Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 03. Juli 2014 - 2 Sa 425/13

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2014:0703.2SA425.13.0A
03.07.2014

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Tenor

Das Versäumnisurteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 08.05.2014 - 2 Sa 425/13 - wird aufrechterhalten.

Der Kläger hat auch die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung und um Annahmeverzugsansprüche.

2

Der 1952 geborene, verheiratete Kläger war seit 01. August 1967 bei der Beklagten gegen ein Bruttomonatsentgelt in Höhe von zuletzt 3.390,65 EUR beschäftigt und Mitglied des Personalrats.

3

Er war zuständig für die Verwaltung und Bedienung der von der Beklagten als Ordnungsbehörde geführten Gebührenkasse und der hierzu in seinem Büro befindlichen Registrierkasse. Neben dem Kläger, der ca. 90 % der Bedienungsvorgänge durchführte, bedienten gelegentlich auch die Beschäftigten W. A., M. Sch. und C. P. die Kasse. Neben dieser Gebührenkasse gibt es im Haus der Beklagten noch zwei weitere Kassen und eine Zentralkasse, bei der die Einnahmen der einzelnen Gebührenkassen einmal wöchentlich abgerechnet werden.

4

Bei der durch den Kläger geführten Registrierkasse besteht die Möglichkeit, durch das Drücken entsprechender Bedienertasten (insgesamt vier Bedienertasten) zwischen dem Kassenpersonal zu unterscheiden. Dies wurde jedoch nicht praktiziert. Vielmehr war die vom Kläger bediente Taste 1 (Bediener 1) permanent eingestellt und wurde bei der Bedienung der Kasse durch einen anderen Mitarbeiter nicht gewechselt, so dass alle Buchungen unter der Bedienernummer 1 erfolgten. Die Kasse bietet die Funktion, die Uhrzeit der Buchung auszuweisen und über jeden Vorgang einen Kassenbon mit einer fortlaufenden Nummer zu drucken. Insgesamt enthält die Kasse zwei Rollen. Während die eine Rolle jeweils als Kassenbon abgerissen werden kann - sog. Kassenrolle -, verbleibt die andere Rolle - die sog. Journalrolle - innerhalb der Kasse. Die Kasse bietet die Möglichkeit, einen X1-Bericht zu erstellen und auszudrucken. Dabei handelt es sich um einen Wochenbericht (bzw. einen Bericht über den Zeitraum seit Erstellen des letzten X1-Berichts). Er enthält alle Buchungen der jeweiligen Woche und wurde durch den Kläger regelmäßig donnerstags erstellt und zur Abrechnung bei der Zentralkasse verwendet. Ein X1-Bericht besteht aus zwei Teilen. Zunächst werden in ihm die Einnahmen unter verschiedenen Sachgruppen, z. B. Passamt, Gewerbeamt, aufgelistet ("Gruppenbericht"). Sodann enthält der X1-Bericht am Ende des Berichts einen "Finanzbericht", der eine Addition der Einnahmen und eventuelle Rücknahmebuchungen ausweist. Ferner kann ein Z1-Bericht erstellt werden. Dieser enthält eine dem X1-Bericht entsprechende Einnahmesumme und hat zusätzlich die Funktion, dass die Daten wieder zurückgesetzt werden, also die fortlaufende Nummer wieder bei "1" beginnt. Der Wochenspeicher der Kasse wird durch die Erstellung des Z1-Berichts gelöscht.

5

Die Uhrzeit der Kasse lässt sich verändern, was zur Umstellung von Sommerzeit auf Winterzeit auch regelmäßig erfolgte. Bei ordnungsgemäßer Bedienung der Kasse wird die Umstellung auf der Journal- bzw. Kassenrolle ausgedruckt.

6

Um eine Buchung bei der Registrierkasse überhaupt vornehmen zu können, muss der Kasseneinsatz zunächst mit dem Bargeld aus dem Tresor, welcher sich im Büro von Frau Sch. befindet, entnommen werden. Hierzu muss der Mitarbeiter den Tresor mit einem Schlüssel öffnen, welcher wiederum im Büro des Mitarbeiters A. in einem Aktenordner aufbewahrt wird, und eine Zahlenkombination an zwei Drehkreuzen eingegeben. Sodann muss der Kasseneinsatz in die Kasse eingesetzt werden. Erst dann kann die Kasse eingeschaltet werden. Der Zugang zum Büro des Klägers und der darin befindlichen Gebührenkasse haben alle 13 Mitarbeiter mit einem Gruppenschlüssel und daneben die beiden Hausmeister, die beiden Administratoren, der Bürgermeister sowie der büroleitende Beamte Herr N. jeweils mit einem Generalschlüssel. Zugang zu dem Zimmer, in welchem sich der Tresor befindet, und Kenntnis der Tresorzahlenkombination haben zudem jedenfalls neben dem Kläger die Mitarbeiter B., Sch., A. und N. Weitere Zugangsberechtigungen oder -fähigkeiten sind zwischen den Parteien streitig. Mit der Bedienung der Kasse vertraut sind die Mitarbeiter B., Z., B., K., S., P., A., Sch. und N.. Bei der Beklagten gibt es ein elektronisches Arbeitszeiterfassungssystem, welches der Kläger auch benutzte, indem er sich am Zeiterfassungsterminal zu Beginn seines Arbeitstages anmeldete. Ob und inwieweit die Uhrzeiten des Zeiterfassungssystems und der Kasse übereinstimmen oder auseinanderliegen ist zwischen den Parteien streitig. Es existieren Zeiterfassungsberichte, die die Arbeitszeiten der einzelnen Mitarbeiter tagesbezogen wiedergeben.

7

Am 28. Juli 2011 rechnete der Kläger die Kasse ab und füllte eine neue Journal-rolle ein. Die von ihm aus der Kasse entnommene Journalrolle wurde entsorgt. Aus der Zeit vor dem 28. Juli 2011 liegen keine weiteren Journalrollen mehr vor, weil auch diese jeweils entsorgt worden waren. In der Zeit vom 01. bis 22. August 2011 befand sich der Kläger im Urlaub.

8

Anlässlich eines Auszahlungsantrags durch eine Bewohnerin der Verbandsgemeinde, Frau K. K., fielen Differenzen bei den Kassenbeständen auf. Im Einzelnen ereignete sich der "Vorfall K." wie folgt: Unter dem 06. Mai 2011 zahlte diese einen Betrag von 600,00 EUR bei dem Mitarbeiter A. als vorläufige Gestattungsgebühr zur Führung einer Gaststätte ein, worüber sie auch einen Einzahlungsbeleg erhielt. Am 12. Mai 2011 erfolgte bei der Beklagten die wöchentliche Abrechnung der Registrierkasse für den Zeitraum 05. Mai 2011 bis 11. Mai 2011. Unter Buchungspunkt 5 "Gaststätten" wurde dabei ein Gesamtbetrag als Einnahme von nur 254,00 EUR verbucht. Eine Einnahme von 600,00 EUR war in dem bei der Beklagten hinterlegten Wochenbericht nicht nachweisbar, auch enthielten die (daraufhin von der Beklagten überprüften) nachfolgenden Wochenberichte diese Einnahme nicht. Dies fiel auf, als Frau K. nach Aufgabe ihres Gaststättenvorhabens am 23. August 2011 bei der Beklagten den eingezahlten Betrag zurückbegehrte. Der Kläger wurde hierüber von seiner Kollegin M. Sch. am 19. September 2011 in Kenntnis gesetzt und gab die Anweisung, den Betrag an Frau K. dennoch zurückzuzahlen, da sie ihn jedenfalls laut Quittung eingezahlt habe. Zudem fertigte der Kläger unter dem 21. September 2011 (Bl. 158, 159 d.A.) einen schriftlichen Vermerk, den er an seine Kollegen Sch., A. und P. weiterleitete. Hierin benennt er seine eigenen Arbeitszeiten unter Verweis auf das Zeiterfassungssystem bezüglich des 06. Mai 2011 (Tag der Einzahlung durch Frau K.). Er führt darin aus, dass es aufgrund des "ungeklärten Vorfalles" in Zukunft unerlässlich sein werde, "den Journalstreifen länger aufzubewahren" und eine Zuordnung der Bedienertasten zu verwenden. Außerdem weist er als "Kassenverwalter" darauf hin, dass er die Kasse seit vielen Jahren zuverlässig führe.

9

Der Bürgermeister der Beklagten wies unter dem 23. September 2011 den Kassenleiter Kl. sowie den Leiter der Finanzabteilung W. zu weiteren Aufklärungen an. Alle vier Mitarbeiter der Gebührenkasse (der Kläger, Herr A., Herr P. und Frau Sch.), Herr W., Herr Kl. sowie der Büroleiter Herr N. wurden unter dem 26. September 2011 zu einem Gespräch mit dem Bürgermeister gebeten. Inhalt dieses Gespräches war, dass bislang keine Erklärungen für die Differenzen gefunden werden konnten und der Verdacht der Manipulation bestünde. Der Kläger gab nochmals an, ebenfalls keine Erklärung für die Fehlbestände zu haben.

10

Am 27. September 2011 ordnete der Bürgermeister eine Überprüfung gleichartiger Buchungsvorgänge (Einzahlungen höherer Barbeträge mit Abgleich der folgenden Abrechnung gegenüber der Zentralkasse) an sowie eine Überprüfung der Kasse durch die Lieferfirma, welche am 06. Oktober 2011 ohne Hinweis auf eine technische Fehlfunktion stattfand.

11

Die hausinterne Prüfung ergab, dass am 25. August 2011, am 01. September 2011, am 08. September 2011 sowie am 15. September 2011 jeweils Rückbuchungen vorgenommen wurden, was anhand der Journalrolle der Kasse für die Beklagte erkennbar wurde. Der Vorgang der Rückbuchungen erfolgte, wie es sich anhand der Dokumentation der noch in der Kasse befindlichen Journalrolle erkennen ließ, dergestalt, dass zunächst eine (ordnungsgemäße) Abrechnung der Zahlungen der Woche vorgenommen wurde. Sodann wurden in verschiedenen Warengruppen Rückbuchungen vorgenommen. Danach wurde eine neue Wochenabrechnung (X1-Bericht) gefertigt, die einen gegenüber der ursprünglichen Wochenabrechnung reduzierten Einnahmebestand aufwies. So erhielt die Beklagte anhand der Journalrolle folgendes Ergebnis:

12

Für den 25. August 2011 wurde nach den auf der Journalrolle ausgewiesenen Vorgängen ein erster X1-Bericht erstellt mit Angabe der Uhrzeit 07:05 und Einnahmen in Höhe von 727,69 EUR, sodann folgten Rücknahmen von insgesamt 350,00 EUR (2 x 100,00 EUR und 3 x 50,00 EUR unter Zuordnung verschiedener Warengruppen) um 07:06 Uhr, danach ein neuer X1-Bericht unter Angabe der Uhrzeit 07:07 sowie der (nach den Rücknahmen entsprechend reduzierten) Einnahmesumme von 377,69 EUR und dann ein Z1-Bericht um 07:17 Uhr mit der entsprechenden Einnahmesumme von 377,69 EUR.

13

Für den 01. September 2011 weist die Journalrolle einen ersten X1-Bericht mit Einnahmen von 699,33 EUR um 07:11 Uhr, Rückbuchungen von insgesamt 360,00 EUR (in verschiedenen Warengruppen) um 07:11 Uhr, einen neuen X1-Bericht um 07:12 Uhr mit der (nach den Rücknahmen verbleibenden) Einnahmensumme von 339,33 EUR und einen Z1-Bericht um 07:18 Uhr mit gleicher Einnahmensumme aus.

14

Für den 08. September 2011 ergibt die Journalrolle einen ersten X1-Bericht um 07:07 Uhr mit Einnahmen von 1.156,10 EUR, Rückbuchungen von insgesamt 550,00 EUR (in verschiedenen Warengruppen) um 07:08 Uhr, einen neuen X 1-Bericht um 07:09 Uhr mit der (nach den Rücknahmen verbleibenden) Einnahmensumme von 606,10 EUR und einen Z1-Bericht um 07:14 Uhr mit gleicher Einnahmenhöhe.

15

Schließlich ist auf der Journalrolle für den 15. September 2011 um 7.05 Uhr ein erster X1-Bericht mit Einnahmen von 642,65 EUR, Rücknahmen von insgesamt 250,00 EUR (in verschiedenen Warengruppen) um 07:06 Uhr, ein neuer X1-Bericht um 07:07 Uhr mit der (nach den Rücknahmen verbleibenden) Einnahmensumme von 392,65 EUR und ein Z1-Bericht um 07:13 Uhr in gleicher Höhe ausgewiesen.

16

Bei den vorgenannten Uhrzeiten handelt es sich um die auf der Journalrolle ausgedruckten Zeiten. Wegen der besseren Übersichtlichkeit der auf der Journalrolle abgebildeten verschiedenen Berichte wird auf die Anlagen 3 bis 6 zum Schriftsatz der Beklagten vom 16. Dezember 2011 (Bl. 48 bis 51 d. A.) Bezug genommen.

17

An den vorgenannten Tagen (25. August 2011, 01. September 2011, 08. September 2011, 15. September 2011) fanden ebenfalls die Wochenabrechnungen mit der Zentralkasse statt, welche jeweils der Kläger persönlich stets gegen 08:30 Uhr vorgenommen hat. Hierzu legte der Kläger X1-Berichte an der Zentralkasse vor. So wie auch sonst regelmäßig gehandhabt, entfernte und entsorgte der Kläger zuvor den mit dem X1- und Z1-Bericht jeweils im unteren Teil ausgedruckten "Finanzbericht". Sodann klebte er den verbleibenden vorderen Teil des X1-Berichts (Gruppenbericht) in das Kassenbuch ein. An der Hauptkasse legte der Kläger das Kassenbuch mit dem eingeklebten Teil des X1-Berichts vor, den Z1-Bericht und das Bargeld. Die Hauptkasse nahm das Bargeld entgegen und quittierte die Annahme mit einem Kürzel und einem Buchungszeichen auf dem im Kassenbuch eingeklebten X1-Bericht. Der Z1-Bericht verblieb bei der Zentralkasse. Der Kläger führte etwa 95 % aller Wochenabrechnungen durch. Dabei erstellte er die Berichte regelmäßig vor 07:30 Uhr, was außerhalb der zu vergütenden Arbeitszeit liegt. Eine Prüfung des Falles K. anhand der Journalrolle konnte die Beklagte nicht vornehmen, da die in der Kasse befindliche Rolle nur die Buchungsvorgänge ab dem 28. Juli 2011 enthielt und alle anderen Journalrollen aus den vorangegangenen Zeiträumen entsorgt wurden, zumindest teilweise durch den Kläger. Wegen der an den Tagen der Rückbuchungen durch das Arbeitszeiterfassungssystem registrierten Arbeitszeiten des Klägers und der betreffenden anderen Mitarbeiter wird auf die von der Beklagten als Anlagen 7 ff. zum Schriftsatz vom 16. Dezember 2011 (Bl. 52 ff.) und im Anlagenkonvolut B 42 zum Schriftsatz vom 08. August 2012 (Bl. 240 ff. d. A.) vorgelegten Mitarbeiterjournale verwiesen. Mit dieser Zeiterfassung geht grundsätzlich auch die Vergütung der Angestellten einher. Dienstbeginn ist allerdings erst um 07:30 Uhr, während vorher geleistete Anwesenheitszeit nicht vergütet wird; dies gilt nicht für die Hausmeister, die EDV-Administratoren und jedenfalls auch nicht für den Büroleiter Herrn N.. Nach der Zeiterfassung war Dienstbeginn des Klägers an den fraglichen Tagen am 25. August 2011 um 07:04 Uhr, am 01. September 2011 um 07:09 Uhr, am 08. September 2011 um 07:06 Uhr und am 15. September 2011 um 07:04 Uhr.

18

Am 06. Oktober 2011 rief Herr N. gegen 14.30 Uhr den Kläger zu Hause an und vereinbarte mit ihm unter Verweis auf "Unerklärbarkeiten wegen der Kasse" einen Gesprächstermin für den Folgetag um 9.00 Uhr. Das persönliche Gespräch fand dann wie vereinbart am 07. Oktober 2011 statt, an dem neben dem Kläger und Herrn N. auch der Bürgermeister der Beklagten teilnahm. Über dieses Gespräch fertigte Herr N. einen Aktenvermerk (Anlage 28 zum Schriftsatz der Beklagten vom 16. Dezember 2011 = Bl. 98, 99 d. A.) an, dessen Inhalte unstreitig Gegenstand des Gespräches waren; wegen des darin dargestellten Gesprächsverlaufs/-inhalts wird auf den Aktenvermerk verwiesen. Die weiteren Einzelheiten bezüglich des Telefonates vom 06. Oktober 2011 und des daraufhin am 07. Oktober 2011 erfolgten Gespräches sind zwischen den Parteien streitig.

19

Am 11. Oktober 2011 überreichte die Beklagte dem Personalrat ein Anhörungsschreiben betreffend die von ihr beabsichtigte außerordentliche Kündigung des mit dem Kläger bestehenden Arbeitsverhältnisses, auf das Bezug genommen wird (Anlage 29 zum Schriftsatz der Beklagten vom 16. Dezember 2011, Bl. 100 ff.). Dem Anhörungsschreiben war der Vermerk des Herrn N. vom 10. Oktober 2011 bezüglich des Gespräches mit dem Kläger vom 07. Oktober 2011, die Journalrollenabschnitte vom 25. August, 01. September, 08. September und 15. September 2011, der Jahresbericht vom 06. Oktober 2011 sowie der Aktenvermerk über die Erstattung einer Strafanzeige vom 10. Oktober 2011 beigefügt. Der Personalrat erteilte am 12. Oktober 2011 seine Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Klägers (Anlage 30 zum Schriftsatz der Beklagten vom 16. Dezember 2011 = Bl. 114 d. A.).

20

Sodann kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 12. Oktober 2011 (Bl. 4 d. A.) das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis fristlos aufgrund des Verdachts, dass er Gelder der Gebührenkasse/Ordnungsbehörde widerrechtlich entnommen habe. Hiergegen hat der Kläger mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2011, beim Arbeitsgericht Trier am 17. Oktober 2011 eingegangen, Kündigungsschutzklage erhoben und seine Weiterbeschäftigung begehrt.

21

Mit Schreiben vom 08. November 2011 teilte die Beklagte dem Personalrat mit, dass sie einen weiteren Vorfall als nachträglich festgestellten Kündigungsgrund heranziehen wolle, und bat den Personalrat hierzu um dessen Zustimmung, die dieser erteilte; im Übrigen wird auf das Anhörungsschreiben vom 08. November 2011 nebst der Rückantwort des Personalrats vom 09. November 2011 (Anlage 34 zum Schriftsatz der Beklagten vom 16. Dezember 2011 = Bl. 118, 119 d. A.) verwiesen.

22

Nach der von ihm erhobenen Kündigungsschutzklage hat der Kläger im Wege der Klageerweiterung u.a. Annahmeverzugsansprüche sowie einen Auskunftsanspruch geltend gemacht.

23

Wegen des wechselseitigen erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 04. Oktober 2013 - 4 Ca 1340/11 - (Seiten 12 bis 18) Bezug genommen.

24

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

25

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlose Kündigung vom 12.10.2011 sein Ende gefunden hat,

26

die Beklagte zu verurteilen, ihn als Angestellten bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Kündigungsschutzantrag weiter zu beschäftigen,

27

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 52.017,66 EUR brutto abzüglich übergegangener Ansprüche aus Kranken-, Übergangs- und Arbeitslosengeld in Höhe von 25.505,22 EUR netto, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für einen Betrag in Höhe von 2.026,68 EUR brutto seit dem 01.11.2011 sowie für einen weiteren Betrag in Höhe von jeweils monatlich 3.390,65 EUR brutto, erstmalig seit dem 01.12.2011, fortan ab dem 01. des jeweiligen Folgemonats, sowie für einen weiteren Betrag in Höhe von jeweils 2.712,52 EUR brutto ab dem 01.12.2011 und 01.12.2012, sowie für einen weiteren Betrag in Höhe von 487,49 EUR brutto ab dem 01.01.2012, zu zahlen,

28

die Beklagte zu verurteilen, Auskunft darüber zu erteilen, ob und wenn ja in welcher Höhe die Eigenschadenversicherung für die behaupteten Rückbuchungen in Anspruch genommen wurde und ob und wenn ja in welcher Höhe eine Regulierung des Schadens erfolgt ist.

29

Die Beklagte hat beantragt,

30

die Klage abzuweisen.

31

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen N. und durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Hinsichtlich der Ergebnisse der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 15. August 2012, das Sachverständigengutachten vom 12. Februar 2013 und das Sitzungsprotokoll vom 4. September 2013 verwiesen.

