnahme von Pflegezeit oder einer Freistellung nach § 3 Absatz 5 oder Familienpflegezeit oder einer Freistellung nach § 2 Absatz 5 des Familienpflegezeitgesetzes dürfen die Freistellungen insgesamt 24 Monate je nahem Angehörigen nicht überschreiten.

(4) Der Arbeitgeber kann den Erholungsurlaub, der der oder dem Beschäftigten für das Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Kalendermonat der vollständigen Freistellung von der Arbeitsleistung um ein Zwölftel kürzen.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)