Gericht

Finanzgericht Nürnberg

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand

Streitig ist vornehmlich ein Erlass von Säumniszuschlägen.

Einen Teilerlass von Einkommensteuer 1981 bis 1996 und Umsatzsteuer 1982 bis 1984 sowie von Säumniszuschlägen zur Umsatzsteuer in Höhe von 132.619 DM und zur Einkommensteuer in Höhe von 62.275 DM, den der Kläger mit Unbilligkeit sowohl aus persönlichen als auch aus sachlichen Gründen begründet hatte, hatte das Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom 21.01.1998 abgelehnt. Diese Entscheidung ist mit rechtskräftigem Urteil des Finanzgerichts vom 08.06.1999 II 66/98 bestätigt worden.

In seiner nach den Unterlagen des Finanzamts letztmals am 16.06.1992 abgegebenen eidesstattlichen Versicherung hatte der Kläger einen zu diesem Zeitpunkt bestehenden Vermächtnisanspruch bezüglich eines Grundstücks nicht angeführt.

Mit Schreiben vom 29.06.1999 beantragte der Kläger unter Hinweis auf die bisher geführte Korrespondenz beim Finanzamt den Erlass von Säumniszuschlägen in Höhe von 196.307 DM (laut Kontoauszug vom 17.06.1999). Die Säumniszuschläge sind entstanden für im April bzw. Mai 1990 fällig gewordene Einkommensteuer 1987 und 1988, jeweils seit Oktober 1991 fällige Einkommensteuer 1981 bis 1983, im September 1992 bzw. Januar 1993 fällige Einkommensteuer 1989 bzw. 1990, Mitte 1998 fällige Einkommensteuer 1995 und 1996, im Oktober 1991 fällige Umsatzsteuer 1982 und 1983 sowie seit November 1991 fällige Umsatzsteuer 1984 (für letztere in Höhe von etwa 100.000 DM). Die übrigen Säumniszuschläge sind in meist geringerem Umfang im Wesentlichen für Einkommensteuervorauszahlungen ab 1993 bis 1996 in diesem Zeitraum und noch danach bis Mitte 1999 fällig gewordene Steuern entstanden.

Mit Schreiben vom 20.07.1999 begehrte der Kläger erneut Erlass der Säumniszuschläge in vollem Umfang; dabei wies er darauf hin, dass er seine Steuerschulden wegen Zerschlagung seines Projekts durch die X-Bank nicht habe bezahlen können.

Weiter beantragte der damalige Vertreter des Klägers mit Schreiben vom 08.09.1999 den Erlass der Säumniszuschläge in Höhe von 10.222 DM, die zur inzwischen beglichenen Umsatzsteuer für das I. Quartal 1997 für das Objekt „QQQ“ entstanden waren.

Nachdem die bei einer Besprechung mit dem damaligen Vertreter des Klägers angeforderte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers sowie ein Tilgungsplan nicht vorgelegt wurden, lehnte das Finanzamt mit Bescheid vom 17.01.2000 einen Erlass der Säumniszuschläge ab.

Der Kläger erhob dagegen Einspruch und verwies zur Begründung auf die bisherige Korrespondenz. Sein damaliger Bevollmächtigter beantragte mit Schreiben vom 27.03.2000 Erlass der Säumniszuschläge von nunmehr inzwischen 215.407 DM und brachte zur Begründung vor, dass die Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit des Klägers einer Erhebung der Säumniszuschläge entgegenstehe. Diese wirtschaftliche Situation des Klägers werde durch die abgegebenen eidesstattlichen Versicherungen bestätigt. Ein Erlass der Säumniszuschläge aus sachlichen Billigkeitsgründen sei daher gerechtfertigt. Die Säumniszuschläge seien auch aus persönlichen Gründen zu erlassen, weil ihre Aufrechterhaltung die Erwerbstätigkeit des Klägers ernsthaft gefährde bzw. sie sogar zerschlage. Infolge der vom Finanzamt eingeleiteten Sicherungsmaßnahmen sei der Kläger in seinen geschäftlichen Aktivitäten vollständig lahmgelegt worden, eine wirtschaftlich sinnvolle Umfinanzierung sei daher sowie auch wegen der zwischenzeitlichen Zinserhöhungen nicht mehr möglich.

Durch eine Kontopfändung wurden am 19.09.2000 beim Kläger 608.660 DM beigetrieben, darunter Säumniszuschläge in Höhe von 27.884 DM. Bei einem Pfändungsversuch des Finanzamts im Dezember 2001 verweigerte der Kläger die Durchsuchung seiner Wohnung.

Da der Kläger selbst keine Auskünfte zu seinen wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen erteilte und Unterlagen hierfür nicht zur Verfügung stellte, konnte das Finanzamt im Jahr 2008 Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Klägers nur anhand seiner Veranlagungs-, Vollstreckungs- und Bewertungsakten sowie aus Internetrecherchen vornehmen.

Mit Entscheidung vom 11.05.2010 wies das Finanzamt den Einspruch gegen den Bescheid vom 17.01.2000 wegen Ablehnung bzw. Erstattung von Säumniszuschlägen als unbegründet zurück. Es führte darin aus, dass in der Zwischenzeit sämtliche Säumniszuschläge, deren Erlass im Rahmen dieses Verfahrens beantragt worden sei, getilgt seien und der Erlassantrag daher als Antrag auf Erstattung zu behandeln sei. Ein Erlass der Säumniszuschläge könne weder wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung noch wegen einer eventuellen ernsthaften Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Klägers ausgesprochen werden; der Kläger habe die Voraussetzungen hierfür trotz mehrfacher Aufforderungen nicht nachgewiesen bzw. glaubhaft gemacht und nach dem Akteninhalt hätten die Voraussetzungen nicht zweifelsfrei vorgelegen. Säumniszuschläge seien wegen sachlicher Unbilligkeit zu erlassen, wenn dem Steuerpflichtigen die rechtzeitige Zahlung der Steuerschulden wegen Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit unmöglich gewesen sei. Dabei sei maßgebend, ob der Steuerschuldner zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten der Steuern und den nachfolgenden Zeiträumen erfolgloser Beitreibung außerstande gewesen sei, seine Schulden zu regulieren. Die Voraussetzungen für einen Erlass aus persönlichen Gründen lägen vor, wenn die Steuererhebung die wirtschaftliche oder persönliche Existenz des Steuerpflichtigen vernichten oder ernstlich gefährden würde. Dies sei der Fall, wenn ohne Billigkeitsmaßnahmen der notwendige Lebensunterhalt vorübergehend oder dauernd nicht mehr bestritten werden könne. Für einen Erlass von Säumniszuschlägen aus persönlichen Billigkeitsgründen sei von der wirtschaftlichen Situation des Steuerpflichtigen im Zeitpunkt der Ermessensentscheidung bzw. bei Tilgung der Säumniszuschläge auszugehen. Um die Frage der Erlassbedürftigkeit beurteilen zu können, seien die Vermögens- und Einkommensverhältnisse im Einzelnen darzulegen. Zwar gelte auch bei Billigkeitsmaßnahmen der Grundsatz der Amtsermittlung, doch genüge das Finanzamt seiner Pflicht, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln, wenn es den Steuerpflichtigen zur Vorlage sachdienlicher Unterlagen auffordere. Komme er dieser ihm möglichen und zumutbaren Aufforderung nicht nach, handle das Finanzamt nicht rechtswidrig, wenn es den Erlassantrag ablehne. Im Einzelnen sowie wegen der weiteren Ausführungen des Finanzamts wird auf die Einspruchsentscheidung vom 11.05.2010 verwiesen.

