Landesarbeitsgericht Hamburg Beschluss, 13. Sept. 2018 - 2 TaBV 5/18

bei uns veröffentlicht am13.09.2018

Tenor

Auf die Beschwerde des Gesamtbetriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 06. Dezember 2017, 28 BV 6/17, unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Arbeitgeberin wird verpflichtet, es zu unterlassen, bei der Internetplattform Twitter die Veröffentlichung der Seite https://twitter.com/x aufrechtzuerhalten, solange nicht die Zustimmung des Gesamtbetriebsrats oder eine die Zustimmung ersetzende Entscheidung der Einigungsstelle vorliegt.

Der Arbeitgeberin wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorstehende Verpflichtung ein Ordnungsgeld von bis zu 10.000,00 € angedroht.

Der weitergehende Antrag des Gesamtbetriebsrats wird zurückgewiesen.

Für die Arbeitgeberin wird die Rechtsbeschwerde zugelassen.

Gründe

A.

1

Die Beteiligten streiten über ein Mitbestimmungsrecht des Gesamtbetriebsrats beim Betreiben eines Twitteraccounts durch die Arbeitgeberin.

2

Die Arbeitgeberin (Beteiligte zu 2.) betreibt bundesweit durch verschiedene Tochtergesellschaften in insgesamt 30 Betriebsstätten Lichtspieltheater in Form so genannter Multiplex-Kinos. Die Tochtergesellschaften betreiben weit überwiegend Kinobetriebe. Der Gesamtbetriebsrat (Antragsteller/Beteiligter zu 1.) ist auf Grundlage eines Tarifvertrags gemäß § 3 BetrVG allein für die Kinobetriebe der Tochterunternehmen der Arbeitgeberin gebildet.

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Die Arbeitgeberin unterhält auf der Internetplattform Twitter einen Account (@x) mit der Internetseite https://twitter.com/x. Der Account ist keinem Lichtspieltheater zugeordnet und wird unternehmensübergreifend für die Kinobetriebe genutzt. Die Administration der Internetseite erfolgt durch eigene Mitarbeiter der Arbeitgeberin in der Hamburger Zentralverwaltung durch ein sogenanntes Social Media Team.

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Über Twitter können angemeldete Nutzer telegrammartige Kurznachrichten bis zu 140 Zeichen Länge verbreiten. Die Nachrichten werden „Tweets“ genannt. Twitter beinhaltet darüber hinaus die Funktionen „Antwort“, „Erwähnung“ und „Retweet“. Diese werden von Twitter wie folgt beschrieben:

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„Eine Antwort ist eine Reaktion auf den Tweet einer anderen Person. Du kannst einen Tweet beantworten, indem du in einem Tweet auf das Antwort-Symbol klickst oder tippst. Wenn du jemand anderem antwortest, erhält dieser Tweet den Hinweis „Antwort an...“, wenn er in der Timeline auf deiner Profilseite angezeigt wird. Wenn jemand auf einen deiner Tweets antwortet, siehst du „Antwort an dich“ bzw. „antwortet dir“ über dem Tweet und du erhältst eine Mitteilung auf dem Tab „Mitteilungen“. Wenn zwei Nutzer einander antworten, sehen nur relevante Personen, zum Beispiel solche, die der antwortenden Person oder Person in der Unterhaltung folgen, die Antwort in ihrer Timeline. Wenn du auf eine Antwort in deiner Timeline klickst oder tippst, wird sie erweitert, und es wird der ursprüngliche Tweet angezeigt, auf den sich die Antwort bezieht. Antworten von Personen mit geschützten Tweets sind nur für ihre Follower sichtbar. (...)

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Eine Erwähnung ist ein Tweet, der im Tweet-Text den @Nutzernamen einer anderen Person enthält. Wir fassen diese Nachrichten sowie alle deine Antworten in deinem Tab „Mitteilungen“ zusammen. Wenn du mehrere @Nutzernamen in deinen Tweet aufnimmst, können alle diese Personen deinen Tweet in ihrem Tab „Mitteilung“ sehen. Wenn du auf Twitter die Profilseite eines anderen Accounts besuchst, siehst du dort keine Tweets, die ihn erwähnen. Du kannst jedoch Twitter nach Tweets durchsuchen, in denen der @Nutzername erwähnt wird.

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Ein Tweet, den du an deine Follower weiterleitest, wird als Retweet bezeichnet. So kannst du ganz einfach Neuigkeiten und interessante Entdeckungen auf Twitter weitergeben. Wenn du dem Tweet einen eigenen Kommentar hinzufügen möchtest, kannst du die Funktion zum Zitieren von Tweets nutzen. Bei Verwendung des Symbols Retweet von Twitter verweist dein Retweet oder zitierter Tweet auf den von dir geteilten Tweet. Hinweis: Wenn ein Nutzer auf deinen zitierten Tweet antwortet, wird der Autor des ursprünglichen Tweets der Unterhaltung nicht automatisch hinzugefügt. Wenn du den Autor des ursprünglichen Tweets angeben möchtest, musst du seinen Nutzernamen erwähnen.“

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Die Tweets der Arbeitgeberin sind für jedermann, d.h. auch für nicht registrierte Twitter Nutzer, auf der Internetseite https://twitter.com/x sichtbar. Antworten von angemeldeten Twitter-Nutzern auf Tweets der Arbeitgeberin sind für die Arbeitgeberin auf ihrem Account (@x) einsehbar. Sofern es sich nicht um eine geschützte Antwort handelt, ist die Antwort darüber hinaus zumindest für alle Twitter-Nutzer mit eigenem Twitter-Account sichtbar, wobei zwischen den Beteiligten die Art der Darstellung streitig ist. Unstreitig kann die Arbeitgeberin Antworten, die sie auf ihre Tweets erhält, nicht löschen. Diese Möglichkeit hat nur Twitter, sofern die Antwort gegen die Regularien von Twitter verstößt, weil sie z.B. strafbare Äußerungen beinhaltet.

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Die Funktionen “Antwort“, „Erwähnung“ und „Retweet“ können von den Nutzern nicht separat aktiviert oder deaktiviert werden.

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Auf ihrer Internetseite (https:// x.com/de/unternehmen/social-media.html) führt die Arbeitgeberin zur Nutzung von sozialen Netzwerken in ihren Unternehmen u.a. Folgendes aus:

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„(...) Social Media ist für x eine großartige Möglichkeit, um aktiv den Kontakt zu seinen Gästen zu suchen. Die Vielfalt digitaler Medien und Technologien ermöglicht es unseren Gästen, sich untereinander auszutauschen, aber auch uns, sich mit ihnen zu vernetzen. x stellt sich der Verantwortung und schafft mehr Transparenz und Offenheit gegenüber den Kinobesuchern von heute. Wir suchen den offenen Meinungsaustausch und möchten uns mit unserem jungen und dynamischen Online-Team nach außen hin präsentieren. (...)“

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Speziell zu Twitter schreibt sie:

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„(...) Twitter bietet x eine direkte und unkomplizierte Möglichkeit, mit Followern in Kontakt zu treten, Fragen zu beantworten und Sympathien zu wecken. / Professionelle Tools, geschulte und motivierte Mitarbeiter und das Gefühl, mit den Nachrichten etwas bewegen zu können – das ist es, was Twitter für uns ausmacht. Sie möchten x auf Twitter folgen? Wir freuen uns auf Sie.“

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Nach Bekanntwerden der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13. Dezember 2016 (1 ABR 7/15) zur betrieblichen Mitbestimmung bei Facebook fasste der Gesamtbetriebsrat in seiner Sitzung am 06./07. Januar 2017 den Beschluss, das vorliegende Beschlussverfahren wegen der Deaktivierung des sozialen Netzwerkes „Twitter“ einzuleiten und beauftragte zugleich seinen Verfahrensbevollmächtigten mit der Durchführung des Beschlussverfahrens. Die Arbeitgeberin lehnt eine Deaktivierung von Twitter ab.

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Der Gesamtbetriebsrat hat vorgetragen, unter Zugrundelegung der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13. Dezember 2016 (1 ABR 7/15) unterliege auch die Nutzung der Twitter-Seite durch die Arbeitgeberin der Mitbestimmung des Gesamtbetriebsrats. Die zitierte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts sei analog auf die Nutzung von Twitter anzuwenden.

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Bei der von der Arbeitgeberin betriebenen Twitter-Seite mit den dort eröffneten Funktionen “Antwort“, „Retweet“ und „Erwähnung“ handele es sich um eine technische Einrichtung im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG, die zur Überwachung der Leistung und des Verhaltens der bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer bestimmt sei. Dieses Mitbestimmungsrecht habe die Arbeitgeberin verletzt.

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Die genannten Funktionen ermöglichten es den Nutzern von Twitter, Postings zum Verhalten und zur Leistung der bei den Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer auf der Seite der Arbeitgeberin einzustellen. Je nach dem Inhalt dieser Beiträge könnten die Beiträge namentlich oder situationsbedingt bestimmten Arbeitnehmern zugeordnet werden. Solche Beiträge könnten in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer eingreifen. Es entstehe ein ständiger Überwachungsdruck. Die Twitter-Seite sei damit zur Überwachung bestimmt.

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Es könne auch keine Rolle spielen, ob Postings direkt auf der von der Arbeitgeberin betriebenen Seite eingestellt werden oder über einen recht einfachen Umweg auffindbar seien.

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Der Gesamtbetriebsrat hat beantragt,

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1. der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2) es bis zu einer abweichenden Vereinbarung mit dem Antragsteller und Beteiligten zu 1) oder der Entscheidung einer, die Zustimmung des Antragstellers ersetzenden Einigungsstelle zu untersagen, bei der Internetplattform Twitter die Veröffentlichung der Seite https://twitter.com/x aufrecht zu erhalten;

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2. hilfsweise, der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2) es bis zu einer abweichenden Vereinbarung mit dem Antragsteller und Beteiligten zu 1) oder Entscheidung einer, die Zustimmung des Antragstellers ersetzenden Einigungsstelle zu untersagen, den Nutzern der Internetplattform Twitter die Seite https://twitter.com/x zur Übermittlung von Informationen in Form von „Antworten“ auf Tweets der Antragsgegnerin zur Verfügung zu stellen;

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3. weiter hilfsweise, der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2) es bis zu einer abweichenden Vereinbarung mit dem Antragsteller und Beteiligten zu 1) oder Entscheidung einer, die Zustimmung des Antragstellers ersetzenden Einigungsstelle zu untersagen, den Nutzern der Internetplattform Twitter die Seite https://twitter.com/x zur Übermittlung von Informationen in Form von „Retweets“ zu Tweets der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2) zur Verfügung zu stellen;

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4. weiter hilfsweise, der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2) es bis zu einer abweichenden Vereinbarung mit dem Antragsteller und Beteiligten zu 1) oder Entscheidung einer, die Zustimmung des Antragstellers ersetzenden Einigungsstelle zu untersagen, den Nutzern der Internetplattform Twitter die Seite https://twitter.com/x zur Übermittlung von Informationen in Form von „Erwähnungen“ der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2) zur Verfügung zu stellen;

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5. der Antragsgegnerin für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung gemäß Ziffer 1 ein Ordnungsgeld von bis zu 25.000 € anzudrohen.

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Die Arbeitgeberin hat beantragt,

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die Anträge zurückzuweisen.

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Die Arbeitgeberin hat vorgetragen, dem Gesamtbetriebsrat stehe der begehrte Unterlassungsanspruch nicht zu. Die Veröffentlichungen auf der Internetplattform Twitter seien nicht mitbestimmungspflichtig.

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Twitter unterscheide sich in seinen Funktionsweisen von Facebook und anderen Social-Media-Plattformen in einem wesentlichen Punkt: Die Nutzer setzten nur eigene Nachrichten („Tweets“) ab und richteten diese an andere Personen. Twitter beinhalte daher stets nur eigene Beiträge der Nutzer von ihren jeweiligen Accounts. Sie, die Arbeitgeberin, schreibe („twittere“) über interessante Angebote, neue Kinofilme usw. Was Nutzer hingegen über ihre Unternehmen twitterten, könne von ihr nicht beeinflusst werden, da dies nicht „auf“ der eigenen Twitter-Seite von Cinemaxx geschehe, sondern bei den einzelnen Nutzern. Sie habe damit keine Möglichkeit, Nutzern das Twittern über oder an sie zu untersagen oder dies technisch zu unterbinden. Lediglich das Löschen ihres eigenen Twitter-Auftritts wäre eine Möglichkeit, keinerlei Nachrichten mehr über diesen Social-Media-Dienst zu erhalten.

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Das Betreiben der Unternehmenspräsenz auf dem sozialen Netzwerk Twitter stelle damit keine technische Einrichtung im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG dar, die dazu bestimmt sei, das Verhalten und die Leistung der Mitarbeiter zu überwachen. Hierfür geeignete Funktionen halte die Internetseite Twitter nicht bereit. Auch die Ermöglichung der Übermittlung von Informationen durch die Funktionen „Antwort“, „Retweet“ und „Erwähnung“ seien nicht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG mitbestimmungspflichtig.

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Die vom Betriebsrat in Bezug genommene Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13. Dezember 2016 (Az. 1 ABR 7/15) sei wegen der erheblichen Unterschiede zwischen den Funktionsweisen von Facebook und Twitter nicht auf den vorliegenden Sachverhalt übertragbar.

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Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 06. Dezember 2017 (28 BV 6/17, Bl. 110 ff. d.A.) die Anträge zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Hauptantrag sei unbegründet, weil die von der Arbeitgeberin genutzte Twitter-Seite keine technische Einrichtung iSd § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG sei. Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in seinem Urteil vom 13. Dezember 2016 (1 ABR 7/15) könne ein Unterlassungsanspruch bezogen auf den Betrieb der Seite nur bestehen, wenn sämtliche Funktionen der Twitter-Seite aufgrund der derzeit zur Verfügung stehenden Auswertungsmöglichkeiten es der Arbeitgeberin ermöglichen würden, das Verhalten und die Leistung von Beschäftigten zu überwachen. Dies sei bei Twitter nicht der Fall.

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Auch der Umstand, dass es bei Twitter – anders als bei Facebook – nicht möglich sei, einzelne Funktionen zu deaktivieren, führe nicht zum Erfolg des Hauptantrags. Die Nutzung der vom Gesamtbetriebsrat beanstandeten Funktionen „Antwort“, „Retweet“ und „Erwähnung“ ermögliche es nicht, Postings zum Verhalten und zur Leistung von Arbeitnehmern auf der Seite der Arbeitgeberin einzustellen. Hierin unterscheide sich Twitter von Facebook. Etwaige Kommentare der Twitter-Nutzer würden nicht auf der Seite der Arbeitgeberin gespeichert; die Kommentare verblieben vielmehr auf den jeweiligen Seiten bzw. Accounts der Kommentierenden. Die Arbeitgeberin stelle damit keine Plattform zur Verfügung, auf welcher Kommentare eingestellt werden können. Auch wenn sie durch den Betrieb ihres Twitter-Accounts dazu motiviere, Kommentare abzugeben, so geschehe dies jedenfalls nicht auf der von ihr selbst betriebenen Seite.

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Die Kommentare der Twitter-Nutzer befänden sich letztlich nicht in der Sphäre der Arbeitgeberin; deshalb sei auch unerheblich, dass sie aufgrund einer Suche auf anderen Accounts als demjenigen der Arbeitgeberin auffindbar seien. Auf der öffentlichen Seite der Arbeitgeberin werde ein solcher Kommentar nicht eingestellt; der Kommentar sei nur für die Personen sichtbar, die den Kommentierenden abonniert haben.

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Die hilfsweise gestellten Anträge zu 2. bis 4. seien unbegründet, weil sie auf eine unmögliche Leistung gerichtet seien. Unstreitig könne die Arbeitgeberin die genannten Funktionen nicht isoliert deaktivieren.

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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des genannten Beschlusses Bezug genommen.

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Der Beschluss wurde dem Gesamtbetriebsrat am 05. Februar 2018 zugestellt. Die Beschwerde des Gesamtbetriebsrats ist am 05. März 2018 beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Mit einem am 05. April 2018 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Antrag hat der Gesamtbetriebsrat die Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist beantragt. Auf diesen Antrag hin ist die Beschwerdebegründungsfrist bis zum 05. Mai 2018 verlängert worden. Die Beschwerdebegründung ist am Montag, den 07. Mai 2018 beim Landesarbeitsgericht eingegangen.

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Der Gesamtbetriebsrat trägt zur Begründung seiner Beschwerde vor, das Arbeitsgericht habe außer Acht gelassen, dass das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 13. Dezember 2016 (1 ABR 7/15) ausdrücklich entschieden habe, dass es sich bei der von der Arbeitgeberin betriebenen Facebook-Seite mit der Möglichkeit, Besucher-Beiträge einzustellen, um eine technische Einrichtung im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG handele. Deshalb sei die Entscheidung auch auf die Nutzung der Twitter-Seite übertragbar. Darüber hinaus führe das Arbeitsgericht fälschlicherweise aus, dass die Postings der Nutzer nicht auf dem Account der Arbeitgeberin abgegeben und gespeichert würden. Dies sei falsch. Letztlich komme es aber darauf an, dass es sich bei der Seite „https://twitter.com/x“ und bei dem Nutzernamen „@x“ um

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„den offizielle(n) Kanal der x Kinos in Deutschland“

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handele – dies ergebe sich aus dem unstreitigen Inhalt des in der Beschwerdebegründung auf Seite 4 (Bl. 151 d.A.) aufgeführten Screenshots der genannten Seite. Die Arbeitgeberin stelle daher die Grundlage zur Verfügung, dass es überhaupt zurechenbare Beiträge gebe. Dass sich die Beiträge bzw. Kommentare auf Tweets der Arbeitgeberin in deren Sphäre befänden, werde durch die Screenshots (Seite 5, 6 der Beschwerdebegründung, Bl. 152, 153 d.A.) belegt. Die Antworten auf Tweets der Arbeitgeberin seien sogar für Twitter Nutzer ohne eigenen Twitter-Account sichtbar. Der Screenshot auf Seite 11 ihrer Beschwerdebegründung (Bl. 158 d.A.) zeige ein Beispiel, wie es zu einer Verhaltens- und Leistungskontrolle kommen könne.

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Der Gesamtbetriebsrat hat in der mündlichen Anhörung der Beteiligten vor der Kammer am 18. Juli 2018 klargestellt, dass es ihm mit seinem Hauptantrag um die Löschung des Twitter-Accounts der Arbeitsgeberin geht. Er beantragt zuletzt,

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unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Hamburg vom 06. Dezember 2017, zugestellt am 05. Februar 2017 zum Az. 28 BV 6/17

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1. die Antragsgegnerin und Beteiligte zu 2. zu verpflichten, es zu unterlassen, bei der Internetplattform Twitter die Veröffentlichung der Seite https://twitter.com/x aufrechtzuerhalten, solange nicht die Zustimmung des Antragstellers und Beteiligten zu 1. oder eine die Zustimmung ersetzende Entscheidung der Einigungsstelle vorliegt;

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2. hilfsweise, der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2) es bis zu einer abweichenden Vereinbarung mit dem Antragsteller und Beteiligten zu 1) oder Entscheidung einer, die Zustimmung des Antragstellers ersetzenden Einigungsstelle zu untersagen, den Nutzern der Internetplattform Twitter die Seite https://twitter.com/x zur Übermittlung von Informationen in Form von „Antworten“ auf Tweets der Antragsgegnerin zur Verfügung zu stellen;

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3. weiter hilfsweise, der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2) es bis zu einer abweichenden Vereinbarung mit dem Antragsteller und Beteiligten zu 1) oder Entscheidung einer, die Zustimmung des Antragstellers ersetzenden Einigungsstelle zu untersagen, den Nutzern der Internetplattform Twitter die Seite https://twitter.com/x zur Übermittlung von Informationen in Form von „Retweets“ zu Tweets der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2) zur Verfügung zu stellen;

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4. weiter hilfsweise, der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2) es bis zu einer abweichenden Vereinbarung mit dem Antragsteller und Beteiligten zu 1) oder Entscheidung einer, die Zustimmung des Antragstellers ersetzenden Einigungsstelle zu untersagen, den Nutzern der Internetplattform Twitter die Seite https://twitter.com/x zur Übermittlung von Informationen in Form von „Erwähnungen“ der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2) zur Verfügung zu stellen;

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5. der Antragsgegnerin für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung gemäß Ziffer 1 ein Ordnungsgeld von bis zu 25.000 € anzudrohen.