32

Mit seinem Urteil vom 04. Oktober 2013 - 4 Ca 1340/11 - hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die von der Beklagten ausgesprochene Verdachtskündigung wirksam sei. Die Beklagte habe hinreichend objektive Tatsachen aufgezeigt, die den Verdacht begründeten, der Kläger habe an den vier Tagen (25. August, 01. September, 07. September und 15. September 2011) die Rückbuchungen zulasten der Beklagten durchgeführt. Soweit der Kläger bestritten habe, dass Fehlbeträge in der Kasse überhaupt entstanden seien, habe er jedenfalls die Existenz der Rückbuchungen im Sinne eines Buchungsvorgangs nicht in Abrede gestellt. Inwieweit es trotz der Rückbuchungen nicht zu Fehlbeständen gekommen sein solle, erschließe sich der Kammer nicht und sei darüber hinaus unerheblich. Denn die Rückbuchungen hätten jedenfalls dazu geführt, dass vor der Abrechnung mit der Hauptkasse ein niedrigerer als der den tatsächlichen Einnahmen entsprechende Betrag im X1-Bericht als Einnahmensumme ausgewiesen gewesen sei. Der Kläger habe auch nicht etwa vorgetragen, tatsächlich habe er bei der Hauptkasse den Betrag abgegeben, der dem ersten X1-Bericht mit der höheren Einnahmesumme entsprochen habe, so dass es nicht zu einem Fehlbestand gekommen wäre. Der Kläger habe nach Einsichtnahme der durch das Gericht angeforderten und ihm zur Verfügung gestellten Originale weder eine Fälschung der Kopien behauptet noch in sonstiger Weise dargelegt, inwiefern Rücknahmebuchungen tatsächlich nicht erfolgt sein sollten. Für die in Form der Rückbuchungen erfolgten Manipulationen falle der Tatverdacht gerade auf den Kläger. Der Kläger habe unstreitig an den fraglichen Tagen die Abrechnungen mit den X1- und Z1-Berichten an der Zentralkasse vorgenommen, wobei jeweils derjenige Einnahmebetrag, der sich nach Durchführung der Rückbuchung ergeben habe, in den Berichten ausgewiesen sei. Dazu habe der Kläger jeweils den Finanzbericht des X1-Berichts abgeschnitten, ihn entsorgt und dann den Gruppenbericht in das Kassenbuch eingeklebt. Zu den von der Kasse angegebenen Uhrzeiten der erfolgten Rückbuchungen sei der Kläger laut Zeiterfassungssystem die einzige Person gewesen, die in allen vier Fällen anwesend gewesen sei. Lediglich an einem der Zeitpunkte laut Kassenuhr sei Herr N. nach Angaben des Zeiterfassungssystems ebenfalls im Hause gewesen. Da sich die Kasse im Büro des Klägers befunden habe, hätte er eine andere Person bemerkt, die zu der von der Kasse als Rückbuchungszeit angegebenen Uhrzeit die Kasse bedient hätte. Der Kläger habe unstreitig selbst die "neuen" X1-Berichte ausgedruckt, die er später zur Abrechnung mit der Hauptkasse verwandt habe, was laut den Uhrzeitangaben der Kasse an den Tattagen nur eine bzw. zwei Minuten später geschehen sei. Zwar habe der Kläger die Richtigkeit der von der Kasse angegebenen Uhrzeiten bestritten und vorgetragen, der Täter könne die Rückbuchungsuhrzeit gezielt so in die Kasse eingegeben haben, dass er in Tatverdacht stünde. Das Bestehen dieser Möglichkeit habe das eingeholte Sachverständigengutachten in einem angesichts der Voraussetzungen einer Verdachtskündigung ausreichenden Maße widerlegt. Der Gutachter habe ausgeführt, eine spätere Unterdrückung der Zeitangabe in der Kasse sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unmöglich. Auch die Änderung der Uhrzeit in der Kasse werde mit einer laufenden Nummer versehen und daher stets dokumentiert. Der Gutachter habe zudem klar festgestellt, dass zum Zeitraum Juli/August 2011 keine Uhrzeitumstellung in der Kasse dokumentiert sei. Für jede der durch den Kläger angesprochenen technischen Manipulationsmöglichkeiten habe der Gutachter angegeben, dass diese durch ihn zwar nicht völlig ausgeschlossen werden könnten. Er sei aber bei seiner Aussage geblieben, dass er die Möglichkeit der Unterdrückung für unwahrscheinlich halte. Danach seien die von der Kasse angegebenen Uhrzeiten mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht manipuliert worden. Selbst wenn die Rückbuchungsuhrzeit so manipuliert worden wäre, dass sie gezielt in die Zeit zwischen 7.00 Uhr und 7.30 Uhr fiele, dann hätte es dem Dritten gelingen müssen, in allen vier Fällen die fiktive Uhrzeit genau so zu legen, dass sie in die Anwesenheit des Klägers und vor die Erstellung des (neuen) X1-Berichts durch diesen gefallen sei. Der etwa in der Nacht in der Behörde befindliche Täter hätte abschätzen müssen, wann genau der Kläger am Folgetag den X1-Bericht erstelle. Denn hätte auch nur eine Rücknahmeuhrzeit versehentlich nach der Erstellung des X1-Berichts durch den Kläger gelegen, wären dem Dritten sowohl Tatbegehung als auch Schuldzuschiebung misslungen. Zudem hätte er darauf achten müssen, dass die Rückbuchung zeitlich unmittelbar vor dem Erstellen des X1-Berichts durch den Kläger gelegen habe. Wie dies einer dritten Person in vier Fällen gelingen sollte, bleibe der Kammer ein Rätsel. Hinzu komme, dass die Rückbuchung im Finanzbericht des zweiten X1-Bons erkennbar gewesen sei. Beim Abschneiden des Finanzberichts hätte dem Kläger der Titel "Rücknahme" und der Minusbetrag auffallen müssen. Dies könne man möglicherweise einmal übersehen, ein viermaliges Übersehen in Folge sei allerdings zumindest sehr unwahrscheinlich. Betrachte man das Bild der Journalrolle und die Aneinanderreihung der einzelnen Berichte, so falle auf, dass sich die Rücknahmebuchungen vom Druckbild und Layout her deutlich von den die üblichen und übrigen Buchungen wiedergebenden Abschnitten unterschieden. Ebenso erhielten die Rückbuchungen auf dem Bon eine gewisse Auffälligkeit dadurch, dass sie runde Beträge aufwiesen und ein Minuszeichen vor sie gesetzt sei. Es sei auch nicht verständlich, weswegen der Kläger regelmäßig den Finanzbericht abgetrennt und entsorgt habe. Seine hierzu vorgetragenen Argumente würden nicht einleuchten. Schließlich habe der Kläger selbst angegeben, dass er in 90 % aller Fälle die Kasse bedient habe. Daher hätte ihm auch betragsmäßig eine Differenz Einnahme-Buchungen auffallen müssen, da es sich bei den vier streitgegenständlichen Fällen um erhebliche Anteile der Gesamteinnahmen gehandelt habe. Im Übrigen könne auch die im Streitfall erfolgte Erhebung der Anklage im Strafverfahren eine den Verdacht verstärkende Tatsache darstellen. Entlastende Momente zur Ausräumung bzw. Erschütterung des Verdachts seien nicht gegeben. Keine Abschwächung des Verdachts ergebe sich aus dem vom Kläger als entlastendes Moment vorgetragenen Argument, dass innerhalb der einen Minute, die als Zeitspanne zwischen seinem Einloggen und der Rückbuchung gelegen habe, eine Tatbegehung gar nicht möglich sei. Die Beklagte habe substantiiert vorgetragen, dass die Zeitangabe der Zeiterfassung und der Registrierkasse leicht voneinander abgewichen seien, so dass ein größeres Zeitfenster als eine Minute zur Ermöglichung der Tat zur Verfügung gestanden habe. Soweit der Kläger vorgetragen habe, dass ihm ein Abweichen der Zeiten aufgefallen wäre, sei dies nicht von vornherein wahrscheinlich, weil ein Mitarbeiter die beiden Uhrzeiten am Einloggterminal und an der Kasse nie gemeinsam im Blick habe und ein Abweichen zwischen den beiden Systemen von wenigen Minuten keinesfalls zwingend aufgefallen sein müsste. Auch die vom Kläger geschilderten Tätigkeiten, die er als regelmäßigen Arbeitstagsbeginn mit einer Dauer von acht bis zehn Minuten geschildert habe, ergäben kein anderes Bild, weil in der Aufzählung zahlreiche Vorgänge enthalten seien, welche vor einer etwaigen Manipulation nicht zwingend zu erledigen seien. Soweit der Kläger darauf verwiesen habe, dass ein potentieller Täter sich nicht im Zeiterfassungssystem angemeldet hätte, sei darauf zu verweisen, dass der Kläger die potentielle andere Person, ob eingeloggt oder nicht, aufgrund des Standorts der Kasse in seinem Büro höchstwahrscheinlich bemerkt hätte. Ein entlastender Umstand könne auch nicht aus einem etwaigen Organisationsverschulden der Beklagten in Bezug auf ihre Buchführung abgeleitet werden. Falls die Beklagte verwaltungsrechtliche Vorgaben verletzt haben sollte, bilde ein solcher Pflichtverstoß keine Legitimation für jegliche Rückbuchungen und damit ein von der Organisation und Buchführung völlig unabhängiges, eigenständiges und massives Fehlverhalten. Auch daraus, ob der Kläger anlässlich eines Festes in seinem Büro nachts Licht brennen gesehen habe, lasse sich nichts ableiten. Aus den von den Parteien vorgetragenen Begleitumständen ließen sich vielmehr eher weitere Indizien ableiten, die den Verdacht zusätzlich verstärkten. Insofern sei der unstreitige Vortrag des Klägers zu berücksichtigen, wonach er stets in den frühen Morgenstunden vor Hinzutreffen der anderen Mitarbeiter die Wochenabrechnungen erstellt habe, was eher den Verdacht verstärke, dass er unbeobachtet habe handeln wollen. Die Anhörung des Klägers sei rechtmäßig erfolgt. Dem Kläger seien im Rahmen des Gesprächs am 07. Oktober 2011 unstreitig die Abrechnungen der fraglichen Tage gezeigt worden. Mit der Vorlage dieser Berichte habe er einen konkreten, zeitlich eingrenzbaren Sachverhalt zur Stellungnahme erhalten. Der Kläger habe selbst ausgeführt, dass der im Aktenvermerk enthaltene Geschehensablauf richtig sei. Zudem sei bei der Bewertung des Anhörungsgespräches zu berücksichtigen, dass der Kläger bereits mehrere Tage im Vorfeld des Gespräches Kenntnis darüber gehabt habe, dass sich Unstimmigkeiten bei den Abrechnungen und Buchungen ergeben hätten und Zahlungseingänge zulasten der Beklagten nicht ordnungsgemäß verbucht worden seien bzw. dass sich jedenfalls dieser Verdacht gestellt habe. Von daher seien der Gesamtsachverhalt und der Inhalt des Vorwurfs dem Kläger bereits bekannt gewesen. Auch wenn dem Kläger vor der Anhörung die X1-Berichte nicht vorgelegen hätten, seien sie ihm bei der Anhörung aber zumindest auf den Tisch gelegt worden. Der Kläger habe auch nicht arglos in das Gespräch am 07. Oktober 2011 gegangen sein können. Dies werde belegt durch das vom Kläger selbst unter dem 21. September 2011 gefertigte Schreiben, welches nicht von allen Kassenmitarbeitern unterzeichnet worden sei, weil zwei von ihnen aufgrund einer von ihnen empfundenen zu starken Entlastungsanzeige des Klägers dieses nicht gebilligt hätten. Danach habe der Kläger erkannt, dass er grundsätzlich in den Kreis derer falle, die für die Fehlbuchungen verantwortlich sein könnten. In diesem Zusammenhang sei auch das Telefonat vom 06. Oktober 2011 zu bewerten, bei dem der Kläger bereits gewusst habe, dass die Differenzen der Buchungen arbeitgeberseitig festgestellt und bereits Ermittlungen durchgeführt worden seien. Vor der eigentlichen Anhörung müsse im Rahmen der Einladung zur Anhörung nicht quasi ein Vorverfahren liegen, welches seinerseits erhöhten formellen Ansprüchen entsprechen müsse. Es sei daher auch unerheblich, ob im Telefonat der rechtstechnische Begriff "Anhörung" gefallen sei. Die Beklagte habe auch den Anforderungen an die Anhörung nach dem vom Kläger zitierten Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg entsprochen. Das Thema des Gespräches sei mitgeteilt worden. Der Kläger hätte die Gelegenheit gehabt, einen Anwalt mitzubringen. Gerade als Personalratsmitglied werde er die Bedeutung eines derartigen Gespräches erkannt haben. Auch habe er im Vorfeld Zeit gehabt, über die Gestaltung und Begleitung eines evtl. anstehenden Anhörungsgesprächs zu reflektieren. Im Hinblick darauf, dass das von Herrn N. gefertigte Gesprächsprotokoll unstreitig sei, habe es der erneuten Vernehmung nicht bedurft. Im Übrigen habe die Beklagte den Sachverhalt vor Ausspruch der Kündigung genügend ermittelt. Auch die Anhörung des Personalrats sei nicht zu beanstanden. Ein Verzerren des Sachverhalts, ein In-die-Irre-führen oder auch nur ein Weglassen entlastender Umstände sei nicht erkennbar. Vielmehr sei der Sachverhalt im Anhörungsschreiben sehr umfassend und detailliert mitgeteilt worden. Die erforderliche Zustimmung habe der Personalrat erteilt. Im Übrigen erweise sich die außerordentliche Kündigung nicht als unverhältnismäßig, insbesondere habe es keiner vorherigen Abmahnung bedurft. Aufgrund der wirksamen Beendigung des Arbeitsverhältnisses seien auch der Weiterbeschäftigungsantrag und der Zahlungsantrag unbegründet. Der Auskunftsantrag sei bereits unzulässig.

33

Gegen das am 04. Oktober 2013 verkündete und dem Kläger am gleichen Tag zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat der Kläger mit Schriftsatz vom 04. Oktober 2013, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 09. Oktober 2013 eingegangen, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 03. Dezember 2013, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 04. Dezember 2013 eingegangen, begründet.

