Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund – Kammern Neubrandenburg - vom 12.07.2017 (Az. 11 Ca 72/17) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob arbeitsvertraglich eine Vergütung nach dem TVöD-VKA vereinbart worden ist.

2

Der Kläger ist seit dem 01.08.2000 bei der Beklagten als Hilfskraft in der Produktion beschäftigt. Der Arbeitsvertrag vom 01.08.2000 lautet in Auszügen wie folgt:

3

„§ 2 Tätigkeit/Vergütung

4

1. der Arbeitnehmer wird als Hilfskraft in der Produktion eingestellt. Die Arbeitsaufgabe wird zur Bestimmung ihres Inhaltes und des Verantwortungsbereiches durch die Gehalts-/Lohngruppe in Anlehnung BAT-Ost IXa eingeordnet. Näheres bestimmt der als Anlage 1 diesem Vertrag beigefügte Aufgabenplan.

5

[…]

6

§ 4 Entgeltregelung

7

1. Die Höhe des monatlichen Entgeltes ergibt sich aus der nach § 2 des Vertrages vorgenommenen Qualifikation der Arbeitsaufgabe und der zur Anwendung kommenden Regelung des BAT-Ost, der MTArb.-Ost bzw. den diese Regelungen ergänzenden Betriebsvereinbarungen.

8

2. Die jeweilige Höhe des Gehaltes/Lohnes wird dem Arbeitnehmer durch eine Lohnbekanntmachung mitgeteilt.“

9

Unter dem 08.02.2002 wurde zwischen den Parteien ein Änderungsvertrag geschlossen.

10

Dieser lautet:

11

„§ 2 Vergütung

12

Die Arbeitsaufgabe wird zur Bestimmung ihres Inhaltes und des Verantwortungsbereiches durch die Gehaltsgruppe in Anlehnung BAT-Ost ab 1.3.2002 in die Stufe VIII eingeordnet.“

13

Der Arbeitsvertrag enthält keine Regelung bezüglich Ausschlussfristen.

14

In der Vergangenheit hat der Kläger Sondergratifikationen in unterschiedlicher Höhe erhalten. Tariferhöhungen des BAT sind an den Kläger nicht weitergereicht worden. Vergütungsänderungen resultierten aus mit dem GBR abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen. Die Verdienstabrechnung des Klägers für 9/16 enthält unter Tarifart die Bezeichnung BAT VKA VIII Stufe 10.

15

Mit Klage vom 07.03.2017, bei dem Arbeitsgericht Stralsund -Kammern Neubrandenburg- eingegangen am 8. März 2017, begehrt der Kläger die Feststellung, dass er in die Entgeltgruppe 3 Stufe 6 des TVöD- VKA einzugruppieren ist und mit dem Antrag zu Ziffer 2 die Zahlung der Differenz zwischen der ihm gezahlten Vergütung und der ihm nach seiner Auffassung zustehenden Entgeltgruppe III Stufe 5 TVöD- VKA für Januar 2014 bis Juli 2015 und für Stufe 6 zwischen August 2015 und Dezember 2016. Mit Klageerweiterung vom 22.05.2017 eingegangen bei dem Arbeitsgericht Stralsund am selben Tage, begehrt der Kläger die Differenz zwischen Januar 2017 und Mai 2017. In diesem gesamten streitgegenständlichen Zeitraum hat der Kläger ein monatliches Bruttogehalt von jeweils 2.057,11 € erhalten.

16

Mit Urteil vom 12.07.2017 hat das Arbeitsgericht Stralsund der Klage mit folgendem Tenor vollumfänglich stattgegeben:

17

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Vergütung nach der Entgeltgruppe 3, Stufe 6, des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst VKA (TVöD- VKA) in der jeweils gültigen Fassung zu zahlen.

18

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger rückständige Vergütung für die Monate Januar 2014 bis Mai 2014 in Höhe von 17.446,15 € brutto zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 40.645,32 € seit dem 15.03.2017 aus 2.800,83 € seit dem 27.05.2017 zu zahlen.

19

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass die in § 4 des Arbeitsvertrages festgelegte Entgeltregelung dynamisch ausgestaltet sei. Für eine statische Verweisung hätte es der Regelung nicht bedurft. Ein Einfrieren der Vergütung auf den Zeitpunkt der Ablösung des BAT-Ost entspräche nicht dem Willen der Parteien. Das Arbeitsgericht hat zudem im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung ermittelt, dass die Parteien sich dem TVöD-VKA unterworfen hätten. Der Kläger sei ab dem 01.08.2015 in die Entgeltgruppe 3 Stufe 6 einzugruppiert und nach Absolvieren der entsprechenden 15-jährigen Beschäftigungszeit gemäß § 16 Abs. 3 TVöD-VKA und für die Vorzeit in Stufe 5 einzugruppiert.

20

Das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund ist der Beklagten unter dem 21. Juli 2017 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 24.07.2017, eingegangen bei dem Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern am 26. Juli 2017, hat die Beklagte gegen das Urteil Berufung eingelegt.

21

Zur Begründung der Berufung hat die Beklagte ausgeführt, dass der in Rede stehende BAT auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis originär keine Anwendung gefunden habe. Die ursprüngliche Anwendung des BAT-Ost sei aufgrund individualvertraglicher Bezugnahme erfolgt. Eine Überleitung auf den TVöD habe nicht stattgefunden. Die Eingruppierung habe lediglich in Anlehnung an den BAT-Ost stattgefunden wobei die Parteien den Inhalt und Verantwortungsbereich der Arbeitsaufgabe des Klägers festgelegt hätten. Auch die Entgeltregelung in § 2 des Arbeitsvertrages nehme darauf Bezug. Das Gehalt/die Lohngruppe des Klägers habe gerade nicht die Vergütung, sondern den Inhalt und den Verantwortungsbereich der Arbeitsaufgabe bestimmen sollen. Die Verweisung auf den BAT-Ost sei zudem statisch. Dies folge bereits aus § 4 des Arbeitsvertrages. Es werde nicht Bezug genommen auf die den BAT-Ost ablösenden bzw. ergänzenden Regelungen, sondern ausdrücklich nur auf den BAT-Ost und diesen ergänzenden Betriebsvereinbarungen. In dieser Formulierung stecke nicht ansatzweise eine tarifliche Dynamik.

22

Das Urteil enthalte zudem keine Begründung bezüglich der Argumentation, warum der Vertrag zum Zeitpunkt der Ablösung des BAT-Ost nicht eingefroren sei. Die Beklagte beruft sich darüber hinaus auf Ausschlussfristen des § 37 TVöD bzw. § 70 BAT-O. Des Weiteren wendet die Beklagte Verwirkung ein. Dem Kläger hätte aus der Betriebsvereinbarung aus 2007, in welcher die Vergütungsveränderungen ab dem 1. Januar enthalten gewesen ist, bekannt sein müssen, dass das bisherige Vergütungsniveau von 91 % auf 95,5 % des BAT erhöht werde und Basis der Berechnung der Lohn-Tarifvertrag für den Bereich VKA vom 31.01.2003 sei, woraus folge, dass die Beklagte gerade keine automatische Gehaltserhöhung nach dem TVöD gewähre, sondern nur auf Basis einer mit dem Betriebsrat/Gesamtbetriebsrat geschlossenen Betriebsvereinbarung. Der Kläger habe die Gehaltserhöhung akzeptiert, ohne auch nur ansatzweise auf eine tarifliche Gehaltserhöhung zu bestehen. Dabei habe er die Beklagte im Glauben gelassen, er akzeptiere die ausgehandelten Gehaltserhöhungen.

23

Die Beklagte beantragt,

24

das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund, Kammern Neubrandenburg vom 12. Juli 2017 -11 Ca 72/17- abzuändern und die Klage abzuweisen.

25

Der Kläger beantragt

26

die Berufung zurückzuweisen.

27

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil und meint, dass es bei einer statischen Geltung des BAT einer Vereinbarung bedurft hätte, dass dieser in einer bestimmten Fassung gelten solle. Bei § 2 und § 4 des Arbeitsvertrages handele es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Da es an einem Hinweis auf statische Geltung fehle, sei eine tarifliche Dynamik vereinbart worden. Aus der Tatsache, dass die Beklagte ab 2008 eine Vergütungserhöhung nach Maßgabe der Betriebsvereinbarung vom 29.11.2007 gewährt habe, folge nichts anderes. Das Tarifwerk sei nicht in Gänze einbezogen worden, weshalb die Ausschlussfristen keine Anwendung finden würden. Der Verwirkungseinwand könne nicht greifen, da der Kläger keine Kenntnis über die Höhe der im gemäß Arbeitsvertrag zustehenden Vergütung gehabt habe.

Entscheidungsgründe

I.

28

Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß den §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 b ArbGG statthaft und frist- und formgerecht i. S. d. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO eingelegt und begründet worden.

II.

29

Die Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Feststellung, gemäß Entgeltgruppe 3 Stufe 6 TVöD-VKA in der jeweiligen Fassung und damit dynamisch bezahlt zu werden ebenso wie auf Zahlung der Differenzvergütung aus Januar bis Mai 2017 aus § 611 BGB iVm mit dem Arbeitsvertrag.

30

Gemäß § 611 Abs. 1 BGB wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

31

Demnach hat der Kläger einen Anspruch auf Vergütung nach Entgeltgruppe 3 Stufe 6 des TVöD-VKA sowie Zahlung von 17.446,15 € brutto für die Vergangenheit. Dies ergibt eine Auslegung der getroffenen arbeitsrechtlichen Vereinbarungen.

1.

32

Die Parteien haben in dem Arbeitsvertrag vom 01.08.2000 in der Fassung der Änderungsvereinbarung vom 08.02.2002 mit der Regelung „§ 2 Vergütung Die Arbeitsaufgabe zur Bestimmung ihres Inhaltes und des Verantwortungsbereiches durch die Gehaltsgruppe in Anlehnung BAT-Ost ab 01.03.2002 in die Stufe VIII eingeordnet.“ eine dynamische Vergütung vereinbart, die auch die Tarifsukzession im öffentlichen Dienst umfasst.

33

Die Vergütungsabrede ist wie eine Allgemeine Geschäftsbedingung anhand von § 305c Abs. 2, §§ 306, 307 bis 309 BGB zu beurteilen. Die Beklagte hat sowohl den Arbeitsvertrag als auch die Vertragsänderung vorformuliert und damit im Rechtssinne gestellt. Ob es sich dabei um für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen handelte (§ 305 Abs. 1 BGB), bedarf keiner weiteren Aufklärung, denn der Arbeitsvertrag ist ein Verbrauchervertrag iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (BAG, Urteil vom 13. Februar 2013 – 5 AZR 2/12 –, Rn. 14ff, juris).

34

Die Vereinbarung „in Anlehnung an BAT“ stellt eine dynamische Bezugnahme auf dies Tarifwerk dar. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die pauschale Bezugnahme im Arbeitsvertrag auf tarifliche Vergütungsbestimmungen ohne Nennung fester Beträge und ohne Angabe einer konkret nach Datum festgelegten Fassung des in Bezug genommenen Tarifvertrags dynamisch zu verstehen, es sei denn, eindeutige Hinweise sprechen für eine statische Bezugnahme (BAG, Urteil vom 25. Februar 2015 – 5 AZR 481/13 Rn. 15). § 2 des Arbeitsvertrages verweist hinsichtlich der definierten Arbeitsaufgabe auf eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe VIII des BAT-Ost. Dass damit lediglich die Definition der Arbeitsaufgabe gemeint sei, kann dies nicht tragen, da die Überschrift von § 2 des Arbeitsvertrages in der Änderungsvereinbarung ausdrücklich„§ 2 Vergütung“ lautet. Damit haben die Arbeitsvertragsparteien in dieser Ziffer gerade eine Vergütungsvereinbarung treffen wollen und diese in Anlehnung an den BAT gestaltet. Aus der Formulierung „in Anlehnung an BAT“ folgt gerade die vereinbarte dynamische Geltung des BAT, denn diese ist als Hinweis der Beklagten auf ein praktiziertes Vergütungssystem zu verstehen und spricht für eine dynamische Vergütung nach der vertraglich vereinbarten Vergütungsgruppe (vgl. BAG, Urt. V. 23.03.2011, Az. 5 AZR 153/10, Rn. 12). Ein Festbetrag ist nicht in der arbeitsvertraglichen Vereinbarung enthalten. Des Weiteren wurde auch nicht auf den BAT in einer bestimmten Fassung, d. h. kalendarisch bestimmbaren Fassung verwiesen. Daher durfte der Kläger davon ausgehen, dass hinsichtlich der Vergütung der BAT-Ost dynamisch vereinbart wurde. Für die Vereinbarung einer Dynamik auch innerhalb einer bestimmten Vergütungsgruppe spricht zudem, dass die Beklagte mit ihrer Klausel nicht auf irgendein Tarifentgelt, sondern zumindest auf die nach ihren fachlichen Anforderungen zutreffende Gehaltsgruppe zurückgegriffen und mit der Klauselformulierung insgesamt den Eindruck erweckt hat, „nach Tarif“ zahlen zu wollen (BAG, Urteil vom 13. Februar 2013 – 5 AZR 2/12 –, Rn. 14 - 23, juris). Des Weiteren wird dieses Auslegungsergebnis gedeckt durch die weitere Regelung in § 4 des Arbeitsvertrages. Dieser regelt, dass sich die Höhe des monatlichen Entgeltes aus der nach § 2 des Vertrages vorgenommenen Qualifikation der Arbeitsaufgabe und der zur Anwendung kommenden Regelung des BAT-Ost, der MTArb.-Ost bzw. den diese Regelungen ergänzenden Betriebsvereinbarungen ergibt. Insoweit verweist diese Norm erneut auf die Eingruppierung in § 2 des Arbeitsvertrages, enthält zudem jedoch den Verweis auf die„zur Anwendung kommenden Regelungen des BAT-Ost“. Insoweit kann der Vertrag nicht anders verstanden werden, als dass hinsichtlich der Vergütung die Geltung des BAT-Ost vereinbart worden ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Nachsatz in § 4 Nr. 1„ bzw. den diese Regelungen ergänzenden Betriebsvereinbarungen“, da diese Formulierung keinerlei Einschränkung im Hinblick auf die vereinbarte Geltung des BAT darstellt. Im Übrigen würden Unklarheiten aufgrund § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten der Beklagten als Verwenderin gehen.

35

Hiervon ausgehend haben die Parteien mit §§ 2, 4 Arbeitsvertrag die Vergütung zeitlich dynamisch, orientiert an der in Bezug genommenen tariflichen Vergütungsgruppe gestaltet.

2.

36

Die Vergütung des Klägers richtet sich seit dem 1. Oktober 2005 nach dem TVöD und dem TVÜ-VKA. Das ergibt eine ergänzende Vertragsauslegung.

a)

37

Der Wortlaut der §§ 2, 4 Arbeitsvertrag trägt eine Erstreckung auf den TVöD nicht. Dieser ist nicht identisch mit dem BAT. Ein Zusatz, dass auch die den „BAT ersetzenden Tarifverträge“ Anwendung finden sollen, fehlt. § 2 Arbeitsvertrag ist damit zeit-, nicht jedoch inhaltsdynamisch ausgestaltet (BAG, Urteil vom 25. Februar 2015 – 5 AZR 481/13 –, Rn. 17).

b)

38

Durch die Tarifsukzession im öffentlichen Dienst ist jedoch nachträglich eine Regelungslücke entstanden, die im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu schließen ist. Da es sich bei § 2 Arbeitsvertrag um eine Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB) handelt, ist zu fragen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unvollständigkeit ihrer Regelung bekannt gewesen wäre (BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 18 ff., seither st. Rspr.). Dabei ergibt sich aus der dynamischen Ausgestaltung der Vergütungsregelung zum einen der Wille der Parteien, die Vergütung nicht in einer bestimmten Höhe bis zu einer Vertragsänderung festzuschreiben, sondern sie - dynamisch - an der jeweiligen Höhe der Vergütung der Angestellten im öffentlichen Dienst auszurichten. Deshalb hätten die Parteien redlicherweise für den Fall einer Tarifsukzession das dem in der Vergütungsabrede benannten tariflichen Regelungswerk nachfolgende tarifliche Regelungswerk als Bezugsobjekt der Vergütung vereinbart, weil ein „Einfrieren“ der Vergütung auf den Zeitpunkt der Tarifsukzession nicht ihren Interessen entsprach. Zum anderen haben sich die Parteien mit der dynamischen Ausgestaltung der Vergütung für die Zukunft insoweit der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes anvertraut. Die mit der Tarifsukzession verbundene Änderung der Tarifwerke wirkt nicht anders auf die Vergütungsabrede ein als eine (tiefgreifende) inhaltliche Änderung des in der Vergütungsabrede benannten Tarifvertrags. Mit dem Nachvollziehen der Tarifsukzession auf arbeitsvertraglicher Ebene werden die Parteien nicht anders gestellt, als sie stünden, wenn die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes den BAT reformiert und ihm einen neuen Inhalt gegeben hätten (BAG, Urteil vom 25. Februar 2015 – 5 AZR 481/13 – Rn. 19f.).

c)

39

Wegen der Aufspaltung der bis zum 30. September 2005 gleichlautenden Regelungen für die Angestellten des öffentlichen Dienstes bei Bund, Ländern und Kommunen ist durch ergänzende Vertragsauslegung weiter zu bestimmen, welche Nachfolgeregelung für die Vergütung des Klägers nach §§ 2, 4 Arbeitsvertrag maßgebend sein soll. Es ist zu fragen, welches der dem BAT nachfolgenden Tarifwerke die Parteien in Bezug genommen hätten, wenn sie eine Tarifsukzession bedacht hätten (BAG, Urteil vom 25. Februar 2015 – 5 AZR 481/13). Dies ist der TVöD in der im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) geltenden Fassung, da auch die Beklagte in ihren Abrechnungen von dem Bereich VKA ausgeht.

3.

40

Unter Anwendung des TVöD-VKA war der Kläger in die Entgeltgruppe 3 eingruppiert. Ausweislich § § 4 TVÜ-VKA erfolgte die Überleitung der Beschäftigten durch Zuordnung ihrer Vergütungs- bzw. Lohngruppe nach der Anlage 1 zu den Entgeltgruppen des TVöD. Ausweislich Anlage 1 wurde die Gruppe VIII BAT in die Entgeltgruppe 3 des TVöD übergeleitet.

41

Hinsichtlich der Stufenzuordnung enthält § 16 Abs. 2 S.1 TVöD-AT (VKA) folgende Regelung: Bei Einstellung werden die Beschäftigten der Stufe 1 zugeordnet, sofern keine einschlägige Berufserfahrung vorliegt. Abs. 3 regelt den weiteren Verlauf: Die Beschäftigten erreichen – von Stufe 3 an die jeweils nächste Stufe in Abhängigkeit von ihrer Leistung gemäß § 17 Abs. 2 - nach folgenden Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit innerhalb derselben Entgeltgruppe bei ihrem Arbeitgeber (Stufenlaufzeit):

42

- Stufe 2 nach einem Jahr in Stufe 1,
- Stufe 3 nach zwei Jahren in Stufe 2,
- Stufe 4 nach drei Jahren in Stufe 3,
- Stufe 5 nach vier Jahren in Stufe 4 und
- Stufe 6 nach fünf Jahren in Stufe 5.

43

Damit kann die Stufe 6 nach einer Laufzeit von 15 Jahren erreicht werden. Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt die Addition der Laufzeiten nicht 16 Jahre, da Stufe 2 bereits nach einem Jahr in Stufe 1 erreicht wird. Da der Kläger bei der Beklagten seit 01.08.2000 tätig war, hat er hinsichtlich des streitgegenständlichen Zeitraums beginnend ab Januar 2014 einen Anspruch auf Vergütung nach Stufe 5, da er in diesem Zeitraum die 10 Jährige Wartezeit für Stufe 5 erfüllt hat bis einschließlich Juli 2015, ab 01.08.2015 auf Stufe 6.

44

Die klägerischen Ansprüche berechnen sich somit wie folgt

45

Monat 

Gezahlt (brutto)

EG 3,
Stufe 5 bzw.
ab 01.08.15
Stufe 6

Differenz =
Anspruch des
Klägers

01/14 

2.057,11 €

2296,51

239,40

02/14 

2.057,11 €

2295,51

239,40

03/14 

2.057,11 €

2386,51

329,40

04/14 

2.057,11 €

2386,51

329,40

05/14 

2.057,11 €

2386,51

329,40

06/14 

2.057,11 €

2386,51

329,40

07/14 

2.057,11 €

2386,51

329,40

08/14 

2.057,11 €

2386,51

329,40

09/14 

2.057,11 €

2386,51

329,40

10/14 

2.057,11 €

2386,51

329,40

11/14 

2.057,11 €

2386,51

329,40

12/14 

2.057,11 €

2386,51

329,40

01/15 

2.057,11 €

2386,51

329,40

02/15 

2.057,11 €

2386,51

329,40

03/15 

2.057,11 €

2443,79

386,68

04/15 

2.057,11 €

2443,79

386,68

05/15 

2.057,11 €

2443,79

386,68

06/15 

2.057,11 €

2443,79

386,68

07/15 

2.057,11 €

2443,79

386,68

08/15 

2.057,11 €

2508,77 Stufe 6

461,66

09/15 

2.057,11 €

2508,77

461,66

10/15 

2.057,11 €

2508,77

461,66

11/15 

2.057,11 €

2508,77

461,66

12/15 

2.057,11 €

2508,77

461,66

01/16 

2.057,11 €

2508,77

461,66

02/16 

2.057,11 €

2508,77

461,66

03/16 

2.057,11 €

2568,98

511,87

04/16 

2.057,11 €

2568,98

511,87

05/16 

2.057,11 €

2568,98

511,87

06/16 

2.057,11 €

2568,98

511,87

07/16 

2.057,11 €

2568,98

511,87

08/16 

2.057,11 €

2568,98

511,87

09/16 

2.057,11 €

2568,98

511,87

10/16 

2.057,11 €

2568,98

511,87

11/16 

2.057,11 €

2568,98

511,87

12/16 

2.057,11 €

2568,98

511,87

ZWISCHENsumme

                 

14715,32

                                   

01/17 

2.057,11 €

2568,98

511,87

02/17 

2.057,11 €

2629,35

572,24

03/17 

2.057,11 €

2629,35

572,24

04/17 

2.057,11 €

2629,35

572,24

05/17 

2.057,11 €

2629,35

572,24

ZWISCHENsumme

                 

2800,83

Gesamtsumme

                 

17.516,15

46

Da der Kläger jedoch nur Zahlung von 17.446,15 € brutto begehrte, war ihm auch nur dieser Betrag zuzusprechen.

4.

47

Die klägerischen Ansprüche reduzieren sich nicht aufgrund tarifvertraglicher Ausschlussfristen des § 37 TVöD oder § 70 BAT. Die Ausschlussfristen dieser Tarifwerke finden auf das vorliegende Arbeitsverhältnis keine Anwendung. Es liegt gerade keine einzelvertragliche Inbezugnahme des gesamten Tarifwerks vor, sondern lediglich eine Vereinbarung der Vergütung, welche sich aus dem BAT ergeben sollte. Da der BAT nicht in Gänze auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet, kann sich die Beklagte nicht auf die Ausschlussfristenregelungen berufen.

5.

48

Die Beklagte kann sich auch nicht erfolgreich auf Verwirkung i.S.d. § 242 BGB berufen. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) und soll dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit dienen. Es ist nicht ihr Zweck, Schuldner, denen gegenüber Gläubiger ihre Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen. Es müssen vielmehr zum Zeitmoment besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Der Berechtigte muss unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken konnten, er wolle sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (BAG, Urteil vom 21. April 2016 – 2 AZR 609/15 –, Rn. 24).

49

Das Zeitmoment ist im vorliegenden Fall erfüllt. Für das Vorliegen des Zeitmoments gibt es keine Regelfrist. Entscheidend sind vielmehr die konkreten Umstände des Einzelfalls. Auch ist die Länge des Zeitablaufes in Wechselwirkung zu dem ebenfalls erforderlichen Umstandsmoment zu setzen. Zeitmoment und Umstandsmoment beeinflussen sich wechselseitig (Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. Juni 2016 – 7 Sa 534/15 –, Rn. 103). Vorliegend wurde die Klage auf Feststellung hinsichtlich einer dynamischen Geltung des TVöD 12 Jahre nach Ablösung des BAT erhoben.

50

Jedoch ist das Umstandsmoment nicht erfüllt. Muss der Verpflichtete davon ausgehen, dass der Berechtigte von den ihm zustehenden Ansprüchen nichts weiß, kann er nicht darauf vertrauen, der Berechtigte werde wegen des Zeitablaufs seine Rechte nicht mehr geltend machen. Dies ist vor allem dann anzunehmen, wenn die Unkenntnis des Berechtigten auf dem Verhalten des Verpflichteten beruht (BAG, Urteil vom 22. Februar 2012 – 5 AZR 765/10 –, Rn. 24). Aufgrund der Nichtgeltendmachung der Tarifansprüche, welche sich vorliegend ausschließlich auf Vergütung, nicht jedoch Urlaub, Sonderzahlungen etc. erstrecken, konnte die Beklagte nicht davon ausgehen, der Kläger werde auch künftig nicht seine Ansprüche geltend machen. Vielmehr waren dem Kläger aufgrund des Verhaltens der Beklagten seine Ansprüche nicht bekannt. Aufgrund der Betriebsvereinbarung, mit welcher die Beklagte nur prozentual die Vergütung nach dem BAT weiterreichen wollte, musste der Kläger nicht wissen, dass er Ansprüche auf die gesamte tarifvertragliche Vergütung hat. Insoweit hat die Beklagte ihn durch ihr Verhalten in Unkenntnis gelassen und durfte daher nicht darauf vertrauen, dass der Kläger bei Kenntniserlangung der Ansprüche diese nicht mehr geltend machen würde.

6.

51

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

III.

52

Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen, da das von ihm eingelegte Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben ist (§ 97 Abs. 1 ZPO).

IV.

53

Ein Revisionszulassungsgrund im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG besteht nicht. Ein solcher folgt auch nicht aus § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG im Hinblick auf die unveröffentlichte Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg vom 9.05.14, Az. 6 Sa 54/14. Dieser LAG aufgrund anderslautender vertraglicher Vereinbarung ein anderer Sachverhalt zugrunde.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 307 Inhaltskontrolle


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(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

(1) Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam.

(2) Soweit die Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind, richtet sich der Inhalt des Vertrags nach den gesetzlichen Vorschriften.

(3) Der Vertrag ist unwirksam, wenn das Festhalten an ihm auch unter Berücksichtigung der nach Absatz 2 vorgesehenen Änderung eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellen würde.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

Tenor

I. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 30. November 2011 - 5 Sa 49/10 - wird zurückgewiesen.

II. Auf die Revision des Klägers wird unter teilweiser Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 30. November 2011 - 5 Sa 49/10 - auf die Berufung des Klägers unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Hamburg vom 4. Mai 2010 - 21 Ca 35/10 - die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere 675,73 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 116,00 Euro seit dem 1. November 2008, 1. Dezember 2008, 1. Januar 2009, 1. Februar 2009 und 1. März 2009 sowie aus 95,73 Euro seit dem 1. April 2009 zu zahlen.

III. Im Übrigen werden die Berufung und die Revision des Klägers zurückgewiesen.

IV. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Auslegung einer einzelvertraglichen Vergütungsabrede.

2

Der 1979 geborene Kläger ist seit August 2003 bei der Beklagten, die mit Schreibwaren und Kommunikationsartikeln handelt, in H als Verkäufer beschäftigt, zunächst in Teilzeit mit jahresdurchschnittlich 25 Wochenstunden, ab Juli 2004 in Vollzeit mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von 37,5 Wochenstunden. Seither erhält der Kläger eine Vergütung von 1.458,00 Euro brutto monatlich.

3

Zur Vergütung heißt es im Anstellungsvertrag vom 1. August 2003:

        

„3.2   

In Anlehnung an den Tarifvertrag erhält der Mitarbeiter ein Bruttogehalt von

                 

Tarifentgelt:

954,75

                 

Übertarifliche Zulage:

0,00   

                 

Monatsentgelt insgesamt:

954,75.

        

3.3     

Das Monatsentgelt wird jeweils nachträglich am Monatsende gezahlt. Die Zahlung erfolgt bargeldlos.“

4

Der Betrag von 954,75 Euro entsprach zum damaligen Zeitpunkt 25/37,5 des Tarifgehalts nach der Gehaltsgruppe 2a, 1. und 2. Berufsjahr des Gehaltstarifvertrags für den Hamburger Einzelhandel.

5

Die Vergütungsregelung in der Fassung der von der Beklagten vorformulierten Vertragsänderung vom 16. Juli 2004 (fortan: Vertragsänderung) lautet:

        

„3.2   

Für seine Tätigkeit erhält der Mitarbeiter ein monatliches Bruttogehalt von

                 

Tarifentgelt:

€ 1.458,00

                 

Übertarifliche Zulage:

€ 0,00

                 

Monatsentgelt insgesamt:

€ 1.458,00“

6

Der Betrag von 1.458,00 Euro entsprach dem seinerzeitigen Entgelt nach der Gehaltsgruppe 2a, 1. und 2. Berufsjahr des Gehaltstarifvertrags für den Hamburger Einzelhandel.

7

Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung hat der Kläger zuletzt für den Zeitraum Oktober 2008 bis März 2009 die Differenz zwischen der von der Beklagten gezahlten Vergütung und dem nach dem Gehaltstarifvertrag für den Hamburger Einzelhandel vom 12. September 2008 in Gehaltsgruppe 2a nach dem 5. Berufsjahr vorgesehenen Betrag von 2.066,00 Euro brutto verlangt und die Auffassung vertreten, die arbeitsvertragliche Vergütungsabrede enthalte eine dynamische Bezugnahme auf den einschlägigen Gehaltstarifvertrag.

8

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.648,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach näherer betragsmäßiger und zeitlicher Staffelung zu zahlen.

9

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die Vergütungsabrede der Parteien sei nicht dynamisch ausgestaltet.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage nach ergebnisloser Durchführung eines Mediationsverfahrens iHv. 2.952,00 Euro brutto nebst Zinsen stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen ursprünglichen Zahlungsantrag weiter, die Beklagte begehrt die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Beklagten ist unbegründet, die des Klägers im Wesentlichen begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Vergütung mit dem nach der Gehaltsgruppe 2a nach dem 5. Berufsjahr des Gehaltstarifvertrags für den Hamburger Einzelhandel vom 12. September 2008 (im Folgenden: GTV) vorgesehenen Betrag. Das ergibt die Auslegung der Vergütungsabrede der Parteien.

12

I. Die für den Streitzeitraum maßgebende Vergütungsabrede in der Fassung der Vertragsänderung ist nicht eindeutig. Die Verknüpfung eines festen Euro-Betrags mit dem Begriff „Tarifentgelt“ lässt mehrere Deutungen zu. Es könnte damit ein fester und statischer Euro-Betrag vereinbart sein. Der Bezeichnung „Tarifentgelt“ käme nur die Funktion eines Hinweises darauf zu, wie der in der Vereinbarung festgehaltene Euro-Betrag gefunden wurde. Die Verknüpfung von festem Euro-Betrag mit der Bezeichnung „Tarifentgelt“ kann aber - ohne dass es auf die von der Beklagten vermisste Bezugnahme auf einen Tarifvertrag in dessen Gänze und jeweiligen Fassung ankäme - auch bedeuten, es solle zwar ein bestimmter Euro-Betrag vereinbart, dieser aber dynamisch gestaltet sein. Dabei sind verschiedene Arten der Dynamisierung denkbar, etwa eine Erhöhung des in der Vergütungsabrede festgehaltenen Euro-Betrags entsprechend den einschlägigen jeweiligen Tariferhöhungen oder die Vereinbarung einer Vergütung nach einer bestimmten tariflichen Vergütungsgruppe und damit eine Dynamik innerhalb und außerhalb der Vergütungsgruppe.

