Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Erstattung ihrer Kosten nach § 77 Einkommensteuergesetz (EStG) streitig.

2

Die Klägerin ist bulgarische Staatsangehörige und hält sich seit ...06.2008 im Inland (A) auf. Die Tochter der Klägerin B, geboren am ... 2003, ist seit ...02.2009 im Haushalt der Klägerin (A; laut Haushaltsbescheinigung vom 11.02.2013) gemeldet. Seit ...03.2013 wohnt die Klägerin mit ihrer Tochter in C, X-Straße...

3

Mit Antrag vom 11.02.2013, bei der Beklagten eingegangen am 14.02.2013, beantragte die Klägerin, Kindergeld für ihre Tochter festzusetzen. Die Klägerin bezog mit ihrer Tochter seit 01.04.2013 Hilfe zum Lebensunterhalt. Mit Schreiben vom 05.07.2013 machte das Jobcenter team-arbeit C einen Erstattungsanspruch nach § 102 ff. Sozialgesetzbuch X geltend. Die Klägerin ist seit dem 22.04.2013 bei der Firma D GmbH in C tätig.

4

Mit Bescheid vom 29.04.2014, der keine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt, setzte die nunmehr zuständige Beklagte Kindergeld ab März 2013 für die Tochter der Klägerin fest. Gleichzeitig teilte sie der Klägerin mit, dass für den Zeitraum September 2013 bis Februar 2014 in Höhe von 866,59 € ihr Anspruch als erfüllt gelte, da die Sozialhilfeverwaltung in dieser Höhe einen Erstattungsanspruch geltend gemacht habe.

5

Das Kindergeld für den Zeitraum März 2013 bis April 2014 beträgt 2.576 €, abzüglich des geltend gemachten Erstattungsanspruchs von 866,59 € verblieb für die Klägerin eine Nachzahlung von 1.709,91 €.

6

Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 07.05.2014 Einspruch ein und führte hierzu aus, dass sie bulgarische Staatsangehörige und damit freizügigkeitsberechtigte EU-Ausländerin sei. Sie halte sich seit mindestens drei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Die Voraussetzungen für die Kindergeldfestsetzung seien deshalb ab 2010 vorhanden. Im März 2013 sei lediglich der Wohnsitz nach C verlegt worden.

7

Mit Einspruchsentscheidung vom 14.08.2014 (Donnerstag) verwarf die Beklagte den Einspruch als unzulässig und entschied, dass die der Klägerin im Rechtsbehelfsverfahren gegebenenfalls entstandenen Aufwendungen nicht übernommen würden. Sie führte zur Begründung aus, der angegriffene Bescheid treffe keine Regelung für den Zeitraum vor März 2013, da über diesen Zeitraum noch keine Entscheidung getroffen worden sei. Somit habe auch im Rahmen des Einspruchsverfahrens noch keine Entscheidung in der Sache ergehen können.

8

Mit Bescheid vom 03.09.2014 setzte die Beklagte Kindergeld für die Tochter der Klägerin ab Februar 2009 bis einschließlich Februar 2013 in der gesetzlichen Höhe fest.

9

Am 18.09.2014, beim Finanzgericht eingegangen am 22.09.2014, hat die Klägerin Klage erhoben und die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung der der Klägerin für das Einspruchsverfahren entstandenen Aufwendungen beantragt. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus:
Die Beklagte habe sich in der Bewilligung für den Zeitraum ab März 2013 hinsichtlich des Zeitraumes festgelegt. Wenn ein Leistungsträger weniger bewillige - die Klägerin habe bereits im Februar 2013 einen Antrag gestellt -, als dem Leistungsempfänger zustehe, würden dadurch weitergehende Ansprüche abschlägig beschieden. Der Einspruch sei danach zulässig und begründet gewesen. Die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten zeige sich durch die hier vertretene Auffassung der Beklagten zum Regelungsinhalt des Bescheides und zur Verwaltungsaktsqualität als auch durch die schwierige Materie bezüglich der Fragen zur Erwerbstätigkeit, der Rückwirkung und Verjährung sowie des Auslandsbezugs der Angelegenheit. Mit dem Bescheid vom 29.04.2014 habe nach Auffassung der Klägerin eine abschließende Entscheidung des Kindergeldantrages verbunden sein sollen. Es entspreche einem Winkelzug zur Vermeidung von Kosten, wenn die Beklagte hinterher behaupten könne, über weitere Zeiträume wäre auch ohne Einspruch noch eine Entscheidung getroffen worden, da diese zunächst bewusst ausgeklammert worden seien.

10

Aus dem Bescheid vom 29.04.2014 sei nicht zu erkennen gewesen, dass der ursprüngliche Kindergeldantrag noch nicht abschließend beschieden worden sei und eine weitere Entscheidung deshalb noch ausstehe. Es gebe darin keinerlei Hinweise auf eine vorläufige Entscheidung oder eine Teilentscheidung oder eine Mitwirkungsaufforderung zur abschließenden Klärung des Sachverhaltes. Die Beklagte habe bisher nicht vorgetragen, dass am 29.04.2014 bewusst eine Teilentscheidung getroffen worden sei. Somit sei sie selbst von einer abschließenden Entscheidung über den Antrag ausgegangen und dies sei ein anfechtbarer Verwaltungsakt, weil mit dieser Entscheidung das Verwaltungsverfahren beendet worden sei. Es werde deshalb beantragt, die zuständige Sachbearbeiterin als Zeugin zu hören, weshalb eine Aufsplittung erfolgt sei bzw. ob sie selbst von einer abschließenden Bearbeitung des Falles ausgegangen sei.

11

Ihr, der Klägerin, Einspruch sei zudem auch erfolgreich gewesen, weil daraufhin mit weiterem Bescheid vom 03.09.2014 auch für den vor März 2013 liegenden Zeitraum das Kindergeld festgesetzt worden sei.

12

Die Klägerin beantragt,
die Kostenentscheidung der Einspruchsentscheidung vom 14.08.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin die ihr im Einspruchsverfahren entstandenen Aufwendungen sowie die Gebühren und Auslagen ihres Bevollmächtigten zu erstatten.