Der Kläger hat Klage erhoben. Er begehrt, den Ablehnungsbescheid vom 17.01.2000 und die Einspruchsentscheidung dazu vom 11.05.2010 aufzuheben und das Finanzamt zu verpflichten, die in dem Ablehnungsbescheid laut Einspruchsentscheidung betroffenen Säumniszuschläge zurückzuerstatten und ebenso die mit dem Objekt NNN in PPP angefallene gesamte Umsatzsteuer.

Zur Begründung bringt er im Wesentlichen vor:

Für eine Rückerstattung der Säumniszuschläge sowie auch der Umsatzsteuern lägen die Voraussetzungen einer Unbilligkeit sowohl aus persönlichen als auch aus sachlichen Gründen vor. Das Projekt NNN in PPP, hätte ihm im Normalfall einen hohen Gewinn eingebracht. Durch den Verdacht von wirtschaftskriminellen Handlungen sei der Kredit jedoch zur Unzeit gekündigt worden und er infolge der ungerechtfertigten Kreditkündigung ab 1984/1985 bis in die 1990iger Jahre wirtschaftlich ruiniert gewesen; auch habe er mehrmals die eidesstattliche Versicherung abgeben müssen. Diese Umstände hätten zu einem späteren Vergleich mit der X-Bank geführt. Ohne die Kreditkündigung wären die Nachzahlung der Umsatzsteuer und die Säumniszuschläge nicht entstanden; vielmehr hätte er sonst auch noch eine Investitionszulage erhalten. Ein Erlass der gesamten Umsatzsteuer mit Nebenkosten aus dem Objekt NNN habe ihm zugestanden. Es seien dafür alle Voraussetzungen gegeben gewesen, aber man habe ihn hingehalten und mit der Zerschlagung des Projekts durch die X-Bank bewusst auflaufen lassen. Die damaligen Zusagen seien nicht eingehalten worden. Das Finanzamt sei wegen der Ungerechtigkeiten ihm gegenüber im Zusammenhang mit dem Projektkredit in PPP verpflichtet gewesen, die Zusage zum Erlass der Umsatzsteuer einzuhalten. In einer Unterredung im Jahr 2009 mit seinem Vertreter BBB und Herrn ZZZ vom Finanzamt sei besprochen worden, dass die Umsatzsteuer mit 6 % Säumniszinsen und 6 % Säumniszuschlägen erlassen würden; das Finanzamt habe die ganze Steuersache erlassen wollen. Es sei damals mit dem Finanzamt vereinbart gewesen, dass im Zuge eines Vergleichs mit der X-Bank und sonstigen Gläubigern die streitgegenständlichen Umsatzsteuern mit Säumniszuschlägen voll erlassen würden.

Es sei sachlich unbillig, wenn Säumniszuschläge erhoben werden, die nach dem Zeitpunkt entstanden seien, von dem ab der Schuldner zweifelsfrei überschuldet und zahlungsunfähig sei. Überschuldung liege vor, wenn das Vermögen des Schuldners seine Verbindlichkeiten nicht mehr decke. Diese Situation bei ihm sei dem Finanzamt aufgrund der abgegebenen eidesstattlichen Versicherungen bekannt gewesen. Sein Unvermögen als Schuldner sei im Jahr 1985 durch die X-Bank entstanden, im Jahr 2000 wäre es durch das Finanzamt fast wieder zu einem Unvermögen und endgültigen Aus gekommen. Aus den Akten des Finanzamts seien keine konkreten Ermittlungen erkennbar, ob bei Entstehen der steuerlichen Schuld eine Zahlungsunfähigkeit bestanden habe, für welche das Finanzamt beweispflichtig sei. Das Finanzamt habe ihm auch nicht mitgeteilt, was bezüglich seiner wirtschaftlichen Lage noch alles offen zu legen sei; sein wesentliches Schreiben zur Überschuldung in Höhe von ca. 1.860.000 DM sei anscheinend nicht genug gewesen. Der durch Willkür entstandenen Schuld von 1,8 Mio. DM habe als Notnagel sein Vermächtnisanspruch – effektiver Mehrwert ca. 50.000 DM, da damals belastet – gegenüber gestanden. In der eidesstattlichen Versicherung vom 16.06.1992 habe sein Vermächtnis nicht enthalten sein müssen, da eine Annahme des Vermächtnisses nicht habe erfolgen können und zwar wegen seiner Zerschlagung durch die Kommunalbank mit ca. 1.860.000 DM aufgelaufenen Zinsen. Vom Finanzamt sei ihm jedoch eine Ausschlagung des Vermächtnisses verwehrt worden.