13

II. Die Auslegung der Vergütungsabrede ergibt, dass in Ziff. 3.2 Arbeitsvertrag in der Fassung der Vertragsänderung eine Vergütung nach der Gehaltsgruppe 2a des jeweils geltenden Gehaltstarifvertrags für den Hamburger Einzelhandel vereinbart ist.

14

1. Die Vergütungsabrede ist wie eine Allgemeine Geschäftsbedingung anhand von § 305c Abs. 2, §§ 306, 307 bis 309 BGB zu beurteilen. Die Beklagte hat nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sowohl den Arbeitsvertrag als auch die Vertragsänderung vorformuliert, dem Kläger in dieser Form angeboten und damit im Rechtssinne gestellt. Ob es sich dabei um für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen handelte (§ 305 Abs. 1 BGB), bedarf keiner weiteren Aufklärung, denn der Arbeitsvertrag ist ein Verbrauchervertrag iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB(vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 20 ff., AP BGB § 310 Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 310 Nr. 10; 27. Juni 2012 - 5 AZR 530/11 - Rn. 14, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 14). Auf die vorformulierte Vergütungsregelung konnte der Kläger keinen Einfluss nehmen.

15

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Dabei unterliegt die Auslegung der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht (st. Rspr., vgl. BAG 14. Dezember 2011 - 5 AZR 457/10 - Rn. 14 mwN, EzA TzBfG § 4 Nr. 22; 17. Oktober 2012 - 5 AZR 697/11 - Rn. 15).

16

2. Danach beschränkt sich die Vergütungsabrede nicht auf die Vereinbarung eines festen und statischen Euro-Betrags, sondern enthält zumindest eine Dynamik entsprechend den Tariferhöhungen für den Hamburger Einzelhandel.

17

a) Nach dem Wortlaut der Klausel erhält der Mitarbeiter nicht nur einen festen Euro-Betrag, vielmehr soll dieser ein „Tarifentgelt“ sein. Damit sendet die Beklagte entgegen ihrer Auffassung nicht nur ein Signal, sie zahle ein „seinerzeit marktübliches“ Gehalt. Vielmehr verdeutlicht die Beklagte als Klauselverwenderin - zumal sie in der Klausel zwischen Tarifentgelt und übertariflicher Zulage differenziert -, sie vergüte „nach Tarif“. Der durchschnittliche Arbeitnehmer darf eine derartige Verknüpfung von festem Euro-Betrag und dessen Bezeichnung als Tarifentgelt redlicherweise so verstehen, dass der in der Klausel festgehaltene Euro-Betrag nicht für die Dauer des Arbeitsverhältnisses statisch sein, sondern sich entsprechend den Tariferhöhungen entwickeln soll. Ein redlicher Arbeitgeber würde - wenn er die von ihm gestellte Klausel nicht so verstanden wissen wollte - die Bezeichnung als Tarifentgelt unterlassen, um klar und deutlich zum Ausdruck zu bringen (vgl. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB), dass er nicht „nach Tarif“ zahlt und sich das vereinbarte Gehalt nur durch Parteivereinbarung erhöhen wird.

18

Die in der ursprünglichen Fassung des Arbeitsvertrags enthaltene Formulierung „in Anlehnung an den Tarifvertrag“ enthält keine Einschränkung, sondern verdeutlicht nur zusätzlich, dass die Beklagte als nicht tarifgebundene Arbeitgeberin auf ein intern von ihr praktiziertes System verweist (vgl. BAG 17. November 2011 - 5 AZR 409/10 - Rn. 16 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 96).

19

b) Auch wenn die Klausel nicht angibt, welches Tarifentgelt der Arbeitnehmer erhalten soll, darf dieser redlicherweise annehmen, es solle das Tarifentgelt des für den Betrieb des Arbeitgebers räumlich und fachlich sowie für den Arbeitnehmer persönlich einschlägigen Tarifvertrags vereinbart sein, und zwar nach der Entgeltgruppe, der der in der Klausel festgehaltene Euro-Betrag zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses entspricht. Das war unstreitig das Tarifentgelt nach der Gehaltsgruppe 2a, 1. und 2. Berufsjahr des Gehaltstarifvertrags für den Hamburger Einzelhandel in der damals geltenden Fassung vom 17. Juli 2003.

20

3. Mit der Vergütungsabrede der Parteien wird auch die „Dynamik“ innerhalb der nach verschiedenen Stufen aufgebauten Gehaltsgruppe 2a nachvollzogen.

21

a) Dagegen spricht zwar, dass die Vergütungsabrede der Parteien - anders etwa als die der Entscheidung des Senats vom 9. November 2005 (- 5 AZR 128/05 - Rn. 2, BAGE 116, 185) zugrunde liegende Klausel - weder eine bestimmte Gehaltsgruppe, noch eine bestimmte Stufe innerhalb einer Gehaltsgruppe nennt. Der Kläger hat auch keinen Sachvortrag zu einer seine Auslegung stützenden Vergütungspraxis der Beklagten gehalten. Ersichtlich hat diese jedenfalls bei ihm die Stufung innerhalb der Gehaltsgruppe 2a GTV nicht nachvollzogen. Überdies ist weder vorgetragen noch festgestellt, die „Einstufung“ sei zutreffend gewesen, weil der Kläger sich bei der Einstellung trotz eines Alters von fast 24 Jahren im 1. oder 2. Berufsjahr befunden hätte.

22

b) Für die Vereinbarung einer Dynamik auch innerhalb einer bestimmten Vergütungsgruppe spricht aber, dass die Beklagte mit ihrer Klausel nicht auf irgendein Tarifentgelt, sondern zumindest auf die nach ihren fachlichen Anforderungen (Angestellte mit einfacher Tätigkeit, Beispiel Verkäufer/innen, auch wenn sie kassieren) zutreffende Gehaltsgruppe zurückgegriffen und mit der Klauselformulierung insgesamt den Eindruck erweckt hat, „nach Tarif“ zahlen zu wollen.

23

c) Beide Auslegungsmöglichkeiten sind rechtlich vertretbar, keine verdient den eindeutigen Vorzug. Die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB führt deshalb zu einer Auslegung zu Lasten der Beklagten(vgl. BAG 9. November 2005 - 5 AZR 128/05 - Rn. 22 mwN, BAGE 116, 185; 19. März 2008 - 5 AZR 429/07 - Rn. 29, BAGE 126, 198).

24

III. Die Höhe der monatlichen Vergütungsdifferenz hat der Kläger zutreffend berechnet, allerdings bei der Klageforderung seine ab dem 16. Februar 2009 über den Streitzeitraum hinaus andauernde Arbeitsunfähigkeit außer Betracht gelassen.

25

1. Das Monatsgehalt nach Gehaltsgruppe 2a nach dem 5. Berufsjahr GTV betrug im Streitzeitraum 2.066,00 Euro brutto. Zu den von der Beklagten gezahlten 1.458,00 Euro brutto verbleibt eine Differenz von 608,00 Euro brutto monatlich. In dieser Höhe hat die Beklagte den Vergütungsanspruch des Klägers aus § 611 Abs. 1 BGB bzw. § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 EFZG nicht erfüllt.

26

2. Jedoch kann der Kläger für den Monat März 2009 nicht die volle Differenz verlangen. Er war unstreitig seit dem 16. Februar 2009 arbeitsunfähig krank und bezog seit dem 30. März 2009 keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle mehr. Der Kläger hat deshalb für den Monat März 2009 nur 29/30 der Vergütungsdifferenz, mithin 587,73 Euro brutto zu beanspruchen (zur Berechnungsmethode siehe BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 22 ff., EzA BGB 2002 § 615 Nr. 37). In Höhe der Differenz von 20,27 Euro brutto ist die Klage unbegründet.

27

IV. Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1 in Verb. mit § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Das Monatsentgelt wurde nach Ziff. 3.3 Arbeitsvertrag in Übereinstimmung mit § 64 HGB am letzten Tag eines jeden Monats fällig.

28

V. Die Beklagte hat gemäß § 92 Abs. 2 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Buschmann    

        

    Jungbluth    

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 21. November 2012 - 2 Sa 1224/11 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Tarifentgelterhöhungen.

2

Der 1957 geborene Kläger ist seit dem 1. Januar 1988 bei der Beklagten, die nicht tarifgebunden und deren Mehrheitsgesellschafterin die Stadt M ist, als kaufmännischer Mitarbeiter beschäftigt. Die Beklagte betreibt die Halle M und führt im Interesse der Stadt M und der Gemeinden des M Veranstaltungen aller Art - darunter auch Feste, Märkte, Ausstellungen und Messen - im eigenen und fremden Namen durch.

3

Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist der Formulararbeitsvertrag vom 9. Dezember 1987, der ua. regelt:

        

㤠3

        

Herr L erhält eine Vergütung nach BAT IV a.

        

§ 4

        

Die vertragsschließenden Parteien sind sich darüber einig, daß sich sowohl alle übrigen Rechte als auch die Pflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis nach den Bestimmungen der für die H gültigen Betriebsvereinbarung richten, die somit Grundlage dieses Arbeitsvertrages ist.“

4

In einer Betriebsvereinbarung vom 8. Februar 2001 (im Folgenden BV) heißt es auszugsweise:

        

㤠2

        

Anwendung von Tarifverträgen

        
        

(1)     

Soweit in dieser Vereinbarung keine besonderen Regelungen getroffen sind, werden Bestimmungen der Tarifverträge BAT und BMT-G in der Fassung vom 01.08.2000 sowie NGG in der Fassung vom 01.01.1995 auf die Beschäftigungsverhältnisse wie folgt angewandt:

        
                 

A. Mitarbeiter/innen im Verwaltungs- und gewerblich-technischen Bereich:

        
                 

a)    

Angestellte (BAT)

        
                 

Der § 4 (Arbeitsvertrag, Nebenabreden), § 5 (Probezeit), § 7 (Ärztliche Untersuchung), § 8 (Allgemeine Pflichten), § 9 (Schweigepflicht), § 10 (Belohnungen und Geschenke), § 11 (Nebentätigkeit), § 13 (Personalakten), § 14 (Haftung), § 18 (Arbeitsversäumnis), § 37 (Krankenbezüge), § 38 (Forderungsübergang bei Dritthaftung), § 40 (Beihilfen), § 41 (Sterbegeld), § 42 (Reisekostenvergütung), §§ 47 - 52 (Urlaub, Sonderurlaub, Arbeitsbefreiung), §§ 53 - 61 (Beendigung des Arbeitsverhältnisses), (§ 53 Abs. 3 findet keine Anwendung), §§ 62 - 64 (Übergangsgeld) und § 70 (Ausschlußfristen des Bundesangestellten-Tarifvertrages (BAT)).

        
                 

…       

                 
        

§ 3

        

Regelmäßige Arbeitszeit

        

(1)     

Für die Arbeitszeit der Mitarbeiter/innen im Verwaltungs- und gewerblich-technischen Bereich gelten die §§ 15 bis 16 a BAT bzw. die §§ 14 und 15 BMT-G in der Fassung vom 01.08.2000.“

5

Die Beklagte zahlte dem Kläger bis September 2005 Vergütung nach VergGr. IVa BAT bzw. - nach Bewährungsaufstieg - nach VergGr. III BAT. Dabei vollzog sie die Steigerung der Vergütung nach Lebensaltersstufen und die Tariferhöhungen nach, den Vergütungstarifvertrag Nr. 35 zum BAT allerdings zwei Monate später als tariflich vorgesehen. Außerdem erhält der Kläger eine jährliche Sonderzahlung in Höhe von 80 % des durchschnittlichen Entgelts der Monate Juli bis September. Nach der Tarifsukzession im öffentlichen Dienst des Bundes und der Kommunen zum 1. Oktober 2005 ordnete die Beklagte den Kläger der Entgeltgruppe 11/Stufe 6 TVöD zu. Er erhält seither - unter Einreihung in eine dem Vergleichsentgelt entsprechenden individuellen Endstufe (§ 6 Abs. 4 Satz 1 TVÜ-VKA) - ein Bruttomonatsgehalt von 3.961,66 Euro. Die nach der Tarifsukzession vereinbarten Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst der Kommunen gab die Beklagte nicht mehr weiter.

6

In einem Schreiben vom 21. Februar 2007 teilte die Geschäftsführerin der Beklagten den Beschäftigten mit:

        

„Betriebsvereinbarung

        

Sehr geehrte Damen und Herren,

        

anlässlich des Inkrafttretens des TVöD auf kommunaler Ebene sowie auf Bundesebene am 01.10.2005 sowie anlässlich des Inkrafttretens des Tarifvertrages der Länder in Nordrhein-Westfalen am 01.11.2006 hatte ich angestrebt, die zwischen H und dem Betriebsrat der H bestehende Betriebsvereinbarung vom 08.02.2001 in gemeinsamen Verhandlungen mit dem Betriebsrat zu überarbeiten und auf die neuen tariflichen Bestimmungen anzupassen. In der Vorbereitung dieser Anpassungsmaßnahmen habe ich mich juristisch beraten lassen. Dabei wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass die vor meiner Amtszeit mit dem Betriebsrat geschlossene Betriebsvereinbarung wegen Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam ist. …

        

Ich möchte daher ausdrücklich darauf aufmerksam machen, dass die H GmbH sich an die Betriebsvereinbarung ab sofort nicht mehr gebunden sieht. Sie wird lediglich einstweilen, namentlich bis zur Bekanntgabe einer neuen Regelung, angewendet. Dies geschieht allerdings ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht und ohne Bindungswirkung für die Zukunft und ausschließlich für die Übergangszeit bis zur Bekanntgabe dessen, was zukünftig für den Inhalt der Arbeitsverhältnisse gelten soll.

        

…“    

7

Daraufhin wandte sich der Betriebsrat mit Schreiben vom 10. März 2007 an die Belegschaft wie folgt:

        

„Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

        

wir nehmen Bezug auf das Schreiben von Frau Dr. P vom 21.02.2007. Darin geht die Geschäftsleitung davon aus, dass die am 08.02.2001 geschlossene Betriebsvereinbarung unwirksam sei. Gleichzeitig wird mitgeteilt, dass sich die H GmbH ab sofort nicht mehr an diese Vereinbarung gebunden sieht.

        

Wir als Betriebsrat der H haben in dieser Angelegenheit ebenfalls eine Rechtsauskunft eingeholt. Hier die wichtigsten Aussagen:

        

1.    

Unsere Betriebsvereinbarung vom 08.02.2001 ist weiterhin wirksam.

        

2.    

In unseren Arbeitsverträgen wird regelmäßig auf unsere Betriebsvereinbarung verwiesen. Selbst bei unterstellter Unwirksamkeit bleiben die darin enthaltenen Regelungen rechtsverbindlicher Bestandteil unserer Arbeitsverträge.

        

…“    

        
8

Mit Schreiben vom 27. September 2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten erfolglos, die „Ergebnisse der Tarifeinigung“ vom 27. Februar 2010 auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden.

9

Mit der am 29. Dezember 2010 eingereichten Klage hat der Kläger die Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst der Kommunen in den Jahren 2008 bis 2010 sowie entsprechend erhöhte Jahressonderzahlungen verlangt. Er hat geltend gemacht, § 3 Arbeitsvertrag enthalte eine dynamische Inbezugnahme der Tarifentgelte, die auch die Tarifsukzession im öffentlichen Dienst umfasse. Ausschlussfristen habe er nicht einhalten müssen. Die BV sei nach § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam. Es sei zudem rechtsmissbräuchlich, wenn sich die Beklagte auf eine Ausschlussfrist in einer von ihr selbst für unwirksam gehaltenen Betriebsvereinbarung berufe.

10

Der Kläger hat zuletzt - nach Teilklagerücknahme im Übrigen - sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 10.123,04 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.195,84 Euro seit dem 1. Januar 2009, aus weiteren 3.644,67 Euro seit dem 1. Januar 2010 und aus weiteren 4.282,53 Euro seit dem 1. Januar 2011 zu zahlen.

11

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die vertragliche Vergütungsabrede enthalte keine dynamische Inbezugnahme des TVöD. Zumindest sei ein entsprechendes Entgelt anteilig der Erhöhung der Wochenarbeitszeit im kommunalen öffentlichen Dienst Nordrhein-Westfalens von 38,5 auf 39 Stunden ab Juli 2008 zu kürzen. Zudem seien mögliche Ansprüche des Klägers nach § 70 BAT bzw. § 37 TVöD wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung verfallen. Die entsprechende Regelung der BV gölte trotz deren Unwirksamkeit individualrechtlich fort.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist begründet.

14

I. Die Parteien haben im Arbeitsvertrag vom 9. Dezember 1987 eine dynamische Vergütung vereinbart, die auch die Tarifsukzession im öffentlichen Dienst umfasst. Das ergibt die - ergänzende - Auslegung des § 3 Arbeitsvertrag, wonach der Kläger eine Vergütung „nach BAT IV a“ erhält.

15

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die pauschale Bezugnahme im Arbeitsvertrag auf tarifliche Vergütungsbestimmungen ohne Nennung fester Beträge und ohne Angabe einer konkret nach Datum festgelegten Fassung des in Bezug genommenen Tarifvertrags dynamisch zu verstehen, es sei denn, eindeutige Hinweise sprechen für eine statische Bezugnahme (vgl. BAG 21. August 2013 - 5 AZR 581/11 - Rn. 23 mwN). Hiervon ausgehend haben die Parteien mit § 3 Arbeitsvertrag die Vergütung zeitlich dynamisch, orientiert an der in Bezug genommenen tariflichen Vergütungsgruppe gestaltet, denn an Hinweisen auf eine statische Bezugnahme fehlt es. Das bestätigt die tatsächliche Handhabung der Beklagten, die unstreitig bis zur Tarifsukzession im öffentlichen Dienst die dortigen Tariferhöhungen weitergegeben und sogar tarifliche (Alters-)Stufen- und Bewährungsaufstiege nachvollzogen hat.

16

2. Die Vergütung des Klägers richtet sich seit dem 1. Oktober 2005 nach dem TVöD und dem TVÜ-VKA. Das ergibt eine ergänzende Vertragsauslegung.

17

a) Der Wortlaut des § 3 Arbeitsvertrag trägt eine Erstreckung auf den TVöD nicht. Dieser ist nicht identisch mit dem BAT. Ein Zusatz, dass auch die den „BAT ersetzenden Tarifverträge“ Anwendung finden sollen, fehlt. § 3 Arbeitsvertrag ist damit zeit-, nicht jedoch inhaltsdynamisch ausgestaltet(vgl. BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 15 f.).

18

b) Durch die Tarifsukzession im öffentlichen Dienst ist jedoch nachträglich eine Regelungslücke entstanden, die im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu schließen ist. Da es sich bei § 3 Arbeitsvertrag nach der vom Landesarbeitsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts(vgl. zB BAG 15. Mai 2013 - 10 AZR 325/12 - Rn. 17 mwN) vorgenommenen rechtlichen Wertung, die von der Revision nicht angegriffen wird, um eine Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB) handelt, ist zu fragen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unvollständigkeit ihrer Regelung bekannt gewesen wäre (BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 18 ff., seither st. Rspr.).

19

Dabei ergibt sich aus der dynamischen Ausgestaltung der Vergütungsregelung zum einen der Wille der Parteien, die Vergütung nicht in einer bestimmten Höhe bis zu einer Vertragsänderung festzuschreiben, sondern sie - dynamisch - an der jeweiligen Höhe der Vergütung der Angestellten im öffentlichen Dienst auszurichten. Deshalb hätten die Parteien redlicherweise für den Fall einer Tarifsukzession das dem in der Vergütungsabrede benannten tariflichen Regelungswerk nachfolgende tarifliche Regelungswerk als Bezugsobjekt der Vergütung vereinbart, weil ein „Einfrieren“ der Vergütung auf den Zeitpunkt der Tarifsukzession nicht ihren Interessen entsprach.

20

Zum anderen haben sich die Parteien mit der dynamischen Ausgestaltung der Vergütung für die Zukunft insoweit der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes anvertraut. Die mit der Tarifsukzession verbundene Änderung der Tarifwerke wirkt nicht anders auf die Vergütungsabrede ein als eine (tiefgreifende) inhaltliche Änderung des in der Vergütungsabrede benannten Tarifvertrags. Mit dem Nachvollziehen der Tarifsukzession auf arbeitsvertraglicher Ebene werden die Parteien nicht anders gestellt, als sie stünden, wenn die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes den BAT reformiert und ihm einen neuen Inhalt gegeben hätten.

21

c) Wegen der Aufspaltung der bis zum 30. September 2005 gleichlautenden Regelungen für die Angestellten des öffentlichen Dienstes bei Bund, Ländern und Kommunen ist durch ergänzende Vertragsauslegung weiter zu bestimmen, welche Nachfolgeregelung für die Vergütung des Klägers nach § 3 Arbeitsvertrag maßgebend sein soll. Es ist zu fragen, welches der dem BAT nachfolgenden Tarifwerke die Parteien in Bezug genommen hätten, wenn sie eine Tarifsukzession bedacht hätten. Dies ist der TVöD in der im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) geltenden Fassung, weil die Beklagte aufgrund ihrer Mehrheitsgesellschafterin und ihren Aufgaben am ehesten dem öffentlichen Dienst der Kommunen zuzurechnen ist. Dementsprechend hat die Beklagte, die nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband werden könnte, selbst eine Überleitung in die Entgeltgruppen des TVöD nach dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts vom 13. September 2005 (TVÜ-VKA) vorgenommen.

22

3. Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger Anspruch auf die Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst der Kommunen der Jahre 2008 bis 2010. Ebenso ist die von der Beklagten gewährte jährliche Sonderzahlung, die sich am durchschnittlichen Entgelt der Monate Juli bis September orientiert, entsprechend zu berechnen. Dabei ist die Höhe der geltend gemachten Differenzvergütung nach der von der Revision nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellung des Landesarbeitsgerichts in der Berufungsinstanz unstreitig geworden.

23

II. Die Vergütung des Klägers ist nicht wegen der zum 1. Juli 2008 erfolgten Erhöhung der Arbeitszeit im öffentlichen Dienst der Kommunen von 38,5 auf 39 Wochenstunden zu reduzieren.

24

1. Nach der Rechtsprechung des Senats kann sich eine rechnerische Korrektur zum Tabellenentgelt dadurch ergeben, dass sich vertragliche Sonderregelungen, die vor der Tarifsukzession vereinbart wurden, auf die Bestimmung des Vergleichsentgelts zum 1. Oktober 2005 auswirken (BAG 17. November 2011 - 5 AZR 409/10 - Rn. 22). Darum geht es aber im Streitfall nicht. Vielmehr zielt der Einwand der Beklagten darauf ab, das Ergebnis der zum Zeitpunkt der Tarifsukzession im öffentlichen Dienst vorzunehmenden ergänzenden Auslegung der Vergütungsabrede nachträglich wegen einer erst nach der Tarifsukzession erfolgten Arbeitszeitverlängerung im öffentlichen Dienst der Kommunen zu korrigieren. Dafür fehlt die Rechtsgrundlage.

25

Die Parteien haben im Arbeitsvertrag weder eine ausdrückliche Vereinbarung über die Dauer der Arbeitszeit getroffen noch die im öffentlichen Dienst geltende Arbeitszeit dynamisch in Bezug genommen. Es ist deshalb anzunehmen, dass sie - nachdem Anhaltspunkte dafür fehlen, es sei eine der Arbeitszeit enthobene Arbeitspflicht gewollt gewesen - die betriebsübliche Arbeitszeit vereinbarten. Dies entspricht dem Vertragswillen verständiger und redlicher Vertragspartner (BAG 15. Mai 2013 - 10 AZR 325/12 - Rn. 18 ff.). Die betriebsübliche Arbeitszeit betrug vor, bei und nach der Tarifsukzession 38,5 Wochenstunden, die die Beklagte auch unstreitig ihren Dienstplänen zugrunde legte. Insoweit hielt die Beklagte im Streitzeitraum - unbeschadet der möglichen Unwirksamkeit - an § 3 Abs. 1 BV mit seiner statischen Bezugnahme auf die am 1. August 2000 im öffentlichen Dienst der Kommunen geltenden durchschnittlichen Arbeitszeit von 38,5 Wochenstunden (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BAT, § 14 Abs. 1 Satz 1 BMT-G) fest. Der Kläger hat deshalb weiterhin Anspruch auf die Vergütung einer Vollzeitkraft (vgl. BAG 21. August 2013 - 5 AZR 581/11 - Rn. 45). Im Übrigen betrug zu dem maßgeblichen Zeitpunkt der Tarifsukzession auch für Vollzeitbeschäftigte im öffentlichen Dienst der Kommunen die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit im Tarifgebiet West unverändert 38,5 Wochenstunden, § 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b TVöD aF. Erst mit § 4 Nr. 4 des Änderungs-TV Nr. 2 vom 31. März 2008 wurde mit Wirkung vom 1. Juli 2008 die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit im Bereich der VKA allgemein auf 39 Wochenstunden erhöht (vgl. zur Entstehungsgeschichte Sponer/Steinherr Stand Februar 2015 § 6 TVöD Vorbem. 1).

26

2. Von der für den Zeitpunkt der Tarifsukzession im öffentlichen Dienst vorzunehmenden ergänzenden Auslegung der Vergütungsklausel zu trennen ist die Frage, ob die Beklagte berechtigt (gewesen) wäre, die Arbeitszeitverlängerung im Bereich des öffentlichen Dienstes der Kommunen nachzuvollziehen. Das braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn unstreitig hat die Beklagte es im gesamten Streitzeitraum nicht unternommen, die betriebsübliche Arbeitszeit auf 39 Wochenstunden zu verlängern. Solches erfolgte entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts auch nicht über § 3 Arbeitsvertrag. Diese Klausel bezieht sich nur auf die Vergütung, kann aber nicht andere Tarifbestimmungen des öffentlichen Dienstes zur Anwendung bringen. Denn die Beklagte als Klauselstellerin wollte gerade keine allgemeine Bezugnahme auf die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes, sondern deren - partielle - Anwendung durch Betriebsvereinbarung regeln. Diese - ihre Wirksamkeit unterstellt - enthält lediglich eine statische Bezugnahme auf die Arbeitszeitbestimmungen des BAT und des BMT-G in der am 1. August 2000 geltenden Fassung, nicht jedoch auf solche des TVöD. Weil arbeitsvertraglich die betriebsübliche Arbeitszeit vereinbart ist, kommt auch eine ergänzende Vertragsauslegung zur Dauer der Arbeitszeit nicht in Betracht. Es fehlt an einer Regelungslücke.

27

III. Die streitgegenständlichen Forderungen sind nicht verfallen. Der Kläger musste weder die Ausschlussfrist des § 37 TVöD noch die des § 70 BAT beachten.

28

1. § 37 TVöD findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung. Denn es besteht weder eine beiderseitige Tarifgebundenheit (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG), noch ist die tarifliche Ausschlussfristenregelung arbeitsvertraglich vereinbart oder in Bezug genommen. Auch über § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG ist § 37 TVöD nicht anwendbar. § 2 Abs. 1 BV nimmt lediglich statisch auf § 70 BAT in der am 1. August 2008 geltenden Fassung Bezug und kann sich deshalb nicht auf § 37 TVöD erstrecken. Zudem wäre eine dynamische Bezugnahme auf tarifliche Regelungen in einer Betriebsvereinbarung unwirksam (BAG 23. Juni 1992 - 1 ABR 9/92 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 70, 356; 28. März 2007 - 10 AZR 719/05 - Rn. 34 f.; Fitting BetrVG 27. Aufl. § 77 Rn. 24; Richardi in Richardi BetrVG 14. Aufl. § 77 Rn. 35 - jeweils mwN).

29

2. Der Kläger war nicht gehalten, die Ausschlussfrist des § 70 BAT in der am 1. August 2000 geltenden Fassung zu beachten.

30

a) Dabei kann dahingestellt bleiben, ob sich der Kläger gegenüber der ihn belastenden Regelung einer Ausschlussfrist durch Betriebsvereinbarung nach dem Günstigkeitsprinzip auf das Fehlen einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung berufen könnte (zum Günstigkeitsprinzip als Kollisionsregel: vgl. BAG 14. Januar 2014 - 1 ABR 57/12 - Rn. 21 mwN; Linsenmaier RdA 2014, 336, 338) oder sich der Arbeitsvertrag der Parteien über die Klausel des § 4 als betriebsvereinbarungsoffen erweist mit der Folge, dass er hinsichtlich der Geltung von Ausschlussfristen der Änderung durch Betriebsvereinbarung zugänglich ist(vgl. BAG 5. März 2013 - 1 AZR 417/12 - Rn. 60). Denn jedenfalls ist § 2 Abs. 1 BV, soweit er § 70 BAT in der am 1. August 2000 geltenden Fassung auf das Arbeitsverhältnis zur Anwendung bringen will, unwirksam, § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG.

31

b) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts haben die Betriebsparteien grundsätzlich eine umfassende Kompetenz zur Regelung von materiellen und formellen Arbeitsbedingungen. Sie können durch (freiwillige) Betriebsvereinbarungen Regelungen über den Inhalt, den Abschluss und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen treffen (BAG 5. März 2013 - 1 AZR 417/12 - Rn. 23 mwN; Linsenmaier RdA 2014, 336, 337). Dazu gehören auch Regelungen über Ausschlussfristen (BAG 9. April 1991 - 1 AZR 406/90 - zu II 2 der Gründe, BAGE 67, 377), die die Betriebsparteien nicht selbst formulieren oder aus einem Tarifvertrag abschreiben müssen. Sie verzichten nicht auf ihr Recht und ihre Pflicht, die Arbeitsbedingungen inhaltlich zu gestalten, wenn sie statisch auf einen bestimmten Tarifvertrag verweisen und damit dessen Regelung gleichsam als eigene übernehmen (BAG 23. Juni 1992 - 1 ABR 9/92 - zu B II 2 b der Gründe, BAGE 70, 356).

32

Die Regelungskompetenz der Betriebsparteien ist jedoch begrenzt durch § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG, der der Sicherung und Stärkung der Tarifautonomie dient(allgA, vgl. nur Linsenmaier RdA 2014, 336, 337 mwN). Materielle und formelle Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können - sofern es sich nicht um Gegenstände der erzwingbaren Mitbestimmung nach § 87 BetrVG handelt - nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dabei hängt die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG nicht von der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers ab(hM, vgl. nur BAG 22. März 2005 - 1 ABR 64/03 - zu B II 2 c ee (1) der Gründe, BAGE 114, 162; Fitting BetrVG 27. Aufl. § 77 Rn. 78; WPK/Preis BetrVG 4. Aufl. § 77 Rn. 66 f. - jeweils mwN zum Streitstand im Schrifttum). Es reicht aus, dass der fragliche Betrieb der betreffenden Branche angehört.