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Die Arbeitgeberin beantragt,

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die Beschwerde zurückzuweisen.

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Die Arbeitgeberin verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und trägt zur Begründung vor, das Arbeitsgericht habe zu Recht festgestellt, dass Twitter im Gegensatz zu Facebook es nicht ermögliche, Kommentare auf einer Seite der Arbeitgeberin einzustellen. Auch Beiträge mit der Bezeichnung „@x“ würden nicht auf der Seite der Arbeitgeberin gespeichert, sondern nur auf den Accounts der jeweiligen Verfasser. Hinsichtlich der vom Gesamtbetriebsrat erwähnten Suchfunktion von Twitter sei zu berücksichtigen, dass mit Hilfe dieser Funktion völlig unabhängig von einem Twitter-Account der Arbeitgeberin Kommentare über ihre Unternehmen und deren Arbeitnehmer auffindbar seien.

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Die Darstellungsweise der Tweets ausweislich der vom Gesamtbetriebsrat vorgelegten Screenshots (Seite 5, 6 der Beschwerdebegründung, Bl. 152, 153 d.A.) entspreche nach ihrer Kenntnis nicht mehr der aktuellen Darstellungsweise. Antworten von Twitter-Nutzern auf ihre Tweets seien für andere Twitter-Nutzer erst sichtbar, wenn sie auf den Nutzernamen („@Nutzername“) des Antwortenden klickten. Dieser Umstand belege umso mehr, dass es sich nicht um in ihrer Sphäre bzw. auf ihrer Seite befindliche Antworten handele.

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Auch ohne einen eigenen Account „@x“ könnten Twitter-Nutzer jederzeit über ihre Unternehmen und ihre Arbeitnehmer Nachrichten verfassen („twittern“); diese Posts seien über die Verknüpfung „#x“ und die Suchfunktion bei Twitter für jedermann einsehbar.

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Hinsichtlich des ergänzenden Vorbringens der Beteiligten in der Beschwerdeinstanz wird auf die Beschwerdebegründung vom 07. Mai 2018 (Bl. 148 ff. d.A.) und auf die Beschwerdebeantwortung vom 08. Juni 2018 (Bl. 177 ff. d.A.) verwiesen. Wegen des Sachvortrags der Beteiligten und der von ihnen überreichten Unterlagen, ihrer Beweisantritte und Rechtsausführungen im Übrigen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt einschließlich der Sitzungsprotokolle Bezug genommen (§ 69 Abs. 2 und 3 i.V.m. § 87 Abs. 2 Satz 1 ArbGG).

B.

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Die Beschwerde des Gesamtbetriebsrats hat überwiegend Erfolg. Sie ist zulässig und – mit Ausnahme der Höhe des anzudrohenden Ordnungsgeldes (Antrag zu Ziffer 5.) - auch begründet.

I.

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An dem Verfahren waren lediglich der antragstellende Gesamtbetriebsrat und die Arbeitgeberin zu beteiligen – eine Beteiligung der örtlichen Betriebsräte war ebenso wenig erforderlich wie eine Beteiligung der kinobetreibenden Tochterunternehmen der Arbeitgeberin.

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1. Nach § 83 Abs. 3 ArbGG haben in einem Beschlussverfahren neben dem Antragsteller diejenigen Stellen ein Recht auf Anhörung, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz im einzelnen Fall beteiligt sind. Das ist jede Stelle, die durch die begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Stellung unmittelbar betroffen ist. Eine unmittelbare Betroffenheit der anderen in einem Konzern bestehenden Arbeitnehmervertretungen scheidet aus, wenn es um die Mitbestimmung an einer Entscheidung des Arbeitgebers geht, die denknotwendig oberhalb der Ebene der einzelnen Betriebe und Unternehmen getroffen wird (BAG, Beschluss vom 13. Dezember 2016 – 1 ABR 7/15 -, juris, Rn. 13 m.w.N.).

56

2. Die vom Gesamtbetriebsrat begehrte Entscheidung berührt nach diesen Grundsätzen nicht die betriebsverfassungsrechtliche Stellung der örtlichen Betriebsräte. Die Entscheidung über die Einrichtung und die Nutzung des Twitteraccounts („@x“) hat die Arbeitgeberin als konzernweite Maßnahme der Öffentlichkeitsarbeit und des Marketings getroffen. Der Twitter-Account wird ausschließlich von der Arbeitgeberin betrieben und von ihrem Social-Media-Team für ihre Tochter-/ Kinounternehmen betreut. Damit handelt es sich um eine Maßnahme, die sämtliche Kinounternehmen einheitlich betrifft und daher weder durch die örtlichen Betriebsräte noch durch die einzelnen Kinounternehmen geregelt werden kann.

II.

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Die Beschwerde des Gesamtbetriebsrats ist gemäß § 87 Abs. 1 BetrVG statthaft. Sie ist auch zulässig, da sie gemäß §§ 87 Abs. 2, 89 Abs. 1 und 2 ArbGG iVm. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden ist. Die Antragsbefugnis und Beteiligtenfähigkeit des Antragstellers ergibt sich aus dem Tarifvertrag i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG, auf dessen Grundlage der Gesamtbetriebsrat – abweichend von den Strukturen des BetrVG - unternehmensübergreifend für sämtliche Kinounternehmen errichtet worden ist. Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit der Bildung des Gesamtbetriebsrats sind weder ersichtlich noch geltend gemacht.

III.

58

Die Beschwerde des Gesamtbetriebsrats ist weitgehend begründet, weil der Antrag zu Ziffer 1 vollumfänglich begründet ist; der Antrag zu Ziffer 5 ist mit Ausnahme der Höhe des anzudrohenden Ordnungsgeldes ebenfalls begründet. Die nur hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1. gestellten Anträge zu Ziff. 2 bis 4. fielen daher nicht zur Entscheidung an.

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1. Der Antrag zu Ziff. 1. ist zulässig und begründet.

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a. Mit dem Antrag zu Ziffer 1. begehrt der Gesamtbetriebsrat eine Unterlassungsverpflichtung von der Arbeitgeberin (§ 890 Abs. 1 ZPO). Er will erreichen, dass die Arbeitgeberin es unterlässt, die Seite https://twitter.com/x weiter zu betreiben, solange nicht seine Zustimmung oder eine die Zustimmung ersetzende Entscheidung der Einigungsstelle vorliegt. Ein Unterlassen iSd § 890 Abs. 1 ZPO liegt auch vor, wenn ein aktives Verhalten erforderlich ist, damit der Schuldner seiner Pflicht, etwas zu unterlassen, nachkommen kann (BAG vom 13. Dezember 2016, aaO, Rn. 17). Die Arbeitgeberin soll der Unterlassungsverpflichtung nachkommen, indem sie ihren Twitter-Account („@x“) löscht – dieses Antragsverständnis haben die Beteiligten in der Anhörung vor der Kammer bestätigt. Mit der Löschung des Accounts besteht auch die o.a. Seite nicht mehr. Mit diesem Inhalt ist der Antrag hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Arbeitgeberin kann erkennen, welches Verhalten von ihr verlangt wird.

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b. Der Anspruch des Betriebsrats folgt aus § 87 Abs. 1 BetrVG. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die Kammer anschließt, steht dem Betriebsrat bei einer Verletzung seiner Mitbestimmungsrechte aus § 87 BetrVG ein Anspruch auf Unterlassung der mitbestimmungswidrigen Maßnahmen zu. Dieser Anspruch setzt keine grobe Pflichtverletzung des Arbeitgebers iSd. § 23 Abs. 3 BetrVG voraus (vgl. zuletzt BAG, Beschluss vom 20. Februar 2018 – 1 ABR 53/16 –, juris, Rn. 18). Der Unterlassungsanspruch beinhaltet auch die Verpflichtung, die zur Umsetzung der Unterlassungsverpflichtung oder zur Beseitigung des mitbestimmungswidrigen Zustands erforderlichen Handlungen vorzunehmen (BAG, Beschluss vom 16. Juni 1998 – 1 ABR 68/97 –, juris, Rn. 33).

62

aa. Die Arbeitgeberin hat das Mitbestimmungsrecht des Gesamtbetriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG verletzt, indem sie für ihre Kinobetriebe einen Twitter-Account „@x“ eingerichtet hat und nutzt.

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bb. Nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG hat der Betriebsrat u.a. mitzubestimmen bei der Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Das Mitbestimmungsrecht ist darauf gerichtet, Arbeitnehmer vor Beeinträchtigungen ihres Persönlichkeitsrechts durch den Einsatz technischer Überwachungseinrichtungen zu bewahren, die nicht durch schutzwerte Belange des Arbeitgebers gerechtfertigt und unverhältnismäßig sind. Die auf technischem Wege erfolgende Ermittlung und Aufzeichnung von Informationen über Arbeitnehmer bei der Erbringung ihrer Arbeitsleistung oder der Durchführung des Arbeitsverhältnisses bergen die Gefahr in sich, dass sie zum Objekt einer Überwachungstechnik gemacht werden, die anonym personen- oder leistungsbezogene Informationen erhebt, speichert, verknüpft und sichtbar macht. Den davon ausgehenden Gefährdungen des Persönlichkeitsrechts von Arbeitnehmern soll das Mitbestimmungsrecht entgegenwirken. „Überwachung“ im Sinne des Mitbestimmungsrechts ist ein Vorgang, durch den Informationen über das Verhalten oder die Leistung von Arbeitnehmern erhoben und - jedenfalls in der Regel - aufgezeichnet werden, um sie auch späterer Wahrnehmung zugänglich zu machen. Die Informationen müssen auf technische Weise ermittelt und dokumentiert werden, so dass sie zumindest für eine gewisse Dauer verfügbar bleiben und vom Arbeitgeber herangezogen werden können (BAG, Beschluss vom 19. Dezember 2017 – 1 ABR 32/16 –, juris, Rn. 15).

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cc. Unter Zugrundelegung dieser Rechtsgrundsätze ist Twitter mit seinen vorgegebenen Funktionen eine technische Einrichtung iSd § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Die Arbeitgeberin nutzt mit den bei ihr vorhandenen EDV-Einrichtungen eine von Twitter Inc. bereitgestellte webbasierte Software. Durch die Eröffnung und die Nutzung eines Accounts für die Seite https://twitter.com/x hat sie die technische Einrichtung eingeführt und wendet sie an.

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(1) Twitter beinhaltet nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten die Funktion „Antwort“, die, anders als die Funktion „Besucher-Beiträge“ bei Facebook, von den Nutzern nicht deaktiviert werden kann. Die Funktion „Antwort“ ermöglicht den Twitter-Nutzern, auf die Tweets der Arbeitgeberin Antworten zum Verhalten und zur Leistung der Arbeitnehmer auf Twitter einzustellen. Diese Antworten sind sowohl für die Arbeitgeberin als auch für registrierte Twitter-Nutzer sichtbar. Ob die Antworten auch für nicht-registrierte bzw. angemeldete Twitter-Nutzer in der Darstellung ausweislich der Screenshots auf den Seiten 5, 6 der Beschwerdebegründung (Bl. 152, 153 d.A.) einsehbar sind, indem der Nutzer auf einen bereits beantworteten Tweet der Arbeitgeberin klickt, kann dahin gestellt bleiben. Denn auch wenn die Antworten auf die Tweets der Arbeitgeberin nur für registrierte Nutzer und nur nach Betätigen des Links des Antwortenden (@Antwortenden) einsehbar wären, wäre eine Mitbestimmungspflicht nach den vorstehenden Grundsätzen gegeben. Je nach dem Inhalt der Antwort kann die Arbeitgeberin diese namentlich oder situationsbedingt einem bestimmten Arbeitnehmer zuordnen und zur Verhaltens- und Leistungskontrolle verwenden, sofern die Nachricht entsprechende Aussagen beinhaltet.

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(2) Der Umstand, dass es sich dabei um Antworten auf Tweets der Arbeitgeberin handelt, mithin um „reaktiv“ abgegebene Beiträge (vgl. Fitting, BetrVG, 29. Auflage 2018, § 87 Rn. 223a für die Kommentar-Funktion bei Facebook) rechtfertigt keine andere Bewertung. Das Mitbestimmungsrecht setzt nicht voraus, dass die technische Einrichtung auf die Überwachung der Leistung und des Verhaltens der Arbeitnehmer ausgerichtet ist oder dass der Arbeitgeber eine solche beabsichtigt (Wiese/Gutzeit in Wiese, Gemeinschaftskommentar BetrVG, Bd. II, 2018, § 87 Rn. 532 f; Klebe in Däubler, BetrVG, 16. Auflage 2018, § 87 Rn. 185, jeweils m.w.N.). Überwachung im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ist bereits das Sammeln von Daten, die Aussagen zum Verhalten und zur Leistung von Arbeitnehmern beinhalten. Ob die Arbeitgeberin eine Auswertung und weitere Verarbeitung dieser Daten beabsichtigt, ist unerheblich. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Daten eine vernünftige und abschließende Beurteilung des Verhaltens und der Leistung der Arbeitnehmer erlauben. Es genügt, dass ein Tweet bzw. eine Antwort in Verbindung mit weiteren gewonnenen Erkenntnissen eine Beurteilung ermöglicht (so BAG vom 13. Dezember 2016, aaO, Rn. 40 für die Funktion „Besucher-Beiträge“ auf Facebook). Demgemäß ist es weder erforderlich, dass die Arbeitgeberin selbst Beiträge über Arbeitnehmer verfasst, noch dass sie Twitter-Nutzer explizit auffordert, Tweets zum Verhalten und zur Leistung von Beschäftigten an sie zu richten.

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(3) Twitter ist zumindest aufgrund der Funktion „Antwort“ eine technische Einrichtung, die dazu geeignet ist, Daten über das Verhalten und die Leistung von Arbeitnehmern zu sammeln. Die Arbeitgeberin nutzt Twitter – genauso wie Facebook und andere Social-Media-Plattformen - nicht nur, um sich nach außen zu präsentieren, sondern auch um einen „offenen Meinungsaustausch“ mit ihren Kunden zu erreichen. Speziell zu Twitter wirbt sie auf ihrer Homepage damit, dass

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„(...) Twitter [...]x eine direkte und unkomplizierte Möglichkeit [bietet], mit Followern in Kontakt zu treten, Fragen zu beantworten und Sympathien zu wecken.“

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Dass Twitter in diesem Sinne auch genutzt wird, belegt der beispielhaft vom Gesamtbetriebsrat auf Seite 11 der Beschwerdebegründung vorgelegte Tweet eines Nutzers mit der Bitte, dass im Kino das Licht ausgemacht wird, weil der Film bereits angelaufen ist. In diesem Sinne wäre es auch denkbar, dass Twitter-Nutzer auf Tweets der Arbeitgeberin zu neuen Filmen antworten und sich nicht nur über den Film, sondern auch über den Service bzw. bestimmte Mitarbeiter äußern. Der Arbeitgeberin ist zwar zuzugestehen, dass Twitter-Nutzer unabhängig vom Account der Arbeitgeberin und der Twitter-Seite https://twitter.com/x über die Kinounternehmen und die bei ihnen beschäftigten Arbeitnehmer Tweets verbreiten können, die von jedermann einsehbar und über die Suchfunktion bzw. die Verknüpfung mit „#x“ auch gezielt auffindbar sind. Mit der Nutzung eines eigenen Twitteraccounts als Kommunikationsmittel bietet die Arbeitgeberin ihren Kunden jedoch gezielt eine Plattform, sich über ihre Unternehmen und ihre Mitarbeiter ihr gegenüber öffentlich zu äußern.

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(4) Dass die Antworten auf die Tweets der Arbeitgeberin „auf den Accounts der Antwortenden verbleiben“ und von der Arbeitgeberin nicht gelöscht werden können, rechtfertigt keine andere Bewertung. Der Schutzzweck des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG gebietet insoweit keine einschränkende Auslegung.

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(a) § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG dient – wie bereits ausgeführt – dem Schutz des Persönlichkeitsrechts vor Beeinträchtigungen durch technische Überwachungseinrichtungen (BAG vom 19. Dezember 2017, aaO, Rn.15). Das Persönlichkeitsrecht umfasst die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden, und daher grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten gegenüber Dritten und in der Öffentlichkeit zu bestimmen (BAG vom 13. Dezember 2016, aaO, Rn. 39 mit Verweis auf BVerfG, Beschluss vom 23. Februar 2007 - 1 BvR 2368/06 – Rn. 37).

72

(b) Nach dieser Maßgabe ist der Speicherort für die Frage des Schutzzwecks unerheblich; maßgeblich ist vielmehr die Frage, für wen die Nachrichten einsehbar sind. Durch arbeitnehmerbezogene, an die Arbeitgeberin gerichtete Tweets und deren Veröffentlichung auf Twitter werden die Arbeitnehmer einem ständigen Überwachungsdruck ausgesetzt. Sie müssen jederzeit damit rechnen, dass Twitter-Nutzer den Twitter-Account bzw. Tweets der Arbeitgeberin nutzen, um die Arbeitgeberin mit Hilfe der Funktion „Antwort“ über das Verhalten und die Leistung der Arbeitnehmer zu informieren. Unabhängig von der Darstellungsart sind diese Antworten nicht nur der Arbeitgeberin, sondern zumindest auch den registrierten Twitter-Nutzern und damit einer unbestimmten Anzahl von Personen zugänglich. Dass die Antworten von der Arbeitgeberin – anders als Besucher-Beiträge bei Facebook – nicht gelöscht werden könne – erhöht eher noch den Überwachungsdruck und die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der betroffenen Mitarbeiter. Selbst wenn eine Antwort auf einen Tweet der Arbeitgeberin beispielsweise einen Unterschlagungs- oder Betrugsvorwurf beim Kassier Vorgang oder eine sonstige ehrkränkende Äußerung über einen Mitarbeiter enthält, kann die Arbeitgeberin die Antwort nicht sofort selbst löschen, sondern muss sich erst an Twitter Inc. wenden in der Hoffnung, dass Twitter Inc. ihren Löschungsantrag umgehend bearbeitet. Bis zur Löschung können zumindest alle Twitter-Nutzer mit eigenem Account, die der Unterhaltung des Antwortenden oder von „@x“ folgen, mit weiteren Tweets sich an der Unterhaltung über den Mitarbeiter beteiligen. Auf diese Weise kann sich mitunter eine einen einzelnen Mitarbeiter betreffende Antwort exponentiell in der Öffentlichkeit verbreiten. Twitter ist als Kurznachrichtendienst durch die Verknüpfung mit den Symbolen „@“ und „#“ gerade auch darauf ausgerichtet, Nachrichten (Tweets) schnell und unkompliziert zu verbreiten und auffindbar zu machen.

