Finanzgericht Hamburg Urteil, 24. Nov. 2017 - 4 K 36/15

bei uns veröffentlicht am24.11.2017

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten um die zolltarifliche Einreihung eines in der Massenspektrometrie verwendeten gläsernen Probenzerstäubers.

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Die Klägerin beantragte am 12.08.2011 die Erteilung einer verbindlichen Zolltarifauskunft (vZTA) für einen gläsernen Probenzerstäuber "Concentric Nebulizer". Der Nebulizer besteht aus einem röhrenförmigen Körper aus Glas mit einem Anschluss für eine Kapillare aus Kunststoff für die Zufuhr von Probenflüssigkeit sowie mit einem Anschluss für eine Druckgaszufuhr und dient dazu, Probenflüssigkeiten durch die Zufuhr von Gas (i. d. R. Argon) in eine Zerstäuberkammer zu zerstäuben. In der Mitte des Glaskörpers befindet sich ein gläsernes Rohr mit der Probenflüssigkeit. An dessen Ende verengt sich der konzentrisch um das Rohr angebrachte Glaskörper, sodass das vorbeiströmende Argon die Probenflüssigkeit mitreißt und in der Sprühkammer, in die die Spitze des Zerstäubers hineinragt, ein Aerosol bildet. Die Klägerin begehrte auch die Erteilung einer vZTA für die Zerstäuberkammer und eine sog. Plasmafackel (Torch), an deren Ende die Ionisierung der Probe stattfindet. Letztere sind nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Alle drei Teile gehören nach der Antragsbegründung der Klägerin zu einem modular montierten Probeneinlasssystem eines Massenspektrometers. Der Nebulizer ist dazu bestimmt, mit diesen anderen Bestandteilen ein möglichst feines Aerosol mit einer homogenen Tröpfchengrößenverteilung und einer geringen Tröpfchengröße zu erzeugen und die zu analysierenden Proben in das Massenspektrometer einzuführen. Aus diesem Grund sind die Teile auf den Messbereich und die Nachweisstärke der Massenspektrometer der Klägerin angepasst. Die Teile können einzeln oder als Probeneinlasssystem nicht eigenständig funktionieren, sondern nur nach einem Einbau in ein Spektrometer. Ein Betrieb des Massenspektrometers ist ohne diese Teile ebenfalls nicht möglich.

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Mit vZTA vom 16.07.2012 reihte der Beklagte den Probenzerstäuber als "Glasware für Laboratorien" in die Position 7017 KN (Unterposition 7017 2000 KN) ein.

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Am 06.08.2012 legte die Klägerin gegen die vZTA Einspruch ein. Der Nebulizer sei ein Teil eines Probeneinlasssystems, welches selbst ein Teil eines Massenspektrometers darstelle. Der Betrieb eines Einlasssystems und ebenso eines Massenspektrometers sei für flüssige Proben ohne Nebulizer nicht möglich. Um die hohen Temperaturen auszuhalten, bestehe der Nebulizer aus Glas. Die Aufbereitung der Proben im Einlasssystem stelle die erste Phase des Analyseprozesses eines Massenspektrometers dar. Eine alternative Probenaufbereitung von Hand sei mangels Genauigkeit nicht möglich. Einzelteile wie der Zerstäuber seien nicht von vornherein mit dem Massenspektrometer verbunden, um sie warten und reinigen zu können. Zudem existierten verschiedene Arten von Einlasssystemen angesichts unterschiedlicher Proben und verschiedener Analysemodi. Der Nebulizer müsse in die Unterposition 9027 9050 KN als "Teil für Instrumente, Apparate und Geräte der Unterpositionen 9027 20 bis 9027 80" eingereiht werden. Analysegeräte, für die der Nebulizer konstruiert sei, seien in die Position 9027 KN einzureihen. Das zusammengesetzte Einlasssystem, bestehend aus dem Nebulizer, einer Torch, einer Sprühkammer sowie diversen Anschlüssen, sei als Teil eines Massenspektrometers in die Position 9027 einzureihen. Da der Nebulizer ein Teil eines Einlasssystems darstelle und das Einlasssystem selbst wiederum als Teil eines Analysegerätes zollrechtlich einzureihen sei, könne für den Nebulizer nichts anderes gelten. Eine Ausweisung gemäß der Anmerkung 1 e) zu Kapitel 90 KN finde nicht statt. Der Nebulizer stelle keine Glasware der Position 7017 KN dar. Nach den Erläuterungen zur Position 9027 HS könne in der Praxis die Verbindung von Teilen aus Glas mit dem eigentlichen Messinstrument ein Merkmal dafür sein, dass derartige Instrumente in die Position 9027 KN einzureihen seien. Dies gelte auch für den Nebulizer. Als Teil des Einlasssystems sei er mit dem Massenspektrometer verbunden und verliere dadurch den Charakter einer Glasware. Er werde zum Teil des Analysegerätes. Zudem werde der Charakter des Nebulizers nicht durch sein Material, sondern durch seine Funktion bestimmt. Es gebe baugleiche Zerstäuber, die anstatt aus Glas aus Kunststoff gefertigt seien und die gleiche Funktion wie der Nebulizer erfüllten.

