Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 26. Juli 2017 - 4 Sa 240/16

ECLI: ECLI:DE:LAGRLP:2017:0726.4Sa240.16.00
published on 26/07/2017 00:00
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 26. Juli 2017 - 4 Sa 240/16
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 12.4.2016, Az.: 8 Ca 1678/15, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die tarifgerechte Eingruppierung der Klägerin.

2

Die Klägerin ist seit dem 10.10.1991 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Angestellte beschäftigt. Die Beklagte ist als Dienstleister im Bereich Wartung und Instandhaltung für die US-Streitkräfte tätig. Bezüglich der Stelle der Klägerin existiert eine Stellenbeschreibung, hinsichtlich deren Inhalts im Einzelnen auf Bl. 44 f. d. A. Bezug genommen wird. Die Stelle der Klägerin ist dort als die einer Büroangestellten betitelt und unter der Rubrik "Erforderliche Ausbildung" heißt es: "Abgeschlossene Berufsausbildung als Bürokauffrau/kaufmann oder eine fünfjährige Berufserfahrung in einem vergleichbaren Arbeitsfeld."

3

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarung die zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten und der Gewerkschaft V. abgeschlossenen Haustarifverträge Anwendung.

4

Bis zum 16.10.2016 wurde die Klägerin von der Beklagten nach Vergütungsgruppe T4 des zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten und der Gewerkschaft V. abgeschlossenen Vergütungstarifvertrages vom 06.12.1997 (im Folgenden: Vergütungs-TV) vergütet. Mit Wirkung zum 17.10.2016 wurde die Klägerin auf eine andere Stelle versetzt und erhält seitdem Vergütung nach Vergütungsgruppe T6 des betreffenden Tarifvertrages.

5

Mit ihrer am 30.12.2015 beim Arbeitsgericht eingereichten und im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens erweiterten Klage hat die Klägerin die Beklagte - rückwirkend ab Februar 2013 - auf Zahlung von Vergütung nach Vergütungsgruppe T6, hilfsweise nach Vergütungsgruppe T5, in Anspruch genommen.

6

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen streitigen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 12.04.2016 (Bl. 107-114 d. A.).

7

Die Klägerin hat beantragt,

8

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.405,55 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 19.06.2015 zu zahlen, hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.972,23 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 19.06.2015 zu zahlen,

9

2. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin in die Vergütungsgruppe T6/ 6 einzugruppieren, hilfsweise in die T5/6 jeweils des Vergütungstarifvertrags für die Beschäftigten bei der I. GmbH.

10

3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 2.193,16 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30.03.2016 zu zahlen, hilfsweise 1.459,32 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30.03.2016 zu zahlen.

11

Die Beklagte hat beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 12.04.2016 abgewiesen. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 9 bis 13 dieses Urteils (= Bl. 114-118 d. A.) verwiesen.

14

Gegen das ihr am 06.05.2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 03.06.2016 Berufung eingelegt und diese innerhalb der ihr mit Beschluss vom 08.07.2016 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 05.08.2016 begründet.

15

Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Beklagte selbst habe in der Stellenbeschreibung dokumentiert, dass die von ihr - der Klägerin - auszuübenden Tätigkeiten so komplex seien, dass eine entsprechende Berufsausbildung oder eine fünfjährige Berufserfahrung erforderlich seien. Zwar verfüge sie nicht über eine Berufsausbildung als Bürokauffrau, sie sei jedoch (unstreitig) Fachkraft für Büromanagement. Das Arbeitsgericht habe bei seiner Entscheidung die einschlägige Ausbildungsordnung und die Tätigkeiten einer ausgebildeten Bürokauffrau verkannt. Alle von ihr bereits erstinstanzlich beschriebenen Tätigkeiten, die sie auszuführen habe, seien Gegenstand der Ausbildung. Dass die betreffenden Tätigkeiten nach Ansicht der Beklagten auch von einer angelernten Hilfskraft verrichtet werden könnten, sei unerheblich. Wesentlich sei insoweit, dass ihre Tätigkeit dem typischen Berufsbild des erlernten Berufes entspreche. Entgegen der Behauptung der Beklagten bestünden ihre Tätigkeiten nicht in einfacher Zuarbeit. Wenn die Beklagte also beispielsweise ausführe, dass die Korrektur von Anwesenheitszeiten eine einfache und untergeordnete Tätigkeit sei, so gehe dies fehl. Denn Fehler in diesem Bereich könnten sehr schnell zu Missverständnissen führen und dadurch auch etwa Arbeitnehmer dem unberechtigten Vorwurf des "Arbeitszeitbetruges" aussetzen. Unzutreffender Weise mache die Beklagte auch geltend, dass eine Bestellung von Büromaterial nur vereinzelt vorgenommen werde und darin letztlich kein qualifiziertes Arbeiten zu sehen sei. Insbesondere vor dem Hintergrund der Verwendung von finanziellen Mitteln des Arbeitgebers seien die Beschäftigten gehalten, auch bei einfachen Bestellungen und Überweisungen eine außerordentliche Sorgfalt walten zu lassen. Auch die ihr obliegende Überwachung von BAD-Terminen stelle eine verantwortungsvolle Tätigkeit dar. Zu berücksichtigen sei auch, dass sie als Bindeglied zwischen den Arbeitnehmern und der Personalverwaltung fungiere. Zumindest habe sie Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe T5. Auch dies ergebe sich bereits aus der Stellenbeschreibung. Die erforderliche betriebliche Einarbeitung sei erfolgt.