34

Er trägt vor, eine Verdachtskündigung sei unzulässig, wenn wie hier keine Fehlbeträge ermittelt werden könnten, weil der Arbeitgeber selbst keinerlei Buchführung vorweisen könne. Denn der Arbeitgeber habe damit selbst die Voraussetzung dafür geschaffen, dass eine Tatkündigung unmöglich werde. Wenn der Erfolgseintritt der vermuteten Tathandlung nicht nachweisbar sei, sei es dem Arbeitgeber verwehrt, sich hinsichtlich des Verdachts einer strafbaren Handlung und des Erfolgs dieser Handlung auf die Wahrscheinlichkeitsprognose einer Verdachtskündigung zu berufen. Anderenfalls könnte der Arbeitgeber durch das Unterlassen einer ordnungsgemäßen Buchführung selbst dafür sorgen, dass eine Verdachtskündigung zulässig werde und er gerade keine Tatkündigung mehr aussprechen müsse. Weder habe die Beklagte einen Nachweis dafür, dass er selbst Geld aus der Kasse entnommen habe, noch habe sie einen Nachweis dafür, dass überhaupt Fehlbeträge in der Kasse aufgetreten seien. Das Vorliegen eines Erfolges der vermuteten Handlung müsse anhand objektiver Tatsachen festgestellt werden, was hier gerade nicht der Fall sei. Das Arbeitsgericht habe die Frage, ob ein Schaden eingetreten sei, zu Unrecht als unerheblich angesehen. Falls das gesamte durch ihn eingenommene Geld auch bei der Hauptkasse tatsächlich abgeliefert und gebucht worden sei, bestünde schon kein Verdacht gegen ihn. Auf die Frage, warum auf den Abrechnungen Rückbuchungen erfolgt seien, käme es dann überhaupt nicht an. Entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts sei sein Entlastungsvorbringen, dass die Manipulationen auch zu einer anderen Uhrzeit erfolgt sein könnten, durch das Gutachten nicht widerlegt worden. Im Hinblick darauf, dass zahlreiche Dritte Zugang zu Tresor und Kasse gehabt hätten, bestünden keine Anhaltspunkte, die ihn verdächtiger als jeden anderen mit Zugriff zur Kasse gemacht hätten. Das Arbeitsgericht habe die von ihm aufgezeigten Unklarheiten, Lücken und Fehler im Gutachten bei seiner Entscheidungsfindung nicht hinreichend berücksichtigt. Es spreche nicht für, sondern gegen die Glaubhaftigkeit des Gutachtens, dass der Gutachter selbst einräume, es sei nicht gänzlich auszuschließen, dass eine andere Person noch über eine andere Idee oder einen anderen Weg eine Manipulationsmöglichkeit finden könne. Damit habe der Gutachter letztlich nur bestätigt, dass er keine abschließende Bewertung vornehmen könne und andere Dritte auch andere Möglichkeiten zur Manipulierung der Kasse finden könnten. Selbst mit den naheliegenden Manipulationsmöglichkeiten nach dem im Internet frei verfügbaren Kassenhandbuch habe sich der Gutachter nicht auseinandergesetzt. Wie der Gutachter zu seiner Einstufung als "unwahrscheinlich" komme, habe er in der mündlichen Verhandlung nicht erläutern können. Im Übrigen habe der Gutachter auch eine weitere Tatbegehungsvariante nicht ausschließen können, nämlich dass die Belege insgesamt neu gedruckt worden seien. Es sei daher nicht auszuschließen, dass die Belege mittels Manipulation der Kasse nachträglich vollständig neu gedruckt worden seien. Ausweislich des von ihr vorgelegten Sachverständigengutachten des Gutachters R. vom 22. April 2014 (Bl. 2019 - 2029 d. A.) biete die PC-Software der Kasse die Möglichkeit, den Kassenzustand auf dem Rechner zu speichern und einzelne Programmteile oder das gesamte Kassenprogramm auf den PC herunterzuladen, zu verändern oder zu sichern. Ferner biete das Programm die Möglichkeit, Zeit und Datum des PCs auf die Kasse zu übertragen, ohne dass diese Änderung auf der Journalrolle quittiert werde, wofür eine Dauer von 30 bis 60 Sekunden ausreichend sei. Weder bedürfe es zu dieser Manipulation vertiefter Programmierkenntnisse noch hochspezialisierter Software. Die erforderlichen Komponenten, d.h. ein Laptop, ein Kabel und die im Internet käufliche Software seien für jedermann zugänglich und ermöglichten diese Manipulation. Weiterhin gehe aus dem von ihm vorgelegten Ergänzungsgutachten des Sachverständigen R. vom 29. Mai 2014 (Bl. 2117 - 2122 d. A.) hervor, dass auch die von ihm im Schriftsatz vom 20. Mai 2014 im Einzelnen dargelegte Art und Weise der Tatbegehung durch einen Dritten technisch möglich sei. Der Sachverständige bestätige, dass ein vollständiges Klonen der Daten der Kasse und eine Übertragung auf eine andere Kasse mittels der PC-Software möglich sei. Er bestätige außerdem, dass eine nachträgliche Überprüfung, an welcher Kasse die Buchungen durchgeführt worden seien, bei Mitführung der geklonten Bonrolle nicht möglich sei. Der von ihm in seinem Schriftsatz vom 20. Mai 2014 geschilderte Tatablauf, auf den verwiesen wird, sei daher möglich. Entgegen der Ansicht der Beklagten würden auch die von ihr vorgelegten Bonrollen und Wochenabrechnungen daher nicht für seine Täterschaft sprechen, weil sie mittels Software auch von Dritten hätten hergestellt werden können. Diese von ihm in seinem Schriftsatz vom 20. Mai 2014 geschilderte Tatbegehung ermögliche dem Täter mit geringem Aufwand eine Manipulierung der Kasse. Er müsse lediglich die Belege austauschen und das Geld entnehmen, das auf seinem Schreibtisch bereit liege. Gegebenenfalls hätte der Täter zu seiner Absicherung auch noch die Kassenrolle austauschen und die Daten auf seine Kasse übertragen müssen. Die Übertragung der Daten dauere nur wenige Sekunden, auch der Austausch der Kassenrolle nehme für einen darin geübten Mitarbeiter höchstens eine halbe Minute in Anspruch. Besondere PC-Kenntnisse seien für die Durchführung der Manipulation nicht erforderlich. Allein mit den Bordmitteln der Software, die für knapp acht Dollar im Internet erworben werden könne, sei diese Tatbegehung möglich. Weiterhin hätte das Geld auch bei der Hauptkasse entnommen und die Belege dort nachgedruckt worden sein können. Die auf den Belegen angebrachte Paraphe der Hauptkasse sei nicht fälschungssicher und könne leicht nachgeahmt werden. Weiterhin sei das vom Gericht eingeholte Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben worden, ohne den Parteien rechtliches Gehör zu gewähren. Bei der Beauftragung des Gutachters seien seine verfahrensmäßigen Rechte verletzt worden. Hätte das Arbeitsgericht rechtliches Gehör gewährt, wären dem Gutachter nicht die Auszüge aus der Strafakte vorgelegt worden, sondern ein vom Gericht erfasster und festgestellter Sachverhalt. Soweit das Arbeitsgericht ausgeführt habe, dass die Rückbuchungen für ihn aufgrund der vom Gericht hervorgehobenen drucktechnischen Gestaltung hätten erkennbar sein müssen, sei das Gericht offenbar fälschlicherweise davon ausgegangen, dass der angeführte Abschnitt mit "Rückbuchungen" automatisch mit einem X1-Bericht ausgedruckt werde. Im Hinblick darauf, dass lediglich der Finanzbericht selbst ausgedruckt worden sei, während er den Rückbuchungsbericht auf der in der Kasse befindlichen Journalrolle nicht zu Gesicht bekommen habe, komme es auf dessen drucktechnische Gestaltung nicht an. In Bezug auf die von ihm angeführten entlastenden Momente habe das Arbeitsgericht trotz seines Bestreitens die von der Beklagten behauptete Zeitabweichung als wahr unterstellt. Er habe klar gesagt, dass er beim täglichen Umgang mit der Kasse keinerlei Zeitabweichung bemerkt habe. Eine Zeitabweichung von drei Minuten bzw. 2:50 Minuten liege in einer Größenordnung, die beim Abgleich mit der Uhr der Zeiterfassung und der täglich verwandten Uhren auf Mobilfunkgeräten und Armbanduhren auffalle. Zwar habe er keine abschließende Erklärung, wie die Manipulationen durchgeführt worden seien. Er habe im Laufe des Verfahrens aber mehrere Ansatzpunkte vorgebracht, wie die Manipulationen aus seiner Sicht erfolgt sein könnten. Die vom Arbeitsgericht beurteilte Möglichkeit, dass ein Dritter morgens nach der Inbetriebnahme der Kasse durch ihn während seiner kurzen Abwesenheit im Haus die Kasse manipuliert habe, sei nur eine denkbare und auch wohl nur unwahrscheinliche Variante. Das Arbeitsgericht habe sich jedoch bei der Beurteilung der Frage der Zeitabweichung auf diese Tatausführung gestützt und daraus einen belastenden Schluss gezogen. Auch bei der Frage der Entlastung durch die Anmeldung im Zeiterfassungssystem habe das Arbeitsgericht aufgrund der angestellten Spekulation, dass er eine andere Person im Gebäude höchstwahrscheinlich bemerkt hätte, keinen Beweis über die Frage der Anwesenheitszeiten erhoben und seinen entlastenden Vortrag nicht berücksichtigt. Auch aus der Tatsache, dass zahlreiche weitere Personen Zugang zum Tresor und zur Kasse gehabt hätten, habe das Arbeitsgericht zu Unrecht keine entlastenden Momente hergeleitet. Unzutreffend sei auch die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass ein Organisationsverschulden der Beklagten als völlig eigenständiger Sachverhalt zu betrachten sei. Die Regeln zur Haushaltsführung seien gerade dazu geschaffen, die Kassenführung transparent und nachprüfbar zu gestalten und würden die handelnden Personen auch vor dem Verdacht von Straftaten schützen, indem eine Überwachung und Kontrolle der Mitarbeiter verlangt sei. Bei Beachtung der maßgeblichen Vorschriften wäre es zu der jetzigen Situation überhaupt nicht gekommen. Aufgrund der fehlerhaften Kassenorganisation habe auch überhaupt nicht festgestellt werden können, ob überhaupt ein Schaden entstanden sei. Eine Rückbuchung sei für sich genommen nicht gesetzeswidrig. Falls das Geld trotz der Rückbuchungen in der Hauptkasse vorhanden sein sollte, liege keine strafbare Handlung vor. Im Übrigen könne auch kein Kausalzusammenhang zwischen den angeblichen Rückbuchungen und seinem frühen Erscheinen am Arbeitsplatz gezogen werden, weil er immer früh an seinem Arbeitsplatz gewesen sei und zahlreiche ordnungsgemäße Abrechnungen zu diesen Zeiten entstanden seien. Weiterhin habe die Beklagte die erforderlichen Aufklärungsmaßnahmen vor Kündigungsausspruch unterlassen. An erster Stelle hätte die Beklagte klären müssen, ob überhaupt ein Schaden eingetreten sei. Darüber hinaus hätte sie eine Videoüberwachung durchführen können. Zudem wären auch Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen hinsichtlich der eingenommenen Beträge und der Kasse sowie der Abrechnungen und Belege an der Hauptkasse möglich gewesen. Seine Anhörung sei fehlerhaft erfolgt. Er habe die Belege und Bons der streitgegenständlichen Tage im Rahmen seiner Anhörung nicht begutachten können. Der büroleitende Beamte habe diese Bons lediglich in einem Aktenvorgang dabei gehabt und sie vor ihm auf den Tisch geknallt. Es sei jedoch keine gemeinsame Durchsicht im Einzelnen erfolgt. Hinsichtlich des Telefonates vom 06. Oktober 2011 hätte ihm zumindest das Thema des Gesprächs mitgeteilt werden müssen, um ihm die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts oder eines Mitglieds des Personalrats zu ermöglichen. Er habe seine Ehefrau als Zeugin dafür benannt, dass das Gespräch so kurz gewesen sei, dass aufgrund der bloßen Dauer und der Abfolge der Sätze das Thema des anstehenden Gespräches nicht habe mitgeteilt werden können. Auch wenn er ein Rechtfertigungsbedürfnis im Hinblick auf den Fall K. gesehen habe, habe er jedoch nicht erkannt, dass er für weitere Fehlbuchungen verantwortlich gemacht werden würde. Die fehlerhafte Einladung zur "Anhörung" und seine fehlerhafte "Anhörung" selbst führe zur Unwirksamkeit der Verdachtskündigung. Die Personalratsanhörung sei ebenfalls fehlerhaft erfolgt. Unter anderem hätten dem Personalrat auch die Anwesenheitszeiten der anderen Mitarbeiter und der weiteren von ihm benannten Personen mit Zugriff auf Tresor und Kasse abschließend aufgeführt und auch die Zeitabweichung der Uhrzeitsysteme mitgeteilt werden müssen. Im Übrigen sei der Personalrat auch deshalb nicht vollständig informiert worden, weil er lediglich zu Rückbuchungen in Höhe von 1.510,00 EUR angehört worden sei, obwohl die Kündigung tatsächlich nicht allein darauf, sondern auf dem Tatvorwurf der Entnahme von Geldern in einem weitaus höheren Betrag von rund 185.000,00 EUR basiere.

35

Im Termin vom 08. Mai 2014 hat der Kläger erklärt, dass er keinen Antrag stelle. Daraufhin ist seine Berufung auf Antrag der Beklagten mit dem im Termin vom 08. Mai 2014 verkündeten Versäumnisurteil kostenpflichtig zurückgewiesen worden.

36

Gegen das ihm am 13. Mai 2014 zugestellte Versäumnisurteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 08. Mai 2014 hat der Kläger mit Schriftsatz vom 20. Mai 2014, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, Einspruch eingelegt.

37

Der Kläger beantragt,

38

das Versäumnisurteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz - 2 Sa 425/13 - vom 08. Mai 2014 aufzuheben,

39

das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 04. Oktober 2013 - 4 Ca 1340/11 - abzuändern und

40

festzustellen dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlose Kündigung vom 12. Oktober 2011 sein Ende gefunden hat,

41

die Beklagte zu verurteilen, ihn zu den bisherigen Bedingungen des Arbeitsvertrages als Angestellten weiter zu beschäftigen,

42

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 52.017,66 EUR brutto abzüglich übergegangener Ansprüche aus Kranken-, Übergangs- und Arbeitslosengeld in Höhe von 25.505,22 EUR netto, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für einen Betrag in Höhe von 2.026,68 EUR brutto seit dem 01. November 2011 sowie für einen weiteren Betrag in Höhe von jeweils monatlich 3.390,65 EUR brutto, erstmalig seit dem 01. Dezember 2011, fortan ab dem 01. des jeweiligen Folgemonats, sowie für einen weiteren Betrag in Höhe von jeweils 2.712,52 EUR brutto ab dem 01. Dezember 2011 und 01. Dezember 2012, sowie für einen weiteren Betrag in Höhe von 487,49 EUR brutto ab dem 01. Januar 2012, zu zahlen.

43

Die Beklagte beantragt,

44

das Versäumnisurteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 08. Mai 2014 - 2 Sa 425/13 - aufrechtzuerhalten.

45

Sie erwidert, es bestehe der dringende Verdacht, dass der Kläger die vorliegenden Abrechnungen bei der Hauptkasse manipuliert habe. Alleine die Manipulation rechtfertige die Verdachtskündigung. Unabhängig davon, dass ihr auch ein Schaden entstanden sei, sei sie der Ansicht, dass die vorgeworfene Manipulation der Abrechnungsunterlagen an sich ausreiche, die hier in Rede stehende Verdachtskündigung zu begründen. Sie habe festgestellt, dass die manipulierten Abrechnungen der streitgegenständlichen Kasse mit dem Kassenbestand der Hauptkasse übereinstimmten. Dies bedeute, dass sich die zu Unrecht gebuchten Rücknahmen nicht bei der Hauptkasse wiederfinden würden. Insoweit sei ihr auch ein erheblicher Schaden entstanden. Der gegen den Kläger erhobene Vorwurf laute demnach, die Abrechnungen manipuliert zu haben, um sich einen Vermögensvorteil zu verschaffen. Aufgrund der gefälschten Abrechnungen habe sich kein offensichtlicher Fehlbestand in der Hauptkasse ergeben. Auch die Aufsichtsbehörden hätten aufgrund der perfiden Manipulation die fehlenden Beträge erst bei entsprechender Nachprüfung feststellen können. Sie halte die Ausflucht des Klägers, dass ein Dritter das Kassensystem manipuliert habe und er dann in allen vier Fällen - ohne dies zu merken - die entsprechenden Beweise vernichtet habe, für eine offensichtliche Schutzbehauptung. Der ständige Vortrag zur angeblichen Manipulierbarkeit der Kasse gehe weithin ins Leere. Aufgrund der sichergestellten kompletten Kassenrolle seien die Rückbuchungen des Klägers belegt. Das Sachverständigengutachten habe die Einwendungen des Klägers umfassend als falsch entlarvt und sei zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Manipulation ausgeschlossen wäre. Natürlich gebe es für alle technischen Geräte, die mittels einer Software/Hardware-Steuerung bedient würden, eine gewisse Wahrscheinlichkeit der Manipulation. Im vorliegenden Fall sei aber gerade aufgrund der Umstände eine Manipulation zulasten des Klägers auszuschließen. Alle Umstände und Tatsachen würden dafür sprechen, dass die Manipulationen gemäß dem aufgeführten Druckdatum durchgeführt worden seien. Die Einschätzung des Arbeitsgerichts, dass der Kläger die Rückbuchungen hätte erkennen müssen, sei nicht zu beanstanden. Der für die Kasse hauptverantwortlich gewesene Kläger habe nicht erklären können, wie er die in den ausgedruckten X1-Berichten ausgewiesenen Rückbuchungen habe übersehen können. Auch die Feststellung, dass eine Abweichung von wenigen Minuten zwischen dem Zeiterfassungssystem und der Kasse vorgelegen habe und von keinem Mitarbeiter als unrichtig festgestellt worden sei, entspreche dem normalen Geschehensablauf in einer Behörde. Sie habe die Zeitabweichung von knapp drei Minuten festgestellt und vorgetragen. Alle Indizien würden auf eine Manipulation durch den Kläger hindeuten. Neben der zeitlichen Abfolge und der Lage der Tatzeit sei das auch der Umstand, dass der Kläger unstreitig über 90 % der Kassenvorgänge selbständig durchgeführt habe. Erschwerend komme hinzu, dass er die Kassenberichte an der Hauptkasse abgeliefert habe, so dass kein Zweifel daran entstehen könne, dass er gerade aufgrund der zeitlichen Reihenfolge zwischen Manipulation und Ausdrucken des korrigierten Berichts den Täter hätte sehen müssen. Trotz intensiver Ermittlungen habe gegenüber irgendeiner dritten Person nach Aufarbeitung der wesentlichen Tatsachen nicht einmal ein Anfangsverdacht bestanden. Bei der Würdigung der Gesamtumstände sei auch zu berücksichtigen, dass die Abrechnungen durch den Kläger immer dann erfolgt seien, wenn niemand anderes zugegen gewesen sei. Im Hinblick darauf, dass sich erst im Laufe der Ermittlungen herausgestellt habe, dass es zu einer bewussten Manipulation gekommen sei, hätten zu diesem Zeitpunkt keine Überwachungsmaßnahmen mehr durchgeführt werden können, weil die Problematik insgesamt bekannt gewesen sei. Sie habe zusammen mit der Staatsanwaltschaft alles getan, um den Sachverhalt so gut wie möglich aufzuklären. Auch die Anhörung des Klägers sei rechtsfehlerfrei erfolgt. Herr N. habe dem Kläger deutlich zu verstehen gegeben, um was es bei dem Gespräch gehen solle. In formeller Hinsicht sei eine besondere Einladung unter Nennung des Kündigungssachverhalts nicht erforderlich. Eine Mitteilung an den Personalrat bezüglich der Zeitabweichungen im System zum damaligen Zeitpunkt sei weder erforderlich noch möglich gewesen. Weiterhin halte sie den Vortrag des Klägers für abwegig und widerlegt, dass zum einen Datum und Uhrzeit bei der Kasse geändert worden seien als auch dass ein Dritter im Vorhinein die Daten der Kasse geklont und nachträglich Belege ausgedruckt haben solle. Auch der vom Kläger vorgebrachte alternative Tatablauf erscheine abwegig.

46

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

47

Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b und c ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist insbesondere form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. 519, 520 ZO).

48

Gegen das die Berufung zurückweisende Versäumnisurteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 08. Mai 2014 hat der Kläger form- sowie fristgerecht Einspruch eingelegt. Soweit er mit seinem Einspruch den Auskunftsantrag zu 4. nicht mehr weiterverfolgt hat, ist das Versäumnisurteil vom 08. Mai 2014 rechtskräftig. Im Übrigen ist der Prozess aufgrund des zulässigen Einspruchs des Klägers in die Lage vor Eintritt der Säumnis zurückversetzt worden (§§ 539 Abs. 3 i.V.m. 342 ZPO).

49

Die Berufung des Klägers hat mit den zuletzt weiterverfolgten Klageanträgen (Kündigungsschutzantrag zu 1., Weiterbeschäftigungsantrag zu 2. und Zahlungsantrag zu 3.) in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage mit diesen Anträgen zu Recht abgewiesen. Die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung vom 12. Oktober 2011 ist wirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien fristlos beendet.

I.

50

Die fristlose Kündigung vom 12. Oktober 2011 ist als Verdachtskündigung gemäß § 626 Abs. 1 BGB wirksam.

51

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11 - Rn. 16 und 17, NZA 2013, 137 m.w.N.) kann auch der Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung einen wichtigen Grund bilden. Ein solcher Verdacht stellt gegenüber dem Vorwurf, der Arbeitnehmer habe die Tat begangen, einen eigenständigen Kündigungsgrund dar. Eine Verdachtskündigung kann gerechtfertigt sein, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen, die Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliches Vertrauen zu zerstören und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. Der Verdacht muss auf konkrete - vom Kündigenden ggf. zu beweisende - Tatsachen gestützt sein. Der Verdacht muss ferner dringend sein. Es muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass er zutrifft. Die Umstände, die ihn begründen, dürfen nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht ebenso gut durch ein Geschehen zu erklären sein, das eine außerordentliche Kündigung nicht zu rechtfertigen vermöchte. Bloße, auf mehr oder weniger haltbare Vermutungen gestützte Verdächtigungen reichen dementsprechend zur Rechtfertigung eines dringenden Tatverdachts nicht aus. Vielmehr muss eine auf Beweisanzeichen (Indizien) gestützte große Wahrscheinlichkeit für die erhebliche Pflichtverletzung (Tat) gerade dieses Arbeitnehmers bestehen. Schließlich muss der Arbeitgeber alles ihm Zumutbare zur Aufklärung des Sachverhalts getan, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben haben. Der Umfang der Nachforschungspflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

52

2. Die Voraussetzungen für eine außerordentliche Verdachtskündigung sind im Streitfall erfüllt.

53

a) Gemäß der zutreffenden Annahme des Arbeitsgerichts besteht im Streitfall der dringende Verdacht, dass der Kläger am 25. August, 01. September, 07. September und 15. September 2011 die Rückbuchungen zum Nachteil der Beklagten vorgenommen und sich damit die entsprechenden Geldbeträge zugeeignet hat.

54

aa) Das Arbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass Manipulationen in Form der Rückbuchungen stattgefunden haben.

55

Die Beklagte hat Kopien der sichergestellten Journalrolle vorgelegt, welche die Rückbuchungen an den streitgegenständlichen Tagen ausweisen. Gemäß der Feststellung des Arbeitsgerichts hat auch der Kläger nach Einsichtnahme der Originale nicht behauptet, dass die vorgelegten Kopien mit den vom Arbeitsgericht angeforderten Originalen nicht übereinstimmten. Der Kläger hat nicht die Existenz der Rückbuchungen in Abrede gestellt, sondern unter Berufung auf die von ihm angeführten Tatbegehungsvarianten und Manipulations-/Fälschungsmöglichkeiten geltend gemacht, dass die Rückbuchungen nicht von ihm, sondern von einer anderen Person durchgeführt worden seien.

56

Für die auf der sichergestellten Journalrolle der Kasse ausgewiesenen Rückbuchungen an den betreffenden vier Tagen gibt es unstreitig keinen Grund, der eine Auszahlung der rückgebuchten Beträge aus der Kasse rechtfertigen könnte. Auch der Kläger hat nicht behauptet, dass es eine begründete Veranlassung zur Vornahme dieser Rückbuchungen gegeben haben könnte. Die dokumentierten Rückbuchungen können danach nur deshalb erfolgt sein, damit der jeweilige Betrag aus der Kasse rechtswidrig entnommen werden kann. Auf die Frage, ob und inwieweit sich bei einem Vergleich sämtlicher Einnahmen mit dem Kassenbestand ein Fehlbestand feststellen lässt, kommt es im Streitfall nicht an. Maßgeblich ist allein, dass in vier Fällen nicht gerechtfertigte Rückbuchungen dokumentiert sind, die bereits für sich den Rückschluss auf eine rechtswidrige Zueignung der entsprechenden Beträge zulassen, ohne dass es für die streitgegenständliche Verdachtskündigung eines weitergehenden Nachweises bedarf, ob bei der Beklagten im (Gesamt-)Ergebnis ein Fehlbetrag und damit ein Schaden entstanden ist.

57

Weiterhin ist unerheblich, ob und ggf. inwieweit die Beklagte rechtliche Vorgaben zur Buchführung verletzt haben sollte. Ein etwaiges Organisationsverschulden der Beklagten ändert nichts daran, dass kein Mitarbeiter ohne berechtigten Anlass Rückbuchungen vornehmen darf. Insbesondere wird auch die Möglichkeit einer Verdachtskündigung hierdurch im Streitfall nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Vielmehr können die gerügten Organisationsmängel bzw. unzureichende Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen vorliegend allenfalls dazu führen, dass hierdurch bedingte Beweisschwierigkeiten zulasten der darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten gehen.

58

bb) Im Streitfall lassen bereits die unstreitigen objektiven Umstände, die die Beklagte als Indizien zur Begründung ihres schwerwiegenden Verdachts angeführt hat, mit großer Wahrscheinlichkeit darauf schließen, dass gerade der Kläger - und nicht etwa ein anderer Mitarbeiter bzw. ein unbekannter Dritter - die ihm vorgeworfene Tat im Wege der vorgenommen Rückbuchungen am 25. August, 01. September, 07. September und 15. September 2011 begangen hat.