73

(5) Ob und inwieweit die Funktionen „Erwähnung“ und „Retweet“ Überwachungsmöglichkeiten iSd § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG begründen, kann dahingestellt bleiben. Die vom Arbeitsgericht vertretene Auffassung, ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Nutzung von Twitter in Gänze bestehe nicht, weil nicht sämtliche Funktionen es der Arbeitgeberin ermöglichten, aufgrund der derzeit zur Verfügung stehenden Auswertungsmöglichkeiten das Verhalten und die Leistung von Arbeitnehmern zu überwachen, teilt die Kammer nicht. Diese Auffassung findet auch in der vom Arbeitsgericht zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13. Dezember 2016 (1 ABR 7/15) keine Stütze. Das Bundesarbeitsgericht hat in der zitierten Entscheidung eine Mitbestimmungspflicht hinsichtlich Facebook mit seinen vorgegebenen Funktionen aufgrund der derzeitigen Auswertungsmöglichkeiten verneint. In Bezug auf die optional nutzbare Funktion „Besucher-Beiträge“ hat es demgegenüber eine Mitbestimmungspflicht und damit einhergehend einen Unterlassungsanspruch – ungeachtet einer technischen Auswertungsmöglichkeit - bejaht. Wenn – wie im Streitfall – die technische Einrichtung eine zur Überwachung iSd § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG geeignete Funktion enthält, die vom Nutzer nicht deaktiviert werden kann, gebietet der Schutzzweck des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG eine Erstreckung des Mitbestimmungsrechts auf die technische Einrichtung in Gänze. Dass sich die Nutzungsbedingungen, und damit auch die Möglichkeit der Deaktivierung einzelner Funktionen ändern können, wenn Twitter Inc. eine Änderung vornimmt, ist rechtlich unbeachtlich. Eine Mitbestimmungspflicht kann derzeit nicht allein deshalb verneint werden, weil Twitter Inc. eventuell zukünftig Änderungen an Twitter vornehmen wird.

74

(6) Für die Anwendbarkeit des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ist es auch nicht erforderlich, dass die Daten über das Verhalten und die Leistung des einzelnen Arbeitnehmers durch die technische Einrichtung selbst und automatisch erhoben oder ausgewertet werden. Vielmehr genügt es, dass die Daten aufgrund der Funktion „Antwort“ manuell eingegeben und mittels der von Twitter eingesetzten Software einer dauerhaften Speicherung und zeitlich unbegrenzten Zugriffs- und Verbreitungsmöglichkeit zugeführt werden. Sie sind deshalb nicht mit einem an die Arbeitgeberin gerichteten Beschwerdebrief vergleichbar (für Facebook: BAG vom 13. Dezember 2016, aaO., Rn. 41; ebenso: Klebe in Däubler, BetrVG, 16. Auflage 2018, § 87 Rn. 198; Ricardi/Maschmann in Richardi, BetrVG, 16. Aufl. 2018, § 87, Rn. 495; Ley, Anm. zu BAG, Beschluss vom 13. Dezember 2016, BB 2017, 1216; ablehnend: Worzalla in Hess, BetrVG, 10. Aufl. 2018, § 87 Rn. 360; Wisskirchen, Die Digitalisierung – eine technische Herausforderung für das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG, BB 2017, 21055 ff.).

75

(a) Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt auch von dem Sachverhalt, der der Entscheidung des Arbeitsgerichts Heilbronn zugrunde liegt (ArbG Heilbronn, Urteil vom 08. Juni 2017 – 8 BV 6/16 -, juris). Diese Entscheidung betrifft die Nutzung einer Smartphone-App, die ein Lebensmitteleinzelhandelsun-ternehmen seinen Kunden u.a. für ein „Filial-Feedback“ zur Verfügung gestellt hat. Die über die App eingegebenen Kundenkommentare waren nur von der Arbeitgeberin bzw. dem von ihr beauftragten Dienstleistungsunternehmen einsehbar. Dies ist im Streitfall gerade nicht der Fall. Der Überwachungsdruck und die Beeinträchtigung der Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer sind bei einer öffentlichen Datenverbreitung ungleich größer (vgl. auch Greif, Arbeitsrechtliche Implikationen von Unternehmensfacebookprofilen, NZA 2015, (1106 ff. (1107)). Die Nutzung eines sozialen Netzwerks wie Twitter, das dem Arbeitgeber eine direkte und öffentliche Kommunikation mit seinen Kunden ermöglicht und von einer unbegrenzten Anzahl von Menschen – z.T. weitgehend anonym - anstelle einer geschützten „analogen“ Kommunikation, etwa in Form eines Beschwerdebriefs oder einer persönlichen Beschwerde, genutzt wird, bedarf zum Schutz der Arbeitnehmer einer betrieblichen Regelung, insbesondere zu der Frage, wie mit den aus der Nutzung resultierenden Erkenntnissen über die Leistung und das Verhalten einzelner Arbeitnehmer umgegangen wird.

76

(b) Soweit argumentiert wird, bei einer rein manuellen Dateneingabe gebe es keine ansatzweisen objektivierbaren Daten und daher keinen Überwachungsdruck für die einzelnen Arbeitnehmer (so Worzalla, Hess, BetrVG, 10. Aufl. 2018, Rn. 360), so teilt die Kammer diese Auffassung nicht. Auch die manuell eingegebenen Daten können einen überprüfbaren Tatsachenkern beinhalten und die Arbeitgeberin zu weiteren Aufklärungsmaßnahmen veranlassen. Damit ist die für § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG erforderliche Überwachungseignung gegeben. Die Überwachung durch die Öffentlichkeit, die mittels Twitter mit der Arbeitgeberin und über sie kommunizieren soll, ist - anders als bei einer nur punktuellen Überwachung, z.B. durch eine Videokamera - auch nicht begrenzt und daher nicht minder schwerwiegend.

77

2. Der zulässige Antrag zu Ziffer 5. ist nur insoweit begründet, als der Arbeitgeberin für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorstehende Verpflichtung ein Ordnungsgeld von bis zu 10.000,00 € angedroht werden soll (§ 890 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO). Zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen ist die sich aus § 23 Abs. 3 BetrVG bei groben Verstößen gegen die Pflichten aus dem Betriebsverfassungsgesetz ergebende Begrenzung des Ordnungsgeldes auf einen Betrag von bis zu 10.000,00 € auch beim allgemeinen Unterlassungsanspruch gemäß § 87 Abs. 1 BetrVG zu berücksichtigen (BAG, Beschluss vom 29. April 2004 – 1 ABR 30/02 –, Rn. 138).

C.

I.

78

Eine Kostenentscheidung ergeht nicht. Für arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren werden gerichtliche Kosten (Gebühren und Auslagen) nicht erhoben (§ 2 Abs. 2 GKG). Eine gesonderte Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten ist wegen der Besonderheiten des arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens nicht zu treffen (BAG, Beschluss vom 02. Oktober 2007 – 1 ABR 59/06 –, juris Rn. 11).

II.

79

Gegen diesen Beschluss ist für die Arbeitgeberin die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht zuzulassen, weil eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat (§ 92 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG). Klärungsbedürftig, da bisher weder höchstrichterlich entschieden noch hinsichtlich ihrer Beantwortung offenkundig, ist die Rechtsfrage, ob ein Kurznachrichtendienst wie Twitter, der sich in seiner Funktionsweise von Facebook unterscheidet und dessen Funktionen „Antwort“, „Erwähnung“ und „Retweet“ nicht deaktiviert werden können, vollumfänglich der Mitbestimmung gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG unterliegt und einen Unterlassungsanspruch gemäß § 87 Abs. 1 BetrVG begründen kann.

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(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

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(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

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(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

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Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 3 Abweichende Regelungen


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Bundesarbeitsgericht Beschluss, 20. Feb. 2018 - 1 ABR 53/16

bei uns veröffentlicht am 20.02.2018

Tenor Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 8. Juni 2016 - 5 TaBV 7/15 - wird zurückgewiesen.

Arbeitsgericht Hamburg Beschluss, 06. Dez. 2017 - 28 BV 6/17

bei uns veröffentlicht am 06.12.2017

Tenor Die Anträge werden zurückgewiesen. Gründe I. 1 Die Beteiligten streiten über das Bestehen von Mitbestimmungsrechten des Antragstellers bei der Nutzung von sogenannten sozialen Netzwerken durch die Antragsgegnerin. 2 Die Antr

Bundesarbeitsgericht Beschluss, 13. Dez. 2016 - 1 ABR 7/15

bei uns veröffentlicht am 13.12.2016

Tenor Auf die Rechtsbeschwerde des Konzernbetriebsrats wird unter deren Zurückweisung im Übrigen der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 12. Januar 2015 - 9 TaBV 51/14 - inso

Referenzen

Tenor

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten über das Bestehen von Mitbestimmungsrechten des Antragstellers bei der Nutzung von sogenannten sozialen Netzwerken durch die Antragsgegnerin.

2

Die Antragsgegnerin und Beteiligte zu 2) („Arbeitgeberin“) betreibt bundesweit durch verschiedene Tochtergesellschaften in insgesamt 30 Betriebsstätten Lichtspieltheater in Form so genannter Multiplex-Kinos. Der Antragsteller und Beteiligte zu 1) („Gesamtbetriebsrat“) ist der Gesamtbetriebsrat der Kinobetriebe der Tochterunternehmen.

3

Die Arbeitgeberin betreibt als Unternehmen bei der Internetplattform Twitter die Seite https://twitter.com/x. Die Seite ist keinem Lichtspieltheater zugeordnet. Sie wird betriebsübergreifend genutzt. Die Administration der Seite erfolgt in der Hamburger Zentralverwaltung durch ein sogenanntes „Social Media Team“.

4

Auf Twitter können angemeldete Nutzer telegrammartige Kurznachrichten bis zu 140 Zeichen Länge verbreiten. Die Nachrichten werden „Tweets“ genannt. Die Funktion „Antwort“, „Erwähnung“ und „Retweet“ werden von Twitter wie folgt beschrieben:

5

„Eine Antwort ist eine Reaktion auf den Tweet einer anderen Person. Du kannst einen Tweet beantworten, indem du in einem Tweet auf das Antwort-Symbol klickst oder tippst. Wenn du jemand anderem antwortest, erhält dieser Tweet den Hinweis Antwort an..., wenn er in der Timeline auf deiner Profilseite angezeigt wird. Wenn jemand auf einen deiner Tweets antwortet, siehst du Antwort an dich bzw. „antwortet dir“ über dem Tweet und du erhältst eine Mitteilung auf dem Tab „Mitteilungen“. Wenn zwei Nutzer einander antworten, sehen nur relevante Personen, zum Beispiel solche, die der antwortende Person oder Person in der Unterhaltung folgen, die Antwort in ihrer Timeline. Wenn du auf eine Antwort in deiner Timeline klickst oder tippst, wird sie erweitert, und es wird der ursprüngliche Tweet angezeigt, auf den sich die Antwort bezieht. Antworten von Personen mit geschützten Tweets sind nur für ihre Follower sichtbar. (...)

6

Eine Erwähnung ist ein Tweet, der im Tweet-Text den @Nutzernamen einer anderen Person enthält. Wir fassen diese Nachrichten sowie alle deine Antworten in deinem Tab „Mitteilungen“ zusammen. Wenn du mehrere @Nutzernamen in deinen Tweet aufnimmst, können alle diese Personen deinen Tweet in ihrem Tab „ Mitteilung“ sehen. Wenn du auf Twitter die Profilseite eines anderen Accounts besuchst, siehst du dort keine Tweets, die ihn erwähnen. Du kannst jedoch Twitter nach Tweets durchsuchen, in denen der @Nutzername erwähnt wird.

7

Ein Tweet, den du an deine Follower weiterleitest, wird als Retweet bezeichnet. So kannst du ganz einfach Neuigkeiten und interessante Entdeckungen auf Twitter weitergeben. Wenn du dem Tweet einen eigenen Kommentar hinzufügen möchtest, kannst du die Funktion zum Zitieren von Tweets nutzen. Bei Verwendung des Symbols Retweet von Twitter verweist dein Retweet oder zitierter Tweet auf den von dir geteilten Tweet. Hinweis: Wenn ein Nutzer auf deinen zitierten Tweet antwortet, wird der Autor des ursprünglichen Tweets der Unterhaltung nicht automatisch hinzugefügt. Wenn du den Autor des ursprünglich Tweets angeben möchtest, musst du seinen Nutzernamen erwähnen.“

8

Die Funktionen “Antworten“, „Erwähnung“ und „Retweet“ lassen sich nicht separat aktivieren oder deaktivieren.

9

Mit E-Mail vom 18.05.2017 forderte der Gesamtbetriebsrat die Arbeitgeberin auf, die Funktionen „Besucherbeiträge“, „Kommentare“ und „Mitarbeiterfotos„ auf allen Socialmedia-Seiten (Facebook, Twitter, Instagram, SnapChat, Google+, YouTube etc.) zu deaktivieren bzw. zu löschen, bis der Gesamtbetriebsrat seine Zustimmung erteilt oder eine Einigungsstelle seine Zustimmung ersetzt hat (Anlage zur Antragsschrift vom 05.07.2017, Bl. 23 d.A.).

10

Die Arbeitgeberin kam dieser Aufforderung nicht nach, was sie dem Gesamtbetriebsrat mit E-Mail vom 18.05.2017 auch mitteilte (Anlage zur Antragsschrift vom 05.07.2017, Bl. 23 d.A.).

11

In seiner Sitzung am 06./07.01.2017 fasste der Gesamtbetriebsrat den Beschluss, das vorliegende Beschlussverfahren wegen der Deaktivierung des sozialen Netzwerkes „Twitter“ einzuleiten.

12

Der Gesamtbetriebsrat trägt vor, bei der von der Arbeitgeberin betriebenen Twitter-Seite mit den dort eröffneten Möglichkeiten “Antworten“, „Retweet“ und „Erwähnung“ handele es sich um eine technische Einrichtung im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG, die zur Überwachung der Leistung des Verhaltens der bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer bestimmt sei. Dieses Mitbestimmungsrecht habe die Arbeitgeberin verletzt.

13

Die genannten Funktionen ermöglichten eine Überwachung des Verhaltens und der Leistung der im Konzern der Arbeitgeberin beschäftigten Arbeitnehmer. Sie erlaubten es derzeit den Nutzern von Twitter, Postings zum Verhalten und zur Leistung der bei den Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer auf der Seite der Arbeitgeberin einzustellen. Je nach dem Inhalt dieser Beiträge könnten diese namentlich oder situationsbedingt bestimmten Arbeitnehmern zugeordnet werden. Solche Beiträge könnten in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der bei der Arbeitgeberin beschäftigten Arbeitnehmer eingreifen. Es entstehe ein ständiger Überwachungsdruck. Die Twitter-Seite sei damit auch zur Überwachung bestimmt.

14

Es könne auch keine Rolle spielen, ob Postings direkt auf der von der Arbeitgeberin betriebenen Seite eingestellt werden, oder über einen recht einfachen Umweg auffindbar seien. Die von der Arbeitgeberin eingerichtete Internetseite auf Twitter ermögliche den Nutzern, Postings zum Verhalten und zur Leistung der bei dem Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer einzustellen.

15

Unter Rückgriff auf die Entscheidung des BAG vom 13.12.2016 (Az. 1 ABR 7/15, juris) unterliege auch die Nutzung der Seite auf „Twitter“ durch die Arbeitgeberin der Mitbestimmung des Gesamtbetriebsrats. Die zitierte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts sei analog auf die Nutzung von Twitter anzuwenden.

16

Der Gesamtbetriebsrat beantragt,

17

1. der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2) wird es bis zu einer abweichenden Vereinbarung mit dem Antragsteller und Beteiligten zu 1) oder der Entscheidung einer, die Zustimmung des Antragstellers ersetzenden Einigungsstelle untersagt, bei der Internetplattform Twitter die Veröffentlichung der Seite https://twitter.com/x aufrecht zu erhalten;

18

2. hilfsweise, der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2) wird es bis zu einer abweichenden Vereinbarung mit dem Antragsteller und Beteiligten zu 1) oder Entscheidung einer, die Zustimmung des Antragstellers ersetzenden Einigungsstelle untersagt, den Nutzern der Internetplattform Twitter die Seite https://twitter.com/x zur Übermittlung von Informationen in Form von „Antworten“ auf Tweets der Antragsgegnerin zur Verfügung zu stellen;

19

3. weiter hilfsweise, der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2) wird es bis zu einer abweichenden Vereinbarung mit dem Antragsteller und Beteiligten zu 1) oder Entscheidung einer, die Zustimmung des Antragstellers ersetzenden Einigungsstelle untersagt, den Nutzern der Internetplattform Twitter die Seite https://twitter.com/x zur Übermittlung von Informationen in Form von „Retweets“ zu Tweets der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2) zur Verfügung zu stellen;

20

4. weiter hilfsweise, der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2) wird es bis zu einer abweichenden Vereinbarung mit dem Antragsteller und Beteiligten zu 1) oder Entscheidung einer, die Zustimmung des Antragstellers ersetzenden Einigungsstelle untersagt, den Nutzern der Internetplattform Twitter die Seite https://twitter.com/x zur Übermittlung von Informationen in Form von „Erwähnungen“ der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2) zur Verfügung zu stellen;

21

5. der Antragsgegnerin wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung gemäß Ziffer 1 ein Ordnungsgeld von bis zu 25.000 € angedroht.

22

Die Arbeitgeberin beantragt,

23

die Anträge zurückzuweisen.

24

Die Arbeitgeberin trägt vor, dem Gesamtbetriebsrat stehe der begehrte Unterlassungsanspruch nicht zu. Die Veröffentlichung der Arbeitgeberin auf der Internetplattform „Twitter“ unterliege nicht einem Mitbestimmungsrecht des Gesamtbetriebsrats.

25

Twitter unterscheide sich in seinen Funktionsweisen von Facebook und anderen Social-Media-Sites in einem wesentlichen Punkt. Die Nutzer setzten nur eigene Nachrichten („Tweets“) ab und richteten diese an andere Personen. Es handele sich damit bei Twitter stets um eigene Beiträge der Nutzer von den jeweiligen Accounts. Die Arbeitgeberin twittere über interessante Angebote, neue Kinofilme usw. Was Nutzer hingegen über X. twitterten, könne von der Arbeitgeberin selbst nicht beeinflusst werden, da dies nicht „auf“ der eigenen Twitter-Seite von X. geschehe, sondern bei den einzelnen Nutzern. Die Arbeitgeberin habe damit keine Möglichkeit, Nutzern das Twittern über oder an sie zu untersagen oder dies technisch zu unterbinden. Lediglich das Löschen des eigenen Twitter-Auftritts der Arbeitgeberin wäre eine Möglichkeit, keinerlei Nachricht mehr über diesen Social-Media-Dienst zu erhalten.

26

Das Betreiben der Unternehmenspräsenz auf dem sozialen Netzwerk Twitter stelle damit keine technische Einrichtung im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG dar, die dazu bestimmt sei, das Verhalten und die Leistung der Mitarbeiter der Arbeitgeberin zu überwachen. Hierfür geeignete Funktionen halte die Internetseite Twitter nicht bereit. Auch die Ermöglichung der Übermittlung von Informationen durch die Funktionen „Antworten“, „Retweets“ und „Erwähnungen“ seien nicht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG mitbestimmungspflichtig.

27

Die vom Betriebsrat in Bezug genommene Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13.12.2016 (Az. 1 ABR 7/15) sei wegen der erheblichen Unterschiede zwischen der Funktionsweise von Facebook und Twitter nicht auf den vorliegenden Sachverhalt anzuwenden.

28

Wegen des weiteren Sachvortrags der Beteiligten, ihrer Beweisantritte und der von ihnen überreichten Unterlagen sowie ihrer Rechtsausführungen im Übrigen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

II.

29

Die Anträge haben keinen Erfolg. Die zulässigen Anträge sind unbegründet.

