Finanzgericht München Urteil, 28. Apr. 2015 - 10 K 2146/14

bei uns veröffentlicht am28.04.2015

Gericht

Finanzgericht München

Gründe

Finanzgericht München

Az.: 10 K 2146/14

IM NAMEN DES

VOLKES

Urteil

Stichwörter:

1. Nach dem Wortlaut des Vertrages in Art. 11 Abs. 1 RHV AUT ist erforderlich, dass die Bestätigung, dass der in dem Rückstandsausweis ausgewiesene Betrag rechtskräftig festgesetzt und vollstreckbar ist, von der zuständigen österreichischen Finanzlandesdirektion erteilt wird.

2. Weiter ist nach Art. 11 Abs. 2 RHV AUT erforderlich, dass die Exekutionstitel, die den Bestimmungen des Art. 11 Abs. 1 RHV AUT entsprechen, von der zuständigen Oberfinanzdirektion anerkannt und für vollstreckbar erklärt werden.

3. Die im Streitjahr geltende Rechtslage hinsichtlich der Zuständigkeit der Behörden weicht von der Regelung im RHV AUT ab. Nach der Verwaltungsreform in der Zollverwaltung darf die Bundesstelle Vollstreckung Zoll beim Hauptzollamt Hannover die entsprechende Bestätigung im Sinne des Art. 11 Abs. 2 RHV AUT erteilen.

In der Streitsache

[...]

Kläger

gegen

Hauptzollamt [...- A-Stadt]

Beklagter

wegen Leistungsgebot und Einstellung der Vollstreckung

hat der 10. Senat des Finanzgerichts München durch [...] ohne mündliche Verhandlung

am 28. April 2015

für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Revision zu. [...]

Gründe:

Streitig ist die Zulässigkeit der Vollstreckung gegen den Kläger aufgrund eines Vollstreckungsersuchens aus Österreich.

I.

Das österreichische Bundesministerium für Finanzen ersuchte mit Schreiben vom 11. April 2014 die Bundesstelle Vollstreckung Zoll beim Hauptzollamt Hannover um die Vollstreckung wegen Rückständen des Klägers in Höhe von 3.328,54 € [...] und bescheinigte, dass die dem Rückstandsausweis vom 20. März 2014 [...] zugrunde liegende Entscheidung unanfechtbar und vollstreckbar ist. Das Vollstreckungsersuchen war auf den Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über die Rechts- und Amtshilfe in Zoll, Verbrauchsteuer und Monopolangelegenheiten vom 11. September 1970 (BGBl II 1971, 1001) in der im Streitjahr geltenden Fassung (RHV AUT; juris-Fundstelle mit aktueller Fassung unter Normangabe: DBA AUT-RZ 1970) als Rechtsgrundlage gestützt. Beigefügt war eine Ausfertigung des Exekutionstitels, nämlich der Rückstandsausweis des Zollamts [... Ö-Stadt] (österreichisches Zollamt) vom 31. März 2014, auf dem das österreichische Zollamt bestätigte, dass der in diesem Rückstandsausweis ausgewiesene Betrag rechtskräftig festgesetzt und vollstreckbar ist. Die Bundesstelle Vollstreckung Zoll beim Hauptzollamt Hannover erkannte gemäß Art. 11 Abs. 2 und 3 RHV AUT den Exekutionstitel an, erklärte ihn für vollstreckbar und beauftragte den Beklagten - das Hauptzollamt - mit Schreiben vom 2. Juni 2014 mit Maßnahmen zur Beitreibung der offenen Gesamtforderung.

Das Hauptzollamt erließ darauf am 11. Juni 2014 ein Leistungsgebot über den Betrag in Höhe von 3.328,54 € über die österreichische Forderung wegen Einfuhrumsatzsteuer nebst Säumniszuschlägen, Zoll und Kosten [...]. Der Kläger wurde aufgefordert, den rückständigen Betrag zuzüglich der Kosten für die Zustellung in Höhe von 2,32 € innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Leistungsgebots durch Überweisung auf das Konto des Hauptzollamts zu begleichen oder bar einzubezahlen. Die Zustellung des Leistungsgebots erfolgte am 12. Juni 2014.

Seinen Einspruch gegen das Leistungsgebot begründete der Kläger damit, dass die behauptete Forderung des österreichischen Zollamts unrichtig sei. Ihm sei zu Unrecht von den österreichischen Zollbehörden vorgeworfen worden, dass er Eingangsabgaben gegenüber der Republik Österreich hinterzogen habe. Der Tatvorwurf stamme aus dem Jahr 1993. Es sei nie zu einer Verurteilung gekommen, da Verjährung eingetreten sei. Die österreichische Zollverwaltung habe in rechtswidriger Weise sein Eigentum weit unter Wert versteigert. Deshalb sei die behauptete Forderung unzutreffend und jedenfalls durch den Versteigerungserlös überbezahlt. Die österreichischen Zollbehörden hätten am [...] seinen Pkw der Marke BMW [...] beschlagnahmt und diesen Pkw zu ihren Gunsten versteigern lassen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 9. Juli 2014 wies das Hauptzollamt den Einspruch als unbegründet zurück. In der Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion [...] sei über die Rechtmäßigkeit von drei Eingangsabgabenbescheiden entschieden worden. Es sei nur der erste Bescheid abgeändert worden; ansonsten sei die Berufung gegen diesen ersten Bescheid jedoch als unbegründet abgewiesen worden. Für die beiden anderen Bescheide sei die Berufung ebenfalls als unbegründet abgewiesen worden. Diese Berufungsentscheidung sei rechtskräftig. Die Versteigerung des Pkws durch die österreichischen Zollbehörden habe nur einen Teil der Eingangsabgaben erbracht. Die übrigen Forderungen seien nach wie vor offen. Das vom Hauptzollamt erlassene Leistungsgebot sei rechtmäßig. Im Übrigen seien gemäß § 256 Abgabenordnung (AO) Einwendungen gegen die zu vollstreckende Forderung außerhalb des Vollstreckungsverfahrens anzubringen.

Dagegen richtet sich die Klage. Der Kläger ist der Auffassung, dass die Vollstreckung der vom österreichischen Bundesministerium für Finanzen geltend gemachten Rückstände unzulässig sei und deshalb das vom Hauptzollamt erlassene Leistungsgebot rechtswidrig sei. Durch die Wohnsitzverlegung von [Ö-Stadt in AT] nach [C-Stadt in DE] ab [...] 1993 sei für ihn und seine Lebensgefährtin die Steuerpflicht in Österreich zur Gänze entfallen. [...] 1993 habe er für sein deutsches Unternehmen „[XX-Gewerbe]“ in [C-Stadt] als Firmen-Kfz einen BMW [...] angeschafft. [...] 1993 habe er zusätzlich noch ein Motorrad [...] erworben und auch dieses in Deutschland angemeldet. Bereits [...] 1993 habe er sich beim Hauptzollamt [Ö-Stadt] erkundigt über die Nutzung seines Firmen-Pkws in Österreich, da er mehrere [...] Betriebe in Österreich geführt habe und zu deren Kontrolle ständig wiederkehrende Anwesenheit erforderlich gewesen sei. Aufgrund einer anonymen Anzeige habe die österreichische Zollbehörde dann vermutet, dass er Eingangsabgaben hinterziehe. In Österreich sei deshalb ein Zoll- und Strafverfahren gegen ihn und seine Lebensgefährtin eingeleitet worden. [...] 1993 hätten österreichische Zollfahnder sein deutsches Firmen-Kfz, den BMW [...], beschlagnahmt und hätten außerdem auch sein deutsches Motorrad beschlagnahmen wollen. Am [...] hätte der österreichische Verwaltungsgerichtshof in einem Beschluss entschieden, dass das beschlagnahmte Firmen-Kfz BMW [...] sofort herauszugeben sei. Hierüber hätten sich die österreichischen Zollbehörden hinweggesetzt und das Auto dennoch versteigert. Die deutschen Steuerbehörden seien davon ausgegangen, dass er seinen Wohnsitz und seinen Lebensmittelpunkt seit 1993 in Deutschland habe; er habe auch in Deutschland seine entsprechenden Steuern entrichtet.

Der Kläger beantragt,

das Leistungsgebot vom 11. Juni 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. Juli 2014 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Klage sei unbegründet. Wegen widerrechtlicher Verwendung von drei Fahrzeugen habe der Kläger drei Eingangsabgabenbescheide des Hauptzollamts [Ö-Stadt] [...] 1994 erhalten [...]. Die Berufung des Klägers habe nur teilweise Erfolg gehabt. Die Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion [...] über die drei Eingangsabgabenbescheide sei rechtskräftig. Durch die Versteigerung des BMW [...] sei nur ein Teil der Eingangsabgaben erzielt worden. Die restlichen Forderungen seien offen. Nachweise darüber, dass die behauptete Forderung des österreichischen Zollamts unberechtigt sei, seien vom Kläger nicht vorgelegt worden. Das Leistungsgebot des Hauptzollamtes sei rechtmäßig; die Einwendungen des Klägers gegen die Forderungen seien im Übrigen gemäß § 256 AO außerhalb des Vollstreckungsverfahrens geltend zu machen.

Auch hätten im Streitfall die jeweils nach dem RHV AUT zuständigen Behörden - nämlich die Bundesstelle Vollstreckung Zoll beim Hauptzollamt Hannover und das österreichische Bundesministerium für Finanzen - gehandelt. Voraussetzung für die Amtshilfe sei zwar nach Art. 11 Abs. 1 RHV AUT, dass die Bestätigung, dass die dem Ersuchen zugrundeliegende Entscheidung unanfechtbar und vollstreckbar ist, von der zuständigen Finanzlandesdirektion erteilt werde und dass nach Art. 11 Abs. 2 RHV AUT der Exekutionstitel von der zuständigen Oberfinanzdirektion anerkannt und für vollstreckbar erklärt werde. Dass im Streitfall weder die Finanzlandesdirektion noch die Oberfinanzdirektion tätig geworden seien, sei aber unschädlich. Denn durch Reformen in der Verwaltungsorganisation seien in Österreich zum 1. Mai 2004 die Finanzlandesdirektionen aufgelöst worden und deren Aufgaben im Wesentlichen auf die Steuer- und Zollkoordinationen übergegangen, die Teil des österreichischen Bundesministeriums für Finanzen seien. Die Aufgaben der Zoll- und Verbrauchsteuerabteilung der Oberfinanzdirektion Hannover, die die bundesweite Zuständigkeit als Zentralstelle Vollstreckung hatte, seien durch die Strukturreform der Bundesfinanzverwaltung zum 1. Januar 2008 im Wesentlichen an die neuen Bundesfinanzdirektionen Mitte und Nord abgegeben. Der Landesteil der Oberfinanzdirektion Hannover existiere als Oberfinanzdirektion Niedersachsen weiter. Die Bundesrepublik Deutschland habe anders als Österreich die Mittelebenen nicht abgeschafft, sondern nur umstrukturiert und umbenannt. Eine unmittelbare Gesamtrechtsnachfolge in der Behördenstruktur habe sich aber nicht ergeben, da nun zwei Behörden die Aufgaben der Oberfinanzdirektion - wenn auch nicht alle - übernommen hätten. Weder die Bundesfinanzdirektionen Mitte oder Nord noch die Oberfinanzdirektion Niedersachsen seien aber die zuständige Behörde i. S. des Art. 11 Abs. 2 RHV AUT. Auch seien nicht alle Aufgaben der Oberfinanzdirektion Hannover auf der Mittelebene verblieben; die Aufgaben der Bundesstelle Vollstreckung Zoll seien auf das Hauptzollamt Hannover übergegangen. Das Hauptzollamt Hannover sei alleiniger und vor allem eindeutiger funktionaler Nachfolger der für die Erteilung der Bescheinigungen im Sinne des Art. 11 RHV AUT zuständigen Behörde. Die Aufgabenverteilung im Rahmen der Rechts- und Amtshilfe der Zollverwaltung der Bundesrepublik Deutschland sei nun durch § 3 Abs. 6 Gesetz über das Zollkriminalamt und die Zollfahndungsämter (Zollfahndungsdienstgesetz vom 16. August 2002, BGBl I 2002, 3202, in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung ) geregelt. Diese Norm laute (in der Fassung vom 21. Juli 2012):

„(6) Das Zollkriminalamt verkehrt als Zentralstelle der Zollverwaltung

1. auf dem Gebiet der Amts- und Rechtshilfe sowie des sonstigen Dienstverkehrs im Rahmen der Zuständigkeit der Zollverwaltung nach Maßgabe

a) völkerrechtlicher Vereinbarungen oder anderer Rechtsvorschriften mit öffentlichen Stellen anderer Staaten und zwischenstaatlichen Stellen,

b) des Europäischen Gemeinschaftsrechts oder sonstigen Rechts der Europäischen Union mit Stellen der Europäischen Gemeinschaft und der Europäischen Union sowie 2. mit Verbänden und Institutionen,

soweit das Bundesministerium der Finanzen diese Aufgaben nicht selbst wahrnimmt oder sie einer anderen Zollbehörde überträgt. Hierfür unterhält das Zollkriminalamt Informationssysteme nach Maßgabe internationaler Vereinbarungen und anderer Rechtsvorschriften.“

Das Zollkriminalamt sei gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 4 AO eine Mittelbehörde, so dass nach dem Willen des Gesetzgebers die Zentralstelle auf dem Gebiet der Amts- und Rechtshilfe grundsätzlich auf der Ebene der Mittelbehörde verbleiben solle. Jedoch sei in § 3 Abs. 6 Satz 1 ZFdG am Ende eine Öffnungsklausel aufgenommen. Von dieser Öffnungsklausel habe das Bundesministerium der Finanzen in seinem Erlass über die „Geschäftsweg- und Delegierungsregelung nach § 3 Abs. 6 ZFdG (Amts- und Rechtshilfe)“ vom 10. November 2011 (Gz. III B 4 - Z 4601/11/10005, DOK: 2011/0446242) Gebrauch gemacht und dies so geregelt, dass die Bundesstelle Vollstreckung Zoll beim Hauptzollamt Hannover für die Rechts- und Amtshilfe nach dem RHV AUT zuständig sein solle (was sich aus diesem Erlass auf Seite 9 ergebe).

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die ausgetauschten Schriftsätze und die Sitzungsniederschrift vom 26. März 2015 Bezug genommen. Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung).

II.

1. Die Klage ist unbegründet.

a) Der Kläger verfolgt sein Rechtsschutzbegehren zutreffend mit einer Anfechtungsklage (§ 40 Abs. 1 FGO) gegen das Leistungsgebot, da mit dieser Klage die Frage, ob die Voraussetzungen der Verwaltungsvollstreckung im Streitfall gegeben sind, ausreichend geklärt werden kann (vgl. zur Zulässigkeit der verschiedenen Klagearten bei der Vollstreckung aus Beitreibungsersuchen nur Bundesfinanzhof-Urteil vom 11. Dezember 2012 VII R 69/11, BFH/NV 2013, 739).

b) Das Hauptzollamt hat den Einspruch gegen das Leistungsgebot vom 11. Juni 2014 zu Recht mit seiner Einspruchsentscheidung vom 9. Juli 2014 als unbegründet abgewiesen, da dieser Verwaltungsakt den Vorschriften des RHV AUT entspricht.

