Landesarbeitsgericht Hamm Urteil, 26. Aug. 2015 - 2 Sa 263/15

ECLI:ECLI:DE:LAGHAM:2015:0826.2SA263.15.00
26.08.2015

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 15.01.2015 – 4 Ca 2444/14 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 34 36 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 69 Urteil


(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Woch

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 3 Begriffsbestimmungen


(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 7 Benachteiligungsverbot


(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt. (2) Bestim

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 1 Ziel des Gesetzes


Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 10 Zulässige unterschiedliche Behandlung wegen des Alters


Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein.

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 2 Anwendungsbereich


(1) Benachteiligungen aus einem in § 1 genannten Grund sind nach Maßgabe dieses Gesetzes unzulässig in Bezug auf: 1. die Bedingungen, einschließlich Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen, für den Zugang zu unselbstständiger und selbstständiger

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 8 Zulässige unterschiedliche Behandlung wegen beruflicher Anforderungen


(1) Eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 genannten Grundes ist zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 33 Übergangsbestimmungen


(1) Bei Benachteiligungen nach den §§ 611a, 611b und 612 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder sexuellen Belästigungen nach dem Beschäftigtenschutzgesetz ist das vor dem 18. August 2006 maßgebliche Recht anzuwenden. (2) Bei Benachteiligungen a

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Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 25. Juni 2007 - 17 Sa 2121/06 - aufgehoben.

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(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

(1) Eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 genannten Grundes ist zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist.

(2) Die Vereinbarung einer geringeren Vergütung für gleiche oder gleichwertige Arbeit wegen eines in § 1 genannten Grundes wird nicht dadurch gerechtfertigt, dass wegen eines in § 1 genannten Grundes besondere Schutzvorschriften gelten.

Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein. Derartige unterschiedliche Behandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:

1.
die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bedingungen für Entlohnung und Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Beschäftigten und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen,
2.
die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile,
3.
die Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung auf Grund der spezifischen Ausbildungsanforderungen eines bestimmten Arbeitsplatzes oder auf Grund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand,
4.
die Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten und die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen,
5.
eine Vereinbarung, die die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der oder die Beschäftigte eine Rente wegen Alters beantragen kann; § 41 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt,
6.
Differenzierungen von Leistungen in Sozialplänen im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, wenn die Parteien eine nach Alter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung geschaffen haben, in der die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berücksichtigt worden sind, oder Beschäftigte von den Leistungen des Sozialplans ausgeschlossen haben, die wirtschaftlich abgesichert sind, weil sie, gegebenenfalls nach Bezug von Arbeitslosengeld, rentenberechtigt sind.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. März 2010 - 20 Sa 2058/09 - aufgehoben.

2. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Eberswalde vom 8. Juli 2009 - 3 Ca 140/09 - wird zurückgewiesen und der Tenor dieses Urteils zur Klarstellung neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der Klägerin für die Jahre 2008 und 2009 jeweils ein weiterer Urlaubstag als Ersatzurlaub zusteht.

3. Der Beklagte hat auch die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin in den Jahren 2008 und 2009 Anspruch auf jeweils 29 oder 30 Urlaubstage hatte.

2

Die am 27. Oktober 1971 geborene Klägerin ist seit dem 1. September 1988 bei dem beklagten Landkreis als Angestellte mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden in der Fünftagewoche beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom 13. September 2005 in der Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 31. März 2008 (TVöD) Anwendung. Dieser bestimmt ua.:

        

§ 26 

        

Erholungsurlaub

        

(1)     

Beschäftigte haben in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts (§ 21). Bei Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf fünf Tage in der Kalenderwoche beträgt der Urlaubsanspruch in jedem Kalenderjahr

                 

bis zum vollendeten 30. Lebensjahr

26 Arbeitstage,

                 

bis zum vollendeten 40. Lebensjahr

29 Arbeitstage und

                 

nach dem vollendeten 40. Lebensjahr

30 Arbeitstage.

                 

Maßgebend für die Berechnung der Urlaubsdauer ist das Lebensjahr, das im Laufe des Kalenderjahres vollendet wird. Bei einer anderen Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit als auf fünf Tage in der Woche erhöht oder vermindert sich der Urlaubsanspruch entsprechend. Verbleibt bei der Berechnung des Urlaubs ein Bruchteil, der mindestens einen halben Urlaubstag ergibt, wird er auf einen vollen Urlaubstag aufgerundet; Bruchteile von weniger als einem halben Urlaubstag bleiben unberücksichtigt. Der Erholungsurlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und kann auch in Teilen genommen werden.

        

…       

        
        

§ 27   

        

Zusatzurlaub

        

(1)     

Beschäftigte, die ständig Wechselschichtarbeit nach § 7 Abs. 1 oder ständig Schichtarbeit nach § 7 Abs. 2 leisten und denen die Zulage nach § 8 Abs. 5 Satz 1 oder Abs. 6 Satz 1 zusteht, erhalten

                 

a)    

bei Wechselschichtarbeit für je zwei zusammenhängende Monate und

                 

b)    

bei Schichtarbeit für je vier zusammenhängende Monate

                 

einen Arbeitstag Zusatzurlaub.

        

(2)     

Im Falle nicht ständiger Wechselschicht- oder Schichtarbeit (z. B. ständige Vertreter) erhalten Beschäftigte des Bundes, denen die Zulage nach § 8 Abs. 5 Satz 2 oder Abs. 6 Satz 2 zusteht, einen Arbeitstag Zusatzurlaub für

                 

a)    

je drei Monate im Jahr, in denen sie überwiegend Wechselschichtarbeit geleistet haben, und

                 

b)    

je fünf Monate im Jahr, in denen sie überwiegend Schichtarbeit geleistet haben.

        

…       

                 
        

(4)     

Zusatzurlaub nach diesem Tarifvertrag und sonstigen Bestimmungen mit Ausnahme von § 125 SGB IX wird nur bis zu insgesamt sechs Arbeitstagen im Kalenderjahr gewährt. Erholungsurlaub und Zusatzurlaub (Gesamturlaub) dürfen im Kalenderjahr zusammen 35 Arbeitstage nicht überschreiten. Satz 2 ist für Zusatzurlaub nach den Absätzen 1 und 2 hierzu nicht anzuwenden. Bei Beschäftigten, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, gilt abweichend von Satz 2 eine Höchstgrenze von 36 Arbeitstagen; § 26 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

        

…“    

        
3

Mit Schreiben vom 5. November 2008 machte die Klägerin gegenüber dem Beklagten einen jährlichen Gesamturlaub in Höhe von 30 Tagen für das Jahr 2008 und die Zukunft nach dem TVöD geltend. Der Beklagte lehnte die Gewährung von 30 Urlaubstagen vor der Vollendung des 40. Lebensjahres der Klägerin unter Hinweis auf die Verbindlichkeit der Regelung des § 26 Abs. 1 TVöD mit Schreiben vom 28. November 2008 ab. Die Klägerin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 11. Februar 2009 die vorliegende Klage erhoben.

4

Sie hat die Ansicht vertreten, sie habe auch vor der Vollendung ihres 40. Lebensjahres Anspruch auf jährlich 30 und nicht nur 29 Urlaubstage. Die an das Lebensalter anknüpfende Staffelung des tariflichen Urlaubsanspruchs sei eine Diskriminierung wegen des Alters. Die in der Tarifregelung enthaltene Ungleichbehandlung jüngerer Arbeitnehmer sei nicht durch § 10 AGG gerechtfertigt. Im Übrigen würden die gesundheitlichen Wirkungen zusätzlichen Urlaubs zur Vermeidung beispielsweise von Stresserscheinungen am Arbeitsplatz auch in der medizinischen Literatur kontrovers diskutiert.

5

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass ihr für die Jahre 2008 und 2009 jeweils ein Urlaubstag als Ersatzurlaub zusteht.

6

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Diese sei bereits unzulässig, da das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO nötige Feststellungsinteresse fehle. Schließlich sei die Klage auch unbegründet. Die Altersstufenregelung des § 26 Abs. 1 TVöD sei durch einen sachlichen Grund nach § 10 AGG gerechtfertigt. Die Festlegung eines Mindestalters für die Gewährung von 30 Urlaubstagen pro Kalenderjahr stelle eine besondere Beschäftigungsbedingung zum Schutz älterer Beschäftigter bzw. eine Mindestanforderung an das Alter für einen mit der Beschäftigung verbundenen Vorteil dar, der zur Erreichung eines legitimen Ziels angemessen und erforderlich sei. Ältere Arbeitnehmer seien mit zunehmendem Alter aufgrund beruflicher Belastungen länger krank. Um diesen Umstand Rechnung zu tragen, hätten die Tarifvertragsparteien mit der Regelung in § 26 Abs. 1 TVöD auf das verstärkte Erholungsbedürfnis älterer Arbeitnehmer reagiert und deren Leistungsfähigkeit stärken wollen. Der Aspekt des Gesundheitsschutzes älterer Arbeitnehmer sei daher geeignet, die Ungleichbehandlung jüngerer Beschäftigter zu rechtfertigen. Schließlich würde auch eine Diskriminierung keine Angleichung „nach oben“ zur Folge haben.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die Wiederherstellung der stattgebenden Entscheidung des Arbeitsgerichts. Der Beklagte beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

A. Die zulässige Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf die geltend gemachten Ersatzurlaubstage.

9

I. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Feststellungsklage zulässig ist. Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse daran, durch das Gericht feststellen zu lassen, ob ihr für die Jahre 2008 und 2009 jeweils ein Urlaubstag als Ersatzurlaub zusteht ( § 256 Abs. 1 ZPO ). Der grundsätzliche Vorrang der Leistungsklage steht der Zulässigkeit einer Klage, mit der ein Arbeitnehmer den Umfang des ihm zustehenden Urlaubs gerichtlich festgestellt haben will, nicht entgegen (vgl. BAG 12. April 2011 - 9 AZR 80/10  - Rn. 13 bis 15, EzA BUrlG § 7 Nr. 123).

10

II. Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten für den ihr in den Jahren 2008 und 2009 jeweils verweigerten 30. Urlaubstag gemäß § 280 Abs. 1, § 286 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB Anspruch auf jeweils einen Tag Ersatzurlaub. Die Urlaubsstaffelung des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD verstößt gegen die §§ 1, 3 Abs. 1 AGG. Denn sie gewährt Beschäftigten, die das 30., aber noch nicht das 40. Lebensjahr vollendet haben, einen um einen Tag kürzeren Urlaub. Sie ist deshalb nach § 7 Abs. 1 und Abs. 2 AGG iVm. § 134 BGB unwirksam. Dies hat zur Folge, dass die Klägerin auch vor der Vollendung ihres 40. Lebensjahres in jedem Kalenderjahr Anspruch auf 30 Urlaubstage hatte. Ihr steht für die Jahre 2008 und 2009 jeweils noch ein Tag Ersatzurlaub zu, weil der Beklagte ihr in diesen Jahren nur jeweils 29 Urlaubstage gewährte.

11

1. Nach § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD standen der am 27. Oktober 1971 geborenen Klägerin in den Jahren 2008 und 2009 jeweils 29 Urlaubstage zu. Erst nach dem vollendeten 40. Lebensjahr gewährt ihr diese Tarifregelung einen jährlichen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen. Diese an das Lebensalter anknüpfende Staffelung der Urlaubsdauer verstößt gegen das Verbot der Altersdiskriminierung in § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG. Sie ist als sachlich nicht nach den §§ 8, 10 AGG gerechtfertigte unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters gemäß § 7 Abs. 2 AGG iVm. § 134 BGB unwirksam. Zur Beseitigung dieser Diskriminierung ist eine Anpassung auf 30 Urlaubstage erforderlich.

12

2. Zutreffend haben die Vorinstanzen die Regelung in § 26 Abs. 1 TVöD am AGG gemessen. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG gelten die Diskriminierungsverbote der §§ 1, 7 AGG auch für die in kollektivrechtlichen Vereinbarungen geregelten Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen. Unter solchen Bedingungen sind alle Umstände zu verstehen, aufgrund derer und unter denen die Arbeitsleistung zu erbringen ist (vgl. BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 54, BAGE 132, 210). Zu den Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen gehört damit auch der Urlaub. Der Umstand, dass die Regelung in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b TVöD bereits am 1. Januar 2006 und somit schon vor dem AGG vom 14. August 2006 in Kraft getreten ist, steht dem nicht entgegen. Die für die Jahre 2008 und 2009 geltend gemachte Benachteiligung durch § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD ist erst nach Inkrafttreten des AGG am 18. August 2006 eingetreten. Da § 33 Abs. 1 AGG insoweit keine Übergangsregelung enthält, findet dieses Gesetz auch dann Anwendung, wenn die Benachteiligung auf einem vor Inkrafttreten des AGG abgeschlossenen Tarifvertrag beruht. Es kommt allein auf den Zeitpunkt der Benachteiligungshandlung an (BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 33, BAGE 129, 72).

13

3. Die Urlaubsstaffelung in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD enthält eine auf dem Merkmal des Alters beruhende Ungleichbehandlung der Beschäftigten, die das 30. bzw. das 40. Lebensjahr nicht vollendet haben. Das ist eine unmittelbare Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmer wegen des Alters iSv. § 3 Abs. 1 AGG.

14

a) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Beim Alter handelt es sich um einen in § 1 AGG genannten Grund, wobei unter Alter das Lebensalter zu verstehen ist. Dies folgt aus dem gesetzlichen Wortlaut und auch aus der Gesetzesbegründung ( BT-Drucks. 16/1780 S. 31; BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 49, BAGE 132, 210; 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07  - Rn. 36, BAGE 129, 181). Der für eine unmittelbare Benachteiligung erforderliche Kausalzusammenhang ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen oder mehrere in § 1 AGG genannte Gründe anknüpft oder dadurch motiviert ist(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 32; BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 50, aaO).

15

b) Diese Voraussetzung ist erfüllt. § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD sieht für Beschäftigte bei einer Fünftagewoche in jedem Kalenderjahr einen Urlaubsanspruch bis zum vollendeten 30. Lebensjahr in Höhe von 26 Arbeitstagen, bis zum vollendeten 40. Lebensjahr in Höhe von 29 Arbeitstagen und erst nach dem vollendeten 40. Lebensjahr in Höhe von 30 Arbeitstagen vor. Die Höhe des Urlaubsanspruchs nach § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD knüpft damit in allen Stufen unmittelbar an das Lebensalter der Beschäftigten an. Danach haben Beschäftigte wie die Klägerin, die zwar das 30. Lebensjahr, aber noch nicht das 40. Lebensjahr vollendet haben, in jedem Jahr nur Anspruch auf 29 statt auf 30 Urlaubstage. Sie werden ebenso wie die unter 30-Jährigen im Vergleich zu den Beschäftigten, die das 40. Lebensjahr vollendet haben, hinsichtlich der Höhe des Urlaubsanspruchs wegen ihres geringeren Alters ungünstiger behandelt.

16

4. Diese Ungleichbehandlung ist nicht gerechtfertigt.

17

a) Bei ihr handelt es sich nicht um eine nach § 8 AGG zulässige unterschiedliche Behandlung wegen beruflicher Anforderungen. Die Urlaubsstaffel des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD knüpft nicht an die Art der auszuübenden Tätigkeit oder die Bedingungen ihrer Ausübung an. Sie stellt nicht auf die Art der auszuübenden Tätigkeit ab und beansprucht damit Geltung für alle dem TVöD unterfallenden Beschäftigten.

18

b) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist die Ungleichbehandlung auch nicht nach § 10 AGG sachlich gerechtfertigt(so ebenfalls die herrschende Meinung in der Literatur, vgl. Linck/Schütz FS Leinemann, S. 181 f.; Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV Stand Januar 2012 E § 26 TVöD Rn. 22; AGG/Voigt 3. Aufl. § 10 Rn. 33; Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 10 Rn. 42b; Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 10 Rn. 105; Kamanabrou NZA Beilage 3/2006, 138, 144; Hock/Kramer/Schwerdtle ZTR 2006, 622, 623 mwN; Wulfers/Hecht ZTR 2007, 475, 478; vgl. ferner bereits zu § 48 BAT: Lüderitz Altersdiskriminierung durch Altersgrenzen S. 156). § 10 Satz 1 AGG lässt eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters ungeachtet der Regelung des § 8 AGG zu, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Zudem müssen die Mittel zur Erreichung dieses Ziels nach § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist die an das Lebensalter anknüpfende Differenzierung in § 26 Abs. 1 TVöD nicht sachlich gerechtfertigt, weil sie einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung trägt und deren Gesundheit schützen will. Dabei kann dahinstehen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen das Ziel des Gesundheitsschutzes eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen würde. Die Tarifvorschrift verfolgt dieses Ziel schon nicht.

19

aa) Die Tarifvertragsparteien haben das mit der in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD geregelten Urlaubsstaffelung verfolgte Ziel nicht ausdrücklich genannt. Nennt eine Regelung oder Maßnahme kein Ziel, müssen zumindest aus dem Kontext abgeleitete Anhaltspunkte die Feststellung des hinter der Regelung oder der Maßnahme stehenden Ziels ermöglichen, um die Legitimität des Ziels sowie die Angemessenheit und die Erforderlichkeit der zu seiner Erreichung eingesetzten Mittel gerichtlich überprüfen zu können. Dabei können nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union die sozialpolitischen Ziele als legitim angesehen werden, die im allgemeinen Interesse stehen. Derjenige, der eine Ungleichbehandlung vornimmt, muss den nationalen Gerichten in geeigneter Weise die Möglichkeit zur Prüfung einräumen, ob mit der Ungleichbehandlung ein Ziel angestrebt wird, das die Ungleichbehandlung unter Beachtung der Ziele der Richtlinie 2000/78/EG rechtfertigt (vgl. EuGH 5. März 2009 - C-388/07  - [Age Concern England] Rn. 45 ff., Slg. 2009, I-1569; BAG 26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08  - Rn. 36 ff., BAGE 131, 61). Denn das nationale Gericht hat zu prüfen, ob die Regelung oder Maßnahme ein rechtmäßiges Ziel iSd. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG verfolgt. Gleiches gilt für die Frage, ob die Tarifvertragsparteien als Normgeber angesichts des vorhandenen Wertungsspielraums davon ausgehen durften, dass die gewählten Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich waren (vgl. EuGH 5. März 2009 -  C-388/07  - [Age Concern England] Rn. 49 ff., aaO; vgl. auch BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 57, BAGE 132, 210).

20

bb) Die Regelung in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD dient nicht dem Schutz älterer Beschäftigter iSv. § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG. Diese gesetzliche Regelung konkretisiert das legitime Ziel, nämlich ua. die Sicherstellung des Schutzes älterer Beschäftigter, wobei dieser Schutz auch die Festlegung besonderer Arbeitsbedingungen einschließen kann. Aus einer tariflichen Urlaubsstaffelung, die - wie die in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD - den Beschäftigten bereits nach Vollendung des 30. Lebensjahres drei weitere Urlaubstage und dann nach Vollendung des 40. Lebensjahres letztmals einen zusätzlichen Urlaubstag gewährt, lässt sich nicht ableiten, dass die Tarifvertragsparteien einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung tragen wollten und das Ziel verfolgten, den Schutz älterer Beschäftigter iSd. § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG sicherzustellen. Wenn sich auch eine genaue Schwelle für die Zuordnung zu den älteren Arbeitnehmern weder dieser Regelung selbst noch Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG entnehmen lässt, so ist diese freilich an der Zielsetzung (vgl. zu dieser Däubler/Bertzbach/Brors 2. Aufl. § 10 Rn. 42) auszurichten. Einen arbeitsmarktpolitischen Zweck verfolgt zB § 417 Abs. 1 SGB III, wonach Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet haben und ihre Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung beenden oder vermeiden, unter den in der Vorschrift genannten Voraussetzungen Anspruch auf Leistungen der Entgeltsicherung haben. Diese Regelung der Entgeltsicherung bezweckt, die Arbeitslosigkeit älterer Arbeitnehmer abzubauen und ihren Anteil an der erwerbstätigen Bevölkerung zu erhöhen (vgl. BT-Drucks. 17/1945 S. 17). Im Vergleich zu der in § 417 Abs. 1 SGB III genannten Altersgruppe setzt sich die durch die Urlaubsstaffel in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD begünstigte Beschäftigtengruppe, der ein Urlaubsanspruch von jährlich 30 Arbeitstagen eingeräumt wird, nicht ausnahmslos aus älteren Beschäftigten zusammen. Vielmehr gehören ihr alle Beschäftigten ab Vollendung des 40. Lebensjahres an. Der Senat hat bereits entschieden, dass ein Arbeitnehmer jedenfalls ab Vollendung des 31. Lebensjahres offensichtlich kein älterer Beschäftigter iSv. § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG ist(BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 55, BAGE 132, 210).

21

cc) Ein legitimes Ziel iSd. § 10 AGG ergibt sich entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts auch nicht aus § 10 Satz 3 Nr. 2 AGG. Danach kann eine zulässige unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile einschließen. Diese Regelung bestimmt selbst kein legitimes Ziel, sondern beschreibt nur ein mögliches Mittel, mit der ein auf andere Weise zu legitimierendes Ziel gerechtfertigt werden kann (vgl. ErfK/Schlachter 12. Aufl. § 10 AGG Rn. 6), sofern es erforderlich und angemessen iSd. § 10 Satz 2 AGG ist.

22

dd) Die Tarifvertragsparteien verfolgen entgegen der Auffassung des Beklagten nicht das Ziel des Gesundheitsschutzes älterer Arbeitnehmer.

23

(1) Das mit der Urlaubsstaffelung des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD verfolgte Ziel lässt sich nicht mit ausreichender Deutlichkeit aus dem Wortlaut des § 26 TVöD entnehmen. § 26 TVöD normiert ausweislich seiner Überschrift den Erholungsurlaub. Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 TVöD haben Beschäftigte in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts. § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD legt die Dauer dieses Erholungsurlaubs fest. Der Begriff des Erholungsurlaubs wird dabei nicht näher definiert und ist dem BUrlG entlehnt, auf das § 26 Abs. 2 TVöD im Übrigen verweist. Der Erholungsurlaub nach dem BUrlG soll nach der Gesetzesbegründung dem sozialpolitischen Anliegen der Erhaltung und Wiederauffrischung der Arbeitskraft der Arbeitnehmer dienen (vgl. den schriftlichen Bericht des Bundestagsausschusses für Arbeit, BT-Drucks. IV/785; Begründung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Bundesurlaubsgesetzes, BT-Drucks. IV/207). Durch den Erholungsurlaub wird dem Arbeitnehmer die Möglichkeit gesichert, für eine bestimmte Dauer im Jahr, die ihm eingeräumte Freizeit zur selbstbestimmten Erholung zu nutzen (st. Rspr., vgl. BAG 20. Juni 2000 - 9 AZR 405/99 - zu II 2 b bb 1 der Gründe, BAGE 95, 104; 8. März 1984 - 6 AZR 600/82 - zu II 5 b der Gründe, BAGE 45, 184; ebenso st. Rspr. des EuGH zum Jahresurlaub nach Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG , EuGH 22. No-vember 2011 - C-214/10 - [KHS] Rn. 31, AP Richtlinie 2003/88/EG Nr. 6 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2003/88 Nr. 7; 20. Januar 2009 - C-350/06 und C-520/06  - [Schultz-Hoff] Rn. 25, Slg. 2009, I-179). Wenn eine Tarifregelung die Urlaubsdauer nach dem Lebensalter staffelt, liegt die Annahme nahe, die Tarifvertragsparteien hätten einem mit zunehmendem Alter gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung tragen wollen. Die Regelung in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD rechtfertigt eine solche Annahme freilich nicht, sondern schließt sie aus.

24

(2) Das folgt bereits aus dem Inhalt der Regelung. Die Tarifvorschrift räumt den Beschäftigten schon ab dem 30. Lebensjahr drei weitere Urlaubstage ein. Dafür, dass die Tarifvertragsparteien von einem so deutlich gesteigertem Erholungsbedürfnis bereits nach der Vollendung des 30. Lebensjahres ausgegangen sind, fehlt jeder Anhaltspunkt. Gegen eine solche Annahme spricht auch, dass die Tarifvertragsparteien den Beschäftigten nach der Vollendung des 40. Lebensjahres letztmals nur einen weiteren Urlaubstag gewährt und davon abgesehen haben, ein gesteigertes Erholungsbedürfnis des Beschäftigten in der Zeit bis zum Erreichen des gesetzlich festgelegten Alters für den Bezug der Regelaltersrente (§ 33 Abs. 1 Buchst. a TVöD) zu berücksichtigen. Hätten die Tarifvertragsparteien ein gesteigertes Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter vor Augen gehabt, hätten sie nicht einem 30-Jährigen einen gegenüber einem 29-jährigen Beschäftigten um drei Tage längeren Urlaub gewährt, nach der Vollendung des 40. Lebensjahres des Beschäftigten eine wesentlich geringere Steigerung des Erholungsbedürfnisses angenommen und für die Zeit danach bis zum Erreichen des gesetzlich festgelegten Alters für den Bezug der Regelaltersrente ein zunehmendes Erholungsbedürfnis des Beschäftigten überhaupt nicht mehr berücksichtigt (vgl. Wulfers/Hecht ZTR 2007, 475, 478). Auch das Schrifttum nimmt ganz überwiegend an, dass eine tarifliche Urlaubsstaffelung nicht schon auf die Vollendung des 30. bzw. des 40. Lebensjahres abstellen darf, wenn sie einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung tragen will (vgl. Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 26 TVöD Rn. 22; Tempelmann/Stenslik DStR 2011, 1183, 1186; Richter Benachteiligung wegen des Alters im Erwerbsleben S. 170; Meinel/Heyn/Herms § 10 Rn. 42b; AGG/Voigt § 10 Rn. 33; Hey AGG § 10 Rn. 28; Kamanabrou NZA Beilage 3/2006, 138, 144; Hock/Kramer/Schwerdle ZTR 2006, 622, 623; Linck/Schütz FS Leinemann S. 181 f.; Senne Auswirkungen des europäischen Verbots der Altersdiskriminierung auf das deutsche Arbeitsrecht S. 269; Bertelsmann ZESAR 2005, 242, 246). Selbst wenn die Erholungsbedürftigkeit von Arbeitnehmern mit zunehmendem Lebensalter steigen sollte (zweifelnd Däubler/Bertzbach/Brors § 10 Rn. 50; aA Waltermann NZA 2005, 1265, 1269), hätte es mit dem Schutz älterer Arbeitnehmer nichts zu tun, bereits mit dem 30. Lebensjahr eine erste Verlängerung des Urlaubsanspruchs um drei Tage und die zweite und zugleich letzte Verlängerung um einen weiteren Urlaubstag bereits mit Vollendung des 40. Lebensjahres vorzusehen (so auch Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 26 TVöD Rn. 22; Adomeit/Mohr § 10 Rn. 105; so bereits zu § 48 BAT: Lüderitz Altersdiskriminierung durch Altersgrenzen S. 156). Es fehlt in beiden Stufen an dem erkennbaren Schutz Älterer. Die Verlängerung des Urlaubsanspruchs bereits mit dem vollendeten 30. Lebensjahr lässt sich kaum mit der Erhaltung der Leistungsfähigkeit Älterer begründen. Auch mit der Vollendung des 40. Lebensjahres hat ein Beschäftigter regelmäßig allenfalls die Mitte seines Erwerbsalters erreicht (vgl. auch Lüderitz Altersdiskriminierung durch Altersgrenzen S. 156). Hätten die Tarifvertragsparteien gemäß der Ansicht des Beklagten ein gesteigertes Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter berücksichtigen wollen, hätten sich die gewählten Altersgrenzen nicht an dem mit dem Alter zunehmenden Erholungsbedürfnis orientiert und wären willkürlich.

25

(3) Gerade dieser Umstand bestätigt, dass die Tarifvertragsparteien mit der Regelung in § 26 TVöD weder den Schutz der Gesundheit bezweckten noch einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung tragen wollten. Hätten sie diese Ziele verfolgt, hätte es nahe gelegen, gerade für die älteren Beschäftigten, zB die Gruppe der über 50- oder über 60-jährigen Beschäftigten, die Dauer des Erholungsurlaubs zu verlängern. Bei dieser Personengruppe ist ein altersbedingt gesteigertes Erholungsbedürfnis eher nachvollziehbar. Ein solches Schutzbedürfnis für die über 50-Jährigen haben die Tarifvertragsparteien aber nur hinsichtlich der Beschränkung der Höchstdauer des Gesamturlaubs bei besonders belastenden Arbeiten (Schicht- und Wechselschicht) gesehen. Das folgt aus § 27 Abs. 4 Satz 4 TVöD. Danach erhöht sich ab diesem Lebensalter die maximal erreichbare Gesamturlaubsdauer von jährlich 35 auf 36 Arbeitstage.

26

(4) Die Tarifgeschichte bestätigt, dass die Tarifvertragsparteien mit der Urlaubsstaffel nicht einem mit dem Lebensalter steigenden Erholungsbedürfnis Rechnung tragen wollten. Bereits seit dem Inkrafttreten des BAT wurde die Urlaubsdauer an das Lebensalter geknüpft (§ 48 Abs. 1 BAT). Sie steigerte sich auch nach dem vollendeten 30. Lebensjahr und nach dem vollendeten 40. Lebensjahr. Innerhalb der Lebensaltersstufen verlängerte sich die Urlaubsdauer teilweise nach Vergütungsgruppen. Je höher der Angestellte eingruppiert war, je länger war sein Urlaubsanspruch. Dies zeigt, dass nicht der Erholungszweck maßgebend für die Urlaubsdauer sein sollte. Der Urlaub wurde vielmehr als Quasi-Gegenleistung für die Arbeitsleistung geregelt. Nur so lässt sich die normierte Abhängigkeit der Urlaubsdauer von der Vergütungsgruppe erklären. Es kann deshalb nicht angenommen werden, die Tarifvertragsparteien hätten bei Angestellten in höheren Vergütungsgruppen ein gesteigertes Erholungsbedürfnis ausgleichen wollen. Die Differenzierung resultiert vielmehr aus der überkommenen Auffassung, der Urlaub werde „verdient“.

27

5. Die Diskriminierung der Klägerin kann nur durch die Verpflichtung des Beklagten beseitigt werden, der Klägerin für die Jahre 2008 und 2009 jeweils einen Ersatzurlaubstag zu gewähren. Zwar folgt aus § 7 Abs. 2 AGG nur, dass die diskriminierende Regelung unwirksam ist. Auch wird vom Senat nicht verkannt, dass es sich bei § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD um ein Stufensystem handelt, sodass grundsätzlich keine Stufe als die von den Tarifvertragsparteien als „übliche“ Urlaubsdauer gewollte angesehen werden kann. Jedoch kann die Beseitigung der Diskriminierung vorliegend nur durch eine Anpassung „nach oben“ erfolgen.

28

a) Grundsätzlich ist es Aufgabe der Tarifvertragsparteien, eine benachteiligungsfreie Regelung zu treffen, wofür ihnen verschiedene Möglichkeiten zu Verfügung stehen. Doch scheidet eine Aussetzung des Rechtsstreits unter Fristsetzung zur Lückenschließung durch die Tarifvertragsparteien selbst von vornherein aus (aM Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 26 TVöD Rn. 23). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind für den Fall, dass gesetzliche oder tarifvertragliche Regelungen eine mit der Richtlinie unvereinbare Diskriminierung vorsehen, die nationalen Gerichte gehalten, die Diskriminierung auf jede denkbare Weise und insbesondere dadurch auszuschließen, dass sie die Regelung für die nicht benachteiligte Gruppe auch auf die benachteiligte Gruppe anwenden, ohne die Beseitigung der Diskriminierung durch den Gesetzgeber, die Tarifvertragsparteien oder in anderer Weise abzuwarten (vgl. so bereits zur Richtlinie 76/207/EWG: EuGH 20. März 2003 - C-187/00 - [Kutz-Bauer] Rn. 75, Slg. 2003, I-2741). Auch nach Art. 9 Abs. 3 GG in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wäre eine Aussetzung grundsätzlich allenfalls zur Beseitigung einer Diskriminierung für die Zukunft geboten(vgl. BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 28, NZA 2012, 161). Vorliegend geht es jedoch um die Beseitigung einer Diskriminierung in der Vergangenheit.

29

b) Die Benachteiligung der Klägerin kann nicht auf andere Weise für die Jahre 2008 und 2009 ausgeschlossen werden. Ein Rückgriff auf den noch unterhalb der Eingangstufe des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD liegenden gesetzlichen Mindesturlaub gemäß den §§ 1, 3 BUrlG in Höhe von 20 Arbeitstagen bei einer Fünftagewoche ist hierzu nicht geeignet(aM Wulfers/Hecht ZTR 2007, 475, 483; Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Februar 2012, § 26 Rn. 163.5). Der von den §§ 1, 7 AGG bzw. Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG verfolgte Zweck, Benachteiligungen zu verhindern oder zu beseitigen, würde nicht erreicht. Da diskriminierende Maßnahmen oder Vereinbarungen nicht hingenommen und ihre Fortwirkung nicht akzeptiert werden darf (vgl. ErfK/Schlachter § 7 AGG Rn. 5), ist auch nicht auf die Eingangsstufe des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD mit 26 Urlaubstagen abzustellen. Hätte die Klägerin nur Anspruch auf die erste Stufe der Urlaubsstaffel, fehlte es an einer Sanktion, die einen tatsächlichen und wirksamen Rechtsschutz gewährt und abschreckende Wirkung hat (vgl. zu diesem Aspekt: BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 18 ff., NZA 2012, 161).

30

c) Hingegen ist eine Anpassung „nach oben“ zur Beseitigung einer Altersdiskriminierung im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union gerechtfertigt, wenn auf andere Weise die Diskriminierung nicht behoben werden kann, weil der Arbeitgeber den Begünstigten für die Vergangenheit die Leistung nicht mehr entziehen kann (vgl. ausführlich: BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 20 ff., NZA 2012, 161). Dies ist vorliegend der Fall. Der den begünstigten Beschäftigten in den Jahren 2008 und 2009 gewährte Urlaub von jährlich 30 Arbeitstagen kann nicht rückwirkend auf 29 oder 26 Arbeitstage begrenzt werden. Die als Urlaub bereits gewährte Freizeit ist nicht kondizierbar.

31

d) Schließlich steht der Anpassung „nach oben“ auch nicht § 15 Abs. 3 AGG entgegen. Danach ist der Arbeitgeber bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fährlässig handelt. Diese Bestimmung bezieht sich allein auf die immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG(vgl. BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 38, NZA 2012, 161; ErfK/Schlachter § 15 AGG Rn. 13) und verhält sich nicht zur Beseitigung einer Diskriminierung durch eine den Diskriminierungsverboten genügende Regelung.

32

e) Der Beklagte kann auch keinen Vertrauensschutz in Anspruch nehmen. In den Jahren 2008 und 2009 galt bereits das am 18. August 2006 in Kraft getretene AGG. Dieses nimmt Dauerschuldverhältnisse und damit auch Arbeitsverhältnisse ebenso wenig wie Tarifverträge aus, die vor dem Inkrafttreten des AGG bereits abgeschlossen waren. Übergangsvorschriften oder Vertrauensschutzregelungen sind insoweit in § 33 AGG nicht vorgesehen. Gemäß § 1 AGG ist ua. Ziel dieses Gesetzes, Benachteiligungen aus Gründen des Alters nicht nur zu verhindern, sondern auch zu beseitigen. Die damit einhergehende unechte Rückwirkung ist zulässig. Der zeitliche Geltungsbereich wird je nach Lage der Verhältnisse im Einzelfall nur durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes beschränkt (vgl. so bereits zu § 81 Abs. 2 SGB IX aF: BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 38, BAGE 129, 72). Dies setzt jedoch in jedem Fall das Vorliegen eines schutzwürdigen Vertrauens voraus, das vorliegend nicht gegeben ist, selbst wenn man die Grundsätze zum Vertrauensschutz bei unechter Rückwirkung von Gesetzen anwendet. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist der Grundsatz des Vertrauensschutzes nur dann verletzt, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen (vgl. BVerfG 10. August 2006 - 2 BvR 563/05  - Rn. 14, BVerfGK 9, 28). Zum einen dient das AGG der Umsetzung von EU-Richtlinien zum Schutz vor Diskriminierung im Bereich Beschäftigung und Beruf und enthält insoweit insbesondere im Bereich der Altersdiskriminierung unionsrechtlich verankerte notwendige und bedeutende Regelungen. Zum anderen wäre ein Vertrauen in den Fortbestand der angewandten tarifvertraglichen Regelungen nicht schutzwürdig. Denn die Richtlinie 2000/78/EG wurde schon im Jahr 2000 erlassen und stellt in Art. 16 Buchst. b ausdrücklich klar, dass die Diskriminierungsverbote auch auf tarifvertragliche Bestimmungen Anwendung finden. Nach Art. 18 der Richtlinie 2000/78/EG war diese zudem spätestens zum 2. Dezember 2006 in nationales Recht umzusetzen. Der Beklagte musste ebenso wie die Tarifvertragsparteien damit rechnen, dass tarifvertragliche Regelungen auch am Verbot der Altersdiskriminierung gemessen werden. Deshalb konnte der Beklagte nicht darauf vertrauen, dass auch nach Inkrafttreten des AGG die Urlaubsstaffelregelung des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD zulässig war, zumal in der Gesetzesbegründung zum AGG die Anknüpfung an das bloße Lebensalter als Mindestgrenze für mit der Beschäftigung verbundener Vorteile nicht unkritisch gesehen wurde(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 36) und im Schrifttum nicht nur vereinzelt die Unwirksamkeit des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD wegen Verstoßes gegen das Verbot der Altersdiskriminierung angenommen wurde (vgl. Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 26 TVöD Rn. 22 mwN; Kamanabrou NZA Beilage 3/2006, 138, 144; Hock/Kramer/Schwerdtle ZTR 2006, 622, 623 mwN; so bereits zu § 48 Abs. 1 BAT: Lüderitz Altersdiskriminierung durch Altersgrenzen S. 156).

33

6. Die Klägerin hat Anspruch auf Ersatzurlaub gemäß § 280 Abs. 1, § 286 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB. Die Resturlaubsansprüche für die Jahre 2008 und 2009 waren mangels Vorliegens eines Übertragungsgrundes nach § 26 Abs. 1 Satz 6 TVöD iVm. § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG zum 31. Dezember des jeweiligen Jahres verfallen. Diesen Untergang hat der Beklagte zu vertreten, weil er sich mit der Gewährung des Urlaubs in Verzug befand.

34

a) Die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs aus Verzug gemäß § 280 Abs. 1, § 286 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB liegen vor. Die Klägerin hatte in den Jahren 2008 und 2009 Anspruch auf jeweils 30 Urlaubstage. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wandelt sich der Urlaubsanspruch in einen Schadensersatzanspruch um, der auf Gewährung von Ersatzurlaub als Naturalrestitution gerichtet ist, wenn der Arbeitgeber den rechtzeitig verlangten Urlaub nicht gewährt und der Urlaub aufgrund seiner Befristung verfällt ( BAG 11. April 2006 - 9 AZR 523/05  - Rn. 24, AP BUrlG § 7 Übertragung Nr. 28 = EzA BUrlG § 7 Nr. 116).

35

b) Die Klägerin machte mit Schreiben vom 5. November 2008 unter der Überschrift „Geltendmachung von Urlaubsansprüchen“ Urlaub in Höhe von 30 Tagen nach dem TVöD geltend und bat zudem, den Urlaubsanspruch auch für die Zukunft entsprechend anzupassen. Dahingestellt bleiben kann, ob dies schon ein konkretes Verlangen beinhaltet hat, den Urlaub in den Jahren 2008 und 2009 zu gewähren. Nach der Rechtsprechung des Senats ist hierfür zumindest erforderlich, dass der Arbeitgeber nach den Grundsätzen des § 133 BGB davon ausgehen muss, der Arbeitnehmer wünsche ab einem bestimmten Zeitpunkt Erholungsurlaub(vgl. BAG 17. November 2009 - 9 AZR 745/08 - Rn. 45; 11. April 2006 -  9 AZR 523/05  - Rn. 28, AP BUrlG § 7 Übertragung Nr. 28 = EzA BUrlG § 7 Nr. 116). Maßgebend ist, dass der Beklagte mit Schreiben vom 28. November 2008 erklärt hat, er lehne den Antrag auf Verlängerung des Urlaubs „auf 30 Tage vor Erreichen des 41. Lebensjahres“ ab, weil der Klägerin nach dem für ihn verbindlichen § 26 Abs. 1 TVöD derzeit nur 29 Urlaubstage zustünden. Aus objektiver Empfängersicht lag darin eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung des Beklagten als Schuldner des Urlaubsanspruchs, die gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB eine Mahnung der Klägerin entbehrlich machte(vgl. BAG 31. Januar 1991 - 8 AZR 462/89  - zu II der Gründe). Denn der Beklagte gab mit diesem Schreiben vor Ablauf des Urlaubsjahres 2008 klar zu erkennen, dass er nicht bereit sei, im laufenden Jahr mehr als 29 Tage Urlaub zu gewähren. Hinsichtlich des weiteren Urlaubstags für das Jahr 2009 folgt der Verzug des Beklagten zudem daraus, dass er jedenfalls mit dem Antrag auf Klageabweisung vom 24. April 2009 und somit vor Ablauf des Urlaubsjahres 2009 zu erkennen gegeben hat, den weiteren Urlaubstag auch im Jahr 2009 nicht gewähren zu wollen. Darin lag ebenso seine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung als Schuldner des Urlaubsanspruchs, die gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB eine Mahnung der Klägerin ebenfalls entbehrlich machte(vgl. BAG 17. Mai 2011 - 9 AZR 197/10 - Rn. 14, EzA TVG § 4 Metallindustrie Nr. 138; 31. Januar 1991 - 8 AZR 462/89  - zu II der Gründe).