16

Zur Darstellung aller Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin im Berufungsverfahren wird auf deren Berufungsbegründungsschrift vom 05.08.2016 (Bl. 149-157 d. A.) Bezug genommen.

17

Die Klägerin beantragt,

18

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und

19

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.405,55 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 19.06.2015 zu zahlen, hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.972,23 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 19.06.2015 zu zahlen,

20

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 2.193,16 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30.03.2016 zu zahlen, hilfsweise 1.459,32 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30.03.2016 zu zahlen,

21

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin für die Zeit vom 01.12.2015 bis zum 16.10.2016 nach Vergütungsgruppe T 6 / Stufe 6, hilfsweise nach Vergütungsgruppe T 5 / Stufe 6 des Vergütungstarifvertrages für die Beschäftigten der I. GmbH zu vergüten.

22

Die Beklagte beantragt,

23

die Berufung zurückzuweisen.

24

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderungsschrift vom 29.08.2016 (Bl. 180-195 d. A.).

Entscheidungsgründe

I.

25

Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden.

26

Das somit insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

II.

27

1. Die Klage ist insgesamt, d. h. auch hinsichtlich des Feststellungsantrages, zulässig. Es handelt sich insoweit um eine auch im Bereich der Privatwirtschaft allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage. Das Feststellungsinteresse ist gegeben. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin ihre Feststellungsklage im Hinblick auf den Umstand, dass sie seit dem 17.10.2016 nach der begehrten Vergütungsgruppe T6 vergütet wird, auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum beschränkt hat und daher auch insoweit die Möglichkeit einer bezifferten Leistungsklage besteht. Die Möglichkeit der Leistungsklage schließt das Feststellungsinteresse nicht schlechthin aus. Die Prozesswirtschaftlichkeit gestattet Ausnahmen. Wird etwa - wie vorliegend - erst im Verlauf des Rechtsmittelverfahrens die Bezifferung einer Forderung möglich, so ist die klagende Partei nicht genötigt, von der Feststellungs- zur Leistungsklage überzugehen (BAG v. 18.3.1997 - 9 AZR 84/96 - AP Nr. 8 zu § 17 BErzGG).

28

2. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe T6 oder zumindest nach Vergütungsgruppe T5 des Vergütungs-TV.

29

Das Berufungsgericht folgt zunächst der Begründung des angefochtenen Urteils und stellt dies nach § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens ist ergänzend auszuführen:

30

a) Die Klägerin ist nicht in die Vergütungsgruppe T6 des Vergütungs-TV eingruppiert. Der betreffende Tarifvertrag enthält - soweit vorliegend von Interesse - folgende Bestimmungen:

31

"…§ 2

32

Eingruppierungsgrundsätze

33

(1) Die Eingruppierung der Beschäftigten richtet sich nach den übertragenen und ausgeführten Tätigkeiten.

34

(2) Für die Eingruppierung in eine der aufgeführten Gewerbe- bzw. Gehaltsgruppen ist die überwiegend ausgeübte Tätigkeit maßgebend. …"

35

Bezüglich der Eingruppierungsmerkmale enthält die Anlage I. zum Vergütungs-TV - soweit vorliegend von Interesse - folgende Regelungen:

36

T4 Beschäftigte, die Tätigkeiten ausüben, die Vorkenntnisse und eine betriebliche Einarbeitung erfordern.