Ein Erlass aus persönlichen Gründen setze Erlassbedürftigkeit voraus. Diese liege vor, wenn die Steuererhebung die wirtschaftliche oder persönliche Existenz eines Steuerpflichtigen vernichten oder ernstlich gefährden würde. Dies sei damals bei ihm der Fall gewesen, da er vom Finanzamt durch die Sicherungsmaßnahmen in seinen geschäftlichen Beziehungen vollständig lahmgelegt gewesen sei. Das Finanzamt habe sich im Übrigen bei Prüfung der Unbilligkeit aus persönlichen Gründen nicht mit allgemeinen Angaben begnügen dürfen, sondern müsse genau untersuchen, welche Vermögenswerte dem Steuerpflichtigen noch zur Verfügung stünden.

Das Finanzamt beantragt dagegen Klageabweisung.

Zur Begründung verweist es auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung und trägt noch vor, dass der Kläger ausweislich der Vollstreckungsakten am 22.12.1987 und letztmals am 16.06.1992 eine eidesstattliche Versicherung abgegeben habe. Eine eidesstattliche Versicherung belege jedoch für sich nicht, dass im Zeitpunkt ihrer Abgabe eine Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit des Schuldners gegeben gewesen sei. Dies gelte hier umso mehr, da der Kläger in der eidesstattlichen Versicherung vom 16.06.1992 einen ihm nach seiner am 27.01.1990 verstorbenen Mutter zustehenden Vermächtnisanspruch an einem Grundstück nicht angegeben habe. Der Kläger habe sich trotz wiederholter Aufforderung geweigert, dem Finanzamt seine Vermögensverhältnisse offenzulegen. Es sei dem Finanzamt auch gelungen, über all die Jahre immer wieder aufgelaufene Steuerrückstände des Klägers durch Vollstreckungsmaßnahmen vollständig beizutreiben. Auch die streitbefangenen Säumniszuschläge seien alle getilgt, im Wesentlichen durch Vollstreckung spätestens im Jahr 2008. Das Vorbringen des Klägers, dass die Säumniszuschläge durch schuldhafte Handlungen Dritter verursacht worden seien, sei in diesem Verfahren unbeachtlich, weil solche Handlungen allenfalls –wenn überhaupt– Ersatzansprüche gegen Dritte begründen könnten. Im Übrigen habe das Finanzgericht bereits mit Urteil vom 08.06.1999 II XX/98 die Klage des Klägers gegen die mit Einspruchsentscheidung vom 21.01.1998 ausgesprochene Ablehnung eines Teilerlasses von Einkommen-steuer, Umsatzsteuer und steuerlichen Nebenleistungen für die Jahre 1981 bis 1996 als unbegründet zurückgewiesen und damit für einen Erlass des größten Teils der Säumniszuschläge, deren Erlass jetzt erneut begehrt werde, weder sachliche noch persönliche Gründe als gegeben erkannt.

Dem Gericht liegen vom beklagten Finanzamt die Stundungs- und Erlassakten (2 Bände) mit Rechtsbehelfsakte dazu, die Vollstreckungsakten für den Kläger von 1995 bis 2014 (7 Bände) und die Akte über die Liquiditätsprüfung vor sowie die Gerichtsakten II XX/98 und 4 K XXX/2008.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

I. Die Klage ist unzulässig, soweit der Kläger eine Rückerstattung der Umsatzsteuer begehrt, die im Zusammenhang mit dem Projekt NNN in PPP entstanden ist. Denn wegen Erlass bzw. Erstattung dieser Umsatzsteuer hat weder ein erfolglos gebliebenes Rechtsbehelfsverfahren gemäß § 44 Finanzgerichtsordnung

–FGO– stattgefunden noch ist vom Finanzamt ein den Erlass dieser Umsatzsteuer ablehnender Bescheid oder ein Abrechnungsbescheid (§ 218 Abs. 2 Abgabenordnung –AO–) wegen (Nicht-) Erstattung dieser Umsatzsteuer ergangen.

Das Gericht braucht demnach nicht auf Fragen einer Rückerstattung der Umsatzsteuer sowie die Frage einzugehen, ob ein Erlass der Steuer im Zuge eines Vergleichs des Klägers mit der X-Bank gewollt oder in Aussicht gestellt gewesen ist, wie nunmehr im Schreiben des Klägers vom 27.03.2014 vorgebracht wird.

II. Die Klage ist unbegründet, soweit der Kläger eine Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 17.01.2000 und der Einspruchsentscheidung dazu vom 11.05.2010 begehrt sowie die Verpflichtung des Finanzamts, die Säumniszuschläge zurückzuerstatten.

Die Ablehnung eines Erlasses bzw. der Erstattung der Säumniszuschläge durch das Finanzamt laut Einspruchsentscheidung vom 11.05.2010 ist nicht als ermessensfehlerhaft zu beanstanden.

1. Gemäß § 227 Abs. 1 AO können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, zu denen auch Ansprüche auf Säumniszuschläge nach § 240 AO gehören, ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet werden.

a) Die Entscheidung über ein Erlassbegehren und damit eine Billigkeitsmaßnahme ist eine Ermessensentscheidung, die vom Finanzgericht nur in den durch § 102 FGO gezogenen Grenzen nachprüfbar ist. Nach § 102 Satz 1 FGO ist die gerichtliche Prüfung des einen Erlass ablehnenden Bescheids und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung darauf beschränkt, ob das Finanzamt bei seiner Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem ihm eingeräumten Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Ebenso hat das Gericht als Voraussetzung dieser Prüfung nachzuprüfen, ob das Finanzamt den entscheidungserheblichen Sachverhalt einwandfrei und erschöpfend ermittelt und seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Bei Überprüfung der Ermessensentscheidung darf das Gericht die für die Ausübung des Ermessens maßgeblichen Erwägungen, die vom Finanzamt vorzunehmen sind, nicht durch eigene Erwägungen ersetzen. Für die gerichtliche Überprüfung von behördlichen Ermessensentscheidungen sind diejenigen tatsächlichen Verhältnisse maßgebend, die dem Finanzamt im Zeitpunkt der letzten Ermessensausübung – hier bei Ergehen der Einspruchsentscheidung – bekannt waren oder bekannt sein mussten (Urteile des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 26.03.1991 VII R 66/90, Bundessteuerblatt – BStBl – II 1991, 545 und vom 26.07.2005 VII R 57/04, BStBl II 2005, 814, 816). Denn ob das Finanzamt das ihm eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt hat, kann nur auf der Grundlage der Verhältnisse beurteilt werden, die dem Finanzamt im Zeitpunkt der letzten Ermessensausübung bekannt waren oder bekannt sein mussten.