36

B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

    Preuß    

        

    Neumann-Redlin    

        

        

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

(1) Benachteiligungen aus einem in § 1 genannten Grund sind nach Maßgabe dieses Gesetzes unzulässig in Bezug auf:

1.
die Bedingungen, einschließlich Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen, für den Zugang zu unselbstständiger und selbstständiger Erwerbstätigkeit, unabhängig von Tätigkeitsfeld und beruflicher Position, sowie für den beruflichen Aufstieg,
2.
die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen einschließlich Arbeitsentgelt und Entlassungsbedingungen, insbesondere in individual- und kollektivrechtlichen Vereinbarungen und Maßnahmen bei der Durchführung und Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses sowie beim beruflichen Aufstieg,
3.
den Zugang zu allen Formen und allen Ebenen der Berufsberatung, der Berufsbildung einschließlich der Berufsausbildung, der beruflichen Weiterbildung und der Umschulung sowie der praktischen Berufserfahrung,
4.
die Mitgliedschaft und Mitwirkung in einer Beschäftigten- oder Arbeitgebervereinigung oder einer Vereinigung, deren Mitglieder einer bestimmten Berufsgruppe angehören, einschließlich der Inanspruchnahme der Leistungen solcher Vereinigungen,
5.
den Sozialschutz, einschließlich der sozialen Sicherheit und der Gesundheitsdienste,
6.
die sozialen Vergünstigungen,
7.
die Bildung,
8.
den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich von Wohnraum.

(2) Für Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch gelten § 33c des Ersten Buches Sozialgesetzbuch und § 19a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch. Für die betriebliche Altersvorsorge gilt das Betriebsrentengesetz.

(3) Die Geltung sonstiger Benachteiligungsverbote oder Gebote der Gleichbehandlung wird durch dieses Gesetz nicht berührt. Dies gilt auch für öffentlich-rechtliche Vorschriften, die dem Schutz bestimmter Personengruppen dienen.

(4) Für Kündigungen gelten ausschließlich die Bestimmungen zum allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. März 2010 - 20 Sa 2058/09 - aufgehoben.

2. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Eberswalde vom 8. Juli 2009 - 3 Ca 140/09 - wird zurückgewiesen und der Tenor dieses Urteils zur Klarstellung neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der Klägerin für die Jahre 2008 und 2009 jeweils ein weiterer Urlaubstag als Ersatzurlaub zusteht.

3. Der Beklagte hat auch die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin in den Jahren 2008 und 2009 Anspruch auf jeweils 29 oder 30 Urlaubstage hatte.

2

Die am 27. Oktober 1971 geborene Klägerin ist seit dem 1. September 1988 bei dem beklagten Landkreis als Angestellte mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden in der Fünftagewoche beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom 13. September 2005 in der Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 31. März 2008 (TVöD) Anwendung. Dieser bestimmt ua.:

        

§ 26 

        

Erholungsurlaub

        

(1)     

Beschäftigte haben in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts (§ 21). Bei Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf fünf Tage in der Kalenderwoche beträgt der Urlaubsanspruch in jedem Kalenderjahr

                 

bis zum vollendeten 30. Lebensjahr

26 Arbeitstage,

                 

bis zum vollendeten 40. Lebensjahr

29 Arbeitstage und

                 

nach dem vollendeten 40. Lebensjahr

30 Arbeitstage.

                 

Maßgebend für die Berechnung der Urlaubsdauer ist das Lebensjahr, das im Laufe des Kalenderjahres vollendet wird. Bei einer anderen Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit als auf fünf Tage in der Woche erhöht oder vermindert sich der Urlaubsanspruch entsprechend. Verbleibt bei der Berechnung des Urlaubs ein Bruchteil, der mindestens einen halben Urlaubstag ergibt, wird er auf einen vollen Urlaubstag aufgerundet; Bruchteile von weniger als einem halben Urlaubstag bleiben unberücksichtigt. Der Erholungsurlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und kann auch in Teilen genommen werden.

        

…       

        
        

§ 27   

        

Zusatzurlaub

        

(1)     

Beschäftigte, die ständig Wechselschichtarbeit nach § 7 Abs. 1 oder ständig Schichtarbeit nach § 7 Abs. 2 leisten und denen die Zulage nach § 8 Abs. 5 Satz 1 oder Abs. 6 Satz 1 zusteht, erhalten

                 

a)    

bei Wechselschichtarbeit für je zwei zusammenhängende Monate und

                 

b)    

bei Schichtarbeit für je vier zusammenhängende Monate

                 

einen Arbeitstag Zusatzurlaub.

        

(2)     

Im Falle nicht ständiger Wechselschicht- oder Schichtarbeit (z. B. ständige Vertreter) erhalten Beschäftigte des Bundes, denen die Zulage nach § 8 Abs. 5 Satz 2 oder Abs. 6 Satz 2 zusteht, einen Arbeitstag Zusatzurlaub für

                 

a)    

je drei Monate im Jahr, in denen sie überwiegend Wechselschichtarbeit geleistet haben, und

                 

b)    

je fünf Monate im Jahr, in denen sie überwiegend Schichtarbeit geleistet haben.

        

…       

                 
        

(4)     

Zusatzurlaub nach diesem Tarifvertrag und sonstigen Bestimmungen mit Ausnahme von § 125 SGB IX wird nur bis zu insgesamt sechs Arbeitstagen im Kalenderjahr gewährt. Erholungsurlaub und Zusatzurlaub (Gesamturlaub) dürfen im Kalenderjahr zusammen 35 Arbeitstage nicht überschreiten. Satz 2 ist für Zusatzurlaub nach den Absätzen 1 und 2 hierzu nicht anzuwenden. Bei Beschäftigten, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, gilt abweichend von Satz 2 eine Höchstgrenze von 36 Arbeitstagen; § 26 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

        

…“    

        
3

Mit Schreiben vom 5. November 2008 machte die Klägerin gegenüber dem Beklagten einen jährlichen Gesamturlaub in Höhe von 30 Tagen für das Jahr 2008 und die Zukunft nach dem TVöD geltend. Der Beklagte lehnte die Gewährung von 30 Urlaubstagen vor der Vollendung des 40. Lebensjahres der Klägerin unter Hinweis auf die Verbindlichkeit der Regelung des § 26 Abs. 1 TVöD mit Schreiben vom 28. November 2008 ab. Die Klägerin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 11. Februar 2009 die vorliegende Klage erhoben.

4

Sie hat die Ansicht vertreten, sie habe auch vor der Vollendung ihres 40. Lebensjahres Anspruch auf jährlich 30 und nicht nur 29 Urlaubstage. Die an das Lebensalter anknüpfende Staffelung des tariflichen Urlaubsanspruchs sei eine Diskriminierung wegen des Alters. Die in der Tarifregelung enthaltene Ungleichbehandlung jüngerer Arbeitnehmer sei nicht durch § 10 AGG gerechtfertigt. Im Übrigen würden die gesundheitlichen Wirkungen zusätzlichen Urlaubs zur Vermeidung beispielsweise von Stresserscheinungen am Arbeitsplatz auch in der medizinischen Literatur kontrovers diskutiert.

5

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass ihr für die Jahre 2008 und 2009 jeweils ein Urlaubstag als Ersatzurlaub zusteht.

6

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Diese sei bereits unzulässig, da das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO nötige Feststellungsinteresse fehle. Schließlich sei die Klage auch unbegründet. Die Altersstufenregelung des § 26 Abs. 1 TVöD sei durch einen sachlichen Grund nach § 10 AGG gerechtfertigt. Die Festlegung eines Mindestalters für die Gewährung von 30 Urlaubstagen pro Kalenderjahr stelle eine besondere Beschäftigungsbedingung zum Schutz älterer Beschäftigter bzw. eine Mindestanforderung an das Alter für einen mit der Beschäftigung verbundenen Vorteil dar, der zur Erreichung eines legitimen Ziels angemessen und erforderlich sei. Ältere Arbeitnehmer seien mit zunehmendem Alter aufgrund beruflicher Belastungen länger krank. Um diesen Umstand Rechnung zu tragen, hätten die Tarifvertragsparteien mit der Regelung in § 26 Abs. 1 TVöD auf das verstärkte Erholungsbedürfnis älterer Arbeitnehmer reagiert und deren Leistungsfähigkeit stärken wollen. Der Aspekt des Gesundheitsschutzes älterer Arbeitnehmer sei daher geeignet, die Ungleichbehandlung jüngerer Beschäftigter zu rechtfertigen. Schließlich würde auch eine Diskriminierung keine Angleichung „nach oben“ zur Folge haben.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die Wiederherstellung der stattgebenden Entscheidung des Arbeitsgerichts. Der Beklagte beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

A. Die zulässige Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf die geltend gemachten Ersatzurlaubstage.

9

I. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Feststellungsklage zulässig ist. Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse daran, durch das Gericht feststellen zu lassen, ob ihr für die Jahre 2008 und 2009 jeweils ein Urlaubstag als Ersatzurlaub zusteht ( § 256 Abs. 1 ZPO ). Der grundsätzliche Vorrang der Leistungsklage steht der Zulässigkeit einer Klage, mit der ein Arbeitnehmer den Umfang des ihm zustehenden Urlaubs gerichtlich festgestellt haben will, nicht entgegen (vgl. BAG 12. April 2011 - 9 AZR 80/10  - Rn. 13 bis 15, EzA BUrlG § 7 Nr. 123).

10

II. Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten für den ihr in den Jahren 2008 und 2009 jeweils verweigerten 30. Urlaubstag gemäß § 280 Abs. 1, § 286 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB Anspruch auf jeweils einen Tag Ersatzurlaub. Die Urlaubsstaffelung des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD verstößt gegen die §§ 1, 3 Abs. 1 AGG. Denn sie gewährt Beschäftigten, die das 30., aber noch nicht das 40. Lebensjahr vollendet haben, einen um einen Tag kürzeren Urlaub. Sie ist deshalb nach § 7 Abs. 1 und Abs. 2 AGG iVm. § 134 BGB unwirksam. Dies hat zur Folge, dass die Klägerin auch vor der Vollendung ihres 40. Lebensjahres in jedem Kalenderjahr Anspruch auf 30 Urlaubstage hatte. Ihr steht für die Jahre 2008 und 2009 jeweils noch ein Tag Ersatzurlaub zu, weil der Beklagte ihr in diesen Jahren nur jeweils 29 Urlaubstage gewährte.

11

1. Nach § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD standen der am 27. Oktober 1971 geborenen Klägerin in den Jahren 2008 und 2009 jeweils 29 Urlaubstage zu. Erst nach dem vollendeten 40. Lebensjahr gewährt ihr diese Tarifregelung einen jährlichen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen. Diese an das Lebensalter anknüpfende Staffelung der Urlaubsdauer verstößt gegen das Verbot der Altersdiskriminierung in § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG. Sie ist als sachlich nicht nach den §§ 8, 10 AGG gerechtfertigte unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters gemäß § 7 Abs. 2 AGG iVm. § 134 BGB unwirksam. Zur Beseitigung dieser Diskriminierung ist eine Anpassung auf 30 Urlaubstage erforderlich.

12

2. Zutreffend haben die Vorinstanzen die Regelung in § 26 Abs. 1 TVöD am AGG gemessen. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG gelten die Diskriminierungsverbote der §§ 1, 7 AGG auch für die in kollektivrechtlichen Vereinbarungen geregelten Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen. Unter solchen Bedingungen sind alle Umstände zu verstehen, aufgrund derer und unter denen die Arbeitsleistung zu erbringen ist (vgl. BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 54, BAGE 132, 210). Zu den Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen gehört damit auch der Urlaub. Der Umstand, dass die Regelung in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b TVöD bereits am 1. Januar 2006 und somit schon vor dem AGG vom 14. August 2006 in Kraft getreten ist, steht dem nicht entgegen. Die für die Jahre 2008 und 2009 geltend gemachte Benachteiligung durch § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD ist erst nach Inkrafttreten des AGG am 18. August 2006 eingetreten. Da § 33 Abs. 1 AGG insoweit keine Übergangsregelung enthält, findet dieses Gesetz auch dann Anwendung, wenn die Benachteiligung auf einem vor Inkrafttreten des AGG abgeschlossenen Tarifvertrag beruht. Es kommt allein auf den Zeitpunkt der Benachteiligungshandlung an (BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 33, BAGE 129, 72).

13

3. Die Urlaubsstaffelung in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD enthält eine auf dem Merkmal des Alters beruhende Ungleichbehandlung der Beschäftigten, die das 30. bzw. das 40. Lebensjahr nicht vollendet haben. Das ist eine unmittelbare Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmer wegen des Alters iSv. § 3 Abs. 1 AGG.

14

a) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Beim Alter handelt es sich um einen in § 1 AGG genannten Grund, wobei unter Alter das Lebensalter zu verstehen ist. Dies folgt aus dem gesetzlichen Wortlaut und auch aus der Gesetzesbegründung ( BT-Drucks. 16/1780 S. 31; BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 49, BAGE 132, 210; 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07  - Rn. 36, BAGE 129, 181). Der für eine unmittelbare Benachteiligung erforderliche Kausalzusammenhang ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen oder mehrere in § 1 AGG genannte Gründe anknüpft oder dadurch motiviert ist(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 32; BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 50, aaO).

15

b) Diese Voraussetzung ist erfüllt. § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD sieht für Beschäftigte bei einer Fünftagewoche in jedem Kalenderjahr einen Urlaubsanspruch bis zum vollendeten 30. Lebensjahr in Höhe von 26 Arbeitstagen, bis zum vollendeten 40. Lebensjahr in Höhe von 29 Arbeitstagen und erst nach dem vollendeten 40. Lebensjahr in Höhe von 30 Arbeitstagen vor. Die Höhe des Urlaubsanspruchs nach § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD knüpft damit in allen Stufen unmittelbar an das Lebensalter der Beschäftigten an. Danach haben Beschäftigte wie die Klägerin, die zwar das 30. Lebensjahr, aber noch nicht das 40. Lebensjahr vollendet haben, in jedem Jahr nur Anspruch auf 29 statt auf 30 Urlaubstage. Sie werden ebenso wie die unter 30-Jährigen im Vergleich zu den Beschäftigten, die das 40. Lebensjahr vollendet haben, hinsichtlich der Höhe des Urlaubsanspruchs wegen ihres geringeren Alters ungünstiger behandelt.

16

4. Diese Ungleichbehandlung ist nicht gerechtfertigt.

17

a) Bei ihr handelt es sich nicht um eine nach § 8 AGG zulässige unterschiedliche Behandlung wegen beruflicher Anforderungen. Die Urlaubsstaffel des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD knüpft nicht an die Art der auszuübenden Tätigkeit oder die Bedingungen ihrer Ausübung an. Sie stellt nicht auf die Art der auszuübenden Tätigkeit ab und beansprucht damit Geltung für alle dem TVöD unterfallenden Beschäftigten.

18

b) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist die Ungleichbehandlung auch nicht nach § 10 AGG sachlich gerechtfertigt(so ebenfalls die herrschende Meinung in der Literatur, vgl. Linck/Schütz FS Leinemann, S. 181 f.; Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV Stand Januar 2012 E § 26 TVöD Rn. 22; AGG/Voigt 3. Aufl. § 10 Rn. 33; Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 10 Rn. 42b; Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 10 Rn. 105; Kamanabrou NZA Beilage 3/2006, 138, 144; Hock/Kramer/Schwerdtle ZTR 2006, 622, 623 mwN; Wulfers/Hecht ZTR 2007, 475, 478; vgl. ferner bereits zu § 48 BAT: Lüderitz Altersdiskriminierung durch Altersgrenzen S. 156). § 10 Satz 1 AGG lässt eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters ungeachtet der Regelung des § 8 AGG zu, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Zudem müssen die Mittel zur Erreichung dieses Ziels nach § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist die an das Lebensalter anknüpfende Differenzierung in § 26 Abs. 1 TVöD nicht sachlich gerechtfertigt, weil sie einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung trägt und deren Gesundheit schützen will. Dabei kann dahinstehen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen das Ziel des Gesundheitsschutzes eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen würde. Die Tarifvorschrift verfolgt dieses Ziel schon nicht.

19

aa) Die Tarifvertragsparteien haben das mit der in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD geregelten Urlaubsstaffelung verfolgte Ziel nicht ausdrücklich genannt. Nennt eine Regelung oder Maßnahme kein Ziel, müssen zumindest aus dem Kontext abgeleitete Anhaltspunkte die Feststellung des hinter der Regelung oder der Maßnahme stehenden Ziels ermöglichen, um die Legitimität des Ziels sowie die Angemessenheit und die Erforderlichkeit der zu seiner Erreichung eingesetzten Mittel gerichtlich überprüfen zu können. Dabei können nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union die sozialpolitischen Ziele als legitim angesehen werden, die im allgemeinen Interesse stehen. Derjenige, der eine Ungleichbehandlung vornimmt, muss den nationalen Gerichten in geeigneter Weise die Möglichkeit zur Prüfung einräumen, ob mit der Ungleichbehandlung ein Ziel angestrebt wird, das die Ungleichbehandlung unter Beachtung der Ziele der Richtlinie 2000/78/EG rechtfertigt (vgl. EuGH 5. März 2009 - C-388/07  - [Age Concern England] Rn. 45 ff., Slg. 2009, I-1569; BAG 26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08  - Rn. 36 ff., BAGE 131, 61). Denn das nationale Gericht hat zu prüfen, ob die Regelung oder Maßnahme ein rechtmäßiges Ziel iSd. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG verfolgt. Gleiches gilt für die Frage, ob die Tarifvertragsparteien als Normgeber angesichts des vorhandenen Wertungsspielraums davon ausgehen durften, dass die gewählten Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich waren (vgl. EuGH 5. März 2009 -  C-388/07  - [Age Concern England] Rn. 49 ff., aaO; vgl. auch BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 57, BAGE 132, 210).

20

bb) Die Regelung in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD dient nicht dem Schutz älterer Beschäftigter iSv. § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG. Diese gesetzliche Regelung konkretisiert das legitime Ziel, nämlich ua. die Sicherstellung des Schutzes älterer Beschäftigter, wobei dieser Schutz auch die Festlegung besonderer Arbeitsbedingungen einschließen kann. Aus einer tariflichen Urlaubsstaffelung, die - wie die in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD - den Beschäftigten bereits nach Vollendung des 30. Lebensjahres drei weitere Urlaubstage und dann nach Vollendung des 40. Lebensjahres letztmals einen zusätzlichen Urlaubstag gewährt, lässt sich nicht ableiten, dass die Tarifvertragsparteien einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung tragen wollten und das Ziel verfolgten, den Schutz älterer Beschäftigter iSd. § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG sicherzustellen. Wenn sich auch eine genaue Schwelle für die Zuordnung zu den älteren Arbeitnehmern weder dieser Regelung selbst noch Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG entnehmen lässt, so ist diese freilich an der Zielsetzung (vgl. zu dieser Däubler/Bertzbach/Brors 2. Aufl. § 10 Rn. 42) auszurichten. Einen arbeitsmarktpolitischen Zweck verfolgt zB § 417 Abs. 1 SGB III, wonach Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet haben und ihre Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung beenden oder vermeiden, unter den in der Vorschrift genannten Voraussetzungen Anspruch auf Leistungen der Entgeltsicherung haben. Diese Regelung der Entgeltsicherung bezweckt, die Arbeitslosigkeit älterer Arbeitnehmer abzubauen und ihren Anteil an der erwerbstätigen Bevölkerung zu erhöhen (vgl. BT-Drucks. 17/1945 S. 17). Im Vergleich zu der in § 417 Abs. 1 SGB III genannten Altersgruppe setzt sich die durch die Urlaubsstaffel in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD begünstigte Beschäftigtengruppe, der ein Urlaubsanspruch von jährlich 30 Arbeitstagen eingeräumt wird, nicht ausnahmslos aus älteren Beschäftigten zusammen. Vielmehr gehören ihr alle Beschäftigten ab Vollendung des 40. Lebensjahres an. Der Senat hat bereits entschieden, dass ein Arbeitnehmer jedenfalls ab Vollendung des 31. Lebensjahres offensichtlich kein älterer Beschäftigter iSv. § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG ist(BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 55, BAGE 132, 210).

21

cc) Ein legitimes Ziel iSd. § 10 AGG ergibt sich entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts auch nicht aus § 10 Satz 3 Nr. 2 AGG. Danach kann eine zulässige unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile einschließen. Diese Regelung bestimmt selbst kein legitimes Ziel, sondern beschreibt nur ein mögliches Mittel, mit der ein auf andere Weise zu legitimierendes Ziel gerechtfertigt werden kann (vgl. ErfK/Schlachter 12. Aufl. § 10 AGG Rn. 6), sofern es erforderlich und angemessen iSd. § 10 Satz 2 AGG ist.

22

dd) Die Tarifvertragsparteien verfolgen entgegen der Auffassung des Beklagten nicht das Ziel des Gesundheitsschutzes älterer Arbeitnehmer.

23

(1) Das mit der Urlaubsstaffelung des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD verfolgte Ziel lässt sich nicht mit ausreichender Deutlichkeit aus dem Wortlaut des § 26 TVöD entnehmen. § 26 TVöD normiert ausweislich seiner Überschrift den Erholungsurlaub. Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 TVöD haben Beschäftigte in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts. § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD legt die Dauer dieses Erholungsurlaubs fest. Der Begriff des Erholungsurlaubs wird dabei nicht näher definiert und ist dem BUrlG entlehnt, auf das § 26 Abs. 2 TVöD im Übrigen verweist. Der Erholungsurlaub nach dem BUrlG soll nach der Gesetzesbegründung dem sozialpolitischen Anliegen der Erhaltung und Wiederauffrischung der Arbeitskraft der Arbeitnehmer dienen (vgl. den schriftlichen Bericht des Bundestagsausschusses für Arbeit, BT-Drucks. IV/785; Begründung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Bundesurlaubsgesetzes, BT-Drucks. IV/207). Durch den Erholungsurlaub wird dem Arbeitnehmer die Möglichkeit gesichert, für eine bestimmte Dauer im Jahr, die ihm eingeräumte Freizeit zur selbstbestimmten Erholung zu nutzen (st. Rspr., vgl. BAG 20. Juni 2000 - 9 AZR 405/99 - zu II 2 b bb 1 der Gründe, BAGE 95, 104; 8. März 1984 - 6 AZR 600/82 - zu II 5 b der Gründe, BAGE 45, 184; ebenso st. Rspr. des EuGH zum Jahresurlaub nach Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG , EuGH 22. No-vember 2011 - C-214/10 - [KHS] Rn. 31, AP Richtlinie 2003/88/EG Nr. 6 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2003/88 Nr. 7; 20. Januar 2009 - C-350/06 und C-520/06  - [Schultz-Hoff] Rn. 25, Slg. 2009, I-179). Wenn eine Tarifregelung die Urlaubsdauer nach dem Lebensalter staffelt, liegt die Annahme nahe, die Tarifvertragsparteien hätten einem mit zunehmendem Alter gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung tragen wollen. Die Regelung in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD rechtfertigt eine solche Annahme freilich nicht, sondern schließt sie aus.

24

(2) Das folgt bereits aus dem Inhalt der Regelung. Die Tarifvorschrift räumt den Beschäftigten schon ab dem 30. Lebensjahr drei weitere Urlaubstage ein. Dafür, dass die Tarifvertragsparteien von einem so deutlich gesteigertem Erholungsbedürfnis bereits nach der Vollendung des 30. Lebensjahres ausgegangen sind, fehlt jeder Anhaltspunkt. Gegen eine solche Annahme spricht auch, dass die Tarifvertragsparteien den Beschäftigten nach der Vollendung des 40. Lebensjahres letztmals nur einen weiteren Urlaubstag gewährt und davon abgesehen haben, ein gesteigertes Erholungsbedürfnis des Beschäftigten in der Zeit bis zum Erreichen des gesetzlich festgelegten Alters für den Bezug der Regelaltersrente (§ 33 Abs. 1 Buchst. a TVöD) zu berücksichtigen. Hätten die Tarifvertragsparteien ein gesteigertes Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter vor Augen gehabt, hätten sie nicht einem 30-Jährigen einen gegenüber einem 29-jährigen Beschäftigten um drei Tage längeren Urlaub gewährt, nach der Vollendung des 40. Lebensjahres des Beschäftigten eine wesentlich geringere Steigerung des Erholungsbedürfnisses angenommen und für die Zeit danach bis zum Erreichen des gesetzlich festgelegten Alters für den Bezug der Regelaltersrente ein zunehmendes Erholungsbedürfnis des Beschäftigten überhaupt nicht mehr berücksichtigt (vgl. Wulfers/Hecht ZTR 2007, 475, 478). Auch das Schrifttum nimmt ganz überwiegend an, dass eine tarifliche Urlaubsstaffelung nicht schon auf die Vollendung des 30. bzw. des 40. Lebensjahres abstellen darf, wenn sie einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung tragen will (vgl. Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 26 TVöD Rn. 22; Tempelmann/Stenslik DStR 2011, 1183, 1186; Richter Benachteiligung wegen des Alters im Erwerbsleben S. 170; Meinel/Heyn/Herms § 10 Rn. 42b; AGG/Voigt § 10 Rn. 33; Hey AGG § 10 Rn. 28; Kamanabrou NZA Beilage 3/2006, 138, 144; Hock/Kramer/Schwerdle ZTR 2006, 622, 623; Linck/Schütz FS Leinemann S. 181 f.; Senne Auswirkungen des europäischen Verbots der Altersdiskriminierung auf das deutsche Arbeitsrecht S. 269; Bertelsmann ZESAR 2005, 242, 246). Selbst wenn die Erholungsbedürftigkeit von Arbeitnehmern mit zunehmendem Lebensalter steigen sollte (zweifelnd Däubler/Bertzbach/Brors § 10 Rn. 50; aA Waltermann NZA 2005, 1265, 1269), hätte es mit dem Schutz älterer Arbeitnehmer nichts zu tun, bereits mit dem 30. Lebensjahr eine erste Verlängerung des Urlaubsanspruchs um drei Tage und die zweite und zugleich letzte Verlängerung um einen weiteren Urlaubstag bereits mit Vollendung des 40. Lebensjahres vorzusehen (so auch Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 26 TVöD Rn. 22; Adomeit/Mohr § 10 Rn. 105; so bereits zu § 48 BAT: Lüderitz Altersdiskriminierung durch Altersgrenzen S. 156). Es fehlt in beiden Stufen an dem erkennbaren Schutz Älterer. Die Verlängerung des Urlaubsanspruchs bereits mit dem vollendeten 30. Lebensjahr lässt sich kaum mit der Erhaltung der Leistungsfähigkeit Älterer begründen. Auch mit der Vollendung des 40. Lebensjahres hat ein Beschäftigter regelmäßig allenfalls die Mitte seines Erwerbsalters erreicht (vgl. auch Lüderitz Altersdiskriminierung durch Altersgrenzen S. 156). Hätten die Tarifvertragsparteien gemäß der Ansicht des Beklagten ein gesteigertes Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter berücksichtigen wollen, hätten sich die gewählten Altersgrenzen nicht an dem mit dem Alter zunehmenden Erholungsbedürfnis orientiert und wären willkürlich.

25

(3) Gerade dieser Umstand bestätigt, dass die Tarifvertragsparteien mit der Regelung in § 26 TVöD weder den Schutz der Gesundheit bezweckten noch einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung tragen wollten. Hätten sie diese Ziele verfolgt, hätte es nahe gelegen, gerade für die älteren Beschäftigten, zB die Gruppe der über 50- oder über 60-jährigen Beschäftigten, die Dauer des Erholungsurlaubs zu verlängern. Bei dieser Personengruppe ist ein altersbedingt gesteigertes Erholungsbedürfnis eher nachvollziehbar. Ein solches Schutzbedürfnis für die über 50-Jährigen haben die Tarifvertragsparteien aber nur hinsichtlich der Beschränkung der Höchstdauer des Gesamturlaubs bei besonders belastenden Arbeiten (Schicht- und Wechselschicht) gesehen. Das folgt aus § 27 Abs. 4 Satz 4 TVöD. Danach erhöht sich ab diesem Lebensalter die maximal erreichbare Gesamturlaubsdauer von jährlich 35 auf 36 Arbeitstage.

26

(4) Die Tarifgeschichte bestätigt, dass die Tarifvertragsparteien mit der Urlaubsstaffel nicht einem mit dem Lebensalter steigenden Erholungsbedürfnis Rechnung tragen wollten. Bereits seit dem Inkrafttreten des BAT wurde die Urlaubsdauer an das Lebensalter geknüpft (§ 48 Abs. 1 BAT). Sie steigerte sich auch nach dem vollendeten 30. Lebensjahr und nach dem vollendeten 40. Lebensjahr. Innerhalb der Lebensaltersstufen verlängerte sich die Urlaubsdauer teilweise nach Vergütungsgruppen. Je höher der Angestellte eingruppiert war, je länger war sein Urlaubsanspruch. Dies zeigt, dass nicht der Erholungszweck maßgebend für die Urlaubsdauer sein sollte. Der Urlaub wurde vielmehr als Quasi-Gegenleistung für die Arbeitsleistung geregelt. Nur so lässt sich die normierte Abhängigkeit der Urlaubsdauer von der Vergütungsgruppe erklären. Es kann deshalb nicht angenommen werden, die Tarifvertragsparteien hätten bei Angestellten in höheren Vergütungsgruppen ein gesteigertes Erholungsbedürfnis ausgleichen wollen. Die Differenzierung resultiert vielmehr aus der überkommenen Auffassung, der Urlaub werde „verdient“.

27

5. Die Diskriminierung der Klägerin kann nur durch die Verpflichtung des Beklagten beseitigt werden, der Klägerin für die Jahre 2008 und 2009 jeweils einen Ersatzurlaubstag zu gewähren. Zwar folgt aus § 7 Abs. 2 AGG nur, dass die diskriminierende Regelung unwirksam ist. Auch wird vom Senat nicht verkannt, dass es sich bei § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD um ein Stufensystem handelt, sodass grundsätzlich keine Stufe als die von den Tarifvertragsparteien als „übliche“ Urlaubsdauer gewollte angesehen werden kann. Jedoch kann die Beseitigung der Diskriminierung vorliegend nur durch eine Anpassung „nach oben“ erfolgen.

28

a) Grundsätzlich ist es Aufgabe der Tarifvertragsparteien, eine benachteiligungsfreie Regelung zu treffen, wofür ihnen verschiedene Möglichkeiten zu Verfügung stehen. Doch scheidet eine Aussetzung des Rechtsstreits unter Fristsetzung zur Lückenschließung durch die Tarifvertragsparteien selbst von vornherein aus (aM Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 26 TVöD Rn. 23). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind für den Fall, dass gesetzliche oder tarifvertragliche Regelungen eine mit der Richtlinie unvereinbare Diskriminierung vorsehen, die nationalen Gerichte gehalten, die Diskriminierung auf jede denkbare Weise und insbesondere dadurch auszuschließen, dass sie die Regelung für die nicht benachteiligte Gruppe auch auf die benachteiligte Gruppe anwenden, ohne die Beseitigung der Diskriminierung durch den Gesetzgeber, die Tarifvertragsparteien oder in anderer Weise abzuwarten (vgl. so bereits zur Richtlinie 76/207/EWG: EuGH 20. März 2003 - C-187/00 - [Kutz-Bauer] Rn. 75, Slg. 2003, I-2741). Auch nach Art. 9 Abs. 3 GG in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wäre eine Aussetzung grundsätzlich allenfalls zur Beseitigung einer Diskriminierung für die Zukunft geboten(vgl. BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 28, NZA 2012, 161). Vorliegend geht es jedoch um die Beseitigung einer Diskriminierung in der Vergangenheit.

29

b) Die Benachteiligung der Klägerin kann nicht auf andere Weise für die Jahre 2008 und 2009 ausgeschlossen werden. Ein Rückgriff auf den noch unterhalb der Eingangstufe des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD liegenden gesetzlichen Mindesturlaub gemäß den §§ 1, 3 BUrlG in Höhe von 20 Arbeitstagen bei einer Fünftagewoche ist hierzu nicht geeignet(aM Wulfers/Hecht ZTR 2007, 475, 483; Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Februar 2012, § 26 Rn. 163.5). Der von den §§ 1, 7 AGG bzw. Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG verfolgte Zweck, Benachteiligungen zu verhindern oder zu beseitigen, würde nicht erreicht. Da diskriminierende Maßnahmen oder Vereinbarungen nicht hingenommen und ihre Fortwirkung nicht akzeptiert werden darf (vgl. ErfK/Schlachter § 7 AGG Rn. 5), ist auch nicht auf die Eingangsstufe des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD mit 26 Urlaubstagen abzustellen. Hätte die Klägerin nur Anspruch auf die erste Stufe der Urlaubsstaffel, fehlte es an einer Sanktion, die einen tatsächlichen und wirksamen Rechtsschutz gewährt und abschreckende Wirkung hat (vgl. zu diesem Aspekt: BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 18 ff., NZA 2012, 161).

30

c) Hingegen ist eine Anpassung „nach oben“ zur Beseitigung einer Altersdiskriminierung im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union gerechtfertigt, wenn auf andere Weise die Diskriminierung nicht behoben werden kann, weil der Arbeitgeber den Begünstigten für die Vergangenheit die Leistung nicht mehr entziehen kann (vgl. ausführlich: BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 20 ff., NZA 2012, 161). Dies ist vorliegend der Fall. Der den begünstigten Beschäftigten in den Jahren 2008 und 2009 gewährte Urlaub von jährlich 30 Arbeitstagen kann nicht rückwirkend auf 29 oder 26 Arbeitstage begrenzt werden. Die als Urlaub bereits gewährte Freizeit ist nicht kondizierbar.

31

d) Schließlich steht der Anpassung „nach oben“ auch nicht § 15 Abs. 3 AGG entgegen. Danach ist der Arbeitgeber bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fährlässig handelt. Diese Bestimmung bezieht sich allein auf die immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG(vgl. BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 38, NZA 2012, 161; ErfK/Schlachter § 15 AGG Rn. 13) und verhält sich nicht zur Beseitigung einer Diskriminierung durch eine den Diskriminierungsverboten genügende Regelung.

32

e) Der Beklagte kann auch keinen Vertrauensschutz in Anspruch nehmen. In den Jahren 2008 und 2009 galt bereits das am 18. August 2006 in Kraft getretene AGG. Dieses nimmt Dauerschuldverhältnisse und damit auch Arbeitsverhältnisse ebenso wenig wie Tarifverträge aus, die vor dem Inkrafttreten des AGG bereits abgeschlossen waren. Übergangsvorschriften oder Vertrauensschutzregelungen sind insoweit in § 33 AGG nicht vorgesehen. Gemäß § 1 AGG ist ua. Ziel dieses Gesetzes, Benachteiligungen aus Gründen des Alters nicht nur zu verhindern, sondern auch zu beseitigen. Die damit einhergehende unechte Rückwirkung ist zulässig. Der zeitliche Geltungsbereich wird je nach Lage der Verhältnisse im Einzelfall nur durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes beschränkt (vgl. so bereits zu § 81 Abs. 2 SGB IX aF: BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 38, BAGE 129, 72). Dies setzt jedoch in jedem Fall das Vorliegen eines schutzwürdigen Vertrauens voraus, das vorliegend nicht gegeben ist, selbst wenn man die Grundsätze zum Vertrauensschutz bei unechter Rückwirkung von Gesetzen anwendet. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist der Grundsatz des Vertrauensschutzes nur dann verletzt, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen (vgl. BVerfG 10. August 2006 - 2 BvR 563/05  - Rn. 14, BVerfGK 9, 28). Zum einen dient das AGG der Umsetzung von EU-Richtlinien zum Schutz vor Diskriminierung im Bereich Beschäftigung und Beruf und enthält insoweit insbesondere im Bereich der Altersdiskriminierung unionsrechtlich verankerte notwendige und bedeutende Regelungen. Zum anderen wäre ein Vertrauen in den Fortbestand der angewandten tarifvertraglichen Regelungen nicht schutzwürdig. Denn die Richtlinie 2000/78/EG wurde schon im Jahr 2000 erlassen und stellt in Art. 16 Buchst. b ausdrücklich klar, dass die Diskriminierungsverbote auch auf tarifvertragliche Bestimmungen Anwendung finden. Nach Art. 18 der Richtlinie 2000/78/EG war diese zudem spätestens zum 2. Dezember 2006 in nationales Recht umzusetzen. Der Beklagte musste ebenso wie die Tarifvertragsparteien damit rechnen, dass tarifvertragliche Regelungen auch am Verbot der Altersdiskriminierung gemessen werden. Deshalb konnte der Beklagte nicht darauf vertrauen, dass auch nach Inkrafttreten des AGG die Urlaubsstaffelregelung des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD zulässig war, zumal in der Gesetzesbegründung zum AGG die Anknüpfung an das bloße Lebensalter als Mindestgrenze für mit der Beschäftigung verbundener Vorteile nicht unkritisch gesehen wurde(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 36) und im Schrifttum nicht nur vereinzelt die Unwirksamkeit des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD wegen Verstoßes gegen das Verbot der Altersdiskriminierung angenommen wurde (vgl. Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 26 TVöD Rn. 22 mwN; Kamanabrou NZA Beilage 3/2006, 138, 144; Hock/Kramer/Schwerdtle ZTR 2006, 622, 623 mwN; so bereits zu § 48 Abs. 1 BAT: Lüderitz Altersdiskriminierung durch Altersgrenzen S. 156).

33

6. Die Klägerin hat Anspruch auf Ersatzurlaub gemäß § 280 Abs. 1, § 286 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB. Die Resturlaubsansprüche für die Jahre 2008 und 2009 waren mangels Vorliegens eines Übertragungsgrundes nach § 26 Abs. 1 Satz 6 TVöD iVm. § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG zum 31. Dezember des jeweiligen Jahres verfallen. Diesen Untergang hat der Beklagte zu vertreten, weil er sich mit der Gewährung des Urlaubs in Verzug befand.

34

a) Die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs aus Verzug gemäß § 280 Abs. 1, § 286 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB liegen vor. Die Klägerin hatte in den Jahren 2008 und 2009 Anspruch auf jeweils 30 Urlaubstage. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wandelt sich der Urlaubsanspruch in einen Schadensersatzanspruch um, der auf Gewährung von Ersatzurlaub als Naturalrestitution gerichtet ist, wenn der Arbeitgeber den rechtzeitig verlangten Urlaub nicht gewährt und der Urlaub aufgrund seiner Befristung verfällt ( BAG 11. April 2006 - 9 AZR 523/05  - Rn. 24, AP BUrlG § 7 Übertragung Nr. 28 = EzA BUrlG § 7 Nr. 116).

35

b) Die Klägerin machte mit Schreiben vom 5. November 2008 unter der Überschrift „Geltendmachung von Urlaubsansprüchen“ Urlaub in Höhe von 30 Tagen nach dem TVöD geltend und bat zudem, den Urlaubsanspruch auch für die Zukunft entsprechend anzupassen. Dahingestellt bleiben kann, ob dies schon ein konkretes Verlangen beinhaltet hat, den Urlaub in den Jahren 2008 und 2009 zu gewähren. Nach der Rechtsprechung des Senats ist hierfür zumindest erforderlich, dass der Arbeitgeber nach den Grundsätzen des § 133 BGB davon ausgehen muss, der Arbeitnehmer wünsche ab einem bestimmten Zeitpunkt Erholungsurlaub(vgl. BAG 17. November 2009 - 9 AZR 745/08 - Rn. 45; 11. April 2006 -  9 AZR 523/05  - Rn. 28, AP BUrlG § 7 Übertragung Nr. 28 = EzA BUrlG § 7 Nr. 116). Maßgebend ist, dass der Beklagte mit Schreiben vom 28. November 2008 erklärt hat, er lehne den Antrag auf Verlängerung des Urlaubs „auf 30 Tage vor Erreichen des 41. Lebensjahres“ ab, weil der Klägerin nach dem für ihn verbindlichen § 26 Abs. 1 TVöD derzeit nur 29 Urlaubstage zustünden. Aus objektiver Empfängersicht lag darin eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung des Beklagten als Schuldner des Urlaubsanspruchs, die gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB eine Mahnung der Klägerin entbehrlich machte(vgl. BAG 31. Januar 1991 - 8 AZR 462/89  - zu II der Gründe). Denn der Beklagte gab mit diesem Schreiben vor Ablauf des Urlaubsjahres 2008 klar zu erkennen, dass er nicht bereit sei, im laufenden Jahr mehr als 29 Tage Urlaub zu gewähren. Hinsichtlich des weiteren Urlaubstags für das Jahr 2009 folgt der Verzug des Beklagten zudem daraus, dass er jedenfalls mit dem Antrag auf Klageabweisung vom 24. April 2009 und somit vor Ablauf des Urlaubsjahres 2009 zu erkennen gegeben hat, den weiteren Urlaubstag auch im Jahr 2009 nicht gewähren zu wollen. Darin lag ebenso seine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung als Schuldner des Urlaubsanspruchs, die gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB eine Mahnung der Klägerin ebenfalls entbehrlich machte(vgl. BAG 17. Mai 2011 - 9 AZR 197/10 - Rn. 14, EzA TVG § 4 Metallindustrie Nr. 138; 31. Januar 1991 - 8 AZR 462/89  - zu II der Gründe).

