Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 30. Aug. 2011 - 5 Sa 3/11

bei uns veröffentlicht am30.08.2011

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 11. November 2010 (2 Ca 71/10) abgeändert.

2. Es wird festgestellt, dass das Berufsausbildungsverhältnis zwischen den Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 1. Oktober 2009, zugegangen am 2. Oktober 2009, noch durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 13. April 2010 beendet wurde.

3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um den Bestand des Berufsausbildungsverhältnisses.

2

Der im Juli 1989 geborene ledige Kläger stand seit dem 1. September 2007 in einem Berufsausbildungsverhältnis bei der Beklagten im Ausbildungsberuf Fachkraft Agrarservice (Kopie des Ausbildungsvertrages als Anlage zur Klageschrift überreicht, hier Blatt 14, es wird Bezug genommen). Das Berufsausbildungsverhältnis sollte nach dem Vertrag zum 31.August 2010 sein Ende finden.

3

Im Jahre 2009 ist vom Betriebshof der Beklagten mehrfach nachts aus den Tanks der Betriebsfahrzeuge in großem Stil Diesel gestohlen worden. Der Kläger wurde in diesem Zusammenhang von einem Zeugen schwer belastet.

4

Mit Schreiben vom 1. Oktober 2009, dem Kläger zugegangen am 2. Oktober 2009 kündigte die Beklagte daher das Berufsausbildungsverhältnis mit dem Kläger fristlos (Kopie hier Blatt 15f, es wird Bezug genommen). Ausweislich des Textes der Kündigung wird dem Kläger vorgeworfen, Straftaten zum Nachteil der Beklagten begangen zu haben. Es geht dabei um den Vorwurf des Diesel-Diebstahls zu Lasten der Beklagten.

5

Mit Schreiben vom 16. Oktober 2009 (hier Blatt 17 ff, es wird Bezug genommen) hat der Kläger den beim Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Mecklenburg-Vorpommern gebildeten Schlichtungsausschuss wegen der Kündigung vom 1. Oktober 2009 angerufen. Im Oktober 2009 bestand dieser Schlichtungsausschuss noch und es war im Ministerium sogar so eine Art Geschäftsstelle eingerichtet, die den Antrag des Klägers entgegen genommen und einer Bearbeitung zugeführt hat. Zu einer Sitzung des Schlichtungsausschusses oder auch nur zu einer Anhörung der Parteien ist es aber zu keinem Zeitpunkt gekommen. Weshalb im vierten Quartal 2009 keine Sitzung mehr stattgefunden hat, ließ sich nicht ermitteln. Der Schlichtungsausschuss hat sich jedenfalls als zum Jahresende 2009 aufgelöst angesehen, da die "Verfahrensordnung für ein Schlichtungsausschuss zur Beilegung von Streitigkeiten aus einem Ausbildungsverhältnis" in der Land- und Hauswirtschaft vom 3. Januar 2005 - VI 440 - (Amtsblatt Mecklenburg-Vorpommern 2005 S. 131; Kopie hier Blatt 53 ff) in § 23 eine Art Verfallsdatum bekommen hat, es heißt dort nämlich: "Diese Verfahrensordnung tritt am 31. Dezember 2009 außer Kraft." Nach einer Schwebezeit in der es rein tatsächlich jedenfalls keinen funktionsfähigen Schlichtungsaus-schuss gegeben hat, ist dieser spätestens mit der "Verfahrensordnung für ein Schlichtungsausschuss zur Beilegung von Streitigkeiten aus einem Ausbildungsverhältnis in der Land- und Hauswirtschaft" vom 9. Mai 2010 - VI 360 - (Amtsblatt Mecklenburg-Vorpommern 2010 S. 354) erneut eingerichtet worden. Zu einer Befassung mit dem klägerischen Antrag ist es trotzdem zu keinem Zeitpunkt mehr gekommen.

6

Mit Schreiben vom 29. Januar 2010 (hier Blatt 20, es wird Bezug genommen) hat das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Mecklenburg-Vorpommern dem Kläger zu Händen seines Prozessbevollmächtigten diesen Hintergrund mitgeteilt. In der Nachricht heißt es sodann noch wörtlich:

"...

7

Das bedeutet, dass gegenwärtig kein Schlichtungsausschuss existiert. Gleichwohl wird angestrebt, einen neuen Ausschuss zu errichten, die notwendigen Voraussetzungen dafür werden erarbeitet. Den Zeitpunkt für das Inkrafttreten der neuen Verfahrensordnung kann ich Ihnen jedoch aus heutiger Sicht noch nicht mitteilen.

8

Im Ergebnis der Verhandlungen in der Strafsache des Auszubildenden haben Sie mir mitgeteilt, dass [der Kläger] von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen entlastet wurde.

...

9

Aus diesem Grund habe ich veranlasst, dass alles Notwendige eingeleitet wird, damit der Auszubildende seine Ausbildung fortsetzen kann."

10

Auch mit Schreiben vom 16. März 2010, das allerdings nicht zur Akte gelangt ist, hat die zuständige Sachbearbeiterin im Ministerium nochmals versichert, dass man sich nach wie vor im Rahmen der Schlichtung bemühe, den Kläger in seinem alten Ausbildungsbetrieb wieder unterzubringen.

11

Mit Schriftsatz vom 11. März 2010, Eingang beim Arbeitsgericht am selben Tag, hat der Kläger sodann zusätzlich noch Kündigungsschutzklage wegen der Kündigung vom 1. Oktober 2009 erhoben. Mit weiterem Schriftsatz vom 31. März 2010 hat der Kläger vorsorglich "Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand" beantragt.

12

Unter anderem wegen des Vorwurfes aus der Kündigung vom 1. Oktober 2009 ist der Kläger angeklagt worden. Mit inzwischen rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts Ribnitz-Damgarten vom 1. März 2010 (10 Ds 136/09; Kopie hier Blatt 46 bis 50, es wird Bezug genommen) ist der Kläger aus tatsächlichen Gründen von dem Vorwurf des Diebstahls zum Nachteil der Beklagten freigesprochen worden. Hintergrund dafür war der Umstand, dass der Hauptbelastungszeuge seine Aussage vor Gericht nicht aufrecht erhalten hatte und er dazu erklärt hatte, er habe den Kläger vor der Polizei aufgrund eines Streits mit ihm zu Unrecht belastet gehabt. Allerdings ist der Kläger vom Amtsgericht wegen weiterer Fälle von Diesel-Diebstahl zu Lasten eines Bauunternehmens auf dessen Baustellen zu einer Jugendstrafe verurteilt worden.

13

Diese Verurteilung hat die Beklagte zum Anlass genommen, dem Kläger mit Schreiben vom 13. April 2010 vorsorglich abermals außerordentlich zu kündigen (Kopie hier Blatt 71, es wird Bezug genommen). Als Kündigungsgrund ist die Verurteilung des Klägers wegen des Diesel-Diebstahls zu Lasten eines Bauunternehmens aus der Region angegeben worden, verbunden mit dem Hinweis, dass ein gesellschaftsrechtlich mit der Beklagten verbundenes Unternehmen mit dem geschädigten Unternehmen in Geschäftsbeziehung stehe. - Diese Kündigung hat der Kläger mit Schriftsatz vom 3. Mai 2010, Gerichtseingang am selben Tag, ebenfalls gerichtlich angegriffen.

14

Das Arbeitsgericht Stralsund hat die Klage mit Urteil vom 16. November 2010 abgewiesen. Es hat angenommen, schon die Kündigung vom 1. Oktober 2009 habe das Arbeitsverhältnis beendet, da sie nicht rechtzeitig im Sinne von §§ 4 ff KSchG gerichtlich angegriffen worden sei; auch eine nachträgliche Zulassung der verspätet eingereichten Klage komme nicht in Betracht. Demnach sei die weitere Kündigung vom 13. April 2010 nicht mehr zur Entscheidung angestanden. Das Urteil ist dem Kläger am 14. Dezember 2010 zugestellt worden. - Auf dieses Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen.

15

Mit der rechtzeitig eingelegten und rechtzeitig begründeten Berufung verfolgt der Kläger sein ursprüngliches Klageziel in vollem Umfang weiter.