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Mit Hinweisschreiben vom 12.11.2014 legte der Beklagte seine Rechtsauffassung dar: Der Nebulizer werde als Bestandteil eines Probeneinlasssystems eines Massenspektrometers mit induktiv gekoppeltem Plasma eingesetzt, welches im Rahmen der anorganischen Elementaranalytik der Ultraspurenanalyse diene. Diese Analysemethode ermögliche die Bestimmung einer Vielzahl von Elementen in relativ kurzer Zeit. Dabei werde die Masse der Ionen, die nach der Ionisierung der zu untersuchenden Substanzen im Plasma erzeugt werde, detektiert und analysiert. Ein Massenspektrometer bestehe im Wesentlichen aus einem Probeneinlasssystem, einer Ionisationseinheit sowie einem Analysator mit nachgeschalteten Detektor und einer Einheit zur Steuerung und Auswertung. Das Probeneinlasssystem bereite die Proben für die spätere Analyse im Massenspektrometer auf. Die zu untersuchenden Substanzen sowie definierte Trägersubstanzen würden gegebenenfalls mittel peristaltischer Pumpen angesaugt und über den Nebulizer unmittelbar der Zerstäuberkammer zugeführt. Die Zerstäuberkammer werde an den Injektor der Ionisationseinheit angeschlossen, um die zu untersuchende Probe ionisieren zu können. Der Nebulizer und die Zerstäuberkammer seien bei dem vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt nach den Angaben der Klägerin nicht in einem eigenständigen Gehäuse oder Gerät verbaut. Das Massenspektrometer sei in die Position 9027 KN einzureihen. Teile eines Massenspektrometers seien der Unterposition 9027 9050 KN zuzuweisen. Allerdings gehörten nach der Anmerkung 1 e) zu Kapitel 90 KN Glaswaren für Laboratorien (Position 7017 KN) nicht zu Kapitel 90 KN. Beim Nebulizer handele es sich um eine Ware aus einem Körper aus Borsilikatglas, der in unbedeutendem Ausmaß Teile aus anderen Stoffen besitze. Aufgrund der objektiven Beschaffenheitsmerkmale habe er den Charakter einer Glasware für Laboratorien. Derartige Glaswaren mit eigener Funktion, d. h. einer anderen als einer Mess- oder Analysefunktion, seien vom Kapitel 90 KN ausgenommen. Eine andere Verwendung als jene im Labor sei für den Nebulizer nicht ersichtlich. Aus zolltariflicher Sicht stelle er sich daher als Glasware für Laboratorien der Position 7017 KN dar, so dass eine Einreihung als Teil eines Analysegerätes der Position 9027 KN gemäß Anmerkung 2 b) zu Kapitel 90 KN ausgeschlossen sei. Die Klägerin könne sich nicht auf die Erläuterung zur Position 9027 HS (EZT-Nr. 82.0) stützen, wonach die Verbindung von Teilen aus Glas mit eigentlichen Messinstrumenten in der Praxis ein Merkmal dafür sein könne, dass derartige Instrumente der Position 9027 KN zuzuweisen seien. Es sei unberücksichtigt geblieben, dass diese Erläuterung nur dann einschlägig sei, wenn die Verbindung der einzureihenden Glasware mit dem eigentlichen Messinstrument bereits vorliege und nicht - wie vorliegend - erst später zusammen mit einer Probenzerstäuberkammer mit der Ionisationseinheit des Massenspektrometers verbunden werde.