33

c) Nach nicht angegriffener Feststellung des Landesarbeitsgerichts könnte die Beklagte aufgrund der mehrheitlichen Beteiligung der Stadt M Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband werden. Deshalb ist anzunehmen, dass der Betrieb der Beklagten dem öffentlichen Dienst der Kommunen zuzurechnen ist. Dort sind seit Jahrzehnten Ausschlussfristen tariflich geregelt, für Angestellte zunächst in § 70 BAT, nach der Tarifsukzession in § 37 TVöD. § 2 Abs. 1 BV verstößt deshalb zumindest hinsichtlich der Ausschlussfristenregelung gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG und ist unwirksam. Davon geht auch die Revision aus.

34

3. Die Geltung der Ausschlussfristenregelung des § 70 BAT in der Fassung vom 1. August 2008 lässt sich weder über eine Umdeutung der - zumindest insoweit - unwirksamen Betriebsvereinbarung begründen noch aus § 4 Arbeitsvertrag herleiten.

35

a) Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so gilt nach § 140 BGB das letztere, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde. Weil eine Betriebsvereinbarung ihrer Rechtsnatur nach ein privatrechtlicher kollektiver Normenvertrag ist (vgl. BAG 13. Februar 2007 - 1 AZR 184/06 - Rn. 37, BAGE 121, 168; Fitting BetrVG 27. Aufl. § 77 Rn. 13; WPK/Preis BetrVG 4. Aufl. § 77 Rn. 7 - jeweils mwN), wird eine Umdeutung der rechtsgeschäftlichen Erklärung des Arbeitgebers, der sich in einer unwirksamen Betriebsvereinbarung zu einer Leistung an die Arbeitnehmer verpflichtet hat, in Betracht gezogen, wenn besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, der Arbeitgeber habe sich unabhängig von der Betriebsvereinbarung auf jeden Fall verpflichten wollen, seinen Arbeitnehmern die darin vorgesehenen Leistungen zu gewähren (BAG 23. August 1989 - 5 AZR 391/88 - zu II 2 der Gründe; 29. Oktober 2002 - 1 AZR 573/01 - zu II 1 der Gründe, BAGE 103, 187; Fitting BetrVG 27. Aufl. § 77 Rn. 104 ff. - jeweils mwN). Im Streitfall geht es aber nicht um eine durch Betriebsvereinbarung begründete Leistung des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer, sondern um eine „Ersetzung“ der - gescheiterten - normativen Verpflichtung (§ 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG) der Arbeitnehmer, für die Verhinderung des Untergangs von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis eine tarifliche Ausschlussfristenregelung zu beachten. Für eine individualrechtliche Verpflichtung der nicht als Vertragspartner an einer Betriebsvereinbarung beteiligten Arbeitnehmer fehlt aber den Betriebsparteien die Kompetenz.

36

b) Ob § 4 Arbeitsvertrag nur wiederholt, was sich normativ aus § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG ergibt, oder als Allgemeine Geschäftsbedingung die in Bezug genommenen Betriebsvereinbarungen im Sinne einer eigenständigen Regelung arbeitsvertraglich vereinbart werden, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn nach der Klausel sollen Grundlage des Arbeitsvertrags ausdrücklich nur die „gültigen“ Betriebsvereinbarungen sein, nicht jedoch die unwirksamen. Damit fehlt es an einer auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Ausschlussfristenregelung. Die Vereinbarung einer tariflichen Vergütung kann ohne (allgemeine) Bezugnahmeklausel eine tarifliche Ausschlussfristenregelung nicht zur Anwendung bringen.

37

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

        

        

    Dombrowsky    

        

    Zorn    

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 15. Januar 2010 - 19 Sa 399/09 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.036,14 Euro brutto erst ab 9. Juli 2008 und aus 218,07 Euro brutto erst ab 1. Oktober 2008 zu zahlen hat.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Einmalzahlungen und die Vergütungshöhe.

2

Die Klägerin ist auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 1. Juli 1995 als Altenpflegerin bei der Beklagten bzw. der früheren Betriebsinhaberinnen tätig. Die Parteien regelten in Ziffer 4 des Formulararbeitsvertrags:

        

„Die Vergütung für Mitarbeiter im Angestelltenverhältnis erfolgt in Anlehnung an BAT/Bund/Land.

        
        

Sie besteht aus Grundvergütung, Ortszuschlag und einer allgemeinen Zulage.

        
        

Die Berechnung der Grundvergütung erfolgt unter Zugrundelegung der zutreffenden Vergütungsgruppe und der entsprechenden Lebensaltersstufe gem. § 27 des KR-Tarifvertrages BAT/Bund/Land.

        
        

4.1     

Der/die MitarbeiterIn wird in die Vergütungsgruppe KR II / Stufe 8 eingestuft.

        
                 

Nächste Lebensaltersstufenerhöhung

01.07.1996

        
                 

Die Grundvergütung beläuft sich demnach auf

DM 2.390,82

        
                 

zuzüglich Ortszuschlag Stufe 1

                 
                 

(mit ./. kindergeldberechtigten Kindern)

DM 800,21

        
                 

Allgemeine Zulage

DM 153,84

                 

Vergütung abzüglich des Wertes der in Ziffer 5 aufgeführten Sachbezüge

DM 3.434,87

        

4.2     

Frau/ Herr K erhält zusätzlich zu der unter Ziffer 4.1 aufgeführten Vergütung folgende Zulagen in Anlehnung an den BAT/Bund/Land/AVR

                 

Schichtzulage

DM 90,00

        
                 

Somit beträgt die Gesamtvergütung

DM 3.524,87

        
        

Es werden vermögenswirksame Leistungen i. S. des Vermögensbildungsgesetztes in Höhe von DM 13,00 gewährt.

        

Die Grundvergütung erhöht sich nach je zwei Jahren um den Steigerungsbetrag.

        

…       

        

4.3     

Die künftigen für den öffentlichen Dienst ausgehandelten Lohn- und Vergütungserhöhungen im Bereich der Grundvergütung, Ortszuschlag und der Allgemeinen Zulage werden übernommen.

        

…       

        
                 

Anhang 1 (Gewährung von Weihnachtszuwendungen) und Anhang 2 (Gewährung von Urlaubsgeld) sind feste Bestandteile dieses Arbeitsvertrages.“

3

Bis 2005 gaben die jeweiligen Arbeitgeberinnen die Vergütungserhöhungen des öffentlichen Dienstes, zuletzt die nach dem 35. Änderungstarifvertrag zum BAT/VKA vom 31. März 2003, an die Klägerin weiter. 2005 ging das Arbeitsverhältnis auf die Beklagte über.

4

Der BAT in der für den Bund und die Länder geltenden Fassung wurde für den Bereich des Bundes und der Kommunen zum 1. Oktober 2005 durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) vom 13. September 2005 ersetzt, für den Bereich der Länder zum 1. November 2006 durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) vom 12. Oktober 2006. Die Beklagte wandte keinen dieser Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis an. Einmalzahlungen leistete die Beklagte in den Jahren 2006 und 2007 nicht.

5

Mit der am 8. Juli 2008 erhobenen Klage hat die Klägerin für die Kalenderjahre 2006 und 2007 Einmalzahlungen iHv. jeweils 300,00 Euro brutto sowie ab 1. Januar 2008 die tarifliche Vergütungserhöhung von 50,00 Euro als Sockelbetrag und darüber hinaus eine prozentuale Erhöhung iHv. 3,1 % für die Zeit bis zum 30. Juni 2008 geltend gemacht. Mit einer der Beklagten am 30. September 2008 zugestellten Klageerweiterung hat sie Differenzvergütung für die Zeit vom 1. Juli bis zum 30. September 2008 geltend gemacht. Zinsen hat sie jeweils ab Rechtshängigkeit beansprucht. Sie hat die Auffassung vertreten, der Arbeitsvertrag enthalte hinsichtlich der Vergütung eine dynamische Bezugnahme der jeweils gültigen Tarifverträge des öffentlichen Dienstes des Bundes und der Kommunen.

6

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.786,65 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 1.391,10 Euro brutto seit dem 27. Juni 2008 und auf weitere 395,55 Euro brutto seit dem 30. September 2008 zu zahlen.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, es sei weiterhin der BAT anzuwenden.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist hinsichtlich eines Teils der zugesprochenen Prozesszinsen begründet. Im Übrigen ist sie zurückzuweisen, denn das Landesarbeitsgericht hat die Beklagte zu Recht zur Leistung von Einmalzahlungen für die Jahre 2006 und 2007 und monatlicher Differenzvergütungen für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. September 2008 verurteilt.

10

I. Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf die geltend gemachten Einmalzahlungen für die Jahre 2006 und 2007 iHv. insgesamt 600,00 Euro. Das ergibt eine ergänzende Auslegung von Ziffer 4 des Arbeitsvertrags.

11

1. Gemäß Ziffer 4 des Arbeitsvertrags erfolgt die Vergütung für Mitarbeiter im Angestelltenverhältnis „in Anlehnung an BAT/Bund/Land“. Sie besteht aus Grundvergütung, Ortszuschlag und einer allgemeinen Zulage. Nach Ziffer 4.3 des Arbeitsvertrags werden die künftigen für den öffentlichen Dienst ausgehandelten Lohn- und Vergütungserhöhungen im Bereich der Grundvergütung, Ortszuschlag und der Allgemeinen Zulage übernommen. Diese Vereinbarungen enthalten nach der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegung des Berufungsgerichts eine kleine dynamische Bezugnahme.

12

2. In den Ziffern 4 und 4.3 des Vertrags knüpfen die Parteien die Vergütung pauschal und ohne Nennung fester Beträge an die für den öffentlichen Dienst des Bundes und der Länder im Angestelltenbereich tariflich vereinbarten Regelungen an und gestalten sie dynamisch. Das ergibt sich deutlich aus dem Wortlaut der Vereinbarung. Damit haben die Parteien einen einzelvertraglichen Entgeltanspruch nach dieser Vergütungsgruppe begründet. Dabei stellt die Formulierung „in Anlehnung an“ keine Einschränkung dar, sondern ist als Hinweis der Beklagten auf ein von ihr praktiziertes Vergütungssystem zu verstehen. Danach hat der Angestellte Anspruch auf Vergütung nach der vertraglich vereinbarten Vergütungsgruppe, und zwar dynamisch. Diese Auslegung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach Bezugnahmen im Arbeitsvertrag auf normative Regelungen in der Regel dynamisch zu verstehen sind (10. November 2010 - 5 AZR 633/09 - ZTR 2011, 150; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44; 9. November 2005 - 5 AZR 128/05 - BAGE 116, 185; 13. November 2002 - 4 AZR 351/01 - zu III 1 b bb der Gründe, BAGE 103, 338).

13

3. Allerdings trägt der Wortlaut der Bezugnahmeklausel eine Erstreckung auf den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und den Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA), beide vom 13. September 2005, nicht. Beide Tarifverträge werden nicht von der vertraglichen Verweisung auf den BAT erfasst, denn Ziffer 4 und 4.3 des Arbeitsvertrags sind zeit- und nicht inhaltsdynamisch ausgestaltet. Der Zusatz, dass auch die den „BAT ersetzenden Tarifverträge“ Anwendung finden sollen, wurde entgegen der im öffentlichen Dienst üblichen Formulierung, die in dem seit 1981 vom Arbeitgeberkreis der BAT-Kommission gebilligten Musterarbeitsvertrag enthalten war, nicht in den Arbeitsvertrag der Parteien aufgenommen (vgl. dazu BAG 10. Juni 2009 - 4 AZR 194/08 - Rn. 38, AP BGB § 157 Nr. 38).

14

4. Dass sich die Vergütung der Klägerin nach den Nachfolgetarifverträgen des BAT richtet, ergibt eine ergänzende Auslegung des Arbeitsvertrags.

15

a) Es ist nachträglich eine Regelungslücke entstanden. Der BAT wurde für den Bereich der Kommunen zum 1. Oktober 2005 durch den TVöD ersetzt (§ 2 TVÜ-VKA), für den Bereich der Länder zum 1. November 2006 durch den TV-L (§ 2 TVÜ-Länder). Bei der im öffentlichen Dienst erfolgten Ablösung des BAT durch den TVöD und den TV-L handelt es sich um eine Tarifsukzession: Gewerkschaft und Arbeitgeberseite ersetzten übereinstimmend ein Tarifwerk durch ein anderes Tarifwerk. Dadurch ist die zeitdynamisch ausgestaltete Bezugnahme auf den BAT im Arbeitsvertrag zur statischen geworden, weil das Objekt der Bezugnahme von den Tarifvertragsparteien nicht mehr weiterentwickelt wird (BAG 10. November 2010 - 5 AZR 633/09 - ZTR 2011, 150; 9. Juni 2010 - 5 AZR 122/09 -; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44).

16

b) Die mit der Tarifsukzession entstandene nachträgliche Regelungslücke ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen.

17

aa) Die Vertragsergänzung muss für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Es ist zu fragen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unvollständigkeit ihrer Regelung bekannt gewesen wäre (BAG 10. November 2010 - 5 AZR 633/09 - ZTR 2011, 150; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44).

18

bb) Aus der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das tarifliche Regelungswerk ergibt sich zum einen der Wille der Parteien, die Vergütung nicht in einer bestimmten Höhe bis zu einer Vertragsänderung festzuschreiben, sondern sie - dynamisch - an der jeweiligen Höhe der Vergütung der Angestellten im öffentlichen Dienst auszurichten. Deshalb hätten die Parteien redlicherweise für den Fall einer Tarifsukzession das dem im Arbeitsvertrag benannten tariflichen Regelungswerk nachfolgende tarifliche Regelungswerk vereinbart, weil ein „Einfrieren“ der Vergütung auf den Zeitpunkt der Tarifsukzession nicht ihren Interessen entsprach (BAG 10. November 2010 - 5 AZR 633/09 - ZTR 2011, 150; 9. Juni 2010 - 5 AZR 122/09 -; 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44).

19

cc) Zum anderen haben sich die Parteien mit der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das tarifliche Regelungswerk für die Zukunft der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes anvertraut. Die mit der Tarifsukzession verbundene Änderung der Tarifwerke wirkt nicht anders auf den Arbeitsvertrag ein als eine (tiefgreifende) inhaltliche Änderung des im Arbeitsvertrag benannten Tarifvertrags. Mit dem Nachvollziehen der Tarifsukzession auf arbeitsvertraglicher Ebene werden die Parteien nicht anders gestellt, als sie stünden, wenn die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes den BAT reformiert und ihm einen neuen Inhalt gegeben hätten. Dem steht auch nicht entgegen, dass im Arbeitsvertrag die Zusammensetzung der Vergütung (Grundvergütung, Ortszuschlag und Allgemeine Zulage) ausdrücklich benannt war. Dies hatte nur klarstellende Bedeutung bezüglich der Anwendung der Regelungen des BAT. Das gilt auch hinsichtlich des Passus in Ziffer 4.2 des Arbeitsvertrags: „Die Grundvergütung erhöht sich nach je zwei Jahren um den Steigerungsbetrag“. Diese Klausel entspricht der tariflichen Regelung in § 27 Abs. 1 Abschnitt B BAT(Erhöhung der Grundvergütung nach Lebensaltersstufen). Schließlich ist es unerheblich, dass die Parteien lediglich die Vergütung nach dem BAT ausrichteten und in anderem Zusammenhang Entgeltfragen wie zB das Weihnachtsgeld und die Schichtzulage individuell regelten. Die ergänzende Vertragsauslegung bezieht sich nur auf die Teile der Vergütung, die in Anlehnung an den BAT bestimmt wurden.

20

dd) Der von der Beklagten erhobene Einwand der Verletzung ihrer negativen Koalitionsfreiheit geht fehl. Die Auslegung und die Wirksamkeit einer individualrechtlichen Bezugnahme auf Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung als Ausdruck privatautonomer Gestaltungsmacht berührt die negative Koalitionsfreiheit dessen, der das Arbeitsverhältnis vertraglich der einschlägigen tarifvertraglichen Ordnung unterstellen wollte und dies auch durch die Zustimmung des Arbeitnehmers erreicht hat, nicht. Ein Verstoß gegen die negative Koalitionsfreiheit kommt nur dann in Betracht, wenn es um die von arbeitsvertraglichen Vereinbarungen unabhängige kollektiv-rechtliche Wirkungsweise von tariflichen Normen geht. Denn nur in diesem Bereich lässt sich die Verbindlichkeit von Rechten und Pflichten mit der Wahrnehmung von negativer oder positiver Koalitionsfreiheit begründen. Bei der ergänzenden Vertragsauslegung spielt weder die Mitgliedschaft oder Nichtmitgliedschaft in einer tarifschließenden Koalition noch die Position als Tarifvertragspartei eine Rolle (BAG 10. November 2010 - 5 AZR 633/09 - ZTR 2011, 150; 24. Februar 2010 - 4 AZR 691/08 - Rn. 47, 48, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 75 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 47).

21

c) Die Annahme des Berufungsgerichts, gerade der TVöD und nicht der TV-L sei an die Stelle des BAT getreten, ist in der Revision nicht angegriffen worden.

22

5. Der Anspruch auf die geltend gemachten Einmalzahlungen ergibt sich aus Ziffer 4 des Arbeitsvertrags iVm. § 21 TVÜ-VKA. Diese Norm lautet auszugsweise wie folgt:

        

„§ 21 Einmalzahlungen für 2006 und 2007

        

(1) Die von § 1 Abs. 1 und 2 erfassten Beschäftigten im Tarifgebiet West erhalten für die Jahre 2006 und 2007 jeweils eine Einmalzahlung in Höhe von 300 Euro, die in zwei Teilbeträgen in Höhe von jeweils 150 Euro mit den Bezügen für die Monate April und Juli der Jahre 2006 und 2007 ausgezahlt wird.

        

(2) Der Anspruch auf die Teilbeträge nach Absatz 1 besteht, wenn die/der Beschäftigte an mindestens einem Tag des jeweiligen Fälligkeitsmonats Anspruch auf Bezüge (Entgelt, Urlaubsentgelt oder Entgelt im Krankheitsfall) gegen einen Arbeitgeber im Sinne des § 1 Abs. 1 hat; dies gilt auch für Kalendermonate, in denen nur wegen der Höhe der Barleistungen des Sozialversicherungsträgers Krankengeldzuschuss nicht gezahlt wird.“

23

Die Einmalzahlungen sind Vergütung iSd. Ziffer 4 des Arbeitsvertrags. Die zeitdynamische Verweisung umfasst auch tarifliche „Einmalzahlungen“, die an die Stelle einer (prozentualen) Erhöhung der im Arbeitsvertrag genannten Vergütungsbestandteile treten. Bei den Einmalzahlungen handelt es sich um pauschalierte Vergütungserhöhungen, die die in den Jahren 2006 und 2007 ausgebliebene Erhöhung der Vergütungs- bzw. Entgelttabellen kompensieren sollten und die - wie § 21 Abs. 2 TVÜ-VKA zeigt - keine von einem unmittelbaren Gegenleistungsbezug unabhängige Sonderzahlung sind(vgl. BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 32, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44). Soweit keine Konkretisierung im Arbeitsvertrag erfolgt, erfasst der Begriff Vergütung alle finanziellen Leistungen des Arbeitgebers, die das in Bezug genommene tarifliche Regelungswerk als Gegenleistung für die vom Angestellten erbrachte Arbeitsleistung vorsieht (vgl. BAG 10. November 2010 - 5 AZR 633/09 - ZTR 2011, 150; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 41, aaO). Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts erfüllte die Klägerin 2006 und 2007 die tariflichen Voraussetzungen für die Einmalzahlungen.

24

II. Die Klägerin hat gemäß Ziffer 4 des Arbeitsvertrags Anspruch auf die vom Landesarbeitsgericht zugesprochene Entgelterhöhung für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. September 2008 iHv. 72,69 Euro brutto monatlich. Nach der Tarifeinigung für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes von Bund und kommunalen Arbeitgebern vom 31. März 2008, Teil A (Gemeinsame Regelungen für Bund und VKA) erhöhten sich die Tabellenentgelte ab dem 1. Januar 2008 um 50,00 Euro sowie anschließend um 3,1 %. Insoweit gelten die Ausführungen zu I. der Entscheidungsgründe entsprechend.

25

III. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Prozesszinsen ist begründet, §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2, § 187 Abs. 1 BGB. Allerdings hinsichtlich der Einmalzahlungen (600,00 Euro) und der Differenzvergütungen Januar bis Juni 2008 (436,14 Euro) nicht ab 8. Juli, sondern erst ab 9. Juli 2008 und der Monate Juli bis September 2008 (218,07 Euro) nicht ab 30. September 2008, sondern erst ab 1. Oktober 2008. Die Klage ist am 8. Juli 2008 zugestellt worden, die Klageerweiterung am 30. September 2008. Die Verzinsungspflicht beginnt an dem auf den Zustellungstag folgenden Tag (BAG 15. November 2000 - 5 AZR 365/99 - BAGE 96, 228, 233; 8. Oktober 2008 - 5 AZR 715/07 - EzA BGB 2002 § 615 Nr. 27; 15. September 2009 - 9 AZR 645/08 - NZA-RR 2010, 271).

26

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Haas    

        

    Zorn    

                 

Tenor

I. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 30. November 2011 - 5 Sa 49/10 - wird zurückgewiesen.

II. Auf die Revision des Klägers wird unter teilweiser Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 30. November 2011 - 5 Sa 49/10 - auf die Berufung des Klägers unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Hamburg vom 4. Mai 2010 - 21 Ca 35/10 - die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere 675,73 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 116,00 Euro seit dem 1. November 2008, 1. Dezember 2008, 1. Januar 2009, 1. Februar 2009 und 1. März 2009 sowie aus 95,73 Euro seit dem 1. April 2009 zu zahlen.

III. Im Übrigen werden die Berufung und die Revision des Klägers zurückgewiesen.

IV. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Auslegung einer einzelvertraglichen Vergütungsabrede.

2

Der 1979 geborene Kläger ist seit August 2003 bei der Beklagten, die mit Schreibwaren und Kommunikationsartikeln handelt, in H als Verkäufer beschäftigt, zunächst in Teilzeit mit jahresdurchschnittlich 25 Wochenstunden, ab Juli 2004 in Vollzeit mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von 37,5 Wochenstunden. Seither erhält der Kläger eine Vergütung von 1.458,00 Euro brutto monatlich.

3

Zur Vergütung heißt es im Anstellungsvertrag vom 1. August 2003:

        

„3.2   

In Anlehnung an den Tarifvertrag erhält der Mitarbeiter ein Bruttogehalt von

                 

Tarifentgelt:

954,75

                 

Übertarifliche Zulage:

0,00   

                 

Monatsentgelt insgesamt:

954,75.

        

3.3     

Das Monatsentgelt wird jeweils nachträglich am Monatsende gezahlt. Die Zahlung erfolgt bargeldlos.“

4

Der Betrag von 954,75 Euro entsprach zum damaligen Zeitpunkt 25/37,5 des Tarifgehalts nach der Gehaltsgruppe 2a, 1. und 2. Berufsjahr des Gehaltstarifvertrags für den Hamburger Einzelhandel.

5

Die Vergütungsregelung in der Fassung der von der Beklagten vorformulierten Vertragsänderung vom 16. Juli 2004 (fortan: Vertragsänderung) lautet:

        

„3.2   

Für seine Tätigkeit erhält der Mitarbeiter ein monatliches Bruttogehalt von

                 

Tarifentgelt:

€ 1.458,00

                 

Übertarifliche Zulage:

€ 0,00

                 

Monatsentgelt insgesamt:

€ 1.458,00“

6

Der Betrag von 1.458,00 Euro entsprach dem seinerzeitigen Entgelt nach der Gehaltsgruppe 2a, 1. und 2. Berufsjahr des Gehaltstarifvertrags für den Hamburger Einzelhandel.

7

Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung hat der Kläger zuletzt für den Zeitraum Oktober 2008 bis März 2009 die Differenz zwischen der von der Beklagten gezahlten Vergütung und dem nach dem Gehaltstarifvertrag für den Hamburger Einzelhandel vom 12. September 2008 in Gehaltsgruppe 2a nach dem 5. Berufsjahr vorgesehenen Betrag von 2.066,00 Euro brutto verlangt und die Auffassung vertreten, die arbeitsvertragliche Vergütungsabrede enthalte eine dynamische Bezugnahme auf den einschlägigen Gehaltstarifvertrag.

8

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.648,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach näherer betragsmäßiger und zeitlicher Staffelung zu zahlen.

9

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die Vergütungsabrede der Parteien sei nicht dynamisch ausgestaltet.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage nach ergebnisloser Durchführung eines Mediationsverfahrens iHv. 2.952,00 Euro brutto nebst Zinsen stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen ursprünglichen Zahlungsantrag weiter, die Beklagte begehrt die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Beklagten ist unbegründet, die des Klägers im Wesentlichen begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Vergütung mit dem nach der Gehaltsgruppe 2a nach dem 5. Berufsjahr des Gehaltstarifvertrags für den Hamburger Einzelhandel vom 12. September 2008 (im Folgenden: GTV) vorgesehenen Betrag. Das ergibt die Auslegung der Vergütungsabrede der Parteien.

12

I. Die für den Streitzeitraum maßgebende Vergütungsabrede in der Fassung der Vertragsänderung ist nicht eindeutig. Die Verknüpfung eines festen Euro-Betrags mit dem Begriff „Tarifentgelt“ lässt mehrere Deutungen zu. Es könnte damit ein fester und statischer Euro-Betrag vereinbart sein. Der Bezeichnung „Tarifentgelt“ käme nur die Funktion eines Hinweises darauf zu, wie der in der Vereinbarung festgehaltene Euro-Betrag gefunden wurde. Die Verknüpfung von festem Euro-Betrag mit der Bezeichnung „Tarifentgelt“ kann aber - ohne dass es auf die von der Beklagten vermisste Bezugnahme auf einen Tarifvertrag in dessen Gänze und jeweiligen Fassung ankäme - auch bedeuten, es solle zwar ein bestimmter Euro-Betrag vereinbart, dieser aber dynamisch gestaltet sein. Dabei sind verschiedene Arten der Dynamisierung denkbar, etwa eine Erhöhung des in der Vergütungsabrede festgehaltenen Euro-Betrags entsprechend den einschlägigen jeweiligen Tariferhöhungen oder die Vereinbarung einer Vergütung nach einer bestimmten tariflichen Vergütungsgruppe und damit eine Dynamik innerhalb und außerhalb der Vergütungsgruppe.

13

II. Die Auslegung der Vergütungsabrede ergibt, dass in Ziff. 3.2 Arbeitsvertrag in der Fassung der Vertragsänderung eine Vergütung nach der Gehaltsgruppe 2a des jeweils geltenden Gehaltstarifvertrags für den Hamburger Einzelhandel vereinbart ist.

14

1. Die Vergütungsabrede ist wie eine Allgemeine Geschäftsbedingung anhand von § 305c Abs. 2, §§ 306, 307 bis 309 BGB zu beurteilen. Die Beklagte hat nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sowohl den Arbeitsvertrag als auch die Vertragsänderung vorformuliert, dem Kläger in dieser Form angeboten und damit im Rechtssinne gestellt. Ob es sich dabei um für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen handelte (§ 305 Abs. 1 BGB), bedarf keiner weiteren Aufklärung, denn der Arbeitsvertrag ist ein Verbrauchervertrag iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB(vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 20 ff., AP BGB § 310 Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 310 Nr. 10; 27. Juni 2012 - 5 AZR 530/11 - Rn. 14, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 14). Auf die vorformulierte Vergütungsregelung konnte der Kläger keinen Einfluss nehmen.

15

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Dabei unterliegt die Auslegung der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht (st. Rspr., vgl. BAG 14. Dezember 2011 - 5 AZR 457/10 - Rn. 14 mwN, EzA TzBfG § 4 Nr. 22; 17. Oktober 2012 - 5 AZR 697/11 - Rn. 15).

16

2. Danach beschränkt sich die Vergütungsabrede nicht auf die Vereinbarung eines festen und statischen Euro-Betrags, sondern enthält zumindest eine Dynamik entsprechend den Tariferhöhungen für den Hamburger Einzelhandel.

17

a) Nach dem Wortlaut der Klausel erhält der Mitarbeiter nicht nur einen festen Euro-Betrag, vielmehr soll dieser ein „Tarifentgelt“ sein. Damit sendet die Beklagte entgegen ihrer Auffassung nicht nur ein Signal, sie zahle ein „seinerzeit marktübliches“ Gehalt. Vielmehr verdeutlicht die Beklagte als Klauselverwenderin - zumal sie in der Klausel zwischen Tarifentgelt und übertariflicher Zulage differenziert -, sie vergüte „nach Tarif“. Der durchschnittliche Arbeitnehmer darf eine derartige Verknüpfung von festem Euro-Betrag und dessen Bezeichnung als Tarifentgelt redlicherweise so verstehen, dass der in der Klausel festgehaltene Euro-Betrag nicht für die Dauer des Arbeitsverhältnisses statisch sein, sondern sich entsprechend den Tariferhöhungen entwickeln soll. Ein redlicher Arbeitgeber würde - wenn er die von ihm gestellte Klausel nicht so verstanden wissen wollte - die Bezeichnung als Tarifentgelt unterlassen, um klar und deutlich zum Ausdruck zu bringen (vgl. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB), dass er nicht „nach Tarif“ zahlt und sich das vereinbarte Gehalt nur durch Parteivereinbarung erhöhen wird.

18

Die in der ursprünglichen Fassung des Arbeitsvertrags enthaltene Formulierung „in Anlehnung an den Tarifvertrag“ enthält keine Einschränkung, sondern verdeutlicht nur zusätzlich, dass die Beklagte als nicht tarifgebundene Arbeitgeberin auf ein intern von ihr praktiziertes System verweist (vgl. BAG 17. November 2011 - 5 AZR 409/10 - Rn. 16 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 96).

19

b) Auch wenn die Klausel nicht angibt, welches Tarifentgelt der Arbeitnehmer erhalten soll, darf dieser redlicherweise annehmen, es solle das Tarifentgelt des für den Betrieb des Arbeitgebers räumlich und fachlich sowie für den Arbeitnehmer persönlich einschlägigen Tarifvertrags vereinbart sein, und zwar nach der Entgeltgruppe, der der in der Klausel festgehaltene Euro-Betrag zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses entspricht. Das war unstreitig das Tarifentgelt nach der Gehaltsgruppe 2a, 1. und 2. Berufsjahr des Gehaltstarifvertrags für den Hamburger Einzelhandel in der damals geltenden Fassung vom 17. Juli 2003.

20

3. Mit der Vergütungsabrede der Parteien wird auch die „Dynamik“ innerhalb der nach verschiedenen Stufen aufgebauten Gehaltsgruppe 2a nachvollzogen.

21

a) Dagegen spricht zwar, dass die Vergütungsabrede der Parteien - anders etwa als die der Entscheidung des Senats vom 9. November 2005 (- 5 AZR 128/05 - Rn. 2, BAGE 116, 185) zugrunde liegende Klausel - weder eine bestimmte Gehaltsgruppe, noch eine bestimmte Stufe innerhalb einer Gehaltsgruppe nennt. Der Kläger hat auch keinen Sachvortrag zu einer seine Auslegung stützenden Vergütungspraxis der Beklagten gehalten. Ersichtlich hat diese jedenfalls bei ihm die Stufung innerhalb der Gehaltsgruppe 2a GTV nicht nachvollzogen. Überdies ist weder vorgetragen noch festgestellt, die „Einstufung“ sei zutreffend gewesen, weil der Kläger sich bei der Einstellung trotz eines Alters von fast 24 Jahren im 1. oder 2. Berufsjahr befunden hätte.

