Gegenstand des Verfahrens ist eine Vollstreckungsankündigung des beklagten Finanzamts vom 03.11.2016.
Der Kläger erhielt von der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (ASFiNAG), Wien, eine Zahlungsaufforderung vom 24.10.2014, mit der er als Zulassungsbesitzer zur Zahlung einer Ersatzmaut von 120 € aufgefordert wurde, weil das auf ihn zugelassene Fahrzeug mit dem Kennzeichen … am 14.09.2014, 15 Uhr, am mautpflichtigen Straßennetz in Österreich verwendet wurde, ohne dass die Maut ordnungsgemäß entrichtet wurde. Als Deliktart ist „keine Vignette bzw. Vignette nicht ordnungsgemäß angebracht“ angegeben.
Der Prozessbevollmächtigte zeigte sich gegenüber der ASFiNAG an und machte geltend, „unsere Mandantschaft“ habe das Pickerl tatsächlich gekauft und die Maut damit entrichtet. Dies könne durch die Ehefrau unseres Mandanten bezeugt werden. Es sei davon auszugehen, dass die Vignette ordnungsgemäß angebracht worden sei. Dass sie nicht ordnungsgemäß angebracht worden sein soll, sei nicht nachvollziehbar.
Die Korrespondenz mit der ASFiNAG blieb erfolglos; da die Ersatzmautforderung nicht innerhalb der Zahlungsfrist beglichen wurde, wurde der Fall an die Bezirksverwaltungsbehörde weitergegeben und ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet.
Die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, Verkehr, erließ am 19.01.2015 eine Strafverfügung gegenüber dem Kläger, wonach dieser am 14.09.2014, 15.00 Uhr, mit dem Fahrzeug … in der Gemeinde Volders, auf der A 12, bei Kilometer 64.477, Richtungsfahrbahn Staatsgrenze Kiefersfelden, ein Kraftfahrzeug auf dem mautpflichtigen Straßennetz gelenkt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benutzung von Mautstrecken der zeitabhängigen Maut unterliege. Am Fahrzeug sei keine gültige Mautvignette angebracht worden. Der Kläger habe dadurch § 20 Abs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 und 11 Abs. 1 Bundesstraßenmautgesetz (öBStMG) verletzt. Die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretungen eine Geldstrafe von 300 €, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden.
Hiergegen legte der Kläger, vertreten durch den Prozessbevollmächtigten, Einspruch ein. Der Kläger sei mit der Geldstrafe nicht einverstanden, da er seiner Überzeugung nach keinesfalls ohne Vignette auf einer mautpflichtigen Straße gefahren sei. Er sei sich keiner Schuld bewusst; da er eine Vignette gekauft habe, sei kein Schaden entstanden. Der Kläger verweist auf das Vorbringen gegenüber ASFiNAG.
Im Rahmen der Rückfrage der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck bei der ASFiNAG erläuterte diese gegenüber der Bezirkshauptmannschaft, die Vignette sei vorliegend nicht von der Trägerfolie abgelöst worden, weshalb das schwarze, aufgedruckte Kreuz der Trägerfolie ersichtlich sei. Die Vignette sei auch nicht komplett mit dem originären Kleber der Vignettenvorderseite an der Windschutzscheibe angebracht gewesen. Dadurch hätten die Sicherheitsmerkmale nicht aktiviert werden können, die eine eventuelle Manipulation der Vignette verhindern sollen. Dies sei von der automatischen Vignettenkontrolle erkannt und registriert worden. Auf den beigefügten Bildern ist in der unteren Ecke der Windschutzscheibe auf der Fahrerseite des Fahrzeugs … die Vignette mit einem schwarzen Kreuz zu sehen.
Die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck übermittelte dem Kläger mit Schreiben vom 05.03.2015 den Strafakt in Kopie mit dem Ersuchen um Stellungnahme.
Im weiteren Verfahren gegenüber der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, Verkehrsreferat, wurde der bisherige Vortrag wiederholt; es sei nicht nachvollziehbar, dass die Vignette nicht ordnungsgemäß angebracht worden sein soll. Beigefügt ist ein „Zeugenbericht“ der Ehefrau vom 28.04.2015, wonach diese am 10.09.2014 eine 10-Tages-Vignette gekauft und den Beleg an ihren Mann weitergegeben habe und davon ausgehe, dass diese ordnungsgemäß angebracht worden sei.
Die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, Verkehrsreferat, erließ am 18.05.2015 ein Straferkenntnis gegenüber dem Kläger. Hierbei bezeichnete es die Verwaltungsübertretungen wortgleich wie zuvor in der Strafverfügung vom 19.01.2015 und verhängte dieselbe Strafe. Zudem habe der Kläger gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz 30 € als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen. Der zu zahlende Gesamtbetrag betrage 330 €.
Laut Rechtsmittelbelehrungkann gegen diesen Bescheid Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht erhoben werden. In der Beschwerde kann die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht beantragt werden.
Auf das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 18.05.2015 wird im Einzelnen verwiesen.
Der Klägervertreter legte hiergegen am 30.06.2015 Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht ein und wiederholte das bisher Vorgebrachte und den Verweis auf den Zeugenbericht. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger die Maut ordnungsgemäß entrichtet habe. Mündliche Verhandlung beantragte der Klägervertreter nicht.
Das Landesverwaltungsgericht Tirol (künftig LVwG) wies die Beschwerde am 17.07.2015 als unbegründet ab. Es überprüfte den Bescheid auf Grund der Beschwerde anhand der vorgebrachten Gründe und führte aus, für die ordnungsgemäße Entrichtung der zeitabhängigen Maut genüge der Erwerb der Mautvignette nicht; die zeitabhängige Maut sei durch Anbringen der Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten. Dies habe der Kläger, wie sich aus den Lichtbildern ergebe, nicht gemacht, da auf den Lichtbildern anhand des schwarzen Kreuzes erkennbar sei, dass die Vignette nicht von der Trägerfolie abgelöst und komplett auf der Windschutzscheibe angebracht worden sei. Das gegenteilige Beschwerdevorbringen sei wegen der Qualität und Deutlichkeit der Lichtbilder unglaubwürdig.
Nach Meinung des LVwG bestand kein Zweifel, dass der Kläger als Kraftfahrzeuglenker die Mautstrecke benutzt habe, ohne die Maut zu entrichten.
Zum Entfall der öffentlichen mündlichen Verhandlung verwies das Gericht darauf, dass im angefochtenen Bescheid eine 500 € übersteigende Geldstrafe nicht verhängt worden sei und keine Partei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt habe.
Die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, Strafvollzug, ersuchte mit Schreiben vom 25.10.2016 das beklagte Finanzamt unter Hinweis auf den Vertrag der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen gemäß Art. 9 vom 31.05.1988, beim Kläger unter Bezugnahme auf den oben genannten Bescheid den rechtskräftig verhängten Betrag inklusive Verfahrenskosten, Barauslagen und Gebühren von 395 € einzutreiben („Exekution“).
Es wurde auf die Verjährung am 25.05.2019 verwiesen. Der Bescheid unterliege keinem die Vollstreckung hemmenden Rechtszug. Der Beschuldigte habe am 30.06.2016 die letzte Mahnung erhalten.
Das beklagte Finanzamt kündigte mit Schreiben vom 03.11.2016 gegenüber dem Kläger die Vollstreckung von 395 € aus dem Vollstreckungsersuchen der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck an.
Mit Schreiben vom 18.11.2016 wendete der Klägervertreter gegenüber dem Finanzamt ein, eine Vollstreckung des Betrags dürfe nicht erfolgen; es bestünden Bedenken hinsichtlich der Fahrereigenschaft. Die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck habe die Fahrereigenschaft überhaupt nicht geprüft, sondern den Kläger als Fahrzeughalter belangt; dies widerspreche dem Ordre-Public-Vorbehalt des bundesdeutschen Rechts. Es werde auf das Urteil des Finanzgerichts München vom 10.10.2013 10 K 2217/13 verwiesen; die infrage stehende Maut sei tatsächlich entrichtet worden.
Mit Schreiben vom 21.11.2016 lehnte das Finanzamt die Einstellung der Vollstreckung ab. Das Urteil des FG München vom 10.10.2013 sei nicht einschlägig. Einwendungen, insbesondere zur Frage der tatsächlichen Bezahlung der Maut, gegen das zu vollstreckende Straferkenntnis seien durch Beschwerde gegenüber dem LVwG zu erheben.
Der Kläger erhob Klage (6 K 1712/16) und stellte einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wegen Einstellung der Zwangsvollstreckung (6 V 1713/16).
Der Klägervertreter trug vor, die Zwangsvollstreckung aus dem Straferkenntnis sei unzulässig; sie verstoße gegen Verfassungsrecht und verletze Grundrechte des Klägers. Das Straferkenntnis sei offensichtlich rechtswidrig.
Der Kläger sei nicht Fahrer gewesen und nach seiner Überzeugung keine Zeit ohne Vignette auf einer mautpflichtigen Straße gefahren. Ein Lichtbild, das den Kläger identifiziere, sei nicht vorhanden. Die österreichischen Behörden und Gerichte hätten den Kläger als Kfz-Halter belangt. Die tatsächliche Lenkereigenschaft des Klägers sei weder geprüft noch durch Feststellungen oder durch eine Beweisaufnahme festgestellt worden. Ein individuelles Verschulden sei ihm nicht nachgewiesen worden.
Der Kläger könne in Deutschland in einer derartigen Fallkonstellation nicht belangt werden, da der Nachweis der Person des Fahrzeugführers nicht erbracht werden könne. Nach deutschem Recht sei eine sog. Halterhaftung nur im ruhenden Verkehr möglich; im fließenden Verkehr müsse die Fahrereigenschaft feststehen. Vorliegend handle es sich um fließenden Verkehr.
Wenn es in Deutschland rechtlich nicht zulässig sei, eine Verurteilung im fließenden Verkehr vorzunehmen, weil die tatsächliche Fahrereigenschaft nicht gesichert festgestellt sei, dürfe eine deutsche Finanzbehörde das entsprechende ausländische Gesuch auf Vollstreckung nicht ausführen. Wenn in einem vergleichbaren Fall nach deutschem Recht weder eine Verurteilung noch eine Vollstreckung möglich wäre, verstoße eine Vollstreckung wegen der Bestrafung in einem anderen Staat gegen elementare Rechtsgrundsätze der verfassungsmäßigen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland und damit gegen den ordre public.
Im Verfahren in Österreich sei das rechtliche Gehör des Klägers verletzt worden. In der Entscheidung über die Beschwerde sei sein Vorbringen nicht hinreichend berücksichtigt worden, insbesondere der Einwand, dass er nach seiner Überzeugung keinesfalls ohne Vignette gefahren sei; der angebotene Zeugenbeweis sei nicht berücksichtigt worden.
Der Klägervertreter verwies auf die Entscheidungen des FG München vom 10.10.2013 10 K 2217/13 sowie des FG Hamburg vom 16.03.2010 1 V 289/09.
Ein Vorverfahren sei durchgeführt worden; in den Schreiben des Klägervertreters vom 18.11.2016 sowie dem Antwortschreiben des Beklagten vom 21.11.2016 sei ein Vorverfahren zu sehen. Der Beklagte habe im Schreiben vom 21.11.2016 eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass er an seiner bisherigen Entscheidung festhalte; ein weiteres Vorverfahren zu verlangen sei sinnwidrig, überflüssig sowie eine bloße Förmlichkeit.
Der Kläger könne mit einer Feststellungsklage gegen eine drohende inländische Vollstreckung einwenden, dass das ausländische Leistungsgebot im Inland nicht vollstreckbar sei (Urteil des FG München vom 04.04.2012 6 K 434/11). Der Subsidiaritätsgrundsatz greife nicht, da die Rechtmäßigkeit des Ersuchens nicht bereits als Vorfrage in einem anhängigen Klageverfahren gegen eine bereits ergriffene Vollstreckungsmaßnahme zu klären sei (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) in BFH/NV 2013, 739).
Im Fall der Zwangsvollstreckung drohten dem Kläger weitere, nicht hinzunehmende Kosten und Nachteile, so dass ein Rechtsschutzinteresse bestehe.
Der Kläger beantragte,
den Beklagten zu verpflichten, Vollstreckungsmaßnahmen aufgrund des Vollstreckungsersuchens der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 25.10.2016 zu unterlassen und das Vollstreckungsverfahren einzustellen. Hilfsweise beantragte er festzustellen, dass die Vollstreckung aus dem Vollstreckungsersuchen der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 25.10.2016 rechtswidrig ist.
Das Finanzamt beantragte,
die Klage abzuweisen.
Es trug vor, die Klage sei unzulässig, da das erforderliche Vorverfahren nicht durchgeführt worden sei. Ein solches Einspruchsverfahren wäre auch selbst nicht statthaft und damit unzulässig gewesen, weil es sich bei einer Vollstreckungsankündigung nicht um einen Verwaltungsakt i.S. von § 118 Abgabenordnung (AO) handele. Ein Ausnahmefall der §§ 45, 46 Finanzgerichtsordnung (FGO) liege nicht vor.
Die für die Klage erforderliche Beschwer fehle, da der Kläger durch die bloße Ankündigung der Vollstreckung nicht beschwert sei. Ein vorläufiger Rechtsschutz gegen noch nicht ergangene Vollstreckungsmaßnahmen könne mit der Klage nicht erreicht werden. Eine Abwehr bzw. Verhinderung noch nicht ergangener Verwaltungsakte könne nur nach §§ 69, 114 FGO erreicht werden.
Mit Beschlüssen vom 09.02.2017 wurden das Klageverfahren 6 K 1712/16 und das Verfahren wegen Erlasses einer einstweiligen Anordnung 6 V 1713/16 auf den Einzelrichter übertragen (§ 6 FGO).
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wurde mit Beschluss vom 20.02.2017 abgelehnt.
Mit Urteil vom 24.02.2017 wurde die Klage ohne mündliche Verhandlung als unzulässig abgewiesen. Insbesondere das für einen vorbeugenden Rechtschutz notwendige besondere Rechtsschutzbedürfnis bzw. Feststellungsinteresse sei nicht ersichtlich.
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wurde das Urteil des FG Nürnberg mit BFH-Beschluss vom 24.07.2017 VII B 45/17 wegen Verletzung rechtlichen Gehörs aufgehoben und die Sache an das Finanzgericht zurückverwiesen.
Der Kläger hat im zweiten Rechtsgang sein bisheriges Vorbringen wiederholt. Das Finanzamt habe mit Schreiben vom 21.11.2016 mitgeteilt, dem Antrag auf Einstellung der Vollstreckung könne nicht entsprochen werden. Hieraus sei ersichtlich, dass die Klage zwingend erforderlich gewesen sei, um nicht von vorneherein ungerechtfertigte Zwangsvollstreckungsmaßnahmen über sich ergehen lassen zu müssen und damit nicht unzulässig. Zwangsmaßnahmen durch das Finanzamt hätten unmittelbar bevorgestanden; sie drohten immer noch. Erst nach Klageerhebung habe das Finanzamt darauf verwiesen, bis zum Abschluss des gerichtlichen Verfahrens nicht zu vollstrecken. Es sei dem Kläger jedoch nicht zuzumuten, abzuwarten, ob und wann das Finanzamt aus dem aus seiner Sicht nicht rechtmäßig ergangenen Straferkenntnis vollstreckt. Es könne nicht darauf ankommen, wann eine Antwort der österreichischen Behörden eingehe.
Der Kläger verweist auf sein Schreiben vom 28.04.2017 im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde.
Zuletzt trägt er vor, es sei weder Aufgabe des beklagten Finanzamts noch des Finanzgerichts, Mutmaßungen oder Ermittlungen darüber anzustellen, wer gefahren ist. Dies sei nach deutschem Rechtsverständnis Aufgabe der österreichischen Behörde. Diese habe es verabsäumt, Tatsachenfeststellungen hinsichtlich der Fahrer-/Lenkereigenschaft des Klägers zu treffen.
Das Finanzamt nimmt auf seine bisherigen Äußerungen Bezug und trägt weiter vor, im Straferkenntnis vom 18.05.2015 sei dem Kläger zur Last gelegt worden, ein Kraftfahrzeug auf mautpflichtigen Straßen gelenkt zu haben, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Gegen diesen Vorwurf, nämlich Lenker bei einem Mautvergehen gewesen zu sein, hätte sich der Kläger mit keinem Wort gewandt, und habe trotz zahlreicher Schriftsätze an österreichische Behörden und Gerichte, trotz der eindeutigen Inanspruchnahme seiner Person als Fahrzeuglenker - und eben nicht als Fahrzeughalter - und trotz andauernder rechtlicher Vertretung in Österreich niemals vorgetragen, er sei nicht der Lenker (Fahrer) gewesen. Es habe daher für die österreichischen Behörden und das Gericht keinen rechtlichen Anlass gegeben, die Fahrereigenschaft des Klägers in Zweifel zu ziehen. Vielmehr ergebe sich aus der schriftlichen Äußerung der Ehefrau des Klägers, dass dieser sehr wohl Fahrer bei Begehung der Mautprellerei gewesen sei.
Die mit der vorliegenden Klage behauptete „Halterhaftung“ sei nicht gegeben.
Da sich der Kläger gegen die Tatsachenfeststellung im Straferkenntnis vom 18.05.2015 mit der Inanspruchnahme des Klägers als Lenker/Fahrer, bestätigt durch das LVwG, zu keinem Zeitpunkt und mit keinem Wort trotz rechtlicher Vertretung in allen Verfahrensabschnitten in Österreich gewandt habe, sei die Fahrereigenschaft des Klägers gegeben.
Soweit der Kläger rüge, in Österreich habe eine mündliche Verhandlung nicht stattgefunden, trage er hierfür die alleinige Verantwortung, da er diese jederzeit und ohne weiteren Aufwand hätte beantragen können. Wie sich aus der Entscheidung des LVwG vom 17.07.2015 ergebe, sei eine mündliche Verhandlung vor allem deshalb unterblieben, weil der Kläger keinen Antrag auf Durchführung einer solchen gestellt hatte, obwohl er in der Rechtsmittelbelehrungdes angefochtenen Bescheides (Straferkenntnis) über dieses Recht ausdrücklich informiert worden war. Das Verfahren in Österreich sei daher nach rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht zu beanstanden.
Das LVwG habe sich in seinem insgesamt 10-seitigen Beschwerdeablehnungsbeschluss inhaltlich mit den geltend gemachten Einwendungen des Klägers auseinander gesetzt und auch das Thema „Verschulden“ behandelt. Ergebnis hierzu sei, dass dem Kläger bei der Mautprellerei ein Verschulden zum Vorwurf gemacht werden konnte.
Mit Beschluss vom 07.11.2017 wurde der Rechtsstreit (6 K 1111/17) auf den 6. Senat zurückübertragen.
In der mündlichen Verhandlung beantragt der Kläger, den Beklagten zu verpflichten, Vollstreckungsmaßnahmen aufgrund des Vollstreckungsersuchens der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 25.10.2016 zu unterlassen und das Vollstreckungsverfahren einzustellen.
Hilfsweise beantragt er festzustellen, dass die Vollstreckung aus dem Vollstreckungsersuchen der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 25.10.2016 rechtswidrig ist und keine Grundlage für eine Vollstreckung darstellen kann.
Der Beklagte beantragt Klageabweisung.
Auf die dem Gericht vorliegenden Akten des Finanzamts, des finanzgerichtlichen Verfahrens sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird verwiesen.
Die Klage ist unzulässig, soweit der Kläger im Hauptantrag die Unterlassung von Vollstreckungsmaßnahmen und die Einstellung des Vollstreckungsverfahrens beantragt, und unbegründet, soweit er hilfsweise die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Vollstreckung aus dem Vollstreckungsersuchen begehrt.
1. Der Finanzrechtsweg ist nach § 33 Abs. 1 Nr. 2 FGO eröffnet. Der Beklagte als Landesfinanzbehörde leistet Vollstreckungshilfe nach den Vorschriften der Abgabenordnung.
2. Nach § 2 Abs. 2 Bayerische Verordnung über Zuständigkeiten im Amts- und Rechtshilfeverkehr in Verwaltungssachen mit dem Ausland (BayZustVAR) vom 18.09.1990 (BayGVBl 1990, 419) sind die Finanzämter die zuständigen Stellen, die nach Art. 9 des Amtshilfeabkommens die Ersuchen um Vollstreckung erledigen. Leisten die Finanzämter Vollstreckungshilfe als Behörden des Freistaates Bayern, gelten nach Art. 25 Abs. 2 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (BayVwZVG; BayRS II, 232, Gliederungs-Nr: 2010-2-I) für das Verfahren und die Kosten der Vollstreckung die Vorschriften der AO entsprechend, und es findet, soweit nicht ein anderer Rechtsweg ausdrücklich gegeben ist, die FGO – wie im Streitfall – Anwendung.
3. Die auf Unterlassung von Vollstreckungsmaßnahmen aufgrund des Vollstreckungsersuchens der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 25.10.2016 und Einstellung des Vollstreckungsverfahrens gerichtete Klage ist unzulässig.
a) Dieses Begehren kann der Kläger nicht im Rahmen einer Verpflichtungsklage verfolgen.
Gemäß § 40 Abs. 1, 2. Alt. 1. HS FGO kann durch Klage die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden.
Vorliegend begehrt der Kläger jedoch nicht den Erlass eines Verwaltungsaktes, sondern gerade die Unterlassung zukünftiger Vollstreckungsmaßnahmen, die nach § 118 AO den Charakter von Verwaltungsakten haben.
b) Der Kläger kann sein Anliegen auch nicht im Rahmen einer allgemeinen Leistungsklage in Form der vorbeugenden Unterlassungsklage erfolgreich geltend machen.
aa) Nach § 40 Abs. 1, 2. Alt. 2. HS FGO kann durch Klage die Verurteilung zu einer anderen Leistung begehrt werden.
Mit der Leistungsklage kann ein – vorbeugendes – Unterlassen begehrt werden (vgl. Tipke/Kruse, AO/ FGO, § 40 FGO, Rz. 27 m.w.N.). Dies gilt insbesondere für das Begehren, einen zukünftigen Verwaltungsakt zu unterlassen (vgl. Tipke/Kruse, AO/ FGO, § 40 FGO, Rz. 28 m.w.N.).
Mit der vorbeugenden Unterlassungsklage kann der Kläger sein Begehren grundsätzlich verfolgen.
Er begehrt, Vollstreckungsmaßnahmen aufgrund des Vollstreckungsersuchens (dauerhaft) zu unterlassen und das Vollstreckungsverfahren einzustellen, ohne dass bislang Vollstreckungsmaßnahmen vorgenommen und damit diesbezügliche Verwaltungsakte erlassen wurden.
bb) Für einen solchen vorbeugenden Rechtsschutz ist angesichts des Rechtsschutzsystems der FGO ein besonders intensives Rechtsschutzinteresse Voraussetzung (vgl. BFH-Urteil vom 11.12.2012 VII R 69/11, BFH/NV 2013, 739 m.w.N.).
Geht es darum, eine behördliche Maßnahme abzuwehren, bietet die FGO dem Rechtssuchenden neben Einspruch und Anfechtungsklage einstweiligen Rechtsschutz durch Aussetzung der Vollziehung (§ 69 FGO) bzw. einstweilige Anordnung (§ 114 FGO). Für eine Unterlassungsklage ist nur dann Raum, wenn das erstrebte Schutzziel mit diesen Rechtsbehelfen nicht erreicht werden kann, wenn also substantiiert und in sich schlüssig dargetan wird, durch ein bestimmtes, künftig zu erwartendes Handeln einer Behörde in den Rechten verletzt zu sein, und ein Abwarten der tatsächlichen Rechtsverletzung unzumutbar ist, weil die Rechtsverletzung dann nicht oder nur schwerlich wiedergutzumachen ist (BFH-Urteile vom 11.12.2012 VII R 69/11, BFH/NV 2013, 739; vom 27.10.1993 I R 25/92, BStBl II 1994, 210; vom 19.03.1998 VII R 73/97, BFH/NV 1999, 86).
cc) Das besonders intensive Rechtsschutzbedürfnis liegt im Streitfall nicht vor.
Zwar konnte der Kläger mit der einstweiligen Anordnung sein erstrebtes Rechtschutzziel nicht erreichen. Dies hatte jedoch – wie sich aus dem Beschluss vom 20.02.2017 6 V 1713/16 ergibt – die Ursache darin, dass der Kläger als Antragsteller im dortigen Verfahren einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht hatte.
Auch vorliegend hat der Kläger nicht dargelegt, welche irreparablen Nachteile ihm drohen, wenn er gegen Vollstreckungsmaßnahmen des Finanzamts mit Einspruch, Klage und Aussetzungsantrag vorginge. Eine nicht oder nur schwerlich wiedergutzumachende Rechtsverletzung im Zusammenhang mit bestimmten, künftig zu erwartenden Vollstreckungsmaßnahmen des Finanzamts hat er nicht substantiiert und in sich schlüssig dargetan. Inwieweit dadurch nicht wiedergutzumachende Schäden zu erwarten wären, hat er nicht dargelegt.
Eine irreparable Rechtsverletzung ist angesichts von Vollstreckungsmaßnahmen hinsichtlich eines Betrags von 395 € nicht ersichtlich.
Die vorbeugende Unterlassungsklage ist damit unzulässig.
4. Soweit der Kläger beantragt festzustellen, dass die Vollstreckung aus dem Vollstreckungsersuchen der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 25.10.2016 rechtswidrig ist und keine Grundlage für eine Vollstreckung darstellen kann, hat der Antrag ebenfalls keinen Erfolg; die hilfsweise erhobene Feststellungsklage ist zulässig, aber unbegründet.
a) Durch Klage kann nach § 41 Abs. 1 FGO die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage). Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können (§ 41 Abs. 2 S. 1 FGO).
b) Rechtsverhältnis i.S.d. § 41 Abs. 1 FGO ist jede aus einem konkreten Sachverhalt resultierende, durch Rechtsnormen geordnete rechtliche Beziehung zwischen Personen oder zwischen Personen und Sachen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 30.03.2011 XI R 12/08 BFH/NV 2011, 1346; vom 29.07.2003 VII R 39, 43/02, BStBl II 2003, 828). Es muss sich um ein eigenes abgabenrechtliches Verhältnis des Klägers zum Beklagten handeln, da nur hierfür der Finanzrechtsweg eröffnet ist (vgl. § 33 FGO).
Vorliegend kommt als maßgebliches Rechtsverhältnis allein ein „Vollstreckungsverhältnis“ des Beklagten gegenüber dem Kläger im Rahmen der Vollstreckung als ersuchte Behörde in Frage.
Es ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass wer gegen eine drohende Vollstreckung einwenden will, es liege kein wirksames Leistungsgebot vor, sich hierfür der Feststellungsklage bedienen kann (FG Hamburg, Urteil vom 26.10.2011 3 K 205/10, EFG 2012, 482). Demgemäß kann vom Kläger auch mit dieser Klageart gegen eine drohende inländische Vollstreckung eingewendet werden, dass das ausländische Leistungsgebot im Inland nicht vollstreckbar sei (FG München, Urteil vom 04.04.2012 6 K 434/11, DStRE 2013, 75). Eine Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit einer künftigen Vollstreckung, weil ein Beitreibungsersuchen keine wirksame Vollstreckungsgrundlage darstelle, ist – unter dem Subsidiaritätsgrundsatz – nur dann unzulässig, wenn die Rechtmäßigkeit dieses Ersuchens bereits als Vorfrage in einem anhängigen Klageverfahren gegen eine bereits ergriffene Vollstreckungsmaßnahme zu klären ist (BFH-Urteil in BFH/NV 2013, 739 m.w.N.). Diese Ausnahme ist jedoch im Streitfall nicht gegeben.
c) Die Verhältnisse, wegen derer die Feststellungsklage unzulässig war (vgl. Ausführungen hierzu im Urteil vom 24.02.2017 6 K 1712/16 unter 4 b)) sind nicht mehr gegeben.
Das Finanzamt war entsprechend Art. 9 Abs. 6 S. 1 und 2 Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen vom 31.05.1988 (BGBl 1990 II S. 357, künftig „Amtshilfeabkommen“) vorgegangen, wonach Einwendungen gegen das Bestehen, die Höhe oder die Vollstreckbarkeit des zu vollstreckenden Anspruchs von der zuständigen Stelle des ersuchenden Staats nach dessen Recht zu erledigen sind und, wenn diese bei der ersuchten Stelle erhoben werden, diese der ersuchenden Stelle zu übermitteln sind und deren Entscheidung abzuwarten ist. Diese war zum Zeitpunkt des Urteils vom 24.02.2017 noch nicht erfolgt. Damit stand eine Vollstreckung nicht unmittelbar bevor.
Inzwischen hat die österreichische Behörde ein Aktenkonvolut ohne Anschreiben übersandt. Eine klare „Entscheidung“ der österreichischen Verwaltung ist nicht ersichtlich. Aus der Übersendung hat das Finanzamt – nach Auffassung des Senats richtigerweise - geschlossen, dass aus Sicht der österreichischen Verwaltung das Vorbringen des Klägers ohne Belang ist und die Vollstreckung fortgesetzt werden soll. Damit steht der Vollstreckung von österreichischer Seite nichts im Weg; dem Zweck der Übermittlung der Einwendungen an die ersuchende Stelle und des Abwartens deren Entscheidung entsprechend Art. 9 Abs. 6 S. 1 und 2 Amtshilfeabkommen ist damit Genüge getan. Ein „Vollstreckungshindernis“ durch ein noch laufendes „Verfahren“ im Sinn von Art. 9 Abs. 6 S. 1 und 2 Amtshilfeabkommen besteht nicht mehr.
d) Die Feststellungsklage ist unbegründet. Die Vollstreckung aus dem Vollstreckungsersuchen der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck ist nicht rechtswidrig.
Die gegen die Strafverfügung geltend gemachten Einwendungen des Klägers führen nicht zur Unzulässigkeit der Vollstreckungshilfe gem. Art. 4 Abs. 1 Amtshilfeabkommen.
aa) Im Verhältnis zu Österreich hat das Amtshilfeabkommen Vorrang vor der EU-Beitreibungsrichtlinie (RL 2010/24/EU v. 20.04.2010, mit VO Nr. 1189/2011 v. 18.11.2011) bzw. der EG-Beitreibungsrichtlinie (RL 2008/55/EG v. 26.05.2008, mit VO Nr. 1179/2008 v. 28.11.2008).
bb) Gemäß Art. 4 Abs. 1 Amtshilfeabkommen wird Amtshilfe nicht geleistet, wenn sie nach dem Recht des ersuchten Staates unzulässig ist.
Die Übermittlung eines Vollstreckungstitels durch einen um Vollstreckung ersuchenden Mitgliedstaat der Europäischen Union nach den Bestimmungen der EG-Richtlinie 76/308/EWG unter Beifügung einer deutschen Übersetzung des Vollstreckungstitels hindert das FG nicht an der Prüfung, ob die Vollstreckung des ausländischen Titels in Deutschland gegen die öffentliche Ordnung (ordre public) verstieße. Vielmehr ist das Gericht sogar zu einer solchen Prüfung verpflichtet, wenn der in Deutschland ansässige Steuerpflichtige substantiiert besondere Umstände vorgetragen hat, die einen Verstoß gegen den ordre public zumindest möglich erscheinen lassen (BFH-Urteil vom 03.11.2010 VII R 21/10, BStBl II 2011, 401; vgl. FG München, Urteil vom 10.10.2013 10 K 2217/13, DStRE 2014, 1511). Denn Art. 9 Abs. 5 Amtshilfeabkommen räumt den zuständigen Stellen des ersuchten Staates die Entscheidungen über die Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Vollstreckung ein. Eine entsprechenden Prüfungsbefugnis des FG wurde vom BFH bereits bei Anwendung des (alten, vorhergehenden) Vertrags zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Rechts- und Amtshilfe in Zoll-, Verbrauchsteuer- und Monopolangelegenheiten vom 11.09.1970 angenommen (BFH-Urteil vom 21.02.1978 VII R 49/74, BFHE 124, 480).
Damit das Verbot der Nachprüfung der ausländischen Entscheidung auf ihre Gesetzmäßigkeit gewahrt bleibt (hier nach Art. 9 Abs. 6 Amtshilfeabkommen), muss es sich bei dem Verstoß um eine offensichtliche Verletzung einer in der Rechtsordnung des Vollstreckungsstaats als wesentlich geltenden Rechtsnorm oder eines dort als grundlegend anerkannten Rechts handeln, so dass mögliche Rechtsfehler nicht ausreichen (BFH-Urteil vom 03.11.2010 VII R 21/10, BStBl II 2011, 401).
cc) Die Amtshilfe ist nach deutschem Recht nicht unzulässig. Insbesondere ist ein Verstoß gegen den ordre public nicht ersichtlich.
(i) Den Begriff des ordre public im Licht europäischer und deutscher Rechtsprechung hat der BFH im Urteil vom 03.11.2010 VII R 21/10, (BStBl II 2011, 401) dargestellt. Eine Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung in Deutschland durch die Vollstreckung aus einem Vollstreckungstitel wäre hiernach dann anzunehmen, wenn der Vollstreckungstitel in einem nicht hinnehmbaren Gegensatz zu grundlegenden Prinzipien der deutschen Rechtsordnung stünde, so dass das Ergebnis der Anwendung ausländischen Rechts nach deutschen Gerechtigkeitsvorstellungen untragbar erschiene.
Dabei kam es im vom BFH zu entscheidenden Fall der Vollstreckung aus einem Vollstreckungstitel (Urteil eines italienischen Oberlandesgerichts, das das Urteil eines italienischen Gerichts erster Instanz bestätigte, mit dem die Klage gegen die Zahlungsaufforderung eines italienischen Zollamts aufgrund verspäteter Einlegung des Rechtsbehelfs abgewiesen worden war) entscheidend darauf an, ob die Rechtsvorgängerin der dortigen Klägerin eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hätte erwirken können und ob sie sich in zumutbarer Weise darum bemüht hat.
(ii) Von Klägerseite wird vorgetragen, der Kläger werde als Halter des Fahrzeugs in Anspruch genommen, was gegen den ordre public verstoße, da nach deutscher Rechtordnung eine Halterhaftung nur im ruhenden Verkehr bestehe.
Der Kläger wird jedoch nicht – verschuldensunabhängig – als Halter des Fahrzeugs in Anspruch genommen, sondern als Lenker/Fahrer.
Mit der Strafverfügung vom 19.01.2015, die einem deutschen Bußgeldbescheid vergleichbar ist (BFH-Beschluss vom 30.04.2001 VII B 35/01, BFH/NV 2001, 1141), wird dem Kläger eindeutig vorgeworfen, als Lenker eine Verwaltungsübertretung begangen zu haben.
Anders verhielt es sich bei der Zahlungsaufforderung zur Leistung der Ersatzmaut vom 24.10.2014, wonach der Kläger als Halter in Anspruch genommen wurde.
Sowohl im Straferkenntnis vom 18.05.2015 als auch bei der Entscheidung des LVwG vom 17.07.2015 liegt weiter der Vorwurf einer Verwaltungsübertretung durch den Kläger als Lenker vor.
Eine Inanspruchnahme als Halter im Rahmen der Strafverfügung / des Straferkenntnisses als Grundlage des Vollstreckungsersuchens erfolgte zu keinem Zeitpunkt. Das diesbezügliche Vorbringen des Klägers entbehrt jeglicher Grundlage.
(iii) Ein Verstoß gegen den ordre public ist nicht darin zu sehen, dass die österreichische Verwaltung die Lenkereigenschaft des Klägers nicht positiv festgestellt hat.
Die österreichischen Behörden haben den Kläger in der Strafverfügung vom 19.01.2015 und im Straferkenntnis vom 18.05.2015 der Verwaltungsübertretung bezichtigt. Hierbei wurde der objektive Tatbestand geprüft und die Stellungnahme der ASFiNAG mit den Photos zur Frage der ordnungsgemäßen Anbringung der Vignette herangezogen. Wer Fahrer war, wurde nicht ausdrücklich geprüft und angesprochen. Aus der Adressierung von Strafverfügung und Straferkenntnis ergibt sich jedoch, dass die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck von der Lenkereigenschaft des Klägers ausging.
Der Kläger hat in dem ausführlichen Schriftverkehr, den der Klägervertreter für ihn führte, zu keinem Zeitpunkt weder ausdrücklich bestritten, Lenker gewesen zu sein, noch dies sonst in Frage gestellt. Sein diesbezügliches Vorbringen beschränkte sich darauf, den Tatbestand des § 20 Abs. 1 öBStMG zu negieren. In diesem Zusammenhang trug er zwar vor, dass er nach seiner Überzeugung keinesfalls ohne Vignette auf einer mautpflichtigen Straße gefahren sei (vgl. Schreiben vom 30.06.2015 an die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck), jedoch nur im Zusammenhang mit dem Vortrag, dass er eine Vignette gekauft habe und es nicht nachvollziehbar sei, dass diese nicht ordnungsgemäß angebracht worden sein solle. Der Kläger hat bis heute nicht vorgetragen, nicht am Steuer gesessen zu haben. Er wendet nur ein, seine Fahrereigenschaft sei nicht positiv festgestellt worden.
Damit hat es der Kläger versäumt, seine Rechte im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren in Österreich zu wahren. Es hätte bei Eingang der Strafverfügung vom 19.01.2015 für ihn sofort nahe liegen müssen, für sich selbst zu prüfen, ob er bei dem ihm vorgeworfenen Mautvergehen überhaupt gefahren ist, und Einwendung wegen der Lenkereigenschaft im Verfahren mit den österreichischen Behörden und dem Gericht zu erheben. Dies wäre dem Kläger angesichts fehlender Sprachbarriere und fortgesetzter anwaltlicher Vertretung durch den Klägervertreter problemlos möglich gewesen.
Spätestens im Verfahren vor dem LVwG hätte der Kläger seine Einwendung, seine Lenkereigenschaft sei nicht positiv festgestellt worden, klar ersichtlich erheben müssen.
Gemäß § 27 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (öVwGVG) hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z. 3 und 4 öVwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 öVwGVG) zu überprüfen. Nach § 9 Abs. 1 öVwGVG hat die Beschwerde u.a. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (Nr. 3) und das Begehren (Nr. 4) zu enthalten.
Das LVwG hat auf den Prüfungsumfang nach § 27 öVwGVG verwiesen und die vom Kläger vorgebrachten Beschwerdepunkte geprüft, aber als nicht geeignet gehalten, die Rechtwidrigkeit des Straferkenntnisses aufzuzeigen. Aus Sicht des Gerichts bestand kein Zweifel, dass der hiesige Kläger als Kraftfahrzeuglenker eine Mautstrecke benutzt hat, ohne die geschuldete Maut entrichtet zu haben.
Das Gericht hat nach § 27 öVwGVG einen auf die vorgebrachten Beschwerdepunkte beschränkten Prüfungsumfang. Folgerichtig hat es den Punkt der Fahrereigenschaft nicht von sich aus problematisiert, führt jedoch unter II. 2. der Entscheidung vom 17.07.2015 aus, es bestehe insgesamt kein Zweifel, dass der Beschwerdeführer als Kraftfahrzeuglenker eine Mautstrecke benützt habe, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut entrichtet zu haben und dadurch die objektiven Tatbestandsmerkmale des § 20 Abs. 1 öBStMG erfüllt hat. Eine gerichtliche Bestätigung der objektiven Tatbestandserfüllung durch den Kläger liegt somit vor.
Das Gericht hat sich in Folge mit der inneren Tatseite und dem Verschulden des Klägers beschäftigt und ausgeführt, dieser habe – was seine Aufgabe sei – nichts vorgebracht, was ein fehlendes Verschulden glaubhaft machen könnte. Im Übrigen hat sich das LVwG mit dem - hierzu untauglichen - Vorbringen des Klägers auseinander gesetzt, er habe eine Vignette erworben.
Mangels weiter vom Kläger eingelegten Rechtsmitteln ist das Erkenntnis vom 17.07.2015 rechtskräftig geworden.
(iv) Ein Verstoß gegen den ordre public liegt nicht darin, dass in Österreich eine mündliche Verhandlung nicht stattgefunden hat. Es wäre dem Kläger möglich gewesen, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu beantragen.
In der Rechtsbehelfsbelehrung:des Straferkenntnisses vom 18.05.2015 wird darauf hingewiesen, dass in der Beschwerde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem LVwG beantragt werden kann.
Nach § 44 Abs. 1 öVwGVG hat das Verwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 44 Abs. 3 öVwGVG von einer Verhandlung absehen, wenn (u.a.) im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.
Der Kläger und sein Vertreter haben einen entsprechenden Antrag nicht gestellt. In der mündlichen Verhandlung im vorliegenden finanzgerichtlichen Verfahren hat der Klägervertreter hierzu erklärt, dies sei aus Kostengründen erfolgt; bei einem Streitwert von 120 € mache dies keinen Sinn. Letzteres ist unrichtig, da das Straferkenntnis vom 18.05.2015, gegen das beim LVwG Beschwerde eingelegt wurde, eine Geldstrafe von 300 € festsetzt; der Streitwert war somit entsprechend hoch.
Es ist durch den Senat nicht zu beurteilen, ob bei Stellung eines entsprechenden Antrags eine mündliche Verhandlung durchgeführt worden wäre, da § 44 Abs. 2 und 4 öVwGVG weitere Konstellationen nennt, in denen eine mündliche Verhandlung nicht durchgeführt wird.
Allerdings haben der Kläger und sein Vertreter den ihnen möglichen und hierzu nötigen Schritt, nämlich die Antragstellung, gar nicht unternommen.
Der Kläger kann nach dem Unterlassen möglicher, naheliegender und notwendiger Prozesshandlungen nicht einen Verstoß gegen den ordre public geltend machen, wenn sich Verfahrensfolgen realisieren, auf die er Einfluss hätte nehmen können.
(v) Ein Verstoß gegen den ordre public liegt schließlich nicht wegen einer Verletzung des rechtlichen Gehörs in Österreich vor.
Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegt nur dann vor, wenn sich aus den besonderen Umständen des einzelnen Falles deutlich ergibt, dass das Gericht ein tatsächliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (vgl. BFH-Beschlüsse vom 03.11.2009 VI S 17/09, BFH/NV 2010, 226, vom 26.03.2007 II S 1/07, BFH/NV 2007, 1094, m.w.N.; vom 30.08.2007 IX S 6/07, BFH/NV 2007, 2324; vom 29.10.2012 I S 11/12, BFH/NV 2013, 394, mit weiteren Nachweisen).
Das LVwG hat das Vorbringen des Klägers gewürdigt und sich mit diesem inhaltlich auseinandergesetzt. Die Ehefrau wurde nicht als Zeugin einvernommen, jedoch wurde ihre schriftliche Aussage gewürdigt. Damit hat das Gericht die Ausführungen des Klägers zur Kenntnis genommen und bei seiner Entscheidung in Erwägung gezogen. Zudem war das, wofür die Ehefrau als Zeugin gehört werden sollte, für die Frage, ob die Vignette ordnungsgemäß angebracht war, ohne Relevanz.
Der Anspruch auf rechtliches Gehör wird nicht dadurch verletzt, dass das Gericht der Rechtsansicht eines Beteiligten nicht folgt.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 135 Abs. 1, 143 Abs. 1 und Abs. 2 FGO.