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| Die Klage ist begründet. Mit seinen Einkünften aus der -auf dem Hoheitsgebiet der Schweiz ausgeübten- unselbständigen Tätigkeit unterliegt der Kläger nach Art. 15 Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz 1971 i.V.m. Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe d DBA-Schweiz 1971 der Besteuerung in der Schweiz (siehe nachfolgend zu I.). Zu Unrecht hat das FA den Kläger mit seinen von der Landschule bezogenen Einkünften aus unselbständiger Arbeit im Inland als Grenzgänger gemäß Art. 15a DBA-Schweiz 1992 der Besteuerung unterworfen (s. nachfolgend zu II.). |
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| I. Der Kläger hatte in den Streitjahren im Inland (in X/Deutschland) seinen Wohnsitz. Er war daher gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG 2005/2006 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Ferner war der Kläger in den Streitjahren aus abkommensrechtlicher Sicht im Inland (in X/Deutschland) ansässig (Art. 4 Abs. 1 und 2 DBA-Schweiz 1971). Darüber besteht zu Recht zwischen den Beteiligten kein Streit. |
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| 1.a) Nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Buchstabe d DBA-Schweiz 1971 werden bei einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Person Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen für eine in der Schweiz ausgeübte Tätigkeit i.S. des Art. 15 Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992 diese aus der Schweiz stammenden Einkünfte von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer ausgenommen, soweit sie nach dem DBA-Schweiz 1971/1992 in der Schweiz besteuert werden können. Diese Vorschrift greift für die Einkünfte des Klägers soweit sie rechnerisch auf seine in der Schweiz ausgeübte Tätigkeit entfallen, ein. Das Besteuerungsrecht der Schweiz ist nicht durch Art. 15 Abs. 2 Nrn. 1-3 DBA-Schweiz 1971/1992 ausgeschlossen, weil die in dieser Norm genannten drei Voraussetzungen für ein Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland als dem Ansässigkeitsstaat des Klägers ersichtlich nicht vorliegen. |
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| b) Nach Art. 15 Abs. 2 Nrn. 1-3 DBA-Schweiz 1971 können Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person (hier: der Bundesrepublik Deutschland) für eine im anderen Vertragsstaat ausgeübte unselbständige Tätigkeit bezieht, nur im erstgenannten Staat (hier: der Bundesrepublik Deutschland) besteuert werden, wenn der Arbeitnehmer sich im anderen Staat insgesamt nicht länger als 183 Tage aufhält, wenn des Weiteren die Vergütungen von einem oder für einen Arbeitgeber gezahlt werden, der nicht im anderen Staat ansässig ist und er im Übrigen nicht zu Lasten einer Betriebsstätte oder einer festen Einrichtung entlohnt wird, die der Arbeitgeber im anderen Staat hat. Da der Arbeitgeber des Klägers in der Schweiz ansässig ist, können die Vergütungen für die Tätigkeit des Klägers nicht in der Bundesrepublik besteuert werden. |
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| II. Ein Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der streitigen Einkünfte des Klägers aus unselbständiger Arbeit ergibt sich im Streitfall nicht auf der Grundlage der Grenzgängerregelung des Art. 15a DBA-Schweiz 1992. |
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| 1.a) Nach Art. 15a DBA-Schweiz 1992 können ungeachtet des Art. 15 DBA-Schweiz 1992 Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die ein Grenzgänger aus unselbständiger Arbeit bezieht, in dem Vertragstaat besteuert werden, in dem dieser ansässig ist. Der Kläger war in den Streitjahren nicht Grenzgänger im Sinne dieser Vorschrift. |