16

Der Kläger geht davon aus, dass die Kündigung vom 1. Oktober 2009 das Berufsausbildungs-verhältnis der Parteien nicht beendet habe, da kein wichtiger Grund zur Kündigung vorliege. Im Strafverfahren habe sich herausgestellt, dass der Vorwurf, der Kläger habe ein Diebstahl zum Nachteil der Beklagten begangen, nicht zutreffend sei. Der Kläger sei diesbezüglich rechtskräftig freigesprochen worden. Auch im hiesigen Kündigungsschutzprozess habe die Beklagte die Vorwürfe nicht weiter belegen können.

17

Die Kündigungsschutzklage sei auch nicht verspätet erhoben worden. Der Kläger habe im Oktober 2009 davon ausgehen müssen, dass ein Schlichtungsausschuss bei dem Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Mecklenburg-Vorpommern gebildet sei. Dem stehe auch nicht entgegen, dass ihm mitgeteilt wurde, dass mit Wirkung vom 31. Dezember 2009 die Verfahrensordnung für einen Schlichtungsausschuss außer Kraft getreten sei, schließlich habe man ihm auch mitgeteilt, man strebe an, einen neuen Ausschuss zu errichten.

18

Für den Fall, dass das Gericht davon ausgehen sollte, dass die Klageerhebung verspätet sei, sei dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu gewähren. Der Kläger und sein Prozessvertreter hätten auf Grund der Nachrichten aus dem Ministerium davon ausgehen dürfen, dass das Schlichtungsverfahren noch laufen würde, schließlich habe man dem Kläger nichts Gegenteiliges mitgeteilt.

19

Auch die Kündigung vom 13. April 2010 sei nicht geeignet, das Berufsausbildungsverhältnis mit dem Kläger zu beenden. Der Kläger habe mit seiner Straftat zu Lasten des Bauunternehmens keine Pflichten aus dem Berufsausbildungsverhältnis gegenüber der Beklagten verletzt.

20

Der Kläger beantragt,

21

das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 16. November 2010 (2 Ca 71/10) abzuändern und festzustellen, dass das Berufsausbildungsverhältnis zwischen den Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung vom 1. Oktober 2009, zugegangen am 2. Oktober 2009, noch durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 13. April 2010, beendet wurde.

22

Die Beklagte beantragt,

23

die Berufung zurückzuweisen.

24

Die Beklagte verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil. Außerdem behauptet sie, sie habe von dem Ansinnen des Klägers, sich gegen die Kündigung zur Wehr zu setzen, erstmals durch Zustellung der Klageschrift durch das Arbeitsgericht im März 2010 Kenntnis erlangt. Von der Einleitung des Schlichtungsverfahrens habe sie nie Kenntnis bekommen, insbesondere sei sie nie von dem Schlichtungsausschuss oder vom Ministerium über den anhängigen Antrag unterrichtet worden.

25

Das Berufungsgericht hat im Einvernehmen mit den Parteien den Rechtsstreit nach dem Scheitern der Vergleichsbemühungen, die in Anschluss an die mündliche Verhandlung nochmals aufgegriffen wurden, in das schriftliche Verfahren nach § 128 Absatz 2 ZPO überführt.

26

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrages der Parteien wird auf die im Berufungs-rechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 5. April 2011 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

27

Die Klage ist in vollem Umfang begründet. Das Urteil des Arbeitsgerichts kann daher keinen Bestand haben.

I.

28

Die Kündigung vom 1. Oktober 2009 hat das Berufsausbildungsverhältnis der Parteien nicht beendet, da der in dem Kündigungsschreiben vorgetragene Kündigungsgrund nicht beweisbar ist.

1.

29

Die Kündigung vom 1. Oktober 2009 gilt nicht bereits wegen verspäteter Klageerhebung als wirksam (§ 13 Absatz 1 Satz 2 sowie §§ 4 Satz 1, 7 KSchG), denn für die streitgegenständliche Kündigung gilt die Klagefrist und die mit ihrer Versäumung einhergehende Rechtsfolge aus §§ 4, 7, 13 KSchG nicht. Die gegenteilige Auffassung des Arbeitsgerichts wird vom Berufungsgericht nicht geteilt.

30

Die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes über die fristgebundene Klageerhebung (§ 4, § 13 Absatz 1 Satz 2 KSchG) sind auf außerordentliche Kündigungen von Berufsausbildungs-verhältnissen jedenfalls dann nicht anzuwenden, wenn gemäß § 111 Absatz 2 Satz 5 ArbGG eine Verhandlung vor einem zur Beilegung von Streitigkeiten aus einem Berufsausbildungsverhältnis gebildeten Ausschuss stattfinden muss. Einer späteren Klageerhebung kann dann allenfalls der Einwand der Prozessverwirkung entgegengehalten werden (BAG 13. April 1989 - 2 AZR 441/88 - BAGE 61, 258 = AP Nr. 21 zu § 4 KSchG 1969 = DB 1990, 586).

a)

31

Ein solcher Fall ist hier gegeben. Im Oktober 2009, als dem Kläger die Kündigung zuging, bestand beim Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz in Schwerin ein Schlichtungsausschuss zur Beilegung von Streitigkeiten aus einem Ausbildungsverhältnis in der Land- und Hauswirtschaft. Er ist mit der Verfahrensordnung vom 3. Januar 2005 (veröffentlicht im Amtsblatt MV 2005, 131) errichtet worden und er war jedenfalls noch bis Ende 2009 im Amt. Die Funktionsfähigkeit des Schlichtungsausschusses zum seinerzeitigen Zeitpunkt wird auch ausreichend dadurch dokumentiert, dass für diesen im Ministerium eine Art Geschäftsstelle eingerichtet war, die den Antrag des Klägers entgegengenommen und bearbeitet hat. Das Bestehen und die Funktionsfähigkeit des Ausschusses zum Zeitpunkt Oktober 2009 ist zwischen den Parteien auch nicht in Streit.

32

Da zum Zeitpunkt des Zugangs der streitigen Kündigung ein Schlichtungsausschuss bestanden hat, wäre die Klageerhebung beim Arbeitsgericht sogar unzulässig gewesen, denn nach § 111 Absatz 2 Satz 5 ArbGG "muss" der Klage "in allen Fällen die Verhandlung vor dem Ausschuss vorangegangen sein." Genau für diesen Fall hat das Bundesarbeitsgericht jedoch in der oben zitierten Entscheidung erkannt, dass dann die Klagefrist aus §§ 4 ff KSchG nicht gilt.

b)

33

Für den Kläger hat nicht nachträglich im Zuge des zeitweiligen Nichtbestehens des Schlichtungsausschusses bzw. im Zuge der fehlenden Arbeitsfähigkeit des Schlichtungsausschusses im ersten Quartal 2010 erneut eine Frist zur Klageerhebung zu laufen begonnen, bei deren Verstreichen die Kündigung als rechtswirksam gilt. Eine solch einschneidende Rechtsfolge lässt sich aus dem Gesetz nicht ableiten.

34

Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung, die den erneuten Fristbeginn und die Rechtsfolgen der Fristversäumung anordnet, gibt es nicht. Auch die analoge Anwendung von §§ 4 ff KSchG oder von § 111 Absatz 2 Satz 3 ArbGG kommt nicht in Betracht. Es fehlt sowohl an der Regelungslücke als Voraussetzung analoger Gesetzesanwendung als auch an einer gesetzlichen Regelung, die man sinnvoll analog anwenden könnte.

35

Für die Anrufung des Schlichtungsausschusses im Sinne von § 111 ArbGG gibt es gar keine Frist, auch nicht im Falle des Ausspruchs einer Kündigung durch den Arbeitgeber. Das ist unstreitig und wird allgemein aus den Besonderheiten des Berufsausbildungsverhältnisses abgeleitet und aus dem auf Ausgleich angelegten informellen Schlichtungsverfahren, bei dem Rechtsregeln, die Zeitdruck aufbauen, nur hinderlich wären. In der Literatur war es bis zu der oben zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13. April 1989 daher immer streitig, ob man auf Berufsausbildungsverhältnisse wegen dieser Besonderheiten des Schlichtungsverfahrens überhaupt die Fristenregelung aus § 4 ff KSchG für die Anrufung des Arbeitsgerichts direkt oder analog anwenden könnte.