30

1. Der Antrag zu 1. ist unbegründet.

31

Dem Betriebsrat steht kein Unterlassungsanspruch in Bezug auf die Veröffentlichung der Seite https://twitter.com/x durch die Arbeitgeberin zu. Der Gesamtbetriebsrat kann sich für sein Unterlassungsbegehren nicht auf ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG stützen. Die Funktionen der streitgegenständlichen Twitter-Seite der Arbeitgeberin ermöglichen aufgrund der zur Verfügung stehenden Auswertungsmöglichkeiten nicht die Überwachung des Verhaltens und der Leistung von Beschäftigten i.S.v. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG.

32

Die Kammer ist von den folgenden vom Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 13.12.2016 (1 ABR 7/15, juris, Rn. 21 f.) aufgestellten Rechtsgrundsätzen ausgegangen:

33

„Nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG hat der Betriebsrat ua. mitzubestimmen bei der Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Das Mitbestimmungsrecht ist darauf gerichtet, Arbeitnehmer vor Beeinträchtigungen ihres Persönlichkeitsrechts durch den Einsatz technischer Überwachungseinrichtungen zu bewahren, die nicht durch schutzwerte Belange des Arbeitgebers gerechtfertigt und unverhältnismäßig sind (BAG 29. Juni 2004 - 1 ABR 21/03 - zu B I 2 d der Gründe mwN, BAGE 111, 173). Die auf technischem Wege erfolgende Ermittlung und Aufzeichnung von Informationen über Arbeitnehmer bei der Erbringung ihrer Arbeitsleistung bergen die Gefahr in sich, dass sie zum Objekt einer Überwachungstechnik gemacht werden, die anonym personen- oder leistungsbezogene Informationen erhebt, speichert, verknüpft und sichtbar macht. Den davon ausgehenden Gefährdungen des Persönlichkeitsrechts von Arbeitnehmern soll das Mitbestimmungsrecht entgegenwirken (BAG 10. Dezember 2013 - 1 ABR 43/12 - Rn. 27).

34

b) „Überwachung“ im Sinne des Mitbestimmungsrechts ist ein Vorgang, durch den Informationen über das Verhalten oder die Leistung von Arbeitnehmern erhoben und - jedenfalls in der Regel - aufgezeichnet werden, um sie auch späterer Wahrnehmung zugänglich zu machen. Die Informationen müssen auf technische Weise ermittelt und dokumentiert werden, so dass sie zumindest für eine gewisse Dauer verfügbar bleiben und vom Arbeitgeber herangezogen werden können. Die Überwachung muss durch die technische Einrichtung selbst bewirkt werden. Dazu muss diese aufgrund ihrer technischen Natur unmittelbar die Überwachung vornehmen. Das setzt voraus, dass die technische Einrichtung selbst und automatisch die Daten über bestimmte Vorgänge erhebt, speichert und/oder verarbeitet. Ausreichend ist, wenn lediglich ein Teil des Überwachungsvorgangs mittels einer technischen Einrichtung erfolgt. Zur Überwachung „bestimmt“ sind technische Einrichtungen, wenn sie objektiv geeignet sind, Verhaltens- oder Leistungsinformationen über den Arbeitnehmer zu erheben und aufzuzeichnen; auf die subjektive Überwachungsabsicht des Arbeitgebers kommt es nicht an (BAG 10. Dezember 2013 - 1 ABR 43/12 - Rn. 20 mwN; 27. Januar 2004 - 1 ABR 7/03 - Rn. 27, BAGE 109, 235). Auch reicht es aus, wenn die leistungs- oder verhaltensbezogenen Daten nicht auf technischem Weg durch die Einrichtung selbst gewonnen werden, sondern manuell eingegeben und von der technischen Einrichtung weiter verwertet werden (BAG 23. April 1985 - 1 ABR 39/81 - zu B II 2 der Gründe mwN).“

35

Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen ist die Kammer zu dem Ergebnis gelangt, dass die von der Arbeitgeberin genutzte Twitter-Seite keine technische Einrichtung im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ist, die zur Überwachung der Arbeitnehmer bestimmt ist.

36

Zunächst gilt das für das Begehren des Gesamtbetriebsrats, der Arbeitgeberin zu untersagen, die streitgegenständliche Twitter-Seite insgesamt weiter zu betreiben. Das Bundesarbeitsgericht hat in der vom Gesamtbetriebsrat in Bezug genommenen Entscheidung vom 13.12.2016 bereits zu der von der dortigen Arbeitgeberin betriebenen Facebook-Seite deutlich gemacht, dass ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich einer gesamten Seite nur dann in Betracht kommt, wenn sämtliche Funktionen der Facebook-Seite der Arbeitgeberin es ermöglichen, aufgrund der derzeit zur Verfügung stehenden Auswertungsmöglichkeiten eine Überwachung des Verhaltens und der Leistung von Beschäftigten vorzunehmen. Vor dem Hintergrund dieses Gedankens hat das Bundesarbeitsgericht es auch abgelehnt, dem dortigen Arbeitgeber zu untersagen, die Facebook-Seite insgesamt weiter zu betreiben. Nichts anderes gilt zunächst hinsichtlich des Antrages zu 1. zu dem Begehren des Gesamtbetriebsrats, der Arbeitgeberin zu untersagen, die (gesamte) Twitter-Seite weiter zu betreiben, bis eine etwaige Mitbestimmung des Gesamtbetriebsrats beachtet worden ist.

37

Aber auch der Umstand, dass es vorliegend bei der Twitter-Seite - anders als bei der Facebook-Seite - nicht möglich ist, einzelne Funktionen zu aktivieren oder zu deaktivieren führt nicht zu einem Erfolg des Antrages zu 1.

38

Nach Auffassung der Kammer ist die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13.12.2016 (1 ABR 7/15) nicht auf die Nutzung der Twitter-Seite durch die Arbeitgeberin zu übertragen. Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung maßgeblich darauf abgestellt, dass die Arbeitgeberin dort mit den bei ihr vorhandenen EDV-Einrichtungen eine von Facebook bereitgestellte web-basierte Software nutze und mit der Funktion „Besucher-Beiträge“ den Nutzern von Facebook erlaube, Postings zum Verhalten und zur Leistung der bei den Konzern zugehörigen Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmern auf der Seite der Arbeitgeberin einzustellen. In diesem Punkt unterscheidet sich die Funktion der Facebook-Seite von derjenigen der hiesigen Twitter-Seite maßgeblich. Die Nutzung der vom Gesamtbetriebsrat beanstandeten Funktionen „Antwort“, „Retweet“ und „Erwähnung“ über Twitter führt nicht dazu, dass auf einer von der Arbeitgeberin betriebenen Twitter-Seite etwaige Kommentare gespeichert würden. Vielmehr verbleiben die Kommentare – unabhängig von der jeweils genutzten Funktion des Nutzers – auf den jeweiligen Seiten bzw. Accounts der Kommentierenden und damit der Nutzer. Die Arbeitgeberin stellt damit keine Plattform zur Verfügung, auf welcher etwaige Kommentare eingestellt werden können. Sie mag mit dem Betreiben ihres Twitter-Accounts dazu motivieren, Kommentare abzugeben. Dies geschieht aber eben nicht auf der von ihr selbst betriebenen Twitter-Seite.

39

Es handelt sich daher bei den sogenannten Postings der Nutzer als etwaige Reaktionen auf Twitter Nachrichten der Arbeitgeberin nicht um solche, die auf der Seite der Arbeitgeberin „eingestellt“ werden, wie der Gesamtbetriebsrat offenbar meint. Die Postings geben die Nutzer auf ihren jeweiligen eigenen Accounts ab, ohne dass diese Nachrichten auf dem Account der Arbeitgeberin gespeichert werden. Insoweit macht es nach Auffassung der Kammer einen entscheidenden Unterschied, ob die Kommentare auf einer von der Arbeitgeberin betriebenen Seite gespeichert werden oder ob diese Nachrichten über eine durchzuführende Suche auf anderen Accounts als demjenigen der Arbeitgeberin aufgefunden werden können. Die Nachrichten befinden sich im letzteren Fall nicht „in der Sphäre“ der Arbeitgeberin.

40

Dazu kommt, dass etwaige Nachrichten von Nutzern nur in denjenigen Nachrichtenverläufen der Personen erscheinen, die diesen Dritten tatsächlich abonniert haben. Auf der öffentlichen Seite der Arbeitgeberin wird ein solcher Beitrag hingegen nicht veröffentlicht. Dort wird er nicht eingestellt. Anders als in der Facebook-Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13.12.2016 ist daher im Falle von Twitter nicht zu befürchten, dass die geposteten Beiträge einer unbestimmten Anzahl von Personen, die eine Seite aufrufen, offenbart werden. Auch insoweit unterscheiden sich die Funktionen, die Twitter seinen Nutzern und damit auch der Arbeitgeberin bereitstellt von denjenigen, die Facebook seinen Nutzern bietet, in einem nach Auffassung der Kammer entscheidungserheblichen Punkt.

41

2. Auch die hilfsweise gestellten Anträge zu 2. bis 4. sind jeweils unbegründet.

42

Dem Gesamtbetriebsrat stehen die geltend gemachten Unterlassungsansprüche nicht zu. Insoweit scheitern die geltend gemachten Ansprüche bereits daran, dass sie jeweils schon nach dem Vortrag des Gesamtbetriebsrats auf eine unmögliche Handlung gerichtet sind.

43

Unstreitig lassen sich die einzelnen vom Gesamtbetriebsrat benannte Funktionen bei Twitter nicht isoliert aktivieren oder deaktivieren. Genau das begehrt der Gesamtbetriebsrat aber mit seinen hilfsweise gestellten Anträgen zu 2. bis 4. Der Gesamtbetriebsrat begehrt darin jeweils abgestuft separat, der Arbeitgeberin zu untersagen, die einzelnen Funktionen „Antworten“, „Retweet“ und „Erwähnungen“ den Nutzern zur Verfügung zu stellen. Diese Anträge setzen jedoch voraus, dass es der Arbeitgeberin möglich ist, die einzelnen Funktionen auch separat zu aktivieren bzw. – wie im konkreten Fall jeweils begehrt – zu deaktivieren oder deaktivieren zu lassen. Das ist aber schon nach dem Vortrag des Gesamtbetriebsrates technisch derzeit nicht möglich. Allein die Möglichkeit, dass Twitter eine solche separate Deaktivierung zukünftig technisch ermöglicht, lässt die Hilfsanträge des Gesamtbetriebsrates nicht als begründet erscheinen. Dem Gesamtbetriebsrat ist nicht ein Unterlassungsanspruch im Vorgriff auf eine möglicherweise zukünftige technische Entwicklung zuzusprechen. Unabhängig von den Erwägungen zum Hauptantrag (s.o. II.1.) scheitern die Hilfsanträge daher bereits an diesem Gesichtspunkt.

44

3. Mangels Bestehen eines Unterlassungsanspruches ist auch die Androhung eines Ordnungsgeldes – wie mit dem Antrag zu Ziffer 5. begehrt – nicht in Betracht gekommen.

III.

45

Für eine Kostenentscheidung besteht kein Anlass. Die Entscheidung ist gerichtskostenfrei (§ 2 Abs. 2 GKG iVm. § 2a Abs. 1 ArbGG).

(1) Durch Tarifvertrag können bestimmt werden:

1.
für Unternehmen mit mehreren Betrieben
a)
die Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats oder
b)
die Zusammenfassung von Betrieben,
wenn dies die Bildung von Betriebsräten erleichtert oder einer sachgerechten Wahrnehmung der Interessen der Arbeitnehmer dient;
2.
für Unternehmen und Konzerne, soweit sie nach produkt- oder projektbezogenen Geschäftsbereichen (Sparten) organisiert sind und die Leitung der Sparte auch Entscheidungen in beteiligungspflichtigen Angelegenheiten trifft, die Bildung von Betriebsräten in den Sparten (Spartenbetriebsräte), wenn dies der sachgerechten Wahrnehmung der Aufgaben des Betriebsrats dient;
3.
andere Arbeitnehmervertretungsstrukturen, soweit dies insbesondere aufgrund der Betriebs-, Unternehmens- oder Konzernorganisation oder aufgrund anderer Formen der Zusammenarbeit von Unternehmen einer wirksamen und zweckmäßigen Interessenvertretung der Arbeitnehmer dient;
4.
zusätzliche betriebsverfassungsrechtliche Gremien (Arbeitsgemeinschaften), die der unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit von Arbeitnehmervertretungen dienen;
5.
zusätzliche betriebsverfassungsrechtliche Vertretungen der Arbeitnehmer, die die Zusammenarbeit zwischen Betriebsrat und Arbeitnehmern erleichtern.

(2) Besteht in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1, 2, 4 oder 5 keine tarifliche Regelung und gilt auch kein anderer Tarifvertrag, kann die Regelung durch Betriebsvereinbarung getroffen werden.

(3) Besteht im Fall des Absatzes 1 Nr. 1 Buchstabe a keine tarifliche Regelung und besteht in dem Unternehmen kein Betriebsrat, können die Arbeitnehmer mit Stimmenmehrheit die Wahl eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats beschließen. Die Abstimmung kann von mindestens drei wahlberechtigten Arbeitnehmern des Unternehmens oder einer im Unternehmen vertretenen Gewerkschaft veranlasst werden.

(4) Sofern der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nichts anderes bestimmt, sind Regelungen nach Absatz 1 Nr. 1 bis 3 erstmals bei der nächsten regelmäßigen Betriebsratswahl anzuwenden, es sei denn, es besteht kein Betriebsrat oder es ist aus anderen Gründen eine Neuwahl des Betriebsrats erforderlich. Sieht der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung einen anderen Wahlzeitpunkt vor, endet die Amtszeit bestehender Betriebsräte, die durch die Regelungen nach Absatz 1 Nr. 1 bis 3 entfallen, mit Bekanntgabe des Wahlergebnisses.

(5) Die aufgrund eines Tarifvertrages oder einer Betriebsvereinbarung nach Absatz 1 Nr. 1 bis 3 gebildeten betriebsverfassungsrechtlichen Organisationseinheiten gelten als Betriebe im Sinne dieses Gesetzes. Auf die in ihnen gebildeten Arbeitnehmervertretungen finden die Vorschriften über die Rechte und Pflichten des Betriebsrats und die Rechtsstellung seiner Mitglieder Anwendung.

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

Tenor

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten über das Bestehen von Mitbestimmungsrechten des Antragstellers bei der Nutzung von sogenannten sozialen Netzwerken durch die Antragsgegnerin.

2

Die Antragsgegnerin und Beteiligte zu 2) („Arbeitgeberin“) betreibt bundesweit durch verschiedene Tochtergesellschaften in insgesamt 30 Betriebsstätten Lichtspieltheater in Form so genannter Multiplex-Kinos. Der Antragsteller und Beteiligte zu 1) („Gesamtbetriebsrat“) ist der Gesamtbetriebsrat der Kinobetriebe der Tochterunternehmen.

3

Die Arbeitgeberin betreibt als Unternehmen bei der Internetplattform Twitter die Seite https://twitter.com/x. Die Seite ist keinem Lichtspieltheater zugeordnet. Sie wird betriebsübergreifend genutzt. Die Administration der Seite erfolgt in der Hamburger Zentralverwaltung durch ein sogenanntes „Social Media Team“.

4

Auf Twitter können angemeldete Nutzer telegrammartige Kurznachrichten bis zu 140 Zeichen Länge verbreiten. Die Nachrichten werden „Tweets“ genannt. Die Funktion „Antwort“, „Erwähnung“ und „Retweet“ werden von Twitter wie folgt beschrieben:

5

„Eine Antwort ist eine Reaktion auf den Tweet einer anderen Person. Du kannst einen Tweet beantworten, indem du in einem Tweet auf das Antwort-Symbol klickst oder tippst. Wenn du jemand anderem antwortest, erhält dieser Tweet den Hinweis Antwort an..., wenn er in der Timeline auf deiner Profilseite angezeigt wird. Wenn jemand auf einen deiner Tweets antwortet, siehst du Antwort an dich bzw. „antwortet dir“ über dem Tweet und du erhältst eine Mitteilung auf dem Tab „Mitteilungen“. Wenn zwei Nutzer einander antworten, sehen nur relevante Personen, zum Beispiel solche, die der antwortende Person oder Person in der Unterhaltung folgen, die Antwort in ihrer Timeline. Wenn du auf eine Antwort in deiner Timeline klickst oder tippst, wird sie erweitert, und es wird der ursprüngliche Tweet angezeigt, auf den sich die Antwort bezieht. Antworten von Personen mit geschützten Tweets sind nur für ihre Follower sichtbar. (...)

6

Eine Erwähnung ist ein Tweet, der im Tweet-Text den @Nutzernamen einer anderen Person enthält. Wir fassen diese Nachrichten sowie alle deine Antworten in deinem Tab „Mitteilungen“ zusammen. Wenn du mehrere @Nutzernamen in deinen Tweet aufnimmst, können alle diese Personen deinen Tweet in ihrem Tab „ Mitteilung“ sehen. Wenn du auf Twitter die Profilseite eines anderen Accounts besuchst, siehst du dort keine Tweets, die ihn erwähnen. Du kannst jedoch Twitter nach Tweets durchsuchen, in denen der @Nutzername erwähnt wird.

7

Ein Tweet, den du an deine Follower weiterleitest, wird als Retweet bezeichnet. So kannst du ganz einfach Neuigkeiten und interessante Entdeckungen auf Twitter weitergeben. Wenn du dem Tweet einen eigenen Kommentar hinzufügen möchtest, kannst du die Funktion zum Zitieren von Tweets nutzen. Bei Verwendung des Symbols Retweet von Twitter verweist dein Retweet oder zitierter Tweet auf den von dir geteilten Tweet. Hinweis: Wenn ein Nutzer auf deinen zitierten Tweet antwortet, wird der Autor des ursprünglichen Tweets der Unterhaltung nicht automatisch hinzugefügt. Wenn du den Autor des ursprünglich Tweets angeben möchtest, musst du seinen Nutzernamen erwähnen.“

8

Die Funktionen “Antworten“, „Erwähnung“ und „Retweet“ lassen sich nicht separat aktivieren oder deaktivieren.

9

Mit E-Mail vom 18.05.2017 forderte der Gesamtbetriebsrat die Arbeitgeberin auf, die Funktionen „Besucherbeiträge“, „Kommentare“ und „Mitarbeiterfotos„ auf allen Socialmedia-Seiten (Facebook, Twitter, Instagram, SnapChat, Google+, YouTube etc.) zu deaktivieren bzw. zu löschen, bis der Gesamtbetriebsrat seine Zustimmung erteilt oder eine Einigungsstelle seine Zustimmung ersetzt hat (Anlage zur Antragsschrift vom 05.07.2017, Bl. 23 d.A.).

10

Die Arbeitgeberin kam dieser Aufforderung nicht nach, was sie dem Gesamtbetriebsrat mit E-Mail vom 18.05.2017 auch mitteilte (Anlage zur Antragsschrift vom 05.07.2017, Bl. 23 d.A.).

11

In seiner Sitzung am 06./07.01.2017 fasste der Gesamtbetriebsrat den Beschluss, das vorliegende Beschlussverfahren wegen der Deaktivierung des sozialen Netzwerkes „Twitter“ einzuleiten.

12

Der Gesamtbetriebsrat trägt vor, bei der von der Arbeitgeberin betriebenen Twitter-Seite mit den dort eröffneten Möglichkeiten “Antworten“, „Retweet“ und „Erwähnung“ handele es sich um eine technische Einrichtung im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG, die zur Überwachung der Leistung des Verhaltens der bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer bestimmt sei. Dieses Mitbestimmungsrecht habe die Arbeitgeberin verletzt.

