Gericht

Finanzgericht München

Gründe

Finanzgericht München

Az.: 10 K 1868/16

Beschluss

Stichwörter:

1. Grundsätzlich ist die Auslegung eines Antrages auf Wiederaufnahme eines PKH-Verfahrens als erneuter Antrag auf Gewährung von PKH möglich und sinnvoll.

2. Auch ein durch Beschluss rechtskräftig beendetes Verfahren kann wiederaufgenommen werden. Anstelle einer Nichtigkeitsklage oder einer Restitutionsklage ist ein Antrag auf Wiederaufnahme zu stellen.

3. Über den Antrag auf Wiederaufnahme eines mit Beschluss abgeschlossenen Verfahrens ist durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.

4. Die Wiederaufnahme eines abgewiesenen PKH-Antrages kann nicht erreicht werden, weil ein Wiederaufnahmeantrag voraussetzt, dass die Entscheidung der materiellen Rechtskraft fähig ist.

In der Streitsache

[... ASt]

Antragsteller

wegen Wiederaufnahme des Verfahrens auf Prozesskostenhilfe für den Rechtsstreit

gegen

Finanzamt [... N-Stadt]

wegen der Klage gegen eine Zahlungsaufforderung vom 8. Februar 2016

hat der 10. Senat des Finanzgerichts München durch [...] ohne mündliche Verhandlung

am 18. August 2016

beschlossen:

1. Der Antrag wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss ist kein Rechtsmittel gegeben (§ 128 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung).

Gründe:

I.

Der Antragsteller stellte mit Schreiben vom 8. Februar 2016 wegen eines durchzuführenden Klageverfahrens gegen das Finanzamt [... N-Stadt] (Finanzamt) wegen einer Zahlungsaufforderung einen Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH). In der Sache machte er geltend, dass er beabsichtige, nach einer Zahlungsaufforderung vom 3. Dezember 2015 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 29. Januar 2016 Klage zu erheben und dass er erreichen wolle, dass vom Finanzamt keine Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn ergriffen werden. Die Zahlungsaufforderung des Finanzamts betreffe eine Strafverfügung des Magistrats der Stadt Wien vom [...] 2014 über 60,00 €, mit der ein Verstoß gemäß § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 (Landesgesetzblatt für Wien Nr. 9/2006) sanktioniert werden solle. Die Vollstreckung dieser Zahlungsaufforderung sei u. a. deshalb unzulässig, da es kein entsprechendes Gesetz gebe und damit auch kein Vergehen nach einem Parkometergesetz; außerdem sei auch die Höhe der Sanktion rechtswidrig und könne in der Bundesrepublik Deutschland nicht vollstreckt werden.

Mit Beschluss vom 23. März 2016 hat das Finanzgericht (FG) München (Az. 10 K 387/16) den Antrag auf Bewilligung von PKH abgelehnt, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht. Dieser Beschluss wurde dem Antragsteller am 31. März 2016 zugestellt.

Mit Schreiben vom 3. April 2016 beantragte der Antragsteller die Gewährung von PKH, um eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Beschluss des FG vom 23. März 2016 zu führen. Hilfsweise beantragte er die Wiederaufnahme des Verfahrens.

Mit Beschluss vom 9. Mai 2016 hat der Bundesfinanzhof (BFH; Az. VII S 12/16 (PKH), n.v.) den Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von PKH abgelehnt, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Im Übrigen wies der BFH darauf hin, dass für ein Wiederaufnahmeverfahren das FG zuständig ist und dass die Wiederaufnahme eines abgewiesenen PKH-Antrags nicht erreicht werden könne, da ein Beschluss über die Zurückweisung eines PKH-Antrages der materiellen Rechtskraft nicht fähig ist.

Mit Schreiben vom 29. Juni 2016 hat der Senatsvorsitzende bei dem Antragsteller angeregt, dass er erklären solle, dass mit dem Schreiben vom 3. April 2016 kein Wiederaufnahmeverfahren beantragt werden sollte.

Mit Schreiben vom 2. Juli 2016 hat der Antragsteller ausgeführt, dass der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens auch deshalb nicht zurückgenommen werden könne, da mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sei, dass sich die Republik Österreich gegenüber dem Antragsteller rechtswidrig verhalten habe.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

den Beschluss vom 23. März 2016 aufzuheben und das Verfahren auf Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren gegen eine Zahlungsaufforderung (Az. 10 K 387/16) wieder aufzunehmen.

Das Finanzamt beantragt,

den Wiederaufnahmeantrag abzulehnen.