36

B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

    Preuß    

        

    Neumann-Redlin    

        

        

(1) Bei Benachteiligungen nach den §§ 611a, 611b und 612 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder sexuellen Belästigungen nach dem Beschäftigtenschutzgesetz ist das vor dem 18. August 2006 maßgebliche Recht anzuwenden.

(2) Bei Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft sind die §§ 19 bis 21 nicht auf Schuldverhältnisse anzuwenden, die vor dem 18. August 2006 begründet worden sind. Satz 1 gilt nicht für spätere Änderungen von Dauerschuldverhältnissen.

(3) Bei Benachteiligungen wegen des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität sind die §§ 19 bis 21 nicht auf Schuldverhältnisse anzuwenden, die vor dem 1. Dezember 2006 begründet worden sind. Satz 1 gilt nicht für spätere Änderungen von Dauerschuldverhältnissen.

(4) Auf Schuldverhältnisse, die eine privatrechtliche Versicherung zum Gegenstand haben, ist § 19 Abs. 1 nicht anzuwenden, wenn diese vor dem 22. Dezember 2007 begründet worden sind. Satz 1 gilt nicht für spätere Änderungen solcher Schuldverhältnisse.

(5) Bei Versicherungsverhältnissen, die vor dem 21. Dezember 2012 begründet werden, ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechts im Falle des § 19 Absatz 1 Nummer 2 bei den Prämien oder Leistungen nur zulässig, wenn dessen Berücksichtigung bei einer auf relevanten und genauen versicherungsmathematischen und statistischen Daten beruhenden Risikobewertung ein bestimmender Faktor ist. Kosten im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Mutterschaft dürfen auf keinen Fall zu unterschiedlichen Prämien oder Leistungen führen.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 25. Juni 2007 - 17 Sa 2121/06 - aufgehoben.

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 9. November 2006 - 19 Ca 9540/05 - abgeändert.

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Befristung in § 19 Abs. 1 des Manteltarifvertrags Nr. 1 für das Cockpitpersonal der Condor und Condor Berlin vom 1. Januar 2005 mit dem 30. September 2005 endete.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund einer tariflichen Altersgrenze mit dem Ende des Monats endete, in dem der Kläger das 60. Lebensjahr vollendete.

2

Die Beklagte beschäftigte den am 10. September 1945 geborenen Kläger, der britischer Staatsangehöriger ist, seit 1. Juli 1995 als Flugzeugführer. Der Arbeitsvertrag nennt als „technisches Eintrittsdatum“ den 1. Januar 1992. Auf das Arbeitsverhältnis ist jedenfalls kraft arbeitsvertraglicher Verweisung der Manteltarifvertrag Nr. 1 für das Cockpitpersonal der Condor und Condor Berlin vom 1. Januar 2005 (MTV Nr. 1) anzuwenden. § 19 Abs. 1 MTV Nr. 1 lautet:

        

„Das Arbeitsverhältnis endet - ohne dass es einer Kündigung bedarf - mit Ablauf des Monats, in dem der Mitarbeiter das 60. Lebensjahr vollendet.“

3

Der Kläger vollendete das 60. Lebensjahr am 10. September 2005. Bei Erreichen der tariflichen Altersgrenze mit dem 30. September 2005 war das AGG noch nicht in Kraft getreten und die Umsetzungsfrist der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG L 303 vom 2. Dezember 2000 S. 16, Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie) noch nicht verstrichen. Das AGG trat am 18. August 2006 in Kraft. Die Umsetzungsfrist für die Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie endete in der Bundesrepublik Deutschland am 2. Dezember 2006.

4

Die fachlichen Voraussetzungen und Prüfungen für den Erwerb von Lizenzen richten sich nach § 20 Abs. 2 Nr. 1 der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung(LuftVZO) idF der Verordnung zur Änderung luftrechtlicher Vorschriften über Anforderungen an Flugbesatzungen vom 10. Februar 2003 (BGBl. I S. 182). Der Umfang der Lizenzen bestimmt sich nach der Verordnung über Luftfahrtpersonal. Für Privatflugzeugführer, Berufsflugzeugführer und Verkehrsflugzeugführer gilt außerdem die vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen im Bundesanzeiger bekannt gemachte Fassung der Bestimmungen über die Lizenzierung von Piloten von Flugzeugen (JAR-FCL 1 deutsch) vom 15. April 2003 (Bundesanzeiger Nr. 80a vom 29. April 2003; jetzt JAR-FCL 1 deutsch idF vom 17. November 2008, Bundesanzeiger Nr. 13a vom 27. Januar 2009). Bei den Bestimmungen der JAR-FCL handelt es sich um ein unter deutscher Beteiligung erarbeitetes Regelwerk einer internationalen Institution, der Joint-Aviation-Authorities (JAA). JAR-FCL 1.060 idF vom 15. April 2003 lautet (in Buchst. a wortgleich mit der Fassung vom 17. November 2008):

        

„Beschränkungen für Lizenzinhaber nach Vollendung des 60. Lebensjahres

        

(a)     

60 - 64 Jahre:

        

Der Inhaber einer Lizenz darf nach Vollendung des 60. Lebensjahres nicht mehr als Pilot von Flugzeugen bei der gewerbsmäßigen Beförderung eingesetzt werden, es sei denn:

        

(1)     

er ist Mitglied einer Flugbesatzung, die aus mehreren Piloten besteht, und

        

(2)     

die anderen Piloten haben das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet.

        

(b)     

65 Jahre

        

Der Inhaber einer Lizenz darf nach Vollendung des 65. Lebensjahres nicht mehr als Pilot von Flugzeugen bei der gewerbsmäßigen Beförderung eingesetzt werden.“

5

§ 4 der Ersten Durchführungsverordnung zur Verordnung über Luftfahrtpersonal(1. DV LuftPersV) vom 15. April 2003 (Bundesanzeiger Nr. 82b vom 3. Mai 2003) bestimmt:

        

„Der Inhaber einer in der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Berufs- oder Verkehrspilotenlizenz oder der Inhaber einer Lizenz gemäß § 46 Abs. 5 LuftPersV darf nach Vollendung des 60. Lebensjahres bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres die Rechte seiner Lizenz auch in Luftfahrzeugen mit einer Mindestbesatzung von einem Piloten bei der gewerbsmäßigen Beförderung von Fluggästen, Post und/oder Fracht, beschränkt auf das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland, ausüben.

        

Der Inhaber einer Pilotenlizenz darf nach Vollendung des 65. Lebensjahres nicht mehr als Flugzeugführer bei der gewerbsmäßigen Beförderung von Fluggästen, Post und/oder Fracht eingesetzt werden.“

6

Der Kläger hat sich mit der am 20. Oktober 2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage gegen die Befristung des Arbeitsverhältnisses durch die tarifliche Altersgrenze gewandt. Er hat ua. die Auffassung vertreten, die Altersgrenze diskriminiere ihn wegen seines Alters. Sie verstoße gegen das primärrechtliche allgemeine Verbot der Altersdiskriminierung und das AGG. Außerdem verletze die Altersgrenze ihn in seiner Freizügigkeit, weil er in Großbritannien bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres fliegen dürfe.

7

Der Kläger hat, soweit für die Revision von Interesse, beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihm und der Beklagten nicht aufgrund der Befristung in § 19 Abs. 1 des Manteltarifvertrags Nr. 1 Cockpit CFG/CEB vom 1. Januar 2005 zum 30. September 2005 beendet worden ist.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die tarifliche Altersgrenze für wirksam gehalten.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter. Der Senat hat das Verfahren mit Beschluss vom 17. Juni 2009 bis zur Entscheidung des EuGH in dem Vorabentscheidungsersuchen des Senats vom 17. Juni 2009 in der Sache - 7 AZR 112/08 (A) - ausgesetzt. In der Sache - 7 AZR 112/08 (A) - (BAGE 131, 113) hat der Senat den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (heute: Gerichtshof der Europäischen Union, im Folgenden Gerichtshof oder EuGH) mit Beschluss vom 17. Juni 2009 um Vorabentscheidung über die Frage ersucht:

        

„Sind Art. 2 Abs. 5, Art. 4 Abs. 1 und/oder Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens zur Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf und/oder der allgemeine Grundsatz des Gemeinschaftsrechts über das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters so auszulegen, dass sie Regelungen des nationalen Rechts entgegenstehen, die eine auf Gründen der Gewährleistung der Flugsicherheit beruhende tarifliche Altersgrenzenregelung von 60 Jahren für Piloten anerkennen?“

10

Der Gerichtshof hat mit Urteil vom 13. September 2011 (- C-447/09 - [Prigge] Rn. 83, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 22) erkannt:

        

„Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf ist dahin auszulegen, dass die Mitgliedstaaten über Ermächtigungsvorschriften den Sozialpartnern gestatten können, Maßnahmen im Sinne dieses Art. 2 Abs. 5 auf den in dieser Bestimmung genannten Gebieten, die in den Anwendungsbereich von Tarifverträgen fallen, zu treffen, vorausgesetzt, diese Ermächtigungsvorschriften sind hinreichend genau, damit gewährleistet wird, dass die genannten Maßnahmen die in Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie genannten Anforderungen beachten. Eine Maßnahme wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die die Altersgrenze, ab der Piloten ihrer beruflichen Tätigkeit nicht mehr nachgehen dürfen, auf 60 Jahre festlegt, während die nationale und die internationale Regelung dieses Alter auf 65 Jahre festlegen, ist keine Maßnahme, die für die öffentliche Sicherheit und den Schutz der Gesundheit im Sinne dieses Art. 2 Abs. 5 notwendig ist.

        

Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 ist dahin auszulegen, dass er einer tarifvertraglichen Klausel entgegensteht, die wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende die Altersgrenze, ab der Piloten als körperlich nicht mehr fähig zur Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit gelten, auf 60 Jahre festlegt, während die nationale und die internationale Regelung dieses Alter auf 65 Jahre festlegen.

        

Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78 ist dahin auszulegen, dass die Flugsicherheit kein legitimes Ziel im Sinne dieser Vorschrift ist.“

Entscheidungsgründe

11

A. Die Revision des Klägers ist begründet. Die Befristungskontrollklage hat entgegen der Auffassung der Vorinstanzen in der Sache Erfolg. Das Arbeitsverhältnis endete nicht aufgrund seiner Befristung am 30. September 2005. Das AGG gilt für den Streitfall noch nicht. Die Altersgrenze in § 19 Abs. 1 MTV Nr. 1 verletzt aber das schon vor seiner Konkretisierung durch die Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie 2000/78/EG im primären Unionsrecht verankerte Verbot der Diskriminierung wegen des Alters.

12

I. Die Vorschriften des AGG gelten im Streitfall noch nicht.

13

1. Ihrer Anwendung steht zwar nicht entgegen, dass die tarifliche Altersgrenze in § 19 Abs. 1 MTV Nr. 1 von den Tarifvertragsparteien am 1. Januar 2005 und damit vor Inkrafttreten des AGG am 18. August 2006 vereinbart wurde. Die Regelungen des AGG sind auch auf Altersgrenzen anzuwenden, die vor Inkrafttreten des AGG einzelvertraglich oder tarifvertraglich vereinbart wurden, wenn die Altersgrenze im Einzelfall erst mit oder nach Inkrafttreten des AGG erreicht wird. Wurde die Altersgrenze jedoch bereits vor dem 18. August 2006 erreicht, gilt nach § 33 Abs. 1 AGG altes Recht(vgl. ausführlich BAG 17. Juni 2009 - 7 AZR 112/08 (A) - Rn. 36 ff. mwN, BAGE 131, 113).

14

2. Hier handelt es sich um einen Fall des § 33 Abs. 1 AGG. Der Kläger vollendete sein 60. Lebensjahr am 10. September 2005 und erreichte die tarifliche Altersgrenze daher am 30. September 2005.

15

II. Mit der Altersgrenze in § 19 Abs. 1 MTV Nr. 1 ist eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters verbunden. Sie verstößt gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters, das als allgemeiner Grundsatz des primären Unionsrechts zu verstehen ist. Das Verbot der Altersdiskriminierung ist für den Bereich Beschäftigung und Beruf in der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie konkretisiert. Das gilt für § 19 Abs. 1 MTV Nr. 1 wegen seines gemeinschaftsrechtlichen - heute unionsrechtlichen - Bezugs auch schon vor Ablauf der für das Verbot der Altersdiskriminierung bis 2. Dezember 2006 verlängerten Umsetzungsfrist. Die Altersgrenzenregelung in § 19 Abs. 1 MTV Nr. 1 ist wegen des Verstoßes gegen das Verbot der Altersdiskriminierung nicht anzuwenden(vgl. zu der abweichenden früheren Rspr., die Altersgrenzen von 60 Jahren für Piloten für sachlich gerechtfertigt iSv. § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG hielt, zuletzt BAG 21. Juli 2004 - 7 AZR 589/03 - zu II der Gründe mwN, EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 5; verfassungsrechtlich gebilligt von BVerfG 25. November 2004 -  1 BvR 2459/04 - zu B II 3 c aa der Gründe, BVerfGK 4, 219).

16

1. Der Gerichtshof erkennt ein Verbot der Diskriminierung wegen des Alters an, das als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts anzusehen ist. Die Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie konkretisiert diesen Grundsatz für den Bereich Beschäftigung und Beruf (vgl. EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] Rn. 38, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 22 mit erläuternder Anm. Thüsing/Pötters ZIP 2011, 1886; 19. Januar 2010 - C-555/07 - [Kücükdeveci] Rn. 20 f., Slg. 2010, I-365; 22. November 2005 - C-144/04 - [Mangold] Rn. 74 f., Slg. 2005, I-9981; BVerfG 6. Juli 2010 - 2 BvR 2661/06 - [Honeywell] Rn. 78, BVerfGE 126, 286 lässt offen, ob sich der allgemeine unionsrechtliche Grundsatz des Verbots der Altersdiskriminierung aus den gemeinsamen Verfassungstraditionen und völkerrechtlichen Verträgen der Mitgliedstaaten ableiten lässt, verneint aber einen kompetenzbegründenden und damit verfassungsrechtlich relevanten Verstoß gegen das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung durch Mangold). Das Verbot der Diskriminierung ua. wegen des Alters ist in Art. 21 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union enthalten, die seit 1. Dezember 2009 nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 letzter Halbs. EUV den gleichen rechtlichen Rang hat wie die Verträge (vgl. EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] aaO). Die Frage, ob das Unionsrecht einer im nationalen Recht enthaltenen Altersgrenze entgegensteht, ist deshalb auf der Grundlage des allgemeinen Grundsatzes des Unionsrechts, der jede Diskriminierung wegen des Alters verbietet und in der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie konkretisiert ist, zu prüfen (vgl. EuGH 19. Januar 2010 - C-555/07 - [Kücükdeveci] Rn. 27, aaO).

17

2. Die Wertentscheidungen und Ziele der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie sind wegen des gemeinschaftsrechtlichen (heute unionsrechtlichen) Bezugs der tariflichen Altersgrenzenregelung in § 19 Abs. 1 MTV Nr. 1 bei der Prüfung des Verstoßes gegen das Verbot der Altersdiskriminierung schon vor Ablauf der Umsetzungsfrist am 2. Dezember 2006 zu berücksichtigen.

18

a) Aus Titel, Erwägungsgründen, Inhalt und Zielsetzung der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie ergibt sich, dass sie einen allgemeinen Rahmen schaffen soll, der gewährleistet, dass jeder „in Beschäftigung und Beruf“ gleichbehandelt wird, indem sie dem Betroffenen einen wirksamen Schutz vor Diskriminierungen aus einem der in ihrem Art. 1 genannten Gründe - ua. dem des Alters - bietet (vgl. EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] Rn. 39 mwN, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 22).

19

b) Der Berücksichtigung der Wertentscheidungen und Ziele der nach ihrem Art. 20 am 2. Dezember 2000 in Kraft getretenen Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie steht nicht entgegen, dass die für das Verbot der Altersdiskriminierung bis 2. Dezember 2006 verlängerte Umsetzungsfrist weder bei Abschluss des MTV Nr. 1 am 1. Januar 2005 noch im Zeitpunkt des vereinbarten Vertragsendes am 30. September 2005 abgelaufen war. Die diskriminierende Behandlung hatte vor Ablauf der Umsetzungsfrist einen gemeinschaftsrechtlichen - heute unionsrechtlichen - Bezug.

20

aa) Fällt eine nationale Regelung in den Geltungsbereich des Gemeinschafts- bzw. Unionsrechts, dürfen die Mitgliedstaaten während der Frist für die Umsetzung einer Richtlinie keine Vorschriften erlassen, die geeignet sind, es ernstlich in Frage zu stellen, dass das Richtlinienziel erreicht wird (vgl. EuGH 22. November 2005 - C-144/04 - [Mangold] Rn. 67 f. mwN und Rn. 75 f., Slg. 2005, I-9981; siehe dagegen zu einer Regelung ohne gemeinschaftsrechtlichen Bezug EuGH 23. September 2008 - C-427/06 - [Bartsch] Rn. 24, Slg. 2008, I-7245; vgl. dazu auch den Hinweis auf Bartsch in EuGH 19. Januar 2010 - C-555/07 - [Kücükdeveci] Rn. 24, Slg. 2010, I-365 und BAG 26. Mai 2009 - 1 AZR 212/08 - Rn. 22, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 201).

21

bb) § 19 Abs. 1 MTV Nr. 1 hat den nötigen gemeinschaftsrechtlichen - heute unionsrechtlichen - Bezug, sodass die Wertentscheidungen und Ziele der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie bei der Prüfung der Anwendbarkeit der Altersgrenzenregelung zu berücksichtigen sind.

22

(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats unterliegen tarifliche Regelungen über die Beendigung von Arbeitsverhältnissen aufgrund von Befristungen der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle. Diese erfasst deswegen tarifliche Altersgrenzen, nach denen das Arbeitsverhältnis endet, wenn ein bestimmtes Lebensalter erreicht ist. Auch tarifliche Altersgrenzen bedürfen eines Sachgrundes iSv. § 14 Abs. 1 TzBfG, um wirksam zu sein. Dem steht die verfassungsrechtlich durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie nicht entgegen(vgl. ausführlich zB BAG 8. Dezember 2010 - 7 AZR 438/09 - Rn. 26 ff. mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 77 = EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 10; 17. Juni 2009 - 7 AZR 112/08 (A) - Rn. 14 ff. mwN, BAGE 131, 113).

23

(2) § 19 Abs. 1 MTV Nr. 1 will einen solchen Sachgrund iSv. § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG schaffen. Das TzBfG soll seinerseits die Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (ABl. EG L 175 vom 10. Juli 1999 S. 43, Rahmenvereinbarung) umsetzen (vgl. BT-Drucks. 14/4374 S. 1). Es fällt damit in den Geltungsbereich des früheren Gemeinschaftsrechts und heutigen Unionsrechts (vgl. EuGH 22. November 2005 - C-144/04 - [Mangold] Rn. 75, Slg. 2005, I-9981; zu der Abgrenzung hiervon für eine Regelung ohne gemeinschaftsrechtlichen Bezug EuGH 23. September 2008 - C-427/06 - [Bartsch] Rn. 24, Slg. 2008, I-7245). Der Umstand, dass die nationale Regelung - hier § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG - es aus einem sachlichen Grund zulassen kann, dass ein Tarifvertrag bei Erreichen eines bestimmten Alters die automatische Beendigung von Arbeitsverträgen vorsieht, ändert nichts daran, dass dieser Tarifvertrag dem Unionsrecht und insbesondere der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie 2000/78/EG zu entsprechen hat(vgl. EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] Rn. 46, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 22; 12. Oktober 2010 - C-45/09 - [Rosenbladt] Rn. 53, AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 18 = EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 9 ). Das in Art. 28 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union proklamierte Recht auf Kollektivverhandlungen muss im Geltungsbereich des Unionsrechts im Einklang mit ihm ausgeübt werden(vgl. EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] Rn. 47, aaO; 18. Dezember 2007 - C-341/05 - [Laval un Partneri] Rn. 91, Slg. 2007, I-11767; 11. Dezember 2007 - C-438/05 - [Viking Line] Rn. 44, Slg. 2007, I-10779). Wenn die Sozialpartner Maßnahmen treffen, die in den Geltungsbereich der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie fallen, die für Beschäftigung und Beruf das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters konkretisiert, müssen sie daher unter Beachtung dieser Richtlinie vorgehen (vgl. EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] Rn. 48, aaO). Die Sozialpartner mussten ferner - wie die Mitgliedstaaten - schon vor Ablauf der Umsetzungsfrist der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie am 2. Dezember 2006 wegen des gemeinschaftsrechtlichen (heute unionsrechtlichen) Bezugs der tariflichen Altersgrenzenregelung in § 19 Abs. 1 MTV Nr. 1 zu der Rahmenvereinbarung die Wertentscheidungen und Ziele der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie berücksichtigen.

24

c) Mit der Altersgrenze in § 19 Abs. 1 MTV Nr. 1 ist eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters verbunden. Wie der Gerichtshof in der Vorabentscheidung Prigge ausdrücklich erkannt hat, erfährt ein Pilot, dessen Arbeitsverhältnis aufgrund einer tariflichen Altersgrenze automatisch mit dem Monat endet, in dem er das 60. Lebensjahr vollendet, eine weniger günstige Behandlung als ein Pilot, der jünger ist und für dieselbe Luftfahrtgesellschaft die gleiche Tätigkeit ausübt und/oder demselben Tarifvertrag unterliegt. Die Altersgrenze begründet eine unmittelbar auf dem Alter beruhende Ungleichbehandlung iSv. Art. 1 iVm. Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG (vgl. EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] Rn. 42 ff., EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 22; siehe auch 21. Juli 2011 - C-159/10 und C-160/10  - [Fuchs] Rn. 33, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 20; 18. November 2010 - C-250/09 - [Georgiev] Rn. 32, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 18; 12. Oktober 2010 - C-45/09 - [Rosenbladt] Rn. 37, AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 18 = EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 9; 12. Januar 2010 - C-229/08 - [Wolf] Rn. 28, Slg. 2010, I-1; 12. Januar 2010 - C-341/08 - [Petersen] Rn. 34, Slg. 2010, I-47; 18. Juni 2009 - C-88/08 - [Hütter] Rn. 37, Slg. 2009, I-5325; 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 33, Slg. 2009, I-1569; 16. Oktober 2007 - C-411/05 - [Palacios de la Villa] Rn. 51, Slg. 2007, I-8531; zu der Altersgrenzenrechtsprechung des Gerichtshofs Preis NZA 2010, 1323).

25

d) Selbst wenn die Bereichsausnahme in Art. 2 Abs. 5 der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie auf das vor Ablauf der Umsetzungsfrist am 2. Dezember 2006 zu beachtende allgemeine primärrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung anzuwenden sein sollte, ist die Altersgrenze in § 19 Abs. 1 MTV Nr. 1 nicht notwendig. Die Benachteiligung ist auch nicht durch die Rechtsgedanken gerechtfertigt, die heute in Art. 4 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie konkretisiert sind (siehe zu der Rezeption von EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] Rn. 52 ff., EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 22 auch BAG 18. Januar 2012 - 7 AZR 112/08 - Rn. 16 ff.; 18. Januar 2012 - 7 AZR 211/09 - Rn. 21 ff. und BVerwG 1. Februar 2012 - 8 C 24.11 - Rn. 11 ff. nach Aufhebung durch BVerfG 24. Oktober 2011 - 1 BvR 1103/11 - Rn. 15 mit Bezug auf Prigge, NZA 2012, 202).

26

aa) Der Senat kann offenlassen, ob die Altersgrenze in § 19 Abs. 1 MTV Nr. 1 bereits vor Ablauf der Umsetzungsfrist dem Sicherheitsvorbehalt des Art. 2 Abs. 5 der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie unterfällt. Sollte das zutreffen, ist die Altersgrenze jedenfalls nicht notwendig. Sie ist deshalb nicht vom Geltungsbereich des für den Bereich Beschäftigung und Beruf in der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie konkretisierten allgemeinen primärrechtlichen Verbots der Altersdiskriminierung ausgenommen.

27

(1) Nach ihrem Art. 2 Abs. 5 berührt die Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie nicht die im einzelstaatlichen Recht vorgesehenen Maßnahmen, die in einer demokratischen Gesellschaft für die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit, die Verteidigung der Ordnung und die Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit und zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sind.

28

(2) Die Sozialpartner sind keine öffentlich-rechtlich verfassten Einrichtungen. Das hindert die Mitgliedstaaten aber nicht, es den Sozialpartnern zu gestatten, Maßnahmen iSv. Art. 2 Abs. 5 der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie auf den in dieser Bestimmung genannten Gebieten, die in den Anwendungsbereich von Tarifverträgen fallen, zu treffen. Diese Ermächtigungsvorschriften müssen hinreichend genau sein, damit gewährleistet wird, dass die genannten Maßnahmen die in Art. 2 Abs. 5 der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie genannten Anforderungen beachten(vgl. EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] Rn. 60 f., EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 22).

29

(3) Die Tarifvertragsparteien sind mit Blick auf § 19 Abs. 1 MTV Nr. 1 der Ansicht, dass für die Ausübung der Tätigkeit der Piloten wegen der Sicherheit der Passagiere und der Bewohner der überflogenen Gebiete, aber auch aus Gründen, die die Gesundheit und die Sicherheit der Piloten selbst betreffen, eine Altersgrenze von 60 Jahren festzulegen ist. Diese Maßnahme verfolgt Ziele, die mit der öffentlichen Sicherheit und dem Schutz der Gesundheit in Zusammenhang stehen. Sie fällt in den Anwendungsbereich von Tarifverträgen. Es ist nach der nationalen und der internationalen Lizenzregelung jedoch nicht erforderlich, den Piloten die Ausübung ihrer Tätigkeit nach Vollendung des 60. Lebensjahres zu untersagen. Es genügt nach JAR-FCL 1.060 Buchst. a, diese Ausübung dahin zu beschränken, dass ein weiterer Pilot, der das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, Mitglied der Flugbesatzung ist. Das in der tariflichen Altersgrenze enthaltene Verbot, mit dem Ende des Monats, in dem das 60. Lebensjahr vollendet wird, ein Flugzeug zu führen, ist nicht notwendig iSv. Art. 2 Abs. 5 der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie, um das verfolgte Ziel zu erreichen(vgl. EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] Rn. 62 bis 64, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 22; zu der vom Gerichtshof vorgenommenen strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung bei Altersgrenzen für bestimmte Beschäftigtengruppen unterhalb der gesetzlichen Regelaltersgrenze Preis NZA 2010, 1323, 1327; Thüsing/Pötters ZIP 2011, 1886, 1888).

30

bb) Die unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters durch die Altersgrenze in § 19 Abs. 1 MTV Nr. 1 ist eine unverhältnismäßige Anforderung. Der Rechtfertigungsgrund einer angemessenen Anforderung ist als allgemeiner Rechtsgedanke des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, der eine unmittelbare Benachteiligung heute nach Art. 4 Abs. 1 der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie rechtfertigt, auch für das allgemeine primärrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung zu beachten. Es gelten die für das Richtlinienrecht entwickelten Grundsätze.

31

(1) Nach Art. 4 Abs. 1 der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass eine Ungleichbehandlung wegen eines Merkmals, das in Zusammenhang mit einem der in Art. 1 dieser Richtlinie genannten Diskriminierungsgründe steht, keine Diskriminierung darstellt, wenn das betreffende Merkmal aufgrund der Art einer bestimmten beruflichen Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern es sich um einen rechtmäßigen Zweck und eine angemessene Anforderung handelt.

32

(2) Für Verkehrspiloten ist es wesentlich, dass sie über besondere körperliche Fähigkeiten verfügen, weil körperliche Schwächen in diesem Beruf erhebliche Konsequenzen haben können. Die körperlichen Fähigkeiten nehmen aus Sicht des Gerichtshofs ab einem bestimmten Lebensalter ab (vgl. EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] Rn. 67, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 22 mit Bezug auf 12. Januar 2010 - C-229/08 - [Wolf] Rn. 41, Slg. 2010, I-1; vgl. auch BVerfG 25. November 2004 - 1 BvR 2459/04 - zu B II 3 c aa der Gründe mwN, BVerfGK 4, 219). Für die Ausübung des Berufs eines Verkehrspiloten kann das Vorhandensein besonderer körperlicher - altersabhängiger - Fähigkeiten deswegen als eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung iSv. Art. 4 Abs. 1 der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie angesehen werden(vgl. EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] aaO).

33

(3) Rechtmäßiger Zweck der tariflichen Altersgrenze ist es, die Sicherheit des Flugverkehrs zu gewährleisten (vgl. für Art. 4 Abs. 1 der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] Rn. 68 f., EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 22).

34

(4) Die Tarifvertragsparteien haben den Verkehrspiloten, die unter § 19 Abs. 1 MTV Nr. 1 fallen, aber eine unverhältnismäßige Anforderung iSd. in Art. 4 Abs. 1 der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie ausgedrückten allgemeinen Rechtsgedankens auferlegt, indem sie die Altersgrenze, von der an die Piloten als körperlich nicht mehr fähig zur Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit gelten, auf das Ende des Monats der Vollendung des 60. Lebensjahres festgelegt haben. Die nationalen und die internationalen Lizenzregelungen lassen die Ausübung dieser Tätigkeit im doppelt besetzten (Co-)Pilotencockpit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres zu, wenn der Besatzung ein (Co-)Pilot angehört, der das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (vgl. EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] Rn. 73, 75, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 22). Es gibt keine hinreichend belastbaren Erkenntnisse dafür, dass die derzeit geltenden öffentlich-rechtlichen Beschränkungen für die Sicherheit des Luftverkehrs nicht ausreichend und deshalb weiter gehende tarifliche Beschränkungen erforderlich sind (vgl. EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] Rn. 74, aaO).

35

cc) Es kann auf sich beruhen, ob vor Ablauf der Umsetzungsfrist für die Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie unter Geltung des allgemeinen primärrechtlichen Verbots der Altersdiskriminierung andere als sozialpolitische Ziele insbesondere aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung eine Altersgrenzenregelung rechtfertigen können. Das hat der Gerichtshof für Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie verneint (vgl. EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] Rn. 81 f., EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 22; siehe auch 18. Juni 2009 - C-88/08 - [Hütter] Rn. 41, Slg. 2009, I-5325; 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 46, Slg. 2009, I-1569 ). Die Altersgrenze in § 19 Abs. 1 MTV Nr. 1 ist wegen der von JAR-FCL 1.060 Buchst. a vorgesehenen Möglichkeit eines doppelt besetzten (Co-)Pilotencockpits jedenfalls nicht erforderlich, um das Ziel der Flugsicherheit zu erreichen. Sie ist daher nicht gerechtfertigt.

36

3. Die tarifliche Altersgrenze in § 19 Abs. 1 MTV Nr. 1, die schon eintritt, bevor das gesetzliche Rentenalter erreicht ist, verstößt damit gegen das primärrechtliche Diskriminierungsverbot wegen des Alters, das als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts zu verstehen ist und von der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie für den Bereich Beschäftigung und Beruf konkretisiert wird.

37

4. Die nationalen Gerichte haben die Altersgrenze in § 19 Abs. 1 MTV Nr. 1 wegen des Verstoßes gegen das Verbot der Altersdiskriminierung und aufgrund des Anwendungsvorrangs des primären Unionsrechts jedenfalls unangewendet zu lassen, um die volle Wirksamkeit des Verbots der Altersdiskriminierung zu gewährleisten(vgl. zu der Konkretisierung des Altersdiskriminierungsverbots durch die Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie EuGH 19. Januar 2010 - C-555/07 - [Kücükdeveci] Rn. 53 ff., Slg. 2010, I-365; 22. November 2005 - C-144/04 - [Mangold] Rn. 77 f., Slg. 2005, I-9981). Das gilt auch für den Fall, dass sich die Bestimmung, die dem Unionsrecht entgegensteht, aus einem Tarifvertrag ergibt. Die Tarifvorschrift muss zuvor nicht durch einen tariflichen Neuabschluss oder auf anderem Weg beseitigt werden (vgl. EuGH 7. Februar 1991 - C-184/89 - [Nimz] Rn. 20 f., Slg. 1991, I-297). Der Senat braucht deswegen nicht darüber zu entscheiden, ob die Tarifnorm unwirksam ist (vgl. zu unwirksamen tariflichen Regelungen zB BAG 15. Februar 2011 - 9 AZR 584/09 - Rn. 54, AP TVG § 1 Vorruhestand Nr. 34; 8. Dezember 2010 - 7 ABR 98/09 - Rn. 63, EzA TVG § 1 Betriebsnorm Nr. 5). Die Altersgrenze ist zumindest unanwendbar, ohne dass die Lücke gefüllt werden könnte (vgl. für den Fall der Unwirksamkeit ErfK/Schlachter 12. Aufl. § 7 AGG Rn. 6).

38

B. Die Beklagte hat nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Linsenmaier    

        

    Schmidt    

        

    Gallner    

        

        

        

    Holzhausen    

        

    Glock    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. März 2010 - 20 Sa 2058/09 - aufgehoben.

2. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Eberswalde vom 8. Juli 2009 - 3 Ca 140/09 - wird zurückgewiesen und der Tenor dieses Urteils zur Klarstellung neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der Klägerin für die Jahre 2008 und 2009 jeweils ein weiterer Urlaubstag als Ersatzurlaub zusteht.

3. Der Beklagte hat auch die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin in den Jahren 2008 und 2009 Anspruch auf jeweils 29 oder 30 Urlaubstage hatte.

2

Die am 27. Oktober 1971 geborene Klägerin ist seit dem 1. September 1988 bei dem beklagten Landkreis als Angestellte mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden in der Fünftagewoche beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom 13. September 2005 in der Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 31. März 2008 (TVöD) Anwendung. Dieser bestimmt ua.:

        

§ 26 

        

Erholungsurlaub

        

(1)     

Beschäftigte haben in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts (§ 21). Bei Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf fünf Tage in der Kalenderwoche beträgt der Urlaubsanspruch in jedem Kalenderjahr

                 

bis zum vollendeten 30. Lebensjahr

26 Arbeitstage,

                 

bis zum vollendeten 40. Lebensjahr

29 Arbeitstage und

                 

nach dem vollendeten 40. Lebensjahr

30 Arbeitstage.

                 

Maßgebend für die Berechnung der Urlaubsdauer ist das Lebensjahr, das im Laufe des Kalenderjahres vollendet wird. Bei einer anderen Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit als auf fünf Tage in der Woche erhöht oder vermindert sich der Urlaubsanspruch entsprechend. Verbleibt bei der Berechnung des Urlaubs ein Bruchteil, der mindestens einen halben Urlaubstag ergibt, wird er auf einen vollen Urlaubstag aufgerundet; Bruchteile von weniger als einem halben Urlaubstag bleiben unberücksichtigt. Der Erholungsurlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und kann auch in Teilen genommen werden.

        

…       

        
        

§ 27   

        

Zusatzurlaub

        

(1)     

Beschäftigte, die ständig Wechselschichtarbeit nach § 7 Abs. 1 oder ständig Schichtarbeit nach § 7 Abs. 2 leisten und denen die Zulage nach § 8 Abs. 5 Satz 1 oder Abs. 6 Satz 1 zusteht, erhalten

                 

a)    

bei Wechselschichtarbeit für je zwei zusammenhängende Monate und

                 

b)    

bei Schichtarbeit für je vier zusammenhängende Monate

                 

einen Arbeitstag Zusatzurlaub.

        

(2)     

Im Falle nicht ständiger Wechselschicht- oder Schichtarbeit (z. B. ständige Vertreter) erhalten Beschäftigte des Bundes, denen die Zulage nach § 8 Abs. 5 Satz 2 oder Abs. 6 Satz 2 zusteht, einen Arbeitstag Zusatzurlaub für

                 

a)    

je drei Monate im Jahr, in denen sie überwiegend Wechselschichtarbeit geleistet haben, und

                 

b)    

je fünf Monate im Jahr, in denen sie überwiegend Schichtarbeit geleistet haben.

        

…       

                 
        

(4)     

Zusatzurlaub nach diesem Tarifvertrag und sonstigen Bestimmungen mit Ausnahme von § 125 SGB IX wird nur bis zu insgesamt sechs Arbeitstagen im Kalenderjahr gewährt. Erholungsurlaub und Zusatzurlaub (Gesamturlaub) dürfen im Kalenderjahr zusammen 35 Arbeitstage nicht überschreiten. Satz 2 ist für Zusatzurlaub nach den Absätzen 1 und 2 hierzu nicht anzuwenden. Bei Beschäftigten, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, gilt abweichend von Satz 2 eine Höchstgrenze von 36 Arbeitstagen; § 26 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

        

…“    

        
3

Mit Schreiben vom 5. November 2008 machte die Klägerin gegenüber dem Beklagten einen jährlichen Gesamturlaub in Höhe von 30 Tagen für das Jahr 2008 und die Zukunft nach dem TVöD geltend. Der Beklagte lehnte die Gewährung von 30 Urlaubstagen vor der Vollendung des 40. Lebensjahres der Klägerin unter Hinweis auf die Verbindlichkeit der Regelung des § 26 Abs. 1 TVöD mit Schreiben vom 28. November 2008 ab. Die Klägerin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 11. Februar 2009 die vorliegende Klage erhoben.

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Sie hat die Ansicht vertreten, sie habe auch vor der Vollendung ihres 40. Lebensjahres Anspruch auf jährlich 30 und nicht nur 29 Urlaubstage. Die an das Lebensalter anknüpfende Staffelung des tariflichen Urlaubsanspruchs sei eine Diskriminierung wegen des Alters. Die in der Tarifregelung enthaltene Ungleichbehandlung jüngerer Arbeitnehmer sei nicht durch § 10 AGG gerechtfertigt. Im Übrigen würden die gesundheitlichen Wirkungen zusätzlichen Urlaubs zur Vermeidung beispielsweise von Stresserscheinungen am Arbeitsplatz auch in der medizinischen Literatur kontrovers diskutiert.

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Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass ihr für die Jahre 2008 und 2009 jeweils ein Urlaubstag als Ersatzurlaub zusteht.

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Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Diese sei bereits unzulässig, da das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO nötige Feststellungsinteresse fehle. Schließlich sei die Klage auch unbegründet. Die Altersstufenregelung des § 26 Abs. 1 TVöD sei durch einen sachlichen Grund nach § 10 AGG gerechtfertigt. Die Festlegung eines Mindestalters für die Gewährung von 30 Urlaubstagen pro Kalenderjahr stelle eine besondere Beschäftigungsbedingung zum Schutz älterer Beschäftigter bzw. eine Mindestanforderung an das Alter für einen mit der Beschäftigung verbundenen Vorteil dar, der zur Erreichung eines legitimen Ziels angemessen und erforderlich sei. Ältere Arbeitnehmer seien mit zunehmendem Alter aufgrund beruflicher Belastungen länger krank. Um diesen Umstand Rechnung zu tragen, hätten die Tarifvertragsparteien mit der Regelung in § 26 Abs. 1 TVöD auf das verstärkte Erholungsbedürfnis älterer Arbeitnehmer reagiert und deren Leistungsfähigkeit stärken wollen. Der Aspekt des Gesundheitsschutzes älterer Arbeitnehmer sei daher geeignet, die Ungleichbehandlung jüngerer Beschäftigter zu rechtfertigen. Schließlich würde auch eine Diskriminierung keine Angleichung „nach oben“ zur Folge haben.

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Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die Wiederherstellung der stattgebenden Entscheidung des Arbeitsgerichts. Der Beklagte beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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A. Die zulässige Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf die geltend gemachten Ersatzurlaubstage.

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I. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Feststellungsklage zulässig ist. Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse daran, durch das Gericht feststellen zu lassen, ob ihr für die Jahre 2008 und 2009 jeweils ein Urlaubstag als Ersatzurlaub zusteht ( § 256 Abs. 1 ZPO ). Der grundsätzliche Vorrang der Leistungsklage steht der Zulässigkeit einer Klage, mit der ein Arbeitnehmer den Umfang des ihm zustehenden Urlaubs gerichtlich festgestellt haben will, nicht entgegen (vgl. BAG 12. April 2011 - 9 AZR 80/10  - Rn. 13 bis 15, EzA BUrlG § 7 Nr. 123).

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II. Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten für den ihr in den Jahren 2008 und 2009 jeweils verweigerten 30. Urlaubstag gemäß § 280 Abs. 1, § 286 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB Anspruch auf jeweils einen Tag Ersatzurlaub. Die Urlaubsstaffelung des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD verstößt gegen die §§ 1, 3 Abs. 1 AGG. Denn sie gewährt Beschäftigten, die das 30., aber noch nicht das 40. Lebensjahr vollendet haben, einen um einen Tag kürzeren Urlaub. Sie ist deshalb nach § 7 Abs. 1 und Abs. 2 AGG iVm. § 134 BGB unwirksam. Dies hat zur Folge, dass die Klägerin auch vor der Vollendung ihres 40. Lebensjahres in jedem Kalenderjahr Anspruch auf 30 Urlaubstage hatte. Ihr steht für die Jahre 2008 und 2009 jeweils noch ein Tag Ersatzurlaub zu, weil der Beklagte ihr in diesen Jahren nur jeweils 29 Urlaubstage gewährte.

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1. Nach § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD standen der am 27. Oktober 1971 geborenen Klägerin in den Jahren 2008 und 2009 jeweils 29 Urlaubstage zu. Erst nach dem vollendeten 40. Lebensjahr gewährt ihr diese Tarifregelung einen jährlichen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen. Diese an das Lebensalter anknüpfende Staffelung der Urlaubsdauer verstößt gegen das Verbot der Altersdiskriminierung in § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG. Sie ist als sachlich nicht nach den §§ 8, 10 AGG gerechtfertigte unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters gemäß § 7 Abs. 2 AGG iVm. § 134 BGB unwirksam. Zur Beseitigung dieser Diskriminierung ist eine Anpassung auf 30 Urlaubstage erforderlich.

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2. Zutreffend haben die Vorinstanzen die Regelung in § 26 Abs. 1 TVöD am AGG gemessen. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG gelten die Diskriminierungsverbote der §§ 1, 7 AGG auch für die in kollektivrechtlichen Vereinbarungen geregelten Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen. Unter solchen Bedingungen sind alle Umstände zu verstehen, aufgrund derer und unter denen die Arbeitsleistung zu erbringen ist (vgl. BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 54, BAGE 132, 210). Zu den Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen gehört damit auch der Urlaub. Der Umstand, dass die Regelung in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b TVöD bereits am 1. Januar 2006 und somit schon vor dem AGG vom 14. August 2006 in Kraft getreten ist, steht dem nicht entgegen. Die für die Jahre 2008 und 2009 geltend gemachte Benachteiligung durch § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD ist erst nach Inkrafttreten des AGG am 18. August 2006 eingetreten. Da § 33 Abs. 1 AGG insoweit keine Übergangsregelung enthält, findet dieses Gesetz auch dann Anwendung, wenn die Benachteiligung auf einem vor Inkrafttreten des AGG abgeschlossenen Tarifvertrag beruht. Es kommt allein auf den Zeitpunkt der Benachteiligungshandlung an (BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 33, BAGE 129, 72).

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3. Die Urlaubsstaffelung in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD enthält eine auf dem Merkmal des Alters beruhende Ungleichbehandlung der Beschäftigten, die das 30. bzw. das 40. Lebensjahr nicht vollendet haben. Das ist eine unmittelbare Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmer wegen des Alters iSv. § 3 Abs. 1 AGG.

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a) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Beim Alter handelt es sich um einen in § 1 AGG genannten Grund, wobei unter Alter das Lebensalter zu verstehen ist. Dies folgt aus dem gesetzlichen Wortlaut und auch aus der Gesetzesbegründung ( BT-Drucks. 16/1780 S. 31; BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 49, BAGE 132, 210; 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07  - Rn. 36, BAGE 129, 181). Der für eine unmittelbare Benachteiligung erforderliche Kausalzusammenhang ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen oder mehrere in § 1 AGG genannte Gründe anknüpft oder dadurch motiviert ist(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 32; BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 50, aaO).

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b) Diese Voraussetzung ist erfüllt. § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD sieht für Beschäftigte bei einer Fünftagewoche in jedem Kalenderjahr einen Urlaubsanspruch bis zum vollendeten 30. Lebensjahr in Höhe von 26 Arbeitstagen, bis zum vollendeten 40. Lebensjahr in Höhe von 29 Arbeitstagen und erst nach dem vollendeten 40. Lebensjahr in Höhe von 30 Arbeitstagen vor. Die Höhe des Urlaubsanspruchs nach § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD knüpft damit in allen Stufen unmittelbar an das Lebensalter der Beschäftigten an. Danach haben Beschäftigte wie die Klägerin, die zwar das 30. Lebensjahr, aber noch nicht das 40. Lebensjahr vollendet haben, in jedem Jahr nur Anspruch auf 29 statt auf 30 Urlaubstage. Sie werden ebenso wie die unter 30-Jährigen im Vergleich zu den Beschäftigten, die das 40. Lebensjahr vollendet haben, hinsichtlich der Höhe des Urlaubsanspruchs wegen ihres geringeren Alters ungünstiger behandelt.

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4. Diese Ungleichbehandlung ist nicht gerechtfertigt.

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a) Bei ihr handelt es sich nicht um eine nach § 8 AGG zulässige unterschiedliche Behandlung wegen beruflicher Anforderungen. Die Urlaubsstaffel des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD knüpft nicht an die Art der auszuübenden Tätigkeit oder die Bedingungen ihrer Ausübung an. Sie stellt nicht auf die Art der auszuübenden Tätigkeit ab und beansprucht damit Geltung für alle dem TVöD unterfallenden Beschäftigten.

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b) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist die Ungleichbehandlung auch nicht nach § 10 AGG sachlich gerechtfertigt(so ebenfalls die herrschende Meinung in der Literatur, vgl. Linck/Schütz FS Leinemann, S. 181 f.; Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV Stand Januar 2012 E § 26 TVöD Rn. 22; AGG/Voigt 3. Aufl. § 10 Rn. 33; Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 10 Rn. 42b; Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 10 Rn. 105; Kamanabrou NZA Beilage 3/2006, 138, 144; Hock/Kramer/Schwerdtle ZTR 2006, 622, 623 mwN; Wulfers/Hecht ZTR 2007, 475, 478; vgl. ferner bereits zu § 48 BAT: Lüderitz Altersdiskriminierung durch Altersgrenzen S. 156). § 10 Satz 1 AGG lässt eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters ungeachtet der Regelung des § 8 AGG zu, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Zudem müssen die Mittel zur Erreichung dieses Ziels nach § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist die an das Lebensalter anknüpfende Differenzierung in § 26 Abs. 1 TVöD nicht sachlich gerechtfertigt, weil sie einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung trägt und deren Gesundheit schützen will. Dabei kann dahinstehen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen das Ziel des Gesundheitsschutzes eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen würde. Die Tarifvorschrift verfolgt dieses Ziel schon nicht.

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aa) Die Tarifvertragsparteien haben das mit der in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD geregelten Urlaubsstaffelung verfolgte Ziel nicht ausdrücklich genannt. Nennt eine Regelung oder Maßnahme kein Ziel, müssen zumindest aus dem Kontext abgeleitete Anhaltspunkte die Feststellung des hinter der Regelung oder der Maßnahme stehenden Ziels ermöglichen, um die Legitimität des Ziels sowie die Angemessenheit und die Erforderlichkeit der zu seiner Erreichung eingesetzten Mittel gerichtlich überprüfen zu können. Dabei können nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union die sozialpolitischen Ziele als legitim angesehen werden, die im allgemeinen Interesse stehen. Derjenige, der eine Ungleichbehandlung vornimmt, muss den nationalen Gerichten in geeigneter Weise die Möglichkeit zur Prüfung einräumen, ob mit der Ungleichbehandlung ein Ziel angestrebt wird, das die Ungleichbehandlung unter Beachtung der Ziele der Richtlinie 2000/78/EG rechtfertigt (vgl. EuGH 5. März 2009 - C-388/07  - [Age Concern England] Rn. 45 ff., Slg. 2009, I-1569; BAG 26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08  - Rn. 36 ff., BAGE 131, 61). Denn das nationale Gericht hat zu prüfen, ob die Regelung oder Maßnahme ein rechtmäßiges Ziel iSd. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG verfolgt. Gleiches gilt für die Frage, ob die Tarifvertragsparteien als Normgeber angesichts des vorhandenen Wertungsspielraums davon ausgehen durften, dass die gewählten Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich waren (vgl. EuGH 5. März 2009 -  C-388/07  - [Age Concern England] Rn. 49 ff., aaO; vgl. auch BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 57, BAGE 132, 210).

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bb) Die Regelung in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD dient nicht dem Schutz älterer Beschäftigter iSv. § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG. Diese gesetzliche Regelung konkretisiert das legitime Ziel, nämlich ua. die Sicherstellung des Schutzes älterer Beschäftigter, wobei dieser Schutz auch die Festlegung besonderer Arbeitsbedingungen einschließen kann. Aus einer tariflichen Urlaubsstaffelung, die - wie die in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD - den Beschäftigten bereits nach Vollendung des 30. Lebensjahres drei weitere Urlaubstage und dann nach Vollendung des 40. Lebensjahres letztmals einen zusätzlichen Urlaubstag gewährt, lässt sich nicht ableiten, dass die Tarifvertragsparteien einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung tragen wollten und das Ziel verfolgten, den Schutz älterer Beschäftigter iSd. § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG sicherzustellen. Wenn sich auch eine genaue Schwelle für die Zuordnung zu den älteren Arbeitnehmern weder dieser Regelung selbst noch Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG entnehmen lässt, so ist diese freilich an der Zielsetzung (vgl. zu dieser Däubler/Bertzbach/Brors 2. Aufl. § 10 Rn. 42) auszurichten. Einen arbeitsmarktpolitischen Zweck verfolgt zB § 417 Abs. 1 SGB III, wonach Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet haben und ihre Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung beenden oder vermeiden, unter den in der Vorschrift genannten Voraussetzungen Anspruch auf Leistungen der Entgeltsicherung haben. Diese Regelung der Entgeltsicherung bezweckt, die Arbeitslosigkeit älterer Arbeitnehmer abzubauen und ihren Anteil an der erwerbstätigen Bevölkerung zu erhöhen (vgl. BT-Drucks. 17/1945 S. 17). Im Vergleich zu der in § 417 Abs. 1 SGB III genannten Altersgruppe setzt sich die durch die Urlaubsstaffel in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD begünstigte Beschäftigtengruppe, der ein Urlaubsanspruch von jährlich 30 Arbeitstagen eingeräumt wird, nicht ausnahmslos aus älteren Beschäftigten zusammen. Vielmehr gehören ihr alle Beschäftigten ab Vollendung des 40. Lebensjahres an. Der Senat hat bereits entschieden, dass ein Arbeitnehmer jedenfalls ab Vollendung des 31. Lebensjahres offensichtlich kein älterer Beschäftigter iSv. § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG ist(BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 55, BAGE 132, 210).

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cc) Ein legitimes Ziel iSd. § 10 AGG ergibt sich entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts auch nicht aus § 10 Satz 3 Nr. 2 AGG. Danach kann eine zulässige unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile einschließen. Diese Regelung bestimmt selbst kein legitimes Ziel, sondern beschreibt nur ein mögliches Mittel, mit der ein auf andere Weise zu legitimierendes Ziel gerechtfertigt werden kann (vgl. ErfK/Schlachter 12. Aufl. § 10 AGG Rn. 6), sofern es erforderlich und angemessen iSd. § 10 Satz 2 AGG ist.

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dd) Die Tarifvertragsparteien verfolgen entgegen der Auffassung des Beklagten nicht das Ziel des Gesundheitsschutzes älterer Arbeitnehmer.

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(1) Das mit der Urlaubsstaffelung des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD verfolgte Ziel lässt sich nicht mit ausreichender Deutlichkeit aus dem Wortlaut des § 26 TVöD entnehmen. § 26 TVöD normiert ausweislich seiner Überschrift den Erholungsurlaub. Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 TVöD haben Beschäftigte in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts. § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD legt die Dauer dieses Erholungsurlaubs fest. Der Begriff des Erholungsurlaubs wird dabei nicht näher definiert und ist dem BUrlG entlehnt, auf das § 26 Abs. 2 TVöD im Übrigen verweist. Der Erholungsurlaub nach dem BUrlG soll nach der Gesetzesbegründung dem sozialpolitischen Anliegen der Erhaltung und Wiederauffrischung der Arbeitskraft der Arbeitnehmer dienen (vgl. den schriftlichen Bericht des Bundestagsausschusses für Arbeit, BT-Drucks. IV/785; Begründung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Bundesurlaubsgesetzes, BT-Drucks. IV/207). Durch den Erholungsurlaub wird dem Arbeitnehmer die Möglichkeit gesichert, für eine bestimmte Dauer im Jahr, die ihm eingeräumte Freizeit zur selbstbestimmten Erholung zu nutzen (st. Rspr., vgl. BAG 20. Juni 2000 - 9 AZR 405/99 - zu II 2 b bb 1 der Gründe, BAGE 95, 104; 8. März 1984 - 6 AZR 600/82 - zu II 5 b der Gründe, BAGE 45, 184; ebenso st. Rspr. des EuGH zum Jahresurlaub nach Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG , EuGH 22. No-vember 2011 - C-214/10 - [KHS] Rn. 31, AP Richtlinie 2003/88/EG Nr. 6 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2003/88 Nr. 7; 20. Januar 2009 - C-350/06 und C-520/06  - [Schultz-Hoff] Rn. 25, Slg. 2009, I-179). Wenn eine Tarifregelung die Urlaubsdauer nach dem Lebensalter staffelt, liegt die Annahme nahe, die Tarifvertragsparteien hätten einem mit zunehmendem Alter gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung tragen wollen. Die Regelung in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD rechtfertigt eine solche Annahme freilich nicht, sondern schließt sie aus.

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(2) Das folgt bereits aus dem Inhalt der Regelung. Die Tarifvorschrift räumt den Beschäftigten schon ab dem 30. Lebensjahr drei weitere Urlaubstage ein. Dafür, dass die Tarifvertragsparteien von einem so deutlich gesteigertem Erholungsbedürfnis bereits nach der Vollendung des 30. Lebensjahres ausgegangen sind, fehlt jeder Anhaltspunkt. Gegen eine solche Annahme spricht auch, dass die Tarifvertragsparteien den Beschäftigten nach der Vollendung des 40. Lebensjahres letztmals nur einen weiteren Urlaubstag gewährt und davon abgesehen haben, ein gesteigertes Erholungsbedürfnis des Beschäftigten in der Zeit bis zum Erreichen des gesetzlich festgelegten Alters für den Bezug der Regelaltersrente (§ 33 Abs. 1 Buchst. a TVöD) zu berücksichtigen. Hätten die Tarifvertragsparteien ein gesteigertes Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter vor Augen gehabt, hätten sie nicht einem 30-Jährigen einen gegenüber einem 29-jährigen Beschäftigten um drei Tage längeren Urlaub gewährt, nach der Vollendung des 40. Lebensjahres des Beschäftigten eine wesentlich geringere Steigerung des Erholungsbedürfnisses angenommen und für die Zeit danach bis zum Erreichen des gesetzlich festgelegten Alters für den Bezug der Regelaltersrente ein zunehmendes Erholungsbedürfnis des Beschäftigten überhaupt nicht mehr berücksichtigt (vgl. Wulfers/Hecht ZTR 2007, 475, 478). Auch das Schrifttum nimmt ganz überwiegend an, dass eine tarifliche Urlaubsstaffelung nicht schon auf die Vollendung des 30. bzw. des 40. Lebensjahres abstellen darf, wenn sie einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung tragen will (vgl. Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 26 TVöD Rn. 22; Tempelmann/Stenslik DStR 2011, 1183, 1186; Richter Benachteiligung wegen des Alters im Erwerbsleben S. 170; Meinel/Heyn/Herms § 10 Rn. 42b; AGG/Voigt § 10 Rn. 33; Hey AGG § 10 Rn. 28; Kamanabrou NZA Beilage 3/2006, 138, 144; Hock/Kramer/Schwerdle ZTR 2006, 622, 623; Linck/Schütz FS Leinemann S. 181 f.; Senne Auswirkungen des europäischen Verbots der Altersdiskriminierung auf das deutsche Arbeitsrecht S. 269; Bertelsmann ZESAR 2005, 242, 246). Selbst wenn die Erholungsbedürftigkeit von Arbeitnehmern mit zunehmendem Lebensalter steigen sollte (zweifelnd Däubler/Bertzbach/Brors § 10 Rn. 50; aA Waltermann NZA 2005, 1265, 1269), hätte es mit dem Schutz älterer Arbeitnehmer nichts zu tun, bereits mit dem 30. Lebensjahr eine erste Verlängerung des Urlaubsanspruchs um drei Tage und die zweite und zugleich letzte Verlängerung um einen weiteren Urlaubstag bereits mit Vollendung des 40. Lebensjahres vorzusehen (so auch Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 26 TVöD Rn. 22; Adomeit/Mohr § 10 Rn. 105; so bereits zu § 48 BAT: Lüderitz Altersdiskriminierung durch Altersgrenzen S. 156). Es fehlt in beiden Stufen an dem erkennbaren Schutz Älterer. Die Verlängerung des Urlaubsanspruchs bereits mit dem vollendeten 30. Lebensjahr lässt sich kaum mit der Erhaltung der Leistungsfähigkeit Älterer begründen. Auch mit der Vollendung des 40. Lebensjahres hat ein Beschäftigter regelmäßig allenfalls die Mitte seines Erwerbsalters erreicht (vgl. auch Lüderitz Altersdiskriminierung durch Altersgrenzen S. 156). Hätten die Tarifvertragsparteien gemäß der Ansicht des Beklagten ein gesteigertes Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter berücksichtigen wollen, hätten sich die gewählten Altersgrenzen nicht an dem mit dem Alter zunehmenden Erholungsbedürfnis orientiert und wären willkürlich.

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(3) Gerade dieser Umstand bestätigt, dass die Tarifvertragsparteien mit der Regelung in § 26 TVöD weder den Schutz der Gesundheit bezweckten noch einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung tragen wollten. Hätten sie diese Ziele verfolgt, hätte es nahe gelegen, gerade für die älteren Beschäftigten, zB die Gruppe der über 50- oder über 60-jährigen Beschäftigten, die Dauer des Erholungsurlaubs zu verlängern. Bei dieser Personengruppe ist ein altersbedingt gesteigertes Erholungsbedürfnis eher nachvollziehbar. Ein solches Schutzbedürfnis für die über 50-Jährigen haben die Tarifvertragsparteien aber nur hinsichtlich der Beschränkung der Höchstdauer des Gesamturlaubs bei besonders belastenden Arbeiten (Schicht- und Wechselschicht) gesehen. Das folgt aus § 27 Abs. 4 Satz 4 TVöD. Danach erhöht sich ab diesem Lebensalter die maximal erreichbare Gesamturlaubsdauer von jährlich 35 auf 36 Arbeitstage.

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(4) Die Tarifgeschichte bestätigt, dass die Tarifvertragsparteien mit der Urlaubsstaffel nicht einem mit dem Lebensalter steigenden Erholungsbedürfnis Rechnung tragen wollten. Bereits seit dem Inkrafttreten des BAT wurde die Urlaubsdauer an das Lebensalter geknüpft (§ 48 Abs. 1 BAT). Sie steigerte sich auch nach dem vollendeten 30. Lebensjahr und nach dem vollendeten 40. Lebensjahr. Innerhalb der Lebensaltersstufen verlängerte sich die Urlaubsdauer teilweise nach Vergütungsgruppen. Je höher der Angestellte eingruppiert war, je länger war sein Urlaubsanspruch. Dies zeigt, dass nicht der Erholungszweck maßgebend für die Urlaubsdauer sein sollte. Der Urlaub wurde vielmehr als Quasi-Gegenleistung für die Arbeitsleistung geregelt. Nur so lässt sich die normierte Abhängigkeit der Urlaubsdauer von der Vergütungsgruppe erklären. Es kann deshalb nicht angenommen werden, die Tarifvertragsparteien hätten bei Angestellten in höheren Vergütungsgruppen ein gesteigertes Erholungsbedürfnis ausgleichen wollen. Die Differenzierung resultiert vielmehr aus der überkommenen Auffassung, der Urlaub werde „verdient“.

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5. Die Diskriminierung der Klägerin kann nur durch die Verpflichtung des Beklagten beseitigt werden, der Klägerin für die Jahre 2008 und 2009 jeweils einen Ersatzurlaubstag zu gewähren. Zwar folgt aus § 7 Abs. 2 AGG nur, dass die diskriminierende Regelung unwirksam ist. Auch wird vom Senat nicht verkannt, dass es sich bei § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD um ein Stufensystem handelt, sodass grundsätzlich keine Stufe als die von den Tarifvertragsparteien als „übliche“ Urlaubsdauer gewollte angesehen werden kann. Jedoch kann die Beseitigung der Diskriminierung vorliegend nur durch eine Anpassung „nach oben“ erfolgen.

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a) Grundsätzlich ist es Aufgabe der Tarifvertragsparteien, eine benachteiligungsfreie Regelung zu treffen, wofür ihnen verschiedene Möglichkeiten zu Verfügung stehen. Doch scheidet eine Aussetzung des Rechtsstreits unter Fristsetzung zur Lückenschließung durch die Tarifvertragsparteien selbst von vornherein aus (aM Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 26 TVöD Rn. 23). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind für den Fall, dass gesetzliche oder tarifvertragliche Regelungen eine mit der Richtlinie unvereinbare Diskriminierung vorsehen, die nationalen Gerichte gehalten, die Diskriminierung auf jede denkbare Weise und insbesondere dadurch auszuschließen, dass sie die Regelung für die nicht benachteiligte Gruppe auch auf die benachteiligte Gruppe anwenden, ohne die Beseitigung der Diskriminierung durch den Gesetzgeber, die Tarifvertragsparteien oder in anderer Weise abzuwarten (vgl. so bereits zur Richtlinie 76/207/EWG: EuGH 20. März 2003 - C-187/00 - [Kutz-Bauer] Rn. 75, Slg. 2003, I-2741). Auch nach Art. 9 Abs. 3 GG in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wäre eine Aussetzung grundsätzlich allenfalls zur Beseitigung einer Diskriminierung für die Zukunft geboten(vgl. BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 28, NZA 2012, 161). Vorliegend geht es jedoch um die Beseitigung einer Diskriminierung in der Vergangenheit.

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b) Die Benachteiligung der Klägerin kann nicht auf andere Weise für die Jahre 2008 und 2009 ausgeschlossen werden. Ein Rückgriff auf den noch unterhalb der Eingangstufe des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD liegenden gesetzlichen Mindesturlaub gemäß den §§ 1, 3 BUrlG in Höhe von 20 Arbeitstagen bei einer Fünftagewoche ist hierzu nicht geeignet(aM Wulfers/Hecht ZTR 2007, 475, 483; Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Februar 2012, § 26 Rn. 163.5). Der von den §§ 1, 7 AGG bzw. Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG verfolgte Zweck, Benachteiligungen zu verhindern oder zu beseitigen, würde nicht erreicht. Da diskriminierende Maßnahmen oder Vereinbarungen nicht hingenommen und ihre Fortwirkung nicht akzeptiert werden darf (vgl. ErfK/Schlachter § 7 AGG Rn. 5), ist auch nicht auf die Eingangsstufe des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD mit 26 Urlaubstagen abzustellen. Hätte die Klägerin nur Anspruch auf die erste Stufe der Urlaubsstaffel, fehlte es an einer Sanktion, die einen tatsächlichen und wirksamen Rechtsschutz gewährt und abschreckende Wirkung hat (vgl. zu diesem Aspekt: BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 18 ff., NZA 2012, 161).

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c) Hingegen ist eine Anpassung „nach oben“ zur Beseitigung einer Altersdiskriminierung im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union gerechtfertigt, wenn auf andere Weise die Diskriminierung nicht behoben werden kann, weil der Arbeitgeber den Begünstigten für die Vergangenheit die Leistung nicht mehr entziehen kann (vgl. ausführlich: BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 20 ff., NZA 2012, 161). Dies ist vorliegend der Fall. Der den begünstigten Beschäftigten in den Jahren 2008 und 2009 gewährte Urlaub von jährlich 30 Arbeitstagen kann nicht rückwirkend auf 29 oder 26 Arbeitstage begrenzt werden. Die als Urlaub bereits gewährte Freizeit ist nicht kondizierbar.

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d) Schließlich steht der Anpassung „nach oben“ auch nicht § 15 Abs. 3 AGG entgegen. Danach ist der Arbeitgeber bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fährlässig handelt. Diese Bestimmung bezieht sich allein auf die immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG(vgl. BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 38, NZA 2012, 161; ErfK/Schlachter § 15 AGG Rn. 13) und verhält sich nicht zur Beseitigung einer Diskriminierung durch eine den Diskriminierungsverboten genügende Regelung.

32

e) Der Beklagte kann auch keinen Vertrauensschutz in Anspruch nehmen. In den Jahren 2008 und 2009 galt bereits das am 18. August 2006 in Kraft getretene AGG. Dieses nimmt Dauerschuldverhältnisse und damit auch Arbeitsverhältnisse ebenso wenig wie Tarifverträge aus, die vor dem Inkrafttreten des AGG bereits abgeschlossen waren. Übergangsvorschriften oder Vertrauensschutzregelungen sind insoweit in § 33 AGG nicht vorgesehen. Gemäß § 1 AGG ist ua. Ziel dieses Gesetzes, Benachteiligungen aus Gründen des Alters nicht nur zu verhindern, sondern auch zu beseitigen. Die damit einhergehende unechte Rückwirkung ist zulässig. Der zeitliche Geltungsbereich wird je nach Lage der Verhältnisse im Einzelfall nur durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes beschränkt (vgl. so bereits zu § 81 Abs. 2 SGB IX aF: BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 38, BAGE 129, 72). Dies setzt jedoch in jedem Fall das Vorliegen eines schutzwürdigen Vertrauens voraus, das vorliegend nicht gegeben ist, selbst wenn man die Grundsätze zum Vertrauensschutz bei unechter Rückwirkung von Gesetzen anwendet. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist der Grundsatz des Vertrauensschutzes nur dann verletzt, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen (vgl. BVerfG 10. August 2006 - 2 BvR 563/05  - Rn. 14, BVerfGK 9, 28). Zum einen dient das AGG der Umsetzung von EU-Richtlinien zum Schutz vor Diskriminierung im Bereich Beschäftigung und Beruf und enthält insoweit insbesondere im Bereich der Altersdiskriminierung unionsrechtlich verankerte notwendige und bedeutende Regelungen. Zum anderen wäre ein Vertrauen in den Fortbestand der angewandten tarifvertraglichen Regelungen nicht schutzwürdig. Denn die Richtlinie 2000/78/EG wurde schon im Jahr 2000 erlassen und stellt in Art. 16 Buchst. b ausdrücklich klar, dass die Diskriminierungsverbote auch auf tarifvertragliche Bestimmungen Anwendung finden. Nach Art. 18 der Richtlinie 2000/78/EG war diese zudem spätestens zum 2. Dezember 2006 in nationales Recht umzusetzen. Der Beklagte musste ebenso wie die Tarifvertragsparteien damit rechnen, dass tarifvertragliche Regelungen auch am Verbot der Altersdiskriminierung gemessen werden. Deshalb konnte der Beklagte nicht darauf vertrauen, dass auch nach Inkrafttreten des AGG die Urlaubsstaffelregelung des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD zulässig war, zumal in der Gesetzesbegründung zum AGG die Anknüpfung an das bloße Lebensalter als Mindestgrenze für mit der Beschäftigung verbundener Vorteile nicht unkritisch gesehen wurde(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 36) und im Schrifttum nicht nur vereinzelt die Unwirksamkeit des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD wegen Verstoßes gegen das Verbot der Altersdiskriminierung angenommen wurde (vgl. Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 26 TVöD Rn. 22 mwN; Kamanabrou NZA Beilage 3/2006, 138, 144; Hock/Kramer/Schwerdtle ZTR 2006, 622, 623 mwN; so bereits zu § 48 Abs. 1 BAT: Lüderitz Altersdiskriminierung durch Altersgrenzen S. 156).

33

6. Die Klägerin hat Anspruch auf Ersatzurlaub gemäß § 280 Abs. 1, § 286 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB. Die Resturlaubsansprüche für die Jahre 2008 und 2009 waren mangels Vorliegens eines Übertragungsgrundes nach § 26 Abs. 1 Satz 6 TVöD iVm. § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG zum 31. Dezember des jeweiligen Jahres verfallen. Diesen Untergang hat der Beklagte zu vertreten, weil er sich mit der Gewährung des Urlaubs in Verzug befand.

34

a) Die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs aus Verzug gemäß § 280 Abs. 1, § 286 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB liegen vor. Die Klägerin hatte in den Jahren 2008 und 2009 Anspruch auf jeweils 30 Urlaubstage. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wandelt sich der Urlaubsanspruch in einen Schadensersatzanspruch um, der auf Gewährung von Ersatzurlaub als Naturalrestitution gerichtet ist, wenn der Arbeitgeber den rechtzeitig verlangten Urlaub nicht gewährt und der Urlaub aufgrund seiner Befristung verfällt ( BAG 11. April 2006 - 9 AZR 523/05  - Rn. 24, AP BUrlG § 7 Übertragung Nr. 28 = EzA BUrlG § 7 Nr. 116).

35

b) Die Klägerin machte mit Schreiben vom 5. November 2008 unter der Überschrift „Geltendmachung von Urlaubsansprüchen“ Urlaub in Höhe von 30 Tagen nach dem TVöD geltend und bat zudem, den Urlaubsanspruch auch für die Zukunft entsprechend anzupassen. Dahingestellt bleiben kann, ob dies schon ein konkretes Verlangen beinhaltet hat, den Urlaub in den Jahren 2008 und 2009 zu gewähren. Nach der Rechtsprechung des Senats ist hierfür zumindest erforderlich, dass der Arbeitgeber nach den Grundsätzen des § 133 BGB davon ausgehen muss, der Arbeitnehmer wünsche ab einem bestimmten Zeitpunkt Erholungsurlaub(vgl. BAG 17. November 2009 - 9 AZR 745/08 - Rn. 45; 11. April 2006 -  9 AZR 523/05  - Rn. 28, AP BUrlG § 7 Übertragung Nr. 28 = EzA BUrlG § 7 Nr. 116). Maßgebend ist, dass der Beklagte mit Schreiben vom 28. November 2008 erklärt hat, er lehne den Antrag auf Verlängerung des Urlaubs „auf 30 Tage vor Erreichen des 41. Lebensjahres“ ab, weil der Klägerin nach dem für ihn verbindlichen § 26 Abs. 1 TVöD derzeit nur 29 Urlaubstage zustünden. Aus objektiver Empfängersicht lag darin eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung des Beklagten als Schuldner des Urlaubsanspruchs, die gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB eine Mahnung der Klägerin entbehrlich machte(vgl. BAG 31. Januar 1991 - 8 AZR 462/89  - zu II der Gründe). Denn der Beklagte gab mit diesem Schreiben vor Ablauf des Urlaubsjahres 2008 klar zu erkennen, dass er nicht bereit sei, im laufenden Jahr mehr als 29 Tage Urlaub zu gewähren. Hinsichtlich des weiteren Urlaubstags für das Jahr 2009 folgt der Verzug des Beklagten zudem daraus, dass er jedenfalls mit dem Antrag auf Klageabweisung vom 24. April 2009 und somit vor Ablauf des Urlaubsjahres 2009 zu erkennen gegeben hat, den weiteren Urlaubstag auch im Jahr 2009 nicht gewähren zu wollen. Darin lag ebenso seine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung als Schuldner des Urlaubsanspruchs, die gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB eine Mahnung der Klägerin ebenfalls entbehrlich machte(vgl. BAG 17. Mai 2011 - 9 AZR 197/10 - Rn. 14, EzA TVG § 4 Metallindustrie Nr. 138; 31. Januar 1991 - 8 AZR 462/89  - zu II der Gründe).

36

B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

    Preuß    

        

    Neumann-Redlin    

        

        

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird unter Zurückweisung der Revision im Übrigen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 9. Mai 2014 - 3 Sa 685/13 - teilweise aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das Urteil des Arbeitsgerichts Gießen vom 22. März 2013 - 10 Ca 358/12 - teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für Urlaub aus dem Jahr 2012 drei Tage Ersatzurlaub zu gewähren.

3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu 3/4 zu tragen, die Beklagte zu 1/4.

Sonstige Literatur

1

Die Parteien haben auf Tatbestand und Entscheidungsgründe verzichtet (§ 313a Abs. 1 ZPO).

        

    Brühler    

        

    Klose    

        

    Suckow    

        

        

        

    Merte    

        

    Spiekermann    

                 

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

Tenor

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 21.05.2014, 55 Ca 2172/13, wird auf die Berufung der Beklagten teilweise abgeändert.

Die Klage wird auch hinsichtlich des Urlaubsjahres 2013 und damit insgesamt abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Rahmen der Berufung noch um die Höhe des Urlaubsanspruches für das Kalenderjahr 2013.

2

Die 1983 geborene Klägerin ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern seit dem 01.09.2005 als Gesundheits- und Krankenpflegerin beschäftigt.

3

Der ursprüngliche Arbeitsvertrag war noch zwischen der Klägerin und dem städtischen Krankenhaus C-Stadt abgeschlossen worden. Nach diesem Arbeitsvertrag sollten die Tarifverträge für die kommunalen Arbeitgeber Anwendung finden (vgl. Blatt 35 ff d. A.).

4

Der TVöD in seiner Fassung vom 13.09.2005 lautete auszugsweise wie folgt:

5

㤠26 Erholungsurlaub
(1) Beschäftigte haben in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts (§ 21). Bei Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf fünf Tage in der Kalenderwoche beträgt der Urlaubsanspruch in jedem Kalenderjahr
bis zum vollendeten 30. Lebensjahr 26 Arbeitstage,
bis zum vollendeten 40. Lebensjahr 29 Arbeitstage und
nach dem vollendeten 40. Lebensjahr 30 Arbeitstage.“

6

Entsprechend dieser Regelung und auch der gleichartigen Regelung im zuvor anzuwendenden BAT-O gewährte die damalige Arbeitgeberin der Klägerin auf Grund ihres Alters jährlich 26 Urlaubstage.

7

Sodann wurde das städtische Krankenhaus zum 01.01.2006 an die D. H. AG veräußert. Hierbei kam es zu einem Betriebsübergang, der auch die Klägerin betraf.

8

Zum 01.01.2008 wurden die Arbeitnehmer aus dem TVöD in die TV D. Kliniken übergeleitet, welche sodann auch auf das Arbeitsverhältnis angewandt wurden.

9

Der letzte Arbeitsvertrag der Klägerin vom 18.05.2012 mit der H.-Klinikum C-Stadt GmbH geschlossen, enthält unter Ziffer 9 eine umfangreiche Verweisung auf Tarifverträge (vgl. Blatt 6 d. A.).

10

Unstreitig ist danach auch der Manteltarifvertrag D. (im Folgenden MTV D.), der zwischen der D. H. AG und v. vereinbart wurde, auf das Arbeitsverhältnis anwendbar.

11

Dieser zuletzt gültige MTV D. stammt vom 02.03.2010. Er trat rückwirkend zum 1. Januar 2007 in Kraft und ist textidentisch mit dem MTV D. vom 12. Dezember 2006. Diese rückwirkende Regelung war erforderlich, nach dem das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 18.11.2009, 4 AZR 491/08, festgestellt hatte, dass bei Abschluss des vorgenannten Tarifvertrages aus 2006 die D. H. AG nicht deutlich genug nach § 164 BGB gemacht hatte, dass der Tarifvertrag in Vertretung auch für ihre Tochtergesellschaften geschlossen werden solle.

12

Der MTV D. vom 02.03.2010 enthält unter anderem folgende Regelungen:

13

㤠22 Erholungsurlaub

14

1. Der Arbeitnehmer erhält in jedem Urlaubsjahr Erholungsurlaub nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften. Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr.

15

2. Die Dauer des Erholungsurlaubs beträgt 28 Arbeitstage, nach Vollendung des 50. Lebensjahres 30 Arbeitstage. …

16

Protokollnotiz zu § 22 Ziffer 2:

17

Arbeitnehmer die vor Inkrafttreten dieses Tarifvertrages einen höheren Urlaubsanspruch haben, bleibt dieser als Besitzstand gewahrt. Maßgeblich ist der Urlaubsanspruch am 31. Dezember 2006.

18

3. Jeder Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf bis zu zehn Arbeitstagen unbezahlte Freistellung im Kalenderjahr. Dieser Anspruch ist nicht auf das Folgejahr übertragbar. Die Lage des Urlaubs wird individuell zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Rahmen der Urlaubsplanung vereinbart.

19

20

5. Der Urlaub dient zur Erholung und zur Erhaltung der Arbeitskraft. Deshalb darf der Arbeitnehmer während des Urlaubs keine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit

21

leisten.

22

23

8. Für geleistete Nachtarbeit erhalten Arbeitnehmer, die in einem Kalenderjahr die folgenden Nachtarbeitsstunden geleistet haben, einen Zusatzurlaub:

24

25

Arbeitnehmer, die ständig Schichtarbeit leisten, erhalten einen Zusatzurlaub von einem Arbeitstag unabhängig davon, ob 50 Nachtarbeitsstunden erreicht werden.

26

27

§ 35 Ablösung bisheriger tariflicher Regelungen

28

Die in diesem Manteltarifvertrag hinterlegten tariflichen Regelungen lösen die bisherigen Regelungen über gleichartige Regelungssachverhalte ab. Es besteht Einvernehmen, dass Regelungssachverhalte die nicht Gegenstand der bisherigen Verhandlungen waren, weiter gelten bis sie durch eine andere tarifliche Regelung abgelöst werden.

29

30

§ 37 Inkrafttreten und Laufzeit des Tarifvertrages

31

Dieser Tarifvertrag tritt rückwirkend in Kraft am 1. Januar 2007 und kann mit Halbjahresfrist zum Jahresende, frühestens jedoch zum Ablauf des 31. Dezember 2011 gekündigt werden.

32

Protokollnotiz:

33

Der vorliegende Tarifvertrag ist – mit Ausnahme des Rubrums – textidentisch mit dem Manteltarifvertrag D. vom 12. Dezember 2006.

34

35

Ab Geltung des MTV D. auf das Arbeitsverhältnis gewährte die Beklagte bzw. die Rechtsvorgängerin der Klägerin jährlich 28 Urlaubstage.

36

Nachdem das BAG mit Urteil vom 20.03.2012, 9 AZR 529/10, entschieden hatte, dass die alte Urlaubsstaffelung im TVöD nach Lebensalter altersdiskriminierend sei, regelten die Tarifvertragspartner die Bestimmungen zum Urlaub in § 26 TVöD neu. Danach haben nun alle Arbeitnehmer 29 Tage Urlaub. Nach dem vollendeten 55. Lebensjahr haben sie 30 Tage Urlaub.

37

Unter dem 23.03.2013 übersandte die Klägerin an die Beklagte ein offenbar von dritter Seite allgemein für Arbeitnehmer vorbereitetes Schreiben, welches auf das Urteil des BAG vom 20. März 2012, 9 AZR 529/10, verwies. Weiterhin wird ausgeführt, dass die altersdiskriminierende Wirkung „des oben genannten Tarifvertrages“, wo zuvor kein Tarifvertrag genannt wurde, nur durch eine Anpassung nach oben beseitigt werden könne. Nach dieser allgemeinen Einführung sah dieses Schreiben zwei Ankreuzfelder vor, die beide von der Klägerin markiert worden sind. Mit dem ersten Ankreuzfeld bat sie, ihr den „zustehenden Erholungsurlaub in Höhe von 30 Arbeitstagen für das Kalenderjahr 2012 schriftlich zu bestätigen“. Mit dem zweiten Kreuz bat sie darüber hinaus „um die Gewährung von zwei Tagen Ersatzurlaub für das Jahr 2011“. Wegen der genauen Einzelheiten des Schreibens wird auf Blatt 10 der Akte verwiesen. Die Beklagte reagierte auf dieses Schreiben nicht. Tatsächlich gewährte die Beklagte der Klägerin im Jahr 2012 wie auch im Jahr 2013 jeweils 28 Urlaubstage.

38

Mit ihrer Klageschrift vom 28.11.2013, eingegangen beim Arbeitsgericht Schwerin am 3. Dezember 2013 begehrte die Klägerin die Feststellung, dass ihr für das Kalenderjahr 2012 wie auch 2013 jeweils zwei weitere Arbeitstage als Urlaub zustehen. Nach Zustellung an die Beklagte beantragte diese noch mit Schriftsatz vom 16.12.2013, welcher noch im Jahr 2013 bei der Klägervertretung einging, Klagabweisung.

39

Das Arbeitsgericht Schwerin hat mit Urteil vom 21.05.2014 die Klage hinsichtlich des Urlaubsjahres 2012 abgewiesen und der Klage hinsichtlich des Urlaubsjahres 2013 stattgegeben. Das Arbeitsgericht führte aus, dass es die Urlaubsregelung in § 22 Ziffer 2 MTV D. für wirksam halte, insbesondere keine unzulässige Altersdiskriminierung vorliege. Allerdings ergebe sich aus dem Wortlaut der Protokollnotiz zu vorgenannter tariflicher Regelung, dass der Klägerin am 31.12. 2006 unter Berücksichtigung der seinerzeit unzulässigen altersdiskriminierenden Wirkung im TVöD 30 Tage Urlaub im Jahr zustanden, welche sodann auch in die Geltung des MTV D. zu übernehmen waren. Allerdings sei der entsprechende Urlaubsanspruch für das Jahr 2012 nach § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz untergegangen. Der Urlaubsanspruch für das Jahr 2013 sei rechtzeitig geltend gemacht worden, weshalb der Klage insoweit stattzugeben sei.