59

(1) Der Kläger war für die von ihm geführte Kasse hauptverantwortlich und hat unstreitig ca. 90 Prozent der Bedienungsvorgänge durchgeführt. Er hat unstreitig an den fraglichen vier Tagen selbst die Abrechnungen gemacht und diese zusammen mit dem abgerechneten Geldbetrag jeweils um 8.30 Uhr bei der Hauptkasse vorgelegt. Dabei hat er bei allen Abrechnungen den Finanzbericht, der die Rückbuchungen ausweist, selbst von dem ausgedruckten X1- bzw. Z1-Bericht abgeschnitten und vernichtet. Die von der Beklagten vorgelegten X1-Berichte aus dem Kassenbuch des Klägers weisen an den streitgegenständlichen Tagen jeweils den Einnahmebetrag aus, der sich nach den auf der sichergestellten Journalrolle dokumentierten Rückbuchungen ergibt. Obwohl die vergütungspflichtige Arbeitszeit erst ab 7.30 Uhr beginnt, hat der Kläger die von ihm getätigten Abrechnungen jeweils in der Zeit davor vorgenommen, zu der regelmäßig noch keine anderen Mitarbeiter anwesend waren. Der Kläger war an allen vier Tagen jeweils zu den Uhrzeiten im Hause, zu denen nach der sichergestellten Journalrolle die Rückbuchungen stattgefunden haben. Nach den von der Beklagten vorgelegten Mitarbeiterjournalen hat er als einzige Person in allen vier Fällen jeweils kurz zuvor seine Arbeit begonnen. Danach sprechen alle objektiven Umstände dafür, dass gerade der Kläger und nicht etwa eine andere Person die dokumentierten Rückbuchungen vorgenommen hat.

60

(2) Bei Zugrundelegung der auf der Journalrolle dokumentierten Uhrzeiten der Rückbuchungen erscheint eine Tatbegehung durch eine andere Person als ausgeschlossen:

61

Nach den vorgelegten Mitarbeiterjournalen hat der Kläger das Zeiterfassungs-system zur Arbeitsaufnahme am 25. August 2011 um 7.04 Uhr, am 01. September 2011 um 7.09 Uhr, am 08. September 2011 um 7.06 Uhr und am 15. September 2011 um 7.04 Uhr bedient. Der erste X1-Bericht (vor der dann nachfolgenden Rückbuchung) ist nach der auf der Journalrolle angegebenen Uhrzeit am 25. August 2011 um 7.05 Uhr, am 01. September 2011 um 7.11 Uhr, am 08. September 2011 um 7.07 Uhr und am 15. September 2011 um 7.05 Uhr erstellt worden. Mithin ist an allen vier Tagen, an denen der Kläger nach seinem eigenen Vortrag die Abrechnung jeweils vorgenommen hat, kurze Zeit nach dem Dienstbeginn des Klägers auch der erste X1-Bericht mit der nachfolgenden Rückbuchung nach den auf der Journalrolle dokumentierten Vorgängen erfolgt.

62

Entgegen der Ansicht des Klägers besteht kein unauflösbarer Widerspruch zwischen dem im Mitarbeiterjournal dokumentierten Dienstbeginn und dem auf der Journalrolle dokumentierten Beginn der Berichtserstellung. Im Hinblick darauf, dass die Uhrzeit des Zeiterfassungssystems nicht mit derjenigen der Kasse abgestimmt war, besagt der zeitliche Abstand von einer bzw. zwei Minuten nicht, dass die Erstellung des ersten X1-Berichts durch den Kläger nach seinem jeweils im Zeiterfassungssystem dokumentierten Dienstbeginn zeitlich nicht möglich war. Insbesondere musste dem Kläger auch nicht notwendigerweise aufgefallen sein, dass zwischen beiden Systemen eine Zeitdifferenz besteht, weil sich das vom Kläger bediente Einloggterminal im Eingangsbereich befindet und damit eine nur geringfügige zeitliche Abweichung der Kassenuhr bei der späteren Bedienung der Kasse nicht ohne weiteres auffällt. Hinsichtlich der vom Kläger angeführten Tätigkeiten, die nach seinem Vortrag mit einer Gesamtdauer von acht bis zehn Minuten übliche Schritte vor dem Ausdrucken des X1-Berichts gewesen sein sollen, hat das Arbeitsgericht zutreffend darauf verwiesen, dass in der Aufzählung des Klägers eine Reihe von Vorgängen enthalten sind, die nicht notwendigerweise vor einer Erstellung des X1-Berichts erledigt werden müssen. Im Hinblick darauf, dass der Kläger ohne die zwingend vorab zu erledigenden Vorgänge nur kurze Zeit zur Erstellung des ersten X1-Berichts benötigt und die Uhrzeiten des Zeiterfassungssystems und der Kassenuhr nicht aufeinander abgestimmt waren, widersprechen die auf der Journalrolle dokumentierten Vorgänge in zeitlicher Hinsicht nicht dem jeweils auf dem Mitarbeiterjournal ausgewiesenen Dienstbeginn des Klägers. Vielmehr spricht im Gegenteil der unmittelbare zeitliche Zusammenhang zwischen dem Dienstbeginn des Klägers und dem auf der Journalrolle dokumentierten Ablauf dafür, dass gerade der Kläger die Rückbuchungen vorgenommen hat, zumal er an allen vier Tagen unstreitig einen X1-Bericht erstellt und in der kurzen Zeitspanne zwischen dem Dienstbeginn des Klägers und der dokumentierten Rückbuchung eine vom Kläger unbemerkte Tatbegehung durch eine andere Person in vier Fällen nicht vorstellbar erscheint. Dementsprechend kommt es auch nicht darauf an, ob und ggf. welche anderen Mitarbeiter sich jeweils zur fraglichen Zeit (ggf. ohne Anmeldung im Zeiterfassungssystem) im Gebäude aufgehalten haben könnten und wer ebenfalls Zugang zu Tresor und Kasse hatte sowie aufgrund seiner Kenntnisse die Kasse ebenfalls hätte bedienen können. Auch wenn andere Mitarbeiter unstreitig Zugang zu Tresor und Kasse hatten und aufgrund ihrer Kenntnisse die Kasse ebenfalls hätten bedienen können, sprechen die oben dargestellten Umstände entscheidend dafür, dass gerade der Kläger seine Position als Kassenführer dazu missbraucht hat, um die Rückbuchungen zu einer Zeit vor dem vergütungspflichtigen Dienstbeginn unbemerkt vornehmen und auch verschleiern zu können, indem er den jeweiligen Finanzbericht mit den darin ausgewiesenen Rückbuchungen selbst abgeschnitten und vernichtet hat.

63

(3) Auch wenn man zugunsten des Klägers von einer Manipulierbarkeit der Kassenuhrzeit ausgeht, ändert dies nichts an dem durch die objektiven Umstände begründeten dringenden Tatverdacht gegen den Kläger. Auf das Ergebnis des vom Arbeitsgericht eingeholten Sachverständigengutachtens kommt es daher nicht an.

64

Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zutreffend ausgeführt, dass dem Kläger die im Finanzbericht des X1-Berichts ausgewiesenen Rückbuchungen hätten auffallen müssen. Zwar ist das Arbeitsgericht wohl unzutreffend davon ausgegangen, dass mit dem X1-Bericht automatisch auch ein Rückbuchungsbericht ausgedruckt wird, der sich vom Druckbild und Layout her deutlich von den anderen Buchungen unterscheidet. Allerdings weist der vom Kläger jeweils abgeschnittene und entsorgte Finanzbericht im unteren Teil des ausgedruckten X 1-Berichts die jeweils gebuchte "Rücknahme" mit dem entsprechenden Minusbetrag aus. Der Kläger hätte beim Abschneiden des Finanzberichts ohne weiteres bemerken können und müssen, dass darin eine nicht erklärbare "Rücknahme" mit einem entsprechenden Minusbetrag ausgewiesen ist und der Endbetrag der abzuliefernden Einnahmen in Anbetracht der Höhe der Rückbuchungen im Vergleich zu den Gesamteinnahmen der Woche nicht mit den von ihm in der Woche vereinnahmten Geldern übereinstimmen kann. Eine andere Person als der Kläger hätte vor vornherein damit rechnen müssen, dass dem Kläger, der unstreitig ca. 90 Prozent aller Bedienungsvorgänge durchgeführt hat, eine - im Finanzbericht ausgewiesene - Rück-buchung von mehreren Hundert Euro bei der Vornahme der Abrechnung sofort auffällt. Nur der Kläger, der die Kassenabrechnungen nahezu ausschließlich alleine (ca. 95 %) vorgenommen und jeweils den Finanzbericht selbst abgeschnitten und entsorgt hat, konnte sich hinreichend sicher sein, dass in Anbetracht seiner fehlenden Kontrolle und der in regelmäßigen Abständen erfolgten Entsorgung der Journalrolle die vorgenommenen Kassenmanipulationen niemandem auffallen würden. Weiterhin hat das Arbeitsgericht zutreffend darauf verwiesen, dass im Falle einer vorherigen Manipulation der Uhrzeit der vorgenommenen Rückbuchung es einer dritten Person hätte gelingen müssen, in allen vier Fällen die fiktive Uhrzeit so zu legen, dass sie in die Anwesenheitszeit des Klägers und vor die Erstellung des ersten X1-Berichts durch ihn fiel, was ebenfalls als nahezu ausgeschlossen bzw. jedenfalls vollkommen unwahrscheinlich erscheint. Gegen die vom Kläger angeführte Möglichkeit, dass auch Manipulationen an der Hauptkasse erfolgt und daher die Belege im Kassenbuch nicht mehr den Belegen entsprechen könnten, die er vorgelegt habe, spricht bereits, dass die von der Beklagten vorgelegten X1-Berichte mit den auf der sichergestellten Journalrolle dokumentierten Vorgängen übereinstimmen.

65

(4) Auch die vom Kläger im Berufungsverfahren angeführten Tatbegehungsweisen, die er unter Verweis auf die von ihm vorgelegten Gutachten des von ihm beauftragten Sachverständigen R. dargestellt hat, führen zu keiner Erschütterung des nach den oben dargestellten objektiven Umständen begründeten dringenden Tatverdachts gegen den Kläger.

66

Im Streitfall kann zugunsten des Klägers unterstellt werden, dass alle von ihm angeführten Tatbestandsvarianten tatsächlich möglich sind, so dass es auf das vom Arbeitsgericht eingeholte Sachverständigengutachten nicht ankommt und auch die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens nicht veranlasst ist. Die bestehenden Möglichkeiten einer Tatbegehung durch einen Dritten ändern nämlich nichts an der Bewertung, dass die dargestellten Tatbegehungsweisen - im Vergleich zu einer Tatbegehung durch den Kläger - derart unwahrscheinlich sind, dass hierdurch selbst bei Bestehen der angeführten Manipulationsmöglichkeiten der aus den dargestellten starken Verdachtsmomenten gegen den Kläger resultierende dringende Verdacht nicht erschüttert wird.

67

Nach der vom Kläger zuletzt ins seinem Schriftsatz vom 20. Mai 2014 geschilderten Tatbegehungsweise hätte der Täter nicht nur über die zur Manipulation erforderlichen technischen Kenntnisse über die Funktionsweise der Kasse und der entsprechenden Software verfügen müssen, sondern er hätte auch die vom Kläger erstellten X1- und Z1-Berichte austauschen und den entsprechenden Geldbetrag entnehmen müssen, ohne dass dies vom Kläger in vier Fällen bemerkt worden wäre, und zwar weder bei Vornahme des Austauschs bzw. der Geldentnahme noch später bei Vorlage des Geldes sowie der Belege bei der Hauptkasse und der Einheftung des Belegs in das Kassenbuch, was vollkommen unwahrscheinlich erscheint. Weiterhin hätte der Täter auch noch die gesamte Journalrolle mit den manipulierten Vorgängen nachdrucken und mit der in der Kasse des Klägers befindlichen Journalrolle austauschen müssen. Im Hinblick darauf, dass die sichergestellte Journalrolle die Rückbuchungen ausweist, hätte der Täter nicht nur auf die Idee kommen müssen, dass er die X1-Berichte mittels der PC-Software manipulieren und nachdrucken kann, sondern er hätte auch noch den Plan entwickeln und umsetzen müssen, die gesamte Journalrolle mit den entsprechenden Rückbuchungen zu manipulieren und nachzudrucken, um dadurch den Verdacht auf den Kläger zu lenken. Im Vergleich zu einer Tatbegehung durch den Kläger erscheinen alle Möglichkeiten einer Tatbegehung durch einen Dritten, für die es überhaupt keine objektiven Anhaltspunkte gibt, als derart unwahrscheinlich, dass sie nicht geeignet sind, den sich aus den dargestellten objektiven Umständen ergebenden dringenden Tatverdacht gegen den Kläger zu erschüttern. Nichts anderes folgt aus dem vom Kläger vorgelegten angeblichen "Bekennerschreiben" (Bl. 2060 d. A.), weil sich in diesem anonymen Schreiben keine identifizierbare Person zu den Taten bekannt hat und dieses Schreiben ohne Strafverfolgungsrisiko von jeder Person im Interesse des Klägers gefertigt worden sein kann.

68

Der absolute Ausschluss der Täterschaft anderer Personen ist nicht Wirksamkeitsvoraussetzung für die streitgegenständliche Kündigung. Die Beklagte hat keine Tat-, sondern eine Verdachtskündigung ausgesprochen. Für diese genügt eine hohe Wahrscheinlichkeit der Täterschaft, die nicht dadurch ausgeschlossen ist, dass auch die Täterschaft anderer - allerdings nur mit einer sehr geringen Wahrscheinlichkeit - in Betracht kommt (LAG Berlin-Brandenburg 08. Februar 2012 - 24 Sa 1800/11 - Rn. 39, juris).

69

b) Die Beklagte hat die ihr obliegende Aufklärungspflicht nicht verletzt und insbesondere den Kläger vor der Kündigung ordnungsgemäß angehört.

70

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11 - Rn. 32 und 33, NZA 2013, 137) ist die vorherige Anhörung des Arbeitnehmers Wirksamkeitsvoraussetzung der Verdachtskündigung. Bei dieser besteht in besonderem Maße die Gefahr, dass der Arbeitnehmer zu Unrecht beschuldigt wird. Dessen Anhörung ist deshalb ein Gebot der Verhältnismäßigkeit. Unterbliebe sie, wäre die Kündigung nicht "ultima ratio". Der dringende Verdacht einer schwerwiegenden Verfehlung kann nur dann für den Ausspruch einer Kündigung genügen, wenn es weder gelungen ist, ihn auszuräumen, noch gelungen ist, die erhobenen Vorwürfe auf eine sichere Grundlage zu stellen. Die Anhörung des Arbeitnehmers ist deshalb ein stets gebotenes Mittel der Sachverhaltsaufklärung. Ihr Umfang richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Einerseits muss sie nicht in jeder Hinsicht den Anforderungen genügen, die an eine Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 BetrVG gestellt werden. Andererseits reicht es nicht aus, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer lediglich mit einer allgemein gehaltenen Wertung konfrontiert. Die Anhörung muss sich auf einen greifbaren Sachverhalt beziehen. Der Arbeitnehmer muss die Möglichkeit haben, bestimmte, zeitlich und räumlich eingegrenzte Tatsachen ggf. zu bestreiten oder den Verdacht entkräftende Tatsachen aufzuzeigen und so zur Erhellung der für den Arbeitgeber im Dunkeln liegenden Geschehnisse beizutragen. Um dieser Aufklärung willen wird dem Arbeitgeber die Anhörung abverlangt. Sie ist nicht etwa dazu bestimmt, als verfahrensrechtliche Erschwernis die Aufklärung zu verzögern und die Wahrheit zu verdunkeln.

71

bb) Den von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aufgestellten Anforderungen wird die Anhörung des Klägers gerecht.

72

Im Anhörungsgespräch vom 07. Oktober 2011 ist dem Kläger ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme zu den kündigungsrelevanten Vorfällen vom 25. August, 01. September, 07. September und 15. September 2011 und zu denen gegen ihn bestehenden Verdachtsmomenten gegeben worden.

73

Der Kläger hat selbst eingeräumt, dass im Aktenvermerk des Herrn N. vom 10. Oktober 2011 der Verlauf des Anhörungsgesprächs am 7. Oktober 2011 zutreffend dargestellt ist. Danach sind dem Kläger im Anhörungsgespräch die Abrechnungen (X1-Berichte) vom 25. August, 01. September, 07. September und 15. September 2011 gezeigt und erläutert worden. Dem Kläger wurde verdeutlicht, dass nach den buchungstechnischen Vorgängen über die Betätigung der Rücknahmetaste erhebliche Barbeträge aus der Kasse entnommen worden seien. Nach dem Aktenvermerk fasste der Bürgermeister der Beklagten die Ermittlungen zusammen und teilte dem Kläger mit, dass sich unter Würdigung der Gesamtumstände ganz eindeutig der Verdacht aufdränge, dass diese Manipulationen von ihm vorgenommen worden seien. Sodann wurde der Kläger gebeten, hierzu Stellung zu beziehen. Daraufhin hat der Kläger selbst ausgeführt, dass er sich ebenfalls intensiv mit den Vorgängen beschäftigt, für diese Unstimmigkeiten aber keine Erklärung habe. Wenn auch die Fakten wohl gegen ihn sprächen, habe er bis dato keine Barmittel aus der Kasse entnommen.

74

Danach hat der Kläger die Möglichkeit gehabt, zu den vier kündigungsrelevanten Vorfällen Stellung zu nehmen und die Vorwürfe zu entkräften bzw. Entlastungstatsachen anzuführen.

75

Der Kläger wurde gebeten, seine Schlüssel abzugeben, was er dann auch tat. Weiterhin wurde dem Kläger nach dem Aktenvermerk von Herrn N. vermittelt, dass er sich darüber im Klaren sein müsse, dass sein Handeln ganz erhebliche arbeitsrechtliche Konsequenzen (Entlassung) nach sich ziehen werde. Für den Kläger war mithin auch eine Bestandsgefährdung seines Arbeitsverhältnisses eindeutig erkennbar.

76

Das Anhörungserfordernis vor Ausspruch einer Verdachtskündigung soll sicherstellen, dass der betreffende Arbeitnehmer die Möglichkeit erhält, zu dem gegen ihn erhobenen Vorwurf Stellung zu nehmen und die Verdachtsgründe zu entkräften bzw. Entlastungstatsachen anzuführen. Diese Möglichkeit ist dem Kläger in dem Anhörungsgespräch eingeräumt worden und er hat sich zu dem Vorwurf auch geäußert, ohne dass er um ein weiteres Gespräch bzw. die Hinzuziehung einer Vertrauensperson (z. B. Personalrat oder Rechtsanwalt) nachgesucht hat. Daraus durfte die Beklagte folgern, dass der Kläger abschließend zum Kündigungsvorwurf bzw. den Verdachtsmomenten Stellung genommen hat.

77

Der Kläger war nach seinem eigenen Vortrag zu dem Gespräch vom 7. Oktober 2011 am Tag zuvor telefonisch unter Verweis auf das Gesprächsthema "Unerklärbarkeiten wegen der Kasse" gebeten worden. Dabei hat das Arbeitsgericht zutreffend berücksichtigt, dass der Kläger bereits mehrere Tage im Vorfeld des Gespräches Kenntnis darüber hatte, dass sich Unstimmigkeiten bei den Abrechnungen und Buchungen ergeben hatten und Zahlungseingänge zulasten der Beklagten nicht ordnungsgemäß verbucht worden waren bzw. sich jedenfalls dieser Verdacht stellte. Dabei musste der Kläger davon ausgehen, dass auch und gerade er selbst als Kassenführer in den Blickpunkt des Verdachts gerät, was er ausweislich seines Schreibens vom 21. September 2011 auch erkannt hat. Gemäß den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts (I. 2. a. der Entscheidungsgründe), auf die gem. § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen wird, waren mithin der Gesamtsachverhalt und der Inhalt des Vorwurfs dem Kläger bereits bekannt. Auch wenn ihm vor der Anhörung die X1-Berichte nicht vorgelegen haben sollten, wurden sie ihm bei der Anhörung zumindest - gemäß seinem eigenen Vortrag - auf den Tisch gelegt. Im Hinblick darauf, dass sich der Kläger mit dem Sachverhalt sowie dem im Raum stehenden Vorwurf bereits befasst hatte und ihm das Gesprächsthema ("Unerklärbarkeiten wegen der Kasse") in dem zuvor geführten Telefonat mitgeteilt worden war, ist er nach den Umständen des vorliegenden Falls auch in die Lage versetzt worden, sich auf das anstehende Gespräch "mental" vorzubereiten und ggf. eine Vertrauensperson (z.B. einen Rechtsanwalt oder ein anderes Personalratsmitglied) hinzuziehen. Im Anhörungsgespräch hat er sich zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen geäußert, ohne etwa die Beklagte darum zu bitten, zunächst noch weitere Informationen einholen und/oder eine Vertrauensperson hinzuziehen zu dürfen. Vielmehr hat er selbst darauf verwiesen, dass er sich ebenfalls bereits intensiv mit den Vorgängen beschäftigt, für diese Unstimmigkeiten aber keine Erklärung habe. Gemäß der zutreffenden Begründung des Arbeitsgerichts, der sich die Berufungskammer gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG anschließt, lässt sich mithin auch aus den vom Kläger angeführten Urteilen, insbesondere aus der vom Kläger angeführten Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 30. März 2012 (- 10 Sa 2272/11 - Rn. 74 und 75, NZA-RR 2012, 353) nicht herleiten, dass der Kläger mangels ausreichenden Hinweises auf das Gesprächsthema bei der Einladung zum Anhörungsgespräch zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen im Rahmen seiner Anhörung nicht sachgerecht hätte Stellung nehmen bzw. eine Vertrauensperson hinzuziehen können. Im Hinblick darauf, dass jedenfalls der im Aktenvermerk widergegebene Inhalt des Anhörungsgesprächs unstreitig und bereits danach die Anhörung des Klägers ordnungsgemäß erfolgt ist, bedarf es keiner Vernehmung der von den Parteien hinsichtlich des Anhörungsgespräches vom 07. Oktober 2011 und des am Tag zuvor erfolgten Telefonates angebotenen Zeugen, so dass es auch auf eine Würdigung der erstinstanzlichen Aussage des Zeugen N. nicht ankommt.