Mit dem österreichischen Bundesministeriums der Finanzen und der Bundesstelle Vollstreckung Zoll beim Hauptzollamt Hannover haben im Streitfall zwar zwei nach dem ursprünglichen Wortlaut des RHV AUT sachlich unzuständige Behörden gehandelt. Der Kläger wäre im Streitfall auch nicht durch § 127 AO gehindert, die Aufhebung des Leistungsgebots zu beanspruchen, denn diese Vorschrift ist nicht anwendbar bei Verletzung der Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit (BFH-Urteile vom 21. April 1993 X R 112/91, BFHE 171, 15, BStBl II 1993, 649 unter II.2.d; vom 23. April 1986 I R 178/82, BFHE 147, 125, BStBl II 1986, 880 unter B I.2.; Klein/Rätke, AO, 12. Aufl. 2014, § 16 Rz. 3).

Jedoch können die durch die entsprechenden Verwaltungsreformen in der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich an deren Stelle getretenen Behörden handeln. In der Bundesrepublik Deutschland wurde die erforderliche Bescheinigung von der Behörde Bundesstelle Vollstreckung Zoll beim Hauptzollamt Hannover erteilt; nach der zutreffenden Auffassung des Hauptzollamtes ist aber diese Behörde für die Rechtshilfe nach dem RHV AUT zuständig. Die Vollstreckung des Rückstandsausweises vom 20. März 2014 des österreichischen Zollamts aufgrund des Beitreibungsersuchens des österreichischen Bundesministeriums für Finanzen vom 11. April 2014 ist demgemäß zulässig.

c) Die Bundesrepublik Deutschland und die Republik Österreich haben sich durch Art. 1 RHV AUT verpflichtet, auf der Grundlage der Gegenseitigkeit nach den Bestimmungen dieses Vertrages im Bereich der Zollvorschriften und der Vorschriften über Verbrauchsteuern und Monopole Rechtshilfe und Amtshilfe zu leisten. In diesem Bereich ist gemäß Art. 2 Abs. 1 Buchst. c RHV AUT Rechtshilfe und Amtshilfe - wie im Streitfall maßgeblich - auch in Vollstreckungssachen zu leisten. Einem Ersuchen um Vollstreckung ist gemäß Art. 11 Abs. 1 RHV AUT eine Ausfertigung des Exekutionstitels sowie eine Bescheinigung der zuständigen Oberfinanzdirektion bzw. Finanzlandesdirektion beizufügen, dass die dem Ersuchen zugrunde liegende Entscheidung unanfechtbar und vollstreckbar ist. Ein dieser Bestimmung entsprechender Exekutionstitel ist gemäß Art. 11 Abs. 2 RHV von der zuständigen Oberfinanzdirektion bzw. Finanzlandesdirektion des ersuchten Staats anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären, es sei denn, dass ein Ausnahmefall des Art. 4 RHV vorliegt. Nach dieser Vorschrift kann Rechtshilfe und Amtshilfe verweigert werden, wenn der ersuchte Staat der Ansicht ist, die Erledigung des Ersuchens sei geeignet, die Souveränität, die Sicherheit, die öffentliche Ordnung (ordre public) oder andere wesentliche Interessen seines Landes zu beeinträchtigen (BFH-Urteil vom 21. Februar 1978 VII R 49/74, BFHE 124, 480; vgl. auch FG München, Urteil vom 10. Oktober 2013 10 K 2217/13, DStRE 2014, 1511; Sächsisches FG, Urteil vom 27. November 2013, 2 K 44/12, EFG 2015, 182).

d) Der Rechtshilfevertrag RHV AUT setzt für den Eingriff in die Freiheitssphäre des betroffenen Staatsbürgers im Rahmen eines Vollstreckungsverfahrens voraus, dass eine österreichische Behörde unter Vorlage eines Exekutionstitels um Vollstreckung ersucht und dieser Exekutionstitel von der zuständigen Oberfinanzdirektion anerkannt und für vollstreckbar erklärt wird (Art. 11 Abs. 1 und 2 RHV). Die Eingriffsregelung befasst sich demnach nicht mit den Vorgängen, die dem Exekutionstitel zugrunde liegen, greift also nicht in sie ein. Das vom betroffenen Bürger angerufene Gericht kann den Verwaltungsakt in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht daraufhin nachprüfen, ob er den Voraussetzungen der Eingriffsregelungen des RHV AUT entspricht.

e) Nach diesem Maßstab ist das vom Kläger angefochtene Leistungsgebot des Hauptzollamtes rechtmäßig. Die dem Leistungsgebot des Hauptzollamtes zugrunde liegenden Regelungen des Rechtshilfevertrages wurden eingehalten.

aa) Aus den Entscheidungsgründen des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs in Wien [...] ist ersichtlich, dass der Einwand des Kläger in dem dortigen Verfahrens als Beschwerdeführer, es mangele an einer rechtskräftigen letztinstanzlichen Entscheidung, unzutreffend ist, da die Finanzlandesdirektion mit Bescheid vom [...] über die Feststellung der Eingangsabgabenschuld rechtskräftig entschieden hat. Außerdem wurde auch mit Bestätigung vom 31. März 2014 festgestellt, dass der im Rückstandsausweis erscheinende Betrag rechtskräftig festgesetzt und vollstreckbar ist [...].

bb) Die Bestätigung, dass der in dem Rückstandsausweis vom 31. März 2014 ausgewiesene Betrag rechtskräftig festgesetzt und vollstreckbar ist, wurde zuerst vom österreichischen Zollamt am 31. März 2014 bestätigt. Voraussetzung ist zwar nach dem Wortlaut des Vertrages in Art. 11 Abs. 1 RHV AUT, dass diese Bestätigung von der zuständigen Finanzlandesdirektion [...] erteilt wird. Da diese Mittelbehörde in Österreich nicht mehr existiert und deren Aufgaben nach den Ausführungen des Hauptzollamtes auf das österreichische Bundesministerium für Finanzen übergegangen sind, war die entsprechende Bestätigung nun durch das Ministerium zu erteilen. So führt das österreichische Bundesministerium für Finanzen in seinem Ersuchen vom 11. April 2014 nochmals aus, dass der in dem Rückstandsausweis vom 31. März 2014 ausgewiesene Anspruch unanfechtbar festgestellt und vollstreckbar ist. Dies stellt eine ausreichende in Art. 11 Abs. 1 RHV gemeinte Bestätigung dar, da so nochmals zusammengefasst wird, dass die Voraussetzungen des Art. 11 Abs. 1 RHV AUT vorliegen.

cc) Weiter ist nach Art. 11 Abs. 2 RHV AUT erforderlich, dass die Exekutionstitel, die den Bestimmungen des Art. 11 Abs. 1 RHV AUT entsprechen, von der zuständigen Oberfinanzdirektion anerkannt und für vollstreckbar erklärt werden. Im Streitfall hat die Bundesstelle Vollstreckung Zoll beim Hauptzollamt Hannover diese Anerkennung und Vollstreckbarkeitserklärung ausgesprochen. Nach Auffassung des erkennenden Senats ist die Bundesstelle Vollstreckung Zoll beim Hauptzollamt Hannover nun - nach den Verwaltungsreformen der Zollverwaltung - die zuständige Stelle i. S. des Art. 11 Abs. 2 RHV AUT.

(1) Rechts- und Amtshilfeverträge - wie im Streitfall das RHV AUT - werden wie andere völkerrechtliche Verträge in Deutschland nicht unmittelbar, sondern nach Maßgabe von Art. 59 Abs. 2 Grundgesetz (GG) nur mittelbar in der Form eines Zustimmungsgesetzes angewendet; für den RHV AUT ist dies das Zustimmungsgesetz vom 29. Juli 1971 (BGBl II 1971, 1001). Das (förmliche) Zustimmungsgesetz - sei es als sog. Transformationsakt, sei es als sog. Vollzugsbefehl („Rechtsanwendungsbefehl“, so Bundesverfassungsgericht , z. B. Beschluss vom 14. Oktober 2004 2 BvR 1481/04, BVerfGE 111, 307 „Görgülü“; Urteile vom 3. Juli 2007 2 BvE 2/07, BVerfGE 118, 244 „ISAF-Mandat“; vom 4. Mai 2011 2 BvR 2333/08, 2 BvR 2365/09, 2 BvR 571/10, 2 BvR 740/10, 2 BvR 1152/10, BVerfGE 128, 326 „Sicherungsverwahrung I und II“ dort insbesondere unter C.I.1 .a) - ist ein einseitiger Akt des deutschen Gesetzgebers. Der RHV AUT erhält dadurch innerstaatlich den Rang eines einfachen Bundesgesetzes, das infolge der normhierarchischen Gleichrangigkeit mit Vorbehalten versehen, aufgehoben oder geändert werden kann. Ob durch einen Vorbehalt bzw. durch die Aufhebung oder Änderung Völkerrecht verletzt würde, ist eine andere Frage, die die formale Wirksamkeit des Vorbehalts bzw. der Aufhebung oder Änderung nicht berührt. Wegen dieser Ausgangslage entspricht es herkömmlicherweise bis heute der wohl überwiegenden Rechtsauffassung im Schrifttum, dass der unilaterale „Bruch“ des völkervertragsrechtlich Vereinbarten zwar aus rechtspolitischer Sicht unerfreulich, dass darin aber kein verfassungsrelevanter Vorgang zu sehen ist (vgl. zur umfangreichen Literatur die Angaben in BFH- Beschluss vom 11. Dezember 2013 I R 4/13, BFHE 244, 1, BStBl II 2014, 791 m. w. N.). Dieser Auffassung hatte sich der I. Senat des BFH in seiner bisherigen Spruchpraxis zwar angeschlossen (z. B. BFH-Urteil vom 13. Juli 1994 I R 120/93, BFHE 175, 351, BStBl II 1995, 129, dort m. w. N.), wollte aber an dieser Spruchpraxis bereits mit seinem an das BVerfG gerichteten Vorlagebeschluss vom 10. Januar 2012 I R 66/09 (BFHE 236, 304) nicht festhalten (und hat dies bisher konsequent weiter vertreten vgl. BFH-Beschluss in BFHE 244, 1, BStBl II 2014, 791 m. w. N.).

(2) Die im Streitjahr geltende Rechtslage hinsichtlich der Zuständigkeit der Behörden weicht von der völkerrechtlichen Regelung im RHV AUT ab. Nach der Verwaltungsreform sind die entsprechenden Mittelbehörden in der Zollverwaltung nun gemäß § 1 Nr. 3 Finanzverwaltungsgesetz in der Fassung des Streitjahres (FVG) die Bundesfinanzdirektion und das Zollkriminalamt; die Oberfinanzdirektionen waren als Mittelbehörden nur in § 1 Nr. 3 FVG in der bis 31. Dezember 2007 geltenden Fassung (neben dem Zollkriminalamt, das bis 24. August 2002 eine Oberbehörde war) aufgeführt. Die Hauptzollämter dagegen sind nur örtliche Behörden gemäß § 1 Nr. 4 FVG. Jedoch durfte die Bundesstelle Vollstreckung Zoll beim Hauptzollamt Hannover die entsprechende Bestätigung im Sinne des Art. 11 Abs. 2 RHV AUT, dass der Exekutionstitel anerkannt und für vollstreckbar erklärt wird, erteilen. Denn durch § 3 Abs. 6 ZFdG wurde das Zollkriminalamt zur grundsätzlichen Zentralstelle der Zollverwaltung auf dem Gebiet der Amtshilfe und der Rechtshilfe, sowie des sonstigen Dienstverkehrs nach Maßgabe der völkerrechtlichen Vereinbarungen, soweit das Bundesministerium der Finanzen diese Aufgabe nicht selbst wahrnimmt oder einer anderen Zollbehörde überträgt. Im Bereich der Amtshilfe in Angelegenheiten der Beitreibung von Steuern und Abgaben und damit verbundenen Forderungen sind diese Aufgaben durch den Erlass des Bundesministeriums der Finanzen vom 10. November 2011 eindeutig der Bundesstelle Vollstreckung Zoll beim Hauptzollamt Hannover übertragen worden (Tz. I.c.2. des Erlasses; ebenso: Bundesministerium der Finanzen, Leitfaden internationaler Amts und Rechtshilfeverkehr in Zollangelegenheiten einschließlich Kleinfallregelungen für den Bereich der Rechtshilfe, vom 18. Juni 2014, III B 4 - Z4601/14/10005, Tz. III, n.v. juris, VSF-Portal). Der Gesetzgeber hat demgemäß durch späteres einfaches Bundesgesetz die ursprüngliche Regelung in dem Transformationsgesetz zum RHV AUT abgeändert und zugelassen, dass eine ursprünglich einer Mittelbehörde der Zollverwaltung zustehende Aufgabe nun entweder von einer anderen Mittelbehörde der Zollverwaltung wahrgenommen wird oder aber vom Bundesministerium der Finanzen durch Verwaltungsvorschrift einer örtlichen Behörde übertragen wird. Dass durch diese Regelung in einem einfachen - späteren - Bundesgesetz (§ 3 Abs. 6 ZFdG) und einer dieses Gesetz ausfüllenden Verwaltungsvorschrift von dem völkerrechtlichen Vertrag, der die Zuständigkeit eine Mittelbehörde vorsieht, abgewichen wurde, erscheint mit der herrschenden Meinung in der Literatur (vgl. nur Nettesheim in Maunz/Dürig, Grundgesetz -Kommentar, Art. 59 Rz. 186 f. [Lfg. 54, Jan. 2009], Schweitzer, Staatsrecht III, 10. Aufl. 2010, Rz. 432 ff., 441 ff.) nach Auffassung des Senats unbeachtlich. Die BFH-Rechtsprechung (vgl. nur BFH-Beschluss in BFHE 244, 1, BStBl II 2014, 791 m. w. N.) hat dagegen in den letzten Jahren wiederholt die aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Verpflichtung der staatlichen Organe zur völkerrechtlicher Verträge, die kraft Zustimmung gemäß Art. 59 Abs. 2 GG in den Rang eines innerstaatlichen Bundesgesetzes überführt worden sind, betont und ausgeführt, dass der Gesetzgeber grundsätzlich (von Ausnahmen abgesehen) gehalten ist, Völkervertragsrecht zu beachten.

dd) Im Streitfall haben demgemäß die nach dem RHV AUT sachlich zuständigen Behörden die entsprechenden Bescheinigungen erteilt.

f) Und auch im Übrigen entspricht nach der Auffassung des erkennenden Senats der angefochtene Verwaltungsakt den Voraussetzungen der Eingriffsregelungen des RHV AUT und des Abgabenrechts.

Soweit sich der Kläger mit Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit der zu vollstreckenden Titel aus Österreich wendet, kann er mit diesen Einwendungen im vorliegenden Verfahren nicht durchdringen. Denn Einwendungen gegen den zu vollstreckenden Verwaltungsakt sind gemäß § 256 AO außerhalb des Vollstreckungsverfahrens mit den hierfür zugelassenen Rechtsbehelfen zu verfolgen (BFH-Beschlüsse vom 2. August 2006 VII B 34/06, n.v. juris; vom 19. November 2002 VII B 129/02, BFH/NV 2003, 334; vom 1. August 2002 VII B 352/00, BFH/NV 2002, 1547). Nach dieser Maßgabe führen die Einwendungen des Klägers, dass die Vollstreckungstitel rechtswidrig seien, weil für ihn in Österreich keine Steuerpflicht besteht, nicht zum Erfolg. Soweit er vorträgt, dass die österreichischen Finanzbehörden eine rechtswidrige Zwangsvollstreckung in seinen BMW durchgeführt haben, hat dieser Einwand ebenfalls keinen Erfolg, denn für die Überprüfung von Einwendungen gegen Verwaltungshandeln österreichsicher Finanzbehörden ist das Finanzgericht nicht zuständig. Außerdem ergibt sich aus dem Beitreibungsersuchen des österreichischen Bundesministeriums für Finanzen vom 11. April 2014, dass die Versteigerung nicht zur vollständigen Tilgung der Rückstände geführt hat und der Rückstand noch in der im Rückstandsausweis ausgewiesenen Höhe besteht.