37

Z. B.: Bahngleisarbeiter/in, Niederdruckkesselwärter/in, Gewerbliche Helfer/in, Büroangestellte/r, Büroangestellte/r in der Auftragsannahme, Lagerverwalter/in

38

T5 Beschäftigte mit gründlicher betrieblicher Einarbeitung, denen die sachgemäße

39

Erledigung genau umrissener Tätigkeiten übertragen ist.

40

Z. B.: Feuerlöschgerätemechaniker/in, Hochdruckkesselwärter/in

41

T6 Beschäftigte mit abgeschlossener Berufsausbildung in kaufmännischen oder technischen Ausbildungsberufen in entsprechender Tätigkeit oder Beschäftigte, die entsprechende Tätigkeiten wahrnehmen.

42

Z. B.: CAD-Zeichner/in (Bauzeichner/in), Fuhrparkverwalter/in, Einkäufer/in, Leiter/in der Auftragsannahme

43

Der Begründetheit der Klage steht bereits entgegen, dass die Tätigkeit der Klägerin das in der Vergütungsgruppe T4 genannte Tätigkeitsmerkmal "Büroangestellte" erfüllt.

44

In der Regel liegt der ausdrücklichen Nennung von Tätigkeits-, Regel- oder Richtbeispielen zu bestimmten Entgeltgruppen die Einigkeit der Tarifvertragsparteien dahingehend zugrunde, dass bei der Ausübung der in diesen Beispielen genannten Tätigkeiten von der Erfüllung der abstrakten Anforderungen der jeweiligen Entgeltgruppe auszugehen ist. Den Gerichten für Arbeitssachen ist es in einem solchen Fall verwehrt, die Erfüllung der abstrakten Oberbegriffe der jeweiligen Entgeltgruppe eigenständig zu überprüfen, weil sie dadurch in die Tarifhoheit der Tarifvertragsparteien eingreifen würden (BAG v. 16.11.2016 - 4 AZR 127/15 - NZA RR 217, 369 m. w. N.). Entspricht die vom Arbeitnehmer ausgeübte Tätigkeit einem Tätigkeitsbeispiel einer niedrigeren als der beantragten Vergütungsgruppe, so kann diese Tätigkeit regelmäßig nicht unter die abstrakten Tätigkeitsmerkmale der begehrten höheren Vergütungsgruppe subsumiert werden. Funktionsbezeichnungen zeigen einerseits an, dass die aufgeführten Arbeitnehmer nach den vorangestellten Tätigkeitsmerkmalen in die betreffende Vergütungsgruppe eingruppiert werden können. Sie besagen andererseits aber auch, dass eine Eingruppierung dieser Arbeitnehmer außerhalb der Vergütungsgruppen, in denen sie mit ihrer Funktionsbezeichnung aufgeführt sind, nicht in Betracht kommt (BAG v. 19.05.2010 - 4 AZR 903/08 - AP Nr. 46 zu § 1 TVG Tarifverträge: Lufthansa, m. w. N.).

45

Nach § 2 Abs. 2 des Vergütungs-TV ist für die Eingruppierung der bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer deren überwiegend ausgeübte Tätigkeit maßgebend. Dies ist die Tätigkeit, die mehr als die Hälfte der Gesamtarbeitszeit in Anspruch nimmt (vgl. BAG v. 25.09.1991 - 4 AZR 87/91 - AP Nr. 7 zu § 1 TVG Tarifverträge Großhandel).

46

Die überwiegende Tätigkeit der Klägerin entspricht der einer Büroangestellten. Als solche gelten nach allgemeinem Sprachgebrauch Arbeitnehmer, die mit allgemeinen Arbeiten in der Verwaltung und der innerbetrieblichen Organisation eines Unternehmens betraut sind. Zu ihrem Tätigkeitsfeld gehören im Allgemeinen z. B. Korrespondenz, Ablage und Abwicklung von Reklamationen.

47

Die Tätigkeit der Klägerin ist nicht nur in der maßgeblichen Stellenbeschreibung (Bl. 11 f. A.) und im Zwischenzeugnis vom 24.09.2012 (Bl. 82 f. d. A.) als die einer Büroangestellten bezeichnet. Vielmehr entsprechen auch sämtliche, der in diesen Schriftstücken aufgeführten Einzeltätigkeiten dem allgemeinen Berufsbild einer Büroangestellten. Dasselbe gilt auch für die von der Klägerin vorgetragenen, im erstinstanzlichen Tatbestand wiedergegebenen Einzeltätigkeiten.