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| b) Nach Art. 15a Abs. 2 Satz 1 DBA-Schweiz 1992 ist Grenzgänger jede in einem Vertragsstaat ansässige Person, die in dem anderen Vertragsstaat ihren Arbeitsort hat und von dort regelmäßig an ihren Wohnsitz zurückkehrt. Kehrt diese Person nicht jeweils nach Arbeitsende an ihren Wohnsitz zurück, entfällt die Grenzgängereigenschaft nur dann, wenn die Person bei einer Beschäftigung während des gesamten Kalenderjahres an mehr als 60 Arbeitstagen auf Grund ihrer Arbeitsausübung nicht an ihren Wohnsitz zurückkehrt (Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1992). |
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| aa) Im Bestreben der Vertragstaaten, die Auslegung und Anwendung des Art. 15a DBA-Schweiz 1992 sicherzustellen (s. die Präambel des Verhandlungsprotokolls), haben die Vertragstaaten vereinbart, dass die Annahme einer regelmäßigen Rückkehr an den Wohnsitz im Sinne des Art. 15a Abs. 2 Satz 1 DBA-Schweiz 1992 nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass sich die Arbeitsausübung bedingt durch betriebliche Umstände, wie z.B. bei Schichtarbeitern oder Krankenhauspersonal mit Bereitschaftsdienst, über mehrere Tage erstreckt. |
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| Das Verhandlungsprotokoll ist nicht Teil des Protokolls zu dem Abkommen vom 11. August 1991 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und Vermögen in der Fassung des Protokolls vom 17. Oktober 1999 (BGBl II 1993, 1888), in dem die Bestimmungen des Art. 15a DBA-Schweiz 1992 zur Neuregelung der Grenzgängerbesteuerung enthalten sind. Es stellt vielmehr eine vorweggenommene Verständigungsvereinbarung im Sinne des Art. 26 Abs. 3 DBA-Schweiz 1971 dar, um -wie bereits dargelegt- Schwierigkeiten oder Zweifel, die bei der Auslegung oder Anwendung des Abkommens entstehen, in gegenseitigem Einvernehmen zu beseitigen (Art. 26 Abs. 3 Satz 1 DBA-Schweiz 1971; Botschaft über ein Protokoll zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens mit der Bundesrepublik Deutschland vom 1. März 1993, Bundesblatt der Schweizerischen Eidgenossenschaft -BBl.- I 1993, 1521, 1525 zu 2. Art. II Abs. 4, www.admin.ch). |
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| bb) Die Bestimmung der Nr. II. 1 des Verhandlungsprotokolls enthält eine für die inländischen Gerichte verbindliche Vorgabe für die Auslegung des Art. 15a Abs. 2 DBA-Schweiz 1992 (ständige Rechtsprechung des BFH: s. Urteil in BStBl II 2014, 508 mit weiteren Nachweisen). Das Gleiche gilt für die Bestimmung der Nr. II. 2. des Verhandlungsprotokolls, wonach Arbeitstage im Sinne dieser Regelung die in dem Arbeitsvertrag vereinbarten Tage sind. |
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| cc) In Tz. 12 der Verständigungsvereinbarung vom 6. bzw. 19. September 1994 (vgl. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen -BMF- vom 19. September 1994 IV C 6 - S 1301 Schz - 60/94, BStBl I 1994, 683; Einführungsschreiben der ESTV, Abteilung für internationales Steuerrecht und Doppelbesteuerungsabkommen zu Art. 15a DBaD vom 6. September 1994, Locher/Meier/von Siebenthal/Kolb, Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz-Deutschland Band 1 A 3.3.10) haben die Vertragstaaten im Anschluss an ein Konsultationsverfahren (Art. 26 Abs. 3 Satz 1 DBA-Schweiz 1971), um Schwierigkeiten oder Zweifel, die bei der Auslegung oder Anwendung des Abkommens entstehen, in gegenseitigem Einverständnis zu beseitigen, zur Nr. II. 1. des Verhandlungsprotokolls ausgeführt: |
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| Ein Nichtrückkehrtag ist nicht schon deshalb anzunehmen, weil sich die Arbeitszeit des Einzelnen an seinem Arbeitsort entweder bedingt durch die Anfangszeiten oder durch die Dauer der Arbeitszeit über mehr als einen Kalendertag erstreckt (Satz 1). So sind Schichtarbeiter, Personal mit Nachtdiensten und Krankenhauspersonal mit Bereitschaftsdienst nicht schon aufgrund ihrer spezifischen Arbeitszeiten von der Grenzgängerregelung ausgeschlossen (Verhandlungsprotokoll, Tz. II Nr. 1; Satz 2). Bei den im Verhandlungsprotokoll aufgelisteten Berufsgruppen handelt es sich jedoch um keine abschließende Aufzählung (Satz 3). Kurzfristige Arbeitszeitunterbrechungen von weniger als vier Stunden beenden den Arbeitstag nicht (Satz 4). |
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| dd) Lt. Nr. 1 Buchstabe a Rz. 12 der Verständigungsvereinbarung vom Juli 1997 (vgl. BMF-Schreiben vom 7. Juli 1997 IV C 6 - S 1301 Schz - 37/97, BStBl I 1997, 723) haben die Vertragstaaten im Anschluss an ein Konsultationsverfahren (Art. 26 Abs. 3 Satz 1 DBA-Schweiz 1971), um Schwierigkeiten oder Zweifel, die bei der Auslegung oder Anwendung des Abkommens entstehen, in gegenseitigem Einverständnis zu beseitigen, zur Nr. II. 1. des Verhandlungsprotokolls ergänzend ausgeführt: |
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| Als Arbeitsausübung im Sinne der Tz. II. Nr. 1 des Verhandlungsprotokolls sind daher alle Zeiten anzusehen, für die aufgrund des Arbeitsverhältnisses eine Verpflichtung zur Anwesenheit am Arbeitsort besteht. |
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| ff) Die zuvor dargelegten (generellen) Konsultationsvereinbarungen haben nicht zur Beseitigung von Zweifeln und Schwierigkeiten bei der Auslegung der Bestimmungen des Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1992 und der Nr. II. 1. des Verhandlungsprotokolls durch die Vertragstaaten geführt wenn es -bezogen auf den vorliegenden Streitfall- um die Berechnung von Nichtrückkehrtagen von Arbeitnehmern von Schweizer Sozial- und Pflegeunternehmen geht, die für diese Unternehmen Nachtdienste, Pikettdienste zu leisten haben (Hinweis in diesem Zusammenhang auf: Kempermann, Internationale Steuer-Rundschau -ISR- 2014, 196; Gosch, Die Kommentierungssammlung zu BFH/NV -BFH/PR- 2014, 243). So geht das kantonale Steueramt des Kantons X im Streitfall davon aus, dass die von der Landschule bezogenen Einkünfte des Klägers aus unselbständiger Arbeit (zum eigenen Nachteil -s. S. 10 Abs. 1 des Tatbestandes-) nur der Besteuerung in der Schweiz unterliegen, und er demzufolge nicht als Grenzgänger i.S.v. Art. 15a DBA-Schweiz 1992 in der Bundesrepublik Deutschland der Besteuerung unterliegt (s. die Schreiben der ESTV vom 23. September 2005 in: Locher/Meier/von Siebenthal/Kolb, a.a.O., Band 8 B 15 a.2 Nr. 31 2.b.; vom 30. April 2004 in: Locher/Meier/von Siebenthal/Kolb, a.a.O., B 15 a.2 Nr. 26; Enz, Grenzgängerregelungen, 2012, ISBN 978 3 7272 8830 3, Rz. 329-333. 341). |
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| 2. Der erkennende Senat folgt der Auffassung der Steuerverwaltung des Kantons X, nach der der Kläger an mehr 60 Arbeitstagen auf Grund seiner Arbeitsausübung nicht an seinen Wohnsitz zurückgekehrt ist (Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1992), und er demzufolge nicht gemäß Art. 15a Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1992 als Grenzgänger mit seinen streitigen Einkünften der Besteuerung im Inland unterliegt. |
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| a) Der Streitfall ist in tatsächlicher Hinsicht dadurch gekennzeichnet, dass der Kläger u.a. (siehe auch nachfolgend zu b) verpflichtet war, an seinem Arbeitsort in der Landschule in L/Kanton X nach einer (an Werktagen) zwischen 12 und 14-stündigen Arbeitszeit an zuvor in Arbeitslisten festgelegten Tagen auch die Nächte in der Landschule zu verbringen (s. die Tabelle im Tatbestand des vorliegenden Urteils). Die vor der Aufnahme in die Landschule verhaltensauffälligen Kinder und Jugendlichen sollten sich nachts nicht alleine in der Landschule aufhalten. Nach den Feststellungen des erkennenden Senats hat der Kläger in der vereinbarten Arbeitszeit bis spätestens 22.00 Uhr seine Arbeit im Bereich Sozialpädagogik ausgeübt und anschließend das Nachtdienstzimmer aufgesucht, um dort den Schlaf des Gerechten zu schlafen. Dieses Schlafen am Arbeitsort nach „getaner Arbeit“ ist keine Arbeitsausübung i.S. der Nr. II. 1 des Verhandlungsprotokolls. Es fehlt insoweit an einer erforderlichen aktiven Tätigkeit des Klägers (vgl. in diesem Zusammenhang: Urteil des FG Köln vom25. Februar 2014 8 K 2555/11, EFG 2014, 1114). |