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Mit Schriftsatz vom 13.01.2015 hielt die Klägerin an ihrer Rechtsauffassung fest. Der Nebulizer sei speziell für ein bestimmtes Massenspektrometer konstruiert und ausschließlich für ihn bestimmt. Er diene als Ersatz verschlissener oder im Gebrauch beschädigter Teile. Das Massenspektrometer stelle eine funktionelle Einheit dar. Es bestehe aus voneinander getrennten Bestandteilen, die jedoch dazu bestimmt seien, gemeinsam eine einzige, genau definierte Funktion zu erfüllen. Dies sei die Untersuchung von Materialien auf ihre stoffliche Zusammensetzung und deren quantitativer Erfassung. Der Nebulizer sei ausschließlich dazu konstruiert und bestimmt, in das Spektrometer eingebaut zu werden und sei nur vorübergehend von ihm getrennt. Alle Teile seien im Mikrometerbereich aufeinander abgestimmt und geometrisch positioniert, um die Arbeit des Spektrometers überhaupt erst zu ermöglichen. Der Nebulizer habe keine eigenständige Funktion, sondern sei ein unselbstständiger Funktionsbestandteil des Spektrometers. Mangels eigener Steuerung stelle er keinen vollständigen Apparat mit eigener, selbstständig erfüllbarer Funktion dar. Ihm fehle auch der Charakter einer Glasware. Gegen diesen Charakter spreche bereits der am Nebulizer angebrachte Verbindungsstopfen aus Kunststoff. Die Position 7017 KN umfasse eine Vielzahl ganz unterschiedlicher Glasgegenstände, unter anderem schlichte vielseitig verwendbare Gefäße, Messgeräte, Rohre und Plättchen unterschiedlicher Zweckbestimmung. Demgegenüber stelle eine Einordnung als Teil eines Gerätes für physikalische oder chemische Untersuchungen im Sinne der Position 9027 KN eine wesentlich genauere Warenbeschreibung dar. Sie beschreibe genau die einzig mögliche und denkbare Funktion des Nebulizers. Dieser werde auch nicht in Laboratorien, d. h. zur Ausführung der in einem Laboratorium anfallenden unterschiedlichen Arbeiten verwendet, sondern als Bauteil eines Spektrometers. Erst recht werde er nicht "gewöhnlich" in einem Laboratorium verwendet, da ein Massenspektrometer nicht zur gewöhnlichen Ausstattung eines Laboratoriums gehöre, sondern nur in spezialisierten Laboratorien vorhanden sei. Er werde auch nicht zu allgemeinen, d. h. vielfältigen Zwecken verwendet, sondern nur dafür, in das Spektrometer eingebaut zu werden und dort zusammen mit den anderen Bauteilen die Arbeit des Spektrometers zu verrichten.

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Mit Einspruchsentscheidung vom 29.01.2015, zugestellt am 31.01.2015, wies der Beklagte den Einspruch zurück und hielt dabei an seiner im Hinweisschreiben vom 12.11.2014 geäußerten Rechtsauffassung fest.

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Die Klägerin hat am 02.03.2015 Klage erhoben. Sie verweist auf ihren außergerichtlichen Vortrag und unterstreicht, dass der Nebulizer nicht in die Unterposition 7017 2000 KN einzureihen sei. Die Warenbeschreibung der Position 7017 KN mit den "gewöhnlich in Laboratorien zu allgemeinen Zwecken verwendeten Waren" stelle auf multifunktional verwendbare Gegenstände ab, die zur Grundausstattung eines jeden Laboratoriums gehören. Dies sei beim Zerstäuber nicht der Fall.

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Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung der verbindlichen Zolltarifauskunft Nr. DE XXX-1 vom 16.07.2012 - "Concentric Nebulizer (Probenzerstäuber)" in der Form der Einspruchsentscheidung vom 29.01.2015 zu verpflichten, ihr auf ihren Antrag vom 12.08.2011 eine verbindliche Zolltarifauskunft zu erteilen, mit der der sog. Concentric Nebulizer in die Unterposition 9027 9050 KN eingereiht wird, hilfsweise die verbindliche Zolltarifauskunft Nr. DE XXX-1 vom 16.07.2012 - "Concentric Nebulizer (Probenzerstäuber)" - in der Form der Einspruchsentscheidung vom 29.01.2015 aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