13

Die genannten Funktionen ermöglichten eine Überwachung des Verhaltens und der Leistung der im Konzern der Arbeitgeberin beschäftigten Arbeitnehmer. Sie erlaubten es derzeit den Nutzern von Twitter, Postings zum Verhalten und zur Leistung der bei den Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer auf der Seite der Arbeitgeberin einzustellen. Je nach dem Inhalt dieser Beiträge könnten diese namentlich oder situationsbedingt bestimmten Arbeitnehmern zugeordnet werden. Solche Beiträge könnten in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der bei der Arbeitgeberin beschäftigten Arbeitnehmer eingreifen. Es entstehe ein ständiger Überwachungsdruck. Die Twitter-Seite sei damit auch zur Überwachung bestimmt.

14

Es könne auch keine Rolle spielen, ob Postings direkt auf der von der Arbeitgeberin betriebenen Seite eingestellt werden, oder über einen recht einfachen Umweg auffindbar seien. Die von der Arbeitgeberin eingerichtete Internetseite auf Twitter ermögliche den Nutzern, Postings zum Verhalten und zur Leistung der bei dem Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer einzustellen.

15

Unter Rückgriff auf die Entscheidung des BAG vom 13.12.2016 (Az. 1 ABR 7/15, juris) unterliege auch die Nutzung der Seite auf „Twitter“ durch die Arbeitgeberin der Mitbestimmung des Gesamtbetriebsrats. Die zitierte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts sei analog auf die Nutzung von Twitter anzuwenden.

16

Der Gesamtbetriebsrat beantragt,

17

1. der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2) wird es bis zu einer abweichenden Vereinbarung mit dem Antragsteller und Beteiligten zu 1) oder der Entscheidung einer, die Zustimmung des Antragstellers ersetzenden Einigungsstelle untersagt, bei der Internetplattform Twitter die Veröffentlichung der Seite https://twitter.com/x aufrecht zu erhalten;

18

2. hilfsweise, der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2) wird es bis zu einer abweichenden Vereinbarung mit dem Antragsteller und Beteiligten zu 1) oder Entscheidung einer, die Zustimmung des Antragstellers ersetzenden Einigungsstelle untersagt, den Nutzern der Internetplattform Twitter die Seite https://twitter.com/x zur Übermittlung von Informationen in Form von „Antworten“ auf Tweets der Antragsgegnerin zur Verfügung zu stellen;

19

3. weiter hilfsweise, der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2) wird es bis zu einer abweichenden Vereinbarung mit dem Antragsteller und Beteiligten zu 1) oder Entscheidung einer, die Zustimmung des Antragstellers ersetzenden Einigungsstelle untersagt, den Nutzern der Internetplattform Twitter die Seite https://twitter.com/x zur Übermittlung von Informationen in Form von „Retweets“ zu Tweets der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2) zur Verfügung zu stellen;

20

4. weiter hilfsweise, der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2) wird es bis zu einer abweichenden Vereinbarung mit dem Antragsteller und Beteiligten zu 1) oder Entscheidung einer, die Zustimmung des Antragstellers ersetzenden Einigungsstelle untersagt, den Nutzern der Internetplattform Twitter die Seite https://twitter.com/x zur Übermittlung von Informationen in Form von „Erwähnungen“ der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2) zur Verfügung zu stellen;

21

5. der Antragsgegnerin wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung gemäß Ziffer 1 ein Ordnungsgeld von bis zu 25.000 € angedroht.

22

Die Arbeitgeberin beantragt,

23

die Anträge zurückzuweisen.

24

Die Arbeitgeberin trägt vor, dem Gesamtbetriebsrat stehe der begehrte Unterlassungsanspruch nicht zu. Die Veröffentlichung der Arbeitgeberin auf der Internetplattform „Twitter“ unterliege nicht einem Mitbestimmungsrecht des Gesamtbetriebsrats.

25

Twitter unterscheide sich in seinen Funktionsweisen von Facebook und anderen Social-Media-Sites in einem wesentlichen Punkt. Die Nutzer setzten nur eigene Nachrichten („Tweets“) ab und richteten diese an andere Personen. Es handele sich damit bei Twitter stets um eigene Beiträge der Nutzer von den jeweiligen Accounts. Die Arbeitgeberin twittere über interessante Angebote, neue Kinofilme usw. Was Nutzer hingegen über X. twitterten, könne von der Arbeitgeberin selbst nicht beeinflusst werden, da dies nicht „auf“ der eigenen Twitter-Seite von X. geschehe, sondern bei den einzelnen Nutzern. Die Arbeitgeberin habe damit keine Möglichkeit, Nutzern das Twittern über oder an sie zu untersagen oder dies technisch zu unterbinden. Lediglich das Löschen des eigenen Twitter-Auftritts der Arbeitgeberin wäre eine Möglichkeit, keinerlei Nachricht mehr über diesen Social-Media-Dienst zu erhalten.

26

Das Betreiben der Unternehmenspräsenz auf dem sozialen Netzwerk Twitter stelle damit keine technische Einrichtung im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG dar, die dazu bestimmt sei, das Verhalten und die Leistung der Mitarbeiter der Arbeitgeberin zu überwachen. Hierfür geeignete Funktionen halte die Internetseite Twitter nicht bereit. Auch die Ermöglichung der Übermittlung von Informationen durch die Funktionen „Antworten“, „Retweets“ und „Erwähnungen“ seien nicht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG mitbestimmungspflichtig.

27

Die vom Betriebsrat in Bezug genommene Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13.12.2016 (Az. 1 ABR 7/15) sei wegen der erheblichen Unterschiede zwischen der Funktionsweise von Facebook und Twitter nicht auf den vorliegenden Sachverhalt anzuwenden.

28

Wegen des weiteren Sachvortrags der Beteiligten, ihrer Beweisantritte und der von ihnen überreichten Unterlagen sowie ihrer Rechtsausführungen im Übrigen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

II.

29

Die Anträge haben keinen Erfolg. Die zulässigen Anträge sind unbegründet.

30

1. Der Antrag zu 1. ist unbegründet.

31

Dem Betriebsrat steht kein Unterlassungsanspruch in Bezug auf die Veröffentlichung der Seite https://twitter.com/x durch die Arbeitgeberin zu. Der Gesamtbetriebsrat kann sich für sein Unterlassungsbegehren nicht auf ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG stützen. Die Funktionen der streitgegenständlichen Twitter-Seite der Arbeitgeberin ermöglichen aufgrund der zur Verfügung stehenden Auswertungsmöglichkeiten nicht die Überwachung des Verhaltens und der Leistung von Beschäftigten i.S.v. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG.

32

Die Kammer ist von den folgenden vom Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 13.12.2016 (1 ABR 7/15, juris, Rn. 21 f.) aufgestellten Rechtsgrundsätzen ausgegangen:

33

„Nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG hat der Betriebsrat ua. mitzubestimmen bei der Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Das Mitbestimmungsrecht ist darauf gerichtet, Arbeitnehmer vor Beeinträchtigungen ihres Persönlichkeitsrechts durch den Einsatz technischer Überwachungseinrichtungen zu bewahren, die nicht durch schutzwerte Belange des Arbeitgebers gerechtfertigt und unverhältnismäßig sind (BAG 29. Juni 2004 - 1 ABR 21/03 - zu B I 2 d der Gründe mwN, BAGE 111, 173). Die auf technischem Wege erfolgende Ermittlung und Aufzeichnung von Informationen über Arbeitnehmer bei der Erbringung ihrer Arbeitsleistung bergen die Gefahr in sich, dass sie zum Objekt einer Überwachungstechnik gemacht werden, die anonym personen- oder leistungsbezogene Informationen erhebt, speichert, verknüpft und sichtbar macht. Den davon ausgehenden Gefährdungen des Persönlichkeitsrechts von Arbeitnehmern soll das Mitbestimmungsrecht entgegenwirken (BAG 10. Dezember 2013 - 1 ABR 43/12 - Rn. 27).

34

b) „Überwachung“ im Sinne des Mitbestimmungsrechts ist ein Vorgang, durch den Informationen über das Verhalten oder die Leistung von Arbeitnehmern erhoben und - jedenfalls in der Regel - aufgezeichnet werden, um sie auch späterer Wahrnehmung zugänglich zu machen. Die Informationen müssen auf technische Weise ermittelt und dokumentiert werden, so dass sie zumindest für eine gewisse Dauer verfügbar bleiben und vom Arbeitgeber herangezogen werden können. Die Überwachung muss durch die technische Einrichtung selbst bewirkt werden. Dazu muss diese aufgrund ihrer technischen Natur unmittelbar die Überwachung vornehmen. Das setzt voraus, dass die technische Einrichtung selbst und automatisch die Daten über bestimmte Vorgänge erhebt, speichert und/oder verarbeitet. Ausreichend ist, wenn lediglich ein Teil des Überwachungsvorgangs mittels einer technischen Einrichtung erfolgt. Zur Überwachung „bestimmt“ sind technische Einrichtungen, wenn sie objektiv geeignet sind, Verhaltens- oder Leistungsinformationen über den Arbeitnehmer zu erheben und aufzuzeichnen; auf die subjektive Überwachungsabsicht des Arbeitgebers kommt es nicht an (BAG 10. Dezember 2013 - 1 ABR 43/12 - Rn. 20 mwN; 27. Januar 2004 - 1 ABR 7/03 - Rn. 27, BAGE 109, 235). Auch reicht es aus, wenn die leistungs- oder verhaltensbezogenen Daten nicht auf technischem Weg durch die Einrichtung selbst gewonnen werden, sondern manuell eingegeben und von der technischen Einrichtung weiter verwertet werden (BAG 23. April 1985 - 1 ABR 39/81 - zu B II 2 der Gründe mwN).“

35

Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen ist die Kammer zu dem Ergebnis gelangt, dass die von der Arbeitgeberin genutzte Twitter-Seite keine technische Einrichtung im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ist, die zur Überwachung der Arbeitnehmer bestimmt ist.

36

Zunächst gilt das für das Begehren des Gesamtbetriebsrats, der Arbeitgeberin zu untersagen, die streitgegenständliche Twitter-Seite insgesamt weiter zu betreiben. Das Bundesarbeitsgericht hat in der vom Gesamtbetriebsrat in Bezug genommenen Entscheidung vom 13.12.2016 bereits zu der von der dortigen Arbeitgeberin betriebenen Facebook-Seite deutlich gemacht, dass ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich einer gesamten Seite nur dann in Betracht kommt, wenn sämtliche Funktionen der Facebook-Seite der Arbeitgeberin es ermöglichen, aufgrund der derzeit zur Verfügung stehenden Auswertungsmöglichkeiten eine Überwachung des Verhaltens und der Leistung von Beschäftigten vorzunehmen. Vor dem Hintergrund dieses Gedankens hat das Bundesarbeitsgericht es auch abgelehnt, dem dortigen Arbeitgeber zu untersagen, die Facebook-Seite insgesamt weiter zu betreiben. Nichts anderes gilt zunächst hinsichtlich des Antrages zu 1. zu dem Begehren des Gesamtbetriebsrats, der Arbeitgeberin zu untersagen, die (gesamte) Twitter-Seite weiter zu betreiben, bis eine etwaige Mitbestimmung des Gesamtbetriebsrats beachtet worden ist.

37

Aber auch der Umstand, dass es vorliegend bei der Twitter-Seite - anders als bei der Facebook-Seite - nicht möglich ist, einzelne Funktionen zu aktivieren oder zu deaktivieren führt nicht zu einem Erfolg des Antrages zu 1.

38

Nach Auffassung der Kammer ist die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13.12.2016 (1 ABR 7/15) nicht auf die Nutzung der Twitter-Seite durch die Arbeitgeberin zu übertragen. Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung maßgeblich darauf abgestellt, dass die Arbeitgeberin dort mit den bei ihr vorhandenen EDV-Einrichtungen eine von Facebook bereitgestellte web-basierte Software nutze und mit der Funktion „Besucher-Beiträge“ den Nutzern von Facebook erlaube, Postings zum Verhalten und zur Leistung der bei den Konzern zugehörigen Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmern auf der Seite der Arbeitgeberin einzustellen. In diesem Punkt unterscheidet sich die Funktion der Facebook-Seite von derjenigen der hiesigen Twitter-Seite maßgeblich. Die Nutzung der vom Gesamtbetriebsrat beanstandeten Funktionen „Antwort“, „Retweet“ und „Erwähnung“ über Twitter führt nicht dazu, dass auf einer von der Arbeitgeberin betriebenen Twitter-Seite etwaige Kommentare gespeichert würden. Vielmehr verbleiben die Kommentare – unabhängig von der jeweils genutzten Funktion des Nutzers – auf den jeweiligen Seiten bzw. Accounts der Kommentierenden und damit der Nutzer. Die Arbeitgeberin stellt damit keine Plattform zur Verfügung, auf welcher etwaige Kommentare eingestellt werden können. Sie mag mit dem Betreiben ihres Twitter-Accounts dazu motivieren, Kommentare abzugeben. Dies geschieht aber eben nicht auf der von ihr selbst betriebenen Twitter-Seite.

39

Es handelt sich daher bei den sogenannten Postings der Nutzer als etwaige Reaktionen auf Twitter Nachrichten der Arbeitgeberin nicht um solche, die auf der Seite der Arbeitgeberin „eingestellt“ werden, wie der Gesamtbetriebsrat offenbar meint. Die Postings geben die Nutzer auf ihren jeweiligen eigenen Accounts ab, ohne dass diese Nachrichten auf dem Account der Arbeitgeberin gespeichert werden. Insoweit macht es nach Auffassung der Kammer einen entscheidenden Unterschied, ob die Kommentare auf einer von der Arbeitgeberin betriebenen Seite gespeichert werden oder ob diese Nachrichten über eine durchzuführende Suche auf anderen Accounts als demjenigen der Arbeitgeberin aufgefunden werden können. Die Nachrichten befinden sich im letzteren Fall nicht „in der Sphäre“ der Arbeitgeberin.

40

Dazu kommt, dass etwaige Nachrichten von Nutzern nur in denjenigen Nachrichtenverläufen der Personen erscheinen, die diesen Dritten tatsächlich abonniert haben. Auf der öffentlichen Seite der Arbeitgeberin wird ein solcher Beitrag hingegen nicht veröffentlicht. Dort wird er nicht eingestellt. Anders als in der Facebook-Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13.12.2016 ist daher im Falle von Twitter nicht zu befürchten, dass die geposteten Beiträge einer unbestimmten Anzahl von Personen, die eine Seite aufrufen, offenbart werden. Auch insoweit unterscheiden sich die Funktionen, die Twitter seinen Nutzern und damit auch der Arbeitgeberin bereitstellt von denjenigen, die Facebook seinen Nutzern bietet, in einem nach Auffassung der Kammer entscheidungserheblichen Punkt.

41

2. Auch die hilfsweise gestellten Anträge zu 2. bis 4. sind jeweils unbegründet.

42

Dem Gesamtbetriebsrat stehen die geltend gemachten Unterlassungsansprüche nicht zu. Insoweit scheitern die geltend gemachten Ansprüche bereits daran, dass sie jeweils schon nach dem Vortrag des Gesamtbetriebsrats auf eine unmögliche Handlung gerichtet sind.

43

Unstreitig lassen sich die einzelnen vom Gesamtbetriebsrat benannte Funktionen bei Twitter nicht isoliert aktivieren oder deaktivieren. Genau das begehrt der Gesamtbetriebsrat aber mit seinen hilfsweise gestellten Anträgen zu 2. bis 4. Der Gesamtbetriebsrat begehrt darin jeweils abgestuft separat, der Arbeitgeberin zu untersagen, die einzelnen Funktionen „Antworten“, „Retweet“ und „Erwähnungen“ den Nutzern zur Verfügung zu stellen. Diese Anträge setzen jedoch voraus, dass es der Arbeitgeberin möglich ist, die einzelnen Funktionen auch separat zu aktivieren bzw. – wie im konkreten Fall jeweils begehrt – zu deaktivieren oder deaktivieren zu lassen. Das ist aber schon nach dem Vortrag des Gesamtbetriebsrates technisch derzeit nicht möglich. Allein die Möglichkeit, dass Twitter eine solche separate Deaktivierung zukünftig technisch ermöglicht, lässt die Hilfsanträge des Gesamtbetriebsrates nicht als begründet erscheinen. Dem Gesamtbetriebsrat ist nicht ein Unterlassungsanspruch im Vorgriff auf eine möglicherweise zukünftige technische Entwicklung zuzusprechen. Unabhängig von den Erwägungen zum Hauptantrag (s.o. II.1.) scheitern die Hilfsanträge daher bereits an diesem Gesichtspunkt.

44

3. Mangels Bestehen eines Unterlassungsanspruches ist auch die Androhung eines Ordnungsgeldes – wie mit dem Antrag zu Ziffer 5. begehrt – nicht in Betracht gekommen.

III.

45

Für eine Kostenentscheidung besteht kein Anlass. Die Entscheidung ist gerichtskostenfrei (§ 2 Abs. 2 GKG iVm. § 2a Abs. 1 ArbGG).

(1) Gegen die das Verfahren beendenden Beschlüsse der Arbeitsgerichte findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt.

(2) Für das Beschwerdeverfahren gelten die für das Berufungsverfahren maßgebenden Vorschriften sowie die Vorschrift des § 85 über die Zwangsvollstreckung entsprechend, soweit sich aus den §§ 88 bis 91 nichts anderes ergibt. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Abs. 1 bis 3 und 5 entsprechend. Der Antrag kann jederzeit mit Zustimmung der anderen Beteiligten zurückgenommen werden; § 81 Abs. 2 Satz 2 und 3 und Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden.

(3) In erster Instanz zu Recht zurückgewiesenes Vorbringen bleibt ausgeschlossen. Neues Vorbringen, das im ersten Rechtszug entgegen einer hierfür nach § 83 Abs. 1a gesetzten Frist nicht vorgebracht wurde, kann zurückgewiesen werden, wenn seine Zulassung nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Beschlussverfahrens verzögern würde und der Beteiligte die Verzögerung nicht genügend entschuldigt. Soweit neues Vorbringen nach Satz 2 zulässig ist, muss es der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung, der Beschwerdegegner in der Beschwerdebeantwortung vortragen. Wird es später vorgebracht, kann es zurückgewiesen werden, wenn die Möglichkeit es vorzutragen vor der Beschwerdebegründung oder der Beschwerdebeantwortung entstanden ist und das verspätete Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und auf dem Verschulden des Beteiligten beruht.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hat aufschiebende Wirkung; § 85 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt im Rahmen der gestellten Anträge von Amts wegen. Die am Verfahren Beteiligten haben an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken.

(1a) Der Vorsitzende kann den Beteiligten eine Frist für ihr Vorbringen setzen. Nach Ablauf einer nach Satz 1 gesetzten Frist kann das Vorbringen zurückgewiesen werden, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts seine Zulassung die Erledigung des Beschlussverfahrens verzögern würde und der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt. Die Beteiligten sind über die Folgen der Versäumung der nach Satz 1 gesetzten Frist zu belehren.

(2) Zur Aufklärung des Sachverhalts können Urkunden eingesehen, Auskünfte eingeholt, Zeugen, Sachverständige und Beteiligte vernommen und der Augenschein eingenommen werden.

(3) In dem Verfahren sind der Arbeitgeber, die Arbeitnehmer und die Stellen zu hören, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz, dem Sprecherausschussgesetz, dem Mitbestimmungsgesetz, dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz, dem Drittelbeteiligungsgesetz, den §§ 177, 178 und 222 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, dem § 18a des Berufsbildungsgesetzes und den zu diesen Gesetzen ergangenen Rechtsverordnungen sowie nach dem Gesetz über Europäische Betriebsräte, dem SE-Beteiligungsgesetz, dem SCE-Beteiligungsgesetz, dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung und dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitendem Formwechsel und grenzüberschreitender Spaltung im einzelnen Fall beteiligt sind.