40

Das Urteil ist der Beklagten am 11.07.2014 zugestellt worden. Die Beklagte hat hinsichtlich ihres Unterliegens eingehend beim Landesarbeitsgericht M-V am 21. Juli 2014 Berufung eingelegt.

41

Die Beklagte verfolgt auch hinsichtlich des Jahres 2013 weiterhin eine Klagabweisung.

42

Sie meint, dass nach dem MTV D. der Klägerin zu Recht nur 28 Urlaubstage gewährt worden seien. Zunächst enthalte § 22 Abs. 2 MTV D. keine unzulässige Altersdiskriminierung. Zwar sei eine Ungleichbehandlung wegen des Alters vorhanden. Dies diene jedoch dem Schutz der Gesundheit und dem gesteigerten Erholungsbedürfnis der über 50jährigen Arbeitnehmer. Die Beklagte verweist darauf, dass ihre Regelung insoweit erheblich von der Regelung im TVöD abweiche, welche das Bundesarbeitsgericht für unwirksam angesehen hatte. Außerdem verweist die Beklagte darauf, dass das BAG in dem vorgenannten Urteil auch ein gesteigertes Erholungsbedürfnis von älteren Arbeitnehmern gesehen hatte. Eine genaue Schwelle sei jedenfalls dem Gesetz nicht zu entnehmen. Jedenfalls spreche § 417 SGB III auch ein Alter von 50 Jahren als Grenze für die dortige Regelung an. Dies könne auch hier berücksichtigt werden. Auch müsse beachtet werden, dass im MTV D. von den vorhergehenden Regelungen des BAT-O bzw. des TVöD Abstand genommen worden sei. Ein erhöhter Erholungsbedarf sei im vorliegenden Fall dadurch gerechtfertigt, dass die Arbeitnehmer in der Gesundheitsbranche teilweise einen frühen Arbeitsbeginn mit 16 und 17 Jahren aufzuweisen haben. Auch müsse beachtet werden, dass in Wechselschicht, in der Nachtschicht und an Feiertagen gearbeitet wird. Von Bedeutung sei auch, dass die frühere Regelung, wonach sich über 60jährige von der Nachtschicht befreien lassen könnten, nicht mehr vorhanden ist. Insgesamt diene die gestaffelte Urlaubsregelung im MTV D. dem Schutz der Gesundheit und dem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Arbeitnehmer.

43

Die Klägerin könne aber auch aus der Protokollnotiz zu § 22 Ziffer 2 MTV D. keinen höheren Urlaubsanspruch ableiten. Denn der nach oben anzupassende Anspruch noch aus dem TVöD hätte bis zum Inkraftsetzen des MTV D. geltend gemacht werden müssen. Urlaubsansprüche wie auch Schadensersatzansprüche unterlägen Ausschlussfristen. Der TVöD sehe eine Ausschlussfrist von sechs Monaten und der MTV D. eine Ausschlussfrist von vier Monaten vor. Unter Berücksichtigung dessen sei der Anspruch auf Anpassung nach oben verfallen. Unmittelbar aus dem Urteil des BAG aus dem Jahre 2012 folge kein unmittelbarer Anspruch für die nichtklagenden Arbeitnehmer. Ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot führe nur zur Unwirksamkeit des Tarifvertrages. Sodann sei eine Geltendmachung durch den Arbeitnehmer notwendig. Mangels rechtzeitiger Geltendmachung habe die Klägerin wirksam nur 26 Tage nach den Regelungen des TVöD in die Geltung des MTV D. übertragen.

44

Die Beklagte beantragt:

45

Das am 21.05.2014 verkündete und am 11.07.2014 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin – 55 Ca 2172/13 – insoweit aufzuheben, als dass festgestellt wurde, dass der Klägerin für das Jahr 2013 zwei weitere Urlaubstage als Urlaub zustehen und die Klage insgesamt abzuweisen.

46

Die Klägerin beantragt:

47

Die Berufung zurückzuweisen.

48

Die Klägerin geht weiterhin davon aus, dass ihr insgesamt 30 Tage Urlaub auch für das Jahr 2013 zustünden.

49

Zunächst verstoße § 22 MTV D. gegen das AGG, weil diese Norm eine nach Lebensalter gestaffelte Urlaubsregelung vorsehe. Dies führe dazu, dass eine Anpassung nach oben vorzunehmen sei. Die Klägerin verweist insoweit auf das Urteil des BAG vom 20.03.2012, 9 AZR 529/10. Die bisherigen gerichtlichen Entscheidungen sprechen dafür, dass eine Staffelung nach Alter „immer“ altersdiskriminierend sei. Es genüge nicht nur ein sachlicher Differenzierungsgrund. Vielmehr müsse dieser auch selbst im Tarifvertrag genannt sein. Der Arbeitgeber müsse auch nachweisen, dass die Differenzierung dem Differenzierungsgrund diene. Im vorliegenden Fall werde schon der Differenzierungsgrund nicht im MTV D. genannt und sei auch nicht aus dem Kontext ableitbar.

50

Unabhängig von der Wirksamkeit des § 22 MTV D. stehe der Klägerin jedoch auch schon auf Grund der Protokollnotiz zu § 22 Abs. 2 MTV D. ein höherer Urlaubsanspruch von 30 Urlaubstagen zu. Da die Urlaubsregelung im TVöD schon im Jahr 2006 altersdiskriminierend gewesen sei, habe die Klägerin tatsächlich schon am Stichtag (31.12.2006) einen Urlaubsanspruch von 30 Tagen gehabt, der nach der Protokollnotiz sodann in die Geltung des MTV D. übertragen werden musste. Eine damalige Geltendmachung dieses Stammrechtes sei nicht erforderlich gewesen. In der Protokollnotiz werde auch nicht geregelt, dass der höhere Urlaubsanspruch davon abhängig sei, dass er seinerzeit auch gewährt wurde. Allein das Bestehen des Anspruches sei entscheidend. Sodann seien die Urlaubsansprüche für das Jahr (2012 und) 2013 mit Schreiben vom 23.03.2013 rechtzeitig geltend gemacht worden und somit nicht verfallen.

51

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Verhandlungsprotokolle wie auch das angegriffene erstinstanzliche Urteil verwiesen.

Entscheidungsgründe

52

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.

53

Das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin war abzuändern, soweit es das Jahr 2013 betraf. Die Klage war somit insgesamt abzuweisen.

I.

1.

54

Auf Grund des materiell-rechtlich nicht bestehenden Anspruches auf 30 Tage Urlaub im Jahr 2013 kann dahinstehen, ob die Klage der Klägerin überhaupt zulässig ist. Denn problematisch war hier gegebenenfalls das Bestehen eines Feststellungsinteresses, da die Klägerin die Feststellung von Mehrurlaub für die Vergangenheit begehrte, eine Klage jedoch unzulässig ist, wenn sie quasi nur der Erstellung eines Rechtsgutachtens dient, ohne dass die Entscheidung unmittelbar Einfluss auf das Rechtsverhältnis der Partei haben kann (vgl. BAG, 08.03.1994, 9 AZR 368/92). Unproblematischer hätte gegebenenfalls ein Antrag auf künftige Nachgewährung von Urlaub aus dem Jahr 2013 sein können. Auf Grund des ohnehin nicht bestehenden Anspruches, konnte jedoch hier die Frage dahinstehen, wie weit der gestellte Antrag zu Gunsten der Klägerin auslegbar war.

2.

55

Da die Klägerin materiell-rechtlich keinen Anspruch auf 30 Tage Urlaub hatte, konnte im Kern auch die Frage dahinstehen, ob die Klägerin überhaupt im Sinne des § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz rechtzeitig in hinreichendem Maße Urlaub begehrt hatte. Unterstellt, der Klageantrag der Klägerin wäre so auszulegen, dass er zulässig wäre, müsste die Auslegung der Gestalt erfolgen, dass der Klägerin zukünftig für das Jahr 2013 noch 2 Tage Ersatzurlaub gemäß § 280 Abs. 1, § 286 Abs. 1 und 2 Nr. 3, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB zu gewähren wären. Denn mangels Vorliegen eines Übertragungstatbestandes gemäß § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz wären die unmittelbaren Urlaubsansprüche aus dem Jahr 2013 zum 31.12.2013 untergegangen. Der zu wenig gewährte Urlaub hätte sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur dann in einen Schadensersatzanspruch in Form der Gewährung von Ersatzurlaub als Naturalrestitution gewandelt, wenn der Arbeitgeber den rechtzeitig verlangten Urlaub nicht gewährt hätte und der Urlaub auf Grund seiner Befristung verfallen wäre. Für das nicht rechtzeitige Gewähren ist jedoch erforderlich, dass ein konkretes Verlangen des Arbeitnehmers nach Gewährung von Urlaub vorliegt. Dafür genügt nicht die Abforderung der Bestätigung, man habe mehr Urlaub, als bisher angenommen. Vielmehr ist erforderlich, dass der Arbeitgeber nach den Grundsätzen von § 133 BGB bei einer Erklärung des Arbeitnehmers davon ausgehen muss, der Arbeitnehmer wünsche ab einem bestimmten Zeitpunkt Erholungsurlaub (vgl. insgesamt hierzu BAG, 20.03.2012, 9 AZR 529/10, Rz. 33 ff). Soweit alle Seiten und auch das Arbeitsgericht Schwerin offenbar bisher davon ausgingen, dass das klägerische Schreiben vom 23.03.2013 eine hinreichende Geltendmachung enthält, ist dies höchst fraglich. Denn in diesem Schreiben wird nicht konkret die Gewährung von Urlaub zu einem bestimmten Zeitpunkt im Jahr 2013 begehrt. Das gesamte Schreiben spricht noch nicht einmal das Urlaubsjahr 2013 an. Es ist offenbar nach dem Urteil des BAG aus dem Jahr 2012 noch im Jahr 2012 für das Jahr 2012 und das zurückliegende Jahr 2011 erstellt worden. Die von der Klägerin im formularmäßigen Schreiben gewählten zwei Ankreuzoptionen beschäftigen sich allein mit den Urlaubsjahren 2011 und 2012. Aus vorgenannten Gründen müsste eine hinreichende Geltendmachung für das Jahr 2013 bezüglich dieses Schreibens tendenziell verneint werden.

56

Die endgültige Entscheidung kann jedoch aus zweierlei Gründen dahinstehen. Zum einen besteht, wie nachfolgend unter 3. dargestellt wird, materiell-rechtlich ohnehin kein höherer Urlaubsanspruch. Zum weiteren war im vorliegenden Fall ein ausdrücklicher Urlaubsantrag entbehrlich, da die Beklagte mit Klageerwiderung vom 16.12.2013, der Klägerin zugegangen noch im selbigen Jahre, noch im laufenden Urlaubsjahr 2013 eindeutig und abschließend erklärt hatte, der Klägerin nicht mehr Urlaub gewähren zu wollen. Damit lag seitens der Beklagten eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung als mögliche Schuldnerin des Urlaubsanspruches vor. Dies machte gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB eine Mahnung der Klägerin entbehrlich.

3.

57

Der Klägerin steht kein höherer Urlaubsanspruch als 28 Urlaubstage pro Kalenderjahr für das Jahr 2013 zu.

58

Der unstreitig bestehende Anspruch von 28 Tagen ist bereits erfüllt worden. Insgesamt war daher die Klage in jedem Fall abzuweisen.

a)

59

Ein höherer Anspruch der Klägerin folgt offensichtlich nicht aus der gesetzlichen Regelung in § 3 Bundesurlaubsgesetz.

b)

60

Ein höherer Urlaubsanspruch folgt nicht aus § 22 Abs. 2 MTV D.. Da die Klägerin noch nicht das 50. Lebensjahr vollendet hatte, bestand nach dem Wortlaut des Tarifvertrages nur ein Anspruch auf 28 Urlaubstage.

c)

61

Die Klägerin hat auch keinen höheren Urlaubsanspruch gemäß §§ 1, 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 1 und Abs. 2 AGG in Verbindung mit § 22 Abs. 2 MTV D..

62

Die Urlaubsregelung im MTV D. ist nicht gemäß § 7 Abs. 2 AGG unwirksam und führt somit nicht bezüglich der Dauer des Urlaubs zu einer verlangten Anpassung nach oben.

63

Zwar liegt unstreitig eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, da die Klägerin nach dem MTV D. weniger Urlaub erhält, als Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet haben.

64

Diese Ungleichbehandlung ist jedoch gemäß § 10 Satz 1, Satz 2 und Satz 3 Nr. 1 AGG gerechtfertigt. Denn § 22 Abs. 2 MTV D. bezweckt den in § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG genannten Schutz älterer Beschäftigter und ist geeignet, erforderlich und angemessen im Sinne von § 10 Satz 2 AGG.

65

Nach § 10 Satz 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters dann zulässig, wenn sie objektiv angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Dabei müssen die Mittel zur Erreichung des Zieles nach § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein. § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG konkretisiert unter anderem das legitime Ziel der Sicherstellung des Schutzes älterer Beschäftigter.

66

Bei der Gesamtabwägung ist zu beachten, dass dem Arbeitgeber ein von den Gerichten zu respektierender Gestaltungs- und Ermessensspielraum zusteht, wenn er über das gesetzliche Mindestmaß hinaus freiwillig zusätzliche Leistungen, auch Urlaubsleistungen, gewähren will (vgl. BAG, Urteil vom 21.10.2014, 9 AZR 956/12). Diese Rechtsprechung ist unproblematisch auch auf die Gewährung von Mehrurlaub im Rahmen eines Tarifvertrages anwendbar. Auch ist zu beachten, dass in der Rechtsprechung des EUGH anerkannt ist, dass die Sozialpartner auf nationaler Ebene nicht nur bei der Entscheidung, welches konkrete Ziel von mehreren im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik sie verfolgen wollen, sondern auch bei der Festlegung der Maßnahmen zu seiner Erreichung über einen weiten Gestaltungsspielraum verfügen (BAG, a. a. O.).

67

Gemessen an vorgenannten gesetzlichen Regelungen und grundsätzlichen Ansätzen ist die Regelung in § 22 Abs. 2 MTV D. nicht zu beanstanden.

68

Die tarifvertragliche Regelung gewährt Arbeitnehmern ab Vollendung des 50. Lebensjahres zwei weitere Urlaubstage. Sie bezweckt die Sicherstellung des Schutzes älterer Beschäftigter im Sinne von § 10 Abs. 3 Nr. 1 AGG.

69

In § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG ist nicht definiert, welcher Arbeitnehmer ein älterer Arbeitnehmer ist. Nicht ausreichend ist jedoch allein das höhere Alter. Aus diesem Grund war u. a. im Urteil des BAG vom 20.03.2012, 9 AZR 529/10, die Altersstaffelung beim Urlaub im TVöD als unwirksam angesehen worden. Vielmehr ist erforderlich, dass die begünstigten Arbeitnehmer auf Grund ihres Alters der Förderung bei der beruflichen Eingliederung oder des Schutzes innerhalb des Berufes bedürfen. Bereits in seinem Urteil vom 20. März 2012 zum Aktenzeichen 9 AZR 529/10 hatte es das BAG für „eher nachvollziehbar“ gehalten, dass bei über 50- oder über 60jährigen Beschäftigen ein altersbedingt gesteigertes Erholungsbedürfnis vorliege. In seiner Entscheidung vom 21.10.2014 zum Aktenzeichen 9 AZR 956/12 hatte das Bundesarbeitsgericht ein gesteigertes Erholungsbedürfnis für Arbeitnehmer bei einer Altersgrenze in dem dortigen Fall von 58 Jahren bestätigt.

70

Auch im nunmehr zur Entscheidung anstehenden Einzelfall ist davon auszugehen, dass unter Berücksichtigung eines gewissen Bewertungsspielraumes der Tarifvertragsparteien zulässigerweise eine Grenze von 50 Jahren als die Grenze festgelegt wurde, ab der Arbeitnehmer als sogenannte ältere Arbeitnehmer im Sinne des § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG eines besonderen Schutzes bedürfen.

71

Ausgangspunkt ist hierbei zunächst, dass es sich beim MTV D. um einen von der D. H. AG in Vertretung geschlossenen Haustarifvertrag für die Beklagte handelte. Anders als beim BAT oder TVöD, die für weiteste Bereiche des öffentlichen Dienstes galten, ist der MTV D. somit für die Beklagte als Klinik mit den dortigen speziellen Besonderheiten abgeschlossen worden.

72

Die Beklagte trug unstreitig vor, dass die Arbeitnehmer der Beklagten einer besonderen Belastung ausgesetzt sind. Sie verwies auf den typischerweise frühen Arbeitsbeginn mit bereits 16/17 Jahren (inklusive Lehre). Auch sind die Arbeitnehmer der Beklagten abweichend von der Allgemeinheit der Arbeitnehmer in besonderer Weise durch Wechselschicht, Nachtschicht und Arbeit an Feiertagen belastet. Die Beschäftigung der Arbeitnehmer der Beklagten erfolgt somit in erheblichem Maße unter Ausnutzung von Ausnahmeregelungen im Arbeitszeitgesetz. Abgesehen von vorgenannten Belastungen ist allgemein bekannt, dass insbesondere Krankenschwestern und Pfleger im Klinikbereich auch erheblichen körperlichen Belastungen ausgesetzt sind. Diese ergeben sich beim Umbetten und anderen Tätigkeiten am Patienten.

73

Weiterhin geht das Berufungsgericht wie das überwiegende Schrifttum und auch das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz in seinem Urteil vom 07.09.2012 zum Aktenzeichen 6 Sa 709/11 davon aus, dass ein Erfahrungssatz dahingehend besteht, dass mit zunehmendem Alter das Erholungsbedürfnis von Arbeitnehmern steigt (vgl. BAG, Urteil vom 21.10.2014, 9 AZR 956/12; Rz. 23 mit dortigen weiteren Literaturangaben). Dieser Erfahrungssatz wird auch bestätigt durch den Wirkungszusammenhang von erreichtem Lebensalter und höherer Krankheitsanfälligkeit. Auch alle bekannten privaten und öffentlichen Systeme der Kranken-, Renten- und Lebensversicherung beruhen auf dieser Erwartung (BAG, Urteil vom 21.10.2014, 9 AZR 956/12, Rz. 25). An vorgenannter Stelle führt das BAG ergänzend aus, dass diese Ergebnisse auch bestätigt werden durch den „Fortschrittsreport altersgerechte Arbeitswelt“, Ausgabe 3 des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Stand September 2013. Auch diese Studie zeigt ein Ansteigen der Anzahl der krankheitsbedingten Fehltage sowie eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes mit fortschreitendem Lebensalter. Insbesondere nimmt nach dieser Studie bei belastenden Berufen die Anzahl krankheitsbedingter Fehltage im Alter überproportional zu.

74

Gerade die Verbindung dieses Erfahrungssatzes in Verbindung mit der im konkreten Einzelfall der Beklagten erhöhten Belastung ihrer Arbeitnehmer führt dazu, dass ein gesteigertes Erholungsbedürfnis der älteren Arbeitnehmer der Beklagten anzuerkennen ist.

75

Soweit im Tarifvertrag nunmehr eine Altersgrenze von 50 Jahren festgeschrieben ist, ist dies nicht zu beanstanden. Eindeutige Grenzen sind gesetzlich nicht vorgegeben. Dies wäre auch insoweit problematisch, da die Grenze je nach Arbeitgeber und Tätigkeitsbereich desselben variieren kann. Insoweit verbleibt ein Bewertungsspielraum der Tarifvertragsparteien bzw. auch des Arbeitgebers, woraus sodann entsprechend ein eingeschränkter Prüfungsmaßstab der Arbeitsgerichte folgt. Mit dem Festsetzen einer Altersgrenze von 50 Jahren haben die Tarifvertragsparteien hier die Grenzen ihres Bewertungsspielraumes nicht überschritten. Bereits in seinem Urteil vom 20. März 2012, 9 AZR 529/10, hielt das BAG grundsätzlich eine Altersgrenze von 50 Jahren für zulässig. Auch verwies das BAG seinerzeit schon auf die Regelung in § 417 SGB III, welche ebenfalls auf eine Grenze von 50 Jahren abstellt. Mit der hier festgesetzten Grenze bei 50 Jahren umfasst der erhöhte Urlaubsanspruch gemessen an der Bandbreite des Erwerbslebens zwischen 17 Jahren und 67 Jahren auch nur das obere Drittel der Erwerbsjahre eines typischen Arbeitnehmers der Beklagten. Auch die Klägerin hat abgesehen vom allgemeinen Anzweifeln keine konkreten Anhaltspunkte für die Fehlerhaftigkeit der Grenze von 50 Lebensjahren hervorgetragen.

76

Im Weiteren ist davon auszugehen, dass die Gewährung von zwei weiteren Urlaubstagen auch dem legitimen Zweck des Schutzes älterer Arbeitnehmer dient. Andere Anhaltspunkte sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist es entgegen der Ansicht der Klägerseite jedoch nicht erforderlich, dass dieser Zweck ausdrücklich im Tarifvertrag festgehalten sein muss. Es ist ausreichend, wenn sich Anhaltspunkte für das Vorliegen dieses Zieles aus der Regelung ergeben (BAG, Urteil vom 21.10.2014, 9 AZR 956/12, Rz. 30). Dabei führt das Bundesarbeitsgericht im vorgenannten Urteil unter Randziffer 31 zu Recht weiter aus, dass bei einer Staffelung der Urlaubsdauer nach Lebensalter die Annahme nahe liegt, die Tarifvertragsparteien hätten einem mit zunehmendem Alter gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung tragen wollen. Davon ist auch im hiesigen Fall auszugehen. Anders als bei der früheren Regelung im TVöD gibt es auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass mit der Wahl der Altersstufen nicht einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung getragen werden sollte.

77

Die Regelung der Gewährung von zwei weiteren Tagen ist auch geeignet, den in § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG beschriebenen Zweck zu fördern. Es ist nachvollziehbar, dass die Gewährung von Mehrurlaub dem gesteigerten Erholungsbedarf älterer Arbeitnehmer dient. Die Tarifvertragsparteien haben dieses im Rahmen ihres Bewertungsspielraumes ausgewählt. Die Klägerin hat die Geeignetheit auch nicht in Zweifel gezogen. Für das Berufungsgericht gibt es keine Anhaltspunkte dafür, von einer Nichteignung auszugehen. Die Regelung ist auch erforderlich und angemessen im Sinne des § 10 Satz 2 AGG. Mildere Mittel, die in gleicher Weise den Schutz älterer Arbeitnehmer verwirklichen könnten, sind nicht ersichtlich (vgl. BAG, Urteil vom 21.10.2014, 9 AZR 956/12). Die Klägerin macht auch hinsichtlich dieser Tatbestandsmerkmale keine Unwirksamkeit geltend. Auch das Berufungsgericht sieht die Regelung von zwei Mehrtagen Urlaub ab Vollendung des 50. Lebensjahres unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit und Angemessenheit als nicht zu beanstanden an. Zwar sind theoretisch andere Maßnahmen denkbar. Dies könnte die Wahl eines niedrigeren Lebensalters bei Gewährung nur eines Tages Mehrurlaub sein. Allerdings ist hier auch wiederum den Tarifvertragsparteien ein Bewertungsspielraum zuzugestehen, der durch die Wahl von zwei Tagen ab Vollendung des 50. Lebensjahres nicht überschritten wurde.

78

Im Ergebnis ist die Regelung in § 22 Abs. 2 MTV D. nicht zu beanstanden. Der Klägerin stehen daher hieraus auch in Verbindung mit den Regelungen des AGG nur 28 Urlaubstage pro Jahr zu.

d)

79

Die Klägerin hat schließlich auch keinen Anspruch auf erhöhten Urlaub aus der Protokollnotiz zu § 22 Ziffer 2 MTV D..

80

Zwischen den Parteien ist strittig, wie diese Protokollnotiz zu verstehen ist und ob sie zu einem Anspruch der Klägerin führt.

81

Die streitige Protokollnotiz bedarf der Auslegung, da sie entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts Schwerin allein aus ihrem Wortlaut heraus nicht eindeutig formuliert ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgt die Auslegung eines Tarifvertrages den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an einer Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAG, Urteil vom 22.04.2010, 6 AZR 962/08).

82

Bei unmittelbarer Wortlautauslegung ergibt sich, dass dies nicht zu einem eindeutigen Ergebnis führt. Die Protokollnotiz spricht im Ausgangspunkt von Arbeitnehmern, die vor Inkrafttreten des Tarifvertrages einen höheren Urlaubsanspruch haben. Bereits an dieser Stelle ist schon fraglich, was mit dieser Formulierung und dem Begriff weiteren Begriff „Besitzstand“ gemeint war. Denkbar ist der von den Tarifvertragsparteien seinerzeit als richtig angesehene Urlaubsanspruch, so wie er sich direkt aus einem Tarifvertrag ablesen ließ, wobei die Tarifvertragsparteien des MTV D. nicht die Tarifvertragsparteien des Tarifvertrages sind, aus welchem die Klägerin den höheren Urlaubsanspruch ziehen möchte. Denkbar ist aber auch die Annahme eines Anspruches wie er sich unter Berücksichtigung des AGG erst später, gegebenenfalls auch Jahre später, darstellt. Denkbar ist letztlich auch ein Urlaubsanspruch, von dem die Arbeitsvertragsparteien in Auslegung eines bestehenden Haustarifvertrages oder aber sonstiger Regelungen praktisch jahrelang ausgegangen sind. Nicht ganz eindeutig ist es auch, wenn die Parteien in der Protokollnotiz auf den Urlaubsanspruch am 31. Dezember 2006 für den einzelnen Arbeitnehmer abstellen. Allein vom puren Wortlaut her ist es denkbar, dass viele Arbeitnehmer, vielleicht sogar die meisten Arbeitnehmer, genau am 31. Dezember 2006 gar keinen Urlaubsanspruch mehr hatten, da ihr Jahresurlaub bereits verbraucht war. Auch hieraus wird deutlich, dass die Protokollnotiz nicht klar und eindeutig formuliert ist.

83

Es ist somit der Sinn und Zweck der Regelung zu hinterfragen. Dies führt hier zu einem klaren Ergebnis.

84

Dabei ist zunächst die geschichtliche Entwicklung des MTV D. mit zu berücksichtigen. Von Bedeutung war hierbei, dass der MTV D. vom 02.03.2010 auf Grund einer Vertretungsproblematik während eines früheren Vertragsschlusses im Jahr 2006 textidentisch mit dem Tarifvertrag vom 12. Dezember 2006 ist. Dieser Tarifvertragstext ist somit bereits am 12. Dezember 2006 schon einmal unterzeichnet worden. Ausgehend von den üblichen Abläufen der Verhandlung eines Tarifvertrages, der abschließenden Endverhandlung eines Tarifvertrages, der internen Abstimmung/Bestätigung des endverhandelten Tarifvertragstextes bei jedem Tarifvertragspartner und schließlich der Wahl des Datums der Unterzeichnung des Tarifvertrages, ist davon auszugehen, dass der Tarifvertrag mit diesem Text schon u.U. vor dem 12.12.2006 verhandelt wurde. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass das AGG erst am 18.08.2006 in Kraft getreten war. Dies bedeutet, dass bei Verhandlung des Tarifvertrages das Urteil des BAG vom 20.03.2012 zur Feststellung der Unwirksamkeit der Urlaubsstaffelung nach Lebensalter im TVöD noch nicht vorhanden war. Auch die dazu erstinstanzliche Entscheidung des Arbeitsgerichts Eberswalde trägt ein Aktenzeichen aus dem Jahr 2009. Auch die Entscheidung des BAG vom 08.12.2011 zum Aktenzeichen 6 AZR 319/09 bezüglich der Altersdiskriminierung bei Überleitung in den TVöD war hier noch nicht bekannt. Selbiges gilt auch für das erstinstanzliche Verfahren beim Arbeitsgericht Bonn, welches ein Aktenzeichen aus dem Jahr 2007 trägt. Auch das Urteil des BAG vom 10.11.2011 zum Aktenzeichen 6 AZR 148/09 bezüglich der Diskriminierung bei der Vergütung nach dem Lebensalter im BAT war hier noch unbekannt. Dies gilt auch für das erstinstanzliche Verfahren beim Arbeitsgericht Berlin, welches ein Aktenzeichen aus dem Jahr 2007 aufzuweisen hat. Es sind somit keinerlei Anzeichen dafür erkennbar, dass die Tarifvertragsparteien bei der Verhandlung des MTV D. im Jahr 2006 bereits von einer bekannten oder aber möglichen Unwirksamkeit der Altersstaffelung im TVöD ausgegangen sind. Es ist somit nicht davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien damit rechneten, dass höhere Urlaubsansprüche nach § 7 Abs. 2 AGG in Verbindung mit dem TVöD entstehen könnten bzw. wahrscheinlich waren.

85

Deshalb ist zu hinterfragen, ob die tarifliche Regelung in der Protokollnotiz zu § 22 Ziffer 2 MTV D. noch anderweitig einen vernünftigen Sinn hat. Dies ist zu bejahen. Der Tarifvertrag sollte den Arbeitnehmern einen höheren Urlaubsanspruch bewahren, die vor dem Inkrafttreten des nach § 164 BGB unwirksamen ersten Tarifvertrages zum 01.01.2007 einen höheren Anspruch hatten. Hierbei hatte man auch schon konkrete Überlegungen im Hinterkopf. Dies können Urlaubsansprüche aus einem früheren MTV D. sein (für Töchter der D. H. AG, die schon länger eingegliedert waren). Möglich sind auch höhere Urlaubsansprüche auf Grund individualvertraglicher Vereinbarung sowie auf Grund betrieblicher Übung, die man teils klarstellender Weise nicht angreifen wollte. Auch und vor allem sind höhere Ansprüche aus dem TVöD denkbar. Denn der TVöD sah seinerzeit ab gewissen Altersgrenzen Urlaubsansprüche im Umfang von 29 wie auch 30 Urlaubstagen vor. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die D. H. AG seinerzeit mehrere kommunale Kliniken unter Zuhilfenahme der Gründung von Tochterunternehmen übernommen hatte. So ist aus § 36 Ziffer 4 des MTV D. entnehmbar, dass der bisher geltende Entgelttarifvertrag vom 15. November 2005 keine Anwendung auf verschiedene neu in den Haustarifvertrag zu integrierende Häuser finden sollte. Dies betraf auch die Beklagte, die von der Stadt C-Stadt übernommen worden war. Insbesondere bei der heutigen Beklagten bestand somit die Situation, dass gemäß § 613 a BGB Arbeitnehmer übernommen worden waren, die bis zur Übernahme auf Grund kommunaler Trägerschaft der Klinik einen Urlaubsanspruch nach dem TVöD hatten, welcher sich auch im Bereich von 29 Tagen oder aber 30 Tagen bewegen konnte. Hier sollte den Arbeitnehmern offenbar dieser erhöhte Urlaubsanspruch erhalten bleiben, ohne dass die neue und für den Arbeitnehmer schlechtere Regelung von nur 28 Urlaubstagen gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB verschlechternd auf das Arbeitsverhältnis dieser Arbeitnehmer einwirken sollte. Der Protokollnotiz kommt somit ein eindeutiger und nachvollziehbarer Sinn und Zweck zu. Berücksichtigt man dann gleichzeitig, dass bei Verhandlung des Ursprungstextes dieses Tarifvertrages im Jahr 2006 des AGG gerade in Kraft getreten war und Rechtsstreitigkeiten zu einer Altersdiskriminierung bei der Urlaubsgewährung noch nicht vorhanden waren, erschließt sich, dass die Protokollnotiz allein den oben beschriebenen Zweck haben sollte, jedoch nicht einen Anspruch auf Grund der Regelungen des AGG mit umfassen sollte. Es ist nachvollziehbar, dass die Tarifvertragsparteien im Fall des Haustarifvertrages für die Beklagte allein den tariflichen Urlaubsanspruch für die Arbeitnehmer so sichern wollten, wie er zum Zeitpunkt der Verhandlungen im Jahr 2006 bekannt war. Das war der Urlaubsanspruch, wie er eindeutig aus dem Wortlaut des TVöD ablesbar war und seinerzeit auch bei der Beklagten, ihrer Rechtsvorgängerin und sonstigen öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern gelebt wurde.

86

Es gibt keine Anhaltspunkte für eine darüber hinausgehende Regelung bzw. einen darüber hinausgehenden Regelungswillen der Tarifvertragsparteien. Denn nach den Darstellungen im Absatz zuvor, haben die Tarifvertragsparteien des MTV D. in ihrem Haustarifvertrag einen Urlaubsanspruch in der Höhe festgelegt, wie ihn teils andere Tarifvertragsparteien in einem anderen Tarif (TVöD) ausdrücklich festgelegt haben. Tarifvertragsparteien wollten somit Ansprüche festschreiben, wie ihn ebenfalls Tarifvertragsparteien zuvor gewährt hatten. Nach dem klägerischen Verständnis hätten die Tarifvertragesparteien im Ergebnis aber auch Ansprüche festgelegt bzw. festgeschrieben, wie sie aus dem AGG als Gesetz folgen. Dann wäre mit Blick auf die im Arbeitsrecht bekannte Normenpyramide jedoch fraglich, ob die Tarifvertragsparteien tatsächlich über andere tarifliche (somit gleichartige) Regelungen hinaus, den Urlaub abstrakt auch mit Blick auf hierarchisch über dem Tarifvertrag liegende Bestimmungen (Gesetze) regeln wollten. Dies wäre so weitreichend und ungewöhnlich, dass hierfür besondere Anhaltspunkte erkennbar sein müssten. Auch von der Regelungstechnik her wäre die Protokollnotiz von außergewöhnlicher Natur. Eine Protokollnotiz enthält schon nach ihrem Wortlaut Ergänzungen und Erläuterungen und Klarstellungen zur eigentlichen tariflichen Regelung. Hier soll die Protokollnotiz nach dem klägerischen Verständnis jedoch mehr zuerkennen, als der Tarifvertrag und frühere Tarifverträge selbst; ein Anspruch aus dem AGG, einem Gesetz, soll nach klägerischen Verständnis dauerhaft festgeschrieben werden.

87

Auch ein weiterer Grund spricht dafür, dass die Besitzstandsregelung in der Protokollnotiz nicht zu einem höheren Anspruch führt. Dieses Argument setzt am Wortverständnis des Begriffes „Besitzstand“ an. Der Besitzstand wird gemeinhin als etwas verstanden, was man bereits besitzt, was man erreicht hat, was einem zusteht und einem eigentlich nicht mehr genommen werden kann. Auch der Duden beschreibt den Besitzstand als „Stand dessen, was jemand, besonders ein Lohnabhängiger, im Hinblick auf die Höhe des Gehalts, der sozialen Leistungen o. ä. erreicht hat“. Die Klägerin hatte jedoch keinen Besitzstand von 30 Urlaubstagen. Der Klägerin ist in diesem Zusammenhang zuzugeben, dass das Urteil des BAG vom 20.03.2012 zum Aktenzeichen 9 AZR 529/10 unproblematisch auch auf ihr Arbeitsverhältnis und auch auf die Zeiträume zu übertragen ist, in welchem auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin der TVöD anwendbar war. Dies bedeutet, dass der TVöD, auch schon im Jahr 2006 mit seiner Altersstaffelung bezüglich der Urlaubsregelung unzulässig altersdiskriminierend war. Hätte die Klägerin daher seinerzeit im Jahr 2006 bereits eine Altersdiskriminierung hinsichtlich der Urlaubsregelung geltend gemacht, hätte festgestellt werden müssen, dass auf Grund einer vorliegenden unzulässigen Altersdiskriminierung eine Anpassung nach oben hätte stattfinden müssen. Die Klägerin hätte in der Summe tatsächlich im Jahr 2006 30 Urlaubstage erhalten. Unproblematisch ist bei den nachfolgenden Betrachtungen, dass die Klägerin dies seinerzeit nicht geltend gemacht hatte. Denn die rechtzeitige Geltendmachung des Urlaubsanspruches hat jeweils nur Einfluss auf den Urlaubsanspruch für das jeweilige Kalenderjahr. Auf das grundsätzlich bestehende und fortwährende Stammrecht einer grundsätzlichen Urlaubshöhe ist eine rechtzeitige Geltendmachung ohne Einfluss. Wenn somit für der Klägerin festgestellt werden kann, dass ihr im Jahr 2006 auf Grund der altersdiskriminierenden Wirkung des TVöD und einer Anpassung nach oben 30 Tage Urlaub zustanden, so handelt es sich bei diesen 30 Tagen Urlaub doch nicht um einen sogenannten Besitzstand. Zwar hatte die Klägerin im Jahr 2006 einen Anspruch auf 30 Tage Urlaub in der Summe.

88

Jedoch war dies kein dauerhafter Anspruch, den sie bereits erreicht hatte und den sie fortwährend in den Folgejahren hätte verlangen können. Bei den 30 Tagen Urlaub im Jahr 2006 handelte es sich vielmehr um eine vorübergehende, zeitlich punktuelle Anspruchslage. Diese nur zeitlich punktuelle Anspruchslage im Kalenderjahr 2006 ergab sich als Folge der unzulässig altersdiskriminierenden Wirkung der Urlaubsregelung im TVöD in Zusammenwirken mit dem AGG. Die Rechtsfolge einer unzulässigen Altersdiskriminierung ist nach § 7 Abs. 2 AGG nur die Unwirksamkeit der diskriminierenden Bestimmung. Danach wäre die Regelung in § 26 TVöD, wonach die Klägerin nur 26 Urlaubstage pro Jahr erhalten sollte, unwirksam. Diese durch § 7 Abs. 2 AGG angeordnete Unwirksamkeit der Regelung von 26 Urlaubstagen würde für die Klägerin aber dazu führen, dass die Klägerin auf den gesetzlichen Mindesturlaub gemäß § 3 Bundesurlaubsgesetz zurückfiele. Insoweit ist § 7 Abs. 2 AGG in diesem Fall nicht zur Beseitigung der Diskriminierung geeignet (vgl. BAG, 20.03.2012, 9 AZR 529/10, Rz. 28, 29). Das BAG stellt im vorgenannten Urteil unter Randziffer 30 auch fest, dass den begünstigten Arbeitnehmern, also denjenigen, die bereits 30 Tage erhielten, diese Tage nicht wieder nachträglich genommen werden könnten. Nach der Rechtsprechung des EUGH sind aber die nationalen Gerichte gehalten, eine Diskriminierung auf jede denkbare Weise und insbesondere dadurch auszuschließen, dass sie die Regelung für die nicht benachteiligte Gruppe auch auf die benachteiligte Gruppe anwenden. Im Ergebnis konnte die altersdiskriminierende Wirkung der Urlaubsregelung in § 26 TVöD allein dadurch beseitigt werden, dass bei den diskriminierten Arbeitnehmern eine Anpassung nach oben erfolgt.

89

Bei dieser Anpassung nach oben vollziehen die Gerichte mit Blick auf die Rechtsfolge somit keine unmittelbare gesetzliche Anordnung. Sie beseitigen nur sofort eine Diskriminierung, weil dies anderweitig nicht unmittelbar möglich ist. Insbesondere schließt das BAG im vorgenannten Urteil auch eine Aussetzung des Verfahrens zur Anpassung durch die Tarifvertragspartner aus. Bei dieser Anpassung nach oben handelt es sich deshalb nicht um die Begründung eines dauerhaften Rechtes des ehemals diskriminierten Arbeitnehmers auf dauerhafte Leistung entsprechend dieser Anpassung. Diese Anpassung nach oben ist vielmehr nur eine Handlungsmöglichkeit der Gerichte zur Beseitigung einer bereits stattgefundenen oder gerade stattfindenden Diskriminierung. Die über den Wortlaut des § 7 Abs. 2 AGG hinausgehende Anpassung nach oben ist daher von der Wirkung einem Ausgleichsanspruch oder aber einem Schadensersatzanspruch vergleichbar. Dabei hat eine Anpassung nach oben durch die Gerichte aber auch nur dann und auch nur so lange zu erfolgen, wie eine Diskriminierung vorliegt. Denn die Anpassung nach oben ist nur die kausale Folge, welche durch einen Diskriminierungsakt ausgelöst wurde. Wird der Arbeitnehmer in der Zukunft nicht mehr durch den Arbeitgeber diskriminiert, so wird es auch in der Zukunft keinen Diskriminierungsausgleich in der Form der Anpassung nach oben geben können. Dabei ist auch zu beachten, dass es grundsätzlich die Aufgabe der Tarifvertragsparteien ist, eine benachteiligungsfreie Regelung zu treffen, wofür ihnen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung stehen (BAG, Urteil vom 20.03.2012, 9 AZR 529/10, Rz. 28). Mit der Anpassung nach oben schaffen die Gerichte somit keine zukunftsgerichtete dauerhaft wirksame Regelung, die zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Anwendung finden würde. Eine solche zukunftsgerichtete Regelung stünde den Arbeitsgerichten angesichts der grundgesetzlich garantierten Vertragsfreiheit der Tarifvertragsparteien und Arbeitsvertragsparteien auch nicht zu. Dies macht deutlich, dass eine Anpassung nach oben immer nur eine einmalige Folge auf eine stattgefundene bzw. gerade stattfindende Diskriminierung ist.

90

Dann kann eine vorgenommene Anpassung nach oben, von der man für das Jahr 2006 ausgehen könnte, jedoch nicht dazu führen, dass dies als Besitzstand angesehen werden müsste. Der gerichtlich angeordnete Ausgleich für eine stattgefundene Diskriminierung ist schon nach dem Wortsinn kein durch den Arbeitnehmer erreichter Besitzstand. Der Arbeitnehmer kann sich nicht dauerhaft darauf berufen, weiterhin Jahr für Jahr einen Ausgleich im Sinne einer Anpassung nach oben zu erhalten. Denn die Klägerin hatte im Jahr 2006 keinen Anspruch auf originäre 30 Urlaubstage. Sie hatte nur einen Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub im Umfang von 20 Urlaubstagen zuzüglich eines Ausgleichsanspruches von zehn Urlaubstagen im Rahmen einer Anpassung nach oben auf 30 Urlaubstage. Diese Anpassung nach oben im Umfang von zehn Urlaubstagen steht ihr jedoch nur zu, wenn sie diskriminiert wird. Wollte man diesen Ausgleich als Besitzstand ansehen so müsste die Klägerin auch einen Besitzstand und damit Anspruch dahingehend zu haben, in Zukunft auch weiterhin dauerhaft diskriminiert zu werden. Denn nur eine Diskriminierung löst den Ausgleichsanspruch aus.

91

Auch in seinem Urteil vom 08.12.2011, 6 AZR 319/09, bezüglich einer Altersdiskriminierung bei der Überleitung in den TVöD führte das BAG unter Randziffer 23 aus, dass die lebensaltersbezogene Grundvergütung im BAT altersdiskriminierend war. Dies war durch eine Anpassung nach oben auszugleichen. Allerdings führte das BAG weiterhin zu Recht aus, dass diese Pflicht zur Anpassung nach oben mit der Ablösung eines altersdiskriminierenden Vergütungssystems durch ein diskriminierungsfreies Vergütungssystem endet. Auch dies macht deutlich, dass ebenfalls das Bundesarbeitsgericht davon ausgeht, dass eine Anpassung nach oben immer davon abhängig ist, dass aktuell noch eine Diskriminierung stattfindet. Ein dauerhafter Besitzstand wird hierdurch nicht erreicht.

92

Im Übrigen hatte das Bundesarbeitsgericht im selbigen Urteil unter Randziffer 24 ausgeführt, dass eine vorübergehende Vergütung aus der höchsten Lebensaltersstufe der jeweiligen Vergütungsgruppe des BAT ausschließlich zur Beseitigung der Diskriminierung innerhalb des diskriminierenden Systems zu erfolgen hat. Allerdings müsse eine Vergütung aus der höchsten Lebensaltersstufe der jeweiligen Vergütungsgruppe des BAT nicht als Anknüpfungspunkt für die endgültige Eingliederung in das diskriminierungsfreie Entgeltsystem des TVöD dienen. Das BAG ging somit davon aus, dass zwar die diskriminierende Wirkung einer Regelung aktuell durch eine Anpassung nach oben ausgeglichen werden muss. Bei einer Überleitung in das diskriminierungsfreie Folgesystem jedoch als Anknüpfungspunkt an den diskriminierenden Besitzstand angeknüpft werden kann.

93

Aus der Gesamtschau vorgenannter Argumente folgt, dass der Begriff des Besitzstandes in der Protokollnotiz zu § 22 Abs. 2 MTV D. nicht den von der Klägerin einmalig im Jahr 2006 begehrbaren Ausgleich in Form einer Anpassung nach oben umfasst. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifvertragsparteien einen einmalig zu zahlenden Ausgleich zu einem Besitzstand erklären und damit eine einmalige Pflichtverletzung zur Grundlage künftig dauerhaft höherer Leistungen zu Gunsten des Arbeitnehmers machen wollten.

94

Im Ergebnis konnte die Klägerin daher auch aus der Protokollnotiz zu § 22 Satz 2 MTV D. keinen höheren Urlaubsanspruch ableiten.

e)

95

Hieraus folgt die Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils hinsichtlich des Urlaubsjahres 2013.

96

Die Klage war im Ergebnis somit auch hinsichtlich des Jahres 2013 und unter Berücksichtigung des rechtskräftig gewordenen Teiles des Urteils des Arbeitsgerichts Schwerin insgesamt abzuweisen.

II.

97

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

98

Die Revision war nicht zuzulassen.

99

Das Berufungsgericht weicht nicht von der Rechtsprechung des BAG ab. Außerdem kommt den Regelungen im MTV D. auf Grund der begrenzten Auswirkungen keine grundsätzliche Bedeutung zu, wobei dies insbesondere für die Protokollnotiz zu § 22 Satz 2 MTV D. gilt, da sich diese Protokollnotiz nur auf Arbeitnehmer auswirken könnte, die bereits am 31.12.2006 beschäftigt waren.

Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein. Derartige unterschiedliche Behandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:

1.
die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bedingungen für Entlohnung und Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Beschäftigten und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen,
2.
die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile,
3.
die Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung auf Grund der spezifischen Ausbildungsanforderungen eines bestimmten Arbeitsplatzes oder auf Grund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand,
4.
die Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten und die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen,
5.
eine Vereinbarung, die die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der oder die Beschäftigte eine Rente wegen Alters beantragen kann; § 41 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt,
6.
Differenzierungen von Leistungen in Sozialplänen im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, wenn die Parteien eine nach Alter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung geschaffen haben, in der die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berücksichtigt worden sind, oder Beschäftigte von den Leistungen des Sozialplans ausgeschlossen haben, die wirtschaftlich abgesichert sind, weil sie, gegebenenfalls nach Bezug von Arbeitslosengeld, rentenberechtigt sind.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 21. März 2011 - 2 Sa 1246/10 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe einer der Klägerin auf der Grundlage des Tarifvertrags über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr vom 18. Juli 2001 (TV UmBw) gezahlten persönlichen Zulage zur Einkommenssicherung.

2

Die 1964 geborene Klägerin ist seit dem 16. Mai 2001 bei der Beklagten beschäftigt. Arbeitsvertraglich war die Geltung des Manteltarifvertrags für Arbeiterinnen und Arbeiter des Bundes und der Länder (MTArb) vom 6. Dezember 1995 und der diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung vereinbart. Zum 1. Oktober 2005 wurde die Klägerin in den TVöD übergeleitet. Sie wurde wie zuvor nach dem Leistungslohnverfahren auf der Grundlage der Gedingerichtlinien vom 1. April 1964 vergütet.

3

Die Klägerin war seit ihrer Einstellung im damaligen Gerätehauptdepot K beschäftigt. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts wurde dieses Depot im Jahr 2007 zum Materiallager K umgegliedert. Der Klägerin wurden Aufgaben der Nachschubhelferin D/Gabelstaplerfahrerin C übertragen. Dadurch änderte sich ihre Tätigkeit „grundsätzlich“ nicht.

4

Am 13. Dezember 2007 stellte die Beklagte im Einvernehmen mit ver.di den Wegfall der Voraussetzungen für die Weiterführung des Leistungslohnverfahrens im Materiallager K fest. Die Umgliederung von einem Gerätehauptdepot zu einem Materiallager habe zu einem verminderten Arbeitsaufkommen geführt. Sie ordnete die Einstellung des Leistungslohnverfahrens mit Ablauf des 31. Dezember 2007 an. Gemäß Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung vom 3. Dezember 2007 (18-20-12/03) war dies eine Maßnahme iSd. § 1 Abs. 1 TV UmBw. Seit dem 1. Januar 2008 bezieht die Klägerin keinen Leistungslohn mehr. Sie erhält seitdem eine Lohnsicherung nach § 6 TV UmBw. Die persönliche Zulage betrug zunächst 265,44 Euro brutto.

5

Die maßgeblichen Bestimmungen des TV UmBw idF des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 4. Dezember 2007 lauten:

        

„§ 1   

        

Geltungsbereich

        

(1)     

Abschnitt I dieses Tarifvertrages gilt für die im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (nachfolgend Beschäftigte), die unter den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) fallen und deren Arbeitsplätze in der Zeit vom 1. Juni 2001 bis zum 31. Dezember 2010 durch Auflösung oder Verkleinerung von Dienststellen oder durch eine wesentliche Änderung des Aufbaus oder der Aufgaben einer Dienststelle einschließlich damit verbundener Umgliederung oder Verlegung auf Grund der Neuausrichtung der Bundeswehr wegfallen.

        

...     

        
                 

§ 6     

                 

Einkommenssicherung

        

(1)     

Verringert sich bei Beschäftigten auf Grund einer Maßnahme im Sinne des § 1 Abs. 1 bei demselben Arbeitgeber das Entgelt, wird eine persönliche Zulage in Höhe der Differenz zwischen ihrem Entgelt und dem Entgelt gewährt, das ihnen in ihrer bisherigen Tätigkeit zuletzt zugestanden hat. …

        

...     

                 
        

(3)     

1Die persönliche Zulage nimmt an allgemeinen Entgelterhöhungen teil. 2Ungeachtet von Satz 1 verringert sie sich nach Ablauf der sich aus § 34 Abs. 1 TVöD ohne Berücksichtigung des § 34 Abs. 2 TVöD ergebenden Kündigungsfrist bei jeder allgemeinen Entgelterhöhung bei Beschäftigten, die

                 

a)    

eine Beschäftigungszeit von 15 Jahren zurückgelegt und noch nicht das 55. Lebensjahr vollendet haben, um ein Drittel,

                 

b)    

noch keine Beschäftigungszeit von 15 Jahren zurückgelegt haben, um zwei Drittel

                 

des Erhöhungsbetrages. ... 4Die Verringerung unterbleibt in den Fällen, in denen die/der Beschäftigte

                 

a)    

das 55. Lebensjahr vollendet und eine Beschäftigungszeit von 15 Jahren zurückgelegt hat,

                 

b)    

eine Beschäftigungszeit von 25 Jahren zurückgelegt hat oder

                 

c)    

zum Zeitpunkt der Maßnahme nach § 1 Abs. 1 bereits auf Grund einer früheren Personalmaßnahme nach diesem Tarifvertrag,... eine Vergütungs-Lohn- und Entgeltsicherung erhalten hat.

        

...“   

6

Der TV UmBw ist durch Änderungstarifvertrag Nr. 3 vom 10. Dezember 2010 mit Wirkung zum 1. Januar 2011 geändert worden. Die Änderungen haben für den vorliegenden Rechtsstreit keine Bedeutung.

7

Aufgrund der Erhöhung des tariflichen Entgelts um 2,8 % zum 1. Januar 2009 kürzte die Beklagte zum 1. Januar 2009 die persönliche Zulage der Klägerin unter Anwendung der Regelung in § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. b TV UmBw um 37,14 Euro auf 235,73 Euro brutto monatlich. Mit ihrer am 8. April 2009 eingegangenen Klage begehrt die Klägerin - soweit für die Revision noch von Bedeutung - die Weiterzahlung einer ungekürzten persönlichen Zulage.

8

Die Klägerin hat angeführt, § 6 Abs. 3 TV UmBw enthalte eine unmittelbare und mittelbare Diskriminierung wegen des Alters. Diese Regelung sei eine reine Besitzstandswahrung zu Lasten jüngerer Beschäftigter. Dies diskriminiere jüngere Beschäftigte wie die Klägerin.

9

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Grundbetrag der persönlichen Zulage gemäß § 6 TV UmBw zuzüglich der jeweils allgemeinen Erhöhung ohne den in § 6 Abs. 3 TV UmBw vorgesehenen Abzug auszuzahlen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 148,56 Euro für die Monate Dezember 2008 bis März 2009 zu zahlen.

10

Die Beklagte hat geltend gemacht, der TV UmBw finde Anwendung. Ein Wegfall des Arbeitsplatzes iSd. § 1 TV UmBw liege bereits dann vor, wenn ein Wechsel in der Beschäftigung erfolge, der einen niedrigeren Lohn zur Folge habe, auch wenn die wesentliche Tätigkeit des Beschäftigten und der Arbeitsort unverändert bleibe. Die Regelung zur Einkommenssicherung in § 6 Abs. 3 TV UmBw sei nicht altersdiskriminierend. Nicht das Alter der Klägerin, sondern der Umstand, dass sie ihr Arbeitsverhältnis mit der Beklagten erst im Jahr 2001 begründet habe, führe zu ihrem Ausschluss aus dem von § 6 Abs. 3 TV UmBw besser geschützten Personenkreis. Die Ungleichbehandlung aufgrund der Betriebszugehörigkeit sei durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt. Insoweit hat die Beklagte ua. angeführt, die tarifliche Regelung solle die besondere Betriebstreue von langjährigen (15 Jahre) bzw. sehr langjährigen (25 Jahre) Beschäftigten honorieren. Auch falle es jüngeren Beschäftigten aufgrund ihrer höheren Leistungsfähigkeit leichter, im Rahmen der leistungsorientierten Bezahlung nach § 18 TVöD ein höheres Leistungsentgelt zu erreichen. § 6 Abs. 3 TV UmBw diene daher auch dem Ausgleich der altersbedingten Minderung der Leistungsfähigkeit. Schließlich könnten Beschäftigte, die das 55. Lebensjahr vollendet hätten und/oder eine entsprechende Beschäftigungszeit aufwiesen, Bestands- und Vertrauensschutz für sich in Anspruch nehmen.

11

Finde der TV UmBw keine Anwendung, gelte der Grundsatz des Normvollzuges. Dann stünde der Klägerin keine Einkommenssicherung aus § 6 TV UmBw zu. Vielmehr sei sie verpflichtet, bis zur Verfallgrenze die an sie dann zu Unrecht gezahlte Einkommenssicherung zurückzuzahlen.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision ist unbegründet. Die Anrechnungsregelungen in § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. b und Satz 4 Buchst. b TV UmBw verletzen das Verbot der Altersdiskriminierung nicht. Soweit die Regelung in § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a iVm. Satz 4 Buchst. a TV UmBw zu einer unmittelbaren Diskriminierung wegen des Alters von Beschäftigten führt, die jünger als 55 Jahre sind und eine Betriebszugehörigkeit von mindestens 15, aber weniger als 25 Jahren aufweisen, ist die Klägerin von dieser diskriminierenden Regelung nicht betroffen. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

14

I. Der Feststellungsantrag zu 1. ist dahin auszulegen, dass die Klägerin Feststellung erst für die Zeit ab dem 1. April 2009 begehrt, dh. für den Zeitraum, der von dem Leistungsantrag zu 2. nicht mehr umfasst ist.

15

II. Es kann dahinstehen, ob der TV UmBw unmittelbar Anwendung findet oder von der Beklagten lediglich übertariflich angewandt worden ist. Das Landesarbeitsgericht hat nicht geprüft, ob ein Anwendungsfall des TV UmBw vorliegt. Es ist allerdings stillschweigend von der unmittelbaren Anwendbarkeit des TV UmBw ausgegangen. Auf die (unmittelbare) Anwendbarkeit des TV UmBw kommt es jedoch nicht an (zu den Voraussetzungen des Wegfalls eines Arbeitsplatzes iSd. § 1 Abs. 1 TV UmBw BAG 27. Oktober 2005 - 6 AZR 116/05 - und 24. Juli 2004 - 6 AZR 298/03 -). Die Beklagte hat jedenfalls durch den Erlass vom 3. Dezember 2007 die durch diese Maßnahme betroffenen 19 Beschäftigten einheitlich nach den Maßstäben des TV UmBw behandelt. Dies eröffnet ebenso wie eine unmittelbare Geltung des TV UmBw eine Überprüfung darauf, ob die tarifliche Anrechnungsregelung in § 6 Abs. 3 Satz 2 und Satz 4 TV UmBw zu einer Altersdiskriminierung führt. Darum kann dahinstehen, ob die Feststellung im Tatbestand des Berufungsurteils, die Arbeitstätigkeit der Klägerin habe sich durch die Umgliederung „grundsätzlich“ nicht geändert, die die Beklagte weder mit Gegenrügen noch mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag angegriffen hat, zu einer Bindung des Senats gemäß § 559 Abs. 2 ZPO führt.

16

1. Der Prüfungsmaßstab, nach dem zu ermitteln ist, ob § 6 Abs. 3 TV UmBw altersdiskriminierend ist, hängt nicht davon ab, ob der TV UmBw auf die Einstellung des Leistungslohns im Materiallager K unmittelbar zur Anwendung gelangt oder von der Beklagten, sei es bewusst, sei es unbewusst, lediglich übertariflich auf diese Maßnahme angewandt wird.

17

a) Ist der TV UmBw unmittelbar anwendbar, ist die tarifliche Norm am Maßstab des Art. 3 GG sowie des AGG zu messen(zu Letzterem vgl. BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 13, AP BAT § 27 Nr. 12 = EzA EG- Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 25; vgl. zur Bindung der Tarifvertragsparteien an das Verbot der Altersdiskriminierung EuGH 8. September 2011 - C-297/10 - [Hennigs] Rn. 62 - 68, AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 22 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 21).

18

b) Hat die Beklagte den TV UmBw bewusst übertariflich angewandt, hat sie das von ihr und ver.di ausgehandelte Regelwerk für den durch den Erlass vom 3. Dezember 2007 erfassten Personenkreis zu ihrem eigenen, selbst gesetzten Ordnungsgefüge gemacht und muss dieses am Maßstab des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes messen lassen. Dieser wird ungeachtet seiner umstrittenen dogmatischen Herleitung inhaltlich durch den Gleichheitssatz bestimmt. Er verbietet damit die sachlich ungerechtfertigte Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage sowie die sachfremde Gruppenbildung (vgl. BAG 17. Dezember 2009 - 6 AZR 242/09 - Rn. 29, AP BGB § 620 Aufhebungsvertrag Nr. 41 = EzA BGB 2002 § 623 Nr. 10; 17. November 1998 - 1 AZR 147/98 - zu III 1 b bb der Gründe, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 162 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 79). Auch Art. 3 Abs. 1 GG untersagt ungerechtfertigte Ungleichbehandlungen wegen des Alters(vgl. BVerfG 20. März 2001 - 1 BvR 491/96 - zu C II der Gründe, BVerfGE 103, 172; vgl. auch Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 1 Rn. 151). Auch mittelbare Diskriminierungen werden dabei von Art. 3 Abs. 1 GG und deshalb auch durch den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verboten. Eine solche Berücksichtigung der mittelbaren Diskriminierung im Rahmen des Gleichbehandlungsgebots entspricht der Rechtsentwicklung im Europarecht (vgl. für Art. 3 Abs. 2 GG BVerfG 14. April 2010 - 1 BvL 8/08 - Rn. 65, BVerfGE 126, 29; für Art. 3 Abs. 3 GG BVerfG 18. Juni 2008 - 2 BvL 6/07 - Rn. 48 f., BVerfGE 121, 241; 28. September 1992 - 1 BvR 496/87 - zu II 2 b aa der Gründe, AP EWG-Vertrag Art. 119 Nr. 32 unter Übertragung der Ausführungen BVerfG 24. Juni 1958 - 2 BvF 1/57 - zu B III 2 der Gründe, BVerfGE 8, 51 zum Gleichheitssatz bei der Parteienfinanzierung auf die mittelbare Geschlechtsdiskriminierung; vgl. dazu auch Hanau/Preis ZfA 1988, 177, 185).

19

c) Auch wenn die Beklagte den TV UmBw unbewusst übertariflich auf einen tatsächlich nicht von ihm erfassten Fall angewandt hätte, müsste sie ihre Handhabung am AGG messen lassen. Zwar macht sie im Ausgangspunkt rechtlich zutreffend geltend, dass bei vermeintlichem Normvollzug der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz nicht eingreift (vgl. BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 596/09 - Rn. 23, NZA 2011, 1426; 16. Juni 2010 - 4 AZR 928/08 - Rn. 56, NZA-RR 2011, 45). Dies führt jedoch nicht dazu, wie die Beklagte anzunehmen scheint, dass bei vermeintlichem Normvollzug die Gerichte eine altersdiskriminierende Handhabung des Arbeitgebers nicht unterbinden könnten. Auch in diesem Fall wären unmittelbare oder mittelbare Diskriminierungen wegen des Alters bei den Entgeltbedingungen unwirksam, §§ 1, 2 Abs. 1 Nr. 2, § 6 Abs. 2, § 7 Abs. 2 AGG. Es stellte sich lediglich die Frage, ob in einem solchen Fall der unbewusst übertariflichen Anwendung eines Tarifvertrags die Unwirksamkeit der Norm die von der Klägerin angenommene Rechtsfolge einer uneingeschränkt dynamisierten Einkommenssicherung hätte oder ob dann gar keine Einkommenssicherung erfolgte, wie die Beklagte annimmt. Diese Frage kann der Senat offenlassen, weil die tarifliche Regelung in § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. b TV UmBw, die allein für die Klägerin Wirkung entfaltet, nicht altersdiskriminierend und damit wirksam ist.

20

2. Die Anträge der Klägerin erfassen auch eine etwaige (bewusste oder unbewusste) übertarifliche Anwendung des TV UmBw. Das gilt auch für die Feststellungsklage, die bei der gebotenen Auslegung nicht nur auf die Feststellung eines anrechnungsfesten Anspruchs nach § 6 TV UmBw selbst zielt. Deshalb kann auch unter diesem Gesichtspunkt dahinstehen, ob der TV UmBw unmittelbar oder nur aufgrund übertariflicher Anwendung durch die Beklagte Anwendung findet.

21

a) Die Klägerin nimmt im Feststellungsantrag zwar § 6 TV UmBw ausdrücklich in Bezug. Sie macht jedoch geltend, die von der Beklagten auf sie angewandte Anrechnungsregelung sei altersdiskriminierend. Ausgehend von diesem Rechtsstandpunkt will die Klägerin festgestellt wissen, dass auf sie die Anrechnungsregelung des § 6 Abs. 3 TV UmBw unabhängig von der Rechtsgrundlage, auf der diese Anwendung beruht, nicht anzuwenden ist.

22

b) Diese Auslegung steht im Einklang mit § 308 ZPO. Dadurch ändert sich der Streitgegenstand nicht.

23

aa) Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht angenommen, es lägen zwei Streitgegenstände vor, wenn eine Eingruppierungsklage zum einen auf die Erfüllung der tariflichen Voraussetzungen und zum anderen auf eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes durch den Arbeitgeber gestützt wird (BAG 15. März 2006 - 4 AZR 73/05 - Rn. 18, AP ZPO § 551 Nr. 63 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 2; 17. April 2002 - 5 AZR 400/00 - zu I 1 der Gründe, AP ZPO § 322 Nr. 34 = EzBAT BAT §§ 22, 23 M. Lehrer Nr. 100). Dem hat sich der Senat angeschlossen und ausgeführt, es handele sich um zwei selbstständige Streitgegenstände, wenn der Anspruch auf eine Zulage zum einen auf §§ 6, 7 TV UmBw und zum anderen auf eine einzelvertragliche Zusage gestützt werde. Die zusammentreffenden Ansprüche seien erkennbar unterschiedlich ausgestaltet und erforderten unterschiedlichen Tatsachenvortrag zum jeweiligen Lebenssachverhalt (BAG 23. November 2006 - 6 AZR 317/06 - Rn. 15, BAGE 120, 239).

24

bb) Von diesen Fällen unterscheidet sich die vorliegende Konstellation jedoch. Die Klägerin hält bereits die tarifliche Regelung für altersdiskriminierend und will die im TV UmBw vorgesehene Anrechnung von Tariflohnerhöhungen auf die persönliche Zulage auf sich nicht zur Anwendung kommen lassen. Ob sich dies aus einer Unwirksamkeit der Tarifnorm selbst oder aus einer diskriminierenden übertariflichen Anwendungspraxis der Beklagten ergibt, spielt für dieses Begehren keine Rolle und erfordert keinen unterschiedlichen Tatsachenvortrag. Es liegt lediglich eine Anspruchskonkurrenz vor.

25

III. Die Anrechnungsregelung in § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a iVm. Satz 4 Buchst. a TV UmBw führt wohl zu einer unmittelbaren Diskriminierung jüngerer Beschäftigter, soweit sie Beschäftigte mit einer Betriebszugehörigkeit von mindestens 15, aber weniger als 25 Jahren wegen der Vollendung des 55. Lebensjahres begünstigt. Zu diesem Personenkreis gehört die Klägerin jedoch nicht. Hinsichtlich der Differenzierung nach der Betriebszugehörigkeit in § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. b und Satz 4 Buchst. b TV UmBw, von der die Klägerin erfasst wird, fehlt es bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen einer mittelbaren Altersdiskriminierung.

26

1. Gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 TV UmBw wird die nach § 6 Abs. 1 Satz 1 TV UmBw zu zahlende persönliche Zulage dynamisiert. Nach Ablauf der in § 6 Abs. 3 Satz 2 TV UmBw genannten Frist wird diese Zulage jedoch in Abhängigkeit von Beschäftigungszeit und Lebensalter abgebaut. Sofern nicht der Anrechnungsschutz in § 6 Abs. 3 Satz 4 TV UmBw eingreift, wird in den meisten Fällen die Einkommenssicherung durch Anrechnung von Tariflohnerhöhungen vollständig abgeschmolzen(Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese BAT Stand Juni 2006 Teil VI - Begleitmaßnahmen Umgestaltung Bundeswehr Erl. 8.1 Bl. 374.103). Nach § 6 Abs. 3 Satz 2 TV UmBw verringert sich nämlich die Zulage bei jeder „allgemeinen Entgelterhöhung“ um den in Buchst. a und Buchst. b in dieser Vorschrift genannten Teil „des Erhöhungsbetrages“. Anknüpfungspunkt für die Anrechnung ist also schon aufgrund des Wortlauts der Bestimmung der sich aus der allgemeinen Entgelterhöhung ergebende Steigerungsbetrag und nicht der Betrag, um den isoliert betrachtet die Zulage aufgrund der in § 6 Abs. 3 Satz 1 TV UmBw angeordneten Dynamisierung steigt(zutreffend LAG Saarland 20. Juli 2011 - 2 Sa 20/11 - und - 2 Sa 22/11 -; vgl. ver.di TV UmBw vom 18. Juli 2001 Tarifvertragstext und Erläuterungen zu § 6 Abs. 3; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese aaO Bl. 374.104). Anderenfalls hätte es am Ende des Satzes 2 heißen müssen „des Erhöhungsbetrages nach Satz 1“ bzw. „des Erhöhungsbetrages der persönlichen Zulage“.

27

Aus der Entscheidung des Senats vom 5. Februar 2009 (- 6 AZR 33/08 - ZTR 2009, 325), insbesondere den Ausführungen in Rn. 25 dieser Entscheidung, folgt nichts anderes. In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Rechtsstreit war ausschließlich die Höhe der persönlichen Zulage nach § 6 TV UmBw nach der Korrektur einer zunächst unzutreffenden Überleitung des Klägers in den TVöD streitbefangen. Um die Berechnung des Abschmelzungsbetrages nach § 6 Abs. 3 Satz 2 TV UmBw haben die Parteien nicht gestritten, der Senat ist der insoweit unstreitigen Berechnungsweise der Vorinstanzen gefolgt. Aus den Ausführungen in dieser Entscheidung lässt sich deshalb für die Frage, wie die Zulage nach allgemeinen Tariflohnerhöhungen zu verringern ist, nichts entnehmen.

28

2. Bei dieser Anrechnung von Einkommenserhöhungen auf die persönliche Zulage differenziert die Anrechnungsregelung in § 6 Abs. 3 Satz 2 und Satz 4 Buchst. a und Buchst. b TV UmBw hinsichtlich Alter und Betriebszugehörigkeit:

-       

bei Beschäftigten mit weniger als 15 Jahren Beschäftigungszeit erfolgt unabhängig vom Lebensalter eine Anrechnung des Erhöhungsbetrages von zwei Dritteln;

        

-       

bei Beschäftigten, die jünger als 55 Jahre sind, aber mindestens 15 Jahre Beschäftigungszeit aufweisen, erfolgt eine Anrechnung um ein Drittel des Erhöhungsbetrages;

        

-       

bei Beschäftigten, die eine Beschäftigungszeit von mindestens 25 Jahren aufweisen oder nach einer Beschäftigungszeit von 15 Jahren ein Lebensalter von mindestens 55 Jahren haben, erfolgt keine Anrechnung.

        

Nur den von § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. a und Buchst. b TV UmBw erfassten Beschäftigten - sowie unter gänzlich anderen Voraussetzungen den Beschäftigten iSd. § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. c TV UmBw - wird also eine dauerhafte und dynamisierte Einkommenssicherung gewährt. Bei allen übrigen Beschäftigten wird die persönliche Zulage im Regelfall in unterschiedlich langen Zeiträumen letztlich auf Null abgeschmolzen.

29

3. Diese unterschiedliche Anrechnung führt wohl zu einer unmittelbaren Diskriminierung jüngerer gegenüber älteren Beschäftigten wegen des Alters, soweit sie nach der Vollendung des 55. Lebensjahres differenziert.

30

a) Eine solche Differenzierung erfolgt nur bei Beschäftigten mit einer Beschäftigungszeit von mindestens 15 Jahren, aber weniger als 25 Jahren. Bei identischer Beschäftigungszeit kommt es bei diesem Personenkreis abhängig vom Lebensalter zu Unterschieden in der Einkommenssicherung. So erfolgt bei einem 56-jährigen Beschäftigten mit einer 20-jährigen Beschäftigungszeit keine Anrechnung, seine persönliche Zulage wird uneingeschränkt dynamisiert. Dagegen wird bei einem 44-jährigen Beschäftigten mit einer ebenfalls 20-jährigen Beschäftigungszeit der allgemeine Erhöhungsbetrag zu einem Drittel angerechnet und die persönliche Zulage entsprechend abgebaut. Bei diesem Personenkreis der Beschäftigten mit einer Beschäftigungszeit zwischen 15 und 25 Jahren werden damit jüngere gegenüber älteren Beschäftigten zurückgesetzt und damit benachteiligt.

31

b) Ein legitimes Ziel iSd. § 10 AGG, das eine derartige Benachteiligung rechtfertigen könnte, ist nicht ersichtlich. Dabei müsste es sich um ein sozialpolitisches Ziel, zB aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt oder berufliche Bildung, handeln (vgl. BAG 20. März 2012 - 9 AZR 529/10 - Rn. 19, EzA AGG § 10 Nr. 5; 18. Januar 2012 - 7 AZR 112/08 - Rn. 41, EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 13; vgl. für Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] Rn. 81, AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 23 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 22).

32

aa) Als Rechtfertigungsgrund kommt der von der Beklagten genannte Ausgleich eines angeblichen höheren finanziellen Bedarfs älterer Arbeitnehmer von vornherein nicht in Betracht, weil es sich dabei nicht um ein sozialpolitisches Ziel handelt. Zudem fehlt es an jeglicher nachvollziehbaren Korrelation von Alter und finanziellem Bedarf (vgl. bereits EuGH 8. September 2011 - C-297/10 - [Hennigs] Rn. 70, AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 22 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 21).

33

bb) Zwar ist das Ziel der Honorierung der von einem Arbeitnehmer erworbenen Berufserfahrung, die es diesem ermöglicht, seine Arbeit besser zu verrichten, in der Regel ein legitimes Ziel der Entgeltpolitik (vgl. EuGH 8. September 2011 - C-297/10 - [Hennigs] Rn. 72, AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 22 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 21). Für eine gerade nach dem 55. Lebensjahr typischerweise vorliegende besondere Berufserfahrung gibt es jedoch keinerlei Anhaltspunkte.

34

cc) Der Ausgleich schlechterer Chancen älterer Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt kann ein legitimes, sozialpolitisches Ziel iSd. § 10 AGG sein(BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 53 ff., EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 84; 12. April 2011 - 1 AZR 743/09 - Rn. 14 ff., BAGE 137, 310). Ob ein an sich legitimes Ziel tatsächlich eine Benachteiligung wegen des Alters rechtfertigt, kann jedoch nicht ohne Berücksichtigung des Regelungszusammenhangs, in dem die fragliche Bestimmung steht, geprüft werden. Nur so lässt sich beurteilen, ob das zur Erreichung dieses Ziels eingesetzte Mittel geeignet und erforderlich zur Erreichung dieses Ziels und damit verhältnismäßig ist.

35

§ 6 TV UmBw bezweckt nicht den Schutz des Beschäftigten vor dem Verlust seines Arbeitsplatzes und will nicht schlechtere Chancen Älterer auf dem Arbeitsmarkt ausgleichen. Durch § 6 TV UmBw soll vielmehr jedenfalls vorübergehend der Einkommensverlust ausgeglichen werden, der dadurch eintritt, dass ein Beschäftigter durch die Umstrukturierung der Bundeswehr zwar seinen konkreten Arbeitsplatz verloren hat, für ihn aber im Bereich der Bundeswehr eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit besteht. Der von einem solchen Einkommensverlust Betroffene ist nicht gehindert, sich auf dem freien Arbeitsmarkt einen neuen, ihn besser vergütenden Arbeitgeber zu suchen. Vor einer solchen Arbeitsplatzsuche will ihn aber § 6 TV UmBw nicht schützen.

36

dd) Ob auch der von der Beklagten erstinstanzlich angeführte Ausgleich alterungsbedingter Minderungen der Leistungsfähigkeit durch eine Verdienstsicherungsklausel ein legitimes Ziel iSv. § 10 AGG darstellen kann, kann dahinstehen (bejahend Linsenmaier RdA 2003, Sonderbeil. zu Heft 5, 22, 29; Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 10 Rn. 98; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 5 Rn. 18; zweifelnd und differenzierend Glajcar Altersdiskriminierung durch tarifliche Vergütung 158 ff., der Verdienstsicherungsklauseln nur für zulässig hält, wenn es sich um Tätigkeiten handelt, bei denen ein höheres Alter nachweisbar zu geringerer Produktivität führt, und darüber hinaus verlangt, dass die Verdienstsicherungsregelung die Beschäftigten positiv und negativ an den Änderungen der alten Tarifgruppe teilhaben lässt). Die Beklagte hat sich insoweit darauf berufen, dass es jüngeren Beschäftigten aufgrund ihrer höheren Leistungsfähigkeit leichter falle, im Rahmen der leistungsorientierten Bezahlung nach § 18 TVöD ein höheres Leistungsentgelt zu erreichen. Sie hat jedoch nicht vorgetragen, dass bei der Bundeswehr in größerem Umfang die zur Ausgestaltung des § 18 TVöD und des Tarifvertrags über das Leistungsentgelt für die Beschäftigten des Bundes(LeistungsTV-Bund) vom 25. August 2006 erforderlichen Dienst- bzw. Betriebsvereinbarungen geschlossen worden sind und damit überhaupt ein differenziertes Leistungsentgelt gezahlt wird. Zudem steht dieser Vortrag in einem von der Beklagten nicht aufgelösten Widerspruch zu ihrer Behauptung, ältere Beschäftigte hätten eine größere Berufserfahrung und würden deshalb eine bessere Arbeitsqualität erbringen.

37

c) Zu dem durch § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a iVm. Satz 4 Buchst. a TV UmBw diskriminierten Personenkreis gehört die Klägerin jedoch nicht. Zwar lässt sich dieser Regelung nicht der Wille der Tarifvertragsparteien entnehmen, dass die für die Einkommenssicherung nach diesen Bestimmungen maßgeblichen Parameter Beschäftigungszeit und Lebensalter im Sinne einer Stichtagsregelung bereits bei Beginn der Einkommenssicherung erfüllt sein müssen. Vielmehr kann der Beschäftigte während der Dauer der Einkommenssicherung, sofern noch ein zu sichernder Betrag vorhanden ist, in die begünstigenden Regelungen des § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a und Satz 4 Buchst. a und Buchst. b TV UmBw hineinwachsen. Die seit dem 16. Mai 2001 beschäftigte Klägerin wies jedoch weder bei Beginn der Einkommenssicherung am 1. Januar 2008 noch im Zeitpunkt des Schlusses der letzten mündlichen Verhandlung am 15. November 2012 eine Beschäftigungszeit von mindestens 15 Jahren auf.

38

4. Soweit § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. b und Satz 4 Buchst. b TV UmBw bei der Anrechnung von allgemeinen Erhöhungen nach der Beschäftigungszeit differenzieren, führt dies nicht zu einer mittelbaren Diskriminierung wegen des Alters, weil die dadurch erfolgende mittelbare Begünstigung älterer Beschäftigter gerechtfertigt ist. Diese tarifliche Regelung belohnt die Betriebstreue langjährig Beschäftigter.

39

a) Die Regelungen in § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. b und Satz 4 Buchst. b TV UmBw knüpfen nicht unmittelbar an das Lebensalter, sondern an die Betriebszugehörigkeit an. Bis zu einer Beschäftigungszeit von 15 Jahren erfolgt eine Anrechnung von zwei Dritteln des allgemeinen Erhöhungsbetrages, ab einer Beschäftigungszeit von mindestens 25 Jahren unterbleibt die Anrechnung völlig. In beiden Fällen kommt es nach der tariflichen Regelung auf das Lebensalter nicht ausdrücklich an. Bei einem 44-jährigen Beschäftigten mit einer Beschäftigungszeit von 25 Jahren erfolgt keine Anrechnung der Erhöhung, bei einem 60-jährigen Beschäftigten mit einer 14-jährigen Beschäftigungszeit werden dagegen zwei Drittel des Erhöhungsbetrages angerechnet. Zu dem von § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. b TV UmBw erfassten Personenkreis gehört die Klägerin, die auch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung am 15. November 2012 noch keine Beschäftigungszeit von mindestens 15 Jahren aufwies.

40

b) Die Anrechnungsregelungen in § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. b und Satz 4 Buchst. b TV UmBw sind damit dem Anschein nach hinsichtlich des Merkmals „Alter“ neutral. Die Differenzierung nach der Betriebszugehörigkeit führt jedoch regelmäßig zu einer mittelbaren Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmer. Arbeitnehmer mit längerer Betriebszugehörigkeit sind jedenfalls typischerweise älter als Arbeitnehmer mit kürzerer Betriebszugehörigkeit. Zwar können auch ältere Arbeitnehmer eine nur kurze Betriebszugehörigkeit haben, wie das soeben gebildete Beispiel zeigt. Eine lange Betriebszugehörigkeit können aber Arbeitnehmer in jungen Jahren noch nicht erlangt haben. Auch der Gesetzgeber geht davon aus, dass Differenzierungen nach der Betriebszugehörigkeit zu einer unterschiedlichen Behandlung wegen des Alters führen können. Andernfalls wäre es nicht erforderlich, in § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG eine derartige Differenzierung als „unterschiedliche Behandlung wegen des Alters“ ausdrücklich zu gestatten(vgl. BAG 26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08 - Rn. 29 f., BAGE 131, 61; vgl. auch 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 58, EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 84).

41

Angesichts dieser offenkundigen mittelbaren Ungleichbehandlung jüngerer Beschäftigter durch das Abstellen auf die Beschäftigungszeit und damit Betriebszugehörigkeit in § 6 Abs. 3 Satz 2 TV UmBw kommt es nicht darauf an, dass die Klägerin zum Nachweis einer mittelbaren Altersdiskriminierung nichts vorgetragen hat(zu den entsprechenden Anforderungen BAG 22. April 2010 - 6 AZR 966/08 - Rn. 20 f., BAGE 134, 160).

42

c) Eine mittelbare Ungleichbehandlung wegen eines verpönten Merkmals kann gemäß § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG durch ein legitimes Ziel und die Wahl von verhältnismäßigen Mitteln zu seiner Durchsetzung gerechtfertigt werden. Rechtmäßige Ziele iSd. § 3 Abs. 2 AGG können alle nicht ihrerseits diskriminierenden und auch sonst legalen Ziele sein. Es muss sich also nicht wie bei der Rechtfertigung einer unmittelbaren Benachteiligung wegen des Alters gemäß § 10 AGG bzw. Art. 6 RL 2000/78/EG um sozialpolitische Ziele handeln. Die differenzierende Maßnahme muss allerdings zur Erreichung des legitimen Ziels geeignet und erforderlich sein und einen im Verhältnis zur Bedeutung des Ziels noch angemessenen Eingriff in die Rechte des Benachteiligten darstellen (BAG 7. Juli 2011 - 2 AZR 355/10 - Rn. 27, AP BGB § 626 Nr. 237 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 38; 28. Januar 2010 - 2 AZR 764/08 - Rn. 19, BAGE 133, 141; 18. August 2009 - 1 ABR 47/08 - Rn. 30 f., BAGE 131, 342; vgl. für eine Rechtfertigung einer mittelbaren Geschlechtsdiskriminierung EuGH 31. März 1981 - C-96/80 - [Jenkins] Rn. 12, Slg. 1981, 911). In einem solchen Fall führt die Ungleichbehandlung zu keiner mittelbaren Diskriminierung (vgl. für Art. 2 RL 2000/78/EG EuGH 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 59, Slg. 2009, I-1569 und BAG 7. Juli 2011 - 2 AZR 355/10 - Rn. 26, aaO; vgl. für § 3 Abs. 2 AGG BAG 18. August 2009 - 1 ABR 47/08 - Rn. 30, aaO).

