Finanzgericht Köln Urteil, 25. Feb. 2014 - 8 K 2555/11
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten für das Streitjahr – 2002 – über das Besteuerungsrecht Deutschlands für Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit nach seiner Freistellung von der Arbeitspflicht.
3Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden.
4Der Kläger war seit 1998 für die in A/Italien (Südtirol) ansässige B Srl. nichtselbständig tätig. Am 29.10.2001 schloss er mit der B Srl. eine Beendigungsvereinbarung. § 1 dieser Vereinbarung lautet:
5§ 1
6Der zwischen den Parteien bestehende Dienstvertrag vom 12/20-Oktober-1998 endet am 31-Dezember-2003, ohne dass es einer Kündigung bedarf.
7Herr C wird unter Fortzahlung seiner sämtlichen Bezüge unwiderruflich und unter Anrechnung der ab der Unterzeichnung dieser Vereinbarung entstehenden Urlaubsansprüche von seiner Arbeit freigestellt.
8Während seiner Freistellung findet der bestehende Dienstvertrag mit Ausnahme der Bestimmungen, die seine Arbeit regeln und die Vertragsbeendigung betreffen, uneingeschränkt Anwendung.
9§ 3 der Vereinbarung sieht vor, dass der Kläger während der Dauer der Freistellung eine Nebentätigkeit aufnehmen könne, soweit diese nicht in Konkurrenz zu der B Gruppe stehe. Der in § 1 genannte Dienstvertrag hatte hierzu in § 1 Nr. 3 vorgesehen, dass der Kläger seine Arbeitskraft ausschließlich der Gesellschaft zu widmen habe. § 7 der Beendigungsvereinbarung sieht vor, dass der Kläger das Dienstverhältnis ohne Angabe von Gründen kündigen könne. Erfolge durch die Kündigung die Beendigung des Dienstverhältnisses vor dem 31.12.2003, werde die Gehaltsdifferenz zwischen dem Ausscheidungszeitpunkt und dem 31.12.2003 zu 50 v.H. als Abfindung zum Beendigungszeitpunkt ausgezahlt. § 10 der Vereinbarung regelt schließlich, dass der Kläger die gesetzliche Abfertigung zum Ausscheidungszeitpunkt erhalte. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Inhalt der Beendigungsvereinbarung Bezug genommen.
10Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass die Kläger bis Ende März 2002 ihren Hauptwohnsitz in Italien hatten und daher bis dahin alleine dort als ansässig i.S. des DBA Italien gelten; sie gehen weiter übereinstimmend davon aus, dass die Kläger Anfang April 2002 den italienischen Wohnsitz aufgegeben haben und nach Deutschland zurückgezogen sind.
11In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr deklarierten die Kläger – soweit hier von Belang – bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 80.355 € und einen nach dem DBA Italien steuerfreien Arbeitslohn in Höhe von 83.944 €. Beigefügt war eine Lohnsteuerbescheinigung der Gebr. D KG aus E, ausweislich derer der Kläger für die Zeit vom 1.8. bis 31.12.2003 einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 80.355 € bezogen hatte. In einer weiteren Anlage „Einkünfte nichtselbst. Arbeit Italien“ gab der Kläger an, er habe einen Bruttolohn in Höhe von 89.085,43 € bezogen, dem Werbungskosten in Gesamthöhe von 5.140,63 € (davon Umzugskosten in Höhe von 4.766,41 €) gegenüberstünden. Auf Nachfrage des Beklagten gab er hierzu an, er sei seit April 2001 von seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der B Srl. freigestellt. Gemäß Vertrag seien die laufenden Bezüge bis August 2002 weitergezahlt worden. Die in der Gehaltsabrechnung August ausgewiesenen kumulierten Werte wiesen ein Steuerbrutto in Höhe von 89.085,43 € – ohne Abfindungszahlung – aus. Die italienische Lohnsteuer habe die B Srl. an die italienische Finanzverwaltung abgeführt. Hierzu legte er eine Bestätigung der Fa. D ..., A, vom 26. März 2009 vor, ausweislich derer die einbehaltene italienische Steuer 31.600,76 € betragen habe.
12Der Beklagte vertrat hierzu die Auffassung, der Kläger habe aufgrund der Freistellung keine Tätigkeit mehr in Italien ausgeübt. Soweit seine Arbeitsleistung in einem Sich-zur-Verfügung-halten bestanden habe, ohne dass es zu einer Tätigkeit gekommen sei, werde die Arbeitsleistung dort erbracht, wo sich der Arbeitnehmer aufhalte, im Falle des Klägers also in Deutschland. Entsprechend erließ er am 12.11.2009 einen Einkommensteuerbescheid 2002, in dem er Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 169.440 € (= 80.355 € + 89.085 €) zugrundelegte. Die festgesetzte Steuer betrug danach 51.230 €. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Inhalt des Bescheids Bezug genommen.
13Hiergegen legten die Kläger am 9.12.2009 Einspruch ein.
14Im Zuge des Einspruchsverfahrens trug der Kläger vor, er sei bis zur Aufnahme seiner Tätigkeit bei der Konzernmutter in beratender Tätigkeit für die B Srl. tätig gewesen; diese im Auftrag der Konzernmutter ausgeführte Tätigkeit sei aber ein aliud zur beendeten Geschäftsführertätigkeit bei der italienischen Tochtergesellschaft gewesen. Zudem legte er eine Bestätigung der Fa. D ... vom 6. Mai 2010 vor, ausweislich derer er ab dem 1. August 2002 zum Vorstand der B Beteiligungs AG in E bestellt worden sei und daher das Dienstverhältnis mit der B Srl. zu diesem Zeitpunkt aufgelöst worden sei. Eine Abfindung i.S. des § 7 der Beendigungsvereinbarung sei nicht gezahlt worden.
15Weitere Ermittlungen des Beklagten im Einspruchsverfahren ergaben, dass der laufende Arbeitslohn gemäß der Beendigungsvereinbarung mit der B Srl. bis August nicht 89.085 €, sondern 98.352 € betragen hatte. Zudem hatte der Kläger eine Abfertigung (§ 10 der Beendigungsvereinbarung) in Höhe von 42.579 € erhalten. Das ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Die Beteiligten gehen zudem übereinstimmend davon aus, dass es sich bei der Abfertigung um eine nachträgliche Vergütung für die vormals aktive Dienstleistung handelt, weil sie aus Rücklagen gespeist wurde, die im Laufe des bestehenden Arbeitsverhältnisses aufgebaut worden waren. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Schriftsatz der Klägerseite vom 20.7.2010 Bezug genommen.
16Mit Einspruchsentscheidung vom 15.7.2011 änderte der Beklagte die Einkommensteuer 2002 und setzte sie mit nunmehr 41.151 € fest. Dabei berücksichtigte er bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 136.556 €. Die Besteuerung erfolgte mit Progressionsvorbehalt. Im Erläuterungsteil zur Anlage zur Einspruchsentscheidung heißt es hierzu, ausländische Einkünfte in Höhe von 48.830 € seien in Höhe von 47.786 € in die Berechnung des Steuersatzes einbezogen worden. Hierzu führte der Beklagte aus, die Abfertigungszahlung werde mit 6.679 € im Progressionsvorbehalt berücksichtigt. Der italienische Arbeitslohn in Höhe von 98.352 € werde zu 3/7 (42.151 €) Italien und zu 4/7 (56.201 €) Deutschland zugerechnet. Der auf Italien entfallende Arbeitslohn unterliege dem Progressionsvorbehalt.
17Darüber hinaus sei der Einspruch unbegründet: Die Zahlungen des italienischen Arbeitgebers seien als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 19 EStG zu qualifizieren und unterlägen im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht grundsätzlich der inländischen Besteuerung. Art.15 DBA Italien stünde der Besteuerung nicht entgegen. Danach könnten Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit nur im Ansässigkeitsstaat besteuert werden, es sei denn, die Arbeit werde im anderen Vertragsstaat ausgeübt. Hier sei die Tätigkeit dort ausgeübt worden, wo sich der Kläger aufgehalten habe. Die Freistellung von der Arbeitspflicht führe zu keiner anderen Beurteilung. Zwar entfalle damit eine der Hauptpflichten des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsvertrag. Der grundsätzliche Bestand des Arbeitsverhältnisses werde durch die Freistellung jedoch nicht berührt. Zahlungen, die bei Freistellung von der Arbeit geleistet würden, seien daher Leistungen in Erfüllung des weiter bestehenden (modifizierten) Dienstverhältnisses und würden nicht, wie z.B. eine Abfindung, im Hinblick auf das beendete Arbeitsverhältnis gezahlt. Das von den Klägern für ihre Auffassung in Anspruch genommene Urteil des BFH vom 9.11.1977 finde deshalb keine Anwendung. Der italienische Arbeitslohn sei demnach nur für die Dauer des Aufenthalts in Italien dort zu versteuern, im Übrigen aber in Deutschland.
18Das deutsche Besteuerungsrecht ergebe sich auch aus dem BMF-Schreiben vom 14.09.06, Tz. 120. Danach werde die Arbeitsleistung, soweit sie in einem Sich-zur-Verfügung-Halten – z.B. während Zeiträumen der Arbeitsfreistellung im Zusammenhang mit der Beendigung des Dienstverhältnisses – bestehe, ohne dass es zu einer Tätigkeit komme, dort erbracht, wo sich der Arbeitnehmer während der Dauer des Sich-zur-Verfügung-Haltens tatsächlich aufhalte. Zwar sei in dem Beendigungsvertrag mit der Fa. B Srl. vom 29.10.01 keine Vereinbarung hinsichtlich einer Tätigkeit für die Firma während der Freistellungsphase getroffen worden. Tatsächlich sei der Kläger nach seinen Angaben aber beratend tätig gewesen. Damit müsse er seine Bereitschaft, für Beratungen in Anspruch genommen zu werden, erklärt haben, denn Verträge über Beratungsleistungen außerhalb des bestehenden Dienstverhältnisses lägen nicht vor. Die Beratungstätigkeit habe auch nicht im Auftrag der Muttergesellschaft aufgenommen werden können, weil dort das Arbeitsverhältnis erst am 01.08.02 begonnen habe.
19Auch der Hinweis der Kläger auf das BFH-Urteil vom 12.01.11, I R 49/10, führe zu keiner anderen Beurteilung. Die Freistellungsphase nach dem Blockmodell im Rahmen der Altersteilzeit sei nicht mit der Freistellung im Zusammenhang mit der Beendigung eines Dienstverhältnisses vergleichbar. Während der Freistellung in der Altersteilzeit erhalte der Arbeitnehmer zeitversetzt die Bezüge, die er in der Arbeitsphase erarbeitet habe.
20Die Kläger haben am 10.8.2011 die vorliegende Klage erhoben.
21Sie machen geltend, der für die Monate April bis Juli 2002 gezahlte Arbeitslohn der B Srl. sei gemäß Art. 15 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz i.V. m. Art. 24 Abs. 3 Buchst. a Sätze 1 und 2 DBA Italien von der deutschen Besteuerung freizustellen. Seine – des Klägers – passive „Tätigkeit“ während der Freistellungsphase sei nicht als eigenständige Unterlassungsverpflichtung, sondern als nachträglich vereinbarte Nebenpflicht zur früher aktiv in Italien ausgeübten Geschäftsführer-Tätigkeit anzusehen. Das entspreche den Grundsätzen der BFH-Entscheidung vom 9.11.1977, BStBl II 1978, 195. Denn wenn nach dieser Entscheidung Zahlungen des früheren Arbeitgebers für eine nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfüllte Karenzpflicht Einkünfte seien, die aus der persönlichen aktiven Arbeitsleistung herrührten und daher in dem Staat zu besteuern seien, in dessen Gebiet die aktive persönliche Tätigkeit ausgeübt worden sei, müsse dies erst Recht bei Zahlungen währen eines noch (aus-)laufenden Arbeitsverhältnisses bei bloßer Freistellung von der Arbeitspflicht angenommen werden. Dass das der BFH-Entscheidung zugrundeliegende DBA Schweiz vom „Herrühren der Einkünfte“, das DBA Italien hingegen von „Beziehen der Gehälter“ spreche, stehe dem nicht entgegen. Die Zahlungen aus Italien habe er – der Kläger – für eine Tätigkeit bezogen, die aus der persönlichen aktiven Arbeitsleistung als Geschäftsführer der B Srl. herrührten.
22Umgekehrt seien die Grundsätze der BFH-Entscheidung vom 9.9.1970, BStBl II 1970, 867 hier nicht anzuwenden. Dort habe ein Sich-zur-Verfügung-halten einer Filmschauspielerin für ein eventuelles Film-Engagement als eigenständig zu qualifizierende passive Tätigkeit zur Diskussion gestanden. Hier gehe es indes um eine unselbständige passive Tätigkeit, die aus einer beendeten oder auslaufenden aktiven Tätigkeit als nachlaufende Nebenpflicht herrühre, die als im ehemaligen Tätigkeitsstaat ausgeübt gelte. Diese Sichtweise werde auch bestätigt durch die BFH-Entscheidung vom 12.1.2011, BFH/NV 2011, 913 zur Frage der Zuweisung des Besteuerungsrechts für Zahlungen während der Freistellungsphase bei der Altersteilzeit im sog. Blockmodell; auch insoweit handele es sich Zahlungen als Ausfluss der ehemaligen aktiven Tätigkeit, die im ehemaligen Tätigkeitsstaat zu versteuern seien.
23Diese Sichtweise korrespondiere auch mit den Konsultationsvereinbarungen mit Österreich vom 26.8.2010 (BStBl I 2010, 645) und mit der Verständigungsvereinbarung mit Luxemburg vom 7.9.2011 (BMF-Schreiben vom 19.9.2011 IV B 3 – S 1301 –LUX/10/10002). Angesichts des nahezu gleichlautenden Wortlautes des Art. 15 DBA Österreich und des DBA Italien und mit Blick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG sei hier keine ungünstigere Behandlung vorzunehmen.
24Schließlich entspreche ihre – der Kläger – Sichtweise bei genauer Betrachtung auch dem BMF-Schreiben vom 14.9.2006, BStBl I 2006, 532. Tz. 120 dieses Schreibens sei hier nicht anwendbar, weil eine Passivitätsverpflichtung (im Sinne eines Sich-zur-Verfügung-haltens) des Arbeitnehmers nur dann vorliege, wenn sich dieser arbeitsvertraglich weiterhin für einen eventuellen Einsatz beim Arbeitgeber bereithalten müsse. Ergebe sich aus den vertraglichen Regelungen hingegen, dass der Arbeitnehmer sich nicht mehr zur Verfügung halten müsse, sei kein Anwendungsfall der Tz 120 gegeben; dann bleibe es bei den Grundsätzen gemäß der BFH-Entscheidung vom 9.11.1977. So liege der Fall hier. Denn er – der Kläger – sei von der Geschäftsführertätigkeit unwiderruflich freigestellt worden. Dass er bis zur Aufnahme seiner Tätigkeit bei der Muttergesellschaft in beratender Tätigkeit für die B Srl. tätig gewesen sei, berühre die fehlende arbeitsvertragliche Verpflichtung zum Sich-zur Verfügung-halten nicht; die Beratungsleistung habe die B Srl. nämlich nicht als Arbeitsleistung einfordern können. Sie sei in geringem Umfang vor dem Hintergrund seiner konzerninternen Beförderung in den Vorstand der Muttergesellschaft erfolgt.
25Mit den Tz. 126 Satz 2 und Tz. 127 Satz 2 des BMF-Schreibens greife die Finanzverwaltung die Modifizierung der BFH-Rechtsprechung für nachlaufende passive Karenz- oder Wettbewerbsverbote auf, die fortan nicht mehr – wie noch in der Entscheidung vom 9.11.1977 angenommen – als vergangenheitsorientiert, sondern als zukunftsgerichtet anzusehen seien. Aus diesem Grunde zutreffend würden in dem BMF-Scheiben die BFH-Urteile vom 9.9.1970 und vom 9.11.1977 „insoweit“ – also betreffend zukunftsgerichtete Karenzzahlungen – für überholt erklärt. Hier stünden indes vergangenheitsbezogene Zahlungen zur Debatte; „insoweit“ bleibe es bei den Urteilsgrundsätzen vom 9.11.1977. Auch stehe Tz. 127 Satz 3 des BMF-Schreibens ihrer Auffassung nicht entgegen, weil sie lediglich den Ort der tatsächlichen aktiven Arbeitsausübung betreffe, nicht aber die hier vorliegende unselbständige und rein vergangenheitsorientierte passiven Tätigkeit.
26Die Kläger beantragen,
27den Einkommensteuerbescheid 2002 dahingehend zu ändern, dass der vom Kläger in den Monaten April bis Juli 2002 aus Italien bezogene Arbeitslohn im Betrag von 56.201 € von der deutschen Besteuerung unter Anwendung des Progressionsvorbehalts nach § 32b EStG freigestellt wird,
28hilfsweise die Revision zuzulassen.
29Der Beklagte beantragt,
30die Klage abzuweisen.
31Er wiederholt im Wesentlichen sein Vorbringen aus der Einspruchsentscheidung und macht ergänzend geltend, der Hinweis der Kläger auf die Vereinbarungen mit Österreich, Luxemburg und Großbritannien führt zu keinem anderen Ergebnis. Vereinbarungen mit anderen Staaten könnten nicht der Auslegung des Abkommens mit Italien zugrundegelegt werden.
32Auch aus Tz. 120 des BMF-Schreibens vom 14.9.2006 sei das Besteuerungsrecht Deutschlands herzuleiten. Bei den Zahlungen des Arbeitsgebers handele es sich entgegen dem Vorbringen der Kläger nicht um „vergangenheitsbezogene Zahlungen zur Abwicklung des aufgelösten Dienstverhältnisses“, sondern um Zahlungen im Rahmen eines noch bestehenden Dienstverhältnisses, allerdings ohne Verpflichtung zur Arbeitsleistung. Aus dem Wortlaut der Vorschrift sei nicht zu entnehmen, dass Tz. 120 nur gelte, wenn das Sich-zur-Verfügung-Halten vertraglich vereinbart sei. Tz. 126 des Schreibens sei nicht anwendbar, da es sich im Streitfall nicht um Zahlungen für die Erfüllung eines Konkurrenz- oder Wettbewerbsverbot handele.
33Die Kläger haben auf Nachfrage des Gerichts ergänzend mitgeteilt, bei der Beratungstätigkeit des Klägers während der Freistellung habe es sich um Hilfestellungen bei der Überleitung der italienischen Geschäftsführertätigkeit auf den Amtsnachfolger gehandelt. Er – der Kläger – sei noch diverse Male telefonisch um Rat, Auskunft und Einschätzung zu diversen operativen und administrativen Sachverhalten gebeten worden. Hierfür habe weder eine vertragliche Grundlage bestanden noch sei die Tätigkeit gesondert vergütet worden. Diese – gegenüber der B Srl. erbrachten – „Beratungsleistungen“ seien telefonisch und damit am jeweiligen Anwesenheitsort erbracht worden. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Schriftsatz der Kläger vom 19.2.2014 Bezug genommen.
34Entscheidungsgründe
35Die Klage ist unbegründet.
361.
37Der Einkommensteuerbescheid 2002 vom 12.11.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.7.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (vergl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).
38Zu Recht hat es der Beklagte bei der Festsetzung der Einkommensteuer 2002 abgelehnt, dem Begehren der Kläger, die in den Monaten April bis Juli 2002 aus Italien bezogenen Einkünfte in Höhe von 56.201 € von der deutschen Besteuerung freizustellen und sie lediglich im Wege der Progressionsvorbehalt zu berücksichtigen.
39a.
40Die Kläger waren, wovon die Beteiligten übereinstimmend ausgehen, in dem hier streitigen Zeitraum ab April 2002 gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 des im Streitjahr geltenden Einkommensteuergesetzes – EStG – in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig, weil sie jedenfalls ab diesem Zeitpunkt nach Deutschland zurückgezogen waren und demzufolge seitdem ihren Wohnsitz im Inland hatten. Folge dieser unbeschränkten Steuerpflicht ist es, dass der Kläger mit seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit – unabhängig davon, aus welchem Land sie stammen – gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG der Einkommensteuer unterlag.
41b.
42Bei den hier streitigen Vergütungen aus Italien handelte es sich um Gehälter für einen Beschäftigung im privaten Dienst i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger tatsächlich von der Arbeitsleistung freigestellt war. Ausreichend ist insoweit, dass ein objektiver Zusammenhang zwischen der Einnahme und dem Dienstverhältnis besteht (Schmidt –Krüger, EStG, 32. Auflage, § 19 Rz. 45). Das ist vorliegend der Fall, weil die hier streitigen Vergütungen ihren Rechtsgrund in dem Dienstvertrag zwischen dem Kläger und der B Srl. vom 12./20. Oktober 2008 hatten. Es handelte sich insoweit – in Abgrenzung zu der hier nicht streitigen „Abfertigung“ und zu der in § 7 der Beendigungsvereinbarung geregelten, tatsächlich aber nicht geflossenen Abfindung – um die laufenden Bezüge aus dem Dienstvertrag, wenn auch der Kläger von der Arbeit freigestellt war. Auch das ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, so dass der Senat insoweit von weiteren Ausführungen absieht.
43c.
44Der Beklagte war nicht verpflichtet, die hier streitigen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß Artikel 24 Abs. 3 Buchstabe a des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Italienischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Verhinderung der Steuerverkürzungen (DBA Italien) von der Besteuerung freizustellen. Nach dieser Vorschrift werden bei einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Person von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer die Einkünfte aus der Italienischen Republik sowie die in der Italienischen Republik gelegenen Vermögenswerte ausgenommen, die nach diesem Abkommen in der Italienischen Republik besteuert werden können. Die Bundesrepublik Deutschland behält aber das Recht, die so ausgenommenen Einkünfte und Vermögenswerte bei der Festsetzung des Steuersatzes zu berücksichtigen.
45aa.
46Ausgehend hiervon war der Kläger – wovon die Beteiligten übereinstimmend ausgehen – im hier streitigen Zeitraum ab April 2002 aufgrund des in Deutschland bestehenden Wohnsitzes eine in Deutschland ansässige Person i.S. des Artikel 4 Abs. 1 DBA Italien. Für die hier streitigen Einkünfte besaß Italien nicht das Besteuerungsrecht, so dass deren Freistellung von der deutschen Besteuerung nicht in Betracht kam.
47bb.
48Das Besteuerungsrecht für die hier vorliegenden Einkünfte aus unselbständiger Arbeit bestimmt sich nach Artikel 15 DBA Italien. Der hier allein einschlägige Absatz 1 der Vorschrift bestimmt, dass vorbehaltlich der - hier nicht anzuwendenden Artikel 16, 18 und 19 - Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, die Arbeit wird im anderen Vertragsstaat ausgeübt. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so können die dafür bezogenen Vergütungen im anderen Staat besteuert werden. Dem Besteuerungsrecht Italiens für die hier zu beurteilenden Einkünfte steht entgegen, dass der Kläger die Arbeit in Italien nicht ausgeübt hat.
49(1)
50Der Kläger war nach der Beendigungsvereinbarung unwiderruflich von seiner Arbeit freigestellt und deswegen im streitigen Zeitraum jedenfalls nicht mehr aktiv für die B Srl. in Italien tätig. Daran ändert die Tatsache nichts, dass der Kläger nach seinem eigenen Vorbringen noch im geringen Umfang für die B Srl. beratend tätig war. Denn insoweit macht der Kläger zutreffend geltend, dass der Rechtsgrund hier jedenfalls nicht im Dienstvertrag vom 12./20. Oktober 1998 begründet war, weil nach der Beendigungsvereinbarung Leistungen des Klägers nicht mehr geschuldet waren. Zudem hat die Nachfrage des Senats hierzu ergeben, dass diese Beratungsleistungen telefonisch am jeweiligen Anwesenheitsort stattgefunden hatten; der Senat geht davon aus, dass dies ‑ nachdem die Kläger nach Deutschland zurückgezogen waren – jedenfalls nicht in Italien gewesen sein wird. Anderenfalls hätte es mehr als nahegelegen, dass die Kläger entsprechend vorgetragen und zur Unterstützung ihres Standpunktes einen Sachzusammenhang zwischen diesen Beratungsleistungen und dem Dienstvertrag vom 12./20. Oktober 1998 geltend gemacht hätten.
51(2)
52Rechtsfolge einer fehlenden aktiven Tätigkeit für die B Srl. in Italien ist, dass der Kläger i.S. des Artikels 15 Abs. 1 DBA keine Arbeit im anderen Vertragsstaat – hier Italien – ausgeübt hat (ebenso: Finanzgericht – FG – Baden-Württemberg, Urteil vom 12.9.2012 3 K 632/10, juris zum DBA Schweiz). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den in der Rechtsprechung und der Literatur entwickelten Grundsätzen zu Frage des Orts der Arbeitsausübung bei sog. passiven Tätigkeiten:
53(a)
54Soweit im Rahmen der Beurteilung von passiven Tätigkeiten die Frage eines „Sich-zur-Verfügung-Haltens“ diskutiert wird (so insbesondere: BFH-Urteil vom 9.9.1970 I R 19/69, BStBl II 1970, 867; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.9.2012 3 K 632/10, juris: Danach ist der Ausübungsort dort, wo sich der Verpflichtete sich tatsächlich befindet), hält der Senat – in Übereinstimmung mit den Klägern – diese Frage hier nicht für einschlägig. Denn der Kläger war gemäß der Beendigungsvereinbarung von der Arbeitspflicht unwiderruflich freigestellt und musste sich damit gerade nicht zur Verfügung halten.
55(b)
56Umgekehrt vermag der Senat aber auch nicht den Klägern zu folgen, wenn sie sich auf die Grundsätze des BFH-Urteils vom 9.11.1977 I R 254/75, BStBl II 1978, 195 berufen. Soweit der BFH darin Zahlungen des früheren Arbeitgebers für eine nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitnehmer erfüllte Karenzpflicht als Einkünfte, die aus der persönlichen aktiven Arbeitsleistung des Arbeitnehmers herrühren, qualifiziert hat, die nach dem DBA Schweiz nur in dem Staate besteuert werden, in dessen Gebiet die aktive persönliche Tätigkeit ausgeübt wurde, liegt hier bereits ein anderer Sachverhalt vor, weil es hier nicht um die Beurteilung einer Karenzpflicht nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses geht.
57Zudem teilt der Senat die in diesem Urteil entwickelten Grundsätze nicht. Der BFH hatte hierzu ausgeführt, zwar würden die Entschädigungen unmittelbar für die Einhaltung der Karenzverpflichtung an den Kläger entrichtet und seien mithin im engeren Sinne nicht als Gegenleistung für bereits vor den Streitjahren geleistete Arbeit anzusehen. Artikel 4 des – seinerzeit geltenden – DBA Schweiz stelle indes nicht auf das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung ab, sondern lasse, wie sich aus der Verwendung des Wortes "herrühren" ergebe, einen bloßen (mit-)ursächlichen Zusammenhang der Einkünfte mit der Arbeitsleistung für die Aufrechterhaltung des Besteuerungsrechts genügen. Damit findet aus der Sicht des Senats zum Einen eine unzulässige Vermengung zweier Tatbestandmerkmale der seinerzeit zu beurteilenden Abkommensnorm statt. Diese sah vor, dass Einkünfte aus Arbeit nur in dem Staate besteuert werden konnten, in dessen Gebiet die persönliche Tätigkeit ausgeübt wird, aus der die Einkünfte herrühren. Die Frage, aus welchem Vertragsstaat die Einkünfte „herrühren“, beantwortet nicht die Frage, in welchem Vertragsstaat „die persönliche Tätigkeit ausgeübt wird“. Dass insbesondere der Staat, aus dem die Einkünfte „herrühren“, nicht identisch sein muss mit dem, in dem die „persönliche Tätigkeit ausgeübt wird“, wird deutlich in Fällen des Einsatzes eines Arbeitnehmers außerhalb desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber ansässig ist.