b) Ein Erlass von Säumniszuschlägen kann aus sachlichen oder persönlichen Billigkeitsgründen erfolgen. Aus sachlichen Billigkeitsgründen ist ein Erlass von Säumniszuschlägen geboten, wenn ihre Einziehung im Einzelfall, insbesondere im Hinblick auf den Zweck der Säumniszuschläge, nicht mehr zu rechtfertigen ist, weil die Erhebung – obwohl der Sachverhalt den gesetzlichen Tatbestand erfüllt – den Wertungen des Gesetzgebers zuwider läuft. Säumniszuschläge sind nach ständiger Rechtsprechung ein Druckmittel eigener Art, das den Steuerschuldner zur rechtzeitigen Zahlung anhalten soll. Darüber hinaus verfolgen sie den Zweck, vom Steuerpflichtigen eine Gegenleistung für das Hinausschieben der Zahlung fälliger Steuern zu erhalten. Schließlich werden durch Säumniszuschläge auch die Verwaltungsaufwendungen abgegolten, die bei den Finanzbehörden dadurch entstehen, dass eine fällige Steuer nicht oder nicht fristgemäß bezahlt wird (BFH-Urteil vom 16.07.1997 XI R 32/96, BStBl. II 1998, 7).

Die Erhebung von Säumniszuschlägen ist sachlich unbillig, wenn dem Steuerpflichtigen die rechtzeitige Zahlung der Steuer wegen Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit unmöglich ist und deshalb die Ausübung von Druck zur Zahlung ihren Sinn verliert. Jedoch kommt in diesen Fällen regelmäßig nur ein Teilerlass in Betracht, da Säumniszuschläge auch als Gegenleistung für das Hinausschieben der Fälligkeit und zur Abgeltung des Verwaltungsaufwands dienen. Die Säumniszuschläge sind dann nur zur Hälfte zu erlassen, denn ein säumiger Steuerpflichtiger soll grundsätzlich nicht besser stehen als ein Steuerpflichtiger, dem Aussetzung der Vollziehung oder Stundung gewährt worden ist (vgl. BFH-Urteile vom 07.07.1999 X R 87/96, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 2000, 161, und vom 30.03.2006 V R 2/04, BStBl. II 2006, 612). Liegen darüber hinaus jedoch die Voraussetzungen vor, dass bei Stundung oder Aussetzung der Vollziehung auf die Zinsen ganz oder teilweise verzichtet werden könnte, weil ihre Erhebung nach Lage des Einzelfalls unbillig wäre – etwa weil sie die wirtschaftliche Existenz des Steuerpflichtigen gefährden (vgl. dazu unter c) –, kann ein Erlass der Säumniszuschläge in voller Höhe in Betracht kommen.

Für die Frage, ob eine Erhebung von Säumniszuschlägen wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung unbillig ist, kommt es maßgebend darauf an, ob der Steuerschuldner zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Steuern und im nachfolgenden Zeitraum erfolgloser Beitreibung außerstande war, seine Schulden zu begleichen.

c) Wegen persönlicher Unbilligkeit können Steuern und entsprechend Säumniszuschläge erlassen bzw. erstattet werden, wenn ihre Erhebung die wirtschaftliche oder persönliche Existenz des Steuerpflichtigen vernichten oder ernstlich gefährden würde. Dies ist gegeben, wenn ohne Billigkeitsmaßnahmen der notwendige Lebensunterhalt vorübergehend oder dauernd nicht mehr bestritten werden kann. Hierbei ist von der wirtschaftlichen Situation des Steuerpflichtigen im Zeitpunkt der Ermessensentscheidung bzw. bei Tilgung der Säumniszuschläge auszugehen.

2. Es ist im Streitfall weder ermessensfehlerhaft noch liegt eine mangelhafte Ermittlung der Sachverhaltsgegebenheiten darin, dass das Finanzamt zu dem Ergebnis gelangt ist, dass weder die Voraussetzungen von Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung des Klägers noch einer ernsthaften Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz vorlagen und die Säumniszuschläge weder aus Gründen sachlicher noch persönlicher Unbilligkeit zu erlassen bzw. zu erstatten gewesen sind.

a) Dass die Voraussetzungen einer Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung des Klägers oder einer Gefährdung seiner Existenz durch die Steuererhebung im maßgeblichen Zeitraum auch nicht zeitweise mit hinreichender Klarheit und ohne gewichtige Zweifel vorgelegen haben, davon konnte das Finanzamt bei seiner Entscheidung unbeanstandet ausgehen. Mangels entsprechender Erklärungen und Darlegungen des Klägers zu seiner wirtschaftlichen Lage musste und konnte das Finanzamt hierbei von seinen Aktenunterlagen und den Feststellungen der internen Liquiditätsprüfung ausgehen.

Der Kläger hat – wie auch die dem Gericht vorliegenden Unterlagen einschließlich Vollstreckungsakten (bis zur Einspruchsentscheidung in 2010) bestätigen – trotz wiederholter Aufforderungen durch das Finanzamt seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht dargelegt und damit nicht die Voraussetzungen für Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit sowie eine Gefährdung seiner Existenz dargetan. Eine Darlegung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse durch den Kläger liegt auch nicht bereits darin, wenn lediglich ein bestehender Schuldenstand dargelegt wird. Auch wenn das Finanzamt die Voraussetzungen für einen Erlass der Säumniszuschläge, nämlich Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung, von Amts wegen zu ermitteln hat (§ 88 AO), verletzt der Kläger seine Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Sachverhaltsermittlung (§§ 90, 365 AO) schwerwiegend, wenn er trotz wiederholter Aufforderung durch das Finanzamt seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht darlegt. Diese Umstände tatsächlicher Art liegen in seiner Wissens- und Einflusssphäre, die Folgen der entsprechenden Kenntnislücken des Finanzamts gehen zu seinen Lasten. Es ist nicht ermessensfehlerhaft, wenn das Finanzamt einen Billigkeitserlass ablehnt, weil der Steuerschuldner seine Vermögensverhältnisse nicht hinreichend dargelegt hat (vgl. BFH-Urteil vom 29.04.1987 X R 22/82, BFH/NV 1988, 73). Dies gilt insbesondere dann, wenn das Finanzamt vor seiner abschließenden Entscheidung über den Erlassantrag in der Einspruchsentscheidung vom 11.05.2010 noch eine Liquiditätsprüfung durchgeführt hat, bei welcher der Kläger wiederum nicht durch Darlegung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse mitgewirkt, sondern eine Mitwirkung trotz Aufforderung verweigert hat.