13

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

14

Zur Begründung ihres Antrags trägt die Beklagte vor:
In dem Bescheid vom 29.04.2014 sei keine Entscheidung für die Zeit vor März 2013 getroffen worden; somit habe für diesen Zeitraum noch keine Regelung vorgelegen, die die Klägerin beschwert habe und mit dem Einspruch hätte angegriffen werden können. Somit sei der Einspruch als unzulässig zu verwerfen gewesen. Aufgrund der Unzulässigkeit des Einspruchs sei die Erstattung von Kosten nicht möglich.

15

Ein Einspruch der Klägerin gegen die Kostenentscheidung der Beklagten liege nicht vor, über den zu entscheiden sei.

16

Auch wenn die Prüfung des Anspruchs auf Kindergeld für die Zeit vor März 2013 aufgrund des als Einspruch bezeichneten Schreibens des Klägervertreters erfolgt sei, so könne die Beklagte der Klägerin keine Kosten erstatten. Der Einspruch sei unzulässig gewesen und habe damit keinen Erfolg gehabt. Nur im Falle eines erfolgreichen Einspruchs hätte die Beklagte der Klägerin gem. § 77 Abs. 1 EStG Kosten erstatten können. Die Prüfung des Einspruchs habe jedoch wegen der Unzulässigkeit des Einspruchs außerhalb des Einspruchsverfahrens erfolgen müssen. Für die Erstattung von Kosten, die für das Tätigwerden eines Bevollmächtigten außerhalb eines Rechtsbehelfsverfahrens entstünden, gebe es keine gesetzliche Grundlage.

17

Während des Klagverfahrens legte die Klägerin ausdrücklich mit Schreiben vom 27.07.2014 Einspruch gegen die Kostenentscheidung in der Einspruchsentscheidung vom 14.08.2014 ein. Mit Einspruchsentscheidung vom 15.12.2015 verwarf die Beklagte den Einspruch als unzulässig. Zur Begründung führte sie aus, dass in dem Fall, wenn die Kostenentscheidung in der Einspruchsentscheidung ergeht, diese nicht selbstständig anfechtbar sei, sondern nur zusammen mit der Einspruchsentscheidung mit der Klage vor dem Finanzgericht. Unabhängig davon sei der Einspruch auch deshalb als unzulässig zu verwerfen, weil er nicht fristgerecht erhoben worden sei und auch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht habe eingeräumt werden können.

18

Dem Vortrag des Klägervertreters, bereits im anhängigen Klagverfahren sei im Erörterungstermin vom 12.12.2014 besprochen worden, dass die Klagerhebung vom 23.09.2014 als Einspruch gewertet werden könne, folge die Beklagte nicht. In der angegebenen Niederschrift zum Erörterungstermin sei vermerkt worden, dass es gerade versäumt worden sei, gegen die Kostenentscheidung Einspruch einzulegen. Es gehe aus der Niederschrift hingegen nicht hervor, dass die Klagerhebung als Einspruch gegen die Kostenentscheidung zu werten sei.

19

Zum weiteren Sachstand wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

20

Hinsichtlich des am 12.12.2014 stattgefundenen Erörterungstermins und der mündlichen Verhandlung vom 26.05.2016 wird auf den Inhalt der jeweiligen Protokolle verwiesen. Dem Senat lag die Kindergeldakte ... vor.

Entscheidungsgründe

21

Die Klage ist zulässig (I.), bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg (II.).

I.

22

Ergeht die Kostenentscheidung in einem Kindergeldverfahren nach § 77 Abs. 1 und 2 EStG im Rahmen der Einspruchsentscheidung, ist hiergegen ausschließlich die Klage, nicht auch der Einspruch, statthaft.

1)

23

Zwar ist nach der im Fachschrifttum überwiegend vertretenen Auffassung der Einspruch auch dann der statthafte Rechtsbehelf, wenn die Kostenentscheidung nach § 77 Abs. 1 und 2 EStG im Rahmen der Einspruchsentscheidung ergeht (Blümich/Treiber, § 77 EStG Rn. 28; Helmke in Helmke/Bauer Familienleistungsausgleichskommentar Fach A I. Kommentierung, § 77 Rn. 12; Pust in Littmann/Bitz/Pust Das Einkommensteuerrecht, Kommentar § 77 Rn. 31; Dürr in Frotscher EStG, Freiburg 2011, § 77 Rz. 14; Felix in Kirchhoff/Söhn/Mellinghoff EStG § 77 Rz. D 7; Dreite in Korn, § 77 EStG Rz. 6, so auch FG Baden-Württemberg Beschluss vom 09.08.2011 2 K 1648/11 EFG 2012, 344, Rz. 13). Jedoch ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH Urteil vom 13.05.2013 III R 8/14, BFHE 249, 422, BStBl II 2015, 844), diesem folgend ein Teil im Fachschrifttum (Preuß in Bordewin/Brandt, § 77 EStG Rz. 15 f.; Claßen in Lademann, EStG § 77 EStG Rz. 8), und nach der Verwaltungsauffassung (Kap. R 7.5 Abs. 3 der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz - DA-KG, Stand 2014 BStBl I 2014, 918) eine in der Einspruchsentscheidung ergehende Kostenentscheidung hingegen ausschließlich mit der Klage anzugreifen. Zur Begründung hierfür wird im Wesentlichen vorgetragen, dass die von Amts wegen ergehende Kostenentscheidung Teil der Einspruchsentscheidung sei.

24

Der Senat schließt sich insoweit der zu dieser Rechtsfrage ergangenen Rechtsauffassung des BFH in seinem o. g. Urteil vom 13.05.2015 an.

