Landesarbeitsgericht Hamm Urteil, 03. März 2016 - 18 Sa 903/15

ECLI:ECLI:DE:LAGHAM:2016:0303.18SA903.15.00
bei uns veröffentlicht am03.03.2016

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts  Bielefeld  vom  10.06.2015 – 6 Ca 3076/14 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Landesarbeitsgericht Hamm Urteil, 03. März 2016 - 18 Sa 903/15 zitiert 9 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 307 Inhaltskontrolle


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen


(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 4 Anrufung des Arbeitsgerichts


Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung er

Gewerbeordnung - GewO | § 106 Weisungsrecht des Arbeitgebers


Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder geset

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 2 Änderungskündigung


Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt a

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 7 Wirksamwerden der Kündigung


Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam; ein vom Arbeitnehmer nach § 2 erklärter Vorbehalt erlischt.

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 13 Außerordentliche, sittenwidrige und sonstige Kündigungen


(1) Die Vorschriften über das Recht zur außerordentlichen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses werden durch das vorliegende Gesetz nicht berührt. Die Rechtsunwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung kann jedoch nur nach Maßgabe des § 4 Satz 1 un

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 22. Okt. 2015 - 2 AZR 550/14

bei uns veröffentlicht am 22.10.2015

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 1. Juli 2014 - 13 Sa 925/12 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 10. Apr. 2014 - 2 AZR 684/13

bei uns veröffentlicht am 10.04.2014

Tenor 1. Die Revision des Klägers und die Anschlussrevision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 20. Juni 2013 - 11 Sa

Bundesarbeitsgericht Urteil, 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11

bei uns veröffentlicht am 19.07.2012

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 19. Juli 2010 - 5 Sa 604/10 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 22. Feb. 2012 - 5 AZR 765/10

bei uns veröffentlicht am 22.02.2012

Tenor 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 5. Oktober 2010 - 6 Sa 63/10 - wird zurückgewiesen.

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Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 19. Juli 2010 - 5 Sa 604/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Änderungskündigung mit notwendiger Auslauffrist.

2

Die Klägerin ist seit dem 9. April 1987 im K Möbelhaus der Beklagten beschäftigt und verdiente zuletzt monatlich 2.300,00 Euro brutto. In ihrem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 1. April 1987 wurde eine Tätigkeit als „Verkäuferin“ bei einem Arbeitszeitvolumen von 107 Stunden monatlich vereinbart. Die Klägerin war zuletzt in der zentral organisierten „Preisauszeichnung“ eingesetzt. Ihre Aufgabe bestand darin, auf Anforderung hin beschädigte oder abhanden gekommene Preisschilder in den einzelnen Abteilungen des Kaufhauses zu ersetzen und für eine korrekte Preisauszeichnung zu sorgen. In einer von den Parteien unterzeichneten und dem Betriebsrat zur Zustimmung zugeleiteten „Arbeitszeitänderung“ vom 13. Oktober 1994 wurde die „durchschnittliche Stundenzahl monatlich“ mit 163 angegeben und waren als Arbeitszeiten für die Tage von Montag bis Freitag die Stunden von 8:00 bis 17:00 Uhr einschließlich einer Stunde Pause aufgeführt. Der Betriebsrat erteilte seine Zustimmung. Einige Jahre später wurde das Arbeitszeitende für die Tage Montag bis Donnerstag auf 16:00 Uhr, für den Freitag auf 13:30 Uhr verlegt.

3

In den Jahren 2008 und 2009 nahm die Klägerin als Ersatzmitglied an mehreren Sitzungen des Betriebsrats teil.

4

Die Beklagte beschloss im Jahr 2009, die Preisauszeichnung nicht mehr zentral, sondern durch jede Abteilung selbst ausführen zu lassen. Die Klägerin sollte deshalb im Verkauf eingesetzt werden.

5

Mit Schreiben vom 9. April 2009 hörte die Beklagte den Betriebsrat zu einer beabsichtigten außerordentlichen Änderungskündigung an. Er widersprach dieser Maßnahme.

6

Mit Schreiben vom 21. April 2009 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich mit Auslauffrist zum 31. Oktober 2009 und bot der Klägerin eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses im Verkauf ab dem 1. November 2009 an. Die Klägerin nahm das Änderungsangebot unter Vorbehalt an. Am 21. April 2009 erhielt die Klägerin nach ihrem von der Beklagten nicht bestrittenen Vorbringen die Einladung zu einer Betriebsratssitzung, an der sie zwei Tage später teilnahm.

7

Mit ihrer rechtzeitig erhobenen Klage hat sich die Klägerin gegen die Änderungskündigung gewandt. Sie hat die Auffassung vertreten, diese sei schon wegen nicht ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats unwirksam. Dem Betriebsrat sei nicht mitgeteilt worden, dass sie im Verkaufsbereich nunmehr an sechs Tagen unter Einschluss des Samstags tätig werden solle. Auch für eine solche Änderung der Lage der Arbeitszeit habe es einer Änderungskündigung bedurft. Im Übrigen lägen die Voraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB nicht vor. Auch sei die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht gewahrt worden.

8

Die Klägerin hat - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - beantragt

        

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 21. April 2009 sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Betriebsrat sei ordnungsgemäß angehört worden. Sie habe ihm alle maßgeblichen Kündigungsgründe mitgeteilt. Mit der Klägerin sei keine feste Arbeitszeit vertraglich vereinbart gewesen; diese ergebe sich aus den geltenden Betriebsvereinbarungen, die dem Betriebsrat bekannt seien.

10

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision hält die Beklagte an ihrem Begehren fest, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das angegriffene Urteil war aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen durfte das Landesarbeitsgericht die Änderungskündigung vom 21. April 2009 nicht als unwirksam ansehen. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden. Der relevante Sachverhalt ist noch nicht hinreichend festgestellt (§ 563 Abs. 3 ZPO).

12

I. Das Landesarbeitsgericht hat die Zulässigkeit der Berufung der Beklagten zu Recht bejaht.

13

1. Nach § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG beträgt die Berufungsfrist einen Monat, die Frist zur Begründung der Berufung zwei Monate. Nach § 66 Abs. 1 Satz 2 ArbGG beginnen beide Fristen mit Zustellung des vollständig abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung. Die Berufungsfrist endet damit in jedem Fall spätestens sechs Monate nach der Verkündung (BAG 6. Juli 2005 - 4 AZR 35/04 - zu I 1 der Gründe). Das Urteil ist dann rechtskräftig (Germelmann in Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge ArbGG 7. Aufl. § 66 Rn. 16).

14

2. Die Beklagte hat die Berufungs- und die Berufungsbegründungsfrist gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG gewahrt.

15

a) Das Urteil des Arbeitsgerichts ist am 3. November 2009 verkündet worden. Die Zustellung des vollständig abgefassten Urteils erfolgte nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts am 29. April 2010, also später als fünf Monate nach Verkündung.

16

b) Die Beklagte hat innerhalb eines Monats nach Ablauf der fünf Monate Berufung eingelegt, nämlich noch am 29. April 2010. Sie hat die Berufung am 12. Mai 2010 und somit innerhalb von zwei Monaten nach Ablauf der fünf Monate begründet.

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II. Aufgrund der bisherigen tatsächlichen Feststellungen durfte das Landesarbeitsgericht die außerordentliche Änderungskündigung vom 21. April 2009 nicht nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG für unwirksam halten. Es steht nicht fest, ob es insoweit einer Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 BetrVG bedurfte. Das wäre nicht der Fall, wenn die Versetzung der Klägerin in den Verkaufsbereich mit geänderten Arbeitszeiten schon ohne Änderungskündigung rechtswirksam vorgenommen werden konnte, die ausgesprochene Änderungskündigung demnach „überflüssig“ war.

18

1. Die von der Klägerin begehrte Feststellung, die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 21. April 2009 sei unwirksam, kann nicht getroffen werden, wenn das von ihr unter Vorbehalt angenommene „Änderungsangebot“ der Beklagten in Wirklichkeit gar nicht auf eine Änderung der Arbeitsvertragsbedingungen abzielte.

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a) Nach § 4 Satz 2 KSchG ist eine Änderungsschutzklage auf die Feststellung zu richten, die Änderung der Arbeitsbedingungen sei „sozial ungerechtfertigt“ oder sei „aus einem anderen Grund rechtsunwirksam“. Auf eine außerordentliche Änderungskündigung ist § 4 Satz 2 KSchG trotz des einschränkenden Wortlauts von § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG entsprechend anzuwenden (BAG28. Oktober 2010 - 2 AZR 688/09 - Rn. 12, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 148 = EzA KSchG § 2 Nr. 80). Eine solche Feststellung können die Gerichte nicht treffen, wenn das mit der Kündigung verbundene „Änderungsangebot“ gar nicht auf eine Änderung der bestehenden Vertragsbedingungen gerichtet ist, sondern die bereits bestehenden Vertragsbedingungen inhaltlich nur wiederholt. Das ist der Fall, wenn die in ihm vorgesehenen „neuen“ Bedingungen vom Arbeitgeber schon durch Ausübung des Direktionsrechts durchgesetzt werden können (BAG 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 12; 29. September 2011 - 2 AZR 617/10 - Rn. 14; ErfK/Oetker 12. Aufl. § 2 KSchG Rn. 14). Voraussetzung für die Begründetheit einer Änderungsschutzklage nach § 4 Satz 2 KSchG ist, dass die Parteien über die Berechtigung einer Änderung ihrer arbeitsvertraglichen Vereinbarungen streiten. Das Fehlen der sozialen Rechtfertigung einer Änderung der Arbeitsbedingungen oder deren Unwirksamkeit aus anderen Gründen kann nicht festgestellt werden, wenn der Vertrag der Parteien in Wirklichkeit nicht geändert werden soll. Das gilt auch für eine außerordentliche Änderungskündigung, insbesondere für eine außerordentliche Änderungskündigung mit notwendiger Auslauffrist, die der ordentlichen Änderungskündigung in den Rechtsfolgen angenähert ist (BAG 29. September 2011 - 2 AZR 617/10 - Rn. 14).

20

b) Hat der Arbeitnehmer - wie hier - das Änderungsangebot des Arbeitgebers unter Vorbehalt angenommen und Änderungsschutzklage nach § 4 Satz 2 KSchG erhoben, streiten die Parteien nicht über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und damit nicht über die Rechtswirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung, sondern nur noch über die Berechtigung des Angebots auf Änderung der Arbeitsbedingungen. Streitgegenstand der Änderungsschutzklage ist nicht die Wirksamkeit der Kündigung, sondern der Inhalt der für das Arbeitsverhältnis geltenden Vertragsbedingungen (BAG 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 13; 26. August 2008 - 1 AZR 353/07 - Rn. 17, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 139 = EzA KSchG § 2 Nr. 72).

21

c) Vom Arbeitgeber erstrebte Änderungen, die sich schon durch die Ausübung des Weisungsrechts gemäß § 106 Satz 1 GewO durchsetzen lassen, halten sich im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen und sind keine „Änderung der Arbeitsbedingungen“ iSv. § 2 Satz 1, § 4 Satz 2 KSchG(BAG 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 14). Soll der bestehende Vertragsinhalt nicht geändert werden, liegt in Wirklichkeit kein Änderungsangebot vor, die vermeintlich erst herbeizuführenden Vertragsbedingungen gelten bereits. Eine Änderungskündigung ist „überflüssig“. Eine Änderungsschutzklage ist dann unbegründet (BAG 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - aaO; KR/Rost 9. Aufl. § 2 KSchG Rn. 28). Es kann in diesem Fall schlechterdings nicht festgestellt werden, der Änderung der Vertragsbedingungen fehle es an einem wichtigen Grund oder sie sei aus anderen Gründen rechtsunwirksam (BAG 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - aaO; vgl. auch ErfK/Oetker 12. Aufl. § 2 KSchG Rn. 14).

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2. Nach den bisherigen Feststellungen schuldete die Klägerin eine Tätigkeit als Verkäuferin. Danach hält sich die von der Beklagten für sie vorgesehene Tätigkeit im Rahmen der bestehenden vertraglichen Abrede. Um ihr diese Tätigkeit zuzuweisen, bedurfte es folglich keiner Änderungskündigung. Zwischen den Parteien steht dagegen im Streit, ob die Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf die Wochentage von Montag bis Freitag und der Beginn und das Ende der täglichen Arbeitszeit vertraglich fest vereinbart sind. Liegt keine feste vertragliche Vereinbarung vor, gehört es nach § 106 Satz 1 GewO zum Gegenstand des Direktionsrechts der Beklagten, die Lage der Arbeitszeit zu bestimmen(vgl. BAG 15. September 2009 - 9 AZR 757/08 - Rn. 51, BAGE 132, 88). Haben die Parteien dagegen die Lage der Arbeitszeit vertraglich festgelegt, ist sie gemäß § 106 Satz 1 Halbs. 2 GewO einer näheren Ausgestaltung im Wege des Direktionsrechts der Beklagten entzogen. Eine solche Vereinbarung können die Vertragsparteien ausdrücklich oder konkludent schließen. Wollen sie das Weisungsrecht des Arbeitgebers durch eine vertragliche Regelung einschränken, müssen sie das hinreichend deutlich zum Ausdruck bringen (Schaub/Linck ArbR-Hdb. 13. Aufl. § 45 Rn. 67, 68; HWK/Lembke 4. Aufl. § 106 GewO Rn. 38).

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3. Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, ob die Bestimmung der Lage der Arbeitszeit dem Direktionsrecht der Beklagten unterfällt oder diesem aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung der Parteien entzogen ist.

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a) Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 1. April 1987 enthält keine ausdrückliche Regelung zur Verteilung der Arbeitszeit.

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b) Das Landesarbeitsgericht hat dahinstehen lassen, ob die in der „Arbeitszeitänderung“ vom 13. Oktober 1994 aufgeführten Arbeitszeiten ein einseitig nicht mehr änderbarer Vertragsbestandteil geworden sind. Dies durfte nicht dahingestellt bleiben. Das Landesarbeitsgericht wird vielmehr zu klären haben, ob die Parteien die Verteilung der Arbeitszeit der Klägerin vertraglich geregelt haben. Ist dies zu bejahen, bedurfte es zu ihrer Änderung einer - dann nicht „überflüssigen“ - Änderungskündigung, die allen Wirksamkeitsanforderungen entsprechen muss. Ist die Frage zu verneinen, kommt es auf die Wirksamkeit der Änderungskündigung nicht an. Dabei kommt in Betracht, dass die Parteien mit dem Schreiben vom Oktober 1994 eine verbindliche Vereinbarung über die Lage der Arbeitszeit getroffen haben. Ferner kommt in Betracht, dass die Parteien in der Folgezeit eine solche Vereinbarung getroffen haben; nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist die Arbeitszeit für die Klägerin nach 1994 erneut verändert worden.

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c) Soweit sich die Klägerin auf eine der einseitigen Änderung entzogenen Konkretisierung der Lage ihrer Arbeitszeit durch eine jahrelang gleichmäßige Handhabung beruft, ist dieser Umstand nach den bisherigen Feststellungen nicht geeignet, das Weisungsrecht der Beklagten einzuschränken.

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aa) Eine solche Konkretisierung tritt regelmäßig nicht allein dadurch ein, dass ein Arbeitnehmer längere Zeit in einer bestimmten Weise eingesetzt worden ist. Zum reinen Zeitablauf müssen besondere Umstände hinzukommen, die erkennen lassen, der Arbeitnehmer solle künftig verpflichtet sein, seine Arbeit nur noch wie bisher zu erbringen (BAG 15. September 2009 - 9 AZR 757/08 - Rn. 54, BAGE 132, 88). Allein aus der Beibehaltung einer betrieblichen Praxis über einen längeren Zeitraum hinweg kann der Arbeitnehmer nicht schließen, der Arbeitgeber werde diese Praxis auch künftig beibehalten und sein Weisungsrecht nicht mehr anders ausüben (BAG 7. Dezember 2000 - 6 AZR 444/99 - zu III 2 der Gründe, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 61 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 23). Der Arbeitgeber muss dazu nicht etwa in bestimmten zeitlichen Abständen darauf hinweisen, er beabsichtige, von seinem Weisungsrecht ggf. weiterhin Gebrauch zu machen (vgl. Schaub/Linck ArbR-Hdb. 13. Aufl. § 45 Rn. 13 e).

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bb) Etwas anderes kann sich bei Vorliegen besonderer Umstände ergeben, die den Schluss auf einen Verzicht des Arbeitgebers zulassen, von seinem Weisungsrecht anderen Gebrauch zu machen. Solche Umstände hat das Landesarbeitsgericht bisher nicht festgestellt. Es wird den Parteien Gelegenheit geben müssen, hierzu ergänzend vorzutragen.

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III. Sollte das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis kommen, es habe für die Änderung der Lage der Arbeitszeit einer Änderungskündigung bedurft, folgt eine Unwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung, anders als es angenommen hat, nicht aus einem Verstoß der Beklagten gegen § 102 Abs. 1 BetrVG. Zwar gehört zu den dem Betriebsrat mitzuteilenden Kündigungsgründen im Fall einer Änderungskündigung auch das dem Arbeitnehmer unterbreitete Änderungsangebot (KR/Rost 9. Aufl. § 2 KSchG Rn. 115). Die Beklagte hat den Betriebsrat aber über die beabsichtigte Änderung der Tätigkeit der Klägerin in die einer Verkäuferin unterrichtet. Die mit dieser Tätigkeit verbundenen Einsatzzeiten musste sie dem Betriebsrat nicht ausdrücklich mitteilen. Sie waren diesem aus der für den Verkaufsbereich geltenden Betriebsvereinbarung bekannt. Aus dem Anhörungsschreiben ist hinreichend deutlich zu entnehmen, dass auch die Klägerin im Verkaufsbereich zu den dort allgemein geltenden Arbeitszeiten tätig sein sollte. Die zentrale Preisauszeichnung wurde nach den Ausführungen im Anhörungsschreiben gerade aufgelöst, um die Preisauszeichnung „während der kompletten Öffnungszeit“ im Verkauf durchführen zu können. Von den entsprechenden Veränderungen ihrer bisherigen Arbeitszeit sollte die Klägerin ersichtlich betroffen sein.

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IV. Hat es zur Änderung der Lage der Arbeitszeit einer Änderungskündigung bedurft, wird das Landesarbeitsgericht dagegen prüfen müssen, ob eine solche Kündigung wegen § 15 Abs. 1 KSchG unwirksam war, weil die Zustimmung des Betriebsrats nach § 103 BetrVG nicht vorgelegen hat. Das kommt deshalb in Betracht, weil die Klägerin Ersatzmitglied des Betriebsrats und bei Kündigungszugang möglicherweise gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 BetrVG nachgerückt war.

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V. Kommt das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis, dass die Änderungskündigung vom 21. April 2009 zur Durchsetzung der Änderungswünsche der Beklagten erforderlich war und nicht schon „aus einem anderen Grund“ iSv. § 4 Satz 2 KSchG unwirksam ist, wird es prüfen müssen, ob die Änderung der bisherigen Vertragsbestimmungen wegen eines wichtigen Grundes iSv. § 626 Abs. 1 BGB berechtigt ist. Es hat dies bislang nicht geprüft. Dabei wird das Berufungsgericht die außerordentliche Änderungskündigung nicht wegen Verstoßes gegen § 626 Abs. 2 BGB als unwirksam ansehen dürfen. Betriebliche Änderungserfordernisse stellen einen Dauertatbestand dar (BAG 5. Oktober 1995 - 2 AZR 25/95 - Rn. 23, RzK I 6g Nr. 26).

        

    Kreft    

        

    Rachor     

        

    Eylert     

        

        

        

    Söller    

        

    Jan Eulen     

                 

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

(1) Die Vorschriften über das Recht zur außerordentlichen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses werden durch das vorliegende Gesetz nicht berührt. Die Rechtsunwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung kann jedoch nur nach Maßgabe des § 4 Satz 1 und der §§ 5 bis 7 geltend gemacht werden. Stellt das Gericht fest, dass die außerordentliche Kündigung unbegründet ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat auf seinen Antrag das Gericht das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzulegen, zu dem die außerordentliche Kündigung ausgesprochen wurde. Die Vorschriften der §§ 10 bis 12 gelten entsprechend.

(2) Verstößt eine Kündigung gegen die guten Sitten, so finden die Vorschriften des § 9 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 und der §§ 10 bis 12 entsprechende Anwendung.

(3) Im Übrigen finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 auf eine Kündigung, die bereits aus anderen als den in § 1 Abs. 2 und 3 bezeichneten Gründen rechtsunwirksam ist, keine Anwendung.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam; ein vom Arbeitnehmer nach § 2 erklärter Vorbehalt erlischt.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 1. Juli 2014 - 13 Sa 925/12 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 10. Mai 2012 - 5 Ca 9/12 - abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen des Klägers gemäß der Kündigung vom 20. Dezember 2011 sozial ungerechtfertigt ist.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Änderungskündigung.

2

Die Beklagte betreibt eine Spielbank. Sie beschäftigt regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer. In ihrem Betrieb besteht ein Betriebsrat. Der 1955 geborene Kläger ist bei ihr seit August 1980 als Croupier tätig. Er ist mit einem Grad der Behinderung von 40 einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt.

3

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die bei der Beklagten geltenden Haustarifverträge Anwendung. Im Tronc- und Gehaltstarifvertrag für die Arbeitnehmer der Gruppe A (TG-TV) in seiner hier maßgeblichen, seit dem 1. Januar 2000 geltenden Fassung ist - auszugsweise - geregelt:

        

§ 5   

Stellenbeschreibung und Stellenbegrenzung

                 

Die nachfolgend beschriebenen Tätigkeiten sind in der Regel in den Räumlichkeiten der Spielbank auszuüben. ...

                          
                 

Die nachfolgenden Tätigkeitsbeschreibungen sind nicht abschließend, sondern zeigen lediglich die Hauptaufgaben der jeweiligen Position.

                 

Die in [ ] angegebenen Zahlen geben die maximal zu besetzenden Stellen an. Die Gesamtzahl aller Stellen wird auf maximal 110 begrenzt. …

                 

…       

                 

I.    

Spieltechnisches Personal

                          

…       

                          

7.    

Croupier I + II: Arbeitet am Spieltisch bei allen angebotenen Spielen und kann zur Aufsicht am Spieltisch und bei entsprechender Eignung vorübergehend in der Kasse eingesetzt werden.

                          

8.    

Croupier III - X: Arbeitet am Spieltisch und kann bei entsprechender Eignung vorübergehend in der Kasse eingesetzt werden.

                          

9.    

Croupier-Anfänger I - III: Wird am Spieltisch eingearbeitet.

                          

...     

        
        

§ 6     

Beförderungsrhythmus und -voraussetzungen

                 

1.    

Grundvoraussetzung für eine Beförderung ist neben einer freien Planstelle nach § 5 die positive Beurteilung der Mitarbeiterleistung und/oder die Eignung im Hinblick auf die zu besetzende Position. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, können spieltechnische Mitarbeiter bis zum Erreichen der Croupierstufe I … in der Regel nach einem Jahr in die nächsthöhere Besoldungsstufe gemäß § 7 befördert werden.

                 

2.    

In die Croupierstufe X kann nur übernommen werden, wer am Kessel des französischen Roulettes und am Black Jack einsetzbar ist, in die Croupierstufe V nur, wer darüber hinaus auch am American Roulette einsetzbar ist, in die Croupierstufe II nur, wer in allen angebotenen Spielen erfolgreich an einer Grundausbildung teilgenommen hat.“

4

Klammerzusätze mit festen Zahlen zur Stellenbegrenzung iSv. § 5 Abs. 3 TG-TV sind den Positionen Croupier I bis X nicht beigefügt.

5

§ 7 TG-TV („Anteilstabelle und Mindestabschläge“) ordnet den in § 5 I TG-TV beschriebenen Positionen tabellarisch eine unterschiedlich hohe Punktzahl zu. Diese bestimmt darüber, mit welchem Anteil die Mitarbeiter der Spielbank an der Verteilung des Tronc-Aufkommens beteiligt sind. Für den auf Position 7 geführten Croupier I sind 204 und für den auf Position 9 geführten Croupier III 180 jährliche Anteile festgelegt. In den Tronc fließen die Trinkgelder spielender Gäste. Eigene Mittel setzt die Beklagte nur ein, wenn das Aufkommen dieser Zuwendungen unter eine bestimmte Garantiegrenze fällt.

6

Die Regelungen in §§ 5 bis 7 TG-TV wurden mehrfach geändert. In Protokollnotizen zu § 7 TG-TV idF vom 11. April 1996 heißt es unter Nr. 10:

        

„Zwischen den Tarifvertragsparteien besteht eine grundsätzliche Übereinstimmung hinsichtlich der Einführung eines Zuschlags wegen der tatsächlichen Mitarbeit bei folgenden Angeboten der Spielbank:

                 

Am Roul, Black Jack, Poker

        

Über Einzelheiten einer entsprechenden Regelung werden die Tarifvertragsparteien zu gegebener Zeit verhandeln.“

7

Am 6. Oktober 2003 schlossen die Tarifvertragsparteien einen Tarifvertrag zur Einführung leistungs- und anwesenheitsorientierter Vergütung (TV Leistung). Dieser sieht „zur Erhöhung der Leistungsbereitschaft und zur Verminderung von Ausfalltagen“ neben der Vergütung nach dem TG-TV zusätzliche Leistungen vor, deren Höhe sich nach „Einsetzbarkeit“, „Arbeitsqualität“, „Serviceorientierung“ und „Führungsverhalten“ der Mitarbeiter richtet. Ausschlaggebend ist ein - tariflich näher festgelegter - „Erreichungsgrad“ dieser Kriterien.

8

Bereits zum 1. April 1991 war der Kläger in die Croupierstufe I „übernommen“ worden. In der Folgezeit teilte er der Beklagten mit, er sei aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage, in stehender Position am Tisch des American Roulette zu arbeiten. Daraufhin wurde er - über Jahre hinweg - nicht bei diesem Spiel eingesetzt. In einem ärztlichen Attest vom 11. Oktober 2010, das er der Beklagten auf Bitte vorlegte, heißt es:

        

„O. g. Patient ist nicht in der Lage aufgrund der anerkannten Behinderung in stehender Position am American Roulett/Roulite Tisch bis auf weiteres zu arbeiten.“

9

Mit Schreiben vom 21. März 2011 hörte die Beklagte den Betriebsrat zu ihrer Absicht an, gegenüber dem Kläger eine Änderungskündigung mit dem Ziel zu erklären, ihn künftig als Croupier III zu beschäftigen und entsprechend zu vergüten. Außerdem bat sie um Zustimmung zur Versetzung und Umgruppierung des Klägers. Der Betriebsrat meldete gegen die Änderung der Arbeitsbedingungen Bedenken an. Der „Versetzung“ des Klägers „zur Croupierstufe III“ widersprach er.

10

Mit Schreiben vom 20. Dezember 2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien - mit Zustimmung des Integrationsamts und nach neuerlicher Anhörung des Betriebsrats - ordentlich zum 31. Juli 2012. Die Kündigung verband sie mit dem Angebot, das Arbeitsverhältnis ab dem 1. August 2012 wie folgt fortzusetzen:

        

„-    

Tätigkeit gemäß dem Aufgabengebiet der Tarifstufe Croupier III (kein Einsatz am American Roulette)

        

-       

Vergütung gemäß der Tarifstufe Croupier III mit 15 Anteilen pro Monat

        

-       

Die übrigen Arbeitsbedingungen bleiben unverändert fortbestehen.“

11

Der Kläger nahm das Angebot unter dem Vorbehalt seiner sozialen Rechtfertigung an. Mit der vorliegenden Klage hat er sich rechtzeitig gegen die Änderung seiner Vertragsbedingungen gewandt. Der Kläger hat gemeint, die Änderung sei sozial ungerechtfertigt und auch aus anderen Gründen unwirksam. Er sei lediglich vorübergehend nicht in der Lage gewesen, im Stehen am Tisch des American Roulette zu arbeiten. Im Übrigen habe seine Tätigkeit jederzeit den Anforderungen der Croupierstufe I entsprochen. Auf seine krankheitsbedingt eingeschränkte Leistungsfähigkeit komme es nicht an. Die Änderung seiner Vertragsbedingungen sei auch unverhältnismäßig. Möglichkeiten, das Leistungshindernis auszuräumen, hätten durchaus bestanden. Insoweit treffe die Beklagte, die - unstreitig - ein bEM nicht durchgeführt habe, eine verschärfte Darlegungslast, der sie nicht nachgekommen sei. Auch habe sie ein etwaiges Recht zur „Umgruppierung“ verwirkt und es versäumt, den Betriebsrat ordnungsgemäß anzuhören.

12

Der Kläger hat - wörtlich - beantragt

        

festzustellen, dass die Änderungen der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 20. Dezember 2011 weder sozial gerechtfertigt noch aus anderen Gründen rechtswirksam sind.

13

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, die Änderung der Vertragsbedingungen sei durch Gründe in der Person des Klägers bedingt. Sie habe den Kläger seit vielen Jahren nicht mehr - wie tarifvertraglich vorausgesetzt - an allen angebotenen Spielen einsetzen können. Eine Besserung seines Gesundheitszustands sei nicht absehbar gewesen. Aufgrund seiner nur eingeschränkten Einsatzfähigkeit stehe ihm die Tarifstufe Croupier I nicht mehr zu. Die Möglichkeit, ihn als Aufsicht zu beschäftigen, sei nicht „relevant“. Abgesehen davon sei er in dieser Funktion mangels positiver Beurteilung nicht einsetzbar und seit dem Jahr 2005 auch nicht eingesetzt worden. Die Beibehaltung der bisherigen Vertragsbedingungen führe zu nicht mehr tragbaren Ungerechtigkeiten im Verhältnis zu Mitarbeitern, die an allen Tischen arbeiten könnten. Eines Präventionsverfahrens oder eines bEM habe es nicht bedurft. Abgesehen davon sei die Änderung der Vertragsbedingungen unvermeidbar gewesen. Den Betriebsrat habe sie ordnungsgemäß unterrichtet.

14

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

15

Die zulässige Revision ist begründet. Die Vorinstanzen haben die Feststellungsklage zu Unrecht abgewiesen.

16

A. Die von Amts wegen zu prüfenden Voraussetzungen für die Fortsetzung des Prozesses liegen vor. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger durch Zwischenurteil Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Berufungsbegründung gewährt. Die Wiedereinsetzung ist gemäß § 238 Abs. 3, § 525 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG unanfechtbar und für den Senat bindend(BAG 24. Januar 2012 - 9 AZR 440/10 - Rn. 11; 25. April 2006 - 3 AZR 50/05 - Rn. 17).

17

B. Die Klage ist begründet. Die Änderung der Vertragsbedingungen des Klägers durch die Kündigung vom 20. Dezember 2011 ist sozial ungerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 2, § 2 Satz 1 KSchG.

18

I. Die dem Kläger angetragene Änderung der Arbeitsbedingungen zielte auf eine Änderung seines Aufgabenbereichs und damit einhergehend auf eine Änderung der Vergütung. Statt der bisher zugewiesenen Tätigkeit gemäß der Croupierstufe I sollte er künftig eine Tätigkeit verrichten, die - aus Sicht der Beklagten - der tariflich niedriger bewerteten Croupierstufe III entspricht. Dabei nahm das Änderungsangebot für den Inhalt der Tätigkeit - konkludent - auf die „Stellenbeschreibung“ in § 5 I Nr. 8 TG-TV Bezug, die den Aufgabenbereich dahin definiert, dass der Arbeitnehmer „am Spieltisch“ arbeitet. Die Vergütung sollte sich nach der Croupierstufe III richten und insoweit der geänderten Tätigkeit angepasst werden. Die im Angebot genannten 15 Anteile entsprechen - auf den Monat umgerechnet - der in § 7 TG-TV für die Position Croupier III festgelegten Punktzahl, nach der sich die Beteiligung am Tronc bemisst. Im Übrigen sollte der Vertragsinhalt unverändert bestehen bleiben. Das schloss - für den Kläger erkennbar - die Geltung der jeweiligen Haustarifverträge ein.

19

II. Die angestrebte Änderung der Tätigkeit erforderte eine Vertragsänderung iSv. § 2 Satz 1 KSchG. Die Beklagte war nicht schon aufgrund ihres Direktionsrechts (§ 106 Satz 1 GewO) berechtigt, dem Kläger eine der Croupierstufe III TG-TV entsprechende Tätigkeit zu übertragen. Ein „überflüssiges“ Änderungsangebot liegt damit nicht vor (zur Problematik vgl. BAG 22. Oktober 2015 - 2 AZR 124/14 - Rn. 30 ff.; 25. April 2013 - 2 AZR 960/11 - Rn. 29 mwN).

20

1. Die Änderungskündigung zielte nicht nur auf die Zuweisung einer anderen Arbeitsaufgabe im Rahmen der durch die bisherigen Vertragsregelungen eröffneten Einsatzmöglichkeiten eines Croupiers der Stufe I. Mit dem unterbreiteten Angebot wollte die Beklagte vielmehr eine dauerhafte Zuweisung einer der Croupierstufe III entsprechenden Tätigkeit mit entsprechend geringerer Vergütung erreichen (für eine auf das gleiche Ziel gerichtete außerordentliche Änderungskündigung vgl. BAG 20. März 2014 - 2 AZR 825/12 - Rn. 15).

21

2.  Mit der Beförderung des Klägers zum Croupier I im Jahr 1991 auf der Grundlage der Beförderungsregelungen des § 6 TG-TV waren seine Beschäftigung im Aufgabenbereich eines Croupiers dieser Stufe und der Anspruch auf die entsprechende Vergütung Inhalt der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Parteien geworden. Damit war der Beklagten eine Rückstufung des Klägers verbunden mit der Herabsetzung seines Vergütungsanspruchs nicht einseitig im Wege des Direktionsrechts, sondern nur unter Änderung der vertraglichen Vereinbarungen möglich (vgl. BAG 20. März 2014 - 2 AZR 825/12 - Rn. 15; 28. August 2008 - 2 AZR 967/06 - Rn. 26, BAGE 127, 342).

22

III. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet gemäß § 1 Abs. 1, § 23 Abs. 1 seiner Bestimmungen das KSchG Anwendung. Die Änderung der vereinbarten Vertragsbedingungen ist nicht durch Gründe iSv. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt und deshalb sozial ungerechtfertigt.

23

1. Eine Änderung der Arbeitsbedingungen iSv. § 2 KSchG ist sozial gerechtfertigt, wenn sie durch Gründe iSd. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist und das Änderungsangebot des Arbeitgebers sich darauf beschränkt, solche Änderungen vorzusehen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss(BAG 5. Juni 2014 - 2 AZR 615/13 - Rn. 22, BAGE 148, 227; 10. April 2014 - 2 AZR 812/12 - Rn. 24 mwN). Dieser Maßstab gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot abgelehnt oder unter Vorbehalt angenommen hat (BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 163/11 - Rn. 13; 23. Februar 2012 - 2 AZR 45/11 - Rn. 11). Ob der Arbeitnehmer eine ihm vorgeschlagene Änderung billigerweise akzeptieren muss, ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beurteilen. Die Änderungen müssen geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrags den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Diese Voraussetzungen müssen für alle angebotenen Vertragsänderungen vorliegen. Keine von ihnen darf sich weiter vom bisherigen Inhalt des Arbeitsverhältnisses entfernen, als dies zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist (BAG 10. April 2014 - 2 AZR 812/12 - aaO; 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 35).

24

2. Eine Änderung der Vertragsbedingungen kann auch durch eine krankheitsbedingte Leistungsminderung bedingt sein. In einem solchen Fall ist ihre soziale Rechtfertigung - wie bei einer Beendigungskündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen oder wegen langanhaltender Erkrankung - in drei Stufen zu prüfen. Innerhalb der einzelnen Prüfungsschritte können sich mit Blick auf die Eigenart des Kündigungsgrundes gewisse Unterschiede ergeben (BAG 12. Juli 1995 - 2 AZR 762/94 - zu 4 b der Gründe; 26. September 1991 - 2 AZR 132/91 - zu III 3 c der Gründe; KR/Griebeling 10. Aufl. § 1 KSchG Rn. 379). Danach ist zunächst - erste Stufe - eine negative Prognose hinsichtlich des voraussichtlichen Gesundheitszustands erforderlich. Die bisherigen und nach der Prognose zu erwartenden Auswirkungen der eingeschränkten Leistungsfähigkeit müssen zudem - zweite Stufe - zu einer erheblichen Beeinträchtigung betrieblicher Interessen führen. Liegen diese im wirtschaftlichen Bereich, kommt es darauf an, ob die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers die berechtigten Erwartungen des Arbeitgebers von der Gleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen in einem Maße unterschreitet, dass ihm das Festhalten am bisherigen Arbeitsvertrag unzumutbar wird; eine lediglich geringfügige - qualitative oder quantitative - Minderleistung reicht dafür nicht aus (vgl. BAG 20. März 2014 - 2 AZR 825/12 - Rn. 20; 26. September 1991 - 2 AZR 132/91 - aaO). Im Rahmen einer abschließenden Interessenabwägung - dritte Stufe - ist schließlich zu prüfen, ob die erheblichen Beeinträchtigungen zu einer billigerweise nicht mehr hinzunehmenden Belastung des Arbeitgebers führen. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Erkrankungen auf betrieblichen Ursachen beruhen, ferner ist auf das Alter des Arbeitnehmers und darauf Bedacht zu nehmen, wie lange das Arbeitsverhältnis ungestört verlaufen ist (BAG 20. November 2014 - 2 AZR 664/13 - Rn. 13, 52; 26. September 1991 - 2 AZR 132/91 - aaO).

25

3. Diesen Maßstäben wird die angefochtene Entscheidung nicht gerecht. Zwar war der Kläger im Kündigungszeitpunkt nicht in der Lage, unter den gegebenen Bedingungen im Stehen am Tisch des American Roulette zu arbeiten, und seine gesundheitliche Prognose war insoweit negativ. Die vom Landesarbeitsgericht gegebene Begründung trägt aber nicht das Ergebnis, die eingeschränkte Leistungsfähigkeit des Klägers habe zu einer erheblichen Beeinträchtigung betrieblicher Interessen geführt.

26

a) Mit Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, die Prognose der weiteren gesundheitlichen Entwicklung des Klägers sei negativ. Die damit verbundene Würdigung, eine Besserung des Zustands sei in absehbarer Zeit nicht zu erwarten, liegt auf tatsächlichem Gebiet. Sie ist in der Revisionsinstanz nur daraufhin zu überprüfen, ob sie vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (vgl. BAG 26. März 2015 - 2 AZR 237/14 - Rn. 40; 20. November 2014 - 2 AZR 664/13 - Rn. 28). Einen solchen Rechtsfehler zeigt der Kläger nicht auf. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts war er schon vor der Kündigung über Jahre hinweg in seinem Leistungsvermögen eingeschränkt, ohne dass erkennbar eine Besserung eingetreten wäre. Diesem Umstand kam Indizwirkung für die weitere Entwicklung zu (vgl. dazu BAG 20. November 2014 - 2 AZR 755/13 - Rn. 17; 10. November 2005 - 2 AZR 44/05 - Rn. 24 mwN). Die Einschätzung des Landesarbeitsgerichts, die ärztliche Bescheinigung vom 11. Oktober 2010 lasse offen, ob und in welchem Rahmen eine Genesung zu erwarten sei, und das Attest sei deshalb ungeeignet, die aus der bisherigen Leistungseinschränkung resultierende Vermutung zu entkräften, hält sich im Beurteilungsspielraum des Tatsachengerichts. Soweit der Kläger nunmehr geltend macht, sein körperliches Leiden sei zwischenzeitlich geheilt, ist dies schon deshalb unbeachtlich, weil es sich um neuen, in der Revisionsinstanz grundsätzlich ausgeschlossenen (§ 559 Abs. 1 ZPO) Tatsachenvortrag handelt.

27

b) Demgegenüber wird die weitergehende Annahme des Landesarbeitsgerichts, die gesundheitlich bedingte Einschränkung habe „auf Dauer“ bestanden, von den bisherigen Feststellungen nicht getragen. Zwar steht die völlige Ungewissheit der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit einer dauernden Leistungsunfähigkeit dann gleich, wenn jedenfalls in den auf die Kündigung folgenden 24 Monaten mit einer Genesung nicht gerechnet werden konnte (BAG 13. Mai 2015 - 2 AZR 565/14 - Rn. 18; 20. November 2014 - 2 AZR 664/13 - Rn. 14 mwN). Eine solche Vermutung kann auch bei krankheitsbedingt verminderter Leistungsfähigkeit eingreifen. Das Landesarbeitsgericht hat aber zur Basis für eine solche Vermutung keine hinreichenden Feststellungen getroffen. Es hat sich auf die Überlegung beschränkt, ein Ende der „gegenwärtigen“ Beeinträchtigung sei nicht absehbar. Das reicht - auch wegen des unklaren zeitlichen Bezugspunkts - nicht aus. Aus der bloßen Ungewissheit einer Genesung folgt nicht, dass für eine Dauer von 24 Monaten nach Kündigungszugang das Ausbleiben einer Gesundung nach medizinischen Erkenntnissen gewiss gewesen wäre (BAG 13. Mai 2015 - 2 AZR 565/14 - Rn. 20; 20. November 2014 - 2 AZR 664/13 - Rn. 14).

28

c) Die Dauerhaftigkeit der Leistungseinschränkung kann zugunsten der Beklagten unterstellt werden. Auch unter dieser Prämisse ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts nicht berechtigt, die Einschränkung der Verwendungsmöglichkeiten des Klägers führe zu einer erheblichen Beeinträchtigung betrieblicher Interessen.

29

aa) Eine solche Beeinträchtigung liegt nicht etwa auf der Hand. Der Sachverhalt ist nicht mit dem einer dauerhaften Arbeitsunfähigkeit vergleichbar, die den Arbeitnehmer außerstande setzte, die vertraglich festgelegte Arbeitsleistung überhaupt zu erbringen. Bei dieser Sachlage sind die betrieblichen Interessen regelmäßig schon dann erheblich beeinträchtigt, wenn der Arbeitgeber - prognostisch - zumindest für die nächsten 24 Monate gehindert ist, sein Direktionsrecht auszuüben und Arbeitsleistungen abzurufen; näherer Darlegungen von seiner Seite bedarf es dazu nicht (vgl. BAG 20. November 2014 - 2 AZR 664/13 - Rn. 14; 30. September 2010 - 2 AZR 88/09 - Rn. 11 mwN, BAGE 135, 361). Dagegen war der Kläger im vorliegenden Fall nur nicht mehr in der Lage, in der gesamten Bandbreite der von einem Croupier I zu betreuenden Spiele eingesetzt zu werden. Er fiel aufgrund seiner Beschwerden nicht etwa bei jedem Spiel teilweise aus, er konnte vielmehr sämtliche Spiele umfassend selbständig betreuen, lediglich das Spiel American Roulette nicht. Ob auch darin eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen liegt, bedarf näherer Prüfung.

30

bb) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die krankheitsbedingte Beeinträchtigung des Klägers führe bei Beibehaltung der bisherigen Vergütung zu einer übertariflichen Bezahlung und damit zu einer Verletzung der Ausgewogenheit des betrieblichen Vergütungssystems. Die Beklagte sei ohne Rückstufung gehalten, den Kläger auf unabsehbare Zeit höher zu vergüten, als es nach der Tariflage geboten sei. Hinzu komme, dass die Mittel zur Vergütung der Croupiers allein aus dem Tronc aufgebracht und nach einem Punktesystem verteilt würden. Die übertarifliche Vergütung wirke sich auf diese Weise nachteilig auf die Vergütung der übrigen Mitarbeiter aus, die überdies durch ihren verstärkten Einsatz beim Spiel American Roulette beeinträchtigt seien. Auch sei die Planungs- und Organisationsfreiheit der Beklagten - insbesondere im Zusammenhang mit Urlaubs- und Krankheitszeiten anderer Arbeitnehmer - über das Maß des Notwendigen hinaus eingeschränkt.

31

cc) Diese Würdigung ist nicht ohne Rechtsfehler.

32

(1) Der Kläger hat kein „übertarifliches“ Gehalt bezogen. Die Vergütung eines spieltechnischen Mitarbeiters hängt nach der einschlägigen tariflichen Vergütungsordnung nicht davon ab, ob seine Tätigkeit bestimmten „Merkmalen“ der tariflichen „Stellenbeschreibung“ (§ 5 I TG-TV) gerecht wird. Maßgeblich ist vielmehr die dem Mitarbeiter aufgrund seiner „Beförderung“ übertragene Position (§ 7 iVm. § 6 TG-TV). Fallen die Voraussetzungen für eine „Übernahme“ des Mitarbeiters in die ihm übertragene Position später weg und wird seine tatsächliche Einsetzbarkeit geringer, hat allein dies auf seine tarifliche Position keinen Einfluss. Die Einsatzfähigkeit des spieltechnischen Mitarbeiters ist - auch soweit §§ 5, 6 TG-TV die Einsetzbarkeit voraussetzen - kein für seine Eingruppierung relevantes Kriterium. Das ergibt die Auslegung.

33

(a) Tarifverträge sind wegen ihres normativen Charakters wie Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmungen und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (BAG 13. Oktober 2015 - 1 AZR 853/13 - Rn. 22; 15. Mai 2013 - 7 AZR 665/11 - Rn. 44 mwN, BAGE 145, 142).

34

(b) Die Tabelle des § 7 TG-TV knüpft den jeweiligen Vergütungsanspruch an eine bestimmte Position - hier Croupier I - und legt fest, mit welcher Punktzahl diese an der Verteilung des Tronc teilnimmt. Die in der Tarifvorschrift bezeichneten Positionen sind in § 5 TG-TV hinsichtlich ihrer „Hauptaufgaben“ näher beschrieben. Weder dem Wortlaut der Bestimmungen noch dem tariflichen Zusammenhang ist dabei zu entnehmen, dass es für den Anspruch auf die Vergütung bzw. das Innehaben der Position darauf ankäme, ob die Tätigkeit des Arbeitnehmers das tarifliche Stellenprofil in jeder Hinsicht und in vollem Umfang ausfüllt. Maßgebend ist nach Wortlaut und Gesamtzusammenhang der Regelungen allein die in § 6 TG-TV geregelte „Übernahme“ bzw. „Beförderung“ des Mitarbeiters. Ihr kommt hinsichtlich der Stellenbesetzung konstitutive Wirkung zu.

35

(c) Für die „Übernahme“ bzw. „Beförderung“ verlangt § 6 TG-TV - neben der Erfüllung bestimmter Eignungs- bzw. Befähigungsvoraussetzungen und ggf. dem Verstreichen einer einjährigen Wartezeit - das Vorhandensein einer freien „Planstelle“. Dieses Erfordernis korrespondiert mit § 5 Abs. 3 TG-TV und trägt, ebenso wie die dort vorgegebene Begrenzung der Stellenanzahl, der Vergütung nach dem Tronc-Prinzip Rechnung. Auch die „Übernahme“ oder „Beförderung“ in eine bestimmte Position hängt nicht davon ab, dass der Arbeitnehmer Aufgaben verrichtet, die für die fragliche Stelle charakteristisch sind. Vielmehr bestimmt sich - umgekehrt - durch die Übertragung der betreffenden Position der tariflich vorgegebene Inhalt der geschuldeten Arbeitsleistung.

36

(d) Richtet sich demnach die „Einreihung“ in das tarifliche Vergütungsschema nicht nach einer bestimmten ausgeübten oder auszuübenden Tätigkeit, sondern ausschließlich nach der übertragenen Position, so hat es auf die Vergütung jedenfalls keinen unmittelbaren Einfluss, wenn nach der Übernahme auf eine bestimmte Position ein für diese Bewertung charakteristisches Merkmal nicht mehr erfüllt wird (ähnlich für die Eingruppierung von Lehrkräften: BAG 29. September 2011 - 2 AZR 451/10 - Rn. 21; 12. März 2008 - 4 AZR 93/07 - Rn. 19 ff., BAGE 126, 149).

37

(e) Im Übrigen ist es auch nach der Tätigkeitsbeschreibung für den Croupier in § 5 I Nr. 7 TG-TV nicht erforderlich, dass dieser jederzeit der gesamten Bandbreite der möglichen Aufgaben gerecht wird.

38

(aa) § 5 I Nr. 7 TG-TV beschreibt iVm. § 5 Abs. 2 TG-TV die „Hauptaufgaben“ eines Croupiers der Stufen I und II dahin, dass dieser „am Spieltisch bei allen angebotenen Spielen (arbeitet)“. Mit diesem Merkmal hebt sich die Tätigkeit aus den „Hauptaufgaben“ eines Croupiers der Stufen III bis X heraus, die in § 5 I Nr. 8 TG-TV dahin umschrieben sind, dass er „am Spieltisch (arbeitet)“.

39

(bb) § 5 I Nr. 7 TG-TV setzt erkennbar nicht voraus, dass der Arbeitnehmer bei „allen angebotenen Spielen“ auch tatsächlich zum Einsatz kommt. Andernfalls wäre die Bestimmung schwer verständlich und kaum handhabbar, zumal eine gleichzeitige Beschäftigung an mehreren Spieltischen praktisch ausscheidet und die Tarifvertragsparteien keine Zeitspanne vorgegeben haben, binnen derer die Arbeit rollierend bei allen Spielen erfolgen müsste. Sachgerecht kann die Regelung nur als Rahmen für das Direktionsrecht des Arbeitgebers verstanden werden. Sie beschreibt die Verpflichtung des Arbeitnehmers, auf Anforderung des Arbeitgebers - ggf. im Wechsel - an jedem beliebigen Spiel Arbeit zu leisten. Die Konkretisierung der Arbeitsleistung im Hinblick auf Spiel und Spieltisch bleibt dem Weisungsrecht des Arbeitgebers nach § 106 Satz 1 GewO überlassen. Charakteristisches Merkmal der „Tätigkeit“ eines Croupiers der Stufen I und II ist ein gegenüber den niedriger bewerteten Positionen erweitertes Aufgabenspektrum.

40

(cc) Soweit allerdings der Kläger mit Blick auf § 6 Abs. 2 TG-TV gemeint hat, eine Tätigkeit genüge schon dann dem Anforderungsprofil des Croupier I und II, wenn der betreffende Mitarbeiter in allen angebotenen Spielen an einer Grundausbildung teilgenommen habe und darüber hinaus überhaupt am Spieltisch arbeite, überzeugt das nicht. Die Bestimmung des § 6 Abs. 2 TG-TV beschreibt die Qualifikation, über die ein spieltechnischer Mitarbeiter verfügen muss, um in die entsprechenden Stufen übernommen werden zu können. Sie ergänzt § 6 Abs. 1 TG-TV, der als „Grundvoraussetzung“ der Beförderung die „Eignung im Hinblick auf die zu besetzende Position“ nennt. Von der „Eignung“ ist die „Einsetzbarkeit“ im Rahmen der fraglichen Aufgabenbeschreibung mit umfasst. Schon für die Übernahme eines Mitarbeiters in die geringer bewerteten Croupierstufen X und V ist seine „Einsetzbarkeit“ an bestimmten Spielen - am Kessel des französischen Roulette und am Black Jack bzw. zusätzlich am American Roulette - erforderlich. Aus dem Umstand, dass es für die Croupierstufen I und II an einer ausdrücklichen Aufzählung der Spiele, an denen er „einsetzbar“ sein muss, fehlt, kann nicht geschlossen werden, dass es auf dieses Erfordernis im Rahmen des weiteren Aufstiegs nicht mehr ankäme. Die Tarifvertragsparteien gehen vielmehr erkennbar davon aus, dass es sich ohne Weiteres aus der in § 5 I Nr. 7 TG-TV beschriebenen Aufgabenstellung ergibt.

41

(dd) Auch wenn die tarifvertraglichen Regelungen auf die „Einsetzbarkeit“ abstellen, kann ihnen nicht entnommen werden, dass Voraussetzung für die Übertragung der Position eines Croupier I und seine Einreihung in die entsprechende Vergütungsstufe des § 7 TG-TV die gesundheitliche Fähigkeit des Mitarbeiters wäre, stets Arbeit bei allen angebotenen Spielen zu leisten.

42

(aaa) § 5 TG-TV enthält Stellenbeschreibungen. Die Regelung legt die Bandbreite möglicher Arbeitsleistungen fest. Bestimmte Konsequenzen für den Fall einer Leistungsminderung lassen sich hieraus nicht ableiten. Das gilt umso mehr, als Einschränkungen des gesundheitlichen Leistungsvermögens, die dazu führen, dass der Arbeitnehmer nicht mehr alle Aufgaben innerhalb der möglichen Bandbreite erledigen kann, nicht das Weisungsrecht als solches tangieren, sondern allenfalls dessen Ausübung im Einzelfall begrenzen.

43

(bbb) Soweit § 6 TG-TV als Grundvoraussetzung für eine Beförderung „die Eignung im Hinblick auf die zu besetzende Position“ nennt, fehlt es an Anhaltspunkten dafür, dass die Tarifvertragsparteien damit auch auf die gesundheitliche Leistungsfähigkeit abstellen wollten. Dagegen spricht vielmehr, dass bei diesem Verständnis der Tarifbestimmung jede noch so kurzfristige Herabsetzung des Leistungsvermögens die Voraussetzungen für die Beförderung bzw. Eingruppierung entfallen ließe. Dagegen sprechen ferner die Regelungen im TG-TV, die mit Blick auf den jeweiligen „Erreichungsgrad“ der „Einsetzbarkeit“ die Zahlung eines Zuschlags vorsehen. Ob die gegenteilige Lesart nicht zu entgeltfortzahlungs- und diskriminierungsrechtlichen Problemen führen würde, kann deshalb dahinstehen.

44

(2) Eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen liegt auch mit Blick auf die weiteren vom Landesarbeitsgericht angeführten Umstände nicht vor.

45

(a) Dessen Annahme, die Vergütung des Klägers als Croupier I wirke sich nachteilig auf die anderen aus dem Tronc bezahlten Arbeitnehmer aus, beruht auf der fehlerhaften Auffassung, der Kläger beziehe ein übertarifliches Gehalt bzw. sei übertariflich eingruppiert. Das Landesarbeitsgericht lässt zudem unberücksichtigt, dass der Anspruch auf die Vergütung nach der Croupierstufe I nicht davon abhängt, ob der Arbeitgeber per Direktionsrecht das sich aus § 5 I Nr. 7 TG-TV ergebende Einsatzspektrum voll ausschöpft und der Mitarbeiter - rollierend - an allen oder doch einer Mindestanzahl von Spielen zum Einsatz kommt.

46

(b) Eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen folgt nicht daraus, dass die Einsatzbeschränkung des Klägers womöglich einen verstärkten Einsatz der übrigen Mitarbeiter beim American Roulette zur Folge hatte (vgl. BAG 20. März 2014 - 2 AZR 825/12 - Rn. 22). Die Beklagte hat nicht dargelegt, welche konkrete, auf Dauer unzumutbare Mehrbelastung sich daraus im Vergleich zum Einsatz bei anderen Spielen, etwa Black Jack oder Poker, ergeben soll. Ebenso wenig hat sie dargetan, dass infolge der verstärkten Heranziehung anderer Mitarbeiter zum Spiel American Roulette eine konkrete Störung des Betriebsfriedens eingetreten sei. Auf sonstige schutzwürdige Belange anderer Arbeitnehmer, denen sie im Rahmen der Ausübung ihres Direktionsrechts Rechnung zu tragen hätte, hat sich die Beklagte nicht berufen.

47

(c) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte werde durch die Leistungseinschränkung des Klägers „über das Maß des Notwendigen“ in ihrer Planungs- und Organisationsfreiheit beeinträchtigt, ist mit Tatsachen nicht belegt. Konkrete, durch den Ausfall des Klägers beim American Roulette bedingte Störungen im Betriebsablauf sind weder festgestellt noch hat die Beklagte dazu vorgetragen. Der Umstand, dass sie mit Blick auf die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers in der Ausübung ihres Direktionsrechts entsprechend einschränkt ist, stellt für sich allein keine Beeinträchtigung der betrieblichen Belange dar, die im Rahmen von § 1 Abs. 2 KSchG erheblich wäre(vgl. BAG 20. März 2014 - 2 AZR 825/12 - Rn. 22).

48

4. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen ergibt sich im Streitfall nicht daraus, dass das Austauschverhältnis von Leistung und Gegenleistung mehr als nur geringfügig gestört wäre. Dies vermag der Senat abschließend zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).

49

a) Die Beklagte hat dem Kläger mit seiner „Übernahme“ in die Position Croupier I Arbeitsaufgaben übertragen, die der tariflichen Tätigkeitsbeschreibung (§ 5 I Nr. 7 TG-TV) entsprechen. Aufgrund seiner krankheitsbedingten Unfähigkeit, am Tisch des American Roulette im Stehen zu arbeiten, konnte sie den Kläger in einem Teilbereich des vereinbarten Leistungsspektrums nicht mehr einsetzen. Die sich daraus ergebende Beschränkung ihres Direktionsrechts ist nicht deshalb unbeachtlich, weil sie keinen unmittelbaren Einfluss auf die tarifliche „Eingruppierung“ hatte. Die Tarifvertragsparteien bewerten - wie gezeigt - eine Tätigkeit, die der Croupierstufe I entspricht, gegenüber derjenigen eines Croupiers der Stufe III unter anderem deshalb höher, weil der Mitarbeiter „bei allen angebotenen Spielen (arbeitet)“. Die Verwendungsbreite des Croupiers ist damit nach der tariflichen Vergütungsordnung ein wertbestimmender Faktor.

50

b) Für die Beurteilung, ob die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers, der nicht mehr innerhalb der gesamten Bandbreite der geschuldeten Aufgaben eingesetzt werden kann, die berechtigten Erwartungen des Arbeitgebers von der Gleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen in einem Maße unterschreitet, dass diesem das Festhalten an den bisherigen Vertragsbedingungen unzumutbar wird, kann die Bewertung der Tarifvertragsparteien in einer dem Arbeitsvertrag zugrunde liegenden tariflichen Vergütungsordnung maßgebende Bedeutung gewinnen. Ist ein Arbeitnehmer mit seinem Restleistungsvermögen voraussichtlich auf Dauer oder doch für zumindest 24 Monate nach der Kündigung nicht mehr in der Lage, überhaupt eine der charakteristischen Tätigkeiten der betreffenden tariflichen Stellenbeschreibung ohne Einschränkung zu verrichten, spricht viel dafür, dass wirtschaftliche Interessen des Arbeitgebers dadurch erheblich beeinträchtigt sind (vgl. dazu BAG 11. Dezember 2003 - 2 AZR 667/02 - zu B III 2 d der Gründe, BAGE 109, 87; 26. September 1991 - 2 AZR 132/91 - zu III 3 c cc der Gründe; KR/Griebeling 10. Aufl. § 1 KSchG Rn. 386; Schaub/Linck ArbR-HdB 16. Aufl. § 131 Rn. 45; Greiner RdA 2007, 22, 30 ff.). So verhält es sich im vorliegenden Fall aber nicht. Die Leistungsminderung des Klägers wirkt sich nur auf eine der mehreren in § 5 I Nr. 7 TG-TV beschriebenen „Hauptaufgaben“ aus, die dort im Übrigen nicht einmal abschließend aufgeführt sind(§ 5 Abs. 2 TG-TV). Der Kläger konnte mit seinem verbliebenen Leistungsvermögen an einer Vielzahl von angebotenen Spielen weiterhin tätig werden. Selbst beim American Roulette war er lediglich auf einer bestimmten Position nicht mehr einsetzbar. Die Beklagte hat nicht dargetan, dass er damit hinter der „Normalleistung“ eines uneingeschränkt einsatzfähigen Croupiers I mehr als nur geringfügig zurückgeblieben wäre. Dies ist angesichts der Vielzahl der angebotenen Spiele und der weiteren sich aus § 5 TG-TV ergebenden möglichen Verwendungen auch objektiv nicht ersichtlich.

51

IV. Angesichts dessen bedarf es keiner Entscheidung, ob die Änderung der Arbeitsbedingungen des Klägers aus anderen Gründen sozial ungerechtfertigt oder unwirksam ist. Auf die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Versetzung und - wohl auch - zur Umgruppierung in die Croupierstufe III, deren Ersetzung die Beklagte in einem parallel geführten Beschlussverfahren begehrt, kam es nicht an. Ohnehin ist die Zustimmung des Betriebsrats nach §§ 99 ff. BetrVG keine Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Änderungskündigung, die die vertraglichen Voraussetzungen für die fraglichen personellen Maßnahmen schaffen will (zur Versetzung vgl. BAG 12. August 2010 - 2 AZR 104/09 - Rn. 30; 22. April 2010 - 2 AZR 491/09 - Rn. 15 ff., BAGE 134, 154; zur Umgruppierung vgl. BAG 20. März 2014 - 2 AZR 840/12 - Rn. 24; 28. August 2008 - 2 AZR 967/06 - Rn. 33, BAGE 127, 342). Eine Aussetzung (§ 148 ZPO) des vorliegenden Rechtsstreits bis zur Erledigung des mittlerweile beim Bundesarbeitsgericht anhängigen Zustimmungsersetzungsverfahrens (- 1 ABR 48/14 -) war damit nicht angezeigt.

52

C. Die Beklagte hat nach § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Der Vorsitzende Richter am Bundesarbeitsgericht Kreft
ist infolge seiner Versetzung in den Ruhestand
mit Ablauf des 31. Januar 2016
an der Unterschriftsleistung verhindert.
Rachor    

        

    Rachor    

        

    Niemann    

        

        

        

    Krichel    

        

    Jan Eulen     

                 

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Tenor

1. Die Revision des Klägers und die Anschlussrevision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 20. Juni 2013 - 11 Sa 159/12 - werden - unter Aufhebung bzw. Abänderung der gerichtlichen Kostenaussprüche - zurückgewiesen.

2. Die Kosten des gesamten Rechtsstreits haben die Parteien je zur Hälfte zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen und einer hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung.

2

Der Kläger war seit 2005 bei der beklagten Bundesagentur als Sachbearbeiter „Leistungsgewährung im Bereich SGB II“ beschäftigt. Im Jahr 2001 war er zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten wegen vorsätzlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und Beihilfe hierzu verurteilt worden. Die Vollstreckung war zur Bewährung ausgesetzt und im Jahr 2003 erlassen worden.

3

Mit Schreiben vom 18. Juli 2011 teilte die Staatsanwaltschaft der Beklagten unter Beifügung der Anklageschrift mit, der Kläger werde gemeinsam mit einer anderen Person beschuldigt, unerlaubten Handel mit Kokain betrieben zu haben.

4

Am 15. August 2011 kam es zu einem Gespräch der Parteien. Der Kläger bestritt den ihm zur Last gelegten Sachverhalt und behauptete, weder mit Betäubungsmitteln gehandelt noch solche konsumiert zu haben. Aus der früheren Verurteilung habe er seine Lehren gezogen und alle Kontakte zum bisherigen Freundeskreis abgebrochen.

5

Aufgrund eines weitgehenden Geständnisses wurde der Kläger am 26. Januar 2012 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Davon setzte der Kläger die Beklagte am selben Tag in Kenntnis.

6

Mit Schreiben vom 6. Februar 2012 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien nach Anhörung des Personalrats fristlos, mit Schreiben vom 28. Februar 2012 - nach weiterer Anhörung des Personalrats - ordentlich zum 30. Juni 2012.

7

Mit seiner rechtzeitig erhobenen Klage hat sich der Kläger gegen die Kündigungen gewandt. Er hat gemeint, Straftaten aus dem privaten Bereich seien nicht geeignet, eine Kündigung zu rechtfertigen. Weder liege ein dienstlicher Bezug vor, noch schädigten die Taten das Ansehen der Beklagten in der Öffentlichkeit. Die Behauptung der Beklagten, er habe sich am 13. Juli 2010 an seinem Arbeitsplatz mit seinem Zwischenhändler getroffen, um dort Betäubungsmittelgeschäften nachzugehen, sei unrichtig. Aus den Straftaten ergebe sich auch kein Eignungsmangel. Überdies sei der Personalrat nicht ordnungsgemäß angehört worden. Die Beklagte habe ihm die zur Begründung der Kündigungen herangezogenen Auszüge aus den Ermittlungsakten nicht vorgelegt.

8

Der Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung vom 6. Februar 2012 noch durch die ordentliche Kündigung vom 28. Februar 2012 aufgelöst worden ist;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn als Sachbearbeiter Leistungsgewährung im Bereich SGB II gegen eine Vergütung nach der Tarifgruppe TE IV, Tarifstufe 2 weiter zu beschäftigen.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, die neuerlichen Straftaten stellten einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung dar. Jedenfalls vermöchten sie eine ordentliche Kündigung sozial zu rechtfertigen. Der Kläger habe sich schwerwiegender Pflichtverletzungen schuldig gemacht, die einen dienstlichen Bezug hätten. Er habe am 8. Juni 2010 mittels elektronischer Kurznachricht (SMS) die Übergabe von Geld für Rauschgiftgeschäfte vereinbart. Diese sei am folgenden Tag verabredungsgemäß an seinem Arbeitsplatz erfolgt. Überdies habe er jemandem Betäubungsmittel verkauft, der im gleichen Zeitraum Leistungen von ihrer Seite bezogen habe. Am 13. Juli 2010 sei er von seinem Zwischenhändler am Arbeitsplatz aufgesucht worden und dort illegalen Geschäften nachgegangen. Durch die Straftaten sei ihr Ansehen in der Öffentlichkeit beschädigt worden. Aus der Verurteilung und den ihr zugrundeliegenden Taten folge überdies, dass der Kläger für eine weitere Tätigkeit bei ihr nicht geeignet sei.

10

Die Vorinstanzen haben die außerordentliche Kündigung für unwirksam, die ordentliche für sozial gerechtfertigt gehalten. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren in vollem Umfang weiter. Mit ihrer Anschlussrevision erstrebt die Beklagte die umfassende Klageabweisung.

Entscheidungsgründe

11

A. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Kündigung vom 28. Februar 2012 ist iSv. § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt. Zwar ist sie nicht durch Gründe im Verhalten des Klägers bedingt (I.). Sie ist jedoch aus Gründen in seiner Person berechtigt (II.).

12

I. Die Kündigung ist nicht aus Gründen im Verhalten des Klägers berechtigt.

13

1. Eine Kündigung ist gemäß § 1 Abs. 2 KSchG durch Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers „bedingt“, wenn dieser seine Vertragspflichten erheblich - in der Regel schuldhaft - verletzt hat und eine dauerhafte störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten ist. Dann kann dem Risiko künftiger Störungen nur durch die - fristgemäße - Beendigung des Arbeitsverhältnisses begegnet werden. Das wiederum ist nicht der Fall, wenn schon mildere Mittel und Reaktionen von Seiten des Arbeitgebers geeignet gewesen wären, beim Arbeitnehmer künftige Vertragstreue zu bewirken. Im Vergleich mit einer fristgemäßen Kündigung kommen als mildere Mittel insbesondere Versetzung und Abmahnung in Betracht. Ein kündigungsrelevantes Verhalten liegt nicht nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer eine Hauptpflicht aus dem Arbeitsverhältnis verletzt hat. Auch die erhebliche Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht kann eine Kündigung sozial rechtfertigen. Eine Nebenpflicht kann auch durch eine außerdienstliche Straftat verletzt werden (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 583/12 - Rn. 24; 28. Oktober 2010 - 2 AZR 293/09 - Rn. 12).

14

2. Nach § 241 Abs. 2 BGB ist jede Partei eines Arbeitsvertrags zur Rücksichtnahme auf Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. Der Arbeitnehmer hat seine Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis so zu erfüllen und die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Arbeitgebers so zu wahren, wie dies von ihm unter Berücksichtigung seiner Stellung und Tätigkeit im Betrieb, seiner eigenen Interessen und der Interessen der anderen Arbeitnehmer des Betriebs nach Treu und Glauben billigerweise verlangt werden kann. Er ist danach auch außerhalb der Arbeitszeit verpflichtet, auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen. Durch ein rechtswidriges außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers werden berechtigte Interessen des Arbeitgebers beeinträchtigt, wenn es negative Auswirkungen auf den Betrieb oder einen Bezug zum Arbeitsverhältnis hat. Dies gilt auch für eine außerdienstlich begangene Straftat. Der Arbeitnehmer verstößt mit einer solchen Tat gegen seine schuldrechtliche Pflicht zur Rücksichtnahme aus § 241 Abs. 2 BGB, wenn sie einen Bezug zu seinen arbeitsvertraglichen Verpflichtungen oder zu seiner Tätigkeit hat und dadurch berechtigte Interessen des Arbeitgebers oder anderer Arbeitnehmer verletzt werden (BAG 26. September 2013 - 2 AZR 741/12 - Rn. 15). Diese Grundsätze gelten nach der Ablösung des BAT durch den TVöD bzw. den TV-L auch im öffentlichen Dienst (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 583/12 - Rn. 26).

15

3. Danach durfte das Landesarbeitsgericht nicht annehmen, der Kläger habe durch die begangenen Straftaten seine Pflichten aus § 241 Abs. 2 BGB verletzt.

16

a) Die Straftaten, wegen derer der Kläger am 26. Januar 2012 verurteilt worden ist, hat er sämtlich nach dem 15. Juli 2010 begangen. Ihnen fehlt es an einem Bezug zum Arbeitsverhältnis der Parteien. Dass der Kläger die Taten im zeitlichen oder räumlichen Zusammenhang mit seinem Arbeitsverhältnis begangen hätte, ist weder festgestellt noch ersichtlich.

17

b) Allein der Umstand, dass der Kläger - möglicherweise - gewusst hat, dass einer der Rauschgiftkunden seines Mittäters Leistungen von Seiten der Beklagten bezogen hat, ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts zur Begründung des erforderlichen Bezugs nicht ausreichend. Der Kläger kannte diesen „Kunden“ bereits seit längerer Zeit. Die Bekanntschaft war - soweit ersichtlich - nicht durch einen dienstlichen Kontakt vermittelt worden. Der „Kunde“ bezog überdies Leistungen nach dem SGB III, während der Kläger im Bereich der Gewährung von Leistungen nach dem SGB II tätig war. Auch hat der Kläger diesen Umstand nicht genutzt, um die Beziehung zu pflegen oder gar zu intensivieren. Das Verhältnis zwischen ihm und dem „Kunden“ hat keine Berührungspunkte mit seiner dienstlichen Tätigkeit.

18

c) Ein hinreichender Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis wäre gegeben, wenn der Kläger - wie das Landesarbeitsgericht gemeint hat - das Dienstgebäude und/oder seine Arbeitszeit zur Abwicklung von Rauschmittelgeschäften genutzt oder dort bzw. während ihrer entsprechende Verabredungen getroffen hätte. Ob es sich tatsächlich so verhielt, kann dahinstehen. Die Beklagte ist mit ihrem entsprechenden Vortrag materiell-rechtlich ausgeschlossen. Insoweit fehlt es an einer ordnungsgemäßen Anhörung des Personalrats.

19

aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger habe seinem Kokainlieferanten per SMS vom 8. Juni 2010 angeboten, Geld für den Handel in den Räumlichkeiten der Beklagten zu übergeben. Dieses Verhalten begründe einen Bezug zum Arbeitsverhältnis. Auf die Frage, ob sich der Kläger auch am 13. Juli 2010 mit seinem Lieferanten am Arbeitsplatz getroffen habe, komme es nicht mehr an.

20

bb) Diese Vorwürfe - ihre Berechtigung unterstellt - können bei der rechtlichen Würdigung keine Berücksichtigung finden. Die Beklagte hat den Personalrat zu ihnen nicht angehört.

21

(1) Nach § 79 Abs. 1 Satz 1 BPersVG ist der Personalrat vor der ordentlichen Kündigung eines Angestellten anzuhören. Die Dienststelle hat die beabsichtigte Maßnahme nach § 68 Abs. 2 Satz 1 BPersVG ihm gegenüber zu begründen. Gemäß § 79 Abs. 4 BPersVG ist eine durch den Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung unwirksam, wenn die Personalvertretung nicht beteiligt worden ist.

22

(2) Die Unterrichtung des Personalrats soll diesem die Möglichkeit eröffnen, sachgerecht zur Kündigungsabsicht Stellung zu nehmen. Dazu ist es notwendig, dass der Dienstherr dem Personalrat die für ihn - den Dienstherrn - maßgeblichen Kündigungsgründe mitteilt. Der Personalrat ist ordnungsgemäß unterrichtet, wenn der Dienstherr ihm die aus seiner subjektiven Sicht tragenden Umstände unterbreitet hat (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - Rn. 46; zu § 102 BetrVG: BAG 22. April 2010 - 2 AZR 991/08 - Rn. 13 mwN). Darauf, ob diese Umstände auch objektiv geeignet und ausreichend sind, die Kündigung zu stützen, kommt es für die Ordnungsgemäßheit der Unterrichtung nicht an (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - aaO). Fehlerhaft ist die Unterrichtung, wenn der Dienstherr dem Personalrat bewusst unrichtige oder unvollständige Sachverhalte unterbreitet oder einen für dessen Entschließung wesentlichen, insbesondere einen den Arbeitnehmer entlastenden Umstand verschweigt.

23

(3) Waren dem Arbeitgeber bei Zugang der Kündigung bestimmte Tatsachen nicht bekannt, darf er diese im Rechtsstreit zur Begründung der Kündigung zwar nachschieben, muss aber vorher den Personalrat zu ihnen - erneut - angehört haben. Einer weiteren Anhörung bedarf es nicht, wenn die neuen Tatsachen lediglich der Erläuterung und Konkretisierung der bisherigen, dem Personalrat bereits mitgeteilten Kündigungsgründe dienen (vgl. BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 576/09 - Rn. 11; 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/07 - Rn. 34, BAGE 131, 155). Das ist regelmäßig nicht der Fall, wenn die neuen Tatsachen dem mitgeteilten Kündigungssachverhalt erstmals das Gewicht eines Kündigungsgrundes geben oder weitere, selbständig zu würdigende Kündigungssachverhalte betreffen. Das gilt auch dann, wenn der Personalrat der Kündigung zugestimmt hat (vgl. BAG 26. September 1991 - 2 AZR 132/91 - zu III 1 a, b der Gründe).

24

(4) Danach durfte das Landesarbeitsgericht den Vortrag der Beklagten, der Kläger habe sich mit seinem Zwischenhändler zwecks Geldübergabe am Arbeitsplatz getroffen, nicht zur Begründung der Kündigung heranziehen. Über diesen Sachverhalt hatte die Beklagte den Personalrat nicht informiert. Sie hatte ihm mitgeteilt, sie sehe das Vertrauensverhältnis zum Kläger als zerrüttet an, weil dieser vor seiner Verurteilung seine Unschuld beteuert habe. Damit war der Personalrat zwar über die Straftaten unterrichtet, welche Gegenstand der Verurteilung vom 26. Januar 2012 waren. Bei ihnen handelte es sich jedoch sämtlich um Delikte, die zwischen dem 15. Juli und dem 28. August 2010 begangen worden waren. Die im vorliegenden Zusammenhang erhobenen Vorwürfe betreffen demgegenüber den Zeitraum davor und damit Sachverhalte, die von der Verurteilung nicht erfasst sind. Ihre Einführung durch die Beklagte diente auch nicht nur der Konkretisierung der dem Personalrat schon mitgeteilten Kündigungsgründe. Vielmehr vermöchten erst diese dem Verhalten des Klägers das Gewicht eines Kündigungsgrundes zu verleihen, da allenfalls sie geeignet sind, den notwendigen Bezug zum Arbeitsverhältnis herzustellen. Eine gesonderte Anhörung zu diesen Vorwürfen war deshalb nicht entbehrlich.

25

II. Die Kündigung vom 28. Februar 2012 ist durch Gründe in der Person des Klägers bedingt. Dem Kläger fehlt die notwendige Eignung zur Ausübung seiner Tätigkeit.

26

1. Durch § 1 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 KSchG wird dem Arbeitgeber die Möglichkeit eröffnet, das Arbeitsverhältnis aufzulösen, wenn der Arbeitnehmer die erforderliche Eignung oder Fähigkeit nicht (mehr) besitzt, die geschuldete Arbeitsleistung vertragsgerecht zu erbringen. Auch strafbares außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers kann Zweifel an der Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit eines Beschäftigten begründen. Sie können dazu führen, dass es ihm - abhängig von seiner Funktion - an der Eignung für die künftige Erledigung seiner Aufgaben mangelt. Ob daraus ein in der Person liegender Kündigungsgrund folgt, hängt von der Art des Delikts, den konkreten Arbeitspflichten des Arbeitnehmers und seiner Stellung im Betrieb ab. So können außerdienstlich begangene Straftaten eines im öffentlichen Dienst mit hoheitlichen Aufgaben betrauten Arbeitnehmers auch dann zu einem Eignungsmangel führen, wenn es an einem unmittelbaren Bezug zum Arbeitsverhältnis fehlt. Generelle Wertungen lassen sich nicht treffen. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 583/12 - Rn. 14; 10. September 2009 - 2 AZR 257/08 - Rn. 24, BAGE 132, 72).

27

2. Der Kläger war im Bereich der Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II und damit in hoheitlicher Funktion mit Publikumsverkehr tätig. Der private - illegale - Vertrieb von Rauschmitteln ist mit dieser Aufgabe nicht vereinbar.

28

a) Die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben in der öffentlichen Verwaltung erfordert eine jederzeit integre und gewissenhafte Ausübung der Tätigkeit. Außerdienstliches strafbares Verhalten vermag die Besorgnis zu begründen, der Arbeitnehmer könne auch im dienstlichen Zusammenhang mit den gesetzlichen Vorgaben in Konflikt geraten. Dadurch wird das erforderliche Vertrauen der Bürger in die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung erschüttert.

29

b) Diese Besorgnis bestand im Streitfall umso mehr, als der Kläger die Straftaten im regionalen Zuständigkeitsbereich seiner Dienststelle begangen hat. Dadurch ist es nicht ausgeschlossen, dass sich der Personenkreis, mit dem er dienstlich Kontakt hat, und der, mit dem er strafrechtlich relevante Beziehungen pflegt, überschneiden. Jedenfalls in der Person seines Mittäters hatte sich diese Gefahr bereits realisiert. Aus Sicht der Beklagten bestand deshalb die berechtigte Befürchtung, der Kläger könne in Konflikt zwischen seinen hoheitlichen Verpflichtungen und eigenen finanziellen Interessen geraten. Bewilligt er etwa einem Rauschgiftkunden korrekterweise bestimmte Leistungen nicht, läuft er möglicherweise Gefahr, sich eine Einkommensquelle abzuschneiden. Seine Betäubungsmittelgeschäfte bergen überdies das Risiko, dass er bei der Ausübung seiner beruflichen Verpflichtungen erpressbar ist. Beide Gesichtspunkte können dazu führen, dass der Kläger seinen dienstlichen Pflichten nicht gewissenhaft nachkommt. Es ist der Beklagten nicht zumutbar, einen Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen, der sich - schuldhaft - in derartige Interessenkonflikte verstrickt hat.

30

3. Die Interessenabwägung führt zu einem Überwiegen der Belange der Beklagten. Zwar ist zu Gunsten des Klägers dessen fast siebenjährige Dauer der Betriebszugehörigkeit zu berücksichtigen. Gleichwohl geht das Beendigungsinteresse der Beklagten vor. Zu Lasten des Klägers ist in Rechnung zu stellen, dass der Eignungsmangel aus einem von ihm selbst verschuldeten Verhalten resultiert (vgl. BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 583/12 - Rn. 30; 23. Mai 2013 - 2 AZR 120/12 - Rn. 39). Überdies handelt es sich dabei nicht um ein erstmaliges Fehlverhalten. Der Kläger war bereits im Jahr 2001 wegen eines Betäubungsmitteldelikts strafrechtlich belangt worden. Trotz anderslautender Beteuerungen hat er sich dies nicht zur Lehre gereichen lassen und ist in vergleichbarer Weise erneut straffällig geworden. Erhebliche, ihn entlastende Umstände hat der Kläger nicht vorgetragen.

31

III. Die ordentliche Kündigung ist nicht mangels Vertretungsmacht gemäß § 180 Satz 1 BGB unwirksam.

32

1. Bei einer Kündigung als einseitigem Rechtsgeschäft ist nach § 180 Satz 1 BGB eine Vertretung ohne Vertretungsmacht unzulässig(BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 485/08 - Rn. 13). Hat aber derjenige, welchem gegenüber ein solches Rechtsgeschäft vorzunehmen war, die von dem Vertreter behauptete Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts nicht beanstandet, finden gemäß § 180 Satz 2 BGB die Vorschriften über Verträge entsprechende Anwendung. Das bedeutet ua., dass das Rechtsgeschäft nach § 177 Abs. 1 BGB genehmigt werden kann.

33

2. Bezogen auf die ordentliche Kündigung vom 28. Februar 2012 hat der Kläger nicht behauptet, er habe das Fehlen der Vertretungsmacht der Unterzeichnerin des Kündigungsschreibens bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts beanstandet. Die Kündigungserklärung war damit nach § 180 Satz 2, § 177 Abs. 1 BGB allenfalls schwebend unwirksam und genehmigungsfähig. Eine solche Genehmigung hat die Beklagte zumindest konkludent dadurch erteilt, dass sie im Rahmen des Rechtsstreits die Kündigungsbefugnis der Vorsitzenden der örtlichen Geschäftsführung ausdrücklich behauptet und die Rechtmäßigkeit der Kündigung verteidigt hat (vgl. dazu BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 485/08 - Rn. 13).

34

IV. Die Kündigung ist nicht nach § 79 Abs. 4 BPersVG unwirksam.

35

1. Die Beklagte hat den Personalrat ordnungsgemäß unterrichtet. Sie hat ihm die Personalien des Klägers, die Beschäftigungsdauer, die Kündigungsart sowie die Kündigungsgründe mitgeteilt. Sie hat deutlich gemacht, dass der Grund für die beabsichtigte Kündigung in der Verurteilung des Klägers wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz und dem durch sein Bestreiten eingetretenen Vertrauensverlust lag.

36

2. Der Würdigung der Kündigung unter personenbedingten Gesichtspunkten steht nicht entgegen, dass sich die Beklagte gegenüber dem Personalrat nicht ausdrücklich auf solche Aspekte berufen hat. Das Begründungserfordernis des § 68 Abs. 2 Satz 1 BPersVG umfasst nicht eine Verpflichtung des Arbeitgebers, die kündigungsrelevanten Tatsachen einem der Kündigungsgründe des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG förmlich zuzuordnen. Tut er dies dennoch, bindet ihn dies im späteren Kündigungsschutzprozess grundsätzlich nicht. Er kann sich im Rahmen des dem Personalrat unterbreiteten tatsächlichen Kündigungssachverhalts auch auf andere rechtliche Gesichtspunkte berufen, sofern die mitgeteilten Tatsachen diese neuen Aspekte tragen (zu § 102 BetrVG: BAG 24. Februar 2011 - 2 AZR 636/09 - Rn. 44, BAGE 137, 164).

37

V. Der Antrag auf Weiterbeschäftigung ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen. Er ist auf eine Beschäftigung für die Dauer des Rechtsstreits gerichtet. Dieser ist rechtskräftig abgeschlossen.

38

B. Die Anschlussrevision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung iSv. § 626 Abs. 1 BGB sei nicht gegeben.

39

I. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, dh. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht (BAG 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 15; 19. April 2012 - 2 AZR 258/11 - Rn. 13).

40

II. Der offenbar gewordene Mangel in der charakterlichen Eignung des Klägers war „an sich“ als wichtiger Grund zur Kündigung geeignet. Er schloss einen weiteren Einsatz des Klägers im hoheitlichen Bereich der Leistungsgewährung grundsätzlich ohne weiteren Aufschub aus. Im Streitfall war der Beklagten jedoch unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und der Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zuzumuten. Zwar ist zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen, dass dieser seinen Eignungsmangel - anders als etwa in Fällen einer Erkrankung - selbst zu vertreten hat. In der Vergangenheit hat sich dieser jedoch im Arbeitsverhältnis nicht tatsächlich ausgewirkt. Der Kläger hat seine dienstlichen Aufgaben als solche ordnungsgemäß verrichtet. Die Beklagte hat auch keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass in naher Zukunft insoweit mit konkreten Beeinträchtigungen zu rechnen gewesen wäre. Der berechtigten Besorgnis, der Kläger könne erpressbar sein oder es werde das Vertrauen in die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung durch eine Weiterbeschäftigung des Klägers erschüttert, wird schon mit einer ordentlichen Kündigung Rechnung getragen.

41

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 ZPO.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Rinck    

        

        

        

    A. Claes    

        

    Beckerle    

                 

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 5. Oktober 2010 - 6 Sa 63/10 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Mehrarbeitsvergütung.

2

Der Kläger war bei der beklagten Spedition als Lagerleiter gegen ein monatliches Bruttoentgelt von 1.800,00 Euro beschäftigt.

3

In dem von der Beklagten vorformulierten Arbeitsvertrag vom 7. Oktober 2002 heißt es auszugsweise:

        

„4.     

Arbeitszeit

                 

4.1.   

Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 42 Arbeitsstunden.

        
                 

4.2.   

Die Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage richtet sich nach den betrieblichen Erfordernissen.

        
                 

4.3.   

Der Arbeitnehmer(in) ist bei betrieblicher Erfordernis auch zur Mehrarbeit sowie Sonntags- und Feiertagsarbeit verpflichtet.

        
                 

4.4.   

Der Arbeitnehmer erhält für die Über- und Mehrarbeit keine weitergehende Vergütung.

        
        

…       

        

        

10.     

Erlöschen von Ansprüchen

                 

10.1. 

Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erlöschen 2 Monate nach Fälligkeit im laufenden Arbeitsverhältnis und 1 Monat nach Fälligkeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Ausschlußfrist), wenn sie nicht binnen dieser Frist schriftlich geltend gemacht werden.

        
                 

10.2. 

Wird ein geltend gemachter Anspruch innerhalb von 14 Tagen nicht entsprochen, kann er mit einer weiteren Frist von 2 Monaten Klage erheben.

        
                 

10.3. 

Nach Ablauf der vorbenannten Fristen sind die Ansprüche verwirkt.“

        
4

Aufgrund einer mündlichen Abrede gewährte die Beklagte dem Kläger für die in der Zeit von 18:00 Uhr bis 6:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden einen „Nachtzuschlag“ iHv. 25 % des Stundenlohns. Der „Nachtzuschlag“ wurde in den Entgeltabrechnungen zumeist als steuerfrei ausgewiesen.

5

Mit Anwaltsschreiben vom 9. April 2009 machte der Kläger erstmalig Vergütung von Überstunden geltend. Mit der am 21. September 2009 zugestellten Klage hat der Kläger - soweit in der Revision noch von Interesse - Vergütung für 968 in den Jahren 2006 bis 2008 geleistete Überstunden verlangt.

6

Der Kläger hat - soweit in der Revision noch von Interesse - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9.534,80 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. September 2009 zu zahlen.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Die Überstunden seien mit dem monatlichen Bruttoentgelt abgegolten. Der Kläger habe vereinbarungsgemäß für Über- und Mehrarbeit nur den vereinbarten „Nachtzuschlag“ erhalten sollen. Darüber hinaus seien die erhobenen Ansprüche verwirkt.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr hinsichtlich der noch streitigen 968 Überstunden stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage im angefochtenen Umfang zu Recht stattgegeben. Der Kläger hat Anspruch auf Vergütung von 968 Überstunden gemäß § 612 Abs. 1 und Abs. 2 BGB iHv. 9.534,80 Euro brutto nebst Prozesszinsen.

10

I. Nach § 612 Abs. 1 BGB gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Unmittelbar ergeben sich hieraus für den Kläger keine Ansprüche. Die Vorschrift ist aber entsprechend anzuwenden, wenn eine in bestimmter Höhe gewährte Arbeitsvergütung nicht den vollen Gegenwert für die erbrachten Dienstleistungen darstellt, also Überstunden auf diese Weise vergütet werden sollen (BAG 1. September 2010 - 5 AZR 517/09 - Rn. 9 mwN, BAGE 135, 250).

11

1. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger im Streitzeitraum insgesamt 968 von der Beklagten angeordnete bzw. betriebsnotwendige Überstunden geleistet.

12

2. Hinsichtlich dieser Stunden gab es keine Vergütungsabrede der Parteien.

13

a) Die Parteien haben zwar in Tz. 4.4. des Arbeitsvertrags bestimmt, dass der Kläger für Über- und Mehrarbeit keine gesonderte Vergütung erhalte. Diese Regelung ist jedoch nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie nicht klar und verständlich ist, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

14

aa) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts handelt es sich bei der streitigen Klausel um eine von der Beklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB.

15

bb) Unbeschadet der Frage, ob eine Regelung wie Tz. 4. 4. die Hauptleistungspflichten der Parteien betrifft, unterliegt sie jedenfalls nach § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB der Transparenzkontrolle gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Danach kann sich die zur Unwirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führende unangemessene Benachteiligung aus der mangelnden Klarheit und Verständlichkeit der Bedingung ergeben. Dieses Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Es müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Der Vertragspartner des Klauselverwenders soll ohne fremde Hilfe Gewissheit über den Inhalt der vertraglichen Rechte und Pflichten erlangen können und nicht von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten werden. Eine Klausel muss im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners des Klauselverwenders so klar und präzise wie möglich umschreiben. Sie verletzt das Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthält (BAG 1. September 2010 - 5 AZR 517/09 - Rn. 14 mwN, BAGE 135, 250; 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 13 mwN, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10).

16

cc) Eine die pauschale Vergütung von Überstunden regelnde Klausel ist nur dann klar und verständlich, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleistungen in welchem zeitlichen Umfang von ihr erfasst werden sollen. Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“ und welche Leistung er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen muss (BAG 1. September 2010 - 5 AZR 517/09 - Rn. 15 mwN, BAGE 135, 250; 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 14 mwN, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10).

17

dd) Tz. 4.4. des Arbeitsvertrags ist nicht klar und verständlich. Die Klausel soll Arbeitsstunden erfassen, die die vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit von 42 Stunden überschreiten. Dabei sind bereits die Voraussetzungen, unter denen Überstunden zu leisten sein sollen, nur vage umschrieben. Tz. 4.3. des Arbeitsvertrags nennt als Bedingung „bei betrieblicher Erfordernis“, ohne diese näher zu konkretisieren. Überhaupt nicht ist der mögliche Umfang der geschuldeten Über- und Mehrarbeit geregelt. Damit ist die vom Kläger ohne eine weitere Vergütung zu leistende Arbeit weder bestimmt noch bestimmbar. Insbesondere lässt sich weder der Klausel selbst noch den arbeitsvertraglichen Bestimmungen im Übrigen eine Begrenzung auf die gemäß § 3 ArbZG zulässige Höchstarbeitszeit entnehmen. Die Verwendung des Begriffspaares „Über- und Mehrarbeit“ in Tz. 4.4. des Arbeitsvertrags deutet im Gegenteil darauf hin, dass auch eine Überschreitung der gesetzlichen Höchstarbeitszeit von der Klausel erfasst sein soll (vgl. BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 15, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10; ErfK/Preis 12. Aufl. § 611 BGB Rn. 486; HWK/Thüsing 5. Aufl. § 611 BGB Rn. 134).

18

Die Klausel bliebe selbst dann intransparent, wenn sie - einschränkend - dahin auszulegen wäre, dass nur bis zu sechs wöchentliche Überstunden mit der Vergütung abgegolten sein sollten. Denn auch dann enthielte sie vermeidbare Unklarheiten und Spielräume. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führt zwar nicht gleichsam automatisch zu deren Intransparenz. Lässt sich jedoch eine Klausel unschwer so formulieren, dass das Gewollte klar zu erkennen ist, führt eine Formulierung, bei der das Gewollte allenfalls durch eine umfassende Auslegung ermittelbar ist, zu vermeidbaren Unklarheiten. Wäre eine Einschränkung des Umfangs der Abgeltungsklausel auf bis zu sechs Stunden wöchentlich gewollt gewesen, hätte die Beklagte das unschwer im Klauseltext durch die Aufnahme dieser Zahl oder zumindest mit einem ausdrücklichen Hinweis auf das Arbeitszeitgesetz und eine danach zulässige wöchentliche Höchstarbeitszeit formulieren können (vgl. BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 16 mwN, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10).

19

b) Das Landesarbeitsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass die mündlich getroffene Vereinbarung eines „Nachtzuschlags“ keine pauschalierte Überstundenvergütung beinhaltete. Durchgreifende Rügen hat die Revision nicht vorgebracht.

20

3. Nach § 612 Abs. 1 BGB gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Diese Vergütungserwartung ist im Streitfall gegeben.

21

a) Einen allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass jede Mehrarbeitszeit oder jede dienstliche Anwesenheit über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus zu vergüten ist, gibt es nicht. Die Vergütungserwartung ist stets anhand eines objektiven Maßstabs unter Berücksichtigung der Verkehrssitte, der Art, des Umfangs und der Dauer der Dienstleistung sowie der Stellung der Beteiligten zueinander festzustellen, ohne dass es auf deren persönliche Meinung ankommt. Sie kann sich insbesondere daraus ergeben, dass im betreffenden Wirtschaftsbereich Tarifverträge gelten, die für vergleichbare Arbeiten eine Vergütung von Überstunden vorsehen. Die - objektive - Vergütungserwartung wird deshalb in weiten Teilen des Arbeitslebens gegeben sein (vgl. BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 20 mwN, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10; 21. September 2011 - 5 AZR 629/10 - Rn. 31 mwN, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 11). Sie wird aber fehlen, wenn arbeitszeitbezogene und arbeitszeitunabhängig vergütete Arbeitsleistungen zeitlich verschränkt sind (vgl. BAG 21. September 2011 - 5 AZR 629/10 - Rn. 32, aaO) oder wenn Dienste höherer Art geschuldet sind oder insgesamt eine deutlich herausgehobene Vergütung gezahlt wird (vgl. BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 20, 21, aaO). Von letztem Fall wird regelmäßig ausgegangen werden können, wenn das Entgelt die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung überschreitet. Mit dieser dynamischen Verdienstgrenze gibt der Gesetzgeber alljährlich zu erkennen, welche Einkommen so aus dem in der Solidargemeinschaft aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten herausragen, dass damit keine weitere Rentensteigerung mehr zu rechtfertigen ist. Wer mit seinem aus abhängiger Beschäftigung erzielten Entgelt die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung überschreitet, gehört zu den Besserverdienern, die aus der Sicht der beteiligten Kreise nach der Erfüllung ihrer Arbeitsaufgaben und nicht eines Stundensolls beurteilt werden. Ihnen und ihren Arbeitgebern fehlt regelmäßig die objektive Vergütungserwartung für ein besonderes Entgelt als Gegenleistung für die über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistete Arbeit.

22

b) Der Kläger erbrachte im Streitfall einheitliche Arbeitsleistungen, für die er - unter Anwendung eines objektiven Beurteilungsmaßstabs - eine zusätzliche Vergütung nach den Bedingungen seines Arbeitsvertrags erwarten durfte. Der Kläger leistete keine Dienste höherer Art und erzielte keine deutlich herausgehobene Vergütung. Sein Einkommen lag in den Jahren 2006 bis 2008 jeweils deutlich unter der Beitragsbemessungsgrenze Ost.

23

4. Nach § 612 Abs. 2 BGB ist die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen. Diese ist vom Landesarbeitsgericht zutreffend auf 9.534,80 Euro brutto bestimmt worden.

24

II. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Ansprüche des Klägers auf Überstundenvergütung nicht verwirkt sind, weil es an dem erforderlichen Umstandsmoment fehlt. Muss der Verpflichtete davon ausgehen, dass der Berechtigte von den ihm zustehenden Ansprüchen nichts weiß (vgl. BAG 25. April 2001 - 5 AZR 497/99 - BAGE 97, 326; BGH 15. September 1999 - I ZR 57/97 - zu II 4 der Gründe, NJW 2000, 140), kann er nicht darauf vertrauen, der Berechtigte werde wegen des Zeitablaufs seine Rechte nicht mehr geltend machen (vgl. BGH 12. März 2008 - XII ZR 147/05 - zu II 3 der Gründe, NJW 2008, 2254). Dies ist vor allem dann anzunehmen, wenn die Unkenntnis des Berechtigten auf dem Verhalten des Verpflichteten beruht (vgl. BGH 27. Juni 1957 - II ZR 15/56 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 25, 47). Hierfür bietet die Verwendung einer unwirksamen AGB-Klausel einen typischen Fall.

25

III. Die Ansprüche des Klägers sind nicht gemäß Tz. 10. des Arbeitsvertrags verfallen. Die als AGB geregelte zweistufige Ausschlussfrist ist unwirksam, weil sie den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB(vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 7 der Gründe, BAGE 115, 19; 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 34 ff., BAGE 116, 66).

26

IV. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

27

V. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Reinders    

        

    Ilgenfritz-Donné    

                 

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.