Auch aus dem Umstand, dass der Kläger im Jahr 1992 eine eidesstattliche Versicherung abgegeben hat und ein Teil der Säumniszuschläge, deren Erlass begehrt wurde, bereits zu dieser Zeit entstanden ist bzw. war, lässt sich nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit oder gar hinlänglicher Sicherheit auf eine Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung des Klägers schließen, auch nicht für eine nur vorübergehende Zeit, etwa in den Jahren 1992 und 1993. Zwar sind Schuldner, welche die eidesstattliche Versicherung abgeben, häufig zahlungsunfähig; doch ist dies nicht zwingend und nicht immer und notwendig der Fall. Denn eine eidesstattliche Versicherung hat ein Schuldner gemäß § 807 Zivilprozessordnung –ZPO– abzugeben, wenn eine Pfändung bei ihm nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers geführt hat oder dieser glaubhaft macht, dass er durch die Pfändung seine Befriedigung nicht vollständig erlangen könne oder der Schuldner die Durchsuchung verweigert hat oder vom Gerichtsvollzieher wiederholt in seiner Wohnung nicht angetroffen worden ist. Unter den gleichen Voraussetzungen hat ein Vollstreckungsschuldner beim Finanzamt nach § 284 AO eine eidesstattliche Versicherung abzugeben. Zwar gehen die genannten Voraussetzungen, unter denen die eidesstattliche Versicherung abzugeben ist, oft auch mit Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung des Schuldners einher, doch setzen sie Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung keineswegs voraus; dies gilt insbesondere auch, wenn ein Schuldner wie der Kläger bei einem Pfändungsversuch des Vollziehungsbeamten am 06.12.2001 die Durchsuchung seiner Räume verweigert hat.

b) Der Kläger kann auch nicht durch eine Erklärung bzw. den Vortrag im Klageverfahren, dass eine ungerechtfertigte Kreditkündigung zu seinen wirtschaftlichen Schwierigkeiten und letztlich zu seinem vorübergehenden wirtschaftlichen Ruin geführt habe, die Ermessenentscheidung des Finanzamts infrage stellen. Zum einen kommt es hinsichtlich der tatsächlichen Verhältnisse einschließlich des Kenntnisstands des Finanzamts hierüber auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung und damit der Einspruchsentscheidung an. Umstände tatsächlicher Art, die der Steuerpflichtige in Verletzung seiner Mitwirkungspflichten im Verwaltungsverfahren dem Finanzamt nicht vorgetragen und dargetan hat, kann er im Klageverfahren nicht mehr mit Erfolg gegen die Ermessensentscheidung des Finanzamts einwenden. Zum andern sagt der Umstand, dass eine Kreditkündigung wirtschaftliche Schwierigkeiten nach sich gezogen hat, noch nichts über den Umfang der daraus beim Kläger tatsächlich entstandenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten aus und ergibt keinen verlässlichen oder gar zwingenden Schluss auf eine in deren Folge eintretende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung. Nach dem Vortrag in seinem letzten Schriftsatz wäre es beim Kläger durch das Finanzamt im Jahr 2000 lediglich fast zu seinem finanziellen Unvermögen und Aus gekommen. Überdies hat der Kläger dem Finanzamt trotz wiederholter Anforderung seine Vermögensverhältnisse – auch soweit sie durch eine Kreditkündigung schwierig geworden sein mögen – nicht dargelegt. Auch im Hinblick auf das neuerliche Vorbringen des Klägers in seinem letzten Schriftsatz ist nicht festzustellen, dass es an der zutreffenden und sachgerechten Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts durch das Finanzamt mangeln würde; dies gilt auch bezüglich eines nach dem Vortrag des Klägers 2009 zwischen seinem damaligen Vertreter und dem Finanzamt besprochenen Erlasses auch von Säumniszuschlägen zur Umsatzsteuer im Zuge eines Vergleichs mit der X-Bank und sonstigen Gläubigern.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 143 Abs. 1, 135 Abs. 1 FGO.

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bei uns veröffentlicht am 28.06.2017

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(1) In den Fällen, in denen ein außergerichtlicher Rechtsbehelf gegeben ist, ist die Klage vorbehaltlich der §§ 45 und 46 nur zulässig, wenn das Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos geblieben ist.

(2) Gegenstand der Anfechtungsklage nach einem Vorverfahren ist der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf gefunden hat.

(1) Grundlage für die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) sind die Steuerbescheide, die Steuervergütungsbescheide, die Haftungsbescheide und die Verwaltungsakte, durch die steuerliche Nebenleistungen festgesetzt werden; bei den Säumniszuschlägen genügt die Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands (§ 240). Die Steueranmeldungen (§ 168) stehen den Steuerbescheiden gleich.

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Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

(1) Wird eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet, so ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des abgerundeten rückständigen Steuerbetrags zu entrichten; abzurunden ist auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag. Das Gleiche gilt für zurückzuzahlende Steuervergütungen und Haftungsschulden, soweit sich die Haftung auf Steuern und zurückzuzahlende Steuervergütungen erstreckt. Die Säumnis nach Satz 1 tritt nicht ein, bevor die Steuer festgesetzt oder angemeldet worden ist. Wird die Festsetzung einer Steuer oder Steuervergütung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, so bleiben die bis dahin verwirkten Säumniszuschläge unberührt; das Gleiche gilt, wenn ein Haftungsbescheid zurückgenommen, widerrufen oder nach § 129 berichtigt wird. Erlischt der Anspruch durch Aufrechnung, bleiben Säumniszuschläge unberührt, die bis zur Fälligkeit der Schuld des Aufrechnenden entstanden sind.

(2) Säumniszuschläge entstehen nicht bei steuerlichen Nebenleistungen.

(3) Ein Säumniszuschlag wird bei einer Säumnis bis zu drei Tagen nicht erhoben. Dies gilt nicht bei Zahlung nach § 224 Abs. 2 Nr. 1.

(4) In den Fällen der Gesamtschuld entstehen Säumniszuschläge gegenüber jedem säumigen Gesamtschuldner. Insgesamt ist jedoch kein höherer Säumniszuschlag zu entrichten als verwirkt worden wäre, wenn die Säumnis nur bei einem Gesamtschuldner eingetreten wäre.

Soweit die Finanzbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln oder zu entscheiden, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Finanzbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens ergänzen.

(1) Die Finanzbehörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Dabei hat sie alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.

(2) Die Finanzbehörde bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen nach den Umständen des Einzelfalls sowie nach den Grundsätzen der Gleichmäßigkeit, Gesetzmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. Bei der Entscheidung über Art und Umfang der Ermittlungen können allgemeine Erfahrungen der Finanzbehörden sowie Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit berücksichtigt werden.

(3) Zur Gewährleistung eines zeitnahen und gleichmäßigen Vollzugs der Steuergesetze können die obersten Finanzbehörden für bestimmte oder bestimmbare Fallgruppen Weisungen über Art und Umfang der Ermittlungen und der Verarbeitung von erhobenen oder erfassten Daten erteilen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist. Bei diesen Weisungen können allgemeine Erfahrungen der Finanzbehörden sowie Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit berücksichtigt werden. Die Weisungen dürfen nicht veröffentlicht werden, soweit dies die Gleichmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit der Besteuerung gefährden könnte. Weisungen der obersten Finanzbehörden der Länder nach Satz 1 bedürfen des Einvernehmens mit dem Bundesministerium der Finanzen, soweit die Landesfinanzbehörden Steuern im Auftrag des Bundes verwalten.

(4) Das Bundeszentralamt für Steuern und die zentrale Stelle im Sinne des § 81 des Einkommensteuergesetzes können auf eine Weiterleitung ihnen zugegangener und zur Weiterleitung an die Landesfinanzbehörden bestimmter Daten an die Landesfinanzbehörden verzichten, soweit sie die Daten nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand einem bestimmten Steuerpflichtigen oder einem bestimmten Finanzamt zuordnen können. Nach Satz 1 einem bestimmten Steuerpflichtigen oder einem bestimmten Finanzamt zugeordnete Daten sind unter Beachtung von Weisungen gemäß Absatz 3 des Bundesministeriums der Finanzen weiterzuleiten. Nicht an die Landesfinanzbehörden weitergeleitete Daten sind vom Bundeszentralamt für Steuern für Zwecke von Verfahren im Sinne des § 30 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a und b bis zum Ablauf des 15. Jahres nach dem Jahr des Datenzugangs zu speichern. Nach Satz 3 gespeicherte Daten dürfen nur für Verfahren im Sinne des § 30 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a und b sowie zur Datenschutzkontrolle verarbeitet werden.

(5) Die Finanzbehörden können zur Beurteilung der Notwendigkeit weiterer Ermittlungen und Prüfungen für eine gleichmäßige und gesetzmäßige Festsetzung von Steuern und Steuervergütungen sowie Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen und Vorauszahlungen automationsgestützte Systeme einsetzen (Risikomanagementsysteme). Dabei soll auch der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Verwaltung berücksichtigt werden. Das Risikomanagementsystem muss mindestens folgende Anforderungen erfüllen:

1.
die Gewährleistung, dass durch Zufallsauswahl eine hinreichende Anzahl von Fällen zur umfassenden Prüfung durch Amtsträger ausgewählt wird,
2.
die Prüfung der als prüfungsbedürftig ausgesteuerten Sachverhalte durch Amtsträger,
3.
die Gewährleistung, dass Amtsträger Fälle für eine umfassende Prüfung auswählen können,
4.
die regelmäßige Überprüfung der Risikomanagementsysteme auf ihre Zielerfüllung.
Einzelheiten der Risikomanagementsysteme dürfen nicht veröffentlicht werden, soweit dies die Gleichmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit der Besteuerung gefährden könnte. Auf dem Gebiet der von den Landesfinanzbehörden im Auftrag des Bundes verwalteten Steuern legen die obersten Finanzbehörden der Länder die Einzelheiten der Risikomanagementsysteme zur Gewährleistung eines bundeseinheitlichen Vollzugs der Steuergesetze im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen fest.

(1) Die Beteiligten sind zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Sie kommen der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen und die ihnen bekannten Beweismittel angeben. Der Umfang dieser Pflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

(2) Ist ein Sachverhalt zu ermitteln und steuerrechtlich zu beurteilen, der sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes bezieht, so haben die Beteiligten diesen Sachverhalt aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen. Sie haben dabei alle für sie bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Ein Beteiligter kann sich nicht darauf berufen, dass er Sachverhalte nicht aufklären oder Beweismittel nicht beschaffen kann, wenn er sich nach Lage des Falls bei der Gestaltung seiner Verhältnisse die Möglichkeit dazu hätte beschaffen oder einräumen lassen können.

(3) Ein Steuerpflichtiger hat über die Art und den Inhalt seiner Geschäftsbeziehungen im Sinne des § 1 Absatz 4 des Außensteuergesetzes Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungspflicht umfasst neben der Darstellung der Geschäftsvorfälle (Sachverhaltsdokumentation) auch die wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen für eine den Fremdvergleichsgrundsatz beachtende Vereinbarung von Bedingungen, insbesondere Preisen (Verrechnungspreisen), sowie insbesondere Informationen zum Zeitpunkt der Verrechnungspreisbestimmung, zur verwendeten Verrechnungspreismethode und zu den verwendeten Fremdvergleichsdaten (Angemessenheitsdokumentation). Hat ein Steuerpflichtiger Aufzeichnungen im Sinne des Satzes 1 für ein Unternehmen zu erstellen, das Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe ist, so gehört zu den Aufzeichnungen auch ein Überblick über die Art der weltweiten Geschäftstätigkeit der Unternehmensgruppe und über die von ihr angewandte Systematik der Verrechnungspreisbestimmung, es sei denn, der Umsatz des Unternehmens hat im vorangegangenen Wirtschaftsjahr weniger als 100 Millionen Euro betragen. Eine multinationale Unternehmensgruppe besteht aus mindestens zwei in verschiedenen Staaten ansässigen, im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes einander nahestehenden Unternehmen oder aus mindestens einem Unternehmen mit mindestens einer Betriebsstätte in einem anderen Staat. Zu außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen sind zeitnah Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungen im Sinne dieses Absatzes sind auf Anforderung der Finanzbehörde zu ergänzen.