25

Wird die Kostenentscheidung nach § 77 Abs. 1 und 2 EStG im Rahmen der Einspruchsentscheidung getroffen, ist sie Teil der Einspruchsentscheidung, die nach § 348 Nr. 1 AO nicht mit einem erneuten Einspruch anfechtbar ist. Zutreffend weist zwar die herrschende Meinung darauf hin, dass die Kostenentscheidung ein Verwaltungsakt i. S. d. § 118 AO ist. Dies bedeutet aber nicht, dass dieser Verwaltungsakt nicht Teil der Einspruchsentscheidung ist. Die Familienkasse hat nach Abschluss des Einspruchsverfahrens von Amts wegen die Kostenentscheidung zu treffen. Hierbei ist auch darüber zu befinden, ob die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war (§ 77 Abs. 3 Satz 2 EStG). Die Kostenentscheidung wird in der Einspruchsentscheidung tenoriert und begründet; sie ist Bestandteil der Einspruchsentscheidung. Dem steht nicht entgegen, dass weder die Abgabenordnung noch die Finanzgerichtsordnung eigene dem § 73 Abs. 3 Satz 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) entsprechende Regelung enthalten, "wonach der Widerspruchsbescheid bestimmt..., wer die Kosten trägt". Im Kindergeldrecht hat der Einspruchsführer gerade wegen § 77 EStG nicht nur einen Anspruch auf Entscheidung seines Rechtsschutzbegehrens in der Hauptsache, sondern auch auf Entscheidung über die Erstattung seiner Kosten für das Einspruchsverfahren.

26

Hiergegen lässt sich nicht einwenden, dass die zur Hauptsache ergehende Einspruchsentscheidung und die Kostenentscheidung unterschiedliche Regelungsgegenstände hätten, oder dass in Fällen der Teilstattgabe kein innerer Zusammenhang zwischen der Einspruchsentscheidung (erfolgloser Teil des Einspruchs) und der Kostenentscheidung (erfolgreicher Teil des Einspruchs) bestehe. Die Kostenentscheidung steht allein schon deshalb in einem Zusammenhang mit dem erfolglosen Teil des Einspruchs, weil die Kostenquote im Grundsatz vom Verhältnis des Erfolgs zum Misserfolg des Einspruchs abhängt. Diese Beurteilung steht nicht entgegen, dass die Kostenentscheidung ein Erstbescheid ist, die den Einspruchsführer erstmalig beschwert. Denn in einem derartigen Fall kann der Betroffene unmittelbar Klage gegen die Kostenentscheidung erheben.

27

Nach der Rechtsprechung des BFH hängt die Zulässigkeit einer Klage in Fällen, in denen die Einspruchsentscheidung eine erstmalige Beschwer für den Kläger enthält, nicht von der erfolglosen Durchführung eines Vorverfahrens ab (vgl. BFH-Urteil vom 08.07.1998 I R 123/97, BFHE 186, 540 m. w. N.). Ebenso geht der BFH in Kindergeldangelegenheiten unausgesprochen davon aus, dass die Klage gegen eine den Kindergeldanspruch in der Sache versagende Einspruchsentscheidung zulässigerweise auch den Zeitraum nach dem Monat der Bekanntgabe des Ausgangsbescheids bis zum Ende des Monats der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung umfasst, obwohl für diesen Zeitraum kein erfolgloses Vorverfahren durchgeführt wurde.

28

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass für die Kostenentscheidung nach § 77 Abs. 1 und 2 EStG keine dem § 145 FGO vergleichbare Regelung besteht, wonach eine isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren unzulässig ist. Gerade weil die Kostenentscheidung unabhängig von der Hauptsache wie auch zusammen mit dieser angegriffen werden kann, ist im letztgenannten Fall eine Zweigleisigkeit des Rechtsschutzes - Klage gegen die Einspruchsentscheidung in der Hauptsache, Einspruch gegen die Kostenentscheidung - weder sinnvoll noch geboten.

29

Die Klägerin war befugt, ihre Klage allein gegen die Kostenentscheidung in der Einspruchsentscheidung vom 14.08.2014 zu richten.

30

Im Übrigen wäre die Klage auch dann zulässig, wenn man einen Einspruch gegen die Kostenentscheidung für erforderlich halten würde, weil die Klägerin dies inzwischen nachgeholt hat und ein Vorverfahren damit durchgeführt worden ist.

II.

31

In der Sache hat die Beklagte in ihrer Einspruchsentscheidung zu Recht die Erstattung der Kosten versagt.

32

Nach § 77 Abs. 1 Satz 1 EStG hat die Familienkasse dem Einspruchsführer die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen nur zu erstatten, soweit der Einspruch gegen die Kindergeldfestsetzung erfolgreich ist. Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen; das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenden zuzurechnen (§ 77 Abs. 1 Satz 3 EStG). Dabei sind nach § 77 Abs. 2 EStG die Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattungsfähig, wenn dessen Zuziehung notwendig war; ob diese Zuziehung notwendig war, bestimmt die Kostenentscheidung (§ 77 Abs. 3 Satz 2 EStG).

33

Der Einspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 29.04.2015 war wegen fehlender Beschwer unzulässig und konnte deshalb auch nicht erfolgreich sein. Der der Einspruchsentscheidung vorausgehende Verwaltungsakt vom 29.04.2015 setzte Kindergeld ab März 2013 für die Tochter der Klägerin fest; dem Bescheid ist auch keine Regelung über den Zeitraum vor März 2013 zu entnehmen.

34

Die Familienkassen haben grundsätzlich die Pflicht, einen Antrag auf Kindergeld, der keine zeitliche Einschränkung enthält, umfassend zu prüfen. Ein zeitlich nicht beschränkter Antrag ist nach seinem objektiven Inhalt in der Regel dahingehend zu verstehen, dass die Festsetzung von Kindergeld für den längst möglichen Zeitraum begehrt wird (BFH Urteile vom 12.03.2015 III R 14/14 BFHE 249, 292, BStBl II 2015, 850; vom 09.02.2012 III R 45/10, BFHE 236, 413, BStBl II 2013, 1028).

35

Wird eine Kindergeldfestsetzung abgelehnt, so beschränkt sich die Bindungswirkung eines solchen Bescheides auf die Zeit bis zum Ende des Monats seiner Bekanntgabe bzw. bis zum Ende des Monats der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung, soweit eine sachliche Prüfung im Einspruchsverfahren stattgefunden hat (BFH Urteil vom 04.08.2011 III R 71/10, BFHE 235, 203, BStBl II 2013, 380).

36

Im Falle der Klägerin wurde jedoch kein Ablehnungsbescheid erlassen, sondern ihr Antrag wurde ab März 2013 positiv beschieden und Kindergeld ab März 2013 festgesetzt. Über die Zeit davor hat die Beklagte zu diesem Zeitpunkt noch keine Regelung getroffen. Eine entsprechende Regelung ist in dem Feststellungsbescheid nicht zu entnehmen. Entgegen der Auffassung der Klägerin kann in der getroffenen Regelung nicht auch gleichzeitig eine Ablehnung für die Zeit vor März 2013 gesehen werden. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass eine entsprechende Ablehnung im Bescheid nicht ausgeführt wird. Zum anderen ist bei der Festsetzung von Kindergeld - anders als in einem Steuerbescheid - der gesamte in Frage kommende Zeitraum zu prüfen und wenn erforderlich bei jedem einzelnen Monat zu prüfen, ob die erforderlichen Voraussetzungen vorliegen. Die Regelung der Beklagten ab März 2013 dürfte ihren Grund darin haben, dass die Klägerin seit diesem Zeitpunkt einen Wohnsitz in C hatte und eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit ab dem darauf folgenden Monat innehatte. Ob eine Überprüfung des diesem Zeitpunkt vorangehenden Zeitraums weitere Erkundigungen zur Folge hatte oder aus anderen Gründen keine Entscheidung bisher darüber getroffen worden war, kann dahinstehen, weil die Festsetzung von Kindergeld für einen bestimmten Zeitraum nicht ohne weiteres die Ablehnung für alle weiteren in Frage kommenden Monate beinhaltet. Die Klägerin wird dadurch auch nicht unzumutbar belastet, weil es ihr - zumal sie zu diesem Zeitpunkt bereits anwaltlich beraten war - ein Leichtes gewesen wäre, bei der Beklagten nachzufragen, weshalb über den vor März 2013 liegenden Zeitraum noch keine Entscheidung getroffen worden ist.

37

Die Einspruchsentscheidung konnte deshalb nur den geregelten Zeitraum umfassen. Durch die im Bescheid vom 29.04.2014 getroffene Regelung ist die Klägerin jedoch nicht beschwert, sondern vielmehr wurde ihrem Begehren durch die Festsetzung von Kindergeld in dem Zeitraum ab März 2013 entsprochen. Da ihr Einspruch gegen den das Kindergeld ab März 2013 festsetzenden Bescheid mangels Beschwer unzulässig war, konnte er insoweit auch nicht erfolgreich sein. Deshalb hat sie auch keinen Anspruch auf die ihr im Einspruchsverfahren entstandenen Aufwendungen, denn der Kostenerstattungsanspruch nach § 77 Satz 1 EStG setzt einen erfolgreichen Einspruch voraus. Die Tatsache, dass die Beklagte auch für den vor März 2013 liegenden Zeitraum in einem späteren Bescheid Kindergeld festgesetzt hat, führt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung, weil dieser im Bescheid vom 03.09.2014 geregelte Zeitraum nicht von dem angegriffenen Bescheid vom 29.04.2014 mitumfasst wird. Nicht zuletzt stellt auch die fehlende Rechtsbehelfsbelehrung ein Indiz dafür dar, dass der Bescheid vom 29.04.2014 keine ablehnende Entscheidung enthielt.

38

Dem von der Klägerin gestellten Beweisantrag musste nicht nachgegangen werden, weil für den Inhalt eines Verwaltungsaktes nicht die Motivation der zuständigen Sachbearbeiterin entscheidend ist, sondern der dem Verwaltungsakt selbst zu entnehmende Regelungsgehalt, wie er vom objektiven Empfängerhorizont aus verstanden werden musste.

III.

39

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 FGO.

40

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür gem. § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 73


(1) Hilft die Behörde dem Widerspruch nicht ab, so ergeht ein Widerspruchsbescheid. Diesen erläßt 1. die nächsthöhere Behörde, soweit nicht durch Gesetz eine andere höhere Behörde bestimmt wird,2. wenn die nächsthöhere Behörde eine oberste Bundes- od

Abgabenordnung - AO 1977 | § 118 Begriff des Verwaltungsakts


Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemein

Einkommensteuergesetz - EStG | § 77 Erstattung von Kosten im Vorverfahren


(1) 1Soweit der Einspruch gegen die Kindergeldfestsetzung erfolgreich ist, hat die Familienkasse demjenigen, der den Einspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. 2D

Abgabenordnung - AO 1977 | § 348 Ausschluss des Einspruchs


Der Einspruch ist nicht statthaft1.gegen Einspruchsentscheidungen (§ 367),2.bei Nichtentscheidung über einen Einspruch,3.gegen Verwaltungsakte der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder, außer wenn ein Gesetz das Einspruchsverfahren vorsch

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Die Anfechtung der Entscheidung über die Kosten ist unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird.

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(1)1Soweit der Einspruch gegen die Kindergeldfestsetzung erfolgreich ist, hat die Familienkasse demjenigen, der den Einspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten.2Dies gilt auch, wenn der Einspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 126 der Abgabenordnung unbeachtlich ist.3Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen; das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistandes, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, sind erstattungsfähig, wenn dessen Zuziehung notwendig war.

(3)1Die Familienkasse setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest.2Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistandes im Sinne des Absatzes 2 notwendig war.

Der Einspruch ist nicht statthaft

1.
gegen Einspruchsentscheidungen (§ 367),
2.
bei Nichtentscheidung über einen Einspruch,
3.
gegen Verwaltungsakte der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder, außer wenn ein Gesetz das Einspruchsverfahren vorschreibt,
4.
gegen Entscheidungen in Angelegenheiten des Zweiten und Sechsten Abschnitts des Zweiten Teils des Steuerberatungsgesetzes,
5.
(weggefallen)
6.
in den Fällen des § 172 Abs. 3.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

(1)1Soweit der Einspruch gegen die Kindergeldfestsetzung erfolgreich ist, hat die Familienkasse demjenigen, der den Einspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten.2Dies gilt auch, wenn der Einspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 126 der Abgabenordnung unbeachtlich ist.3Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen; das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistandes, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, sind erstattungsfähig, wenn dessen Zuziehung notwendig war.

(3)1Die Familienkasse setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest.2Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistandes im Sinne des Absatzes 2 notwendig war.

(1) Hilft die Behörde dem Widerspruch nicht ab, so ergeht ein Widerspruchsbescheid. Diesen erläßt

1.
die nächsthöhere Behörde, soweit nicht durch Gesetz eine andere höhere Behörde bestimmt wird,
2.
wenn die nächsthöhere Behörde eine oberste Bundes- oder oberste Landesbehörde ist, die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat,
3.
in Selbstverwaltungsangelegenheiten die Selbstverwaltungsbehörde, soweit nicht durch Gesetz anderes bestimmt wird.
Abweichend von Satz 2 Nr. 1 kann durch Gesetz bestimmt werden, dass die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, auch für die Entscheidung über den Widerspruch zuständig ist.

(2) Vorschriften, nach denen im Vorverfahren des Absatzes 1 Ausschüsse oder Beiräte an die Stelle einer Behörde treten, bleiben unberührt. Die Ausschüsse oder Beiräte können abweichend von Absatz 1 Nr. 1 auch bei der Behörde gebildet werden, die den Verwaltungsakt erlassen hat.

(3) Der Widerspruchsbescheid ist zu begründen, mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen und zuzustellen. Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Der Widerspruchsbescheid bestimmt auch, wer die Kosten trägt.

(1)1Soweit der Einspruch gegen die Kindergeldfestsetzung erfolgreich ist, hat die Familienkasse demjenigen, der den Einspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten.2Dies gilt auch, wenn der Einspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 126 der Abgabenordnung unbeachtlich ist.3Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen; das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistandes, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, sind erstattungsfähig, wenn dessen Zuziehung notwendig war.

(3)1Die Familienkasse setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest.2Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistandes im Sinne des Absatzes 2 notwendig war.

Die Anfechtung der Entscheidung über die Kosten ist unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird.

(1)1Soweit der Einspruch gegen die Kindergeldfestsetzung erfolgreich ist, hat die Familienkasse demjenigen, der den Einspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten.2Dies gilt auch, wenn der Einspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 126 der Abgabenordnung unbeachtlich ist.3Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen; das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistandes, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, sind erstattungsfähig, wenn dessen Zuziehung notwendig war.

(3)1Die Familienkasse setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest.2Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistandes im Sinne des Absatzes 2 notwendig war.

Tatbestand

1

I. Der aus Vietnam stammende Kläger und Revisionskläger (Kläger) war seit 17. November 1997 im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis. Unter Verwendung des amtlichen Vordrucks, in dem keine Eintragungen für eine zeitliche Einschränkung vorgesehen sind, beantragte er unter dem Datum des 20. November 1997 die Festsetzung von Kindergeld für seine beiden Kinder. Dem Antrag war eine Kopie der kurz zuvor erteilten Aufenthaltserlaubnis beigefügt (§ 15 des Ausländergesetzes 1990). Die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) zahlte das Kindergeld aufgrund einer Kassenanordnung vom 7. Januar 1998 ab November 1997 aus. Einen ausdrücklichen Festsetzungsbescheid erließ sie nicht.

2

Mit Schreiben vom 20. Juli 2008 beantragte der Kläger unter Hinweis auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 6. Juli 2004  1 BvL 4/97 (BVerfGE 111, 160) die Festsetzung von Kindergeld für den Zeitraum September 1993 bis November 1997. Das BVerfG hatte entschieden, dass die Regelung der Kindergeldberechtigung nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer in § 1 Abs. 3 des Bundeskindergeldgesetzes i.d.F. des Ersten Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms vom 21. Dezember 1993 (BGBl I 1993, 2353), der mit der früheren einkommensteuerrechtlichen Regelung der Kindergeldberechtigung von Ausländern nahezu wortgleich war, verfassungswidrig sei. Der Kläger war der Ansicht, nach der gemäß § 52 Abs. 61a des Einkommensteuergesetzes (EStG) rückwirkend anzuwendenden Neuregelung des § 62 Abs. 2 EStG habe er auch für Zeiträume vor November 1997 einen Anspruch auf Kindergeld.

3

Die Familienkasse lehnte eine nachträgliche Festsetzung durch Bescheid vom 30. September 2008 ab, da nach ihrer Ansicht Festsetzungsverjährung eingetreten war. Der Einspruch des Klägers hatte keinen Erfolg, ebenso wenig die anschließend erhobene Klage, mit welcher der Kläger Kindergeld für den Zeitraum Mai bis Oktober 1997 begehrte. Das Finanzgericht (FG) war der Ansicht, der Kläger habe die Entscheidung der Familienkasse, Kindergeld ab November 1997 zu gewähren, nur dahin verstehen können, dass für den davor liegenden Zeitraum ein Anspruch zu verneinen sei.

4

Zur Begründung der Revision trägt der Kläger vor, für den Zeitraum vor November 1997 liege keine bestandskräftige Ablehnung vor. Die Kindergeldzahlung sei durch eine bloße Kassenanordnung verfügt worden. Die Festsetzung sei in der Auszahlung zu sehen. Für den Zeitraum vor der Festsetzung gebe es keine Willensäußerung der Familienkasse. Insoweit sei auch keine Festsetzungsverjährung eingetreten, da der im November 1997 gestellte Kindergeldantrag die Ablaufhemmung ausgelöst habe.

5

Der Kläger beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil, den Ablehnungsbescheid vom 30. September 2008 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 26. Februar 2009 aufzuheben und die Familienkasse zu verpflichten, Kindergeld für seine beiden Kinder für den Zeitraum Mai 1997 bis Oktober 1997 zu gewähren.

6

Die Familienkasse beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

7

Zur Begründung führt sie aus, der Antrag sei aus der Sicht des Jahres 1997 zu beurteilen. Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer sei damals nur dann kindergeldberechtigt gewesen, wenn er im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis gewesen sei. Erst im November 1997 habe der Kläger eine solche Erlaubnis erhalten. Der Kläger sei gegen die Festsetzung ab November 1997 auch nicht mit dem Einspruch vorgegangen.

8

Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist unbegründet und wird zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 FGO). Der Anspruch auf Kindergeld war bereits verjährt, als der Kläger im Juli 2008 die Auszahlung für den Zeitraum Mai bis Oktober 1997 begehrte.

10

1. Das Kindergeld wird nach § 31 Satz 3 EStG als Steuervergütung gezahlt. Auf Steuervergütungen sind nach § 155 Abs. 4 der Abgabenordnung (AO) die Vorschriften über die Steuerfestsetzung (§§ 155 bis 177 AO) sinngemäß anzuwenden, somit auch die Vorschriften über die Festsetzungsverjährung nach §§ 169 bis 171 AO (vgl. Senatsurteil vom 18. Mai 2006 III R 80/04, BFHE 214, 1, BStBl II 2008, 371). Die Festsetzungsfrist für Steuervergütungen beträgt vier Jahre (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO) und war im Juli 2008, als der Kläger das Kindergeld für die Monate vor November 1997 begehrte, bereits abgelaufen.

11

2. Der Ablauf der Verjährungsfrist wurde nicht nach § 171 Abs. 3 AO durch den im November 1997 gestellten Kindergeldantrag gehemmt. Dieser Antrag war entgegen der Rechtsansicht des Klägers und des FG nicht dahin zu verstehen, dass der Kläger auch für vergangene Zeiträume Kindergeld begehrte.

12

a) Die Familienkassen haben grundsätzlich die Pflicht, einen Antrag auf Kindergeld, der keine zeitliche Einschränkung enthält, umfassend und damit auch für die Vergangenheit zu prüfen. In den von den Familienkassen verwendeten Vordrucken sind keine Eintragungen für eine zeitliche Konkretisierung vorgesehen, obwohl dies aus Gründen der Rechtsklarheit wünschenswert wäre. Ein zeitlich nicht beschränkter Antrag ist nach seinem objektiven Inhalt in der Regel dahin zu verstehen, dass die Festsetzung von Kindergeld für den längstmöglichen Zeitraum und somit auch für die Zeit vor der Antragstellung begehrt wird. Ein Bescheid, durch den ein zeitlich nicht eingeschränkter Antrag auf Kindergeld bestandskräftig abgelehnt wird, erfasst demnach nicht nur den Monat der Antragstellung und die darauffolgende Zeit bis zum Monat der Bekanntgabe der Ablehnungsentscheidung oder ggf. der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung (s. Senatsurteil vom 4. August 2011 III R 71/10, BFH/NV 2012, 298, zur Veröffentlichung bestimmt), sondern auch den Zeitraum vor der Antragstellung (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 28. Januar 2004 VIII R 12/03, BFH/NV 2004, 786).

13

b) Gleichwohl kann im Einzelfall die Auslegung eines Kindergeldantrags hinsichtlich des Zeitraums, für den Kindergeld begehrt wird, erforderlich sein. Ein Kindergeldantrag ist als außerprozessuale empfangsbedürftige Verfahrenserklärung entsprechend §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches auszulegen, sofern er auslegungsbedürftig ist. Hiernach ist entscheidend, wie die Familienkasse als Erklärungsempfängerin einen Antrag nach seinem objektiven Erklärungswert verstehen musste. Dabei kann ggf. auch auf Umstände zurückgegriffen werden, die außerhalb der auszulegenden Erklärung liegen und einen Rückschluss auf den vom Antragsteller erklärten Willen erlauben (s. Senatsurteil vom 14. Juli 1989 III R 54/84, BFHE 158, 273, BStBl II 1989, 1024, zum Antrag auf Investitionszulage).

14

c) Das FG hat im Streitfall eine Auslegungsbedürftigkeit des im November 1997 gestellten Kindergeldantrags stillschweigend verneint, weil dieser nicht ausdrücklich zeitlich beschränkt war (vgl. Senatsurteil in BFH/NV 2004, 786). Eine Auslegung des Antrags durfte jedoch nicht unterbleiben. Da die tatsächlichen Feststellungen des FG hierfür ausreichen, kann der Senat als Revisionsgericht die Auslegung selbst vornehmen (s. BFH-Urteil vom 4. November 1997 VIII R 18/94, BFHE 184, 374, BStBl II 1999, 344, a.E.; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 118 Rz 24, m.w.N.).

15

d) Der Kindergeldantrag konnte nach seinem eindeutigen Erklärungsinhalt nur dahin verstanden werden, dass der Kläger die Festsetzung ab dem Monat begehrte, in dem er erstmals die ausländerrechtlichen Voraussetzungen erfüllte, die nach der im Jahr 1997 geltenden Fassung des § 62 Abs. 2 Satz 1 EStG vorliegen mussten. Hiernach hatte ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer nur dann einen Anspruch auf Kindergeld, wenn er im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis war. Der Kläger hatte seinem Kindergeldantrag eine Kopie der erst kurz zuvor erteilten Aufenthaltserlaubnis beigefügt. Damit wollte er offensichtlich gegenüber der Familienkasse zum Ausdruck bringen, dass nunmehr die ausländerrechtlichen Voraussetzungen für eine Kindergeldberechtigung erfüllt waren. Die Familienkasse hatte keinen Anhaltspunkt dafür, den Kindergeldantrag, auch wenn er keine ausdrückliche zeitliche Einschränkung enthielt, dahin auszulegen, dass auch für die Zeit vor November 1997 Kindergeld begehrt werden sollte.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist der Vater des im Januar 1984 geborenen und seitdem schwerbehinderten S. Er erhielt für S bis zur Vollendung dessen 21. Lebensjahres im Januar 2005 Kindergeld. Mit Bescheid vom 15. Dezember 2004 hob die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) die Festsetzung des Kindergeldes ab Februar 2005 auf. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies die Familienkasse mit bestandskräftiger Einspruchsentscheidung vom 13. Januar 2005 zurück. Im Dezember 2006 beantragte der Kläger unter Hinweis auf die Schwerbehinderung des S erneut Kindergeld. Diesen Antrag lehnte die Familienkasse mit Bescheid vom 15. Januar 2007 ab. Der Einspruch des Klägers hatte wiederum keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 29. November 2007). Im April 2008 stellte der Kläger einen weiteren Kindergeldantrag, den die Familienkasse mit Bescheid vom 1. Juli 2008 ebenfalls ablehnte. Auch der hiergegen gerichtete Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 27. Januar 2009).

2

Das Finanzgericht (FG) gab durch Urteil vom 29. September 2010  12 K 528/09 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2011, 810) der im Februar 2009 erhobenen Klage, die auf "Bewilligung" von Kindergeld für S ab Dezember 2004 gerichtet war, zum Teil statt und verpflichtete die Familienkasse unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 1. Juli 2008 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 27. Januar 2009, über den Kindergeldantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des FG für den Zeitraum ab Februar 2007 erneut zu entscheiden. Die weiter gehende Klage wies das FG ab.

3

Zur Begründung führte das FG im Wesentlichen aus, S sei materiell nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitzeitraum geltenden Fassung (EStG) als Kind zu berücksichtigen, weil er wegen seiner --vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen-- Behinderung außerstande sei, sich selbst zu unterhalten. Da die Familienkasse jedoch zuletzt einen Kindergeldantrag des Klägers mit Bescheid vom 15. Januar 2007 abgelehnt habe, sei bis einschließlich Januar 2007 Bestandskraft eingetreten. Entgegen der vom FG Düsseldorf vertretenen Ansicht (Urteil vom 7. März 2008  14 K 2266/06 Kg, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst --DStRE-- 2008, 1474) verlängere sich die Bindungswirkung eines Ablehnungsbescheides bei einem sich anschließenden Rechtsbehelfsverfahren nicht bis zur Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung.

4

Zur Begründung der Revision trägt die Familienkasse vor, die Entscheidung des FG beruhe auf einer unzutreffenden Auslegung des § 367 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO). Ein Ablehnungsbescheid treffe zunächst eine Regelung auf der Grundlage der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Erteilung und erschöpfe sich damit in der Regelung des Kindergeldanspruchs für den bis dahin abgelaufenen Zeitraum. Durch das Einspruchsverfahren werde das Verwaltungsverfahren aber wieder aufgenommen und fortgesetzt, die Sachprüfung werde erneut eröffnet. Die umfassende Prüfung i.S. von § 367 Abs. 2 AO beinhalte nicht nur die inhaltliche Prüfung des ursprünglichen Bescheides, sondern auch den gesamten Zeitrahmen bis zur Einspruchsentscheidung. Somit entfalle der Kindergeldanspruch für den Zeitraum bis Dezember 2007, da der Ablehnungsbescheid vom 15. Januar 2007 Bindungswirkung bis zum Ende des Monats der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung entfalte.

5

Die Familienkasse beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

II. Die Revision ist hinsichtlich der Monate Dezember 2004 bis Januar 2007 sowie des Zeitraums ab Januar 2008 unzulässig und deshalb zu verwerfen (§ 126 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Familienkasse hat insoweit ihren Revisionsantrag entgegen § 120 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 2 FGO nicht begründet. Da die Revision im Übrigen zulässig ist, ist über das Rechtsmittel einheitlich durch Urteil zu entscheiden (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27. April 2005 II R 52/02, BFHE 210, 507, BStBl II 2005, 892).

8

Die Revision ist im Übrigen wegen der Verpflichtung der Familienkasse zur erneuten Bescheidung für den Zeitraum Februar 2007 bis Dezember 2007 begründet. Sie führt insoweit zur Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung der Klage.

9

1. Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Ablehnung des vorherigen Kindergeldantrages des Klägers nur bis zum Ende des Monats der Bekanntgabe des Ablehnungsbescheides (Januar 2007) Bindungswirkung entfalte.

10

a) Wird ein Antrag auf Kindergeld bestandskräftig abgelehnt, beschränkt sich die Bindungswirkung eines solchen Bescheides auf die Zeit bis zum Ende des Monats seiner Bekanntgabe, so dass auf einen danach gestellten weiteren Antrag Kindergeld rückwirkend ab dem auf die Bekanntgabe des Ablehnungsbescheides folgenden Monat bewilligt werden kann (grundlegend BFH-Urteil vom 25. Juli 2001 VI R 164/98, BFHE 196, 257, BStBl II 2002, 89; ebenso für einen Aufhebungsbescheid in Verbindung mit einer Nullfestsetzung, BFH-Urteil vom 25. Juli 2001 VI R 78/98, BFHE 196, 253, BStBl II 2002, 88).

11

Da der Umfang der Bindungswirkung des Bescheides sich aus seinem Regelungsgehalt ergibt und er als Verwaltungsakt eine Regelung auf der Grundlage der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Bescheiderteilung trifft, erschöpft sich ein Bescheid, durch den ein Antrag auf die Festsetzung von Kindergeld abgelehnt wird, in der Regelung des Anspruchs auf Kindergeld für den bis dahin abgelaufenen Zeitraum. Über die in der Zukunft liegenden und damit zum Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht entstandenen Kindergeldansprüche kann ein Ablehnungsbescheid oder eine diesem gleichzusetzende Nullfestsetzung noch keine Regelung treffen. Eine in die Zukunft weisende Bindungswirkung kommt ihm demnach nicht zu (BFH-Urteile in BFHE 196, 253, BStBl II 2002, 88; in BFHE 196, 257, BStBl II 2002, 89; vom 28. Januar 2004 VIII R 12/03, BFH/NV 2004, 786).

12

b) Legt der Kindergeldberechtigte Einspruch gegen den Ablehnungs- oder Aufhebungsbescheid ein und weist die Familienkasse diesen Rechtsbehelf als unbegründet zurück, verlängert sich die Bindungswirkung der in dem bestandskräftigen Bescheid über den Kindergeldanspruch getroffenen Regelung regelmäßig bis zum Ende des Monats der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung (ebenso Greite in Korn, § 66 EStG Rz 15 sowie § 70 EStG Rz 4 und 11; Wendl in Herrmann/Heuer/Raupach, § 70 EStG Rz 6; FG Düsseldorf, Urteil in DStRE 2008, 1474; a.A. Wüllenkemper, EFG 2011, 813; Reuß, EFG 2010, 228; Lange/Novak/Sander/Stahl/ Weinhold, Kindergeldrecht im öffentlichen Dienst, III/A.90 Erl. B VI 2c zu § 70 EStG). In einem solchen Fall kann aufgrund eines neuen Antrages Kindergeld rückwirkend erst ab dem auf die Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung folgenden Monat festgesetzt werden.