58Auch ist nicht nachzuvollziehen, weshalb eine erst noch zu erfüllende Karenzverpflichtung als eine auf die Zukunft gerichtete Leistung eine derartige Verknüpfung mit einer in der Vergangenheit liegenden Arbeitstätigkeit erfahren soll, dass der frühere Tätigkeitsort für die Bestimmung des Ausübungsorts maßgeblich sein soll. Zutreffenderweise ist der BFH deshalb auch von den im o.g. Urteil entwickelten Grundsätzen abgerückt. Denn in seiner Entscheidung vom 16.6.1996 XI R 43/94, BStBl II 1996, 516 hat er ‑ wenn auch nicht zum Abkommensrecht, sondern im Zusammenhang mit der Anwendung von § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG – zu Entschädigungen für die Nichtausübung einer Tätigkeit festgestellt, diese würden für die auf ein zukünftiges Verhalten gerichtete Verpflichtung (Wettbewerbsenthaltung) gezahlt und seien von der bisherigen Tätigkeit losgelöst.
59Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang geltend machen, dieser Wandel in der Rechtsprechung des BFH zu Karenzpflichten sei hier nicht einschlägig, weil er lediglich die Beurteilung zukunftsgerichteter Zahlungen betreffe, hier indes vergangenheitsbezogene Zahlungen zur Debatte stünden, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Denn es ist nicht nachzuvollziehen, weshalb die Freistellung von der Arbeitsverpflichtung im laufenden Dienstvertrag, die zwangsläufig zu einem gegenwärtigen „Nichtstun“ führt, den von den Klägern behaupteten Vergangenheitsbezug aufweisen soll.
60(c)
61Die Kläger können sich auch nicht Erfolg auf das BFH-Urteil vom 12.1.2011 I R 49/10, BStBl II 2011, 446 berufen. Darin hatte der BFH im Zusammenhang mit dem DBA Frankreich entschieden, dass im Rahmen der Altersteilzeit nach dem sog. Blockmodell das Besteuerungsrecht für die während der Freistellungsphase bezogenen Vergütungen dem früheren Tätigkeitsstaat zustehe. Hierzu hatte er ausgeführt, Art. 13 Abs. 1 DBA Frankreich bestimme, dass Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nur in dem Vertragsstaat besteuert werden könnten, in dem die persönliche Tätigkeit, aus der die Einkünfte herrührten, ausgeübt werde. Der Kläger sei bis Ende Oktober 2004 „aktiv“ bei einem deutschen Arbeitgeber in Deutschland tätig gewesen und habe dort seine Tätigkeit ausgeübt. Die ihm zugeflossenen Vergütungen im Rahmen der vereinbarten Altersteilzeit rührten insgesamt aus dieser Tätigkeit her. Dass sie zeitversetzt zu einem Zeitpunkt ausbezahlt würden, in dem die persönlich ausgeübte Tätigkeit als solche beendet gewesen sei, ändere daran nichts. Auch bei nachträglich ausbezahltem Arbeitslohn handele es sich um entsprechende Einkünfte.
62In diesem Zusammenhang macht der Beklagte zu Recht geltend, dass der dem sog. „Blockmodell“ zugrundeliegende Sachverhalt mit der vorliegenden Sachlage nicht vergleichbar ist. Denn im Blockmodell geht es letztlich nicht um die Beurteilung einer „passiven Tätigkeit“ während der Freistellungsphase, sondern um die Zuordnung der Vergütung zu einer bereits geleisteten „aktiven“ Tätigkeit. Der Bezug der Vergütung während der Freistellungsphase stellt sich als Entlohnung für die bereits geleistete Arbeit in der aktiven Phase dar; die Vergütung ist damit als „Frucht“ der aktiven Tätigkeit bereits verdient und kommt lediglich zeitversetzt zur Auszahlung. So liegt der Fall hier indes nicht. Denn der Kläger erhält seine laufenden Bezüge während der Freistellungsphase nicht, weil er sich diese Vergütungen bereits während der Phase der aktiven Tätigkeit verdient hatte. Die B Srl. zahlte die Vergütung – obschon sie offensichtlich die Dienste des Klägers nicht mehr benötigte – vielmehr alleine deshalb weiter, weil die Laufzeit des Dienstvertrages sie dazu zwang.
63(d)
64Schließlich können sich die Kläger auch nicht mit Erfolg auf die von ihnen angeführten Verständigungs- bzw. Konsultationsvereinbarungen der Finanzverwaltung mit Drittstaaten berufen. In der Rechtsprechung des BFH ist zwar der sog. Grundsatz der Entscheidungsharmonie anerkannt. Danach ist es nicht ausgeschlossen, die Abkommenspraxis der Vertragsstaaten, wie sie in einer Verständigungsvereinbarung oder Konsultationsvereinbarung zum Ausdruck kommt, bei der Abkommensauslegung zu berücksichtigen (BFH-Urteil vom 13.6.2012 I R 41/11, BStBl II 2012, 880 m.w.N.). Das bedeutet indes nicht, dass die Abkommenspraxis des einen Vertragsstaats mit Drittstaaten bei der Auslegung des einschlägigen DBA zu berücksichtigen wäre. Für die hier zu beurteilende Frage könnte damit allenfalls eine – hier aber nicht existente – Verständigungsvereinbarung mit Italien zur Auslegung des Begriffs „ausüben“ herangezogen werden.
65cc.
66Der Kläger ist damit im hier streitigen Zeitraum weder aktiv in Italien tätig geworden noch kann er nach den für sog. passive Tätigkeiten entwickelten Grundsätzen so behandelt werden, als habe er seine Tätigkeit in Italien ausgeübt. Deswegen verbleibt es bei der Grundregel des Artikels 15 Abs. 1 DBA, wonach alleine Deutschland als Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht für die hier vorliegenden Einkünfte zusteht. Die Voraussetzungen für den Ausnahmetatbestand („es sei denn…), wonach der Tätigkeitsstaat die Einkünfte besteuern kann, liegen nicht vor.
67Dieses Ergebnis entspricht – soweit erkennbar – auch der überwiegend in der Literatur vertretenen Meinung (Wassermeyer/Schwenke in Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Art. 15 MA Rz. 79a, die allerdings den Fall der Gehaltsfortzahlung für die Dauer der normalen Kündigungsfrist unter „Abfindungen“ abhandeln und deswegen von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgehen; Kamphaus/Büscher in Strunk/Kaminski/Köhler, Außensteuergesetz, DBA, Art. 15 OECD-MA Rz. 56, die indes u.a. Zeiten der Arbeitsfreistellung im Zusammenhang mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses als Leistung im Sinne eines „Sich-zur-Verfügung-halten“ verstehen; Bourseaux/Levedag in Schönfeld/Diez, DBA, Art. 15, Rz. 88). Soweit demgegenüber vertreten wird, in Fällen, in denen die Arbeitsleistung vom Arbeitgeber nicht in Anspruch genommen werde, der Arbeitnehmer also für sein Nichtstun bezahlt werde, sei ein Unterlassen Vertragsgegenstand, so dass auf den Ort abzustellen sei, wo nach dem Arbeitsvertrag die Arbeit hätte ausgeübt werden müssen (Prokisch in Vogel/Lehner, DBA, 5.. Auflage, Art. 15 Rz. 36 a.E.), folgt der Senat dem nicht. Denn dies widerspricht dem im Steuerrecht geltende Grundsatz, dass die Besteuerung an tatsächliche Vorgänge anknüpft und fiktive Sachverhalte unbeachtet lässt (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 16.9.2004 X R 54/99, BFH/NV 2005, 677). Tatsächlich hat der Kläger, der im streitigen Zeitraum ab April 2002 in Deutschland ansässig war, sich nicht in Italien aufgehalten; deswegen konnte er – mangels physischer Präsenz in Italien – bereits begrifflich eine Tätigkeit in Italien nicht ausüben (vergl. zur Anknüpfung an den tatsächlichen körperlichen Aufenthalt bei der Bestimmung des Ausübungsorts: Kamphaus/Büscher in Strunk/Kaminski/ Köhler, Außensteuergesetz, DBA, Art. 15 OECD-MA Rz. 50). Bei dieser Sachlage die Grundregel des Artikels 15 Abs. 1 DBA Italien mit der grundsätzlichen Zuweisung des Besteuerungsrechts an den Ansässigkeitsstaat aufgrund fiktiver Annahmen außer Kraft zu setzen, ist nach Ansicht des Senats nicht gerechtfertigt.
682.
69Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
703.
71Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Finanzgericht Köln Urteil, 25. Feb. 2014 - 8 K 2555/11
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Urteil einreichenFinanzgericht Köln Urteil, 25. Feb. 2014 - 8 K 2555/11 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
(1)1Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören
- 1.
Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst; - 1a.
Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen anlässlich von Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter (Betriebsveranstaltung).2Zuwendungen im Sinne des Satzes 1 sind alle Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer unabhängig davon, ob sie einzelnen Arbeitnehmern individuell zurechenbar sind oder ob es sich um einen rechnerischen Anteil an den Kosten der Betriebsveranstaltung handelt, die der Arbeitgeber gegenüber Dritten für den äußeren Rahmen der Betriebsveranstaltung aufwendet.3Soweit solche Zuwendungen den Betrag von 110 Euro je Betriebsveranstaltung und teilnehmenden Arbeitnehmer nicht übersteigen, gehören sie nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, wenn die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht.4Satz 3 gilt für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen jährlich.5Die Zuwendungen im Sinne des Satzes 1 sind abweichend von § 8 Absatz 2 mit den anteilig auf den Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen entfallenden Aufwendungen des Arbeitgebers im Sinne des Satzes 2 anzusetzen; - 2.
Wartegelder, Ruhegelder, Witwen- und Waisengelder und andere Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen, auch soweit sie von Arbeitgebern ausgleichspflichtiger Personen an ausgleichsberechtigte Personen infolge einer nach § 10 oder § 14 des Versorgungsausgleichsgesetzes durchgeführten Teilung geleistet werden; - 3.
laufende Beiträge und laufende Zuwendungen des Arbeitgebers aus einem bestehenden Dienstverhältnis an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung für eine betriebliche Altersversorgung.2Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören auch Sonderzahlungen, die der Arbeitgeber neben den laufenden Beiträgen und Zuwendungen an eine solche Versorgungseinrichtung leistet, mit Ausnahme der Zahlungen des Arbeitgebers - a)
zur erstmaligen Bereitstellung der Kapitalausstattung zur Erfüllung der Solvabilitätskapitalanforderung nach den §§ 89, 213, 234g oder 238 des Versicherungsaufsichtsgesetzes, - b)
zur Wiederherstellung einer angemessenen Kapitalausstattung nach unvorhersehbaren Verlusten oder zur Finanzierung der Verstärkung der Rechnungsgrundlagen auf Grund einer unvorhersehbaren und nicht nur vorübergehenden Änderung der Verhältnisse, wobei die Sonderzahlungen nicht zu einer Absenkung des laufenden Beitrags führen oder durch die Absenkung des laufenden Beitrags Sonderzahlungen ausgelöst werden dürfen, - c)
in der Rentenbezugszeit nach § 236 Absatz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes oder - d)
in Form von Sanierungsgeldern;
- a)
seines Ausscheidens aus einer nicht im Wege der Kapitaldeckung finanzierten betrieblichen Altersversorgung oder - b)
des Wechsels von einer nicht im Wege der Kapitaldeckung zu einer anderen nicht im Wege der Kapitaldeckung finanzierten betrieblichen Altersversorgung.
(2)1Von Versorgungsbezügen bleiben ein nach einem Prozentsatz ermittelter, auf einen Höchstbetrag begrenzter Betrag (Versorgungsfreibetrag) und ein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag steuerfrei.2Versorgungsbezüge sind
- 1.
das Ruhegehalt, Witwen- oder Waisengeld, der Unterhaltsbeitrag oder ein gleichartiger Bezug - a)
auf Grund beamtenrechtlicher oder entsprechender gesetzlicher Vorschriften, - b)
nach beamtenrechtlichen Grundsätzen von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtlichen Verbänden von Körperschaften
- 2.
in anderen Fällen Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen wegen Erreichens einer Altersgrenze, verminderter Erwerbsfähigkeit oder Hinterbliebenenbezüge; Bezüge wegen Erreichens einer Altersgrenze gelten erst dann als Versorgungsbezüge, wenn der Steuerpflichtige das 63. Lebensjahr oder, wenn er schwerbehindert ist, das 60. Lebensjahr vollendet hat.