(4) Die Finanzbehörde kann jederzeit die Vorlage der Aufzeichnungen nach Absatz 3 verlangen; die Vorlage richtet sich nach § 97. Im Falle einer Außenprüfung sind die Aufzeichnungen ohne gesondertes Verlangen vorzulegen. Die Aufzeichnungen sind jeweils innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Anforderung oder nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung vorzulegen. In begründeten Einzelfällen kann die Vorlagefrist verlängert werden.

(5) Um eine einheitliche Rechtsanwendung sicherzustellen, wird das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Art, Inhalt und Umfang der nach den Absätzen 3 und 4 zu erstellenden Aufzeichnungen zu bestimmen.

(1) Für das Verfahren über den Einspruch gelten im Übrigen die Vorschriften sinngemäß, die für den Erlass des angefochtenen oder des begehrten Verwaltungsakts gelten.

(2) In den Fällen des § 93 Abs. 5, des § 96 Abs. 7 Satz 2 und der §§ 98 bis 100 ist den Beteiligten und ihren Bevollmächtigten und Beiständen (§ 80) Gelegenheit zu geben, an der Beweisaufnahme teilzunehmen.

(3) Wird der angefochtene Verwaltungsakt geändert oder ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Einspruchsverfahrens. Satz 1 gilt entsprechend, wenn

1.
ein Verwaltungsakt nach § 129 berichtigt wird oder
2.
ein Verwaltungsakt an die Stelle eines angefochtenen unwirksamen Verwaltungsakts tritt.

(1) Hat der Gläubiger die Vornahme der Pfändung beim Schuldner beantragt und

1.
hat der Schuldner die Durchsuchung (§ 758) verweigert oder
2.
ergibt der Pfändungsversuch, dass eine Pfändung voraussichtlich nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers führen wird,
so kann der Gerichtsvollzieher dem Schuldner die Vermögensauskunft auf Antrag des Gläubigers abweichend von § 802f sofort abnehmen. § 802f Abs. 5 und 6 findet Anwendung.

(2) Der Schuldner kann einer sofortigen Abnahme widersprechen. In diesem Fall verfährt der Gerichtsvollzieher nach § 802f; der Setzung einer Zahlungsfrist bedarf es nicht.

(1) Der Vollstreckungsschuldner muss der Vollstreckungsbehörde auf deren Verlangen für die Vollstreckung einer Forderung Auskunft über sein Vermögen nach Maßgabe der folgenden Vorschriften erteilen, wenn er die Forderung nicht binnen zwei Wochen begleicht, nachdem ihn die Vollstreckungsbehörde unter Hinweis auf die Verpflichtung zur Abgabe der Vermögensauskunft zur Zahlung aufgefordert hat. Zusätzlich hat er seinen Geburtsnamen, sein Geburtsdatum und seinen Geburtsort anzugeben. Handelt es sich bei dem Vollstreckungsschuldner um eine juristische Person oder um eine Personenvereinigung, so hat er seine Firma, die Nummer des Registerblatts im Handelsregister und seinen Sitz anzugeben.

(2) Zur Auskunftserteilung hat der Vollstreckungsschuldner alle ihm gehörenden Vermögensgegenstände anzugeben. Bei Forderungen sind Grund und Beweismittel zu bezeichnen. Ferner sind anzugeben:

1.
die entgeltlichen Veräußerungen des Vollstreckungsschuldners an eine nahestehende Person (§ 138 der Insolvenzordnung), die dieser in den letzten zwei Jahren vor dem Termin nach Absatz 7 und bis zur Abgabe der Vermögensauskunft vorgenommen hat;
2.
die unentgeltlichen Leistungen des Vollstreckungsschuldners, die dieser in den letzten vier Jahren vor dem Termin nach Absatz 7 und bis zur Abgabe der Vermögensauskunft vorgenommen hat, sofern sie sich nicht auf gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke geringen Werts richteten.
Sachen, die nach § 811 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a und Nummer 2 der Zivilprozessordnung der Pfändung offensichtlich nicht unterworfen sind, brauchen nicht angegeben zu werden, es sei denn, dass eine Austauschpfändung in Betracht kommt.

(3) Der Vollstreckungsschuldner hat zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er die Angaben nach den Absätzen 1 und 2 nach bestem Wissen und Gewissen richtig und vollständig gemacht habe. Vor Abnahme der eidesstattlichen Versicherung ist der Vollstreckungsschuldner über die Bedeutung der eidesstattlichen Versicherung, insbesondere über die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen eidesstattlichen Versicherung, zu belehren.

(4) Der Vollstreckungsschuldner ist innerhalb von zwei Jahren nach Abgabe der Vermögensauskunft nach dieser Vorschrift oder nach § 802c der Zivilprozessordnung nicht verpflichtet, eine weitere Vermögensauskunft abzugeben, es sei denn, es ist anzunehmen, dass sich die Vermögensverhältnisse des Vollstreckungsschuldners wesentlich geändert haben. Die Vollstreckungsbehörde hat von Amts wegen festzustellen, ob beim zentralen Vollstreckungsgericht nach § 802k Absatz 1 der Zivilprozessordnung in den letzten zwei Jahren ein auf Grund einer Vermögensauskunft des Schuldners erstelltes Vermögensverzeichnis hinterlegt wurde.

(5) Für die Abnahme der Vermögensauskunft ist die Vollstreckungsbehörde zuständig, in deren Bezirk sich der Wohnsitz oder der Aufenthaltsort des Vollstreckungsschuldners befindet. Liegen diese Voraussetzungen bei der Vollstreckungsbehörde, die die Vollstreckung betreibt, nicht vor, so kann sie die Vermögensauskunft abnehmen, wenn der Vollstreckungsschuldner zu ihrer Abgabe bereit ist.