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| aa) Gegen diese Erwägungen kann nicht mit Erfolg eingewandt werden, dass der Schlaf des Gerechten nur ein Schlafen, ohne sich stören zu lassen, meint. Denn nach den Feststellungen des erkennenden Senats kann im Streitfall hiervon ausgegangen werden. Zum einen hat der Kläger glaubwürdig dargelegt, dass er seit seinem Arbeitsantritt in der Landschule noch nie an einer Krisenintervention (Hilfeleistung in einer Notsituation) teilnehmen musste, die nach den Umständen des Einzelfalls überhaupt erst zur Annahme von Arbeitszeit bzw. von Arbeitsausübung hätte führen können, weil der Kläger in einem solchen Fall tatsächlich zur Arbeit hätte herangezogen werden können bzw. Arbeit zu verrichten gehabt hätte. Des Weiteren kam es im Streitjahr nach den Feststellungen des erkennenden Senats zu keiner Unterbrechung der Nachtruhe des Klägers aus dienstlichen Gründen. Dies rechtfertigt es, von einer nicht aktiven Tätigkeit während des Nachtdienstes auszugehen und den störungsfreien Schlaf des Klägers in der Landschule als den Schlaf des Gerechten zu bezeichnen. |
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| bb) Zum anderen haben die Beteiligten in Kenntnis der zu vernachlässigenden Beanspruchung des Klägers während des Nachtdienstes vereinbart, dass dieser nicht auf die vom Kläger zu leistenden Wochenarbeitsstunden anzurechnen ist, und damit keine Arbeitszeit darstellt, weil er tatsächlich nicht zur Arbeit herangezogen wurde. Deshalb wurde 2005 für den Nachtdienst insgesamt nur 8,50 CHF als Zulage gezahlt. Auch hierin zeigt sich, dass keine aktive Tätigkeit des Klägers (mit einer Anrechnung des Nachtdienstes auf die Arbeitszeit und einer weitaus höheren Vergütung) angenommen werden kann. |
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| cc) Nach diesen Rechtsgrundsätzen hat der Kläger seine Arbeit in der Landschule an den hier in Rede stehenden, als Nichtrückkehrtage in Betracht kommenden Arbeitstagen um 22.00 Uhr beendet. Nach dem Arbeitsende (i.S. von Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1992) ist er an den nämlichen Tagen weder an seinen Wohnsitz in X/Deutschland tatsächlich zurückgekehrt noch hat er sich auf die Rückkehr an seinen Wohnsitz im Inland begeben. |
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| dd) Auch in Anwendung der Nr. II. 1. des Verhandlungsprotokolls kann eine Rückkehr an den Tagen, an denen der Kläger seine Arbeit beendet bzw. seine Arbeit nicht mehr ausgeübt hat und anschließend wegen eines Pikettdienstes nicht an seinen Wohnsitz zurückgekehrt ist, nicht unterstellt werden. |
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| Die Bestimmung der Nr. II. 1 des Verhandlungsprotokolls gilt (nur) für Fälle, in denen ein Arbeitnehmer über Mitternacht hinaus seine Arbeit ausübt und deshalb erst am nächsten Tag an seinen Wohnsitz zurückkehrt; bei Vorliegen eines solchen Sachverhalts ist die tatsächlich erst nach Mitternacht erfolgte Rückkehr zum Wohnsitz (im Inland) als schon vor Mitternacht erfolgt zu unterstellen. Es ist mithin trotz einer tatsächlichen Nichtrückkehr eine Rückkehr und mithin kein Nichtrückkehrtag i.S.v. Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1992 anzunehmen (BFH-Urteile vom 15. September 2004 I R 67/03, BStBl II 2010, 65; vom 20. Oktober 2004 I R 31/04, BFH/NV 2005, 840; Hinweis auf die Verständigungsvereinbarung lt. Tz. 14 Satz 2 des BMF-Schreibens in BStBl I 1994, 683, nach der demgegenüber ohne eine nachvollziehbare Begründung eine tatsächliche Rückkehr an den Wohnsitz als Nichtrückkehr i.S.v. Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1992 von den Vertragstaaten unterstellt wird). |