Jahr des Versorgungs- beginns | Versorgungsfreibetrag | Zuschlag zum Versorgungs- freibetrag in Euro | |
---|---|---|---|
in % der Versorgungs- bezüge | Höchstbetrag in Euro | ||
bis 2005 | 40,0 | 3 000 | 900 |
ab 2006 | 38,4 | 2 880 | 864 |
2007 | 36,8 | 2 760 | 828 |
2008 | 35,2 | 2 640 | 792 |
2009 | 33,6 | 2 520 | 756 |
2010 | 32,0 | 2 400 | 720 |
2011 | 30,4 | 2 280 | 684 |
2012 | 28,8 | 2 160 | 648 |
2013 | 27,2 | 2 040 | 612 |
2014 | 25,6 | 1 920 | 576 |
2015 | 24,0 | 1 800 | 540 |
2016 | 22,4 | 1 680 | 504 |
2017 | 20,8 | 1 560 | 468 |
2018 | 19,2 | 1 440 | 432 |
2019 | 17,6 | 1 320 | 396 |
2020 | 16,0 | 1 200 | 360 |
2021 | 15,2 | 1 140 | 342 |
2022 | 14,4 | 1 080 | 324 |
2023 | 13,6 | 1 020 | 306 |
2024 | 12,8 | 960 | 288 |
2025 | 12,0 | 900 | 270 |
2026 | 11,2 | 840 | 252 |
2027 | 10,4 | 780 | 234 |
2028 | 9,6 | 720 | 216 |
2029 | 8,8 | 660 | 198 |
2030 | 8,0 | 600 | 180 |
2031 | 7,2 | 540 | 162 |
2032 | 6,4 | 480 | 144 |
2033 | 5,6 | 420 | 126 |
2034 | 4,8 | 360 | 108 |
2035 | 4,0 | 300 | 90 |
2036 | 3,2 | 240 | 72 |
2037 | 2,4 | 180 | 54 |
2038 | 1,6 | 120 | 36 |
2039 | 0,8 | 60 | 18 |
2040 | 0,0 | 0 | 0 |
4Bemessungsgrundlage für den Versorgungsfreibetrag ist
- a)
bei Versorgungsbeginn vor 2005 das Zwölffache des Versorgungsbezugs für Januar 2005, - b)
bei Versorgungsbeginn ab 2005 das Zwölffache des Versorgungsbezugs für den ersten vollen Monat,
(3)1Die Energiepreispauschale nach dem Versorgungsrechtlichen Energiepreispauschalen-Gewährungsgesetz oder vergleichbare Leistungen zum Ausgleich gestiegener Energiepreise nach Landesrecht sind als Einnahmen nach Absatz 2 zu berücksichtigen.2Sie gelten nicht als Sonderzahlung im Sinne von Absatz 2 Satz 4, jedoch als regelmäßige Anpassung des Versorgungsbezugs im Sinne von Absatz 2 Satz 9.3Im Lohnsteuerabzugsverfahren sind die Energiepreispauschale und vergleichbare Leistungen bei der Berechnung einer Vorsorgepauschale nach § 39b Absatz 2 Satz 5 Nummer 3 Buchstabe b und c nicht zu berücksichtigen.4In den Fällen des Satzes 1 sind die §§ 3 und 24a nicht anzuwenden.
Tatbestand
- 1
-
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) lebt seit 2002 in Frankreich. Er war als Angestellter einer inländischen Aktiengesellschaft in Deutschland tätig, mit welcher er eine Beschäftigung nach dem sog. Blockmodell gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes (AltTZG 1996) vereinbart hatte. Die Arbeitsphase dauerte vom 1. November 2001 bis zum 31. Oktober 2004, die Freistellungsphase vom 1. November 2004 bis zum 31. Oktober 2007. Somit befand sich der Kläger im Streitjahr 2005 in der Freistellungsphase.
- 2
-
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) unterwarf den Kläger auf dessen Antrag hin der sog. fiktiven unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG 2002) und erfasste hierbei sowohl die vom Arbeitgeber im Streitjahr geleisteten Vergütungen als auch die von diesem erbrachten Zuschüsse zur Krankenversicherung des Klägers in der französischen Caisse primaire d'assurance maladie (CPAM) als steuerpflichtigen Arbeitslohn. Der Kläger sah die Vergütung hingegen als Ruhegehalt an und begehrte hierfür die Steuerfreistellung nach Art. 13 Abs. 8 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern vom 21. Juli 1959 (BGBl II 1961, 398, BStBl I 1961, 343) in der Fassung des Zusatzabkommens vom 20. Dezember 2001 (BGBl II 2002, 2372, BStBl I 2002, 892) --DBA-Frankreich--. Die Arbeitgeberzuschüsse zur französischen Krankenversicherung seien nach § 3 Nr. 62 EStG 2002 steuerfrei.
- 3
-
Die Klage gegen den Einkommensteuerbescheid 2005 war erfolglos. Das Finanzgericht (FG) München wies sie mit Urteil vom 21. Mai 2010 8 K 3773/07 als unbegründet ab; das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2010, 2096 veröffentlicht.
- 4
-
Seine Revision stützt der Kläger auf Verletzung materiellen Rechts. Er beantragt (sinngemäß), den angefochtenen Einkommensteuerbescheid aufzuheben, hilfsweise, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit um 2.003,94 € niedriger anzusetzen und die Einkommensteuer 2005 unter Abänderung des vorgenannten Bescheides entsprechend niedriger festzusetzen.
- 5
-
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
- 6
-
II. Die Revision ist unbegründet.
- 7
-
1. Der in Frankreich wohnende und dort unbeschränkt steuerpflichtige Kläger hat beantragt, (auch) in Deutschland nach § 1 Abs. 3 EStG 2002 als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt zu werden. Die Voraussetzungen dieser sog. fiktiven unbeschränkten Steuerpflicht liegen nach den tatrichterlichen Feststellungen vor, und darüber wird unter den Beteiligten auch nicht gestritten.
- 8
-
2. Der Kläger ist hiernach (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 1 letzter Halbsatz EStG 2002) mit seinen inländischen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, die er für seinen inländischen Arbeitgeber erbracht hat, i.S. des § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a EStG 2002 unbeschränkt steuerpflichtig. Es handelt sich dabei um Einkünfte aus einer Arbeit (§ 19 EStG 2002), die im Inland ausgeübt wird oder worden ist. Dazu gehören auch diejenigen Beträge, die er im Rahmen der sog. Freistellungsphase nach Maßgabe der aufgrund des Altersteilzeitgesetzes in Anspruch genommenen Altersteilzeit im Streitjahr vereinnahmt hat. Dem Altersteilzeitarbeitnehmer wird zeitversetzt in der Freistellungsphase das ausgezahlt, was er in der Arbeitsphase erarbeitet hat bzw. was er an Arbeitsbezügen aufgrund seiner erbrachten Vollzeittätigkeit hätte beanspruchen können (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteile vom 19. Januar 2010 9 AZR 51/09, Arbeitsrechtliche Praxis Nr. 3 zu § 4 ATG; vom 4. Oktober 2005 9 AZR 449/04, BAGE 116, 86).
- 9
-
3. Das Deutschland nach innerstaatlichem Recht zustehende Besteuerungsrecht für jene Beträge wird nicht durch das DBA-Frankreich beschränkt.
- 10
-
a) Art. 13 Abs. 1 DBA-Frankreich bestimmt, dass Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nur in dem Vertragstaate besteuert werden können, in dem die persönliche Tätigkeit, aus der die Einkünfte herrühren, ausgeübt wird. Der Kläger war bis zum 31. Oktober 2004 "aktiv" bei einem deutschen Arbeitgeber in Deutschland tätig und hat dort seine Tätigkeit ausgeübt. Die ihm zugeflossenen Vergütungen im Rahmen der vereinbarten Altersteilzeit rühren insgesamt aus dieser Tätigkeit her. Dass sie zeitversetzt zu einem Zeitpunkt ausbezahlt wurden, in dem die persönlich ausgeübte Tätigkeit als solche beendet war, ändert daran nichts. Auch bei nachträglich ausbezahltem Arbeitslohn handelt es sich um entsprechende Einkünfte. Das alles betrifft das Regelarbeitsentgelt ebenso wie den vom Arbeitgeber zusätzlich gezahlten sog. Aufstockungsbetrag (vgl. dazu § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a des AltTZG 1996).
- 11
-
b) Gründe, die das Besteuerungsrecht unabhängig davon Frankreich zuweisen, sind nicht ersichtlich.
- 12
-
aa) Allerdings ist nicht ausgeschlossen, dass jene Vergütungen nicht "für" die erbrachte Tätigkeit geleistet werden, sondern dafür, dass der Kläger sich mit der Altersteilzeit im sog. Blockmodell einverstanden erklärt und in der Freistellungsphase gerade keine persönliche Tätigkeit mehr ausgeübt hat. Legt man das Verständnis zugrunde, das der Senat in ständiger Spruchpraxis zu Art. 15 Abs. 1 des Musterabkommens der Organisation for Economic Cooperation and Development (OECD-MustAbk) vertritt (z.B. Senatsurteile vom 2. September 2009 I R 111/08, BFHE 226, 276, BStBl II 2010, 387, sowie I R 90/08, BFHE 226, 267, BStBl II 2010, 394, m.w.N.), könnte es infolgedessen an der erforderlichen (engen) Kausalität zwischen Leistung und Gegenleistung innerhalb des Arbeitsverhältnisses mangeln (so wohl Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Art. 18 MA Rz 19a). Im Einzelnen kann das im Streitfall aber unbeantwortet bleiben. Denn gleichviel, ob man die beschriebene Schlussfolgerung zieht, wäre sie für das hier anzuwendende DBA-Frankreich nicht maßgebend, weil hiernach --abweichend von Art. 15 Abs. 1 OECD-MustAbk und insofern weiter gehend-- alle Einkünfte dem Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaats zugewiesen werden, welche aus der betreffenden Tätigkeit herrühren. Die besagte Kausalitätsfrage stellt sich also nicht; eine Veranlassung durch die Tätigkeit im weiteren Sinne genügt.
- 13
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bb) Gleichermaßen scheidet auch ein französisches Besteuerungsrecht nach Art. 13 Abs. 8 DBA-Frankreich aus. Zwar steht das in Abs. 1 der Vorschrift angeordnete Besteuerungsrecht des Quellenstaats --hier also Deutschlands-- unter dem Vorbehalt "der nachstehenden Absätze", und nach Abs. 8 der Vorschrift können private Ruhegehälter und Leibrenten nur in dem Ansässigkeitsstaat besteuert werden. Um derartige Ruhegehälter handelt es sich bei den Vergütungen, die in der sog. Freistellungsphase der Altersteilzeit gezahlt werden, jedoch nicht.
- 14
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Welche Zahlungen als Ruhegehalt i.S. des Art. 13 Abs. 8 DBA-Frankreich gelten, bestimmt sich unbeschadet des Fehlens einer ausdrücklichen Begriffsdefinition nach Maßgabe eines abkommensautonomen Verständnisses und nicht nach innerstaatlichem Recht (Senatsbeschluss vom 8. Dezember 2010 I R 92/09, abrufbar im Internet unter www.bundesfinanzhof.de, dort im Hinblick auf Art. 19 DBA-Schweiz 1971/1992, m.w.N.). Doch ändert das nichts daran, dass Ruhegehälter in erster Linie solche --vom Arbeitgeber aufgewendete-- Leistungen sind, welche der Versorgung des Arbeitnehmers dienen (vgl. z.B. Wunderlich in Endres/ Jacob/Gohr/Klein, DBA-Deutschland/USA, Art. 18 Rz 9; Haase, AStG/DBA, Art. 18 MA Rz 16). Dem dient die Vergütung für die vereinbarte Altersteilzeit indes in ihrer Gesamtheit nicht. Die Altersteilzeit geht vielmehr sowohl im kontinuierlichen als auch in dem hier interessierenden sog. Blockmodell dem eigentlichen Ruhestand voran. Die Freistellungsphase repräsentiert so gesehen eine Ausprägung der eigentlichen aktiven Tätigkeit, auch wenn sich diese Phase und der nachfolgende "richtige" Ruhestand für den betreffenden Arbeitnehmer in tatsächlicher Hinsicht nicht unterscheiden mögen. Letzteres ändert nichts daran, dass es sich ausschließlich um arbeitsvertraglich vereinbarte nachträgliche Bezüge als Gegenleistung für die aktive Tätigkeit handelt, nicht aber um arbeitsvertraglich für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausbedungene "Ruhegehälter" (im Ergebnis ebenso die Verwaltungspraxis, vgl. Bundesministerium der Finanzen, Schreiben vom 15. September 2006, BStBl I 2006, 532, dort unter 6.7, sowie z.B. Ismer in Vogel/Lehner, DBA, 5. Aufl., Art. 18 Rz 38; Libudda/Otto, Recht der Internationalen Wirtschaft 2002, 378; Fischer in juris Lexikon Steuerrecht, Arbeitslohn DBA, Rz 53).
- 15
-
4. Auch der vom (früheren) Arbeitgeber gezahlte Zuschuss zur Krankenversicherung ist als Arbeitslohn i.S. von § 19 i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG 2002 (z.B. Bundesfinanzhof --BFH--, Urteil vom 28. Mai 2009 VI R 27/06, BFHE 225, 377, BStBl II 2009, 857) beschränkt steuerpflichtig; er ist nicht gemäß § 3 Nr. 62 EStG 2002 steuerbefreit.
- 16
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Danach sind Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers steuerfrei, soweit der Arbeitgeber hierzu nach sozialversicherungsrechtlichen oder anderen gesetzlichen Vorschriften verpflichtet ist. Zur Zukunftssicherung gehört auch die Absicherung gegen Krankheit.