(6) Die Ladung zu dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft ist dem Vollstreckungsschuldner selbst zuzustellen; sie kann mit der Fristsetzung nach Absatz 1 Satz 1 verbunden werden. Der Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft soll nicht vor Ablauf eines Monats nach Zustellung der Ladung bestimmt werden. Ein Rechtsbehelf gegen die Anordnung der Abgabe der Vermögensauskunft hat keine aufschiebende Wirkung. Der Vollstreckungsschuldner hat die zur Vermögensauskunft erforderlichen Unterlagen im Termin vorzulegen. Hierüber und über seine Rechte und Pflichten nach den Absätzen 2 und 3, über die Folgen einer unentschuldigten Terminssäumnis oder einer Verletzung seiner Auskunftspflichten sowie über die Möglichkeit der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis bei Abgabe der Vermögensauskunft ist der Vollstreckungsschuldner bei der Ladung zu belehren.

(7) Im Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft erstellt die Vollstreckungsbehörde ein elektronisches Dokument mit den nach den Absätzen 1 und 2 erforderlichen Angaben (Vermögensverzeichnis). Diese Angaben sind dem Vollstreckungsschuldner vor Abgabe der Versicherung nach Absatz 3 vorzulesen oder zur Durchsicht auf einem Bildschirm wiederzugeben. Ihm ist auf Verlangen ein Ausdruck zu erteilen. Die Vollstreckungsbehörde hinterlegt das Vermögensverzeichnis bei dem zentralen Vollstreckungsgericht nach § 802k Abs. 1 der Zivilprozessordnung. Form, Aufnahme und Übermittlung des Vermögensverzeichnisses haben den Vorgaben der Verordnung nach § 802k Abs. 4 der Zivilprozessordnung zu entsprechen.

(8) Ist der Vollstreckungsschuldner ohne ausreichende Entschuldigung in dem zur Abgabe der Vermögensauskunft anberaumten Termin vor der in Absatz 5 Satz 1 bezeichneten Vollstreckungsbehörde nicht erschienen oder verweigert er ohne Grund die Abgabe der Vermögensauskunft, so kann die Vollstreckungsbehörde, die die Vollstreckung betreibt, die Anordnung der Haft zur Erzwingung der Abgabe beantragen. Zuständig für die Anordnung der Haft ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Vollstreckungsschuldner im Zeitpunkt der Fristsetzung nach Absatz 1 Satz 1 seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines solchen seinen Aufenthaltsort hat. Die §§ 802g bis 802j der Zivilprozessordnung sind entsprechend anzuwenden. Die Verhaftung des Vollstreckungsschuldners erfolgt durch einen Gerichtsvollzieher. § 292 dieses Gesetzes gilt entsprechend. Nach der Verhaftung des Vollstreckungsschuldners kann die Vermögensauskunft von dem nach § 802i der Zivilprozessordnung zuständigen Gerichtsvollzieher abgenommen werden, wenn sich der Sitz der in Absatz 5 bezeichneten Vollstreckungsbehörde nicht im Bezirk des für den Gerichtsvollzieher zuständigen Amtsgerichts befindet oder wenn die Abnahme der Vermögensauskunft durch die Vollstreckungsbehörde nicht möglich ist. Der Beschluss des Amtsgerichts, mit dem der Antrag der Vollstreckungsbehörde auf Anordnung der Haft abgelehnt wird, unterliegt der Beschwerde nach den §§ 567 bis 577 der Zivilprozessordnung.

(9) Die Vollstreckungsbehörde kann die Eintragung des Vollstreckungsschuldners in das Schuldnerverzeichnis nach § 882h Abs. 1 der Zivilprozessordnung anordnen, wenn

1.
der Vollstreckungsschuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachgekommen ist,
2.
eine Vollstreckung nach dem Inhalt des Vermögensverzeichnisses offensichtlich nicht geeignet wäre, zu einer vollständigen Befriedigung der Forderung zu führen, wegen der die Vermögensauskunft verlangt wurde oder wegen der die Vollstreckungsbehörde vorbehaltlich der Fristsetzung nach Absatz 1 Satz 1 und der Sperrwirkung nach Absatz 4 eine Vermögensauskunft verlangen könnte, oder
3.
der Vollstreckungsschuldner nicht innerhalb eines Monats nach Abgabe der Vermögensauskunft die Forderung, wegen der die Vermögensauskunft verlangt wurde, vollständig befriedigt. Gleiches gilt, wenn die Vollstreckungsbehörde vorbehaltlich der Fristsetzung nach Absatz 1 Satz 1 und der Sperrwirkung nach Absatz 4 eine Vermögensauskunft verlangen kann, sofern der Vollstreckungsschuldner die Forderung nicht innerhalb eines Monats befriedigt, nachdem er auf die Möglichkeit der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis hingewiesen wurde.
Die Eintragungsanordnung soll kurz begründet werden. Sie ist dem Vollstreckungsschuldner zuzustellen. § 882c Abs. 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(10) Ein Rechtsbehelf gegen die Eintragungsanordnung nach Absatz 9 hat keine aufschiebende Wirkung. Nach Ablauf eines Monats seit der Zustellung hat die Vollstreckungsbehörde die Eintragungsanordnung dem zentralen Vollstreckungsgericht nach § 882h Abs. 1 der Zivilprozessordnung mit den in § 882b Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung genannten Daten elektronisch zu übermitteln. Dies gilt nicht, wenn Anträge auf Gewährung einer Aussetzung der Vollziehung der Eintragungsanordnung nach § 361 dieses Gesetzes oder § 69 der Finanzgerichtsordnung anhängig sind, die Aussicht auf Erfolg haben.

(11) Ist die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis nach § 882h Abs. 1 der Zivilprozessordnung erfolgt, sind Entscheidungen über Rechtsbehelfe des Vollstreckungsschuldners gegen die Eintragungsanordnung durch die Vollstreckungsbehörde oder durch das Gericht dem zentralen Vollstreckungsgericht nach § 882h Abs. 1 der Zivilprozessordnung elektronisch zu übermitteln. Form und Übermittlung der Eintragungsanordnung nach Absatz 10 Satz 1 und 2 sowie der Entscheidung nach Satz 1 haben den Vorgaben der Verordnung nach § 882h Abs. 3 der Zivilprozessordnung zu entsprechen.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluss über die Kosten zu entscheiden.

(2) Wird eine Sache vom Bundesfinanzhof an das Finanzgericht zurückverwiesen, so kann diesem die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen werden.