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Der Beklagte bezieht sich auf die Gründe der Einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus: Der Nebulizer stelle eine "Glasware für Laboratorien" dar. Unabhängig davon, ob sich an ihm noch Anschlüsse aus Kunststoff befänden, bleibe festzuhalten, dass er aufgrund seiner stofflichen Beschaffenheit den Charakter einer Glasware habe. Die Erläuterung zur Position 9027 HS (EZT-Nr. 82.0) sei nicht einschlägig, da der Nebulizer als Teil des Einlasssystems mit dem Massenspektrometer noch nicht verbunden sei. Diese Erläuterung sei nur dann anwendbar, wenn die Verbindung der einzureihenden Glasware mit dem eigentlichen Messinstrument bereits im Zeitpunkt der Einfuhr vorliege. Ein Massenspektrometer gehöre auch zur gewöhnlichen Ausstattung eines Laboratoriums. Laboratorien seien stets für bestimmte Aufgaben konzipiert. In einem Laboratorium, in dem die Masse von Atomen oder Molekülen gemessen werde, gehöre ein Massenspektrometer zur gewöhnlichen Laborausstattung. Der Nebulizer, der als Verschleißteil regelmäßig ersetzt werden müsse, diene im Massenspektrometer der Aufbereitung von unterschiedlichen Proben. Daher diene er auch "allgemeinen Zwecken".

...

Entscheidungsgründe

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I. Die Verpflichtungsklage ist zulässig (1.) und begründet (2.).

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1. Die Klägerin hat die Klage fristgemäß innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 FGO erhoben. Aufgrund der Zustellung der Einspruchsentscheidung am 31.01.2015 begann die Klagefrist gemäß § 54 Abs. 2 FGO, § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1 BGB am 01.02.2015 zu laufen und endete gemäß § 188 Abs. 2, Abs. 3 BGB grundsätzlich mit Ablauf des letzten Tages des Februars 2015. Da es sich beim 28.02.2015 jedoch um einen Sonnabend handelte, endete die Frist gemäß § 222 Abs. 2 ZPO erst mit Ablauf des nächsten Werktags, dem 02.03.2015, an dem die Klägerin die Klage erhoben hat.

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2. Die Klägerin hat einen Anspruch auf die Erteilung einer vZTA, in der der Probenzerstäuber als "Teil für Instrumente, Apparate und Geräte der Unterpositionen 9027 20 bis 9027 80" in die Unterposition 9027 9050 KN eingereiht wird (§ 101 Satz 1 FGO).

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Dabei kann dahinstehen, ob sich die Erteilung der vZTA noch nach Art. 12 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12.10.1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. EG L 302/1; Zollkodex - ZK) richtet oder Art. 33 Abs. 1 der am 01.05.2016 vollständig in Kraft getretenen Verordnung (EU) Nr. 952/2013 vom 09.10.2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269/1, berichtigt durch ABl. 2016 L 267/2; Unionszollkodex - UZK) anzuwenden ist. Beiden Vorschriften ist gemein, dass die Zollbehörden auf Antrag vZTAe erteilen. Vorliegend hätte der Beklagte eine vZTA erteilen müssen, in der der Zerstäuber in die Unterposition 9027 9050 KN eingereiht wird.

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Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union sowie des Bundesfinanzhofes (EuGH, Urteil vom 20.06.1996, C-121/95; BFH, Urteil vom 18.12.2001, VII R 78/00; jeweils in: juris) ist das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen und in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln des Gemeinsamen Zolltarifs festgelegt sind (vgl. die Allgemeinen Vorschriften 1 und 6 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur - KN). Soweit in den Positionen und Anmerkungen nichts anderes bestimmt ist, richtet sich die Einreihung nach den Allgemeinen Vorschriften 2 bis 5 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur. Daneben gibt es nach dem Übereinkommen zum Harmonisierten System (HS) Erläuterungen und Einreihungsavise, die ebenso wie die Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur, die von der Europäischen Kommission ausgearbeitet wurden, ein wichtiges, wenn auch nicht verbindliches Erkenntnismittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen darstellen (EuGH, Urteil vom 09.12.1997, C-143/96, juris). Daneben werden "Nationale Entscheidungen und Hinweise" (NEH) zur Kombinierten Nomenklatur und zum Harmonisierten System veröffentlicht, die jedoch lediglich Verwaltungsanweisungen sind, die den deutschen Zollstellen bei Schwierigkeiten mit der Einordnung von Waren eine Tarifierungshilfe geben sollen und nur unverbindlichen Charakter haben (BFH, Urteil vom 09.05.2000, VII R 14/99, juris). Auf den Verwendungszweck einer Ware darf nur dann abgestellt werden, wenn im Wortlaut der Bestimmungen oder in den Erläuterungen dazu ausdrücklich auf dieses Kriterium Bezug genommen wird (BFH, Urteil vom 14.11.2000, VII R 83/99, juris).