(4) Die Beteiligten können sich schriftlich äußern. Bleibt ein Beteiligter auf Ladung unentschuldigt aus, so ist der Pflicht zur Anhörung genügt; hierauf ist in der Ladung hinzuweisen. Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(5) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Arbeitsgerichts oder seines Vorsitzenden findet die Beschwerde nach Maßgabe des § 78 statt.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Konzernbetriebsrats wird unter deren Zurückweisung im Übrigen der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 12. Januar 2015 - 9 TaBV 51/14 - insoweit aufgehoben, als es die Anträge zu 2. und 3. abgewiesen hat.

Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird unter deren Zurückweisung im Übrigen der Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 27. Juni 2014 - 14 BV 104/13 - abgeändert:

Die Arbeitgeberin wird verpflichtet, es zu unterlassen, den Besuchern (Facebook-Nutzern) der Seite www.facebook.com/d die Nutzung der Funktion „Besucher-Beiträge“ zu ermöglichen, solange nicht die Zustimmung des Konzernbetriebsrats oder ein die Zustimmung ersetzender Beschluss der Einigungsstelle vorliegt.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über ein Mitbestimmungsrecht des Konzernbetriebsrats beim Betreiben einer Facebookseite durch den Konzern.

2

Die Arbeitgeberin ist das herrschende Unternehmen eines Konzerns, der Blutspendedienste betreibt. In dem Konzern sind etwa 1.300 Arbeitnehmer beschäftigt. Täglich werden durchschnittlich 40 Blutspendetermine durchgeführt. Dafür werden ein Arzt oder mehrere Ärzte sowie drei bis sieben weitere Mitarbeiter eingesetzt.

3

Im Unternehmen der Arbeitgeberin besteht ein Gesamtbetriebsrat. Dieser sowie die in drei abhängigen Unternehmen bestehenden Betriebsräte haben den antragstellenden Konzernbetriebsrat errichtet. Die Arbeitgeberin und der Konzernbetriebsrat schlossen am 4. März 2009 eine „EDV-Konzern-Rahmenbetriebsvereinbarung“ (EDV-KRBV).

4

Seit dem 15. April 2013 unterhält die Arbeitgeberin bei Facebook die Seite „www.facebook.com/d“ zur einheitlichen Präsentation des Konzerns. Deren Gestaltung erfolgt mittels einer internetbasierten Software, die von Facebook zur Verfügung gestellt wird. Sie ermöglicht es registrierten Nutzern, „Besucher-Beiträge“ einzustellen (posten), die von allen Besuchern der Seite eingesehen werden können.

5

Betreut wird die Facebookseite von einer unternehmensübergreifenden Gruppe von etwa zehn Arbeitnehmern. Diese stellen ua. Beiträge ein und sind damit betraut, einzelne Postings gegebenenfalls zu kommentieren oder auch zu löschen. Über die auf der Facebookseite abgebildete Chronik ist ersichtlich, an welchem Tag und zu welcher Uhrzeit dort ein Beitrag oder Kommentar eingestellt oder aktualisiert wurde. Für diese Tätigkeit wurden den dazu berechtigten Arbeitnehmern zunächst individuelle Administratorenkennungen zur Verfügung gestellt. Im Verlauf des vorliegenden Beschlussverfahrens ordnete die Arbeitgeberin die Verwendung einer zentralen Administratorenkennung an.

6

Am 15. April 2013 stellte ein Nutzer ein Posting auf der Facebookseite ein, in dem er sich über das Setzen der Injektionsnadel für eine Blutspende beschwerte. In einem weiteren Posting wurde einem Arzt vorgeworfen, er habe vor der Blutabnahme keine regelgerechte Untersuchung vorgenommen, woraufhin eine Blutspenderin beinahe kollabiert sei.

7

Der Konzernbetriebsrat hat geltend gemacht, das Anmelden und Betreiben der Facebookseite erfolge unter Verstoß gegen sein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Die Arbeitgeberin könne über eine von Facebook bereitgestellte und demnächst auch auf Deutsch verfügbare Funktion „graph search“ Daten über das Verhalten von Arbeitnehmern zusammenführen. Es existierten zudem weitere Auswertungsmöglichkeiten für Inhaber von Facebook-Konten. Jedenfalls würden die Leistungen der Arbeitnehmer, denen die Pflege der Facebookseite übertragen sei, elektronisch erfasst und gespeichert. Schließlich könnten sich Nutzer durch ihre Besucher-Beiträge gegenüber einem unbegrenzten Personenkreis über Verhalten und Leistung von Beschäftigten äußern. Die Postings würden ohne vorherige Kontrolle durch die Arbeitgeberin allgemein einsehbar eingestellt.

8

Der Konzernbetriebsrat hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Arbeitgeberin zu verpflichten, bei der Internetplattform facebook die Seite www.facebook.com/d abzumelden,

        

2.    

hilfsweise,

                 

die Arbeitgeberin zu verpflichten, es zu unterlassen, den Nutzern der Internetplattform facebook die Seite www.facebook.com/d zur Übermittlung (Posting) von Informationen zur Verfügung zu stellen, solange nicht die Zustimmung des Konzernbetriebsrats oder ein die Zustimmung ersetzender Beschluss der Einigungsstelle vorliegt,

        

3.    

weiter hilfsweise,

                 

festzustellen, dass der Arbeitgeber bei der Anmeldung der Internetplattform facebook bei der Eröffnung der Seite www.facebook.com/d ein Mitbestimmungsrecht des Konzernbetriebsrats nach § 87 Abs. 1 Ziffer 6 BetrVG verletzt hat.

9

Die Arbeitgeberin hat die Abweisung der Anträge beantragt. Daten über Leistungen und Verhalten der Arbeitnehmer würden durch das Betreiben der Facebook-Seite weder erhoben noch verarbeitet. Die Funktion „graph search“ sei für in deutscher Sprache verfasste Facebookseiten nicht verwendbar und verfüge zudem nicht über den behaupteten Rechercheumfang. Aufgrund der Verwendung einer allgemeinen Administratorenkennung sei es auch nicht nachvollziehbar, wer von den die Facebookseite betreuenden Arbeitnehmern welche Informationen zu welchem Zeitpunkt eingestellt habe. Zudem sei der betreffende Arbeitnehmer nicht stets mit demjenigen identisch, der den Beitrag erarbeitet habe. Allerdings bestehe die Möglichkeit, dass sie durch einen Besucher-Beitrag über eine als mangelhaft empfundene Arbeitsleistung informiert werde. Diese Daten erhebe sie aber nicht. Sie würden unaufgefordert von Dritten eingegeben und von ihr weder gesondert technisch aufgezeichnet noch ausgewertet. Schließlich habe der Konzernbetriebsrat ein etwaiges Mitbestimmungsrecht durch Abschluss der EDV-KRBV bereits ausgeübt.

10

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag zu 1. stattgegeben. Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin hat das Landesarbeitsgericht die Anträge insgesamt abgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde begehrt der Konzernbetriebsrat die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

11

B. Die Rechtsbeschwerde des Konzernbetriebsrats hat teilweise Erfolg. Der Antrag zu 1. ist unbegründet, der Antrag zu 2. ist begründet. Der hierzu hilfsweise gestellte Antrag zu 3. fällt daher nicht zur Entscheidung an.

12

I. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen waren die örtlichen Betriebsräte und der für ein weiteres Unternehmen gebildete Gesamtbetriebsrat nicht nach § 83 Abs. 3 ArbGG zu beteiligen.

13

1. Nach § 83 Abs. 3 ArbGG haben in einem Beschlussverfahren neben dem Antragsteller diejenigen Stellen ein Recht auf Anhörung, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz im einzelnen Fall beteiligt sind. Das ist jede Stelle, die durch die begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Stellung unmittelbar betroffen ist (BAG 18. November 2014 - 1 ABR 21/13 - Rn. 12 mwN, BAGE 150, 74). Eine unmittelbare Betroffenheit der anderen in einem Konzern bestehenden Arbeitnehmervertretungen scheidet aber aus, wenn es um die Mitbestimmung an einer Entscheidung des Arbeitgebers geht, die denknotwendig oberhalb der Ebene der einzelnen Betriebe und Unternehmen getroffen wird (ausführlich BAG 28. März 2006 - 1 ABR 59/04 - Rn. 10 ff., BAGE 117, 337).

14

2. Die vom Konzernbetriebsrat begehrte Entscheidung berührt nach diesen Grundsätzen ersichtlich nicht die betriebsverfassungsrechtliche Stellung der örtlichen Betriebsräte oder des Gesamtbetriebsrats. Die Arbeitgeberin hat - als unternehmerische Vermarktungsentscheidung mitbestimmungsfrei - vorgegeben, eine Facebookseite als konzernweite Maßnahme der Öffentlichkeitsarbeit und des Marketings mit einer einheitlichen Ausgestaltung einzurichten und zu betreiben. Damit handelt es sich gemäß § 58 Abs. 1 BetrVG um eine Maßnahme, die den Konzern betrifft und offensichtlich nicht durch den Gesamtbetriebsrat im Unternehmen der Arbeitgeberin oder durch die Betriebsräte in den jeweiligen Betrieben des Konzerns geregelt werden kann.

15

II. Der Antrag zu 1. ist zulässig, aber unbegründet.

16

1. Der Antrag zu 1. ist, wie dessen gebotene Auslegung ergibt, zulässig.

17

a) Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, mit dem Antrag zu 1. werde eine Unterlassungsverpflichtung der Arbeitgeberin begehrt. Ein Unterlassen iSd. § 890 ZPO liegt auch vor, wenn ein aktives Verhalten erforderlich ist, damit der Schuldner seiner Pflicht, etwas zu unterlassen, gerecht werden kann. Der Konzernbetriebsrat will erreichen, dass die Arbeitgeberin es unterlässt, die Facebookseite weiter zu betreiben, da seiner Ansicht nach die mit der Nutzung dieses Kontos untrennbar einhergehenden Auswertungsmöglichkeiten - jedenfalls aber die Funktion „graph search“ - eine umfassende Überwachung des Verhaltens und der Leistung von Beschäftigten oder zumindest der diese Seite betreuenden Arbeitnehmer erlauben. Nach dem Vorbringen des Konzernbetriebsrats liegen seinem mit dem Antrag zu 1. verfolgten Begehren jene Auswertungsmöglichkeiten zugrunde, die zwingend mit der Einrichtung und dem Betrieb einer Facebookseite einhergehen und nicht durch Einstellungen des Kontoinhabers bei Facebook unterbunden werden können.

18

b) Diesem Unterlassungsanspruch soll die Arbeitgeberin nachkommen, indem sie „die Anmeldung bei Facebook rückgängig“ macht. Sie soll nicht nur nach den von Facebook zur Verfügung gestellten technischen Möglichkeiten („Verwaltung deines Kontos“) ihr dort unterhaltenes Konto „deaktivieren“, sondern dauerhaft „löschen“. Dieses Antragsverständnis hat der Konzernbetriebsrat in der Anhörung vor dem Senat bestätigt.

19

c) Mit diesem Inhalt ist der Antrag hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Arbeitgeberin kann erkennen, welches Verhalten von ihr verlangt wird.

20

2. Der Antrag zu 1. ist unbegründet. Der Konzernbetriebsrat kann sich für sein Unterlassungsbegehren nicht auf ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG stützen. Die der Arbeitgeberin zwingend vorgegebenen Funktionen ihrer Facebookseite ermöglichen aufgrund der derzeit zur Verfügung stehenden Auswertungsmöglichkeiten keine Überwachung des Verhaltens und der Leistung von Beschäftigten (unter b). Der Betrieb der Facebookseite führt auch nicht dazu, dass diejenigen Arbeitnehmer, die den Facebookauftritt betreuen, durch eine technische Einrichtung iSd. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG überwacht werden(unter c).

21

a) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG hat der Betriebsrat ua. mitzubestimmen bei der Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Das Mitbestimmungsrecht ist darauf gerichtet, Arbeitnehmer vor Beeinträchtigungen ihres Persönlichkeitsrechts durch den Einsatz technischer Überwachungseinrichtungen zu bewahren, die nicht durch schutzwerte Belange des Arbeitgebers gerechtfertigt und unverhältnismäßig sind (BAG 29. Juni 2004 - 1 ABR 21/03 - zu B I 2 d der Gründe mwN, BAGE 111, 173). Die auf technischem Wege erfolgende Ermittlung und Aufzeichnung von Informationen über Arbeitnehmer bei der Erbringung ihrer Arbeitsleistung bergen die Gefahr in sich, dass sie zum Objekt einer Überwachungstechnik gemacht werden, die anonym personen- oder leistungsbezogene Informationen erhebt, speichert, verknüpft und sichtbar macht. Den davon ausgehenden Gefährdungen des Persönlichkeitsrechts von Arbeitnehmern soll das Mitbestimmungsrecht entgegenwirken (BAG 10. Dezember 2013 - 1 ABR 43/12 - Rn. 27).

22

b) „Überwachung“ im Sinne des Mitbestimmungsrechts ist ein Vorgang, durch den Informationen über das Verhalten oder die Leistung von Arbeitnehmern erhoben und - jedenfalls in der Regel - aufgezeichnet werden, um sie auch späterer Wahrnehmung zugänglich zu machen. Die Informationen müssen auf technische Weise ermittelt und dokumentiert werden, so dass sie zumindest für eine gewisse Dauer verfügbar bleiben und vom Arbeitgeber herangezogen werden können. Die Überwachung muss durch die technische Einrichtung selbst bewirkt werden. Dazu muss diese aufgrund ihrer technischen Natur unmittelbar die Überwachung vornehmen. Das setzt voraus, dass die technische Einrichtung selbst und automatisch die Daten über bestimmte Vorgänge erhebt, speichert und/oder verarbeitet. Ausreichend ist, wenn lediglich ein Teil des Überwachungsvorgangs mittels einer technischen Einrichtung erfolgt. Zur Überwachung „bestimmt“ sind technische Einrichtungen, wenn sie objektiv geeignet sind, Verhaltens- oder Leistungsinformationen über den Arbeitnehmer zu erheben und aufzuzeichnen; auf die subjektive Überwachungsabsicht des Arbeitgebers kommt es nicht an (BAG 10. Dezember 2013 - 1 ABR 43/12 - Rn. 20 mwN; 27. Januar 2004 - 1 ABR 7/03 - Rn. 27, BAGE 109, 235). Auch reicht es aus, wenn die leistungs- oder verhaltensbezogenen Daten nicht auf technischem Weg durch die Einrichtung selbst gewonnen werden, sondern manuell eingegeben und von der technischen Einrichtung weiter verwertet werden (BAG 23. April 1985 - 1 ABR 39/81 - zu B II 2 der Gründe mwN).

23

c) Danach ist eine Facebookseite mit ihren vorgegebenen Funktionen keine technische Einrichtung, die aufgrund ihrer derzeitigen Auswertungsmöglichkeiten dazu bestimmt ist, das Verhalten und die Leistung von Arbeitnehmern zu überwachen.

24

aa) Es ist nicht erkennbar, dass die von Facebook bereitgestellten Funktionen - „Auswertung von Ergebnissen“ - geeignet sein sollen, das Verhalten und die Leistung einzelner im Konzern beschäftigter Arbeitnehmer im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses zu überwachen. Die Funktion „Seitenstatistiken“ mit den Bereichen „Beiträge“, „Besuche“, „‘Gefällt mir‘-Angaben“, „Reichweite“ gestattet keine individualisierbaren Auswertungen. Gleiches gilt für die Auswertungsfunktionen „Werbeanzeigenberichte“ und „Offline-Conversions“ (vgl. schon Karg/Thomsen DuD 2012, 729, 731; Unabhängiges Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein Datenschutzrechtliche Bewertung der Reichweitenanalyse durch Facebook 2011 S. 12 ff.).

25

bb) Soweit der Konzernbetriebsrat ohne nähere Konkretisierung geltend macht, durch „überlegte Suchparameter“ könne man „zu aussagekräftigen Ergebnissen kommen“, fehlt es bereits an einem nachvollziehbaren und nachprüfbaren Vorbringen, wie dies seitens der Arbeitgeberin möglich sein soll. Die vom Konzernbetriebsrat noch in den Tatsacheninstanzen angeführte Suchfunktion „graph search“ stand und steht jedenfalls für die deutschsprachige Facebookseite der Arbeitgeberin nicht zur Verfügung. Das wird vom Konzernbetriebsrat auch nicht mehr behauptet.

26

d) Ein Mitbestimmungsrecht des Konzernbetriebsrats folgt auch nicht aus dem Umstand, dass die arbeitgeberseitigen „Beiträge“ und „Kommentare“ der mit der Pflege der Facebookseite beschäftigten Arbeitnehmer auf dieser mit dem Datum und der Uhrzeit ihrer Einstellung versehen sind.

27

aa) Durch das Aufzeichnen von Datum und Uhrzeit der Einstellung von „Beiträgen“ und „Kommentaren“ auf der Facebookseite werden zwar entsprechende Leistungsdaten von Arbeitnehmern technisch erfasst und dokumentiert. Die Überwachung durch eine technische Einrichtung iSd. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG erfordert jedoch, dass die erhobenen Daten einzelnen Arbeitnehmern zugeordnet werden können, sie also individualisierbar sind. Wird lediglich die Gesamtleistung einer Gruppe aufgezeichnet, kommt ein Mitbestimmungsrecht nur in Betracht, wenn der auf die Gruppe ausgeübte Überwachungsdruck auf die einzelnen Gruppenmitglieder durchschlägt (ausf. BAG 26. Juli 1994 - 1 ABR 6/94 - zu B II 2 c aa der Gründe, BAGE 77, 262).

28

bb) Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht gegeben.

29

(1) Nach den nicht mit zulässigen Verfahrensrügen angegriffenen und den Senat bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist aufgrund der verwendeten allgemeinen Administratorenkennung eine Identifizierung des jeweiligen Arbeitnehmers, der einen Beitrag oder einen Kommentar verfasst oder auf die Facebookseite der Arbeitgeberin einstellt, auch unter Zuhilfenahme weiterer Erkenntnisquellen, ausgeschlossen. Folgerichtig hat das Landesarbeitsgericht das Fehlen eines Überwachungsdrucks angenommen. Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde nicht. Soweit sie nunmehr geltend macht, die Arbeitnehmer würden weisungswidrig bei der Administration der Seite nicht stets die allgemeine Zugangskennung verwenden, handelt es sich um neuen und damit nicht berücksichtigungsfähigen Sachvortrag in der Rechtsbeschwerdeinstanz.

30

(2) Ein anderes Ergebnis ist auch nicht durch Satz 2 Nr. 5 der Anlage zu § 9 Satz 1 BDSG vorgegeben(so offenbar Brink jurisPR-ArbR 14/2015 Anm. 3). Zwar muss der Arbeitgeber danach gewährleisten, dass nachträglich überprüft werden kann, ob und von wem personenbezogene Daten in Datenverarbeitungssysteme eingegeben, verändert oder entfernt worden sind (Eingabekontrolle). Dies könnte sich auch auf eingestellte Beiträge oder Kommentare beziehen, wenn sie personenbezogene Daten iSd. § 3 Abs. 1 BDSG enthalten. Ob und auf welchem Weg die Arbeitgeberin unter Wahrung der Voraussetzungen der EDV-KRBV ihrer gesetzlichen Verpflichtung nach Satz 2 Nr. 5 der Anlage zu § 9 Satz 1 BDSG nachkommt, betrifft aber nicht das geltend gemachte Mitbestimmungsrecht.