- 17
-
Eine derartige gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers zu Zahlungen an die Sozialversicherung bestand nach den von der Revision nicht angegriffenen und den Senat bindenden (vgl. § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) Feststellungen des FG nach deutschem Recht im Streitjahr nicht, da der Kläger wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei war (§ 257 Abs. 1 des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch --Gesetzliche Krankenversicherung-- [SGB V]). Allerdings war der Arbeitgeber solange gesetzlich zur Zahlung eines Zuschusses an den Kläger verpflichtet, wie dieser freiwillig in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist (§ 257 Abs. 1 SGB V). Diese freiwillige Versicherung hat der Kläger indes im April des Streitjahres aufgegeben und sich in der französischen CPAM versichert; eine vergleichbare gesetzliche Verpflichtung für den Arbeitgeber zur Zahlung eines Zuschusses für die Versicherung in der französischen CPAM besteht nicht. Dazu kann auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz zu der sozialversicherungsrechtlichen Lage verwiesen werden. Gleiches gilt für die unionsrechtliche Beurteilung, durch die das FG die einschlägigen Urteile des BFH vom 18. Mai 2004 VI R 11/01 (BFHE 206, 158, BStBl II 2004, 1014) sowie in BFHE 225, 377, BStBl II 2009, 857 bestätigt hat.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1)1Hat ein zeitweise oder während des gesamten Veranlagungszeitraums unbeschränkt Steuerpflichtiger oder ein beschränkt Steuerpflichtiger, auf den § 50 Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 Anwendung findet,
- 1.
- a)
Arbeitslosengeld, Teilarbeitslosengeld, Zuschüsse zum Arbeitsentgelt, Kurzarbeitergeld, Insolvenzgeld, Übergangsgeld nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch; Insolvenzgeld, das nach § 170 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch einem Dritten zusteht, ist dem Arbeitnehmer zuzurechnen, - b)
Krankengeld, Mutterschaftsgeld, Verletztengeld, Übergangsgeld oder vergleichbare Lohnersatzleistungen nach dem Fünften, Sechsten oder Siebten Buch Sozialgesetzbuch, der Reichsversicherungsordnung, dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte oder dem Zweiten Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte, - c)
Mutterschaftsgeld, Zuschuss zum Mutterschaftsgeld, die Sonderunterstützung nach dem Mutterschutzgesetz sowie den Zuschuss bei Beschäftigungsverboten für die Zeit vor oder nach einer Entbindung sowie für den Entbindungstag während einer Elternzeit nach beamtenrechtlichen Vorschriften, - d)
Arbeitslosenbeihilfe nach dem Soldatenversorgungsgesetz, - e)
Entschädigungen für Verdienstausfall nach dem Infektionsschutzgesetz vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), - f)
Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld nach dem Bundesversorgungsgesetz, - g)
nach § 3 Nummer 28 steuerfreie Aufstockungsbeträge oder Zuschläge sowie nach § 3 Nummer 28a steuerfreie Zuschüsse, - h)
Leistungen an Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach § 5 des Unterhaltssicherungsgesetzes, - i)
nach § 3 Nummer 60 steuerfreie Anpassungsgelder, - j)
Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, - k)
nach § 3 Nummer 2 Buchstabe e steuerfreie Leistungen, wenn vergleichbare Leistungen inländischer öffentlicher Kassen nach den Buchstaben a bis j dem Progressionsvorbehalt unterfallen, oder
- 2.
ausländische Einkünfte, die im Veranlagungszeitraum nicht der deutschen Einkommensteuer unterlegen haben; dies gilt nur für Fälle der zeitweisen unbeschränkten Steuerpflicht einschließlich der in § 2 Absatz 7 Satz 3 geregelten Fälle; ausgenommen sind Einkünfte, die nach einem sonstigen zwischenstaatlichen Übereinkommen im Sinne der Nummer 4 steuerfrei sind und die nach diesem Übereinkommen nicht unter dem Vorbehalt der Einbeziehung bei der Berechnung der Einkommensteuer stehen, - 3.
Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung steuerfrei sind, - 4.
Einkünfte, die nach einem sonstigen zwischenstaatlichen Übereinkommen unter dem Vorbehalt der Einbeziehung bei der Berechnung der Einkommensteuer steuerfrei sind, - 5.
Einkünfte, die bei Anwendung von § 1 Absatz 3 oder § 1a oder § 50 Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 im Veranlagungszeitraum bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens unberücksichtigt bleiben, weil sie nicht der deutschen Einkommensteuer oder einem Steuerabzug unterliegen; ausgenommen sind Einkünfte, die nach einem sonstigen zwischenstaatlichen Übereinkommen im Sinne der Nummer 4 steuerfrei sind und die nach diesem Übereinkommen nicht unter dem Vorbehalt der Einbeziehung bei der Berechnung der Einkommensteuer stehen,
- 1.
aus einer anderen als in einem Drittstaat belegenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebsstätte, - 2.
aus einer anderen als in einem Drittstaat belegenen gewerblichen Betriebsstätte, die nicht die Voraussetzungen des § 2a Absatz 2 Satz 1 erfüllt, - 3.
aus der Vermietung oder der Verpachtung von unbeweglichem Vermögen oder von Sachinbegriffen, wenn diese in einem anderen Staat als in einem Drittstaat belegen sind, oder - 4.
aus der entgeltlichen Überlassung von Schiffen, sofern diese ausschließlich oder fast ausschließlich in einem anderen als einem Drittstaat eingesetzt worden sind, es sei denn, es handelt sich um Handelsschiffe, die - a)
von einem Vercharterer ausgerüstet überlassen oder - b)
an in einem anderen als in einem Drittstaat ansässige Ausrüster, die die Voraussetzungen des § 510 Absatz 1 des Handelsgesetzbuchs erfüllen, überlassen oder - c)
insgesamt nur vorübergehend an in einem Drittstaat ansässige Ausrüster, die die Voraussetzungen des § 510 Absatz 1 des Handelsgesetzbuchs erfüllen, überlassen
- 5.
aus dem Ansatz des niedrigeren Teilwerts oder der Übertragung eines zu einem Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsguts im Sinne der Nummern 3 und 4.
(1a) Als unmittelbar von einem unbeschränkt Steuerpflichtigen bezogene ausländische Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 gelten auch die ausländischen Einkünfte, die eine Organgesellschaft im Sinne des § 14 oder des § 17 des Körperschaftsteuergesetzes bezogen hat und die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung steuerfrei sind, in dem Verhältnis, in dem dem unbeschränkt Steuerpflichtigen das Einkommen der Organgesellschaft bezogen auf das gesamte Einkommen der Organgesellschaft im Veranlagungszeitraum zugerechnet wird.
(2)1Der besondere Steuersatz nach Absatz 1 ist der Steuersatz, der sich ergibt, wenn bei der Berechnung der Einkommensteuer das nach § 32a Absatz 1 zu versteuernde Einkommen vermehrt oder vermindert wird um
- 1.
im Fall des Absatzes 1 Nummer 1 die Summe der Leistungen nach Abzug des Arbeitnehmer-Pauschbetrags (§ 9a Satz 1 Nummer 1), soweit er nicht bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit abziehbar ist; - 2.
im Fall des Absatzes 1 Nummer 2 bis 5 die dort bezeichneten Einkünfte, wobei die darin enthaltenen außerordentlichen Einkünfte mit einem Fünftel zu berücksichtigen sind.2Bei der Ermittlung der Einkünfte im Fall des Absatzes 1 Nummer 2 bis 5 - a)
ist der Arbeitnehmer-Pauschbetrag (§ 9a Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a) abzuziehen, soweit er nicht bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit abziehbar ist; - b)
sind Werbungskosten nur insoweit abzuziehen, als sie zusammen mit den bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit abziehbaren Werbungskosten den Arbeitnehmer-Pauschbetrag (§ 9a Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a) übersteigen; - c)
sind bei Gewinnermittlung nach § 4 Absatz 3 die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei Entnahme im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.2§ 4 Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend.
(3)1Nach Maßgabe des § 93c der Abgabenordnung haben die Träger der Sozialleistungen im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 für jeden Leistungsempfänger der für seine Besteuerung nach dem Einkommen zuständigen Finanzbehörde neben den nach § 93c Absatz 1 der Abgabenordnung erforderlichen Angaben die Daten über die im Kalenderjahr gewährten Leistungen sowie die Dauer des Leistungszeitraums zu übermitteln, soweit die Leistungen nicht in der Lohnsteuerbescheinigung anzugeben sind (§ 41b Absatz 1 Satz 2 Nummer 5); § 41b Absatz 2 und § 22a Absatz 2 gelten entsprechend.2Die mitteilungspflichtige Stelle hat den Empfänger der Leistungen auf die steuerliche Behandlung dieser Leistungen und seine Steuererklärungspflicht hinzuweisen.3In den Fällen des § 170 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gilt als Empfänger des an Dritte ausgezahlten Insolvenzgeldes der Arbeitnehmer, der seinen Arbeitsentgeltanspruch übertragen hat.
(4)1In den Fällen des Absatzes 3 ist für die Anwendung des § 72a Absatz 4 und des § 93c Absatz 4 Satz 1 der Abgabenordnung das Betriebsstättenfinanzamt des Trägers der jeweiligen Sozialleistungen zuständig.2Sind für ihn mehrere Betriebsstättenfinanzämter zuständig oder hat er keine Betriebsstätte im Sinne des § 41 Absatz 2, so ist das Finanzamt zuständig, in dessen Bezirk sich seine Geschäftsleitung nach § 10 der Abgabenordnung im Inland befindet.
(5) Die nach Absatz 3 übermittelten Daten können durch das nach Absatz 4 zuständige Finanzamt bei den für die Besteuerung der Leistungsempfänger nach dem Einkommen zuständigen Finanzbehörden abgerufen und zur Anwendung des § 72a Absatz 4 und des § 93c Absatz 4 Satz 1 der Abgabenordnung verarbeitet werden.
(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(1)1Der Einkommensteuer unterliegen
- 1.
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, - 2.
Einkünfte aus Gewerbebetrieb, - 3.
Einkünfte aus selbständiger Arbeit, - 4.
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, - 5.
Einkünfte aus Kapitalvermögen, - 6.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, - 7.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22,
(2)1Einkünfte sind
- 1.
bei Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit der Gewinn (§§ 4 bis 7k und 13a), - 2.
bei den anderen Einkunftsarten der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§§ 8 bis 9a).
(3) Die Summe der Einkünfte, vermindert um den Altersentlastungsbetrag, den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende und den Abzug nach § 13 Absatz 3, ist der Gesamtbetrag der Einkünfte.
(4) Der Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen, ist das Einkommen.
(5)1Das Einkommen, vermindert um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 und um die sonstigen vom Einkommen abzuziehenden Beträge, ist das zu versteuernde Einkommen; dieses bildet die Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer.2Knüpfen andere Gesetze an den Begriff des zu versteuernden Einkommens an, ist für deren Zweck das Einkommen in allen Fällen des § 32 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 zu vermindern.
(5a)1Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) an, erhöhen sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 32d Absatz 1 und nach § 43 Absatz 5 zu besteuernden Beträge sowie um die nach § 3 Nummer 40 steuerfreien Beträge und mindern sich um die nach § 3c Absatz 2 nicht abziehbaren Beträge.2Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den Absätzen 1 bis 3 genannten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte) an, mindern sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 10 Absatz 1 Nummer 5 abziehbaren Kinderbetreuungskosten.
(5b) Soweit Rechtsnormen dieses Gesetzes an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) anknüpfen, sind Kapitalerträge nach § 32d Absatz 1 und § 43 Absatz 5 nicht einzubeziehen.
(6)1Die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um den Unterschiedsbetrag nach § 32c Absatz 1 Satz 2, die anzurechnenden ausländischen Steuern und die Steuerermäßigungen, vermehrt um die Steuer nach § 32d Absatz 3 und 4, die Steuer nach § 34c Absatz 5 und den Zuschlag nach § 3 Absatz 4 Satz 2 des Forstschäden-Ausgleichsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 1985 (BGBl. I S. 1756), das zuletzt durch Artikel 412 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, ist die festzusetzende Einkommensteuer.2Wurde der Gesamtbetrag der Einkünfte in den Fällen des § 10a Absatz 2 um Sonderausgaben nach § 10a Absatz 1 gemindert, ist für die Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer der Anspruch auf Zulage nach Abschnitt XI der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; bei der Ermittlung der dem Steuerpflichtigen zustehenden Zulage bleibt die Erhöhung der Grundzulage nach § 84 Satz 2 außer Betracht.3Wird das Einkommen in den Fällen des § 31 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 gemindert, ist der Anspruch auf Kindergeld nach Abschnitt X der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; nicht jedoch für Kalendermonate, in denen durch Bescheid der Familienkasse ein Anspruch auf Kindergeld festgesetzt, aber wegen § 70 Absatz 1 Satz 2 nicht ausgezahlt wurde.
(7)1Die Einkommensteuer ist eine Jahressteuer.2Die Grundlagen für ihre Festsetzung sind jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln.3Besteht während eines Kalenderjahres sowohl unbeschränkte als auch beschränkte Einkommensteuerpflicht, so sind die während der beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielten inländischen Einkünfte in eine Veranlagung zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht einzubeziehen.
(8) Die Regelungen dieses Gesetzes zu Ehegatten und Ehen sind auch auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden.
(1)1Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören
- 1.
Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst; - 1a.
Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen anlässlich von Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter (Betriebsveranstaltung).2Zuwendungen im Sinne des Satzes 1 sind alle Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer unabhängig davon, ob sie einzelnen Arbeitnehmern individuell zurechenbar sind oder ob es sich um einen rechnerischen Anteil an den Kosten der Betriebsveranstaltung handelt, die der Arbeitgeber gegenüber Dritten für den äußeren Rahmen der Betriebsveranstaltung aufwendet.3Soweit solche Zuwendungen den Betrag von 110 Euro je Betriebsveranstaltung und teilnehmenden Arbeitnehmer nicht übersteigen, gehören sie nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, wenn die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht.4Satz 3 gilt für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen jährlich.5Die Zuwendungen im Sinne des Satzes 1 sind abweichend von § 8 Absatz 2 mit den anteilig auf den Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen entfallenden Aufwendungen des Arbeitgebers im Sinne des Satzes 2 anzusetzen; - 2.