48

Aber auch dann, wenn man zu Gunsten der Klägerin davon ausgeht, dass das in der Vergütungsgruppe T4 genannte Tätigkeitsbeispiel "Büroangestellte" begrifflich zu unbestimmt ist mit der Folge, dass nicht jede Tätigkeit einer Büroangestellten nach dem Willen der Tarifvertragsparteien der betreffenden Vergütungsgruppe unterfällt, ist die Klägerin nicht in die Vergütungsgruppe T6 eingruppiert.

49

Die Tätigkeit der Klägerin erfüllt keines der in Vergütungsgruppe T6 genannten Tätigkeitsbeispiele. Dies gilt auch hinsichtlich des Tätigkeitsbeispiels "Einkäuferin". Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin die Bestellungen von Büromaterial für die gesamte Dienststelle vornimmt. Nach ihrem eigenen Sachvortrag in der Klageschrift (dort Seite 5 = Bl. 8 d. A.) beläuft sich der diesbezügliche Zeitaufwand auf lediglich zehn bis zwanzig Minuten wöchentlich bzw. sogar nur monatlich. Die betreffende Tätigkeit wird daher von ihr keinesfalls in einem eingruppierungsrelevanten zeitlichen Umfang, d. h. "überwiegend" ausgeübt.

50

Die Tätigkeit der Klägerin erfüllt auch nicht die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppe T6.

51

Über eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem kaufmännischen oder technischen Ausbildungsberuf verfügt die Klägerin unstreitig nicht. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass sie zeitlich überwiegend eine "entsprechende Tätigkeit" im Sinne der Vergütungsgruppe T6 ausübt. Dies wäre nur dann der Fall, wenn ihre Tätigkeit Kenntnisse erfordert, die im Rahmen einer Berufsausbildung in einem kaufmännischen oder technischen Ausbildungsberuf vermittelt werden, was sich aus dem Sachvortrag der insoweit darlegungsbelasteten Klägerin jedoch nicht ergibt.

52

Die Klägerin kann sich diesbezüglich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass es in ihrer Stellenbeschreibung unter der Rubrik "Erforderliche Ausbildung" heißt: "Abgeschlossene Berufsausbildung als Bürokauffrau/kaufmann oder eine fünfjährige Berufserfahrung in einem vergleichbaren Arbeitsfeld." Zum einen ersetzt der bloße Verweis auf eine vom Arbeitsgeber verfasste Stellenbeschreibung nicht die von den Arbeitsgerichten hinsichtlich der zutreffenden Eingruppierung vorzunehmenden Feststellung (BAG v. 24.08.2016 - 4 AZR 251/15 - AP Nr. 39 zu § 1 TVG Tarifverträge: Deutsche Bahn). Darüber hinaus ergibt sich aus der betreffenden Aussage in der Stellenbeschreibung allenfalls, dass die Beklagte möglicherweise die dort genannte Ausbildung bzw. Berufserfahrung für die Ausübung einer oder mehrerer Einzeltätigkeiten der Klägerin als erforderlich erachtete. Hieraus folgt indessen noch nicht, dass eine solche Qualifikation für die ordnungsgemäße Ausübung der zeitlich überwiegenden Tätigkeit der Klägerin notwendig ist.

53

Ob ein Arbeitnehmer eine "Entsprechende Tätigkeit" im Sinne der Vergütungsgruppe T6 ausübt, ist nur feststellbar, wenn er im Einzelnen darlegt, aus welchen Gründen er ohne die Kenntnisse, die in einer kaufmännischen oder technischen Berufsausbildung vermittelt werden, seine Aufgaben nicht ordnungsgemäß erledigen könnte. Es muss erkennbar sein, dass die Kenntnisse und Fähigkeiten, die in der Regel mit der betreffenden Berufsausbildung erworben werden, nicht nur nützlich und erwünscht, sondern für die Tätigkeit erforderlich sind.

54

Diesen Anforderungen wird der Sachvortrag der Klägerin nicht gerecht. Soweit sie unter Hinweis auf den einschlägigen Ausbildungsplan geltend macht, alle von ihr aus geführten Tätigkeiten seien Gegenstand dieser Ausbildung, so erweist sich dieses Vorbringen als unzureichend. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, ob und inwieweit die in einer kaufmännischen Ausbildung vermittelten Kenntnisse für die von der Klägerin konkret zu verrichtenden Arbeiten nicht nur nützlich und erwünscht, sondern darüber hinaus auch erforderlich sind. Die in diesem Zusammenhang von der Klägerin geäußerte Rechtsansicht, es sei ohne Belang, ob ihre Tätigkeiten auch von einer angelernten Hilfskraft verrichtet werden könnten, ist unzutreffend.

