Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 12. Jan. 2018 - 5 Sa 34/17

bei uns veröffentlicht am12.01.2018

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 14.12.2016 - 4 Ca 1185/16 - wird zurückgewiesen.

2. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche wegen Nichtübernahme in ein befristetes Arbeitsverhältnis im Anschluss an die Berufsausbildung.

2

Der 1992 geborene Kläger schloss zum 01.09.2012 mit der N. Y. W. GmbH einen Vertrag über die Ausbildung zum Konstruktionsmechaniker mit einer Laufzeit bis zum 28.02.2016.

3

Am 01.10.2015 unterrichtete die N. Y. W. GmbH gemeinsam mit dem stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden ihre 20 Auszubildenden des 4. Ausbildungsjahres, u. a. auch den Kläger, darüber, dass eine Übernahme in ein Arbeitsverhältnis nach der Ausbildung aus wirtschaftlichen Gründen nicht möglich sein wird. Zu diesem Zeitpunkt verfügte die N. Y. W. GmbH nur noch über einen laufenden Auftrag, die Fertigstellung der Plattform DolWin Gamma. Nachfolgeaufträge lagen nicht vor, weshalb es bereits Verhandlungen mit dem Betriebsrat über einen Personalabbau und die Einrichtung einer Transfergesellschaft gegeben hatte. Um den Jahreswechsel 2015/2016 herum zeichnete sich dann ein Verkauf des Unternehmens ab, weshalb die N. Y. W. GmbH entschied, doch noch 9 der insgesamt 20 Auszubildenden befristet zu übernehmen.

4

Da der Kläger die Abschlussprüfung zunächst nicht bestand, verlängerte sich sein Ausbildungsverhältnis bis zur Wiederholungsprüfung. Am 26.04.2016 ging das Ausbildungsverhältnis des Klägers gemäß Übertragungsvertrag vom 15.03.2016, der auf § 613a BGB Bezug nimmt, auf die Beklagte über.

5

Auf das Ausbildungsverhältnis der Parteien finden kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie für die Länder Hamburg und Umgebung, Schleswig-Holstein sowie Mecklenburg-Vorpommern Anwendung, u. a. der am 01.06.2012 in Kraft getretene Tarifvertrag Aufbau und Sicherung von Beschäftigung vom 23.05.2012, abgeschlossen zwischen dem Verband der Metall- und Elektroindustrie e. V., Hamburg (Nordmetall) sowie der IG Metall, Bezirksleitung Küste, Hamburg (im Folgenden: TV Besch). In diesem Tarifvertrag heißt es:

6

"…

7

§ 7
Übernahme von Auszubildenden

8

Die Tarifvertragsparteien sind sich einig, dass die Ausgebildeten in der Regel nach bestandener Abschlussprüfung unbefristet in ein Arbeitsverhältnis übernommen werden sollen.

9

Die Tarifvertragsparteien gehen weiter davon aus, dass die Anzahl der angebotenen Ausbildungsplätze nach Möglichkeit gesteigert werden soll, zumindest aber konstant bleibt.

10

7.1 Die Betriebsparteien beraten im Rahmen der Personalplanung gemäß §§ 92, 96 BetrVG den Bedarf an Ausbildungsplätzen.

11

7.2.1 Der Arbeitgeber ermittelt vor Beginn der Ausbildung den voraussichtlichen Bedarf; die Betriebsparteien können durch freiwillige Betriebsvereinbarung diesen voraussichtlichen Bedarf vereinbaren und daraus folgend in der Vereinbarung festlegen, wie vielen Auszubildenden im Anschluss an die bestandene Abschlussprüfung die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis angeboten wird. Die gemäß dieser Betriebsvereinbarung über Bedarf Ausgebildeten haben keinen Anspruch auf Übernahme.

12

7.2.2 …

13

7.3 Soweit vor Beginn der Ausbildung zwischen den Betriebsparteien keine Vereinbarung getroffen wird, hat der Arbeitgeber spätestens sechs Monate vor dem Ende der Ausbildungsverträge der jeweiligen Jahrgänge mit dem Betriebsrat im Rahmen der Personalplanung den absehbaren Bedarf und die sich daraus ergebende Anzahl der unbefristet zu Übernehmenden zu beraten. Unter Berücksichtigung der Beratung erfolgt die Festlegung, wie viele Auszubildende nach bestandener Abschlussprüfung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen werden.

14

Bei dieser Entscheidung hat der Arbeitgeber die absehbare künftige wirtschaftliche Entwicklung, das Produktportfolio und die Auftragslage des Unternehmens sowie die mittelfristige personelle Bedarfssituation im Betrieb zu berücksichtigen.

15

Ausgebildete, denen kein unbefristetes Arbeitsverhältnis angeboten wird, hat der Arbeitgeber nach bestandener Abschlussprüfung für mindestens 12 Monate befristet zu übernehmen.

16

17

7.4 Auszubildenden wird nach Maßgabe der obigen Bestimmungen die Übernahme in ein unbefristetes oder befristetes Arbeitsverhältnis angeboten, soweit dem nicht personenbedingte Gründe entgegenstehen. Der Betriebsrat ist hierüber unter Angabe der Gründe zu unterrichten.

18

7.5 Mit Zustimmung des Betriebsrates kann von einer Übernahme in ein unbefristetes oder befristetes Arbeitsverhältnis abgesehen werden, wenn das Angebot eines Arbeitsverhältnisses wegen akuter Beschäftigungsprobleme nicht möglich ist. Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, entscheidet in diesem Fall auf Antrag des Arbeitgebers die Schnellschlichtung gemäß § 4 Tarifvertrag über Tarifschiedsgericht, Einigungsstelle und Schnellschlichtung vom 20. Dezember 1977 i.d.F. vom 24. Mai 1996 (bzw. für Mecklenburg-Vorpommern vom 10. November 1990 / 11. März 1997), ob, in welchem Umfang und für welche Dauer dem Auszubildenden ein Angebot nach Maßgabe der vorstehenden Bedingungen gemacht werden muss.

19

…"

20

Mit Schreiben 16.06.2016 beantragte die Beklagte beim Betriebsrat formularmäßig die Zustimmung zur Einstellung von den in der Anlage genannten drei Auszubildenden des 4. Ausbildungsjahres mit Wiederholungsprüfung. Aus der Anlage ergibt sich zugleich, welche beiden Auszubildenden dieser Gruppe nicht übernommen werden sollen, darunter der Kläger. Der Betriebsrat erklärte auf dem Formular noch am selben Tag seine Zustimmung zu den beabsichtigten Einstellungen.

21

Der Kläger bestand am 08.07.2016 die Wiederholungsprüfung. Die Beklagte teilte ihm noch am selben Tag mit, ihn nicht in ein Arbeitsverhältnis übernehmen zu wollen. Zu diesem Zeitpunkt beschäftigte die Beklagte insgesamt 212 Arbeitnehmer, davon 44 Auszubildende, 18 Angestellte und 150 gewerbliche Arbeitnehmer. 101 Fertigungslöhner von insgesamt 145 waren bezahlt von der Arbeit freigestellt, soweit diese nicht im Urlaub oder arbeitsunfähig waren. Zugleich verhandelte die Beklagte mit dem Betriebsrat über den Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit. Im Juli 2016 waren lediglich etwa 40 Arbeitnehmer für ein bis zwei Wochen tatsächlich im Einsatz.

22

Mit Schriftsatz vom 18.07.2016 hat der Kläger seine Forderung nach dem Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages zunächst gegenüber der N. Y. W. GmbH gerichtlich geltend gemacht und mit Schriftsatz vom 25.07.2016 sodann gegenüber der Beklagten.

23

Die Beklagte beantragte beim Betriebsrat unter dem 26.07.2016 die Zustimmung zur Nichtübernahme des Klägers in ein Arbeitsverhältnis aufgrund akuter Beschäftigungsprobleme. Am 27.07.2016 unterzeichneten der Betriebsrat und die Beklagte eine Rahmenbetriebsvereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit zwecks Vermeidung von Entlassungen. Am 28.07.2016 stimmte der Betriebsrat dem Vorhaben der Beklagten zu, den Kläger nicht einzustellen.

24

Ab dem 01.09.2016 befanden sich insgesamt 126 Arbeitnehmer aus der Betriebsabteilung Vorfertigung/Schiffbau in Kurzarbeit, darunter sämtliche Konstruktionsmechaniker, unabhängig davon, ob sie als Schlosser oder als Schweißer eingesetzt waren. Die Kurzarbeit in dieser Betriebsabteilung dauerte bis zum 30.08.2017.

25

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, er habe nach § 7.3 TV Besch einen Anspruch auf Übernahme in ein auf 12 Monate befristetes Arbeitsverhältnis als Konstruktionsmechaniker. Akute Beschäftigungsprobleme habe die Beklagte nicht. Das sei nur dann der Fall, wenn es im Betrieb Entlassungen gebe oder damit zu rechnen sei. Zudem habe die Beklagte den Kläger nicht rechtzeitig darüber unterrichtet, dass er nicht übernommen werde. Die Informationsveranstaltung am 01.10.2015 genüge dem nicht, da das Unternehmen zwischenzeitlich veräußert worden sei. Des Weiteren habe die Beklagte den Betriebsrat nicht ordnungsgemäß und erst nachträglich beteiligt. Soweit die Beklagte den Einstellungsanspruch nicht erfüllt habe, bestehe ein Schadensersatzanspruch in Höhe des Entgelts eines Konstruktionsmechanikers.

26

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

27

1. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ein Arbeitsverhältnis als Konstruktionsmechaniker ab dem 09.07.2016 befristet auf 12 Monate anzubieten, und

28

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für den Monat Juli 2016 € 2.124,91 brutto abzüglich gezahlten Arbeitslosengeldes nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2016 sowie für den Monat August 2016 weitere € 2.864,00 brutto abzüglich gezahlten Arbeitslosengeldes nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2016 zu zahlen.

29

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Übernahme in ein auf 12 Monate befristetes Arbeitsverhältnis als Konstruktionsmechaniker. Der Kläger sei im Oktober 2015 rechtzeitig darüber informiert worden, dass er nicht übernommen werde. An dieser Entscheidung habe sich durch die zwischenzeitliche Rechtsnachfolge nichts geändert. Für die meisten gewerblichen Beschäftigten habe es schon im August 2015 keine Arbeit mehr gegeben. Um mit dem Bau neuer Schiffe beginnen zu können, seien zunächst umfangreiche Vorarbeiten, wie Konstruktion, Projektierung und Planung, erforderlich. Der Kläger habe wegen akuter Beschäftigungsprobleme nicht eingesetzt werden können. Nicht einmal die befristet übernommenen Auszubildenden seien tatsächlich produktiv tätig geworden. Schadensersatzansprüche gebe des dementsprechend nicht.

30

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Es habe zum Zeitpunkt, als der Kläger seine Ausbildung beendet habe, akute Beschäftigungsprobleme gegeben. Nach Sinn und Zweck des Tarifvertrages gehe darum, das frisch erworbene Wissen aus der Ausbildung praktisch anzuwenden und zu vertiefen. Deshalb bestehe keine Übernahmepflicht, wenn der ehemalige Auszubildende überhaupt nicht eingesetzt werden könne. Da es aktuell keine Arbeit für Konstruktionsmechaniker gegeben habe, sei auch die Beschäftigung des Klägers nicht möglich gewesen. Nach dem Tarifvertrag sei es unschädlich, dass der Betriebsrat erst nachträglich zugestimmt habe.

31

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Das Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass es angesichts der Kurzarbeit akute Beschäftigungsprobleme gegeben habe. Ein akutes Beschäftigungsproblem liege erst vor, wenn Entlassungen erforderlich seien. Die Einführung von Kurzarbeit solle Entlassungen gerade verhindern und die Arbeitsplätze erhalten, da es darum gehe, temporäre wirtschaftliche Probleme zu überbrücken. Kurzarbeitergeld könne auch an befristet übernommene Auszubildende gezahlt werden. Andere ehemalige Auszubildende habe die Beklagte jedenfalls übernommen. Die Beklagte verfüge über eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung. Sie habe zwischen September 2016 und Oktober 2017 während der Kurzarbeit ca. sechs Arbeitnehmer an andere Werfen verliehen. Die Zustimmung des Betriebsrats müsse bei Übernahme des Auszubildenden vorliegen. Eine nachträgliche Genehmigung genüge nicht. Es gelte dasselbe wie in den Fällen der §§ 99, 102 BetrVG. Im Übrigen verweist der Kläger auf sein erstinstanzliches Vorbringen und die dort erhobenen Einwände.

32

Der Kläger beantragt,

33

das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 14.12.2016 - 4 Ca 1185/16 - abzuändern und

34

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger

35

a) für den Monat Juli 2016 € 2.124,91 brutto abzüglich des gezahlten Arbeitslosengeldes von € 412,88 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2016,

36

b) für den Monat August 2016 € 2.864,00 brutto abzüglich des gezahlten Arbeitslosengeldes von € 556,50 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2016,

37

c) für den Monat September 2016 € 2.864,00 brutto abzüglich des gezahlten Arbeitslosengeldes von € 556,50 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2016,

38

d) für den Monat Oktober 2016 € 2.864,00 brutto abzüglich des gezahlten Arbeitslosengeldes von € 556,50 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2016,

39

e) für den Monat November 2016 € 2.864,00 brutto abzüglich des gezahlten Arbeitslosengeldes von € 556,50 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2016,

40

f) für den Monat Dezember 2016 € 2.864,00 brutto abzüglich des gezahlten Arbeitslosengeldes von € 556,50 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2017,

41

g) für den Monat Januar 2017 € 2.864,00 brutto abzüglich des gezahlten Arbeitslosengeldes von € 556,50 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2017,

42

h) für den Monat Februar 2017 € 2.864,00 brutto abzüglich des gezahlten Arbeitslosengeldes von € 556,50 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2017,

43

i) für den Monat März 2017 € 2.864,00 brutto abzüglich des gezahlten Arbeitslosengeldes von € 556,50 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2017,

44

j) für den Monat April 2017 € 2.921,00 brutto abzüglich des gezahlten Arbeitslosengeldes von € 556,50 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2017,

45

k) für den Monat Mai 2017 € 2.921,00 brutto abzüglich des gezahlten Arbeitslosengeldes von € 556,50 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2017 und

46

l) für den Monat Juni 2017 € 659,58 brutto abzüglich des gezahlten Arbeitslosengeldes von € 125,66 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2017

47

zu zahlen, und

48

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Verzugsschaden in Höhe von € 480,- netto zu zahlen.

49

Die Beklagte beantragt,

50

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

51

Sie ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe zutreffend entschieden. Das Arbeitsgericht habe zu Recht angenommen, dass nicht nur ein drohender Personalabbau, sondern auch Kurzarbeit geeignet sei, akute Beschäftigungsprobleme zu begründen. Die Zustimmung des Betriebsrats habe schon zum Zeitpunkt der Informationsveranstaltung im Oktober 2015 vorgelegen, jedenfalls aber am 16.06.2016 mit der Zustimmung zu dem Antrag der Beklagten, welche ehemaligen Auszubildenden weiterbeschäftigt werden sollen und welche nicht. Nur vorsorglich habe die Beklagte den Betriebsrat am 26.07.2016 nochmals beteiligt. Darüber hinaus sei eine Übernahme auch aus personenbedingten Gründen nicht in Betracht gekommen, worauf sich die Beklagte bislang auf Bitte des Betriebsrats nicht berufen habe. Neben erheblichen Fehlzeiten (2013: 24 Tage, 2014: 26 Tage, 2015: 41 Tage, 2016: 52 Tage) habe der Kläger eine unzureichende Arbeitseinstellung gezeigt und quantitativ nicht zufriedenstellend gearbeitet. Abgesehen davon seien evtl. Schadensersatzansprüche für den Zeitraum September 2016 bis Januar 2017 aufgrund der dreimonatigen Ausschlussfrist des Manteltarifvertrages verfallen, da der Kläger diese Ansprüche erstmalig mit der Berufungsbegründung geltend gemacht habe.

52

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, die Sitzungsprotokolle sowie das angegriffene arbeitsgerichtliche Urteil verwiesen.

Entscheidungsgründe

53

Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat den Klageantrag zu Recht und mit der zutreffenden Begründung abgewiesen. Das Berufungsgericht schließt sich den Ausführungen der Vorinstanz an.

54

Der Kläger hat keinen Schadensersatzanspruch aus §§ 280, 281 BGB gegen die Beklagte wegen Nichtübernahme in ein Arbeitsverhältnis im Anschluss an das Ausbildungsverhältnis.