Wartegelder, Ruhegelder, Witwen- und Waisengelder und andere Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen, auch soweit sie von Arbeitgebern ausgleichspflichtiger Personen an ausgleichsberechtigte Personen infolge einer nach § 10 oder § 14 des Versorgungsausgleichsgesetzes durchgeführten Teilung geleistet werden; - 3.
laufende Beiträge und laufende Zuwendungen des Arbeitgebers aus einem bestehenden Dienstverhältnis an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung für eine betriebliche Altersversorgung.2Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören auch Sonderzahlungen, die der Arbeitgeber neben den laufenden Beiträgen und Zuwendungen an eine solche Versorgungseinrichtung leistet, mit Ausnahme der Zahlungen des Arbeitgebers - a)
zur erstmaligen Bereitstellung der Kapitalausstattung zur Erfüllung der Solvabilitätskapitalanforderung nach den §§ 89, 213, 234g oder 238 des Versicherungsaufsichtsgesetzes, - b)
zur Wiederherstellung einer angemessenen Kapitalausstattung nach unvorhersehbaren Verlusten oder zur Finanzierung der Verstärkung der Rechnungsgrundlagen auf Grund einer unvorhersehbaren und nicht nur vorübergehenden Änderung der Verhältnisse, wobei die Sonderzahlungen nicht zu einer Absenkung des laufenden Beitrags führen oder durch die Absenkung des laufenden Beitrags Sonderzahlungen ausgelöst werden dürfen, - c)
in der Rentenbezugszeit nach § 236 Absatz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes oder - d)
in Form von Sanierungsgeldern;
- a)
seines Ausscheidens aus einer nicht im Wege der Kapitaldeckung finanzierten betrieblichen Altersversorgung oder - b)
des Wechsels von einer nicht im Wege der Kapitaldeckung zu einer anderen nicht im Wege der Kapitaldeckung finanzierten betrieblichen Altersversorgung.
(2)1Von Versorgungsbezügen bleiben ein nach einem Prozentsatz ermittelter, auf einen Höchstbetrag begrenzter Betrag (Versorgungsfreibetrag) und ein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag steuerfrei.2Versorgungsbezüge sind
- 1.
das Ruhegehalt, Witwen- oder Waisengeld, der Unterhaltsbeitrag oder ein gleichartiger Bezug - a)
auf Grund beamtenrechtlicher oder entsprechender gesetzlicher Vorschriften, - b)
nach beamtenrechtlichen Grundsätzen von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtlichen Verbänden von Körperschaften
- 2.
in anderen Fällen Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen wegen Erreichens einer Altersgrenze, verminderter Erwerbsfähigkeit oder Hinterbliebenenbezüge; Bezüge wegen Erreichens einer Altersgrenze gelten erst dann als Versorgungsbezüge, wenn der Steuerpflichtige das 63. Lebensjahr oder, wenn er schwerbehindert ist, das 60. Lebensjahr vollendet hat.
Jahr des Versorgungs- beginns | Versorgungsfreibetrag | Zuschlag zum Versorgungs- freibetrag in Euro | |
---|---|---|---|
in % der Versorgungs- bezüge | Höchstbetrag in Euro | ||
bis 2005 | 40,0 | 3 000 | 900 |
ab 2006 | 38,4 | 2 880 | 864 |
2007 | 36,8 | 2 760 | 828 |
2008 | 35,2 | 2 640 | 792 |
2009 | 33,6 | 2 520 | 756 |
2010 | 32,0 | 2 400 | 720 |
2011 | 30,4 | 2 280 | 684 |
2012 | 28,8 | 2 160 | 648 |
2013 | 27,2 | 2 040 | 612 |
2014 | 25,6 | 1 920 | 576 |
2015 | 24,0 | 1 800 | 540 |
2016 | 22,4 | 1 680 | 504 |
2017 | 20,8 | 1 560 | 468 |
2018 | 19,2 | 1 440 | 432 |
2019 | 17,6 | 1 320 | 396 |
2020 | 16,0 | 1 200 | 360 |
2021 | 15,2 | 1 140 | 342 |
2022 | 14,4 | 1 080 | 324 |
2023 | 13,6 | 1 020 | 306 |
2024 | 12,8 | 960 | 288 |
2025 | 12,0 | 900 | 270 |
2026 | 11,2 | 840 | 252 |
2027 | 10,4 | 780 | 234 |
2028 | 9,6 | 720 | 216 |
2029 | 8,8 | 660 | 198 |
2030 | 8,0 | 600 | 180 |
2031 | 7,2 | 540 | 162 |
2032 | 6,4 | 480 | 144 |
2033 | 5,6 | 420 | 126 |
2034 | 4,8 | 360 | 108 |
2035 | 4,0 | 300 | 90 |
2036 | 3,2 | 240 | 72 |
2037 | 2,4 | 180 | 54 |
2038 | 1,6 | 120 | 36 |
2039 | 0,8 | 60 | 18 |
2040 | 0,0 | 0 | 0 |
4Bemessungsgrundlage für den Versorgungsfreibetrag ist
- a)
bei Versorgungsbeginn vor 2005 das Zwölffache des Versorgungsbezugs für Januar 2005, - b)
bei Versorgungsbeginn ab 2005 das Zwölffache des Versorgungsbezugs für den ersten vollen Monat,
(3)1Die Energiepreispauschale nach dem Versorgungsrechtlichen Energiepreispauschalen-Gewährungsgesetz oder vergleichbare Leistungen zum Ausgleich gestiegener Energiepreise nach Landesrecht sind als Einnahmen nach Absatz 2 zu berücksichtigen.2Sie gelten nicht als Sonderzahlung im Sinne von Absatz 2 Satz 4, jedoch als regelmäßige Anpassung des Versorgungsbezugs im Sinne von Absatz 2 Satz 9.3Im Lohnsteuerabzugsverfahren sind die Energiepreispauschale und vergleichbare Leistungen bei der Berechnung einer Vorsorgepauschale nach § 39b Absatz 2 Satz 5 Nummer 3 Buchstabe b und c nicht zu berücksichtigen.4In den Fällen des Satzes 1 sind die §§ 3 und 24a nicht anzuwenden.
Tatbestand
- 1
-
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) lebt seit 2002 in Frankreich. Er war als Angestellter einer inländischen Aktiengesellschaft in Deutschland tätig, mit welcher er eine Beschäftigung nach dem sog. Blockmodell gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes (AltTZG 1996) vereinbart hatte. Die Arbeitsphase dauerte vom 1. November 2001 bis zum 31. Oktober 2004, die Freistellungsphase vom 1. November 2004 bis zum 31. Oktober 2007. Somit befand sich der Kläger im Streitjahr 2005 in der Freistellungsphase.
- 2
-
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) unterwarf den Kläger auf dessen Antrag hin der sog. fiktiven unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG 2002) und erfasste hierbei sowohl die vom Arbeitgeber im Streitjahr geleisteten Vergütungen als auch die von diesem erbrachten Zuschüsse zur Krankenversicherung des Klägers in der französischen Caisse primaire d'assurance maladie (CPAM) als steuerpflichtigen Arbeitslohn. Der Kläger sah die Vergütung hingegen als Ruhegehalt an und begehrte hierfür die Steuerfreistellung nach Art. 13 Abs. 8 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern vom 21. Juli 1959 (BGBl II 1961, 398, BStBl I 1961, 343) in der Fassung des Zusatzabkommens vom 20. Dezember 2001 (BGBl II 2002, 2372, BStBl I 2002, 892) --DBA-Frankreich--. Die Arbeitgeberzuschüsse zur französischen Krankenversicherung seien nach § 3 Nr. 62 EStG 2002 steuerfrei.
- 3
-
Die Klage gegen den Einkommensteuerbescheid 2005 war erfolglos. Das Finanzgericht (FG) München wies sie mit Urteil vom 21. Mai 2010 8 K 3773/07 als unbegründet ab; das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2010, 2096 veröffentlicht.
- 4
-
Seine Revision stützt der Kläger auf Verletzung materiellen Rechts. Er beantragt (sinngemäß), den angefochtenen Einkommensteuerbescheid aufzuheben, hilfsweise, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit um 2.003,94 € niedriger anzusetzen und die Einkommensteuer 2005 unter Abänderung des vorgenannten Bescheides entsprechend niedriger festzusetzen.
- 5
-
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
- 6
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II. Die Revision ist unbegründet.
- 7
-
1. Der in Frankreich wohnende und dort unbeschränkt steuerpflichtige Kläger hat beantragt, (auch) in Deutschland nach § 1 Abs. 3 EStG 2002 als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt zu werden. Die Voraussetzungen dieser sog. fiktiven unbeschränkten Steuerpflicht liegen nach den tatrichterlichen Feststellungen vor, und darüber wird unter den Beteiligten auch nicht gestritten.
- 8
-
2. Der Kläger ist hiernach (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 1 letzter Halbsatz EStG 2002) mit seinen inländischen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, die er für seinen inländischen Arbeitgeber erbracht hat, i.S. des § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a EStG 2002 unbeschränkt steuerpflichtig. Es handelt sich dabei um Einkünfte aus einer Arbeit (§ 19 EStG 2002), die im Inland ausgeübt wird oder worden ist. Dazu gehören auch diejenigen Beträge, die er im Rahmen der sog. Freistellungsphase nach Maßgabe der aufgrund des Altersteilzeitgesetzes in Anspruch genommenen Altersteilzeit im Streitjahr vereinnahmt hat. Dem Altersteilzeitarbeitnehmer wird zeitversetzt in der Freistellungsphase das ausgezahlt, was er in der Arbeitsphase erarbeitet hat bzw. was er an Arbeitsbezügen aufgrund seiner erbrachten Vollzeittätigkeit hätte beanspruchen können (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteile vom 19. Januar 2010 9 AZR 51/09, Arbeitsrechtliche Praxis Nr. 3 zu § 4 ATG; vom 4. Oktober 2005 9 AZR 449/04, BAGE 116, 86).
- 9
-
3. Das Deutschland nach innerstaatlichem Recht zustehende Besteuerungsrecht für jene Beträge wird nicht durch das DBA-Frankreich beschränkt.
- 10
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a) Art. 13 Abs. 1 DBA-Frankreich bestimmt, dass Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nur in dem Vertragstaate besteuert werden können, in dem die persönliche Tätigkeit, aus der die Einkünfte herrühren, ausgeübt wird. Der Kläger war bis zum 31. Oktober 2004 "aktiv" bei einem deutschen Arbeitgeber in Deutschland tätig und hat dort seine Tätigkeit ausgeübt. Die ihm zugeflossenen Vergütungen im Rahmen der vereinbarten Altersteilzeit rühren insgesamt aus dieser Tätigkeit her. Dass sie zeitversetzt zu einem Zeitpunkt ausbezahlt wurden, in dem die persönlich ausgeübte Tätigkeit als solche beendet war, ändert daran nichts. Auch bei nachträglich ausbezahltem Arbeitslohn handelt es sich um entsprechende Einkünfte. Das alles betrifft das Regelarbeitsentgelt ebenso wie den vom Arbeitgeber zusätzlich gezahlten sog. Aufstockungsbetrag (vgl. dazu § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a des AltTZG 1996).
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b) Gründe, die das Besteuerungsrecht unabhängig davon Frankreich zuweisen, sind nicht ersichtlich.
- 12
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aa) Allerdings ist nicht ausgeschlossen, dass jene Vergütungen nicht "für" die erbrachte Tätigkeit geleistet werden, sondern dafür, dass der Kläger sich mit der Altersteilzeit im sog. Blockmodell einverstanden erklärt und in der Freistellungsphase gerade keine persönliche Tätigkeit mehr ausgeübt hat. Legt man das Verständnis zugrunde, das der Senat in ständiger Spruchpraxis zu Art. 15 Abs. 1 des Musterabkommens der Organisation for Economic Cooperation and Development (OECD-MustAbk) vertritt (z.B. Senatsurteile vom 2. September 2009 I R 111/08, BFHE 226, 276, BStBl II 2010, 387, sowie I R 90/08, BFHE 226, 267, BStBl II 2010, 394, m.w.N.), könnte es infolgedessen an der erforderlichen (engen) Kausalität zwischen Leistung und Gegenleistung innerhalb des Arbeitsverhältnisses mangeln (so wohl Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Art. 18 MA Rz 19a). Im Einzelnen kann das im Streitfall aber unbeantwortet bleiben. Denn gleichviel, ob man die beschriebene Schlussfolgerung zieht, wäre sie für das hier anzuwendende DBA-Frankreich nicht maßgebend, weil hiernach --abweichend von Art. 15 Abs. 1 OECD-MustAbk und insofern weiter gehend-- alle Einkünfte dem Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaats zugewiesen werden, welche aus der betreffenden Tätigkeit herrühren. Die besagte Kausalitätsfrage stellt sich also nicht; eine Veranlassung durch die Tätigkeit im weiteren Sinne genügt.
- 13
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bb) Gleichermaßen scheidet auch ein französisches Besteuerungsrecht nach Art. 13 Abs. 8 DBA-Frankreich aus. Zwar steht das in Abs. 1 der Vorschrift angeordnete Besteuerungsrecht des Quellenstaats --hier also Deutschlands-- unter dem Vorbehalt "der nachstehenden Absätze", und nach Abs. 8 der Vorschrift können private Ruhegehälter und Leibrenten nur in dem Ansässigkeitsstaat besteuert werden. Um derartige Ruhegehälter handelt es sich bei den Vergütungen, die in der sog. Freistellungsphase der Altersteilzeit gezahlt werden, jedoch nicht.