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Ausgehend von diesen Kriterien ist der Zerstäuber in die Unterposition 9027 9050 KN einzureihen. Er stellt sich als Teil des Massenspektrometers dar, das, dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig, aufgrund seiner modularen Bauweise als funktionelle Einheit im Sinne der Anmerkung 4 zu Abschnitt XVI KN i. V. m. der Anmerkung 3 zu Kapitel 90 KN als "anderes als in den Unterpositionen 9027 10 bis 9027 5000 genanntes Instrument, Apparat und Gerät für physikalische oder chemische Untersuchungen" in die Unterposition 9027 80 KN einzureihen ist.

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Zwischen den Beteiligten ist zu Recht ebenfalls unstreitig, dass der Zerstäuber im Hinblick auf das Prinzip der unmittelbaren bzw. primären Zweckbestimmung von Teilen Teil der (Haupt-)Ware "Massenspektrometer" ist. Zwar ist der Zerstäuber unmittelbar dem sog. Probeneinlasssystem zuzuordnen. Dieses ist aber abstrakt keiner zolltariflichen Einreihung zugänglich, da es als solches in keiner Position der Kombinierten Nomenklatur genannt wird und aufgrund seines modularen Aufbaus aus verschiedenen Bauteilen, deren Funktionen und stoffliche Beschaffenheiten je nach der zu untersuchenden Probe variieren, auch nicht mithilfe der allgemeinen Vorschriften der KN eingereiht werden kann.

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Die Einreihung des Zerstäubers als Teil einer Ware des Kapitels 90 KN richtet sich nach der Anmerkung 2 zu Kapitel 90 KN vorbehaltlich der Ausweisungsanmerkung 1 zu Kapitel 90 KN. Der Zerstäuber ist nicht nach dieser Anmerkung aus dem Kapitel 90 KN ausgewiesen. Er stellt keine - dies kommt vorliegend einzig in Betracht - Glasware der Position 7017 KN gemäß der Anmerkung 1 e) zu Kapitel 90 KN dar.

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Die Position 7017 KN umfasst "Glaswaren für Laboratorien, hygienische oder pharmazeutische Bedarfsartikel aus Glas, auch mit Skalen oder Eichzeichen". Der Zerstäuber stellt ersichtlich keinen Bedarfsartikel aus Glas dar und erfüllt auch nicht die an Glaswaren für Laboratorien zu stellenden Voraussetzungen. Nach den Erläuterungen zur Position 7017 HS (EZT-Nr. 01.0) gehören zu dieser Position Glaswaren, wie sie gewöhnlich in Laboratorien (Forschungslaboratorien, pharmazeutischen und industriellen Laboratorien usw.) zu allgemeinen Zwecken verwendet werden. Beim Zerstäuber handelt es sich aufgrund seiner stofflichen Beschaffenheit um eine Glasware, die - ebenso wie das Massenspektrometer - gewöhnlich in Laboratorien verwendet wird. Es kann dahingestellt bleiben, ob eine Verwendung "zu allgemeinen Zwecken" gegeben ist. Hinsichtlich dieses Merkmals widerspricht die völkerrechtlich nicht verbindliche deutsche Sprachfassung der Erläuterungen zur Position 7017 HS den maßgeblichen englischen und französischen Sprachfassungen (vgl. hierzu Bender, ZfZ 2016, S. 30, 31). In der englischen Fassung der Erläuterungen zur Position 7017 HS heißt es "This heading covers glass articles of a kind in general use in laboratories ...", in der französischen Sprachfassung "La verrerie de laboratoire reprise dans la présente position s'entend des articles en verre des types habituellement utilisés dans les laboratoires (de recherche, de pharmacie, industriels, etc.) pour des usages géneraux ...". In beiden Sprachfassungen ist mithin nicht von einer Verwendung der Glasware "zu allgemeinen Zwecken" die Rede, sondern von ihrer "allgemeinen Verwendung". Allgemein verwendet werden kann der Zerstäuber anders als die in den Erläuterungen zur Position 7017 HS (EZT-Nr. 01.0) u.a. beispielhaft aufgezählten Rohre, Schalen, Löffel, Reagenzgläser etc. nicht. Er kann ausschließlich in ein Probeneinlasssystem eines Massenspektrometers eingebaut und dort verwendet werden.

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Gegen seine Einordnung als allgemein verwendbare Glasware für Laboratorien sprechen im Übrigen auch die weiteren Erläuterungen zur Position 7017 HS (EZT-Nr. 02.0). Danach wird wegen der Unterscheidungsmerkmale von Instrumenten, Apparaten und Geräten für physikalische oder chemische Untersuchungen, die zwar grundsätzlich zu Position 9027 KN gehören, gleichzeitig jedoch Glaswaren für Laboratorien im Sinne dieser Position sein können, auf die Erläuterungen zu Position 9027 KN verwiesen. Diese Erläuterungen (EZT-Nr. 78.0 ff.) regeln die Einreihung von Waren, die im Prinzip der Position 9027 KN zuzuordnen sind, jedoch - was im Streitfall freilich angesichts der vorstehenden Erläuterungen ausscheidet - auch dem Begriff "Glaswaren für Laboratorien" i. S. d. Position 7017 KN entsprechen. Ihre Anwendung bestätigt vorliegend eine Einreihung des Zerstäubers in die Position 9027 KN. Danach (EZT-Nr. 80.0) genügt die bloße Tatsache, dass die Ware eine für Instrumente, Apparate und Geräte typische Bezeichnung führt, nicht zur Zuweisung zur Position 9027 KN, wenn diese Ware, auch aus verschiedenen Teilen bestehend oder sogar mit Teilstrichen versehen oder geeicht, den Charakter einer Glasware hat. Dabei ist es gleichgültig, ob die Ware ganz aus Glas ist oder z. B. als Zubehör einen oder mehrere Stopfen oder Verbindungsstücke aus Kautschuk oder anderen Stoffen oder einfache Befestigungsvorrichtungen (Untersätze, Dreibeine usw.), ebenfalls aus beliebigen Stoffen, hat. Eine für eine Ware der Position 9027 KN typische Bezeichnung führt der "Concentric Nebulizer" nicht. Er besitzt angesichts seiner stofflichen Beschaffenheit den Charakter einer Glasware, den er (zunächst) auch nicht aufgrund der weiteren Erläuterung (EZT-Nr. 81.1) verliert. Danach verlieren Instrumente gewöhnlich den Charakter einer Glasware, wenn sie zwar teilweise aus Glas, aber hauptsächlich aus anderen Stoffen bestehen oder wenn sie aus Glasteilen bestehen, die in Rahmen, Gestelle, Kästen oder dergleichen eingebaut oder fest montiert sind. Der Zerstäuber besteht, abgesehen von den nicht ins Gewicht fallenden Kunststoffanschlüssen, aus Glas und ist nicht in Rahmen, Gestelle oder Ähnliches eingebaut. Allerdings kann die Verbindung von Teilen aus Glas mit eigentlichen Messinstrumenten (Manometern, Thermometern usw.) in der Praxis ebenso ein Merkmal dafür sein, dass derartige Instrumente usw. zur Position 9027 KN gehören (EZT-Nr. 82.0). Diese Erläuterung ist dahingehend auszulegen, dass hinsichtlich des Zeitpunktes der Verbindung der Glasteile mit dem eigentlichen Messinstrument nicht auf die Gestellung, sondern auf die Verwendung des Teils "in der Praxis" abzustellen ist. Andernfalls würde den Worten "in der Praxis" keine Bedeutung zukommen. Ein Abstellen auf den Zeitpunkt der Gestellung des Glasteils erscheint auch deshalb nicht sachgerecht, da sich die Frage seiner Zuordnung in die Position 7017 KN oder in die Position 9027 KN bei der Gestellung eines Glasteils, das bereits mit dem "Messinstrument" verbunden ist, gar nicht stellen würde. Das Glasteil wäre dann nicht gesondert einzureihen, sondern es würde nur das Messinstrument als Hauptware eingereiht werden. Die Erläuterung (EZT-Nr. 82.0) stellt damit ersichtlich auf die gesonderte Gestellung von Glasteilen ab, bei denen eine Verbindung später, nach dem Wortlaut "in der Praxis", stattfindet. Bei diesem gebotenen Verständnis führt die Erläuterung ebenfalls zu einer Einreihung des Zerstäubers in die Position 9027 KN. In der Praxis wird der Zerstäuber ausschließlich mit den anderen Bauteilen des Probeneinfuhrsystems mit dem Massenspektrometer verbunden.

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Als Teil des Massenspektrometers richtet sich die Einreihung des Zerstäubers mithin nach der Anmerkung 2 zu Kapitel 90 KN. Nach deren Buchstabe a) sind Teile und Zubehör, die sich als Waren einer Position des Kapitels 90 oder des Kapitels 84, 85 oder 91 (ausgenommen der Position 8487, 8548 oder 9033) darstellen, dieser Position zuzuweisen, ohne Rücksicht darauf, für welche Maschinen, Apparate, Geräte oder Instrumente sie bestimmt sind. Einer Position der genannten Kapitel ist der Zerstäuber nicht zuzuweisen. Zwar kommt eine Einreihung in die Position 8424 KN als "mechanischer Apparat zum Zerstäuben von Flüssigkeiten" in Betracht, diese ist aber aufgrund der Anmerkung 1 c) zu Kapitel 84 KN ausgeschlossen. Danach gehören Glaswaren für Laboratorien (Position 7017) und Glaswaren zu technischen Zwecken (Position 7019 oder 7020) nicht zu Kapitel 84 KN. Der Zerstäuber fällt zwar nicht unter die Position 7017 KN (siehe oben), stellt aber aufgrund seiner stofflichen Beschaffenheit eine "andere Ware aus Glas" i. S. d. Position 7020 KN dar, so dass eine Einreihung in das Kapitel 84 KN ausscheidet.

23

Mithin richtet sich seine Einreihung nach der Anmerkung 2 b) zu Kapitel 90 KN. Danach sind andere Teile und anderes Zubehör, wenn zu erkennen ist, dass sie ausschließlich oder hauptsächlich für eine bestimmte Maschine, einen bestimmten Apparat oder ein bestimmtes Gerät oder Instrument oder für mehrere Maschinen, Apparate, Geräte oder Instrumente der gleichen Position (auch der Position 9010, 9013 oder 9031) bestimmt sind, der Position für diese Maschinen, Apparate, Geräte oder Instrumente zuzuweisen. Der Zerstäuber ist ausschließlich zum Einbau in das Massenspektrometer bestimmt, weshalb er der Unterposition 9027 9050 KN unterfällt.

24

Eine Konkurrenz zur Position 7020 KN, unter die der Zerstäuber grundsätzlich ebenfalls fällt, besteht insoweit nicht. Nach der Anmerkung 1 d) zu Kapitel 70 KN gehören Waren des Kapitels 90 KN nicht zu Kapitel 70 KN. Überdies wäre eine solche Konkurrenz nach der Allgemeinen Vorschrift 3 a) KN bzw. beim Verneinen einer genaueren Warenbezeichnung nach der Allgemeinen Vorschrift 3 c) KN aufzulösen, was ebenfalls zu einer Einreihung in die Position 9027 KN führen würde.

25

II. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erteilung einer vZTA mit einer Einreihung des Zerstäubers in die Unterposition 9027 9050 KN ab dem 16.07.2012. Die Verpflichtung zum Erlass einer neuen vZTA muss sich in zeitlicher Hinsicht auf den Tag der Erteilung der ursprünglichen vZTA beziehen. Anders kann kein effektiver Rechtsschutz gewährt werden. Die Zollbehörden könnten durch eine falsche Einreihungsentscheidung für die Dauer des Gerichtsverfahrens verhindern, dass sich der Wirtschaftsbeteiligte auf die richtige Zolltarifposition berufen kann. Die Klägerin ist daher so zu stellen, wie sie gestanden hätte, wenn der Beklagte sich von Anfang an rechtmäßig verhalten hätte (So auch die Praxis in Großbritannien: vgl. EuGH, Urteil vom 07.04.2011, C-153/10, Rn. 17 - Sony Supply Solutions).