55

b) Die Hilfsanträge der Klägerin sind ebenfalls unbegründet. Die Klägerin ist nicht in die Vergütungsgruppe T5 des Vergütungs-TV eingruppiert.

56

Die Tätigkeit der Klägerin entspricht zweifellos keinem der in der Vergütungsgruppe T5 genannten Tätigkeitsbeispiele. Sie erfüllt auch nicht die von den Tarifvertragsparteien formulierten abstrakten Oberbegriffe.

57

Im Gegensatz zur Vergütungsgruppe T4 erfordert die Vergütungsgruppe T5 nicht nur eine "betriebliche" Einarbeitung, sondern darüber hinausgehend eine "gründliche betriebliche Einarbeitung". Insoweit enthält die Vergütungsgruppe T5 gegenüber der Vergütungsgruppe T4 ein Heraushebungsmerkmal und baut auf dieser auf. Wenn ein Angestellter ein Heraushebungsmerkmal für sich in Anspruch nimmt, genügt die Darstellung seiner eigenen Tätigkeit nicht. Aus der tatsächlich vom Angestellten erbrachten Tätigkeit sind für sich allein genommen keine Rückschlüsse darauf möglich, ob sie sich gegenüber den Tätigkeitsmerkmalen einer anderen Vergütungsgruppe heraushebt. Im Falle aufeinander aufbauender Vergütungsgruppen mit Heraushebungsmerkmalen ist ein wertender Vergleich mit den nicht herausgehobenen Tätigkeiten erforderlich. Daher hat der klagende Angestellte nicht nur seine eigene Tätigkeit im Einzelnen darzustellen. Er muss darüber hinaus Tatsachen darlegen, die den erforderlichen wertenden Vergleich mit den nicht derart herausgehobenen Tätigkeiten ermöglichen (vgl. für den Bereich des BAT: BAG v. 26.01.2005 - 4 AZR 6/04 - AP Nr. 302 zu §§ 22, 23 BAT 1975, m. w. N.).

58

Im vorliegenden Streitfall ist nicht erkennbar, ob sich die Tätigkeit der Klägerin hinsichtlich des Umfangs einer erforderlichen betrieblichen Einarbeitung aus der Vergütungsgruppe T4 heraushebt. Hierfür fehlt es an jeglichem Sachvortrag der darlegungsbelasteten Klägerin.

III.

59

Die Berufung der Klägerin war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

60

Für die Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72a ArbGG), wird hingewiesen.

ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

4 Referenzen - Gesetze

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Woch

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen könne

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. (2) Die Beschwerde ist bei dem Bundesarbeitsgericht innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständ
3 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 16/11/2016 00:00

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 24. Juli 2014 - 5 Sa 1456/13 - aufgehoben.
published on 24/08/2016 00:00

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 17. März 2015 - 6 Sa 68/14 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
published on 19/05/2010 00:00

Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 2. Juli 2008 - 6/17 Sa 1885/07 - wird zurückgewiesen.
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Annotations

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist bei dem Bundesarbeitsgericht innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils schriftlich einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils beigefügt werden, gegen das die Revision eingelegt werden soll.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb einer Notfrist von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils zu begründen. Die Begründung muss enthalten:

1.
die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage und deren Entscheidungserheblichkeit,
2.
die Bezeichnung der Entscheidung, von der das Urteil des Landesarbeitsgerichts abweicht, oder
3.
die Darlegung eines absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und der Entscheidungserheblichkeit der Verletzung.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. Die Vorschriften des § 719 Abs. 2 und 3 der Zivilprozeßordnung sind entsprechend anzuwenden.

(5) Das Landesarbeitsgericht ist zu einer Änderung seiner Entscheidung nicht befugt. Das Bundesarbeitsgericht entscheidet unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluß, der ohne mündliche Verhandlung ergehen kann. Die ehrenamtlichen Richter wirken nicht mit, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen wird, weil sie nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Dem Beschluss soll eine kurze Begründung beigefügt werden. Von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesarbeitsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Wird der Beschwerde stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(7) Hat das Landesarbeitsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Bundesarbeitsgericht abweichend von Absatz 6 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverweisen.