Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 08. Mai 2014 - 5 Sa 223/14

ECLI:ECLI:DE:LAGD:2014:0508.5SA223.14.00
08.05.2014

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 21.02.2014 - 13 Ca 3718/13 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2.Die Revision wird für den Kläger zugelassen.


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


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(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Woch

Zivilprozessordnung - ZPO | § 167 Rückwirkung der Zustellung


Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächs

Insolvenzordnung - InsO | § 143 Rechtsfolgen


(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem E

Zivilprozessordnung - ZPO | § 33 Besonderer Gerichtsstand der Widerklage


(1) Bei dem Gericht der Klage kann eine Widerklage erhoben werden, wenn der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln in Zusammenhang steht. (2) Dies gilt nicht, wenn f

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Tenor Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 15. September 2010 - 10 Sa 333/10 - wird zurückgewiesen.

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Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 26. Januar 2010 - 7 Sa 442/09 - teilweise aufgehoben.

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Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Bei dem Gericht der Klage kann eine Widerklage erhoben werden, wenn der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln in Zusammenhang steht.

(2) Dies gilt nicht, wenn für eine Klage wegen des Gegenanspruchs die Vereinbarung der Zuständigkeit des Gerichts nach § 40 Abs. 2 unzulässig ist.

Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.

(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.

(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.

(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Bei dem Gericht der Klage kann eine Widerklage erhoben werden, wenn der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln in Zusammenhang steht.

(2) Dies gilt nicht, wenn für eine Klage wegen des Gegenanspruchs die Vereinbarung der Zuständigkeit des Gerichts nach § 40 Abs. 2 unzulässig ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 253/07
Verkündet am:
16. Oktober 2008
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine Wider-Widerklage kann in einem Rechtsstreit, in dem über eine Widerklage
bereits rechtskräftig entschieden worden ist, nicht mehr erhoben
werden. Auch zum Zwecke der Korrektur eines Verfahrensfehlers kann
durch eine Verfahrensweise nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO eine Verfahrenssituation
, die bestanden hat, solange über die Widerklage noch nicht
rechtskräftig entschieden worden war, nicht wiederhergestellt werden.
BGH, Urteil vom 16. Oktober 2008 - III ZR 253/07 - OLG Koblenz
LG Mainz
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Oktober 2008 durch den Vorsitzenden Richter Schlick sowie die
Richter Dr. Wurm, Dr. Herrmann, Wöstmann und Hucke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 12. Oktober 2007 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das ihre Klage als unzulässig abweisende Urteil des Landgerichts Mainz vom 22. Februar 2006 wird unter Aufhebung des Versäumnisurteils des Oberlandesgerichts vom 15. Juni 2007 zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittelzüge zu tragen.
Gerichtskosten für das Revisionsverfahren werden nicht erhoben (§ 21 Abs. 1 Satz 1 GKG).
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die in der Touristikbranche tätigen Parteien schlossen im März 1997 eine Vereinbarung, wonach die Klägerin mit der offiziellen Vertretung der in Großbri- tannien ansässigen Beklagten auf dem deutschen, österreichischen und schweizerischen Markt beauftragt wurde. Als Vergütung war zunächst ein Betrag von 5.500 US $ monatlich vereinbart, der nach kurzer Zeit auf 3.750 US $ herabgesetzt wurde; der Klägerin sollten daneben laufende Kosten für Telefon, Fax, Parkgebühren und Reisekosten auf entsprechenden Nachweis hin erstattet werden. Seit November 1997 leistete die Beklagte keine Zahlungen mehr.
2
Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Begleichung rückständiger Vergütung von November 1997 bis Juni 1998. Nach vorausgegangenem Mahnbescheid und Widerspruch der Beklagten hiergegen ist der Rechtsstreit an das Landgericht Mainz abgegeben worden, bei dem die Klägerin ihre Klageforderung begründet und noch einen Betrag in Höhe von 40.119,15 DM (= 20.512,60 €) gefordert hat. Die Beklagte hat die Unzuständigkeit des Landgerichts gerügt und die Auffassung vertreten, sie könne nur vor einem Gericht in London verklagt werden; zugleich hat sie Widerklage auf Rückzahlung von aus ihrer Sicht zu viel an die Klägerin gezahlter 27.178,20 DM (= 13.895,99 €) nebst Zinsen erhoben.
3
Nachdem das Landgericht in einem Hinweis- und Beweisbeschluss vom 16. November 2005 ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht hatte, nach nochmaliger Überprüfung sei nunmehr von einem einheitlichen Gerichtsstand für Klage und Widerklage gemäß Art. 5 EuGVÜ auszugehen, hat es die Klage mit Urteil vom 22. Februar 2006 gleichwohl mangels internationaler Zuständigkeit deutscher Gerichte ohne nochmaligen Hinweis auf seine insoweit inzwischen abermals geänderte Meinung als unzulässig, die Widerklage als unbegründet abgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat lediglich die Klägerin Berufung eingelegt, während die Beklagte die Abweisung ihrer Widerklage hinge- nommen hat. Im Verhandlungstermin vom 15. Juni 2007 vor dem Berufungsgericht , in dem es unter anderem auch die Ansicht geäußert hat, bei einem - hier fehlerhaft unterbliebenen - Hinweis auf die Unzulässigkeit der Klage habe die Klägerin ihre Forderung in Form einer Eventual-Wider-Widerklage erheben können, um die Zuständigkeit des Landgerichts zu begründen, war die Beklagte nicht vertreten. Daraufhin ist an diesem Tag im Wege eines Versäumnisurteils die erstinstanzliche Entscheidung, soweit darin über die Klage entschieden worden war, einschließlich des zugrunde liegenden Verfahrens aufgehoben und der Rechtsstreit in diesem Umfang zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen worden. Nach fristgerechtem Einspruch der Beklagten hat das Berufungsgericht dieses Versäumnisurteil aufrechterhalten. Hiergegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision.

Entscheidungsgründe


4
Die Revision ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückweisung der Berufung unter Aufhebung des Versäumnisurteils.

I.


5
Berufungsgericht Das hat die vorgenommene Aufhebung des landgerichtlichen Urteils einschließlich des ihm zugrunde liegenden Verfahrens und die Zurückverweisung in die erste Instanz damit begründet, dass die Klageabweisung als unzulässig auf einem Verfahrensfehler beruhe. Die Zuständigkeit des angerufenen Landgerichts für die erhobene Klage sei zwar mit zutreffender Be- gründung verneint worden. Denn die Klägerin könne sich nicht auf Art. 5 Nr. 1 EuGVVO berufen, weil ihre Klage noch vor Inkrafttreten dieser Verordnung erhoben worden sei und ihre Bestimmungen deshalb nach Art. 66 Abs. 1 EuGVVO nicht anwendbar seien. Eine Zuständigkeit des Landgerichts ergebe sich auch nicht aus den Vorschriften des EuGVÜ, wobei mit Recht von zwei unterschiedlichen Erfüllungsorten für die wechselseitigen vertraglichen Verpflichtungen der Parteien ausgegangen worden sei.
6
Allerdings liege eine verfahrensfehlerhafte Überraschungsentscheidung vor, weil das erstinstanzliche Gericht noch mit Hinweisbeschluss vom 16. November 2005 ausdrücklich ausgeführt habe, es gehe von einem einheitlichen Gerichtsstand für Klage und Widerklage aus, dann aber dennoch ohne weiteren Hinweis ein Prozessurteil bezüglich der Klage erlassen habe. Wäre der Klägerin die letztlich angenommene Unzulässigkeit deutlich gemacht worden, hätte sie eine Zuständigkeit für die Klageforderung nach Art. 6 Nr. 3 EuGVVO durch Erhebung einer Wider-Widerklage begründen können und nach ihrem nicht zu widerlegenden Vortrag auch begründet. Bei ordnungsgemäßer Verfahrensweise hätte für sie die Möglichkeit bestanden, ihre Klage zuvor zurücknehmen. Dabei könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte die erforderliche Einwilligung dazu verweigert hätte. Dies vor allem dann nicht, wenn die Klägerin ihre Absicht, eine Wider-Widerklage zu erheben, zunächst nicht offenbart hätte. Der Verfahrensfehler führe zur Zurückverweisung unter Aufhebung des zugrunde liegenden Verfahrens, der Klägerin sei Gelegenheit zu geben, entsprechend zu verfahren. Doppelte Rechtshängigkeit stehe dem nicht von vornherein entgegen. Durch die Verfahrensaufhebung werde der Rechtsstreit hinsichtlich der Klage in die Lage zurückversetzt, in der er sich vor der ersten mündlichen Verhandlung in erster Instanz befunden habe. Somit bestehe für die Klägerin die Möglichkeit, die Klage auch ohne Einwilligung der Beklagten zurückzunehmen, um anschließend ihre Klageforderung im Wege der Wider-Widerklage geltend zu machen. Da auf die Verfahrenssituation im Zeitpunkt eines rechtzeitigen Hinweises des Landgerichts abzustellen sei, stehe dem die bereits rechtskräftige Entscheidung über die Widerklage nicht entgegen, weil nach dem nicht widerlegbaren Vortrag der Klägerin dann über die Widerklage noch nicht rechtskräftig entschieden wäre.

II.


7
Die Ausführungen des Berufungsgerichts zu der nach Zurückverweisung und Aufhebung auch des zugrunde liegenden Verfahrens für die Klägerin noch bestehenden Möglichkeit der Klagerücknahme und der Erhebung einer WiderWiderklage , um damit die Zuständigkeit des angerufenen Landgerichts nach Art. 6 Nr. 3 EuGVVO zu begründen, halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Dieser mit der Erhebung einer Wider-Widerklage angestrebte Erfolg kann in dem Verfahrensstadium, in dem sich der Rechtsstreit nach rechtskräftiger Entscheidung über die Widerklage befindet, nicht mehr erreicht werden. Einer reformierenden Entscheidung nach Erteilung eines Hinweises auf die fehlende internationale Zuständigkeit und der dem Berufungsgericht im Anschluss an die Zurückverweisung der Sache vorschwebenden prozessualen Vorgehensweise ist bei dieser Sachlage der Boden entzogen.
8
1. Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte, die auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 153, 82, 84 ff; vgl. auch BGHZ 132, 105, 107; 134, 127, 129 f; 157, 224, 227; BGH, Urteil vom 7. Dezember 2004 - XI ZR 366/03 - NJW-RR 2005, 581), verneint. Denn die Klägerin kann sich nicht auf Vorschriften der EuGVVO berufen, weil diese nach Art. 66 Abs. 1 nur auf solche Klagen Anwendung findet, die erst nach ihrem Inkrafttreten erhoben worden sind. Dies war vorliegend jedoch nicht der Fall, so dass noch die Bestimmungen des zuvor geltenden EuGVÜ heranzuziehen sind. Auch wenn zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht die EuGVVO bereits in Kraft getreten war, konnte die fehlende internationale Zuständigkeit nicht rückwirkend dadurch entstehen, dass diese nunmehr, hier nach Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO, begründet wäre (vgl. BGHZ 132, aaO; BGH, Urteil vom 14. November 1991 - IX ZR 250/90 - NJW 1993, 1070, 1071; Hk-ZPO/Dörner, 2. Aufl.2007, Art. 66 EuGVVO, Rn. 2 m.w.N.).
9
Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ist vorliegend nicht gegeben, weil im EuGVÜ für eine auf vertragliche Ansprüche gestützte Klage, wie sie hier geltend gemacht wird, keine Ausnahmevorschrift im Sinne des Art. 3 Abs. 1 EuGVÜ enthalten war, die es ermöglicht hätte, die Beklagte, die ihren Geschäftssitz in Großbritannien hat, abweichend von der Regelvorschrift des Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ in einem anderen Vertragsstaat zu verklagen (vgl. BGH, Urteil vom 7. Dezember 2004, aaO). Eine solche Möglichkeit ergibt sich insbesondere nicht aus Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ. Nach dieser Vorschrift kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates hat, wegen vertraglicher Ansprüche zwar auch vor dem Gericht des Ortes verklagt werden, an dem die Verpflichtung zu erfüllen wäre. Rechtsfehlerfrei haben beide Vorinstanzen jedoch angenommen, dass der Erfüllungsort für die vertraglichen Verpflichtungen der Beklagten im Sinne der genannten Vorschrift nicht in der Bundesrepublik Deutschland liegt. Der nach Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ maßgebliche Erfüllungsort richtet sich nach dem internationalen Privatrecht des Gerichtsstaates und dem danach berufenen Sachrecht, nicht dagegen autonom nach der vertragscharakteristischen Leistung (EuGH NJW 1977, 491 f m. Anm. Geimer; NJW 2000, 721, 722 f, Rn. 33; BGHZ 157, aaO, S. 231; BGH, Urteile vom 25. Februar 1999 - VII ZR 408/97 - NJW 1999, 2442 f, und vom 7. Dezember 2004, aaO, S. 582 m.w.N.; vgl. auch Zöller/Geimer, ZPO, 26. Aufl. 2007, Art. 5 EuGVVO, Rn. 1a f). Die nunmehr in Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO enthaltene Ausnahme für Dienstverträge (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 2006 - IX ZR 15/05 - NJW 2006, 1806, 1807) bestand seinerzeit noch nicht. Danach gilt aber gemäß Art. 28 EGBGB für den zwischen den Parteien geschlossenen Dienstvertrag deutsches Recht, weil die Klägerin, die als Dienstverpflichtete die charakteristische Leistung zu erbringen hatte (vgl. Senatsurteil BGHZ 128, 41, 48; Palandt/ Heinrichs, BGB, 67. Aufl. 2008, EGBGB Art. 28, Rn. 14), ihren Geschäftssitz in Deutschland hat. Der Erfüllungsort für die hier eingeklagte Zahlungsverpflichtung bestimmt sich daher nach den §§ 269, 270 BGB. Bei Dienstverträgen besteht aber nach herrschender Auffassung grundsätzlich kein einheitlicher Erfüllungsort etwa am Ort der charakteristischen Leistung, sondern Zahlungsansprüche sind in der Regel am Wohn-(Geschäfts-)Sitz des Zahlungspflichtigen zu erfüllen (so für Rechtsanwaltshonorare BGHZ 157, 20, 23 ff; BGH, Urteil vom 4. März 2004 - IX ZR 101/03 - NJW-RR 2004, 932; Palandt/Heinrichs, aaO, § 269, Rn. 13 f). Gesichtspunkte, die im Streitfall eine davon abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich; vor allem ist die internationale Zuständigkeit des Landgerichts nicht durch rügelose Einlassung der Beklagten nach Art. 18 EuGVÜ (jetzt Art. 24 EuGVVO) begründet worden. Sie hat bereits mit ihrer Klageerwiderung die Zuständigkeitsrüge erhoben und ist davon im Laufe des weiteren Verfahrens nicht abgerückt. Dass sie sich hilfsweise (auch) zur Sache eingelassen hat, ließ nicht ihre Befugnis entfallen, sich auf die Unzuständigkeit zu berufen (vgl. EuGH, Slg. 1981, 1671, 1686, Rn. 17 = IPRax 1982, 234, 238; NJW 1984, 2760, 2761; BGH, Urteil vom 25. Februar 1999, aaO; Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 1997, Art. 18 EuGVÜ Rn. 46 f; Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, 6. Aufl. 1998, Art. 18 EuG- VÜ, Rn. 10 bis 12 sowie 8. Aufl. 2005, Rn. 10 f zu Art. 24 EuGVVO m.w.N.). Entgegen der Auffassung der Klägerin widerspricht ein derartiges Verhalten auch nicht dem Grundsatz von Treu und Glauben, denn die Beklagte hat das Recht, sich unabhängig von der Erhebung ihrer Widerklage mit allen prozessualen Möglichkeiten gegen die Klage zu verteidigen.
10
2. Das Berufungsgericht geht zwar weiter mit Recht davon aus, dass es sich bei dem erstinstanzlichen Urteil aus Sicht der Klägerin um eine Überraschungsentscheidung gehandelt hat. Denn nach dem Hinweis- und Beweisbeschluss vom 16. November 2005, wonach ein einheitlicher Gerichtsstand für Klage und Widerklage angenommen wurde, hätte die Klage nicht ohne einen weiteren Hinweis und Gelegenheit zur Stellungnahme als unzulässig abgewiesen werden dürfen. Darin liegt jedoch nicht zugleich auch eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG. Abgesehen davon, dass nicht jede Verletzung einer prozessualen Hinweispflicht gleichbedeutend ist mit einer Versagung rechtlichen Gehörs (vgl. BVerfGE 66, 116, 146 f; 67, 90, 95 f; BayVerfGH NJW 1992, 1094; BGH, Beschluss vom 24. April 2008 - I ZB 72/07 - juris, Rn. 12), kann nicht davon ausgegangen werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einem Gehörsverstoß beruht. Ist eine Hinweispflicht unbeachtet geblieben, hat die darauf gerichtete Rüge auszuführen, wie die Partei auf einen entsprechenden Hinweis reagiert hätte, insbesondere, was sie im Einzelnen vorgetragen hätte und wie sie weiter vorgegangen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Februar 2003 - XI ZR 153/02 - NJW-RR 2003, 1003, 1004; Beschluss vom 24. April 2008 aaO ; Musielak/Ball, ZPO, 6. Aufl. 2008, § 543 Rn. 9 f).
11
Diesen Anforderungen ist die Klägerin jedoch nicht gerecht geworden. Im Berufungsverfahren hat sie keinen prozessual zulässigen Weg aufgezeigt, den sie bei Erteilung des erforderlichen Hinweises auf die Unzulässigkeit ihrer Klage beschritten hätte. Die von ihr für diesen Fall beabsichtigte Erhebung einer Eventual -Wider-Widerklage stellte kein taugliches prozessuales Mittel dar, um die Zuständigkeit des angerufenen Landgerichts zu begründen. Die Erhebung einer Wider-Widerklage unter der vorgesehenen Bedingung, dass die (Haupt-)Klage mangels internationaler Zuständigkeit deutscher Gerichte unzulässig sei, wäre nicht möglich gewesen. Denn eine solche hilfsweise und (auflösend) bedingt erhobene Wider-Widerklage hätte lediglich zur nochmaligen Rechtshängigkeit desselben Streitgegenstandes geführt. Dem hätte jedoch, wie die Beklagte zu Recht geltend macht, das Verbot doppelter Rechtshängigkeit (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) entgegengestanden. Erhebt eine Prozesspartei hilfsweise eine Wider -Widerklage für den Fall, dass die von ihr erhobene Klage unzulässig ist, hat dies zur Folge, dass über denselben Streitgegenstand einerseits die Klage, andererseits aber auch die Wider-Widerklage anhängig ist. Die Bedingung der Unzulässigkeit der Klage kann daran nichts ändern, weil diese Klage bis zu ihrer rechtskräftigen Abweisung oder wirksamen Rücknahme rechtshängig bleibt. In der Rechtsprechung wird deshalb nur eine solche hilfsweise erhobene WiderWiderklage als zulässig angesehen, die von einer mit der Verteidigung gegen die Widerklage zusammenhängenden Bedingung abhängig gemacht wird (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 1959 - VIII ZR 44/58 - LM § 164 BGB Nr. 15; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., 2003, § 33 Rn. 35, 37, 39; Thomas /Putzo/Hüßtege, ZPO, 29. Aufl., § 33, Rn. 14). So liegt der Streitfall aber ersichtlich nicht. Die hier vom Berufungsgericht zunächst als möglich angesehene Bedingung betraf nicht den möglichen Erfolg der Widerklage, sondern die Abweisung ihrer eigenen Klage und damit einen identischen Streitgegenstand , so dass es sich letztlich um eine Eventualklage gehandelt hätte. Die Zulassung einer derartigen Vorgehensweise widerspräche Sinn und Zweck einer Wider-Widerklage. Eine Widerklage ist eine Reaktion auf die Klage (vgl. etwa BGHZ 43, 28, 30; 132, 390, 397 f), die Wider-Widerklage somit eine solche auf eine Widerklage (vgl. BGH, Beschluss vom 13. September 1995 - XII ARZ 14/95 - NJW-RR 1996, 65). Eine nur die eigene Klage betreffende Bedingung ist danach nicht möglich, zumal damit darüber hinaus eine unzulässige Umgehung der Regelung in Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ einhergehen würde.
12
Abgesehen davon lässt sich dieser Verfahrensfehler jedoch wegen der weiteren Entwicklung des Rechtsstreits, nämlich dessen endgültiger Beendigung bezüglich der Widerklage durch Eintritt der Rechtskraft des Urteils des Landgerichts insoweit, ohnehin nicht mehr korrigieren; insbesondere geht die Ansicht des Berufungsgerichts fehl, durch eine Verfahrensweise nach § 538 Abs. 2 Satz 3 ZPO könne die Verfahrenssituation (wieder) hergestellt werden, die bestanden hat, solange über die Widerklage noch nicht rechtskräftig entschieden worden war.
13
3. Soweit das Berufungsgericht die Zurückverweisung in die erste Instanz zum Zwecke der Rücknahme der Klage und Erhebung einer unbedingten Wider-Widerklage trotz rechtskräftiger Abweisung der Widerklage gleichwohl als möglich ansieht, erweist sich dieser der Klägerin gewiesene Weg ebenfalls als nicht gangbar. Die vorgenommene Zurückverweisung mit der Aufhebung des Verfahrens geht vielmehr ersichtlich ins Leere.
14
a) Bereits der in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zunächst enthaltene Ansatz, wonach die Klägerin entsprechend ihrem Vorbringen bei Erteilung des erforderlichen Hinweises ihre Klage zurückgenommen und Wider-Widerklage erhoben hätte, wobei davon auszugehen sei, dass die Beklagte die erforderliche Einwilligung hierzu erteilt hätte, ist nicht tragfähig. Nichts spricht für eine derartige Erwartung; eine solche Annahme ist lediglich spekulativ. Daran ändert auch nichts die in diesem Zusammenhang weiter angestellte - für sich genommen äußerst fragwürdige - Überlegung des Berufungsgerichts , die erforderliche Einwilligung der Beklagten habe jedenfalls dadurch erlangt werden können, dass die Klägerin ihre Absicht, nach Klagerücknahme eine Wider-Widerklage zu erheben, zunächst geheim gehalten hätte.
15
b) Auch die Vorgabe des Berufungsgerichts, das Landgericht müsse der Klägerin nach Zurückverweisung nun ermöglichen, die Klage zurückzunehmen, wobei durch die mit der Aufhebung auch des Verfahrens verbundene Zurückversetzung des Prozesses in die Lage noch vor der ersten mündlichen Verhandlung eine Einwilligung der Beklagten hierzu ni cht erforderlich sei, stellt sich als rechtsfehlerhaft dar.
16
Mit der Erklärung der Klagerücknahme wäre bei der vorliegenden Sachlage der Prozess vollständig abgeschlossen, für die Erhebung einer WiderWiderklage anstelle der Klage bestünde schon deshalb kein Raum mehr.
17
c) Die weitere Annahme, es könne nicht auf die bereits eingetretene Rechtskraft bezüglich der Widerklage ankommen, weil nach dem nicht zu widerlegenden Vortrag der Klägerin bei der beschriebenen Vorgehensweise die Abweisung der Widerklage noch keine Rechtskraft erlangt hätte, ist ebenso verfehlt. Die eingetretene Rechtskraft hinsichtlich dieses Teils des Rechtsstreits kann für die Beurteilung etwaiger noch bestehender prozessualer Möglichkeiten für die Klägerin nicht hinweggedacht werden. Denn die Widerklage setzt nach allgemeiner Meinung begrifflich und denknotwendig voraus, dass die Klage in der Hauptsache im Zeitpunkt der Erhebung der Widerklage noch anhängig ist (vgl. nur BGHZ 40, 185, 187; BGH, Urteile vom 8. März 1972 - VIII ZR 34/71 - JR 1973, 18, und vom 18. April 2000 - VI ZR 359/98 - NJW-RR 2001, 60; Stein/Jonas/Roth, aaO, § 33, Rn. 16 ff; Zöller/Vollkommer, aaO, § 33, Rn. 17), die Wider-Widerklage erfordert somit zwingend eine noch anhängige Widerklage. Durch die rechtskräftige Entscheidung über der Widerklage ist deren Rechtshängigkeit aber unabänderlich beseitigt worden. Auch zum Zwecke der Korrektur eines Verfahrensfehlers kann sie nicht wieder aufleben oder fiktiv als noch bestehend angesehen werden.
18
4. Danach konnten das Berufungsurteil und das zuvor ergangene Versäumnisurteil keinen Bestand haben. Das Versäumnisurteil ist dabei nicht in gesetzlicher Weise ergangen, denn die Rechtskraft der Entscheidung über die Widerklage war bereits zum Zeitpunkt der (Versäumnis-)Entscheidung des Berufungsgerichts am 15. Juni 2007 eingetreten, so dass diese auf den fristgerechten Einspruch der Beklagten hin hätte aufgehoben und die Berufung hätte zurückgewiesen werden müssen.
19
5. Da weitere Feststellungen nicht erforderlich sind, kann der Senat gemäß § 563 Abs. 3 ZPO selbst abschließend entscheiden.
Schlick Wurm Herrmann
Wöstmann Hucke
Vorinstanzen:
LG Mainz, Entscheidung vom 22.02.2006 - 3 O 10/02 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 12.10.2007 - 8 U 430/06 -

(1) Bei dem Gericht der Klage kann eine Widerklage erhoben werden, wenn der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln in Zusammenhang steht.

(2) Dies gilt nicht, wenn für eine Klage wegen des Gegenanspruchs die Vereinbarung der Zuständigkeit des Gerichts nach § 40 Abs. 2 unzulässig ist.

Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.

(1) Bei dem Gericht der Klage kann eine Widerklage erhoben werden, wenn der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln in Zusammenhang steht.

(2) Dies gilt nicht, wenn für eine Klage wegen des Gegenanspruchs die Vereinbarung der Zuständigkeit des Gerichts nach § 40 Abs. 2 unzulässig ist.

Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 26. Januar 2010 - 7 Sa 442/09 - teilweise aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 11. Juni 2009 - 8 Ca 5517/08 - teilweise abgeändert.

Es wird festgestellt, dass die Klägerin aus dem Jahr 2008 einen Ersatzurlaubsanspruch von acht Arbeitstagen hat. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen. Von den übrigen Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 72 vH und die Beklagte 28 vH.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin Ersatzurlaub als Schadensersatz zusteht.

2

Die Parteien schlossen unter dem Datum des 1. Februar 2006 einen schriftlichen Vertrag über die Anstellung der Klägerin ab dem 20. März 2006 als Fachexpertin für Fotogrammetrie. Nr. 5 des Vertrags lautet:

        

„5.     

Urlaub

                 

Die Arbeitnehmerin hat einen jährlichen Urlaubsanspruch von 29 Arbeitstagen.

                 

Der Antritt des Urlaubs, der möglichst zusammenhängend genommen werden soll, ist mit Rücksicht auf die betrieblichen Belange hinsichtlich der zeitlichen Festlegung von der Zustimmung des zuständigen Vorgesetzten abhängig.“

3

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 25. Januar 2007 zum 31. März 2007. Während des Kündigungsrechtsstreits ging die Klägerin im April 2007 mit der T GmbH ein Arbeitsverhältnis ein. Gemäß einer Bescheinigung der T GmbH vom 14. November 2008 gewährte diese der Klägerin im Jahr 2008 21 Tage Urlaub. Mit Schreiben vom 6. November 2008 beantragte die Klägerin bei der Beklagten erfolglos die Gewährung von Urlaub vom 14. November 2008 bis zum 30. Dezember 2008. Mit Urteil vom 23. April 2009, das Rechtskraft erlangte, stellte das Sächsische Landesarbeitsgericht fest, die Kündigung der Beklagten vom 25. Januar 2007 sei unwirksam. In der Folgezeit erklärte die Beklagte weitere Kündigungen. Es steht nicht fest, ob das Arbeitsverhältnis der Parteien durch eine dieser Kündigungen beendet worden ist.

4

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei verpflichtet gewesen, ihr den beantragten Urlaub für das Jahr 2008 zu gewähren. Maßgebend sei, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien im gesamten Jahr 2008 bestanden und sie ihren Urlaubsanspruch rechtzeitig geltend gemacht habe. Da die Beklagte den Urlaub zu Unrecht nicht gewährt habe, habe sie den ihr entstandenen Schaden zu ersetzen und den Urlaub als Ersatzurlaub zu erteilen. Für eine Anrechnung des ihr von der T GmbH gewährten Urlaubs fehle eine Rechtsgrundlage.

5

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass sie aus dem Jahr 2008 einen Ersatzurlaubsanspruch iHv. 29 Arbeitstagen hat.

6

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, während des Kündigungsrechtsstreits der Parteien sei kein Urlaubsanspruch der Klägerin entstanden. Einem Schadensersatzanspruch der Klägerin stehe zudem entgegen, dass ihr aufgrund der unklaren Rechtslage im Hinblick auf die Nichtgewährung des Urlaubs kein Verschulden zur Last falle. Schließlich bestehe ein urlaubsrechtlicher Grundsatz, dem zufolge der gesetzliche Mindesturlaub in jedem Jahr nur einmal entstehe. Da die Klägerin 21 Tage Urlaub bei der T GmbH erhalten habe, könne sie Urlaub in diesem Umfang nicht nochmals von ihr verlangen.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Senat auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung nur insofern weiter, als das Landesarbeitsgericht das Bestehen eines Ersatzurlaubsanspruchs von mehr als acht Arbeitstagen festgestellt hat.

Entscheidungsgründe

8

A. Die in zulässiger Weise nur beschränkt eingelegte Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht über den Ersatzurlaubsanspruch von acht Tagen hinaus einen Anspruch der Klägerin auf weitere 21 Ersatzurlaubstage für das Jahr 2008 festgestellt.

9

I. Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht von der Zulässigkeit des Klageantrags ausgegangen. Der grundsätzliche Vorrang der Leistungsklage, der dem Zweck dient, Rechtsstreitigkeiten prozesswirtschaftlich sinnvoll zu erledigen, steht der Zulässigkeit der Feststellungsklage nicht entgegen. Eine Feststellungsklage ist zulässig, wenn mit ihr eine sachgerechte, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Überlegungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (BAG 17. Mai 2011 - 9 AZR 189/10 - Rn. 39 mwN, EzA BUrlG § 7 Nr. 124; 12. April 2011 - 9 AZR 80/10 - Rn. 12, EzA BUrlG § 7 Nr. 123). Aufgrund der noch nicht beendeten Kündigungsschutzverfahren ist nicht absehbar, ob die Klägerin nach § 280 Abs. 1, § 286 Abs. 1, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB Anspruch auf die Gewährung von Ersatzurlaub hat oder ob die Beklagte nach § 251 Abs. 1 BGB zu dessen Abgeltung verpflichtet ist. In einer solchen Situation ist ein Feststellungsbegehren gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig(vgl. BAG 17. Mai 2011 - 9 AZR 189/10 - Rn. 40, aaO). Einem rechtlichen Interesse der Klägerin an alsbaldiger Feststellung steht nicht entgegen, dass sie an sich den Ausgang der anhängigen Kündigungsschutzverfahren hätte abwarten können. Ihr Anspruch auf Urlaub für das Jahr 2008 hängt nicht vom Ausgang dieser Rechtsstreite ab. Dieser ist nur für die Frage von Bedeutung, ob die Beklagte im Falle der Begründetheit der vorliegenden Feststellungsklage Ersatzurlaub zu gewähren oder abzugelten hat.

10

II. Die Klage ist, soweit der Senat über sie im Revisionsverfahren zu befinden hat, unbegründet.

11

1. Der Klägerin steht nur Urlaub von acht Tagen als Schadensersatz für den am 31. Dezember 2008 nach § 7 Abs. 3 BUrlG untergegangenen Urlaubsanspruch für das Jahr 2008 zu. Über einen Schadensersatzanspruch der Klägerin in diesem Umfang besteht auch kein Streit mehr. Die Beklagte hat das Urteil des Landesarbeitsgerichts nur insoweit angegriffen, als dieses einen Ersatzurlaubsanspruch der Klägerin für das Jahr 2008 von mehr als acht Tagen festgestellt hat. Nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist wurde das Urteil des Landesarbeitsgerichts rechtskräftig (vgl. ErfK/Koch 12. Aufl. § 74 ArbGG Rn. 7), soweit sich seine Feststellung auf acht Tage Ersatzurlaub für das Jahr 2008 bezogen hat.

12

2. Über diese acht Tage hinaus steht der Klägerin kein weiterer Ersatzurlaubsanspruch für das Jahr 2008 zu.

13

a) Allerdings entstand zu Beginn des Jahres 2008 aufgrund der Vereinbarung der Parteien in Nr. 5 des Arbeitsvertrags ein Urlaubsanspruch im Umfang von 29 Arbeitstagen. Der Umstand, dass die Klägerin im Jahr 2008 keine Arbeitsleistung für die Beklagte erbracht hat, hinderte das Entstehen des Urlaubsanspruchs nicht. Das Bundesurlaubsgesetz enthält keine Regelungen, nach denen das Entstehen des Urlaubsanspruchs davon abhängig ist, dass der Arbeitnehmer im betreffenden Urlaubsjahr tatsächlich eine Arbeitsleistung erbracht hat. Der gesetzliche Urlaubsanspruch ist keine Gegenleistung des Arbeitgebers für erbrachte oder noch zu erbringende Arbeitsleistungen, sondern eine gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis, den Arbeitnehmer für die Dauer des Urlaubs von der Arbeitspflicht zu befreien (BAG 17. Mai 2011 - 9 AZR 197/10 - Rn. 21 mwN, EzA TVG § 4 Metallindustrie Nr. 138). Es würde auch den Vorgaben der Richtlinie 2003/88/EG (Arbeitszeitrichtlinie) widersprechen, ein solches Erfordernis aufzustellen. Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie wird vom Gerichtshof der Europäischen Union dahin ausgelegt, dass er nationalen Bestimmungen oder Gepflogenheiten entgegensteht, nach denen der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub von einer effektiven Mindestarbeitszeit während des Bezugszeitraums abhängt(vgl. EuGH 24. Januar 2012 - C-282/10 - [Dominguez] Rn. 21, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2003/88 Nr. 8).

14

b) Dem Entstehen des vollen Urlaubsanspruchs für das Jahr 2008 stand auch nicht entgegen, dass die Klägerin während des gesamten Jahres 2008 in einem Arbeitsverhältnis zur T GmbH stand.

15

aa) Für das Entstehen der Urlaubsansprüche ist ohne Bedeutung, dass die Klägerin ihre Pflichten aus beiden Arbeitsverhältnissen nicht gleichzeitig erfüllen konnte. Würde bereits das Bestehen eines solchen Doppelarbeitsverhältnisses per se das Entstehen des Urlaubsanspruchs in einem der Arbeitsverhältnisse hindern, würde das Risiko der Nichterfüllung seines Urlaubsanspruchs allein dem Arbeitnehmer auferlegt. Das Bundesurlaubsgesetz weist dem Arbeitnehmer dieses Risiko der Rechtsdurchsetzung gegen einen der beiden Arbeitgeber jedoch nicht zu (AnwK-ArbR/Düwell 2. Aufl. § 6 BUrlG Rn. 4; vgl. auch GK-BUrlG/Bachmann 5. Aufl. § 6 Rn. 55). Vielmehr entsteht nach § 4 BUrlG dem Grunde und der Höhe nach bei erfüllter Wartezeit in jedem Arbeitsverhältnis der volle Urlaubsanspruch. Dem entspricht es, dass die Regelung in § 6 Abs. 1 BUrlG, wonach der Anspruch auf Urlaub nicht besteht, soweit dem Arbeitnehmer für das laufende Kalenderjahr bereits von einem früheren Arbeitgeber Urlaub gewährt worden ist, bei einem Wechsel des Arbeitgebers während des Urlaubsjahres keine Anrechnungsbefugnis des neuen Arbeitgebers begründet, wenn der frühere Arbeitgeber Urlaub nicht erteilt oder nicht abgegolten hat(vgl. BAG 25. November 1982 - 6 AZR 1254/79 - zu 3 c der Gründe, BAGE 40, 379; Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 104 Rn. 38).

16

bb) § 6 Abs. 1 BUrlG hinderte das Entstehen des Urlaubsanspruchs der Klägerin nicht. Die Vorschrift regelt den Urlaubsanspruch, wenn der Arbeitnehmer während des Urlaubsjahres den Arbeitgeber wechselt. Bei aufeinanderfolgenden Arbeitsverhältnissen wird durch § 6 Abs. 1 BUrlG nur dann der Anspruch im neuen Arbeitsverhältnis ganz oder teilweise ausgeschlossen, wenn Urlaubsansprüche des Arbeitnehmers bereits im früheren Arbeitsverhältnis erfüllt worden sind und auch im neuen Arbeitsverhältnis kein Urlaubsanspruch auf eine höhere Anzahl von Urlaubstagen als im früheren Arbeitsverhältnis entsteht(BAG 28. Februar 1991 - 8 AZR 196/90 - zu II 4 b aa der Gründe, BAGE 67, 283). Die Regelung des § 6 Abs. 1 BUrlG erfasst jedoch nicht den Fall, dass ein Arbeitnehmer nach einer Kündigung des Arbeitgebers ein anderweitiges Arbeitsverhältnis eingegangen ist und festgestellt wird, dass das zuerst begründete Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. In einem solchen Fall liegt ein Doppelarbeitsverhältnis vor. Der Regelungsbereich des § 6 Abs. 1 BUrlG erfasst Doppelarbeitsverhältnisse nicht(vgl. zu § 2 des Urlaubsgesetzes der Freien Hansestadt Bremen vom 4. Mai 1948/29. April 1949: BAG 19. Juni 1959 - 1 AZR 565/57 - BAGE 8, 47; Leinemann/Linck Urlaubsrecht 2. Aufl. § 6 BUrlG Rn. 11; Neufeld/Beyer NZA 2008, 1157, 1161).

17

c) Auf ihren Urlaubsanspruch von 29 Arbeitstagen muss sich die Klägerin allerdings in entsprechender Anwendung von § 11 Nr. 1 KSchG und § 615 Satz 2 BGB den ihr von der T GmbH im Jahr 2008 gewährten Urlaub von 21 Arbeitstagen anrechnen lassen. Dafür ist maßgebend, dass sie nicht gleichzeitig ihre Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten und aus dem Arbeitsverhältnis mit der T GmbH hätte erfüllen können. Soweit der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 28. Februar 1991 (- 8 AZR 196/90 - zu II 4 b bb der Gründe, BAGE 67, 283) eine Anrechnungsbefugnis des Arbeitgebers mit der Begründung verneint hat, der Urlaub sei keine Vergütung, hält der nunmehr für das Urlaubsrecht allein zuständige Neunte Senat daran nicht fest. Auch wenn der Urlaub keine Vergütung für vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistungen darstellt, schließt dies eine analoge Anwendung von § 11 KSchG und § 615 Satz 2 BGB nicht aus.

18

aa) Eine Analogie setzt voraus, dass das Gesetz eine Regelungslücke enthält und eine vergleichbare Interessenlage vorliegt. Eine Lücke im Gesetz liegt nicht schon dann vor, wenn es für eine bestimmte Fallgestaltung keine Regelung enthält. Sie ist nur bei einer planwidrigen Unvollständigkeit gegeben (BAG 13. März 2007 - 9 AZR 494/06 - Rn. 26, AP BBiG § 14 Nr. 13 = EzA BBiG § 14 Nr. 14). Die analoge Anwendung einer Bestimmung muss zur Ausfüllung der Lücke erforderlich sein, sodass die Rechtsfolge eines gesetzlichen Tatbestands auf einen vergleichbaren, aber im Gesetz nicht geregelten Tatbestand zu übertragen ist. Der dem Gesetz zugrunde liegende Regelungsplan ist aus ihm selbst im Wege der historischen und teleologischen Auslegung zu schließen. Es ist zu fragen, ob das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Regelungsabsicht, unvollständig ist (BAG 13. Februar 2003 - 8 AZR 654/01 - zu II 1 a bb der Gründe mwN, BAGE 104, 358).

19

bb) Diese Frage ist bei Doppelarbeitsverhältnissen zu verneinen, wenn der Arbeitnehmer die Pflichten aus beiden Arbeitsverhältnissen erfüllen kann (BAG 19. Juni 1959 - 1 AZR 565/57 - BAGE 8, 47; ErfK/Gallner § 6 BUrlG Rn. 2). Insoweit hat der Arbeitnehmer gemäß § 1 BUrlG in jedem Kalenderjahr in jedem Arbeitsverhältnis Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Grundsätzlich sind nach der Regelungssystematik des BUrlG - mit Ausnahme der Regelung in § 6 BUrlG - damit Urlaubsansprüche des Arbeitnehmers aus verschiedenen Arbeitsverhältnissen unabhängig voneinander zu erfüllen. Geht ein Arbeitnehmer gleichzeitig mehrere zeitlich nicht kollidierende Arbeitsverhältnisse ein, ist grundsätzlich jeder Arbeitgeber zur Urlaubsgewährung verpflichtet.

20

cc) Der vorliegende Fall liegt anders. Im Streitfall beschäftigte die Beklagte, die das Arbeitsverhältnis gekündigt hatte, die Klägerin nach dem Ablauf der Kündigungsfrist nicht weiter. Dadurch konnte die Klägerin ihre Pflichten in dem während des Kündigungsrechtsstreits neu begründeten Arbeitsverhältnis bei der T GmbH erfüllen, die ihr Erholungsurlaub gewährte. Die Pflichten aus beiden Arbeitsverhältnissen hätte die Klägerin nicht erfüllen können. Für diese Fallkonstellation fehlt eine gesetzliche Regelung. § 11 Nr. 1 KSchG regelt diesen Fall nicht unmittelbar. Diese Vorschrift enthält eine Spezialregelung zu § 615 Satz 2 BGB(ErfK/Kiel § 11 KSchG Rn. 3). Sie stellt keine eigene Anspruchsgrundlage, sondern lediglich eine Anrechnungsvorschrift dar (Bader/Bram/Suckow Stand Dezember 2011 § 11 KSchG Rn. 1). Die Verpflichtung zur Gewährung von Urlaub beruht für den Arbeitgeber, der eine unwirksame Kündigung erklärt hat, nicht auf § 615 Satz 1 BGB, sondern folgt unabhängig von erbrachten Arbeitsleistungen unmittelbar aus dem Bundesurlaubsgesetz. Darüber hinaus hat § 11 Nr. 1 KSchG nur die Anrechnung von Vergütungsansprüchen für Arbeitsleistungen zum Gegenstand, die ein Arbeitnehmer in einem anderen Arbeitsverhältnis erworben hat. Der Urlaub ist jedoch keine Vergütung. Der Urlaubsanspruch entsteht unabhängig von erbrachten Arbeitsleistungen und ist auf die Freistellung von Arbeitspflichten gerichtet (BAG 28. Februar 1991 - 8 AZR 196/90 - zu II 4 b bb der Gründe mwN, BAGE 67, 283).

21

dd) Die bestehende Lücke steht im Widerspruch zum Regelungsplan des Gesetzgebers und ist durch eine entsprechende Anwendung von § 11 Nr. 1 KSchG und § 615 Satz 2 BGB zu schließen. Dem Willen des Gesetzgebers, wie er in § 11 Nr. 1 KSchG und § 615 Satz 2 BGB zum Ausdruck kommt, ist im Wege der Gesetzesanalogie Geltung zu verschaffen.

22

(1) Sinn und Zweck des § 11 Nr. 1 KSchG ist es, den Arbeitnehmer für den Fall des Obsiegens im Kündigungsrechtsstreit weder besser noch schlechter, sondern grundsätzlich so zu stellen, als hätte keine Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses stattgefunden(APS/Biebl 4. Aufl. § 11 KSchG Rn. 2; HaKo-Fiebig/Nägele-Berkner 4. Aufl. § 11 Rn. 2). Die Vorschrift ist nur einschlägig für den Verdienst, den der Arbeitnehmer deshalb erzielen konnte, weil er die Arbeitsleistung beim Arbeitgeber, der das Arbeitsverhältnis unwirksam gekündigt hat, nicht erbracht hat (BAG 6. September 1990 - 2 AZR 165/90 - zu III 3 a aa der Gründe, AP BGB § 615 Nr. 47 = EzA BGB § 615 Nr. 67; ErfK/Kiel 12. Aufl. § 11 KSchG Rn. 4). Der Regelung des § 615 Satz 2 BGB ist der gesetzgeberische Wille zu entnehmen, dass der Annahmeverzug dem Dienstverpflichteten weder finanzielle Vor- noch Nachteile bringen soll(MünchKommBGB/Henssler 5. Aufl. § 615 Rn. 62 mwN). Er soll damit nicht mehr erhalten, als er bei normaler Abwicklung des Dienstverhältnisses erhalten hätte. Der Umstand, dass es sich beim Urlaubsanspruch nicht um einen im Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Anspruch handelt, rechtfertigt es noch nicht, den Arbeitnehmer im Hinblick auf seine Urlaubsansprüche nach Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung besser zu stellen, als er gestanden hätte, wenn das Arbeitsverhältnis nicht tatsächlich unterbrochen gewesen wäre und der Arbeitnehmer gearbeitet hätte. In diesem Fall wäre der Arbeitnehmer nur einmal bei Fortzahlung der vertragsgemäßen Vergütung für die Dauer des vereinbarten Urlaubs von der Arbeitsleistung freigestellt worden.

23

(2) Wäre die Beklagte gemäß der Ansicht der Klägerin verpflichtet, sie im Hinblick auf die im Jahr 2008 entstandenen Urlaubsansprüche noch einmal 21 Tage freizustellen, obwohl die Klägerin in diesem Umfang bereits unter Fortzahlung der Vergütung freigestellt worden war, läge eine nach den Wertungen des Bundesurlaubsgesetzes nicht vorgesehene Verdopplung des Urlaubsanspruchs vor. Dieses Gesetz gewährt - in Einklang mit der Arbeitszeitrichtlinie - einen Mindesturlaubsanspruch von 20 Arbeitstagen bei einer Fünftagewoche. Eine entsprechende Freistellung war bei dem vorliegenden Doppelarbeitsverhältnis gewährleistet. Dem Erholungszweck wurde genüge getan (vgl. zu diesem: EuGH 22. November 2011 - C-214/10 - [KHS] Rn. 31, AP Richtlinie 2003/88/EG Nr. 6 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2003/88 Nr. 7; BAG 20. Juni 2000 - 9 AZR 405/99 - zu II 2 b bb (1) der Gründe, BAGE 95, 104).

24

B. Die Klägerin hat gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits haben gemäß § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Klägerin zu 72 vH und die Beklagte zu 28 vH zu tragen.

        

    Brühler    

        

    Brühler    

        

    Klose    

        

        

        

    Pielenz    

        

    Ropertz    

                 

Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 15. September 2010 - 10 Sa 333/10 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Rückzahlung eines Arbeitgeberdarlehens.

2

Der Beklagte wurde von der Klägerin als Projektentwickler seit dem 1. Januar 2002 in Chile beschäftigt. Seine Einkünfte musste er auch in Chile versteuern. Der Vertrag zur Beschäftigung des Beklagten im Ausland sah vor, dass er der Klägerin entsprechende Bestätigungen der Steuerbehörden in Chile unaufgefordert vorlegt. Die Klägerin sollte die Kosten für einen vom Beklagten ausgewählten Steuerberater tragen. Sofern der Beklagte in der Bundesrepublik Deutschland keinen allgemeinen Gerichtsstand haben sollte, wurde München als Gerichtsstand für alle Streitigkeiten vereinbart, außerdem wurde die Geltung deutschen Rechts bestimmt.

3

Um den Beklagten wirtschaftlich vor einer Doppelbesteuerung zu bewahren, schlossen die Parteien am 23. September 2002 einen Darlehensvertrag, in dem ua. bestimmt wurde:

        

㤠1 Arbeitgeberdarlehen

        

1.    

Der Arbeitgeber gewährt dem Mitarbeiter ein unverzinsliches Darlehen. Die Höhe entspricht der abzuführenden Einkommensteuer in Chile für das jeweilige Kalenderjahr. Für das Jahr 2002 werden für die Monate Januar bis August € 20.649,94 gewährt; zahlbar Ende August 2002. Ab dem Monat September ein Betrag von monatlich € 3.250,00. Der monatliche Betrag wird den jeweils aktuellen Verhältnissen angepasst. Jede Änderung ist unverzüglich vom Mitarbeiter zu melden.

        

...     

        
        

3.    

Das Darlehen wird für die Dauer gewährt, in denen der Mitarbeiter nach Chile entsandt ist. Sollte zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Chile ein Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen werden; endet die Darlehenszahlung mit dem Vormonat ab dem eine Freistellungsbescheinigung vom Finanzamt vorliegt.

        

§ 2 Rückzahlung des Darlehensbetrages

        

1.    

Die Rückzahlung des Darlehens erfolgt für das jeweils abgelaufene Kalenderjahr. Die Rückzahlung hat 8 Tage nach Zugang des deutschen Einkommensteuerbescheides für das abgelaufene Kalenderjahr zu erfolgen, spätestens jedoch zum 30.09. des Folgejahres.

        

2.    

Eine vorzeitige Tilgung des Darlehens ist möglich.

        

§ 3 Fälligkeit bei Ausscheiden des Mitarbeiters

        

Scheidet der Mitarbeiter vor vollständiger Darlehensrückzahlung aus den Diensten des Arbeitgebers aus, ist die noch offene Darlehensschuld mit dem Tage des Ausscheidens in einer Summe fällig.“

4

In Erfüllung des Darlehensvertrages zahlte die Klägerin in den Jahren 2002, 2003 und 2004 insgesamt 111.649,94 Euro an den Beklagten. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund Befristung am 31. Dezember 2004.

5

Bis Mitte Mai 2004 hatte der Beklagte in einer von der Klägerin zur Verfügung gestellten Wohnung in Santiago de Chile gelebt, sodann ist er dort an seine aktuelle Adresse verzogen. Zudem war der Kläger bis 31. Oktober 2005 in Deutschland unter der Anschrift seiner Eltern in B gemeldet, was auch als deutsche Kontaktadresse diente.

6

Auf der Basis eines entsprechenden Steuerbescheides wurden dem Beklagten im Jahr 2004 die für das Jahr 2002 abgeführten Steuern durch den deutschen Fiskus erstattet. Insoweit sind die Parteien vor dem Arbeitsgericht übereingekommen, dass die Rückzahlung des Darlehens für 2002 erst mit Zustellung des Steuerbescheides fällig sein sollte und nicht schon zum 30. September 2003, spätestens jedoch zum Fälligkeitszeitpunkt des § 3 des Darlehensvertrages. Eine entsprechende Steuererstattung für 2003 erfolgte im Jahr 2007 und für das Jahr 2004 im Jahr 2008.

7

Im Januar 2005 schickte die Klägerin ein Schreiben an die deutsche Adresse des Beklagten, dessen Annahme verweigert wurde. Daraufhin wandte sie sich mit einer E-Mail vom 17. Januar 2005 an den Beklagten, mit der sie ihn aufforderte, die Darlehensschuld binnen vier Tagen per Fax anzuerkennen, andernfalls sie den Rechtsweg beschreiten werde. Der Beklagte reagierte nicht. Eine Melderegisterauskunft vom 29. März 2007 gab nur noch die aktuelle Wohnanschrift des Beklagten in Chile an.

8

Mit der am 31. Dezember 2007 beim Arbeitsgericht München eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Rückzahlung des darlehensweise gewährten Betrags von 111.649,94 Euro.

9

Nach Übersetzung von Klageschrift und Anlagen sowie Legalisierung der Unterschrift der Kammervorsitzenden hat das Arbeitsgericht die Zustellung der Klageschrift im Rechtshilfeverkehr mit Chile eingeleitet und mit Verfügung vom 9. April 2008 die Klägerin ua. auf eine Mindestzustellzeit von sechs Monaten hingewiesen. Die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Chile bestätigte mit Schreiben vom 30. Juli 2008 die Weiterleitung des Zustellungsantrages mit Verbalnote vom 20. Juli 2008 an den chilenischen Obersten Gerichtshof und teilte mit, dass über den weiteren Fortgang der Angelegenheit unaufgefordert unterrichtet werde.

10

Im ersten Gütetermin vom 18. Dezember 2008 hat die Vorsitzende dem allein erschienenen Klägervertreter mitgeteilt, dass noch kein Zustellnachweis vorliegt. Mit Schreiben vom 19. Mai 2009 hat der Klägervertreter beim Arbeitsgericht um Mitteilung des Sachstands gebeten, was das Gericht zu einer Anfrage bei der Deutschen Botschaft in Santiago de Chile vom 15. Juni 2009 veranlasste. Die Zustellung der Klage an den Beklagten erfolgte dann am 31. Juli 2009 an seiner Wohnanschrift.

11

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, alles veranlasst zu haben, um eine demnächst erfolgende Zustellung zu ermöglichen. Die Zustellungsdauer in Chile habe sie nicht zu vertreten, vielmehr sei diese den besonderen Umständen einer Auslandszustellung in Chile geschuldet. Daher sei sie auch 19 Monate nach Einreichung der Klage noch „demnächst“ erfolgt. Der Beklagte erhebe rechtsmissbräuchlich die Einrede der Verjährung.

12

Die Klägerin hat beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an sie 111.649,94 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22. Januar 2005 zu zahlen.

13

Der Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben und dazu die Meinung vertreten, dass § 167 ZPO auch dem Schuldnerschutz diene. Es gebe für die Zustellung mit Rückwirkung eine Zeitgrenze von neun bis zehn Monaten nach Klageeinreichung. Danach überwiege das Interesse des Schuldners an der eingetretenen Verjährung. Zudem habe er seinen Wohnsitz seit 2004 nicht gewechselt, die Klägerin hätte schon vorher Klage erheben können.

14

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten blieb vor dem Landesarbeitsgericht ohne Erfolg. Mit der vom Zehnten Senat des Bundesarbeitsgerichts zugelassenen Revision (Beschluss vom 18. Mai 2011 - 10 AZN 213/11 -) verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision des Beklagten ist unbegründet, da er zur Rückzahlung des ihm gewährten und der Höhe nach unstreitigen Darlehens nach § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB sowie zur Zahlung der geltend gemachten Zinsen nach § 308 ZPO iVm. § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB verpflichtet ist. Der Rückzahlungsanspruch ist nicht verjährt.

16

A. Das Landesarbeitsgericht hat sein Urteil im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Beklagte sei nicht nach § 214 Abs. 1 BGB zur Verweigerung der Darlehensrückzahlung wegen eingetretener Verjährung berechtigt. Die am letzten Tag der Verjährungsfrist, dem 31. Dezember 2007, eingereichte und am 31. Juli 2009 zugestellte Klage habe die Verjährung gehemmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB), da die Zustellung auch angesichts eines verstrichenen Zeitraums von 19 Monaten noch „demnächst“ erfolgt sei (§ 167 ZPO). „Demnächst“ sei nicht allein zeitlich zu verstehen. Die Vorschrift schütze vor Verzögerungen in der Klagezustellung, auf die kein Einfluss genommen werden könne und an denen eine klagende Partei keine Mitschuld trage. Die durch die Auslandszustellung in Chile verursachten Verzögerungen müsse sich die Klägerin nicht zurechnen lassen. Die ihr obliegenden Angaben in der Klageschrift habe die Klägerin korrekt gemacht, die gesamte Verjährungsfrist habe sie ausschöpfen und erst am letzten Tag der Frist Klage erheben dürfen.

17

B. Diese Entscheidung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

18

I. Die Klage ist zulässig. Die deutschen Gerichte sind zur Entscheidung des Rechtsstreits international zuständig.

19

1. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist auch unter der Geltung von § 545 Abs. 2 ZPO eine in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfende Sachurteilsvoraussetzung(vgl. BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 562/08 - Rn. 14, AP ZPO § 38 Internationale Zuständigkeit Nr. 23 = EzA ZPO 2002 § 38 Nr. 1; 13. November 2007 - 9 AZR 134/07 - Rn. 16, BAGE 125, 24 = AP EGBGB nF Art. 27 Nr. 8 = EzA EGBGB Art. 30 Nr. 9; 16. Februar 2000 - 4 AZR 14/99 - zu I der Gründe, BAGE 93, 328 = EzA TVG § 4 Seeschiffahrt Nr. 1; GMP/Prütting 7. Aufl. Einleitung Rn. 275).

20

2. Die internationale Zuständigkeit ist nach den Regelungen der EuGVVO zu beurteilen, die den nationalen zivilprozessualen Regelungen vorgeht (vgl. BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 562/08 - Rn. 15 mwN, AP ZPO § 38 Internationale Zuständigkeit Nr. 23 = EzA ZPO 2002 § 38 Nr. 1; 24. September 2009 - 8 AZR 306/08 - Rn. 26, BAGE 132, 182 = AP EuGVVO Art. 18 Nr. 1 = EzA EG-Vertrag 1999 Verordnung 44/2001 Nr. 4), seit ihrem Inkrafttreten am 1. März 2002 in allen Teilen verbindlich ist und unmittelbar in jedem Mitgliedsstaat der EU gilt (Art. 288 Abs. 2 AEUV, entspr. ex Art. 249 Abs. 2 EG).

21

3. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ergibt sich für den vorliegenden arbeitsrechtlichen, also zivilrechtlichen Streit aus Art. 24 EuGVVO. Danach wird das Gericht eines Vertragsstaates jedenfalls dann zuständig, wenn sich die beklagte Partei vor ihm auf das Verfahren eingelassen hat. Der Begriff der rügelosen Einlassung ist autonom auszulegen und so zu verstehen, dass jede Verteidigungshandlung genügt, die auf eine Klageabweisung zielt (vgl. BAG 2. Juli 2008 - 10 AZR 355/07 - Rn. 23, BAGE 127, 111 = AP Verordnung Nr. 44/2001/EG Nr. 1 = EzA EG-Vertrag 1999 Verordnung 44/2001 Nr. 3; Musielak/Stadler Art. 24 EuGVVO Rn. 3; MünchKommZPO/Gottwald 3. Aufl. Art. 24 EuGVO Rn. 8). Der Beklagte hat im Gütetermin erklärt, die Rüge der örtlichen Zuständigkeit nicht aufrecht zu erhalten und dies später durch Schriftsatz vom 9. März 2010 bestätigt. Damit liegt eine rügelose Einlassung auch zur internationalen Zuständigkeit im Sinne von Art. 24 EuGVVO vor. Unerheblich ist es, dass der Beklagte in keinem Mitgliedsstaat der EU einen Wohnsitz hat (vgl. MünchKommZPO/Gottwald aaO; Musielak/Stadler aaO; Hk-ZPO/Dörner Art. 24 EuGVVO Rn. 1). Da die rügelose Einlassung vorrangig ist (EuGH 7. März 1985 - C-48/84 - [Spitzley] Slg. 1985, 787), kommt es auf die in § 12 des Auslandsbeschäftigungsvertrages getroffene Gerichtsstandsvereinbarung nicht an.

22

II. Auf das Rechtsverhältnis der Parteien findet deutsches Recht Anwendung.

23

1. Die Frage des auf den Streitfall anzuwendenden Rechts bestimmt sich nach Art. 27 EGBGB aF. Die Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (sog. Rom-I-VO) findet erst auf die ab dem 17. Dezember 2009 geschlossenen Verträge Anwendung, Art. 28 VO 593/2008/EG. Infolge dieser intertemporalen Kollisionsnorm sind für die vor diesem Zeitpunkt abgeschlossenen Verträge weiter die Art. 27, 30 und 34 EGBGB aF anzuwenden(vgl. HWK/Tillmanns 5. Aufl. Art. 3, 8, 9 Rom-I-VO Rn. 8; MünchKommBGB/Martiny 5. Aufl. Art. 28 Rom I-VO Rn. 4; DFL/Krebber 4. Aufl. Art. 3, 8, 9 Rom I-VO Rn. 4; Palandt/Thorn 71. Aufl. (IPR) Rom I Vorbemerkung Rn. 1).

24

2. Nach Art. 27 Abs. 1 Satz 1 EGBGB aF unterliegt ein Vertrag dem von den Parteien gewählten Recht. Die Rechtswahl soll ausdrücklich erfolgen, kann sich aber auch aus den Umständen des Falles ergeben, Art. 27 Abs. 1 Satz 2 EGBGB. Ist die Rechtswahl nicht ausdrücklich erfolgt, muss sie sich mit hinreichender Sicherheit aus den Bestimmungen des Vertrages oder aus den Umständen des Falles ergeben (vgl. BAG 13. November 2007 - 9 AZR 134/07 - Rn. 32, BAGE 125, 24 = AP EGBGB nF Art. 27 Nr. 8 = EzA EGBGB Art. 30 Nr. 9; 12. Dezember 2001 - 5 AZR 255/00 - zu B I 1 der Gründe, BAGE 100, 130 = AP EGBGB nF Art. 30 Nr. 10 = EzA EGBGB Art. 30 Nr. 5; 26. Juli 1995 - 5 AZR 216/94 - zu II 1 der Gründe, AP BGB § 157 Nr. 7 = EzA BGB § 133 Nr. 19). Die Rechtswahl muss nicht zwingend bei Vertragsschluss erfolgen, sondern kann auch zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen, Art. 27 Abs. 2 Satz 1 EGBGB.

25

3. In § 12 Abs. 4 des zwischen den Parteien geschlossenen Auslandsbeschäftigungs-/Entsendevertrages vom 6. Dezember 2002 ist für den Fall des Fehlens eines allgemeinen Gerichtsstands des Beklagten in Deutschland bestimmt, dass München als Gerichtsstand für alle Streitigkeiten vereinbart wird, die sich in beiderseitigem Einvernehmen nicht klären lassen; sie sollen nach deutschem Recht entschieden werden. Damit haben die Parteien zum Ausdruck gebracht, dass jedenfalls alle mit dem Arbeitsverhältnis in Zusammenhang stehenden Streitigkeiten nach deutschem Recht zu beurteilen sind. Der am 23. September 2002 geschlossene Darlehensvertrag steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem geschlossenen Arbeitsvertrag, wie sich § 1 des Darlehensvertrages entnehmen lässt. Danach entspricht die Darlehenshöhe der in Chile abzuführenden Einkommenssteuer (§ 1 Nr. 1) und die Gewährung des Darlehens erfolgt für die Dauer, die der Mitarbeiter nach Chile entsandt ist. Eine solche Streitigkeit über die Rückzahlung des im Rahmen des Arbeitsverhältnisses gewährten Darlehens soll nach dem Parteiwillen nach deutschem Recht beurteilt werden.

26

III. Dem aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB folgenden Rückzahlungsanspruch der Klägerin in unstreitiger Höhe von 111.649,94 Euro kann der Beklagte kein dauerndes Leistungsverweigerungsrecht aus § 214 Abs. 1 BGB entgegenhalten. Der Eintritt der Verjährung wurde nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB durch die am 31. Dezember 2007 beim Arbeitsgericht München eingereichte Klage gehemmt.

27

1. Die Verjährungsfrist endete für sämtliche Rückzahlungsansprüche aus dem Darlehensvertrag am 31. Dezember 2007.

28

a) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB) und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Entstanden ist ein Anspruch, wenn er im Wege der Klage geltend gemacht werden kann. Dies setzt grundsätzlich die Fälligkeit des Anspruchs voraus, da erst von diesem Zeitpunkt an (§ 271 Abs. 2 Halbs. 1 BGB) der Gläubiger mit Erfolg die Leistung fordern und gegebenenfalls den Ablauf der Verjährungsfrist durch Klageerhebung unterbinden kann (vgl. BGH 8. Juli 2008 - XI ZR 230/07 - Rn. 17, NJW-RR 2009, 378; Palandt/Ellenberger 71. Aufl. § 199 BGB Rn. 3).

29

b) Abweichend von § 2 Nr. 1 Satz 2 des Darlehensvertrages haben die Parteien vereinbart, dass die Rückzahlung des Darlehens für 2002 erst mit Zustellung des Steuerbescheides, also im Verlauf des Jahres 2004 fällig geworden sein sollte und nicht, wie ursprünglich im Vertrag vorgesehen, zum 30. September 2003. Damit begann die Verjährungsfrist auch für den Rückzahlungsanspruch, das Jahr 2002 betreffend, mit Ablauf des 31. Dezember 2004 als dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Das Gleiche gilt für den Rückzahlungsanspruch der im Jahre 2003 geflossenen Darlehensbeträge, die nach § 2 Nr. 1 Satz 2 des Darlehensvertrages zum 30. September 2004 fällig wurden. Der Fälligkeitszeitpunkt hinsichtlich der Darlehenszahlung für das Jahr 2004 ist nach § 3 des Darlehensvertrages der 31. Dezember 2004. Damit ist die Klage hinsichtlich aller Teilansprüche innerhalb der mit Ablauf des 31. Dezember 2007 endenden Verjährungsfrist eingereicht worden.

30

2. Die Zustellung der Klage an den Beklagten am 31. Juli 2009 hemmt nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB die Verjährung, da sie zwar nach Ablauf der Verjährungsfrist, jedoch „demnächst“ iSd. § 167 ZPO vorgenommen wurde.

31

a) Ob eine Klagezustellung „demnächst“ iSv. § 167 ZPO erfolgt ist, kann nicht aufgrund einer rein zeitlichen Betrachtungsweise entschieden werden. Vielmehr ist der Begriff ohne eine absolute zeitliche Grenze im Wege einer wertenden Betrachtung auszulegen. Da die Zustellung von Amts wegen geschieht und Verzögerungen innerhalb des gerichtlichen Geschäftsbetriebs nicht von der die Zustellung veranlassenden Partei beeinflusst werden können, muss diese vor Nachteilen durch Verzögerungen innerhalb des Geschäftsbetriebs der Gerichte geschützt werden. Verzögerungen der Zustellung, die durch die Sachbearbeitung des Gerichts verursacht sind, muss sich der Kläger grundsätzlich nicht zurechnen lassen; dies gilt auch bei mehrmonatigen Verzögerungen (st. Rspr., vgl. BGH 11. Februar 2011 - V ZR 136/10 - Rn. 6, WuM 2011, 540; 12. Juli 2006 - IV ZR 23/05 - Rn. 17, BGHZ 168, 306; 9. Februar 2005 - XII ZB 118/04 - zu II 2 a der Gründe, NJW 2005, 1194; 31. Oktober 2000 - VI ZR 198/99 - zu II 3 a der Gründe, BGHZ 145, 358; 26. September 1957 - II ZR 267/56 - zu II 1 a der Gründe, BGHZ 25, 250).

32

b) Allerdings muss der Zustellungsbetreiber alles ihm Zumutbare für eine alsbaldige Zustellung getan haben, sofern es nicht ohnehin zu einer nur geringfügigen Verzögerung gekommen ist (vgl. BGH 12. Juli 2006 - IV ZR 23/05 - Rn. 18, BGHZ 168, 306; 9. Februar 2005 - XII ZB 118/04 - zu II 2 a der Gründe, NJW 2005, 1194; 6. April 1972 - III ZR 210/69 - NJW 1972, 1948 zu § 261b Abs. 3 ZPO aF). Einer Partei sind nur solche Verzögerungen zuzurechnen, die sie oder ihr Prozessbevollmächtigter bei sachgerechter Prozessführung hätten vermeiden können. „Demnächst“ im Wortsinn bedeutet, dass die Zustellung der „dem“ Einreichen der Klage „nächste“ Schritt sein können muss. Daran fehlt es in der Regel bei Mängeln der Klageschrift, etwa wenn die Angabe einer falschen oder unzureichenden Anschrift des Beklagten erfolgte (BGH 31. Oktober 2000 - VI ZR 198/99 - zu II 3 a der Gründe mwN, BGHZ 145, 358). Ebenso fehlt es an einer ohne Weiteres, also „demnächst“ möglichen Zustellung, wenn der zu leistende Gerichtskostenvorschuss nicht oder nach seiner Anforderung nicht innerhalb eines Zeitraums eingezahlt wird, der sich um zwei Wochen bewegt oder nur geringfügig darüber liegt (vgl. BGH 16. Januar 2009 - V ZR 74/08 - Rn. 16, BGHZ 179, 230).

33

c) Für eine solche Auslegung spricht auch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes.

34

aa) § 190 der Zivilprozessordnung vom 30. Januar 1877 sah für Auslandszustellungen und öffentliche Zustellungen vor, dass die Wirkung der Zustellung bereits mit Überreichung des Gesuchs eintritt. Bereits nach der Gesetzesbegründung hierzu wurde darauf verwiesen, dass in solchen Fällen die Partei zur Bewirkung einer Zustellung ihrerseits nichts „weiter thun kann, als bei dem Gerichte ein begründetes Gesuch anzubringen, und die rechtzeitige Zustellung von prompter Rechtshülfe der Behörden und einer Anzahl zufälliger Umstände abhängig ist“ (vgl. Hahn/Mugdan Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen 2. Aufl. Bd. 2 Begründung zu § 183 S. 234; Gaupp Die Civilprozeßordnung für das Deutsche Reich 1881 § 190 S. 490).

35

bb) Im Übrigen wurde erst zum 1. Juni 1909 für den Amtsgerichtsprozess die Zustellung von Amts wegen anstelle des Parteibetriebs eingeführt (§ 496 ZPO in der ab dem 1. Juni 1909 geltenden Fassung). Der erste veröffentlichte Entwurf zu § 496 Abs. 3 ZPO aF sah vor, dass eine Rückwirkung nur dann erfolgt, wenn die Zustellung binnen einer Frist von zwei Wochen, bei Zustellungen mittels Ersuchens anderer Behörden oder Beamten(im Ausland) oder mittels öffentlicher Zustellung binnen einer Frist von sechs Monaten durchgeführt ist. Dieses Zeiterfordernis wurde im Gesetzgebungsverfahren später fallen gelassen und durch den Ausdruck „demnächst“ ersetzt (§ 496 Abs. 3 ZPO aF). Hieraus ergibt sich, dass es für die Rückwirkung der Zustellung auf ihre tatsächliche Ausführung ankommen sollte, nicht aber, dass von einer zeitlichen Grenze für die Zustellung auszugehen ist. Bereits das Reichsgericht erkannte daraufhin, dass der Gesetzgeber zu erkennen gegeben hat, dass der Weg der gesetzlichen Festlegung eines äußersten Zustellungstermins nicht gangbar sei, jedenfalls im Interesse der Parteien nicht eingeschlagen werden solle (RG 8. Dezember 1922 - III 120/22 - RGZ 105, 422, 425). Der Begründung zu § 32 des „Gesetzes betreffend die Gewerbegerichte“ vom 29. Juli 1890, auf dessen entsprechende Regelungen der Entwurf zu § 496 ZPO aF zurückgriff, ist nichts anderes zu entnehmen(vgl. Materialien zum Gesetz betreffend die Gewerbegerichte vom 29. Juli 1890, Begründung des Entwurfs vom 6. Mai 1890 § 21 S. 27, § 26 S. 29 entsprechend § 32 Abs. 4 Gewerbegerichtsgesetz idF vom 29. September 1901).

36

d) Das Gebot des fairen Verfahrens, den Zugang zu den Gerichten und zu den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren, verbietet es, etwaige Fristversäumnisse, die auf Verzögerungen durch das Gericht beruhen, dem Bürger anzulasten. In Fristfragen muss für den Rechtssuchenden erkennbar sein, was er zu tun hat, um einen Rechtsverlust zu vermeiden (BVerfG 29. August 2005 - 1 BvR 2138/03 - NJW 2005, 3346; 28. Juli 1993 - 1 BvR 1464/91 -, - 1 BvR 1623/91 - AP GG Art. 2 Nr. 37). Daher ist entgegen der Auffassung der Revision eine „Abwägung der widerstreitenden Interessen“ zur Bestimmung des Begriffs „demnächst“ abzulehnen. Der klagenden Partei kann nicht die Verantwortung für solche Verzögerungen der Zustellung aufgebürdet werden, auf die sie keinen Einfluss hat und die ausschließlich im Geschäftsablauf des zustellenden Gerichts begründet sind (BGH 6. April 1972 - III ZR 210/69 - NJW 1972, 1948). Der Kläger, der seinerseits bereits alles für eine ordnungsgemäße Klagezustellung getan hat, darf erwarten, dass in dieser prozessualen Situation das Gericht im Weiteren das Zustellungsverfahren in eigener Zuständigkeit ordnungsgemäß betreibt (BGH 12. Juli 2006 - IV ZR 23/05 - Rn. 23, BGHZ 168, 306).

37

3. Mit der Klageeinreichung am 31. Dezember 2007 hatte die Klägerin alles für eine Zustellung Gebotene getan. Zu nicht nur geringfügigen Verzögerungen, welche die Klägerin oder ihr Prozessbevollmächtigter bei sachgerechter Prozessführung hätten vermeiden können, ist es nicht gekommen.

38

a) Entgegen der Auffassung des Beklagten stellt es keine Verzögerung der Zustellung dar, dass die Klägerin die Klage erst am letzten Tag der Verjährungsfrist bei Gericht eingereicht hat. Die Klägerin durfte die Verjährungsfrist bis zur Grenze ausnutzen, ohne dass ihr dies als Verschulden angerechnet wird (BGH 18. Mai 1995 - VII ZR 191/94 - zu II 2 c der Gründe, NJW 1995, 2230; 27. Mai 1993 - I ZR 100/91 - NJW 1993, 2320; 7. April 1983 - III ZR 193/81 - zu II 1 der Gründe, MDR 1984, 124).

39

b) Mit der Einreichung der Klageschrift und der Angabe der Adresse des Beklagten in Chile hatte die Klägerin alles Erforderliche getan, um die Auslandszustellung einzuleiten. Insbesondere hatte die Klägerin keinen Kostenvorschuss zu leisten, da nach § 11 GKG in den Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen Kostenvorschüsse nicht erhoben werden.

40

c) Dass es zunächst bis zum 20. Juli 2008 dauerte, bis die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland den Zustellungsantrag über das chilenische Außenministerium an den chilenischen Obersten Gerichtshof weiterleiten konnte, war den für die Auslandszustellung notwendigen Vorbereitungen geschuldet. Zunächst hatte das Arbeitsgericht zu prüfen, ob es einschlägige Staatsverträge gibt, und die für Auslandszustellungen ergangenen Ausführungsregelungen zu ermitteln und im Anschluss die dort genannten Anforderungen zu erfüllen. Hierfür trug allein das Gericht, nicht aber die Klägerin die Verantwortung; die Verantwortung für die korrekte und effiziente Durchführung des Verfahrens bei Zustellungen im Ausland liegt nach der gesetzlichen Regelung allein bei den Justizbehörden (vgl. BGH 11. Juli 2003 - V ZR 414/02 - zu III 2 b cc der Gründe, NJW 2003, 2830; MünchKommZPO/Häublein 3. Aufl. § 183 Rn. 5; Wieczorek/Schütze/Rohe 3. Aufl. § 183 ZPO Rn. 43).

41

d) Eine im Ausland zu bewirkende Zustellung erfolgt durch das Gericht. Die Zustellung der Klageschrift (§ 271 ZPO) hatte auf Veranlassung der Vorsitzenden (vgl. MünchKommZPO/Häublein 3. Aufl. § 183 Rn. 9 f.) nach § 183 Abs. 1 Nr. 2 ZPO in der bis zum 12. November 2008 geltenden Fassung unter Beachtung der Rechtshilfeordnung für Zivilsachen (ZRHO) vom 19. Oktober 1956 in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Februar 1976, nach dem zuletzt veröffentlichen Stand vom Februar 2005 (abgedruckt in Geimer/Schütze Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Teil G I) zu erfolgen. Da im Verhältnis zu Chile weder multilaterale (bspw. das Haager Zustellübereinkommen 1965) noch bilaterale Abkommen bei der Zustellung zur Anwendung kommen (sog. vertragsloser Rechtshilfeverkehr; vgl. Länderteil ZRHO), ergeben sich die Einzelheiten zur Zustellung allein aus der ZRHO.

42

aa) In Chile ist für förmliche Zustellungen weder der konsularische Weg noch der unmittelbare Verkehr zugelassen. Deshalb hatte das Gericht den diplomatischen Weg (§ 6 Abs. 2 ZRHO) als umständlichen und zeitraubenden, aber einzig verbliebenen Weg zu wählen (vgl. MünchKommZPO/Häublein § 183 Rn. 11). Dem Ersuchen waren ein Begleitschreiben (§ 22 ZRHO) und beglaubigte Übersetzungen (§ 25 ZRHO) sämtlicher Anlagen beizufügen. Für eine in Chile zu bewirkende Zustellung war auch eine Legalisation der Unterschrift der Vorsitzenden (§ 18 ZRHO) notwendig. Im Anschluss hatte die Prüfstelle iSv. § 9 ZRHO, dh. die Präsidentin des Landesarbeitsgerichts, das Ersuchen nach einer Prüfung weiterzuleiten (§ 29 ZRHO). Bereits diese notwendigen Schritte zur Übergabe des Zustellungsersuchens an chilenische Behörden nahmen naturgemäß eine nicht unerhebliche Zeit in Anspruch.

43

bb) Mit Verbalnote vom 20. Juli 2008 hat die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Santiago de Chile dann das Zustellungsersuchen über das chilenische Außenministerium an den chilenischen Obersten Gerichtshof weitergeleitet. Selbst innerhalb der EU sind für Auslandszustellungen ein bis drei Monate, in Spanien sechs Monate zu veranschlagen (Schack Internationales Zivilverfahrensrecht 5. Aufl. Rn. 674). Die Dauer der Zustellung, die allein auf die Zeit zwischen Weiterleitung des Zustellungsgesuchs an die chilenischen Behörden im Juli 2008 bis zur Zustellung an den Beklagten am 31. Juli 2009 entfiel, entspricht der üblicherweise in Chile für eine Auslandszustellung zu veranschlagenden Zeit. Das Auswärtige Amt führt eine Liste zu Fragen des Übermittlungswegs für Auslandszustellungen, der - auf der Grundlage aktueller Berichterstattung der Auslandsvertretungen - teilweise die zu erwartende Dauer entnommen werden kann. Diese weist für Chile eine Bearbeitungszeit von sechs bis zwölf Monaten aus (abrufbar unter: http://www.konsularinfo.diplo.de/contentblob/2462970/Daten/1196279/Laenderliste.pdf Stand: 23. März 2011). Unabhängig davon, dass die Klägerin keinerlei Verzögerung der Zustellung zu verantworten hat, weicht auch die Gesamtdauer der Zustellung nicht von der zu erwartenden Dauer für eine in Chile vorzunehmende Zustellung ab, wenn sie sich auch am oberen Ende des üblicherweise erwartbaren Zeitspektrums bewegt.

44

4. Entgegen der Ansicht des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht schließlich nicht seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Vielmehr hat das Landesarbeitsgericht zutreffend keine Abwägung der materiell-rechtlichen Interessen der Parteien zur Bestimmung des Begriffs „demnächst“ vorgenommen. Im Übrigen hat der Beklagte über seine Rechtsansicht hinaus keine Tatsachen vorgetragen, die einen schutzwürdigen Belang ergeben könnten.

45

5. Eine wirksame Zustellung als weitere Voraussetzung der Rückwirkung liegt vor. Die hier vorgenommene Zustellung nach § 181 Abs. 1 Nr. 2 ZPO aF wird durch das Zeugnis der ersuchten Behörde(§ 181 Abs. 2 ZPO aF) nachgewiesen, welchem die Beweiskraft des § 418 Abs. 1 ZPO zukommt(BGH 13. November 2001 - VI ZB 9/01 - NJW 2002, 521).

46

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Hauck    

        

    Bloesinger    

                 

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 136/10
Verkündet am:
11. Februar 2011
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Februar 2011 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Schmidt-Räntsch und
Dr. Roth und die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 20. Mai 2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft mit mehr als hundert Eigentümern, deren Verwalterin bis zum 31. Dezember 2008 die Beigeladene zu 1 war. Sie wendet sich gegen die Wahl der Beigeladenen zu 2 zur Verwalterin in der außerordentlichen Eigentümerversammlung vom 13. Dezember 2008.
2
In ihrer am 24. Dezember 2008 bei Gericht eingegangenen und zugleich begründeten Anfechtungsklage hat die Klägerin die Beigeladene zu 1 als damals noch amtierende Verwalterin benannt und eine Eigentümerliste beigefügt. Ein Ersatzzustellungsbevollmächtigter ist in der Klageschrift nicht benannt worden ; ein solcher war auch nicht bestellt worden. Mit Schriftsatz vom 6. Januar 2009 hat die Klägerin gebeten, die Klageschrift der Beigeladenen zu 2 als neuer Verwalterin zuzustellen. Am 16. Januar 2009 hat das Amtsgericht die Zustellung einer beglaubigten Abschrift an die Beigeladenen zu 1 und 2 verfügt und bei der Klägerin angefragt, ob inzwischen ein Ersatzzustellungsbevollmächtigter bestellt sei. Mit Schreiben vom 28. Januar 2009 hat die Klägerin mitgeteilt, dass es eines Ersatzzustellungsbevollmächtigten nicht mehr bedürfe, weil die neue Verwalterin zustellungsbevollmächtigt sei. Durch Schreiben vom 5. Februar 2009 hat das Amtsgericht darauf hingewiesen, dass eine Zustellung an die neue Verwalterin nicht in Betracht komme, weil deren Bestellung angefochten sei, und hat um ausreichende Abschriften der Klageschrift für die Zustellung an die übrigen Eigentümer gebeten. Mit Verfügung vom 26. Februar 2009 hat das Gericht den Auslagenvorschuss für die Zustellungen angefordert und die Einreichung von weiteren 100 Abschriften der Klageschrift erbeten. Nach einem Aktenvermerk der Amtsrichterin vom 17. März 2009 ist in einem vorangehenden Parallelverfahren am gleichen Tage auch das Vorgehen in diesem Verfahren erörtert worden. Weil hinsichtlich der Miteigentümer, die im Ausland wohnten, Zustellungsvertreter bzw. Zustelladressen im Inland benannt werden müssten, solle die Sache "terminlos" gestellt werden. Auch bleibe abzuwarten, ob sich dieses Verfahren mit dem Parallelverfahren durch eine neue Eigentümerversammlung erledigen werde. Am 7. Mai 2009 ist ein früher erster Termin bestimmt worden. Die Klageschriften sind den Wohnungseigentümern in der Folgezeit zugestellt worden.
3
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung einzelner Wohnungseigentümer und der Beigeladenen zu 2 hat das Landgericht das Urteil "aufgehoben" und die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, will die Klägerin die Zurückweisung der Berufung erreichen.

Entscheidungsgründe:


I.


4
Das Berufungsgericht meint, die Klage sei unbegründet, weil die Klagefrist gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG nicht eingehalten worden sei. Die Klage sei erst Monate nach der Eigentümerversammlung zugestellt worden. Die Zustellungen seien nicht "demnächst" im Sinne von § 167 ZPO erfolgt, weil die Klägerin sie vorwerfbar durch unvollständige Angaben verzögert habe. Eine Zustellung an die Beigeladene zu 2 sei wegen der Interessenkollision für die Klägerin erkennbar nicht in Betracht gekommen. Aus diesem Grund hätte sie innerhalb der Klagefrist mitteilen müssen, dass die Beigeladene zu 2 als Zustellungsvertreterin ausgeschlossen und ein Ersatzzustellungsbevollmächtigter nicht bestellt sei. Weil sie noch mit Schriftsatz vom 28. Januar 2009 mitgeteilt habe, dass die Beigeladene zu 2 zustellungsbevollmächtigt sei, sei es erst am 5. Februar 2009 zur erstmaligen Anforderungen von Abschriften der Klage gekommen ; am 16. Februar 2009 hätten weitere Abschriften angefordert werden müssen. Der Vermerk des Gerichts vom 17. März 2009 könne die Klägerin nicht entlasten, weil ihr die schon vorher eingetretene Verzögerung zuzurechnen sei.

II.


5
Diese Erwägungen des Berufungsgerichts halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
6
1. Die Klagefrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG ist eingehalten. Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob die Beigeladene zu 2 - wie das Berufungsgericht meint - gemäß § 45 Abs. 1 Halbsatz 2 Alternative 2 WEG als Zustellungsvertreterin ausgeschlossen war. Denn selbst wenn die Zustellung an die übrigen Wohnungseigentümer erforderlich war, ist die Klagefrist durch die Einrei- chung der Klage innerhalb der Frist gewahrt worden. Zwar ist die Klage den letzten Wohnungseigentümern erst am 18. August 2009 und damit Monate nach der Eigentümerversammlung vom 13. Dezember 2008 zugestellt worden. Dies ist aber unschädlich, weil die Zustellung "demnächst" im Sinne von § 167 ZPO erfolgt ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist dieser Begriff ohne eine absolute zeitliche Grenze im Wege einer wertenden Betrachtung auszulegen. Der Zustellungsbetreiber muss alles ihm Zumutbare für eine alsbaldige Zustellung getan haben. Verzögerungen im gerichtlichen Geschäftsbetrieb sollen nicht zu seinen Lasten gehen. Anderseits muss die Rückwirkung dem Empfänger zumutbar sein; verzögert die zustellende Partei selbst das Verfahren in vorwerfbarer Weise, kann dies der Rückwirkung entgegenstehen (vgl. nur BGH, Urteil vom 12. Juli 2006 - IV ZR 23/05, BGHZ 168, 306, 310 ff.; Senat, Urteil vom 16. Januar 2009 - V ZR 74/08, NJW 2009, 999, 1000 f. jeweils mwN). Solche Versäumnisse der Partei, die sich auf die Dauer nicht ausgewirkt haben, müssen außer Betracht bleiben (BGH, Urteil vom 5. Februar 2003 - IV ZR 44/02, NJW-RR 2003, 599, 600 mwN).
7
a) In dem Zeitraum bis zum 20. Februar 2009 ist die Verzögerung nicht der Klägerin anzulasten. Sie hat die Beigeladene zu 2 innerhalb der Klagefrist als neue Verwalterin benannt. Einen Ersatzzustellungsbevollmächtigten konnte sie nicht angeben, weil keiner bestellt war. Die Revision weist zu Recht daraufhin , dass dieser Umstand aufgrund des vorangehenden Verfahrens des AG Köln, Az. 202 C 254/08, dessen Beiziehung die Klägerin schon in der Klageschrift beantragt hat, ohnehin gerichtsbekannt war. Dementsprechend hat das Amtsgericht mit Schreiben vom 16. Januar 2009 auch angefragt, ob "inzwischen" ein Ersatzzustellungsbevollmächtigter bestellt worden sei. Die Antwort der Klägerin hierauf, die Beigeladene zu 2 sei zustellungsbevollmächtigt, konnte entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts schon deshalb keine vorwerfbare Verzögerung bewirken, weil die Klägerin zu diesem Zeitpunkt die Zustellung ihrerseits nicht beschleunigen konnte; keinesfalls musste sie unaufgefor- dert eine Vielzahl von Abschriften einreichen. Es ergab sich nämlich aus der Klageschrift, dass die Wahl der Beigeladenen zu 2 zur Verwalterin Gegenstand des Anfechtungsverfahrens war. Das Gericht - und nicht die Klägerin - musste daraus rechtliche Schlüsse ziehen und zunächst entscheiden, in welcher Form die Zustellung erfolgen sollte. Es ist schon umstritten, ob der Verwalter, wie das Berufungsgericht meint, in einem Verfahren, in dem seine Wahl angefochten wird, als Zustellungsvertreter gemäß § 45 Abs. 1 Halbsatz 2 Alternative 2 WEG ohne weiteres (so Klein in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 45 Rn. 18 mwN) oder nur bei konkreten Anhaltspunkten für eine bestehende Interessenkollision (so Suilmann in Jennißen, WEG, 2. Aufl., § 45 Rn. 15 bis 17 mwN) ausgeschlossen ist. Sieht das Gericht den Verwalter als ausgeschlossen an, kann es seinerseits von Amts wegen (Klein aaO, § 45 Rn. 39) einen Ersatzzustellungsbevollmächtigten bestellen, § 45 Abs. 3 WEG. Aus diesem Grund verzögert der Kläger den Rechtsstreit, wie die Revision mit Recht hervorhebt, nicht vorwerfbar, wenn er abwartet, welchen Rechtsstandpunkt das Gericht einnimmt. Dazu hatte die Klägerin hier umso mehr Anlass, als das Amtsgericht in dem Parallelverfahren einen Ersatzzustellungsbevollmächtigten bestellt hatte. Dass die Klägerin auf die Anforderung vom 5. Februar 2009 hin keine ausreichende Anzahl von Abschriften einreichte, hat sich schon deshalb zunächst nicht ausgewirkt, weil das Gericht erst mit den weiteren Abschriften am 16. Februar 2009 einen Kostenvorschuss für die Zustellungen anforderte und vor dessen Eingang am 20. Februar 2009 die Zustellung ohnehin nicht veranlasst hätte.
8
b) Hinsichtlich der auf den 20. Februar 2009 folgenden weiteren Verzögerung fehlt es jedenfalls an der Kausalität. Wann genau die Klägerin die zusätzlich angeforderten hundert beglaubigten Abschriften eingereicht hat, ist nicht festgestellt. Darauf kommt es auch nicht an. Denn nach dem Aktenvermerk des Amtsgerichts vom 17. März 2009 ist in dem Parallelverfahren mit den Prozessbevollmächtigten vereinbart worden, das hier zu entscheidende Verfahren zunächst "terminlos" zu stellen. In seinem in Bezug genommenen Urteil hat das Amtsgericht ausgeführt, von einer Zustellung der Klageschrift vor der Terminsanberaumung am 7. Mai 2009 habe es bewusst abgesehen, um doppelte Zustellungen von Klageschrift und Terminsladung zu vermeiden, obwohl längst der Gerichtskostenvorschuss, ausreichende Abschriften der Klageschrift und eine Eigentümerliste vorgelegen hätten. Danach hat das Amtsgericht die Zustellung aus nachvollziehbaren prozessökonomischen Erwägungen nicht veranlasst. Folgerichtig hat es sein Vorgehen nicht der Klägerin angelastet. Darüber durfte sich das Berufungsgericht nicht hinweg setzen. Seine Annahme, es sei schon vor Anfertigung des Vermerks zu einer von der Klägerin verursachten Verzögerung gekommen, entbehrt jeder Grundlage. Insbesondere spricht der Vermerk schon wegen der erforderlichen Auslandszustellungen gegen die Annahme , dass das Amtsgericht den bevorstehenden Termin in dem Parallelverfahren nicht abgewartet, sondern sogleich terminiert und die Zustellung veranlasst hätte, wenn Abschriften in ausreichender Anzahl vorgelegen hätten. Unerheblich ist schließlich, ob tatsächlich vereinbart wurde, die Sache "terminlos" zu stellen, was die Beklagten bestreiten. Sollte eine entsprechende Vereinbarung fehlen, wäre erst recht dem Gericht und nicht der Klägerin zuzurechnen, dass die Zustellung unterblieb.
9
c) Dieser Wertung stehen schutzwürdige Interessen der Beklagten schon deshalb nicht entgegen, weil die Beklagten die eigentliche Ursache für das von ihnen beklagte "Zustellungschaos" selbst gesetzt haben, indem sie entgegen der gesetzlichen Vorgabe des § 45 Abs. 2 Satz 1 WEG keinen Ersatzzustellungsvertreter bestellten.
10
2. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, das sich - von seinem Standpunkt aus folge- richtig - mit den behaupteten Beschlussmängeln bislang nicht befasst und ausreichende Feststellungen dazu nicht getroffen hat.
Krüger Schmidt-Räntsch Roth Brückner Weinland
Vorinstanzen:
AG Köln, Entscheidung vom 08.09.2009 - 202 C 361/08 -
LG Köln, Entscheidung vom 20.05.2010 - 29 S 178/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 23/05 Verkündetam:
12.Juli2006
Fritz
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtin
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
Bei der Frage, ob eine Klagzustellung "demnächst" im Sinne von § 167 ZPO erfolgt,
sind Verzögerungen im Zustellungsverfahren, die durch eine fehlerhafte Sachbehandlung
des Gerichts verursacht sind, dem Kläger grundsätzlich nicht zuzurechnen.
Hat er alle von ihm geforderten Mitwirkungshandlungen für eine ordnungsgemäße
Klagzustellung erbracht, insbesondere den Gerichtskostenvorschuss eingezahlt, so
sind er und sein Prozessbevollmächtigter im Weiteren nicht mehr gehalten, das gerichtliche
Vorgehen zu kontrollieren und durch Nachfragen auf die beschleunigte Zustellung
hinzuwirken.
BGH, Urteil vom 12. Juli 2006 - IV ZR 23/05 - OLG Hamm
LG Siegen
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 5. April 2006

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 24. November 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger, der früher als Fahrlehrer gearbeitet hat, hält beim Beklagten eine Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung. Nachdem er 1998 einen Herzinfarkt erlitten hatte, erkannte der Beklagte im März 2000 für die Berufsunfähigkeitsrente und die Beitragsbefreiung zunächst eine Leistungspflicht zu 100% ab November 1998 an, führte dann jedoch das in § 7 der dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Besonderen Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (BB-BUZ) vorgesehene Nachprüfungsverfahren durch. Da- nach war der Beklagte der Auffassung, der Gesundheitszustand des Klägers habe sich gebessert. Mit Schreiben vom 24. Januar 2003 teilte er dem Kläger mit, dass er beginnend ab dem 1. April 2003 ausgehend von einer Leistungspflicht von 50% nur noch die Hälfte der bis dahin gezahlten Berufsunfähigkeitsrente leisten und den Kläger nur noch zur Hälfte beitragsfrei stellen werde. Das Schreiben schließt mit der folgenden Belehrung : "Nach § 12 Absatz 3 des Versicherungsvertragsgesetzes wird der Versicherer von der Leistung frei, wenn der Anspruch auf höhere Leistungen nicht innerhalb von sechs Monaten gerichtlich geltend gemacht wird. Diese Frist beginnt mit Zugang dieses Schreibens. Beachten Sie bitte auch, dass diese Frist durch Zwischenkorrespondenz nicht unterbrochen wird."
2
Das Schreiben ging dem Kläger, der seinen Gesundheitszustand für unverändert hält und deshalb weiterhin die vollen Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung beansprucht, am 27. Januar 2003 zu. Daraufhin reichte er am 26. Juni 2003 beim Landgericht die Klageschrift ein und veranlasste, nachdem seinem damaligen Prozessbevollmächtigten am 15. Juli 2003 die Anforderung des Gerichtskostenvorschusses übermittelt worden war, am 4. August 2003 die entsprechende Überweisung. Tags darauf wurde der Betrag von seinem Konto abgebucht.
3
Die Klagzustellung unterblieb zunächst, weil die Gerichtskasse den Vorschuss trotz vollständiger und zutreffender Angaben des Klägers unter einem falschen Aktenzeichen verbucht hatte. Frühestens ab dem 13. Oktober 2003 veranlasste der Prozessbevollmächtigte des Klägers mehrere telefonische und schriftliche Anfragen bei der Geschäftsstelle des Landgerichts. Danach wurde die Klage schließlich am 21. November 2003 zugestellt.
4
Der Beklagte meint, die Frist des § 12 Abs. 3 VVG sei nicht gewahrt.
5
Die Vorinstanzen haben die Klage aus diesem Grunde abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


6
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
7
Das I. Berufungsgericht ist der Auffassung, der Beklagte müsse wegen Ablaufs der Frist des § 12 Abs. 3 VVG die von ihm vorgerichtlich abgelehnten Versicherungsleistungen nicht erbringen.
8
§ 12 Abs. 3 VVG sei auch anwendbar, wenn ein Versicherer - wie hier - im so genannten Nachprüfungsverfahren nach § 7 BB-BUZ eine dem Versicherungsnehmer nachteilige Entscheidung treffe, weil dabei ein erhobener Anspruch abgelehnt werde. Die dem Kläger erteilte Belehrung genüge den gesetzlichen Anforderungen. Da die somit wirksam in Lauf gesetzte Frist am 28. Juli 2003 abgelaufen sei, komme es darauf an, ob die spätere Klagzustellung im November 2003 noch "demnächst" im Sinne von § 167 ZPO erfolgt sei und auf den Zeitpunkt der Einrei- chung der Klage zurückwirke. Daran fehle es hier, weil der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter durch verspätete Nachfrage beim Landgericht vorwerfbar zu einer nicht bloß geringfügigen Zustellungsverzögerung beigetragen hätten.
9
Eine gewisse Verzögerung des Zustellungsverfahrens liege schon darin, dass der Mitte Juli 2003 vom Gericht angeforderte Gerichtskostenvorschuss erst Anfang August eingezahlt worden sei. Allerdings handele es sich insoweit nur um eine geringfügige Verzögerung von sieben Tagen nach dem für die Bemessung der Verzögerungsdauer maßgeblichen Ablauf der Frist.
10
Vorzuwerfen sei dem Kläger jedoch eine weitere, nicht lediglich geringfügige Zustellungsverzögerung von mindestens zwei Wochen, weil sein Prozessbevollmächtigter nach Abbuchung des Gerichtskostenvorschusses am 4./5. August 2003 zumindest noch bis zum 13. Oktober 2003 gewartet habe, ohne beim Landgericht wegen der ausbleibenden Zustellungsnachricht nachzufragen. Schon nach drei bis vier Wochen hätte sich ihm aufdrängen müssen, dass es im Zustellungsverfahren zu einem Fehler gekommen sei. Er habe daher jedenfalls schon mehr als zwei Wochen vor dem 13. Oktober 2003 bei Gericht nachfragen müssen. Ebenso wie ein Kläger nach der Rechtsprechung gehalten sei nachzufragen , wenn die Anforderung des Gerichtskostenvorschusses länger als drei bis vier Wochen ausbleibe, bestehe ein Gebot zur Nachfrage, wenn nach ordnungsgemäßer Einzahlung des Vorschusses die Zustellungsnachricht ausbleibe. Das beruhe letztlich auf einer Abwägung der Parteiinteressen. Da der Versicherer nach Ablauf der Frist des § 12 Abs. 3 VVG grundsätzlich auf seine Leistungsfreiheit vertrauen dürfe, werde der Versicherungsnehmer nicht unangemessen belastet, wenn im Rahmen des § 167 ZPO von ihm und seinem Prozessbevollmächtigten verlangt werde, nach Ablauf der Frist zu kontrollieren, ob die Zustellung tatsächlich vorgenommen werde. Unterbleibe eine zeitnahe Kontrolle und werde dadurch die Zustellung mehr als nur geringfügig verzögert, so rechtfertige sich die Leistungsfreiheit des Versicherers. Eine Mitverursachung der Verzögerung durch Unterlassen einer Nachfrage reiche insoweit aus.
11
Nach welchem Zeitraum die Nachfrage geboten sei, müsse nicht abschließend geklärt werden. Möglicherweise sei einem Kläger nach Einzahlung des Kostenvorschusses für die Zustellungsmitteilung eine längere Kontrollfrist (von vielleicht sechs Wochen) zuzubilligen als bei noch ausstehender Vorschussanforderung. Die Nachfrage nach erst knapp zehn Wochen sei aber um jedenfalls mehr als zwei Wochen verspätet gewesen und auch für die Verzögerung kausal geworden.
12
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
13
Zutreffend 1. geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass § 12 Abs. 3 VVG auch anzuwenden ist, wenn der Versicherer im so genannten Nachprüfungsverfahren nach § 7 BB-BUZ bisher gewährte Versicherungsleistungen kürzt (vgl. dazu BGH, Urteile vom 2. November 2005 - IV ZR 15/05 - VersR 2006, 102 Tz. 11 bis 15 und vom 25. Januar 1978 - IV ZR 122/76 - VersR 1978, 313 unter I 2). Dagegen erhebt die Revision keine Einwände.

14
2. Zu Unrecht beanstandet die Revision, die gewählte Belehrung könne den Versicherungsnehmer zu der irrigen Annahme verleiten, er werde ohne die gerichtliche Geltendmachung des streitigen Teils seinen gesamten Anspruch auf Versicherungsleistungen verlieren. Der Senat schließt ein solches Missverständnis aus.
15
Es trifft zwar zu, dass an die Belehrung über die Rechtsfolgen der Versäumung der Frist des § 12 Abs. 3 VVG strenge Anforderungen gestellt werden (vgl. dazu Senatsurteile vom 3. März 2004 - IV ZR 15/03 - VersR 2004, 1541 unter II; vom 19. September 2001 - IV ZR 224/00 - VersR 2001, 1497 unter II 2 m.w.N.). Hat jedoch der Versicherer - wie hier - die von ihm zu erbringende Versicherungsleistung niedriger festgesetzt als vom Versicherungsnehmer gefordert, erschließt sich letzterem ohne weiteres, dass mit dem innerhalb der Frist gerichtlich geltend zu machenden "Anspruch auf höhere Leistungen" nur die Weiterverfolgung des überschießenden, vom Versicherer nicht anerkannten Anspruchs gemeint sein kann und der drohende Anspruchsverlust sich nur auf diesen streitigen Teil bezieht.
16
3. Die mithin wirksam in Lauf gesetzte Frist des § 12 Abs. 3 VVG endete am 27. Juli 2003. Zuvor, am 26. Juni 2003, hatte der Kläger seine Klage bei Gericht eingereicht. Damit ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die Frist gewahrt worden, weil die erst am 21. November 2003 erfolgte Klagzustellung auf den Zeitpunkt der Klageinreichung zurückwirkt, so dass die Klage als rechtzeitig erhoben anzusehen ist. Diese Rückwirkung tritt nach § 167 ZPO ein, wenn die Zustellung "demnächst" erfolgt. Das ist hier der Fall.

17
a) Dabei darf nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht auf eine rein zeitliche Betrachtungsweise abgestellt werden. Vielmehr sollen, da die Zustellung von Amts wegen geschieht, die Parteien vor Nachteilen durch Verzögerungen innerhalb des gerichtlichen Geschäftsbetriebes bewahrt werden, weil diese Verzögerungen von ihnen nicht beeinflusst werden können (BGHZ 103, 20, 28 f.; 145, 358, 362; BGH, Urteil vom 11. Juli 2003 - V ZR 414/02 - NJW 2003, 2830 unter III 2). Es gibt deshalb keine absolute zeitliche Grenze, nach deren Überschreitung eine Zustellung nicht mehr als "demnächst" anzusehen ist. Dies gilt auch dann, wenn es - wie hier - zu mehrmonatigen Verzögerungen kommt (st. Rsp., vgl. die Nachweise in BGH, Urteile vom 11. Juli 2003 aaO und vom 5. Februar 2003 - IV ZR 44/02 - VersR 2003, 489 unter II 3). Denn Verzögerungen im Zustellungsverfahren, die durch eine fehlerhafte Sachbehandlung des Gerichts verursacht sind, muss sich der Kläger grundsätzlich nicht zurechnen lassen (BGHZ 103, aaO m.w.N.; 145, 358, 363 m.w.N.; BGH, Urteil vom 1. April 2004 - IX ZR 117/03 - NJW-RR 2004, 1575 unter II 3 m.w.N.).
18
b) Allerdings geht der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung auch davon aus, dass einer Partei solche nicht nur geringfügigen Verzögerungen zuzurechnen sind, die sie oder ihr Prozessbevollmächtigter bei sachgerechter Prozessführung hätten vermeiden können (BGHZ 145, aaO). Das ist nicht nur in Fällen angenommen worden, in denen Mängel der Klagschrift, etwa die Angabe einer falschen Anschrift der beklagten Partei, das Zustellungsverfahren verzögert haben (vgl. dazu die Nachweise in BGHZ 145 aaO), sondern auch dann, wenn nach Einreichung der Klage trotz vollständiger und ordnungsgemäßer Angabe aller maßgeblichen Verfahrensdaten die Anforderung des Gerichtskostenvor- schusses ausbleibt. In diesen Fällen hat der Bundesgerichtshof angenommen , der Kläger oder sein Prozessbevollmächtigter müssten nach angemessener Frist wegen der ausstehenden Vorschussanforderung nachfragen. Zwar sind beide nicht gehalten, von sich aus den Vorschuss zu berechnen und mit der Klage einzuzahlen (BGHZ 69, 361, 363 f. m.w.N.; BGH, Urteil vom 29. Juni 1993 - X ZR 6/93 - NJW 1993, 2811 unter II 2 c), doch dürfen sie nicht unbegrenzt lange untätig bleiben, sondern müssen bei ausbleibender Vorschussanforderung beim Gericht nachfragen und so auf eine größtmögliche Beschleunigung der Zustellung hinwirken (BGHZ 69, aaO; BGH, Urteile vom 5. Februar 2003 aaO; vom 11. Juli 2003 aaO und vom 15. Januar 1992 - IV ZR 13/91 - VersR 1992, 433 unter I 3).
19
Die genannten Fälle sind dadurch gekennzeichnet, dass der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter zu dem Zeitpunkt, in dem die Verzögerung eintritt, noch nicht alles getan haben, was das Verfahrensrecht von ihnen zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Zustellung fordert. Das gilt auch für den Fall der fehlenden Anforderung des Gebührenvorschusses , denn auch dort wissen der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter , dass die Zahlung noch aussteht und die Klage erst danach zugestellt werden kann.
20
Anders c) als das Berufungsgericht (auch schon in OLG Hamm NJW-RR 1998, 1104 f.) meint, lassen sich diese Grundsätze aber nicht auf den Fall übertragen, in dem - wie hier - Zustellungsverzögerungen erst eintreten, nachdem der Kläger alle für eine ordnungsgemäße Klagzustellung von ihm geforderten Mitwirkungshandlungen erbracht, insbesondere den Gerichtskostenvorschuss ordnungsgemäß gezahlt hat.

Dann liegt die weitere Verantwortung für den ordnungsgemäßen Gang des Zustellungsverfahrens ausschließlich in den Händen des Gerichts (vgl. dazu auch OLG Hamm VersR 2003, 346, 347; OLG Bamberg OLGR 1997, 269 f.; OLG Stuttgart VersR 1980, 157 f.), dessen Geschäftsgang der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter nicht unmittelbar beeinflussen können.
21
Für eine Verpflichtung oder Obliegenheit des Klägers und seines Prozessbevollmächtigten, auch noch in diesem Stadium des Verfahrens durch eine Kontrolle des gerichtlichen Vorgehens auf eine größtmögliche Beschleunigung hinzuwirken, fehlt die rechtliche Grundlage. Sie ergibt sich nicht aus dem Prozessrechtsverhältnis, weil der Kläger seinerseits bereits alles getan hat, was die Zivilprozessordnung für die Klagzustellung von ihm fordert (vgl. dazu BGH, Urteil vom 29. Juni 1993 aaO).
22
Allerdings wird teilweise die Auffassung vertreten, bei der Auslegung des Begriffes "demnächst" im Sinne von § 167 ZPO müsse eine Abwägung der widerstreitenden materiell-rechtlichen Parteiinteressen erfolgen und danach entschieden werden, welche weiteren Sorgfaltspflichten oder -obliegenheiten den Kläger und seinen Prozessbevollmächtigten mit Blick auf die Beschleunigung der Zustellung über die allgemein für eine ordnungsgemäße Zustellung erforderliche Mitwirkung hinaus träfen (vgl. dazu OLG Hamm aaO; Greger in Zöller, ZPO 25. Aufl. § 167 Rdn. 10). Ausgehend vom materiellen Schutzzweck der mit der Zustellung zu wahrenden Frist gewinne das Vertrauen des Beklagten in die mit dem Fristablauf verbundene, ihm günstige Rechtsfolge mit zunehmendem Zeitablauf an Gewicht und wüchsen deshalb zugleich die Anforde- rungen, die an den Kläger und seinen Prozessbevollmächtigten für die Beschleunigung der Zustellung zu stellen seien.
23
Dem folgt der Senat nicht. Dabei kann dahinstehen, ob das Gericht , das die Zustellung von Amts wegen zu betreiben hat, wegen des möglicherweise wachsenden Vertrauens des Beklagten in den materiellrechtlichen Fristablauf und seine Rechtsfolge mit zunehmender Dauer eine besondere Verpflichtung zur Beschleunigung des Zustellungsverfahrens haben kann. Den Kläger, der mit der Einreichung seiner Klage die Rechtsfolge des Fristablaufs gerade vermeiden will und seinerseits bereits alles für eine ordnungsgemäße Klagzustellung Gebotene erfüllt hat, trifft eine solche, von der Rücksichtnahme auf das Vertrauen des Beklagten in die Leistungsfreiheit getragene Sorgfaltspflicht, die seinem eigenen Rechtsschutzinteresse im Kern zuwiderliefe, aber nicht. Er darf in dieser prozessualen Situation vielmehr seinerseits erwarten, dass das Gericht im Weiteren das Zustellungsverfahren in eigener Zuständigkeit ordnungsgemäß betreibt.
24
d)DieEntscheidunge n des V. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 11. Juli 2003 (V ZR 414/02 aaO), des IX. Zivilsenats vom 1. April 2004 (IX ZR 117/03 aaO) und des XII. Zivilsenats vom 9. Februar 2005 (XII ZB 118/04 - NJW 2005, 1194 unter II 2 b) stehen - wie die genannten Senate auf Nachfrage des erkennenden Senats bestätigt haben - der hier getroffenen Entscheidung nicht entgegen.
25
Entscheidung Die des I. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 27. April 2006 (I ZR 237/03 - veröffentlicht auf der Internetseite des Bundesgerichtshofs ) steht nicht entgegen, weil nach den referierten Feststel- lungen des dortigen Berufungsgerichts der Antragsteller des Mahnverfahrens vor der Zustellung noch Beanstandungen des Mahngerichts zu beheben hatte und vom Antragsteller im Übrigen nicht dargetan worden war, wie es zur weiteren Verzögerung der Zustellung gekommen war.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch
Vorinstanzen:
LG Siegen, Entscheidung vom 06.05.2004 - 5 O 205/03 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 24.11.2004 - 20 U 115/04 -

Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 15. September 2010 - 10 Sa 333/10 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Rückzahlung eines Arbeitgeberdarlehens.

2

Der Beklagte wurde von der Klägerin als Projektentwickler seit dem 1. Januar 2002 in Chile beschäftigt. Seine Einkünfte musste er auch in Chile versteuern. Der Vertrag zur Beschäftigung des Beklagten im Ausland sah vor, dass er der Klägerin entsprechende Bestätigungen der Steuerbehörden in Chile unaufgefordert vorlegt. Die Klägerin sollte die Kosten für einen vom Beklagten ausgewählten Steuerberater tragen. Sofern der Beklagte in der Bundesrepublik Deutschland keinen allgemeinen Gerichtsstand haben sollte, wurde München als Gerichtsstand für alle Streitigkeiten vereinbart, außerdem wurde die Geltung deutschen Rechts bestimmt.

3

Um den Beklagten wirtschaftlich vor einer Doppelbesteuerung zu bewahren, schlossen die Parteien am 23. September 2002 einen Darlehensvertrag, in dem ua. bestimmt wurde:

        

㤠1 Arbeitgeberdarlehen

        

1.    

Der Arbeitgeber gewährt dem Mitarbeiter ein unverzinsliches Darlehen. Die Höhe entspricht der abzuführenden Einkommensteuer in Chile für das jeweilige Kalenderjahr. Für das Jahr 2002 werden für die Monate Januar bis August € 20.649,94 gewährt; zahlbar Ende August 2002. Ab dem Monat September ein Betrag von monatlich € 3.250,00. Der monatliche Betrag wird den jeweils aktuellen Verhältnissen angepasst. Jede Änderung ist unverzüglich vom Mitarbeiter zu melden.

        

...     

        
        

3.    

Das Darlehen wird für die Dauer gewährt, in denen der Mitarbeiter nach Chile entsandt ist. Sollte zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Chile ein Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen werden; endet die Darlehenszahlung mit dem Vormonat ab dem eine Freistellungsbescheinigung vom Finanzamt vorliegt.

        

§ 2 Rückzahlung des Darlehensbetrages

        

1.    

Die Rückzahlung des Darlehens erfolgt für das jeweils abgelaufene Kalenderjahr. Die Rückzahlung hat 8 Tage nach Zugang des deutschen Einkommensteuerbescheides für das abgelaufene Kalenderjahr zu erfolgen, spätestens jedoch zum 30.09. des Folgejahres.

        

2.    

Eine vorzeitige Tilgung des Darlehens ist möglich.

        

§ 3 Fälligkeit bei Ausscheiden des Mitarbeiters

        

Scheidet der Mitarbeiter vor vollständiger Darlehensrückzahlung aus den Diensten des Arbeitgebers aus, ist die noch offene Darlehensschuld mit dem Tage des Ausscheidens in einer Summe fällig.“

4

In Erfüllung des Darlehensvertrages zahlte die Klägerin in den Jahren 2002, 2003 und 2004 insgesamt 111.649,94 Euro an den Beklagten. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund Befristung am 31. Dezember 2004.

5

Bis Mitte Mai 2004 hatte der Beklagte in einer von der Klägerin zur Verfügung gestellten Wohnung in Santiago de Chile gelebt, sodann ist er dort an seine aktuelle Adresse verzogen. Zudem war der Kläger bis 31. Oktober 2005 in Deutschland unter der Anschrift seiner Eltern in B gemeldet, was auch als deutsche Kontaktadresse diente.

6

Auf der Basis eines entsprechenden Steuerbescheides wurden dem Beklagten im Jahr 2004 die für das Jahr 2002 abgeführten Steuern durch den deutschen Fiskus erstattet. Insoweit sind die Parteien vor dem Arbeitsgericht übereingekommen, dass die Rückzahlung des Darlehens für 2002 erst mit Zustellung des Steuerbescheides fällig sein sollte und nicht schon zum 30. September 2003, spätestens jedoch zum Fälligkeitszeitpunkt des § 3 des Darlehensvertrages. Eine entsprechende Steuererstattung für 2003 erfolgte im Jahr 2007 und für das Jahr 2004 im Jahr 2008.

7

Im Januar 2005 schickte die Klägerin ein Schreiben an die deutsche Adresse des Beklagten, dessen Annahme verweigert wurde. Daraufhin wandte sie sich mit einer E-Mail vom 17. Januar 2005 an den Beklagten, mit der sie ihn aufforderte, die Darlehensschuld binnen vier Tagen per Fax anzuerkennen, andernfalls sie den Rechtsweg beschreiten werde. Der Beklagte reagierte nicht. Eine Melderegisterauskunft vom 29. März 2007 gab nur noch die aktuelle Wohnanschrift des Beklagten in Chile an.

8

Mit der am 31. Dezember 2007 beim Arbeitsgericht München eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Rückzahlung des darlehensweise gewährten Betrags von 111.649,94 Euro.

9

Nach Übersetzung von Klageschrift und Anlagen sowie Legalisierung der Unterschrift der Kammervorsitzenden hat das Arbeitsgericht die Zustellung der Klageschrift im Rechtshilfeverkehr mit Chile eingeleitet und mit Verfügung vom 9. April 2008 die Klägerin ua. auf eine Mindestzustellzeit von sechs Monaten hingewiesen. Die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Chile bestätigte mit Schreiben vom 30. Juli 2008 die Weiterleitung des Zustellungsantrages mit Verbalnote vom 20. Juli 2008 an den chilenischen Obersten Gerichtshof und teilte mit, dass über den weiteren Fortgang der Angelegenheit unaufgefordert unterrichtet werde.

10

Im ersten Gütetermin vom 18. Dezember 2008 hat die Vorsitzende dem allein erschienenen Klägervertreter mitgeteilt, dass noch kein Zustellnachweis vorliegt. Mit Schreiben vom 19. Mai 2009 hat der Klägervertreter beim Arbeitsgericht um Mitteilung des Sachstands gebeten, was das Gericht zu einer Anfrage bei der Deutschen Botschaft in Santiago de Chile vom 15. Juni 2009 veranlasste. Die Zustellung der Klage an den Beklagten erfolgte dann am 31. Juli 2009 an seiner Wohnanschrift.

11

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, alles veranlasst zu haben, um eine demnächst erfolgende Zustellung zu ermöglichen. Die Zustellungsdauer in Chile habe sie nicht zu vertreten, vielmehr sei diese den besonderen Umständen einer Auslandszustellung in Chile geschuldet. Daher sei sie auch 19 Monate nach Einreichung der Klage noch „demnächst“ erfolgt. Der Beklagte erhebe rechtsmissbräuchlich die Einrede der Verjährung.

12

Die Klägerin hat beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an sie 111.649,94 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22. Januar 2005 zu zahlen.

13

Der Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben und dazu die Meinung vertreten, dass § 167 ZPO auch dem Schuldnerschutz diene. Es gebe für die Zustellung mit Rückwirkung eine Zeitgrenze von neun bis zehn Monaten nach Klageeinreichung. Danach überwiege das Interesse des Schuldners an der eingetretenen Verjährung. Zudem habe er seinen Wohnsitz seit 2004 nicht gewechselt, die Klägerin hätte schon vorher Klage erheben können.

14

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten blieb vor dem Landesarbeitsgericht ohne Erfolg. Mit der vom Zehnten Senat des Bundesarbeitsgerichts zugelassenen Revision (Beschluss vom 18. Mai 2011 - 10 AZN 213/11 -) verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision des Beklagten ist unbegründet, da er zur Rückzahlung des ihm gewährten und der Höhe nach unstreitigen Darlehens nach § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB sowie zur Zahlung der geltend gemachten Zinsen nach § 308 ZPO iVm. § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB verpflichtet ist. Der Rückzahlungsanspruch ist nicht verjährt.

16

A. Das Landesarbeitsgericht hat sein Urteil im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Beklagte sei nicht nach § 214 Abs. 1 BGB zur Verweigerung der Darlehensrückzahlung wegen eingetretener Verjährung berechtigt. Die am letzten Tag der Verjährungsfrist, dem 31. Dezember 2007, eingereichte und am 31. Juli 2009 zugestellte Klage habe die Verjährung gehemmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB), da die Zustellung auch angesichts eines verstrichenen Zeitraums von 19 Monaten noch „demnächst“ erfolgt sei (§ 167 ZPO). „Demnächst“ sei nicht allein zeitlich zu verstehen. Die Vorschrift schütze vor Verzögerungen in der Klagezustellung, auf die kein Einfluss genommen werden könne und an denen eine klagende Partei keine Mitschuld trage. Die durch die Auslandszustellung in Chile verursachten Verzögerungen müsse sich die Klägerin nicht zurechnen lassen. Die ihr obliegenden Angaben in der Klageschrift habe die Klägerin korrekt gemacht, die gesamte Verjährungsfrist habe sie ausschöpfen und erst am letzten Tag der Frist Klage erheben dürfen.

17

B. Diese Entscheidung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

18

I. Die Klage ist zulässig. Die deutschen Gerichte sind zur Entscheidung des Rechtsstreits international zuständig.

19

1. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist auch unter der Geltung von § 545 Abs. 2 ZPO eine in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfende Sachurteilsvoraussetzung(vgl. BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 562/08 - Rn. 14, AP ZPO § 38 Internationale Zuständigkeit Nr. 23 = EzA ZPO 2002 § 38 Nr. 1; 13. November 2007 - 9 AZR 134/07 - Rn. 16, BAGE 125, 24 = AP EGBGB nF Art. 27 Nr. 8 = EzA EGBGB Art. 30 Nr. 9; 16. Februar 2000 - 4 AZR 14/99 - zu I der Gründe, BAGE 93, 328 = EzA TVG § 4 Seeschiffahrt Nr. 1; GMP/Prütting 7. Aufl. Einleitung Rn. 275).

20

2. Die internationale Zuständigkeit ist nach den Regelungen der EuGVVO zu beurteilen, die den nationalen zivilprozessualen Regelungen vorgeht (vgl. BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 562/08 - Rn. 15 mwN, AP ZPO § 38 Internationale Zuständigkeit Nr. 23 = EzA ZPO 2002 § 38 Nr. 1; 24. September 2009 - 8 AZR 306/08 - Rn. 26, BAGE 132, 182 = AP EuGVVO Art. 18 Nr. 1 = EzA EG-Vertrag 1999 Verordnung 44/2001 Nr. 4), seit ihrem Inkrafttreten am 1. März 2002 in allen Teilen verbindlich ist und unmittelbar in jedem Mitgliedsstaat der EU gilt (Art. 288 Abs. 2 AEUV, entspr. ex Art. 249 Abs. 2 EG).

21

3. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ergibt sich für den vorliegenden arbeitsrechtlichen, also zivilrechtlichen Streit aus Art. 24 EuGVVO. Danach wird das Gericht eines Vertragsstaates jedenfalls dann zuständig, wenn sich die beklagte Partei vor ihm auf das Verfahren eingelassen hat. Der Begriff der rügelosen Einlassung ist autonom auszulegen und so zu verstehen, dass jede Verteidigungshandlung genügt, die auf eine Klageabweisung zielt (vgl. BAG 2. Juli 2008 - 10 AZR 355/07 - Rn. 23, BAGE 127, 111 = AP Verordnung Nr. 44/2001/EG Nr. 1 = EzA EG-Vertrag 1999 Verordnung 44/2001 Nr. 3; Musielak/Stadler Art. 24 EuGVVO Rn. 3; MünchKommZPO/Gottwald 3. Aufl. Art. 24 EuGVO Rn. 8). Der Beklagte hat im Gütetermin erklärt, die Rüge der örtlichen Zuständigkeit nicht aufrecht zu erhalten und dies später durch Schriftsatz vom 9. März 2010 bestätigt. Damit liegt eine rügelose Einlassung auch zur internationalen Zuständigkeit im Sinne von Art. 24 EuGVVO vor. Unerheblich ist es, dass der Beklagte in keinem Mitgliedsstaat der EU einen Wohnsitz hat (vgl. MünchKommZPO/Gottwald aaO; Musielak/Stadler aaO; Hk-ZPO/Dörner Art. 24 EuGVVO Rn. 1). Da die rügelose Einlassung vorrangig ist (EuGH 7. März 1985 - C-48/84 - [Spitzley] Slg. 1985, 787), kommt es auf die in § 12 des Auslandsbeschäftigungsvertrages getroffene Gerichtsstandsvereinbarung nicht an.

22

II. Auf das Rechtsverhältnis der Parteien findet deutsches Recht Anwendung.

23

1. Die Frage des auf den Streitfall anzuwendenden Rechts bestimmt sich nach Art. 27 EGBGB aF. Die Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (sog. Rom-I-VO) findet erst auf die ab dem 17. Dezember 2009 geschlossenen Verträge Anwendung, Art. 28 VO 593/2008/EG. Infolge dieser intertemporalen Kollisionsnorm sind für die vor diesem Zeitpunkt abgeschlossenen Verträge weiter die Art. 27, 30 und 34 EGBGB aF anzuwenden(vgl. HWK/Tillmanns 5. Aufl. Art. 3, 8, 9 Rom-I-VO Rn. 8; MünchKommBGB/Martiny 5. Aufl. Art. 28 Rom I-VO Rn. 4; DFL/Krebber 4. Aufl. Art. 3, 8, 9 Rom I-VO Rn. 4; Palandt/Thorn 71. Aufl. (IPR) Rom I Vorbemerkung Rn. 1).

24

2. Nach Art. 27 Abs. 1 Satz 1 EGBGB aF unterliegt ein Vertrag dem von den Parteien gewählten Recht. Die Rechtswahl soll ausdrücklich erfolgen, kann sich aber auch aus den Umständen des Falles ergeben, Art. 27 Abs. 1 Satz 2 EGBGB. Ist die Rechtswahl nicht ausdrücklich erfolgt, muss sie sich mit hinreichender Sicherheit aus den Bestimmungen des Vertrages oder aus den Umständen des Falles ergeben (vgl. BAG 13. November 2007 - 9 AZR 134/07 - Rn. 32, BAGE 125, 24 = AP EGBGB nF Art. 27 Nr. 8 = EzA EGBGB Art. 30 Nr. 9; 12. Dezember 2001 - 5 AZR 255/00 - zu B I 1 der Gründe, BAGE 100, 130 = AP EGBGB nF Art. 30 Nr. 10 = EzA EGBGB Art. 30 Nr. 5; 26. Juli 1995 - 5 AZR 216/94 - zu II 1 der Gründe, AP BGB § 157 Nr. 7 = EzA BGB § 133 Nr. 19). Die Rechtswahl muss nicht zwingend bei Vertragsschluss erfolgen, sondern kann auch zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen, Art. 27 Abs. 2 Satz 1 EGBGB.