Das Finanzamt ist der Auffassung, dass der Wiederaufnahmeantrag keine Erfolgsaussichten habe, da Wiederaufnahmegründe nicht schlüssig dargelegt worden seien.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die ausgetauschten Schriftsätze und die vorgelegten Akten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Wiederaufnahme des abgeschlossen Verfahrens auf PKH (Az. 10 K 387/16) ist unzulässig.

1. Der beschließende Senat entscheidet über den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens über PKH im Beschlussverfahren.

a) Der Antrag des Antragstellers wird im Streitfall nicht als erneuter Antrag auf Gewährung von PKH gewertet, sondern als Antrag auf Wiederaufnahme des mit Beschluss vom 23. März 2016 abgeschlossenen PKH-Verfahrens (Az. 10 K 387/16).

Zwar ist grundsätzlich die Auslegung eines Antrages auf Wiederaufnahme eines PKH-Verfahrens als erneuter Antrag auf Gewährung von PKH möglich und sinnvoll (BFH-Beschluss vom 26. März 1998, XI S 32/97, BFH/NV 1998, 1252). Eine solche Auslegung verbietet sich im Streitfall, denn der Antragsteller hat eindeutig auf die Durchführung eines Wiederaufnahmeverfahrens trotz entsprechender Hinweise des FG (Schreiben vom 29. Juni 2016) und des BFH (BFH-Beschluss vom 9. Mai 2016 VII S 12/16 (PKH), n.v.) bestanden.

b) Auch ein durch Beschluss rechtskräftig beendetes Verfahren kann wiederaufgenommen werden. Anstelle einer Nichtigkeitsklage oder einer Restitutionsklage ist ein Antrag auf Wiederaufnahme zu stellen (BFH-Beschlüsse vom 18.März 1988 V K 1/88, BFHE 152, 426, BStBl II 1988, 586; vom 29. Mai 1992 VIII K 1/92, BFH/NV 1992, 538; vom 15. April 1987 VIII K 1/86, BFH/NV 1987, 591). Über den Antrag auf Wiederaufnahme eines mit Beschluss abgeschlossenen Verfahrens - wie hier eines PKH-Verfahrens - ist durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden (Gräber/Ratschow, FGO, 8. Aufl. 2015, § 134 Rz. 2 m. w. N.).

2. Der Antrag auf Wiederaufnahme hat jedoch keinen Erfolg.

Die Wiederaufnahme eines abgewiesenen PKH-Antrages kann nicht über die Vorschriften der §§ 134 Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. § 578 Zivilprozessordnung (ZPO) erreicht werden, weil ein Wiederaufnahmeantrag voraussetzt, dass die Entscheidung der materiellen Rechtskraft fähig ist. Daran fehlt es bei einem Beschluss über die Zurückweisung eines PKH-Antrages (BFH-Beschlüsse vom 26. März 1998 XI S 32/97, BFH/NV 1998, 1252; vom 8. Juli 2010 V B 129/09, BFH/NV 2010, 2088; Bergkemper in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 134 FGO, Rz. 10 [Aug. 2015] m. w. N.; Gräber/Ratschow, FGO, 8. Aufl. 2015, § 134 Rz. 2; Finanzgericht des Saarlandes, Beschluss vom 24. September 2009 1 S 1419/09, n.v. - juris). Der Wiederaufnahmeantrag des Antragstellers ist demgemäß nicht statthaft.

3. Im Übrigen ist der Antrag auf Wiederaufnahme des PKH-Verfahrens auch deshalb unzulässig, da die Mindestvoraussetzungen für den Inhalt des Antrages nicht erfüllt sind.

Die Zulässigkeit einer Wiederaufnahmeklage (§ 134 FGO i. V. m. § 578 ZPO), also einer Nichtigkeitsklage (§ 134 FGO i. V. m. § 579 ZPO) oder einer Restitutionsklage (§ 134 FGO i. V. m. § 580 ZPO), erfordert gemäß § 134 FGO i. V. m. § 589 Abs. 1 Satz 1 ZPO die (schlüssige) Darlegung eines Nichtigkeits- oder eines Restitutionsgrundes (BFH-Beschluss vom 8. Juli 2015 VI B 5/15, BFH/NV 2015, 1426). Diese Voraussetzungen gelten entsprechend für einen Antrag auf Wiederaufnahme eines PKH-Verfahrens.

Dieser Mindestvoraussetzung genügt im Streitfall der Antrag des Antragstellers nicht. Ein Nichtigkeits- oder Restitutionsgrund ist nicht angegeben; darauf hat das Finanzamt zutreffend hingewiesen.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss ist nicht gegeben (§ 134 FGO i. V. m. § 591 ZPO i. V. m. § 128 Abs. 2 FGO).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Finanzgericht München Beschluss, 18. Aug. 2016 - 10 K 1868/16

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Finanzgericht München Beschluss, 18. Aug. 2016 - 10 K 1868/16

Referenzen - Gesetze

Finanzgericht München Beschluss, 18. Aug. 2016 - 10 K 1868/16 zitiert 12 §§.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Zivilprozessordnung - ZPO | § 580 Restitutionsklage


Die Restitutionsklage findet statt:1.wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;2.wenn eine Urkunde, auf die das Urteil

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 128


(1) Gegen die Entscheidungen des Finanzgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an den Bundesfinanzhof zu

Zivilprozessordnung - ZPO | § 579 Nichtigkeitsklage


(1) Die Nichtigkeitsklage findet statt:1.wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;2.wenn ein Richter bei der Entscheidung mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht diese

Zivilprozessordnung - ZPO | § 578 Arten der Wiederaufnahme


(1) Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Endurteil geschlossenen Verfahrens kann durch Nichtigkeitsklage und durch Restitutionsklage erfolgen. (2) Werden beide Klagen von derselben Partei oder von verschiedenen Parteien erhoben, so ist

Zivilprozessordnung - ZPO | § 589 Zulässigkeitsprüfung


(1) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Klage an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben sei. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Klage als unzulässig zu verwerfen. (2) Die Tatsachen, die

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 134


Ein rechtskräftig beendetes Verfahren kann nach den Vorschriften des Vierten Buchs der Zivilprozessordnung wiederaufgenommen werden.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 591 Rechtsmittel


Rechtsmittel sind insoweit zulässig, als sie gegen die Entscheidungen der mit den Klagen befassten Gerichte überhaupt stattfinden.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Finanzgericht München Beschluss, 18. Aug. 2016 - 10 K 1868/16 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Finanzgericht München Beschluss, 18. Aug. 2016 - 10 K 1868/16 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Finanzgericht München Beschluss, 18. Aug. 2016 - 10 K 1868/16

bei uns veröffentlicht am 18.08.2016

Gründe Finanzgericht München Az.: 10 K 1868/16 Beschluss Stichwörter: 1. Grundsätzlich ist die Auslegung eines Antrages auf Wiederaufnahme eines PKH-Verfahrens als erneuter Antra

Bundesfinanzhof Beschluss, 08. Juli 2015 - VI B 5/15

bei uns veröffentlicht am 08.07.2015

Tenor Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 2. Dezember 2014  3 K 814/14 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Bundesfinanzhof Beschluss, 08. Juli 2010 - V B 129/09

bei uns veröffentlicht am 08.07.2010

Tatbestand 1 I. Das Finanzgericht (FG) hatte mit Beschluss vom 9. Juli 2009 (1 K 1327/05) den Antrag der Antragstellerin, Klägerin und Beschwerdeführerin (Beschwerdeführ
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Finanzgericht München Beschluss, 18. Aug. 2016 - 10 K 1868/16.

Finanzgericht München Beschluss, 18. Aug. 2016 - 10 K 1868/16

bei uns veröffentlicht am 18.08.2016

Gründe Finanzgericht München Az.: 10 K 1868/16 Beschluss Stichwörter: 1. Grundsätzlich ist die Auslegung eines Antrages auf Wiederaufnahme eines PKH-Verfahrens als erneuter Antra

Referenzen

(1) Gegen die Entscheidungen des Finanzgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an den Bundesfinanzhof zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozessleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über die Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse nach §§ 91a und 93a, Beschlüsse über die Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen, Sachverständigen und Dolmetschern, Einstellungsbeschlüsse nach Klagerücknahme sowie Beschlüsse im Verfahren der Prozesskostenhilfe können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Gegen die Entscheidung über die Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 und 5 und über einstweilige Anordnungen nach § 114 Abs. 1 steht den Beteiligten die Beschwerde nur zu, wenn sie in der Entscheidung zugelassen worden ist. Für die Zulassung gilt § 115 Abs. 2 entsprechend.

(4) In Streitigkeiten über Kosten ist die Beschwerde nicht gegeben. Das gilt nicht für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision.

Ein rechtskräftig beendetes Verfahren kann nach den Vorschriften des Vierten Buchs der Zivilprozessordnung wiederaufgenommen werden.

(1) Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Endurteil geschlossenen Verfahrens kann durch Nichtigkeitsklage und durch Restitutionsklage erfolgen.