36

Das Bundesarbeitsgericht hat sich in seiner Entscheidung vom 13. April 1989 dafür entschieden, beide Regelungssysteme streng getrennt zu behalten. Entweder es gibt einen Schlichtungsausschuss, dann gibt es gar keine Klagefristen und damit auch keine negativen Rechtsfolgen, die man aus einer Fristversäumung ableiten kann, oder es gilt nur §§ 4 ff KSchG, nämlich dann, wenn es keinen Schlichtungsausschuss gibt. Die in der Literatur teilweise vertretenen Vorschläge, beides zu kombinieren und etwa die Frist aus § 111 Absatz 2 Satz 3 ArbGG mit der Rechtsfolge aus § 7 KSchG zu verknüpfen, hat das Gericht in der Begründung seiner Entscheidung eine ausdrückliche Absage erteilt.

37

Das muss dann aber auch für den vorliegenden Fall gelten, der durch die Besonderheit gekennzeichnet ist, dass der Schlichtungsausschuss bei seiner Anrufung zwar noch existierte, jedoch nicht mehr in der Lage war, im weiteren Verlauf eine Anhörung und Sitzung durchzuführen. Für die notwendige Entscheidung, ob die strenge Fristenregelung aus §§ 4 ff KSchG gilt oder das fristenfreie Schlichtungsverfahren, kann es dabei zwingend nur auf den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ankommen. Denn zu diesem Zeitpunkt muss der Auszubildende bzw. sein Rechtsanwalt entscheiden, wie man sich gegen die Kündigung zur Wehr zu setzen hat. Wenn es - wie hier - zu diesem Zeitpunkt richtig war, den Schlichtungsausschuss anzurufen, ist der Kläger für diesen Streitgegenstand von der Einhaltung von Fristen für die Klageerhebung bei Gericht gänzlich befreit.

c)

38

Der Kläger war nach dem Versagen des Schlichtungsausschusses jedoch auch nicht gehindert, im März 2010 Klage vor dem Arbeitsgericht zu erheben, obwohl er zutreffend den Wege des Schlichtungsverfahrens beschritten hatte und noch nicht - wie es § 111 Absatz 2 Satz 5 ArbGG eigentlich verlangt - die Verhandlung vor dem Ausschuss stattgefunden hat.

39

Für diese Feststellung kann sogar offen bleiben, ob der Schlichtungsausschuss rechtlich gesehen durch das Außerkrafttreten der für ihn geltenden Verfahrensordnung zum Jahresende 2009 untergegangen ist. Denn selbst wenn er rechtlich noch weiterbestanden haben sollte, so war er jedenfalls tatsächlich nicht mehr handlungsfähig. In einer solchen Situation wäre es mit der Rechtsschutzgewährleistungspflicht des Staates nicht zu vereinbaren, dem Kläger die Anrufung staatlicher Gerichte dennoch zu verbieten.

d)

40

Der Kläger hatte zum Zeitpunkt der Klagerhebung beim Arbeitsgericht im März 2010 sein Klagerecht auch noch nicht verwirkt.

41

Das Bundesarbeitsgericht hat in der bereits mehrfach zitierten Entscheidung vom 13. April 1989 am Rande erwähnt, dass die Grenze für eine Anrufung staatlicher Gerichte in Anschluss an das Schlichtungsverfahren nur der Gedanke der Verwirkung sein könne. Das muss dann auch hier gelten.

42

Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB). Mit der Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist (BAG 24. Februar 2011 - 8 AZR 413/09).

43

In diesem Sinne kann die Verwirkung des Klagerechts hier nicht festgestellt werden. Dazu kann sogar die Behauptung der Beklagten als wahr unterstellt werden, dass diese vom klägerischen Antrag an den Schlichtungsausschuss nicht vor der Klageerhebung bei Gericht im März 2010 Kenntnis erlangt hat. Denn die Beklagte hat keine Umstände anführen können, aus denen sie berechtigterweise den Schluss ziehen konnte, der Kläger wolle die Klärung der Rechtmäßigkeit der Kündigung auf sich beruhen lassen.

44

Das Gericht möchte aber auch nicht verhehlen, dass es dieser Behauptung der Beklagten keinen so rechten Glauben schenken mag. Denn immerhin arbeitet der Vater des Klägers auf dem Hof der Beklagten und es herrschte über viele Jahre ein ausgesprochen vertrauensvolles Verhältnis zwischen dem Vater des Klägers und dem Geschäftsführer der Beklagten. In dieser Situation kann es sich das Gericht nicht vorstellen, dass über die Kündigung des Klägers auf dem Hof nicht gesprochen wurde und demnach kann sich das Gericht auch nicht vorstellen, dass dem Geschäftsführer der Beklagten nicht zu Ohren gekommen sein soll, dass sich der Kläger einen Anwalt genommen hat, um gegen die Kündigung vorzugehen.

2.

45

Die Kündigung vom 1. Oktober 2009 hat das Berufsausbildungsverhältnis der Parteien nicht beendet, da kein wichtiger Grund zur Kündigung vorliegt.

46

Nach § 22 Absatz 2 Berufsbildungsgesetz (BBiG) kann ein Berufsausbildungsverhältnis nach Ablauf der Probezeit - hier gegeben - nur aus wichtigem Grund gekündigt werden. Ein solcher liegt hier nicht vor.

47

Der dem Kläger gemachte Vorwurf des Diesel-Diebstahl zu Lasten der Beklagten hat sich nicht beweisen lassen. Der Kläger ist im Strafverfahren von diesem Vorwurf mangels Beweis ausdrücklich frei gesprochen worden und der Beklagten ist es nicht gelungen, den Vorwurf im Kündigungsschutzrechtstreit wenigstens durch substantiierten Parteivortrag zu belegen. Auch die Anhörung des Klägers durch das Gericht im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat keine verwertbaren Anhaltspunkte für die Verstrickung des Klägers in die Diebstahlsfälle auf dem Hof gegeben.

II.

48

Auch die mit dem Diesel-Diebstahl zu Lasten des Bauunternehmens begründete weitere Kündigung vom 13. April 2010 hat das Berufsausbildungsverhältnis der Parteien nicht beendet.

49

Auch insoweit fehlt es an einem wichtigen Grund zur Kündigung. Straftaten, die ein Arbeitnehmer außerhalb des Arbeitsverhältnisses in seiner Freizeit begeht, können die Kündigung des Arbeitsverhältnisses nur rechtfertigen, wenn sich die Straftat oder die darauf folgende Sanktion auf das Arbeitsverhältnis auswirkt (BAG 10. September 2009 - 2 AZR 257/08 - AP Nr 60 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung = NZA 2010, 220). Entsprechendes gilt für Berufsausbildungsverhältnisse. Vorliegend fehlt es an der notwendigen betrieblichen Auswirkung der Straftat des Klägers zu Lasten des Bauunternehmens.

50

Die betriebliche Auswirkung kann nicht allein in dem Umstand gesehen werden, dass ein gesellschaftsrechtlich mit der Beklagten verbundenes Unternehmen in Geschäftsbeziehung zu dem geschädigten Bauunternehmen steht. Insoweit fehlt es bereits an tatsächlichen Hinweisen, dass das geschädigte Bauunternehmen eine Verbindung zwischen der Beklagten und dem Diesel-Diebstahl durch einen seiner Auszubildenden gezogen hat. Wenn aber der Geschädigte schon nicht die Ausstrahlung der Straftat auf das Ansehen und Vertrauen gegenüber dem Geschäftspartner, der gleichzeitig Ausbilder des Schädigers ist, sieht, braucht der weiteren Frage nicht nachgegangen zu werden, ob diese negative Ausstrahlung soweit objektivierbar ist, dass sie die Kündigung rechtfertigen könnte. Ergänzend hat das Gericht bei der Bewertung berücksichtigt, dass bis zuletzt ungewiss geblieben ist, ob dem Kläger bei Begehung der Straftat überhaupt klar war, dass er mit der Tat einen Geschäftspartner der Beklagten im weiteren Sinne schädigt.

51

Die Straftat und ihre näheren Umstände lassen auch keinen Schluss auf die Eignung des Klägers zu, die Berufsausbildung bei der Beklagten fortzusetzen. Damit steht fest, dass es sich um eine Straftat ohne betriebliche Auswirkungen gehandelt hat, die daher die Kündigung nicht rechtfertigen kann.

III.

52

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte, da der Kläger mit seiner Klage obsiegt hat (§ 91 ZPO). Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass der Kläger wegen § 11a ArbGG die außergerichtlichen Kosten vor dem Arbeitsgericht trotzdem selbst zu tragen hat.

53

Die gesetzlichen Voraussetzungen zur Zulassung der Revision aus § 72 ArbGG sind nicht erfüllt.

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(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

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Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam; ein vom Arbeitnehmer nach § 2 erklärter Vorbehalt erlischt.

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 13 Außerordentliche, sittenwidrige und sonstige Kündigungen


(1) Die Vorschriften über das Recht zur außerordentlichen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses werden durch das vorliegende Gesetz nicht berührt. Die Rechtsunwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung kann jedoch nur nach Maßgabe des § 4 Satz 1 un

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Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 27. Mai 2009 - 7 Sa 443/07 - aufgehoben.

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(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich.

(2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Es bestimmt alsbald den Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, und den Termin zur Verkündung der Entscheidung. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist unzulässig, wenn seit der Zustimmung der Parteien mehr als drei Monate verstrichen sind.

(3) Ist nur noch über die Kosten oder Nebenforderungen zu entscheiden, kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(4) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Die Vorschriften über das Recht zur außerordentlichen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses werden durch das vorliegende Gesetz nicht berührt. Die Rechtsunwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung kann jedoch nur nach Maßgabe des § 4 Satz 1 und der §§ 5 bis 7 geltend gemacht werden. Stellt das Gericht fest, dass die außerordentliche Kündigung unbegründet ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat auf seinen Antrag das Gericht das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzulegen, zu dem die außerordentliche Kündigung ausgesprochen wurde. Die Vorschriften der §§ 10 bis 12 gelten entsprechend.

(2) Verstößt eine Kündigung gegen die guten Sitten, so finden die Vorschriften des § 9 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 und der §§ 10 bis 12 entsprechende Anwendung.

(3) Im Übrigen finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 auf eine Kündigung, die bereits aus anderen als den in § 1 Abs. 2 und 3 bezeichneten Gründen rechtsunwirksam ist, keine Anwendung.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam; ein vom Arbeitnehmer nach § 2 erklärter Vorbehalt erlischt.

(1) Die Vorschriften über das Recht zur außerordentlichen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses werden durch das vorliegende Gesetz nicht berührt. Die Rechtsunwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung kann jedoch nur nach Maßgabe des § 4 Satz 1 und der §§ 5 bis 7 geltend gemacht werden. Stellt das Gericht fest, dass die außerordentliche Kündigung unbegründet ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat auf seinen Antrag das Gericht das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzulegen, zu dem die außerordentliche Kündigung ausgesprochen wurde. Die Vorschriften der §§ 10 bis 12 gelten entsprechend.

(2) Verstößt eine Kündigung gegen die guten Sitten, so finden die Vorschriften des § 9 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 und der §§ 10 bis 12 entsprechende Anwendung.

(3) Im Übrigen finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 auf eine Kündigung, die bereits aus anderen als den in § 1 Abs. 2 und 3 bezeichneten Gründen rechtsunwirksam ist, keine Anwendung.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

(1) Die Vorschriften über das Recht zur außerordentlichen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses werden durch das vorliegende Gesetz nicht berührt. Die Rechtsunwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung kann jedoch nur nach Maßgabe des § 4 Satz 1 und der §§ 5 bis 7 geltend gemacht werden. Stellt das Gericht fest, dass die außerordentliche Kündigung unbegründet ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat auf seinen Antrag das Gericht das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzulegen, zu dem die außerordentliche Kündigung ausgesprochen wurde. Die Vorschriften der §§ 10 bis 12 gelten entsprechend.

(2) Verstößt eine Kündigung gegen die guten Sitten, so finden die Vorschriften des § 9 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 und der §§ 10 bis 12 entsprechende Anwendung.

(3) Im Übrigen finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 auf eine Kündigung, die bereits aus anderen als den in § 1 Abs. 2 und 3 bezeichneten Gründen rechtsunwirksam ist, keine Anwendung.

(1) Soweit nach anderen Rechtsvorschriften andere Gerichte, Behörden oder Stellen zur Entscheidung oder Beilegung von Arbeitssachen zuständig sind, treten an ihre Stelle die Arbeitsgerichte. Dies gilt nicht für Seemannsämter, soweit sie zur vorläufigen Entscheidung von Arbeitssachen zuständig sind.

(2) Zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Ausbildenden und Auszubildenden aus einem bestehenden Berufsausbildungsverhältnis können im Bereich des Handwerks die Handwerksinnungen, im übrigen die zuständigen Stellen im Sinne des Berufsbildungsgesetzes Ausschüsse bilden, denen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in gleicher Zahl angehören müssen. Der Ausschuß hat die Parteien mündlich zu hören. Wird der von ihm gefällte Spruch nicht innerhalb einer Woche von beiden Parteien anerkannt, so kann binnen zwei Wochen nach ergangenem Spruch Klage beim zuständigen Arbeitsgericht erhoben werden. § 9 Abs. 5 gilt entsprechend. Der Klage muß in allen Fällen die Verhandlung vor dem Ausschuß vorangegangen sein. Aus Vergleichen, die vor dem Ausschuß geschlossen sind, und aus Sprüchen des Ausschusses, die von beiden Seiten anerkannt sind, findet die Zwangsvollstreckung statt. Die §§ 107 und 109 gelten entsprechend.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

(1) Soweit nach anderen Rechtsvorschriften andere Gerichte, Behörden oder Stellen zur Entscheidung oder Beilegung von Arbeitssachen zuständig sind, treten an ihre Stelle die Arbeitsgerichte. Dies gilt nicht für Seemannsämter, soweit sie zur vorläufigen Entscheidung von Arbeitssachen zuständig sind.

(2) Zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Ausbildenden und Auszubildenden aus einem bestehenden Berufsausbildungsverhältnis können im Bereich des Handwerks die Handwerksinnungen, im übrigen die zuständigen Stellen im Sinne des Berufsbildungsgesetzes Ausschüsse bilden, denen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in gleicher Zahl angehören müssen. Der Ausschuß hat die Parteien mündlich zu hören. Wird der von ihm gefällte Spruch nicht innerhalb einer Woche von beiden Parteien anerkannt, so kann binnen zwei Wochen nach ergangenem Spruch Klage beim zuständigen Arbeitsgericht erhoben werden. § 9 Abs. 5 gilt entsprechend. Der Klage muß in allen Fällen die Verhandlung vor dem Ausschuß vorangegangen sein. Aus Vergleichen, die vor dem Ausschuß geschlossen sind, und aus Sprüchen des Ausschusses, die von beiden Seiten anerkannt sind, findet die Zwangsvollstreckung statt. Die §§ 107 und 109 gelten entsprechend.

Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam; ein vom Arbeitnehmer nach § 2 erklärter Vorbehalt erlischt.

(1) Soweit nach anderen Rechtsvorschriften andere Gerichte, Behörden oder Stellen zur Entscheidung oder Beilegung von Arbeitssachen zuständig sind, treten an ihre Stelle die Arbeitsgerichte. Dies gilt nicht für Seemannsämter, soweit sie zur vorläufigen Entscheidung von Arbeitssachen zuständig sind.

(2) Zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Ausbildenden und Auszubildenden aus einem bestehenden Berufsausbildungsverhältnis können im Bereich des Handwerks die Handwerksinnungen, im übrigen die zuständigen Stellen im Sinne des Berufsbildungsgesetzes Ausschüsse bilden, denen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in gleicher Zahl angehören müssen. Der Ausschuß hat die Parteien mündlich zu hören. Wird der von ihm gefällte Spruch nicht innerhalb einer Woche von beiden Parteien anerkannt, so kann binnen zwei Wochen nach ergangenem Spruch Klage beim zuständigen Arbeitsgericht erhoben werden. § 9 Abs. 5 gilt entsprechend. Der Klage muß in allen Fällen die Verhandlung vor dem Ausschuß vorangegangen sein. Aus Vergleichen, die vor dem Ausschuß geschlossen sind, und aus Sprüchen des Ausschusses, die von beiden Seiten anerkannt sind, findet die Zwangsvollstreckung statt. Die §§ 107 und 109 gelten entsprechend.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 27. Mai 2009 - 7 Sa 443/07 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten, ob zwischen ihnen über den 1. November 2004 hinaus ein Arbeitsverhältnis fortbesteht und inwieweit die Beklagte zur Zahlung von Arbeitsvergütung verpflichtet ist.