Im Übrigen erlaubt die im RHV AUT zwischen den Vertragsstaaten (ebenso wie die in den EU-Beitreibungsrichtlinien zwischen den Mitgliedsstaaten) festgelegte Kompetenzverteilung (vgl. Art. 11 Abs. 5 und 6 RHV AUT) es grundsätzlich nicht, dass die materielle Richtigkeit der Forderung und die Vollstreckbarkeit des Vollstreckungstitels vom ersuchten FA und vom FG überprüft werden (vgl. BFH-Urteile vom 3. November 2010 VII R 21/10, BFHE 231, 500, BStBl II 2011, 401; vom 11. Dezember 2012 VII R 70/11, BFHE 239, 501, BStBl II 2013, 475; jeweils m. w. N. zu Art. 12 Richtlinie 76/308/EWG des Rates vom 15. März 1976 über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen [... ] ).

2. Im Übrigen wäre im Streitfall eine Rechts- und Amtshilfe der deutschen Finanzbehörden, die nicht über den RHV AUT als Rechtsgrundlage geführt hätte, unzulässig gewesen. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 EU-Beitreibungsgesetz in der Fassung des Streitjahres (EU-BeitrG) wäre bei diesem Weg auch die Bundesstelle Vollstreckung Zoll für den Bereich der Zollverwaltung gemäß § 12 Abs. 2 FVG das für die Prüfung und Bearbeitung von Ersuchen zuständige Verbindungsbüro. Jedoch hätte im Streitfall die deutsche Zollverwaltung nach dem EU-BeitrG keine Amtshilfe leisten dürfen, denn es wäre ein Ablehnungsgrund i. S. des § 14 Abs. 2 Nr. 2 EU-BeitrG gegeben, da die zu vollstreckenden Forderungen älter als zehn Jahre sind; aus der Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion [...] ist nämlich zu entnehmen [...], dass die Forderungen im Mai 1990, Januar 1993 und Mai 1993 fällig wurden.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision wird zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).

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(1) Behörde ist jede öffentliche Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. (1a) Öffentliche Stellen des Bundes sind die Behörden, die Organe der Rechtspflege und andere öffentlich-rechtlich organisierte Einrichtungen des Bundes,

Zollfahndungsdienstgesetz - ZFdG 2021 | § 3 Aufgaben des Zollkriminalamtes als Zentralstelle


(1) Das Zollkriminalamt unterstützt als Zentralstelle die Behörden der Zollverwaltung 1. bei der Sicherung des Steueraufkommens und bei der Überwachung der Ausgaben nach Unionsrecht,2. bei der Aufdeckung unbekannter Steuerfälle und bei der Verhütung

Abgabenordnung - AO 1977 | § 256 Einwendungen gegen die Vollstreckung


Einwendungen gegen den zu vollstreckenden Verwaltungsakt sind außerhalb des Vollstreckungsverfahrens mit den hierfür zugelassenen Rechtsbehelfen zu verfolgen.

Finanzverwaltungsgesetz - FVG 1971 | § 12 Bezirk und Sitz der Hauptzollämter und Zollfahndungsämter sowie Aufgaben der Hauptzollämter


(1) Die Generalzolldirektion bestimmt den Bezirk und den Sitz der Hauptzollämter und der Zollfahndungsämter. (2) Die Hauptzollämter sind als örtliche Bundesbehörden für die Verwaltung der Zölle, der bundesgesetzlich geregelten Verbrauchsteuern einsc

Finanzverwaltungsgesetz - FVG 1971 | § 1 Bundesfinanzbehörden


Bundesfinanzbehörden sind1.als oberste Behörde:das Bundesministerium der Finanzen;2.als Oberbehörden:das Bundeszentralamt für Steuern, das Informationstechnikzentrum Bund und die Generalzolldirektion;3.als örtliche Behörden:die Hauptzollämter einschl

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Finanzgericht München Urteil, 28. Apr. 2015 - 10 K 2146/14 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

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Finanzgericht München Urteil, 28. Apr. 2015 - 10 K 2146/14

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Referenzen

Einwendungen gegen den zu vollstreckenden Verwaltungsakt sind außerhalb des Vollstreckungsverfahrens mit den hierfür zugelassenen Rechtsbehelfen zu verfolgen.

(1) Behörde ist jede öffentliche Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.

(1a) Öffentliche Stellen des Bundes sind die Behörden, die Organe der Rechtspflege und andere öffentlich-rechtlich organisierte Einrichtungen des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, der Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie deren Vereinigungen ungeachtet ihrer Rechtsform.

(1b) Öffentliche Stellen der Länder sind die Behörden, die Organe der Rechtspflege und andere öffentlich-rechtlich organisierte Einrichtungen eines Landes, einer Gemeinde, eines Gemeindeverbandes oder sonstiger der Aufsicht des Landes unterstehender juristischer Personen des öffentlichen Rechts sowie deren Vereinigungen ungeachtet ihrer Rechtsform.

(1c) Vereinigungen des privaten Rechts von öffentlichen Stellen des Bundes und der Länder, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen, gelten ungeachtet der Beteiligung nicht-öffentlicher Stellen als öffentliche Stellen des Bundes, wenn

1.
sie über den Bereich eines Landes hinaus tätig werden oder
2.
dem Bund die absolute Mehrheit der Anteile gehört oder die absolute Mehrheit der Stimmen zusteht.
Anderenfalls gelten sie als öffentliche Stellen der Länder.

(1d) Nicht-öffentliche Stellen sind natürliche und juristische Personen, Gesellschaften und andere Personenvereinigungen des privaten Rechts, soweit sie nicht unter die Absätze 1a bis 1c fallen. Nimmt eine nicht-öffentliche Stelle hoheitliche Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr, ist sie insoweit öffentliche Stelle im Sinne dieses Gesetzes.

(1e) Öffentliche Stellen des Bundes oder der Länder gelten als nicht-öffentliche Stellen im Sinne dieses Gesetzes, soweit sie als öffentlich-rechtliche Unternehmen am Wettbewerb teilnehmen.

(2) Finanzbehörden im Sinne dieses Gesetzes sind die folgenden im Gesetz über die Finanzverwaltung genannten Bundes- und Landesfinanzbehörden:

1.
das Bundesministerium der Finanzen und die für die Finanzverwaltung zuständigen obersten Landesbehörden als oberste Behörden,
2.
das Bundeszentralamt für Steuern, das Informationstechnikzentrum Bund und die Generalzolldirektion als Bundesoberbehörden,
3.
Rechenzentren sowie Landesfinanzbehörden, denen durch eine Rechtsverordnung nach § 17 Absatz 2 Satz 3 Nummer 3 des Finanzverwaltungsgesetzes die landesweite Zuständigkeit für Kassengeschäfte und das Erhebungsverfahren einschließlich der Vollstreckung übertragen worden ist, als Landesoberbehörden,
4.
die Oberfinanzdirektionen als Mittelbehörden,
4a.
die nach dem Finanzverwaltungsgesetz oder nach Landesrecht an Stelle einer Oberfinanzdirektion eingerichteten Landesfinanzbehörden,
5.
die Hauptzollämter einschließlich ihrer Dienststellen, die Zollfahndungsämter, die Finanzämter und die besonderen Landesfinanzbehörden als örtliche Behörden,
6.
Familienkassen,
7.
die zentrale Stelle im Sinne des § 81 des Einkommensteuergesetzes und
8.
die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (§ 40a Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes).

(1) Das Zollkriminalamt unterstützt als Zentralstelle die Behörden der Zollverwaltung

1.
bei der Sicherung des Steueraufkommens und bei der Überwachung der Ausgaben nach Unionsrecht,
2.
bei der Aufdeckung unbekannter Steuerfälle und bei der Verhütung und Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, die diese zu erforschen und zu verfolgen haben, und
3.
durch das Bereitstellen von Ergebnissen des Risikomanagements nach Absatz 2.

(2) Dem Zollkriminalamt obliegen als Zentralstelle für den Zuständigkeitsbereich der Zollverwaltung die in Satz 3 genannten Aufgaben des Risikomanagements nach Artikel 46 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1; L 287 vom 29.10.2013, S. 90; L 267 vom 30.9.2016, S. 2), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2016/2339 (ABl. L 354 vom 23.12.2016, S. 32) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, sowie nach § 88 Absatz 5 der Abgabenordnung. Darüber hinaus nimmt das Zollkriminalamt Aufgaben des Risikomanagements zur Aufgabenerfüllung nach § 1 des Zollverwaltungsgesetzes, ausgenommen die Bekämpfung der Schwarzarbeit und der illegalen Beschäftigung, wahr. Die Aufgaben des Risikomanagements umfassen insbesondere:

1.
das Erheben von Informationen und Daten aus dem Bereich
a)
des innerstaatlichen, grenzüberschreitenden und internationalen Waren-, Kapital- und Dienstleistungsverkehrs sowie
b)
der Verbrauch- und Verkehrsteuern,
2.
die Analyse und Bewertung der nach Nummer 1 erhobenen Daten hinsichtlich der Risiken sowie
3.
die Überwachung und Überprüfung des Risikomanagement-Prozesses und seiner Ergebnisse auf der Grundlage internationaler, unionsinterner und einzelstaatlicher Quellen und Strategien.

(3) Das Zollkriminalamt entwickelt und betreibt als Zentralstelle für den Zollfahndungsdienst und für die anderen ermittlungsführenden Dienststellen der Zollverwaltung ein Zollfahndungsinformationssystem nach Maßgabe dieses Gesetzes.

(4) Das Zollkriminalamt nimmt als Zentralstelle die Aufgabe einer Erfassungs- und Übermittlungsstelle für Daten in nationalen und internationalen Informationssystemen wahr, an die die Behörden der Zollverwaltung angeschlossen sind, soweit das Bundesministerium der Finanzen nicht eine andere Zolldienststelle zur Erfassungs- und Übermittlungsstelle bestimmt.

(5) Das Zollkriminalamt koordiniert und lenkt als Zentralstelle die Ermittlungen der Zollfahndungsämter. Es koordiniert und lenkt als Zentralstelle auch die Ermittlungen anderer Dienststellen der Zollverwaltung, soweit diese die Ermittlungen nicht selbständig im Sinne des § 386 Absatz 2 der Abgabenordnung führen, nicht jedoch bei Ermittlungen im Bereich der Bekämpfung der Schwarzarbeit und der illegalen Beschäftigung. Das Zollkriminalamt nimmt bei Ermittlungen als nationaler Ansprechpartner die erforderlichen Koordinierungsaufgaben gegenüber den zuständigen öffentlichen Stellen anderer Staaten wahr.

(6) Das Zollkriminalamt hat als Zentralstelle zur Unterstützung der Behörden der Zollverwaltung

1.
erkennungsdienstliche Einrichtungen und Sammlungen zu unterhalten,
2.
Einrichtungen für kriminaltechnische Untersuchungen zu unterhalten,
3.
die erforderliche Einsatzunterstützung zu gewähren, insbesondere durch den Einsatz von Verdeckten Ermittlern und durch die Bereitstellung von Spezialeinheiten und bestimmten Sachmitteln, und
4.
zollfahndungsspezifische Analysen, Statistiken und Lagebilder zu erstellen und hierfür die Entwicklung der Kriminalität im Zuständigkeitsbereich der Zollverwaltung zu beobachten.

(7) Das Zollkriminalamt verkehrt als Zentralstelle

1.
auf dem Gebiet der Amts- und Rechtshilfe sowie des sonstigen Dienstverkehrs im Rahmen der Zuständigkeit der Zollverwaltung
a)
nach Maßgabe völkerrechtlicher Vereinbarungen oder anderer Rechtsvorschriften mit öffentlichen Stellen anderer Staaten und zwischenstaatlichen Stellen,
b)
nach Maßgabe des Unionsrechts mit Stellen der Europäischen Union,
2.
für den Zollfahndungsdienst mit Verbänden und Institutionen und
3.
mit den für den Staatsschutz zuständigen Stellen des Bundes und der Länder,
soweit das Bundesministerium der Finanzen die Aufgaben nach den Nummern 1 und 2 nicht selbst wahrnimmt oder eine abweichende Zuweisung vorsieht. Das Zollkriminalamt tauscht sich als Zentralstelle für die Behörden der Zollverwaltung mit den vorgenannten und sonstigen Stellen für Zwecke des Risikomanagements im Sinne des Absatzes 2 aus. Hierfür unterhält das Zollkriminalamt Informationssysteme nach Maßgabe internationaler Vereinbarungen und anderer Rechtsvorschriften.

(8) Das Bundesministerium der Finanzen kann dem Zollkriminalamt Aufgaben übertragen bei der Anwendung des Rahmenbeschlusses 2006/960/JI des Rates vom 18. Dezember 2006 über die Vereinfachung des Austauschs von Informationen und Erkenntnissen zwischen den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (ABl. L 386 vom 29.12.2006, S. 89; L 75 vom 15.3.2007, S. 26). Die Übertragung bedarf des Einvernehmens aller obersten Finanzbehörden der Länder. Übertragbar sind Aufgaben zur Unterstützung des Geschäftsverkehrs zwischen

1.
den mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden und den Polizeibehörden oder
2.
sonstigen für die Verhütung und Verfolgung von Straftaten zuständigen Stellen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Schengenassoziierten Staates im Sinne des § 91 Absatz 3 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen.

(9) Das Zollkriminalamt legt als Zentralstelle für den Zollfahndungsdienst angemessene technische und organisatorische Maßnahmen zur Umsetzung von Datenschutzgrundsätzen, insbesondere der Grundsätze der Datenvermeidung und Datensparsamkeit, einschließlich der Pseudonymisierung fest.

(10) Das Zollkriminalamt wirkt bei der fachlichen Fortbildung der Zollbeamten zu Zollfahndungsbeamten sowie bei deren Weiterbildung mit. Es ist insoweit Bildungsstätte der Bundesfinanzverwaltung.

(11) Das Zollkriminalamt hat zur Wahrnehmung seiner Aufgaben nach den Absätzen 1 bis 7 und nach Absatz 9 sowie nach den §§ 4, 6 und 7

1.
alle hierfür erforderlichen Informationen zu erheben und auszuwerten sowie
2.
die Behörden der Zollverwaltung über die sie betreffenden Erkenntnisse zu unterrichten.

(12) Das Zollkriminalamt kann auf Ersuchen von Finanzbehörden, Staatsanwaltschaften und Gerichten kriminaltechnische Gutachten erstellen.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung, in den Fällen des § 100 Abs. 2 auch die Änderung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) oder zu einer anderen Leistung begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts oder einer anderen Leistung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(3) Verwaltet eine Finanzbehörde des Bundes oder eines Landes eine Abgabe ganz oder teilweise für andere Abgabenberechtigte, so können diese in den Fällen Klage erheben, in denen der Bund oder das Land die Abgabe oder einen Teil der Abgabe unmittelbar oder mittelbar schulden würde.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist als Rechtsanwalt in Deutschland und Mallorca geschäftsansässig und Gesellschafter-Geschäftsführer einer spanischen Gesellschaft. Wegen nicht beitreibbarer Steuerschulden dieser Gesellschaft nahm das Finanzamt für Steuererhebung auf den Balearischen Inseln (spanisches FA) den Kläger mit Haftungsbescheid vom 19. November 2007 in Anspruch. Die dagegen eingelegte Steuerbeschwerde und die beim Finanzgericht der Balearischen Inseln (spanisches FG) erhobene Klage hatten keinen Erfolg. Nach seinen unbelegten Angaben hat der Kläger gegen dieses Urteil Rekurs zum Zentralfinanzgericht eingelegt. Zum Stand des von der Gesellschaft gegen den Steuerbescheid in Anspruch genommenen Rechtsschutzes hat sich der Kläger nicht geäußert.