22

b) Für die Vereinbarung einer Dynamik auch innerhalb einer bestimmten Vergütungsgruppe spricht aber, dass die Beklagte mit ihrer Klausel nicht auf irgendein Tarifentgelt, sondern zumindest auf die nach ihren fachlichen Anforderungen (Angestellte mit einfacher Tätigkeit, Beispiel Verkäufer/innen, auch wenn sie kassieren) zutreffende Gehaltsgruppe zurückgegriffen und mit der Klauselformulierung insgesamt den Eindruck erweckt hat, „nach Tarif“ zahlen zu wollen.

23

c) Beide Auslegungsmöglichkeiten sind rechtlich vertretbar, keine verdient den eindeutigen Vorzug. Die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB führt deshalb zu einer Auslegung zu Lasten der Beklagten(vgl. BAG 9. November 2005 - 5 AZR 128/05 - Rn. 22 mwN, BAGE 116, 185; 19. März 2008 - 5 AZR 429/07 - Rn. 29, BAGE 126, 198).

24

III. Die Höhe der monatlichen Vergütungsdifferenz hat der Kläger zutreffend berechnet, allerdings bei der Klageforderung seine ab dem 16. Februar 2009 über den Streitzeitraum hinaus andauernde Arbeitsunfähigkeit außer Betracht gelassen.

25

1. Das Monatsgehalt nach Gehaltsgruppe 2a nach dem 5. Berufsjahr GTV betrug im Streitzeitraum 2.066,00 Euro brutto. Zu den von der Beklagten gezahlten 1.458,00 Euro brutto verbleibt eine Differenz von 608,00 Euro brutto monatlich. In dieser Höhe hat die Beklagte den Vergütungsanspruch des Klägers aus § 611 Abs. 1 BGB bzw. § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 EFZG nicht erfüllt.

26

2. Jedoch kann der Kläger für den Monat März 2009 nicht die volle Differenz verlangen. Er war unstreitig seit dem 16. Februar 2009 arbeitsunfähig krank und bezog seit dem 30. März 2009 keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle mehr. Der Kläger hat deshalb für den Monat März 2009 nur 29/30 der Vergütungsdifferenz, mithin 587,73 Euro brutto zu beanspruchen (zur Berechnungsmethode siehe BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 22 ff., EzA BGB 2002 § 615 Nr. 37). In Höhe der Differenz von 20,27 Euro brutto ist die Klage unbegründet.

27

IV. Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1 in Verb. mit § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Das Monatsentgelt wurde nach Ziff. 3.3 Arbeitsvertrag in Übereinstimmung mit § 64 HGB am letzten Tag eines jeden Monats fällig.

28

V. Die Beklagte hat gemäß § 92 Abs. 2 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Buschmann    

        

    Jungbluth    

                 

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 21. November 2012 - 2 Sa 1224/11 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Tarifentgelterhöhungen.

2

Der 1957 geborene Kläger ist seit dem 1. Januar 1988 bei der Beklagten, die nicht tarifgebunden und deren Mehrheitsgesellschafterin die Stadt M ist, als kaufmännischer Mitarbeiter beschäftigt. Die Beklagte betreibt die Halle M und führt im Interesse der Stadt M und der Gemeinden des M Veranstaltungen aller Art - darunter auch Feste, Märkte, Ausstellungen und Messen - im eigenen und fremden Namen durch.

3

Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist der Formulararbeitsvertrag vom 9. Dezember 1987, der ua. regelt:

        

㤠3

        

Herr L erhält eine Vergütung nach BAT IV a.

        

§ 4

        

Die vertragsschließenden Parteien sind sich darüber einig, daß sich sowohl alle übrigen Rechte als auch die Pflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis nach den Bestimmungen der für die H gültigen Betriebsvereinbarung richten, die somit Grundlage dieses Arbeitsvertrages ist.“

4

In einer Betriebsvereinbarung vom 8. Februar 2001 (im Folgenden BV) heißt es auszugsweise:

        

㤠2

        

Anwendung von Tarifverträgen

        
        

(1)     

Soweit in dieser Vereinbarung keine besonderen Regelungen getroffen sind, werden Bestimmungen der Tarifverträge BAT und BMT-G in der Fassung vom 01.08.2000 sowie NGG in der Fassung vom 01.01.1995 auf die Beschäftigungsverhältnisse wie folgt angewandt:

        
                 

A. Mitarbeiter/innen im Verwaltungs- und gewerblich-technischen Bereich:

        
                 

a)    

Angestellte (BAT)

        
                 

Der § 4 (Arbeitsvertrag, Nebenabreden), § 5 (Probezeit), § 7 (Ärztliche Untersuchung), § 8 (Allgemeine Pflichten), § 9 (Schweigepflicht), § 10 (Belohnungen und Geschenke), § 11 (Nebentätigkeit), § 13 (Personalakten), § 14 (Haftung), § 18 (Arbeitsversäumnis), § 37 (Krankenbezüge), § 38 (Forderungsübergang bei Dritthaftung), § 40 (Beihilfen), § 41 (Sterbegeld), § 42 (Reisekostenvergütung), §§ 47 - 52 (Urlaub, Sonderurlaub, Arbeitsbefreiung), §§ 53 - 61 (Beendigung des Arbeitsverhältnisses), (§ 53 Abs. 3 findet keine Anwendung), §§ 62 - 64 (Übergangsgeld) und § 70 (Ausschlußfristen des Bundesangestellten-Tarifvertrages (BAT)).

        
                 

…       

                 
        

§ 3

        

Regelmäßige Arbeitszeit

        

(1)     

Für die Arbeitszeit der Mitarbeiter/innen im Verwaltungs- und gewerblich-technischen Bereich gelten die §§ 15 bis 16 a BAT bzw. die §§ 14 und 15 BMT-G in der Fassung vom 01.08.2000.“

5

Die Beklagte zahlte dem Kläger bis September 2005 Vergütung nach VergGr. IVa BAT bzw. - nach Bewährungsaufstieg - nach VergGr. III BAT. Dabei vollzog sie die Steigerung der Vergütung nach Lebensaltersstufen und die Tariferhöhungen nach, den Vergütungstarifvertrag Nr. 35 zum BAT allerdings zwei Monate später als tariflich vorgesehen. Außerdem erhält der Kläger eine jährliche Sonderzahlung in Höhe von 80 % des durchschnittlichen Entgelts der Monate Juli bis September. Nach der Tarifsukzession im öffentlichen Dienst des Bundes und der Kommunen zum 1. Oktober 2005 ordnete die Beklagte den Kläger der Entgeltgruppe 11/Stufe 6 TVöD zu. Er erhält seither - unter Einreihung in eine dem Vergleichsentgelt entsprechenden individuellen Endstufe (§ 6 Abs. 4 Satz 1 TVÜ-VKA) - ein Bruttomonatsgehalt von 3.961,66 Euro. Die nach der Tarifsukzession vereinbarten Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst der Kommunen gab die Beklagte nicht mehr weiter.

6

In einem Schreiben vom 21. Februar 2007 teilte die Geschäftsführerin der Beklagten den Beschäftigten mit:

        

„Betriebsvereinbarung

        

Sehr geehrte Damen und Herren,

        

anlässlich des Inkrafttretens des TVöD auf kommunaler Ebene sowie auf Bundesebene am 01.10.2005 sowie anlässlich des Inkrafttretens des Tarifvertrages der Länder in Nordrhein-Westfalen am 01.11.2006 hatte ich angestrebt, die zwischen H und dem Betriebsrat der H bestehende Betriebsvereinbarung vom 08.02.2001 in gemeinsamen Verhandlungen mit dem Betriebsrat zu überarbeiten und auf die neuen tariflichen Bestimmungen anzupassen. In der Vorbereitung dieser Anpassungsmaßnahmen habe ich mich juristisch beraten lassen. Dabei wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass die vor meiner Amtszeit mit dem Betriebsrat geschlossene Betriebsvereinbarung wegen Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam ist. …

        

Ich möchte daher ausdrücklich darauf aufmerksam machen, dass die H GmbH sich an die Betriebsvereinbarung ab sofort nicht mehr gebunden sieht. Sie wird lediglich einstweilen, namentlich bis zur Bekanntgabe einer neuen Regelung, angewendet. Dies geschieht allerdings ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht und ohne Bindungswirkung für die Zukunft und ausschließlich für die Übergangszeit bis zur Bekanntgabe dessen, was zukünftig für den Inhalt der Arbeitsverhältnisse gelten soll.

        

…“    

7

Daraufhin wandte sich der Betriebsrat mit Schreiben vom 10. März 2007 an die Belegschaft wie folgt:

        

„Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

        

wir nehmen Bezug auf das Schreiben von Frau Dr. P vom 21.02.2007. Darin geht die Geschäftsleitung davon aus, dass die am 08.02.2001 geschlossene Betriebsvereinbarung unwirksam sei. Gleichzeitig wird mitgeteilt, dass sich die H GmbH ab sofort nicht mehr an diese Vereinbarung gebunden sieht.

        

Wir als Betriebsrat der H haben in dieser Angelegenheit ebenfalls eine Rechtsauskunft eingeholt. Hier die wichtigsten Aussagen:

        

1.    

Unsere Betriebsvereinbarung vom 08.02.2001 ist weiterhin wirksam.

        

2.    

In unseren Arbeitsverträgen wird regelmäßig auf unsere Betriebsvereinbarung verwiesen. Selbst bei unterstellter Unwirksamkeit bleiben die darin enthaltenen Regelungen rechtsverbindlicher Bestandteil unserer Arbeitsverträge.

        

…“    

        
8

Mit Schreiben vom 27. September 2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten erfolglos, die „Ergebnisse der Tarifeinigung“ vom 27. Februar 2010 auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden.

9

Mit der am 29. Dezember 2010 eingereichten Klage hat der Kläger die Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst der Kommunen in den Jahren 2008 bis 2010 sowie entsprechend erhöhte Jahressonderzahlungen verlangt. Er hat geltend gemacht, § 3 Arbeitsvertrag enthalte eine dynamische Inbezugnahme der Tarifentgelte, die auch die Tarifsukzession im öffentlichen Dienst umfasse. Ausschlussfristen habe er nicht einhalten müssen. Die BV sei nach § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam. Es sei zudem rechtsmissbräuchlich, wenn sich die Beklagte auf eine Ausschlussfrist in einer von ihr selbst für unwirksam gehaltenen Betriebsvereinbarung berufe.

10

Der Kläger hat zuletzt - nach Teilklagerücknahme im Übrigen - sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 10.123,04 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.195,84 Euro seit dem 1. Januar 2009, aus weiteren 3.644,67 Euro seit dem 1. Januar 2010 und aus weiteren 4.282,53 Euro seit dem 1. Januar 2011 zu zahlen.

11

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die vertragliche Vergütungsabrede enthalte keine dynamische Inbezugnahme des TVöD. Zumindest sei ein entsprechendes Entgelt anteilig der Erhöhung der Wochenarbeitszeit im kommunalen öffentlichen Dienst Nordrhein-Westfalens von 38,5 auf 39 Stunden ab Juli 2008 zu kürzen. Zudem seien mögliche Ansprüche des Klägers nach § 70 BAT bzw. § 37 TVöD wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung verfallen. Die entsprechende Regelung der BV gölte trotz deren Unwirksamkeit individualrechtlich fort.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist begründet.

14

I. Die Parteien haben im Arbeitsvertrag vom 9. Dezember 1987 eine dynamische Vergütung vereinbart, die auch die Tarifsukzession im öffentlichen Dienst umfasst. Das ergibt die - ergänzende - Auslegung des § 3 Arbeitsvertrag, wonach der Kläger eine Vergütung „nach BAT IV a“ erhält.

15

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die pauschale Bezugnahme im Arbeitsvertrag auf tarifliche Vergütungsbestimmungen ohne Nennung fester Beträge und ohne Angabe einer konkret nach Datum festgelegten Fassung des in Bezug genommenen Tarifvertrags dynamisch zu verstehen, es sei denn, eindeutige Hinweise sprechen für eine statische Bezugnahme (vgl. BAG 21. August 2013 - 5 AZR 581/11 - Rn. 23 mwN). Hiervon ausgehend haben die Parteien mit § 3 Arbeitsvertrag die Vergütung zeitlich dynamisch, orientiert an der in Bezug genommenen tariflichen Vergütungsgruppe gestaltet, denn an Hinweisen auf eine statische Bezugnahme fehlt es. Das bestätigt die tatsächliche Handhabung der Beklagten, die unstreitig bis zur Tarifsukzession im öffentlichen Dienst die dortigen Tariferhöhungen weitergegeben und sogar tarifliche (Alters-)Stufen- und Bewährungsaufstiege nachvollzogen hat.

16

2. Die Vergütung des Klägers richtet sich seit dem 1. Oktober 2005 nach dem TVöD und dem TVÜ-VKA. Das ergibt eine ergänzende Vertragsauslegung.

17

a) Der Wortlaut des § 3 Arbeitsvertrag trägt eine Erstreckung auf den TVöD nicht. Dieser ist nicht identisch mit dem BAT. Ein Zusatz, dass auch die den „BAT ersetzenden Tarifverträge“ Anwendung finden sollen, fehlt. § 3 Arbeitsvertrag ist damit zeit-, nicht jedoch inhaltsdynamisch ausgestaltet(vgl. BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 15 f.).

18

b) Durch die Tarifsukzession im öffentlichen Dienst ist jedoch nachträglich eine Regelungslücke entstanden, die im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu schließen ist. Da es sich bei § 3 Arbeitsvertrag nach der vom Landesarbeitsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts(vgl. zB BAG 15. Mai 2013 - 10 AZR 325/12 - Rn. 17 mwN) vorgenommenen rechtlichen Wertung, die von der Revision nicht angegriffen wird, um eine Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB) handelt, ist zu fragen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unvollständigkeit ihrer Regelung bekannt gewesen wäre (BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 18 ff., seither st. Rspr.).

19

Dabei ergibt sich aus der dynamischen Ausgestaltung der Vergütungsregelung zum einen der Wille der Parteien, die Vergütung nicht in einer bestimmten Höhe bis zu einer Vertragsänderung festzuschreiben, sondern sie - dynamisch - an der jeweiligen Höhe der Vergütung der Angestellten im öffentlichen Dienst auszurichten. Deshalb hätten die Parteien redlicherweise für den Fall einer Tarifsukzession das dem in der Vergütungsabrede benannten tariflichen Regelungswerk nachfolgende tarifliche Regelungswerk als Bezugsobjekt der Vergütung vereinbart, weil ein „Einfrieren“ der Vergütung auf den Zeitpunkt der Tarifsukzession nicht ihren Interessen entsprach.

20

Zum anderen haben sich die Parteien mit der dynamischen Ausgestaltung der Vergütung für die Zukunft insoweit der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes anvertraut. Die mit der Tarifsukzession verbundene Änderung der Tarifwerke wirkt nicht anders auf die Vergütungsabrede ein als eine (tiefgreifende) inhaltliche Änderung des in der Vergütungsabrede benannten Tarifvertrags. Mit dem Nachvollziehen der Tarifsukzession auf arbeitsvertraglicher Ebene werden die Parteien nicht anders gestellt, als sie stünden, wenn die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes den BAT reformiert und ihm einen neuen Inhalt gegeben hätten.

21

c) Wegen der Aufspaltung der bis zum 30. September 2005 gleichlautenden Regelungen für die Angestellten des öffentlichen Dienstes bei Bund, Ländern und Kommunen ist durch ergänzende Vertragsauslegung weiter zu bestimmen, welche Nachfolgeregelung für die Vergütung des Klägers nach § 3 Arbeitsvertrag maßgebend sein soll. Es ist zu fragen, welches der dem BAT nachfolgenden Tarifwerke die Parteien in Bezug genommen hätten, wenn sie eine Tarifsukzession bedacht hätten. Dies ist der TVöD in der im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) geltenden Fassung, weil die Beklagte aufgrund ihrer Mehrheitsgesellschafterin und ihren Aufgaben am ehesten dem öffentlichen Dienst der Kommunen zuzurechnen ist. Dementsprechend hat die Beklagte, die nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband werden könnte, selbst eine Überleitung in die Entgeltgruppen des TVöD nach dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts vom 13. September 2005 (TVÜ-VKA) vorgenommen.

22

3. Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger Anspruch auf die Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst der Kommunen der Jahre 2008 bis 2010. Ebenso ist die von der Beklagten gewährte jährliche Sonderzahlung, die sich am durchschnittlichen Entgelt der Monate Juli bis September orientiert, entsprechend zu berechnen. Dabei ist die Höhe der geltend gemachten Differenzvergütung nach der von der Revision nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellung des Landesarbeitsgerichts in der Berufungsinstanz unstreitig geworden.

23

II. Die Vergütung des Klägers ist nicht wegen der zum 1. Juli 2008 erfolgten Erhöhung der Arbeitszeit im öffentlichen Dienst der Kommunen von 38,5 auf 39 Wochenstunden zu reduzieren.

24

1. Nach der Rechtsprechung des Senats kann sich eine rechnerische Korrektur zum Tabellenentgelt dadurch ergeben, dass sich vertragliche Sonderregelungen, die vor der Tarifsukzession vereinbart wurden, auf die Bestimmung des Vergleichsentgelts zum 1. Oktober 2005 auswirken (BAG 17. November 2011 - 5 AZR 409/10 - Rn. 22). Darum geht es aber im Streitfall nicht. Vielmehr zielt der Einwand der Beklagten darauf ab, das Ergebnis der zum Zeitpunkt der Tarifsukzession im öffentlichen Dienst vorzunehmenden ergänzenden Auslegung der Vergütungsabrede nachträglich wegen einer erst nach der Tarifsukzession erfolgten Arbeitszeitverlängerung im öffentlichen Dienst der Kommunen zu korrigieren. Dafür fehlt die Rechtsgrundlage.

25

Die Parteien haben im Arbeitsvertrag weder eine ausdrückliche Vereinbarung über die Dauer der Arbeitszeit getroffen noch die im öffentlichen Dienst geltende Arbeitszeit dynamisch in Bezug genommen. Es ist deshalb anzunehmen, dass sie - nachdem Anhaltspunkte dafür fehlen, es sei eine der Arbeitszeit enthobene Arbeitspflicht gewollt gewesen - die betriebsübliche Arbeitszeit vereinbarten. Dies entspricht dem Vertragswillen verständiger und redlicher Vertragspartner (BAG 15. Mai 2013 - 10 AZR 325/12 - Rn. 18 ff.). Die betriebsübliche Arbeitszeit betrug vor, bei und nach der Tarifsukzession 38,5 Wochenstunden, die die Beklagte auch unstreitig ihren Dienstplänen zugrunde legte. Insoweit hielt die Beklagte im Streitzeitraum - unbeschadet der möglichen Unwirksamkeit - an § 3 Abs. 1 BV mit seiner statischen Bezugnahme auf die am 1. August 2000 im öffentlichen Dienst der Kommunen geltenden durchschnittlichen Arbeitszeit von 38,5 Wochenstunden (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BAT, § 14 Abs. 1 Satz 1 BMT-G) fest. Der Kläger hat deshalb weiterhin Anspruch auf die Vergütung einer Vollzeitkraft (vgl. BAG 21. August 2013 - 5 AZR 581/11 - Rn. 45). Im Übrigen betrug zu dem maßgeblichen Zeitpunkt der Tarifsukzession auch für Vollzeitbeschäftigte im öffentlichen Dienst der Kommunen die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit im Tarifgebiet West unverändert 38,5 Wochenstunden, § 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b TVöD aF. Erst mit § 4 Nr. 4 des Änderungs-TV Nr. 2 vom 31. März 2008 wurde mit Wirkung vom 1. Juli 2008 die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit im Bereich der VKA allgemein auf 39 Wochenstunden erhöht (vgl. zur Entstehungsgeschichte Sponer/Steinherr Stand Februar 2015 § 6 TVöD Vorbem. 1).

26

2. Von der für den Zeitpunkt der Tarifsukzession im öffentlichen Dienst vorzunehmenden ergänzenden Auslegung der Vergütungsklausel zu trennen ist die Frage, ob die Beklagte berechtigt (gewesen) wäre, die Arbeitszeitverlängerung im Bereich des öffentlichen Dienstes der Kommunen nachzuvollziehen. Das braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn unstreitig hat die Beklagte es im gesamten Streitzeitraum nicht unternommen, die betriebsübliche Arbeitszeit auf 39 Wochenstunden zu verlängern. Solches erfolgte entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts auch nicht über § 3 Arbeitsvertrag. Diese Klausel bezieht sich nur auf die Vergütung, kann aber nicht andere Tarifbestimmungen des öffentlichen Dienstes zur Anwendung bringen. Denn die Beklagte als Klauselstellerin wollte gerade keine allgemeine Bezugnahme auf die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes, sondern deren - partielle - Anwendung durch Betriebsvereinbarung regeln. Diese - ihre Wirksamkeit unterstellt - enthält lediglich eine statische Bezugnahme auf die Arbeitszeitbestimmungen des BAT und des BMT-G in der am 1. August 2000 geltenden Fassung, nicht jedoch auf solche des TVöD. Weil arbeitsvertraglich die betriebsübliche Arbeitszeit vereinbart ist, kommt auch eine ergänzende Vertragsauslegung zur Dauer der Arbeitszeit nicht in Betracht. Es fehlt an einer Regelungslücke.

27

III. Die streitgegenständlichen Forderungen sind nicht verfallen. Der Kläger musste weder die Ausschlussfrist des § 37 TVöD noch die des § 70 BAT beachten.

28

1. § 37 TVöD findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung. Denn es besteht weder eine beiderseitige Tarifgebundenheit (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG), noch ist die tarifliche Ausschlussfristenregelung arbeitsvertraglich vereinbart oder in Bezug genommen. Auch über § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG ist § 37 TVöD nicht anwendbar. § 2 Abs. 1 BV nimmt lediglich statisch auf § 70 BAT in der am 1. August 2008 geltenden Fassung Bezug und kann sich deshalb nicht auf § 37 TVöD erstrecken. Zudem wäre eine dynamische Bezugnahme auf tarifliche Regelungen in einer Betriebsvereinbarung unwirksam (BAG 23. Juni 1992 - 1 ABR 9/92 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 70, 356; 28. März 2007 - 10 AZR 719/05 - Rn. 34 f.; Fitting BetrVG 27. Aufl. § 77 Rn. 24; Richardi in Richardi BetrVG 14. Aufl. § 77 Rn. 35 - jeweils mwN).

29

2. Der Kläger war nicht gehalten, die Ausschlussfrist des § 70 BAT in der am 1. August 2000 geltenden Fassung zu beachten.

30

a) Dabei kann dahingestellt bleiben, ob sich der Kläger gegenüber der ihn belastenden Regelung einer Ausschlussfrist durch Betriebsvereinbarung nach dem Günstigkeitsprinzip auf das Fehlen einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung berufen könnte (zum Günstigkeitsprinzip als Kollisionsregel: vgl. BAG 14. Januar 2014 - 1 ABR 57/12 - Rn. 21 mwN; Linsenmaier RdA 2014, 336, 338) oder sich der Arbeitsvertrag der Parteien über die Klausel des § 4 als betriebsvereinbarungsoffen erweist mit der Folge, dass er hinsichtlich der Geltung von Ausschlussfristen der Änderung durch Betriebsvereinbarung zugänglich ist(vgl. BAG 5. März 2013 - 1 AZR 417/12 - Rn. 60). Denn jedenfalls ist § 2 Abs. 1 BV, soweit er § 70 BAT in der am 1. August 2000 geltenden Fassung auf das Arbeitsverhältnis zur Anwendung bringen will, unwirksam, § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG.

31

b) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts haben die Betriebsparteien grundsätzlich eine umfassende Kompetenz zur Regelung von materiellen und formellen Arbeitsbedingungen. Sie können durch (freiwillige) Betriebsvereinbarungen Regelungen über den Inhalt, den Abschluss und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen treffen (BAG 5. März 2013 - 1 AZR 417/12 - Rn. 23 mwN; Linsenmaier RdA 2014, 336, 337). Dazu gehören auch Regelungen über Ausschlussfristen (BAG 9. April 1991 - 1 AZR 406/90 - zu II 2 der Gründe, BAGE 67, 377), die die Betriebsparteien nicht selbst formulieren oder aus einem Tarifvertrag abschreiben müssen. Sie verzichten nicht auf ihr Recht und ihre Pflicht, die Arbeitsbedingungen inhaltlich zu gestalten, wenn sie statisch auf einen bestimmten Tarifvertrag verweisen und damit dessen Regelung gleichsam als eigene übernehmen (BAG 23. Juni 1992 - 1 ABR 9/92 - zu B II 2 b der Gründe, BAGE 70, 356).

32

Die Regelungskompetenz der Betriebsparteien ist jedoch begrenzt durch § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG, der der Sicherung und Stärkung der Tarifautonomie dient(allgA, vgl. nur Linsenmaier RdA 2014, 336, 337 mwN). Materielle und formelle Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können - sofern es sich nicht um Gegenstände der erzwingbaren Mitbestimmung nach § 87 BetrVG handelt - nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dabei hängt die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG nicht von der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers ab(hM, vgl. nur BAG 22. März 2005 - 1 ABR 64/03 - zu B II 2 c ee (1) der Gründe, BAGE 114, 162; Fitting BetrVG 27. Aufl. § 77 Rn. 78; WPK/Preis BetrVG 4. Aufl. § 77 Rn. 66 f. - jeweils mwN zum Streitstand im Schrifttum). Es reicht aus, dass der fragliche Betrieb der betreffenden Branche angehört.

33

c) Nach nicht angegriffener Feststellung des Landesarbeitsgerichts könnte die Beklagte aufgrund der mehrheitlichen Beteiligung der Stadt M Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband werden. Deshalb ist anzunehmen, dass der Betrieb der Beklagten dem öffentlichen Dienst der Kommunen zuzurechnen ist. Dort sind seit Jahrzehnten Ausschlussfristen tariflich geregelt, für Angestellte zunächst in § 70 BAT, nach der Tarifsukzession in § 37 TVöD. § 2 Abs. 1 BV verstößt deshalb zumindest hinsichtlich der Ausschlussfristenregelung gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG und ist unwirksam. Davon geht auch die Revision aus.

34

3. Die Geltung der Ausschlussfristenregelung des § 70 BAT in der Fassung vom 1. August 2008 lässt sich weder über eine Umdeutung der - zumindest insoweit - unwirksamen Betriebsvereinbarung begründen noch aus § 4 Arbeitsvertrag herleiten.

35

a) Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so gilt nach § 140 BGB das letztere, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde. Weil eine Betriebsvereinbarung ihrer Rechtsnatur nach ein privatrechtlicher kollektiver Normenvertrag ist (vgl. BAG 13. Februar 2007 - 1 AZR 184/06 - Rn. 37, BAGE 121, 168; Fitting BetrVG 27. Aufl. § 77 Rn. 13; WPK/Preis BetrVG 4. Aufl. § 77 Rn. 7 - jeweils mwN), wird eine Umdeutung der rechtsgeschäftlichen Erklärung des Arbeitgebers, der sich in einer unwirksamen Betriebsvereinbarung zu einer Leistung an die Arbeitnehmer verpflichtet hat, in Betracht gezogen, wenn besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, der Arbeitgeber habe sich unabhängig von der Betriebsvereinbarung auf jeden Fall verpflichten wollen, seinen Arbeitnehmern die darin vorgesehenen Leistungen zu gewähren (BAG 23. August 1989 - 5 AZR 391/88 - zu II 2 der Gründe; 29. Oktober 2002 - 1 AZR 573/01 - zu II 1 der Gründe, BAGE 103, 187; Fitting BetrVG 27. Aufl. § 77 Rn. 104 ff. - jeweils mwN). Im Streitfall geht es aber nicht um eine durch Betriebsvereinbarung begründete Leistung des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer, sondern um eine „Ersetzung“ der - gescheiterten - normativen Verpflichtung (§ 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG) der Arbeitnehmer, für die Verhinderung des Untergangs von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis eine tarifliche Ausschlussfristenregelung zu beachten. Für eine individualrechtliche Verpflichtung der nicht als Vertragspartner an einer Betriebsvereinbarung beteiligten Arbeitnehmer fehlt aber den Betriebsparteien die Kompetenz.

36

b) Ob § 4 Arbeitsvertrag nur wiederholt, was sich normativ aus § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG ergibt, oder als Allgemeine Geschäftsbedingung die in Bezug genommenen Betriebsvereinbarungen im Sinne einer eigenständigen Regelung arbeitsvertraglich vereinbart werden, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn nach der Klausel sollen Grundlage des Arbeitsvertrags ausdrücklich nur die „gültigen“ Betriebsvereinbarungen sein, nicht jedoch die unwirksamen. Damit fehlt es an einer auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Ausschlussfristenregelung. Die Vereinbarung einer tariflichen Vergütung kann ohne (allgemeine) Bezugnahmeklausel eine tarifliche Ausschlussfristenregelung nicht zur Anwendung bringen.

37

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

        

        

    Dombrowsky    

        

    Zorn    

                 

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 21. November 2012 - 2 Sa 1224/11 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Tarifentgelterhöhungen.

2

Der 1957 geborene Kläger ist seit dem 1. Januar 1988 bei der Beklagten, die nicht tarifgebunden und deren Mehrheitsgesellschafterin die Stadt M ist, als kaufmännischer Mitarbeiter beschäftigt. Die Beklagte betreibt die Halle M und führt im Interesse der Stadt M und der Gemeinden des M Veranstaltungen aller Art - darunter auch Feste, Märkte, Ausstellungen und Messen - im eigenen und fremden Namen durch.

3

Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist der Formulararbeitsvertrag vom 9. Dezember 1987, der ua. regelt:

        

㤠3

        

Herr L erhält eine Vergütung nach BAT IV a.

        

§ 4

        

Die vertragsschließenden Parteien sind sich darüber einig, daß sich sowohl alle übrigen Rechte als auch die Pflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis nach den Bestimmungen der für die H gültigen Betriebsvereinbarung richten, die somit Grundlage dieses Arbeitsvertrages ist.“

4

In einer Betriebsvereinbarung vom 8. Februar 2001 (im Folgenden BV) heißt es auszugsweise:

        

㤠2

        

Anwendung von Tarifverträgen

        
        

(1)     

Soweit in dieser Vereinbarung keine besonderen Regelungen getroffen sind, werden Bestimmungen der Tarifverträge BAT und BMT-G in der Fassung vom 01.08.2000 sowie NGG in der Fassung vom 01.01.1995 auf die Beschäftigungsverhältnisse wie folgt angewandt:

        
                 

A. Mitarbeiter/innen im Verwaltungs- und gewerblich-technischen Bereich:

        
                 

a)    

Angestellte (BAT)

        
                 

Der § 4 (Arbeitsvertrag, Nebenabreden), § 5 (Probezeit), § 7 (Ärztliche Untersuchung), § 8 (Allgemeine Pflichten), § 9 (Schweigepflicht), § 10 (Belohnungen und Geschenke), § 11 (Nebentätigkeit), § 13 (Personalakten), § 14 (Haftung), § 18 (Arbeitsversäumnis), § 37 (Krankenbezüge), § 38 (Forderungsübergang bei Dritthaftung), § 40 (Beihilfen), § 41 (Sterbegeld), § 42 (Reisekostenvergütung), §§ 47 - 52 (Urlaub, Sonderurlaub, Arbeitsbefreiung), §§ 53 - 61 (Beendigung des Arbeitsverhältnisses), (§ 53 Abs. 3 findet keine Anwendung), §§ 62 - 64 (Übergangsgeld) und § 70 (Ausschlußfristen des Bundesangestellten-Tarifvertrages (BAT)).