(2) Werden beide Klagen von derselben Partei oder von verschiedenen Parteien erhoben, so ist die Verhandlung und Entscheidung über die Restitutionsklage bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Nichtigkeitsklage auszusetzen.

Tatbestand

1

I. Das Finanzgericht (FG) hatte mit Beschluss vom 9. Juli 2009 (1 K 1327/05) den Antrag der Antragstellerin, Klägerin und Beschwerdeführerin (Beschwerdeführerin) auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Verfahren 1 K 1327/05 zurückgewiesen. Mit Urteil vom 9. Juli 2009 hat das FG die Klage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 1. Juli 2010 V B 108/09 als unbegründet zurückgewiesen.

2

Gegen die Zurückweisung des PKH-Antrages hat die Beschwerdeführerin am 31. August 2009 beim FG "Nichtigkeitsklage" erhoben.

3

Das FG wies die als Nichtigkeitsantrag gedeutete "Nichtigkeitsklage" mit Beschluss vom 24. September 2009 zurück.

4

Hiergegen wendet sich die durch einen Rechtsanwalt vertretene Beschwerdeführerin mit der Beschwerde und beantragt, dem PKH-Antrag stattzugeben und das Verfahren fortzuführen.

Entscheidungsgründe

5

II. 1. Die Beschwerde ist nicht statthaft. Gemäß § 128 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) können Beschlüsse über die Ablehnung von PKH nicht mit der Beschwerde angefochten werden. Dies gilt auch für die Ablehnung eines Nichtigkeitsantrages gemäß § 134 FGO i.V.m. § 578 der Zivilprozessordnung (ZPO), der auf dasselbe Ziel gerichtet ist. Im Übrigen kann die Wiederaufnahme eines abgewiesenen PKH-Antrages nicht über die Vorschriften der §§ 134 FGO i.V.m. § 578 ZPO erreicht werden, weil ein Wiederaufnahmeantrag voraussetzt, dass die Entscheidung der materiellen Rechtskraft fähig ist, woran es bei einem Beschluss über die Zurückweisung eines PKH-Antrages fehlt (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 26. März 1998 XI S 32/97, BFH/NV 1998, 1252).

6

2. Eine Umdeutung der von einem fachkundigen Prozessvertreter erhobenen Beschwerde in eine Nichtzulassungsbeschwerde scheidet aus. Es ist ein Gebot der Rechtssicherheit, Rechtskundige beim Wort zu nehmen (z.B. BFH-Beschluss vom 4. November 2008 V B 114/08, BFH/NV 2009, 400, m.w.N.).

7

3. Der Bevollmächtigte hat zwar mit Schriftsatz vom 28. Januar 2010 mitgeteilt, dass er die Beschwerdeführerin nicht mehr vertrete. Die Kündigung der Vollmacht erlangt jedoch gemäß § 62 Abs. 4, § 155 FGO erst Wirksamkeit mit der Anzeige der Bestellung eines anderen Prozessbevollmächtigten (BFH-Urteil vom 13. Januar 1977 V R 87/76, BFHE 121, 20, BStBl II 1977, 238). Diese ist bisher nicht erfolgt.

Ein rechtskräftig beendetes Verfahren kann nach den Vorschriften des Vierten Buchs der Zivilprozessordnung wiederaufgenommen werden.

(1) Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Endurteil geschlossenen Verfahrens kann durch Nichtigkeitsklage und durch Restitutionsklage erfolgen.

(2) Werden beide Klagen von derselben Partei oder von verschiedenen Parteien erhoben, so ist die Verhandlung und Entscheidung über die Restitutionsklage bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Nichtigkeitsklage auszusetzen.

Ein rechtskräftig beendetes Verfahren kann nach den Vorschriften des Vierten Buchs der Zivilprozessordnung wiederaufgenommen werden.

(1) Die Nichtigkeitsklage findet statt:

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;
2.
wenn ein Richter bei der Entscheidung mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs oder eines Rechtsmittels ohne Erfolg geltend gemacht ist;
3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war;
4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat.

(2) In den Fällen der Nummern 1, 3 findet die Klage nicht statt, wenn die Nichtigkeit mittels eines Rechtsmittels geltend gemacht werden konnte.

Ein rechtskräftig beendetes Verfahren kann nach den Vorschriften des Vierten Buchs der Zivilprozessordnung wiederaufgenommen werden.

Die Restitutionsklage findet statt:

1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;
2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;
4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;
5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;
6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;
7.
wenn die Partei
a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder
b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

Ein rechtskräftig beendetes Verfahren kann nach den Vorschriften des Vierten Buchs der Zivilprozessordnung wiederaufgenommen werden.