2

Die Klägerin war seit 1981 bei der Beklagten, zuletzt als „Leiterin der Planung und Steuerung“ im Geschäftsbereich C I (CI) beschäftigt.

3

Dieser Geschäftsbereich verzeichnete seit mehreren Jahren Umsatzrückgänge, welche die Beklagte zu Personalabbaumaßnahmen veranlassten.

4

Mit Schreiben vom 22. Oktober 2004 informierte die Beklagte die Klägerin über die beabsichtigte Übertragung des Geschäftsbereichs CI auf die A GmbH. In diesem Schreiben heißt es ua.:

        

„...   

        

die A-G AG plant, den Geschäftsbereich C I (CI) mit Wirkung zum 1. November 2004 auf die A GmbH zu übertragen.

        

Für die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter, die dem Geschäftsbereich CI zugeordnet sind, führt diese Übertragung zu einem automatischen Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse. Dies ist in § 613 a BGB geregelt, dessen Bestimmungen auf den Übergang zwingend anwendbar sind. § 613 a Absatz 5 BGB sieht eine schriftliche Information des von einem solchen Übergang betroffenen Arbeitnehmers vor, der nach § 613 a Absatz 6 BGB dem Übergang auch widersprechen kann.

        

Diese Bestimmungen lauten:

                 

‚Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

                 

1.    

den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,

                 

2.    

den Grund für den Übergang,

                 

3.    

die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und

                 

4.    

die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

        

Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.’

        

Ihr Arbeitsverhältnis ist dem Geschäftsbereich CI zugeordnet und würde deshalb mit dem 1. November 2004 auf A GmbH übergehen.

        

...     

        

1.    

Zum geplanten Zeitpunkt des Übergangs:            

                 

Das Datum des geplanten Übergangs ist der 1. November 2004.

        

2.    

Zum Grund für den Übergang:            

                 

Grund des Übergangs ist die rechtliche Verselbständigung des Geschäftsbereichs CI in der A GmbH und deren anschließende Veräußerung an N GmbH.

                 

A GmbH mit Sitz in L umfasst das gesamte bisherige CI-Geschäft der A-G AG, also die Geschäftsfelder Film, Finishing und Laborgeräte. A GmbH übernimmt das Vermögen von CI. Hierzu gehören insbesondere Produktionsanlagen, Markenzeichen, Patente und technologisches Know-how, Vorräte und Forderungen.

                 

...     

                 

Das Unternehmen wird mit einem guten Eigenkapital ausgestattet und verfügt über hohe Liquidität, um unerwartet auftretende Risiken bewältigen, in neue Geschäfte investieren und Marktchancen besser nutzen zu können.

        

3.    

Zu den rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer:            

                 

Mit dem Übergang des Geschäftsbereichs CI tritt A GmbH in die bestehenden, unveränderten Arbeitsverhältnisse ein. Zur Klärung und Regelung der Einzelheiten haben A-G AG, A GmbH, Gesamtbetriebsrat der A-G AG sowie die örtlichen Betriebsräte am 24. September 2004 eine Überleitungsvereinbarung ‚zur Klärung der rechtlichen Auswirkungen auf die Arbeitsverhältnisse betroffener Arbeitnehmer, auf die kollektiv-rechtlichen Regelungen sowie auf die betriebsverfassungsrechtlichen Strukturen’ abgeschlossen, die davon geprägt ist, so weit wie möglich Kontinuität zu wahren:

                 

-       

Die bei der A-G AG verbrachten und/oder von ihr anerkannten Dienstjahre werden als Dienstzeit bei A GmbH anerkannt.

                 

-       

Die Zugehörigkeit zu den Arbeitgeberverbänden der Chemischen Industrie wird auch bei A GmbH bestehen, d.h. es bleibt bei den Chemie-Tarifen.

                 

...     

        

…       

        
        

5.    

Zu Ihrer persönlichen Situation:            

                 

Ihr Arbeitsverhältnis wird nach unserer Planung von dem geplanten Personalabbau gemäß Ziffer 4 betroffen sein. Die Zustimmung des Betriebsrats und des Sprecherausschusses zu Ihrer Aufnahme in die Namensliste liegt derzeit noch nicht vor. Insofern sind Verhandlungen mit dem Betriebsrat und dem Sprecherausschuss noch nicht abgeschlossen. Sie müssen jedoch damit rechnen, nach Abschluss dieser Verhandlungen mit oder ohne Ihre Aufnahme in die Namensliste der zur Kündigung vorgesehenen Mitarbeiter eine Kündigung zu erhalten.

                 

Zur Milderung wirtschaftlicher Nachteile stehen Ihnen dann die für leitende Angestellte im Unternehmen üblichen Leistungen zu.

                 

Die geplante Kündigung wirkt sich auf den Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses nicht aus.

                 

Ihr Arbeitsverhältnis geht trotzdem über und Sie sind verpflichtet, Ihre Tätigkeit bei A GmbH fortzuführen. Die nachfolgend dargestellten Konsequenzen eines eventuellen Widerspruchs treffen auch in Ihrem Falle zu.

        

6.    

Zum Widerspruchsrecht:            

                 

Sie haben das Recht, dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses auf die A GmbH binnen einer Frist von einem Monat ab Zugang dieses Schreibens schriftlich zu widersprechen. Die Erklärung kann nicht einseitig zurückgenommen oder widerrufen werden. Sie kann auch nicht an eventuelle Bedingungen geknüpft werden.

                 

Sollten Sie dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses widersprechen wollen, müsste das schriftlich mit einer von Ihnen unterschriebenen Erklärung innerhalb dieser Frist erfolgen. Eventuelle Widerspruchsschreiben richten Sie bitte ausschließlich an:

                 

...     

        

7.    

Zu den Folgen eines Widerspruchs:            

                 

Im Falle eines fristgerechten Widerspruchs bleibt Ihr Arbeitsverhältnis bei der A-G AG und geht nicht auf die A GmbH über.

                 

Da nach dem Übergang des vollständigen Geschäftsbereichs CI auf A GmbH Ihr bisheriger Arbeitsplatz bei A-G AG nicht mehr vorhanden sein wird und eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nicht besteht, müssen Sie daher im Falle der Ausübung Ihres Widerspruchsrechts mit der Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses durch A-G AG rechnen.

                 

Wir weisen Sie ausdrücklich darauf hin, dass nach der eindeutigen Regelung in der mit dem Gesamtbetriebsrat der A-G AG und den örtlichen Betriebsräten vereinbarten Überleitungsvereinbarung in diesem Fall kein Anspruch auf eine Abfindung besteht, weder gegenüber der A-G AG, noch gegenüber A GmbH. Im Falle eines Widerspruchs müssen Sie deshalb damit rechnen, Ihren Arbeitsplatz ohne jede finanzielle Leistung zu verlieren. Außerdem sind bei einer eventuellen Arbeitslosigkeit nach einem Widerspruch Ihre Ansprüche auf Leistungen der Agentur für Arbeit in Frage gestellt.

                 

Wir empfehlen Ihnen daher dringend, von einem Widerspruch abzusehen.

                 

...“   

5

Mit Wirkung zum 1. November 2004 wurde der Geschäftsbereich CI ausgegliedert und auf die neu gegründete

 A GmbH übertragen. Die Klägerin widersprach dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf diese GmbH zunächst nicht und arbeitete bis zum 31. Oktober 2005 auf ihrem bisherigen Arbeitsplatz weiter.

6

Die A GmbH kündigte der Klägerin mit Schreiben vom 13. Dezember 2004 „aus dringend betrieblichen Erfordernissen“ zum 31. Dezember 2005. Gegen diese Kündigung erhob die Klägerin keine Kündigungsschutzklage.

7

Unter dem Datum des 29. Oktober 2004 hatte die Beklagte der Klägerin schriftlich mitgeteilt:

        

„… hiermit bestätigen wir Ihnen, dass Sie bei einer betriebsbedingten Beendigung des Anstellungsverhältnisses zum 31.12.2005 eine Abfindung in Höhe von derzeit 109.125,00 EUR brutto erhalten.

        

Die Auszahlung erfolgt unter Berücksichtigung der steuerlichen Vorschriften. Bezüglich des Auszahlungszeitpunkts der Abfindung besteht die Möglichkeit, die Auszahlung im Januar 2006 vorzunehmen.

        

Die Beendigung des Anstellungsverhältnisses berührt nicht den Anspruch der anlässlich von Dienstjubiläen gewährten Leistungen.“

8

Im Mai 2005 stellte die A GmbH Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, welches am 1. August 2005 eröffnet wurde.

9

Die Klägerin widersprach mit Schreiben vom 23. Juni 2005 gegenüber der Beklagten dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die A GmbH wegen nicht ausreichender Unterrichtung über den Betriebsübergang.

10

Die Klägerin meint, sie habe dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die A GmbH noch im Juni 2005 wirksam widersprechen können, weil sie bis dahin nicht ordnungsgemäß iSd. § 613a Abs. 5 BGB über den Betriebsübergang unterrichtet worden sei. So rügt sie insbesondere eine falsche Information über die Liquidität der Betriebserwerberin. Für die Zeit ab dem 1. November 2004 macht die Klägerin Vergütungsansprüche gegen die Beklagte geltend.

11

Die Klägerin hat - soweit der Rechtsstreit in die Revisionsinstanz gelangt ist - beantragt:

        

1.    

Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien ein Anstellungsvertragsverhältnis besteht.

        

2.    

Die Beklagte wird verurteilt, an sie 6.038,00 Euro brutto (Gehalt November 2005) abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld iHv. 1.878,90 Euro nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2005 zu zahlen.

        

3.    

Die Beklagte wird verurteilt, an sie 6.038,00 Euro brutto (Gehalt Dezember 2005) abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld iHv. 1.878,90 Euro netto nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2006 zu zahlen.

        

4.    

Die Beklagte wird verurteilt, an sie 6.038,00 Euro brutto (Gehalt Januar 2006) abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld iHv. 1.878,90 Euro netto nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Februar 2006 zu zahlen.

        

5.    

Die Beklagte wird verurteilt, an sie 6.038,00 Euro brutto (Gehalt Februar 2006) abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld iHv. 1.878,90 Euro netto nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. März 2006 zu zahlen.

        

6.    

Die Beklagte wird verurteilt, an sie 6.038,00 Euro brutto (Gehalt März 2006) abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld iHv. 1.878,90 Euro netto nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. April 2006 zu zahlen.

        

7.    

Die Beklagte wird verurteilt, an sie 6.038,00 Euro brutto (Gehalt April 2006) abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld iHv. 1.878,90 Euro netto nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Mai 2006 zu zahlen.

        

8.    

Die Beklagte wird verurteilt, an sie 6.038,00 Euro brutto (Gehalt Mai 2006) abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld iHv. 1.878,90 Euro netto nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2006 zu zahlen.

        

9.    

Die Beklagte wird verurteilt, an sie 6.038,00 Euro brutto (Gehalt Juni 2006) abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld iHv. 1.878,90 Euro netto nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2006 zu zahlen.

        

10.     

Die Beklagte wird verurteilt, an sie 6.038,00 Euro brutto (Gehalt Juli 2006) abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld iHv. 1.878,90 Euro netto nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. August 2006 zu zahlen.

        

11.     

Die Beklagte wird verurteilt, an sie 6.038,00 Euro brutto (Gehalt August 2006) abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld iHv. 1.878,90 Euro netto nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. September 2006 zu zahlen.

        

12.     

Die Beklagte wird verurteilt, an sie 6.038,00 Euro brutto (Gehalt September 2006) abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld iHv. 1.878,90 Euro netto nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Oktober 2006 zu zahlen.

        

13.     

Die Beklagte wird verurteilt, an sie 6.038,00 Euro brutto (Gehalt Oktober 2006) abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld iHv. 1.878,90 Euro netto nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. November 2006 zu zahlen.

        

14.     

Die Beklagte wird verurteilt, an sie 6.038,00 Euro brutto (Gehalt November 2006) abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld iHv. 1.878,90 Euro netto nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2006 zu zahlen.

        

15.     

Die Beklagte wird verurteilt, an sie 6.038,00 Euro brutto (Gehalt Dezember 2006) abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld iHv. 1.878,90 Euro netto nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2006 zu zahlen.

        

16.     

Die Beklagte wird verurteilt, an sie 6.038,00 Euro brutto (Jubiläumsgeld) nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2006 zu zahlen.

        

17.     

Die Beklagte wird verurteilt, an sie 887,84 Euro brutto (Bonus 2004) nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2006 zu zahlen.

        

18.     

Die Beklagte wird verurteilt, an sie 4.050,00 Euro brutto (Sondervergütung 2005) nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2006 zu zahlen.

        

19.     

Die Beklagte wird verurteilt, an sie 14.850,00 Euro brutto (Sondervergütung 2006) nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2007 zu zahlen.

        

20.     

Die Beklagte wird verurteilt, an sie 7.088,00 Euro brutto (anteilige Sondervergütung für das Jahr 2005) nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Mai 2006 zu zahlen.

12

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und mittels Widerklage die Zurückerstattung der aufgrund des vorläufig vollstreckbaren arbeitsgerichtlichen Urteils an die Klägerin geleisteten Zahlungen verlangt.

13

Sie beruft sich darauf, ihr Informationsschreiben vom 22. Oktober 2004 habe den Erfordernissen des § 613a Abs. 5 BGB genügt. Der Widerspruch der Klägerin sei verspätet, da er nicht innerhalb der einmonatigen Widerspruchsfrist nach Zugang des Unterrichtungsschreibens erhoben worden sei. Zumindest sei das Widerspruchsrecht der Klägerin jedoch verwirkt.

14

Mit Ausnahme eines Anspruchs auf einen Bonus für das Jahr 2004 iHv. 739,86 Euro brutto stünden der Klägerin gegen sie keine Vergütungsansprüche zu.

15

Das Arbeitsgericht hat dem zunächst nur hilfsweise gestellten Feststellungsantrag in vollem Umfange und der auf Zahlung von Arbeitsvergütung gerichteten Zahlungsklage teilweise stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat es die Beklagte noch zur Zahlung der anteiligen Sondervergütung für 2005 verurteilt und die klägerische Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter, während die Klägerin die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.

17

I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

18

Das Schreiben der Beklagten vom 22. Oktober 2004, mit dem sie die Klägerin über den Betriebsteilübergang unterrichtet habe, genüge nicht den Anforderungen des § 613a BGB. Wegen der fehlerhaften Unterrichtung der Klägerin habe für diese die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB nicht zu laufen begonnen. Das Widerspruchsrecht sei auch nicht verwirkt. Es fehle für eine Verwirkung am Vorliegen des Umstandsmoments. Allein die tatsächliche Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit der A GmbH reiche dafür nicht aus. Durch die Nichterhebung einer Klage gegen die von der A GmbH am 13. Dezember 2004 ausgesprochene ordentliche Kündigung habe die Klägerin ebenfalls kein im Rahmen der Verwirkung zu berücksichtigendes Umstandsmoment gesetzt. Auch habe die Beklagte wegen der fehlerhaften Unterrichtung nicht darauf vertrauen dürfen, die Klägerin werde ihr Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben. Die geltend gemachten Vergütungsansprüche stünden der Klägerin in der ausgeurteilten Höhe wegen des Annahmeverzugs der Beklagten zu. Der Anspruch auf das begehrte Jubiläumsgeld ergebe sich aus der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 1. Dezember 1987.

19

II. Die Begründung des Landesarbeitsgerichts, mit der es der Feststellungsklage stattgegeben hat, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

20

1. Ob zwischen den Parteien ab dem 1. November 2004, dem Zeitpunkt des Übergangs des Geschäftsbereichs CI auf die A GmbH im Wege eines Betriebsteilübergangs (§ 613a BGB), ein Arbeitsverhältnis noch bestanden hat, weil die Klägerin dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die A GmbH wirksam widersprochen hat, durfte der Senat nicht entscheiden, weil die Sache insoweit nicht entscheidungsreif war (§ 563 Abs. 3 ZPO iVm. § 72 Abs. 5 ArbGG).