        
                 

…       

                 
        

§ 3

        

Regelmäßige Arbeitszeit

        

(1)     

Für die Arbeitszeit der Mitarbeiter/innen im Verwaltungs- und gewerblich-technischen Bereich gelten die §§ 15 bis 16 a BAT bzw. die §§ 14 und 15 BMT-G in der Fassung vom 01.08.2000.“

5

Die Beklagte zahlte dem Kläger bis September 2005 Vergütung nach VergGr. IVa BAT bzw. - nach Bewährungsaufstieg - nach VergGr. III BAT. Dabei vollzog sie die Steigerung der Vergütung nach Lebensaltersstufen und die Tariferhöhungen nach, den Vergütungstarifvertrag Nr. 35 zum BAT allerdings zwei Monate später als tariflich vorgesehen. Außerdem erhält der Kläger eine jährliche Sonderzahlung in Höhe von 80 % des durchschnittlichen Entgelts der Monate Juli bis September. Nach der Tarifsukzession im öffentlichen Dienst des Bundes und der Kommunen zum 1. Oktober 2005 ordnete die Beklagte den Kläger der Entgeltgruppe 11/Stufe 6 TVöD zu. Er erhält seither - unter Einreihung in eine dem Vergleichsentgelt entsprechenden individuellen Endstufe (§ 6 Abs. 4 Satz 1 TVÜ-VKA) - ein Bruttomonatsgehalt von 3.961,66 Euro. Die nach der Tarifsukzession vereinbarten Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst der Kommunen gab die Beklagte nicht mehr weiter.

6

In einem Schreiben vom 21. Februar 2007 teilte die Geschäftsführerin der Beklagten den Beschäftigten mit:

        

„Betriebsvereinbarung

        

Sehr geehrte Damen und Herren,

        

anlässlich des Inkrafttretens des TVöD auf kommunaler Ebene sowie auf Bundesebene am 01.10.2005 sowie anlässlich des Inkrafttretens des Tarifvertrages der Länder in Nordrhein-Westfalen am 01.11.2006 hatte ich angestrebt, die zwischen H und dem Betriebsrat der H bestehende Betriebsvereinbarung vom 08.02.2001 in gemeinsamen Verhandlungen mit dem Betriebsrat zu überarbeiten und auf die neuen tariflichen Bestimmungen anzupassen. In der Vorbereitung dieser Anpassungsmaßnahmen habe ich mich juristisch beraten lassen. Dabei wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass die vor meiner Amtszeit mit dem Betriebsrat geschlossene Betriebsvereinbarung wegen Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam ist. …

        

Ich möchte daher ausdrücklich darauf aufmerksam machen, dass die H GmbH sich an die Betriebsvereinbarung ab sofort nicht mehr gebunden sieht. Sie wird lediglich einstweilen, namentlich bis zur Bekanntgabe einer neuen Regelung, angewendet. Dies geschieht allerdings ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht und ohne Bindungswirkung für die Zukunft und ausschließlich für die Übergangszeit bis zur Bekanntgabe dessen, was zukünftig für den Inhalt der Arbeitsverhältnisse gelten soll.

        

…“    

7

Daraufhin wandte sich der Betriebsrat mit Schreiben vom 10. März 2007 an die Belegschaft wie folgt:

        

„Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

        

wir nehmen Bezug auf das Schreiben von Frau Dr. P vom 21.02.2007. Darin geht die Geschäftsleitung davon aus, dass die am 08.02.2001 geschlossene Betriebsvereinbarung unwirksam sei. Gleichzeitig wird mitgeteilt, dass sich die H GmbH ab sofort nicht mehr an diese Vereinbarung gebunden sieht.

        

Wir als Betriebsrat der H haben in dieser Angelegenheit ebenfalls eine Rechtsauskunft eingeholt. Hier die wichtigsten Aussagen:

        

1.    

Unsere Betriebsvereinbarung vom 08.02.2001 ist weiterhin wirksam.

        

2.    

In unseren Arbeitsverträgen wird regelmäßig auf unsere Betriebsvereinbarung verwiesen. Selbst bei unterstellter Unwirksamkeit bleiben die darin enthaltenen Regelungen rechtsverbindlicher Bestandteil unserer Arbeitsverträge.

        

…“    

        
8

Mit Schreiben vom 27. September 2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten erfolglos, die „Ergebnisse der Tarifeinigung“ vom 27. Februar 2010 auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden.

9

Mit der am 29. Dezember 2010 eingereichten Klage hat der Kläger die Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst der Kommunen in den Jahren 2008 bis 2010 sowie entsprechend erhöhte Jahressonderzahlungen verlangt. Er hat geltend gemacht, § 3 Arbeitsvertrag enthalte eine dynamische Inbezugnahme der Tarifentgelte, die auch die Tarifsukzession im öffentlichen Dienst umfasse. Ausschlussfristen habe er nicht einhalten müssen. Die BV sei nach § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam. Es sei zudem rechtsmissbräuchlich, wenn sich die Beklagte auf eine Ausschlussfrist in einer von ihr selbst für unwirksam gehaltenen Betriebsvereinbarung berufe.

10

Der Kläger hat zuletzt - nach Teilklagerücknahme im Übrigen - sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 10.123,04 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.195,84 Euro seit dem 1. Januar 2009, aus weiteren 3.644,67 Euro seit dem 1. Januar 2010 und aus weiteren 4.282,53 Euro seit dem 1. Januar 2011 zu zahlen.

11

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die vertragliche Vergütungsabrede enthalte keine dynamische Inbezugnahme des TVöD. Zumindest sei ein entsprechendes Entgelt anteilig der Erhöhung der Wochenarbeitszeit im kommunalen öffentlichen Dienst Nordrhein-Westfalens von 38,5 auf 39 Stunden ab Juli 2008 zu kürzen. Zudem seien mögliche Ansprüche des Klägers nach § 70 BAT bzw. § 37 TVöD wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung verfallen. Die entsprechende Regelung der BV gölte trotz deren Unwirksamkeit individualrechtlich fort.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist begründet.

14

I. Die Parteien haben im Arbeitsvertrag vom 9. Dezember 1987 eine dynamische Vergütung vereinbart, die auch die Tarifsukzession im öffentlichen Dienst umfasst. Das ergibt die - ergänzende - Auslegung des § 3 Arbeitsvertrag, wonach der Kläger eine Vergütung „nach BAT IV a“ erhält.

15

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die pauschale Bezugnahme im Arbeitsvertrag auf tarifliche Vergütungsbestimmungen ohne Nennung fester Beträge und ohne Angabe einer konkret nach Datum festgelegten Fassung des in Bezug genommenen Tarifvertrags dynamisch zu verstehen, es sei denn, eindeutige Hinweise sprechen für eine statische Bezugnahme (vgl. BAG 21. August 2013 - 5 AZR 581/11 - Rn. 23 mwN). Hiervon ausgehend haben die Parteien mit § 3 Arbeitsvertrag die Vergütung zeitlich dynamisch, orientiert an der in Bezug genommenen tariflichen Vergütungsgruppe gestaltet, denn an Hinweisen auf eine statische Bezugnahme fehlt es. Das bestätigt die tatsächliche Handhabung der Beklagten, die unstreitig bis zur Tarifsukzession im öffentlichen Dienst die dortigen Tariferhöhungen weitergegeben und sogar tarifliche (Alters-)Stufen- und Bewährungsaufstiege nachvollzogen hat.

16

2. Die Vergütung des Klägers richtet sich seit dem 1. Oktober 2005 nach dem TVöD und dem TVÜ-VKA. Das ergibt eine ergänzende Vertragsauslegung.

17

a) Der Wortlaut des § 3 Arbeitsvertrag trägt eine Erstreckung auf den TVöD nicht. Dieser ist nicht identisch mit dem BAT. Ein Zusatz, dass auch die den „BAT ersetzenden Tarifverträge“ Anwendung finden sollen, fehlt. § 3 Arbeitsvertrag ist damit zeit-, nicht jedoch inhaltsdynamisch ausgestaltet(vgl. BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 15 f.).

18

b) Durch die Tarifsukzession im öffentlichen Dienst ist jedoch nachträglich eine Regelungslücke entstanden, die im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu schließen ist. Da es sich bei § 3 Arbeitsvertrag nach der vom Landesarbeitsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts(vgl. zB BAG 15. Mai 2013 - 10 AZR 325/12 - Rn. 17 mwN) vorgenommenen rechtlichen Wertung, die von der Revision nicht angegriffen wird, um eine Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB) handelt, ist zu fragen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unvollständigkeit ihrer Regelung bekannt gewesen wäre (BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 18 ff., seither st. Rspr.).

19

Dabei ergibt sich aus der dynamischen Ausgestaltung der Vergütungsregelung zum einen der Wille der Parteien, die Vergütung nicht in einer bestimmten Höhe bis zu einer Vertragsänderung festzuschreiben, sondern sie - dynamisch - an der jeweiligen Höhe der Vergütung der Angestellten im öffentlichen Dienst auszurichten. Deshalb hätten die Parteien redlicherweise für den Fall einer Tarifsukzession das dem in der Vergütungsabrede benannten tariflichen Regelungswerk nachfolgende tarifliche Regelungswerk als Bezugsobjekt der Vergütung vereinbart, weil ein „Einfrieren“ der Vergütung auf den Zeitpunkt der Tarifsukzession nicht ihren Interessen entsprach.

20

Zum anderen haben sich die Parteien mit der dynamischen Ausgestaltung der Vergütung für die Zukunft insoweit der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes anvertraut. Die mit der Tarifsukzession verbundene Änderung der Tarifwerke wirkt nicht anders auf die Vergütungsabrede ein als eine (tiefgreifende) inhaltliche Änderung des in der Vergütungsabrede benannten Tarifvertrags. Mit dem Nachvollziehen der Tarifsukzession auf arbeitsvertraglicher Ebene werden die Parteien nicht anders gestellt, als sie stünden, wenn die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes den BAT reformiert und ihm einen neuen Inhalt gegeben hätten.

21

c) Wegen der Aufspaltung der bis zum 30. September 2005 gleichlautenden Regelungen für die Angestellten des öffentlichen Dienstes bei Bund, Ländern und Kommunen ist durch ergänzende Vertragsauslegung weiter zu bestimmen, welche Nachfolgeregelung für die Vergütung des Klägers nach § 3 Arbeitsvertrag maßgebend sein soll. Es ist zu fragen, welches der dem BAT nachfolgenden Tarifwerke die Parteien in Bezug genommen hätten, wenn sie eine Tarifsukzession bedacht hätten. Dies ist der TVöD in der im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) geltenden Fassung, weil die Beklagte aufgrund ihrer Mehrheitsgesellschafterin und ihren Aufgaben am ehesten dem öffentlichen Dienst der Kommunen zuzurechnen ist. Dementsprechend hat die Beklagte, die nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband werden könnte, selbst eine Überleitung in die Entgeltgruppen des TVöD nach dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts vom 13. September 2005 (TVÜ-VKA) vorgenommen.

22

3. Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger Anspruch auf die Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst der Kommunen der Jahre 2008 bis 2010. Ebenso ist die von der Beklagten gewährte jährliche Sonderzahlung, die sich am durchschnittlichen Entgelt der Monate Juli bis September orientiert, entsprechend zu berechnen. Dabei ist die Höhe der geltend gemachten Differenzvergütung nach der von der Revision nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellung des Landesarbeitsgerichts in der Berufungsinstanz unstreitig geworden.

23

II. Die Vergütung des Klägers ist nicht wegen der zum 1. Juli 2008 erfolgten Erhöhung der Arbeitszeit im öffentlichen Dienst der Kommunen von 38,5 auf 39 Wochenstunden zu reduzieren.

24

1. Nach der Rechtsprechung des Senats kann sich eine rechnerische Korrektur zum Tabellenentgelt dadurch ergeben, dass sich vertragliche Sonderregelungen, die vor der Tarifsukzession vereinbart wurden, auf die Bestimmung des Vergleichsentgelts zum 1. Oktober 2005 auswirken (BAG 17. November 2011 - 5 AZR 409/10 - Rn. 22). Darum geht es aber im Streitfall nicht. Vielmehr zielt der Einwand der Beklagten darauf ab, das Ergebnis der zum Zeitpunkt der Tarifsukzession im öffentlichen Dienst vorzunehmenden ergänzenden Auslegung der Vergütungsabrede nachträglich wegen einer erst nach der Tarifsukzession erfolgten Arbeitszeitverlängerung im öffentlichen Dienst der Kommunen zu korrigieren. Dafür fehlt die Rechtsgrundlage.

25

Die Parteien haben im Arbeitsvertrag weder eine ausdrückliche Vereinbarung über die Dauer der Arbeitszeit getroffen noch die im öffentlichen Dienst geltende Arbeitszeit dynamisch in Bezug genommen. Es ist deshalb anzunehmen, dass sie - nachdem Anhaltspunkte dafür fehlen, es sei eine der Arbeitszeit enthobene Arbeitspflicht gewollt gewesen - die betriebsübliche Arbeitszeit vereinbarten. Dies entspricht dem Vertragswillen verständiger und redlicher Vertragspartner (BAG 15. Mai 2013 - 10 AZR 325/12 - Rn. 18 ff.). Die betriebsübliche Arbeitszeit betrug vor, bei und nach der Tarifsukzession 38,5 Wochenstunden, die die Beklagte auch unstreitig ihren Dienstplänen zugrunde legte. Insoweit hielt die Beklagte im Streitzeitraum - unbeschadet der möglichen Unwirksamkeit - an § 3 Abs. 1 BV mit seiner statischen Bezugnahme auf die am 1. August 2000 im öffentlichen Dienst der Kommunen geltenden durchschnittlichen Arbeitszeit von 38,5 Wochenstunden (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BAT, § 14 Abs. 1 Satz 1 BMT-G) fest. Der Kläger hat deshalb weiterhin Anspruch auf die Vergütung einer Vollzeitkraft (vgl. BAG 21. August 2013 - 5 AZR 581/11 - Rn. 45). Im Übrigen betrug zu dem maßgeblichen Zeitpunkt der Tarifsukzession auch für Vollzeitbeschäftigte im öffentlichen Dienst der Kommunen die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit im Tarifgebiet West unverändert 38,5 Wochenstunden, § 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b TVöD aF. Erst mit § 4 Nr. 4 des Änderungs-TV Nr. 2 vom 31. März 2008 wurde mit Wirkung vom 1. Juli 2008 die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit im Bereich der VKA allgemein auf 39 Wochenstunden erhöht (vgl. zur Entstehungsgeschichte Sponer/Steinherr Stand Februar 2015 § 6 TVöD Vorbem. 1).

26

2. Von der für den Zeitpunkt der Tarifsukzession im öffentlichen Dienst vorzunehmenden ergänzenden Auslegung der Vergütungsklausel zu trennen ist die Frage, ob die Beklagte berechtigt (gewesen) wäre, die Arbeitszeitverlängerung im Bereich des öffentlichen Dienstes der Kommunen nachzuvollziehen. Das braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn unstreitig hat die Beklagte es im gesamten Streitzeitraum nicht unternommen, die betriebsübliche Arbeitszeit auf 39 Wochenstunden zu verlängern. Solches erfolgte entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts auch nicht über § 3 Arbeitsvertrag. Diese Klausel bezieht sich nur auf die Vergütung, kann aber nicht andere Tarifbestimmungen des öffentlichen Dienstes zur Anwendung bringen. Denn die Beklagte als Klauselstellerin wollte gerade keine allgemeine Bezugnahme auf die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes, sondern deren - partielle - Anwendung durch Betriebsvereinbarung regeln. Diese - ihre Wirksamkeit unterstellt - enthält lediglich eine statische Bezugnahme auf die Arbeitszeitbestimmungen des BAT und des BMT-G in der am 1. August 2000 geltenden Fassung, nicht jedoch auf solche des TVöD. Weil arbeitsvertraglich die betriebsübliche Arbeitszeit vereinbart ist, kommt auch eine ergänzende Vertragsauslegung zur Dauer der Arbeitszeit nicht in Betracht. Es fehlt an einer Regelungslücke.

27

III. Die streitgegenständlichen Forderungen sind nicht verfallen. Der Kläger musste weder die Ausschlussfrist des § 37 TVöD noch die des § 70 BAT beachten.

28

1. § 37 TVöD findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung. Denn es besteht weder eine beiderseitige Tarifgebundenheit (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG), noch ist die tarifliche Ausschlussfristenregelung arbeitsvertraglich vereinbart oder in Bezug genommen. Auch über § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG ist § 37 TVöD nicht anwendbar. § 2 Abs. 1 BV nimmt lediglich statisch auf § 70 BAT in der am 1. August 2008 geltenden Fassung Bezug und kann sich deshalb nicht auf § 37 TVöD erstrecken. Zudem wäre eine dynamische Bezugnahme auf tarifliche Regelungen in einer Betriebsvereinbarung unwirksam (BAG 23. Juni 1992 - 1 ABR 9/92 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 70, 356; 28. März 2007 - 10 AZR 719/05 - Rn. 34 f.; Fitting BetrVG 27. Aufl. § 77 Rn. 24; Richardi in Richardi BetrVG 14. Aufl. § 77 Rn. 35 - jeweils mwN).

29

2. Der Kläger war nicht gehalten, die Ausschlussfrist des § 70 BAT in der am 1. August 2000 geltenden Fassung zu beachten.

30

a) Dabei kann dahingestellt bleiben, ob sich der Kläger gegenüber der ihn belastenden Regelung einer Ausschlussfrist durch Betriebsvereinbarung nach dem Günstigkeitsprinzip auf das Fehlen einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung berufen könnte (zum Günstigkeitsprinzip als Kollisionsregel: vgl. BAG 14. Januar 2014 - 1 ABR 57/12 - Rn. 21 mwN; Linsenmaier RdA 2014, 336, 338) oder sich der Arbeitsvertrag der Parteien über die Klausel des § 4 als betriebsvereinbarungsoffen erweist mit der Folge, dass er hinsichtlich der Geltung von Ausschlussfristen der Änderung durch Betriebsvereinbarung zugänglich ist(vgl. BAG 5. März 2013 - 1 AZR 417/12 - Rn. 60). Denn jedenfalls ist § 2 Abs. 1 BV, soweit er § 70 BAT in der am 1. August 2000 geltenden Fassung auf das Arbeitsverhältnis zur Anwendung bringen will, unwirksam, § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG.

31

b) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts haben die Betriebsparteien grundsätzlich eine umfassende Kompetenz zur Regelung von materiellen und formellen Arbeitsbedingungen. Sie können durch (freiwillige) Betriebsvereinbarungen Regelungen über den Inhalt, den Abschluss und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen treffen (BAG 5. März 2013 - 1 AZR 417/12 - Rn. 23 mwN; Linsenmaier RdA 2014, 336, 337). Dazu gehören auch Regelungen über Ausschlussfristen (BAG 9. April 1991 - 1 AZR 406/90 - zu II 2 der Gründe, BAGE 67, 377), die die Betriebsparteien nicht selbst formulieren oder aus einem Tarifvertrag abschreiben müssen. Sie verzichten nicht auf ihr Recht und ihre Pflicht, die Arbeitsbedingungen inhaltlich zu gestalten, wenn sie statisch auf einen bestimmten Tarifvertrag verweisen und damit dessen Regelung gleichsam als eigene übernehmen (BAG 23. Juni 1992 - 1 ABR 9/92 - zu B II 2 b der Gründe, BAGE 70, 356).

32

Die Regelungskompetenz der Betriebsparteien ist jedoch begrenzt durch § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG, der der Sicherung und Stärkung der Tarifautonomie dient(allgA, vgl. nur Linsenmaier RdA 2014, 336, 337 mwN). Materielle und formelle Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können - sofern es sich nicht um Gegenstände der erzwingbaren Mitbestimmung nach § 87 BetrVG handelt - nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dabei hängt die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG nicht von der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers ab(hM, vgl. nur BAG 22. März 2005 - 1 ABR 64/03 - zu B II 2 c ee (1) der Gründe, BAGE 114, 162; Fitting BetrVG 27. Aufl. § 77 Rn. 78; WPK/Preis BetrVG 4. Aufl. § 77 Rn. 66 f. - jeweils mwN zum Streitstand im Schrifttum). Es reicht aus, dass der fragliche Betrieb der betreffenden Branche angehört.

33

c) Nach nicht angegriffener Feststellung des Landesarbeitsgerichts könnte die Beklagte aufgrund der mehrheitlichen Beteiligung der Stadt M Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband werden. Deshalb ist anzunehmen, dass der Betrieb der Beklagten dem öffentlichen Dienst der Kommunen zuzurechnen ist. Dort sind seit Jahrzehnten Ausschlussfristen tariflich geregelt, für Angestellte zunächst in § 70 BAT, nach der Tarifsukzession in § 37 TVöD. § 2 Abs. 1 BV verstößt deshalb zumindest hinsichtlich der Ausschlussfristenregelung gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG und ist unwirksam. Davon geht auch die Revision aus.

34

3. Die Geltung der Ausschlussfristenregelung des § 70 BAT in der Fassung vom 1. August 2008 lässt sich weder über eine Umdeutung der - zumindest insoweit - unwirksamen Betriebsvereinbarung begründen noch aus § 4 Arbeitsvertrag herleiten.

35

a) Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so gilt nach § 140 BGB das letztere, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde. Weil eine Betriebsvereinbarung ihrer Rechtsnatur nach ein privatrechtlicher kollektiver Normenvertrag ist (vgl. BAG 13. Februar 2007 - 1 AZR 184/06 - Rn. 37, BAGE 121, 168; Fitting BetrVG 27. Aufl. § 77 Rn. 13; WPK/Preis BetrVG 4. Aufl. § 77 Rn. 7 - jeweils mwN), wird eine Umdeutung der rechtsgeschäftlichen Erklärung des Arbeitgebers, der sich in einer unwirksamen Betriebsvereinbarung zu einer Leistung an die Arbeitnehmer verpflichtet hat, in Betracht gezogen, wenn besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, der Arbeitgeber habe sich unabhängig von der Betriebsvereinbarung auf jeden Fall verpflichten wollen, seinen Arbeitnehmern die darin vorgesehenen Leistungen zu gewähren (BAG 23. August 1989 - 5 AZR 391/88 - zu II 2 der Gründe; 29. Oktober 2002 - 1 AZR 573/01 - zu II 1 der Gründe, BAGE 103, 187; Fitting BetrVG 27. Aufl. § 77 Rn. 104 ff. - jeweils mwN). Im Streitfall geht es aber nicht um eine durch Betriebsvereinbarung begründete Leistung des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer, sondern um eine „Ersetzung“ der - gescheiterten - normativen Verpflichtung (§ 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG) der Arbeitnehmer, für die Verhinderung des Untergangs von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis eine tarifliche Ausschlussfristenregelung zu beachten. Für eine individualrechtliche Verpflichtung der nicht als Vertragspartner an einer Betriebsvereinbarung beteiligten Arbeitnehmer fehlt aber den Betriebsparteien die Kompetenz.

36

b) Ob § 4 Arbeitsvertrag nur wiederholt, was sich normativ aus § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG ergibt, oder als Allgemeine Geschäftsbedingung die in Bezug genommenen Betriebsvereinbarungen im Sinne einer eigenständigen Regelung arbeitsvertraglich vereinbart werden, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn nach der Klausel sollen Grundlage des Arbeitsvertrags ausdrücklich nur die „gültigen“ Betriebsvereinbarungen sein, nicht jedoch die unwirksamen. Damit fehlt es an einer auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Ausschlussfristenregelung. Die Vereinbarung einer tariflichen Vergütung kann ohne (allgemeine) Bezugnahmeklausel eine tarifliche Ausschlussfristenregelung nicht zur Anwendung bringen.

37

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

        

        

    Dombrowsky    

        

    Zorn    

                 

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - vom 10. Juli 2015 - 12 Sa 20/15 - aufgehoben.

2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 18. Dezember 2014 - 8 Ca 328/14 - wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Beklagte zu tragen, die Kosten des Berufungsverfahrens zu 1/4 die Klägerin und zu 3/4 die Beklagte.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist.

2

Die 1959 geborene Klägerin war zunächst als Bundesbeamtin für die Deutsche Postbank AG tätig. Ab dem 1. Juni 2002 wurde sie - unter gleichzeitiger Gewährung von Sonderurlaub durch die Deutsche Postbank AG - von der Beklagten als Arbeitnehmerin eingestellt. Im Jahre 2011 wurde sie als Beamtin zur Deutsche Post AG versetzt. Die Klägerin ist als schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von 60 anerkannt.

3

Die Beklagte war ursprünglich eine Tochtergesellschaft der Deutsche Postbank AG. Die Präambel der Konzernbetriebsvereinbarung vom 20. Februar 2002 über die „Rahmenbedingungen des Wechsel von Mitarbeitern in die … [Beklagte]“ (KBV 2002) benennt als ihre Aufgabe, „Mitarbeiter der Postbank, die infolge betrieblicher Umstrukturierungsmaßnahmen ihren Arbeitsplatz bei der Postbank verloren haben, bis zur Vermittlung eines dauerhaften Arbeitsplatzes im Rahmen des Kaskaden-Modells des TV-Ratio Postbank übergangsweise zu beschäftigen“. Die Beklagte besitzt die Genehmigung zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung. Sie beschäftigte im Jahr 2015 bundesweit rund 520 Arbeitnehmer, darunter etwa 270 Beamte.

4

Nach dem Arbeitsvertrag vom 6. Mai 2002 finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die für die Beklagte geltenden Tarifverträge Anwendung. Gemäß § 9 Nr. 6 des Manteltarifvertrags vom 20. Februar 2002 (MTV) können Arbeitsverhältnisse von Arbeitnehmern der Beklagten, die das 50. Lebensjahr und eine Zeit der Beschäftigung bei der Beklagten von mindestens zehn Jahren vollendet haben, nur noch nach Maßgabe von § 626 BGB gekündigt werden. Die Kündigungsgründe sind auf Verlangen des Arbeitnehmers darzulegen (§ 9 Nr. 3 Satz 2 MTV).

5

Ende 2010 erwarb die Deutsche Bank AG die Mehrheit der Gesellschaftsanteile an der Deutsche Postbank AG. Die Gesellschaftsanteile an der Beklagten übernahm die Deutsche Post AG.

6

In einer Konzernbetriebsvereinbarung von Mai 2012 war die Reduzierung des Personalbestands der Beklagten durch den Wechsel von Beschäftigten zur Deutsche Post AG festgelegt. Die Beurlaubungen der von dieser Maßnahme erfassten Beamten sollten nach näherer Maßgabe von § 3 dieser KBV am 31. Mai 2012 enden. Die betroffenen Arbeitnehmer wurden in Listen verzeichnet. Auf der Liste für den Standort K war ua. die Klägerin aufgeführt.

7

In einem an die Klägerin gerichteten Schreiben der Beklagten vom 29. Mai 2012 heißt es:

        

„… aufgrund der Mitteilung der Deutschen Post AG wird Ihre Beurlaubung gemäß § 13 Sonderurlaubsverordnung für eine Tätigkeit bei der … [Beklagten] zum 01.06.2012 beendet. Somit endet Ihr Beschäftigungsverhältnis … mit Ablauf des 31.05.2012.“

8

Die Klägerin arbeitete nach Beendigung ihrer Beurlaubung nicht mehr für die Beklagte. Die Deutsche Post AG ordnete sie von August 2012 bis März 2014 an die Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten ab. Das Angebot zu einer Abordnung an die Beklagte lehnte die Klägerin ab, weil sie dort aus ihrer Sicht zu schlechteren Bedingungen als in ihrem Arbeitsverhältnis beschäftigt worden wäre.

9

Nachdem die Klägerin im Juli 2014 gegenüber der Beklagten eine Beschäftigungsklage erhoben hatte, entschloss sich die Beklagte zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Sie unterrichtete den bei ihr errichteten Betriebsrat mit Schreiben vom 12. September 2014 über ihre Absicht, das Arbeitsverhältnis personenbedingt außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zum 30. Juni 2015 zu kündigen. Zeitgleich hörte sie die Schwerbehindertenvertretung an. Das Integrationsamt stimmte der beabsichtigten Kündigung am 1. Oktober 2014 zu. Mit Schreiben vom 2. Oktober 2014 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien „vorsorglich“ außerordentlich mit Auslauffrist zum 30. Juni 2015.

10

Dagegen hat die Klägerin rechtzeitig die vorliegende Kündigungsschutzklage erhoben. Die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Die Beklagte habe den Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört. Die Kündigung verstoße gegen § 9 Nr. 3 Satz 2 MTV. Die Kündigungsgründe seien nicht im Kündigungsschreiben angegeben.

11

Die Klägerin hat - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 2. Oktober 2014 nicht zum 30. Juni 2015 beendet wird.

12

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, das Arbeitsverhältnis der Parteien sei bereits mit der Beendigung der Beurlaubung der Klägerin als Beamtin Ende Mai 2012 aufgelöst worden. Die Klägerin habe ihre Rechte aus dem Arbeitsverhältnis verwirkt. Zumindest die Kündigung vom 2. Oktober 2014 habe das Arbeitsverhältnis beendet. Die Klägerin sei nach Ablauf ihrer Beurlaubung außer Stande, ihre arbeitsvertraglichen Pflichten zu erfüllen.

13

Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit ihrer Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Entscheidung des Arbeitsgerichts zu Unrecht abgeändert und die Kündigungsschutzklage abgewiesen. Das Berufungsurteil war deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Einer Zurückverweisung bedurfte es nicht. Die Sache war nach dem festgestellten Sachverhalt zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist weder durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 2. Oktober 2014 noch durch andere Beendigungsgründe aufgelöst worden.

15

I. Die Kündigungsschutzklage gem. § 4 Satz 1 KSchG ist nicht deshalb unbegründet, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien schon aus anderen Gründen bei Zugang der Kündigung beendet gewesen wäre oder bis zu dem mit der Kündigung vorgesehenen Auflösungstermin geendet hätte.

16

1. Gegenstand einer Kündigungsschutzklage nach § 4 Satz 1 KSchG ist das Begehren festzustellen, dass „das Arbeitsverhältnis“ durch die konkrete, mit der Klage angegriffene Kündigung zu dem in ihr vorgesehenen Termin nicht aufgelöst worden ist. Die betreffende Feststellung erfordert nach dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung eine Entscheidung über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung (BAG 20. März 2014 - 2 AZR 1071/12 - Rn. 17, BAGE 147, 358).

17

2. Das Arbeitsverhältnis der Parteien war bei Zugang der Kündigung vom 2. Oktober 2014 nicht bereits aus anderen Gründen beendet.

18

a) Die Parteien haben den Arbeitsvertrag nicht unter einer auflösenden Bedingung geschlossen (§ 21 iVm. § 15 Abs. 2 TzBfG), die bis zum Zugang der streitbefangenen Kündigung eingetreten wäre. Eine solche Beendigung wird auch nicht gem. § 21 iVm. § 15 Abs. 2, § 17 Satz 2 TzBfG und § 7 KSchG fingiert. Nach der Annahme des Landesarbeitsgerichts haben die Parteien weder ausdrücklich noch konkludent eine auflösende Bedingung vereinbart, nach der ihr Arbeitsverhältnis mit der Beendigung des Sonderurlaubs der Klägerin enden sollte. Dies lässt einen revisionsrechtlich erheblichen Rechtsfehler nicht erkennen. Daneben fehlte es für den Eintritt der Fiktion aus § 17 Satz 2 TzBfG an der nach § 21 iVm. § 15 Abs. 2 TzBfG erforderlichen Unterrichtung über den Eintritt der vermeintlich vereinbarten auflösenden Bedingung. Aus dem Schreiben vom 29. Mai 2012 leitet die Beklagte, wie sie im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt hat, keine Rechte her.