31

III. Der hilfsweise gestellte, zulässige Antrag zu 2. ist begründet.

32

1. Der Antrag zu 2. genügt dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

33

a) Dem Wortlaut nach soll es die Arbeitgeberin unterlassen, „den Nutzern … die Seite … zur Übermittlung (Posting) von Informationen zur Verfügung zu stellen“. Der Konzernbetriebsrat will mit diesem zukunftsgerichteten Unterlassungsbegehren erreichen, dass die Arbeitgeberin es Nutzern nicht gestattet, „Postings“ auf der Facebookseite einzustellen. Dem - wie der Konzernbetriebsrat in der Anhörung vor dem Senat klargestellt hat - ausschließlich auf die Funktion „Besucher-Beiträge“ bezogenen Unterlassungsbegehren soll die Arbeitgeberin nachkommen, indem sie in den „Einstellungen“ der Facebookseite die Option „Beiträge von anderen Personen auf der Seite deaktivieren“ wählt. Die ebenfalls eröffnete technische Möglichkeit „Kontrolliere Beiträge von anderen Personen, bevor diese auf der Seite veröffentlicht werden“, damit diese zunächst „automatisch verborgen“ und von der Arbeitgeberin individuell freigegeben werden können, entspricht dem Begehren des Konzernbetriebsrats hingegen nicht. Zwischen den Betriebsparteien ist gerade im Streit, ob und nach welchen Kriterien „Besucher-Beiträge“ von Nutzern „freigegeben“ werden sollen, wenn sie das Arbeitsverhalten von Arbeitnehmern betreffen. Nicht deaktivieren kann die Arbeitgeberin die Funktion „Kommentare“. Darin eingestellte Beiträge werden vom Antrag allerdings auch nicht erfasst.

34

b) Danach verfolgt der Konzernbetriebsrat mit dem Hilfsantrag eine Unterlassungspflicht der Arbeitgeberin, der sie bereits durch eine Änderung ihrer bei Facebook bestehenden „Einstellungen“ nachkommen kann, ohne den Betrieb der Facebookseite insgesamt einzustellen. Dieser ist - anders als der Hauptantrag - nicht darauf gerichtet, die Facebookseite insgesamt „abzumelden“, also das Konto zu löschen.

35

2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats steht dem Betriebsrat bei der Verletzung seines Mitbestimmungsrechts aus § 87 BetrVG ein Anspruch auf Unterlassen der mitbestimmungswidrigen Maßnahme zu. Dieser Anspruch setzt keine grobe Pflichtverletzung des Arbeitgebers iSd. § 23 Abs. 3 BetrVG voraus(BAG 25. September 2012 - 1 ABR 49/11 - Rn. 19).

36

3. Bei der von der Arbeitgeberin betriebenen Facebookseite mit der eröffneten Möglichkeit, Besucher-Beiträge einzustellen, handelt es sich um eine technische Einrichtung iSd. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG, die zur Überwachung der Leistung und des Verhaltens der bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer bestimmt ist. Dieses Mitbestimmungsrecht hat die Arbeitgeberin verletzt.

37

a) Die Facebookseite der Arbeitgeberin ist eine technische Einrichtung iSd. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Die Arbeitgeberin nutzt mit den bei ihr vorhandenen EDV-Einrichtungen eine von Facebook bereitgestellte webbasierte Software. Durch die Eröffnung und den Betrieb eines Kontos für die Seite „www.facebook.com/d“ hat sie die technische Einrichtung eingeführt und wendet sie an.

38

b) Die von der Arbeitgeberin eingerichtete Funktion „Besucher-Beiträge“ ermöglicht eine Überwachung des Verhaltens und der Leistung der in ihrem Konzern beschäftigten Arbeitnehmer iSd. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG.

39

aa) Die Funktion „Besucher-Beiträge“ erlaubt derzeit den Nutzern von Facebook, Postings zum Verhalten und zur Leistung der bei den konzernzugehörigen Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmern auf der Seite der Arbeitgeberin einzustellen. Je nach dem Inhalt dieser Besucher-Beiträge können diese namentlich oder situationsbedingt einem bestimmten Arbeitnehmer zugeordnet werden. Auch die Arbeitgeberin geht davon aus, dass sie auf diesem Weg Kenntnis über Leistung oder Verhalten von Arbeitnehmern, vor allem den bei Blutspendediensten eingesetzten, erlangen kann. Solche Besucher-Beiträge können in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der bei der Arbeitgeberin beschäftigten Arbeitnehmer eingreifen. Dieses Recht umfasst die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden, und daher grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten gegenüber Dritten und der Öffentlichkeit zu bestimmen (BVerfG 23. Februar 2007 - 1 BvR 2368/06 - Rn. 37 mwN). Durch arbeitnehmerbezogene Besucherbeiträge und deren Veröffentlichung auf der Facebookseite der Arbeitgeberin werden deren Arbeitnehmer einem ständigen Überwachungsdruck ausgesetzt. Sie müssen jederzeit damit rechnen, dass Beiträge zu ihrer Leistung oder ihrem Verhalten gepostet werden und damit nicht nur dem Arbeitgeber, sondern einer unbestimmten Anzahl von Personen, die diese Seite aufrufen, offenbart werden (vgl. Greif NZA 2015, 1106, 1107).

40

bb) Die Facebookseite ist damit auch iSd. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG zur Überwachung bestimmt. Es ist unerheblich, dass die Seite nicht auf die Überwachung der Leistung und des Verhaltens der bei der Arbeitgeberin beschäftigten Arbeitnehmer ausgerichtet ist oder die Nutzer nicht von ihr aufgefordert werden, „Besucher-Beiträge“ zu dem Verhalten oder der Leistung von Beschäftigten einzustellen. Das gilt unabhängig davon, ob die Arbeitgeberin die erfassten und festgehaltenen Verhaltens- oder Leistungsdaten tatsächlich verarbeiten oder für Reaktionen auf festgestellte Verhaltens- oder Leistungsweisen verwenden will. Überwachung iSd. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ist nicht erst das Auswerten oder die weitere Verarbeitung schon vorliegender Informationen, sondern bereits das Sammeln derselben(BAG 14. November 2006 - 1 ABR 4/06 - Rn. 27 mwN, BAGE 120, 146). Nicht erforderlich ist auch, dass der gespeicherte „Besucher-Beitrag“ schon eine vernünftige und abschließende Beurteilung des Verhaltens oder der Leistung des Arbeitnehmers erlaubt. Es genügt, dass ein Posting in Verbindung mit weiteren gewonnenen Erkenntnissen eine Beurteilung ermöglicht.

41

cc) Schließlich erfolgt diese Überwachung mit Hilfe einer technischen Einrichtung. Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin ist es nicht erforderlich, dass die Daten über das Verhalten oder die Leistung des einzelnen Arbeitnehmers durch die technische Einrichtung zunächst selbst und „automatisch“ erhoben werden (BAG 23. April 1985 - 1 ABR 39/81 - zu B II 2 der Gründe mwN; 14. September 1984 - 1 ABR 23/82 - zu B III der Gründe, BAGE 46, 367). Daher genügt es, wenn die Informationen durch die Nutzer der Facebookseite aufgrund der dort vorhandenen Funktion „Besucher-Beiträge“ eingegeben und mittels der von Facebook eingesetzten Software einer dauerhaften Speicherung und zeitlich unbegrenzter Zugriffsmöglichkeit zugeführt werden. Zudem sind diese Daten über die Facebookseite dauerhaft öffentlich zugänglich. Sie sind deshalb nicht - wie das Landesarbeitsgericht meint - mit einem an den Arbeitgeber gerichteten Beschwerdebrief vergleichbar.

42

4. Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin hat der Konzernbetriebsrat das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG nicht bereits durch den Abschluss der EDV-KRBV ausgeübt. Die Annahme der Arbeitgeberin, über § 1 Abs. 2 iVm. der Anlage 1 EDV-KRBV sei aufgrund der dort in den Buchstaben E und F erwähnten Komponenten „Mail-Systeme“, „PC-Netze, Intranet, Internet, Extranet“ auch die von ihr von Facebook zur Verfügung gestellte webbasierte Software zur Einrichtung und dem Betrieb der Facebookseite erfasst, ist unzutreffend. Die nach § 8 EDV-KRBV geregelte Internetnutzung betrifft den Zugang zum World Wide Web einschließlich der hierzu unmittelbar erforderlichen Software (Webbrowser oder allgemein Browser) zur Darstellung von Webseiten, nicht jedoch eigenständige, webbasierte Softwareprogramme, die durch die Eröffnung eines Kontos bei Facebook durch die Arbeitgeberin zum Einsatz kommen. Solche „EDV-Anwendungssysteme oder Systeme der Informations- und Kommunikationstechnik“ („Anwendungssysteme“) werden nach § 1 Abs. 1, Spiegelstrich 2 iVm. § 1 Abs. 2 EDV-KRBV nur dann vom Geltungsbereich der Konzernbetriebsvereinbarung erfasst, wenn sie in der Anlage 1 zur EDV-KRBV aufgeführt sind. Nach § 1 Abs. 2 Satz 7 EDV-KRBV sind „neu eingesetzte“ Systeme in die Anlage 1 aufzunehmen. Das ist nicht geschehen.

        

    Schmidt    

        

    Ahrendt    

        

    Treber    

        

        

        

    Hromadka    

        

    Sibylle Spoo    

                 

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(1) Gegen die das Verfahren beendenden Beschlüsse der Arbeitsgerichte findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt.

(2) Für das Beschwerdeverfahren gelten die für das Berufungsverfahren maßgebenden Vorschriften sowie die Vorschrift des § 85 über die Zwangsvollstreckung entsprechend, soweit sich aus den §§ 88 bis 91 nichts anderes ergibt. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Abs. 1 bis 3 und 5 entsprechend. Der Antrag kann jederzeit mit Zustimmung der anderen Beteiligten zurückgenommen werden; § 81 Abs. 2 Satz 2 und 3 und Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden.

(3) In erster Instanz zu Recht zurückgewiesenes Vorbringen bleibt ausgeschlossen. Neues Vorbringen, das im ersten Rechtszug entgegen einer hierfür nach § 83 Abs. 1a gesetzten Frist nicht vorgebracht wurde, kann zurückgewiesen werden, wenn seine Zulassung nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Beschlussverfahrens verzögern würde und der Beteiligte die Verzögerung nicht genügend entschuldigt. Soweit neues Vorbringen nach Satz 2 zulässig ist, muss es der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung, der Beschwerdegegner in der Beschwerdebeantwortung vortragen. Wird es später vorgebracht, kann es zurückgewiesen werden, wenn die Möglichkeit es vorzutragen vor der Beschwerdebegründung oder der Beschwerdebeantwortung entstanden ist und das verspätete Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und auf dem Verschulden des Beteiligten beruht.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hat aufschiebende Wirkung; § 85 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Durch Tarifvertrag können bestimmt werden:

1.
für Unternehmen mit mehreren Betrieben
a)
die Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats oder
b)
die Zusammenfassung von Betrieben,
wenn dies die Bildung von Betriebsräten erleichtert oder einer sachgerechten Wahrnehmung der Interessen der Arbeitnehmer dient;
2.
für Unternehmen und Konzerne, soweit sie nach produkt- oder projektbezogenen Geschäftsbereichen (Sparten) organisiert sind und die Leitung der Sparte auch Entscheidungen in beteiligungspflichtigen Angelegenheiten trifft, die Bildung von Betriebsräten in den Sparten (Spartenbetriebsräte), wenn dies der sachgerechten Wahrnehmung der Aufgaben des Betriebsrats dient;
3.
andere Arbeitnehmervertretungsstrukturen, soweit dies insbesondere aufgrund der Betriebs-, Unternehmens- oder Konzernorganisation oder aufgrund anderer Formen der Zusammenarbeit von Unternehmen einer wirksamen und zweckmäßigen Interessenvertretung der Arbeitnehmer dient;
4.
zusätzliche betriebsverfassungsrechtliche Gremien (Arbeitsgemeinschaften), die der unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit von Arbeitnehmervertretungen dienen;
5.
zusätzliche betriebsverfassungsrechtliche Vertretungen der Arbeitnehmer, die die Zusammenarbeit zwischen Betriebsrat und Arbeitnehmern erleichtern.

(2) Besteht in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1, 2, 4 oder 5 keine tarifliche Regelung und gilt auch kein anderer Tarifvertrag, kann die Regelung durch Betriebsvereinbarung getroffen werden.

(3) Besteht im Fall des Absatzes 1 Nr. 1 Buchstabe a keine tarifliche Regelung und besteht in dem Unternehmen kein Betriebsrat, können die Arbeitnehmer mit Stimmenmehrheit die Wahl eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats beschließen. Die Abstimmung kann von mindestens drei wahlberechtigten Arbeitnehmern des Unternehmens oder einer im Unternehmen vertretenen Gewerkschaft veranlasst werden.

(4) Sofern der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nichts anderes bestimmt, sind Regelungen nach Absatz 1 Nr. 1 bis 3 erstmals bei der nächsten regelmäßigen Betriebsratswahl anzuwenden, es sei denn, es besteht kein Betriebsrat oder es ist aus anderen Gründen eine Neuwahl des Betriebsrats erforderlich. Sieht der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung einen anderen Wahlzeitpunkt vor, endet die Amtszeit bestehender Betriebsräte, die durch die Regelungen nach Absatz 1 Nr. 1 bis 3 entfallen, mit Bekanntgabe des Wahlergebnisses.

(5) Die aufgrund eines Tarifvertrages oder einer Betriebsvereinbarung nach Absatz 1 Nr. 1 bis 3 gebildeten betriebsverfassungsrechtlichen Organisationseinheiten gelten als Betriebe im Sinne dieses Gesetzes. Auf die in ihnen gebildeten Arbeitnehmervertretungen finden die Vorschriften über die Rechte und Pflichten des Betriebsrats und die Rechtsstellung seiner Mitglieder Anwendung.

(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 250.000 Euro, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen.

(2) Der Verurteilung muss eine entsprechende Androhung vorausgehen, die, wenn sie in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteil nicht enthalten ist, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges erlassen wird.

(3) Auch kann der Schuldner auf Antrag des Gläubigers zur Bestellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlungen entstehenden Schaden auf bestimmte Zeit verurteilt werden.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(1) Mindestens ein Viertel der wahlberechtigten Arbeitnehmer, der Arbeitgeber oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft können beim Arbeitsgericht den Ausschluss eines Mitglieds aus dem Betriebsrat oder die Auflösung des Betriebsrats wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten beantragen. Der Ausschluss eines Mitglieds kann auch vom Betriebsrat beantragt werden.

(2) Wird der Betriebsrat aufgelöst, so setzt das Arbeitsgericht unverzüglich einen Wahlvorstand für die Neuwahl ein. § 16 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft können bei groben Verstößen des Arbeitgebers gegen seine Verpflichtungen aus diesem Gesetz beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine Handlung zu unterlassen, die Vornahme einer Handlung zu dulden oder eine Handlung vorzunehmen. Handelt der Arbeitgeber der ihm durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung auferlegten Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er auf Antrag vom Arbeitsgericht wegen einer jeden Zuwiderhandlung nach vorheriger Androhung zu einem Ordnungsgeld zu verurteilen. Führt der Arbeitgeber die ihm durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung auferlegte Handlung nicht durch, so ist auf Antrag vom Arbeitsgericht zu erkennen, dass er zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld anzuhalten sei. Antragsberechtigt sind der Betriebsrat oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft. Das Höchstmaß des Ordnungsgeldes und Zwangsgeldes beträgt 10.000 Euro.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 8. Juni 2016 - 5 TaBV 7/15 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über einen Unterlassungsanspruch des Betriebsrats.

2

Die Arbeitgeberin, ein Unternehmen der „AMEOS-Gruppe“, betreibt seit dem Jahr 2006 in H, Kstraße 4, ein Fachkrankenhaus für Psychiatrie und Neurologie (Fachkrankenhaus). Sie schloss - damals unter der Firma AMEOS K GmbH - mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) am 28. März 2006 einen „Haustarifvertrag“ (HTV), der auszugsweise wie folgt lautet:

        

„zwischen dem

        

AMEOS Fachkrankenhaus H, Kstr. 4, H

        

…       

        

§ 1     

Allgemeiner Geltungsbereich

        

(1)     

Dieser Tarifvertrag gilt für alle Beschäftigten des AMEOS Fachkrankenhauses H in H, die Mitglieder der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) sind.

        

(2)     

…       

        

§ 1 a 

Anwendung von Tarifverträgen

        

(1)     

Für die in § 1 (1) genannten Beschäftigten gelten die für die Angestellten der Länder zwischen den Tarifvertragsparteien vereinbarten Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrages Ost (BAT-O) vom 10. Dezember 1990 und diese ändernden und ergänzenden Vorschriften einschließlich der Vergütungsregelung in der jeweils geltenden Fassung (für den Bereich Bund/ Land) samt der z.Zt. (Stand Juni 2005) geltenden Sonderregelungen, Anlagen, Anhänge und sonstigen tariflichen Regelungen, die für den Bereich des öffentlichen Dienstes abgeschlossen werden, soweit in diesem Tarifvertrag nichts Abweichendes bestimmt wird. Bisher geltende Tarifverträge, z.B. die für Arbeiter, werden von diesem Haustarifvertrag ersetzt.

        

§ 2     

Sonderregelungen

                 

Die Buchstaben b) und d) - z) entfallen.

                          
        

§ 3     

Ausnahmen vom Geltungsbereich

                 

entfällt“

3

Ebenfalls in H, Kstraße 27, unterhielt die S GmbH seit dem Jahr 2007 ein Allgemeinkrankenhaus. Ein zwischen dieser mit ver.di vereinbarter Haustarifvertrag (S-HTV) regelt die Geltung der Konzerntarifverträge der S AG, die auch Entgeltbestimmungen enthalten.

4

Die Arbeitgeberin - mittlerweile unter anderem Namen firmierend - schloss mit ver.di am 20. Juni 2012 einen „Änderungstarifvertrag (Bereich ‚Klinikum‘)“ (Ä-TV) zum HTV, in dem es ua. heißt:

        

„zwischen

        
        

der AMEOS Klinikum H, vertreten durch die AMEOS Krankenhausgesellschaft B mbH, …,

                 

- im Folgenden: ‚Gesellschaft‘ -

        

und … 

        
                 

- im Folgenden: ‚ver.di‘ -.

        

Unter Abänderung der bestehenden Entgeltregelungen gem. Haustarifvertrag vom 28. März 2006 vereinbaren die Gesellschaft und ver.di (gemeinsam nachstehend ‚Parteien‘ genannt) das Folgende:

        

§ 1     

Geltungsbereich

        

Dieser Tarifvertrag gilt für die im Bereich ‚Klinikum‘ beschäftigten Mitarbeiter, die Mitglieder bei ver.di sind oder die aufgrund individualrechtlicher Vereinbarung mit der Gesellschaft den zwischen der Gesellschaft und ver.di abgeschlossenen Tarifverträgen unterliegen.

        

§ 2     

Änderungen der Entgeltregelungen

        

…       

        
        

§ 3     

Laufzeit

        

Dieser Änderungstarifvertrag hat eine Laufzeit bis zum 31. Dezember 2013.“

5

Zum 1. November 2013 erwarb die Arbeitgeberin im Wege des Betriebsübergangs nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB von der S GmbH das Allgemeinkrankenhaus. In diesem war ein Betriebsrat gewählt. Auf die Arbeitsverhältnisse der dort beschäftigten Arbeitnehmer - mit Ausnahme des ärztlichen Personals - wendet sie seither die Entgeltbestimmungen des HTV idF des ÄTV an.