78

cc) Entgegen der Ansicht des Klägers hat die Beklagte auch keine ihr obliegenden Aufklärungspflichten verletzt.

79

Die Beklagte hat nach Bekanntwerden der Auffälligkeiten im Fall K. eine Überprüfung gleichartiger Buchungsvorgänge durchgeführt und anhand der sichergestellten Journalrolle die Rückbuchungen aufgeklärt. Sie hat zudem Anwesenheitszeiten abgeglichen und die Kassenfirma kontaktiert, um eine technische Fehlfunktion auszuschließen. Nachdem sich aufgrund der Ermittlungen die gegen den Kläger sprechenden schweren Verdachtsmomente ergeben hatten, hat sie auch dem Kläger im Rahmen seiner Anhörung Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, kann die Beklagte nicht darauf verwiesen werden, dass sie zunächst noch eine Videoüberwachung oder andere Überwachungsmaßnahmen zur Ermittlung des Täters hätte durchführen müssen. Im Hinblick darauf, dass aufgrund des Falls K. bereits bekannt geworden war, dass es zu den Auffälligkeiten bzw. Unregelmäßigkeiten gekommen war, konnten die vom Kläger angeführten Aufklärungsmaßnahmen nicht mehr als erfolgversprechend angesehen werden.

80

3. Eine Abmahnung war nach den Umständen des vorliegenden Falls entbehrlich.

81

Einer vorherigen Abmahnung bedarf es nicht, wenn es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren einmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist. Der hier bestehende dringende Verdacht, dass sich gerade der mit der Kassenführung beauftragte Kläger in den kündigungsrelevanten vier Fällen durch Vornahme der Rückbuchungen die entsprechenden Geldbeträge heimlich zugeeignet hat, betrifft eine solche besonders schwerwiegende Pflichtverletzung, bei der eine Hinnahme durch die Beklagte ganz offensichtlich ausgeschlossen ist. Aufgrund des schwerwiegenden Tatverdachts kann eine Wiederherstellung des für eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unabdingbar notwendigen Vertrauens nicht erwartet werden, so dass eine Abmahnung entbehrlich war.

82

4. Bei Abwägung der beiderseitigen Interessen unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falls kann der Beklagten aufgrund des dringenden Tatverdachts jede weitere Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden.

83

Im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung ist zwar zugunsten des Klägers neben seinem Lebensalter (geb. 1952) und seinen Unterhaltspflichten als Hauptverdiener seiner Familie vor allem seine lange Betriebszugehörigkeit seit dem 01. August 1967 zu berücksichtigen. Gleichwohl bewirkt der objektiv begründete und außerdem dringende Verdacht unter den vorliegenden Umständen den irreparablen Vertrauensverlust der Beklagten, der ihr die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses des Klägers auch unter Berücksichtigung seiner Interessen unzumutbar macht. Erschwerend kommt hinzu, dass der Kläger als Kassenführer gerade für die Vereinnahmung und Abrechnung der Gelder gegenüber der Hauptkasse zuständig war. Wegen des dringenden Verdachts einer besonders schwerwiegenden Verletzung der ihm obliegenden Pflichten in Bezug auf die von ihm geführte Kasse und vereinnahmten Gelder ist das für eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauen unwiederbringlich zerstört und der Beklagten jegliche weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger nicht mehr zumutbar.

II.

84

Die 2-Wochen-Frist gem. § 626 Abs. 2 BGB ist gewahrt.

85

Der Bürgermeister der Beklagten hat nach dem vom Kläger gefertigten schriftlichen Vermerk vom 21. September 2011 bezüglich des Vorfalls "K" und den am 26. September 2011 mit den Mitarbeitern der Gebührenkasse geführten Gespräch vom 26. September 2011 am 27. September 2011 eine Prüfung gleichartiger Buchungsvorgänge angeordnet, woraufhin die auf der sichergestellten Journalrolle dokumentierten Rückbuchungen am 25. August 2011, 01. September 2011, 08. September 2011 und 15. September 2011 festgestellt wurden. Die ebenfalls angeordnete Überprüfung der Kasse durch die Lieferfirma fand am 06. November 2011 statt. Sodann erfolgte am 07. Oktober 2011 die erforderliche Anhörung des Klägers. Die Kündigung ist dem Kläger am 12. Oktober 2011 zugegangen, so dass die 2-Wochen-Frist gem. § 626 Abs. 2 BGB gewahrt ist. Dementsprechend hat der Kläger die Einhaltung der Ausschlussfrist auch nicht bestritten.

III.

86

Die Kündigung ist auch nicht mangels ordnungsgemäßer Beteiligung des Personalrats unwirksam. Der Personalrat hat vor Kündigungsausspruch am 12. Oktober 2011 die nach § 70 Abs. 1 LPersVG erforderliche Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Klägers als Mitglied des Personalrats erteilt. Entgegen der Ansicht des Klägers ist der Personalrat ordnungsgemäß unterrichtet worden.

87

1. Nach dem Grundsatz der "subjektiven Determinierung" ist der Betriebsrat bzw. hier der Personalrat ordnungsgemäß angehört, wenn ihm der Arbeitgeber die aus seiner Sicht tragenden Umstände und Gründe für die Kündigung unterbreitet hat. Dagegen führt eine bewusst umsichtige oder unvollständige und damit irreführende Darstellung zu einer fehlerhaften Anhörung (BAG 09. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 45, NZA 2011, 1342).

88

2. Danach hat die Beklagte den Personalrat mit ihrem Anhörungsschreiben vom 11. Oktober 2011 ordnungsgemäß unterrichtet.

89

Die Beklagte hat dem Personalrat unter Angabe der Sozialdaten des Klägers die aus ihrer Sicht tragenden Gründe für die von ihr beabsichtigte außerordentliche Verdachtskündigung des Klägers im Einzelnen dargestellt. Insbesondere hat sie die kündigungsrelevanten Vorfälle vom 25. August 2011, 01. September 2011, 08. September 2011 und 15. September 2011 unter Vorlage der maßgeblichen Journalrollenauszüge für die betreffenden Tage so detailliert dargelegt, dass sich der Personalrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen ein Bild über die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe machen konnte. Dabei hat die Beklagte auch die auf der Journalrolle dokumentierten Uhrzeiten der Abrechnung und nachfolgenden Rückbuchung an den betreffenden Tagen mitgeteilt und eine Tabelle des jeweiligen Beginns der Arbeitszeit laut Zeiterfassung bezüglich des Klägers und der weiteren an der Kasse vertretungsweise eingesetzten Mitarbeiter W. A., M. Sch. und C. P. vorgelegt. Weiterhin wurde auch die am 07. Oktober 2011 erfolgte Anhörung des Klägers angeführt und hierzu der über den Gesprächsverlauf erstellte Aktenvermerk vom 10. Oktober 2011 vorgelegt. Die Beklagte hat mit ihrem Anhörungsschreiben dem Personalrat diejenigen Vorfälle und Verdachtsmomente geschildert, auf die sie die von ihr beabsichtigte Kündigung stützten will, was zur ordnungsgemäßen Unterrichtung des Personalrates erforderlich, aber auch ausreichend ist.

90

Entgegen der Ansicht des Klägers musste die Beklagte dem Personalrat nicht die Anwesenheitszeiten aller anderen Mitarbeiter mitteilen. Maßgeblich für die von der Beklagten angeführten Verdachtsmomente gegen den Kläger ist der Umstand, dass der Kläger an den betreffenden vier Tagen jeweils kurz vor Erstellung der Abrechnung und der nachfolgend dokumentierten Rückbuchung seinen Dienst aufgenommen hat, während die in Vertretungsfällen an der Kasse eingesetzten Mitarbeiter laut Zeiterfassung erst danach ihren Dienst aufgenommen haben. Im Hinblick darauf, dass der Kläger und nicht etwa einer seiner Vertreter an allen vier Tagen wenige Minuten vor den dokumentierten Rückbuchungen seine Arbeit aufgenommen hat, kommt es auf die mögliche Anwesenheit anderer Mitarbeiter bzw. deren Zugriffsmöglichkeiten aus Sicht der Beklagten nicht an. Die zeitliche Differenz zwischen den laut Zeiterfassung dokumentierten Uhrzeiten des Arbeitsbeginns des Klägers und den angegebenen Uhrzeiten der Abrechnungen bzw. Rückbuchungen an den betreffenden Tagen konnte der Personalrat anhand des Anhörungsschreibens selbst nachvollziehen. Im Zeitpunkt der Unterrichtung des Personalrates hatte die Beklagte auch keinen Anlass, den Personalrat auf etwaige geringfügige zeitliche Abweichungen zwischen den nicht aufeinander abgestimmten Uhren des Zeiterfassungssystems und der Kasse hinzuweisen. Maßgeblich für die von der Beklagten angeführten Verdachtsmomente ist der Umstand, dass der Kläger an allen vier Tagen unstreitig die Abrechnung gemacht hat und die Manipulationen in Form der Rückbuchungen zeitlich unmittelbar nach dem im Zeiterfassungssystem dokumentierten Beginn seiner Arbeitszeit erfolgt waren. Im Übrigen wird auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts (I. 3. der Entscheidungsgründe) ergänzend gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen.

IV.

91

Aufgrund des Unterliegens des Klägers mit dem Kündigungsschutzantrag zu 1. sind auch die hierauf aufbauenden Anträge zu 2. (Weiterbeschäftigung) und 3. (Annahmeverzugsvergütung für die Zeit nach der Kündigung) unbegründet.

92

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

93

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegend.

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Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 03. Juli 2014 - 2 Sa 425/13 zitiert 10 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

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Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 69 Urteil


(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Woch

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 102 Mitbestimmung bei Kündigungen


(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. (2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kün

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11

bei uns veröffentlicht am 24.05.2012

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 20. Oktober 2010 - 8 Sa 249/10 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 09. Juni 2011 - 2 AZR 323/10

bei uns veröffentlicht am 09.06.2011

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 15. Oktober 2009 - 11 Sa 511/09 - aufgehoben.

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(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 20. Oktober 2010 - 8 Sa 249/10 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Verdachtskündigung.

2

Der 1953 geborene Kläger war seit Januar 2002 bei der Beklagten - einer bundesunmittelbaren juristischen Person des öffentlichen Rechts mit Sitz in F - als Ingenieur beschäftigt. Seine Tätigkeit verrichtete er in einer nach M ausgelagerten „Fachstelle/Bau“ der Abteilung „Zentrales Baumanagement“. In seine Zuständigkeit fiel die Abwicklung von Bau- und sonstigen Sanierungsvorhaben im Bereich der M Außenstelle der Beklagten und an ihren Liegenschaften in B und R.

3

Der Kläger betreute ua. das Projekt „Erneuerung der Brandschutzklappen des Dienstgebäudes B“. Um den Auftrag bewarb sich die A GmbH (im Folgenden: GmbH), die schon zuvor in dem Dienstgebäude mit regelmäßigen Wartungsarbeiten betraut war. Anfang März 2008 gab sie ein erstes Angebot und unter dem 11. März 2008 ein zweites, inhaltlich erweitertes Angebot mit einer Angebotssumme von 122.652,68 Euro ab.

4

Ein von der Beklagten beauftragtes Ingenieurbüro befürwortete im Hinblick auf das zweite Angebot die Vergabe des Auftrags an die GmbH, allerdings mit der Einschränkung, dass bestimmte Positionen wegen zu hoher Zeitansätze bzw. Einheitspreise nachzuverhandeln seien. Die Unterlagen reichte der Kläger an das Servicezentrum der Beklagten in F weiter. Nachdem von dort die Höhe des Angebots beanstandet worden war, reduzierte die GmbH nach Verhandlungen mit dem Kläger das zweite Angebot um einen Betrag von 10.499,75 Euro. Auf Vorschlag des Klägers und nach Gegenzeichnung durch seinen Vorgesetzten sowie weiteren Genehmigungen über mehrere Hierarchieebenen wurde der GmbH im Wege einer freihändigen Vergabe der Zuschlag erteilt.

5

Aufgrund einer Selbstanzeige des Geschäftsführers der GmbH leitete die Staatsanwaltschaft gegen den Kläger ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der versuchten Erpressung und Bestechlichkeit ein. Am 4. Februar 2009 wurden die Privatwohnung des Klägers und die Geschäftsräume der M Außenstelle der Beklagten durchsucht. Der Beklagten wurde der Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts M vom 21. November 2008 eröffnet, der eine detaillierte Darstellung des zugrunde liegenden Sachverhalts enthält. Insbesondere ist dort der Inhalt mehrerer Gespräche wiedergegeben, die zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer geführt worden sein sollen. Bei der Beklagten wurden Geschäftsunterlagen betreffend die Projekte „Erneuerung der Brandschutzklappen“ und „Umbau Zu- und Abluftanlage“ beschlagnahmt, darunter Unterlagen von Firmen, die hierauf bezogen Angebote abgegeben hatten. Ein dem Kläger am Folgetag eröffneter Haftbefehl wurde gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt.

6

Mit Schreiben vom 5. Februar 2009 stellte die Beklagte den Kläger von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Zugleich teilte sie mit, er sei verdächtig, am 15. Februar 2008 vom Geschäftsführer der GmbH eine Gegenleistung in Höhe von 10 vH des Auftragswerts dafür gefordert zu haben, dass er sich in besonderer Weise für eine Beauftragung der GmbH durch die Beklagte einsetzen würde. Außerdem stehe er im Verdacht, im August 2008 das Angebot des Geschäftsführers der GmbH angenommen zu haben, ihm ohne finanzielle Gegenleistung eine Ferienwohnung am Gardasee für eine Woche zur Verfügung zu stellen. Um dem Kläger Gelegenheit zu geben, sich zu den Vorwürfen zu äußern, lud sie ihn zu einem Gespräch am Montag, dem 9. Februar 2009, in ihre F Zentrale ein.

7

Mit anwaltlichem Schreiben vom 6. Februar 2009 sagte der Kläger seine Teilnahme an dem Gespräch ab. Er berief sich mit Blick auf das laufende staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren auf sein Schweigerecht. Gleichwohl sei er bereit, eine schriftliche Stellungnahme abzugeben, wozu er einen Fragenkatalog erbitte. Mit Schreiben vom selben Tag teilte die Beklagte dem Kläger unter Beifügung einer Kopie des Durchsuchungsbeschlusses vom 21. November 2008 mit, es stehe ihm frei, sich schriftlich zu den in dem Beschluss angeführten Verdachtstatsachen zu äußern. Sie erwarte den Eingang einer Stellungnahme „bis Dienstschluss“ am 9. Februar 2009. Einen Fragenkatalog werde sie nicht erstellen.

8

Mit Schreiben vom 9. Februar 2009 erklärte der Kläger, ihm sei noch keine Akteneinsicht gewährt worden. Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe wies er pauschal als unzutreffend zurück. Weder bei seinem ersten Zusammentreffen noch zu einem späteren Zeitpunkt habe er den mitbeschuldigten Geschäftsführer zu Zahlungen im Zusammenhang mit einer möglichen Beauftragung aufgefordert. Er habe auch keine finanziellen Zuwendungen oder einen geldwerten Vorteil sonstiger Art erhalten. Hinsichtlich der Ferienwohnung am Gardasee sei anzumerken, dass er gemeinsam mit seiner Ehefrau bereits Monate zuvor einen Hotelurlaub an der Adria gebucht und gezahlt habe, wie aus einer beigefügten Buchungsbestätigung hervorgehe.

9

Nach Beteiligung des Gesamtpersonalrats kündigte die Beklage das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 12. Februar 2009 außerordentlich fristlos. Mit Schreiben vom 26. Februar 2009 erklärte sie hilfsweise eine ordentliche Kündigung zum 30. Juni 2009. Gegen beide Kündigungen erhob der Kläger rechtzeitig die vorliegende Klage.

10

Der Kläger hat geltend gemacht, die Kündigungen seien unwirksam. Die Voraussetzungen für eine Verdachtskündigung lägen nicht vor. Die Beklagte habe sich nicht auf eine Aussage des Geschäftsführers im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren stützen dürfen, sondern habe eigene Nachforschungen anstellen müssen. Der Geschäftsführer sei nicht glaubwürdig. Diesem sei Straffreiheit zugesichert worden. Auch habe er wohl angesichts der knappen Kalkulation der Aufträge seinen Betrieb gefährdet gesehen und ihn - den Kläger - aus dem Weg räumen wollen. Er selbst habe keinen bestimmenden Einfluss auf die Vergabe von Aufträgen durch die Beklagte gehabt. Sollte je ein dringender Tatverdacht bestanden haben sei dieser mit der am 3. März 2010 - unstreitig - erfolgten Aufhebung des Haftbefehls entfallen. Die Erhebung der öffentlichen Klage vom 8. April 2010 und die anschließende Eröffnung des Hauptverfahrens ließen keine andere Bewertung zu. Diese Entscheidungen erforderten nur ein geringeres Maß an Tatverdacht. Eine im Verlauf des Rechtsstreits von der Beklagten veranlasste Innenrevision habe keine Unregelmäßigkeiten ergeben. Die Beklagte habe ihn vor der Kündigung nicht ausreichend angehört. Die Äußerungsfrist sei zu kurz gewesen und habe ihm keine substantiierte Stellungnahme ermöglicht. Mangels konkreter Vorgaben habe er nicht erkennen können, zu welchen Sachverhalten und/oder Tatsachen er sich habe äußern sollen. Die Beklagte habe es versäumt, auf ihre Kündigungsabsicht hinzuweisen.

11

Der Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 12. Februar 2009 nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auch durch die Kündigung der Beklagten vom 26. Februar 2009 nicht aufgelöst worden ist und weiter fortbesteht.

12

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, ein wichtiger Grund zur Kündigung liege vor, zumindest sei die ordentliche Kündigung sozial gerechtfertigt. Der Kläger sei einer Bestechlichkeit und der versuchten Erpressung verdächtig. Grundlage hierfür seien die im Durchsuchungsbeschluss festgehaltenen Ermittlungsergebnisse. Soweit diese auf Aussagen des Geschäftsführers der GmbH beruhten, habe sie keinen Anlass gehabt, an dessen Glaubwürdigkeit zu zweifeln. Auch die Strafverfolgungsbehörden hätten offenkundig einen dringenden Tatverdacht angenommen, da ein Haftbefehl nur unter dieser Voraussetzung habe erlassen werden dürfen. Deren Erkenntnisse und Bewertungen mache sie sich zu eigen. Der Kläger habe an der Aufklärung des Sachverhalts nicht nach Kräften mitgewirkt. Weitere Ermittlungen habe sie weder anstellen müssen, noch sei sie dazu nach Beschlagnahme ihrer Geschäftsunterlagen in der Lage gewesen. Soweit der Kläger wegen der Ferienwohnung am Gardasee darauf verwiesen habe, vom 6. bis 13. September 2008 andernorts in Italien eine Unterkunft gebucht zu haben, sei dies angesichts des bis zum 26. September 2008 bewilligten Urlaubs nicht geeignet, den Vorwurf der Bestechlichkeit zu entkräften. Ebenso wenig komme es darauf an, ob der Kläger die Unterkunft tatsächlich genutzt habe. Entscheidend sei, dass er sich den Vorteil habe versprechen lassen.

13

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist unbegründet. Die außerordentliche Kündigung vom 12. Februar 2009 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit sofortiger Wirkung aufgelöst. Damit bleibt auch die Klage gegen die ordentliche Kündigung erfolglos.

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I. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

16

1. Auch der Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung kann einen wichtigen Grund bilden. Ein solcher Verdacht stellt gegenüber dem Vorwurf, der Arbeitnehmer habe die Tat begangen, einen eigenständigen Kündigungsgrund dar. Eine Verdachtskündigung kann gerechtfertigt sein, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen, die Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören, und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat (st. Rspr., BAG 25. November 2010 - 2 AZR 801/09 - Rn. 16, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 48 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 9; 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/07 - Rn. 51, BAGE 131, 155).

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2. Der Verdacht muss auf konkrete - vom Kündigenden ggf. zu beweisende - Tatsachen gestützt sein. Der Verdacht muss ferner dringend sein. Es muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass er zutrifft (BAG 25. November 2010 - 2 AZR 801/09 - AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 48 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 9; 12. Mai 2010 - 2 AZR 587/08 - Rn. 27, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 67 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 67). Die Umstände, die ihn begründen, dürfen nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht ebenso gut durch ein Geschehen zu erklären sein, das eine außerordentliche Kündigung nicht zu rechtfertigen vermöchte. Bloße, auf mehr oder weniger haltbare Vermutungen gestützte Verdächtigungen reichen dementsprechend zur Rechtfertigung eines dringenden Tatverdachts nicht aus (BAG 29. November 2007 - 2 AZR 724/06 - Rn. 30, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 5; 10. Februar 2005 - 2 AZR 189/04 - AP KSchG 1969 § 1 Nr. 79 = EzA KSchG § 1 Verdachtskündigung Nr. 3). Schließlich muss der Arbeitgeber alles ihm Zumutbare zur Aufklärung des Sachverhalts getan, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben haben (BAG 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/07 - Rn. 51, BAGE 131, 155; 10. Februar 2005 - 2 AZR 189/04 - Rn. 28, aaO). Der Umfang der Nachforschungspflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (BAG 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/10 - aaO; 10. Februar 2005 - 2 AZR 189/04 - aaO).

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3. Für die kündigungsrechtliche Beurteilung der Pflichtverletzung, auf die sich der Verdacht bezieht, ist ihre strafrechtliche Bewertung nicht maßgebend. Entscheidend ist der Verstoß gegen vertragliche Haupt- oder Nebenpflichten und der mit ihm verbundene Vertrauensbruch (BAG 25. November 2010 - 2 AZR 801/09 - Rn. 17, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 48 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 9; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 30, BAGE 134, 349). Auch der dringende Verdacht einer nicht strafbaren, gleichwohl erheblichen Verletzung der sich aus dem Arbeitsverhältnis ergebenden Pflichten kann ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB sein(BAG 25. November 2010 - 2 AZR 801/09 - Rn. 17, aaO).

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II. Danach liegt „an sich“ ein wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB vor.

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1. Wer als Arbeitnehmer bei der Ausführung von vertraglichen Aufgaben Vorteile für sich fordert, sich versprechen lässt oder entgegen nimmt, verletzt zugleich - unabhängig von einer möglichen Strafbarkeit wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr nach § 299 Abs. 1 StGB oder - als Beschäftigter im öffentlichen Dienst - wegen Vorteilsannahme nach § 331 Abs. 1 StGB bzw. Bestechlichkeit nach § 332 Abs. 1 StGB - seine Pflicht, auf die berechtigten Interessen seines Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen(§ 241 Abs. 2 BGB). Ein solches Verhalten ist „an sich“ geeignet, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Dabei spielt es grundsätzlich keine Rolle, ob es zu einer den Arbeitgeber schädigenden Handlung gekommen ist. Der ins Auge gefasste Vorteil begründet vielmehr allgemein die Gefahr, der Annehmende werde nicht mehr allein die Interessen des Geschäftsherrn wahrnehmen. Der wichtige Grund liegt in der zu Tage getretenen Einstellung des Arbeitnehmers, bei der Erfüllung von arbeitsvertraglich geschuldeten Aufgaben unberechtigte eigene Vorteile wahrzunehmen. Durch sein Verhalten zerstört der Arbeitnehmer regelmäßig das Vertrauen in seine Zuverlässigkeit und Redlichkeit (BAG 26. September 2002 - 2 AZR 424/01 - zu B I 2 a der Gründe, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 37 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 1; 21. Juni 2001 - 2 AZR 30/00 - zu B III 2 a der Gründe, EzA BGB § 626 Unkündbarkeit Nr. 7). Auch der dringende Verdacht einer derartigen Pflichtverletzung kann einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellen (BAG 26. September 2002 - 2 AZR 424/01 - zu B I 2 b der Gründe, aaO).

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2. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, der Kläger sei im Kündigungszeitpunkt einer in diesem Sinne schwerwiegenden Pflichtverletzung dringend verdächtig gewesen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

22

a) Die Beklagte hat sich für den Verdacht auf den im Durchsuchungsbeschluss vom 21. November 2008 wiedergegebenen Sachverhalt berufen. Danach soll der Kläger - zusammengefasst - den Geschäftsführer der GmbH Mitte Februar 2008 aufgefordert haben, ihm eine Gegenleistung iHv. 10 vH des Werts des Auftrags betreffend die Brandschutzklappensanierung dafür zu gewähren, dass er sich in besonderer Weise für die Vergabe von Aufträgen an die GmbH einsetze. Nachdem der Geschäftsführer ihm in einem Telefonat vom 10. März 2008 mitgeteilt habe, er werde den geforderten Betrag nicht zahlen, soll der Kläger ihn gefragt haben, ob er sich diese Weigerung auch gut überlegt habe; diese Haltung könne Konsequenzen nach sich ziehen. Die Äußerungen soll der Kläger am 5. August 2008 anlässlich einer Besprechung in der Räumlichkeiten der Bu sinngemäß wiederholt und nachfolgend das Angebot des Geschäftsführers, ihm eine Ferienwohnung am Gardasee zur Verfügung zu stellen, angenommen haben.

23

b) Mit der Bezugnahme auf diese Sachverhaltsdarstellung hat die Beklagte hinreichend objektive Tatsachen aufgezeigt, die den Verdacht begründen, der Kläger habe sich in Bezug auf seine Berufstätigkeit Geld bzw. geldwerte Vorteile von einem Vertragspartner der Beklagten versprechen lassen und diesen zu dem Versprechen durch das Inaussichtstellen eines möglichen Auftragsverlusts genötigt. Die Beklagte beruft sich dazu nicht auf bloße Mutmaßungen oder Spekulationen, sondern auf einen greifbaren, durch die Strafverfolgungsbehörden ermittelten und in dem Durchsuchungsbeschluss über mehrere Seiten hinweg hinsichtlich Tatzeit und Tatgeschehen detailliert beschriebenen Sachverhalt. Dass dieser Sachverhalt im Wesentlichen auf den Angaben des im Ermittlungsverfahren mitbeschuldigten Geschäftsführers der GmbH über den Inhalt mit dem Kläger geführter Vieraugengespräche beruht und mit dessen Aussage „steht und fällt“, steht dem Umstand, dass es sich dabei um objektive Verdachtstatsachen handelt, nicht entgegen. Die Beklagte hatte keinen durchgreifenden Anlass, die Glaubhaftigkeit der Angaben des Geschäftsführers in Zweifel zu ziehen. Auch wenn diesem - wie der Kläger im Verlauf des Kündigungsrechtsstreits behauptet hat - Straffreiheit zugesagt worden sein sollte, ist nicht erkennbar - und ist es fernliegend -, dass sich diese Zusage auch auf den Straftatbestand der falschen Verdächtigung (§ 164 StGB) bezöge. Möglichen Unsicherheiten in Bezug auf die Beweisführung hat die Beklagte dadurch Rechnung getragen, dass sie die Kündigung auf den Verdacht und nicht auf die Erwiesenheit einer Tat stützt.

24

c) Demgegenüber bringt der Kläger lediglich vor, das Landesarbeitsgericht sei zu Unrecht von der Dringlichkeit des Verdachts ausgegangen. Insbesondere habe es verkannt, dass sich die Beklagte hierfür nicht auf den gegen ihn erlassenen Haftbefehl habe berufen dürfen. Damit hat der Kläger die den Verdacht begründenden Tatsachen nicht entkräftet.

25

aa) Im Strafverfahren gewonnene Erkenntnisse oder Handlungen der Strafverfolgungsbehörden können die Annahme verstärken, der Arbeitnehmer habe die Pflichtverletzung begangen (BAG 27. Januar 2011 - 2 AZR 825/09 - Rn. 17, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 49 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 10; 5. Juni 2008 - 2 AZR 234/07 - Rn. 25, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 44 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 7; SPV/Preis 10. Aufl. Rn. 711). Derartige Umstände können nicht nur bei der Frage Bedeutung gewinnen, zu welchem Zeitpunkt eine Verdachtskündigung ausgesprochen werden soll, und deshalb für die Einhaltung der Zweiwochenfrist von Bedeutung sein (BAG 27. Januar 2011 - 2 AZR 825/09 - Rn. 17, aaO). Sie können auch den Kündigungsgrund selbst unterstützen, sofern es um Handlungen oder Anordnungen der Ermittlungsbehörden geht, die ihrerseits einen dringenden Tatverdacht voraussetzen (vgl. BAG 29. November 2007 - 2 AZR 724/06 - Rn. 38, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 5). Das trifft auf den in Rede stehenden Haftbefehl grundsätzlich zu. Nach § 112 Abs. 1 iVm. § 114 StPO darf Untersuchungshaft gegen den Beschuldigten nur angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und - kumulativ - ein Haftgrund besteht. Hinzu kommt, dass die Staatsanwaltschaft der materiellen Wahrheit verpflichtet ist und deshalb nach § 160 Abs. 2 StPO auch den Beschuldigten entlastende Umstände zu ermitteln und bei ihrem Vorgehen zu berücksichtigen hat(Löwe/Rosenberg/Erb StPO § 160 Rn. 47 mwN). Gleiches gilt für den Ermittlungsrichter, der über die Anordnung von Untersuchungshaft entscheidet.

26

bb) Allerdings wird die Verdachtskündigung nicht allein auf eine den dringenden Tatverdacht bejahende Entscheidung der Strafverfolgungsbehörden als solche gestützt werden können. Bei der Kündigung wegen erwiesener Tat reicht eine strafgerichtliche Verurteilung für sich genommen nicht aus, die Kündigung zu rechtfertigen. Vielmehr sind die Arbeitsgerichte gehalten, den Sachverhalt im Kündigungsschutzprozess ohne Bindung an das Strafurteil selbst aufzuklären und zu bewerten (BAG 18. November 1999 - 2 AZR 852/98 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 93, 12; 26. März 1992 - 2 AZR 519/91 - zu B II 4 und III 3 b, dd der Gründe, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 23 = EzA BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 4). Für die Verdachtskündigung wird nichts anderes gelten können. Dies hat zur Folge, dass Handlungen oder Entscheidungen der Strafverfolgungsbehörden allenfalls indizielle Bedeutung für die vom Gericht vorzunehmende Bewertung erlangen können, ob die Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grund wegen des entsprechenden Verdachts gerechtfertigt ist. Die behördlichen Maßnahmen bilden dagegen für sich genommen keinen Kündigungsgrund und sind nicht geeignet, eine eigene Bewertung der den Verdacht begründenden Tatsachen durch die mit der Sache befassten Gerichte zu ersetzen. Im Ergebnis kommt es hierauf nicht an.

27

(1) Das Landesarbeitsgericht hat seine Auffassung, die Beklagte habe im Kündigungszeitpunkt davon ausgehen dürfen, der Kläger sei der ihm vorgeworfenen Taten dringend verdächtig, nicht mit dem Haftbefehl als solchem begründet. Es hat vielmehr angenommen, die Beklagte habe sich auf der Grundlage bekannter Verdachtstatsachen die Einschätzung der Ermittlungsbehörden zur Dringlichkeit des Verdachts zu eigen gemacht.

28

(2) Daran anknüpfend hat es weiter geprüft, ob sich der Verdacht aufgrund des Parteivorbringens im vorliegenden Verfahren als weniger intensiv darstellt. Seine Auffassung, dies sei nicht der Fall, hat es im Wesentlichen damit begründet, Manipulationen bei der Preisgestaltung seien den Umständen nach nicht auszuschließen. Das gelte auch dann, wenn das zweite Angebot der GmbH vom 11. März 2008 - wie vom Kläger behauptet - auf der Grundlage des Leistungsverzeichnisses des hinzugezogenen Ingenieurbüros erfolgt sei. Dieser Umstand entlaste den Kläger nicht, weil schon der Umfang der auf 38 Seiten zusammengestellten Angebotspositionen die Chance erhöhe, dass unbemerkt einzelne preisrelevante Posten höher als erforderlich kalkuliert würden. Außerdem sei eine mögliche Preismanipulation durch die später, allerdings erst auf Initiative des Servicezentrums der Beklagten tatsächlich erreichte deutliche Reduzierung des Angebotspreises indiziert.

29

(a) Diese Würdigung ist, soweit sie auf tatsächlichem Gebiet liegt, revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob sie in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt (BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3; 7. November 2002 - 2 AZR 599/01 - AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 40 = EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 50; 1. Oktober 1997 - 5 AZR 685/96 - BAGE 86, 347 mwN). Einen derartigen Rechtsfehler zeigt der Kläger nicht auf.

30

(b) Die Wertung des Landesarbeitsgerichts ist grundsätzlich möglich. Das gilt umso mehr, als der Kläger keinen Grund dafür benannt hat, warum er als zuständiger Sachbearbeiter das Angebot an das Servicezentrum der Beklagten in F weitergeleitet hat, ohne auf die vom Ingenieurbüro beanstandeten Punkte einzugehen. Selbst wenn er sich damit im Rahmen bestehender Richtlinien bewegt haben sollte, fügt sich sein Vorgehen immerhin in das „Bild“ der gegen ihn erhobenen Anschuldigungen. Die Rüge der Revision, das Landesarbeitsgericht habe in Erwägung ziehen müssen, dass vereinzelt falsche Mengen zu dem überhöhten Angebotspreis vom 11. März 2008 geführt hätten, ist unbegründet. Nach dem Tatbestand des Berufungsurteils hat das Ingenieurbüro eine Nachverhandlung des betreffenden Angebots wegen zu hoher Zeitansätze und Einheitspreise vorgeschlagen. Daran knüpfen die Ausführungen des Gerichts an. Das Landesarbeitsgericht hat dabei nicht den Vortrag des Klägers übergangen, er habe auf die Auftragsvergabe keinen bestimmenden Einfluss nehmen können. Es hat das Vorbringen im Tatbestand seines Urteils erwähnt und im Rahmen seiner rechtlichen Ausführungen (unter II 1.2.1.2 der Entscheidungsgründe) gewürdigt. Dass es darin keinen Umstand erblickt hat, der die Intensität des Verdachts hätte vermindern können, begründet keinen Rechtsfehler im aufgezeigten Sinne. Im Übrigen schließt das Fehlen einer Möglichkeit zur internen Einflussnahme nicht aus, dass sich der Arbeitnehmer nach außen einer solchen berühmt. Soweit der Kläger gemeint hat, die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts seien „lebensfremd“, setzt er seine eigene Bewertung der Abläufe an die Stelle derjenigen des Landesarbeitsgerichts. Das macht dessen Würdigung nicht rechtsfehlerhaft.

31

d) Die Beklagte hat ihre Verpflichtung nicht verletzt, den Verdacht so weit wie möglich aufzuklären. Insbesondere hat sie den Kläger vor der Kündigung ordnungsgemäß angehört.

32

aa) Die vorherige Anhörung des Arbeitnehmers ist Wirksamkeitsvoraussetzung der Verdachtskündigung. Bei dieser besteht in besonderem Maße die Gefahr, dass der Arbeitnehmer zu Unrecht beschuldigt wird. Dessen Anhörung ist deshalb ein Gebot der Verhältnismäßigkeit. Unterbliebe sie, wäre die Kündigung nicht „ultima ratio“ (BAG 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/07 - Rn. 51, BAGE 131, 155; 13. März 2008 - 2 AZR 961/06 - Rn. 14 mwN, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 6).

33

bb) Der dringende Verdacht einer schwerwiegenden Verfehlung kann nur dann für den Ausspruch einer Kündigung genügen, wenn es weder gelungen ist, ihn auszuräumen, noch gelungen ist, die erhobenen Vorwürfe auf eine sichere Grundlage zu stellen (BAG 28. November 2007 - 5 AZR 952/06 - Rn. 19, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 42 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 4). Die Anhörung des Arbeitnehmers ist deshalb ein stets gebotenes Mittel der Sachverhaltsaufklärung. Ihr Umfang richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Einerseits muss sie nicht in jeder Hinsicht den Anforderungen genügen, die an eine Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 BetrVG gestellt werden(BAG 13. März 2008 - 2 AZR 961/06 - Rn. 15, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 6; 26. September 2002 - 2 AZR 424/01 - zu B I 1 b bb der Gründe, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 37 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 1). Andererseits reicht es nicht aus, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer lediglich mit einer allgemein gehaltenen Wertung konfrontiert. Die Anhörung muss sich auf einen greifbaren Sachverhalt beziehen. Der Arbeitnehmer muss die Möglichkeit haben, bestimmte, zeitlich und räumlich eingegrenzte Tatsachen ggf. zu bestreiten oder den Verdacht entkräftende Tatsachen aufzuzeigen und so zur Aufhellung der für den Arbeitgeber im Dunkeln liegenden Geschehnisse beizutragen. Um dieser Aufklärung willen wird dem Arbeitgeber die Anhörung abverlangt. Sie ist nicht etwa dazu bestimmt, als verfahrensrechtliche Erschwernis die Aufklärung zu verzögern und die Wahrheit zu verdunkeln (BAG 13. März 2008 - 2 AZR 961/06 - aaO).

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cc) Diesen Anforderungen wird die Anhörung des Klägers gerecht. Die Beklagte hat ihm die konkreten Vorwürfe bekannt gemacht und hinreichend Zeit für eine Stellungnahme eingeräumt. Eines ausdrücklichen Hinweises auf eine bestehende Kündigungsabsicht bedurfte es nicht.

35

(1) Die Beklagte hat den Kläger mit Schreiben vom 5. und 6. Februar 2009 mit dem gegen ihn gehegten Verdacht konfrontiert. Aufgrund der Mitteilungen im ersten Schreiben wusste der Kläger, dass es im Kern um zwei Sachverhalte geht. Die Darstellung der Vorwürfe war ausreichend. Der Kläger konnte angesichts des dem Schreiben vom 6. Februar 2009 beigefügten Durchsuchungsbeschlusses und der dort enthaltenen ausführlichen Darstellung des maßgebenden Sachverhalts in räumlicher und zeitlicher Hinsicht nicht im Unklaren sein, über welchen Kenntnisstand die Beklagte verfügte und auf welche Umstände sie den Verdacht stützte. Einen Katalog von Fragen - wie vom Kläger erbeten - brauchte die Beklagte nicht zu formulieren. Zweck der Anhörung ist die Aufklärung des belastenden Sachverhalts in seiner Gänze, und zwar auch in Richtung auf eine mögliche Entlastung. Der Arbeitnehmer soll Gelegenheit erhalten, sich möglichst unbefangen mit den Vorwürfen des Arbeitgebers auseinanderzusetzen, weil möglicherweise schon seine spontane Reaktion zu einer Entlastung führt (Ebeling Die Kündigung wegen Verdachts S. 167). Diesem Zweck liefe die Formulierung konkreter Fragen zuwider.

36

(2) Die dem Kläger im zweiten Schreiben eingeräumte Frist zur Stellungnahme „bis Dienstschluss“ am Montag, dem 9. Februar 2009, war zwar knapp bemessen. Der Kläger hat aber weder dargelegt, dass und ggf. warum ihm tatsächlich eine sachangemessene Äußerung binnen der Frist nicht zumutbar war, noch sind solche Umstände objektiv erkennbar. Das gilt umso mehr, als die ihm eingeräumte Möglichkeit zur schriftlichen Äußerung seinem Wunsch entsprach und die - allemal rechtzeitige - Einladung der Beklagten zu dem Gesprächstermin am 9. Februar 2009 nicht aufhob. Soweit mit Blick auf die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB für Aufklärungsbemühungen des Arbeitgebers im Wege der Anhörung des Arbeitnehmers in der Regel eine Frist von einer Woche zu veranschlagen ist(BAG 27. Januar 2011 - 2 AZR 825/09 - Rn. 22, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 49 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 10), folgt daraus nicht, dass dem Arbeitnehmer stets eine entsprechend lange Frist zur Stellungnahme einzuräumen wäre. Das gilt auch angesichts der dem Arbeitnehmer grundsätzlich zuzugestehenden Möglichkeit, einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen (vgl. insoweit BAG 13. März 2008 - 2 AZR 961/06 - Rn. 18, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 6). Im Übrigen hat der Kläger in seinem Schreiben vom 9. Februar 2009 Stellung genommen, ohne um eine Verlängerung der Frist nachzusuchen. Daraus durfte die Beklagte folgern, es habe sich um eine abschließende Äußerung gehandelt. Dass sich der Kläger vorbehalten hat, nach Einsicht in die Ermittlungsakten zu einzelnen Punkten weiter Stellung zu beziehen, steht dem nicht entgegen. Der Kläger hat nicht begründet, warum er sich zu welchen Gesichtspunkten nicht abschließend hat erklären können oder wollen. Dessen hätte es aber bedurft, da sich die Verdachtstatsachen auf Gegenstände seiner eigenen Wahrnehmung bezogen und er keinen Anlass haben konnte anzunehmen, die Beklagte verfüge über bessere Erkenntnisse als er selbst (ähnlich BAG 26. September 2002 - 2 AZR 424/01 - zu B I 1 c der Gründe, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 37 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 1).