(1) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Klage an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben sei. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Klage als unzulässig zu verwerfen.

(2) Die Tatsachen, die ergeben, dass die Klage vor Ablauf der Notfrist erhoben ist, sind glaubhaft zu machen.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 2. Dezember 2014  3 K 814/14 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unbegründet. Gegen das die Wiederaufnahmeklage der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) abweisende Urteil des Finanzgerichts (FG) ist zwar gemäß § 134 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 591 der Zivilprozessordnung (ZPO) das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde statthaft (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 8. Juli 1999 III B 22/99, BFH/NV 1999, 1628, und vom 8. Oktober 2012 I B 22/12, BFH/NV 2013, 389). Die geltend gemachten Revisionszulassungsgründe der Notwendigkeit der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) und eines Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) liegen aber nicht vor.

2

1. Die Revision ist nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.

3

a) Eine Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO ist gegeben, wenn das FG mit einem das angegriffene Urteil tragenden und entscheidungserheblichen Rechtssatz von einem ebensolchen Rechtssatz einer anderen Gerichtsentscheidung abgewichen ist. Das angefochtene Urteil und die vorgebliche Divergenzentscheidung müssen dabei dieselbe Rechtsfrage betreffen und zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sein (z.B. BFH-Beschluss vom 12. Oktober 2011 III B 56/11, BFH/NV 2012, 178). Die voneinander abweichenden Rechtssätze müssen sich aus dem angefochtenen Urteil des FG und der Divergenzentscheidung mit hinreichender Deutlichkeit ergeben (BFH-Beschluss vom 12. Dezember 2013 III B 55/12, BFH/NV 2014, 575, m.w.N.). Nicht erforderlich ist, dass der abstrakte Rechtssatz nach Art eines Leitsatzes in den Gründen des angefochtenen Urteils formuliert ist; er kann sich auch aus scheinbar nur fallbezogenen Rechtsausführungen ergeben (BFH-Beschlüsse vom 23. April 1992 VIII B 49/90, BFHE 167, 488, BStBl II 1992, 671, und vom 2. Juni 2014 III B 153/13, BFH/NV 2014, 1377).

4

b) Die von der Klägerin gerügte Abweichung des FG-Urteils von dem BFH-Beschluss vom 2. Januar 2009 V K 1/07 (BFH/NV 2009, 1125) liegt nicht vor.

5

Die Klägerin trägt vor, das FG habe konkludent folgenden Rechtssatz aufgestellt: "Eine Restitutionsklage ist unzulässig, wenn der Kläger einen Restitutionsgrund nicht darlegt."

6

Im Widerspruch hierzu habe der BFH in dem Beschluss in BFH/NV 2009, 1125 folgenden Rechtssatz aufgestellt: "Eine Nichtigkeitsklage ist bereits dann zulässig, wenn der Kläger einen Nichtigkeitsgrund schlüssig behauptet." Der BFH-Beschluss in BFH/NV 2009, 1125 sei auf die Restitutionsklage uneingeschränkt übertragbar.

7

Die Klägerin übersieht dabei, dass auch der BFH in der angeblichen Divergenzentscheidung von dem Rechtssatz ausgegangen ist, dass die Zulässigkeit einer Wiederaufnahmeklage (§ 134 FGO i.V.m. § 578 ZPO), also einer Nichtigkeitsklage (§ 134 FGO i.V.m. § 579 ZPO) oder einer Restitutionsklage (§ 134 FGO i.V.m. § 580 ZPO), gemäß § 134 FGO i.V.m. § 589 Abs. 1 Satz 1 ZPO die (schlüssige) Darlegung eines Nichtigkeits- oder eines Restitutionsgrundes erfordert. Der BFH-Beschluss in BFH/NV 2009, 1125 nimmt insbesondere auf den BFH-Beschluss vom 29. Januar 1992 VIII K 4/91 (BFHE 165, 569, BStBl II 1992, 252) Bezug, auf den auch das FG seine Entscheidung gestützt hat. In dem Beschluss in BFHE 165, 569, BStBl II 1992, 252 hat der BFH für die Zulässigkeit einer Wiederaufnahmeklage --ebenso wie das FG in dem angefochtenen Urteil-- verlangt, dass der geltend gemachte Wiederaufnahmegrund klägerseits ausreichend dargelegt wird (§ 134 FGO i.V.m. §§ 578, 579, 589 ZPO). Die Zulässigkeit eines Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens erfordert hiernach nicht nur Angaben darüber, welches der vom Gesetz vorgesehenen Verfahren der Wiederaufnahme gewollt ist (§ 587 ZPO), sondern auch die schlüssige Behauptung eines der im Gesetz aufgeführten Nichtigkeits- oder Restitutionsgründe. Zwar gehört die Bezeichnung des Anfechtungsgrundes (§ 134 FGO i.V.m. § 588 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) nicht zum gesetzlich vorgeschriebenen Mindestinhalt der Klage- oder Antragsschrift. Daraus folgt aber nur, dass die Tatsachen, aus denen sich der Wiederaufnahmegrund ergeben soll, nicht schon innerhalb der Klagefrist vorgetragen werden müssen; sie können in einem späteren Schriftsatz (im Urteilsverfahren auch in der mündlichen Verhandlung) nachgeschoben werden. Die schlüssige Behauptung eines nach § 134 FGO i.V.m. §§ 579, 580 ZPO erheblichen Wiederaufnahmegrundes gehört jedoch nach allgemeiner Meinung zur Zulässigkeit der Wiederaufnahmeklage (BFH-Beschlüsse in BFHE 165, 569, BStBl II 1992, 252, und in BFH/NV 2009, 1125, jeweils m.w.N.).