- 14
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Welche Zahlungen als Ruhegehalt i.S. des Art. 13 Abs. 8 DBA-Frankreich gelten, bestimmt sich unbeschadet des Fehlens einer ausdrücklichen Begriffsdefinition nach Maßgabe eines abkommensautonomen Verständnisses und nicht nach innerstaatlichem Recht (Senatsbeschluss vom 8. Dezember 2010 I R 92/09, abrufbar im Internet unter www.bundesfinanzhof.de, dort im Hinblick auf Art. 19 DBA-Schweiz 1971/1992, m.w.N.). Doch ändert das nichts daran, dass Ruhegehälter in erster Linie solche --vom Arbeitgeber aufgewendete-- Leistungen sind, welche der Versorgung des Arbeitnehmers dienen (vgl. z.B. Wunderlich in Endres/ Jacob/Gohr/Klein, DBA-Deutschland/USA, Art. 18 Rz 9; Haase, AStG/DBA, Art. 18 MA Rz 16). Dem dient die Vergütung für die vereinbarte Altersteilzeit indes in ihrer Gesamtheit nicht. Die Altersteilzeit geht vielmehr sowohl im kontinuierlichen als auch in dem hier interessierenden sog. Blockmodell dem eigentlichen Ruhestand voran. Die Freistellungsphase repräsentiert so gesehen eine Ausprägung der eigentlichen aktiven Tätigkeit, auch wenn sich diese Phase und der nachfolgende "richtige" Ruhestand für den betreffenden Arbeitnehmer in tatsächlicher Hinsicht nicht unterscheiden mögen. Letzteres ändert nichts daran, dass es sich ausschließlich um arbeitsvertraglich vereinbarte nachträgliche Bezüge als Gegenleistung für die aktive Tätigkeit handelt, nicht aber um arbeitsvertraglich für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausbedungene "Ruhegehälter" (im Ergebnis ebenso die Verwaltungspraxis, vgl. Bundesministerium der Finanzen, Schreiben vom 15. September 2006, BStBl I 2006, 532, dort unter 6.7, sowie z.B. Ismer in Vogel/Lehner, DBA, 5. Aufl., Art. 18 Rz 38; Libudda/Otto, Recht der Internationalen Wirtschaft 2002, 378; Fischer in juris Lexikon Steuerrecht, Arbeitslohn DBA, Rz 53).
- 15
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4. Auch der vom (früheren) Arbeitgeber gezahlte Zuschuss zur Krankenversicherung ist als Arbeitslohn i.S. von § 19 i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG 2002 (z.B. Bundesfinanzhof --BFH--, Urteil vom 28. Mai 2009 VI R 27/06, BFHE 225, 377, BStBl II 2009, 857) beschränkt steuerpflichtig; er ist nicht gemäß § 3 Nr. 62 EStG 2002 steuerbefreit.
- 16
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Danach sind Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers steuerfrei, soweit der Arbeitgeber hierzu nach sozialversicherungsrechtlichen oder anderen gesetzlichen Vorschriften verpflichtet ist. Zur Zukunftssicherung gehört auch die Absicherung gegen Krankheit.
- 17
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Eine derartige gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers zu Zahlungen an die Sozialversicherung bestand nach den von der Revision nicht angegriffenen und den Senat bindenden (vgl. § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) Feststellungen des FG nach deutschem Recht im Streitjahr nicht, da der Kläger wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei war (§ 257 Abs. 1 des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch --Gesetzliche Krankenversicherung-- [SGB V]). Allerdings war der Arbeitgeber solange gesetzlich zur Zahlung eines Zuschusses an den Kläger verpflichtet, wie dieser freiwillig in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist (§ 257 Abs. 1 SGB V). Diese freiwillige Versicherung hat der Kläger indes im April des Streitjahres aufgegeben und sich in der französischen CPAM versichert; eine vergleichbare gesetzliche Verpflichtung für den Arbeitgeber zur Zahlung eines Zuschusses für die Versicherung in der französischen CPAM besteht nicht. Dazu kann auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz zu der sozialversicherungsrechtlichen Lage verwiesen werden. Gleiches gilt für die unionsrechtliche Beurteilung, durch die das FG die einschlägigen Urteile des BFH vom 18. Mai 2004 VI R 11/01 (BFHE 206, 158, BStBl II 2004, 1014) sowie in BFHE 225, 377, BStBl II 2009, 857 bestätigt hat.
Tatbestand
- 1
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I. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) für die auf ihre Einkünfte aus der Überlassung von Fernsehübertragungsrechten einbehaltenen und abgeführten Abzugsteuern nach § 50d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG 2002) ein Freistellungsbescheid zu erteilen ist.
- 2
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Die Klägerin, eine in Österreich ansässige GmbH, unterhielt in den Streitjahren 2006 und 2007 in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) weder eine Betriebsstätte noch hatte sie einen ständigen Vertreter. Ihr Unternehmensgegenstand ist die Vermarktung von Rechten im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen. Im Rahmen dieser Geschäftstätigkeit schloss sie mit der in Deutschland ansässigen B-GmbH in den Jahren 2005 bis 2007 Verträge über die Überlassung von Fernsehübertragungsrechten an näher bezeichneten internationalen Sportveranstaltungen ab, die zum Teil in Deutschland stattfanden. Zweck der Überlassung war die Liveübertragung oder Nachverwertung von Aufzeichnungen der bezeichneten Sportveranstaltungen im deutschen Fernsehen. Aufgrund dieser Verträge zahlte die B-GmbH in den Streitjahren die in den Verträgen vereinbarten Brutto-Vergütungen und behielt hiervon gemäß § 50a Abs. 4 EStG 2002 Abzugsbeträge zur Körperschaftsteuer ein, die sie an das zuständige Finanzamt abführte.
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Mit mehreren seit dem 11. April 2006 gestellten Anträgen beantragte die Klägerin beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Bundeszentralamt für Steuern --BZSt--) nach § 50d Abs. 1 und 2 EStG 2002 i.V.m. § 31 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 2002) zunächst die Freistellung von Abzugsteuern und sodann die Erstattung der einbehaltenen und abgeführten Steuerabzugsbeträge aufgrund des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 24. August 2000 (BGBl II 2002, 734, BStBl I 2002, 584) --DBA-Österreich 2000--.
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Das BZSt lehnte den Erlass einer Freistellungsbescheinigung sowie eines Freistellungsbescheides auf der Grundlage des § 50d Abs. 1 und 2 EStG 2002 ab. Es vertrat die Ansicht, dass nach Art. 17 DBA-Österreich 2000 das Besteuerungsrecht an den Vergütungen Deutschland zustehe. Das Finanzgericht (FG) Köln wies die anschließende Klage, mit der die Klägerin nur noch die Erstattung der abgeführten Beträge begehrte, mit Urteil vom 17. März 2011 2 K 2278/08 (abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 1428) ab. Es war der Auffassung, dass der Klägerin kein Erstattungsanspruch hinsichtlich der einbehaltenen und abgeführten Steuerabzugsbeträge zustehe, da nach Art. 17 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 DBA-Österreich 2000 das Besteuerungsrecht an den streitigen Vergütungen Deutschland als Quellenstaat zustehe.
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Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts und beantragt,
das FG-Urteil sowie die angefochtenen Bescheide aufzuheben und das BZSt zu verpflichten, in Bezug auf die von der Vergütungsschuldnerin B-GmbH für die Klägerin einbehaltenen und abgeführten Steuerabzugsbeträge in Höhe von ... einen Freistellungsbescheid zu erlassen.
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Das BZSt beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zum Ausspruch der begehrten Verpflichtung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das BZSt ist verpflichtet, der Klägerin einen Freistellungsbescheid nach § 50d Abs. 1 Satz 3 EStG 2002 in Bezug auf die von der Vergütungsschuldnerin für die Klägerin einbehaltenen und abgeführten Steuerabzugsbeträge in Höhe von... zu erteilen. Die inländische Besteuerung der an die Klägerin gezahlten Vergütungen für die Überlassung von Fernsehübertragungsrechten war nach Maßgabe des DBA-Österreich 2000 ausgeschlossen.
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1. Auf Einkünfte, die dem Steuerabzug aufgrund des § 50a EStG 2002 --im Streitfall des § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG 2002 und § 8 Abs. 1, § 2 Nr. 1 und § 31 Abs. 1 KStG 2002-- unterliegen, sind nach § 50d Abs. 1 Satz 1 EStG 2002 die Vorschriften über die Einbehaltung, Abführung und Anmeldung der Steuer --im Streitfall nach § 50a Abs. 5 Satz 1 bis 3 EStG 2002-- durch den Schuldner der Vergütungen i.S. des § 50a EStG 2002 auch dann anzuwenden, wenn sie nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung --im Streitfall dem DBA-Österreich 2000-- nicht besteuert werden können. Unberührt davon bleibt nach § 50d Abs. 1 Satz 2 EStG 2002 der Anspruch des Gläubigers der Vergütungen auf völlige oder teilweise Erstattung der einbehaltenen und abgeführten Steuer. Die Erstattung erfolgt auf Antrag des Gläubigers der Vergütungen auf der Grundlage eines Freistellungsbescheids nach § 50d Abs. 1 Satz 3 EStG 2002. Voraussetzung für die Erteilung eines Freistellungsbescheids und der nach § 50d Abs. 1 Satz 4 EStG 2002 hieran anknüpfenden Auszahlung des zu erstattenden Betrags ist neben weiteren --im Streitfall unproblematischen-- Voraussetzungen, dass die Einkünfte, von der die Abzugsteuer einbehalten und abgeführt worden ist, nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nicht besteuert werden können. Im Streitfall konnten die Vergütungen nicht nach Art. 17 Abs. 1 Sätze 2 und 3 i.V.m. Abs. 2 DBA-Österreich 2000 in Deutschland besteuert werden.
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a) Nach Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Österreich 2000 dürfen ungeachtet der Art. 7, 14 und 15 Einkünfte, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person u.a. als Sportler aus ihrer im anderen Vertragsstaat persönlich ausgeübten Tätigkeit bezieht, im anderen Staat besteuert werden. Ungeachtet auch des Art. 12 dürfen nach Art. 17 Abs. 1 Satz 2 DBA-Österreich 2000 Vergütungen jeder Art, die für die Benutzung oder das Recht auf Benutzung des Namens, des Bildes oder sonstiger Persönlichkeitsrechte dieser Person gezahlt werden, im anderen Vertragsstaat auch dann besteuert werden, wenn dort keine persönliche Tätigkeit ausgeübt wird. Entsprechendes gilt gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 3 DBA-Österreich 2000 für Einkünfte aus der Duldung von Aufzeichnungen und Übertragungen von künstlerischen und sportlichen Darbietungen durch Rundfunk und Fernsehen. Fließen Einkünfte der in Abs. 1 des Art. 17 DBA-Österreich 2000 genannten Art nicht dem Sportler selbst, sondern einer anderen Person zu, so dürfen nach Art. 17 Abs. 2 DBA-Österreich 2000 deren Einkünfte ungeachtet der Art. 7, 12, 14 und 15 in dem Vertragsstaat besteuert werden, aus dem sie stammen.
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b) Soweit die Klägerin Vergütungen für Fernsehübertragungsrechte von der B-GmbH bezogen hat, handelt es sich um Einkünfte, die einer "anderen Person" i.S. des Art. 17 Abs. 2 DBA-Österreich 2000 zugeflossen sind. Dies steht zwischen den Beteiligten nicht in Streit und muss nicht näher ausgeführt werden. Art. 17 Abs. 2 DBA-Österreich 2000 setzt jedoch weiter voraus, dass es sich um Einkünfte der in Abs. 1 genannten Art handelt. Soweit die Vorinstanz dies unter Berufung auf den Wortlaut von Art. 17 Abs. 1 Sätze 2 und 3 DBA-Österreich 2000 bejaht hat, kann dem nicht gefolgt werden. Art. 17 Abs. 1 Satz 2 DBA-Österreich 2000 setzt zwar ebenso wie Art. 17 Abs. 1 Satz 3 DBA-Österreich 2000 --im Unterschied zu Art. 17 Abs. 2 des Musterabkommens der Organisation for Economic Cooperation and Development (OECD) zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (OECD-MustAbk) oder Art. 17 Abs. 1 Satz 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11. August 1971 (BGBl II 1972, 1022, BStBl I 1972, 519) --DBA-Schweiz-- nicht voraus, dass die Vergütungen aus einer im anderen Staat persönlich ausgeübten Tätigkeit bezogen werden. Es muss sich jedoch um Vergütungen handeln, die dem Sportler gezahlt werden. Dies ist bei Vergütungen für Fernsehübertragungsrechte, die vom Veranstalter selbst oder über einen Dritten überlassen werden, nicht der Fall.
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aa) Vergütungen für Fernsehübertragungsrechte werden geleistet, um die Sportveranstaltung im Fernsehen zeigen zu dürfen. In der Übertragung schlagen sich zwar maßgeblich auch die sportlichen Tätigkeiten der einzelnen Sportler nieder. Letztlich beruht eine solche Veranstaltung aber auf einer Vielzahl von organisatorischen, technischen, kaufmännischen und sonstigen Tätigkeiten (z.B. die Überlassung der Sportstätte, die Organisation des Wettkampfs etc.), die vom Veranstalter, ggf. unter Einschaltung weiterer Personen, erbracht und koordiniert werden. Die verschiedenen Tätigkeiten des Veranstalters stellen sich in ihrer Gesamtheit als eine originär ihm zuzurechnende Leistung dar. Dementsprechend geht auch die zivilgerichtliche Rechtsprechung davon aus, dass die Fernsehübertragungsrechte dem Veranstalter in seiner Eigenschaft als solchem zustehen und er sie nicht aus Rechtspositionen der teilnehmenden Sportler ableitet (z.B. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14. März 1990 KVR 4/88, BGHZ 110, 371; Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 19. März 2009 2 U 47/08, Zeitschrift für Sport und Recht 2009, 252; für einen Teil der Einkünfte hierauf abstellend auch Hahn-Joecks, Zur Problematik der Besteuerung ausländischer Künstler und Sportler, 1999, S. 137). Werden die Übertragungsrechte vom Veranstalter des Sportereignisses an einen Dritten überlassen, sind die von dem Dritten dafür vereinnahmten Vergütungen nicht für die persönlich ausgeübte Tätigkeit der an den Veranstaltungen beteiligten einzelnen Sportler gezahlt worden. Vielmehr handelt es sich um Einkünfte, die ihrem Wesen nach der Tätigkeit des jeweiligen Veranstalters entstammen.
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bb) Für die Tätigkeit eines Veranstalters hat der erkennende Senat in einem Fall zum DBA-Schweiz entschieden, dass dessen Tätigkeit nicht zu den von Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz erfassten Tätigkeiten gehört (Senatsurteil vom 4. März 2009 I R 6/07, BFHE 224, 353, BStBl II 2009, 625). Er hat sich dabei maßgebend darauf gestützt, dass die fragliche Regelung im DBA-Schweiz --ebenso wie im OECD-MustAbk-- an die persönlich ausgeübte Tätigkeit als Sportler anknüpft. Jedenfalls aus abkommensrechtlicher Sicht stellt sich die Tätigkeit des Veranstalters damit lediglich als Verwertung der durch die einzelnen Sportler persönlich erbrachten Tätigkeiten dar. Die Verwertung wird aber von Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz nicht erfasst. Dies gilt für die insoweit wortgleiche Regelung in Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Österreich 2000 entsprechend. Eine unmittelbar an den Veranstalter gezahlte Vergütung für die (Live-)Fernsehübertragungsrechte fällt somit nicht unter Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Österreich 2000.
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cc) Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Österreich 2000 wird allerdings durch Art. 17 Abs. 1 Sätze 2 und 3 DBA-Österreich 2000 ergänzt. Abweichend von Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Österreich 2000 wird nach Art. 17 Abs. 1 Satz 2 DBA-Österreich 2000 für Vergütungen jeder Art, die für die Benutzung oder das Recht auf Benutzung des Namens, des Bildes oder sonstiger Persönlichkeitsrechte dieser Person gezahlt werden, nicht mehr auf eine persönlich ausgeübte Tätigkeit des Künstlers oder Sportlers im Quellenstaat abgestellt. Entsprechendes gilt nach Art. 17 Abs. 1 Satz 3 DBA-Österreich 2000 für Einkünfte aus der Duldung von Aufzeichnungen und Übertragungen von künstlerischen und sportlichen Darbietungen durch Rundfunk und Fernsehen. Das Urteil des Senats in BFHE 224, 353, BStBl II 2009, 625 zur Rechtslage nach dem DBA-Schweiz, in dem vergleichbare Regelungen fehlen, kann daher nicht ohne Weiteres auf die Rechtslage nach dem DBA-Österreich übertragen werden. Entgegen der Vorinstanz ist daraus jedoch nicht der Schluss zu ziehen, nach dem Wortlaut von Art. 17 Abs. 1 Sätze 2 und 3 DBA-Österreich 2000 könnten alle Einkünfte aus der Verwertung einer künstlerischen oder sportlichen Darbietung im Quellenstaat besteuert werden. Die Vergütungen müssen zwar nicht aus einer im anderen Vertragsstaat persönlich ausgeübten Tätigkeit bezogen werden, es muss sich aber weiterhin um Vergütungen des Künstlers oder Sportlers selbst handeln (vgl. Lang/Stefaner in Debatin/Wassermeyer, Österreich Art. 17 Rz 15; dieselben, Internationales Steuerrecht --IStR-- 2003, 829, 830; Stockmann in Vogel/Lehner, DBA, 5. Aufl., Art. 17 Rz 82; unklar Maßbaum in Gosch/Kroppen/Grotherr, DBA, Art. 17 DBA-Österreich Rz 26 einerseits, Rz 41 andererseits).
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aaa) Dies folgt in zweifelsfreier Deutlichkeit aus dem Wortlaut von Art. 17 Abs. 1 Satz 2 DBA-Österreich 2000 ("dieser Person") sowie Art. 17 Abs. 2 DBA-Österreich 2000, der Einkünfte erfassen will, die "nicht dem Künstler oder Sportler selbst" zufließen. Der subjektbezogene Charakter des Art. 17 DBA-Österreich 2000 zeigt sich bereits in der Überschrift der Norm und setzt sich im systematischen Zusammenhang der einzelnen Absätze der Vorschrift fort. Wenn Art. 17 Abs. 1 Satz 3 DBA-Österreich 2000 dagegen auf "Einkünfte aus der Duldung von Aufzeichnungen und Übertragungen von künstlerischen und sportlichen Darbietungen durch Rundfunk und Fernsehen" abstellt, wird der Bezug zu den Einkünften des Künstlers oder Sportlers nicht gelöst. Art. 17 Abs. 1 Satz 3 DBA-Österreich 2000 zielt --ebenso wie Satz 2 der Vorschrift-- ersichtlich (nur) darauf ab, das Quellenbesteuerungsrecht ohne Rücksicht darauf zu erweitern, ob der betreffende Künstler oder Sportler in diesem Staat auch tatsächlich seine künstlerischen oder sportlichen Aktivitäten erbringt, und zwar --über die Benutzung von Persönlichkeitsrechten des Künstlers oder Sportlers nach Satz 2 hinausgehend-- auch für Vergütungen für die Überlassung bestimmter Verwertungsrechte. Die tatbestandlichen Grunderfordernisse der vorangehenden Sätze 1 und 2 der Vorschrift und damit auch jener Bezug zu den Einkünften der Künstler und Sportler selbst bleiben dadurch aber unberührt. Indem Art. 17 Abs. 1 Satz 3 DBA-Österreich 2000 über die Worte "Entsprechendes gilt" an die Regelung in Art. 17 Abs. 1 Sätze 1 und 2 DBA-Österreich 2000 anknüpft, kommt dies hinlänglich klar zum Ausdruck. Bestätigt wird dieses Verständnis nicht zuletzt durch Abs. 2 der Vorschrift. Denn ein anderweitiges Regelungsverständnis, von Art. 17 Abs. 1 Satz 3 DBA-Österreich 2000 dahingehend, dass losgelöst von Einkünften des Künstlers oder Sportlers alle Einkünfte aus Aufzeichnungen und Übertragungen durch Rundfunk und Fernsehen dem Quellenstaat zugeordnet werden, hätte zur Folge, dass für derartige Einkünfte ein Rückgriff auf Art. 17 Abs. 2 DBA-Österreich 2000 nicht mehr erforderlich wäre. Eines Durchgriffs auf eine "andere Person" bedürfte es nicht, wenn bereits über die Grundnorm in Art. 17 Abs. 1 DBA-Österreich 2000 andere Einkünfte als die Einkünfte des Künstlers oder Sportlers selbst zu erfassen wären. Abs. 2 der Vorschrift nimmt aber unterschiedslos auf (alle) Einkünfte der in Abs. 1 genannten Art Bezug und lässt nicht erkennen, dass ihm bezogen auf Abs. 1 Satz 3 lediglich deklaratorische Bedeutung zukäme. Dass Letzteres ausgeschlossen ist, belegt vielmehr der Abgleich mit Art. 17 Abs. 2 OECD-MustAbk, der das (Quellen-)Besteuerungsrecht im Falle des Künstler- oder Sportlerdurchgriffs wie beschrieben demjenigen Vertragsstaat zuweist, "in dem der Künstler oder Sportler seine Tätigkeit ausübt"; Art. 17 Abs. 2 DBA-Österreich 2000 weist das Besteuerungsrecht für diese Fälle demgegenüber dem Vertragsstaat zu, aus dem die Einkünfte "stammen", was unter den Vorgaben der nach Art. 17 Abs. 1 Sätze 2 und 3 DBA-Österreich 2000 gegenüber Satz 1 erweiterten Einkunftskategorien allein dann "Sinn" macht, wenn es sich auch auf alle drei dieser Kategorien bezieht (Lang/Stefaner, IStR 2003, 829, 836).
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bbb) Bei Vergütungen für Fernsehübertragungsrechte handelt es sich nicht um Einkünfte des Künstlers oder Sportlers. Dies hat der Senat in seinem Urteil in BFHE 224, 353, BStBl II 2009, 625 bereits zur Rechtslage nach dem DBA-Schweiz entschieden. Es ist kein Grund ersichtlich, warum dies für die Rechtslage nach dem DBA-Österreich anders beurteilt werden sollte. Es mag zwar richtig sein, dass die an der Veranstaltung beteiligten Organisationen vom Veranstalter häufig Zahlungen erhalten werden, die sie ihrerseits vollständig oder zum Teil zur Honorierung der für sie tätigen Sportler verwenden. Dadurch werden die hier zu beurteilenden Vergütungen aber nicht zur Gänze oder anteilig zu Entgelten für den Auftritt der Sportler. Denn die Sportler erhalten die ihnen zustehenden Vergütungen aufgrund eigenständiger vertraglicher Beziehungen mit Dritten, und jene Vergütungen können auch bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht im Sinne einer (teilweisen) Weiterleitung der Entgelte für die Übertragungsrechte verstanden werden. Vielmehr vollziehen sich beide Vorgänge auf unterschiedlichen Ebenen und --vor allem-- in nur mittelbar zusammenhängenden Geschäftskreisen. Das reicht für die Anwendung des Art. 17 Abs. 1 DBA-Österreich 2000 auf die an die Klägerin gezahlten Vergütungen nicht aus.
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c) Eine andere Beurteilung ist auch nicht geboten, wenn man --bezogen auf die Streitjahre rückwirkend-- die Konsultationsvereinbarung zwischen dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) der Bundesrepublik Deutschland und dem BMF der Republik Österreich vom 9./12. Juli 2010 in BStBl I 2010, 647, in die Überlegungen einbezieht. Zwar ist es nicht ausgeschlossen, die Abkommenspraxis der Vertragsstaaten, wie sie in einer Verständigungsvereinbarung oder Konsultationsvereinbarung zum Ausdruck kommt, bei der Abkommensauslegung zu berücksichtigen (Grundsatz der Entscheidungsharmonie; vgl. Senatsurteil vom 2. September 2009 I R 90/08, BFHE 226, 267, BStBl II 2010, 394). Ein übereinstimmendes Abkommensverständnis und eine gemeinsame Übung der beteiligten Finanzverwaltungen können weiterhin nach Art. 31 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969 (BGBl II 1985, 927), in innerstaatliches Recht transformiert seit Inkrafttreten des Zustimmungsgesetzes vom 3. August 1985 (BGBl II 1985, 926) am 20. August 1987 (BGBl II 1987, 757), für eine Abkommensauslegung bedeutsam sein. Dies aber immer nur insofern, als sie sich aus dem Wortlaut des Abkommens ableiten lassen. Der Abkommenswortlaut, nicht aber eine Verständigungsvereinbarung stellt in abschließender Weise die "Grenzmarke" für das "richtige" Abkommensverständnis dar (Senatsurteil in BFHE 226, 267, BStBl II 2010, 394; s. auch Senatsurteile vom 2. September 2009 I R 111/08, BFHE 226, 276, BStBl II 2010, 387; vom 11. November 2009 I R 84/08, BFHE 227, 410, BStBl II 2010, 390; vom 11. November 2009 I R 15/09, BFHE 227, 419, BStBl II 2010, 602, und vom 12. Oktober 2011 I R 15/11, BFH/NV 2012, 640).
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An dieser Grenze scheitert im Streitfall die vom BZSt verfochtene Zuordnung der Entgelte für die Übertragung und Aufzeichnung u.a. sportlicher Darbietungen durch Rundfunk und Fernsehen zum Quellenstaat, auch wenn diese Vergütungen von einer oder über eine Verwertungsgesellschaft gezahlt werden. Denn dem Wortlaut des Abkommens und dem systematischen Verständnis der Vorschrift des Art. 17 DBA-Österreich 2000 ist zu entnehmen, dass es sich um Einkünfte des Künstlers oder Sportlers selbst handeln muss. Dem wird eine --vom BZSt der Konsultationsvereinbarung entnommene-- Zuordnung jeder Art von Entgelten für die Aufzeichnung und Übertragung durch Rundfunk oder Fernsehen nicht gerecht. Den von der Revision formulierten Zweifeln, ob die Konsultationsvereinbarung im Sinne des BZSt zu interpretieren ist, muss daher nicht weiter nachgegangen werden.
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2. Unter welche andere Bestimmung des DBA-Österreich die in Rede stehenden Vergütungen fallen, kann im Streitfall offenbleiben. Denn keine der in Betracht kommenden Vorschriften gestattet eine Besteuerung in Deutschland. Handelte es sich um Lizenzgebühren i.S. des Art. 12 Abs. 2 DBA-Österreich 2000, wäre gemäß Art. 12 Abs. 1 DBA-Österreich 2000 nur Österreich als Ansässigkeitsstaat der Klägerin steuerberechtigt. Dasselbe gälte, wenn die Überlassung der Übertragungsrechte aufgrund ihres "verbrauchenden" Charakters als "Veräußerung" i.S. des Art. 13 Abs. 3 DBA-Österreich 2000 anzusehen wäre (vgl. dazu Senatsurteil vom 16. Mai 2001 I R 64/99, BFHE 196, 210, BStBl II 2003, 641). Unternehmensgewinne i.S. des Art. 7 DBA-Österreich 2000 können ausgeschlossen werden, da die Klägerin im Inland keine Betriebsstätte unterhalten hat und auch keinen ständigen Vertreter hatte.
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3. Die Vorinstanz hat ein abweichendes Rechtsverständnis vertreten. Die Sache ist spruchreif und der Klage stattzugeben. Der Klägerin ist ein Freistellungsbescheid nach § 50d Abs. 1 Satz 3 EStG 2002 wie beantragt zu erteilen.
(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.
(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.