37

(3) Für die ordnungsgemäße Anhörung kommt es nicht darauf an, ob mit der Angabe „Dienstschluss“ das Ende der dem Kläger eingeräumten Frist hinreichend bestimmt bezeichnet worden ist. Die Beklagte hat sich gegenüber den Erklärungen im Schreiben vom 9. Februar 2009 nicht auf Verspätung berufen. Die Rüge des Klägers, das Landesarbeitsgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Beklagte ihr Anhörungsschreiben nicht mehr an ihn persönlich, sondern an seinen bereits umfassend beauftragten Rechtsanwalt habe übermitteln müssen, ist vor diesem Hintergrund nicht verständlich.

38

(4) Die Anhörung ist auch nicht deshalb unzureichend, weil die Beklagte den Kläger nicht ausdrücklich auf eine bestehende Kündigungsabsicht für den Fall hingewiesen hat, dass sich die Vorwürfe nicht ausräumen ließen. Es ist bereits fraglich, ob den Arbeitgeber eine solche Verpflichtung trifft (bejahend Fischer BB 2003, 522, 523; Seeling/Zwickel MDR 2008, 1022). In jedem Fall bleibt die Nichterteilung eines Hinweises auf eine mögliche Kündigung dann folgenlos, wenn für den Arbeitnehmer die Bestandsgefährdung des Arbeitsverhältnisses erkennbar war. So liegt es hier. Die Beklagte hat den Kläger mit dem Schreiben vom 5. Februar 2009 mit sofortiger Wirkung von der Arbeitsleistung frei gestellt. Sie hat mitgeteilt, aufgrund des Verdachts und der Schwere der ihm zugrunde liegenden Tat sei ihr seine Weiterbeschäftigung unzumutbar. Unter diesen Umständen musste dem Kläger klar sein, dass der Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses aus Sicht der Beklagten ganz wesentlich von seiner Stellungnahme abhing.

39

dd) Die Beklagte hat nicht andere Erkenntnismöglichkeiten ungenutzt gelassen, insbesondere nur unzureichende eigene Ermittlungen angestellt. Anhaltspunkte für weitere Aufklärungsbemühungen konnten sich angesichts der Beschlagnahme relevanter Geschäftsunterlagen nur aus der Stellungnahme des Klägers ergeben. Dieser hat sich darauf beschränkt, den Verdacht pauschal von sich zu weisen. Er hat sich mit den im Durchsuchungsbeschluss einzeln aufgeführten Gesprächen weder auseinandergesetzt, noch ihnen substantiierten Vortrag entgegengehalten. Ohne eine detaillierte Erwiderung hatte die Beklagte keinen Anlass, etwa den Geschäftsführer der GmbH selbst zu befragen. Mit Blick auf das Angebot einer Ferienwohnung am Gardasee ist die Beklagte den Angaben des Klägers zur Buchung einer angeblich zeitgleichen Urlaubsreise an die Adria nachgegangen - mit dem Ergebnis, dass dieser Umstand in Anbetracht der Dauer des dem Kläger bewilligten Urlaubs nacheinander liegende Aufenthalte an beiden Orten nicht ausschloss.

40

3. Der Verdacht besteht weiterhin. Er wurde im Verlauf des Rechtsstreits weder entkräftet, noch sind Umstände eingetreten, die zu seiner Abschwächung geführt hätten.

41

a) Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Verdachtskündigung ist zu berücksichtigen, dass der ursprüngliche Verdacht durch später bekannt gewordene Umstände, jedenfalls soweit sie bei Kündigungszugang objektiv bereits vorlagen, abgeschwächt oder verstärkt werden kann (BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 587/08 - Rn. 28, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 67 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 67; 6. November 2003 - 2 AZR 631/02 - zu B II 1 c der Gründe, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 39 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 2). Eine Differenzierung danach, ob der Arbeitgeber objektiv die Möglichkeit hatte, von den betreffenden Tatsachen bis zum Kündigungsausspruch Kenntnis zu erlangen, ist nicht gerechtfertigt.

42

b) Demgegenüber hält das Landesarbeitsgericht nur solche Tatsachen für berücksichtigungsfähig, die der Arbeitgeber bei Anwendung gebotener und zumutbarer Sorgfalt hätte erkennen können. Dies überzeugt nicht. Hat der Arbeitgeber entlastende Umstände deshalb nicht erkannt, weil er den Sachverhalt nicht sorgfältig genug aufgeklärt hat, ist die Verdachtskündigung regelmäßig schon aus diesem Grund unwirksam. Dass zugunsten des Arbeitnehmers darüber hinaus Tatsachen berücksichtigungsfähig sind, die der Arbeitgeber selbst nach zumutbaren Aufklärungsbemühungen noch nicht hat kennen können, trägt der Besonderheit Rechnung, dass im Rahmen der Verdachtskündigung nicht der volle Nachweis einer Pflichtverletzung verlangt wird. Blieben den Arbeitnehmer entlastende Tatsachen, die erst im Prozess zutage getreten sind, außer Betracht, hätte der Arbeitgeber ein sehr geringes Prozessrisiko. Er müsste nur nachweisen, dass zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ein dringender Tatverdacht bestand. Das würde der bei der Verdachtskündigung bestehenden Gefahr, einen Unschuldigen zu treffen, nicht gerecht (BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 587/08 - Rn. 28, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 67 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 67). Die Gefahr würde vielmehr „sehenden Auges“ vergrößert. Ihr erst mit einem möglichen Wiedereinstellungsanspruch zu begegnen, würde der Sach- und Interessenlage nicht gerecht.

43

c) Der Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts wirkt sich im Ergebnis nicht aus (§ 561 ZPO).

44

aa) Der Kläger hat dem Vorbringen der Beklagten zum Inhalt der Gespräche mit dem Geschäftsführer der GmbH keinen anderen, im Einzelnen dargelegten Gesprächsverlauf entgegengesetzt. Er hat sich auf ein einfaches Bestreiten beschränkt und lediglich behauptet, die eine oder andere Äußerung sei so nicht gefallen. Dabei ist er auch dann noch geblieben, als die Beklagte vorgetragen hatte, sie habe mittlerweile Einsicht in die beschlagnahmten Unterlagen nehmen können und diese ausgewertet, zudem habe sie den Geschäftsführer der GmbH befragt, der seine frühere Aussage bekräftigt habe. Spätestens angesichts dieses Vorbringens hätte der Kläger dem von der Beklagten behaupteten Inhalt und Verlauf der Gespräche mit dem Geschäftsführer der GmbH substantiiert entgegentreten müssen. Das hat er unterlassen. Damit hat er seiner Erklärungspflicht nach § 138 Abs. 1, Abs. 2 ZPO nicht genügt. Das gilt gleichermaßen für die bruchstückhafte Einlassung zum Komplex „Ferienwohnung“. Sie fügt sich ohne Weiteres in die von der Beklagten behaupteten Verdachtstatsachen ein und vermag diese gerade nicht zu entkräften. Der Kläger hat eine vollständige Darstellung des tatsächlichen, aus seiner Sicht wahrhaftigen Geschehensablaufs auch insoweit unterlassen. Auf eine Einschränkung seiner prozessualen Wahrheitspflicht wegen des laufenden Strafverfahrens hat er sich nicht berufen. Es kann deshalb offenbleiben, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen ein solcher Einwand mit Blick auf die Besonderheiten der Verdachtskündigung beachtlich gewesen wäre.

45

bb) Die Aufhebung des Haftbefehls entlastet den Kläger nicht. Aus ihr folgt - unbeschadet der Frage, inwieweit dies dem Kläger zugute kommen könnte - nicht, die Strafverfolgungsbehörden hätten einen dringenden Tatverdacht zuletzt nicht mehr bejaht. Sie kann ebenso gut darauf zurückzuführen sein, dass der Sachverhalt aus Sicht der zuständigen Stellen ausermittelt war und etwa der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr nicht mehr vorlag. Die Annahme, dass nicht etwa der Wegfall eines dringenden Tatverdachts zur Aufhebung des Haftbefehls geführt hat, liegt deshalb nahe, weil er zu diesem Zeitpunkt schon über ein Jahr bestand. Zumindest hatte der Kläger aufgrund seiner Sachnähe Anlass, sich zum Grund der Aufhebung zu erklären. Das hat er versäumt. Ebenso wenig wird der Verdacht dadurch entkräftet, dass bei einer von der Beklagten durchgeführten Innenrevision kein weiteres den Kläger belastendes Material aufgefunden wurde.

46

III. Die Interessenabwägung des Landesarbeitsgerichts ist unter Beachtung eines ihm zukommenden Beurteilungsspielraums (vgl. BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 33, BAGE 134, 349; 11. Dezember 2003 - 2 AZR 36/03 - zu II 1 f der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 179 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 5) revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Es hat alle vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Umstände des Einzelfalls berücksichtigt und vertretbar gegeneinander abgewogen. Danach konnte es ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangen, der Beklagten sei in Anbetracht der Schwere der Pflichtverletzung, derer der Kläger verdächtig war, ein Festhalten am Arbeitsverhältnis selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zumutbar gewesen.

47

IV. Die Kündigungserklärungsfrist (§ 626 Abs. 2 BGB)ist gewahrt. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sind die den Verdacht begründenden Tatsachen der Beklagten erstmals am 4. Februar 2009 bekannt geworden. Das Kündigungsschreiben ging dem Kläger am 13. Februar 2009 zu.

48

V. Das Landesarbeitsgericht hat nicht näher geprüft, ob die Kündigung an einer fehlerhaften Beteiligung des Personalrats oder des Gesamtpersonalrats scheitert. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe zuletzt eine fehlerhafte Beteiligung nicht mehr behauptet. Dagegen wendet sich die Revision nicht. Ein Rechtsfehler liegt auch objektiv nicht vor.

49

1. Allerdings entbindet der Umstand, dass ein Arbeitnehmer, der die ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrats bzw. Gesamtpersonalrats gerügt hat, den Ausführungen des Arbeitgebers nicht weiter entgegen tritt, das mit der Sache befasste Gerichte nicht von der Verpflichtung, den Arbeitgebervortrag auf seine Schlüssigkeit hin zu überprüfen. Hinsichtlich des Vorbringens zur ordnungsgemäßen Beteiligung des zuständigen Personalrats gilt - wie für die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 BetrVG - eine abgestufte Darlegungslast(BAG 18. Januar 2001 - 2 AZR 616/99 - zu II 3 a der Gründe, AP LPVG Niedersachsen § 28 Nr. 1 = EzA BGB § 626 Krankheit Nr. 4). Hat der Arbeitnehmer die ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrats bestritten, muss der Arbeitgeber im Detail darlegen, ob und ggf. wie das Verfahren durchgeführt worden ist. Erst wenn er dem nachgekommen ist und eine ordnungsgemäße Beteiligung des zuständigen Personalrats schlüssig aufgezeigt hat, kommt es darauf an, ob der Arbeitnehmer diesem Vorbringen iSv. § 138 Abs. 2 ZPO ausreichend entgegengetreten ist, insbesondere deutlich gemacht hat, welche Angaben des Arbeitgebers er weiterhin(mit Nichtwissen, § 138 Abs. 4 ZPO) bestreitet (BAG 23. Juni 2005 - 2 AZR 193/04 - zu II 1 b der Gründe, AP ZPO § 138 Nr. 11 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 12; 18. Januar 2001 - 2 AZR 616/99 - aaO; 16. März 2000 - 2 AZR 75/99 - AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 114 = EzA BGB § 626 nF Nr. 179).

50

2. Einer Schlüssigkeitsprüfung im dargestellten Sinne bedarf es nur dann nicht, wenn der Arbeitnehmer auf die Ausführungen des Arbeitgebers zur Personalratsbeteiligung zweifelsfrei zu erkennen gibt, dass er an der betreffenden Rüge als solcher nicht länger festhält. Mit seinem Vorbringen, es fehle an einer ordnungsgemäßen Beteiligung der zuständigen Arbeitnehmervertretung, beruft sich der Arbeitnehmer auf einen „anderen“ Unwirksamkeitsgrund iSd. § 4 Satz 1, § 6 KSchG(BAG 18. Januar 2012 - 6 AZR 407/10 - Rn. 12, EzA KSchG § 6 Nr. 4). Die Rüge, die Kündigung sei noch aus einem anderen Grund als dem der Sozialwidrigkeit unwirksam, führt zwar nicht zu einem Wechsel des Streitgegenstands, sondern nur zu einer Erweiterung des Sachvortrags im Kündigungsschutzprozess. Die Regelung des § 6 KSchG ist aber Beleg dafür, dass der Arbeitnehmer über die Einführung der Unwirksamkeitsgründe frei entscheiden und den Prozessstoff insoweit von vorneherein begrenzen oder in den zeitlichen Grenzen des § 6 Satz 1 KSchG erweitern kann. Die gerichtliche Überprüfung der Wirksamkeit der Kündigung hat nur im Rahmen der iSv. § 4 Satz 1 iVm. § 6 Satz 1 KSchG rechtzeitig angebrachten Unwirksamkeitsgründe zu erfolgen. Für die außerordentliche Kündigung gilt über § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG Entsprechendes. Unterliegt es deshalb in diesem rechtlichen Rahmen der Disposition des Arbeitnehmers, den Umfang der gerichtlichen Überprüfung einer Kündigung zu bestimmen, ist regelmäßig davon auszugehen, dass sich der Prozessstoff entsprechend reduziert, falls der Arbeitnehmer im Verlauf des Rechtsstreits zweifelsfrei zu erkennen gibt, sich auf bestimmte, rechtlich eigenständige Unwirksamkeitsgründe nicht mehr berufen zu wollen. Eine solche die Gerichte bindende Beschränkung des Sachvortrags ist grundsätzlich noch in zweiter Instanz möglich. Die Regelung des § 6 Satz 1 KSchG dient der Konzentration des Kündigungsschutzprozesses und in diesem Zusammenhang auch dem Schutz des Arbeitgebers. Dieser soll sich nicht erstmals in zweiter Instanz auf einen bis dahin in das gerichtliche Verfahren nicht eingeführten „anderen“ Unwirksamkeitsgrund einlassen und dementsprechend langfristig entsprechende Beweise sichern müssen. Diesem Zweck widerspricht es nicht, dem Arbeitnehmer die Befugnis einzuräumen, die Unwirksamkeitsrüge bezogen auf einen bestimmten Unwirksamkeitsgrund selbst im fortgeschrittenen Verfahrensstadium wieder fallen zu lassen.

51

3. So liegt es hier. Einer Überprüfung der Wirksamkeit der Kündigung mit Blick auf die (Gesamt-)Personalratsbeteiligung bedurfte es nicht. Das Landesarbeitsgericht hat im Tatbestand des Berufungsurteils festgestellt, der Kläger erhebe die betreffende Rüge nicht mehr. Tatbestandsberichtigung hat der Kläger nicht beantragt.

52

VI. Da die außerordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis mit ihrem Zugang am 13. Februar 2009 beendet hat, bleibt die Klage gegen die ordentliche Kündigung zum 30. Juni 2009 schon deshalb ohne Erfolg.

53

VII. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Koch    

        

    Berger    

        

        

        

    Gans    

        

    F. Löllgen    

                 

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 15. Oktober 2009 - 11 Sa 511/09 - aufgehoben.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 5. Februar 2009 - 1 Ca 1247/08 - wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung.

2

Die Beklagte ist ein Unternehmen des Möbeleinzelhandels mit mehreren hundert Arbeitnehmern. Die Belegschaft hat einen Betriebsrat gewählt.

3

Der im Jahr 1950 geborene Kläger war seit dem 1. Juli 1976, zuletzt als Einkäufer und Produktmanager bei der Beklagten beschäftigt. Sein monatliches Bruttoeinkommen betrug 6.558,10 Euro.

4

Am 18. Oktober 2007 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Abmahnung. Sie warf ihm vor, eine Mitarbeiterin mit einem Schlag auf das Gesäß belästigt zu haben.

5

Am 25. und 26. Juni 2008 war der Kläger in einem Betrieb der Beklagten in K eingesetzt. Gegenüber einer 26-jährigen Einkaufsassistentin der Beklagten machte er an diesen Tagen bei vier Gelegenheiten Bemerkungen sexuellen Inhalts. Die Mitarbeiterin meldete die Vorfälle der Beklagten. Diese hörte den Kläger am 4. Juli 2008 zu den Vorwürfen an.

6

Mit Schreiben vom 7. Juli 2008 leitete die Beklagte das Verfahren zur Anhörung des Betriebsrats ein. Der Betriebsrat stimmte der beabsichtigten fristlosen, hilfsweise fristgemäßen Kündigung mit Schreiben vom 10. Juli 2008 zu.

7

Mit Schreiben vom 11. Juli 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 28. Februar 2009.

8

Dagegen hat der Kläger rechtzeitig Klage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei rechtsunwirksam. Er habe die Mitarbeiterin nicht sexuell belästigt, sondern lediglich „geneckt“. Die Beklagte habe allenfalls mit einer Abmahnung reagieren dürfen. Die ihm zuvor erteilte Abmahnung sei nicht einschlägig. Im Übrigen sei die Anhörung des Betriebsrats nicht ordnungsgemäß erfolgt. Die Beklagte habe den Betriebsrat tendenziös informiert. Insbesondere mit einem Hinweis auf frühere Abmahnungen habe sie in unzulässiger Weise ein negatives Bild von ihm gezeichnet, auch wenn sie zugleich mitgeteilt habe, dass diese früheren Abmahnungen - unstreitig - schon wieder aus seiner Personalakte entfernt worden seien.

9

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die fristlose noch durch die fristgerechte Kündigung vom 11. Juli 2008 beendet worden ist.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, das Verhalten des Klägers stelle eine sexuelle Belästigung iSv. § 3 Abs. 4 AGG dar. Darauf habe sie mit Blick auf die zuvor erteilte einschlägige Abmahnung von Oktober 2007 mit einer sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses reagieren dürfen.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Mit der Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist begründet. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO)und zur Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, es fehle an einem wichtigen Grund für die außerordentliche Kündigung (I.). Die Entscheidung stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Dies kann der Senat selbst entscheiden, da die maßgeblichen Tatsachen feststehen (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Beklagte hat die außerordentliche Kündigung innerhalb der Frist des § 626 Abs. 2 BGB erklärt(II.). Die Kündigung ist nicht mangels ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats unwirksam (III.). Die Klage gegen die nur hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung bleibt damit ebenfalls ohne Erfolg (IV.).

13

I. Die Kündigung vom 11. Juli 2008 beruht auf einem wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB.

14

1. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, dh. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 16, AP BGB § 626 Nr. 229 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32; 26. März 2009 - 2 AZR 953/07 - Rn. 21, AP BGB § 626 Nr. 220).

15

2. Das Verhalten des Klägers rechtfertigt „an sich“ eine außerordentliche Kündigung. Er hat eine Mitarbeiterin sexuell belästigt.

16

a) Eine sexuelle Belästigung iSv. § 3 Abs. 4 AGG stellt nach § 7 Abs. 3 AGG eine Verletzung vertraglicher Pflichten dar. Sie ist „an sich“ als wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB geeignet(vgl. BAG 25. März 2004 - 2 AZR 341/03 - zu B I 2 a der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 189 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 6). Ob die sexuelle Belästigung im Einzelfall zur außerordentlichen Kündigung berechtigt, ist abhängig von den Umständen des Einzelfalls, ua. von ihrem Umfang und ihrer Intensität (vgl. BAG 25. März 2004 - 2 AZR 341/03 - aaO mwN).

17

b) Der Kläger hat mit den vom Landesarbeitsgericht festgestellten Äußerungen am 25. und 26. Juni 2008 eine Mitarbeiterin der Beklagten an ihrem Arbeitsplatz wiederholt sexuell belästigt. Gegen die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger keine beachtlichen Verfahrensrügen erhoben. Sie sind damit für den Senat bindend (§ 559 Abs. 2 ZPO). Die Bewertung des Landesarbeitsgerichts, bei den Bemerkungen des Klägers habe es sich um sexuelle Belästigungen iSv. § 3 Abs. 4 AGG gehandelt, lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

18

aa) Eine sexuelle Belästigung iSv. § 3 Abs. 4 AGG liegt vor, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Im Unterschied zu § 3 Abs. 3 AGG können danach auch einmalige sexuell bestimmte Verhaltensweisen den Tatbestand einer sexuellen Belästigung erfüllen(Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 3 Rn. 60; Kamanabrou RdA 2006, 321, 326; Kock MDR 2006, 1088, 1089; v. Roetteken AGG § 3 Rn. 375; Däubler/Bertzbach-Schrader/Schubert AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 77).

19

Das jeweilige Verhalten muss bewirken oder bezwecken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird. Relevant ist entweder das Ergebnis oder die Absicht (Nollert-Borasio/Perreng AGG 3. Aufl. § 3 Rn. 39). Für das „Bewirken“ genügt der bloße Eintritt der Belästigung. Gegenteilige Absichten oder Vorstellungen der für dieses Ergebnis aufgrund ihres Verhaltens objektiv verantwortlichen Person spielen keine Rolle (v. Roetteken AGG § 3 Rn. 352, 383). Auf vorsätzliches Verhalten kommt es nicht an (ErfK/Schlachter 11. Aufl. § 3 AGG Rn. 14). Im Vergleich zu § 2 Abs. 2 des mit Inkrafttreten des AGG am 18. August 2006 außer Kraft getretenen Beschäftigtenschutzgesetzes (BSchG) ist der Begriff der sexuellen Belästigung in § 3 Abs. 4 AGG in Umsetzung von Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 76/207/EWG vom 9. Februar 1976 (ABl. EG L 39 vom 14. Februar 1976 S. 40) idF der Richtlinie 2002/73/EG vom 23. September 2002 (ABl. EG L 269 vom 5. Oktober 2002 S. 15) weiter gefasst (vgl. Entwurfsbegründung BR-Drucks. 329/06 S. 34; BT-Drucks. 16/1780 S. 33; Nollert-Borasio/Perreng aaO Rn. 36; Däubler/Bertzbach-Schrader/Schubert AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 76; v. Roetteken aaO Rn. 375). Das Tatbestandsmerkmal der Unerwünschtheit erfordert - anders als noch § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BSchG(vgl. BAG 25. März 2004 - 2 AZR 341/03 - AP BGB § 626 Nr. 189 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 6) - nicht mehr, dass die Betroffenen ihre ablehnende Einstellung zu den fraglichen Verhaltensweisen aktiv verdeutlicht haben (v. Roetteken aaO Rn. 360; ErfK/Schlachter aaO Rn. 12; AGG/Schleusener 3. Aufl. § 3 Rn. 157; Däubler/Bertzbach-Schrader/Schubert aaO Rn. 77a). Maßgeblich ist allein, ob die Unerwünschtheit der Verhaltensweise objektiv erkennbar war (v. Roetteken aaO Rn. 360; ErfK/Schlachter aaO; Wendeling-Schröder in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 3 Rn. 41).

20

bb) Danach lässt die Bewertung der Bemerkungen des Klägers als sexuelle Belästigungen durch das Landesarbeitsgericht keinen Rechtsfehler erkennen.

21

(1) Alle vier Bemerkungen hatten einen sexuellen Inhalt. Mit der ersten Bemerkung gab der Kläger in anzüglicher Weise der Erwartung Ausdruck, die Mitarbeiterin würde für ihn ihre körperlichen Reize zur Schau stellen. In Bezug auf den Zollstock stellte er einen anzüglichen Vergleich an. Beim Mittagessen sprach er die Mitarbeiterin auf ihr Sexualleben an. Schließlich machte er ihr explizit ein anzügliches Angebot.

22

(2) Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die Unerwünschtheit dieser Bemerkungen objektiv und im Übrigen auch für den Kläger erkennbar gewesen sei. Das hat dieser nicht mit beachtlichen Verfahrensrügen angegriffen.

23

(3) Mit den wiederholten Bemerkungen sexuellen Inhalts hat der Kläger iSv. § 3 Abs. 4 AGG die Würde der Mitarbeiterin verletzt. Er hat diese an zwei aufeinander folgenden Arbeitstagen gleich mehrfach mit anzüglichen Bemerkungen verbal sexuell belästigt und damit zum Sexualobjekt erniedrigt. Dadurch entstand für die betroffene Mitarbeiterin zudem ein Arbeitsumfeld, in welchem sie jederzeit mit weiteren entwürdigenden Anzüglichkeiten seitens des Klägers rechnen musste.

24

(4) Der Kläger hat die sexuelle Belästigung der Mitarbeiterin iSv. § 3 Abs. 4 AGG „bewirkt“. Unmaßgeblich ist, wie er selbst sein Verhalten eingeschätzt und empfunden hat oder verstanden wissen wollte.

25

3. Die außerordentliche Kündigung ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt.

26

a) Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 34, AP BGB § 626 Nr. 229 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32).

27

aa) Die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumutbar ist oder nicht, lassen sich nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 34, AP BGB § 626 Nr. 229 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32; 28. Januar 2010 - 2 AZR 1008/08 - Rn. 26, AP BGB § 626 Nr. 227 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 30). Auch Unterhaltspflichten und der Familienstand können - je nach Lage des Falls - Bedeutung gewinnen. Sie sind jedenfalls bei der Interessenabwägung nicht generell ausgeschlossen und können berücksichtigt werden (BAG 16. Dezember 2004 - 2 ABR 7/04 - zu B II 3 b aa der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 191 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 7). Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 485/08 - Rn. 24, AP BGB § 626 Nr. 232 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 33; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - aaO).

28

bb) Den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz konkretisiert auch § 12 Abs. 3 AGG(vgl. BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - Rn. 68, BAGE 124, 295; noch zu § 4 Abs. 1 BSchG: BAG 25. März 2004 - 2 AZR 341/03 - zu B II 2 der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 189 = BGB 2002 § 626 Nr. 6). Danach hat der Arbeitgeber bei Verstößen gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG, zu denen auch sexuelle Belästigungen iSv. § 3 Abs. 4 AGG gehören, im Einzelfall die geeigneten, erforderlichen und angemessenen arbeitsrechtlichen Maßnahmen wie Abmahnung, Umsetzung, Versetzung oder Kündigung zu ergreifen. Welche Maßnahmen er als verhältnismäßig ansehen darf, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. § 12 Abs. 3 AGG schränkt das Auswahlermessen jedoch insoweit ein, als der Arbeitgeber die Benachteiligung zu „unterbinden“ hat. Geeignet im Sinne der Verhältnismäßigkeit sind daher nur solche Maßnahmen, von denen der Arbeitgeber annehmen darf, dass sie die Benachteiligung für die Zukunft abstellen, dh. eine Wiederholung ausschließen (Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 12 Rn. 32; ErfK/Schlachter 11. Aufl. § 12 AGG Rn. 3).

29

b) Dem Berufungsgericht kommt bei der im Rahmen von § 626 Abs. 1 BGB vorzunehmenden Interessenabwägung ein Beurteilungsspielraum zu. Eine eigene Abwägung durch das Revisionsgericht ist aber möglich, wenn die des Berufungsgerichts fehlerhaft oder unvollständig ist und sämtliche relevanten Tatsachen feststehen (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 33, AP BGB § 626 Nr. 229 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32; 13. März 2008 - 2 AZR 88/07 - Rn. 25, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 87 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 73). Die Würdigung des Berufungsgerichts wird in der Revisionsinstanz daraufhin überprüft, ob es den anzuwendenden Rechtsbegriff in seiner allgemeinen Bedeutung verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnormen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob es alle vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Umstände widerspruchsfrei berücksichtigt hat (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 17, aaO; 27. November 2008 - 2 AZR 193/07 - Rn. 22, AP BGB § 626 Nr. 219).

30

c) Auch unter Beachtung eines in diesem Sinne eingeschränkten Maßstabs hält die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene einzelfallbezogene Interessenabwägung einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, trotz der Abmahnung vom 18. Oktober 2007 rechtfertige das Fehlverhalten des Klägers keine negative Prognose, ist rechtsfehlerhaft.

31

aa) Die anzustellende Prognose fällt negativ aus, wenn aus der konkreten Vertragspflichtverletzung und der daraus resultierenden Vertragsstörung geschlossen werden muss, der Arbeitnehmer werde den Arbeitsvertrag in Zukunft erneut und in gleicher oder ähnlicher Weise verletzen. Ist der Arbeitnehmer wegen gleichartiger Pflichtverletzungen schon einmal abgemahnt worden und verletzt er seine vertraglichen Pflichten gleichwohl erneut, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, es werde auch weiterhin zu Vertragsstörungen kommen ( BAG 13. Dezember 2007 - 2 AZR 818/06 - Rn. 38, AP KSchG 1969 § 4 Nr. 64 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 82). Dabei ist nicht erforderlich, dass es sich um identische Pflichtverletzungen handelt (vgl. BAG 13. Dezember 2007 - 2 AZR 818/06 - Rn. 40, aaO). Es reicht aus, dass die jeweiligen Pflichtwidrigkeiten aus demselben Bereich stammen und somit Abmahnungs- und Kündigungsgründe in einem inneren Zusammenhang stehen (BAG 13. Dezember 2007 - 2 AZR 818/06 - Rn. 41, aaO; 16. Januar 1992 - 2 AZR 412/91 - zu B I 2 b bb der Gründe, EzA BGB § 123 Nr. 36). Entscheidend ist letztlich, ob der Arbeitnehmer aufgrund der Abmahnung erkennen konnte, der Arbeitgeber werde weiteres Fehlverhalten nicht hinnehmen, sondern ggf. mit einer Kündigung reagieren (HaKo-Fiebig 3. Aufl. § 1 Rn. 233; KR/Fischermeier 9. Aufl. § 626 BGB Rn. 281).

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bb) Nach diesen Grundsätzen bestand zwischen der der Abmahnung vom 18. Oktober 2007 zugrunde liegenden Pflichtverletzung und den zur Kündigung führenden Pflichtverstößen ein ausreichender innerer Zusammenhang.

33

(1) Der Kläger war nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts mit Schreiben vom 18. Oktober 2007 wegen der Belästigung einer Mitarbeiterin durch einen Schlag auf das Gesäß abgemahnt worden. Die Bewertung dieses Verhaltens als sexuelle Belästigung iSd. § 3 Abs. 4 AGG durch das Landesarbeitsgericht ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Bei einem Schlag auf das Gesäß handelt es sich um einen Eingriff in die körperliche Intimsphäre, der objektiv als sexuell bestimmt iSv. § 3 Abs. 4 AGG anzusehen ist(vgl. Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 3 Rn. 55; v. Roetteken AGG § 3 Rn. 378; AGG/Schleusener 3. Aufl. § 3 Rn. 153; Däubler/Bertzbach-Schrader/Schubert AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 77a; Wendeling-Schröder in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 3 Rn. 45). Auf die Motivation des Klägers kam es nicht an.

34

(2) Mit den zur Kündigung führenden verbalen sexuellen Belästigungen trat eine der körperlichen Belästigung gleichartige Unzuverlässigkeit und Grenzüberschreitung des Klägers zu Tage. Es geht in beiden Fällen um ein die Integrität der Betroffenen missachtendes, erniedrigendes Verhalten. Unerheblich ist, in welcher Form sich die Belästigungen äußerten.

35

(3) Die Warnfunktion der Abmahnung vom 18. Oktober 2007 war nicht etwa auf körperlich belästigendes Verhalten beschränkt. Die Beklagte hatte zum Ausdruck gebracht, dass sie bei einer erneuten Pflichtverletzung die Kündigung erklären werde. Der Kläger konnte ohne Weiteres erkennen, dass die Beklagte die abermalige Belästigung einer Mitarbeiterin - unabhängig davon, ob diese verbal oder durch körperliche Berührung stattfände - nicht hinnehmen und zum Anlass für eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses nehmen würde.

36

d) Im Hinblick darauf war der Beklagten bei Abwägung der beiderseitigen Interessen eine Weiterbeschäftigung des Klägers auch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zumutbar. Eine solche Abwägung durch den Senat selbst ist möglich, weil die des Berufungsgerichts rechtsfehlerhaft ist und alle relevanten Tatsachen feststehen.

37

aa) Die Pflichtverletzung des Klägers wiegt schwer. Er hat eine Mitarbeiterin an zwei Arbeitstagen hintereinander mehrmals sexuell belästigt. Verbale Belästigungen bewegen sich entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht generell in einem „weniger gravierenden Bereich“ des durch § 3 Abs. 4 AGG aufgezeigten Spektrums. Auch die Intensität verbaler Belästigungen kann vielmehr erheblich sein. So liegt es im Streitfall. Der Kläger hat der Mitarbeiterin mit immer neuen Varianten verbaler Anzüglichkeiten zugesetzt. Die Äußerungen fielen bei unterschiedlichsten Gelegenheiten. Es handelte sich nicht etwa um eine einmalige „Entgleisung“. Die Belästigungen erfolgten fortgesetzt und hartnäckig. Der auf eigene körperliche Merkmale anspielende anzügliche Vergleich hatte zudem, ebenso wie das an die Mitarbeiterin gerichtete anzügliche Angebot, bedrängenden Charakter.

38

bb) Der Kläger kann sich nicht auf einen Irrtum über die Unerwünschtheit seiner Verhaltensweise berufen. Sexuelle Belästigungen iSv. § 3 Abs. 4 AGG erfordern tatbestandlich kein vorsätzliches Verhalten. Zwar wird es zugunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen sein, wenn er sich nachvollziehbar in einem solchen Irrtum befand. Der Kläger setzte aber nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts die Belästigungen trotz einer für ihn erkennbar ablehnenden Haltung der Mitarbeiterin fort.

39

cc) Der nochmalige Ausspruch nur einer Abmahnung war kein der Beklagten zumutbares milderes Mittel. Nachdem sich der Kläger die vorhergegangene Abmahnung nicht zur Warnung hatte gereichen lassen, war davon auszugehen, dass dieses Mittel zukünftige Pflichtverletzungen nicht würde verhindern können. Schon aufgrund der Abmahnung vom 18. Oktober 2007 musste der Kläger für den Fall der erneuten sexuellen Belästigung mit einer Kündigung rechnen. Auch seine langjährige Betriebszugehörigkeit war angesichts dessen nicht mehr geeignet, Erwartungen in seine künftige Zuverlässigkeit zu begründen. Der Umstand, dass sich der Kläger noch vor Ausspruch der Kündigung bei der betroffenen Mitarbeiterin entschuldigt hatte, rechtfertigt keine andere Bewertung. Der Kläger hatte sich dazu erst nach dem Personalgespräch am 4. Juli 2008 und damit unter dem Eindruck einer bereits drohenden Kündigung entschlossen.

40

dd) Der Beklagten war auch die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zuzumuten. Die Beklagte hatte gem. § 12 Abs. 1 Satz 1 AGG die Pflicht, ihr weibliches Personal effektiv vor weiteren sexuellen Belästigungen durch den Kläger zu schützen. Dies konnte sie durch den Ausspruch einer nur ordentlichen Kündigung nicht gewährleisten. Für den Lauf der Kündigungsfrist von sieben Monaten zum Ende eines Kalendermonats hätte vielmehr die Gefahr einer Belästigung durch den Kläger - möglicherweise gerade verstärkt durch das absehbare Ende des Arbeitsverhältnisses - fortbestanden. Dessen erst nach dem Personalgespräch erfolgter Entschuldigung kommt auch insoweit kein besonderes Gewicht zu. Trotz seiner langjährigen Betriebszugehörigkeit und des relativ hohen Alters des Klägers überwog damit das Interesse der Beklagten an einer sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses dessen Interesse an einer Fortsetzung zumindest für die Dauer der Kündigungsfrist.

41

II. Die Kündigung vom 11. Juli 2008 ist nicht nach § 626 Abs. 2 BGB unwirksam.

42

1. Nach § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB kann die außerordentliche Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt nach § 626 Abs. 2 Satz 2 BGB in dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Dies ist dann der Fall, wenn der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige positive Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen hat, die ihm die Entscheidung ermöglichen, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist oder nicht (BAG 25. November 2010 - 2 AZR 171/09 - Rn. 15, AP BGB § 626 Nr. 231 = EzA BPersVG § 108 Nr. 5; 5. Juni 2008 - 2 AZR 234/07 - Rn. 18, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 44 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 7).

43

2. Danach hat die Beklagte die Frist gem. § 626 Abs. 2 BGB gewahrt. Die Frist begann am 4. Juli 2008 zu laufen. Nach ihrem vom Kläger nicht bestrittenen Vorbringen hatte die Beklagte an diesem Tag erstmals Kenntnis von den Vorwürfen erlangt. Die Kündigung vom 11. Juli 2008 ist dem Kläger nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten noch an diesem Tag zugegangen.

44

III. Die außerordentliche Kündigung ist nicht wegen fehlerhafter Anhörung des Betriebsrats unwirksam.

45

1. Eine Kündigung ist gem. § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG nicht nur unwirksam, wenn der Arbeitgeber gekündigt hat, ohne den Betriebsrat überhaupt zu beteiligen, sondern auch dann, wenn er ihn nicht richtig beteiligt hat, vor allem seiner Unterrichtungspflicht nach Satz 2 der Vorschrift nicht ausreichend nachgekommen ist. An die Mitteilungspflicht im Anhörungsverfahren sind dabei nicht dieselben Anforderungen zu stellen wie an die Darlegungen des Arbeitgebers im Prozess. Es gilt der Grundsatz der „subjektiven Determinierung“. Der Betriebsrat ist ordnungsgemäß angehört, wenn ihm der Arbeitgeber die aus seiner Sicht tragenden Umstände und Gründe für die Kündigung unterbreitet hat (BAG 22. April 2010 - 2 AZR 991/08 - Rn. 13, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 163 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 26; 23. Oktober 2008 - 2 AZR 163/07 - Rn. 18, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 18 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 16). Dagegen führt eine bewusst unrichtige oder unvollständige und damit irreführende Darstellung zu einer fehlerhaften Anhörung des Betriebsrats (BAG 5. November 2009 - 2 AZR 676/08 - Rn. 40, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 183 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 20; 23. Oktober 2008 - 2 AZR 163/07 - aaO).

46

2. Danach hat die Beklagte den Betriebsrat mit ihrem Schreiben vom 7. Juli 2008 ausreichend informiert. Sie hat ihm mit der Schilderung des belästigenden Verhaltens des Klägers am 25. und 26. Juni 2008 die aus ihrer Sicht tragenden Gründe für die beabsichtigte Kündigung unterbreitet. Darüberhinaus hat sie den Betriebsrat an „die einschlägige Abmahnung vom 18. Oktober 2007 und an die anderen einschlägigen Hinweise und Abmahnungen aus den letzten Jahren (…) erinnert“. Aus ihrer Sicht enthielt dies auch angesichts des Umstands, dass die früheren Abmahnungen aus der Personalakte des Klägers bereits entfernt waren, keine unrichtige Information.

47

3. Die Beklagte brauchte nicht den Ablauf der Frist von drei Tagen abzuwarten, die dem Betriebsrat gem. § 102 Abs. 2 Satz 3 BetrVG zur Stellungnahme eingeräumt ist. Der Arbeitgeber kann eine Kündigung auch schon vor Fristablauf aussprechen, wenn der Betriebsrat erkennbar abschließend zu der Kündigungsabsicht Stellung genommen hat. Das Anhörungsverfahren ist dann beendet (vgl. BAG 24. Juni 2004 - 2 AZR 461/03 - zu B II 2 b bb der Gründe, AP BGB § 620 Kündigungserklärung Nr. 22 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 9; 15. November 1995 - 2 AZR 974/94 - zu II 2 a der Gründe, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 73 = EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 89). So liegt der Fall hier. Der Betriebsrat hatte mit Schreiben vom 10. Juli 2008, unterzeichnet vom Betriebsratsvorsitzenden, der Kündigung ausdrücklich und vorbehaltlos zugestimmt.

48

IV. Da die außerordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis mit ihrem Zugang am 11. Juli 2008 beendet hat, bleibt die Klage gegen die ordentliche Kündigung zum 28. Februar 2009 schon deshalb ohne Erfolg.

49

V. Als unterlegene Partei hat der Kläger gem. § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten von Berufung und Revision zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Koch    

        

    Rachor    

        

        

        

    Torsten Falke    

        

    Dr. Roeckl    

                 

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.