8

Von diesen Rechtssätzen ist das FG in seinem Urteil nicht abgewichen, sondern hat sie seiner Entscheidung, wie sich insbesondere auch aus der Bezugnahme auf den BFH-Beschluss in BFHE 165, 569, BStBl II 1992, 252 ergibt, zugrunde gelegt.

9

c) Der Vortrag der Klägerin, das Urteil des FG sei rechtsfehlerhaft, rechtfertigt die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ebenfalls nicht. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO ist die Revision zur Sicherung der Rechtseinheit zwar auch dann zuzulassen, wenn die angefochtene Entscheidung des FG in einem Maße fehlerhaft ist, dass das Vertrauen in die Rechtsprechung nur durch eine höchstrichterliche Korrektur wiederhergestellt werden könnte (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 17. März 2010 X B 118/09, BFH/NV 2010, 1277, m.w.N.). Diese Voraussetzung ist erfüllt bei einem offensichtlichen materiellen und formellen Rechtsfehler von erheblichem Gewicht, der die Entscheidung der Vorinstanz als willkürlich oder greifbar gesetzwidrig erscheinen lässt. Das FG-Urteil enthält solche Rechtsfehler entgegen der Ansicht der Klägerin jedoch nicht.

10

2. Auch die von der Klägerin geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) führen nicht zur Zulassung der Revision.

11

a) Zwar liegt ein Verfahrensfehler vor, wenn das FG über eine zulässige Klage nicht zur Sache, sondern durch Prozessurteil entscheidet. Im Streitfall hat das FG die Klage aber zutreffend als unzulässig abgewiesen, da die Klägerin den einzigen, von ihr geltend gemachten Restitutionsgrund (§ 134 FGO i.V.m. § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO) nicht schlüssig dargelegt hat.

12

aa) Nach § 134 FGO i.V.m. § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO findet die Restitutionsklage statt, wenn die Partei eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde.

13

Das Auffinden einer anderen Urkunde bedeutet, dass deren Existenz oder Verbleib dem Restitutionskläger in dem rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren unverschuldet unbekannt war. Er wird in den Stand gesetzt, eine andere Urkunde zu benutzen, wenn er deren Existenz und Verbleib zwar kannte, sie aber unverschuldet nicht vorlegen konnte (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 31. Juli 2012  4 A 6001.11, 4 A 6002.11, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht-Rechtsprechungsreport --NVwZ-RR-- 2013, 173, m.w.N.).

14

Um eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu rechtfertigen, muss die aufgefundene Urkunde für die Herbeiführung einer dem Kläger günstigeren Entscheidung kausal sein. Maßgeblich ist hierfür, wie der Vorprozess zu entscheiden gewesen wäre, wenn außer dem gesamten Prozessstoff, wie er im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Vorprozesses vorlag, auch noch die jetzt beigebrachte Urkunde berücksichtigt worden wäre (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 28. Februar 2007 XII ZR 95/04, BGHZ 171, 232, m.w.N.). Die neuen entscheidungserheblichen Tatsachen müssen zudem allein durch die Urkunde in Verbindung mit dem bisherigen Prozessstoff bewiesen werden. Es genügt nicht, wenn die Urkunde nur Anlass für die Vernehmung von Zeugen gibt. Diese sind in § 580 ZPO als Beweismittel nicht zugelassen. Der Restitutionsgrund des § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO dient nicht dazu, im Vorprozess nicht gehörte Zeugen in das Verfahren einzuführen (BVerwG-Beschlüsse vom 11. Oktober 2004  7 B 83.04, juris, Rz 10, und vom 21. Januar 1982  7 B 13.82, Buchholz 310 § 153 VwGO Nr. 18, m.w.N.). War die Tatsache, die durch die Urkunde bewiesen werden soll, nicht entscheidungserheblich, hätte auch die Urkunde eine der Partei günstigere Entscheidung nicht herbeigeführt. Maßgebend für die Entscheidungserheblichkeit ist die Auffassung des Restitutionsgerichts (BVerwG-Urteil in NVwZ—RR 2013, 173).