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| Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Der Kläger hat an den hier in Rede stehenden Arbeitstagen seine Arbeit in der Landschule bis spätestens am 22.00 Uhr beendet (i.S.v. Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1992) bzw. nur bis zu diesem Zeitpunkt seine Arbeit ausgeübt (i.S.v. Nr. II.1. des Verhandlungsprotokolls) und sich anschließend im Pikettzimmer der Landschule zur Ruhe begeben und geschlafen. Damit fehlt es an einer Mitternacht übergreifenden Arbeitsausübung des Klägers i.S. der Nr. II. 1 des Verhandlungsprotokolls. Die am nächsten Tag erfolgte Rückkehr zum Wohnsitz in X/Deutschland kann somit nicht auf den Vortag, an dem Kläger seine Arbeit gegen 22.00 Uhr beendet, zurückverlegt werden. Die Arbeitstage, an denen der Kläger bis spätestens am 22.00 Uhr seine Arbeit beendet hat (Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1992; Hinweis auch auf die vereinbarten Dienstzeiten), und er tatsächlich nicht an seinen Wohnsitz zurückgekehrt ist, sind in Übereinstimmung mit dem Wortlaut des Art. Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1992 und der Nr. II. 1. des Verhandlungsprotokolls Nichtrückkehrtage. Eine Auslegung gegen den insoweit eindeutigen Wortlaut der zuvor genannten Bestimmungen ist weder nach völkerrechtlichen noch nach innerstaatlichen Auslegungsgrundsätzen zulässig (Oellerich in: Beermann/Gosch, Steuerliches Verfahrensrecht, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Nebengesetze, Kommentar, § 2 AO 1977 Rn. 38 ff.). |
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| ee) Auch der Umstand, dass der Kläger den nach Arbeitsende folgenden Nachtdienst an seinem Arbeitsort in der Landschule in L/Kanton X verbracht hat, rechtfertigt nicht die Annahme, der Kläger habe durch den Nachtdienst seine Arbeit an den als Nichtrückkehrtagen in Betracht kommenden Arbeitstagen nicht um 22.00 Uhr beendet (i.S.v. Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1992), sondern seine Arbeit über das Tagesende als Pikettdienst hinaus ausgeübt hat (i.S. der Nr. II. 1. des Verhandlungsprotokolls). Zwar ist nach Schweizer Arbeitsrecht bei Anwendung des Bundesgesetzes über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz, ArG) vom 13. März 1964 (SR 822.11, www.admin.ch) und der Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz (ArGV 1; SR 822.111, www.admin.ch) die Unterscheidung, wann ein Pikettdienst als „Arbeitszeit“ zu beurteilen ist, danach zu treffen, ob der Arbeitnehmer im Betrieb Pikettdienst leistet (sog. Arbeitsbereitschaft) oder außerhalb des Betriebes Pikettdienst leistet (sog. Rufbereitschaft). Wird der Bereitschaftsdienst (Pikettdienst) in betrieblicher Umgebung verbracht, liegt Arbeitszeit vor, wird er in privater Umgebung verbracht liegt, Arbeitszeit nur vor, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich zur Arbeit herangezogen wird (vgl. hierzu: Bregnard-Lustenberger, Überstunden- und Überzeiten, Schriftenreihe des Forschungsinstitutes für Arbeit und Arbeitsrecht an der Universität St. Gallen Band 31, 1. Aufl., 2007, -ISBN 978-258-07143-5-). |
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| Demgegenüber ist in abkommensrechtlicher Hinsicht bei der Auslegung des Begriffs der „Arbeitsausübung“ i.S.v. Art. 15a DBA-Schweiz 1992 und der Nr. II. 1. des Verhandlungsprotokolls ausschließlich darauf abzustellen, ob der Kläger, sei es in „privater“ sei es in „betrieblicher“ Umgebung in der Landschule tatsächlich („aktiv“) gearbeitet hat (Urteil des FG Köln in EFG 2014, 1114 mit weiteren Nachweisen). Dies hat der Kläger nach Ablauf seiner vereinbarten Dienstzeit um 22.00 Uhr während des Pikett- bzw. Nachtdienstes, in dem er nach den Feststellungen des erkennenden Senats geschlafen bzw. geruht hat, nicht getan und demzufolge nicht mehr seine Arbeit ausgeübt (i.S. der Nr. II. 1. des Verhandlungsprotokolls) bzw. mit Ende der tatsächlichen Dienstzeit war das Arbeitsende i.S.v. Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1992 gegeben. An die hiervon abweichende Verständigungsvereinbarung (in BStBl I 1997, 723, Ziff. 1 Buchstabe a Rz. 12) ist der erkennende Senat nicht gebunden (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 11. November 2009 I R 15/09, BStBl II 2010, 602). |