2

Nachdem der Kläger auf den Haftungsbescheid nicht gezahlt hatte, erließ das Regionalfinanzamt der Balearen am 1. Februar 2008 eine Vollstreckungsanordnung, die dem Rechtsanwalt des Klägers am 15. Februar 2008 zugestellt wurde.

3

Mit E-Mail vom 22. Juni 2009 übersandte die Staatsbehörde für Steuerverwaltung in Madrid über das CCN/CSI-Netz an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) elektronisch ein Beitreibungsersuchen. Der E-Mail waren die Vollstreckungsanordnung im PDF-Format und das Formular "Ersuchen um Beitreibung gemäß Art. 6 der Richtlinie 2008/55/EG" im Word-Format angefügt. Das BZSt leitete die E-Mail an die … Finanzbehörde und diese sandte sie dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) zu.

4

Das FA erließ aufgrund dieses Ersuchens am 24. Juli 2009 eine Zahlungsaufforderung. Dagegen legte der Kläger Einspruch ein und beantragte Aussetzung der Vollziehung (AdV). Mit Schreiben vom 31. August 2009 holte das FA die vom Kläger beanstandeten Angaben nach und lehnte die AdV ab. Über den Einspruch ist bislang nicht entschieden.

5

Unter dem 27. August 2009 pfändete das FA bei sich selbst als Drittschuldner Steuererstattungsansprüche des Klägers zur Beitreibung der Forderung der spanischen Steuerbehörde und ordnete die Einziehung an. Gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung legte der Kläger Einspruch ein und beantragte insoweit AdV.

6

Auf Antrag des Klägers gewährte das Finanzgericht (FG) AdV gegen Sicherheitsleistung, weil es wegen der elektronischen Übermittlung Zweifel an der Rechtmäßigkeit "des Leistungsgebots" hatte. Auf die Beschwerde des FA hob der Bundesfinanzhof (BFH) diesen Beschluss auf und lehnte den Antrag auf AdV ab. Die Zahlungsaufforderung sei kein Leistungsgebot; dieses sei bereits mit dem spanischen Haftungsbescheid verbunden gewesen.

7

Die auf Unterlassung der weiteren Vollstreckung der Haftungsschuld, hilfsweise Feststellung der Rechtswidrigkeit der Vollstreckung aus dem Beitreibungsersuchen erhobene Klage blieb erfolglos. Im Klageverfahren hat die spanische Steuerbehörde die Vollstreckungsanordnung vom 1. Februar 2008 in Papierform übersandt.

8

Das FG wies die Unterlassungsklage als unzulässig ab, weil der Kläger nicht konkret dargelegt habe, welche irreparablen Nachteile ihm drohten, wenn das FA weitere Vollstreckungsmaßnahmen ergreife und er dann dagegen Einspruch einlegen bzw. nachfolgend Anfechtungsklage erheben und zugleich AdV beantrage. Auch die Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der bereits ergriffenen Vollstreckungsmaßnahmen hielt es für unzulässig, weil sie subsidiär zu Einspruch und Anfechtungsklage sei. Dagegen sah es die Feststellungsklage mit dem Ziel, die Rechtswidrigkeit weiterer, noch nicht durchgeführter Vollstreckungsmaßnahmen wegen Mängeln des Beitreibungsersuchens festzustellen, insbesondere wegen des Gebots effektiven Rechtsschutzes als zulässig an, wies sie aber als unbegründet ab.

9

Das FG hat die Revision u.a. zur Klärung der Frage zugelassen, ob und ggf. mit welcher Klageart Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der Beitreibungshilfe insgesamt geltend gemacht werden können, auch wenn konkret drohende irreparable Schäden durch eine bevorstehende Vollstreckung nicht vorgetragen werden. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 482 veröffentlicht.

10

Mit seiner Revision wendet sich der Kläger im Wesentlichen gegen die Ausführungen des FG zur Unbegründetheit der vorbeugenden Feststellungsklage.

11

Der Kläger beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und das FA zu verurteilen, weitere Vollstreckungsmaßnahmen aus dem Beitreibungsersuchen des Regionalfinanzamtes der Balearen zu unterlassen, hilfsweise festzustellen, dass die Vollstreckung aus dem Beitreibungsersuchen rechtswidrig ist.

12

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen. Es schließt sich im Wesentlichen den Ausführungen des FG an und stellt darüber hinaus in Frage, inwiefern den Finanzbehörden die Prüfung des ordre public obliege, ob diese nicht vielmehr den Gerichten überlassen sei.

Entscheidungsgründe

13

II. Die Revision ist unbegründet. Das Urteil des FG verletzt zwar Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), soweit die vorbeugende Feststellungsklage als unbegründet, statt als unzulässig zurückgewiesen worden ist. Es hat aber Bestand, weil der Urteilstenor richtig ist (§ 126 Abs. 4 FGO; vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 126 Rz 8, m.w.N.).

14

1. Das FG hat den Hauptantrag des Klägers zu Recht als Unterlassungsklage gewertet und als unzulässig angesehen.

15

Der Kläger will mit dem Antrag erreichen, dass das FA weitere Vollstreckungsmaßnahmen aufgrund des spanischen Beitreibungsersuchens unterlässt. Für einen solchen vorbeugenden Rechtsschutz ist angesichts des Rechtsschutzsystems der FGO ein besonders intensives Rechtsschutzinteresse Voraussetzung (vgl. Braun in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 40 FGO Rz 146). Geht es darum, eine behördliche Maßnahme abzuwehren, bietet die FGO dem Rechtssuchenden neben Einspruch und Anfechtungsklage einstweiligen Rechtsschutz durch Aussetzung der Vollziehung (§ 69 FGO) bzw. einstweilige Anordnung (§ 114 FGO). Für eine Unterlassungsklage ist nur dann Raum, wenn das erstrebte Schutzziel mit diesen Rechtsbehelfen nicht erreicht werden kann, wenn also substantiiert und in sich schlüssig dargetan wird, durch ein bestimmtes, künftig zu erwartendes Handeln einer Behörde in den Rechten verletzt zu sein, und ein Abwarten der tatsächlichen Rechtsverletzung unzumutbar ist, weil die Rechtsverletzung dann nicht oder nur schwerlich wiedergutzumachen ist (BFH-Urteile vom 27. Oktober 1993 I R 25/92, BFHE 172, 488, BStBl II 1994, 210; vom 19. März 1998 VII R 73/97, BFHE 186, 179, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 1998, 861).

16

Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) hat der Kläger nicht dargelegt, welche irreparablen Nachteile ihm drohten, wenn er gegen weitere Vollstreckungsmaßnahmen des FA mit Einspruch, Klage und Aussetzungsantrag vorginge. Auch mit der Revision macht der Kläger allgemein "drohende Eingriffe in die Eigentums- und Vermögenspositionen" geltend. Inwieweit dadurch nicht wiedergutzumachende Schäden zu erwarten wären, hat er nicht dargelegt.

17

2. Die Unzulässigkeit der auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der bereits ergriffenen Vollstreckungshandlungen gerichteten Klage hat das FG zutreffend mit der in § 41 Abs. 2 Satz 1 FGO angeordneten Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber einer Anfechtungsklage begründet.

18

3. Entgegen der Rechtsauffassung des FG ist die Klage, soweit mit ihr die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer künftigen Vollstreckung aus dem Beitreibungsersuchen erreicht werden soll, ebenfalls nicht zulässig. Der Kläger hat kein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung des Rechtsverhältnisses i.S. des § 41 Abs. 1 FGO. Das danach erforderliche Feststellungsinteresse ist eine besondere Erscheinungsform des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses. Deshalb ist die Feststellungsklage nicht gegeben, wenn der Kläger sein Prozessziel auf anderem Wege schneller, einfacher und billiger erreichen kann (vgl. Senatsurteil vom 23. November 1993 VII R 56/93, BFHE 173, 201, BStBl II 1994, 356, m.w.N.).

19

Im Streitfall will der Kläger im Kern die Feststellung erreichen, dass das spanische Beitreibungsersuchen keine wirksame Vollstreckungsgrundlage darstellt. Die Frage der Rechtmäßigkeit dieses Ersuchens stellt sich aber als Vorfrage schon in dem vom Kläger angestrengten Klageverfahren gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung, so dass ein weiteres Klageverfahren unnötigen Doppelaufwand bedeutete. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, diese Frage losgelöst von der konkreten, bereits getroffenen Vollstreckungsmaßnahme zu klären.

20

Anders könnte sich die Zulässigkeit der Feststellungsklage darstellen, wenn eine Vollstreckung aus dem umstrittenen Beitreibungsersuchen erstmalig bevorstünde. Für diesen Fall könnten die Erwägungen, die das FG bewogen haben, die Zulässigkeit zu bejahen, berechtigt sein. Denn dann wäre in der Tat zu erwägen, ob das Gebot effektiven Rechtsschutzes eine gerichtliche Klärung der Vollstreckungsvoraussetzungen im Vorhinein jedenfalls dann erfordert, wenn die zu erwartenden Vollstreckungsmaßnahmen über die reine Geldleistung hinausgehende einschneidende Beeinträchtigungen mit sich brächten, vor welchen eine AdV der Vollstreckungsmaßnahmen nicht schützen könnte.

21

Ein solcher Sachverhalt lag offenbar dem vom FG herangezogenen Senatsurteil vom 3. November 2010 VII R 21/10 (BFHE 231, 500, BStBl II 2011, 401) zugrunde. Denn in dem dortigen Fall war die Frage, ob ein Beitreibungsersuchen wegen Verstoßes gegen den ordre public zur Rechtswidrigkeit einer Vollstreckungsmaßnahme führen könnte, im Zusammenhang mit der Androhung einer Bürgschaftsverwertung, also vor Beginn der Vollstreckung, zu klären. Zwar hat sich der Senat zur Zulässigkeit der Feststellungsklage nicht ausdrücklich geäußert. Allerdings ist davon auszugehen, dass inzident die Zulässigkeit der Feststellungsklage bejaht wurde. Der Kläger konnte nicht auf die Anfechtung einer bereits ergangenen Vollstreckungsmaßnahme verwiesen werden, so dass die Feststellungsklage wohl als der gebotene Rechtsschutz angesehen wurde. Diesem Urteil kann --anders als das FG meint-- nicht entnommen werden, dass die vorbeugende Feststellungklage zur Klärung von Vollstreckungsvoraussetzungen stets zulässig ist, also auch, wenn --wie im vorliegenden Fall-- die Klärung der Rechtsfrage im Anfechtungsverfahren --und dort vorrangig-- möglich ist.

22

Auch das vom FG für die Zulässigkeit der Feststellungklage vorgebrachte weitere Argument, dass es im Fall einer vor einer ersten Vollstreckungsmaßnahme erlassenen einstweiligen Anordnung gegen das FA, die Vollstreckung zu unterlassen, nie zu einer Anfechtungsklage kommen könne, in der die Einwendungen gegen die Vollstreckungsvoraussetzungen geprüft werden könnten, ist in der eben beschriebenen Konstellation des Streitfalles, in dem bereits vollstreckt worden ist, nicht einschlägig.

23

4. Im Übrigen wäre die Zulassung einer Feststellungklage bei gleichzeitiger Unzulässigkeit der Unterlassungsklage im Streitfall widersprüchlich. Besteht nämlich kein Rechtsschutzinteresse für die Unterlassungsklage, weil nach den Feststellungen des FG für den Kläger mit der Möglichkeit, im Zeitpunkt der Vornahme einer Vollstreckungsmaßnahme eine AdV zu erwirken, ausreichender Rechtsschutz besteht, so spricht dieser Gesichtspunkt auch gegen das besondere Feststellunginteresse i.S. des § 41 Abs. 1 FGO.

Die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 125 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können.

Bundesfinanzbehörden sind

1.
als oberste Behörde:das Bundesministerium der Finanzen;
2.
als Oberbehörden:das Bundeszentralamt für Steuern, das Informationstechnikzentrum Bund und die Generalzolldirektion;
3.
als örtliche Behörden:die Hauptzollämter einschließlich ihrer Dienststellen (Zollämter) und die Zollfahndungsämter.

(1) Das Zollkriminalamt unterstützt als Zentralstelle die Behörden der Zollverwaltung

1.
bei der Sicherung des Steueraufkommens und bei der Überwachung der Ausgaben nach Unionsrecht,
2.
bei der Aufdeckung unbekannter Steuerfälle und bei der Verhütung und Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, die diese zu erforschen und zu verfolgen haben, und
3.
durch das Bereitstellen von Ergebnissen des Risikomanagements nach Absatz 2.

(2) Dem Zollkriminalamt obliegen als Zentralstelle für den Zuständigkeitsbereich der Zollverwaltung die in Satz 3 genannten Aufgaben des Risikomanagements nach Artikel 46 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1; L 287 vom 29.10.2013, S. 90; L 267 vom 30.9.2016, S. 2), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2016/2339 (ABl. L 354 vom 23.12.2016, S. 32) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, sowie nach § 88 Absatz 5 der Abgabenordnung. Darüber hinaus nimmt das Zollkriminalamt Aufgaben des Risikomanagements zur Aufgabenerfüllung nach § 1 des Zollverwaltungsgesetzes, ausgenommen die Bekämpfung der Schwarzarbeit und der illegalen Beschäftigung, wahr. Die Aufgaben des Risikomanagements umfassen insbesondere:

1.
das Erheben von Informationen und Daten aus dem Bereich
a)
des innerstaatlichen, grenzüberschreitenden und internationalen Waren-, Kapital- und Dienstleistungsverkehrs sowie
b)
der Verbrauch- und Verkehrsteuern,
2.
die Analyse und Bewertung der nach Nummer 1 erhobenen Daten hinsichtlich der Risiken sowie
3.
die Überwachung und Überprüfung des Risikomanagement-Prozesses und seiner Ergebnisse auf der Grundlage internationaler, unionsinterner und einzelstaatlicher Quellen und Strategien.

(3) Das Zollkriminalamt entwickelt und betreibt als Zentralstelle für den Zollfahndungsdienst und für die anderen ermittlungsführenden Dienststellen der Zollverwaltung ein Zollfahndungsinformationssystem nach Maßgabe dieses Gesetzes.

(4) Das Zollkriminalamt nimmt als Zentralstelle die Aufgabe einer Erfassungs- und Übermittlungsstelle für Daten in nationalen und internationalen Informationssystemen wahr, an die die Behörden der Zollverwaltung angeschlossen sind, soweit das Bundesministerium der Finanzen nicht eine andere Zolldienststelle zur Erfassungs- und Übermittlungsstelle bestimmt.