19

b) Das Arbeitsverhältnis hat nicht nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage ohne eine darauf bezogene Erklärung der Beklagten mit dem Ablauf des der Klägerin gewährten Sonderurlaubs am 31. Mai 2012 geendet. Gegenüber einer Anpassung nach § 313 BGB ist das Kündigungsrecht lex specialis. Sachverhalte, die zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage führen, sind daher ggf. daraufhin zu prüfen, ob sie eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen können (BAG 5. Juni 2014 - 2 AZR 615/13 - Rn. 23, BAGE 148, 227; 8. Oktober 2009 - 2 AZR 235/08 - Rn. 32).

20

II. Die Kündigungsschutzklage ist nicht deshalb abzuweisen, weil die Kündigung der Beklagten vom 2. Oktober 2014 ohnehin keine Rechtswirkungen entfaltet hätte. Selbst wenn die Beklagte sie unter der auflösenden Rechtsbedingung („vorsorglich“) erklärt haben sollte, dass das Arbeitsverhältnis nicht bereits zuvor beendet war (zur Zulässigkeit einer unter einer auflösenden Rechtsbedingung erklärten Kündigung zuletzt BAG 17. Dezember 2015 - 2 AZR 304/15 - Rn. 22), wäre diese Bedingung - wie vorstehend ausgeführt - nicht eingetreten.

21

III. Die Klägerin hat ihr Recht, sich auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses über den 31. Mai 2012 hinaus zu berufen, nicht verwirkt (§ 242 BGB).

22

1. Es ist schon zweifelhaft, ob das Recht, sich auf den Bestand eines Arbeitsverhältnisses zu berufen, überhaupt verwirken kann, wenn das Arbeitsverhältnis zuvor unstreitig - als ein solches - begründet worden ist (ebenfalls kritisch dazu BAG 21. Oktober 2015 - 4 AZR 649/14 - Rn. 44; zur Möglichkeit einer Verwirkung des Rechts, sich auf die Entstehung eines nach Art. 1 § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG aF fingierten Arbeitsverhältnisses zu berufen BAG 30. Januar 1991 - 7 AZR 239/90 - zu II 1 der Gründe; dies bezweifelnd BAG 18. Februar 2003 - 3 AZR 160/02 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 105, 59). Verwirkung ist die Folge einer illoyalen Verspätung der Rechtsausübung (BAG 25. November 2010 - 2 AZR 323/09 - Rn. 20; BGH 26. Februar 2003 - XII ZR 66/01 - zu 2 c der Gründe; Palandt/Grüneberg BGB 75. Aufl. § 242 Rn. 87; Jauernig/Mansel BGB 16. Aufl. § 242 Rn. 53). Dauerschuldverhältnisse bestehen im Grundsatz jedoch unabhängig davon fort, ob sie „ausgeübt“ werden. Aus ihnen erwachsen zwar subjektive Rechte, die verwirken können. Dauerschuldverhältnisse selbst bestehen aber so lange, wie sie nicht einvernehmlich oder durch Kündigung beendet sind. Dies spricht dafür, sie insofern mit dinglichen Rechten wie zB dem Eigentum für vergleichbar zu halten, die ebenfalls nicht verwirken können, sondern nur die aus ihnen folgenden Ansprüche (dazu BGH 16. Mai 2014 - V ZR 181/13 - Rn. 17; ebenso MüKoBGB/Schubert 7. Aufl. § 242 Rn. 358). Die Verwirkung eines Arbeitsverhältnisses und nicht nur von sich daraus ergebenden Ansprüchen erscheint auch deshalb problematisch, weil dadurch Rechtspositionen erlöschen könnten, für die gesetzlich festgelegt ist, dass ihre Verwirkung ausgeschlossen ist (unter Hinweis auf § 77 Abs. 4 Satz 3 BetrVG und § 4 Abs. 4 Satz 2 TVG BAG 18. Februar 2003 - 3 AZR 160/02 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 105, 59).

23

2. Im Streitfall bedarf dies keiner Entscheidung. Selbst wenn eine Verwirkung des Rechts, sich auf den Bestand eines Arbeitsverhältnisses zu berufen, grundsätzlich in Betracht käme, lagen die Voraussetzungen dafür hier nicht vor. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

24

a) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) und soll dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit dienen. Es ist nicht ihr Zweck, Schuldner, denen gegenüber Gläubiger ihre Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen. Es müssen vielmehr zum Zeitmoment besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Der Berechtigte muss unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken konnten, er wolle sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Die Beurteilung der Frage, ob ein Recht verwirkt ist, obliegt grundsätzlich dem Gericht der Tatsacheninstanz. Der revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt allein, ob es alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt hat und die Bewertung dieser Gesichtspunkte von den getroffenen tatsächlichen Feststellungen getragen wird (BAG 13. August 2008 - 7 AZR 269/07 - Rn. 37 f.).

25

b) Das Landesarbeitsgericht hat zwar ohne eine hierauf bezogene Begründung das Vorliegen des Zeitmoments bejaht. Es fehle aber an besonderen Umständen, die ein Vertrauen der Beklagten hätten begründen können, sie werde mit der Geltendmachung des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses durch die Klägerin nicht mehr konfrontiert werden. Die Beklagte habe aus der Tatsache, dass zwischen dem 1. Juni 2012 als dem ersten Arbeitstag, an dem die Klägerin von ihr nicht mehr beschäftigt worden sei, und der Zustellung von deren Beschäftigungsklage mehr als zwei Jahre vergangen seien, nicht ableiten können, die Klägerin werde ihr gegenüber keine Ansprüche mehr aus dem Arbeitsverhältnis geltend machen. Dies komme schon deshalb nicht in Betracht, weil die Klägerin ihr Ziel, das Arbeitsverhältnis zu erhalten, außergerichtlich über andere Gremien weiterverfolgt und die Beklagte hiervon Kenntnis gehabt habe.

26

c) Dies hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Dabei kann dahinstehen, ob das Landesarbeitsgericht das Zeitmoment zu Recht als erfüllt angesehen hat. Es hat jedenfalls ohne Rechtsfehler angenommen, das daneben erforderliche Umstandsmoment sei schon deshalb nicht gegeben, weil die Beklagte Kenntnis davon hatte, dass die Klägerin ihre Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis weiterverfolgte. Die Beklagte hat bezogen auf diesen vom Landesarbeitsgericht zugrunde gelegten Sachverhalt keine Verfahrens(gegen-)rügen erhoben.

27

IV. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist nicht durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 2. Oktober 2014 zum Ende der Auslauffrist am 30. Juni 2015 aufgelöst worden. Ein wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB lag nicht vor.

28

1. Die Klägerin hat sich auf die Rechtsunwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung mangels wichtigen Grundes iSd. § 626 BGB bereits im erstinstanzlichen Verfahren berufen(§ 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG iVm. § 4 Satz 1, § 6 KSchG). Zwar hat sie ausdrücklich nur geltend gemacht, die Kündigung sei „nicht sozial gerechtfertigt“. Worin die Beklagte einen wichtigen Grund iSd. § 626 BGB sehe, sei ihr nicht bekannt. Dies lässt aber ausreichend erkennen, sie wolle rügen, es fehle an einem Grund, der selbst eine ordentliche Kündigung iSv. § 1 KSchG sozial rechtfertigen könnte, und damit zugleich und erst Recht an einem wichtigen Grund iSd. § 626 BGB für die erklärte außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist.

29

2. Eine außerordentliche Kündigung mit einer der - fiktiven - ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden Auslauffrist kommt in Betracht, wenn die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung ausgeschlossen ist und dies dazu führt, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer andernfalls noch für Jahre vergüten müsste, ohne dass dem eine entsprechende Arbeitsleistung gegenüberstünde (BAG 20. März 2014 - 2 AZR 288/13 - Rn. 28; für eine Kündigung aus betrieblichen Gründen BAG 24. September 2015 - 2 AZR 562/14 - Rn. 29 ).

30

a) Die Beklagte hat nicht geltend gemacht, sie habe aus betrieblichen Gründen keine Möglichkeit mehr gehabt, die Klägerin zu beschäftigen. Damit hätte sie auch schon deshalb keinen Erfolg haben können, weil sie den Betriebsrat zu einem solchen Kündigungsgrund nicht gem. § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG angehört hat. Auf dem Betriebsrat nicht mitgeteilte Kündigungsgründe kann der Arbeitgeber die Kündigung im Rechtsstreit nicht stützen (BAG 18. Juni 2015 - 2 AZR 256/14 - Rn. 47).

31

b) Im Streitfall bedarf es keiner Entscheidung, unter welchen Voraussetzungen ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB aufgrund von Umständen beendet werden kann, die in der Person des Arbeitnehmers liegen. Der festgestellte Sachverhalt rechtfertigt entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts bereits nicht die Annahme, im Zeitpunkt der Kündigung sei die Prognose berechtigt gewesen, die Klägerin werde aus Gründen in ihrer Person ihren Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten nicht mehr nachkommen (können). Da schon kein Kündigungsgrund in der Person der Klägerin iSv. § 1 Abs. 2 KSchG gegeben ist, liegt erst recht kein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung iSv. § 626 Abs. 1 BGB vor.

32

aa) Eine auf § 1 Abs. 2 KSchG gestützte (ordentliche) Kündigung kann gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer aus Gründen, die in seiner Sphäre liegen, jedoch nicht von ihm verschuldet sein müssen, zu der nach dem Vertrag vorausgesetzten Arbeitsleistung ganz oder teilweise nicht mehr in der Lage ist. In diesen Fällen liegt in der Regel eine schwere und dauerhafte Störung des vertraglichen Austauschverhältnisses vor, der der Arbeitgeber, wenn keine andere Beschäftigung mehr möglich ist, mit einer Kündigung begegnen kann (BAG 10. April 2014 - 2 AZR 812/12 - Rn. 26; 24. Februar 2005 - 2 AZR 211/04 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 114, 51).

33

bb) Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Weder ist mit der Beendigung des Sonderurlaubs eine notwendige und sachlich gerechtfertigte Anforderung für den Einsatz der Klägerin entfallen noch ist diese tatsächlich oder rechtlich an der Erbringung einer Arbeitsleistung für die Beklagte gehindert.

34

(1) Die Gewährung von Urlaub unter Wegfall der Besoldung nach § 13 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über den Sonderurlaub für Bundesbeamtinnen, Bundesbeamte, Richterinnen und Richter des Bundes - Sonderurlaubsverordnung - (SUrlV) idF der Bekanntmachung vom 11. November 2004 (BGBl. I S. 2836) stellt keine notwendige und sachlich gerechtfertigte Anforderung für die Tätigkeit der Klägerin bei der Beklagten dar.

35

(a) Ein Grund zur Kündigung aus Gründen in der Person des Arbeitnehmers kann gegeben sein, wenn dieser die erforderliche Eignung oder Fähigkeit nicht (mehr) besitzt, um zukünftig die geschuldete Arbeitsleistung - ganz oder teilweise - zu erbringen. Die Erreichung des Vertragszwecks muss durch den in der Sphäre des Arbeitnehmers liegenden Umstand nicht nur vorübergehend zumindest teilweise unmöglich sein (BAG 18. September 2008 - 2 AZR 976/06 - Rn. 22; Krause in v. Hoyningen-Huene/Linck KSchG 15. Aufl. § 1 Rn. 295). Ein Kündigungsgrund kann daher auch darin bestehen, dass eine für die Tätigkeit des Arbeitnehmers notwendige und sachlich gerechtfertigte Anforderung entfällt.

36

(b) Die Beurlaubung der Klägerin nach § 13 Abs. 1 Satz 1 SUrlV stellt keine solche Anforderung für ihre Tätigkeit bei der Beklagten dar.

37

(aa) Nach dem Arbeitsvertrag der Parteien vom 6. Mai 2002 ist die Gewährung von Sonderurlaub nach § 13 Abs. 1 Satz 1 SUrlV keine für ihre Beschäftigung bei der Beklagten notwendige Voraussetzung. Einen Bezug zu ihrem Beamtenstatus lassen allein die Regelungen in § 4 Nr. 4 des Arbeitsvertrags erkennen. Ihnen zufolge sollte das Arbeitsverhältnis enden, ohne dass es einer Kündigung bedurfte, wenn die Klägerin die gesetzliche Altersgrenze für Beamte erreicht, eine beamtenrechtliche „Zurruhesetzung“ auf Antrag erfolgt oder ihr „die Feststellung der dauernden Dienstunfähigkeit gem. § 42 BBG zugestellt ist“. Soweit in § 1 Nr. 2 des Arbeitsvertrags auf die Tarifverträge der Beklagten sowie die KBV 2002 verwiesen wird, ergibt sich auch daraus nicht, eine Beurlaubung der Klägerin als Beamtin habe eine notwendige Voraussetzung für ihre Beschäftigung bei der Beklagten dargestellt. Weder einer der bei der Beklagten geltenden Tarifverträge noch die KBV 2002 sehen eine solche Voraussetzung vor. § 2 KBV 2002 bestimmt lediglich, Beamte, die von Maßnahmen nach § 1 betroffen seien,würden gem. § 13 SUrlV für eine Tätigkeit bei der Beklagten beurlaubt, nach § 4 PostPersRG bestehende Beurlaubungenwürden aus Anlass des Wechsels in die Beklagte in Beurlaubungen nach § 13 SUrlV umgewandelt. Damit sind zwar die zugunsten der Betroffenen für ihre Beamtenverhältnisse zu schaffenden Rahmenbedingungen formuliert, dies aber nicht als notwendige Anforderungen für eine Beschäftigung bei der Beklagten. Aus der Präambel der KBV 2002 folgt nichts anderes.

38

(bb) Den Umständen des Vertragsschlusses zwischen den Parteien lässt sich auch nicht konkludent entnehmen, der für das Arbeitsverhältnis vorausgesetzte Vertragszweck verlange als notwendige und sachlich gerechtfertigte Anforderung für eine Beschäftigung der Klägerin, dass diese als Beamtin beurlaubt sei. Die Parteien dürften zwar bei Vertragsschluss nach den in der KBV 2002 beschriebenen Rahmenbedingungen davon ausgegangen sein, dass die Klägerin beurlaubt würde. Dies betraf aber allein ihr Beamtenverhältnis. Für die Arbeit bei der Beklagten war die Beurlaubung dagegen ohne Bedeutung (vgl. ebenso LAG Hamburg 24. April 2014 - 1 Sa 46/13 - zu 2 b aa der Gründe). Zu der Frage, welche Folgen es für das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten haben sollte, wenn die Beurlaubung der Klägerin als Beamtin nicht verlängert würde, sind im Arbeitsvertrag keine erkennbaren Festlegungen getroffen. Lediglich für den Fall eines „Wechsels“ zur Deutsche Postbank AG ist in § 8 KBV 2002 der Abschluss eines Auflösungsvertrags mit der Beklagten vorgesehen.

39

(2) Die Klägerin war nicht tatsächlich außerstande, ihre Arbeitsleistung gegenüber der Beklagten zu erbringen. Es ist weder festgestellt noch von der Beklagten behauptet, es sei im Kündigungszeitpunkt absehbar gewesen, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs an der Erfüllung ihrer Arbeitspflicht tatsächlich gehindert gewesen wäre. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts lagen im Zeitpunkt der Kündigung auch keine hinreichenden Anhaltspunkte vor, nach denen die Prognose gerechtfertigt gewesen wäre, die Klägerin werde ihre Arbeitsleistung künftig aufgrund einer möglichen Kollision mit ihren Pflichten aus dem Beamtenverhältnis tatsächlich nicht mehr erbringen.

40

(a) Zu einer solchen Prognose berechtigte nicht schon der Umstand, dass die Klägerin nach der Beendigung des Sonderurlaubs wieder für ihre Dienstherrin tätig werden musste. Die Beklagte hat nicht behauptet, der Klägerin in dieser Zeit Aufgaben übertragen zu haben, der sie wegen bestehender Dienstpflichten nicht nachkommen konnte. Überdies hat das Landesarbeitsgericht festgestellt, dass der Klägerin im Kündigungszeitpunkt schon seit mehreren Monaten keine dauerhafte, amtsangemessene Tätigkeit mehr zugewiesen worden war.

41

(b) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, es habe keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die Klägerin zur Erhaltung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten aus dem Beamtenverhältnis ausscheiden oder unter Verletzung ihrer Dienstpflichten als Beamtin bei der Beklagten weiterarbeiten würde, lässt außer Acht, dass die Beklagte die primäre Darlegungslast für den geltend gemachten Kündigungsgrund trägt. Es hätten daher - umgekehrt - hinreichende Anhaltspunkte dafür gegeben sein müssen, dass die Klägerin nicht bereit gewesen wäre, ihre Arbeitsleistung wieder zu erbringen. Dies war aber nicht allein deshalb anzunehmen, weil eine Weiterarbeit bei der Beklagten eine Verletzung ihrer Dienstpflichten als Beamtin mit sich bringen konnte. Die Entscheidung, es ggf. auf ein Disziplinarverfahren ihres Dienstherrn oder sonstige beamtenrechtliche Folgen, etwa für ihren Besoldungsanspruch, ankommen zu lassen, oblag vielmehr allein der Klägerin.

42

(3) Die Beendigung der Beurlaubung mit Ablauf des 31. Mai 2012 führte nicht dazu, dass der Klägerin die von ihr geschuldete Arbeitsleistung für die Beklagte rechtlich unmöglich geworden oder ihre ordnungsgemäße Erbringung aus diesem Grund für die Zukunft nicht mehr zu erwarten gewesen wäre.

43

(a) Rechtliche Unmöglichkeit iSd. § 275 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass die Leistung aus Rechtsgründen nicht erbracht werden kann(Palandt/Grüneberg BGB 75. Aufl. § 275 Rn. 16). Ein solcher Fall lag hier nicht vor. War die Klägerin als Beamtin nicht mehr beurlaubt, konnte es zwar Folge einer Erfüllung ihrer Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten sein, dass sie ihre Pflichten als Beamtin verletzte (vgl. etwa zum unerlaubten Fernbleiben vom Dienst § 96 Abs. 1 Satz 1 BBG; zur Ausübung von Nebentätigkeiten § 99 Abs. 1 Satz 1 BBG). Wäre es zu entsprechenden Pflichtverletzungen gekommen, hätte sie mit dienstrechtlichen Maßnahmen rechnen müssen. Deren Vornahme hätte aber nicht die rechtliche Unmöglichkeit ihrer Arbeitsleistung gegenüber der Beklagten zur Folge.

44

(b) Das Fehlen einer weiteren Beurlaubung als Beamtin führte nicht zu einem (gesetzlichen oder behördlichen) Beschäftigungsverbot, so dass die Beklagte aus diesem Grunde gehindert gewesen wäre, die Klägerin weiter zu beschäftigen.

45

(aa) Der Verlust einer öffentlich-rechtlichen Befugnis (Erlaubnis) bzw. ein damit einhergehendes Beschäftigungsverbot kann eine Kündigung aus Gründen in der Person des Arbeitnehmers rechtfertigen (zur Fahrerlaubnis BAG 5. Juni 2008 - 2 AZR 984/06 - Rn. 28; zur Erlaubnis nach § 19 AFG BAG 7. Februar 1990 - 2 AZR 359/89 - zu C II und C II 2 a der Gründe; zur Fluglizenz eines Verkehrsflugzeugführers BAG 31. Januar 1996 - 2 AZR 68/95 - zu II 2 der Gründe, BAGE 82, 139). Wenn der Arbeitgeber durch die Beschäftigung gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, kann er vertraglich nicht zur Entgegennahme der angebotenen Arbeitsleistung gezwungen sein. Das Gleiche gilt, wenn nicht die Beschäftigung mit der vertraglich geschuldeten Tätigkeit selbst gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, der Arbeitgeber aber aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat und die in der Sphäre des Arbeitnehmers liegen, gesetzliche Verpflichtungen, die mit der Beschäftigung verbunden sind, nicht erfüllen kann (zur fehlenden Möglichkeit der Gewährung eines Ersatzruhetags BAG 24. Februar 2005 - 2 AZR 211/04 - zu B II 2 der Gründe, BAGE 114, 51). Auch in diesem Fall besteht ein Beschäftigungshindernis.

46

(bb) So liegt der Fall hier nicht. Die Beklagte hätte nicht gegen ein gesetzliches oder behördliches Verbot verstoßen, wenn sie die Klägerin beschäftigt hätte, ohne dass diese als Beamtin weiterhin beurlaubt war. Allein der Konflikt der gegenüber dem Dienstherrn bestehenden Dienstpflicht mit der Arbeitspflicht aus einem daneben bestehenden Arbeitsverhältnis begründet kein absolutes Beschäftigungsverbot für die Beklagte. Diese war trotz der möglichen Pflichtenkollision in der Person der Klägerin nicht gehindert, deren Arbeitsleistung entgegenzunehmen.

47

cc) Es kann dahinstehen, ob es der Beklagten aus Gründen konzernrechtlicher Verbundenheit mit der Dienstherrin der Klägerin unzumutbar gewesen wäre, diese wieder zu beschäftigen, nachdem sie als Beamtin nicht weiter beurlaubt worden war. Hierauf hat die Beklagte ihre Kündigungsabsicht gegenüber dem Betriebsrat nicht gestützt. Diesem hat sie lediglich mitgeteilt, sie könne die Klägerin tatsächlich nicht mehr beschäftigen, nachdem ihre Beurlaubung als Beamtin nicht mehr verlängert worden sei. Die Klägerin habe nunmehr ihre Dienstpflichten gegenüber der Dienstherrin zu erfüllen.

48

dd) Soweit die Beklagte geltend macht, es sei ein wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB gegeben, „weil sich die Klägerin auf ein ständiges Leistungsverweigerungsrecht nach § 275 Abs. 3 BGB beruf(en habe)“, kann sie die Kündigung hierauf ebenfalls nicht mit Erfolg stützen. Die vermeintliche Ausübung eines Leistungsverweigerungsrechts seitens der Klägerin war nicht Gegenstand der Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG. Im Übrigen ist nicht festgestellt, dass sich die Klägerin auf ein Leistungsverweigerungsrecht berufen hätte. Eine darauf bezogene Verfahrens(gegen-)rüge hat die Beklagte nicht erhoben. Soweit sie meint, die Klägerin habe ihren Willen zur Leistungsverweigerung dadurch kundgetan, dass sie seit Juni 2012 wieder für die Deutsche Post AG bzw. in Abordnung für die Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten tätig geworden sei, lässt sich daraus nichts für den Zeitpunkt der Kündigung ableiten. Die Klägerin hatte vor dem Kündigungsausspruch sogar klageweise ihre Beschäftigung von der Beklagten verlangt, nachdem die Deutsche Post AG ihr seit April 2014 keine amtsangemessene Tätigkeit mehr übertragen hatte.

49

V. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Kündigung der Beklagten zudem aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist.

50

VI. Die Kosten der für die Klägerin erfolgreichen Revision fallen nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO der Beklagten zur Last. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat entsprechend § 92 ZPO hinsichtlich ihrer erfolglosen Berufung(§ 97 Abs. 1 ZPO) die Beklagte, hinsichtlich des zunächst auch von ihr anhängig gemachten, aber zurückgenommenen Berufungsantrags (§ 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO)die Klägerin zu tragen.

        

    Koch    

        

    Niemann    

        

    Rachor    

        

        

        

    Beckerle    

        

    K. Schierle    

                 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein - Az. 2 Ca 2347/14 - vom 29. September 2015 wird zurückgewiesen.

2. Die Anschlussberufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein - Az. 2 Ca 2347/14 - vom 29. September 2015 wird zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger 9/10 und die Beklagte 1/10 zu tragen.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Rahmen einer Stufenklage über die Höhe der betrieblichen Altersversorgung.

2

Der 1946 geborene Kläger war bei der Beklagten am Standort C-Stadt bis zum 31. Januar 2007 als leitender Angestellter beschäftigt.

3

Die Beklagte gewährt eine aus verschiedenen Rentenkomponenten bestehende betriebliche Altersversorgung. Ihr liegt die „Rahmen-Vereinbarung zur Neuordnung des betrieblichen Versorgungswerkes für Leitende Angestellte (Angestellte der AT-Gruppen 3 bis 7) der C. Aktiengesellschaft und deren konzernverbundenen deutschen Tochtergesellschaften“ mit Stand: 3. Juni 2002 (im Folgenden: Rahmen-Vereinbarung) zugrunde. Wegen des Inhalts dieser Rahmenvereinbarung und ihrer Anlagen A (C. Versorgungsordnung bAV – plus – Plan A vom 23. April 2003; im Folgenden. Versorgungsordnung) und B (C. Freiwillige betriebliche Zusatzversorgung – Plan B vom 23. April 2003) im Einzelnen wird auf Bl. 196 ff. d. A. Bezug genommen. Die C.-Altersversorgung bAV Plus enthält 3 Bausteine:

4

„Baustein 1“: Arbeitgeber-Grundversorgung (allgemeiner Grundbeitrag x persönliche Verdienstrelation x Verrentungsfaktor),
„Baustein 2“: Mitarbeiter-Zusatzversorgung (persönlicher Umwandlungsbetrag x Kapitalisierungsfaktor ) und
„Baustein 3“: Arbeitgeber-Aufbauversorgung (allgemeiner Erfolgsbeitrag x persönliche Verdienstrelation x Verrentungsfaktor).

5

Die Teilnahme am „Baustein 2“ ist für die Arbeitnehmer freiwillig, die Höhe frei festlegbar. Um die Mitarbeiter-Zusatzversorgung zu nutzen, muss der Mitarbeiter seine Teilnahme bereits im Vorjahr mitteilen. Der „Baustein 3“ kommt dann zur Gewährung, wenn der Mitarbeiter mit mindestens 180,00 € p. a. an einer Entgeltumwandlung teilnimmt und die C. Konzernumsatzrendite im jeweiligen Jahr größer als 5,1 % ist. Im Zeitraum Februar 2007 bis Ende September 2011 erreichte die Beklagte stets eine Umsatzrendite > 5,1 %.

6

Unter den Geltungsbereich des betrieblichen Versorgungswerks fallen am Standort C-Stadt circa 120 bis 150 leitende Angestellte.

7

Am 5. Januar 2007 schlossen die Parteien eine Vereinbarung, wonach der Kläger bei der Beklagten ausscheidet und er bis zum Beendigungszeitpunkt unter Beibehaltung der Vergütung von der Arbeit freigestellt wird. Diese Vereinbarung enthält auszugsweise weiter folgende Regelungen:

8

"5. Hinsichtlich der unverfallbaren betrieblichen Altersvorsorge werden Sie von uns so gestellt, als seien Sie unter Fortschreibung Ihrer Bezüge des Jahres 2006 mit Vollendung des 65. Lebensjahres aus dem Anstellungsverhältnis ausgeschieden.
(…)

9

10. Wir räumen Ihnen das Recht ein, das Arbeitsverhältnis durch einseitige schriftliche Erklärung auch vor Ablauf des 31.12.2007 jeweils zum Monatsende vorzeitig zu beenden. In diesem Fall werden die für den Zeitraum zwischen dem neuen Austrittsdatum und dem 31.12.2007 anfallenden Bruttobezüge (lfde. fixe Monatsbezüge inkl. Kfz-Monatsrate) der Bruttoabfindung gemäß obiger Ziffer 2 hinzuaddiert. Ziffer 5 gilt auch in diesem Fall."

10

Mit Schreiben vom 3. April 2007 (Bl. 11 d. A.) informierte die Beklagte den Kläger über die bisher angesparten Werte aus Entgeltumwandlung dahingehend, dass für das Jahr 2007 ein Betrag von 250,00 EUR umgewandelt wurde, für die Jahre 2003 bis 2006 jeweils 3.000,00 EUR. Einen expliziten Entgeltumwandlungsantrag stellte der Kläger in den Folgejahren nicht.

11

Zum 1. Juli 2007 fand im AT-Bereich flächendeckend eine Erhöhung der Gehälter im Volumen von 2 % statt. Darüber hinaus war ausweislich des Protokolls der Vorstandssitzung vom 11. Dezember 2007 (Bl. 125 d. A.) die Möglichkeit individueller Erhöhungen mit einem Verteilungsspielraum von 1,5 % bereits zum 1. April 2007 vorgesehen. Die entsprechenden Gespräche sollten im 1. Quartal 2007 geführt werden.

12

Die Beklagte berechnete die Höhe der betrieblichen Altersversorgung des Klägers, wobei sie dem „Baustein 1“ die jährliche Vergütung des Klägers aus dem Jahre 2007 in Höhe von 91.920,00 EUR zugrunde legte. Entgeltsteigerungen berücksichtigte die Beklagte nicht mit Ausnahme eines Erhöhungsteilbetrages von 2,7 % seit dem 1. April 2011. Dieser wurde an den Kläger unter Anhebung des versorgungsfähigen Jahreseinkommens von 91.920,00 € auf 93.783,00 € weitergegeben. Für die Zeit nach dem Ausscheiden des Klägers zum 31. Januar 2007 berücksichtigte die Beklagte die „Bausteine 2 und 3“ nicht mehr.

13

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 12. August 2011 (Bl. 16 f. d. A.) rügte der Kläger eine unterbliebene bzw. fehlerhafte Behandlung der - aus seiner Sicht - bis 65 fortzuführenden -Bausteine. Die Beklagte antwortete hierauf mit Schreiben vom 16. September 2011 (Bl. 12 f. d. A.) unter Beifügung unter anderem der Kontoauszüge für die Jahre 2006 bis 2010.

14

Der Kläger trat am 1. Oktober 2011 in die gesetzliche Altersrente ein.

15

Der Kläger hat vorgetragen, die Beklagte habe die betriebliche Altersversorgung falsch berechnet. Bei Abschluss der Vereinbarung vom 5. Januar 2007 sei es gemeinsames Verständnis der Vertragsparteien gewesen, dass auch die üblichen jährlichen Gehaltserhöhungen der leitenden Angestellten zu seinen Gunsten in die Berechnung seiner Altersversorgung hätten einbezogen werden sollen, denn er habe so gestellt werden sollen, wie er bei Weiterarbeit bis 65 gestanden hätte ("Als-Ob-Rechnung"). Es habe keinerlei Schlechterstellung oder Andersbehandlung im Vergleich zu seiner aktiven Dienstzeit und im Vergleich zur Vergleichsgruppe der Leitenden Angestellten (LA) eintreten sollen, was durch den Begriff "Fortschreibung" zum Ausdruck gebracht worden sei. Dies sei Bestandteil des Zusagenpaketes gewesen, mit dem er von der Beklagten zum Ausscheiden habe motiviert werden sollen.

16

Die damalige Vereinbarung sei in Ziffer 5 zu Recht weit gefasst worden und umfasse sämtliche Bezüge, das heißt alle entgeltlichen oder geldwerten Komponenten des Arbeitsverhältnisses. Dabei handele es sich um eine Fiktion, die sowohl rechtlich relevant als auch tatsächlich rechenbar sei und sowohl mit Annahmen als auch Ex-Post-Betrachtungen tatsächlich eingetretener Verhältnisse wirtschaftlich abgebildet werden könne. Die Parteien hätten nur über den weit gefassten Zweck der Klausel als einer fiktiven Fortschreibung („Als ob“) debattiert und nicht über Lebenshaltungskostenindices oder tarifliche Entwicklungen als Alternative.