43

d) Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Tarifvertragsparteien differenzieren mit den Regelungen in § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. b und Satz 4 Buchst. b TV UmBw nach der Beschäftigungsdauer und honorieren damit eine längere Betriebstreue (vgl. zu diesem Zweck des Abstellens auf die Betriebszugehörigkeit BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 58, EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 84). Beschäftigte mit längerer Betriebstreue können in besonderem Maße darauf vertrauen, dass ihr durch § 6 TV UmBw gesicherter Besitzstand erhalten bleibt. Darüber hinaus fällt es Beschäftigten mit längerer Betriebszugehörigkeit und damit typischerweise höherem Lebensalter erfahrungsgemäß schwerer, den erreichten Besitzstand auf andere Weise, insbesondere durch einen Arbeitsplatzwechsel innerhalb der Bundeswehr, aber auch zu einem privaten Arbeitgeber, zu sichern. Ältere Arbeitnehmer sind insoweit häufig weniger flexibel als jüngere Arbeitnehmer (vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 56, aaO).

44

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    Uwe Zabel    

        

    Katrin Kammann    

                 

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein. Derartige unterschiedliche Behandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:

1.
die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bedingungen für Entlohnung und Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Beschäftigten und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen,
2.
die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile,
3.
die Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung auf Grund der spezifischen Ausbildungsanforderungen eines bestimmten Arbeitsplatzes oder auf Grund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand,
4.
die Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten und die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen,
5.
eine Vereinbarung, die die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der oder die Beschäftigte eine Rente wegen Alters beantragen kann; § 41 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt,
6.
Differenzierungen von Leistungen in Sozialplänen im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, wenn die Parteien eine nach Alter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung geschaffen haben, in der die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berücksichtigt worden sind, oder Beschäftigte von den Leistungen des Sozialplans ausgeschlossen haben, die wirtschaftlich abgesichert sind, weil sie, gegebenenfalls nach Bezug von Arbeitslosengeld, rentenberechtigt sind.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein. Derartige unterschiedliche Behandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:

1.
die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bedingungen für Entlohnung und Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Beschäftigten und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen,
2.
die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile,
3.
die Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung auf Grund der spezifischen Ausbildungsanforderungen eines bestimmten Arbeitsplatzes oder auf Grund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand,
4.
die Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten und die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen,
5.
eine Vereinbarung, die die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der oder die Beschäftigte eine Rente wegen Alters beantragen kann; § 41 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt,
6.
Differenzierungen von Leistungen in Sozialplänen im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, wenn die Parteien eine nach Alter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung geschaffen haben, in der die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berücksichtigt worden sind, oder Beschäftigte von den Leistungen des Sozialplans ausgeschlossen haben, die wirtschaftlich abgesichert sind, weil sie, gegebenenfalls nach Bezug von Arbeitslosengeld, rentenberechtigt sind.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 24. Oktober 2013 - 5 Sa 463/12 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, mit dem Kläger ab dem 1. Mai 2015 ein auf sechs Jahre befristetes Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell einzugehen.

2

Der am 14. April 1956 geborene Kläger ist bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin seit Oktober 1988 beschäftigt, zuletzt als Bezirksgeschäftsführer.

3

Die Beklagte schloss mit dem bei ihr errichteten Gesamtbetriebsrat im Jahr 2006 die „Gesamtbetriebsvereinbarung zur Regelung der Altersteilzeit in ver.di“ (GBV ATZ), die auszugsweise wie folgt lautete:

        

§ 1   

Voraussetzungen der Altersteilzeit

        

1.    

Arbeitnehmer/innen, die das 55. Lebensjahr vollendet haben und … haben Anspruch auf die Änderung ihres Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitverhältnis auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes.

        

…       

        
        

§ 4     

Aufstockungsleistungen

        

1.    

Das dem/der Arbeitnehmer/in nach § 3 zustehende Arbeitsentgelt wird um mindestens 20 v. H. aufgestockt (Aufstockungsbetrag).

        

2.    

Der Aufstockungsbetrag muss so hoch sein, dass der/die Arbeitnehmer/in 85 v. H. des bisherigen Nettobetrages erhält (Mindestnettobetrag). …

        

…       

        
        

§ 12   

Inkrafttreten, Geltungsdauer, sonstige Regelungen

        

…       

        

3.    

Die Parteien verpflichten sich, bei einer Änderung der gesetzlichen Grundlagen unverzüglich Verhandlungen mit dem Ziel der Anpassung dieser GBV aufzunehmen soweit sie nicht ausdrücklich in dieser GBV abweichende Regelungen getroffen haben. …“

4

Die Beklagte kündigte die GBV ATZ zum 31. Dezember 2010 und teilte dem Gesamtbetriebsrat mit, keine neue Betriebsvereinbarung über Altersteilzeit abschließen zu wollen.

5

Bei der Beklagten existiert eine zwischen den Vorgänger-Einzelgewerkschaften, deren Gesamtbetriebsräten und der Gründungsorganisation von ver.di geschlossene „Vereinbarung zur Erweiterten Mitbestimmung für Betriebsräte in ver.di“ aus April 2001 (GBV EM). Nach § 4 Abs. 1 GBV EM hat der Betriebsrat, soweit keine Ausnahmen geregelt sind, in allen personellen und sozialen Angelegenheiten über das Betriebsverfassungsgesetz hinaus erweitert mitzubestimmen. Zu den in § 4 Abs. 2 und Abs. 3 GBV EM geregelten Ausnahmen gehört nach § 4 Abs. 3 Buchst. b GBV EM in sozialen Angelegenheiten ua. die Entscheidung über die Gewährung freiwilliger sozialer Leistungen. Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach § 4 Abs. 1 GBV EM nicht zustande, entscheidet nach § 5 Abs. 1 GBV EM die Einigungsstelle. Nach § 8 Abs. 1 GBV EM sind Regelungen, die üblicherweise durch Tarifvertrag geregelt werden, aufgrund der fehlenden tarifrechtlichen Ausgestaltungsmöglichkeiten in ver.di als Gesamtbetriebsvereinbarung zwischen dem Gesamtbetriebsrat und dem Bundesvorstand der Beklagten zu vereinbaren. Kommt es zu keiner Einigung, kann zunächst ein Vermittlungsverfahren und im Falle des Scheiterns des Vermittlungsverfahrens ein sich anschließendes Schlichtungsverfahren eingeleitet werden. Sämtliche sowohl in freien Verhandlungen als auch in einem Vermittlungs- oder Schlichtungsverfahren zustande gekommenen Ergebnisse iSd. § 8 Abs. 1 GBV EM sind gemäß § 8 Abs. 4 Buchst. c GBV EM dem Gewerkschaftsrat vorzulegen. Dieser kann ein Veto mit der Folge einlegen, dass die Verhandlungen der Betriebsparteien wieder aufzunehmen sind. Nach § 8 Abs. 5 GBV EM besteht im Vermittlungs- und Schlichtungsverfahren ein Einlassungszwang.

6

Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 29. März 2011 Altersteilzeit auf der Grundlage der GBV ATZ beginnend ab 1. Mai 2015. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 7. April 2011 den Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags ab. Darin führte sie ua. aus:

        

„Der Abschluss eines Altersteilzeitvertrages setzt voraus, dass Du das 55. Lebensjahr vollendet haben musst. Das ist bei Dir bisher nicht der Fall. Allein aus diesem Grund wäre der Abschluss eines Altersteilzeitvertrages für uns nicht möglich.

        

Aber auch wenn Du die Voraussetzungen nach dem Altersteilzeitgesetz und der damit verbundenen Gesamtbetriebsvereinbarung bei ver.di erfüllen würdest, könnten wir Dir kein Angebot für den Abschluss eines ATZ-Vertrages machen. Der Bundesvorstand hat die GBV ATZ mit Wirkung zum 31.12.2010 gekündigt und dabei klar gemacht, dass es kein Angebot für eine neue ATZ-Regelung bei ver.di geben wird.

        

Nach Rechtsauffassung des Bundesvorstandes wirkt die GBV ATZ nicht nach. Somit gibt es keine Rechtsgrundlage mehr, welche den Abschluss von ATZ-Verträgen ermöglichen würde. …“

7

Nach seinem 55. Geburtstag „wiederholte“ der Kläger mit Schreiben vom 2. Mai 2011 seinen Antrag. Unter dem 4. Mai 2011 wies die Beklagte den Antrag erneut zurück, weil für den Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags bei ihr keine „Ermächtigungsgrundlage“ mehr bestehe.

8

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er könne die begehrte Altersteilzeit beanspruchen, weil die GBV ATZ entsprechend § 77 Abs. 6 BetrVG nachwirke und er die Anspruchsvoraussetzungen erfülle. Die Gesamtbetriebsvereinbarung sei eine tarifersetzende Betriebsvereinbarung iSd. § 8 Abs. 1 GBV EM, da es um eine üblicherweise tariflich geregelte Materie gehe. Zudem handele es sich bei der Altersteilzeit um eine personelle Angelegenheit iSd. § 4 Abs. 1 GBV EM. Die Regelungen der GBV ATZ unterlägen der erweiterten Mitbestimmung. Die überwiegend mitbestimmungspflichtige Materie der Altersteilzeit könne nicht aufgrund der untergeordneten Aufstockungsleistungen insgesamt als eine mitbestimmungsfreie Materie iSd. Ausnahmetatbestands des § 4 Abs. 3 Buchst. b GBV EM qualifiziert werden. Die Annahme einer Nachwirkung sei im Übrigen aufgrund des Umstands geboten, dass die Beklagte als Arbeitgeberin mangels eines Tarifpartners bislang für ihre Arbeitnehmer anstelle von Tarifverträgen Gesamtbetriebsvereinbarungen schließen könne, um materielle Regelungsgegenstände wie die Altersteilzeit zu regeln. Werde ihr solches zugestanden, müsse im Gegenzug eine Nachwirkung entsprechend § 4 Abs. 5 TVG angenommen werden.

9

Letztlich werde er wegen seines Alters unzulässig diskriminiert, da er seinen Antrag auf Altersteilzeit wegen § 1 GBV ATZ nicht bereits vor Vollendung des 55. Lebensjahres und somit noch während des Bestehens der ungekündigten GBV ATZ habe stellen können. Ein sachlicher Grund, Arbeitnehmern, die zum Zeitpunkt des Ablaufs der Kündigungsfrist am 31. Dezember 2010 bereits kurz vor Vollendung des 55. Lebensjahres standen, den Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags zu verweigern, sei nicht ersichtlich.

10

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verpflichten, mit ihm für die Zeit ab dem 1. Mai 2015 bis einschließlich 30. April 2021 ein befristetes Altersteilzeitarbeitsverhältnis mit einer durchschnittlichen individuellen Arbeitszeit des Klägers von 35 Stunden wöchentlich in Form des „Blockmodells“, bei dem der Kläger in der ersten Hälfte der Altersteilzeit im Zeitraum vom 1. Mai 2015 bis zum 30. April 2018 weiterhin mit der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden („Arbeitsphase“) beschäftigt und in der zweiten Hälfte der Altersteilzeit im Zeitraum vom 1. Mai 2018 bis zum 30. April 2021 vollständig von der Arbeitsleistung freigestellt wird („Freistellungsphase“), als Bezirksgeschäftsführer O zu den sonst in der Gesamtbetriebsvereinbarung zur Regelung der Altersteilzeit in ver.di in der aktualisierten Form vom 14. November 2006 vereinbarten Bedingungen abzuschließen.

11

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags die Auffassung vertreten, die GBV ATZ habe keine tarifersetzende Wirkung. Es handele sich vielmehr um eine freiwillige Betriebsvereinbarung, die eine freiwillige soziale Leistung iSd. § 4 Abs. 3 Buchst. b GBV EM gewähre. Da sie sich entschieden habe, künftig keine Altersteilzeitregelung mehr anzubieten, trete eine Nachwirkung nicht ein. Ein Fall der unzulässigen Altersdiskriminierung liege nicht vor. Der Kläger habe die altersabhängige Anspruchsvoraussetzung für die Gewährung von Altersteilzeit erst erfüllt, nachdem die GBV ATZ zum 31. Dezember 2010 gekündigt worden sei und auch erst nach diesem Zeitpunkt einen Antrag gestellt. Mitarbeitern, die einen Antrag nach dem 31. Dezember 2010 stellten, gewähre sie in Ermangelung einer Anspruchsgrundlage keine Altersteilzeit mehr.

12

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger den Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision des Klägers ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gemäß § 1 Abs. 1, § 2 Nr. 2 GBV ATZ auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags im Blockmodell.

14

I. Will ein Arbeitnehmer den in einer Betriebsvereinbarung geregelten Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags geltend machen, muss das Altersteilzeitarbeitsverhältnis innerhalb der Geltungsdauer der Betriebsvereinbarung beginnen. Die Umwandlung eines Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis muss innerhalb der Laufzeit der Betriebsvereinbarung bewirkt werden (BAG 5. Juni 2007 - 9 AZR 498/06 - Rn. 24).

15

1. Die GBV ATZ als Anspruchsgrundlage für den Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags wurde zum 31. Dezember 2010 und damit vor der Stellung des Antrags des Klägers und vor Vollendung seines 55. Lebensjahres gekündigt.

16

2. Die GBV ATZ wirkt nicht nach. Dies hat der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts in seiner Entscheidung vom 10. Dezember 2013 (- 1 ABR 39/12 - BAGE 147, 19) eingehend begründet. Die vom Kläger gegen diese Entscheidung vorgebrachten Argumente greifen nicht durch.

17

a) Der Erste Senat hat in seiner Entscheidung dargelegt, dass die Voraussetzungen für eine Nachwirkung der GBV ATZ nach § 77 Abs. 6 BetrVG nicht vorliegen(BAG 10. Dezember 2013 - 1 ABR 39/12 - Rn. 23 ff., BAGE 147, 19). Eine Nachwirkung nach § 77 Abs. 6 BetrVG tritt nicht ein, wenn ein Arbeitgeber - wie vorliegend die Beklagte - nach Ablauf der Kündigungsfrist keine Mittel mehr für Aufstockungsleistungen zur Verfügung stellt(vgl. bereits BAG 5. Juni 2007 - 9 AZR 498/06 - Rn. 22). Die Betriebsparteien haben eine Nachwirkung der GBV ATZ zudem weder ausdrücklich vereinbart, noch folgt sie aus § 77 Abs. 6 BetrVG analog iVm. §§ 4, 5 Abs. 1 Satz 1 GBV EM. Das nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GBV EM bestehende Beteiligungsrecht über die Ausgestaltung von Altersteilzeit wird durch § 4 Abs. 3 Buchst. b 1. Spiegelstrich GBV EM wieder beschränkt. Nach dieser Vorschrift gilt die Erweiterung der Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten nicht bei der Entscheidung über die Gewährung freiwilliger sozialer Leistungen. Bei den Aufstockungsleistungen nach der GBV ATZ handelt es sich um Sozialleistungen, die die Beklagte ohne vertragliche oder gesetzliche Verpflichtung als Ausgleich für die mit der Reduzierung der individuellen Arbeitszeit verbundenen finanziellen Einbußen der Arbeitnehmer in Altersteilzeit gezahlt hat. Die Entscheidung über die Gewährung solcher Leistungen unterliegt genauso wenig der erweiterten Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GBV EM wie die Entscheidung über die Einstellung dieser Leistungen(zum Ganzen BAG 10. Dezember 2013 - 1 ABR 39/12 - Rn. 32, BAGE 147, 19). Schließlich findet § 4 Abs. 5 TVG mangels Regelungslücke keine entsprechende Anwendung(BAG 10. Dezember 2013 - 1 ABR 39/12 - Rn. 35, aaO).

18

b) Der Kläger hat in der Revision keine Argumente vorgebracht, die die tragenden Ausführungen des Ersten Senats infrage stellen könnten.

19

aa) Er hat keine Umstände aufgezeigt, aus denen - entgegen der Annahme des Ersten Senats - folgt, dass es sich bei dem Anspruch auf Altersteilzeit nach der GBV ATZ nicht um die Gewährung freiwilliger sozialer Leistungen iSv. § 4 Abs. 3 Buchst. b 1. Spiegelstrich GBV EM handelt. Das Argument des Klägers, dass nur die Aufstockungsleistungen nach § 4 GBV ATZ eine freiwillige soziale Leistung der Beklagten darstellten und es sich dabei um einen „ungewichtigen Nebenpunkt“ innerhalb der GBV ATZ handele, überzeugt nicht. Der Übergang vom Arbeitsverhältnis in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis ist im Vergleich zur Vereinbarung eines „klassischen“ Teilzeitarbeitsverhältnisses gerade wegen der damit verbundenen Aufstockungsleistungen für den Arbeitnehmer attraktiv (Däubler/Winter TVG 3. Aufl. § 1 Rn. 559). Es sind die Aufstockungsleistungen, die den Arbeitnehmer motivieren sollen, seinen Arbeitsplatz vorzeitig freizumachen. Mithilfe dieser Arbeitgeberleistungen erhält er über das Teilzeitentgelt hinaus die finanziellen Mittel, die einen Übergang in den gleitenden Ruhestand attraktiv machen und gleichzeitig in etwa seinen bisherigen Lebensstandard sichern (BAG 11. April 2006 - 9 AZR 369/05 - Rn. 52, BAGE 118, 1). Es handelt sich bei § 4 GBV ATZ mithin um ein Kernstück der Gesamtbetriebsvereinbarung und keinesfalls um einen Nebenpunkt untergeordneter Bedeutung.

20

bb) Der Kläger macht zu Unrecht geltend, der Erste Senat habe unzureichend gewürdigt, dass es sich bei der GBV ATZ um eine tarifersetzende Regelung nach § 8 Abs. 1 GBV EM handele, bei der eine Mitbestimmung wegen des § 76 BetrVG entsprechenden Vermittlungs- oder Schlichtungsverfahrens erzwingbar sei. Der Erste Senat hat darauf hingewiesen, dass ohne besondere Vereinbarung tarifersetzende Regelungen über den Zeitpunkt ihrer Beendigung hinaus keine Nachwirkung entfalten (BAG 10. Dezember 2013 - 1 ABR 39/12 - Rn. 35, BAGE 147, 19). Im Übrigen kann von einer Erzwingbarkeit schon deshalb keine Rede sein, weil sämtliche, sowohl in freien Verhandlungen als auch im Vermittlungs- oder Schlichtungsverfahren erzielten Ergebnisse tarifüblichen Inhalts nach § 8 Abs. 4 Buchst. c GBV EM dem Gewerkschaftsrat vorzulegen sind, der über ein Vetorecht verfügt. Im Gewerkschaftsrat ist die Beklagte durch die Mitglieder ihres Bundesvorstands stimmberechtigt vertreten (vgl. § 41 Abs. 7 der Satzung der Beklagten), wohingegen der Gesamtbetriebsrat keinen unmittelbaren Einfluss auf die Willensbildung des Gewerkschaftsrats nehmen kann. Nur wenn der Gewerkschaftsrat von seinem Vetorecht keinen Gebrauch macht, tritt die tarifersetzende Regelung gemäß § 8 Abs. 4 Buchst. c GBV EM als Gesamtbetriebsvereinbarung in Kraft. Die Ergebnisse der Vermittlungs- oder Schlichtungsstelle ersetzen danach die Einigung zwischen dem Gesamtbetriebsrat und der Beklagten nicht.

21

cc) Letztlich geht auch der Verweis des Klägers auf § 12 Abs. 3 GBV ATZ fehl. Die Vorschrift beinhaltet lediglich eine Verpflichtung, bei einer Änderung der gesetzlichen Grundlagen unverzüglich Verhandlungen mit dem Ziel einer Anpassung der GBV ATZ aufzunehmen, beinhaltet aber weder einen Einigungszwang noch die Vereinbarung einer Nachwirkung bis zum Erzielen einer Einigung.

22

II. Der Kläger wird durch die Zurückweisung seines Antrags auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags nicht wegen seines Alters benachteiligt.

23

1. Der Kläger macht nicht geltend, dass die Anknüpfung an das 55. Lebensjahr in § 1 Abs. 1 GBV ATZ als Anspruchsvoraussetzung altersdiskriminierend iSv. §§ 1, 3 Abs. 1 und Abs. 2, § 7 Abs. 1, § 10 AGG gewesen sei(vgl. zur Rechtfertigung einer Altersgrenze für die Gewährung von Altersteilzeit: LAG Düsseldorf 15. Dezember 2010 - 7 Sa 1288/10 - zu II 2 a der Gründe; LAG Schleswig-Holstein 22. Juni 2010 - 5 Sa 415/09 - zu II 5 der Gründe; 4. November 2009 - 6 Sa 18/09 - zu II 3 c der Gründe). Vielmehr ist er der Ansicht, dass die Altersdiskriminierung darin zu sehen sei, dass er wegen der Altersgrenze in § 1 Abs. 1 GBV ATZ die Voraussetzungen für den Anspruch auf Altersteilzeit während der Geltungsdauer der GBV ATZ nicht erfüllen und demnach keinen (Erfolg versprechenden) Antrag stellen konnte. In seinem Schriftsatz vom 26. März 2015 hat der Kläger ausgeführt, dass es ihm „nicht darum [gehe], dass er bereits mit 54 in die Altersteilzeit wechseln [wolle]“, sondern er „vielmehr die Auffassung [vertrete], dass der vereitelte Zugang zu einer Altersteilzeit mit 55 Jahren altersdiskriminierend [sei]“. Damit rügt der Kläger in der Sache die Zurückweisung seines Antrags wegen der Abschaffung der ältere Arbeitnehmer begünstigenden Regelung als Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmer.

24

2. Dabei legt der Kläger ein unzutreffendes Verständnis von § 3 Abs. 1 AGG zugrunde. Die Vorschrift verlangt für eine unmittelbare Benachteiligung eine weniger günstige Behandlung als eine andere Person in vergleichbarer Situation wegen des Alters. Gemeint ist das Lebensalter (BT-Drs. 16/1780 S.  31). „Wegen“ seines Alters wird dem Kläger aber der Abschluss einer Altersteilzeitvereinbarung nicht verwehrt, sondern weil die anspruchsbegründende betriebliche Vorschrift zum Zeitpunkt der Antragstellung im Frühjahr 2011 nicht mehr galt. Dies wird aus dem Ablehnungsschreiben der Beklagten vom 7. April 2011 deutlich. Darin wird die Ablehnung damit begründet, dass es nach Ablauf der Kündigungsfrist „keine Rechtsgrundlage“ mehr gebe. Im Schreiben vom 4. Mai 2011 ist davon die Rede, dass für den Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags „keine Ermächtigungsgrundlage“ mehr bestehe. Insofern wird der seit Mitte April 2011 55-jährige Kläger so behandelt wie alle anderen Kollegen - gleich ob 40-, 50- oder 60-jährig -, die zu diesem Zeitpunkt einen Antrag auf Altersteilzeit gestellt haben. Der Antrag wird mangels Anspruchsgrundlage abgelehnt.

25

3. Die Einbeziehung einer in der Vergangenheit erfolgten Begünstigung der Vergleichsperson in den Wortlaut des § 3 Abs. 1 AGG („erfahren hat“) führt nicht dazu, dass eine unmittelbare Benachteiligung des Klägers anzunehmen wäre. Denn dass einem vor dem 31. Dezember 2010 gestellten Antrag eines Kollegen, der zu diesem Zeitpunkt bereits das 55. Lebensjahr vollendet hatte, bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen entsprochen worden wäre, ändert nichts an der fehlenden Kausalität zwischen der konkreten Zurückweisung des klägerischen Antrags auf Altersteilzeit und seinem Alter.

26

4. Der Umstand, dass dem Kläger die Inanspruchnahme von Altersteilzeit während der Geltungsdauer der GBV ATZ nicht möglich war, weil er die Altersgrenze nach § 1 Abs. 1 GBV ATZ damals (noch) nicht erreicht hatte, führt ebenfalls zu keiner Altersdiskriminierung. Es ist nicht Sinn und Zweck von §§ 1, 3 Abs. 1, § 7 Abs. 1, § 10 AGG, zusätzliche Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit der Abschaffung einer Regelung aufzustellen, die ältere Mitarbeiter begünstigt. Denn jede Beendigung einer solchen Regelung führt zwangsläufig dazu, dass den jüngeren Arbeitnehmern der künftige Wechsel in die Gruppe der begünstigten Arbeitnehmer verwehrt wird. §§ 1, 3 Abs. 1, § 7 Abs. 1, § 10 AGG dienen jedoch nicht der ewigen Perpetuierung einer altersdifferenzierenden Begünstigung, sondern der Verhinderung von altersbedingten Benachteiligungen. Mit anderen Worten: Das im Hinblick auf die Geltungsdauer einer begünstigenden Regelung „verspätete“ Altwerden wird durch das AGG nicht geschützt.

27

5. Aus den gleichen Gründen liegt auch eine mittelbare Benachteiligung nach § 3 Abs. 2 AGG nicht vor.

28

III. Der Kläger hatte unter der Geltung der GBV ATZ weder eine Anwartschaft noch eine vergleichbare gesicherte Rechtsposition erworben, die ihm durch die Kündigung der Gesamtbetriebsvereinbarung genommen wurde (vgl. zu den Voraussetzungen, nach denen selbst ein entstandener Anspruch, der aus einer kollektiven Norm erwachsen ist, rückwirkend geändert werden kann BAG 2. Februar 2006 - 2 AZR 58/05 - Rn. 20 ff., BAGE 117, 53). Der Kläger erleidet lediglich einen Nachteil, den die Kündigung einer begünstigenden kollektiven Vorschrift zu einem bestimmten Termin oder Stichtag typischerweise mit sich bringt. Es besteht kein Anlass, die Folgen der Kündigung einer Betriebsvereinbarung über einen Anspruch auf Altersteilzeit ebenso nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes zu begrenzen wie die Folgen der Kündigung einer Betriebsvereinbarung über betriebliche Altersversorgung (vgl. hierzu BAG 11. Mai 1999 - 3 AZR 21/98 - zu III 2 der Gründe, BAGE 91, 310; Rolfs in Blomeyer/Rolfs/Otto BetrAVG 6. Aufl. Anh. § 1 Rn. 593). Die Einräumung eines Anspruchs auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ist keine Gegenleistung des Arbeitgebers für geleistete Arbeit oder Betriebstreue. Der Kläger hat durch den Wegfall der Möglichkeit, in Altersteilzeit zu wechseln, auch keine finanziellen Nachteile, die er nach der Kündigung der Betriebsvereinbarung nicht mehr ausgleichen könnte. Im Gegenteil, der Kläger hätte im Rahmen der Altersteilzeit nur einen geringeren Entgeltanspruch gehabt. Ohne den Wechsel in die Altersteilzeit verbleibt es bei seiner bisherigen Vergütung.

29

IV. Letztlich ergibt sich der Anspruch des Klägers auch nicht aus dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Dieser ist - soweit die Beklagte unter Geltung der GBV ATZ nach deren Voraussetzungen Altersteilzeit nur bestimmten Arbeitnehmern gewährte - schon nicht anwendbar, weil es sich insoweit um Normenvollzug handelte (vgl. BAG 16. Oktober 2014 - 6 AZR 661/12 - Rn. 54 mwN).

30

V. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Klose     

        

        

        

    Mehnert     

        

    Heilmann    

                 

Tenor

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 21.05.2014, 55 Ca 2172/13, wird auf die Berufung der Beklagten teilweise abgeändert.

Die Klage wird auch hinsichtlich des Urlaubsjahres 2013 und damit insgesamt abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Rahmen der Berufung noch um die Höhe des Urlaubsanspruches für das Kalenderjahr 2013.

2

Die 1983 geborene Klägerin ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern seit dem 01.09.2005 als Gesundheits- und Krankenpflegerin beschäftigt.

3

Der ursprüngliche Arbeitsvertrag war noch zwischen der Klägerin und dem städtischen Krankenhaus C-Stadt abgeschlossen worden. Nach diesem Arbeitsvertrag sollten die Tarifverträge für die kommunalen Arbeitgeber Anwendung finden (vgl. Blatt 35 ff d. A.).

4

Der TVöD in seiner Fassung vom 13.09.2005 lautete auszugsweise wie folgt:

5

㤠26 Erholungsurlaub
(1) Beschäftigte haben in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts (§ 21). Bei Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf fünf Tage in der Kalenderwoche beträgt der Urlaubsanspruch in jedem Kalenderjahr
bis zum vollendeten 30. Lebensjahr 26 Arbeitstage,
bis zum vollendeten 40. Lebensjahr 29 Arbeitstage und
nach dem vollendeten 40. Lebensjahr 30 Arbeitstage.“

6

Entsprechend dieser Regelung und auch der gleichartigen Regelung im zuvor anzuwendenden BAT-O gewährte die damalige Arbeitgeberin der Klägerin auf Grund ihres Alters jährlich 26 Urlaubstage.

7

Sodann wurde das städtische Krankenhaus zum 01.01.2006 an die D. H. AG veräußert. Hierbei kam es zu einem Betriebsübergang, der auch die Klägerin betraf.

8

Zum 01.01.2008 wurden die Arbeitnehmer aus dem TVöD in die TV D. Kliniken übergeleitet, welche sodann auch auf das Arbeitsverhältnis angewandt wurden.

9

Der letzte Arbeitsvertrag der Klägerin vom 18.05.2012 mit der H.-Klinikum C-Stadt GmbH geschlossen, enthält unter Ziffer 9 eine umfangreiche Verweisung auf Tarifverträge (vgl. Blatt 6 d. A.).

10

Unstreitig ist danach auch der Manteltarifvertrag D. (im Folgenden MTV D.), der zwischen der D. H. AG und v. vereinbart wurde, auf das Arbeitsverhältnis anwendbar.

11

Dieser zuletzt gültige MTV D. stammt vom 02.03.2010. Er trat rückwirkend zum 1. Januar 2007 in Kraft und ist textidentisch mit dem MTV D. vom 12. Dezember 2006. Diese rückwirkende Regelung war erforderlich, nach dem das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 18.11.2009, 4 AZR 491/08, festgestellt hatte, dass bei Abschluss des vorgenannten Tarifvertrages aus 2006 die D. H. AG nicht deutlich genug nach § 164 BGB gemacht hatte, dass der Tarifvertrag in Vertretung auch für ihre Tochtergesellschaften geschlossen werden solle.

12

Der MTV D. vom 02.03.2010 enthält unter anderem folgende Regelungen:

13

㤠22 Erholungsurlaub

14

1. Der Arbeitnehmer erhält in jedem Urlaubsjahr Erholungsurlaub nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften. Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr.

15

2. Die Dauer des Erholungsurlaubs beträgt 28 Arbeitstage, nach Vollendung des 50. Lebensjahres 30 Arbeitstage. …

16

Protokollnotiz zu § 22 Ziffer 2:

17

Arbeitnehmer die vor Inkrafttreten dieses Tarifvertrages einen höheren Urlaubsanspruch haben, bleibt dieser als Besitzstand gewahrt. Maßgeblich ist der Urlaubsanspruch am 31. Dezember 2006.

18

3. Jeder Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf bis zu zehn Arbeitstagen unbezahlte Freistellung im Kalenderjahr. Dieser Anspruch ist nicht auf das Folgejahr übertragbar. Die Lage des Urlaubs wird individuell zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Rahmen der Urlaubsplanung vereinbart.

19

20

5. Der Urlaub dient zur Erholung und zur Erhaltung der Arbeitskraft. Deshalb darf der Arbeitnehmer während des Urlaubs keine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit

21

leisten.

22

23

8. Für geleistete Nachtarbeit erhalten Arbeitnehmer, die in einem Kalenderjahr die folgenden Nachtarbeitsstunden geleistet haben, einen Zusatzurlaub:

24

25

Arbeitnehmer, die ständig Schichtarbeit leisten, erhalten einen Zusatzurlaub von einem Arbeitstag unabhängig davon, ob 50 Nachtarbeitsstunden erreicht werden.

26

27

§ 35 Ablösung bisheriger tariflicher Regelungen

28

Die in diesem Manteltarifvertrag hinterlegten tariflichen Regelungen lösen die bisherigen Regelungen über gleichartige Regelungssachverhalte ab. Es besteht Einvernehmen, dass Regelungssachverhalte die nicht Gegenstand der bisherigen Verhandlungen waren, weiter gelten bis sie durch eine andere tarifliche Regelung abgelöst werden.

29

30

§ 37 Inkrafttreten und Laufzeit des Tarifvertrages

31

Dieser Tarifvertrag tritt rückwirkend in Kraft am 1. Januar 2007 und kann mit Halbjahresfrist zum Jahresende, frühestens jedoch zum Ablauf des 31. Dezember 2011 gekündigt werden.

32

Protokollnotiz:

33

Der vorliegende Tarifvertrag ist – mit Ausnahme des Rubrums – textidentisch mit dem Manteltarifvertrag D. vom 12. Dezember 2006.

34

35

Ab Geltung des MTV D. auf das Arbeitsverhältnis gewährte die Beklagte bzw. die Rechtsvorgängerin der Klägerin jährlich 28 Urlaubstage.

36

Nachdem das BAG mit Urteil vom 20.03.2012, 9 AZR 529/10, entschieden hatte, dass die alte Urlaubsstaffelung im TVöD nach Lebensalter altersdiskriminierend sei, regelten die Tarifvertragspartner die Bestimmungen zum Urlaub in § 26 TVöD neu. Danach haben nun alle Arbeitnehmer 29 Tage Urlaub. Nach dem vollendeten 55. Lebensjahr haben sie 30 Tage Urlaub.

37

Unter dem 23.03.2013 übersandte die Klägerin an die Beklagte ein offenbar von dritter Seite allgemein für Arbeitnehmer vorbereitetes Schreiben, welches auf das Urteil des BAG vom 20. März 2012, 9 AZR 529/10, verwies. Weiterhin wird ausgeführt, dass die altersdiskriminierende Wirkung „des oben genannten Tarifvertrages“, wo zuvor kein Tarifvertrag genannt wurde, nur durch eine Anpassung nach oben beseitigt werden könne. Nach dieser allgemeinen Einführung sah dieses Schreiben zwei Ankreuzfelder vor, die beide von der Klägerin markiert worden sind. Mit dem ersten Ankreuzfeld bat sie, ihr den „zustehenden Erholungsurlaub in Höhe von 30 Arbeitstagen für das Kalenderjahr 2012 schriftlich zu bestätigen“. Mit dem zweiten Kreuz bat sie darüber hinaus „um die Gewährung von zwei Tagen Ersatzurlaub für das Jahr 2011“. Wegen der genauen Einzelheiten des Schreibens wird auf Blatt 10 der Akte verwiesen. Die Beklagte reagierte auf dieses Schreiben nicht. Tatsächlich gewährte die Beklagte der Klägerin im Jahr 2012 wie auch im Jahr 2013 jeweils 28 Urlaubstage.

38

Mit ihrer Klageschrift vom 28.11.2013, eingegangen beim Arbeitsgericht Schwerin am 3. Dezember 2013 begehrte die Klägerin die Feststellung, dass ihr für das Kalenderjahr 2012 wie auch 2013 jeweils zwei weitere Arbeitstage als Urlaub zustehen. Nach Zustellung an die Beklagte beantragte diese noch mit Schriftsatz vom 16.12.2013, welcher noch im Jahr 2013 bei der Klägervertretung einging, Klagabweisung.

39

Das Arbeitsgericht Schwerin hat mit Urteil vom 21.05.2014 die Klage hinsichtlich des Urlaubsjahres 2012 abgewiesen und der Klage hinsichtlich des Urlaubsjahres 2013 stattgegeben. Das Arbeitsgericht führte aus, dass es die Urlaubsregelung in § 22 Ziffer 2 MTV D. für wirksam halte, insbesondere keine unzulässige Altersdiskriminierung vorliege. Allerdings ergebe sich aus dem Wortlaut der Protokollnotiz zu vorgenannter tariflicher Regelung, dass der Klägerin am 31.12. 2006 unter Berücksichtigung der seinerzeit unzulässigen altersdiskriminierenden Wirkung im TVöD 30 Tage Urlaub im Jahr zustanden, welche sodann auch in die Geltung des MTV D. zu übernehmen waren. Allerdings sei der entsprechende Urlaubsanspruch für das Jahr 2012 nach § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz untergegangen. Der Urlaubsanspruch für das Jahr 2013 sei rechtzeitig geltend gemacht worden, weshalb der Klage insoweit stattzugeben sei.

40

Das Urteil ist der Beklagten am 11.07.2014 zugestellt worden. Die Beklagte hat hinsichtlich ihres Unterliegens eingehend beim Landesarbeitsgericht M-V am 21. Juli 2014 Berufung eingelegt.

41

Die Beklagte verfolgt auch hinsichtlich des Jahres 2013 weiterhin eine Klagabweisung.

42

Sie meint, dass nach dem MTV D. der Klägerin zu Recht nur 28 Urlaubstage gewährt worden seien. Zunächst enthalte § 22 Abs. 2 MTV D. keine unzulässige Altersdiskriminierung. Zwar sei eine Ungleichbehandlung wegen des Alters vorhanden. Dies diene jedoch dem Schutz der Gesundheit und dem gesteigerten Erholungsbedürfnis der über 50jährigen Arbeitnehmer. Die Beklagte verweist darauf, dass ihre Regelung insoweit erheblich von der Regelung im TVöD abweiche, welche das Bundesarbeitsgericht für unwirksam angesehen hatte. Außerdem verweist die Beklagte darauf, dass das BAG in dem vorgenannten Urteil auch ein gesteigertes Erholungsbedürfnis von älteren Arbeitnehmern gesehen hatte. Eine genaue Schwelle sei jedenfalls dem Gesetz nicht zu entnehmen. Jedenfalls spreche § 417 SGB III auch ein Alter von 50 Jahren als Grenze für die dortige Regelung an. Dies könne auch hier berücksichtigt werden. Auch müsse beachtet werden, dass im MTV D. von den vorhergehenden Regelungen des BAT-O bzw. des TVöD Abstand genommen worden sei. Ein erhöhter Erholungsbedarf sei im vorliegenden Fall dadurch gerechtfertigt, dass die Arbeitnehmer in der Gesundheitsbranche teilweise einen frühen Arbeitsbeginn mit 16 und 17 Jahren aufzuweisen haben. Auch müsse beachtet werden, dass in Wechselschicht, in der Nachtschicht und an Feiertagen gearbeitet wird. Von Bedeutung sei auch, dass die frühere Regelung, wonach sich über 60jährige von der Nachtschicht befreien lassen könnten, nicht mehr vorhanden ist. Insgesamt diene die gestaffelte Urlaubsregelung im MTV D. dem Schutz der Gesundheit und dem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Arbeitnehmer.

43

Die Klägerin könne aber auch aus der Protokollnotiz zu § 22 Ziffer 2 MTV D. keinen höheren Urlaubsanspruch ableiten. Denn der nach oben anzupassende Anspruch noch aus dem TVöD hätte bis zum Inkraftsetzen des MTV D. geltend gemacht werden müssen. Urlaubsansprüche wie auch Schadensersatzansprüche unterlägen Ausschlussfristen. Der TVöD sehe eine Ausschlussfrist von sechs Monaten und der MTV D. eine Ausschlussfrist von vier Monaten vor. Unter Berücksichtigung dessen sei der Anspruch auf Anpassung nach oben verfallen. Unmittelbar aus dem Urteil des BAG aus dem Jahre 2012 folge kein unmittelbarer Anspruch für die nichtklagenden Arbeitnehmer. Ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot führe nur zur Unwirksamkeit des Tarifvertrages. Sodann sei eine Geltendmachung durch den Arbeitnehmer notwendig. Mangels rechtzeitiger Geltendmachung habe die Klägerin wirksam nur 26 Tage nach den Regelungen des TVöD in die Geltung des MTV D. übertragen.

44

Die Beklagte beantragt:

45

Das am 21.05.2014 verkündete und am 11.07.2014 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin – 55 Ca 2172/13 – insoweit aufzuheben, als dass festgestellt wurde, dass der Klägerin für das Jahr 2013 zwei weitere Urlaubstage als Urlaub zustehen und die Klage insgesamt abzuweisen.

46

Die Klägerin beantragt:

47

Die Berufung zurückzuweisen.

48

Die Klägerin geht weiterhin davon aus, dass ihr insgesamt 30 Tage Urlaub auch für das Jahr 2013 zustünden.

49

Zunächst verstoße § 22 MTV D. gegen das AGG, weil diese Norm eine nach Lebensalter gestaffelte Urlaubsregelung vorsehe. Dies führe dazu, dass eine Anpassung nach oben vorzunehmen sei. Die Klägerin verweist insoweit auf das Urteil des BAG vom 20.03.2012, 9 AZR 529/10. Die bisherigen gerichtlichen Entscheidungen sprechen dafür, dass eine Staffelung nach Alter „immer“ altersdiskriminierend sei. Es genüge nicht nur ein sachlicher Differenzierungsgrund. Vielmehr müsse dieser auch selbst im Tarifvertrag genannt sein. Der Arbeitgeber müsse auch nachweisen, dass die Differenzierung dem Differenzierungsgrund diene. Im vorliegenden Fall werde schon der Differenzierungsgrund nicht im MTV D. genannt und sei auch nicht aus dem Kontext ableitbar.