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| ff) Sinn und Zweck rechtfertigen die zuvor dargelegte Interpretation des Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1992 (i.V.m. der Nr. II. 1. des Verhandlungsprotokolls), nach der dem Tätigkeitsstaat des Klägers (der Schweiz) das Besteuerungsrecht hinsichtlich dessen von der Landschule bezogenen Einkünfte aus unselbständiger Arbeit zusteht. |
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| Die Zielsetzung des Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1992 ist es, dass dem Staat des Arbeitsortes (Art. 15a Abs. 2 Satz 1 DBA-Schweiz 1992) bzw. des Ortes der Arbeitsausübung (Art. 15a Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz 1992) -hier: der Schweiz- geringere Steuereinnahmen bei der Besteuerung des Arbeitgebers wegen der Berücksichtigung der Lohnzahlung für Arbeitnehmer als Betriebsausgaben und der gleichzeitige Verzicht auf die Besteuerung der Lohnzahlungen, nur zuzumuten sind, wenn sich der Arbeitnehmer nicht längere Zeit im Staat des Arbeitsortes aufhält (vgl.in diesem Zusammenhang: Prokisch, Recht der Internationalen Wirtschaft -RIW- 1991, 396, 406). Kehrt ein Arbeitnehmer auf Grund seiner Arbeitsausübung an mehr als 60 Arbeitstagen nicht an seinen Wohnsitz zurück, besteht eine besonders intensive Eingliederung in die Arbeitsorganisation bzw. in die Rechts- und Gesellschaftsordnung des Tätigkeitsstaates (Senatsbeschluss vom 19. Dezember 2013 3 K 2654/11, juris zu II.C.4.b), weil bei einer Nichtrückkehr aus beruflichen Gründen an mehr als 60 Arbeitstagen (Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1992) eine besonders enge Verbindung zum Staat des Arbeitsorts unterstellt wird (sog. „Verwurzelung“: Züger in: Gassner/Lang/Lechner/Schuch/Staringer [Hrsg.], Arbeitnehmer im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, S. 177 ff, zu II. 4.; Mössner, RIW 2001, 433, 439; Lusche, Internationale Wirtschaftsbriefe -IWB- 2014, 581, jeweils mit weiteren Nachweisen; BFH-Urteil vom 1. März 1963 VI 119/61 U BStBl III 1963, 212). Diese rechtfertigt es, dem Tätigkeitsstaat entsprechend dem oben dargelegten Grundprinzip das Besteuerungsrecht für die Einkünfte aus unselbständiger Arbeit zuzuerkennen. |
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| Ob eine solche „Verwurzelung“ nicht mehr vorliegt, wenn ein Arbeitnehmer für geltend gemachte Nichtrückkehrtage und den dabei zugunsten des Arbeitnehmers berücksichtigten Pikett- und Nachtdiensten vom Arbeitgeber einen Freizeitausgleich erhält, und er diese zusätzliche Freizeit im Inland verbringt (vgl. hierzu: BFH-Urteile in BStBl II 2014, 505, Entscheidungsgründe zu II.3.d)cc); vom 27. August 2008 I R 64/07, BStBl II 2009, 97, Entscheidungsgründe zu II. 2.c)bb), braucht der erkennende Senat nicht zu entscheiden. |
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| Denn im vorliegenden Fall hat der Kläger sämtliche Pikett- und Nachtdienste zusätzlich zu seiner ansonsten zu leistenden Arbeit erbracht und gerade keinen Freizeitausgleich, sondern nur eine geringfügige Zulage erhalten. Deshalb gehen die Vertragsparteien übereinstimmend davon aus, dass der Kläger die Nacht- und Pikettdienste quasi „unentgeltlich“ geleistet habe. Diese zusätzlich -über die normale Arbeitszeit hinaus- erbrachten Pikett- und Nachtdienste sprechen für eine intensivere „Verwurzelung“. Dies hat der erkennende Senat bei der zuvor dargelegten Auslegung insbesondere der Nr. II. 1. des Verhandlungsprotokolls berücksichtigt (vgl. zum Ausgleich von Überstunden und Überzeiten des Klägers in Zusammenhang mit normaler Arbeitszeit durch Freizeit allgemein: Rehbinder/Stöckli in: Berner Kommentar, Kommentar zum Schweizer Privatrecht, Band VI., 2. Abteilung, 2. Teilband, 1. Abschnitt, 2010, Art. 321c Rn. 8-12). |
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| b) Auch an den Wochenend- und Lagertagen endete die (normale) Dienstzeit des Klägers an den im Tatbestand aufgeführten Arbeitstagen vor Mitternacht um 22.00 Uhr. Anschließend begann (auch) an Wochenendtagen ein Pikettdienst. |
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| aa) Aus Anlass der Lageraufenthalte schloss sich an die Arbeitszeit teilweise kein Nachtdienst des Klägers an (s. die Angaben in der Tabelle im Tatbestand). Insoweit kommt deshalb die Bestimmung der Nr. II. 1. des Verhandlungsprotokolls von vorneherein nicht zur Anwendung. Eine Vereinbarung, die bedingt hätte, dass sich die Arbeitsausübung über mehrere Arbeitstage hätte erstrecken können, lag nicht vor. An diesen Tagen ist der Kläger nach Arbeitsende auf Grund seiner Arbeitsausübung von den jeweiligen Arbeitsorten (Lagerorten) nach den gesamten Umständen des vorliegenden Einzelfalls (§ 96 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-) nicht an seinen Wohnsitz im Inland zurückgekehrt (z.B. Ende der Arbeitszeit, Anfang der Arbeitszeit am Folgetag, Dauer der Arbeitszeit am Nichtrückkehrtag und am Folgetag, Entfernung zwischen dem Arbeitsort/Lagerort und dem Wohnsitz des Klägers, zeitlicher Umfang der Ab- und Anreise [unter Berücksichtigung z.B. von Grenzkontrollen, Witterungsumständen, Straßenverhältnissen, hohen Ordnungsgeldern in der Schweiz selbst bei geringfügigen Geschwindigkeitsübertretungen usw.). „Namentlich“ war dem Kläger die Rückkehr an seinen Wohnsitz „unzumutbar“ und „unmöglich“ (BMF-Schreiben in BStBl I 1994, 683, Tz. 13 Abs. 1 Satz 2; § 8 Abs. 2 Satz 1 KonsVerCHEV). Dies ist auch zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig und bedarf (auch deshalb) keiner weiteren Erläuterungen. |
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| bb) An den darüber hinaus hier in Rede stehenden Werk- und Wochenendtagen kehrte der Kläger schon deshalb auf Grund seiner Arbeitsausübung an seinem Arbeitsort in der Landschule in L/CH nicht an seinen Wohnsitz zurück, weil er sich wegen des vereinbarten und durchgeführten Nachtdienstes und damit aus beruflichen Gründen im Tätigkeitsstaat (der Schweiz) nach Arbeitsende bis zum Arbeitsbeginn am Folgetag aufhalten musste. Dies steht nach der Überzeugung des erkennenden Senats im Anschluss an die Aussagen der Leiterin der Landschule im Erörterungstermin fest. Auch das FA hat dem nicht widersprochen. Private Gründe, die die Nichtrückkehren veranlasst haben könnten, sind weder von den Beteiligten vorgetragen noch sonst ersichtlich (Kempermann in: Flick/Wassermeyer/Kempermann, Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland-Schweiz, Kommentar, Art. 15a Anm. 34 mit weiteren Nachweisen). |
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| cc) Nach diesen Erwägungen hat der Kläger im Streitjahr 76 Nichtrückkehren i.S. von Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1992 verwirklicht. Damit unterliegen dessen hier in Rede stehende Einkünfte aus unselbständiger Arbeit der Besteuerung in der Schweiz und sind im Inland von der Steuer frei zu stellen (Art. 15 Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz 1971 i.V.m. Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe d DBA-Schweiz 1971). |
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| IV. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren ist gemäß § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO für notwendig zu erklären. Die Kläger konnten die Hilfe eines sachkundigen Bevollmächtigten für unentbehrlich halten (BFH-Beschluss vom 21. Dezember 1967 VI B 2/67, BStBl II 1968, 181). |
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| V. Die Revision war nicht zuzulassen. Insbesondere kommt der Sache keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Der erkennende Senat hat lediglich die in den BFH-Urteilen in BStBl II 2014, 508; in BStBl II 2009, 97; vom 27. August 2008 I R 10/07, BStBl II 2009, 94; in BFH/NV 2005, 840; in BStBl II 2010, 155 dargelegten Rechtsgrundsätze auf den im vorliegenden Fall entscheidungserheblichen Sachverhalt angewandt. |
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