(5) Das Zollkriminalamt koordiniert und lenkt als Zentralstelle die Ermittlungen der Zollfahndungsämter. Es koordiniert und lenkt als Zentralstelle auch die Ermittlungen anderer Dienststellen der Zollverwaltung, soweit diese die Ermittlungen nicht selbständig im Sinne des § 386 Absatz 2 der Abgabenordnung führen, nicht jedoch bei Ermittlungen im Bereich der Bekämpfung der Schwarzarbeit und der illegalen Beschäftigung. Das Zollkriminalamt nimmt bei Ermittlungen als nationaler Ansprechpartner die erforderlichen Koordinierungsaufgaben gegenüber den zuständigen öffentlichen Stellen anderer Staaten wahr.

(6) Das Zollkriminalamt hat als Zentralstelle zur Unterstützung der Behörden der Zollverwaltung

1.
erkennungsdienstliche Einrichtungen und Sammlungen zu unterhalten,
2.
Einrichtungen für kriminaltechnische Untersuchungen zu unterhalten,
3.
die erforderliche Einsatzunterstützung zu gewähren, insbesondere durch den Einsatz von Verdeckten Ermittlern und durch die Bereitstellung von Spezialeinheiten und bestimmten Sachmitteln, und
4.
zollfahndungsspezifische Analysen, Statistiken und Lagebilder zu erstellen und hierfür die Entwicklung der Kriminalität im Zuständigkeitsbereich der Zollverwaltung zu beobachten.

(7) Das Zollkriminalamt verkehrt als Zentralstelle

1.
auf dem Gebiet der Amts- und Rechtshilfe sowie des sonstigen Dienstverkehrs im Rahmen der Zuständigkeit der Zollverwaltung
a)
nach Maßgabe völkerrechtlicher Vereinbarungen oder anderer Rechtsvorschriften mit öffentlichen Stellen anderer Staaten und zwischenstaatlichen Stellen,
b)
nach Maßgabe des Unionsrechts mit Stellen der Europäischen Union,
2.
für den Zollfahndungsdienst mit Verbänden und Institutionen und
3.
mit den für den Staatsschutz zuständigen Stellen des Bundes und der Länder,
soweit das Bundesministerium der Finanzen die Aufgaben nach den Nummern 1 und 2 nicht selbst wahrnimmt oder eine abweichende Zuweisung vorsieht. Das Zollkriminalamt tauscht sich als Zentralstelle für die Behörden der Zollverwaltung mit den vorgenannten und sonstigen Stellen für Zwecke des Risikomanagements im Sinne des Absatzes 2 aus. Hierfür unterhält das Zollkriminalamt Informationssysteme nach Maßgabe internationaler Vereinbarungen und anderer Rechtsvorschriften.

(8) Das Bundesministerium der Finanzen kann dem Zollkriminalamt Aufgaben übertragen bei der Anwendung des Rahmenbeschlusses 2006/960/JI des Rates vom 18. Dezember 2006 über die Vereinfachung des Austauschs von Informationen und Erkenntnissen zwischen den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (ABl. L 386 vom 29.12.2006, S. 89; L 75 vom 15.3.2007, S. 26). Die Übertragung bedarf des Einvernehmens aller obersten Finanzbehörden der Länder. Übertragbar sind Aufgaben zur Unterstützung des Geschäftsverkehrs zwischen

1.
den mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden und den Polizeibehörden oder
2.
sonstigen für die Verhütung und Verfolgung von Straftaten zuständigen Stellen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Schengenassoziierten Staates im Sinne des § 91 Absatz 3 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen.

(9) Das Zollkriminalamt legt als Zentralstelle für den Zollfahndungsdienst angemessene technische und organisatorische Maßnahmen zur Umsetzung von Datenschutzgrundsätzen, insbesondere der Grundsätze der Datenvermeidung und Datensparsamkeit, einschließlich der Pseudonymisierung fest.

(10) Das Zollkriminalamt wirkt bei der fachlichen Fortbildung der Zollbeamten zu Zollfahndungsbeamten sowie bei deren Weiterbildung mit. Es ist insoweit Bildungsstätte der Bundesfinanzverwaltung.

(11) Das Zollkriminalamt hat zur Wahrnehmung seiner Aufgaben nach den Absätzen 1 bis 7 und nach Absatz 9 sowie nach den §§ 4, 6 und 7

1.
alle hierfür erforderlichen Informationen zu erheben und auszuwerten sowie
2.
die Behörden der Zollverwaltung über die sie betreffenden Erkenntnisse zu unterrichten.

(12) Das Zollkriminalamt kann auf Ersuchen von Finanzbehörden, Staatsanwaltschaften und Gerichten kriminaltechnische Gutachten erstellen.

(1) Der Bundespräsident vertritt den Bund völkerrechtlich. Er schließt im Namen des Bundes die Verträge mit auswärtigen Staaten. Er beglaubigt und empfängt die Gesandten.

(2) Verträge, welche die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, bedürfen der Zustimmung oder der Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften in der Form eines Bundesgesetzes. Für Verwaltungsabkommen gelten die Vorschriften über die Bundesverwaltung entsprechend.

Einwendungen gegen den zu vollstreckenden Verwaltungsakt sind außerhalb des Vollstreckungsverfahrens mit den hierfür zugelassenen Rechtsbehelfen zu verfolgen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist im Jahr 1995 durch Verschmelzung Rechtsnachfolgerin der X GmbH geworden. Mit Beitreibungsersuchen vom 14. Dezember 2004 bat die italienische Zollverwaltung den Beklagten und Revisionsbeklagten (das Hauptzollamt --HZA--) um Vollstreckung einer Forderung aus einer im Oktober 1995 der X GmbH an ihrem Sitz in Deutschland zugestellten Zahlungsaufforderung eines Zollamts (ZA) in Italien vom 26. Mai 1995. In dem Beitreibungsersuchen war ein Urteil eines italienischen Oberlandesgerichts vom November 2000 als neuer vollstreckbarer Titel bezeichnet, das in beglaubigter Kopie mit einer Übersetzung ins Deutsche beigefügt war. Das italienische Oberlandesgericht bestätigte das Urteil eines italienischen Gerichts erster Instanz, mit dem die Klage der Klägerin gegen die Zahlungsaufforderung des italienischen ZA aufgrund verspäteter Einlegung eines Rechtsbehelfs abgewiesen worden ist. In dem Beitreibungsersuchen waren u.a. der geschuldete Betrag sowie Zinsen und Kosten, der Zeitpunkt der Vollstreckbarkeit und das Bekanntgabedatum des Vollstreckungstitels benannt. Zudem wurde bestätigt, dass die in Art. 7 Abs. 2 Buchst. a und b der Richtlinie 76/308/EWG (RL 76/308/EWG) des Rates vom 15. März 1976 über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen im Zusammenhang mit Maßnahmen, die Bestandteil des Finanzierungssystems des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft sind, sowie von Abschöpfungen und Zöllen --Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (ABlEG) Nr. L 73/18-- (inzwischen ersetzt durch die Richtlinie 2008/55/EG des Rates vom 26. Mai 2008 über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Abgaben, Zölle, Steuern und sonstige Maßnahmen, Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 150/28) genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

2

Das HZA forderte die Klägerin zur Zahlung des von den italienischen Behörden angeforderten Betrags auf und kündigte mit Schreiben vom 7. April 2005 die Vollstreckung an. Nachdem das HZA aufgrund der Hinterlegung einer Bürgschaftsurkunde die bereits eingeleiteten Vollstreckungsmaßnahmen mit Bescheid vom 25. Mai 2005 einstweilen ausgesetzt und Vollstreckungsaufschub gewährt hatte, und nachdem die italienische Zollverwaltung der Bundesfinanzdirektion Mitte mitgeteilt hatte, dass die von der Klägerin bei der obersten Dienststelle des ZA eingelegte Verwaltungsbeschwerde abgewiesen worden sei, erging mit Schreiben vom 26. März 2008 eine weitere Zahlungsaufforderung mit dem Hinweis an die Klägerin, dass die zur Sicherheit hinterlegte Bürgschaftsurkunde verwertet werde, wenn bis zum 15. April 2008 keine Zahlung erfolgt sei.

3

Einspruch und Klage gegen die Androhung der Bürgschaftsverwertung hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, dass das HZA die Verwertung zu Recht angekündigt habe (vgl. Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 2010, Beilage 3, 33). Sämtliche Voraussetzungen für eine Vollstreckung nach dem Gesetz zur Durchführung der EG-Beitreibungsrichtlinie seien im Streitfall erfüllt. Es liege ein vollstreckbarer Titel vor, der sich aus dem Urteil des italienischen Oberlandesgerichts ergebe, das die Rechtmäßigkeit der an die Klägerin gerichteten Zahlungsaufforderung bestätigt habe. Ferner habe die ersuchende Behörde bestätigt, dass die in Art. 7 Abs. 2 Buchst. a und b RL 76/308/EWG genannten Voraussetzungen erfüllt seien. Unstreitig sei zwischen den Beteiligten, dass der Rechtsweg in Italien erschöpft sei. Es könne dahinstehen, ob die Klägerin einen Steuerbescheid erhalten habe. Denn das Urteil des italienischen Oberlandesgerichts trete an die Stelle des erforderlichen vollziehbaren Verwaltungsakts i.S. des § 251 Abs. 1 der Abgabenordnung. Ebenso wenig sei entscheidungserheblich, ob die Zahlungsaufforderung rechtmäßig zustande gekommen oder von den italienischen Gerichten zu Recht bestätigt worden sei. Der Hilfsantrag der Klägerin, der auf die Feststellung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des italienischen Oberlandesgerichts gerichtet sei, sei zwar zulässig, jedoch könne er der Klage deshalb nicht zum Erfolg verhelfen, weil die Zwangsvollstreckung auf der Grundlage des Urteils dieses Gerichts zulässig sei.

4

Mit ihrer Revision begehrt die Klägerin die Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und der angefochtenen Verwaltungsentscheidungen sowie die Feststellung, dass die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des italienischen Oberlandesgerichts unzulässig ist. Zur Begründung trägt sie vor, dass die Entscheidung des italienischen Oberlandesgerichts ihren Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--) verletze. Die Zahlungsaufforderung sei ohne Begründung und ohne Rechtsmittelbelehrung in italienischer Sprache ergangen. Deshalb habe der an sich gebotene Rechtsbehelf innerhalb von 15 Tagen nicht fristgemäß eingelegt werden können. Nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 14. Januar 2010 C-233/08 (Europäische Zeitschrift für Wirtschaft --EuZW-- 2010, 146) sei dem Empfänger eines Vollstreckungstitels dieser Titel in einer Amtssprache des Mitgliedstaats zuzustellen, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz habe. Zu Unrecht sei die Klage von den italienischen Gerichten allein aufgrund der Verfristung als unzulässig abgewiesen worden. Das Urteil des italienischen Oberlandesgerichts trage den rechtswidrigen Verwaltungsakt in sich. Somit verstoße die Vollstreckung aus diesem Urteil gegen wesentliche Grundsätze der deutschen Rechtsordnung. Daraufhin sei das Urteil des italienischen Oberlandesgerichts auch von einem deutschen Gericht überprüfbar. Einen Steuerbescheid (sog. Iscrizione a Ruolo) habe die italienische Zollverwaltung nie erlassen. Gegenstand der gerichtlichen Verfahren in Italien sei lediglich eine Zahlungsaufforderung gewesen (sog. Ingiunzione di Pagamento). Selbst nach italienischem Recht setze die Vollstreckung einen nicht angefochtenen oder einen für vollstreckbar erklärten Steuerbescheid voraus.

5

Das HZA schließt sich der Auffassung des FG an. Bei der Prüfung, ob ein ausländisches Urteil oder ein ausländischer Vollstreckungstitel der öffentlichen Ordnung widerspreche, sei nicht auf den nationalen ordre public, sondern auf den großzügigeren ordre public international abzustellen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs --BGH-- (Urteil vom 21. April 1998 XI ZR 377/97, BGHZ 138, 331) sei maßgeblich, ob das Ergebnis ausländischen Rechts im konkreten Fall zu den Grundgedanken der deutschen Regelung und den in ihnen enthaltenen Gerechtigkeitsvorstellungen in so starkem Widerspruch stehe, dass es nach deutscher Vorstellung untragbar erscheine. Auch nach der Rechtsprechung des EuGH zur ordre public Klausel in Art. 27 Nr. 1 des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Übereinkommen 72/454/EWG) vom 27. September 1968 (ABlEG 1972, Nr. L 299/32) komme die Anwendung dieser Klausel nur dann in Betracht, wenn die Anerkennung oder Vollstreckung der in einem anderen Staat erlassenen Entscheidung gegen einen wesentlichen Rechtsgrundsatz verstieße und deshalb in einem nicht hinnehmbaren Gegensatz zur Rechtsordnung des Vollstreckungsstaats stünde. Das Gericht des Vollstreckungsstaats habe grundsätzlich davon auszugehen, dass das in jedem Vertragsstaat eingerichtete Rechtsbehelfssystem den Rechtsbürgern eine ausreichende Garantie biete. Im Streitfall sei der Gehörsanspruch der Klägerin nicht verletzt worden, so dass ein Verstoß gegen den ordre public nicht vorliege. Es sei davon auszugehen, dass die Klägerin als Spedition Erfahrungen im internationalen Verkehr habe. Sie hätte das ihr von der deutschen Zollverwaltung zugestellte Schriftstück umgehend übersetzen und dessen Bedeutung rechtzeitig erkennen müssen. Die relativ kurze Rechtsbehelfsfrist von 14 Tagen sei für jemanden, der am geschäftlichen Verkehr teilnehme, nicht unzumutbar.

6

Ob die italienische Zahlungsaufforderung eine Rechtsbehelfsbelehrung hätte enthalten müssen, sei allein nach italienischem Recht zu beantworten. Die Zustellung sei im Rahmen der internationalen Amtshilfe erfolgt, nämlich nach dem Übereinkommen vom 7. September 1967 zwischen Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden über gegenseitige Unterstützung ihrer Zollverwaltungen (BGBl II 1969, 66). Aus Art. 17 dieses Übereinkommens lasse sich nicht entnehmen, dass der italienischen Zahlungsaufforderung eine Übersetzung in die deutsche Sprache hätte beigefügt werden müssen. Schließlich habe die Klägerin in Italien den Rechtsweg beschritten. Für die Überprüfung des Vollstreckungstitels einschließlich seiner Zustellung seien weiterhin ausschließlich die italienischen Behörden zuständig. Es könne sein, dass durch die in Italien durchgeführten Gerichtsverfahren ein etwaiger Mangel aufgrund der fehlenden Übersetzung geheilt worden sei.

Entscheidungsgründe

7

II. Die Revision der Klägerin ist begründet und führt zur Aufhebung des Urteils des FG und zur Zurückverweisung der Sache an dieses zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das Urteil des FG verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO). Das FG hat verkannt, dass die Bestimmungen der RL 76/308/EWG einer im Streitfall gebotenen Prüfung auf einen Verstoß gegen den ordre public nicht entgegenstehen.