50

Unabhängig von der Wirksamkeit des § 22 MTV D. stehe der Klägerin jedoch auch schon auf Grund der Protokollnotiz zu § 22 Abs. 2 MTV D. ein höherer Urlaubsanspruch von 30 Urlaubstagen zu. Da die Urlaubsregelung im TVöD schon im Jahr 2006 altersdiskriminierend gewesen sei, habe die Klägerin tatsächlich schon am Stichtag (31.12.2006) einen Urlaubsanspruch von 30 Tagen gehabt, der nach der Protokollnotiz sodann in die Geltung des MTV D. übertragen werden musste. Eine damalige Geltendmachung dieses Stammrechtes sei nicht erforderlich gewesen. In der Protokollnotiz werde auch nicht geregelt, dass der höhere Urlaubsanspruch davon abhängig sei, dass er seinerzeit auch gewährt wurde. Allein das Bestehen des Anspruches sei entscheidend. Sodann seien die Urlaubsansprüche für das Jahr (2012 und) 2013 mit Schreiben vom 23.03.2013 rechtzeitig geltend gemacht worden und somit nicht verfallen.

51

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Verhandlungsprotokolle wie auch das angegriffene erstinstanzliche Urteil verwiesen.

Entscheidungsgründe

52

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.

53

Das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin war abzuändern, soweit es das Jahr 2013 betraf. Die Klage war somit insgesamt abzuweisen.

I.

1.

54

Auf Grund des materiell-rechtlich nicht bestehenden Anspruches auf 30 Tage Urlaub im Jahr 2013 kann dahinstehen, ob die Klage der Klägerin überhaupt zulässig ist. Denn problematisch war hier gegebenenfalls das Bestehen eines Feststellungsinteresses, da die Klägerin die Feststellung von Mehrurlaub für die Vergangenheit begehrte, eine Klage jedoch unzulässig ist, wenn sie quasi nur der Erstellung eines Rechtsgutachtens dient, ohne dass die Entscheidung unmittelbar Einfluss auf das Rechtsverhältnis der Partei haben kann (vgl. BAG, 08.03.1994, 9 AZR 368/92). Unproblematischer hätte gegebenenfalls ein Antrag auf künftige Nachgewährung von Urlaub aus dem Jahr 2013 sein können. Auf Grund des ohnehin nicht bestehenden Anspruches, konnte jedoch hier die Frage dahinstehen, wie weit der gestellte Antrag zu Gunsten der Klägerin auslegbar war.

2.

55

Da die Klägerin materiell-rechtlich keinen Anspruch auf 30 Tage Urlaub hatte, konnte im Kern auch die Frage dahinstehen, ob die Klägerin überhaupt im Sinne des § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz rechtzeitig in hinreichendem Maße Urlaub begehrt hatte. Unterstellt, der Klageantrag der Klägerin wäre so auszulegen, dass er zulässig wäre, müsste die Auslegung der Gestalt erfolgen, dass der Klägerin zukünftig für das Jahr 2013 noch 2 Tage Ersatzurlaub gemäß § 280 Abs. 1, § 286 Abs. 1 und 2 Nr. 3, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB zu gewähren wären. Denn mangels Vorliegen eines Übertragungstatbestandes gemäß § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz wären die unmittelbaren Urlaubsansprüche aus dem Jahr 2013 zum 31.12.2013 untergegangen. Der zu wenig gewährte Urlaub hätte sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur dann in einen Schadensersatzanspruch in Form der Gewährung von Ersatzurlaub als Naturalrestitution gewandelt, wenn der Arbeitgeber den rechtzeitig verlangten Urlaub nicht gewährt hätte und der Urlaub auf Grund seiner Befristung verfallen wäre. Für das nicht rechtzeitige Gewähren ist jedoch erforderlich, dass ein konkretes Verlangen des Arbeitnehmers nach Gewährung von Urlaub vorliegt. Dafür genügt nicht die Abforderung der Bestätigung, man habe mehr Urlaub, als bisher angenommen. Vielmehr ist erforderlich, dass der Arbeitgeber nach den Grundsätzen von § 133 BGB bei einer Erklärung des Arbeitnehmers davon ausgehen muss, der Arbeitnehmer wünsche ab einem bestimmten Zeitpunkt Erholungsurlaub (vgl. insgesamt hierzu BAG, 20.03.2012, 9 AZR 529/10, Rz. 33 ff). Soweit alle Seiten und auch das Arbeitsgericht Schwerin offenbar bisher davon ausgingen, dass das klägerische Schreiben vom 23.03.2013 eine hinreichende Geltendmachung enthält, ist dies höchst fraglich. Denn in diesem Schreiben wird nicht konkret die Gewährung von Urlaub zu einem bestimmten Zeitpunkt im Jahr 2013 begehrt. Das gesamte Schreiben spricht noch nicht einmal das Urlaubsjahr 2013 an. Es ist offenbar nach dem Urteil des BAG aus dem Jahr 2012 noch im Jahr 2012 für das Jahr 2012 und das zurückliegende Jahr 2011 erstellt worden. Die von der Klägerin im formularmäßigen Schreiben gewählten zwei Ankreuzoptionen beschäftigen sich allein mit den Urlaubsjahren 2011 und 2012. Aus vorgenannten Gründen müsste eine hinreichende Geltendmachung für das Jahr 2013 bezüglich dieses Schreibens tendenziell verneint werden.

56

Die endgültige Entscheidung kann jedoch aus zweierlei Gründen dahinstehen. Zum einen besteht, wie nachfolgend unter 3. dargestellt wird, materiell-rechtlich ohnehin kein höherer Urlaubsanspruch. Zum weiteren war im vorliegenden Fall ein ausdrücklicher Urlaubsantrag entbehrlich, da die Beklagte mit Klageerwiderung vom 16.12.2013, der Klägerin zugegangen noch im selbigen Jahre, noch im laufenden Urlaubsjahr 2013 eindeutig und abschließend erklärt hatte, der Klägerin nicht mehr Urlaub gewähren zu wollen. Damit lag seitens der Beklagten eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung als mögliche Schuldnerin des Urlaubsanspruches vor. Dies machte gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB eine Mahnung der Klägerin entbehrlich.

3.

57

Der Klägerin steht kein höherer Urlaubsanspruch als 28 Urlaubstage pro Kalenderjahr für das Jahr 2013 zu.

58

Der unstreitig bestehende Anspruch von 28 Tagen ist bereits erfüllt worden. Insgesamt war daher die Klage in jedem Fall abzuweisen.

a)

59

Ein höherer Anspruch der Klägerin folgt offensichtlich nicht aus der gesetzlichen Regelung in § 3 Bundesurlaubsgesetz.

b)

60

Ein höherer Urlaubsanspruch folgt nicht aus § 22 Abs. 2 MTV D.. Da die Klägerin noch nicht das 50. Lebensjahr vollendet hatte, bestand nach dem Wortlaut des Tarifvertrages nur ein Anspruch auf 28 Urlaubstage.

c)

61

Die Klägerin hat auch keinen höheren Urlaubsanspruch gemäß §§ 1, 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 1 und Abs. 2 AGG in Verbindung mit § 22 Abs. 2 MTV D..

62

Die Urlaubsregelung im MTV D. ist nicht gemäß § 7 Abs. 2 AGG unwirksam und führt somit nicht bezüglich der Dauer des Urlaubs zu einer verlangten Anpassung nach oben.

63

Zwar liegt unstreitig eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, da die Klägerin nach dem MTV D. weniger Urlaub erhält, als Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet haben.

64

Diese Ungleichbehandlung ist jedoch gemäß § 10 Satz 1, Satz 2 und Satz 3 Nr. 1 AGG gerechtfertigt. Denn § 22 Abs. 2 MTV D. bezweckt den in § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG genannten Schutz älterer Beschäftigter und ist geeignet, erforderlich und angemessen im Sinne von § 10 Satz 2 AGG.

65

Nach § 10 Satz 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters dann zulässig, wenn sie objektiv angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Dabei müssen die Mittel zur Erreichung des Zieles nach § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein. § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG konkretisiert unter anderem das legitime Ziel der Sicherstellung des Schutzes älterer Beschäftigter.

66

Bei der Gesamtabwägung ist zu beachten, dass dem Arbeitgeber ein von den Gerichten zu respektierender Gestaltungs- und Ermessensspielraum zusteht, wenn er über das gesetzliche Mindestmaß hinaus freiwillig zusätzliche Leistungen, auch Urlaubsleistungen, gewähren will (vgl. BAG, Urteil vom 21.10.2014, 9 AZR 956/12). Diese Rechtsprechung ist unproblematisch auch auf die Gewährung von Mehrurlaub im Rahmen eines Tarifvertrages anwendbar. Auch ist zu beachten, dass in der Rechtsprechung des EUGH anerkannt ist, dass die Sozialpartner auf nationaler Ebene nicht nur bei der Entscheidung, welches konkrete Ziel von mehreren im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik sie verfolgen wollen, sondern auch bei der Festlegung der Maßnahmen zu seiner Erreichung über einen weiten Gestaltungsspielraum verfügen (BAG, a. a. O.).

67

Gemessen an vorgenannten gesetzlichen Regelungen und grundsätzlichen Ansätzen ist die Regelung in § 22 Abs. 2 MTV D. nicht zu beanstanden.

68

Die tarifvertragliche Regelung gewährt Arbeitnehmern ab Vollendung des 50. Lebensjahres zwei weitere Urlaubstage. Sie bezweckt die Sicherstellung des Schutzes älterer Beschäftigter im Sinne von § 10 Abs. 3 Nr. 1 AGG.

69

In § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG ist nicht definiert, welcher Arbeitnehmer ein älterer Arbeitnehmer ist. Nicht ausreichend ist jedoch allein das höhere Alter. Aus diesem Grund war u. a. im Urteil des BAG vom 20.03.2012, 9 AZR 529/10, die Altersstaffelung beim Urlaub im TVöD als unwirksam angesehen worden. Vielmehr ist erforderlich, dass die begünstigten Arbeitnehmer auf Grund ihres Alters der Förderung bei der beruflichen Eingliederung oder des Schutzes innerhalb des Berufes bedürfen. Bereits in seinem Urteil vom 20. März 2012 zum Aktenzeichen 9 AZR 529/10 hatte es das BAG für „eher nachvollziehbar“ gehalten, dass bei über 50- oder über 60jährigen Beschäftigen ein altersbedingt gesteigertes Erholungsbedürfnis vorliege. In seiner Entscheidung vom 21.10.2014 zum Aktenzeichen 9 AZR 956/12 hatte das Bundesarbeitsgericht ein gesteigertes Erholungsbedürfnis für Arbeitnehmer bei einer Altersgrenze in dem dortigen Fall von 58 Jahren bestätigt.

70

Auch im nunmehr zur Entscheidung anstehenden Einzelfall ist davon auszugehen, dass unter Berücksichtigung eines gewissen Bewertungsspielraumes der Tarifvertragsparteien zulässigerweise eine Grenze von 50 Jahren als die Grenze festgelegt wurde, ab der Arbeitnehmer als sogenannte ältere Arbeitnehmer im Sinne des § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG eines besonderen Schutzes bedürfen.

71

Ausgangspunkt ist hierbei zunächst, dass es sich beim MTV D. um einen von der D. H. AG in Vertretung geschlossenen Haustarifvertrag für die Beklagte handelte. Anders als beim BAT oder TVöD, die für weiteste Bereiche des öffentlichen Dienstes galten, ist der MTV D. somit für die Beklagte als Klinik mit den dortigen speziellen Besonderheiten abgeschlossen worden.

72

Die Beklagte trug unstreitig vor, dass die Arbeitnehmer der Beklagten einer besonderen Belastung ausgesetzt sind. Sie verwies auf den typischerweise frühen Arbeitsbeginn mit bereits 16/17 Jahren (inklusive Lehre). Auch sind die Arbeitnehmer der Beklagten abweichend von der Allgemeinheit der Arbeitnehmer in besonderer Weise durch Wechselschicht, Nachtschicht und Arbeit an Feiertagen belastet. Die Beschäftigung der Arbeitnehmer der Beklagten erfolgt somit in erheblichem Maße unter Ausnutzung von Ausnahmeregelungen im Arbeitszeitgesetz. Abgesehen von vorgenannten Belastungen ist allgemein bekannt, dass insbesondere Krankenschwestern und Pfleger im Klinikbereich auch erheblichen körperlichen Belastungen ausgesetzt sind. Diese ergeben sich beim Umbetten und anderen Tätigkeiten am Patienten.

73

Weiterhin geht das Berufungsgericht wie das überwiegende Schrifttum und auch das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz in seinem Urteil vom 07.09.2012 zum Aktenzeichen 6 Sa 709/11 davon aus, dass ein Erfahrungssatz dahingehend besteht, dass mit zunehmendem Alter das Erholungsbedürfnis von Arbeitnehmern steigt (vgl. BAG, Urteil vom 21.10.2014, 9 AZR 956/12; Rz. 23 mit dortigen weiteren Literaturangaben). Dieser Erfahrungssatz wird auch bestätigt durch den Wirkungszusammenhang von erreichtem Lebensalter und höherer Krankheitsanfälligkeit. Auch alle bekannten privaten und öffentlichen Systeme der Kranken-, Renten- und Lebensversicherung beruhen auf dieser Erwartung (BAG, Urteil vom 21.10.2014, 9 AZR 956/12, Rz. 25). An vorgenannter Stelle führt das BAG ergänzend aus, dass diese Ergebnisse auch bestätigt werden durch den „Fortschrittsreport altersgerechte Arbeitswelt“, Ausgabe 3 des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Stand September 2013. Auch diese Studie zeigt ein Ansteigen der Anzahl der krankheitsbedingten Fehltage sowie eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes mit fortschreitendem Lebensalter. Insbesondere nimmt nach dieser Studie bei belastenden Berufen die Anzahl krankheitsbedingter Fehltage im Alter überproportional zu.

74

Gerade die Verbindung dieses Erfahrungssatzes in Verbindung mit der im konkreten Einzelfall der Beklagten erhöhten Belastung ihrer Arbeitnehmer führt dazu, dass ein gesteigertes Erholungsbedürfnis der älteren Arbeitnehmer der Beklagten anzuerkennen ist.

75

Soweit im Tarifvertrag nunmehr eine Altersgrenze von 50 Jahren festgeschrieben ist, ist dies nicht zu beanstanden. Eindeutige Grenzen sind gesetzlich nicht vorgegeben. Dies wäre auch insoweit problematisch, da die Grenze je nach Arbeitgeber und Tätigkeitsbereich desselben variieren kann. Insoweit verbleibt ein Bewertungsspielraum der Tarifvertragsparteien bzw. auch des Arbeitgebers, woraus sodann entsprechend ein eingeschränkter Prüfungsmaßstab der Arbeitsgerichte folgt. Mit dem Festsetzen einer Altersgrenze von 50 Jahren haben die Tarifvertragsparteien hier die Grenzen ihres Bewertungsspielraumes nicht überschritten. Bereits in seinem Urteil vom 20. März 2012, 9 AZR 529/10, hielt das BAG grundsätzlich eine Altersgrenze von 50 Jahren für zulässig. Auch verwies das BAG seinerzeit schon auf die Regelung in § 417 SGB III, welche ebenfalls auf eine Grenze von 50 Jahren abstellt. Mit der hier festgesetzten Grenze bei 50 Jahren umfasst der erhöhte Urlaubsanspruch gemessen an der Bandbreite des Erwerbslebens zwischen 17 Jahren und 67 Jahren auch nur das obere Drittel der Erwerbsjahre eines typischen Arbeitnehmers der Beklagten. Auch die Klägerin hat abgesehen vom allgemeinen Anzweifeln keine konkreten Anhaltspunkte für die Fehlerhaftigkeit der Grenze von 50 Lebensjahren hervorgetragen.

76

Im Weiteren ist davon auszugehen, dass die Gewährung von zwei weiteren Urlaubstagen auch dem legitimen Zweck des Schutzes älterer Arbeitnehmer dient. Andere Anhaltspunkte sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist es entgegen der Ansicht der Klägerseite jedoch nicht erforderlich, dass dieser Zweck ausdrücklich im Tarifvertrag festgehalten sein muss. Es ist ausreichend, wenn sich Anhaltspunkte für das Vorliegen dieses Zieles aus der Regelung ergeben (BAG, Urteil vom 21.10.2014, 9 AZR 956/12, Rz. 30). Dabei führt das Bundesarbeitsgericht im vorgenannten Urteil unter Randziffer 31 zu Recht weiter aus, dass bei einer Staffelung der Urlaubsdauer nach Lebensalter die Annahme nahe liegt, die Tarifvertragsparteien hätten einem mit zunehmendem Alter gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung tragen wollen. Davon ist auch im hiesigen Fall auszugehen. Anders als bei der früheren Regelung im TVöD gibt es auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass mit der Wahl der Altersstufen nicht einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung getragen werden sollte.

77

Die Regelung der Gewährung von zwei weiteren Tagen ist auch geeignet, den in § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG beschriebenen Zweck zu fördern. Es ist nachvollziehbar, dass die Gewährung von Mehrurlaub dem gesteigerten Erholungsbedarf älterer Arbeitnehmer dient. Die Tarifvertragsparteien haben dieses im Rahmen ihres Bewertungsspielraumes ausgewählt. Die Klägerin hat die Geeignetheit auch nicht in Zweifel gezogen. Für das Berufungsgericht gibt es keine Anhaltspunkte dafür, von einer Nichteignung auszugehen. Die Regelung ist auch erforderlich und angemessen im Sinne des § 10 Satz 2 AGG. Mildere Mittel, die in gleicher Weise den Schutz älterer Arbeitnehmer verwirklichen könnten, sind nicht ersichtlich (vgl. BAG, Urteil vom 21.10.2014, 9 AZR 956/12). Die Klägerin macht auch hinsichtlich dieser Tatbestandsmerkmale keine Unwirksamkeit geltend. Auch das Berufungsgericht sieht die Regelung von zwei Mehrtagen Urlaub ab Vollendung des 50. Lebensjahres unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit und Angemessenheit als nicht zu beanstanden an. Zwar sind theoretisch andere Maßnahmen denkbar. Dies könnte die Wahl eines niedrigeren Lebensalters bei Gewährung nur eines Tages Mehrurlaub sein. Allerdings ist hier auch wiederum den Tarifvertragsparteien ein Bewertungsspielraum zuzugestehen, der durch die Wahl von zwei Tagen ab Vollendung des 50. Lebensjahres nicht überschritten wurde.

78

Im Ergebnis ist die Regelung in § 22 Abs. 2 MTV D. nicht zu beanstanden. Der Klägerin stehen daher hieraus auch in Verbindung mit den Regelungen des AGG nur 28 Urlaubstage pro Jahr zu.

d)

79

Die Klägerin hat schließlich auch keinen Anspruch auf erhöhten Urlaub aus der Protokollnotiz zu § 22 Ziffer 2 MTV D..

80

Zwischen den Parteien ist strittig, wie diese Protokollnotiz zu verstehen ist und ob sie zu einem Anspruch der Klägerin führt.

81

Die streitige Protokollnotiz bedarf der Auslegung, da sie entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts Schwerin allein aus ihrem Wortlaut heraus nicht eindeutig formuliert ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgt die Auslegung eines Tarifvertrages den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an einer Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAG, Urteil vom 22.04.2010, 6 AZR 962/08).

82

Bei unmittelbarer Wortlautauslegung ergibt sich, dass dies nicht zu einem eindeutigen Ergebnis führt. Die Protokollnotiz spricht im Ausgangspunkt von Arbeitnehmern, die vor Inkrafttreten des Tarifvertrages einen höheren Urlaubsanspruch haben. Bereits an dieser Stelle ist schon fraglich, was mit dieser Formulierung und dem Begriff weiteren Begriff „Besitzstand“ gemeint war. Denkbar ist der von den Tarifvertragsparteien seinerzeit als richtig angesehene Urlaubsanspruch, so wie er sich direkt aus einem Tarifvertrag ablesen ließ, wobei die Tarifvertragsparteien des MTV D. nicht die Tarifvertragsparteien des Tarifvertrages sind, aus welchem die Klägerin den höheren Urlaubsanspruch ziehen möchte. Denkbar ist aber auch die Annahme eines Anspruches wie er sich unter Berücksichtigung des AGG erst später, gegebenenfalls auch Jahre später, darstellt. Denkbar ist letztlich auch ein Urlaubsanspruch, von dem die Arbeitsvertragsparteien in Auslegung eines bestehenden Haustarifvertrages oder aber sonstiger Regelungen praktisch jahrelang ausgegangen sind. Nicht ganz eindeutig ist es auch, wenn die Parteien in der Protokollnotiz auf den Urlaubsanspruch am 31. Dezember 2006 für den einzelnen Arbeitnehmer abstellen. Allein vom puren Wortlaut her ist es denkbar, dass viele Arbeitnehmer, vielleicht sogar die meisten Arbeitnehmer, genau am 31. Dezember 2006 gar keinen Urlaubsanspruch mehr hatten, da ihr Jahresurlaub bereits verbraucht war. Auch hieraus wird deutlich, dass die Protokollnotiz nicht klar und eindeutig formuliert ist.

83

Es ist somit der Sinn und Zweck der Regelung zu hinterfragen. Dies führt hier zu einem klaren Ergebnis.

84

Dabei ist zunächst die geschichtliche Entwicklung des MTV D. mit zu berücksichtigen. Von Bedeutung war hierbei, dass der MTV D. vom 02.03.2010 auf Grund einer Vertretungsproblematik während eines früheren Vertragsschlusses im Jahr 2006 textidentisch mit dem Tarifvertrag vom 12. Dezember 2006 ist. Dieser Tarifvertragstext ist somit bereits am 12. Dezember 2006 schon einmal unterzeichnet worden. Ausgehend von den üblichen Abläufen der Verhandlung eines Tarifvertrages, der abschließenden Endverhandlung eines Tarifvertrages, der internen Abstimmung/Bestätigung des endverhandelten Tarifvertragstextes bei jedem Tarifvertragspartner und schließlich der Wahl des Datums der Unterzeichnung des Tarifvertrages, ist davon auszugehen, dass der Tarifvertrag mit diesem Text schon u.U. vor dem 12.12.2006 verhandelt wurde. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass das AGG erst am 18.08.2006 in Kraft getreten war. Dies bedeutet, dass bei Verhandlung des Tarifvertrages das Urteil des BAG vom 20.03.2012 zur Feststellung der Unwirksamkeit der Urlaubsstaffelung nach Lebensalter im TVöD noch nicht vorhanden war. Auch die dazu erstinstanzliche Entscheidung des Arbeitsgerichts Eberswalde trägt ein Aktenzeichen aus dem Jahr 2009. Auch die Entscheidung des BAG vom 08.12.2011 zum Aktenzeichen 6 AZR 319/09 bezüglich der Altersdiskriminierung bei Überleitung in den TVöD war hier noch nicht bekannt. Selbiges gilt auch für das erstinstanzliche Verfahren beim Arbeitsgericht Bonn, welches ein Aktenzeichen aus dem Jahr 2007 trägt. Auch das Urteil des BAG vom 10.11.2011 zum Aktenzeichen 6 AZR 148/09 bezüglich der Diskriminierung bei der Vergütung nach dem Lebensalter im BAT war hier noch unbekannt. Dies gilt auch für das erstinstanzliche Verfahren beim Arbeitsgericht Berlin, welches ein Aktenzeichen aus dem Jahr 2007 aufzuweisen hat. Es sind somit keinerlei Anzeichen dafür erkennbar, dass die Tarifvertragsparteien bei der Verhandlung des MTV D. im Jahr 2006 bereits von einer bekannten oder aber möglichen Unwirksamkeit der Altersstaffelung im TVöD ausgegangen sind. Es ist somit nicht davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien damit rechneten, dass höhere Urlaubsansprüche nach § 7 Abs. 2 AGG in Verbindung mit dem TVöD entstehen könnten bzw. wahrscheinlich waren.

85

Deshalb ist zu hinterfragen, ob die tarifliche Regelung in der Protokollnotiz zu § 22 Ziffer 2 MTV D. noch anderweitig einen vernünftigen Sinn hat. Dies ist zu bejahen. Der Tarifvertrag sollte den Arbeitnehmern einen höheren Urlaubsanspruch bewahren, die vor dem Inkrafttreten des nach § 164 BGB unwirksamen ersten Tarifvertrages zum 01.01.2007 einen höheren Anspruch hatten. Hierbei hatte man auch schon konkrete Überlegungen im Hinterkopf. Dies können Urlaubsansprüche aus einem früheren MTV D. sein (für Töchter der D. H. AG, die schon länger eingegliedert waren). Möglich sind auch höhere Urlaubsansprüche auf Grund individualvertraglicher Vereinbarung sowie auf Grund betrieblicher Übung, die man teils klarstellender Weise nicht angreifen wollte. Auch und vor allem sind höhere Ansprüche aus dem TVöD denkbar. Denn der TVöD sah seinerzeit ab gewissen Altersgrenzen Urlaubsansprüche im Umfang von 29 wie auch 30 Urlaubstagen vor. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die D. H. AG seinerzeit mehrere kommunale Kliniken unter Zuhilfenahme der Gründung von Tochterunternehmen übernommen hatte. So ist aus § 36 Ziffer 4 des MTV D. entnehmbar, dass der bisher geltende Entgelttarifvertrag vom 15. November 2005 keine Anwendung auf verschiedene neu in den Haustarifvertrag zu integrierende Häuser finden sollte. Dies betraf auch die Beklagte, die von der Stadt C-Stadt übernommen worden war. Insbesondere bei der heutigen Beklagten bestand somit die Situation, dass gemäß § 613 a BGB Arbeitnehmer übernommen worden waren, die bis zur Übernahme auf Grund kommunaler Trägerschaft der Klinik einen Urlaubsanspruch nach dem TVöD hatten, welcher sich auch im Bereich von 29 Tagen oder aber 30 Tagen bewegen konnte. Hier sollte den Arbeitnehmern offenbar dieser erhöhte Urlaubsanspruch erhalten bleiben, ohne dass die neue und für den Arbeitnehmer schlechtere Regelung von nur 28 Urlaubstagen gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB verschlechternd auf das Arbeitsverhältnis dieser Arbeitnehmer einwirken sollte. Der Protokollnotiz kommt somit ein eindeutiger und nachvollziehbarer Sinn und Zweck zu. Berücksichtigt man dann gleichzeitig, dass bei Verhandlung des Ursprungstextes dieses Tarifvertrages im Jahr 2006 des AGG gerade in Kraft getreten war und Rechtsstreitigkeiten zu einer Altersdiskriminierung bei der Urlaubsgewährung noch nicht vorhanden waren, erschließt sich, dass die Protokollnotiz allein den oben beschriebenen Zweck haben sollte, jedoch nicht einen Anspruch auf Grund der Regelungen des AGG mit umfassen sollte. Es ist nachvollziehbar, dass die Tarifvertragsparteien im Fall des Haustarifvertrages für die Beklagte allein den tariflichen Urlaubsanspruch für die Arbeitnehmer so sichern wollten, wie er zum Zeitpunkt der Verhandlungen im Jahr 2006 bekannt war. Das war der Urlaubsanspruch, wie er eindeutig aus dem Wortlaut des TVöD ablesbar war und seinerzeit auch bei der Beklagten, ihrer Rechtsvorgängerin und sonstigen öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern gelebt wurde.

86

Es gibt keine Anhaltspunkte für eine darüber hinausgehende Regelung bzw. einen darüber hinausgehenden Regelungswillen der Tarifvertragsparteien. Denn nach den Darstellungen im Absatz zuvor, haben die Tarifvertragsparteien des MTV D. in ihrem Haustarifvertrag einen Urlaubsanspruch in der Höhe festgelegt, wie ihn teils andere Tarifvertragsparteien in einem anderen Tarif (TVöD) ausdrücklich festgelegt haben. Tarifvertragsparteien wollten somit Ansprüche festschreiben, wie ihn ebenfalls Tarifvertragsparteien zuvor gewährt hatten. Nach dem klägerischen Verständnis hätten die Tarifvertragesparteien im Ergebnis aber auch Ansprüche festgelegt bzw. festgeschrieben, wie sie aus dem AGG als Gesetz folgen. Dann wäre mit Blick auf die im Arbeitsrecht bekannte Normenpyramide jedoch fraglich, ob die Tarifvertragsparteien tatsächlich über andere tarifliche (somit gleichartige) Regelungen hinaus, den Urlaub abstrakt auch mit Blick auf hierarchisch über dem Tarifvertrag liegende Bestimmungen (Gesetze) regeln wollten. Dies wäre so weitreichend und ungewöhnlich, dass hierfür besondere Anhaltspunkte erkennbar sein müssten. Auch von der Regelungstechnik her wäre die Protokollnotiz von außergewöhnlicher Natur. Eine Protokollnotiz enthält schon nach ihrem Wortlaut Ergänzungen und Erläuterungen und Klarstellungen zur eigentlichen tariflichen Regelung. Hier soll die Protokollnotiz nach dem klägerischen Verständnis jedoch mehr zuerkennen, als der Tarifvertrag und frühere Tarifverträge selbst; ein Anspruch aus dem AGG, einem Gesetz, soll nach klägerischen Verständnis dauerhaft festgeschrieben werden.

87

Auch ein weiterer Grund spricht dafür, dass die Besitzstandsregelung in der Protokollnotiz nicht zu einem höheren Anspruch führt. Dieses Argument setzt am Wortverständnis des Begriffes „Besitzstand“ an. Der Besitzstand wird gemeinhin als etwas verstanden, was man bereits besitzt, was man erreicht hat, was einem zusteht und einem eigentlich nicht mehr genommen werden kann. Auch der Duden beschreibt den Besitzstand als „Stand dessen, was jemand, besonders ein Lohnabhängiger, im Hinblick auf die Höhe des Gehalts, der sozialen Leistungen o. ä. erreicht hat“. Die Klägerin hatte jedoch keinen Besitzstand von 30 Urlaubstagen. Der Klägerin ist in diesem Zusammenhang zuzugeben, dass das Urteil des BAG vom 20.03.2012 zum Aktenzeichen 9 AZR 529/10 unproblematisch auch auf ihr Arbeitsverhältnis und auch auf die Zeiträume zu übertragen ist, in welchem auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin der TVöD anwendbar war. Dies bedeutet, dass der TVöD, auch schon im Jahr 2006 mit seiner Altersstaffelung bezüglich der Urlaubsregelung unzulässig altersdiskriminierend war. Hätte die Klägerin daher seinerzeit im Jahr 2006 bereits eine Altersdiskriminierung hinsichtlich der Urlaubsregelung geltend gemacht, hätte festgestellt werden müssen, dass auf Grund einer vorliegenden unzulässigen Altersdiskriminierung eine Anpassung nach oben hätte stattfinden müssen. Die Klägerin hätte in der Summe tatsächlich im Jahr 2006 30 Urlaubstage erhalten. Unproblematisch ist bei den nachfolgenden Betrachtungen, dass die Klägerin dies seinerzeit nicht geltend gemacht hatte. Denn die rechtzeitige Geltendmachung des Urlaubsanspruches hat jeweils nur Einfluss auf den Urlaubsanspruch für das jeweilige Kalenderjahr. Auf das grundsätzlich bestehende und fortwährende Stammrecht einer grundsätzlichen Urlaubshöhe ist eine rechtzeitige Geltendmachung ohne Einfluss. Wenn somit für der Klägerin festgestellt werden kann, dass ihr im Jahr 2006 auf Grund der altersdiskriminierenden Wirkung des TVöD und einer Anpassung nach oben 30 Tage Urlaub zustanden, so handelt es sich bei diesen 30 Tagen Urlaub doch nicht um einen sogenannten Besitzstand. Zwar hatte die Klägerin im Jahr 2006 einen Anspruch auf 30 Tage Urlaub in der Summe.

88

Jedoch war dies kein dauerhafter Anspruch, den sie bereits erreicht hatte und den sie fortwährend in den Folgejahren hätte verlangen können. Bei den 30 Tagen Urlaub im Jahr 2006 handelte es sich vielmehr um eine vorübergehende, zeitlich punktuelle Anspruchslage. Diese nur zeitlich punktuelle Anspruchslage im Kalenderjahr 2006 ergab sich als Folge der unzulässig altersdiskriminierenden Wirkung der Urlaubsregelung im TVöD in Zusammenwirken mit dem AGG. Die Rechtsfolge einer unzulässigen Altersdiskriminierung ist nach § 7 Abs. 2 AGG nur die Unwirksamkeit der diskriminierenden Bestimmung. Danach wäre die Regelung in § 26 TVöD, wonach die Klägerin nur 26 Urlaubstage pro Jahr erhalten sollte, unwirksam. Diese durch § 7 Abs. 2 AGG angeordnete Unwirksamkeit der Regelung von 26 Urlaubstagen würde für die Klägerin aber dazu führen, dass die Klägerin auf den gesetzlichen Mindesturlaub gemäß § 3 Bundesurlaubsgesetz zurückfiele. Insoweit ist § 7 Abs. 2 AGG in diesem Fall nicht zur Beseitigung der Diskriminierung geeignet (vgl. BAG, 20.03.2012, 9 AZR 529/10, Rz. 28, 29). Das BAG stellt im vorgenannten Urteil unter Randziffer 30 auch fest, dass den begünstigten Arbeitnehmern, also denjenigen, die bereits 30 Tage erhielten, diese Tage nicht wieder nachträglich genommen werden könnten. Nach der Rechtsprechung des EUGH sind aber die nationalen Gerichte gehalten, eine Diskriminierung auf jede denkbare Weise und insbesondere dadurch auszuschließen, dass sie die Regelung für die nicht benachteiligte Gruppe auch auf die benachteiligte Gruppe anwenden. Im Ergebnis konnte die altersdiskriminierende Wirkung der Urlaubsregelung in § 26 TVöD allein dadurch beseitigt werden, dass bei den diskriminierten Arbeitnehmern eine Anpassung nach oben erfolgt.

89

Bei dieser Anpassung nach oben vollziehen die Gerichte mit Blick auf die Rechtsfolge somit keine unmittelbare gesetzliche Anordnung. Sie beseitigen nur sofort eine Diskriminierung, weil dies anderweitig nicht unmittelbar möglich ist. Insbesondere schließt das BAG im vorgenannten Urteil auch eine Aussetzung des Verfahrens zur Anpassung durch die Tarifvertragspartner aus. Bei dieser Anpassung nach oben handelt es sich deshalb nicht um die Begründung eines dauerhaften Rechtes des ehemals diskriminierten Arbeitnehmers auf dauerhafte Leistung entsprechend dieser Anpassung. Diese Anpassung nach oben ist vielmehr nur eine Handlungsmöglichkeit der Gerichte zur Beseitigung einer bereits stattgefundenen oder gerade stattfindenden Diskriminierung. Die über den Wortlaut des § 7 Abs. 2 AGG hinausgehende Anpassung nach oben ist daher von der Wirkung einem Ausgleichsanspruch oder aber einem Schadensersatzanspruch vergleichbar. Dabei hat eine Anpassung nach oben durch die Gerichte aber auch nur dann und auch nur so lange zu erfolgen, wie eine Diskriminierung vorliegt. Denn die Anpassung nach oben ist nur die kausale Folge, welche durch einen Diskriminierungsakt ausgelöst wurde. Wird der Arbeitnehmer in der Zukunft nicht mehr durch den Arbeitgeber diskriminiert, so wird es auch in der Zukunft keinen Diskriminierungsausgleich in der Form der Anpassung nach oben geben können. Dabei ist auch zu beachten, dass es grundsätzlich die Aufgabe der Tarifvertragsparteien ist, eine benachteiligungsfreie Regelung zu treffen, wofür ihnen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung stehen (BAG, Urteil vom 20.03.2012, 9 AZR 529/10, Rz. 28). Mit der Anpassung nach oben schaffen die Gerichte somit keine zukunftsgerichtete dauerhaft wirksame Regelung, die zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Anwendung finden würde. Eine solche zukunftsgerichtete Regelung stünde den Arbeitsgerichten angesichts der grundgesetzlich garantierten Vertragsfreiheit der Tarifvertragsparteien und Arbeitsvertragsparteien auch nicht zu. Dies macht deutlich, dass eine Anpassung nach oben immer nur eine einmalige Folge auf eine stattgefundene bzw. gerade stattfindende Diskriminierung ist.

90

Dann kann eine vorgenommene Anpassung nach oben, von der man für das Jahr 2006 ausgehen könnte, jedoch nicht dazu führen, dass dies als Besitzstand angesehen werden müsste. Der gerichtlich angeordnete Ausgleich für eine stattgefundene Diskriminierung ist schon nach dem Wortsinn kein durch den Arbeitnehmer erreichter Besitzstand. Der Arbeitnehmer kann sich nicht dauerhaft darauf berufen, weiterhin Jahr für Jahr einen Ausgleich im Sinne einer Anpassung nach oben zu erhalten. Denn die Klägerin hatte im Jahr 2006 keinen Anspruch auf originäre 30 Urlaubstage. Sie hatte nur einen Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub im Umfang von 20 Urlaubstagen zuzüglich eines Ausgleichsanspruches von zehn Urlaubstagen im Rahmen einer Anpassung nach oben auf 30 Urlaubstage. Diese Anpassung nach oben im Umfang von zehn Urlaubstagen steht ihr jedoch nur zu, wenn sie diskriminiert wird. Wollte man diesen Ausgleich als Besitzstand ansehen so müsste die Klägerin auch einen Besitzstand und damit Anspruch dahingehend zu haben, in Zukunft auch weiterhin dauerhaft diskriminiert zu werden. Denn nur eine Diskriminierung löst den Ausgleichsanspruch aus.

91

Auch in seinem Urteil vom 08.12.2011, 6 AZR 319/09, bezüglich einer Altersdiskriminierung bei der Überleitung in den TVöD führte das BAG unter Randziffer 23 aus, dass die lebensaltersbezogene Grundvergütung im BAT altersdiskriminierend war. Dies war durch eine Anpassung nach oben auszugleichen. Allerdings führte das BAG weiterhin zu Recht aus, dass diese Pflicht zur Anpassung nach oben mit der Ablösung eines altersdiskriminierenden Vergütungssystems durch ein diskriminierungsfreies Vergütungssystem endet. Auch dies macht deutlich, dass ebenfalls das Bundesarbeitsgericht davon ausgeht, dass eine Anpassung nach oben immer davon abhängig ist, dass aktuell noch eine Diskriminierung stattfindet. Ein dauerhafter Besitzstand wird hierdurch nicht erreicht.

92

Im Übrigen hatte das Bundesarbeitsgericht im selbigen Urteil unter Randziffer 24 ausgeführt, dass eine vorübergehende Vergütung aus der höchsten Lebensaltersstufe der jeweiligen Vergütungsgruppe des BAT ausschließlich zur Beseitigung der Diskriminierung innerhalb des diskriminierenden Systems zu erfolgen hat. Allerdings müsse eine Vergütung aus der höchsten Lebensaltersstufe der jeweiligen Vergütungsgruppe des BAT nicht als Anknüpfungspunkt für die endgültige Eingliederung in das diskriminierungsfreie Entgeltsystem des TVöD dienen. Das BAG ging somit davon aus, dass zwar die diskriminierende Wirkung einer Regelung aktuell durch eine Anpassung nach oben ausgeglichen werden muss. Bei einer Überleitung in das diskriminierungsfreie Folgesystem jedoch als Anknüpfungspunkt an den diskriminierenden Besitzstand angeknüpft werden kann.

93

Aus der Gesamtschau vorgenannter Argumente folgt, dass der Begriff des Besitzstandes in der Protokollnotiz zu § 22 Abs. 2 MTV D. nicht den von der Klägerin einmalig im Jahr 2006 begehrbaren Ausgleich in Form einer Anpassung nach oben umfasst. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifvertragsparteien einen einmalig zu zahlenden Ausgleich zu einem Besitzstand erklären und damit eine einmalige Pflichtverletzung zur Grundlage künftig dauerhaft höherer Leistungen zu Gunsten des Arbeitnehmers machen wollten.

94

Im Ergebnis konnte die Klägerin daher auch aus der Protokollnotiz zu § 22 Satz 2 MTV D. keinen höheren Urlaubsanspruch ableiten.

e)

95

Hieraus folgt die Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils hinsichtlich des Urlaubsjahres 2013.

96

Die Klage war im Ergebnis somit auch hinsichtlich des Jahres 2013 und unter Berücksichtigung des rechtskräftig gewordenen Teiles des Urteils des Arbeitsgerichts Schwerin insgesamt abzuweisen.

II.

97

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

98

Die Revision war nicht zuzulassen.

99

Das Berufungsgericht weicht nicht von der Rechtsprechung des BAG ab. Außerdem kommt den Regelungen im MTV D. auf Grund der begrenzten Auswirkungen keine grundsätzliche Bedeutung zu, wobei dies insbesondere für die Protokollnotiz zu § 22 Satz 2 MTV D. gilt, da sich diese Protokollnotiz nur auf Arbeitnehmer auswirken könnte, die bereits am 31.12.2006 beschäftigt waren.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.