25

3. In § 12 Abs. 4 des zwischen den Parteien geschlossenen Auslandsbeschäftigungs-/Entsendevertrages vom 6. Dezember 2002 ist für den Fall des Fehlens eines allgemeinen Gerichtsstands des Beklagten in Deutschland bestimmt, dass München als Gerichtsstand für alle Streitigkeiten vereinbart wird, die sich in beiderseitigem Einvernehmen nicht klären lassen; sie sollen nach deutschem Recht entschieden werden. Damit haben die Parteien zum Ausdruck gebracht, dass jedenfalls alle mit dem Arbeitsverhältnis in Zusammenhang stehenden Streitigkeiten nach deutschem Recht zu beurteilen sind. Der am 23. September 2002 geschlossene Darlehensvertrag steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem geschlossenen Arbeitsvertrag, wie sich § 1 des Darlehensvertrages entnehmen lässt. Danach entspricht die Darlehenshöhe der in Chile abzuführenden Einkommenssteuer (§ 1 Nr. 1) und die Gewährung des Darlehens erfolgt für die Dauer, die der Mitarbeiter nach Chile entsandt ist. Eine solche Streitigkeit über die Rückzahlung des im Rahmen des Arbeitsverhältnisses gewährten Darlehens soll nach dem Parteiwillen nach deutschem Recht beurteilt werden.

26

III. Dem aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB folgenden Rückzahlungsanspruch der Klägerin in unstreitiger Höhe von 111.649,94 Euro kann der Beklagte kein dauerndes Leistungsverweigerungsrecht aus § 214 Abs. 1 BGB entgegenhalten. Der Eintritt der Verjährung wurde nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB durch die am 31. Dezember 2007 beim Arbeitsgericht München eingereichte Klage gehemmt.

27

1. Die Verjährungsfrist endete für sämtliche Rückzahlungsansprüche aus dem Darlehensvertrag am 31. Dezember 2007.

28

a) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB) und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Entstanden ist ein Anspruch, wenn er im Wege der Klage geltend gemacht werden kann. Dies setzt grundsätzlich die Fälligkeit des Anspruchs voraus, da erst von diesem Zeitpunkt an (§ 271 Abs. 2 Halbs. 1 BGB) der Gläubiger mit Erfolg die Leistung fordern und gegebenenfalls den Ablauf der Verjährungsfrist durch Klageerhebung unterbinden kann (vgl. BGH 8. Juli 2008 - XI ZR 230/07 - Rn. 17, NJW-RR 2009, 378; Palandt/Ellenberger 71. Aufl. § 199 BGB Rn. 3).

29

b) Abweichend von § 2 Nr. 1 Satz 2 des Darlehensvertrages haben die Parteien vereinbart, dass die Rückzahlung des Darlehens für 2002 erst mit Zustellung des Steuerbescheides, also im Verlauf des Jahres 2004 fällig geworden sein sollte und nicht, wie ursprünglich im Vertrag vorgesehen, zum 30. September 2003. Damit begann die Verjährungsfrist auch für den Rückzahlungsanspruch, das Jahr 2002 betreffend, mit Ablauf des 31. Dezember 2004 als dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Das Gleiche gilt für den Rückzahlungsanspruch der im Jahre 2003 geflossenen Darlehensbeträge, die nach § 2 Nr. 1 Satz 2 des Darlehensvertrages zum 30. September 2004 fällig wurden. Der Fälligkeitszeitpunkt hinsichtlich der Darlehenszahlung für das Jahr 2004 ist nach § 3 des Darlehensvertrages der 31. Dezember 2004. Damit ist die Klage hinsichtlich aller Teilansprüche innerhalb der mit Ablauf des 31. Dezember 2007 endenden Verjährungsfrist eingereicht worden.

30

2. Die Zustellung der Klage an den Beklagten am 31. Juli 2009 hemmt nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB die Verjährung, da sie zwar nach Ablauf der Verjährungsfrist, jedoch „demnächst“ iSd. § 167 ZPO vorgenommen wurde.

31

a) Ob eine Klagezustellung „demnächst“ iSv. § 167 ZPO erfolgt ist, kann nicht aufgrund einer rein zeitlichen Betrachtungsweise entschieden werden. Vielmehr ist der Begriff ohne eine absolute zeitliche Grenze im Wege einer wertenden Betrachtung auszulegen. Da die Zustellung von Amts wegen geschieht und Verzögerungen innerhalb des gerichtlichen Geschäftsbetriebs nicht von der die Zustellung veranlassenden Partei beeinflusst werden können, muss diese vor Nachteilen durch Verzögerungen innerhalb des Geschäftsbetriebs der Gerichte geschützt werden. Verzögerungen der Zustellung, die durch die Sachbearbeitung des Gerichts verursacht sind, muss sich der Kläger grundsätzlich nicht zurechnen lassen; dies gilt auch bei mehrmonatigen Verzögerungen (st. Rspr., vgl. BGH 11. Februar 2011 - V ZR 136/10 - Rn. 6, WuM 2011, 540; 12. Juli 2006 - IV ZR 23/05 - Rn. 17, BGHZ 168, 306; 9. Februar 2005 - XII ZB 118/04 - zu II 2 a der Gründe, NJW 2005, 1194; 31. Oktober 2000 - VI ZR 198/99 - zu II 3 a der Gründe, BGHZ 145, 358; 26. September 1957 - II ZR 267/56 - zu II 1 a der Gründe, BGHZ 25, 250).

32

b) Allerdings muss der Zustellungsbetreiber alles ihm Zumutbare für eine alsbaldige Zustellung getan haben, sofern es nicht ohnehin zu einer nur geringfügigen Verzögerung gekommen ist (vgl. BGH 12. Juli 2006 - IV ZR 23/05 - Rn. 18, BGHZ 168, 306; 9. Februar 2005 - XII ZB 118/04 - zu II 2 a der Gründe, NJW 2005, 1194; 6. April 1972 - III ZR 210/69 - NJW 1972, 1948 zu § 261b Abs. 3 ZPO aF). Einer Partei sind nur solche Verzögerungen zuzurechnen, die sie oder ihr Prozessbevollmächtigter bei sachgerechter Prozessführung hätten vermeiden können. „Demnächst“ im Wortsinn bedeutet, dass die Zustellung der „dem“ Einreichen der Klage „nächste“ Schritt sein können muss. Daran fehlt es in der Regel bei Mängeln der Klageschrift, etwa wenn die Angabe einer falschen oder unzureichenden Anschrift des Beklagten erfolgte (BGH 31. Oktober 2000 - VI ZR 198/99 - zu II 3 a der Gründe mwN, BGHZ 145, 358). Ebenso fehlt es an einer ohne Weiteres, also „demnächst“ möglichen Zustellung, wenn der zu leistende Gerichtskostenvorschuss nicht oder nach seiner Anforderung nicht innerhalb eines Zeitraums eingezahlt wird, der sich um zwei Wochen bewegt oder nur geringfügig darüber liegt (vgl. BGH 16. Januar 2009 - V ZR 74/08 - Rn. 16, BGHZ 179, 230).

33

c) Für eine solche Auslegung spricht auch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes.

34

aa) § 190 der Zivilprozessordnung vom 30. Januar 1877 sah für Auslandszustellungen und öffentliche Zustellungen vor, dass die Wirkung der Zustellung bereits mit Überreichung des Gesuchs eintritt. Bereits nach der Gesetzesbegründung hierzu wurde darauf verwiesen, dass in solchen Fällen die Partei zur Bewirkung einer Zustellung ihrerseits nichts „weiter thun kann, als bei dem Gerichte ein begründetes Gesuch anzubringen, und die rechtzeitige Zustellung von prompter Rechtshülfe der Behörden und einer Anzahl zufälliger Umstände abhängig ist“ (vgl. Hahn/Mugdan Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen 2. Aufl. Bd. 2 Begründung zu § 183 S. 234; Gaupp Die Civilprozeßordnung für das Deutsche Reich 1881 § 190 S. 490).

35

bb) Im Übrigen wurde erst zum 1. Juni 1909 für den Amtsgerichtsprozess die Zustellung von Amts wegen anstelle des Parteibetriebs eingeführt (§ 496 ZPO in der ab dem 1. Juni 1909 geltenden Fassung). Der erste veröffentlichte Entwurf zu § 496 Abs. 3 ZPO aF sah vor, dass eine Rückwirkung nur dann erfolgt, wenn die Zustellung binnen einer Frist von zwei Wochen, bei Zustellungen mittels Ersuchens anderer Behörden oder Beamten(im Ausland) oder mittels öffentlicher Zustellung binnen einer Frist von sechs Monaten durchgeführt ist. Dieses Zeiterfordernis wurde im Gesetzgebungsverfahren später fallen gelassen und durch den Ausdruck „demnächst“ ersetzt (§ 496 Abs. 3 ZPO aF). Hieraus ergibt sich, dass es für die Rückwirkung der Zustellung auf ihre tatsächliche Ausführung ankommen sollte, nicht aber, dass von einer zeitlichen Grenze für die Zustellung auszugehen ist. Bereits das Reichsgericht erkannte daraufhin, dass der Gesetzgeber zu erkennen gegeben hat, dass der Weg der gesetzlichen Festlegung eines äußersten Zustellungstermins nicht gangbar sei, jedenfalls im Interesse der Parteien nicht eingeschlagen werden solle (RG 8. Dezember 1922 - III 120/22 - RGZ 105, 422, 425). Der Begründung zu § 32 des „Gesetzes betreffend die Gewerbegerichte“ vom 29. Juli 1890, auf dessen entsprechende Regelungen der Entwurf zu § 496 ZPO aF zurückgriff, ist nichts anderes zu entnehmen(vgl. Materialien zum Gesetz betreffend die Gewerbegerichte vom 29. Juli 1890, Begründung des Entwurfs vom 6. Mai 1890 § 21 S. 27, § 26 S. 29 entsprechend § 32 Abs. 4 Gewerbegerichtsgesetz idF vom 29. September 1901).

36

d) Das Gebot des fairen Verfahrens, den Zugang zu den Gerichten und zu den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren, verbietet es, etwaige Fristversäumnisse, die auf Verzögerungen durch das Gericht beruhen, dem Bürger anzulasten. In Fristfragen muss für den Rechtssuchenden erkennbar sein, was er zu tun hat, um einen Rechtsverlust zu vermeiden (BVerfG 29. August 2005 - 1 BvR 2138/03 - NJW 2005, 3346; 28. Juli 1993 - 1 BvR 1464/91 -, - 1 BvR 1623/91 - AP GG Art. 2 Nr. 37). Daher ist entgegen der Auffassung der Revision eine „Abwägung der widerstreitenden Interessen“ zur Bestimmung des Begriffs „demnächst“ abzulehnen. Der klagenden Partei kann nicht die Verantwortung für solche Verzögerungen der Zustellung aufgebürdet werden, auf die sie keinen Einfluss hat und die ausschließlich im Geschäftsablauf des zustellenden Gerichts begründet sind (BGH 6. April 1972 - III ZR 210/69 - NJW 1972, 1948). Der Kläger, der seinerseits bereits alles für eine ordnungsgemäße Klagezustellung getan hat, darf erwarten, dass in dieser prozessualen Situation das Gericht im Weiteren das Zustellungsverfahren in eigener Zuständigkeit ordnungsgemäß betreibt (BGH 12. Juli 2006 - IV ZR 23/05 - Rn. 23, BGHZ 168, 306).

37

3. Mit der Klageeinreichung am 31. Dezember 2007 hatte die Klägerin alles für eine Zustellung Gebotene getan. Zu nicht nur geringfügigen Verzögerungen, welche die Klägerin oder ihr Prozessbevollmächtigter bei sachgerechter Prozessführung hätten vermeiden können, ist es nicht gekommen.

38

a) Entgegen der Auffassung des Beklagten stellt es keine Verzögerung der Zustellung dar, dass die Klägerin die Klage erst am letzten Tag der Verjährungsfrist bei Gericht eingereicht hat. Die Klägerin durfte die Verjährungsfrist bis zur Grenze ausnutzen, ohne dass ihr dies als Verschulden angerechnet wird (BGH 18. Mai 1995 - VII ZR 191/94 - zu II 2 c der Gründe, NJW 1995, 2230; 27. Mai 1993 - I ZR 100/91 - NJW 1993, 2320; 7. April 1983 - III ZR 193/81 - zu II 1 der Gründe, MDR 1984, 124).

39

b) Mit der Einreichung der Klageschrift und der Angabe der Adresse des Beklagten in Chile hatte die Klägerin alles Erforderliche getan, um die Auslandszustellung einzuleiten. Insbesondere hatte die Klägerin keinen Kostenvorschuss zu leisten, da nach § 11 GKG in den Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen Kostenvorschüsse nicht erhoben werden.

40

c) Dass es zunächst bis zum 20. Juli 2008 dauerte, bis die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland den Zustellungsantrag über das chilenische Außenministerium an den chilenischen Obersten Gerichtshof weiterleiten konnte, war den für die Auslandszustellung notwendigen Vorbereitungen geschuldet. Zunächst hatte das Arbeitsgericht zu prüfen, ob es einschlägige Staatsverträge gibt, und die für Auslandszustellungen ergangenen Ausführungsregelungen zu ermitteln und im Anschluss die dort genannten Anforderungen zu erfüllen. Hierfür trug allein das Gericht, nicht aber die Klägerin die Verantwortung; die Verantwortung für die korrekte und effiziente Durchführung des Verfahrens bei Zustellungen im Ausland liegt nach der gesetzlichen Regelung allein bei den Justizbehörden (vgl. BGH 11. Juli 2003 - V ZR 414/02 - zu III 2 b cc der Gründe, NJW 2003, 2830; MünchKommZPO/Häublein 3. Aufl. § 183 Rn. 5; Wieczorek/Schütze/Rohe 3. Aufl. § 183 ZPO Rn. 43).

41

d) Eine im Ausland zu bewirkende Zustellung erfolgt durch das Gericht. Die Zustellung der Klageschrift (§ 271 ZPO) hatte auf Veranlassung der Vorsitzenden (vgl. MünchKommZPO/Häublein 3. Aufl. § 183 Rn. 9 f.) nach § 183 Abs. 1 Nr. 2 ZPO in der bis zum 12. November 2008 geltenden Fassung unter Beachtung der Rechtshilfeordnung für Zivilsachen (ZRHO) vom 19. Oktober 1956 in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Februar 1976, nach dem zuletzt veröffentlichen Stand vom Februar 2005 (abgedruckt in Geimer/Schütze Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Teil G I) zu erfolgen. Da im Verhältnis zu Chile weder multilaterale (bspw. das Haager Zustellübereinkommen 1965) noch bilaterale Abkommen bei der Zustellung zur Anwendung kommen (sog. vertragsloser Rechtshilfeverkehr; vgl. Länderteil ZRHO), ergeben sich die Einzelheiten zur Zustellung allein aus der ZRHO.

42

aa) In Chile ist für förmliche Zustellungen weder der konsularische Weg noch der unmittelbare Verkehr zugelassen. Deshalb hatte das Gericht den diplomatischen Weg (§ 6 Abs. 2 ZRHO) als umständlichen und zeitraubenden, aber einzig verbliebenen Weg zu wählen (vgl. MünchKommZPO/Häublein § 183 Rn. 11). Dem Ersuchen waren ein Begleitschreiben (§ 22 ZRHO) und beglaubigte Übersetzungen (§ 25 ZRHO) sämtlicher Anlagen beizufügen. Für eine in Chile zu bewirkende Zustellung war auch eine Legalisation der Unterschrift der Vorsitzenden (§ 18 ZRHO) notwendig. Im Anschluss hatte die Prüfstelle iSv. § 9 ZRHO, dh. die Präsidentin des Landesarbeitsgerichts, das Ersuchen nach einer Prüfung weiterzuleiten (§ 29 ZRHO). Bereits diese notwendigen Schritte zur Übergabe des Zustellungsersuchens an chilenische Behörden nahmen naturgemäß eine nicht unerhebliche Zeit in Anspruch.

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bb) Mit Verbalnote vom 20. Juli 2008 hat die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Santiago de Chile dann das Zustellungsersuchen über das chilenische Außenministerium an den chilenischen Obersten Gerichtshof weitergeleitet. Selbst innerhalb der EU sind für Auslandszustellungen ein bis drei Monate, in Spanien sechs Monate zu veranschlagen (Schack Internationales Zivilverfahrensrecht 5. Aufl. Rn. 674). Die Dauer der Zustellung, die allein auf die Zeit zwischen Weiterleitung des Zustellungsgesuchs an die chilenischen Behörden im Juli 2008 bis zur Zustellung an den Beklagten am 31. Juli 2009 entfiel, entspricht der üblicherweise in Chile für eine Auslandszustellung zu veranschlagenden Zeit. Das Auswärtige Amt führt eine Liste zu Fragen des Übermittlungswegs für Auslandszustellungen, der - auf der Grundlage aktueller Berichterstattung der Auslandsvertretungen - teilweise die zu erwartende Dauer entnommen werden kann. Diese weist für Chile eine Bearbeitungszeit von sechs bis zwölf Monaten aus (abrufbar unter: http://www.konsularinfo.diplo.de/contentblob/2462970/Daten/1196279/Laenderliste.pdf Stand: 23. März 2011). Unabhängig davon, dass die Klägerin keinerlei Verzögerung der Zustellung zu verantworten hat, weicht auch die Gesamtdauer der Zustellung nicht von der zu erwartenden Dauer für eine in Chile vorzunehmende Zustellung ab, wenn sie sich auch am oberen Ende des üblicherweise erwartbaren Zeitspektrums bewegt.

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4. Entgegen der Ansicht des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht schließlich nicht seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Vielmehr hat das Landesarbeitsgericht zutreffend keine Abwägung der materiell-rechtlichen Interessen der Parteien zur Bestimmung des Begriffs „demnächst“ vorgenommen. Im Übrigen hat der Beklagte über seine Rechtsansicht hinaus keine Tatsachen vorgetragen, die einen schutzwürdigen Belang ergeben könnten.

45

5. Eine wirksame Zustellung als weitere Voraussetzung der Rückwirkung liegt vor. Die hier vorgenommene Zustellung nach § 181 Abs. 1 Nr. 2 ZPO aF wird durch das Zeugnis der ersuchten Behörde(§ 181 Abs. 2 ZPO aF) nachgewiesen, welchem die Beweiskraft des § 418 Abs. 1 ZPO zukommt(BGH 13. November 2001 - VI ZB 9/01 - NJW 2002, 521).

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C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Hauck    

        

    Bloesinger    

                 

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)