6

Der für das Allgemeinkrankenhaus bestehende Betriebsrat leitete im Januar 2014 das vorliegende Beschlussverfahren ein. Zum damaligen Zeitpunkt in beiden Krankenhäusern jeweils getrennt eingeleitete Betriebsratswahlen wurden abgebrochen. Nachfolgend wurde für beide Krankenhäuser ein Betriebsrat gewählt. Dieser macht - soweit für die Rechtsbeschwerde von Bedeutung - geltend, die Arbeitgeberin habe durch die Anwendung der Vergütungsgrundsätze des HTV idF des ÄTV sein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verletzt. Maßgebend seien die Entgeltgrundsätze des S-HTV. Der HTV idF des ÄTV habe diese Vergütungsgrundsätze auch nicht ablösen können. Dessen Geltungsbereich beschränke sich auf das Fachkrankenhaus.

7

Der Betriebsrat hat zuletzt beantragt,

        

1.    

…       

        

2. a) 

der Arbeitgeberin bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 10.000,00 Euro zu untersagen, mit Wirkung für die im AMEOS Krankenhaus H beschäftigten nichtärztlichen Arbeitnehmer mit Ausnahme der leitenden Angestellten iSd. § 5 Abs. 3 BetrVG die Vergütungsgrundsätze des Haustarifvertrags zwischen dem AMEOS Fachkrankenhaus H und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di vom 28. März 2006 in Gestalt des Änderungstarifvertrags (Bereich „Klinikum“) vom 20. Juni 2012 anzuwenden,

        

hilfsweise

        

2. b) 

der Arbeitgeberin bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 10.000,00 Euro zu untersagen, mit Wirkung für die in der Anlage ASt 9 benannten Arbeitnehmer die Vergütungsgrundsätze des Haustarifvertrags zwischen dem AMEOS Fachkrankenhaus H und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di vom 28. März 2006 in Gestalt des Änderungstarifvertrags (Bereich „Klinikum“) vom 20. Juni 2012 anzuwenden.

8

Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Diese seien, weil auf „nichtärztliche Arbeitnehmer“ bezogen, zu unbestimmt und damit unzulässig. Jedenfalls seien sie mangels Verletzung eines Mitbestimmungsrechts unbegründet. Der Geltungsbereich des HTV idF des ÄTV erfasse auch das Allgemeinkrankenhaus und sei das dort geltende Entgeltschema.

9

Das Arbeitsgericht hat die Anträge zu 2. a) und 2. b) abgewiesen. Die Beschwerde des Betriebsrats hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Betriebsrat mit seiner Rechtsbeschwerde. In der Rechtsbeschwerdeinstanz hat die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 13. Februar 2018 geltend gemacht, innerhalb der „AMEOS-Gruppe“ seien Regionalstrukturen gebildet worden. „Verwaltungsaufgaben (Einkauf, Finanzen, Controlling, Personal)“ seien bei Regionalgesellschaften angesiedelt worden. Für die Arbeitgeberin würden diese durch die AMEOS S mbH erbracht. Diese führe mit ihr einen Gemeinschaftsbetrieb mittels einer einheitlichen Leitung in personellen und sozialen Angelegenheiten. Hierzu habe sie mit der AMEOS S mbH im Februar 2017 eine Führungsvereinbarung geschlossen. Über das Vorliegen eines Gemeinschaftsbetriebs sei der Betriebsrat bereits am 14. September 2016 informiert worden. Sein danach entstandenes Übergangsmandat habe mittlerweile geendet. Damit sei seine Beteiligtenfähigkeit entfallen.

10

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist unbegründet.

11

I. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Die Rechtsbeschwerdebefugnis des Betriebsrats kann nicht mit der Begründung verneint werden, dieser sei aufgrund der Beendigung eines etwaigen Übergangsmandats nach § 21a BetrVG nicht mehr existent. Zwar führt der Verlust der Beteiligtenbefugnis zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels (BAG 12. Januar 2000 - 7 ABR 61/98 - zu B I der Gründe mwN). Ein solcher ist aber nicht dargetan. Das Vorbringen der Arbeitgeberin lässt nicht auf das Vorliegen eines Gemeinschaftsbetriebs schließen. Ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vor, wenn die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel für einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt werden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wird. Dazu müssen die Funktionen des Arbeitgebers in den sozialen und personellen Angelegenheiten des Betriebsverfassungsgesetzes institutionell einheitlich für die beteiligten Unternehmen wahrgenommen werden. Das verlangt nach einem arbeitgeberübergreifenden Betriebsmittel- wie Personaleinsatz, der charakteristisch für den normalen Betriebsablauf ist (vgl. BAG 13. Februar 2013 - 7 ABR 36/11 - Rn. 28 ff.). Der bloße Abschluss einer Führungsvereinbarung genügt nicht. Demzufolge reicht es nicht aus, dass sich die Arbeitgeberin für das Vorliegen eines Gemeinschaftsbetriebs von ihr und der AMEOS S mbH auf den Abschluss einer Führungsvereinbarung beruft. Zudem werden keine Tatsachen vorgetragen, aus denen ein wechselseitiger Personal- und Betriebsmitteleinsatz folgt. Fehlt es an einem Gemeinschaftsbetrieb, besteht für die Annahme, die Beteiligtenstellung des antragstellenden Betriebsrats sei mit dem Ende eines Übergangsmandats entfallen, kein Raum.

12

II. Der für die beiden Krankenhäuser - Allgemeinkrankenhaus und Fachkrankenhaus - im Verlauf des Beschlussverfahrens gewählte Betriebsrat ist nach dem Prinzip der Funktionsnachfolge für den vormals allein für das Allgemeinkrankenhaus gebildeten Betriebsrat in dessen Beteiligtenstellung nach § 83 Abs. 3 ArbGG eingetreten.

13

III. Der Antrag zu 2. a) ist zulässig, aber unbegründet. In der Folge fällt der Hilfsantrag zu 2. b), der ersichtlich nur für den Fall der Unzulässigkeit des Hauptantrags mangels ausreichender Bestimmtheit iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO gestellt wurde, nicht an.

14

1. Der Antrag zu 2. a) ist, wie die gebotene Auslegung ergibt, zulässig, insbesondere ist er hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

15

a) Das Unterlassungsbegehren bezieht sich nur auf diejenigen Arbeitnehmer, die im Allgemeinkrankenhaus beschäftigt sind. Das Vorbringen des Betriebsrats in den Tatsacheninstanzen bezog sich stets nur auf diesen Arbeitnehmerkreis und nicht auf die Beschäftigten des Fachkrankenhauses.

16

b) Mit diesem Inhalt ist der Antrag hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Arbeitgeberin kann erkennen, welches Verhalten sie wem gegenüber unterlassen soll. Der Begriff „nichtärztliche Arbeitnehmer“ bezeichnet diejenigen Beschäftigten, die keine ärztliche Tätigkeit bei der Arbeitgeberin als geschuldete Arbeitsleistung ausüben. Ärztliche Tätigkeiten sind solche, für die nach einschlägigem Medizinalrecht eine Approbation als Arzt erforderlich ist (vgl. BAG 23. September 2009 - 4 AZR 382/08 - Rn. 16, BAGE 132, 162). Daraus ergibt sich, welche Arbeitnehmer von einem Unterlassungsgebot erfasst sein sollen. Mit den „Vergütungsgrundsätzen“ des HTV idF des ÄTV sind diejenigen betrieblichen Entlohnungsgrundsätze iSd. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG beschrieben, die sich aus den Verteilungsrelationen der einzelnen Vergütungsgruppen und den diesen zugeordneten Tabellenwerten der einzelnen Vergütungsbestandteile ergeben(vgl. BAG 25. April 2017 - 1 AZR 427/15 - Rn. 23 mwN). Die Arbeitgeberin kann sie dem von ihr geschlossenen Haustarifvertrag entnehmen.

17

2. Der Antrag ist unbegründet. Der Betriebsrat kann sich für sein Unterlassungsbegehren nicht auf eine Verletzung eines Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG stützen.

18

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann sich der Betriebsrat gegen zu erwartende weitere Verstöße des Arbeitgebers gegen ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 BetrVG unabhängig von den Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 BetrVG im Wege eines allgemeinen Unterlassungsanspruchs wehren(BAG 30. Juni 2015 - 1 ABR 71/13 - Rn. 16 mwN).

19

b) Durch die Anwendung der Vergütungsgrundsätze des HTV idF des ÄTV auf die „nichtärztlichen Arbeitnehmer“ des Allgemeinkrankenhauses verletzt die Arbeitgeberin nicht das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG.

20

aa) Im Betrieb eines tarifgebundenen Arbeitgebers stellt die im einschlägigen Tarifvertrag enthaltene Vergütungsordnung zugleich das im Betrieb geltende System für die Bemessung des Entgelts der Arbeitnehmer dar. Dieser Arbeitgeber ist betriebsverfassungsrechtlich verpflichtet, die tarifliche Vergütungsordnung ungeachtet der Tarifgebundenheit der Arbeitnehmer im Betrieb anzuwenden, soweit deren Gegenstände der erzwingbaren Mitbestimmung des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unterliegen. Das Mitbestimmungsrecht bei der Einführung und Änderung eines betrieblichen Vergütungssystems kann aber durch den Tarifvorbehalt des § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG ausgeschlossen sein. Das ist der Fall, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung besteht, die eine mitbestimmungspflichtige Angelegenheit zwingend und abschließend inhaltlich regelt und damit dem Schutzzweck des verdrängten Mitbestimmungsrechts genügt. Für das Eingreifen des Tarifvorbehalts des § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG und dem damit einhergehenden Ausschluss des Mitbestimmungsrechts ist bereits die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers ausreichend, ohne dass es einer solchen bei den betriebszugehörigen Arbeitnehmern (§ 4 Abs. 1 Satz 1 TVG) bedarf. Das gilt auch, wenn es sich bei der das Mitbestimmungsrecht verdrängenden tariflichen Regelung um Inhaltsnormen handelt. Das entspricht dem Zweck des Eingangshalbsatzes. Dieser geht davon aus, dass eine bestehende tarifliche Regelung dem Schutzbedürfnis der Arbeitnehmer ausreichend Rechnung trägt und daher Mitbestimmungsrechte entbehrlich macht (ausf. BAG 18. Oktober 2011 - 1 ABR 25/10 - Rn. 16 ff., BAGE 139, 332).

21

bb) Danach ist durch die Anwendung der Vergütungsgrundsätze des HTV idF des ÄTV auf die „nichtärztlichen Arbeitnehmer“ des Allgemeinkrankenhauses das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht verletzt worden. Diese haustarifvertraglichen Regelungen und nicht die des S-HTV bilden für den im Antrag genannten Arbeitnehmerkreis die maßgebenden Vergütungsgrundsätze iSd. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG.

22

(1) Ein Betriebserwerber, der durch Rechtsgeschäft einen Betrieb unter Wahrung dessen Identität erwirbt, tritt zwar betriebsverfassungsrechtlich an die Stelle des früheren Betriebsinhabers. Er ist daher grundsätzlich zur Fortführung der im Betrieb bestehenden Vergütungsordnung verpflichtet (BAG 8. Dezember 2009 - 1 ABR 66/08 - Rn. 23, BAGE 132, 314). Ist der Arbeitgeber aber an einen von ihm geschlossenen Haustarifvertrag unmittelbar und zwingend gebunden, der nach seinem Geltungsbereich auch den erworbenen Betrieb erfasst, bilden kollektivrechtlich gesehen diese haustariflichen Regelungen die maßgebende mitbestimmungsgemäß eingeführte Vergütungsordnung iSd. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG.

23

(2) Der zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs unmittelbar und zwingend für die Arbeitgeberin geltende HTV idF des ÄTV erfasst nach seinem betrieblichen Geltungsbereich auch die im Allgemeinkrankenhaus bestehenden Arbeitsverhältnisse.

24

(a) Grundsätzlich werden Haustarifverträge, soweit nichts anderes bestimmt ist, in der Regel für alle Arbeitsverhältnisse des tarifschließenden Unternehmens vereinbart. Soweit der Geltungsbereich sich ausdrücklich und ohne Einschränkung auf die Arbeitnehmer dieses Arbeitgebers erstreckt, erfasst er nicht nur die aktuellen - tarifgebundenen - Arbeitsverhältnisse, sondern - neben danach begründeten Arbeitsverhältnissen - auch die Arbeitnehmer später hinzukommender Betriebe des Arbeitgebers. Dies gilt selbst bei zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses unvorhersehbaren Entwicklungen (BAG 15. Juni 2016 - 4 AZR 805/14 - Rn. 40 mwN, BAGE 155, 280).

25

(b) Nach diesen Maßstäben erfasst der hier zuletzt geschlossene und daher maßgebende HTV idF des ÄTV den Betrieb des Allgemeinkrankenhauses.

26

(aa) Durch den ÄTV haben die Tarifvertragsparteien den Geltungsbereich des Haustarifvertrags neu festlegt. Er erfasst nicht mehr das „Fachkrankenhaus H“ (§ 1 Abs. 1 HTV), sondern erstreckt sich auf die „im Bereich ‚Klinikum‘ beschäftigten Mitarbeiter“. Hierdurch haben die tarifschließenden Parteien - trotz des Einleitungssatzes zum ÄTV „unter Abänderung der bestehenden Entgeltregelungen“ - auch den Geltungsbereich des HTV anders bestimmt. Erfasst werden alle Arbeitnehmer, die in einem Bereich „Klinikum“ beschäftigt werden. Anhaltspunkte dafür, es handele sich mit Blick auf den Einleitungssatz zum ÄTV um eine rein deklaratorische Bestimmung, sind nicht erkennbar.

27

(bb) Der Begriff „Klinikum“ bezeichnet ein (Groß-)Krankenhaus, in dem mehrere Kliniken (unter einheitlicher Leitung) zusammengefasst sind oder die Krankenhausabteilung einer bestimmten Fachrichtung („Klinik für …“). Für sich betrachtet trägt dieser Begriff nicht die Annahme, der Geltungsbereich solle auf ein bestehendes Fachkrankenhaus beschränkt werden. Vielmehr erfasst der Wortlaut allgemein Krankenhausbetriebe und kann mangels Anhaltspunkten nicht dahin verstanden werden, der Geltungsbereich erstrecke sich lediglich auf eine Abteilung einer bestimmten Fachrichtung innerhalb eines Krankenhauses.

28

(cc) Diesem Verständnis des tariflichen Geltungsbereichs steht nicht entgegen, dass im Rubrum des ÄTV als Adresse der Arbeitgeberin „Kstr. 4, H“ genannt ist. Dabei handelt es sich um die Geschäftsanschrift der Arbeitgeberin, welche zuvor und auch nach dem Betriebserwerb bestanden hat und noch besteht. Der Geltungsbereich nach § 1 ÄTV enthält eine solche Beschränkung nicht.

29

(dd) Schließlich weist der HTV idF des ÄTV, der sich in weiten Teilen - ausdrücklich - am BAT-O orientiert, in der Sache nach keine Regelungen auf, die ausschließlich auf die Verhältnisse des Fachkrankenhauses zugeschnitten wären. Vielmehr können die tarifvertraglichen Vereinbarungen - wie es das Landesarbeitsgericht zu Recht annimmt - ohne Weiteres in anderen Betrieben der Arbeitgeberin wie dem Allgemeinkrankenhaus herangezogen werden. Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde auch nicht.

30

c) Die nach § 3 ÄTV auf den 31. Dezember 2013 begrenzte Laufzeit dieses Tarifvertrags ist für das vorliegende Ergebnis ohne Bedeutung. Selbst wenn dadurch der gesamte HTV idF des ÄTV und nicht nur die Regelungsgegenstände des ÄTV endeten, blieben die danach geregelten tariflichen Vergütungsgrundsätze auch nach Eintritt der Nachwirkung iSd. § 4 Abs. 5 TVG das im Betrieb maßgebende kollektive Entgeltschema und sind bis zu dessen Änderung unter Beachtung des Mitbestimmungsrechts grundsätzlich betriebsverfassungsrechtlich verbindlich(BAG 23. August 2016 - 1 ABR 15/14 - Rn. 23 mwN).

        

    Schmidt    

        

    K. Schmidt    

        

    Treber    

        

        

        

    Schwitzer    

        

    Benrath    

                 

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 250.000 Euro, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen.

(2) Der Verurteilung muss eine entsprechende Androhung vorausgehen, die, wenn sie in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteil nicht enthalten ist, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges erlassen wird.

(3) Auch kann der Schuldner auf Antrag des Gläubigers zur Bestellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlungen entstehenden Schaden auf bestimmte Zeit verurteilt werden.

(1) Mindestens ein Viertel der wahlberechtigten Arbeitnehmer, der Arbeitgeber oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft können beim Arbeitsgericht den Ausschluss eines Mitglieds aus dem Betriebsrat oder die Auflösung des Betriebsrats wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten beantragen. Der Ausschluss eines Mitglieds kann auch vom Betriebsrat beantragt werden.

(2) Wird der Betriebsrat aufgelöst, so setzt das Arbeitsgericht unverzüglich einen Wahlvorstand für die Neuwahl ein. § 16 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft können bei groben Verstößen des Arbeitgebers gegen seine Verpflichtungen aus diesem Gesetz beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine Handlung zu unterlassen, die Vornahme einer Handlung zu dulden oder eine Handlung vorzunehmen. Handelt der Arbeitgeber der ihm durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung auferlegten Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er auf Antrag vom Arbeitsgericht wegen einer jeden Zuwiderhandlung nach vorheriger Androhung zu einem Ordnungsgeld zu verurteilen. Führt der Arbeitgeber die ihm durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung auferlegte Handlung nicht durch, so ist auf Antrag vom Arbeitsgericht zu erkennen, dass er zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld anzuhalten sei. Antragsberechtigt sind der Betriebsrat oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft. Das Höchstmaß des Ordnungsgeldes und Zwangsgeldes beträgt 10.000 Euro.

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(1) In Verfahren vor den ordentlichen Gerichten und den Gerichten der Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit sind von der Zahlung der Kosten befreit der Bund und die Länder sowie die nach Haushaltsplänen des Bundes oder eines Landes verwalteten öffentlichen Anstalten und Kassen. In Verfahren der Zwangsvollstreckung wegen öffentlich-rechtlicher Geldforderungen ist maßgebend, wer ohne Berücksichtigung des § 252 der Abgabenordnung oder entsprechender Vorschriften Gläubiger der Forderung ist.

(2) Für Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen nach § 2a Absatz 1, § 103 Absatz 3, § 108 Absatz 3 und § 109 des Arbeitsgerichtsgesetzes sowie nach den §§ 122 und 126 der Insolvenzordnung werden Kosten nicht erhoben.

(3) Sonstige bundesrechtliche Vorschriften, durch die für Verfahren vor den ordentlichen Gerichten und den Gerichten der Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit eine sachliche oder persönliche Befreiung von Kosten gewährt ist, bleiben unberührt. Landesrechtliche Vorschriften, die für diese Verfahren in weiteren Fällen eine sachliche oder persönliche Befreiung von Kosten gewähren, bleiben unberührt.

(4) Vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit und den Gerichten für Arbeitssachen finden bundesrechtliche oder landesrechtliche Vorschriften über persönliche Kostenfreiheit keine Anwendung. Vorschriften über sachliche Kostenfreiheit bleiben unberührt.

(5) Soweit jemandem, der von Kosten befreit ist, Kosten des Verfahrens auferlegt werden, sind Kosten nicht zu erheben; bereits erhobene Kosten sind zurückzuzahlen. Das Gleiche gilt, soweit eine von der Zahlung der Kosten befreite Partei Kosten des Verfahrens übernimmt.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.