17

Der Kläger hat bestritten, dass keine allgemeinen oder insgesamt erfolgten Gehaltserhöhungen für AT/LA-Mitarbeiter seit 2006 (mit Ausnahme des Jahres 2011) zu beachten gewesen seien. Es sei völlig unplausibel, dass der AT-/LA-Bereich mehr als 4 Jahre keine Entgelterhöhungen bekommen haben solle. Im Vergleichszeitraum seien die Entgelte der Tarifmitarbeiter der Metallbranche in Rheinland-Pfalz um etwa 11 % zuzüglich rund 1.200,00 € an Einmalzahlungen gestiegen. Das Konzernergebnis der Beklagten vor Ertragssteuern (EBT) sei nach schwachen Jahren 2003 bis 2005 in den Jahren 2007 bis 2011 angestiegen.

18

Lediglich in den Jahren 2003 bis 2005 habe es eine Umstellung im Verhältnis der festen und variablen Gehaltsbestandteile bei der Beklagten gegeben, als deren Folge die Festgehälter eine Zeitlang zugunsten des Anwachsens einer variablen Vergütungskurve nicht erhöht worden seien. Für die Zeit danach seien die Fixgehälter wieder reguliert worden entsprechend der wirtschaftlichen Situation der Beklagten und der Leistung der einzelnen AT/LA-Mitarbeiter sowie deren Lage in den Gehaltskurven. Dies sei nicht willkürlich oder aufgrund von Individualverhandlungen erfolgt. Ab 2006 sei ein Teil der Gehaltsanpassung im Grundgehalt vorgenommen worden und ein weiterer Teil der variablen Vergütungsstruktur zugefügt worden.

19

In den Jahren bis zu seinem Ausscheiden seien keine individuellen Gehaltsverhandlungen seitens der außertariflichen Mitarbeiter geführt worden. Hinsichtlich der leitenden Angestellten habe es seitens der Beklagten eine Vereinbarung mit dem Sprecherausschuss gegeben, die dann einzeln gegenüber den leitenden Angestellten umgesetzt worden sei.

20

Aber auch, wenn es nur in größerer Anzahl "Individualvereinbarungen" gegeben haben sollte, wären diese zumindest mit einem Durchschnittswert bei seiner Altersversorgung zu berücksichtigen. Er habe auch zu denjenigen gehört, die überdurchschnittliche Leistungen abgeliefert hätten und deren Gehalt noch nicht an einer Obergrenze im Gehaltssystem angekommen gewesen sei. Auch der ehemalige leitende Angestellte Prof. Dr. Z. Y. beziffere reguläre Festgehaltsanpassungen zwischen 2007 und 2010 zum Beispiel anhand eigener Unterlagen auf 2 % zum 1. Juli 2007 und 5,2 % zum 1. Januar 2008. Des Weiteren sei auch der vom Erreichen einer Zielvereinbarung abhängige Teil der Vergütung reguliert worden.

21

Von den Wirkungen der Entgeltumwandlung habe er nicht ausgeschlossen werden dürfen. Die Beklagte habe ohne weiteres Einzahlungen abbilden können. Etwaige Versäumnisse in diesem Zusammenhang gingen jedenfalls nicht zu seinen Lasten, zumal er 2007 ausdrücklich den Antrag zur weiteren Entgeltumwandlung gestellt habe. Ein solcher Antrag für die Folgejahre sei bereits in der Vereinbarung Ziffer 5 der Aufhebungsvereinbarung enthalten. Die Beklagte habe ohne weiteres den Eigenbetrag von ihm anfordern können. Für ihn sei - auch nicht durch das Schreiben vom 3. April 2007 - nicht offensichtlich gewesen, dass bis zum Jahr 2011 keine Entgeltumwandlung berücksichtigt werde. Dass ihm mit diesem Schreiben die Mitteilung gemacht worden sei, die für 2007 nur 250,00 € berücksichtige, habe ihn nicht verwundert, da es im Wortlaut dieses Schreibens heiße, dass es sich bei den beauskunfteten Werten um die Versorgungszusage aus "bisher angesparten Werten aus Entgeltumwandlungen" handelte. Im Übrigen handele es sich bei diesem Mitteilungsschreiben um ein Standardschreiben, das jeder ausscheidende leitende Angestellte erhalte.

22

Die Nichtberücksichtigung der Entgeltumwandlungszusage wirke sich auch auf den arbeitgeberfinanzierten Erfolgsbaustein aus, da ihm auch hier die Zeit von Februar 2007 bis September 2011 zu Unrecht nicht berücksichtigt worden sei.

23

Der Kläger hat erstinstanzlich - im Wege einer Stufenklage – zuletzt beantragt,

24

1a. die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft über die durchschnittliche (pauschale und individuelle) Gehaltsanpassung für leitende Angestellte für die Jahre 2007 bis 2011 zu erteilen zur Berücksichtigung bei der monatlichen Betriebsrente des Klägers per 1. Oktober 2011 aus der C. Versorgungsordnung (bAVplus Plan A, „Baustein 1“) und der C. Besitzstandsrente;

25

1b. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, für den Zeitraum 1. Februar 2007 bis 30. September 2011 einen fiktiven arbeitgeberfinanzierten Erfolgsbaustein ("Baustein 2") bei der freiwilligen Zusatzversorgung für den Kläger per 1. Oktober 2011 in Höhe von 3.000,00 € p. a. zu berücksichtigen;

26

1c. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, bei seiner monatlichen Betriebsrente per 1. Oktober 2011 für den Zeitraum 1. Februar 2007 bis 30. September 2011 die Versorgungszusage aus Entgeltumwandlung (bAVplus Plan B, "Baustein 3") zu berücksichtigen, die sich aus der fiktiven Entgeltumwandlung von 3.000,00 EUR p. a. ergibt;

27

hilfsweise

28

1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist,

29

a. bei seiner monatlichen Betriebsrente per 1. Oktober 2011 aus der C.-Versorgungsordnung (bAVplus Plan A, "Baustein 1") und der C.-Besitzstandsrente die durchschnittliche Gehaltsanpassung für leitende Angestellte bis zu diesem Zeitpunkt auch für die Jahre 2007 bis 2011 zu berücksichtigen und ihm mitzuteilen,

30

b. für den Zeitraum 1. Februar 2007 bis 30. September 2011 einen fiktiven arbeitgeberfinanzierten Erfolgsbaustein ("Baustein 3") bei der freiwilligen Zusatzversorgung für ihn per 1. Oktober 2011 in Höhe von 3.000,00 € p. a. zu berücksichtigen und dessen Höhe ihm mitzuteilen,

31

c. bei der monatlichen Betriebsrente des Klägers per 1. Oktober 2011 für den Zeitraum 1. Februar 2007 bis 30. September 2011 die Versorgungszusage aus der Entgeltumwandlung (bAVplus Plan B, "Baustein 2") zu berücksichtigen, die sich aus einer (fiktiven) Entgeltumwandlung von 3.000,00 € p. a. ergibt und deren Höhe ihm mitzuteilen;

32

hilfsweise

33

1. die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft zu erteilen,

34

a. welche monatliche Betriebsrente sich für ihn per 1. Oktober 2011 aus der C. Versorgungsordnung (bAVplus Plan A, "Baustein1") und der C.-Besitzstandsrente insgesamt ergibt, wenn die üblichen, durchschnittlichen Gehaltsanpassungen für leitende Angestellte bis zu diesem Zeitpunkt auch bei ihm jährlich rechnerisch in den Jahren 2003 bis 2011 berücksichtigt werden,

35

b. welche monatliche Rentenhöhe des arbeitgeberfinanzierten Erfolgsbausteins ("Baustein 3") der freiwilligen Zusatzversorgung sich für ihn per 1. Oktober 2011 insgesamt ergibt, wenn er wie in den Jahren zuvor mit jährlich 3.000,00 EUR an der Entgeltumwandlung auch im Zeitraum 1. Februar 2007 bis 30. September 2011 beteiligt ist,

36

c. welche monatliche Höhe der Versorgungszusage aus der Entgeltumwandlung (bAV plus Plan B, "Baustein 2") sich für ihn per 1. Oktober 2011 ergibt, wenn er wie in den Jahren zuvor mit jährlich 3.000,00 EUR an der Entgeltumwandlung auch im Zeitraum 1. Februar 2007 bis 30. September 2011 beteiligt ist.

37

Die Beklagte hat beantragt,

38

die Klage abzuweisen.

39

Die Beklagte hat vorgetragen, mit der Formulierung „Fortschreibung Ihrer Bezüge des Jahres 2006“ seien nicht jegliche Gehaltsanpassungen zu verstehen, sondern nur solche, an denen der Kläger üblicherweise auch teilgenommen hätte. Dies seien - speziell in den Krisenjahren 2008 bis 2010 - keine weitergehenden Erhöhungen als die (auch im Fall des Klägers vollzogene) Erhöhung des Jahres 2011. Vereinbarungen mit dem Sprecherausschuss zu Erhöhungen seien nicht getroffen worden. Bis einschließlich 2010 seien alle Gehaltsverhandlungen individuell mit den AT-Mitarbeitern geführt worden. Ab 2011 sei eine allgemeine Struktur dergestalt vorgenommen worden, dass die Tariferhöhung grundsätzlich auch für die AT-Mitarbeiter habe übernommen werden sollen. Dementsprechend sei die allgemeine Gehaltserhöhung von April 2011 auch zu Gunsten des Klägers berücksichtigt worden. Erhöhungen habe es (wenn überhaupt) der wirtschaftlichen Situation geschuldet nur individuell und keineswegs einem Automatismus folgend flächendeckend für die Gruppe der außertariflichen Beschäftigten gegeben. Irgendwelche Einzelanpassungen zum Beispiel im Rahmen von Neueinstellungen unter eingangs abgesenkten Bezügen und entsprechender Nachholung nach Ablauf der Probezeit könnten im Fall des Klägers keinerlei Indizwirkung entfalten, da dies letztlich auf eine Meistbegünstigung hinauslaufen würde. Wäre dies anders gesehen worden, hätte die Formulierung im Rahmen der Abwicklungsvereinbarung anders gewählt werden müssen, zum Beispiel dahingehend, dass die Fortschreibung der Bezüge jährlich unter Beachtung des allgemeinen Lebenshaltungskostenindexes oder unter Berücksichtigung der allgemeinen tariflichen Entwicklung stattfinden solle. Von einer solchen Formulierung sei vorliegend jedoch bewusst Abstand genommen worden.

40

Eine Weiterberücksichtigung der auf Entgeltumwandlung basierenden Versorgungsansprüche sei auf etwas Unmögliches gerichtet, da Voraussetzung hierfür Entgeltansprüche seien, die dem Kläger gerade nicht zustünden. Dies sei auch nicht vom Wortlaut der Vereinbarung umfasst. Sinn und Zweck ihrer als Plan B geregelten freiwilligen betrieblichen Zusatzversorgung sei eine tatsächliche Minderung umwandlungsfähiger Bezüge des Beschäftigten zur Umwandlung in einen Versorgungsbeitrag für eine freiwillige betriebliche Zusatzversorgung. Wenn sodann von einem - von einer Mindesthöhe einmal abgesehen - frei wählbaren Umwandlungsbetrag gesprochen werde, so setze dies vertragsgemäße Bezüge voraus. An diesem Tatbestand fehle es jedoch im rechtlich beendeten Arbeitsverhältnis. Der Antrag des Klägers auf Entgeltumwandung sei zwar für das Jahr 2007 gestellt worden, da der Kläger aber zum 31. Januar 2007 ausgeschieden sei, sei auch hier die Umwandlung auf den Beendigungszeitpunkt begrenzt und im Januar 2007 letztmalig durchgeführt worden. Weiterer Schriftverkehr von Seiten des Klägers, in dem die Fortführung ausdrücklich gewünscht worden wäre, liege ihr nicht vor, zumal dies auch rein abrechnungstechnisch nicht möglich gewesen wäre.

41

Das gleiche Schicksal teile der darauf basierende (arbeitgeberfinanzierte) „Baustein 3“.

42

Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung als auch der Verwirkung erhoben.

43

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen am Rhein hat durch Teil-Urteil vom 29. September 2015 die Beklagte verurteilt, dem Kläger Auskunft über die pauschalen Gehaltsanpassungen für leitende Angestellte für die Jahre 2007 bis 2011 zu erteilen zur Berücksichtigung bei der monatlichen Betriebsrente des Klägers per 1. Oktober 2011 aus der C. Versorgungsordnung (bVA plus Plan A, "Baustein 1") und der C. Besitzstandsrente. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

44

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst - ausgeführt,
die Klage habe nur teilweise Erfolg.

45

Der Antrag zu 1 a sei zulässig. Der Kläger habe eine nach § 254 ZPO zulässige Stufenklage, zunächst gerichtet auf Auskunft über die Entwicklung des Gehalts der leitenden Angestellten erhoben. Dieser Antrag sei begründet, soweit der Kläger Auskunft über die pauschalen Gehaltsanpassungen für leitende Angestellte zwischen den Jahren 2007 bis 2011 verlange, nicht aber betreffend die begehrte Auskunft über die individuellen Gehaltserhöhungen. Der Auskunftsanspruch ergebe sich aus § 242 BGB in Verbindung mit Ziffer 5 der Vereinbarung vom 5. Januar 2007. Nur die pauschalen Gehaltserhöhungen der leitenden Angestellten seien bei der Berechnung der Arbeitgeber-Grundversorgung („Baustein 1“) zu berücksichtigen. Das ergebe die Auslegung von Ziffer 5 der Ausscheidensvereinbarung.

46

Der zulässige Klageantrag 1 b sei ebenfalls nicht begründet. Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Teilnahme am „Baustein 3“ zu, da seine Teilnahme an der Mitarbeiter-Zusatzversorgung für den Zeitraum vom 1. Februar 2007 bis 1. Oktober 2011 nicht fingiert werde. Er habe auch keinen Anspruch auf Teilnahme an der Arbeitgeber-Aufbauversorgung aus Ziffer 5 der Ausscheidensvereinbarung unabhängig von der Teilnahme an oder Fiktion der Mitarbeiter-Zusatzversorgung (als Vereinbarung sui generis).

47

Der zulässige Klageantrag 1 c sei nicht begründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erhöhung der Versorgungszusage wegen Berücksichtigung von jährlich 3.000,00 EUR aus Entgeltumwandlung (bAV plus Plan B, „Baustein 2“) für den Zeitraum 1. Februar 2007 bis 30. September 2011. Ein direkter Anspruch scheide aus, da Voraussetzung der Zusatzversorgung sei, dass der Mitarbeiter einen persönlichen Umwandlungsbetrag einbringe. Da der Kläger nach seinem Ausscheiden keinen Entgeltanspruch gegen die Beklagte mehr gehabt habe, habe er auch keinen Umwandlungsanspruch gehabt. Ein Anspruch aufgrund fingierter Teilnahme durch „fiktive “ Berücksichtigung eines Entgeltumwandlungsbetrages in Höhe von 3.000,00 EUR p.a. für den oben genannten Zeitraum sei ebenfalls nicht gegeben. Der Kläger begründe seine Forderung mit dem Hinweis, dass er trotz seines Ausscheidens vor Beginn der Altersrente durch die Vereinbarung so gestellt werden habe werden sollen, als ob er bis zum Renteneintritt fortbeschäftigt gewesen sei (Als-Ob-Betrachtung). Grundsätzlich stünden weder § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG noch § 1 a BetrVG einer Vereinbarung auf Fortführung einer betrieblichen Altersversorgung, die während des bestehenden Arbeitsverhältnisses auf Entgeltumwandlung beruhe, auch nach Ende des Arbeitsverhältnisses entgegen. Die Parteien hätten jedoch keine solche Vereinbarung getroffen.

48

Der Hilfsantrag 1 a sei für den Fall der Auslegung, dass sich die durchschnittlichen Gehaltsanpassungen auf pauschale und individuelle bezögen, hinsichtlich der individuellen aus den gleichen Gründen unbegründet wie der Klageantrag 1 a. Die Hilfsanträge 1 b und 1 c seien ebenfalls aus den zu Klageantrag 1 b und 1 c genannten Gründen unbegründet.

49

Die Hilfs-Hilfsanträge 1 a, 1 b und 1 c seien unzulässig.

50

Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird ergänzend auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein (Bl. 141 ff. d. A.) Bezug genommen.

51

Das genannte Urteil ist dem Kläger am 16. November 2015 zugestellt worden. Der Kläger hat hiergegen mit einem am 10. Dezember 2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 8. Dezember 2015 Berufung eingelegt und diese mit am 17. Januar 2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 15. Januar 2016 begründet.

52

Der Beklagten ist das Urteil am 17. November 2015, die Berufungsbegründung des Klägers am 20. Januar 2016 zugestellt worden. Sie hat mit am 21. Dezember 2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 18. Dezember 2015 Anschlussberufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 29. Januar 2016 begründet.

53

Zur Begründung der Berufung macht der Kläger nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes sowie des Schriftsatzes vom 6. Juni 2016, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 168, 189 ff. d. A.), zusammengefasst geltend,
Sinn und Zweck der Ziffer 5 der am 5. Januar 2007 geschlossenen Aufhebungsvereinbarung sei gewesen, ihn in Bezug auf seine betriebliche Altersversorgung so zu stellen, als hätte er bis zum 65. Lebensjahr weitergearbeitet (Als-Ob-Betrachtung). Dies beziehe sich auf alle drei Bausteine der betrieblichen Altersversorgung.

54

Hinsichtlich des Auskunftsanspruchs (Antrag zu 1 a) differenziere das erstinstanzliche Gericht unzutreffend zwischen allgemeinen Gehaltserhöhungen der leitenden Angestellten und (durchschnittlichen) individuellen Erhöhungen. Das Arbeitsgericht missverstehe dabei zum einen die Gehaltserhöhungssystematik bei der Beklagten. Das System funktioniere so, dass das Unternehmen ein Budget in % von der Gehaltssumme definiere, das einen Topf bilde, aus dem heraus dann die Vorgesetzten entsprechend Leistung/Zielerreichung Beträge für die einzelnen Mitarbeiter differenziert vergäben. Darüber hinaus existiere ein Strukturbudget, das für Entwicklungsmaßnahmen und das Heranführen an Soll-Lagen der Einzelgehälter in die je nach Funktion definierten Bandbreiten von Gehaltsbändern diene. Dieser gesamte Vergütungstopf sei für den “Baustein 1“ der Beklagten von Relevanz.

55

Auskünfte über Gehaltserhöhungsbudgets könnten von der Beklagten leicht erteilt werden, da diese IT-gestützte Auswertungen ohne weiteres und mühelos erstellen könne, da bei jedem Mitarbeiter eine Gehaltshistorie hinterlegt und auch die entsprechenden Regulierungsrunden in IT dokumentiert seien. Sie würden auch statistisch ausgewertet.

56

Zum anderen lege das Arbeitsgericht auch die Aufhebungsvereinbarung Ziffer 5 falsch aus. Der Begriff "Fortschreibung" verstehe sich als Weiterentwicklung. Man könne nicht das genaue Gegenteil dessen, was als Fiktion vereinbart worden sei, durch Auslegung gemäß § 157 BGB definieren, nämlich ihn so zu behandeln als habe er fiktiv nicht weitergearbeitet. Wäre er geblieben, hätte er mit allem mit mindestens dem Durchschnittswert partizipiert. Im Übrigen habe seine Vergütung auch so gelegen, dass er von der "Lage im Gehaltsband" her überdurchschnittliche Heranführungsbeträge hätte erwarten dürfen.

57

Er habe auch Anspruch auf die Berücksichtigung von Mitarbeiterzusatzversorgung und Arbeitgeberaufbauversorgung ("Bausteine 2 und 3") für die Zeit vom 1. Februar 2007 bis zum 1. Oktober 2011. Der Aufhebungsvertrag Ziffer 5 habe ihn so stellen sollen, als habe er bis 65 mit fortgeschriebenen, das heißt weiterentwickelten Bezügen gearbeitet. Ausnahmen hiervon seien nicht festgeschrieben, so dass auch die Mitarbeiterzusatzversorgung von der Beklagten bei der Rentenberechnung fiktiv abzubilden und somit zu berücksichtigen sei. Auch der Eigenanteil könne ohne weiteres rechnerisch fingiert werden. Dass ein Umwandlungsbetrag von 3.000,00 € nicht real erfolgt sei, erlaube keineswegs die Betrachtung, dass auch insoweit eine gesonderte Vereinbarung erforderlich gewesen wäre, denn entweder hätten die jährlichen Eigenbeiträge gesondert angefordert oder aber bei Renteneintritt verrechnet werden können, wobei er von letzterem ausgegangen sei.

58

Der Kläger beantragt,

59

das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 29. September 2015, Az. 2 Ca 2347/14 abzuändern und gemäß den Klägeranträgen in der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz vom 29. September 2015 zu entscheiden.

60

Die Beklagte beantragt,

61

die Berufung zurückzuweisen und
im Wege der Anschlussberufung,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

62

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihres Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 29. Januar 2016 sowie des Schriftsatzes vom 11. März 2016, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 179 ff., 186 ff. d. A.), als rechtlich zutreffend. Unzutreffend sei, dass Sinn und Zweck der getroffenen Vereinbarung gewesen sei, den Kläger in Bezug auf seine betriebliche Altersversorgung so zu stellen, als hätte er bis zum 65. Lebensjahr weiter gearbeitet. In der getroffenen Vereinbarung sei lediglich die Rede davon, dass er mit Blick auf die unverfallbare betriebliche Altersversorgung so gestellt werden solle, als ob er zu diesem Zeitpunkt aus dem Anstellungsverhältnis ausgeschieden sei.

63

Das Budget zur individuellen Honorierung von Leistung/Zielerreichung werde zwar zur Festlegung einer Erfolgsbeteiligung genutzt, dies habe jedoch keinerlei Auswirkungen auf die Altersversorgung. Dies deshalb, weil bei Sonderzahlungen wie beispielsweise Erfolgsbeteiligungen, Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie Schicht- und Mehrarbeitszulagen nicht in das versorgungsfähige Einkommen mit eingerechnet würden. Relevant sei insoweit lediglich das monatlich laufende Entgelt der Mitarbeiter.

64

Sie trägt zur Begründung ihrer Anschlussberufung vor,
hinsichtlich des ausgeurteilten Auskunftsanspruchs habe das Arbeitsgericht die im Verfahren erhobene Einrede der Verjährung bzw. Verwirkung außer Acht gelassen.

65

Der zur Anspruchsbegründung herangezogene Auskunftsanspruch gemäß § 242 BGB in Verbindung mit Ziffer 5 der Vereinbarung vom 5. Januar 2007 bestehe im konkreten Fall nicht bzw. jedenfalls nicht mehr, da die damit einhergehenden Anforderungen sie als Großunternehmen mit einer hohen Zahl von außertariflichen Verträgen und häufigen personellen Umbrüchen im Bereich der damit befassten Mitarbeiter im Personalverwaltungsbereich überforderten und sie damit keineswegs "die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben" könne. Ein gegebenenfalls im Wege der Zwangsvollstreckung unter eidesstattlicher Versicherung vollstreckbarer Auskunftsanspruch lasse sich so über § 242 BGB jedenfalls nicht begründen.

66

Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der Sitzung vom 22. Juni 2016 (Bl. 234 ff. d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

67

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie erweist sich überwiegend als zulässig.

68

Lediglich hinsichtlich der Hilfs-Hilfsanträge zu 1 a, 1 b und 1c ist die Berufung des Klägers bereits unzulässig. Ist in einem arbeitsgerichtlichen Urteil - wie hier - über mehrere Ansprüche entschieden worden, dann muss sich die Berufungsbegründung der erstinstanzlich insoweit unterlegenen Partei - soll die Berufung insgesamt ordnungsgemäß begründet sein - mit jedem Einzelanspruch auseinandersetzen, der in das Berufungsverfahren gelangen soll. Eine Ausnahme von der notwendigen umfassenden Begründungspflicht gilt nur dann, wenn ein Anspruch von einem anderen Anspruch in seinem Bestehen unmittelbar abhängt. Eine solche Ausnahme liegt im Hinblick auf die Hilfs-Hilfsanträge zu 1 a, 1 b und 1 c nicht vor. Der Kläger hat sich in der Berufung nicht mit der Frage der Unzulässigkeit der Hilfs-Hilfsanträge im Hinblick auf die vom Arbeitsgericht zur Begründung herangezogene Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 23. August 2011 (3 AZR 669/09 - NZA-RR 2012, 268, 269 Rn. 15) auseinandergesetzt.

69

Die Anschlussberufung der Beklagten ist form- und fristgerecht innerhalb ihrer Berufungserwiderungsfrist eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1 S. 3, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 524, 519, 520 ZPO). Sie ist auch im Übrigen zulässig.

B.

I.

70

In der Sache hatte die Berufung des Klägers keinen Erfolg.

71

1.a) Die vom Kläger gestellten Anträge zu 1 a, 1 b und 1 c sind zulässig.

72

Streitigkeiten über den Inhalt des Versorgungsanspruchs können durch eine Klage auf Feststellung des Inhalts und der Höhe des Versorgungsanspruchs geklärt werden (BAG, Urteil vom 23. August 2011 – 3 AZR 669/09 – NZA-RR 2012, 268, 269 Rn. 15; vom 9. Dezember 1997 - 3 AZR 695/96 – NZA 1998, 1171, 1172).

73

Nachdem die Beklagte ausweislich des erstinstanzlichen Urteils im Kammertermin erster Instanz nicht ausschließen konnte, dass es neben den allgemeinen Erhöhungen zum 1. Juli 2007 und zum 1. April 2011 weitere allgemeine Gehaltserhöhungen gegeben habe, ist auch ein Rechtsschutzinteresse für den Antrag zu 1 a gegeben.

74

Die Anträge zu 1 b und 1 c betreffen die Feststellung des Inhalts des Versorgungsanspruchs des Klägers. Durch diese Anträge kann eine Klärung der Grundlage für die Berechnung des Versorgungsanspruchs herbeigeführt werden, nämlich ob die „Bausteine 3 bzw. 2“ zu berücksichtigen sind. Ein Feststellungsinteresse des Klägers (§ 256 Abs. 1 BGB) ist insoweit gegeben.

75

b) Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Auskunft auch über die durchschnittliche individuelle Gehaltsanpassung für leitende Angestellte für die Jahre 2007 bis 2011 (Antrag zu 1 a).

76

Ein solcher Anspruch auf Auskunft auch über die durchschnittliche individuelle Gehaltsanpassung ergibt sich nicht aus § 242 BGB in Verbindung mit Ziffer 5 der Vereinbarung vom 5. Januar 2007.

77

(a) Zwar besteht im Arbeitsverhältnis eine aus § 242 BGB abgeleitete Nebenpflicht zur Auskunftserteilung, wenn die Auskunft zur Geltendmachung eines Leistungsanspruchs erforderlich ist, für den Vertragspartner keine übermäßige Belastung bedeutet und die gesetzliche Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Prozess gewahrt bleibt (BAG, Urteil vom 1. Dezember 2004 – 5 AZR 664/03 – NZA 2005, 289, 291 m. w. N.). Ein Ungleichgewicht kann aus einer wirtschaftlichen Übermacht oder aus einem erheblichen Informationsgefälle resultieren. Eine solche Situation kann es erfordern, Auskunftsansprüche zu statuieren, die eine Vertragspartei zur Wahrnehmung ihrer materiellen Rechte aus dem Vertrag benötigt. Im Regelfall setzt das einen dem Grund nach feststehenden Leistungsanspruch voraus. Innerhalb vertraglicher Beziehungen, insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen, kann der Auskunftsanspruch darüber hinaus die Funktion haben, dem Berechtigten Informationen auch schon über das Bestehen des Anspruchs dem Grund nach zu verschaffen. Im Arbeitsverhältnis wird der Inhalt dieser Nebenpflicht überdies durch eine besondere persönliche Bindung der Vertragspartner geprägt (BAG, Urteil vom 1. Dezember 2004 – 5 AZR 664/03 – NZA 2005, 289, 291 m. w. N.).

78

(b) Die Bezifferung eines Zahlungsanspruchs ist dem Kläger im vorliegenden Fall nicht möglich, da er im Hinblick auf sein Ausscheiden im Jahr 2007 keine Kenntnis darüber hat, ob, in welchem Umfang und unter welchen Voraussetzungen die Beklagte in den Jahren 2007 bis 2011 Entgelterhöhungen im Bereich der leitenden Angestellten vorgenommen hat. Er kann sich die von ihm benötigten Informationen auch nicht auf zumutbare Weise anderweitig selbst verschaffen, sondern befindet sich in entschuldbarer Unkenntnis.

79

(c) Hingegen hat die Beklagte, die etwaige Gehaltserhöhungen selbst vorgenommen hat, Kenntnis über Entgelterhöhungen auch im Bereich der leitenden Angestellten. Sie kann - auch unter Berücksichtigung der Anzahl von circa 120 bis 150 leitenden Angestellten, die am Standort C-Stadt unter den Geltungsbereich des betrieblichen Versorgungswerks fallen - die erstrebten Auskünfte unschwer erteilen. Da der Kläger nur allgemeine und keine personenbezogenen Auskünfte hinsichtlich anderer leitender Beschäftigter begehrt, ist die Auskunftserteilung der Beklagten grundsätzlich auch nicht unzumutbar.

80

(d) Der Kläger benötigt aber nicht die von ihm begehrte umfassende Auskunft über die individuelle Gehaltsanpassung für leitende Angestellte. Der Kläger hat jedenfalls aufgrund der Vereinbarung vom 5. Januar 2007 keinen Anspruch auf Auskunft über sämtliche von der Beklagten vorgenommenen individuellen Gehaltsanpassungen. Jedenfalls hinsichtlich solcher Komponenten, die nicht bei der Berechnung der Betriebsrente zu berücksichtigen sind, hat der Kläger keinen Auskunftsanspruch. Denn solche Komponenten wären auch nicht zu berücksichtigen, wenn der Kläger erst mit Vollendung des 65. Lebensjahres aus dem Anstellungsverhältnis ausgeschieden wäre.

81

Die arbeitgeberfinanzierte Grundversorgung richtet sich nach den Bestimmungen der als Anlage A zur Rahmenvereinbarung beigefügten Versorgungsordnung (Ziffer 4 Rahmenvereinbarung). Nach § 3 Abs. 3 Versorgungsordnung ergibt sich die Höhe eines Rentenbausteins als Produkt aus den Faktoren a) allgemeiner Versorgungsbeitrag (Anlagen 2 a und 2 b), b) persönliche Verdienstrelation und c) Verrentungsfaktor (Anlage 3). Dabei ergibt sich die persönliche Verdienstrelation aus dem Verhältnis des versorgungsfähigen Einkommens zum Referenzeinkommen (§ 3 Abs. 6 Unterabs. 1 Versorgungsordnung). Nach § 3 Abs. 6 Unterabs. 2 Versorgungsordnung erfolgt die Feststellung des versorgungsfähigen Einkommens jeweils am Berechnungsstichtag durch C.. Das versorgungsfähige Einkommen entspricht der Summe der im Berechnungszeitraum gezahlten tariflichen oder vertraglichen Monatseinkommen mit den in der Anlage 4 bezeichneten Bestandteilen. Unberücksichtigt bleiben Überstunden- und Mehrarbeitsvergütungen, Kinderzulagen, vermögenswirksamen Leistungen, tarifliche, vertragliche oder freiwillige Sonderzahlungen sowie in der Anlage 4 nicht bezeichnete Bestandteile.