21

2. Die Unterrichtung der Klägerin durch die Beklagte mit Schreiben vom 22. Oktober 2004 über den am 1. November 2004 erfolgenden Betriebsteilübergang entsprach nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB(vgl. Senat 22. April 2010 - 8 AZR 871/07 -; 27. November 2008 - 8 AZR 174/07 - BAGE 128, 328 = AP BGB § 613a Nr. 363 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 106 und 12. November 2009 - 8 AZR 530/07 - NJW 2010, 1302 zu im Wesentlichen gleich gelagerten Unterrichtungen). Daher war deren Widerspruch im Juni 2005 nicht verspätet, weil die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB nicht mit Zugang der Unterrichtung zu laufen begonnen hatte(st. Rspr., vgl. Senat 22. April 2010 - 8 AZR 871/07 -; 27. November 2008 - 8 AZR 174/07 - aaO und 12. November 2009 - 8 AZR 530/07 - aaO).

22

3. Die Klägerin könnte ihr Widerspruchsrecht allerdings verwirkt haben.

23

a) Der Begründung des Landesarbeitsgerichts, mit welcher dieses eine Verwirkung des Widerspruchsrechts verneint hat, ist nicht zu folgen.

24

aa) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB). Mit der Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist.

25

bb) Nach der Rechtsprechung des Senats kann das Widerspruchsrecht wegen Verwirkung ausgeschlossen sein. Die Tatsache, dass der Gesetzgeber eine Widerspruchsfrist eingeführt hat, schließt eine Anwendung der allgemeinen Verwirkungsgrundsätze nicht aus, weil jedes Recht nur unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben ausgeübt werden kann (Senat 22. April 2010 - 8 AZR 871/07 -; 15. Februar 2007 - 8 AZR 431/06 - mwN, BAGE 121, 289 = AP BGB § 613a Nr. 320 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 64).

26

cc) Angesichts der gesetzlichen Regelung kann hinsichtlich des Zeitmoments nicht auf eine feststehende Monatsfrist, beispielsweise von sechs Monaten abgestellt werden. Im Gesetzgebungsverfahren sind nämlich Vorschläge auf Aufnahme einer generellen Höchstfrist von drei (BR-Drucks. 831/1/01 S. 2) bzw. sechs Monaten (BT-Drucks. 14/8128 S. 4) nicht aufgegriffen worden. Abzustellen ist vielmehr auf die konkreten Umstände des Einzelfalles. Dabei ist, wie der Senat bereits zur Verwirkung der Geltendmachung eines Betriebsübergangs (27. Januar 2000 - 8 AZR 106/99 -) ausgeführt hat, davon auszugehen, dass bei schwierigen Sachverhalten die Rechte des Arbeitnehmers erst nach längerer Untätigkeit verwirken können. Erforderlich ist es weiterhin auch, die Länge des Zeitablaufes in Wechselwirkung zu dem ebenfalls erforderlichen Umstandsmoment zu setzen. Je stärker das gesetzte Vertrauen oder die Umstände, die eine Geltendmachung für den Anspruchsgegner unzumutbar machen, sind, desto schneller kann ein Anspruch verwirken. Es müssen besondere Verhaltensweisen sowohl des Berechtigten als auch des Verpflichteten vorliegen, die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen (Senat 22. April 2010 - 8 AZR 871/07 -; 24. Juli 2008 - 8 AZR 175/07 - AP BGB § 613a Nr. 347).

27

dd) Ob diese Voraussetzungen für die Annahme der Verwirkung im Streitfalle vorliegen, weil sich die Klägerin gegen die ihr von der A GmbH ausgesprochene Kündigung nicht zur Wehr gesetzt hat, kann noch nicht abschließend beurteilt werden.

28

b) Die Beurteilung der Frage, ob ein Recht verwirkt ist, unterliegt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts grundsätzlich den Tatsachengerichten, die den ihnen zur Begründung des Verwirkungseinwandes vorgetragenen Sachverhalt eigenverantwortlich zu würdigen haben. Allerdings unterliegt der revisionsrechtlichen Überprüfung, ob das Gericht der Tatsacheninstanz alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt hat und die Bewertung dieser Gesichtspunkte von den getroffenen tatsächlichen Feststellungen getragen wird (BAG 17. Januar 2007 - 7 AZR 23/06 - AR-Blattei-ES 1100 Nr. 38; abweichend zur Prozessverwirkung: BAG 20. Mai 1988 - 2 AZR 711/87 - AP BGB § 242 Prozessverwirkung Nr. 5 = EzA BGB § 242 Prozessverwirkung Nr. 1). Diesen Überprüfungsmaßstäben hält das Berufungsurteil nicht stand, weil dem Landesarbeitsgericht ein Rechtsfehler unterlaufen ist.

29

aa) Zwischen der Unterrichtung der Klägerin mit Schreiben vom 22. Oktober 2004 über den bevorstehenden Betriebsteilübergang und ihrem Widerspruch mit Schreiben vom 23. Juni 2005 liegt ein Zeitraum von etwa acht Monaten. Damit könnte in der erforderlichen Gesamtschau mit einem gegebenen Umstandsmoment das so genannte Zeitmoment erfüllt sein (vgl. Senat 22. April 2010 - 8 AZR 805/07 - DZWIR 2010, 368 und 21. Januar 2010 - 8 AZR 870/07 -). Die Frist für das für die Verwirkung maßgebliche Zeitmoment beginnt nicht erst ab einem bestimmten Zeitpunkt zu laufen, insbesondere nicht erst mit der umfassenden Unterrichtung oder Kenntnis des Arbeitnehmers über den Betriebsübergang und dessen Folgen. Bei dem Zeitmoment handelt es sich nicht um eine gesetzliche, gerichtliche oder vertraglich vorgegebene Frist, für welche bestimmte Anfangs- und Endzeitpunkte gelten, die in den §§ 186 ff. BGB geregelt sind. Vielmehr hat bei der Prüfung, ob ein Recht verwirkt ist, immer eine Gesamtbetrachtung stattzufinden, bei welcher das Zeit- und das Umstandsmoment zu berücksichtigen und in Relation zu setzen sind. Wie der Senat am 15. Februar 2007 (- 8 AZR 431/06 - BAGE 121, 289 = AP BGB § 613a Nr. 320 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 64) entschieden hat, ist die Länge des Zeitablaufes in Wechselwirkung zu dem ebenfalls erforderlichen Umstandsmoment zu setzen, was zur Folge hat, dass bei schwierigen Sachverhalten die Rechte des Arbeitnehmers möglicherweise erst nach einer längeren Untätigkeit verwirken können. Erfolgt die Prüfung der Verwirkung nach diesen Grundsätzen, so ist es nicht geboten, ähnlich wie bei gesetzlichen, gerichtlichen oder vertraglichen Fristen für das so genannte Zeitmoment einen bestimmten Fristbeginn, wie etwa die Kenntnis des Berechtigten von bestimmten Tatsachen festzulegen. Vielmehr ist immer darauf abzustellen, ob der Verpflichtete aufgrund des Zeitablaufes, in dem der Berechtigte sein Recht nicht ausgeübt hat, und den Umständen des Einzelfalles, zu denen auch die Nichtkenntnis des Berechtigten von den für die Geltendmachung seines Rechts bedeutsamen Tatsachen gehört, darauf vertrauen durfte, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen (Senat 24. Juli 2008 - 8 AZR 175/07 - AP BGB § 613a Nr. 347).

30

bb) Der Begründung des Landesarbeitsgerichts, dass die Voraussetzungen für das Umstandsmoment nicht vorliegen, ist nicht zu folgen.

31

Es hat das Vorliegen des Umstandsmoments mit der Begründung verneint, aus der Nichterhebung der Kündigungsschutzklage durch die Klägerin könne kein Erklärungswert hinsichtlich der Ausübung eines noch bestehenden Widerspruchsrechts hergeleitet werden. Außerdem habe die Beklagte wegen der nicht ordnungsgemäßen Unterrichtung der Klägerin iSd. § 613a Abs. 5 BGB nicht darauf vertrauen dürfen, dass die Klägerin nicht mehr widersprechen werde.

32

Zutreffend nimmt das Landesarbeitsgericht zunächst an, dass allein die widerspruchslose Weiterarbeit der Klägerin bei der Betriebserwerberin noch keine Verwirkung des Widerspruchsrechts der nicht ordnungsgemäß nach § 613a Abs. 5 BGB unterrichteten Arbeitnehmerin begründet(vgl. Senat 24. Juli 2008 - 8 AZR 175/07 - AP BGB § 613a Nr. 347).

33

Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts kann aber ein ausschlaggebender Umstand für die Annahme der Verwirkung des Widerspruchsrechts deshalb vorliegen, weil die Klägerin die von der A GmbH am 13. Dezember 2004 ausgesprochene Kündigung widerspruchslos hingenommen hatte. Als ein Umstand, der möglicherweise das Vertrauen des bisherigen Arbeitgebers in die Nichtausübung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB rechtfertigt, kann es nämlich angesehen werden, wenn der Arbeitnehmer über die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses dadurch disponiert hat, dass er einen Aufhebungsvertrag mit dem Betriebserwerber geschlossen oder eine von diesem nach dem Betriebsübergang erklärte Kündigung hingenommen hat(vgl. Senat 22. April 2010 - 8 AZR 805/07 - DZWIR 2010, 368, - 8 AZR 871/07 - und - 8 AZR 982/07 -; 21. Januar 2010 - 8 AZR 870/07 -; 20. März 2008 - 8 AZR 1016/06 - NZA 2008, 1354 und 27. November 2008 - 8 AZR 225/07 -).

34

Die Klägerin wäre, um den Eintritt der Verwirkung ihres Widerspruchsrechts zu vermeiden, nicht gezwungen gewesen, gegen die von der A GmbH ausgesprochene Kündigung eine (möglicherweise erfolglose) Kündigungsschutzklage zu erheben. Sie hätte sowohl gegenüber der Beklagten als auch gegenüber der A GmbH auch auf andere Weise zum Ausdruck bringen können, dass sie die Kündigung nicht akzeptiert, etwa deshalb, weil sie dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses noch widersprechen wolle und die A GmbH damit rückwirkend nicht mehr ihr Arbeitgeber sei.

35

Der Senat sieht als Disposition über den Bestand des Arbeitsverhältnisses, welcher als Umstandsmoment für eine Verwirkung des Widerspruchsrechts anzusehen ist, die „Hinnahme“ einer vom Betriebserwerber ausgesprochenen Kündigung an. „Hinnehmen“ ist aber nicht gleichbedeutend mit dem Nichterheben einer Kündigungsschutzklage.

36

So hat der Senat in der Entscheidung vom 24. Juli 2008 (- 8 AZR 175/07 - AP BGB § 613a Nr. 347) ausdrücklich darauf abgestellt, ob der Arbeitnehmer eine vom Betriebserwerber ausgesprochene Kündigung „widerspruchslos“ hingenommen hat und weiter ausgeführt: „… und dass der Kläger diese Kündigung weder mit einer Kündigungsschutzklage angegriffen noch in sonstiger Weise die Unwirksamkeit der Kündigung gegenüber der Beklagten (sc. Betriebsveräußerer) oder der A. Germany GmbH (sc. Betriebserwerber) geltend gemacht hat, …“. In einem anderen Fall hat der Senat ein Umstandsmoment für die Verwirkung des Widerspruchsrechts verneint, weil der Arbeitnehmer, der eine vom Betriebserwerber ausgesprochene Kündigung nicht angegriffen hatte, binnen der Dreiwochenfrist des § 4 KSchG den Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Betriebsveräußerer erklärt hatte. Dadurch habe der Arbeitnehmer die vom Betriebserwerber ausgesprochene Kündigung ins Leere gehen lassen, als noch die Möglichkeit zu einer gegen den Betriebserwerber zu richtenden Kündigungsschutzklage bestanden habe (Senat 9. Dezember 2010 - 8 AZR 152/08 -).

37

Die Annahme der Verwirkung des Widerspruchsrechts ist nicht ausgeschlossen, wenn nur der A GmbH, nicht aber der Beklagten alle von der Klägerin verwirklichten Umstandsmomente bekannt geworden sind. Bei der Verwirkung des Widerspruchsrechts im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang genügt es, dass einer der Verpflichteten von den vertrauensbildenden Umständen Kenntnis hat. Jedenfalls im unmittelbaren Verhältnis zwischen Betriebsveräußerer und Betriebserwerber sieht das Gesetz grundsätzlich eine gemeinsame Verpflichtung und Berechtigung beider aus dem Arbeitsverhältnis vor. Daraus folgt, dass immer dann, wenn sich der Betriebserwerber als neuer Arbeitgeber auf Verwirkungsumstände berufen könnte, diese auch der Betriebsveräußerer als früherer Arbeitgeber für sich in Anspruch nehmen kann.

38

Neuer und alter Arbeitgeber können sich wechselseitig auf die Kenntnis des anderen vom Arbeitnehmerverhalten berufen, eine nachgewiesene subjektive Kenntnis des in Anspruch genommenen Verpflichteten von einem bestimmten Arbeitnehmerverhalten ist nicht erforderlich, wenn feststeht, dass dieses Verhalten wenigstens dem anderen Verpflichteten bekannt geworden ist (st. Rspr.: Senat 22. April 2010 - 8 AZR 871/07 -; 27. November 2008 - 8 AZR 174/07 - BAGE 128, 328 = AP BGB § 613a Nr. 363 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 106).

39

Unzutreffend ist auch die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte habe wegen der fehlerhaften Unterrichtung der Klägerin über den Betriebsteilübergang nicht darauf vertrauen dürfen, diese werde ihr Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben. Würde man dieser Überlegung des Landesarbeitsgerichts folgen, führte das zu einem widersinnigen Ergebnis. Einerseits behielte der Arbeitnehmer sein Widerspruchsrecht deshalb länger als in § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB normiert(einen Monat ab Zugang der Unterrichtung), weil die Unterrichtung nicht ordnungsgemäß war. Andererseits könnte das Widerspruchsrecht nicht verwirken, weil der Arbeitnehmer nicht entsprechend den Vorgaben des § 613a Abs. 5 BGB unterrichtet worden war. Dies hätte zur Folge, dass - entgegen der Rechtsprechung - die Verwirkung des Rechts zum Widerspruch im Falle einer fehlerhaften Unterrichtung durch den alten Arbeitgeber idR nicht eintreten könnte. Dies widerspräche dem Grundsatz, dass jedes Recht verwirken kann.

40

c) Trotz dieses Rechtsfehlers des Landesarbeitsgerichts war der Senat gehindert, abschließend zu entscheiden, ob die Klägerin ihr Widerspruchsrecht zum Zeitpunkt seiner Ausübung im Juni 2005 verwirkt hatte.

41

Für die Gesamtschau zwischen Zeit- und Umstandsmoment ist nämlich auch die Tatsache miteinzubeziehen, dass die Beklagte kurz vor dem Betriebsübergang am 1. November 2004 der Klägerin mit Schreiben vom 29. Oktober 2004 ua. mitgeteilt hatte: „hiermit bestätigen wir Ihnen, dass Sie bei einer betriebsbedingten Beendigung des Anstellungsverhältnisses zum 31. Dezember 2005 eine Abfindung in Höhe von derzeit 109.125,00 EUR erhalten.“ Ob der Umstand, dass die Klägerin die Unwirksamkeit der etwa sechs Wochen nach dem Betriebsübergang durch die A GmbH zum 31. Dezember 2005 „aus dringend betrieblichen Erfordernissen“ ausgesprochenen Kündigung nicht geltend gemacht hat, angesichts dieser „Bestätigung“ der Beklagten das Umstandsmoment erfüllt und in Zusammenschau mit dem Zeitmoment zur Verwirkung des Widerspruchsrechts führt, ist Gegenstand der tatrichterlichen Würdigung und diese muss vom Landesarbeitsgericht vorgenommen werden.

42

III. Inwieweit der Klägerin die geltend gemachten Vergütungsansprüche zustehen, kann der Senat ebenfalls nicht abschließend entscheiden, weil diese vom Bestand eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien über den 1. November 2004 hinaus abhängen.

43

IV. Wegen der Zurückverweisung der Sache war auch nicht über die von der Beklagten gemäß § 717 ZPO erhobene Widerklage zu entscheiden.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Wankel    

        

    Lüken    

                 

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe und über die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union nach der Richtlinie 2003/8/EG gelten in Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen entsprechend.

(2) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, zur Vereinfachung und Vereinheitlichung des Verfahrens durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für die Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 117 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) einzuführen.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.