13

Nach § 66 Abs. 2 EStG wird das Kindergeld vom Beginn des Monats an gezahlt, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, bis zum Ende des Monats, in dem die Anspruchsvoraussetzungen wegfallen. Daraus ergibt sich die Pflicht der Behörde, einen Antrag auf Festsetzung von Kindergeld (§ 67 EStG), der keine ausdrückliche zeitliche Einschränkung enthält, umfassend und damit auch für die Vergangenheit zu prüfen (BFH-Urteil in BFH/NV 2004, 786). Lehnt die Familienkasse den Kindergeldantrag ab und legt der Kindergeldberechtigte gegen die ablehnende Entscheidung Einspruch ein, so wird das --durch den Ablehnungsbescheid aus Sicht der Familienkasse zunächst beendete-- Verwaltungsverfahren fortgesetzt. Enthält auch der Einspruch keine zeitliche Einschränkung, ist das Begehren des Kindergeldberechtigten dahin zu verstehen, dass er nicht lediglich eine Überprüfung der bereits abgelehnten --die Vergangenheit betreffenden-- Ansprüche begehrt. Vielmehr macht er mit einem zeitlich nicht eingeschränkten Einspruch deutlich, dass er neben der Überprüfung der bereits abgelehnten Kindergeldansprüche an seinem Begehren hinsichtlich der Kindergeldfestsetzung durch Erlass eines Dauerverwaltungsakts auch mit Wirkung für die Zukunft weiterhin festhält. Dadurch fallen zugleich die Monate bis zur Entscheidung über den Einspruch in das fortgesetzte Verwaltungsverfahren. Zwar ist Gegenstand des Einspruchsverfahrens der Ablehnungsbescheid als angefochtener Verwaltungsakt, allerdings prüft die Familienkasse nicht primär die Rechtmäßigkeit der Ablehnung, sondern --entsprechend dem Verpflichtungsbegehren des Kindergeldberechtigten (vgl. auch Senatsurteile vom 2. Juni 2005 III R 66/04, BFHE 210, 265, BStBl II 2006, 184, und vom 27. Januar 2011 III R 65/09, BFH/NV 2011, 991)--, ob der Einspruchsführer Anspruch auf Kindergeld gemäß §§ 62 ff. EStG hat und deshalb der begünstigende Dauerverwaltungsakt zu erlassen ist. Da eine positive Kindergeldfestsetzung nach der gesetzlichen Konzeption des § 70 EStG --anders als die Ablehnung-- Bindungswirkung für die Zukunft hat (vgl. BFH-Urteil in BFHE 196, 257, BStBl II 2002, 89), der Kindergeldanspruch aber erst mit Beginn jedes Monats neu für diesen Monat entsteht (Greite, Neue Wirtschafts-Briefe --NWB-- Fach 2, S. 7989 --Heft 41/2002--, unter IV. 1.) und die Entscheidung hierüber aufgrund des Einspruchs gleichsam vertagt wurde, ist nunmehr die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung über den Einspruch maßgebend. Die Entscheidung schließt mithin auch die Monate seit Ergehen der Ablehnungsentscheidung ein. Auch wenn die Familienkasse im Zeitpunkt des Erlasses des Ablehnungsbescheides noch keine Entscheidung über die künftigen, noch nicht entstandenen Kindergeldansprüche treffen konnte, sind durch die einspruchsbedingte Fortsetzung des Verwaltungsverfahrens aus ursprünglich künftigen Ansprüchen sukzessive bereits entstandene Ansprüche geworden, die die Familienkasse entsprechend dem Begehren des Kindergeldberechtigten in ihre abschließende Entscheidung einzubeziehen hat.

14

2. Bei Anwendung dieser Grundsätze ist das FG zu Unrecht davon ausgegangen, die Bindungswirkung der nach durchgeführtem Einspruchsverfahren bestandskräftig gewordenen Ablehnung des vorherigen Kindergeldantrages erstrecke sich nur bis einschließlich Januar 2007. Vielmehr entfaltet die bestandskräftige, die Gewährung von Kindergeld für S ablehnende Entscheidung der Familienkasse Bindungswirkung bis zum Ende des Monats der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung, d.h. bis Ende Dezember 2007. Das FG konnte die Familienkasse demzufolge erst ab Januar 2008 zur erneuten Bescheidung über den Kindergeldantrag des Klägers verpflichten.

15

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 143 Abs. 1, 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Da der Kläger mit seiner Verpflichtungsklage für den Zeitraum Dezember 2004 bis Dezember 2007 unterliegt und ab Januar 2008 in Form eines Bescheidungsurteils obsiegt, sind die Kosten des Klageverfahrens verhältnismäßig zu teilen. Nicht zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen ist dabei der Umstand, dass er auch ab Januar 2008 insoweit teilweise unterlegen ist, als das FG nur ein Bescheidungsurteil erlassen hat (vgl. Senatsurteil in BFHE 210, 265, BStBl II 2006, 184). Da die Revision der Familienkasse ebenfalls nur teilweise Erfolg hatte, sind auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens verhältnismäßig zu teilen. Insoweit ist eine Kostenentscheidung nach Verfahrensabschnitten sachgerecht. Auch diese wahrt den Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung (BFH-Urteil vom 6. Juli 1999 VIII R 17/97, BFHE 189, 302, BStBl II 2000, 306).

16

Maßstab für die verhältnismäßige Teilung ist insofern der Streitwert des Verfahrens (Brandt in Beermann/Gosch, FGO § 136 Rz 31). Danach beträgt die Unterliegensquote des Klägers im Klageverfahren 58 %, die der Familienkasse im Revisionsverfahren 83 %.

(1)1Soweit der Einspruch gegen die Kindergeldfestsetzung erfolgreich ist, hat die Familienkasse demjenigen, der den Einspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten.2Dies gilt auch, wenn der Einspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 126 der Abgabenordnung unbeachtlich ist.3Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen; das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistandes, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, sind erstattungsfähig, wenn dessen Zuziehung notwendig war.

(3)1Die Familienkasse setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest.2Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistandes im Sinne des Absatzes 2 notwendig war.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.