82

(e) Der Kläger kann von der Beklagten auch nicht eine Auskunft über die durchschnittliche individuelle Gehaltsanpassung für leitende Angestellte verlangen. Dadurch, dass der Beklagten aufgegeben würde, nicht nur Auskunft über die einzelnen individuellen Gehaltserhöhungen im Bereich der leitenden Angestellten zu erteilen, sondern auch einen Durchschnitt zu ermitteln, würde es insoweit auf die Beklagte verlagert, zu ermitteln, welche konkreten individuellen Gehaltsanpassungen mit welchen Komponenten zur Ermittlung einer durchschnittlichen individuellen Gehaltsanpassung heranzuziehen sind, und einen Durchschnitt hieraus zu berechnen.

83

(f) Ein Anspruch des Klägers auf Auskunft über die individuellen Gehaltsanpassungen für leitende Angestellte ist auch deshalb nicht gegeben, weil die Parteien in Ziffer 5 der Vereinbarung vom 5. Januar 2007 eine Berücksichtigung solcher individuellen Gehaltsanpassungen nicht vorgesehen haben. Unstreitig ist zwischen den Parteien lediglich, dass allgemeine Gehaltsanpassungen berücksichtigt werden sollten.

84

Der Inhalt der vertraglichen Regelung ist nach den §§ 133, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln. Ausgehend vom Wortlaut der Vereinbarung ist deren objektiver Bedeutungsgehalt zu ermitteln. Maßgebend ist dabei der allgemeine Sprachgebrauch unter Berücksichtigung des vertraglichen Regelungszusammenhangs. Ein übereinstimmender Wille der Parteien geht dabei dem Wortlaut des Vertrags und jeder anderweitigen Interpretation vor und setzt sich auch gegenüber einem völlig eindeutigen Vertragswortlaut durch. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind auch der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck und die Interessenlage der Beteiligten sowie die Begleitumstände der Erklärung, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Die tatsächliche Handhabung des Vertragsverhältnisses kann ebenfalls Rückschlüsse auf dessen Inhalt ermöglichen (BAG, Urteil vom 15. Juni 2011 – 10 AZR 62/08 – BeckRS 2011, 76223 Rz. 18; Urteil vom 23. Februar 2011 – 4 AZR 536/09 – NZA-RR 2011, 510, 511 Rz. 22, jeweils m. w. N.).

85

Nach Ziffer 5 der Vereinbarung vom 5. Januar 2007 soll der Kläger hinsichtlich der unverfallbaren betrieblichen Altersvorsorge von der Beklagten so gestellt werden, als sei er unter Fortschreibung seiner Bezüge des Jahres 2006 mit Vollendung des 65. Lebensjahres aus dem Anstellungsverhältnis ausgeschieden. Nach dem Wortlaut soll der Kläger also zunächst so gestellt werden, als wäre erst mit der Vollendung des 65. Lebensjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden. Im Hinblick auf die Betriebsrente sollte er also so behandelt werden, als hätte er bis zum Renteneintritt in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten gestanden. Damit die Zeit zwischen seinem tatsächlichen und fingierten Ausscheidenszeitpunkt keine beitragsfreie Zeit ist, mussten die Parteien eine weitere Regelung zur Frage treffen, welche Vergütung für das fingierte Arbeitsverhältnis angenommen werden sollte. Hierfür haben die Parteien als Ausgangspunkt die „Bezüge des Jahres 2006“ gewählt.

86

„Fortschreibung“ dieser Bezüge kann daher zum einen bedeuten, dass diese Bezüge des Jahres 2006 auch für die folgenden Jahre bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres des Klägers geschrieben, das heißt auf dem Papier berücksichtigt werden sollten. In dem Wortteil „fort-“ kann jedoch auch eine pauschale oder auch individuelle Weiterentwicklung der Bezüge des Jahre 2006 stecken. Gegen die Berücksichtigung einer individuellen Weiterentwicklung der Bezüge in Anlehnung an die Entwicklung der Bezüge der anderen leitenden Angestellten spricht, dass die Parteien keinen eindeutigeren Begriff als „Fortschreibung“ gewählt haben, beispielsweise den Begriff „Weiterentwicklung“ oder einen Zusatz, etwa „unter Berücksichtigung der/seiner zu erwartenden individuellen Gehaltsentwicklung“.

87

Die vertragsschließenden Parteien (die Beklagte beim Vertragsschluss vertreten durch ihren Prokuristen X. W. und V. U.) hatten auch keine vom Wortlaut abweichenden Vorstellungen. Der Kläger hat vorgetragen, dass die Parteien, sich darüber einig gewesen seien, dass er so gestellt werden sollte, wie er bei einer Als-Ob-Rechnung gestanden hätte. Streitig ist zwischen den Parteien nicht, dass grundsätzlich eine Als-Ob-Betrachtung vorzunehmen ist, streitig ist zwischen ihnen vielmehr, wie eine solche auszusehen hat und welche Komponenten insoweit zu berücksichtigen sind. Soweit der Kläger in der Klageschrift vorgetragen hat, dass die üblichen jährlichen Gehaltserhöhungen der leitenden Angestellten zu seinen Gunsten in die Berechnung seiner Altersversorgung einbezogen werden sollten, versteht der Kläger unter den üblichen Gehaltserhöhungen pauschale und individuelle, die Beklagte jedoch nur pauschale Gehaltserhöhungen.

88

Gegen die Berücksichtigung einer (durchschnittlichen) individuellen Weiterentwicklung der Bezüge spricht außerdem, dass die Regelung in einer Aufhebungsvereinbarung enthalten ist, in der die Parteien ihr Arbeitsverhältnis abschließend regeln wollten. Dies wird deutlich an den Gegenständen der vertraglichen Einigung sowie in der Ziffer 12 der Vereinbarung, in der es heißt: „Es besteht darüber Einvernehmen, dass mit der Erfüllung der vorstehenden Vereinbarung keine Ansprüche aus dem Anstellungsverhältnis und aus dessen Beendigung mehr gegeneinander bestehen, mit Ausnahme derjenigen aus der betrieblichen Altersversorgung.“ Durch die Vereinbarung sollten alle Streitigkeiten zwischen den Parteien beigelegt werden und wirksame Regelungen gefunden werden (vgl. Ziffer 13 der Vereinbarung, die lautet: „Sollte eine Bestimmung diese Vereinbarung unwirksam sein, wird die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen hierdurch nicht berührt. Die Parteien verpflichten sich anstelle einer unwirksamen Bestimmung eine dieser Bestimmung möglichst nahekommende wirksame Regelung zu treffen“). Dieser Regelungszusammenhang spricht dafür, dass im Hinblick auf die betriebliche Altersversorgung im Zeitraum nach der tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs des Klägers die Vergütung im Kalenderjahr 2006, lediglich unter Berücksichtigung allgemeiner Erhöhungen, zugrunde gelegt werden sollte. Nur bei dieser Auslegung bedurfte es des Zusatzes „des Jahres 2006“, andernfalls wäre die Formulierung „unter Fortschreibung Ihrer Bezüge“ ausreichend gewesen, da sich ansonsten jeweils die Vergütung des Folgejahres als „Fortschreibung“ der Bezüge des Vorjahres darstellen würde. Hierfür spricht auch, dass die um eine umfassende, ins Detail gehende Einigung bemühten Parteien eine fingierte, an die individuelle Entwicklung der Bezüge der übrigen leitenden Antegestellten geknüpfte Weiterentwicklung der Bezüge nicht detailliert geregelt haben. Neben der Möglichkeit die Anpassung über eine Anlehnung etwa an den allgemeinen Lebenshaltungskostenindex oder die allgemeine tarifliche Entwicklung hätten die Parteien ins Einzelne regeln können, welche Faktoren bei einer Weiterentwicklung der Bezüge zu berücksichtigen sein sollten oder auf welchen konkreten Vergleichspersonenkreis abgestellt werden sollte. Dass die Vertragsparteien dies nicht getan haben, spricht dafür, dass solche Anpassungen gerade nicht vorgenommen werden sollten.

89

Gegen die Berücksichtigung der individuellen Weiterentwicklung der Bezüge des Klägers spricht schließlich, dass der Kläger in der Zeit nach seinem Ausscheiden gerade keine individuelle Arbeitsleistung mehr erbrachte und erbringen sollte, die Grundlage einer individuellen Entgelterhöhung hätte sein können. Ziffer 5 der Vereinbarung spricht insoweit auch gerade nicht von einer „Weiterarbeit des Klägers“ bis zu seinem 65. Lebensjahr, sondern von einem “Ausscheiden“ aus dem Anstellungsverhältnis mit Vollendung des 65. Lebensjahres.

90

Eine zu erwartende individuelle Entwicklung des Gehalts des Klägers hat die Beklagte auch faktisch nicht nachvollzogen. Sie hat lediglich eine allgemeine Erhöhung um 2,7 % seit dem 1. April 2011 berücksichtigt. Die faktische Handhabung durch die Beklagte spricht daher nicht für die Berücksichtigung einer individuellen Entwicklung.

91

Überdies entspricht das Auslegungsergebnis der Regelung in § 3 Abs. 6 Unterabs. 3 S. 2 der Versorgungsordnung, der lautet: „Sind während des gesamten Berechnungszeitraums keine oder keine vollen Bezüge gezahlt worden, so wird der letzte Monat mit vollen Bezügen zugrunde gelegt.

92

2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Berücksichtigung von jährlich 3.000,00 € aus Entgeltumwandlung (Klageantrag zu 1 c).

93

Die Berücksichtigung von jährlich 3.000,00 € aus Entgeltumwandlung ist nach Auffassung der Kammer nicht von der Ziffer 5 der Vereinbarung vom 5. Januar 2007 umfasst. Der Wortlaut "unter Fortschreibung Ihrer Bezüge des Jahres 2006" meint einen Vorgang auf dem Papier, Entgeltumwandlung setzt hingegen tatsächlich vorhandenes Entgelt voraus, dass in Teilen "umgewandelt" und mit dem Kapitalisierungsfaktor multipliziert wird.

94

Nichts anderes ergibt sich unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Regelung. Anders als der „Baustein 1“ (und der „Baustein 3“) ist der „Baustein 2“ nicht vom Arbeitgeber finanziert, dieser bietet vielmehr dem Arbeitnehmer die Möglichkeit, zusätzlich eigene Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung zu leisten und dabei insbesondere auch steuerliche Vorteile zu nutzen. Die für den Aufbau der Zusatzversorgung aufgewandten Beträge sind ausweislich S. 3 der von der Beklagten herausgegebenen Broschüre „Die C.-Altersversorgung BAV Plus / Leitende Angestellte AT 3 bis 5“ lohnsteuer- und - in begrenztem Umfang - sozialabgabenfrei. Die Besteuerung soll danach erst nach Eintritt des Versorgungsfalls erfolgen, zu einem Zeitpunkt also, in dem die Steuerbelastung in aller Regel deutlich niedriger ist.

95

Eine Teilnahme des Klägers am „Baustein 2“ hätte auch weiterer Absprachen zwischen den Parteien bedurft. Voraussetzung für die Entgeltumwandlung ist - so auch ausführlich erläutert im Antragsformular -, dass zum jeweiligen Umwandlungszeitpunkt ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis besteht. Sie ist verbunden mit dem Verzicht auf Bezüge. Die Parteien hätten sich daher - vor dem Hintergrund, dass infolge des Ausscheidens des Klägers bei der Beklagen kein umzuwandelndes Entgelt mehr zur Verfügung stand - über die genaue Umsetzung dieses Bausteins einigen müssen. So hätten sie klären müssen, ob dies abrechnungstechnisch beispielsweise auf Grundlage eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses („Beratervertrag“) mit entsprechendem Sockelbetrag per Entgeltumwandlung bis zum Renteneintritt hätte fortgeführt werden können, ob der Kläger der Beklagten jährlich umzuwandelnde 3.000,00 € zur Verfügung hätte stellen können oder ob eine Saldierung im Zeitpunkt des Erreichens des Rentenalters durch den Kläger möglich gewesen wäre. Entsprechende Absprachen haben die Parteien jedoch weder im Zuge der Vereinbarung vom 5. Januar 2007, noch in zeitlichem Zusammenhang mit dem tatsächlichen Ausscheiden des Klägers noch in der Zeit bis zum Rentenbeginn getroffen. Auch der Kläger hat nicht vorgetragen, dass zwischen den Parteien über diese Einzelheiten gesprochen und verhandelt wurde. Er hat sich nicht mit Fragen oder Vorschlägen zur praktischen Umsetzung an die Beklagte gewandt.

96

Entgegen der Auffassung des Klägers umfasst die Formulierung in Ziffer 5 der Vereinbarung, "werden Sie von uns so gestellt“ nicht auch eine von der Beklagten zu erbringende Entgeltumwandlung in Höhe von 3.000,00 €. Der Kläger hat selbst nicht behauptet, dass die beklagte Arbeitgeberin für ihn 3.000,00 € jährlich in die Entgeltumwandlung einbringen sollte.

97

3. Die Beklagte ist - wie das Arbeitsgericht zu Recht erkannt hat - auch nicht verpflichtet, für den Zeitraum 1. Februar 2007 bis zum 30. September 2011 einen fiktiven arbeitgeberfinanzierten Erfolgsbaustein ("Baustein 3") bei der freiwilligen Zusatzversorgung für den Kläger per 1.Oktober 2011 in Höhe von 3.000,00 € p. a. zu berücksichtigen (Antrag zu 1 b). Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Teilnahme an dem arbeitgeberfinanzierten „Baustein 3“ voraussetzt, dass der Mitarbeiter mit mindestens 180,00 € an einer Entgeltumwandlung teilnimmt. Das war für den streitgegenständlichen Zeitraum – wie unter B. I. 2. dargelegt – gerade nicht der Fall.

98

4. Die Berufung des Klägers ist hinsichtlich der Hilfsanträge zu 1 a, 1 b und 1 c aus den unter B. I. 1 - 3 dargelegten Gründen ebenfalls unbegründet.

II.

99

Auch die Anschlussberufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Der Kläger hat gegen sie - wie oben dargelegt - einen Anspruch auf Auskunft über die pauschalen Gehaltsanpassungen für leitende Angestellte. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass pauschale Gehaltsanpassungen für leitende Angestellte in der Zeit zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Vollendung des 65. Lebensjahres durch den Kläger bei der Berechnung des „Bausteins 1“ zu berücksichtigen waren. Der Kläger hat entschuldbar keine Kenntnis von allgemeinen Gehaltserhöhungen in diesem Zeitraum und kann sich diese nicht anderweitig beschaffen. Demgegenüber kann die Beklagte die vom Kläger begehrten Auskünfte auch unschwer erteilen. Der Auskunftsanspruch des Klägers ist auch weder verjährt noch verwirkt.

100

5. Der Auskunftsanspruch des Klägers dient der Vorbereitung der Bezifferung von Differenzbeträgen, die sich aus einem Vergleich der erteilten Auskunft und den seit dem 1. Oktober 2011 gezahlten monatlichen Rentenbeträgen ergibt. Seine Ansprüche hat der Kläger mit der vorliegenden Stufenklage (§ 254 ZPO), die am 29. Dezember 2014 bei dem Arbeitsgericht eingegangen und der Beklagten am 8. Januar 2015 zugestellt worden ist, geltend gemacht. Die Geltendmachung erfolgte damit innerhalb der Frist der §§ 253 Abs. 1, 261, 167 ZPO, 194 Abs. 1, 195, 199 Abs. 1, 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Insoweit ist auf den Zeitpunkt des Klageeingangs beim Arbeitsgericht abzustellen (vgl. nur BGH, Urteil vom 29. Oktober 2009 – I ZR 191/07 – NJW 2010, 2270, 2272 Rz. 47). Die Zustellung der Klage erfolgte „demnächst“ im Sinn des § 167 ZPO. Die Erhebung der Stufenklage reichte zur Hemmung der Verjährung aus (vgl. nur BGH, Urteil vom 8. Februar 1995 – XII ZR 24/94 – NJW-RR 1995, 770, 771).

101

6. Eine Verwirkung des Auskunftsanspruchs des Klägers ist ebenfalls nicht gegeben.

102

Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB). Sie soll die illoyal verspätete Erhebung von Ansprüchen und Rechten verhindern. Verwirkung ist daher anzunehmen, wenn der Gläubiger längere Zeit zugewartet hat, obwohl er in der Lage war, das Recht geltend zu machen (Zeitmoment), der Schuldner nach dem Verhalten oder Unterlassen des Gläubigers davon ausgehen konnte, Ansprüche würden nicht mehr gestellt werden (Umstandsmoment) und er sich darauf eingestellt hat nicht mehr in Anspruch genommen zu werden und daraufhin eigene Dispositionen getroffen hat bzw. ihm aufgrund besonderer Umstände nicht zuzumuten ist, sich auf die nunmehr geltend gemachten Ansprüche einzulassen (Zumutbarkeitsmoment). Das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten muss insgesamt das Interesse des Berechtigten so überwiegen, dass dem Verpflichteten die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist (BAG, Urteil vom 17. Oktober 2013 - 8 AZR 974/12 – NZA 2014, 774, 776 Rz. 26).

103

Das Zeitmoment ist im vorliegenden Fall erfüllt. Für das Vorliegen des Zeitmoments gibt es keine Regelfrist. Entscheidend sind vielmehr die konkreten Umstände des Einzelfalls. Auch ist die Länge des Zeitablaufes in Wechselwirkung zu dem ebenfalls erforderlichen Umstandsmoment zu setzen. Zeitmoment und Umstandsmoment beeinflussen sich wechselseitig. Zwischen der Vollendung des 65. Lebensjahrs des Klägers und dem Klageeingang bei Gericht sind mehr als drei Jahre vergangen.

104

Das Umstandsmoment ist im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben. Die Beklagte konnte - vor Ablauf der Verjährungsfrist – nicht davon ausgehen, dass der Kläger keine Ansprüche mehr stellen würde. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 12. August 2011 hat der Kläger die von der Beklagten vorgenommene Berechnung im Einzelnen gerügt. Die Beklagte hat ihre Berechnungen daraufhin nicht geändert. Sie hat auch nicht vorgetragen, dass der Kläger in der Folgezeit in irgendeiner Art und Weise zu erkennen gegeben hätte, dass er an seiner im Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 12. August 2011 geäußerten Rechtsansicht nicht weiter festhält. Daraus, dass der Kläger sich auf das Schreiben der Beklagten vom 16. September 2011 nebst Anlagen bis zur Klageerhebung nicht mehr geäußert hat, konnte die Beklagte ebenfalls nicht entnehmen, dass der Kläger an seiner Rechtsauffassung nicht mehr festhält und keine weiteren rechtlichen Schritte mehr beabsichtigt. Von dem Klägervertreter im Schreiben vom 12. August 2011 erbetene Auskünfte zur Berücksichtigung weiterer Bezüge (neben Gehaltserhöhungen auch Erfolgsbeteiligungen und Sonderboni) hat die Beklagte im Schreiben vom 16. September 2011 nicht erteilt, sondern lediglich auf die Betriebsvereinbarung verwiesen, nach deren Inhalt Sonderzahlungen wie bspw. eine Erfolgsbeteiligung für die Berechnung der Altersversorgung nicht zu berücksichtigen seien.

C.

105

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 92 Abs. 1 ZPO. Die Voraussetzungen einer Revisionszulassung nach § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht erfüllt.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 5. Oktober 2010 - 6 Sa 63/10 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Mehrarbeitsvergütung.

2

Der Kläger war bei der beklagten Spedition als Lagerleiter gegen ein monatliches Bruttoentgelt von 1.800,00 Euro beschäftigt.

3

In dem von der Beklagten vorformulierten Arbeitsvertrag vom 7. Oktober 2002 heißt es auszugsweise:

        

„4.     

Arbeitszeit

                 

4.1.   

Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 42 Arbeitsstunden.

        
                 

4.2.   

Die Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage richtet sich nach den betrieblichen Erfordernissen.

        
                 

4.3.   

Der Arbeitnehmer(in) ist bei betrieblicher Erfordernis auch zur Mehrarbeit sowie Sonntags- und Feiertagsarbeit verpflichtet.

        
                 

4.4.   

Der Arbeitnehmer erhält für die Über- und Mehrarbeit keine weitergehende Vergütung.

        
        

…       

        

        

10.     

Erlöschen von Ansprüchen

                 

10.1. 

Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erlöschen 2 Monate nach Fälligkeit im laufenden Arbeitsverhältnis und 1 Monat nach Fälligkeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Ausschlußfrist), wenn sie nicht binnen dieser Frist schriftlich geltend gemacht werden.

        
                 

10.2. 

Wird ein geltend gemachter Anspruch innerhalb von 14 Tagen nicht entsprochen, kann er mit einer weiteren Frist von 2 Monaten Klage erheben.

        
                 

10.3. 

Nach Ablauf der vorbenannten Fristen sind die Ansprüche verwirkt.“

        
4

Aufgrund einer mündlichen Abrede gewährte die Beklagte dem Kläger für die in der Zeit von 18:00 Uhr bis 6:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden einen „Nachtzuschlag“ iHv. 25 % des Stundenlohns. Der „Nachtzuschlag“ wurde in den Entgeltabrechnungen zumeist als steuerfrei ausgewiesen.

5

Mit Anwaltsschreiben vom 9. April 2009 machte der Kläger erstmalig Vergütung von Überstunden geltend. Mit der am 21. September 2009 zugestellten Klage hat der Kläger - soweit in der Revision noch von Interesse - Vergütung für 968 in den Jahren 2006 bis 2008 geleistete Überstunden verlangt.

6

Der Kläger hat - soweit in der Revision noch von Interesse - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9.534,80 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. September 2009 zu zahlen.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Die Überstunden seien mit dem monatlichen Bruttoentgelt abgegolten. Der Kläger habe vereinbarungsgemäß für Über- und Mehrarbeit nur den vereinbarten „Nachtzuschlag“ erhalten sollen. Darüber hinaus seien die erhobenen Ansprüche verwirkt.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr hinsichtlich der noch streitigen 968 Überstunden stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage im angefochtenen Umfang zu Recht stattgegeben. Der Kläger hat Anspruch auf Vergütung von 968 Überstunden gemäß § 612 Abs. 1 und Abs. 2 BGB iHv. 9.534,80 Euro brutto nebst Prozesszinsen.

10

I. Nach § 612 Abs. 1 BGB gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Unmittelbar ergeben sich hieraus für den Kläger keine Ansprüche. Die Vorschrift ist aber entsprechend anzuwenden, wenn eine in bestimmter Höhe gewährte Arbeitsvergütung nicht den vollen Gegenwert für die erbrachten Dienstleistungen darstellt, also Überstunden auf diese Weise vergütet werden sollen (BAG 1. September 2010 - 5 AZR 517/09 - Rn. 9 mwN, BAGE 135, 250).

11

1. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger im Streitzeitraum insgesamt 968 von der Beklagten angeordnete bzw. betriebsnotwendige Überstunden geleistet.

12

2. Hinsichtlich dieser Stunden gab es keine Vergütungsabrede der Parteien.

13

a) Die Parteien haben zwar in Tz. 4.4. des Arbeitsvertrags bestimmt, dass der Kläger für Über- und Mehrarbeit keine gesonderte Vergütung erhalte. Diese Regelung ist jedoch nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie nicht klar und verständlich ist, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

14

aa) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts handelt es sich bei der streitigen Klausel um eine von der Beklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB.

15

bb) Unbeschadet der Frage, ob eine Regelung wie Tz. 4. 4. die Hauptleistungspflichten der Parteien betrifft, unterliegt sie jedenfalls nach § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB der Transparenzkontrolle gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Danach kann sich die zur Unwirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führende unangemessene Benachteiligung aus der mangelnden Klarheit und Verständlichkeit der Bedingung ergeben. Dieses Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Es müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Der Vertragspartner des Klauselverwenders soll ohne fremde Hilfe Gewissheit über den Inhalt der vertraglichen Rechte und Pflichten erlangen können und nicht von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten werden. Eine Klausel muss im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners des Klauselverwenders so klar und präzise wie möglich umschreiben. Sie verletzt das Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthält (BAG 1. September 2010 - 5 AZR 517/09 - Rn. 14 mwN, BAGE 135, 250; 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 13 mwN, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10).

16

cc) Eine die pauschale Vergütung von Überstunden regelnde Klausel ist nur dann klar und verständlich, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleistungen in welchem zeitlichen Umfang von ihr erfasst werden sollen. Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“ und welche Leistung er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen muss (BAG 1. September 2010 - 5 AZR 517/09 - Rn. 15 mwN, BAGE 135, 250; 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 14 mwN, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10).

17

dd) Tz. 4.4. des Arbeitsvertrags ist nicht klar und verständlich. Die Klausel soll Arbeitsstunden erfassen, die die vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit von 42 Stunden überschreiten. Dabei sind bereits die Voraussetzungen, unter denen Überstunden zu leisten sein sollen, nur vage umschrieben. Tz. 4.3. des Arbeitsvertrags nennt als Bedingung „bei betrieblicher Erfordernis“, ohne diese näher zu konkretisieren. Überhaupt nicht ist der mögliche Umfang der geschuldeten Über- und Mehrarbeit geregelt. Damit ist die vom Kläger ohne eine weitere Vergütung zu leistende Arbeit weder bestimmt noch bestimmbar. Insbesondere lässt sich weder der Klausel selbst noch den arbeitsvertraglichen Bestimmungen im Übrigen eine Begrenzung auf die gemäß § 3 ArbZG zulässige Höchstarbeitszeit entnehmen. Die Verwendung des Begriffspaares „Über- und Mehrarbeit“ in Tz. 4.4. des Arbeitsvertrags deutet im Gegenteil darauf hin, dass auch eine Überschreitung der gesetzlichen Höchstarbeitszeit von der Klausel erfasst sein soll (vgl. BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 15, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10; ErfK/Preis 12. Aufl. § 611 BGB Rn. 486; HWK/Thüsing 5. Aufl. § 611 BGB Rn. 134).

18

Die Klausel bliebe selbst dann intransparent, wenn sie - einschränkend - dahin auszulegen wäre, dass nur bis zu sechs wöchentliche Überstunden mit der Vergütung abgegolten sein sollten. Denn auch dann enthielte sie vermeidbare Unklarheiten und Spielräume. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führt zwar nicht gleichsam automatisch zu deren Intransparenz. Lässt sich jedoch eine Klausel unschwer so formulieren, dass das Gewollte klar zu erkennen ist, führt eine Formulierung, bei der das Gewollte allenfalls durch eine umfassende Auslegung ermittelbar ist, zu vermeidbaren Unklarheiten. Wäre eine Einschränkung des Umfangs der Abgeltungsklausel auf bis zu sechs Stunden wöchentlich gewollt gewesen, hätte die Beklagte das unschwer im Klauseltext durch die Aufnahme dieser Zahl oder zumindest mit einem ausdrücklichen Hinweis auf das Arbeitszeitgesetz und eine danach zulässige wöchentliche Höchstarbeitszeit formulieren können (vgl. BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 16 mwN, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10).

19

b) Das Landesarbeitsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass die mündlich getroffene Vereinbarung eines „Nachtzuschlags“ keine pauschalierte Überstundenvergütung beinhaltete. Durchgreifende Rügen hat die Revision nicht vorgebracht.

20

3. Nach § 612 Abs. 1 BGB gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Diese Vergütungserwartung ist im Streitfall gegeben.

21

a) Einen allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass jede Mehrarbeitszeit oder jede dienstliche Anwesenheit über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus zu vergüten ist, gibt es nicht. Die Vergütungserwartung ist stets anhand eines objektiven Maßstabs unter Berücksichtigung der Verkehrssitte, der Art, des Umfangs und der Dauer der Dienstleistung sowie der Stellung der Beteiligten zueinander festzustellen, ohne dass es auf deren persönliche Meinung ankommt. Sie kann sich insbesondere daraus ergeben, dass im betreffenden Wirtschaftsbereich Tarifverträge gelten, die für vergleichbare Arbeiten eine Vergütung von Überstunden vorsehen. Die - objektive - Vergütungserwartung wird deshalb in weiten Teilen des Arbeitslebens gegeben sein (vgl. BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 20 mwN, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10; 21. September 2011 - 5 AZR 629/10 - Rn. 31 mwN, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 11). Sie wird aber fehlen, wenn arbeitszeitbezogene und arbeitszeitunabhängig vergütete Arbeitsleistungen zeitlich verschränkt sind (vgl. BAG 21. September 2011 - 5 AZR 629/10 - Rn. 32, aaO) oder wenn Dienste höherer Art geschuldet sind oder insgesamt eine deutlich herausgehobene Vergütung gezahlt wird (vgl. BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 20, 21, aaO). Von letztem Fall wird regelmäßig ausgegangen werden können, wenn das Entgelt die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung überschreitet. Mit dieser dynamischen Verdienstgrenze gibt der Gesetzgeber alljährlich zu erkennen, welche Einkommen so aus dem in der Solidargemeinschaft aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten herausragen, dass damit keine weitere Rentensteigerung mehr zu rechtfertigen ist. Wer mit seinem aus abhängiger Beschäftigung erzielten Entgelt die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung überschreitet, gehört zu den Besserverdienern, die aus der Sicht der beteiligten Kreise nach der Erfüllung ihrer Arbeitsaufgaben und nicht eines Stundensolls beurteilt werden. Ihnen und ihren Arbeitgebern fehlt regelmäßig die objektive Vergütungserwartung für ein besonderes Entgelt als Gegenleistung für die über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistete Arbeit.

22

b) Der Kläger erbrachte im Streitfall einheitliche Arbeitsleistungen, für die er - unter Anwendung eines objektiven Beurteilungsmaßstabs - eine zusätzliche Vergütung nach den Bedingungen seines Arbeitsvertrags erwarten durfte. Der Kläger leistete keine Dienste höherer Art und erzielte keine deutlich herausgehobene Vergütung. Sein Einkommen lag in den Jahren 2006 bis 2008 jeweils deutlich unter der Beitragsbemessungsgrenze Ost.

23

4. Nach § 612 Abs. 2 BGB ist die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen. Diese ist vom Landesarbeitsgericht zutreffend auf 9.534,80 Euro brutto bestimmt worden.

24

II. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Ansprüche des Klägers auf Überstundenvergütung nicht verwirkt sind, weil es an dem erforderlichen Umstandsmoment fehlt. Muss der Verpflichtete davon ausgehen, dass der Berechtigte von den ihm zustehenden Ansprüchen nichts weiß (vgl. BAG 25. April 2001 - 5 AZR 497/99 - BAGE 97, 326; BGH 15. September 1999 - I ZR 57/97 - zu II 4 der Gründe, NJW 2000, 140), kann er nicht darauf vertrauen, der Berechtigte werde wegen des Zeitablaufs seine Rechte nicht mehr geltend machen (vgl. BGH 12. März 2008 - XII ZR 147/05 - zu II 3 der Gründe, NJW 2008, 2254). Dies ist vor allem dann anzunehmen, wenn die Unkenntnis des Berechtigten auf dem Verhalten des Verpflichteten beruht (vgl. BGH 27. Juni 1957 - II ZR 15/56 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 25, 47). Hierfür bietet die Verwendung einer unwirksamen AGB-Klausel einen typischen Fall.

25

III. Die Ansprüche des Klägers sind nicht gemäß Tz. 10. des Arbeitsvertrags verfallen. Die als AGB geregelte zweistufige Ausschlussfrist ist unwirksam, weil sie den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB(vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 7 der Gründe, BAGE 115, 19; 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 34 ff., BAGE 116, 66).

26

IV. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

27

V. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Reinders    

        

    Ilgenfritz-Donné    

                 

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.