8

1. Gemäß der in Art. 12 RL 76/308/EWG festgelegten Kompetenzverteilung zwischen den Mitgliedstaaten ist ein Rechtsbehelf gegen die Forderung oder den Vollstreckungstitel in dem Mitgliedstaat einzulegen, in dem die ersuchende Behörde ihren Sitz hat; dagegen sind Rechtsbehelfe gegen Vollstreckungsmaßnahmen der ersuchten Behörde in dem Mitgliedstaat einzulegen, in dem sich die ersuchte Behörde befindet. Die Zuweisung der Zuständigkeiten trägt dem Umstand Rechnung, dass der Steuerbescheid und der Vollstreckungstitel nach den Rechtsvorschriften desjenigen Mitgliedstaats erlassen bzw. erwirkt worden sind, in dem die ersuchende Behörde ihren Sitz hat. Auf den nationalen Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, der um die Vollstreckung ersucht wird, beruhen die von diesem durchzuführenden Vollstreckungsmaßnahmen. Wie der EuGH entschieden hat, erlaubt es diese Zuständigkeitsverteilung der ersuchten Behörde grundsätzlich nicht, die Wirksamkeit und die Vollstreckbarkeit der Handlung oder der Entscheidung, um deren Zustellung von der ersuchenden Behörde ersucht wird, in Frage zu stellen (EuGH-Urteil in EuZW 2010, 146).

9

Allerdings gilt dieser Grundsatz nicht ausnahmslos. Der EuGH hat anerkannt, dass in besonderen Fällen die Instanzen des Mitgliedstaats, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, zur Prüfung befugt sind, ob die Vollstreckung dieses Titels insbesondere die öffentliche Ordnung dieses Mitgliedstaats beeinträchtigte, und dass sie auch die Befugnis haben, gegebenenfalls die Gewährung der Unterstützung ganz oder teilweise zu versagen oder sie von der Einhaltung bestimmter Voraussetzungen abhängig zu machen. Es sei kaum denkbar, dass ein Vollstreckungstitel von einem Mitgliedstaat vollstreckt werde, wenn diese Vollstreckung seine öffentliche Ordnung beeinträchtigen könnte. Im Übrigen sei die Einrede der öffentlichen Ordnung in Art. 4 Abs. 3 RL 76/308/EWG ausdrücklich vorgesehen (EuGH-Urteil in EuZW 2010, 146). Daraus folgt, dass allein die Übermittlung eines --evtl. gerichtlich bestätigten-- ausländischen Steuerbescheids oder Vollstreckungstitels eine Überprüfung auf einen Verstoß gegen den ordre public nicht ausschließt (zu einer entsprechenden Befugnis des Gerichts bei Anwendung des Vertrags zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Rechts- und Amtshilfe in Zoll-, Verbrauchsteuer- und Monopolangelegenheiten vom 11. September 1970 --RHV-- vgl. Senatsentscheidung vom 21. Februar 1978 VII R 49/74, BFHE 124, 480).

10

Das FG hat diese Prüfung zu Unrecht unterlassen, obwohl der von der Klägerin vorgetragene Sachverhalt dazu Anlass gegeben hätte. Die vom FG getroffenen Feststellungen erlauben es dem erkennenden Senat auch nicht zu entscheiden, dass durch die Vollstreckung der ordre public nicht beeinträchtigt würde.

11

2. Der Begriff der öffentlichen Ordnung wird durch die RL 76/308/EWG nicht definiert. Anhaltspunkte für seine Deutung lassen sich den entsprechenden Regelungen in internationalen Abkommen und der hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung entnehmen. Eine Art. 4 Abs. 3 RL 76/308/EWG vergleichbare ordre public Klausel findet sich in mehreren Vollstreckungs- und Rechtshilfeabkommen.

12

a) Art. 27 Nr. 1 des Übereinkommens 72/454/EWG bestimmt, dass eine Entscheidung nicht anzuerkennen ist, wenn die Anerkennung der öffentlichen Ordnung des Staates, in dem sie geltend gemacht wird, widerspräche. In Bezug auf diese Regelung hat der EuGH ausgeführt, dass die Mitgliedstaaten selbst festlegen könnten, welche Anforderungen sich nach ihren innerstaatlichen Anschauungen aus ihrer öffentlichen Ordnung ergeben. Allerdings komme eine Anwendung der Klausel nur dann in Betracht, wenn die Anerkennung oder Vollstreckung der in einem anderen Vertragsstaat erlassenen Entscheidung gegen einen wesentlichen Rechtsgrundsatz verstieße und deshalb in einem nicht hinnehmbaren Gegensatz zur Rechtsordnung des Vollstreckungsstaats stünde. Damit das Verbot der Nachprüfung der ausländischen Entscheidung auf ihre Gesetzmäßigkeit gewahrt bleibe, müsse es sich bei diesem Verstoß um eine offensichtliche Verletzung einer in der Rechtsordnung des Vollstreckungsstaats als wesentlich geltenden Rechtsnorm oder eines dort als grundlegend anerkannten Rechts handeln, so dass mögliche Rechtsfehler nicht ausreichten (EuGH-Urteil vom 11. Mai 2000 C-38/98, Slg. 2000, I-2973).

13

b) Auch deutsche Revisionsgerichte haben in mehreren Entscheidungen zur Auslegung und zum Anwendungsbereich von ordre public Klauseln Stellung genommen. Gemäß Art. 4 RHV kann Rechts- und Amtshilfe u.a. verweigert werden, wenn der ersuchte Staat der Ansicht ist, die Erledigung des Ersuchens sei geeignet, die öffentliche Ordnung (ordre public) zu beeinträchtigen. Wie der Senat entschieden hat, eröffnet diese Klausel für das FG die Möglichkeit zur Prüfung, ob für die deutsche Behörde ein Anlass bestanden hätte, der ersuchenden österreichischen Behörde die Rechts- und Amtshilfe zu verweigern, etwa wegen begründeter Bedenken gegen die Rechtsstaatlichkeit des österreichischen Verfahrens bei der Entscheidung über den Anspruch oder seine Vollstreckbarkeit und wegen der Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland gegenüber ihren Bürgern aus den Grundrechtsvorschriften der Art. 1 bis 19 sowie der Art. 101 und 103 GG (Senatsurteil in BFHE 124, 480, 484).

14

In Bezug auf Art. 2 Nr. 1 des Vertrags zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen vom 6. Juni 1959 (BGBl II 1960, 1246) hat der BGH geurteilt, dass nicht auf den ordre public interne, sondern auf den großzügigeren anerkennungsrechtlichen ordre public international abzustellen sei. Mit diesem sei ein ausländisches Urteil nicht schon dann unvereinbar, wenn der deutsche Richter --hätte er den Prozess entschieden-- aufgrund zwingenden deutschen Rechts zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. Maßgeblich sei vielmehr, ob das Ergebnis der Anwendung ausländischen Rechts im konkreten Fall zu den Grundgedanken der deutschen Regelungen und den in ihnen enthaltenen Gerechtigkeitsvorstellungen in so starkem Widerspruch stehe, dass es nach deutscher Vorstellung untragbar erscheine (BGH-Urteile in BGHZ 138, 331, und vom 4. Juni 1992 IX ZR 149/91, BGHZ 118, 312).

15

Hinsichtlich des verfahrensrechtlichen ordre public in Art. 34 Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen bzw. Art. 5 Nr. 1 des Haager Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen vom 2. Oktober 1973 hat der BGH bestätigt, dass der Vorbehalt des ordre public nur in Ausnahmefällen eingreife. Eine Vollstreckbarerklärung könne insbesondere nicht schon deshalb versagt werden, weil die ausländische Entscheidung in einem Verfahren erlassen worden sei, das von zwingenden Vorschriften des deutschen Prozessrechts abweiche. Ein Versagungsgrund sei vielmehr nur dann gegeben, wenn das Urteil des ausländischen Gerichts aufgrund eines Verfahrens ergangen sei, das von den Grundsätzen des deutschen Verfahrensrechts in einem solchen Maß abweiche, dass es nicht als in einem geordneten rechtsstaatlichen Verfahren ergangen angesehen werden könne (BGH-Urteil vom 26. August 2009 XII ZB 169/07, BGHZ 182, 188; hinsichtlich der Anerkennung ausländischer Schiedssprüche BGH-Urteil vom 15. Mai 1986 III ZR 192/84, BGHZ 98, 70).

16

3. Im Streitfall rügt die Revision zu Recht, dass das FG zu Unrecht einen Verstoß gegen den ordre public nicht in Betracht gezogen, sondern sich mit der Feststellung begnügt hat, dass es sich bei dem Urteil des italienischen Oberlandesgerichts um einen Vollstreckungstitel handele und die Klägerin den Rechtsweg in Italien ausgeschöpft habe.

17

Der Senat hält es daher für geboten, die Sache an das FG zurückzugeben, um diesem eine erneute Prüfung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu ermöglichen.

18

Unter Berücksichtigung der dargestellten Rechtsprechung zum Begriff der öffentlichen Ordnung (ordre public) wird das FG im zweiten Rechtsgang den Vollstreckungstitel daraufhin zu überprüfen haben, ob eine Vollstreckung in Deutschland die öffentliche Ordnung beeinträchtigte. Dies wäre dann anzunehmen, wenn der Vollstreckungstitel in einem nicht hinnehmbaren Gegensatz zu grundlegenden Prinzipien der deutschen Rechtsordnung stünde, so dass das Ergebnis der Anwendung ausländischen Rechts nach deutschen Gerechtigkeitsvorstellungen untragbar erschiene. Dabei wird es nach Auffassung des erkennenden Senats entscheidend darauf ankommen, ob die Rechtsvorgängerin der Klägerin eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hätte erwirken können und ob sie sich in zumutbarer Weise darum bemüht hat.

19

a) Im Streitfall ist einerseits zu berücksichtigen, dass es sich bei der Rechtsvorgängerin der Klägerin nicht um eine Privatperson, sondern um ein Speditionsunternehmen gehandelt hat, das in die Gemeinschaft eingeführte Waren durch mehrere Staaten --u.a. auch durch Italien-- beförderte. Von einem solchen Unternehmen kann erwartet werden, dass einem von den deutschen Zollbehörden zugestellten Schreiben, selbst wenn es in italienischer Sprache abgefasst ist, Beachtung geschenkt wird. Denn die Annahme ist nicht fernliegend, dass es in Verbindung mit einer geschäftlichen Transaktion, z.B. mit einem grenzüberschreitend durchgeführten Transport, steht. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin hätte demnach nicht untätig bleiben, sondern sich in angemessener Zeit um eine Übersetzung bemühen müssen, um zeitnah Kenntnis vom Inhalt des Schriftstücks zu erlangen. Den Inhalt des Schreibens hätte sie schließlich zum Anlass nehmen müssen, weitere Erkundigungen einzuziehen. Andererseits ist im Streitfall jedoch dem Umstand besondere Beachtung zu schenken, dass ausweislich der deutschen Übersetzung des Urteils des italienischen Oberlandesgerichts die Frist für die Anfechtung eines "Zahlungsbefehls in Zollsachen" mit 15 Tagen relativ kurz bemessen war. Zudem geht es um die Anwendung ausländischen Rechts und um Zollrecht, einer speziellen und nicht leicht verständlichen Materie des Abgabenrechts. Die fehlende Übersetzung und die fehlende Rechtsmittelbelehrung lassen eine Fristüberschreitung entschuldbar erscheinen, so dass nach deutschem Rechtsverständnis eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht gekommen wäre.

20

Für das Strafbefehlsverfahren hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden, dass ein der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtiger Ausländer, dem ein Strafbefehl in deutscher Sprache ohne eine verständliche Belehrung über den Rechtsbehelf des Einspruchs zugestellt worden ist, im Falle des Fristversäumnisses nicht anders behandelt werden kann, als wenn die Rechtsmittelbelehrung unterblieben ist mit der Folge, dass Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden muss (BVerfG-Beschlüsse vom 10. Juni 1975  2 BvR 1074/74, BVerfGE 40, 95, und vom 7. April 1976  2 BvR 728/75, BVerfGE 42, 120). Auch nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) darf eine unzureichende Kenntnis der deutschen Sprache nicht dazu führen, dass der Anspruch des Beteiligten auf rechtliches Gehör verkürzt wird; deshalb sind Sprachschwierigkeiten des Beteiligten bei der Prüfung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand angemessen zu berücksichtigen (BFH-Beschluss vom 21. Mai 1997 VII S 37/96, BFH/NV 1997, 634).

21

Aus den Akten geht indes nicht hervor, innerhalb welchen Zeitraums sich die Klägerin um eine Übersetzung der Zahlungsaufforderung und um die für die Einlegung des Rechtsbehelfs erforderlichen Rechtsauskünfte bemüht hat. Feststellungen hierzu hat das FG nicht getroffen. Im zweiten Rechtsgang wird das FG deshalb den Fragen nachgehen müssen, ob nach italienischem Recht die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bestanden hat, ob und innerhalb welchen Zeitraums die Rechtsvorgängerin der Klägerin einen entsprechenden Antrag gestellt und Gründe für eine unverschuldete Fristversäumung geltend gemacht hat und ob diese Einwendungen von den italienischen Behörden bzw. Gerichten berücksichtigt worden sind.

22

Sollte eine Art Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach italienischem Recht überhaupt nicht möglich gewesen sein, ist der erkennende Senat der Auffassung, dass ein Verstoß gegen den ordre public vorliegt, der einer Vollstreckung der geltend gemachten Forderung entgegenstünde. Das Gleiche gilt, wenn sich herausstellen sollte, dass ein substantiiert und zeitnah gestellter Antrag, die Fristversäumnis zu entschuldigen, weil sie darauf beruhe, dass sich die Klägerin trotz aller entsprechenden zumutbaren Bemühungen Kenntnis vom Inhalt der ihr zugestellten italienischen Zahlungsaufforderung nicht habe verschaffen können, unbeachtet geblieben ist. In diese Richtung deutet der Senat das Vorbringen der Klägerin in der Tatsacheninstanz. Der Vortrag der Klägerin hätte das FG daher veranlassen müssen, dieser Frage nachzugehen.

23

b) Die fehlende Rechtsbehelfsbelehrung allein hält der erkennende Senat indes nicht für ausreichend, um einen Verstoß gegen den ordre public zu begründen (vgl. zum Erfordernis einer Rechtsmittelbelehrung nach deutscher höchstrichterlicher Rechtsprechung in Sachen, die kein Steuerrecht betreffen und deshalb auf den Streitfall nicht übertragen werden können, Entscheidungen des BVerfG vom 20. Juni 1995  1 BvR 166/93, BVerfGE 93, 99; vom 28. Juli 1998  1 BvR 781/94, Zeitschrift für offene Vermögensfragen 1998, 339, und vom 30. Januar 1991  2 BvR 712/90, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 1991, 766, sowie Urteile des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe vom 27. Februar 2003  1 AK 29/02, Zeitschrift für Wirtschaft, Steuer, Strafrecht 2004, 199, und des OLG Zweibrücken vom 7. August 2006  1 Ausl 16/05, Neue Zeitschrift für Strafrecht 2007, 109).

24

c) Auch die fehlende Übersetzung der Zahlungsaufforderung reicht für sich allein für die Annahme eines Verstoßes gegen den ordre public nicht aus, zumal das FG im Streitfall nicht festgestellt hat, nach welchen Vorschriften die Zustellung bewirkt worden ist und die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in den Blick genommen wurde. Ergänzend bemerkt der Senat, dass dem Urteil des EuGH in EuZW 2010, 146 eine Pflicht des um Rechtshilfe ersuchenden Mitgliedstaats zur Übersetzung eines an in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Abgabenpflichtigen gerichteten Verwaltungsakts nicht zu entnehmen ist. Vielmehr hat der EuGH lediglich darauf hingewiesen, dass die Funktion der rechtzeitigen Zustellung nach Art. 5 RL 76/308/EWG darin bestehe, den Empfänger in die Lage zu versetzen, Gegenstand und Grund des zugestellten Rechtsakts zu verstehen und seine Rechte geltend zu machen. Da der Empfänger des Vollstreckungstitels in der Lage sein müsse, zumindest den Gegenstand und den Grund des Antrags mit Bestimmtheit zu identifizieren, müsse die Zustellung in einer Amtssprache des Mitgliedstaats erfolgen, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat. Begründet hat der EuGH diese Auffassung mit dem Ziel der Beitreibungsrichtlinie, insbesondere die wirksame Durchführung der Zustellung von Verfügungen und Entscheidungen zu gewährleisten. Im Streitfall war dem Vollstreckungstitel, dem Urteil des italienischen Oberlandesgerichts, eine deutsche Übersetzung beigefügt.

25

d) Hingeben kann dem Argument des HZA nicht gefolgt werden, dass die Vollstreckung bereits deshalb keinen rechtlichen Bedenken begegnet, weil das Urteil des italienischen Oberlandesgerichts in deutscher Sprache vorliege und es deshalb auf die Rechtmäßigkeit der Zahlungsaufforderung nicht mehr ankommen könne. Der Übersetzung des Urteils des italienischen Oberlandesgerichts ist zu entnehmen, dass sich das Gericht mit der Rechtmäßigkeit der Zahlungsaufforderung überhaupt nicht befasst, sondern seine Entscheidung ausschließlich auf die Verfristung des Rechtsbehelfs gestützt hat. Es hat hierzu ausgeführt, dass es in erster Linie notwendig sei, den letzten Anfechtungsgrund zu prüfen, "da dieser im Wesentlichen die Frage der Fristmäßigkeit des erhobenen Widerspruchs gegen den Zahlungsbefehl" betreffe, bei welcher der erstinstanzliche Richter zu einem negativen Ergebnis gekommen sei und diese Frage präjudiziellen Charakter zu den anderen in der Berufungsklage erwähnten Punkten habe. Zu einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat das Gericht offensichtlich keine Stellung bezogen. Damit ist das Urteil grundsätzlich geeignet, etwaige nach rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht hinnehmbare Mängel des vorangegangenen Verwaltungsverfahrens (evtl. Ausschluss der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand) zu perpetuieren. In diesem Fall stünde auch das die Verwaltungsentscheidung bestätigende Urteil in einem solch starken Widerspruch zu den Grundgedanken der deutschen Regelungen, dass die Vollstreckung auf Grundlage eines solchen Titels untragbar erschiene, so dass sie unter Berufung auf den ordre public zu verweigern wäre.

26

Dem Urteil des italienischen Oberlandesgerichts ist allerdings nicht zu entnehmen, ob die Vorinstanz das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen, sollten sie überhaupt geltend gemacht worden sein, geprüft hat, so dass das italienische Oberlandesgericht überhaupt Anlass hatte, auf diese Frage einzugehen. Auch dies wird im zweiten Rechtsgang zu klären sein.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist als Rechtsanwalt in Deutschland und Mallorca geschäftsansässig und Gesellschafter-Geschäftsführer einer spanischen Gesellschaft. Wegen nicht beitreibbarer Steuerschulden dieser Gesellschaft nahm das Finanzamt für Steuererhebung auf den Balearischen Inseln (spanisches FA) den Kläger mit Haftungsbescheid vom 19. November 2007 in Anspruch. Die dagegen eingelegte Steuerbeschwerde, die im Wesentlichen darauf gestützt war, das spanische FA habe den Kläger nicht in Anspruch nehmen dürfen, ohne vorher auf die Güter der Gesellschaft --im Wesentlichen Mobiliar mit einem angegebenen Wert von rd. 200.000 €, das sich unter einer angegebenen Adresse in Deutschland befinde-- zurückzugreifen, hatte keinen Erfolg. Das angerufene Finanzgericht der Balearischen Inseln (spanisches FG) wies die Klage u.a. mit der Begründung ab, die Existenz und Werthaltigkeit der vom Kläger benannten, nicht auf spanischem Staatsgebiet, sondern in Deutschland befindlichen Güter der Gesellschaft sei nur spekulativ, bloß eventuelle oder hypothetische Vollstreckungsmöglichkeiten bei der Steuerschuldnerin brauche die Steuerbehörde bei der Inanspruchnahme des Haftungsschuldners nicht zu berücksichtigen. Nach eigenen unbelegten Angaben hat der Kläger gegen dieses Urteil Rekurs zum Zentralfinanzgericht eingelegt. Zum Stand des von der Gesellschaft gegen den Steuerbescheid in Anspruch genommenen Rechtsschutzes hat sich der Kläger nicht geäußert.

2

Nachdem der Kläger auf den Haftungsbescheid nicht gezahlt hatte, erließ das Regionalfinanzamt der Balearen eine Vollstreckungsanordnung, die dem Rechtsanwalt des Klägers zugestellt wurde.

3

Die Staatsbehörde für Steuerverwaltung in Madrid übersandte an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) elektronisch per E-Mail ein Beitreibungsersuchen. Der E-Mail waren die Vollstreckungsanordnung im PDF-Format und das Formular "Ersuchen um Beitreibung gemäß Art. 6 der Richtlinie 2008/55/EG" im Word-Format angefügt. Das BZSt leitete die E-Mail an den Beklagten und Revisionsbeklagten (das Finanzamt --FA--) weiter.

4

Das FA erließ aufgrund dieses Ersuchens eine Zahlungsaufforderung an den Kläger. Dagegen legte er Einspruch ein und beantragte vergeblich Aussetzung der Vollziehung (AdV). Über den Einspruch ist bislang nicht entschieden.

5

Daraufhin pfändete das FA bei sich selbst als Drittschuldner die Steueransprüche des Klägers aus den Veranlagungsjahren 2001 und 2002, weil der Kläger gegenüber "der spanischen Steuerbehörde ... öffentlich-rechtliche Abgaben in Höhe von EUR 135.063,52" schulde und ordnete die Einziehung an. In seiner Drittschuldnererklärung erkannte das FA die Pfändung mit der Maßgabe an, dass nur der Ehegatten-Anteil des Klägers erfasst sei. Dem Kläger wurde eine Abschrift der Pfändungs- und Einziehungsverfügung übersandt. Dabei teilte es das Datum der Zustellung an sich selbst mit sowie Namen und Anschrift des spanischen FA, Steuernummer, Steuerart und Zeitraum, Festsetzungsdatum und Betrag der Forderung.

6

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob der Kläger gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung die streitgegenständliche Klage, die er --wie schon den Einspruch-- mit der unheilbaren Rechtswidrigkeit der zugrunde liegenden Zahlungsaufforderung begründete. Auf den Aussetzungsantrag gewährte das Finanzgericht (FG) AdV gegen Sicherheitsleistung, weil es wegen der elektronischen Übermittlung Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Leistungsgebots hatte. Auf die Beschwerde des FA hob der Bundesfinanzhof den Beschluss auf und lehnte den Antrag auf AdV ab, weil die Zahlungsaufforderung kein Leistungsgebot sei. Dieses sei bereits mit dem spanischen Haftungsbescheid verbunden gewesen.

7

Im Klageverfahren hat die spanische Steuerbehörde die Vollstreckungsanordnung vom 1. Februar 2008 in Papierform übersandt.

8

Die parallel dazu vom Kläger gegen die Vollstreckung der spanischen Steuerschuld erhobene Unterlassungsklage (3 K 205/10), die damit verbundene Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der bereits ergriffenen Vollstreckungsmaßnahmen und den Hilfsantrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Vollstreckung wies das FG als unzulässig ab. Die Feststellungsklage mit dem Ziel, die Rechtswidrigkeit weiterer, noch nicht durchgeführter Vollstreckungsmaßnahmen wegen Mängeln des Beitreibungsersuchens festzustellen, sah es insbesondere wegen des Gebots effektiven Rechtsschutzes als zulässig an, wies sie aber als unbegründet ab. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2012, 482 veröffentlicht.

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Der erkennende Senat wies die dagegen eingelegte Revision mit Urteil vom 11. Dezember 2012 VII R 69/11 mit der Maßgabe zurück, dass die Klage (insgesamt) unzulässig sei. Das mit der Unterlassungs- bzw. Feststellungsklage verfolgte Rechtsschutzziel könne der Kläger im vorliegenden Anfechtungsverfahren gegen die bereits verfügte Pfändung und Einziehung erreichen.

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Die streitgegenständliche Klage gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung des FA wies das FG als unbegründet ab. Es fehle nicht an einer Rechtsgrundlage für die Vollstreckung aufgrund des Beitreibungsersuchens. Die Pfändungsverfügung sei nicht rechtswidrig; der Schuldgrund, die spanische Haftungsforderung, sei darin hinreichend genau bezeichnet. Nach den Senatsurteilen vom 18. Juli 2000 VII R 101/98 (BFHE 192, 232, BStBl II 2001, 5) und vom 8. Februar 1983 VII R 93/76 (BFHE 137, 557, BStBl II 1983, 435) reiche es aus, dass der beizutreibende Betrag in der Pfändungsverfügung in einer Summe bezeichnet sei. Dies sei hier mit dem der Übersendung der Pfändungsverfügung beigefügten Schreiben des FA an den Kläger geschehen. Nicht erforderlich sei, dass die Pfändungsverfügung selbst diese Angaben enthalte. Die Pfändung sei auch nicht deswegen rechtswidrig, weil der spanische Titel bei Erlass der Pfändungsverfügung nicht gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Durchführung der EG-Beitreibungsrichtlinie (EG-BeitrG) in amtlicher Ausfertigung oder beglaubigter Kopie vorgelegen hätte. An seinen früher geäußerten Zweifeln, dass die Übermittlung durch E-Mail dem --sich auch aus Art. 7 Abs. 1 der Beitreibungsrichtlinie a.F. ergebenden-- Formerfordernis nicht genüge, hielt das FG nach Erlass der Richtlinie 2010/24/EU des Rates vom 16. März 2010 über die Amtshilfe bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Steuern, Abgaben und sonstige Maßnahmen --RL 2010/24/EU-- (Amtsblatt der Europäischen Union --ABlEU-- Nr. L 84/1), in die in Art. 21 eine allgemeine Verpflichtung, Ersuchen und Schriftstücke in elektronischer Form über ein elektronisches Netzwerk zu übermitteln aufgenommen wurde, nicht mehr fest. Die Entscheidung ist in EFG 2012, 485 veröffentlicht.

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Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, die Pfändungs- und Einziehungsverfügung sei aufgrund fehlender Bestimmtheit und wegen Ermessensausfalls des FA, jedenfalls aber wegen Mängeln des Beitreibungsersuchens rechtswidrig.

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Unbestimmt sei die Pfändungsverfügung, weil sie keine ausreichende Bestimmung des Vollstreckungstitels und keine nähere Bezeichnung des Schuldgrunds enthalte. Aus § 309 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) ergebe sich lediglich eine Regelung des Bekanntgabeumfangs gegenüber dem Drittschuldner, ohne die materiellen Anforderungen an die Pfändungsverfügung, insbesondere § 260 AO, zu beschränken. Als Soll-Vorschrift fordere die Regelung eine Ermessensentscheidung des FA mit dem Ziel, dass im Einzelfall nähere Angaben zum Schuldtitel gemacht werden könnten und müssten. Da im Streitfall der Schutz des Steuergeheimnisses gegenüber dem Drittschuldner keine Rolle spielen könne, sei das Ermessen hier auf null reduziert, die Bezeichnung der zu sichernden Forderung sei für die Entstehung des Pfändungspfandrechts unverzichtbar. Da das FA dieses offensichtlich verkannt habe, liege ein Ermessensausfall vor. Die fehlende Bestimmtheit der Pfändungsverfügung könne angesichts ihres Ausmaßes und ihrer Schwere auch nicht geheilt werden.

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Darüber hinaus sei die Vollstreckung rechtswidrig, weil die Rechtshilfe des FA aus dem Beitreibungsersuchen nicht zulässig sei. Zur Begründung bezieht sich der Kläger auf seine Revision im Verfahren VII R 69/11. Dort hat er vorgetragen: Die sich aus der elektronischen Übermittlung des Schuldtitels ergebende Rechtswidrigkeit des Beitreibungsersuchens und damit der Pfändung könne grundsätzlich nicht durch die spätere Übermittlung des Titels in Papierform geheilt werden. Vielmehr erforderten die rechtsstaatlichen Grundsätze, dass spätestens bei Erlass der ersten Vollstreckungsmaßnahme alle Voraussetzungen für eine Beitreibungsrechtshilfe vorlägen. Nachträgliche Heilung sei unzulässig. Andernfalls wäre der Steuerbürger einem existenzvernichtenden Vollstreckungseingriff bei anfänglicher Rechtswidrigkeit ausgeliefert. Außerdem sei die Vollstreckung unzulässig, weil die Finanzbehörde ihren Ermessensspielraum weder erkannt noch geprüft habe. Abgesehen von verfassungsrechtlichen Bedenken an § 4 Abs. 1 EG-BeitrG wegen elementarer Regelungslücken hinsichtlich der Auswirkungen einer vollständigen oder teilweisen Erfüllung der beizutreibenden Forderung durch den Steuerschuldner, räume § 4 Abs. 1 Satz 2 EG-BeitrG der deutschen Behörde ausdrücklich (Vollstreckungsmaßnahmen können... eingeleitet werden) Ermessen ein. § 7 Abs. 3 EG-BeitrG ändere daran für den Fall der anfänglich angefochtenen Vollstreckungstitel nichts, da sich die Vorschrift nur auf die in § 7 Abs. 2 EG-BeitrG geregelten Fälle der erst während des Beitreibungsverfahrens angefochtenen Titel beziehe. Auch aus Art. 12 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2008/55/EG des Rates vom 26. Mai 2008 über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Abgaben, Zölle, Steuern und sonstige Maßnahmen --BeitrRL-- (ABlEU Nr. L 150/28) ergebe sich das Ermessen in diesen Fällen, da der ersuchende Staat hier nur um eine Beitreibung "bitten" könne. Gesetz und Richtlinie gingen davon aus, dass ein Beitreibungsersuchen im Grunde nur aus unangefochtenen Bescheiden und nur in Ausnahmefällen bei streitbefangenen Forderungen erfolgen solle. Dementsprechend werde dem ersuchten Staat im Interessenkonflikt zwischen seiner Schutzfunktion gegenüber seinen Bürgern und der zwischenstaatlichen Verpflichtung gegenüber seinen Mitgliedstaaten ein Entschließungsermessen eingeräumt. Da das FA sein Ermessen nicht erkannt habe, liege ein unheilbarer Ermessensausfall vor. Das FG habe darüber hinaus die Verstöße gegen den ordre public international verkannt, indem es solche mit der Begründung verneint habe, auch nach deutschem Recht sei die Inanspruchnahme des Haftungsschuldners nicht subsidiär. Es verkenne, dass die nach § 219 Satz 2 AO eingeschränkte Subsidiarität nur für Abzugsteuern gelte. Die Körperschaftsteuer sei von der Vorschrift nicht erfasst, da die Körperschaft durch eigene Organe eigene Steuern entrichte. Die Untersuchung von Verstößen gegen den ordre public habe das FG nicht mit Hinweis auf § 219 Satz 2 AO unterlassen dürfen.

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Das FA schließt sich im Wesentlichen den Ausführungen des FG an.

Entscheidungsgründe

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II. Die Revision ist unbegründet. Die Entscheidung des FG entspricht Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

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1. Das FA war berechtigt, aufgrund des spanischen Beitreibungsersuchens zu vollstrecken. Nach § 4 Abs. 1 EG-BeitrG findet die Vollstreckung nur auf Antrag der ersuchenden Behörde statt und setzt voraus, dass diese Behörde einen in ihrem Staat vollstreckbaren Titel in amtlicher Ausfertigung oder beglaubigter Kopie vorlegt und bestätigt, dass die Forderung oder der Vollstreckungstitel in ihrem Staat nicht angefochten ist und im Staat der ersuchenden Behörde bereits Vollstreckungsverfahren aufgrund des Titels durchgeführt wurden und die Maßnahmen weder zur vollständigen Tilgung der Forderung geführt haben noch voraussichtlich führen werden. Nach Satz 2 der Norm können Vollstreckungsmaßnahmen ungeachtet des Satzes 1 eingeleitet werden, wenn die Forderung oder der Vollstreckungstitel angefochten ist und die ersuchende Behörde dennoch um Vollstreckungsmaßnahmen ersucht.

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Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor.

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a) Der Senat teilt die Auffassung des FG, dass die Pfändungsverfügung nicht deswegen rechtswidrig ist, weil zum Zeitpunkt ihres Erlasses der ausländische Titel nicht in amtlicher Ausfertigung oder beglaubigter Kopie vorgelegt worden ist.

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Jedenfalls seit Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 1179/2008 der Kommission vom 28. November 2008 zur Festsetzung der Durchführungsbestimmungen zu bestimmten Artikeln der Richtlinie 2008/55/EG über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen im Zusammenhang mit bestimmten Abgaben, Zöllen, Steuern und sonstigen Maßnahmen --VO Nr. 1179/2008-- (ABlEU Nr. L 319/21, in Kraft seit 1. Januar 2009 und damit vor Erlass der Einspruchsentscheidung des FA bezüglich der Pfändungs- und Einziehungsverfügung) genügt eine von der ersuchenden Behörde an das BZSt per E-Mail übersandte Datei, die im PDF-Format den Vollstreckungstitel der ersuchenden Behörde wiedergibt, den Anforderungen des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EG-BeitrG, wonach der ausländische Titel in amtlicher Ausfertigung oder beglaubigter Kopie beigefügt sein muss. Zwar bestimmt auch Art. 12 Abs. 2 Unterabs. 1 VO Nr. 1179/2008, dass dem Ersuchen um Beitreibung oder um Sicherungsmaßnahmen das Original oder eine beglaubigte Abschrift des Vollstreckungstitels beizufügen ist. Ergänzend stellt Art. 21 Abs. 1 VO Nr. 1179/2008 aber klar, dassdie Übermittlung des Vollstreckungstitels und der Abschriften dieser Vollstreckungstitel "elektronisch über das CCN/CSI-Netz" erfolgen soll und solche elektronisch übermittelten Dokumente oder deren Ausdrucke ebenso rechtsverbindlich sind wie postalisch übermittelte Dokumente.

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Zum Erlass dieses Art. 21 VO Nr. 1179/2008 war die Kommission aufgrund des Art. 22 BeitrRL ermächtigt. Zweifel an der Gültigkeit dieser Durchführungsbestimmung vermag der Senat nicht zu erkennen, da die Art der Übermittlung eines Vollstreckungstitels in Art. 7 BeitrRL nicht konkretisiert ist --eine amtliche Ausfertigung oder eine beglaubigte Kopie kann gescannt und per E-Mail versandt werden-- und Art. 22 BeitrRL Durchführungsbestimmungen u.a. zu Art. 7 BeitrRL, sowie zu den Kommunikationsmitteln, deren sich die Behörden bedienen können, vorsieht.

21

Im Übrigen hat das FG zu Recht darauf hingewiesen, dass mit der Neufassung der BeitrRL (durch die RL 2010/24/EU) durch Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 2 klargestellt ist, dass es dem Willen des Richtliniengebers entspricht, Vollstreckungstitel für die Vollstreckung im ersuchten Mitgliedstaat auf elektronischem Wege zu übermitteln, es sei denn, dies ist aus technischen Gründen nicht durchführbar.

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b) Entgegen der Auffassung des Klägers steht der Pfändung nicht entgegen, dass ihr --nach seinen Angaben-- ein vor Beginn der Vollstreckung angefochtener Schuldtitel (der Haftungsbescheid) zugrunde liegt. Ob § 4 Abs. 1 Satz 2 EG-BeitrG, wonach Vollstreckungsmaßnahmen auch eingeleitet werden können, wenn die Forderung oder der Vollstreckungstitel angefochten ist und die ersuchende Behörde dennoch um Vollstreckungsmaßnahmen ersucht, der BeitrRL widerspricht, kann offenbleiben. Denn jedenfalls ist der deutsche Gesetzgeber nicht gehindert, zur Vollstreckung aus einem Beitreibungsersuchen weitergehende Amtshilfe zu leisten als in der BeitrRL vorgesehen.

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Ermessen, im Fall einer angefochtenen Forderung bzw. eines angefochtenen Schuldtitels von der Beitreibung abzusehen, ist nach dem klaren Wortlaut der Regelungen der ersuchten Behörde, hier also dem FA, nicht eingeräumt. Aus der Formulierung in der deutschen Fassung, wonach die ersuchende Behörde die ersuchte Behörde um die Beitreibung "bitten" kann, ergibt sich kein Ermessen. Wie die englische Fassung "may ... request the requested authority" und die französische Fassung "peut ... demander à l’autorité requise" verdeutlichen, verwendet die deutsche Fassung die Höflichkeitsform einer Aufforderung. Der ersuchten Behörde bleibt lediglich die Prüfung vorbehalten, ob die Rechts- und Verwaltungsvorschriften und die Verwaltungspraxis ihres Staats die Vollstreckung eines angefochtenen Titels zulassen. Hinsichtlich der Vollziehung eines Haftungsbescheids ergibt sich die Zulässigkeit aus § 361 Abs. 1 AO und § 69 Abs. 1 FGO. Ein Entschließungsermessen ist daraus nicht herzuleiten.

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c) Unschädlich ist, dass § 4 EG-BeitrG keine Regelung über die Folgen einer Erfüllung der beizutreibenden Forderung enthält. Das EG-BeitrG dient der Umsetzung der BeitrRL. Nach Art. 6 Unterabs. 1 BeitrRL nimmt die ersuchte Behörde die Beitreibung nach Maßgabe der in ihrem Staat geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften vor. In § 257 AO ist geregelt, dass die Vollstreckung u.a. dann einzustellen oder zu beschränken ist, wenn der Anspruch auf die Leistung erloschen ist. Diese Maßnahmen hat die Vollstreckungsbehörde von Amts wegen zu treffen (vgl. Beermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 257 AO Rz 6, 25 und 36). Einer Regelung im EG-BeitrG bedarf es insoweit nicht.

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d) Die Vollstreckung des spanischen Haftungsbescheids durch das FA aufgrund des Beitreibungsersuchens verstößt nicht gegen den ordre public.

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Der Gerichtshof der Europäischen Union --EuGH-- (Urteil vom 14. Januar 2010 C-233/08, Slg. 2010, I-177) und ihm folgend der Senat (Urteil vom 3. November 2010 VII R 21/10, BFHE 231, 500, BStBl II 2011, 401) lassen eine Ausnahme von dem aus der in Art. 12 der Richtlinie 76/308/EWG des Rates vom 15. März 1976 über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen ... (ABlEG Nr. L 73/18) festgelegten Kompetenzverteilung folgenden Grundsatz, die Wirksamkeit und die Vollstreckbarkeit der beizutreibenden Forderung sei von der ersuchten Behörde nicht zu prüfen, dann zu, wenn die Vollstreckung dieses Titels insbesondere die öffentliche Ordnung dieses Mitgliedstaats beeinträchtigte. Allerdings komme eine Anwendung der Klausel nur dann in Betracht, wenn die Anerkennung oder Vollstreckung der in einem anderen Vertragsstaat erlassenen Entscheidung gegen einen wesentlichen Rechtsgrundsatz verstieße und deshalb in einem nicht hinnehmbaren Gegensatz zur Rechtsordnung des Vollstreckungsstaats stünde. Bei dem Verstoß muss es sich um eine offensichtliche Verletzung einer in der Rechtsordnung des Vollstreckungsstaats als wesentlich geltenden Rechtsnorm oder eines dort als grundlegend anerkannten Rechts handeln, so dass mögliche Rechtsfehler nicht ausreichen (EuGH-Urteil vom 11. Mai 2000 C-38/98, Slg. 2000, I-2973).

27

Der Kläger hat nicht dargelegt und es ist auch sonst nicht ersichtlich, gegen welche grundlegenden Rechtsregeln die Vollstreckung aus dem spanischen Beitreibungsersuchen verstieße. Im Kontext seines erstinstanzlichen Vorbringens kann die Rüge, das FG verkenne "die Verstöße gegen den ordre public" und es habe "entsprechende Verstöße", die sich "aus den Umständen, die trotz des offenbarten Gesellschaftsvermögens zum Erlass des beizutreibenden Haftungsbescheids geführt hätten", ergäben "unter Hinweis auf § 219 Satz 2 AO nur unzureichend untersucht", nur dahin verstanden werden, die Vollstreckung eines Haftungsbescheids ohne vorangegangene erfolglose Vollstreckung in das Vermögen des Steuerschuldners verstoße gegen den ordre public. Unbeschadet dessen, dass die Rüge --wenn sie zuträfe-- nur einen einfachen Rechtsfehler beim Erlass des spanischen Beitreibungsersuchens bezeichnete, verletzte ein solcher Grundsätze des deutschen Haftungs- bzw. Vollstreckungsrechts nicht. Wie das FG zutreffend ausgeführt hat, darf ein Geschäftsführer, der für Steuerforderungen der Gesellschaft haftet (§ 69 i.V.m. § 34 AO), ohne vorherigen vergeblichen Vollstreckungsversuch in das bewegliche Vermögen des Steuerschuldners auf Zahlung in Anspruch genommen werden. Das folgt aus § 219 Satz 2 AO, wonach die grundsätzlich nur subsidiäre Inanspruchnahme von Haftungsschuldnern nach § 219 Satz 1 AO nicht für diejenigen gilt, die --wie der Geschäftsführer für die Gesellschaft-- Steuern zu Lasten eines anderen zu entrichten haben.

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2. Die Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 27. August 2009 ist rechtmäßig. Sie genügt den Anforderungen des § 309 AO.

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a) Insbesondere entspricht die Pfändungsverfügung, mit deren Zustellung an den Drittschuldner, das FA, die Pfändung bewirkt ist, den Anforderungen des § 309 Abs. 2 Satz 2 AO. Danach soll die an den Drittschuldner zuzustellende Pfändungsverfügung den beizutreibenden Geldbetrag nur in einer Summe ohne Angabe der Steuerarten und der Zeiträume, für die er geschuldet wird, bezeichnen. Wie der Senat bereits mit Urteil vom 18. Juli 2000 VII R 101/98 (BFHE 192, 232, BStBl II 2001, 5) ausgeführt hat, modifiziert § 309 Abs. 2 Satz 2 AO die allgemeine Regelung des § 260 AO, nach der in der Pfändungsverfügung der Schuldgrund anzugeben, d.h. die beizutreibende Forderung genau zu bezeichnen ist. Die --insoweit durch das Steuerbereinigungsgesetz 1986 (BGBl I 1985, 2436) neu gefasste-- Regelung will vermeiden, dass Dritte unnötig Einblick in die Verhältnisse des Pfändungsschuldners erhalten; ihren Belangen ist in der Regel durch die Benennung des Betrags Genüge getan, für den der gegen sie gerichtete Anspruch des Vollstreckungsschuldners als Pfand in Beschlag genommen ist.

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Zwar hat der Senat auch klargestellt, dass ohne die Sonderregelung des § 309 Abs. 2 Satz 2 AO wegen des systematischen Zusammenhangs mit § 260 AO an sich auch dem Drittschuldner die vollstreckte Forderung zu benennen wäre. Das rechtfertigt aber nicht den Schluss, dass die Regelung des § 309 Abs. 2 Satz 2 AO nicht anzuwenden und die Pfändungsverfügung wegen fehlender Bezeichnung des Schuldgrunds rechtswidrig ist, wenn dem Dritten --wie hier dem FA-- die der Pfändung zugrunde liegenden Daten ohnehin bekannt sind. Eine derartige Einschränkung des Anwendungsbereichs ist der Norm nicht zu entnehmen. Auch ist keine schützenswerte Rechtsposition --sei es des Vollstreckungsschuldners, sei es des Drittschuldners-- ersichtlich, die es geböte, grundsätzlich den Schuldgrund zu bezeichnen, wenn im Einzelfall der Normzweck, die Wahrung des Steuergeheimnisses, nicht erreicht werden kann. Gerade in der Konstellation des Streitfalls, in der das vollstreckende FA zugleich Drittschuldner ist, bleibt unerfindlich, woraus der Kläger die Unverzichtbarkeit der Bezeichnung der zu vollstreckenden Forderung herleiten will. Da allen Beteiligten die Grundlagen der Vollstreckung bekannt sind, wäre es bloße Förmelei, die ausdrückliche Bezeichnung des Schuldgrunds in der Pfändungsverfügung zu verlangen. Schon deshalb besteht keine Veranlassung, den Anwendungsbereich des § 309 Abs. 2 Satz 2 AO in Fällen der vorliegenden Art einzuschränken.

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b) Anders als der Kläger meint, verlangt die Reglung des § 309 Abs. 2 Satz 2 AO keine Ermessensentscheidung des FA darüber, ob dem Drittschuldner "nur" der Betrag, dessentwegen vollstreckt wird, oder darüber hinaus der Schuldgrund im Einzelnen mitzuteilen ist. Für eine Ermessensreduzierung auf null --wie vom Kläger vorgetragen-- bietet die Vorschrift keine Veranlassung. Mit der Formulierung, die Pfändungsverfügung "soll" den beizutreibenden Geldbetrag nur in einer Summe, ohne Angabe der Steuerarten und der Zeiträume, für die er geschuldet wird, bezeichnen, wird dem FA nicht die Befugnis eröffnet, in der Verfügung mehr als den vom Vollstreckungsschuldner geforderten Betrag anzugeben. Vielmehr liegt darin die bindende Anweisung, was die Verfügung im Sonderfall der Pfändung einer Geldforderung zu enthalten hat.

(1) Die Generalzolldirektion bestimmt den Bezirk und den Sitz der Hauptzollämter und der Zollfahndungsämter.

(2) Die Hauptzollämter sind als örtliche Bundesbehörden für die Verwaltung der Zölle, der bundesgesetzlich geregelten Verbrauchsteuern einschließlich der Einfuhrumsatzsteuer und der Biersteuer, der Luftverkehrsteuer, der Kraftfahrzeugsteuer, der Abgaben im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften, für die zollamtliche Überwachung des Warenverkehrs über die Grenze, für die Grenzaufsicht, für die Bekämpfung der Schwarzarbeit und der illegalen Beschäftigung und für die ihnen sonst übertragenen Aufgaben zuständig.

(3) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Zuständigkeit eines Hauptzollamts nach Absatz 2 auf einzelne Aufgaben beschränken oder Zuständigkeiten nach Absatz 2 einem Hauptzollamt für den Bereich mehrerer Hauptzollämter übertragen, wenn dadurch der Vollzug der Aufgaben verbessert oder erleichtert wird. Das Bundesministerium der Finanzen kann die Ermächtigung nach Satz 1 durch Rechtsverordnung auf die Generalzolldirektion übertragen.

(4) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.