55

Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen (§ 280 Abs. 1 Satz 1 BGB). Erbringt ein Schuldner die fällige Leistung nicht oder nicht wie geschuldet, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 BGB Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat (§ 281 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert (§ 281 Abs. 2 BGB).

56

Die Beklagte hat gegenüber dem Kläger keine Pflicht aus dem TV Besch verletzt. Die Beklagte war nicht verpflichtet, ihm im Anschluss an sein Ausbildungsverhältnis ein auf 12 Monate befristetes Arbeitsverhältnis als Konstruktionsmechaniker anzubieten.

57

Zwar hat der Arbeitgeber nach § 7.3 TV Besch den Ausgebildeten, dem kein unbefristetes Arbeitsverhältnis angeboten wird, nach bestandener Abschlussprüfung für mindestens 12 Monate befristet zu übernehmen. Von der Übernahme in ein unbefristetes oder befristetes Arbeitsverhältnis kann jedoch nach § 7.5 TV Besch mit Zustimmung des Betriebsrats abgesehen werden, wenn das Angebot eines Arbeitsverhältnisses wegen akuter Beschäftigungsprobleme nicht möglich ist. Der Wegfall des Anspruchs hängt von zwei Voraussetzungen ab: Zum einen müssen akute Beschäftigungsprobleme vorliegen, zum anderen muss der Betriebsrat zugestimmt haben. Von einer vorherigen, fristgebundenen Unterrichtung des Auszubildenden ist der Anspruch bzw. Anspruchsausschluss nicht abhängig.

58

Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an die Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung, ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (z. B. BAG, Urteil vom 20. September 2017 - 6 AZR 143/16 - Rn. 33, juris = ZTR 2017, 654; BAG, Urteil vom 26. April 2017 - 10 AZR 589/15 - Rn. 14, juris = NJW 2017, 3321).

59

1. Akute Beschäftigungsprobleme

60

Der Begriff "Problem" ist im alltäglichen Sprachgebrauch gleichbedeutend mit "Schwierigkeit" (Duden, Bedeutungswörterbuch, 4. Aufl. 2010, Stichwort: Problem). Beschäftigungsprobleme bestehen, wenn es schwierig ist, einen Arbeitnehmer tatsächlich einzusetzen, ihm also Arbeit zu übertragen. Schwierigkeiten genügen nach dem Wortlaut des Tarifvertrages; die Beschäftigung muss nicht unmöglich sein. Allerdings müssen die Beschäftigungsprobleme "akut" sein, d. h. im Augenblick herrschend, unmittelbar anstehend (Duden, Bedeutungswörterbuch, 4. Aufl. 2010, Stichwort: akut). Auf zukünftig zu erwartende Entwicklungen der Beschäftigungssituation kommt es nicht an. "Akute Beschäftigungsprobleme" sind gegeben, wenn einem Arbeitnehmer nach der aktuellen, vorherrschenden Lage des Betriebs oder Unternehmens nur unter besonderen Anstrengungen, ggf. zu Lasten anderer Arbeitnehmer, eine Arbeit übertragen werden kann, die Arbeitsleistung also nicht ohne weiteres, wie es einem Arbeitsverhältnis entspricht, erbracht und abgefordert werden kann. Dabei ist von den Umständen zum Zeitpunkt der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses auszugehen (LAG Hamm, Urteil vom 21. Februar 2003 - 10 Sa 674/02 - Rn. 57, juris = NZA-RR 2003, 547).

61

Maßgeblich sind die tatsächlich vorhandenen Einsatzmöglichkeiten im Betrieb oder Unternehmen. Sinn und Zweck der befristeten Übernahme in ein Arbeitsverhältnis ist es vorrangig, dem Auszubildenden durch die Umsetzung seiner in der Ausbildung erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten Berufspraxis zu verschaffen, um so seine Vermittlungschancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern. Daneben dient das Arbeitsverhältnis auch der finanziellen Absicherung des Berufsanfängers im Falle einer späteren Arbeitslosigkeit, da sich aufgrund des höheren Entgelts im Arbeitsverhältnis die Bemessungsgrundlage für die Gewährung von Arbeitslosengeld erhöht (vgl. BAG, Urteil vom 29. September 2005 - 8 AZR 573/04 - Rn. 22, juris = EzA § 611 BGB 2002 Einstellungsanspruch Nr. 1; BAG, Urteil vom 17. Juni 1998 - 7 AZR 291/97 - Rn. 16, juris).

62

Akute Beschäftigungsprobleme im tariflichen Sinne sind schon begrifflich nicht mit den dringenden betrieblichen Erfordernissen, die gemäß § 1 Abs. 2 KSchG eine Kündigung bedingen können, gleichzusetzen. Die Tarifvertragsparteien haben die Übernahme eines Auszubildenden nicht davon abhängig gemacht, dass eine Weiterbeschäftigung im erlernten Beruf gänzlich unmöglich ist, sondern haben es genügen lassen, dass sie jedenfalls problematisch, d. h. schwierig, ist. Der Begriff "Beschäftigungsprobleme" umfasst zwar den Fall einer Unmöglichkeit, greift aber auch schon unterhalb dieser Schwelle. Anstehende oder drohende Entlassungen können einer Übernahme des Auszubildenden entgegenstehen (LAG Hamm, Urteil vom 21. Februar 2003 - 10 Sa 674/02 - Rn. 57, juris = NZA-RR 2003, 547).

63

Versucht der Arbeitgeber, Entlassungen durch Kurzarbeit zu vermeiden, stößt eine Beschäftigung des Auszubildenden ebenfalls auf erhebliche Schwierigkeiten, wenn seine Berufsgruppe davon betroffen ist. Entlassungen und Kurzarbeit sind lediglich unterschiedliche Reaktionen auf dasselbe Problem, das in einem Mangel an Beschäftigungsmöglichkeiten besteht. Die Übernahme eines Auszubildenden verschärft in diesem Fall die bereits vorhandenen Beschäftigungsprobleme. Die Übernahme geht zu Lasten anderer Arbeitnehmer, da Kurzarbeit mit Einkommenseinbußen verbunden ist. Soweit der Auszubildende bzw. nunmehr Jungfacharbeiter selbst von umfangreicher Kurzarbeit betroffen ist, lässt sich das Ziel des tarifvertraglichen Übernahmeanspruchs nicht erreichen, dem vormaligen Auszubildenden Berufspraxis zu verschaffen und so seine Vermittlungschancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern.

64

Als der Kläger seine Berufsausbildung am 08.07.2016 abschloss, war davon auszugehen, dass er in den nächsten 12 Monaten aller Voraussicht nach mit seiner beruflichen Qualifikation nicht würde eingesetzt werden können. Zahlreiche Arbeitnehmer waren zu diesem Zeitpunkt bereits freigestellt. Die Beklagte und der Betriebsrat verhandelten über die Einführung von Kurzarbeit für einen längeren Zeitraum. Die Beklagte konnte den Kläger ebenso wenig wie andere Arbeitnehmer nicht als Konstruktionsmechaniker beschäftigen, jedenfalls nicht in einem zeitlichen Umfang, der einen Erwerb von Berufspraxis ermöglicht hätte. Soweit einzelne Arbeitnehmer trotz der Kurzarbeit vorübergehend tätig waren, ändert das nichts an den grundsätzlich vorhandenen Beschäftigungsschwierigkeiten. Der weitaus größte Teil der gewerblichen Arbeitnehmer war von Kurzarbeit betroffen. Die Beklagte konnte die Arbeitsleistung nicht in Anspruch nehmen. Den Kläger hätte sie nur zu Lasten anderer Arbeitnehmer einsetzen können.

65

Zwar hat die Beklagte in Erwartung eines zukünftigen Beschäftigungsbedarfs mehrere Auszubildende in ein Arbeitsverhältnis übernommen, um diese an das Unternehmen zu binden. Ein Anspruch des Klägers auf Gleichbehandlung ergibt sich daraus noch nicht. Der Beklagten stand es frei, unabhängig von tarifvertraglichen Übernahmeansprüchen Arbeitsverhältnisse mit ehemaligen Auszubildenden zu begründen und entsprechende finanzielle Verpflichtungen einzugehen. Auf die aktuell vorhandenen Schwierigkeiten, die Arbeitnehmer tatsächlich zu beschäftigen, hat das keinen Einfluss. Dass der Arbeitgeber über genügend finanzielle Mittel verfügt, um zeitweise Vergütungen ohne Arbeitsleistung zahlen zu können, ändert nichts an den vorhandenen Beschäftigungsproblemen, die sich in der umfangreichen Kurzarbeit widerspiegeln.

66

2. Zustimmung des Betriebsrats

67

Die nach § 7.5 TV Besch erforderliche Zustimmung des Betriebsrats liegt vor. Der Betriebsrat hat mit dem Schreiben vom 16.06.2016 konkludent einer Nichtübernahme des Klägers zugestimmt.

68

Die Zustimmung des Betriebsrats ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die nach den Grundsätzen für Rechtsgeschäfte auszulegen ist.

69

Willenserklärungen sind nach dem Empfängerhorizont auszulegen (§§ 133, 157 BGB). Auslegungsziel ist bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen nicht der innere Wille des Erklärenden, sondern das, was der Adressat nach seinem Empfängerhorizont als Willen des Erklärenden verstehen konnte. Zu würdigen sind neben dem Wortlaut der Erklärung auch alle Begleitumstände, die dem Erklärungsempfänger bekannt waren und die für die Frage erheblich sein können, welchen Willen der Erklärende bei Abgabe der Erklärung hatte (z. B. BAG, Urteil vom 24. August 2016 - 5 AZR 129/16 - Rn. 22, juris = NZA 2017, 58).

70

Dem Wortlaut nach bezieht sich die Zustimmungserklärung des Betriebsrats vom 16.06.2016 zunächst vorrangig auf die befristete Übernahme der drei in der Anlage genannten Auszubildenden. Das von der Beklagten nach § 99 BetrVG eingeleitete Beteiligungsverfahren betrifft ausschließlich die befristete Übernahme von Auszubildenden. Es knüpft erkennbar an den TV Besch an. Dadurch unterscheidet sich der vorliegende Antrag von einem herkömmlichen Einstellungsantrag nach § 99 BetrVG. Der Antrag an den Betriebsrat enthält dementsprechend nicht nur die Namen und Daten derjenigen Auszubildenden, die nach dem erfolgreichen Abschluss der Wiederholungsprüfung befristet übernommen werden sollen, sondern auch die Angabe, wem keine Übernahme angeboten wird. Die Nennung der nicht für eine Einstellung vorgesehenen Auszubildenden diente erkennbar nicht bloß der Information des Betriebsrats. Gegenstand der Betriebsratsbeteiligung war vielmehr die Auswahlentscheidung der Beklagten, wer befristet übernommen und wer nicht übernommen werden soll. Der Betriebsrat konnte das Anhörungsschreiben der Beklagten vor dem Hintergrund des TV Besch nur so verstehen, dass er sowohl zur Übernahme als auch zur Nichtübernahme Stellung nehmen sollte. Wenn auch eine direkte Bezugnahme auf § 7 TV Besch in dem Standardformular für Einstellungen nach § 99 BetrVG fehlte, so war dennoch der Zusammenhang mit dem tarifvertraglichen Übernahmeanspruch der Auszubildenden offensichtlich, zumal die Anhörung unmittelbar vor den anstehenden Prüfungsterminen erfolgte.

71

Die Zustimmung des Betriebsrats ist nicht deshalb unbeachtlich, weil sie an einem rechtlichen Mangel leidet. Insbesondere hat die Beklagte das Einvernehmen des Betriebsrats nicht wider Treu und Glauben herbeigeführt (vgl. § 162 Abs. 2 BGB). Die Beklagte hat den Betriebsrat nicht fehlerhaft unterrichtet. Der Betriebsrat kannte bereits seit Oktober 2015 die wirtschaftliche Lage des Betriebs und hat an der Einführung der Kurzarbeit aktiv mitgewirkt.

72

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Rechtsstreit wirft keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 12. Jan. 2018 - 5 Sa 34/17

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 12. Jan. 2018 - 5 Sa 34/17

Referenzen - Gesetze

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 12. Jan. 2018 - 5 Sa 34/17 zitiert 14 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen


(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 613a Rechte und Pflichten bei Betriebsübergang


(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rec

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 99 Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen


(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen v

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 102 Mitbestimmung bei Kündigungen


(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. (2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kün

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 281 Schadensersatz statt der Leistung wegen nicht oder nicht wie geschuldet erbrachter Leistung


(1) Soweit der Schuldner die fällige Leistung nicht oder nicht wie geschuldet erbringt, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 162 Verhinderung oder Herbeiführung des Bedingungseintritts


(1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten. (2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht,

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 92 Personalplanung


(1) Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat über die Personalplanung, insbesondere über den gegenwärtigen und künftigen Personalbedarf sowie über die sich daraus ergebenden personellen Maßnahmen einschließlich der geplanten Beschäftigung von Personen, di

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 96 Förderung der Berufsbildung


(1) Arbeitgeber und Betriebsrat haben im Rahmen der betrieblichen Personalplanung und in Zusammenarbeit mit den für die Berufsbildung und den für die Förderung der Berufsbildung zuständigen Stellen die Berufsbildung der Arbeitnehmer zu fördern. Der A

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 12. Jan. 2018 - 5 Sa 34/17 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 12. Jan. 2018 - 5 Sa 34/17 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 20. Sept. 2017 - 6 AZR 143/16

bei uns veröffentlicht am 20.09.2017

Tenor 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 12. Januar 2016 - 1 Sa 232/15 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 26. Apr. 2017 - 10 AZR 589/15

bei uns veröffentlicht am 26.04.2017

Tenor 1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 27. August 2015 - 5 Sa 87/15 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 24. Aug. 2016 - 5 AZR 129/16

bei uns veröffentlicht am 24.08.2016

Tenor I. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 4. Dezember 2015 - 9 Sa 12/15 - unter Zurückweisung der Revision

Referenzen

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

(1) Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat über die Personalplanung, insbesondere über den gegenwärtigen und künftigen Personalbedarf sowie über die sich daraus ergebenden personellen Maßnahmen einschließlich der geplanten Beschäftigung von Personen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen, und Maßnahmen der Berufsbildung anhand von Unterlagen rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Er hat mit dem Betriebsrat über Art und Umfang der erforderlichen Maßnahmen und über die Vermeidung von Härten zu beraten.

(2) Der Betriebsrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für die Einführung einer Personalplanung und ihre Durchführung machen.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend für Maßnahmen im Sinne des § 80 Abs. 1 Nr. 2a und 2b, insbesondere für die Aufstellung und Durchführung von Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern. Gleiches gilt für die Eingliederung schwerbehinderter Menschen nach § 80 Absatz 1 Nummer 4.

(1) Arbeitgeber und Betriebsrat haben im Rahmen der betrieblichen Personalplanung und in Zusammenarbeit mit den für die Berufsbildung und den für die Förderung der Berufsbildung zuständigen Stellen die Berufsbildung der Arbeitnehmer zu fördern. Der Arbeitgeber hat auf Verlangen des Betriebsrats den Berufsbildungsbedarf zu ermitteln und mit ihm Fragen der Berufsbildung der Arbeitnehmer des Betriebs zu beraten. Hierzu kann der Betriebsrat Vorschläge machen.

(1a) Kommt im Rahmen der Beratung nach Absatz 1 eine Einigung über Maßnahmen der Berufsbildung nicht zustande, können der Arbeitgeber oder der Betriebsrat die Einigungsstelle um Vermittlung anrufen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen.

(2) Arbeitgeber und Betriebsrat haben darauf zu achten, dass unter Berücksichtigung der betrieblichen Notwendigkeiten den Arbeitnehmern die Teilnahme an betrieblichen oder außerbetrieblichen Maßnahmen der Berufsbildung ermöglicht wird. Sie haben dabei auch die Belange älterer Arbeitnehmer, Teilzeitbeschäftigter und von Arbeitnehmern mit Familienpflichten zu berücksichtigen.

(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn

1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,
2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde,
3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten,
4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,
5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder
6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.

(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.

(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Soweit der Schuldner die fällige Leistung nicht oder nicht wie geschuldet erbringt, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat. Hat der Schuldner eine Teilleistung bewirkt, so kann der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung nur verlangen, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Hat der Schuldner die Leistung nicht wie geschuldet bewirkt, so kann der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung nicht verlangen, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.

(2) Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert oder wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs rechtfertigen.

(3) Kommt nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung nicht in Betracht, so tritt an deren Stelle eine Abmahnung.

(4) Der Anspruch auf die Leistung ist ausgeschlossen, sobald der Gläubiger statt der Leistung Schadensersatz verlangt hat.

(5) Verlangt der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung, so ist der Schuldner zur Rückforderung des Geleisteten nach den §§ 346 bis 348 berechtigt.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Soweit der Schuldner die fällige Leistung nicht oder nicht wie geschuldet erbringt, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat. Hat der Schuldner eine Teilleistung bewirkt, so kann der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung nur verlangen, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Hat der Schuldner die Leistung nicht wie geschuldet bewirkt, so kann der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung nicht verlangen, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.

(2) Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert oder wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs rechtfertigen.

(3) Kommt nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung nicht in Betracht, so tritt an deren Stelle eine Abmahnung.

(4) Der Anspruch auf die Leistung ist ausgeschlossen, sobald der Gläubiger statt der Leistung Schadensersatz verlangt hat.

(5) Verlangt der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung, so ist der Schuldner zur Rückforderung des Geleisteten nach den §§ 346 bis 348 berechtigt.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 12. Januar 2016 - 1 Sa 232/15 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine tarifliche Verminderung der Sollarbeitszeit der Klägerin.

2

Diese ist als Krankenschwester in einem von der Beklagten betriebenen Krankenhaus mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden beschäftigt. Sie arbeitet nach einem Dienstplan, der Wechselschichten an allen sieben Tagen in der Woche vorsieht. Innerhalb dieses Rahmens wird die Klägerin an fünf Tagen mit jeweils 7,7 Stunden eingesetzt.

3

Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Tarifbindung die Durchgeschriebene Fassung des TVöD für den Dienstleistungsbereich Krankenhäuser im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-K) vom 1. August 2006 Anwendung. Diese lautet auszugsweise wie folgt:

        

§ 6   

Regelmäßige Arbeitszeit

        

(1)     

1Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen für

                 

…       

        
                 

b)    

die Beschäftigten im Tarifgebiet West durchschnittlich 38,5 Stunden wöchentlich, ...

                 

... 3Die regelmäßige Arbeitszeit kann auf fünf Tage, aus notwendigen betrieblichen/dienstlichen Gründen auch auf sechs Tage verteilt werden.

        

…       

        
        

(3)     

1Soweit es die betrieblichen/dienstlichen Verhältnisse zulassen, wird die/der Beschäftigte am 24. Dezember und am 31. Dezember unter Fortzahlung des Entgelts nach § 21 von der Arbeit freigestellt. 2Kann die Freistellung nach Satz 1 aus betrieblichen/dienstlichen Gründen nicht erfolgen, ist entsprechender Freizeitausgleich innerhalb von drei Monaten zu gewähren. 3Die regelmäßige Arbeitszeit vermindert sich für den 24. Dezember und 31. Dezember, sofern sie auf einen Werktag fallen, um die dienstplanmäßig ausgefallenen Stunden.“

4

Die Protokollerklärung zu § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K lautet:

        

„Die Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit betrifft die Beschäftigten, die wegen des Dienstplans frei haben und deshalb ohne diese Regelung nacharbeiten müssten.“

5

§ 6.1 TVöD-K bestimmt auszugsweise Folgendes:

        

Arbeit an Sonn- und Feiertagen

        
        

In Ergänzung zu § 6 Abs. 3 Satz 3 und Abs. 5 gilt für Sonn- und Feiertage Folgendes:

        
        

(1)     

1Die Arbeitszeit an einem gesetzlichen Feiertag, der auf einen Werktag fällt, wird durch eine entsprechende Freistellung an einem anderen Werktag bis zum Ende des dritten Kalendermonats - möglichst aber schon bis zum Ende des nächsten Kalendermonats - ausgeglichen, wenn es die betrieblichen Verhältnisse zulassen. 2Kann ein Freizeitausgleich nicht gewährt werden, erhält die/der Beschäftigte je Stunde 100 v.H. des auf eine Stunde entfallenden Anteils des monatlichen Entgelts der jeweiligen Entgeltgruppe und Stufe nach Maßgabe der Entgelttabelle. 3Ist ein Arbeitszeitkonto eingerichtet, ist eine Buchung gemäß § 10 Abs. 3 zulässig. 4§ 8 Abs. 1 Satz 2 Buchst. d bleibt unberührt.

        

(2)     

1Für Beschäftigte, die regelmäßig nach einem Dienstplan eingesetzt werden, der Wechselschicht- oder Schichtdienst an sieben Tagen in der Woche vorsieht, vermindert sich die regelmäßige Wochenarbeitszeit um ein Fünftel der arbeitsvertraglich vereinbarten durchschnittlichen Wochenarbeitszeit, wenn sie an einem gesetzlichen Feiertag, der auf einen Werktag fällt,

                 

a)    

Arbeitsleistung zu erbringen haben oder

                 

b)    

nicht wegen des Feiertags, sondern dienstplanmäßig nicht zur Arbeit eingeteilt sind und deswegen an anderen Tagen der Woche ihre regelmäßige Arbeitszeit erbringen müssen.

                 

2Absatz 1 gilt in diesen Fällen nicht. 3§ 8 Abs. 1 Satz 2 Buchst. d bleibt unberührt.“

6

Die Beklagte verwendet für die Dienstplanung und Arbeitszeitverwaltung der Schicht- und Wechselschichtdienst leistenden Beschäftigten (Schichtdienstleistende) ein Computerprogramm, welches für jeden Kalendermonat die jeweilige Sollarbeitszeit ermittelt. Die Berechnung basiert auf der Regelarbeitszeit der nicht im Schichtdienst beschäftigten Arbeitnehmer (Normaldienstleistende), welche in Vollzeit tätig sind. Diese erbringen ihre Arbeitsleistung von Montag bis einschließlich Freitag im Umfang von 7,7 Stunden täglich. Zur Ermittlung der Sollarbeitszeit der Schichtdienstleistenden werden deshalb die Tage von Montag bis Freitag mit dem Faktor 7,7 multipliziert. Gesetzliche Feiertage, die auf einen Tag von Montag bis Freitag fallen, werden dabei nicht berücksichtigt. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass die Sollarbeitszeit der Schichtdienstleistenden und der Normaldienstleistenden identisch ist.

7

Am 1. Januar 2011 und 24. Dezember 2011 hatte die Klägerin dienstplanmäßig frei. Bei beiden Tagen handelte es sich um Samstage. Die Beklagte hat für diese Tage keine Sollstundenreduzierung in Ansatz gebracht.

8

Die Klägerin hat demgegenüber die Ansicht vertreten, ihre Sollarbeitszeit habe sich gemäß § 6.1 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b TVöD-K bzw. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K im Umfang von jeweils 7,7 Stunden vermindert. Der Samstag sei ein Werktag.

9

Die Klägerin hat daher zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, die Sollarbeitszeit der Klägerin im Monat Januar 2011 um 7,7 Stunden und im Monat Dezember 2011 um 7,7 Stunden zu vermindern sowie die Zeitabrechnungen zu korrigieren;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin bezahlten Freizeitausgleich im Umfang von 15,4 Stunden ohne Abzug der dadurch ausgefallenen Arbeitsstunden zu gewähren.

10

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag mit dem Fehlen einer Anspruchsgrundlage begründet. Der Samstag sei kein Werktag im Tarifsinn. Anderenfalls wären die Normaldienstleistenden benachteiligt, da sie ihre Arbeitsleistung von Montag bis einschließlich Freitag erbringen müssten und ein auf einen Samstag fallender (Vor-)Feiertag keine Auswirkungen auf ihre Sollarbeitszeit habe. Schichtdienstleistende hätten hingegen wegen der Verminderung ihrer Sollarbeitszeit eine geringere Leistung bei ungeschmälerter Vergütung zu erbringen. Dies stünde im Widerspruch zur beabsichtigten Gleichbehandlung der Beschäftigten und wäre nicht zu rechtfertigen. Das Tabellenentgelt, welches Normaldienst- und Schichtdienstleistende für die regelmäßige tarifliche Arbeitszeit erhalten, sei identisch. Die besonderen Belastungen des (Wechsel-)Schichtdienstes würden nur durch diesbezügliche Zulagen und Zuschläge ausgeglichen.

11

Das Arbeitsgericht hat den vorstehend angeführten Anträgen stattgegeben und den diesbezüglichen Streitwert auf 386,46 Euro festgesetzt. Eine Entscheidung darüber, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, wurde nicht in den Urteilstenor aufgenommen. Das Urteil wurde am 20. August 2013 verkündet. Mit ihrem am 2. September 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag hat die Beklagte die Zulassung der Berufung begehrt. Mit Ergänzungsbeschluss vom 15. Oktober 2013 hat das Arbeitsgericht die Berufung zugelassen. Die Entscheidung wurde ohne mündliche Verhandlung durch die beiden ehrenamtlichen Richter getroffen, die an der Urteilsfindung beteiligt waren. Der Vorsitzende war zwischenzeitlich an ein anderes Arbeitsgericht abgeordnet worden.

12

Das Landesarbeitsgericht hat die daraufhin eingelegte Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Anträge.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die zulässige Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist zulässig und begründet.

14

I. Die Unbegründetheit der Revision folgt nicht aus einer Unzulässigkeit der Berufung der Beklagten. Die Berufung war statthaft, auch wenn über ihre Zulassung allein die ehrenamtlichen Richter entschieden haben.

15

1. Die Zulässigkeit der Berufung ist Prozessvoraussetzung für das gesamte weitere Verfahren nach der Berufungseinlegung und deshalb vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen. Das gilt auch dann, wenn das Berufungsgericht das Rechtsmittel für zulässig gehalten hat (BAG 26. April 2017 - 10 AZR 275/16 - Rn. 11; 19. Juli 2016 - 2 AZR 637/15 - Rn. 16 mwN). Ist die Berufung unzulässig, hat das Revisionsgericht eine Sachentscheidung des Berufungsgerichts aufzuheben und die Berufung als unzulässig zu verwerfen (BAG 25. Januar 2017 - 4 AZR 519/15 - Rn. 9; 25. Februar 2015 - 5 AZR 849/13 - Rn. 14, BAGE 151, 66).

16

2. Die Berufung konnte hier nicht aufgrund des Wertes des Beschwerdegegenstands nach § 64 Abs. 2 Buchst. b ArbGG eingelegt werden. Danach ist die Berufung zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 Euro übersteigt. Nach der nicht offensichtlich unrichtigen Streitwertfestsetzung des Arbeitsgerichts beläuft sich der Streitwert für die Anträge, denen das Arbeitsgericht stattgegeben hat, auf insgesamt 386,46 Euro (zur eingeschränkten Überprüfung der Streitwertbemessung vgl.: BAG 25. Januar 2017 - 4 AZR 519/15 - Rn. 16; 19. Januar 2011 - 3 AZR 111/09 - Rn. 18). Nur in diesem Umfang ist die Beklagte beschwert.

17

3. Das Arbeitsgericht hatte entgegen § 64 Abs. 3a Satz 1 ArbGG keine Entscheidung, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, in den Urteilstenor aufgenommen. Die Beklagte hat daraufhin innerhalb von zwei Wochen ab Verkündung des Urteils gemäß § 64 Abs. 3a Satz 2 ArbGG eine entsprechende Ergänzung des Urteils beantragt. Mit Ergänzungsbeschluss vom 15. Oktober 2013 wurde die Berufung zugelassen. Die Zulassung ist wirksam.

18

a) Die Entscheidung konnte gemäß § 64 Abs. 3a Satz 3 ArbGG ohne mündliche Verhandlung getroffen werden.

19

b) Die ehrenamtlichen Richter waren ohne Mitwirkung des Vertreters des Vorsitzenden zur Entscheidung über die Zulassung der Berufung befugt.

20

aa) Bei der Entscheidung über die nachträgliche Zulassung der Berufung müssen, da es sich um eine § 320 Abs. 1 ZPO vergleichbare Auslassung in der Urteilsformel handelt, dieselben Richter wie am Urteil selbst mitwirken(vgl. BAG 14. Dezember 2011 - 5 AZR 406/10 (A) - Rn. 9; 23. August 2011 - 3 AZR 650/09 - Rn. 26, BAGE 139, 69; Hohmann ArbGG 3. Aufl. § 64 Rn. 6; ErfK/Koch 17. Aufl. § 64 ArbGG Rn. 6; Pfeiffer in Natter/Gross ArbGG 2. Aufl. § 64 Rn. 28; GK-ArbGG/Vossen Stand Dezember 2014 § 64 Rn. 62b; im Ergebnis auch GMP/Germelmann 8. Aufl. § 64 Rn. 33; aA: BeckOK ArbR/Klose Stand 1. Juni 2017 ArbGG § 64 Rn. 9; Düwell/Lipke/Maul-Sartori 4. Aufl. § 64 Rn. 44; Schwab/Weth/Schwab 4. Aufl. ArbGG § 64 Rn. 56). Das führt zur entsprechenden Anwendung des § 320 Abs. 4 Satz 2 ZPO. In der Konsequenz gilt auch § 320 Abs. 4 Satz 3 ZPO, wonach im Falle der Verhinderung eines Richters bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden und bei dessen Verhinderung die Stimme des ältesten Richters den Ausschlag gibt. Der Gesetzgeber hat damit bei Verhinderung des Vorsitzenden die Entscheidung nur durch die verbliebenen Richter vorgesehen. Folglich haben im arbeitsgerichtlichen Verfahren bei Verhinderung des Vorsitzenden die an der Urteilsfindung beteiligten ehrenamtlichen Richter ohne Mitwirkung des Vertreters des Vorsitzenden über die Zulassung der Berufung zu entscheiden.

21

bb) Dies ist hier geschehen. Der Vorsitzende war wegen seiner Abordnung an ein anderes Arbeitsgericht verhindert. Die beteiligten ehrenamtlichen Richter haben daraufhin ohne Hinzuziehung eines Vertreters die Berufung zugelassen.

22

II. Die Klage ist in der gebotenen Auslegung zulässig.

23

1. Das Landesarbeitsgericht hat die beiden Anträge einheitlich dahingehend ausgelegt, dass die in Anspruch genommene tarifliche Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit bei der Dienstplangestaltung für den Monat nach dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens durch eine Reduzierung der zu leistenden Arbeitszeit um 15,4 Stunden umgesetzt werden soll. Dieses Antragsverständnis entspricht dem in der Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht klargestellten Begehren der Klägerin und wurde im Revisionsverfahren nicht in Frage gestellt.

24

2. Mit diesem Inhalt ist die Klage zulässig. Der verbleibende Klageantrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, denn er bezeichnet die begehrte Leistung so genau, dass die Beklagte ohne weiteres erkennen kann, durch welche Verhaltensweise sie dem Urteilsspruch nachkommen kann. Die Antragstellung berücksichtigt, dass sich die begehrte Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit nach § 6.1 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b TVöD-K bzw. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K nicht durch einen gestaltenden Akt des Arbeitgebers, sondern von Rechts wegen gleichsam „automatisch“ vollzieht(vgl. BAG 17. November 2016 - 6 AZR 465/15 - Rn. 18). Die Rechtsfolge der verminderten regelmäßigen Arbeitszeit muss vom Arbeitgeber bei der Dienstplangestaltung, der Arbeitszeiterfassung und der Vergütung umgesetzt werden (vgl. BAG 24. September 2015 - 6 AZR 510/14 - Rn. 12, BAGE 152, 378; 27. März 2014 - 6 AZR 621/12 - Rn. 21; 24. Oktober 2013 - 6 AZR 286/12 - Rn. 19 f.). Hierauf ist der Klageantrag gerichtet.

25

III. Die Klage ist begründet. Die regelmäßige Arbeitszeit der Klägerin hat sich nach § 6.1 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b TVöD-K bzw. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K um insgesamt 15,4 Stunden vermindert, weil sie im Rahmen von Wechselschichtarbeit am Feiertag des 1. Januar 2011 und am 24. Dezember 2011 dienstplanmäßig nicht zur Arbeit eingeteilt war. Da die Beklagte diese Arbeitszeitreduzierung bislang nicht berücksichtigt hat, ist sie nach § 611 Abs. 1 BGB iVm. § 6.1 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b TVöD-K bzw. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K zur Beseitigung des tarifwidrigen Zustands verpflichtet und hat die Verminderung der Arbeitszeit bei der Dienstplangestaltung nunmehr antragsgemäß umzusetzen.

26

1. Nach § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K bzw. § 6.1 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b TVöD-K ist für schichtdienstleistende Beschäftigte eine Verminderung der Sollarbeitszeit vorgesehen, wenn sie an bestimmten Vorfeiertagen oder gesetzlichen Feiertagen, die auf einen Werktag fallen, dienstplanmäßig nicht zur Arbeit eingeteilt sind.

27

a) § 6 Abs. 3 TVöD-K regelt die Arbeitszeit an den sog. Vorfeiertagen des 24. Dezember oder 31. Dezember. Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 TVöD-K sind die Beschäftigten, soweit es die betrieblichen/dienstlichen Verhältnisse zulassen, an diesen Tagen unter Fortzahlung des Entgelts von der Arbeit freigestellt. Ist eine solche Freistellung nicht möglich, ordnet § 6 Abs. 3 Satz 2 TVöD-K die Gewährung entsprechenden Freizeitausgleichs innerhalb von drei Monaten an. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K betrifft den Fall, dass Beschäftigte an den Vorfeiertagen des 24. Dezember oder 31. Dezember nach dem Dienstplan nicht arbeiten müssen und die Vorfeiertage auf einen Werktag fallen. Ohne diese Regelung müssten die nach Dienstplan arbeitenden Beschäftigten zur Erreichung der vollen Vergütung die am Vorfeiertag dienstplanmäßig ausgefallenen Stunden an einem anderen Tag ableisten. Die Protokollerklärung zu § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K greift diesen Regelungsgehalt auf. Arbeitsstunden fallen dienstplanmäßig iSv. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K aus, wenn nach dem Dienstplan an bestimmten Kalendertagen Freizeit vorgesehen ist(BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 286/12 - Rn. 39).

28

b) § 6.1 TVöD-K ergänzt § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K bzgl. der Arbeit an Sonn- und Feiertagen. Mit § 6.1 Abs. 2 Satz 1 TVöD-K haben die Tarifvertragsparteien eine Sonderregelung für Beschäftigte im (Wechsel-)Schichtdienst geschaffen (vgl. § 6.1 Abs. 2 Satz 2 TVöD-K). Nach § 6.1 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b TVöD-K vermindert sich die regelmäßige Wochenarbeitszeit von Beschäftigten, die regelmäßig nach einem Dienstplan eingesetzt werden, der Wechselschicht- oder Schichtdienst an sieben Tagen in der Woche vorsieht, um ein Fünftel der arbeitsvertraglich vereinbarten durchschnittlichen Wochenarbeitszeit, wenn sie an einem gesetzlichen Feiertag, der auf einen Werktag fällt, nicht wegen des Feiertags, sondern dienstplanmäßig nicht zur Arbeit eingeteilt sind und deswegen an anderen Tagen der Woche ihre regelmäßige Arbeitszeit erbringen müssen. Nach § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K muss demgegenüber individuell festgestellt werden, wie viele Stunden der betreffende Arbeitnehmer hätte arbeiten müssen, wenn er dienstplanmäßig zur Vorfeiertagsarbeit herangezogen worden wäre. Nur diese Stundenzahl ist von der Sollarbeitszeit abzusetzen (BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 286/12 - Rn. 48).

29

2. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K und § 6.1 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b TVöD-K verfolgen jedoch denselben Zweck. Dieser entspricht wiederum dem des § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT, welcher wie § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K formuliert ist, aber die Verminderung der Sollarbeitszeit um die dienstplanmäßig ausgefallenen Stunden auch bzgl. gesetzlicher Feiertage anordnet.

30

a) § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT erfasst ebenfalls die Konstellation, dass ein Beschäftigter nach einem Dienstplan feiertagsunabhängig freigestellt ist und ohne Sonderregelung die am Feiertag „dienstplanmäßig ausgefallenen Stunden“ an einem anderen Tag ableisten müsste(zu Teilzeitbeschäftigten vgl. BAG 24. September 2015 - 6 AZR 510/14 - Rn. 27, BAGE 152, 378). Ein Schichtdienstleistender wäre damit schlechtergestellt als ein Normaldienstleistender (vgl. zur früheren Rechtslage nach § 15 BAT und der diesbezüglichen Kritik Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV Stand November 2014 E § 6 Rn. 41a f.; Burger in Burger TVöD 3. Aufl. § 6 Rn. 50). Zur Vermeidung einer solchen Schlechterstellung soll jeder, der an einem Wochenfeiertag nicht zu arbeiten braucht, für weniger Arbeit die gleiche Vergütung erhalten. Bei feiertagsunabhängiger Freistellung wird deshalb das für den vollen Vergütungsanspruch maßgebliche Arbeitszeitsoll herabgesetzt. Die Tarifvertragsparteien erfüllten damit eine Forderung nach Gleichstellung feiertagsunabhängiger und feiertagsbedingter Freistellung an gesetzlichen Feiertagen (vgl. BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 286/12 - Rn. 42 f.). Dieser Zweck des § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT kommt in der ihn erläuternden Protokollerklärung zum Ausdruck(vgl. BAG 8. Dezember 2010 - 5 AZR 667/09 - Rn. 14, BAGE 136, 290). Die Regelung gilt auch bei einer dienstplanmäßig nur teilweisen Freistellung am Feiertag (BAG 24. September 2015 - 6 AZR 510/14 - Rn. 19, aaO). Eine Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit nach § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT kann zudem dazu führen, dass Überstunden in einem zeitlichen Rahmen entstehen, der ohne die Verminderung noch von der regelmäßigen Arbeitszeit umfasst wäre(BAG 27. März 2014 - 6 AZR 621/12 - Rn. 21).

31

b) § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K regelt im Unterschied zu § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT ausschließlich die Vorfeiertage des 24. Dezember und 31. Dezember und nicht auch die gesetzlichen Feiertage, denn § 6.1 TVöD-K übernimmt die für Krankenhäuser speziellere Regelung des § 49 TVöD-BT-K(BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 286/12 - Rn. 48). Die identische Zielsetzung der Tarifnormen bleibt hiervon unberührt.

32

3. Entgegen der Revision steht diese Zielsetzung einer Einordnung des Samstags als Werktag iSv. § 6.1 Abs. 2 Satz 1 TVöD-K und § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K nicht zwingend entgegen. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass es sich bei dem Samstag um einen Werktag im tariflichen Sinne handelt. Dies ergibt sich aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang.

33

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mitzuberücksichtigen, sofern und soweit er in den tariflichen Regelungen und ihrem systematischen Zusammenhang Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können (BAG 27. Juli 2017 - 6 AZR 701/16 - Rn. 19).

34

b) § 6.1 Abs. 2 Satz 1 TVöD-K und § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K definieren den Begriff „Werktag“ nicht. Der allgemeine Sprachgebrauch, nach dem der Werktag ein Tag ist, an dem gearbeitet wird, lässt auch bei Annahme des Gegensatzes „Sonntag“ oder „Feiertag“ (vgl. Wahrig Deutsches Wörterbuch 9. Aufl. Stichwort „Werktag“) nicht mit hinreichender Sicherheit darauf schließen, dass der Samstag auch ein Werktag im Sinne der hier auszulegenden Tarifnormen ist. Dies folgt schon daraus, dass die Regelungen nach ihrem dargestellten Sinn und Zweck einen Bezug zu den Normaldienstleistenden aufweisen, welche ihre Arbeitsleistung typischerweise von Montag bis einschließlich Freitag erbringen.

35

c) Aus dem systematischen Zusammenhang ergibt sich jedoch, dass der Samstag als Werktag iSv. § 6.1 Abs. 2 Satz 1 TVöD-K und § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K anzusehen ist.

36

aa) Diese Normen sind Teil der in Abschnitt II TVöD-K enthaltenen Regelungen zur Arbeitszeit. § 6 TVöD-K bestimmt die regelmäßige Arbeitszeit und sieht in § 6 Abs. 1 Satz 3 TVöD-K vor, dass diese auf fünf Tage, aus notwendigen betrieblichen/dienstlichen Gründen jedoch auch auf sechs Tage verteilt werden kann. Die Tarifvertragsparteien haben damit regelmäßige Arbeit an Samstagen auch außerhalb von Schichtdienst ermöglicht. Dem entspricht, dass § 8 Abs. 1 Satz 2 Buchst. f TVöD-K für Arbeit an Samstagen von 13:00 bis 21:00 Uhr einen Zeitzuschlag von 20 vH je Stunde vorsieht, wenn diese Arbeit nicht im Rahmen von Wechselschicht- oder Schichtarbeit anfällt. Von dieser Regelung profitieren folglich nur Normaldienstleistende, wenn sie samstags in dieser Zeitspanne arbeiten. Umgekehrt ist ersichtlich, dass die Tarifvertragsparteien die Arbeit eines Normaldienstleistenden am Samstagvormittag nicht als ausgleichsbedürftig angesehen haben.

37

bb) Unabhängig von der Verteilung der regelmäßigen Arbeitszeit auf fünf oder sechs Tage definiert § 7 Abs. 1 Satz 2 TVöD-K Wechselschichtarbeit dahingehend, dass Wechselschichten wechselnde Arbeitsschichten sind, in denen ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags gearbeitet wird. Dies zeigt das tarifliche Grundverständnis des Begriffs „Werktag“. Demnach ist - entsprechend dem allgemeinen Sprachgebrauch - Werktag jeder Tag, der nicht ein Sonn- oder Feiertag ist.

38

cc) Ausgehend von diesem Grundverständnis haben die Tarifvertragsparteien die Fälle gesondert geregelt, bei denen der Samstag ausnahmsweise einem Sonn- oder Feiertag gleichgestellt wird.

39

(1) Dies betrifft die Pauschale für Rufbereitschaft. Nach § 8 Abs. 3 Satz 2 TVöD-K beträgt sie für Samstag, Sonntag sowie für Feiertage das Vierfache statt das Zweifache des tariflichen Stundenentgelts.

40

(2) Nach § 24 Abs. 1 Satz 2 TVöD-K erfolgt die Entgeltzahlung am letzten Tag des Monats (Zahltag) für den laufenden Kalendermonat auf ein von der/dem Beschäftigten benanntes Konto. Fällt der Zahltag auf einen Samstag, einen Wochenfeiertag oder den 31. Dezember, gilt der vorhergehende Werktag, fällt er auf einen Sonntag, gilt der zweite vorhergehende Werktag als Zahltag ( § 24 Abs. 1 Satz 3 TVöD-K). Die Tarifvertragsparteien haben damit bzgl. der Fälligkeit des Entgelts den Samstag einem Wochenfeiertag gleichgestellt. Schon deshalb kann entgegen der Revision aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach der Sonnabend bei der Berechnung der Zahlungsfrist für die Entrichtung der Miete nach § 556b Abs. 1 BGB nicht als Werktag anzusehen ist(BGH 13. Juli 2010 - VIII ZR 129/09 - Rn. 42 ff.), kein Rückschluss auf die Einordnung des Samstags im Rahmen des TVöD-K gezogen werden. Die Tarifvertragsparteien haben den Besonderheiten des bargeldlosen Zahlungsverkehrs mit § 24 Abs. 1 Satz 3 TVöD-K auch bezogen auf den Samstag Rechnung getragen.

41

dd) Demgegenüber sehen § 6.1 Abs. 2 Satz 1 TVöD-K und § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K keine Spezialregelung für den Samstag vor. Eine solche lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass die Rechtsfolge des § 6.1 Abs. 2 Satz 1 TVöD-K die Verminderung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit um ein Fünftel der arbeitsvertraglich vereinbarten durchschnittlichen Wochenarbeitszeit ist. Die Regelung lässt zwar erkennen, dass die Tarifvertragsparteien entsprechend § 6 Abs. 1 Satz 3 TVöD-K von einer fünftägigen Arbeitswoche als Normalfall ausgegangen sind. Dies betrifft aber nur die Verteilung der regelmäßigen Arbeitszeit auf eine bestimmte Anzahl von Wochentagen, wobei der Samstag nicht ausgenommen ist. § 6.1 Abs. 2 Satz 1 TVöD-K und § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K verwenden den Begriff „Werktag“ ohne Differenzierung danach, ob die Vollzeitbeschäftigten an fünf oder sechs Tagen in der Woche arbeiten und ob der Samstag hierbei zu den Arbeitstagen zählt. Es verbleibt daher bei dem Grundsatz, dass Werktag jeder Tag ist, der nicht ein Sonntag oder gesetzlicher Feiertag ist (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand März 2014 Teil II/3.1 BT-K § 49 Rn. 6; BeckOK TVöD/Welkoborsky Stand 1. Juni 2016 TVöD-AT § 6 Rn. 21). Dies umfasst den Samstag.

42

d) Die Revision weist zutreffend darauf hin, dass in der Konsequenz eine punktuelle Besserstellung von Schichtdienstleistenden gegenüber Normaldienstleistenden, die ihre regelmäßige Arbeitszeit von Montag bis einschließlich Freitag zu erbringen haben, eintritt. Fällt ein (Vor-)Feiertag auf einen Samstag, hat dies für solche Normaldienstleistenden keine Auswirkung auf das Volumen der zu leistenden Arbeitszeit. Anders verhält es sich bei einem im Schichtdienst Beschäftigten, welcher dienstplanmäßig an diesem Samstag ebenfalls nicht zu arbeiten hat. Seine Sollarbeitszeit vermindert sich gemäß § 6.1 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b TVöD-K bzw. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K. In dieser Konstellation hat der Schichtdienstleistende für das Tabellenentgelt weniger Arbeitsleistung als der Normaldienstleistende zu erbringen. Entgegen der Revision steht dies einer Einordnung des Samstags als Werktag aber nicht zwingend entgegen. Bei dem Zusammenfallen eines (Vor-)Feiertags mit einem Samstag handelt es sich viel-mehr um eine Ausnahmesituation, welche von den Tarifvertragsparteien nicht speziell geregelt wurde und einer solchen Regelung auch nicht bedurfte.

43

aa) Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar grundrechtsgebunden. Die Schutzfunktion der Grundrechte verpflichtet die Arbeitsgerichte jedoch, Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheits- und sachwidrigen Differenzierungen führen und deshalb Art. 3 Abs. 1 GG verletzen(BAG 22. März 2017 - 4 ABR 54/14 - Rn. 25; 15. Dezember 2015 - 9 AZR 611/14 - Rn. 27). Den Tarifvertragsparteien kommt als selbständigen Grundrechtsträgern aufgrund der von Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Wie weit dieser Spielraum reicht, hängt von den Differenzierungsmerkmalen im Einzelfall ab. Den Tarifvertragsparteien steht hinsichtlich der tatsächlichen Gegebenheiten und der betroffenen Interessen eine Einschätzungsprärogative zu. Sie sind nicht verpflichtet, die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen (BAG 22. September 2016 - 6 AZR 432/15 - Rn. 22 mwN). Es genügt, wenn für die getroffene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund vorliegt (BAG 27. Juli 2017 - 6 AZR 701/16 - Rn. 32; 26. April 2017 - 10 AZR 856/15 - Rn. 28). Bei der Regelung von Massenerscheinungen liegt es in der Natur der Sache, dass es zu Randunschärfen kommt und die Regelung nicht jedem Einzelfall gerecht werden kann (vgl. BAG 8. Dezember 2011 - 6 AZR 319/09 - Rn. 32, BAGE 140, 83).

44

bb) Die Tarifvertragsparteien haben mit § 6.1 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b TVöD-K bzw. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K ihren Gestaltungsspielraum nicht überschritten.

45

(1) Normaldienstleistende und Schichtdienstleistende sind vollumfänglich gleichgestellt, soweit der (Vor-)Feiertag auf einen Werktag fällt und der Normaldienstleistende deswegen bei unveränderter Vergütung nicht arbeiten muss (vgl. § 2 Abs. 1 EFZG bzw. § 6 Abs. 3 Satz 1 TVöD-K). Ist ein Schichtdienstleistender an diesem Tag ebenfalls wegen des (Vor-)Feiertags von seiner Arbeitspflicht befreit, gilt für ihn dasselbe.

46

(2) Muss der Schichtdienstleistende nicht wegen des auf einen Werktag fallenden (Vor-)Feiertags, sondern hiervon unabhängig nach seinem Dienstplan nicht arbeiten, greift die Sollstundenreduzierung nach § 6.1 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b TVöD-K bzw. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K und bewirkt im Normalfall die Gleichstellung mit dem Normaldienstleistenden hinsichtlich des für eine reguläre Vergütung zu erbringenden Arbeitszeitvolumens. Im Regelfall wird die Arbeitszeit des Normaldienstleistenden bei Vollzeitbeschäftigung auf Montag bis einschließlich Freitag verteilt sein. Dies entspricht der zB im Verwaltungsbereich üblichen Praxis. Da (Vor-)Feiertage häufiger auf diesen Zeitraum als auf Samstage entfallen, haben die Tarifvertragsparteien eine weitgehende Gleichstellung der Beschäftigten geschaffen.

47

(3) Demgegenüber handelt es sich um einen Ausnahmefall, wenn der (Vor-)Feiertag auf einen Samstag fällt, an dem die Normaldienstleistenden ohnehin nicht arbeiten müssen. Nur in dieser Konstellation entsteht die von der Revision angeführte Besserstellung von Schichtdienstleistenden. Die Tarifvertragsparteien durften dies hinnehmen, auch wenn die ursprünglich angestrebte Gleichstellung der Schichtdienstleistenden mit den Normaldienstleistenden insoweit in eine Besserstellung umschlägt. Dies folgt schon daraus, dass die Tarifvertragsparteien im Grundsatz berechtigt sind, unterschiedliche Arbeitszeitregelungen für Schichtdienstleistende und Normaldienstleistende zu vereinbaren. Beide Gruppen sind hinsichtlich der Verteilung ihrer Arbeitszeit nicht vergleichbar, da es sich bei Schichtdienst um ein besonderes Arbeitszeitmodell handelt. Dem haben die Tarifvertragsparteien neben § 6.1 Abs. 2 Satz 1 TVöD-K bzw. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K mit § 7 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 8 Buchst. c TVöD-K sowie § 8 Abs. 1, Abs. 5 und Abs. 6 TVöD-K Rechnung getragen. Angesichts der mit Wechselschicht- und Schichtarbeit verbundenen Belastungen konnten die Tarifvertragsparteien auch eine geringfügige Besserstellung der Schichtdienstleistenden im Falle eines auf einen Samstag fallenden (Vor-)Feiertags begründen.

48

4. Die Beklagte ist demnach gemäß § 611 Abs. 1 BGB iVm. § 6.1 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b TVöD-K bzw. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K zur Beseitigung des tarifwidrigen Zustands verpflichtet, die um 15,4 Stunden verminderte Sollarbeitszeit der Klägerin bei der Dienstplangestaltung für den Monat nach dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens umzusetzen.

49

a) Die regelmäßige Arbeitszeit der Klägerin verminderte sich gemäß § 6.1 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b TVöD-K für den gesetzlichen Feiertag am 1. Januar 2011 um 7,7 dienstplanmäßig ausgefallene Stunden. Die Klägerin hat ihre Arbeitsleistung unstreitig nach den Vorgaben eines Dienstplans zu erbringen, der Wechselschichtdienst an sieben Tagen in der Woche vorsieht. Sie war dienstplanmäßig am 1. Januar 2011 nicht zur Arbeit eingeteilt. Bei diesem Tag handelte es sich um einen Feiertag (Neujahr), der auf einen Samstag und damit aus den genannten Gründen auf einen Werktag im Tarifsinn fiel. Die Verminderung der Sollarbeitszeit beläuft sich auf 7,7 Stunden, da es sich hierbei um ein Fünftel der arbeitsvertraglich vereinbarten durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden handelt.

50

b) Eine weitere Verminderung der Sollarbeitszeit um 7,7 Stunden folgt aus § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K. Die Klägerin hatte am 24. Dezember 2011 dienstplanmäßig frei. Dieser Tag war ebenfalls ein Samstag. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass an diesem Tag 7,7 Stunden dienstplanmäßig ausgefallen sind.

51

IV. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel     

        

        

        

    Uwe Zabel     

        

    Augat    

                 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 27. August 2015 - 5 Sa 87/15 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung tarifvertraglicher Mehrarbeitszuschläge für von ihr über die vertraglich vereinbarte Teilzeitbeschäftigung hinaus geleistete Arbeitsstunden.

2

Die Klägerin arbeitet bei der Beklagten, einem Cateringunternehmen, als Verkäuferin. Ihre monatliche Arbeitszeit beträgt 97,6 Stunden. Sie erhält eine Vergütung von 9,49 Euro brutto pro Stunde. Bei der Beklagten werden zusätzlich geleistete Arbeitsstunden einschließlich etwaig anfallender Mehrarbeitszuschläge stets am Ende des Folgemonats abgerechnet und ausgezahlt. Ein Arbeitszeitkonto wird für die Arbeitnehmer nicht geführt.

3

Aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die zwischen der Beklagten und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten abgeschlossenen Haustarifverträge Anwendung, insbesondere der Manteltarifvertrag vom 15. Juni 2013 (MTV). Dieser enthält ua. folgende Regelungen:

        

§ 3 – Arbeitszeit, Pausen und Ruhezeiten

        

1.    

Arbeitszeit (bis 31.12.2014)

                 

Die durchschnittliche Arbeitszeit, ausschließlich der Pausen, beträgt bis zum 31.12.2014 wöchentlich 40 Stunden. Diese sind an 5 Arbeitstagen innerhalb der Woche von Montag (0.00 Uhr) bis Sonntag (24.00 Uhr) abzuleisten. Dabei sind folgende Ober- und Untergrenzen für Vollzeitkräfte zu berücksichtigen:

                 

1.    

Die tägliche Arbeitszeit darf 5 Stunden nicht unter- und 10 Stunden nicht überschreiten.

                 

2.    

Die wöchentliche Arbeitszeit darf 28 Stunden nicht unter- und 48 Stunden nicht überschreiten.

                 

3.    

Die monatliche Arbeitszeit darf 139 Stunden nicht unter- und 200 Stunden nicht überschreiten.

                 

Für Teilzeitkräfte gelten die obigen Arbeitszeitgrenzen entsprechend des Verhältnisses der mit ihnen vereinbarten Arbeitszeit zur Vollzeitarbeit. Davon abweichende Ober- und Untergrenzen können gelten, sofern der/die Arbeitnehmer/in ausdrücklich sein/ihr Einverständnis erklären.

                 

…       

        

§ 4 – Zuschlagspflichtige Tätigkeiten

        

1.    

Mehrarbeit

                 

Mehrarbeit ist zu vermeiden.

                 

Die über die regelmäßige quartalsmäßige Arbeitszeit hinaus angeordnete und geleistete Arbeit, die nicht innerhalb des Quartals mit Freizeit ausgeglichen wurde, ist Mehrarbeit. Diese ist mit dem tariflichen Stundenlohn, zuzüglich 25 % Zuschlag, zu vergüten.

                 

Mehrarbeit kann im Folgequartal in Freizeit oder in Geld abgegolten werden. Hierüber ist eine einvernehmliche Lösung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer/Arbeitnehmerin in jedem Einzelfall herzustellen. Freizeit wird im Verhältnis 1:1 gewährt. Die anfallenden Mehrarbeitszuschläge von 25 % werden in Geld bezahlt.“

4

In § 13 MTV ist eine zweistufige Ausschlussfrist geregelt. Danach müssen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis ua. innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.

5

Die Klägerin leistete von April bis September 2014 über ihre vertraglich vereinbarte Teilzeitbeschäftigung von monatlich 97,6 Stunden hinaus folgende weitere Arbeitsstunden:

        

April:

98,41 Stunden

        

Mai:   

64,41 Stunden

        

Juni: 

57,41 Stunden

        

Juli: 

86,41 Stunden

        

August:

63,20 Stunden

        

September:

82,41 Stunden

6

Die Beklagte vergütete diese zusätzlichen Arbeitsstunden mit dem vereinbarten Stundenlohn. Einen Mehrarbeitszuschlag von 25 % zahlte die Beklagte jedenfalls für die Monate Mai, Juni und August 2014 nicht. Ob die Beklagte an die Klägerin für die Monate April und Juli 2014 für 22,5 bzw. 10,5 Stunden Mehrarbeitszuschläge gezahlt hat, ist zwischen den Parteien streitig. Für den Monat September 2014 zahlte die Beklagte an die Klägerin einen Mehrarbeitszuschlag für 6,5 Arbeitsstunden.

7

Mit Schreiben vom 29. August 2014, welches der Beklagten am 8. September 2014 zugegangen ist, beanspruchte die Klägerin tarifvertragliche Mehrarbeitszuschläge für alle von April bis Juni 2014 über ihre vereinbarte Teilzeitbeschäftigung hinausgehenden Arbeitsstunden. Mit ihrer im November 2014 erhobenen Klage begehrt die Klägerin tarifliche Mehrarbeitszuschläge für die von ihr im Zeitraum April bis September 2014 geleisteten zusätzlichen Arbeitsstunden abzüglich der bereits für September gezahlten Zuschläge für 6,5 Stunden.

8

Die Klägerin hat gemeint, der tarifvertragliche Mehrarbeitszuschlag sei für jede Arbeitsstunde, die sie über ihre individuell vereinbarte Teilzeitbeschäftigung von monatlich 97,6 Stunden hinaus leiste, zu zahlen. Außer für 6,5 Stunden im September 2014 habe die Beklagte keine Mehrarbeitszuschläge an sie gezahlt. Die Mehrarbeitszuschläge für April 2014 seien nicht verfallen, da diese nach der tarifvertraglichen Regelung erst nach Ablauf des Quartals fällig gewesen seien.

9

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.057,55 Euro brutto zuzüglich Verzugszinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Oktober 2014 zu zahlen.

10

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, eine Auslegung des MTV ergebe, dass Mehrarbeitszuschläge nur für die Arbeitsstunden zu zahlen seien, die die tarifvertragliche monatliche Arbeitszeit eines Vollzeitarbeitnehmers von 173,5 Stunden überstiegen. Die danach begründeten Mehrarbeitszuschläge für die Monate April, Juli und September 2014 habe die Beklagte an die Klägerin ausgezahlt. Der von der Klägerin für den Monat April 2014 geforderte Mehrarbeitszuschlag sei Ende Mai 2014 zur Zahlung fällig gewesen und mangels rechtzeitiger Geltendmachung verfallen.

11

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage im Wesentlichen abgewiesen und die Beklagte lediglich zur Zahlung von 24,91 Euro brutto zuzüglich Zinsen als Zuschlag für 10,5 Mehrarbeitsstunden im Juli 2014 verurteilt. Hinsichtlich dieses Teils ist das Urteil des Landesarbeitsgerichts rechtskräftig. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die vollständige Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage, soweit sie Gegenstand des Revisionsverfahrens ist, zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die von ihr begehrten tarifvertraglichen Mehrarbeitszuschläge für Arbeitsstunden, die nur ihre individuell vereinbarte monatliche Arbeitszeit übersteigen. Dies ergibt eine Auslegung von § 4 Nr. 1 MTV(dazu I.). Mehrarbeitszuschläge für Arbeitsstunden der Klägerin im April 2014, die die Arbeitszeit eines Vollzeitarbeitnehmers übersteigen, sind mangels rechtzeitiger Geltendmachung gemäß § 13 Nr. 1 MTV verfallen(dazu II.).

13

I. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln.

14

1. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mitzuberücksichtigen, sofern und soweit er in den tariflichen Regelungen und ihrem systematischen Zusammenhang Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt. Die Auslegung eines Tarifvertrags durch das Berufungsgericht ist in der Revisionsinstanz in vollem Umfang nachzuprüfen (BAG 2. November 2016 - 10 AZR 615/15 - Rn. 14 mwN).

15

2. Bei der Wortlautauslegung ist, wenn die Tarifvertragsparteien einen Begriff nicht eigenständig definieren, erläutern oder einen feststehenden Rechtsbegriff verwenden, vom allgemeinen Sprachgebrauch auszugehen. Wird ein Fachbegriff verwendet, der in allgemeinen oder in fachlichen Kreisen eine bestimmte Bedeutung hat, ist davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien mit diesem Begriff den allgemein üblichen Sinn verbinden wollten, wenn nicht sichere Anhaltspunkte für eine abweichende Auslegung gegeben sind, die aus dem Tarifwortlaut oder anderen aus dem Tarifvertrag selbst ersichtlichen Gründen erkennbar sein müssen. Wird ein bestimmter Begriff mehrfach in einem Tarifvertrag verwendet, ist im Zweifel weiter davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien dem Begriff im Geltungsbereich dieses Tarifvertrags stets die gleiche Bedeutung beimessen wollen (BAG 2. November 2016 - 10 AZR 615/15 - Rn. 15 mwN).

16

3. Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs sind Mehrarbeitszuschläge nach § 4 Nr. 1 MTV nur für Arbeitsstunden zu zahlen, die die tarifvertraglich geregelte Arbeitszeit eines Vollzeitarbeitnehmers übersteigen, nicht aber schon für Arbeitsstunden, die über die vertraglich vereinbarte Teilzeitbeschäftigung der Klägerin hinausgehen.

17

a) Der Begriff „Mehrarbeit“ der tarifvertraglichen Regelung hat für sich betrachtet keinen hinreichend konkreten Regelungsgehalt. Soweit man aus dem Wortlaut etwas ableiten kann, spricht dies allerdings eher für ein Verständnis, wonach „Mehrarbeit“ nur die Arbeitsstunden betrifft, die über die Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten hinausgehen.

18

aa) Nach § 4 Nr. 1 Abs. 1 Satz 2 MTV ist „Mehrarbeit“ die „über die regelmäßige quartalsmäßige Arbeitszeit hinaus angeordnete und geleistete Arbeit, die nicht innerhalb des Quartals mit Freizeit ausgeglichen wurde“. Diese Definition lässt offen, ob die „regelmäßige“ Arbeitszeit individuell oder betrieblich zu verstehen ist. Zwar kann die Bezeichnung von Arbeitszeit als „regelmäßig“ in einem Tarifvertrag darauf hindeuten, dass es um die dort geregelte Arbeitszeit geht, die Vollzeitarbeitnehmer betrifft. Allerdings folgt auch die einzelvertraglich vereinbarte Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten „Regelungen“, wie sie die Vertragsparteien getroffen haben.

19

bb) Der Begriff der „Mehrarbeit“ wird weder im allgemeinen Sprachgebrauch noch im juristischen Bereich in klarer Abgrenzung gegenüber dem Begriff der „Überstunden“ verwendet. Ein allgemein gültiges Begriffsverständnis des Inhalts, dass mit „Mehrarbeit“ stets nur Arbeitsstunden bezeichnet werden, die über die im Betrieb übliche Arbeitszeit hinaus geleistet werden, während sich „Überstunden“ auf das Überschreiten der individuellen Arbeitszeit beziehen, besteht nicht.

20

(1) Dies zeigen schon § 7 Abs. 6 und 7 TVöD-AT bzw. TV-L. Dort wird der Begriff „Mehrarbeit“ gerade umgekehrt auf ein Überschreiten der individuellen Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten bezogen und der Begriff „Überstunden“ an der Arbeitszeit von Vollbeschäftigten gemessen. Auch in dem von der Beklagten vorformulierten Arbeitsvertrag wird in § 3 Abs. 4 betreffend das Weisungsrecht von Vorgesetzten der Begriff „Mehrarbeit“ offenkundig mit dem Überschreiten der individuellen Arbeitszeit in Verbindung gebracht.

21

(2) Demgegenüber wird in der Rechtsprechung verschiedentlich Mehrarbeit „nach dem arbeitsrechtlichen Sprachgebrauch“ bzw. „nach der herkömmlichen arbeitsrechtlichen Begriffsverwendung“ nicht auf individuelle Vereinbarungen bezogen, sondern als die Arbeit angesehen, die über die gesetzliche Arbeitszeit hinausgeht (vgl. BAG 21. November 2006 - 9 AZR 176/06 - Rn. 21; 3. Dezember 2002 - 9 AZR 462/01 - zu A II 1 b aa (1) der Gründe, BAGE 104, 73). Aber selbst im arbeitsrechtlichen Schrifttum werden die Begriffe „Mehrarbeit“ und „Überstunden“ nicht klar voneinander getrennt (vgl. ErfK/Wank 17. Aufl. § 3 ArbZG Rn. 23).

22

(3) Soweit der Begriff „Mehrarbeit“ in gesetzlichen Regelungen verwendet wird, bezieht er sich allerdings durchweg nicht auf das Überschreiten einer individuell vereinbarten Arbeitszeit, sondern auf die regelmäßige betriebliche oder gesetzlich höchstzulässige Arbeitszeit (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 1 MuSchG, § 21 Abs. 2 iVm. § 8 JArbSchG sowie den bis 30. Juni 1994 geltenden § 15 AZO). Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch für den in § 124 SGB IX(vgl. 3. Dezember 2002 - 9 AZR 462/01 - zu A II 1 b aa der Gründe, BAGE 104, 73) und in § 37 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 BetrVG (vgl. BAG 7. Februar 1985 - 6 AZR 370/82 -) verwendeten Begriff „Mehrarbeit“.

23

b) Der Begriff „regelmäßige Arbeitszeit“ spricht nach Wortlaut und seiner systematischen Verwendung im MTV bereits deutlich für eine Auslegung, wonach „Mehrarbeit“ nur die Arbeitsstunden betrifft, die über die Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten hinausgehen.

24

Zwar ist in § 3 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 MTV, der die Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten regelt, von der „durchschnittlichen Arbeitszeit“ die Rede und nicht - wie in § 4 Nr. 1 Abs. 1 Satz 2 MTV, der zuschlagpflichtige Mehrarbeit betrifft - von der „regelmäßigen Arbeitszeit“. Darin liegt aber kein inhaltlicher Unterschied. Die Begriffe „durchschnittlich“ und „regelmäßig“ werden im MTV synonym verwendet. Dies zeigt § 3 Nr. 3 Abs. 1 Satz 2 MTV, der von einer „regelmäßigen 40-Stunden-Woche“ spricht. Die dort geregelte Arbeitszeitverkürzung wird für Teilzeitbeschäftigte in § 3 Nr. 3 Abs. 1 Satz 6 MTV aus einer Gegenüberstellung der „tatsächlich geleisteten, mindestens aber der vereinbarten Arbeitszeit“ eines Teilzeitbeschäftigten mit der „regelmäßigen betrieblichen Arbeitszeit“ gebildet. Dies spricht für das Verständnis, wonach mit „regelmäßiger Arbeitszeit“ - auch im Sinne von § 4 Nr. 1 MTV - die betriebliche Arbeitszeit (eines Vollzeitbeschäftigten) gemäß § 3 MTV gemeint ist.

25

c) Die übrige Systematik der tarifvertraglichen Regelung macht deutlich, dass die „regelmäßige quartalsmäßige Arbeitszeit“ iSv. § 4 Nr. 1 MTV die betriebliche Arbeitszeit eines Vollzeitarbeitnehmers meint und nicht die individuelle Arbeitszeit eines Teilzeitarbeitnehmers.

26

Der MTV beinhaltet eine Reihe von Sonderregelungen für Teilzeitbeschäftigte (vgl. § 3 Nr. 1 Abs. 3 MTV (durchschnittliche Arbeitszeit bis 31. Dezember 2014), § 3 Nr. 2 Abs. 3 MTV (durchschnittliche Arbeitszeit ab 1. Januar 2015), § 3 Nr. 3 Abs. 1 Satz 6 MTV (Arbeitszeitverkürzung für Teilzeitbeschäftigte), § 5 Nr. 4 Abs. 2 MTV (Entgeltfortzahlung), § 5 Nr. 5 Abs. 2 MTV (regelmäßiges Monatseinkommen), § 8 Nr. 13 Abs. 3 Satz 2 MTV (zusätzliches Urlaubsgeld), § 10 Abs. 2 MTV (Jahressonderzuwendung)). Bezüglich der Zuschlagpflicht von Mehrarbeit gemäß § 4 Nr. 1 MTV fehlt eine solche Sonderregel für Teilzeitbeschäftigte. Dies zeigt, dass die Tarifvertragsparteien, die die besondere Stellung von Teilzeitarbeitnehmern im Übrigen vielfältig bedacht haben, für die Zuschlagpflicht von Mehrarbeitsstunden keine Veranlassung sahen, eine Stundengrenze abweichend von der für Vollzeitarbeitnehmer zu schaffen. Soweit im MTV besondere Regelungen für Teilzeitarbeitnehmer getroffen sind, wird dort ferner durchweg von der „vereinbarten“ oder der „tatsächlich geleisteten, mindestens aber der vereinbarten“ Arbeitszeit gesprochen. Diese Systematik unterstreicht, dass der Wortlaut von § 4 Nr. 1 MTV („regelmäßige quartalsmäßige Arbeitszeit“) nicht auf die mit Teilzeitbeschäftigten vereinbarte Arbeitszeit bezogen ist.

27

d) Sinn und Zweck der tarifvertraglichen Regelung bestätigen dieses Auslegungsergebnis.

28

aa) Eine tarifvertragliche Bestimmung, die den Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge allein davon abhängig macht, dass über ein bestimmtes Tages- oder Wochenarbeitsvolumen oder das Monatssoll hinaus gearbeitet wurde, bezweckt regelmäßig, eine grundsätzlich zu vermeidende besondere Arbeitsbelastung durch ein zusätzliches Entgelt auszugleichen (vgl. BAG 14. September 2011 - 10 AZR 358/10 - Rn. 26; 27. August 2008 - 5 AZR 647/07 - Rn. 12 mwN). Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Tarifvertrag selbst Anhaltspunkte dafür enthält, dass andere Regelungszwecke im Vordergrund stehen. Ohne solche Anhaltspunkte kann nicht davon ausgegangen werden, dass es den Tarifvertragsparteien darum geht, durch Verteuerung der über die individuell geschuldete Arbeitsleistung hinausgehenden Arbeitszeiten den individuellen Freizeitbereich zu schützen (BAG 5. November 2003 - 5 AZR 8/03 - zu III 1 der Gründe; 20. Juni 1995 - 3 AZR 684/93 - zu II 2 b der Gründe). Auf die Frage, welcher Zweck typischerweise mit einer Tarifregelung verfolgt wird, kann es jedoch nicht ankommen, wenn bei mehreren denkbaren Zwecken der von den Tarifvertragsparteien gewollte Zweck durch Tarifauslegung ermittelt werden kann. Dann ist allein dieser Zweck maßgebend, weil er Inhalt der durch die Tarifautonomie (Art. 9 Abs. 3 GG) geschützten kollektiven Regelung geworden ist (BAG 25. Juli 1996 - 6 AZR 138/94 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 83, 327).

29

bb) Die tarifvertragliche Regelung benennt selbst nicht unmittelbar den Zweck der Mehrarbeitszuschläge. Zwar kann § 4 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 MTV - wonach Mehrarbeit zu vermeiden ist - für das häufig von Gewerkschaftsseite verfolgte arbeitsmarktpolitische Ziel der Verteilung der Arbeit auf Arbeitslose und der Sicherung von Arbeitsplätzen sprechen. Dies könnte darauf hindeuten, dass Regelungszweck die Zuschlagpflicht für alle Arbeitsstunden ist, die die individuell vereinbarte Arbeitszeit übersteigen. Die Bestimmung kann aber auch so verstanden werden, dass Mehrarbeit wegen der damit verbundenen gesundheitlichen Belastungen zu vermeiden ist. Insoweit würde ein systematischer Zusammenhang mit der Regelung von Zuschlägen für Nachtarbeit in § 4 Nr. 2 MTV bestehen, die eine vom Gesetzgeber als gesundheitlich belastende Tätigkeit betrifft(vgl. § 1 Nr. 1 iVm. § 6 ArbZG). Dann wäre Anknüpfungspunkt der Zuschläge das Übersteigen einer bestimmten Arbeitszeitdauer, die für Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigte nicht unterschiedlich zu beurteilen wäre. Demgegenüber könnten die ebenfalls in § 4 MTV geregelten Zuschläge für Arbeit an Feiertagen(§ 4 Nr. 3 MTV)und an Sonntagen (§ 4 Nr. 4 MTV) für den Schutz des individuellen Freizeitbereichs sprechen, wenngleich sie aber auch den Ausgleich von Erschwernissen für Arbeit zu ungünstigen Zeiten betreffen (vgl. BAG 17. Juni 2015 - 10 AZR 518/14 - Rn. 28).

30

cc) Die quartalsbezogene Betrachtung und Ausgleichsmöglichkeit in § 4 Nr. 1 MTV zeigt aber deutlich, dass die tarifvertragliche Regelung nicht den Schutz des individuellen Freizeitbereichs bezweckt. Eingriffe des Arbeitgebers in den individuellen Freizeitbereich des Arbeitnehmers können ggfs. ohne Mehrarbeitszuschläge dadurch kompensiert werden, dass der Arbeitnehmer in anderen Zeiträumen Freizeit erhält, ohne darüber selbst - etwa im Rahmen eines Arbeitszeitkontos - bestimmen zu können. Damit verbleibt es bei dem regelmäßigen Zweck eines Mehrarbeitszuschlags, durch das zusätzliche Entgelt eine besondere Arbeitsbelastung auszugleichen. Dieser Zweck verlangt einen finanziellen Ausgleich erst dann, wenn die Arbeitszeit Vollzeitbeschäftigter überschritten wird.

31

dd) Soweit die Klägerin meint, mit dem Zuschlag könne kein Ausgleich für die besondere mit der Mehrarbeit verbundene Arbeitsbelastung bezweckt werden, da in § 4 Nr. 1 MTV an das Quartal und nicht die arbeitstägliche Arbeitszeit oder die Wochenarbeitszeit angeknüpft werde, trifft dies nicht zu. Das Bundesarbeitsgericht hat auch bei einem Ausgleichszeitraum von einem Monat als Ausgleichszweck eines Mehrarbeitszuschlags die erhöhten Arbeitsbelastungen durch die Mehrarbeit angesehen (vgl. BAG 11. Juni 2008 - 5 AZR 389/07 - Rn. 12; 5. November 2003 - 5 AZR 8/03 - zu III 2 e der Gründe). Auch mit § 4 Nr. 1 MTV soll eine Dauerbelastung im Zeitraum eines Quartals ausgeglichen werden. Belastungen innerhalb des Quartals, die über die flexible Arbeitszeitgestaltung ausgeglichen werden, sollen demgegenüber nicht zuschlagpflichtig sein. Diese Annahme liegt in der Einschätzungsprärogative und dem Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien. Ob die Tarifvertragsparteien die gerechteste oder zweckmäßigste Lösung gefunden haben, unterliegt nicht der gerichtlichen Kontrolle. Das Abstellen auf längere Ausgleichszeiträume ist im Übrigen auch dem ArbZG nicht fremd (vgl. bspw. § 3 Satz 2 ArbZG).

32

e) Angesichts des nach Systematik und Zweck der tarifvertraglichen Regelung klaren Auslegungsergebnisses kommt es auf die Entstehungsgeschichte, die dieses bestätigen würde, nicht weiter an. Das Landesarbeitsgericht hat in diesem Zusammenhang festgestellt, die tarifvertragsschließende Gewerkschaft habe bei den letzten Tarifvertragsverhandlungen im Dezember 2011 ohne Erfolg gefordert, dass künftig durch eine neue Formulierung Mehrarbeitszuschläge bei Teilzeitarbeitnehmern schon ab Überschreiten der individuell vereinbarten Arbeitszeit gezahlt werden sollen.

33

4. Das vorstehende Auslegungsergebnis verstößt nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen § 4 Abs. 1 TzBfG(vgl. BAG 5. November 2003 - 5 AZR 8/03 -; EuGH 15. Dezember 1994 - C-399/92 -). Eine Ungleichbehandlung von Voll- und Teilzeitbeschäftigten ist nicht gegeben. Für die gleiche Anzahl von Arbeitsstunden wird für Teilzeit- und Vollzeitarbeitnehmer die gleiche Gesamtvergütung geschuldet.

34

II. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung weiterer Mehrarbeitszuschläge für Arbeitsstunden zu, die im streitgegenständlichen Zeitraum die Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten übersteigen.

35

1. Die Klägerin hat im streitgegenständlichen Zeitraum nur in den Monaten April, Juli und September 2014 die tarifvertragliche Arbeitszeit eines Vollzeitarbeitnehmers überschritten, nicht aber in den Monaten Mai, Juni und August 2014. Den insoweit für 6,5 Mehrarbeitsstunden im September 2014 geschuldeten und nicht Gegenstand der Klage gewesenen Zuschlag hat die Beklagte an die Klägerin gezahlt. Zur Zahlung eines Zuschlags für 10,5 Mehrarbeitsstunden im Juli 2014 ist die Beklagte vom Landesarbeitsgericht rechtskräftig verurteilt worden.

36

2. Betreffend 22,5 Mehrarbeitsstunden im April 2014 ist die Klage auf Zahlung eines Zuschlags unbegründet. Der diesbezügliche Anspruch der Klägerin ist mangels rechtzeitiger schriftlicher Geltendmachung gemäß § 13 Nr. 1 MTV verfallen.

37

a) Nach § 13 Nr. 1 MTV müssen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden, anderenfalls sind sie ausgeschlossen.

38

b) Das Geltendmachungsschreiben der Klägerin vom 29. August 2014, welches auch Mehrarbeitszuschläge für April 2014 betraf, ist erst am 8. September 2014 bei der Beklagten eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt war die dreimonatige Frist zur schriftlichen Geltendmachung des Anspruchs bereits abgelaufen, da der Anspruch bereits Ende Mai 2014 zur Zahlung fällig war.

39

aa) Allerdings sieht die Regelung in § 4 Nr. 1 MTV eine quartalsmäßige Betrachtung und Bezahlung von Mehrarbeit vor. In diesem Fall wäre die schriftliche Geltendmachung rechtzeitig gewesen.

40

bb) Vorliegend haben sich die Parteien aber auf eine von § 4 Nr. 1 MTV abweichende Fälligkeit geeinigt. Mehrarbeitsstunden und deren Zuschläge werden nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts von der Beklagten stets am Ende des Folgemonats abgerechnet und ausgezahlt. Der entsprechenden Handhabung der Beklagten hat die Klägerin konkludent zugestimmt, wie ihre eigene auf die einzelnen Monate bezogene Berechnung zeigt. Da der MTV nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nur kraft einzelvertraglicher Bezugnahme gilt, konnten die Parteien durch konkludente Vereinbarung von einer quartalsmäßigen Betrachtung und Bezahlung absehen. Die einfache Schriftformklausel in § 9 Abs. 3 Satz 1 des Arbeitsvertrags steht dem nicht entgegen(vgl. BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 17, BAGE 139, 156).

41

cc) Selbst bei unterstellter beiderseitiger Tarifgebundenheit der Parteien und normativer Geltung des MTV würde sich nichts anderes ergeben. Die monatliche Betrachtung der Mehrarbeit und die Fälligkeit der Zuschläge am Ende des Folgemonats stellen im Rahmen des gebotenen Sachgruppenvergleichs (vgl. BAG 15. April 2015 - 4 AZR 587/13 - Rn. 27 ff. mwN, BAGE 151, 221) eine Regelung zugunsten der Klägerin iSv. § 4 Abs. 3 TVG dar. Mehrarbeitsstunden eines Monats können - anders als von § 4 Nr. 1 Abs. 1 MTV vorgesehen - nicht mit Freizeit in einem anderen Monat des Quartals unter Fortfall der Zuschläge ausgeglichen werden. Die Klägerin hätte bei einer quartalsmäßigen Betrachtung bspw. im zweiten Quartal 2014 keinerlei Mehrarbeitszuschläge zu beanspruchen, da die von ihr geleisteten 513,03 Arbeitsstunden die Mehrarbeitsgrenze von 520,5 Stunden (3 x 173,5 Stunden) nicht überschritten haben. Ferner führt die monatliche Betrachtungsweise zu einer durchweg früheren Fälligkeit der Ansprüche, was ebenfalls für die Klägerin günstiger ist. Die Ausschlussfrist des § 13 Nr. 1 MTV knüpft allein an die Fälligkeit des Anspruchs an, so dass eine frühere Fälligkeit nur zu einer Verschiebung, nicht aber zu einer Verkürzung der Ausschlussfrist führt. Dabei kann die Klägerin bei der monatlichen Betrachtungsweise in dem Maße, wie die Fälligkeit früher eintritt, auch früher feststellen, ob ihr ein Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge zusteht.

42

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Linck    

        

    Brune    

        

    Schlünder    

        

        

        

    R. Bicknase    

        

    Rudolph    

                 

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

I. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 4. Dezember 2015 - 9 Sa 12/15 - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen teilweise aufgehoben und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg - Kammern Offenburg - vom 19. Mai 2015 - 5 Ca 478/14 - teilweise abgeändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.909,65 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30. Dezember 2014 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 67 % und die Beklagte zu 33 % zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Mehrarbeitsvergütung.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten, einem Entsorgungs- und Recyclingunternehmen, vom 19. Mai 2008 bis zum 31. Mai 2014 als Wiegemeisterin beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis der Parteien lag zunächst ein Arbeitsvertrag vom 13. Mai 2008 (im Folgenden Arbeitsvertrag 2008) zugrunde, in dem ua. geregelt war:

        

㤠1

        

…       

        

4. Arbeitszeit:

        

Die Arbeitszeiten werden von der Betriebsleitung nach arbeitstechnischen Gesichtspunkten festgesetzt und dem Arbeitnehmer rechtzeitig im Voraus mitgeteilt.

        

Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt derzeit ca. 45,00 Stunden wöchentlich.

        

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, auf Anweisung des Arbeitgebers Mehrarbeit im Rahmen der geltenden Bestimmungen der Arbeitszeitordnung zu leisten.

        

§ 2 Arbeitsentgelt

        

1.    

Der Arbeitnehmer erhält folgendes Arbeitsentgelt (Bruttolohn) je Stunde:

                 

Grundlohn: 11,00 € / Std.

                 

…“    

3

Ab Mitte Juli 2008 arbeitete die Klägerin von Montag bis Freitag jeweils von 06:00 bis 17:00 Uhr mit einer unbezahlten Pause von 30 Minuten. Im Jahr 2010 erzielte sie einen Verdienst von 30.612,72 Euro brutto.

4

Einen später eingestellten Wiegemeister beschäftigte die Beklagte zu günstigeren Konditionen im Angestelltenverhältnis. Nachdem die Klägerin dies erfahren hatte, bat sie um Übernahme ins Angestelltenverhältnis.

5

Am 21. Februar 2011 suchten Mitarbeiterinnen der Beklagten die Klägerin in ihrem Büro auf und legten ihr nachfolgendes Schreiben vor:

        

„Übernahme ins Angestelltenverhältnis

        

Frau H

        

Derzeitiger Brutto-Monatslohn:

2.551,06 €

        

Derzeitiger Jahresverdienst:

30.612,72 €

        

Neues Brutto-Monatsgehalt:

2.500,00 €

        

Neuer Jahresverdienst (inklusive

        
        

13. Monatsgehalt)

32.500,00 €

        

➔ Ergibt eine effektive Gehaltserhöhung von 6,2 %.“

6

Zuvor hatten die Parteien besprochen, die bisherigen Arbeitszeiten der Klägerin beizubehalten.

7

Am 1. März 2011 schlossen die Parteien einen von der Beklagten formulierten „Anstellungsvertrag“ (im Folgenden Arbeitsvertrag), in dem es ua. heißt:

        

㤠3

Entgelt

        

Das monatlich nachträglich zu zahlende Bruttogehalt beträgt € 2.500,00. Der Arbeitgeber gewährt, soweit die wirtschaftlichen Verhältnisse dies zulassen, ein 13. Monatsgehalt, das mit dem Dezember-Gehalt zeitanteilig ausbezahlt wird.

        

Scheidet die Arbeitnehmerin während des Jahres aus, erfolgt eine zeitanteilige Vergütung. …

        

§ 4

Arbeitszeit

        

Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen durchschnittlich 40 Stunden wöchentlich und wird durch unser Zeiterfassungssystem erfasst.

        

Die derzeitige Arbeitszeit ist wie folgt festgelegt:

        

6:00 h

bis     

12:00 h

        

12:00 h

bis     

12:30 h (Pause)

        

12:30 h

bis     

17:00 h

        

…“    

8

Die Klägerin arbeitete nach der Vertragsänderung weiterhin an fünf Tagen der Woche zwischen 06:00 und 17:00 Uhr. Über 10,5 Stunden hinaus geleistete Arbeitsstunden machte die Klägerin als Überstunden geltend und erhielt hierfür entsprechend den von ihr gestellten Anträgen Freizeitausgleich.

9

Nach einer Beanstandung durch das Gewerbeaufsichtsamt reduzierte die Beklagte die tägliche Arbeitszeit der Klägerin ab dem 1. November 2013 auf 9,5 Stunden und kürzte das Bruttomonatsgehalt von 2.500,00 Euro auf 2.265,00 Euro. Nach Protest der Klägerin zahlte die Beklagte die Vergütungsdifferenz für die Monate November und Dezember 2013 nach. Ende Februar 2014 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich unter Berufung auf betriebsbedingte Gründe.

10

Mit der am 30. Dezember 2014 eingereichten Klage hat die Klägerin, nach vorangegangener erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung für im Zeitraum 1. März 2011 bis 30. September 2013 wöchentlich über 40 Stunden hinaus geleistete 12,5 Arbeitsstunden Vergütung verlangt. Die vereinbarte Vergütung sei nach dem Arbeitsvertrag für eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden zu zahlen. Die in § 4 Arbeitsvertrag wiedergegebenen Arbeitszeiten seien nur die betriebsüblichen Bedienzeiten an der Waage. Eine Festlegung des zeitlichen Umfangs der von ihr geschuldeten Arbeitsleistung sei damit nicht verbunden gewesen. Jedenfalls seien die über die gesetzlich zulässige Wochenarbeitszeit von 48 Stunden hinaus geleisteten Arbeitsstunden zusätzlich zu vergüten.

11

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 23.965,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. Dezember 2014 zu zahlen.

12

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, sie habe mit der Klägerin vereinbart, es solle die bisherige tägliche Arbeitszeit von 10,5 Stunden beibehalten und der Bruttojahresverdienst von 32.500,00 Euro als Gegenleistung für eine wöchentliche Arbeitsleistung von 52,5 Stunden gezahlt werden. Die Klägerin habe durch die Änderung des Vertrags eine Gehaltserhöhung von 6,2 % erhalten sollen und nicht von 33,99 %. Zur Erwähnung von 40 Stunden im Arbeitsvertrag sei es gekommen, weil ein Formulararbeitsvertrag verwendet wurde. Die über das gesetzlich zulässige Maß hinaus geleistete Arbeitszeit sei nicht zu vergüten. Dies gebiete der Schutzzweck von § 3 ArbZG. Jedenfalls seien etwaige Ansprüche der Klägerin verwirkt.

13

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision der Klägerin ist zum Teil begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen die klageabweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts zu Unrecht in vollem Umfang zurückgewiesen. Die zulässige Klage ist zum Teil begründet. Die Klägerin hat gemäß § 612 Abs. 1 und Abs. 2 BGB Anspruch auf Vergütung in Höhe von 7.909,65 Euro brutto nebst Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

15

A. Die Klage ist zulässig, insbesondere streitgegenständlich hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Streitgegenstand der Klage ist die Vergütung von wöchentlich 12,5 Arbeitsstunden, die die Klägerin unstreitig vom 1. März 2011 bis zum 30. September 2013 innerhalb einer konkret bezeichneten Zeitspanne über eine Wochenarbeitszeit von 40 Stunden hinaus arbeitete. Die Vergütung von Pausenzeiten ist nicht Gegenstand der Klage.

16

B. Die Klage ist nur zum Teil begründet.

17

Die Klägerin hat Anspruch auf Vergütung für im Zeitraum 1. März 2011 bis 30. September 2013 wöchentlich über 48 Stunden hinaus geleistete 4,5 Arbeitsstunden. Diese Stunden sind nicht mit dem vereinbarten Jahresverdienst von 32.500,00 Euro brutto entgolten. Die Klägerin schuldete für das vereinbarte Arbeitsentgelt lediglich eine Arbeitsleistung von wöchentlich 48 Stunden. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Die Beklagte hat die Vergütungsansprüche der Klägerin für wöchentlich im Streitzeitraum geleistete 48 Arbeitsstunden erfüllt, § 362 Abs. 1 BGB.

18

I. Die Parteien haben, wie vom Arbeitsgericht zutreffend erkannt, vor Unterzeichnung des von der Beklagten gestellten schriftlichen Arbeitsvertrags in einer konkludent getroffenen individuellen Vertragsabrede eine wöchentliche Arbeitszeit von 52,5 Stunden vereinbart. Dies ergibt die Auslegung der von ihnen abgegebenen nichttypischen Erklärungen, die nach § 305b BGB den Regelungen des Formulararbeitsvertrags vorgehen.

19

Individualabreden können - weiter gehend als in § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB oder § 310 Abs. 3 Nr. 2 letzter Halbsatz BGB geregelt - grundsätzlich alle Abreden zwischen den Vertragsparteien außerhalb der einseitig vom Verwender vorgegebenen Vertragsbedingungen sein. Sie können sowohl ausdrücklich als auch konkludent getroffen werden (vgl. BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 39, BAGE 139, 156). Auch können sie auf mündlichen Erklärungen der Parteien beruhen (vgl. BAG 20. Mai 2008 - 9 AZR 382/07 - Rn. 27 ff., BAGE 126, 364). Eine solche Abrede haben die Parteien getroffen, indem sie vor Unterzeichnung des von der Beklagten gestellten schriftlichen Arbeitsvertrags den Umfang der von der Klägerin zu erbringenden Arbeitsleistung und die Höhe der hierfür von der Beklagten als Gegenleistung geschuldeten Vergütung vereinbarten. Die Vereinbarung hat im Rahmen ihrer Wirksamkeit vor den Regelungen des von der Beklagten gestellten schriftlichen Arbeitsvertrags Vorrang.

20

1. Welche Rechtsqualität und welchen Umfang atypische Erklärungen der Parteien haben, ist durch Auslegung zu ermitteln (vgl. BAG 21. Juni 2011 - 9 AZR 203/10 - Rn. 20, BAGE 138, 136). Die Auslegung von atypischen Willenserklärungen ist grundsätzlich Sache der Tatsachengerichte. Sie kann in der Revision nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt oder gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen, wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen oder eine gebotene Auslegung unterlassen hat (st. Rspr., vgl. BAG 23. Februar 2016 - 3 AZR 44/14 - Rn. 29; 24. September 2014 - 5 AZR 611/12 - Rn. 27, BAGE 149, 144). Das Revisionsgericht darf bei einer unterlassenen oder fehlerhaften Auslegung atypischer Verträge und Willenserklärungen nur dann selbst auslegen, wenn das Landesarbeitsgericht den erforderlichen Sachverhalt vollständig festgestellt hat und kein weiteres tatsächliches Vorbringen der Parteien zu erwarten ist (st. Rspr., zB BAG 24. September 2014 - 5 AZR 611/12 - Rn. 27 mwN, aaO).

21

2. Das Landesarbeitsgericht hat die Erklärungen der Parteien nicht vollständig ausgelegt, indem es offenließ, ob diese als Individualabrede zu qualifizieren seien, und deren Bedeutungsgehalt lediglich für das Verständnis der Parteien von § 4 Arbeitsvertrag bewertete. Der Senat kann die gebotene Auslegung auf Grundlage der vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen selbst vornehmen. Der erforderliche Sachverhalt ist vollständig festgestellt. Weiteres tatsächliches Vorbringen der Parteien ist nicht zu erwarten.

22

a) Verträge und Willenserklärungen sind nach dem Empfängerhorizont auszulegen (§§ 133, 157 BGB). Auslegungsziel ist bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen nicht der innere Wille des Erklärenden, sondern das, was der Adressat nach seinem Empfängerhorizont als Willen des Erklärenden verstehen konnte (BAG 11. Juli 2007 - 7 AZR 501/06 - Rn. 36). Zu würdigen sind neben dem Wortlaut der Erklärung auch alle Begleitumstände, die dem Erklärungsempfänger bekannt waren und die für die Frage erheblich sein können, welchen Willen der Erklärende bei Abgabe der Erklärung hatte (BAG 20. Juni 2013 - 6 AZR 805/11 - Rn. 14, BAGE 145, 249; 24. September 2014 - 5 AZR 611/12 - Rn. 28, BAGE 149, 144).

23

b) Hiervon ausgehend haben die Parteien eine wöchentliche Arbeitszeit von 52,5 Stunden vereinbart.

24

aa) Die Parteien haben vor Abschluss des schriftlichen Arbeitsvertrags die künftigen Arbeitszeiten der Klägerin besprochen. Es bestand Einvernehmen, die bisherige Arbeitszeit bei Übernahme der Klägerin in ein Angestelltenverhältnis beizubehalten. Die Klägerin lehnte eine Verlängerung der Pausenzeiten ausdrücklich ab.

25

bb) Die Berechnung der künftigen Vergütung basierte, für die Klägerin erkennbar, auf der getroffenen Abrede. Die Beklagte legte die Berechnung der neuen Bruttovergütung in dem der Klägerin vorgelegten Schreiben „Übernahme ins Angestelltenverhältnis“ offen. Ausweislich der Gegenüberstellung von neuem und altem Jahresverdienst sollte die Bruttovergütung um 6,2 % erhöht werden. Eine solche effektive Gehaltserhöhung von 6,2 % errechnet sich bei einer unveränderten Arbeitsleistung von 10,5 Stunden täglich.

26

cc) Die Vereinbarung einer Arbeitszeit von 52,5 Stunden wöchentlich wird durch die Einlassung der Klägerin in der Berufungsverhandlung bestätigt, es sei überraschend gewesen, dass im schriftlichen Arbeitsvertrag eine 40-Stunden-Woche gestanden habe, was sich mit den bisherigen Arbeitszeiten nicht vertragen hätte. Dies deckt sich mit der Erklärung der Beklagten, es sei versehentlich ein Formulararbeitsvertrag verwendet worden, in dem eine 40-Stunden-Woche vorgesehen gewesen sei. Die Diskrepanz zwischen der im Arbeitsvertrag angegebenen Arbeitszeit von wöchentlich 40 Stunden und der zuvor verabredeten von 52,5 Stunden wöchentlich war der Klägerin bei Vertragsunterzeichnung bewusst.

27

dd) Dem Auslegungsergebnis entspricht die Vertragspraxis der Parteien. Sie verdeutlicht, dass sich die Parteien vor Unterzeichnung des schriftlichen Arbeitsvertrags nicht nur iSv. Wissenserklärungen über die bisherigen Arbeitszeiten der Klägerin austauschten, sondern rechtsgeschäftliche Erklärungen zum Umfang der von der Klägerin zu erbringenden Arbeitsleistung und zur Höhe der hierfür als Gegenleistung geschuldeten Vergütung abgaben und abgeben wollten. Das Verhalten der Parteien nach Vertragsschluss ist ein bedeutsames Indiz für die Ermittlung des tatsächlichen Willens und Verständnisses bei Vertragsschluss (vgl. BGH 16. Juni 2009 - XI ZR 145/08 - Rn. 16, BGHZ 181, 278; Schaub/Linck ArbR-HdB 16. Aufl. § 35 Rn. 31). Nicht nur aus der Abwicklung des Vertrags durch die Beklagte, sondern auch aus dem Verhalten der Klägerin nach Vertragsschluss, ergibt sich, dass nach dem Verständnis beider Parteien eine regelmäßige Arbeitszeit von 10,5 Stunden täglich und 52,5 Stunden wöchentlich vereinbart war. Die Klägerin legte der Geltendmachung von Überstunden, wie ihren Ausführungen im Zusammenhang mit den Anträgen auf Freizeitausgleich zu entnehmen ist, stets eine Arbeitszeit von 10,5 Stunden als vertraglich geschuldet zugrunde und ermittelte den Ausgleichsanspruch auf dieser Basis.

28

ee) Die unterlassene Anpassung des vorformulierten Vertragstexts an die vereinbarte Dauer der Arbeitszeit führt zu keinem anderen Ergebnis. Anhaltspunkte für eine mit dem schriftlichen Arbeitsvertrag beabsichtigte Einschränkung der zuvor getroffenen Vereinbarungen (vgl. BGH 23. Januar 2013 - VIII ZR 47/12 - Rn. 22) sind nicht gegeben.

29

II. Die Parteien konnten wirksam nur eine Arbeitsleistung von wöchentlich 48 Stunden vereinbaren. Die getroffene Arbeitszeitvereinbarung ist nach § 3 ArbZG iVm. § 134 BGB unwirksam, soweit sie eine Überschreitung der gesetzlich zulässigen Höchstarbeitszeit vorsieht.

30

1. Nach § 3 ArbZG darf die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. § 3 ArbZG ist ein Verbotsgesetz iSv. § 134 BGB(Baeck/Deutsch ArbZG 3. Aufl. Einf. Rn. 53; Schaub/Vogelsang ArbR-HdB 16. Aufl. § 155 Rn. 4).

31

2. Die Vereinbarung einer wöchentlichen Arbeitszeit von 52,5 Stunden verstößt gegen § 3 ArbZG. Der Verstoß hat jedoch nach § 134 BGB nicht die Nichtigkeit der Arbeitszeitvereinbarung insgesamt, sondern deren Teilnichtigkeit zur Folge. Die Vereinbarung ist wirksam, soweit sie eine Arbeitsleistung von wöchentlich 48 Stunden vorsieht.

32

a) Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt, § 134 BGB. Dabei muss das Rechtsgeschäft selbst verbotswidrig sein. Das ist der Fall, wenn sein Inhalt gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, insbesondere der mit dem Rechtsgeschäft bezweckte Erfolg verbotswidrig ist (BAG 18. März 2009 - 5 AZR 355/08 - Rn. 15, BAGE 130, 34). Das Verbot braucht nicht unmittelbar im Gesetzeswortlaut Ausdruck gefunden zu haben. Es kann sich auch aus Sinn und Zweck der betreffenden Vorschrift ergeben. Maßgebend ist insoweit die Reichweite ihres Schutzzwecks (vgl. BAG 19. März 2009 - 8 AZR 722/07 - Rn. 25, BAGE 130, 90; 22. November 2012 - 2 AZR 371/11 - Rn. 38, BAGE 144, 47; 19. August 2015 - 5 AZR 500/14 - Rn. 31, 32, BAGE 152, 228).

33

b) Die Arbeitszeitvereinbarung der Parteien ist nach § 134 BGB nur unwirksam, soweit sie im Widerspruch zu § 3 ArbZG steht. § 3 ArbZG soll den Arbeitnehmer vor Überforderung durch übermäßige zeitliche Inanspruchnahme schützen. Die Vorschrift begründet ein gesetzliches Beschäftigungsverbot aufgrund dessen es dem Arbeitgeber - nur - untersagt ist, Arbeitsleistung in einem die gesetzlichen Höchstgrenzen übersteigenden Umfang anzuordnen oder entgegenzunehmen (vgl. BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 15, BAGE 116, 66). § 3 ArbZG gibt damit eine Grenze für das Arbeitszeitvolumen vor, das wirksam als geschuldet vereinbart werden kann. Im Rahmen des gesetzlich Zulässigen bleibt eine gegen die gesetzlichen Höchstgrenzen verstoßende Arbeitszeitvereinbarung wirksam.

34

III. Im Rahmen ihrer Wirksamkeit hat die Individualabrede der Parteien Vorrang vor den Regelungen des von der Beklagten gestellten schriftlichen Arbeitsvertrags.

35

1. Individuelle Vertragsabreden haben Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 BGB und vor in Verbraucherverträgen vorformulierten Einmalbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB. Ausdrücklich klargestellt ist dies für Allgemeine Geschäftsbedingungen in § 305b BGB. Der Vorrang der Individualabrede ergibt sich zudem aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen (vgl. zu § 4 AGBG und vor Inkrafttreten des AGB-Gesetzes geschlossenen Verträgen BGH 13. Januar 1982 - IVa ZR 162/80 - zu IV der Gründe). Er gilt trotz der fehlenden Verweisung in § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB auf § 305b BGB auch für vorformulierte Einmalbedingungen in Verbraucherverträgen(vgl. Clemenz in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht § 305b Rn. 4; Kreft in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht § 310 Rn. 35; einen Vorrang der Individualabrede aus §§ 133, 157 BGB ableitend Staudinger/Schlosser (2013) § 310 Rn. 67; Erman/Roloff BGB 14. Aufl. § 310 Rn. 21).

36

2. Es bedarf danach keiner weiteren Aufklärung, ob es sich bei § 4 Abs. 1 Arbeitsvertrag um eine für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB handelt und deshalb § 305b BGB anzuwenden ist oder der Arbeitsvertrag als Verbrauchervertrag zu bewerten ist(vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 20 ff.; 27. Juni 2012 - 5 AZR 530/11 - Rn. 14). In beiden Fällen geht die Individualabrede der Parteien den Bestimmungen des schriftlichen Arbeitsvertrags vor.

37

a) Bei dem Grundsatz des Vorrangs der Individualabrede handelt es sich um eine Kollisionsregel, die auf der Rechtsfolgenseite zu einer Verdrängung der vom Verwender als Allgemeine Geschäftsbedingung oder als Einmalbedingung gestellten Vertragsbedingung durch die Individualabrede führt. Die Kollisionsregel setzt voraus, dass es auf der einen Seite Allgemeine Geschäftsbedingungen oder Einmalbedingungen in einem Verbrauchervertrag als gestellte Vertragsbedingungen und auf der anderen Seite eine Individualabrede gibt. Sie kommt zum Tragen, wenn die durch Auslegung der Individualabrede nach §§ 133, 157 BGB und der vom Verwender gestellten Vertragsbedingungen nach den für ihre Auslegung geltenden Grundsätzen zu ermittelnden Regelungsbereiche einer wirksamen Individualabrede und einer wirksamen Formularabrede zumindest teilweise inhaltlich deckungsgleich sind(vgl. Clemenz in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht § 305b Rn. 2). Im Falle widersprechender Regelungen ist allein auf die individuelle abzustellen. Die gestellten Vertragsbedingungen können und sollen nur insoweit Geltung beanspruchen, wie die von den Parteien getroffene Individualabrede dafür Raum lässt (zu § 305b BGB vgl. BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 39, BAGE 139, 156). Für den Anwendungsbereich Allgemeiner Geschäftsbedingungen und vorformulierter Einmalbedingungen in Verbraucherverträgen kommt es daher auf die Reichweite der Individualvereinbarung an und nicht umgekehrt (zu § 305b BGB BGH 23. Januar 2013 - VIII ZR 47/12 - Rn. 22).

38

b) Hiervon ausgehend werden die Bestimmungen des schriftlichen Arbeitsvertrags durch die Individualvereinbarung der Parteien verdrängt, soweit sie zu dieser im Widerspruch stehen. Es kann deshalb zu Gunsten der Klägerin unterstellt werden, § 4 Arbeitsvertrag regele ausgehend von einer Auslegung nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab(vgl. BAG 24. Februar 2016 - 5 AZR 258/14 - Rn. 26 mwN) und einer vorzunehmenden Inhaltskontrolle wirksam eine Wochenarbeitszeit von 40 Stunden. Auch in diesem Fall ist allein auf die Individualabrede der Parteien abzustellen, die zwar wegen Überschreitung der gesetzlich zulässigen Höchstarbeitszeit nach § 134 BGB teilunwirksam ist, aber trotz des Verstoßes gegen § 3 ArbZG wirksam bleibt, soweit sie eine Arbeitsleistung von wöchentlich 48 Stunden vorsieht.

39

IV. Die Klägerin hat nach § 612 Abs. 1 BGB Anspruch auf Vergütung der wöchentlich über 48 Stunden hinaus geleisteten 4,5 Arbeitsstunden, denn sie schuldete für das vereinbarte Arbeitsentgelt lediglich eine Arbeitsleistung in gesetzlich zulässigem Umfang.

40

1. Die Vergütung von Arbeitsstunden setzt - bei Fehlen einer anwendbaren gesetzlichen oder kollektivrechtlichen Regelung - entweder eine entsprechende arbeitsvertragliche Vereinbarung oder eine Vergütungspflicht nach § 612 Abs. 1 BGB voraus(vgl. BAG 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 16, BAGE 151, 180).

41

2. Eine anderweitige normative Regelung, die einen Vergütungsanspruch der Klägerin begründen könnte, besteht nicht. Arbeitsvertraglich haben die Parteien die Vergütung, der von der Klägerin wöchentlich über 48 Stunden hinaus geleisteten Arbeitsstunden, weder vereinbart noch ausgeschlossen.

42

3. Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist § 612 Abs. 1 BGB.

43

a) § 612 Abs. 1 BGB bildet nicht nur in den Fällen, in denen überhaupt keine Vergütungsvereinbarung getroffen wurde, sondern auch dann die Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Vergütung, wenn der Arbeitnehmer auf Veranlassung des Arbeitgebers quantitativ mehr arbeitet als von der Vergütungsabrede erfasst(BAG 18. Mai 2011 - 5 AZR 181/10 - Rn. 17; 25. März 2015 - 5 AZR 602/13 - Rn. 17, BAGE 151, 180) und damit Leistungen erbringt, die durch die vereinbarte Vergütung nicht entgolten sind, und weder einzel- noch tarifvertraglich geregelt ist, wie diese Dienste zu vergüten sind (st. Rspr., BAG 29. Januar 2003 - 5 AZR 703/01 - zu I 1 der Gründe; 6. Dezember 2006 - 5 AZR 737/05 - Rn. 16; 23. September 2015 - 5 AZR 626/13 - Rn. 20).

44

b) Die über 48 Stunden hinausgehende Arbeitsleistung der Klägerin wurde von der Vergütungsabrede der Parteien nicht erfasst. Nach § 611 Abs. 1 BGB schuldet der Arbeitnehmer für die vereinbarte Vergütung qualitativ und quantitativ allein die vereinbarte Arbeitsleistung(vgl. BAG 25. März 2015 - 5 AZR 874/12 - Rn. 20; 23. September 2015 - 5 AZR 626/13 - Rn. 20). Der Arbeitgeber kann Arbeitsleistung allerdings nur im Rahmen des gesetzlich Zulässigen verlangen. Das vereinbarte Bruttojahresentgelt in Höhe von 32.500,00 Euro stellt deshalb die Gegenleistung für die wirksam vereinbarte Arbeitszeit dar, dh. für 48 Arbeitsstunden wöchentlich.

45

4. Nach § 612 Abs. 1 BGB gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Arbeitsleistung nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

46

a) § 612 BGB sieht nicht für jede Dienstleistung, die über die vertraglichen Pflichten hinaus erbracht wird, eine Vergütung vor. Vielmehr setzt die Norm stets voraus, dass die Leistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Die Vergütungserwartung ist stets anhand eines objektiven Maßstabs unter Berücksichtigung der Verkehrssitte, der Art, des Umfangs und der Dauer der Dienstleistung sowie der Stellung der Beteiligten zueinander festzustellen, ohne dass es auf deren persönliche Meinung ankommt (BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 765/10 - Rn. 21).

47

b) Die Leistung von Arbeitsstunden durch die Klägerin über das geschuldete Maß hinaus war nach den Umständen nur gegen eine Vergütung zu erwarten. Besondere Umstände, die gegen eine objektive Vergütungserwartung sprechen könnten, ergeben sich weder aus der Tätigkeit und Stellung der Klägerin noch aus der Höhe ihres Einkommens (vgl. BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 765/10 - Rn. 21).

48

c) Der Verstoß gegen § 3 ArbZG führt nicht zum Ausschluss eines Vergütungsanspruchs. Der Sinn des § 3 ArbZG besteht darin, eine Überforderung des Arbeitnehmers zu vermeiden(BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 15, BAGE 116, 66). Der Schutzzweck des § 3 ArbZG gebietet nicht, dem Arbeitnehmer Vergütung für Arbeitsleistungen zu versagen, die der Arbeitgeber trotz des Beschäftigungsverbots in Anspruch genommen hat. Die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes untersagen es dem Arbeitgeber nicht, die über die gesetzlich zulässigen Höchstgrenzen hinaus erbrachten Arbeitsleistungen zu vergüten.

49

V. Der Klägerin steht nach § 612 Abs. 2 BGB weitere Vergütung in Höhe von 7.909,65 Euro brutto zu.

50

1. Für die Höhe der von der Beklagten geschuldeten Vergütung bleibt die vereinbarte Vergütung maßgebend. Die Vereinbarung einer Jahresvergütung bei gleichzeitiger Festlegung der regelmäßigen Arbeitszeit rechtfertigt den Schluss, dass sich die Jahresvergütung grundsätzlich auf die geschuldete Arbeitszeit bezieht und darüber hinausgehende Stunden anteilig zu vergüten sind (vgl. BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 15, 16, BAGE 116, 66).

51

2. Der mit der Reduzierung der - vermeintlich - geschuldeten Arbeitsleistung auf das gesetzlich zulässige Maß verbundene Eingriff in das arbeitsvertragliche Synallagma rechtfertigt keine andere Bewertung.

52

a) Das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung wird durch das Verhältnis von geschuldeter Arbeitsleistung und Vergütung bestimmt (BAG 27. April 2016 - 5 AZR 311/15 - Rn. 25). Für den Wert der Arbeitsleistung sollte nach den Vorstellungen der Parteien eine Arbeitszeit von 52,5 Stunden wöchentlich in Relation zur vereinbarten Vergütung bestimmend sein.

53

b) Eine diesem Regelungsplan Rechnung tragende ergänzende Vertragsauslegung zur Ermittlung der Höhe der geschuldeten Vergütung (vgl. hierzu BAG 18. November 2015 - 5 AZR 751/13 - Rn. 26 ff.) scheidet aus, weil die vertragliche Regelung nicht lückenhaft ist. Der Verstoß gegen § 3 ArbZG hat nach §§ 134, 139 BGB allein die Teilnichtigkeit der Arbeitszeitvereinbarung zur Folge. Er lässt die Wirksamkeit der vertraglichen Vereinbarung im Übrigen unberührt (vgl. Schaub/Linck ArbR-HdB 16. Aufl. § 34 Rn. 20).

54

c) Eine andere Bemessung der Vergütung für die wöchentlich über 48 Stunden hinaus geleisteten 4,5 Arbeitsstunden ist auch nicht unter Berücksichtigung der in § 313 BGB kodifizierten Rechtsgrundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage geboten.

55

aa) Nach § 313 Abs. 2 iVm. Abs. 1 BGB kann, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen, eine Anpassung des Vertrags nur verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann (BAG 23. April 2013 - 3 AZR 513/11 - Rn. 36). Eine Störung der Geschäftsgrundlage kann bei einem beiderseitigen Irrtum über die Rechtslage bei Abschluss des Vertrags anzunehmen sein, wenn ohne diesen beiderseitigen Irrtum der Vertrag nicht wie geschehen geschlossen worden wäre (vgl. zum Wegfall der Geschäftsgrundlage BAG 12. Januar 2005 - 5 AZR 144/04 - zu B I 3 a der Gründe). Eine Vertragsanpassung ist jedoch auch in diesem Fall nur bei erheblichen Störungen des Äquivalenzverhältnisses in Betracht zu ziehen.

56

bb) Von einer die Anpassung der Vergütungsabrede rechtfertigenden Störung der Geschäftsgrundlage kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Der mit der Reduzierung der - vermeintlich - geschuldeten wöchentlichen Arbeitsleistung von 52,5 Stunden auf das gesetzlich zulässige Maß von 48 Stunden - dh. um weniger als 9 % - unter Beibehaltung der vereinbarten Vergütung verbundene Eingriff in das Äquivalenzverhältnis ist nicht so schwerwiegend, dass der Beklagten ein Festhalten am unveränderten Vertrag unzumutbar wäre.

57

d) Die Beklagte schuldet der Klägerin danach ausgehend von einem vereinbarten Jahresverdienst in Höhe von 32.500,00 Euro brutto für im Zeitraum 1. März 2011 bis 30. September 2013 geleistete 607,5 Stunden weitere Vergütung in Höhe von 7.909,65 Euro brutto.

58

VI. Die Klägerin hat ihren Vergütungsanspruch nicht verwirkt.

59

1. Das Landesarbeitsgericht hat offengelassen, ob die Ansprüche der Klägerin verwirkt sind. Es hat allerdings den Sachverhalt, der für die Bewertung, ob die Ansprüche verwirkt sind, erforderlich ist, vollständig festgestellt. Weiteres tatsächliches Vorbringen der Parteien ist nicht zu erwarten. Der Senat kann deshalb die Prüfung der Verwirkung selbst vornehmen.

60

2. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung und soll dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit dienen. Sie hat nicht den Zweck, Schuldner, denen gegenüber Gläubiger ihre Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen (Zeitmoment). Es müssen vielmehr besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Der Berechtigte muss unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken konnten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Durch die Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Die Verwirkung dient dem Vertrauensschutz. Weiterhin muss - als Zumutbarkeitsmoment - das Erfordernis des Vertrauensschutzes das Interesse des Berechtigten an einer sachlichen Prüfung des von ihm behaupteten Anspruchs derart überwiegen, dass dem in Anspruch Genommenen die Erfüllung des Anspruchs oder die Einlassung auf die Klage nicht mehr zuzumuten ist (BAG 25. April 2006 - 3 AZR 372/05 - Rn. 20, BAGE 118, 51; 22. Februar 2012 - 4 AZR 579/10 - Rn. 43; 25. September 2013 - 5 AZR 936/12 - Rn. 15).

61

3. Eine Verwirkung kommt vorliegend schon deshalb nicht in Betracht, weil sich aus dem Vorbringen der Beklagten und dem unstreitigen Sachverhalt keine Tatsachen ergeben, die geeignet wären, die Annahme zu rechtfertigen, der Beklagten sei es aufgrund eigener Dispositionen „unzumutbar“ geworden (vgl. BAG 25. September 2013 - 5 AZR 936/12 - Rn. 28), die Ansprüche der Klägerin zu erfüllen, oder es sei ihr aufgrund sonstiger Umstände unzumutbar, sich auf die Klage einzulassen.

62

VII. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 BGB.

63

VIII. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Die Klägerin kann nicht weiter gehend die Vergütung der Stunden verlangen, die sie über 40 Stunden wöchentlich hinaus gearbeitet hat. Ein Anspruch nach § 612 Abs. 1 BGB scheidet aus, weil die Parteien eine vertragliche Vereinbarung über die Vergütung von wöchentlich 48 Stunden getroffen haben. Die Ansprüche der Klägerin nach § 611 Abs. 1 BGB auf die vertraglich vereinbarte Vergütung für eine Arbeitsleistung von 48 Stunden wöchentlich hat die Beklagte durch Zahlung erfüllt, § 362 Abs. 1 BGB.

64

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

        

        

    Jungbluth    

        

    Zorn    

                 

(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn

1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,
2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde,
3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten,
4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,
5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder
6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.

(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.

(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.

(1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten.

(2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt, so gilt der Eintritt als nicht erfolgt.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)