26

Die Dauer der Gültigkeit richtet sich nach Art. 12 Abs. 4 S. 1 ZK (sechs Jahre ab Erteilung) und nicht nach Art. 33 Abs. 3 UZK (drei Jahre ab Wirksamkeit). Die zeitliche Bindungswirkung einer behördlichen Entscheidung ist ein materiell-rechtlicher Gesichtspunkt. Materiell-rechtliche Vorschriften werden im Allgemeinen so ausgelegt, dass sie für vor ihrem Inkrafttreten entstandene Sachverhalte nur gelten, wenn aus ihrem Wortlaut, ihrer Zielsetzung oder ihrem Aufbau eindeutig hervorgeht, dass ihnen eine solche Wirkung beizumessen ist (EuGH, Urteil vom 12.11.1981, verb. Rs. 212-217/80, Rn. 9 f. - Salumi). Eine derartige Ausnahme ergibt sich aus dem UZK nicht. Die streitgegenständliche vZTA wurde vor Inkrafttreten des UZK erteilt und war - wenn auch mit anderem Inhalt - am 01.05.2016 schon in Kraft. Eine solche "alte" vZTA bleibt - wie sich aus Art. 252 Satz 2 UZK-DA ergibt - für den in ihr genannten Zeitraum gültig, auch wenn das Gericht - wie hier - ihren Inhalt ändert. In Art. 252 Satz 2 UZK-DA ist (lediglich) angeordnet, dass bestehende vZTAe - anders als vorher - auch für die Inhaber verbindlich sind. Die abgeänderte vZTA ist mithin vom 16.07.2012 an gerechnet für sechs Jahre gültig.

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III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 151 Abs. 1, Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 115 Abs. 2 FGO), liegen nicht vor.

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(1) Die Frist für die Erhebung der Anfechtungsklage beträgt einen Monat; sie beginnt mit der Bekanntgabe der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf, in den Fällen des § 45 und in den Fällen, in denen ein außergerichtlicher Rechtsbehelf

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(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Bekanntgabe des Verwaltungsakts oder der Entscheidung oder mit dem Zeitpunkt, an dem die Bekanntgabe als bewirkt gilt. (2) Für die Fristen gelten die Vorschriften der §

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(1) Die Frist für die Erhebung der Anfechtungsklage beträgt einen Monat; sie beginnt mit der Bekanntgabe der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf, in den Fällen des § 45 und in den Fällen, in denen ein außergerichtlicher Rechtsbehelf nicht gegeben ist, mit der Bekanntgabe des Verwaltungsakts. Dies gilt für die Verpflichtungsklage sinngemäß, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(2) Die Frist für die Erhebung der Klage gilt als gewahrt, wenn die Klage bei der Behörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt oder die angefochtene Entscheidung erlassen oder den Beteiligten bekannt gegeben hat oder die nachträglich für den Steuerfall zuständig geworden ist, innerhalb der Frist angebracht oder zu Protokoll gegeben wird. Die Behörde hat die Klageschrift in diesem Fall unverzüglich dem Gericht zu übermitteln.

(3) Absatz 2 gilt sinngemäß bei einer Klage, die sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, wenn sie bei der Stelle angebracht wird, die zur Erteilung des Steuerbescheids zuständig ist.

(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Bekanntgabe des Verwaltungsakts oder der Entscheidung oder mit dem Zeitpunkt, an dem die Bekanntgabe als bewirkt gilt.

(2) Für die Fristen gelten die Vorschriften der §§ 222, 224 Abs. 2 und 3, §§ 225 und 226 der Zivilprozessordnung.

(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

(3) Bei der Berechnung einer Frist, die nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet.

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

(1) Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist.

(2) Eine Frist, die nach Wochen, nach Monaten oder nach einem mehrere Monate umfassenden Zeitraum - Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr - bestimmt ist, endigt im Falle des § 187 Abs. 1 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher durch seine Benennung oder seine Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt, im Falle des § 187 Abs. 2 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher dem Tage vorhergeht, der durch seine Benennung oder seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht.

(3) Fehlt bei einer nach Monaten bestimmten Frist in dem letzten Monat der für ihren Ablauf maßgebende Tag, so endigt die Frist mit dem Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

(3) Bei der Berechnung einer Frist, die nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet.

Soweit die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Finanzbehörde aus, den begehrten Verwaltungsakt zu erlassen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.

(2) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.

(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.