15

bb) Nach diesen Maßstäben hat das FG im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Klägerin die tatsächlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Restitutionsgrundes (§ 134 FGO i.V.m. § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO) nicht schlüssig dargelegt hat. Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin das Schreiben des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) vom 21. September 2009 i.S. von § 134 FGO i.V.m. § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO aufgefunden hatte oder zu benutzen in den Stand gesetzt wurde. Denn es konnte nicht für die Herbeiführung einer der Klägerin günstigeren Entscheidung kausal sein.

16

In dem Schreiben äußerte das FA die Auffassung, dass der Einspruch der Klägerin gegen den Lohnsteuerhaftungsbescheid vom 16. Dezember 2008 durch die Einspruchsentscheidung vom 29. Juni 2009 bestandskräftig als unbegründet zurückgewiesen worden sei. Weder aus dieser Rechtsauffassung des FA noch aus den in dem Schreiben vom 21. September 2009 sonst mitgeteilten Tatsachen ergibt sich, dass die von der Klägerin im Vorprozess vor dem FG am 30. November 2009 erhobene Klage 3 K 2111/09 entgegen der in jenem Verfahren vom FG vertretenen Auffassung innerhalb der Klagefrist erhoben und damit zulässig war. Soweit die Klägerin mit der Vorlage des Schreibens des FA vom 21. September 2009 in dem Restitutionsverfahren erreichen wollte, die in dem Verfahren 3 K 2111/09 zugrunde gelegte Tatsache "neu zu bewerten", wie sie in der Klageschrift vorgetragen hat, oder die Verwertung des Tonmitschnitts der Besprechung vom 14. September 2010 und die Vernehmung der im Schriftsatz vom 2. Dezember 2014 benannten Zeugen erreichen wollte, deren Vernehmung sie auch bereits in dem Verfahren 3 K 2111/09 vergeblich beantragt hatte, verkennt sie, dass die neuen entscheidungserheblichen Tatsachen allein durch die Urkunde in Verbindung mit dem bisherigen Prozessstoff bewiesen werden müssen. Der Restitutionsgrund des § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO dient nicht dazu, im Vorprozess nicht gehörte Zeugen in das Verfahren einzuführen.

17

b) Soweit die Klägerin wiederholt die Verletzung von weiteren Verfahrensvorschriften (u.a. Verstöße gegen § 76 Abs. 1, § 96 Abs. 2 FGO und Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--) geltend macht, rechtfertigt das Beschwerdevorbringen die Zulassung der Revision ebenfalls nicht.

18

aa) Bei der Beantwortung der Frage, ob das FG einen Verfahrensfehler begangen hat, ist von dessen materiell-rechtlicher Auffassung auszugehen (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 6. Juli 1999 VIII R 12/98, BFHE 189, 148, BStBl II 1999, 731; BFH-Beschlüsse vom 1. September 2005 VI B 30/05, BFH/NV 2005, 2046, und vom 8. Oktober 2004 IV B 202/02, BFH/NV 2005, 367; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 79, m.w.N.) und deshalb bei Geltendmachung des Verfahrensfehlers darzulegen, inwiefern das angefochtene Urteil unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des FG auf dem angeblichen Verfahrensfehler beruhen kann (BFH-Beschluss vom 22. Oktober 2009 V B 108/08, BFH/NV 2010, 170).

19

Nach Auffassung des FG war die Klage bereits deshalb unzulässig, weil die Klägerin nicht schlüssig vorgetragen habe, wann sie das Schreiben des FA vom 21. September 2009 aufgefunden habe, warum sie es nicht in den ursprünglichen Prozess eingeführt habe, und weil nicht nachvollziehbar sei, inwiefern das Schreiben geeignet sei, ein für die Klägerin günstigeres Prozessergebnis herbeizuführen.

20

An einer schlüssigen Darlegung, inwieweit das FG nach Maßgabe dieses Rechtsstandpunkts gehalten war, den Sachverhalt weiter aufklären (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) oder den schriftsätzlich angebotenen Zeugenbeweis zu erheben, fehlt es.

21

bb) Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die unterbliebene Anordnung des Ruhens des Verfahrens (§ 155 FGO i.V.m. § 251 ZPO) oder das Nichtaussetzen des Verfahrens gemäß § 74 FGO im Streitfall einen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO begründet.

22

Die unterbliebene Anordnung des Ruhens des Verfahrens (§ 155 FGO i.V.m. § 251 ZPO) war im Streitfall schon deshalb nicht verfahrensfehlerhaft, weil im Falle der Unzulässigkeit der Klage eine solche Anordnung nicht in Betracht kommt (BFH-Beschluss vom 19. Oktober 2007 II B 107/06, BFH/NV 2008, 573; Gräber/Koch, a.a.O., § 74 Rz 23). Zudem hatten nicht beide Beteiligten das Ruhen des Verfahrens beantragt, was nach § 155 FGO i.V.m. § 251 ZPO Voraussetzung für die Anordnung des Ruhens des Verfahrens ist.

23

Im Übrigen war die Frage der Anordnung des Ruhens des Verfahrens --entgegen dem Vortrag der Klägerin-- auch Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem FG, wie sich aus der Sitzungsniederschrift vom 2. Dezember 2014 ergibt. Der Vorsitzende erläuterte hiernach in Anwesenheit des Vertreters des FA, dass zwar die Klägerin mit Schriftsatz vom 25. November 2014 das Ruhen des Verfahrens beantragt habe, aber eine Zustimmung des FA nicht vorliege. Das FA hat ausweislich der Sitzungsniederschrift in der mündlichen Verhandlung das Ruhen des Verfahrens nicht beantragt. Die Klägerin hat auch nicht dargelegt, dass das FA sonst die Verfahrensruhe beantragt hätte.

24

Eine Aussetzung des Verfahrens nach § 74 FGO darf ebenfalls nur ausgesprochen werden, wenn die Sachentscheidungsvoraussetzungen des auszusetzenden Verfahrens erfüllt sind (BFH-Beschluss vom 31. Juli 2001 III B 46/01, BFH/NV 2002, 39; Gräber/Koch, a.a.O., § 74 Rz 7). Hieran fehlt es im Streitfall, wie bereits dargelegt wurde, da die Restitutionsklage unzulässig war. Zudem steht die Aussetzung des Verfahrens gemäß § 74 FGO im Ermessen des FG. Dementsprechend gebietet eine schlüssige Darlegung eines Verfahrensmangels in der Form der ermessensfehlerhaften Nichtaussetzung des Verfahrens Ausführungen dazu, aufgrund welcher konkreten Umstände des Falles das dem FG hierbei eingeräumte Ermessen ausnahmsweise "auf Null reduziert" und die Aussetzung des Verfahrens deshalb aufgrund der besonderen Umstände des Falles die einzig richtige Entscheidung gewesen sein soll (Senatsbeschluss vom 12. Dezember 2012 VI B 50/12, BFH/NV 2013, 1618). Solche Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen.

25

cc) Letztlich ist auch nicht ersichtlich, dass das FG eine Überraschungsentscheidung getroffen oder auf der Grundlage seiner materiell-rechtlichen Auffassung entscheidungserhebliches Vorbringen der Klägerin nicht beachtet und somit den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 96 Abs. 2 FGO) verletzt hätte.

26

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.

27

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

Ein rechtskräftig beendetes Verfahren kann nach den Vorschriften des Vierten Buchs der Zivilprozessordnung wiederaufgenommen werden.

Rechtsmittel sind insoweit zulässig, als sie gegen die Entscheidungen der mit den Klagen befassten Gerichte überhaupt stattfinden.

(1) Gegen die Entscheidungen des Finanzgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an den Bundesfinanzhof zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozessleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über die Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse nach §§ 91a und 93a, Beschlüsse über die Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen, Sachverständigen und Dolmetschern, Einstellungsbeschlüsse nach Klagerücknahme sowie Beschlüsse im Verfahren der Prozesskostenhilfe können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Gegen die Entscheidung über die Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 und 5 und über einstweilige Anordnungen nach § 114 Abs. 1 steht den Beteiligten die Beschwerde nur zu, wenn sie in der Entscheidung zugelassen worden ist. Für die Zulassung gilt § 115 Abs. 2 entsprechend.

(4) In Streitigkeiten über Kosten ist die Beschwerde nicht gegeben. Das gilt nicht für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision.