Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 12. Okt. 2017 - 4 V 215/17

bei uns veröffentlicht am12.10.2017

Tenor

Die Vollziehung des Bescheides über Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz vom 28. Juli 2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. Februar 2017 wird ausgesetzt, soweit mit diesem Bescheid das Kindergeld für das Kind B für die Zeit von Oktober 2015 bis Juli 2016 zurückgefordert wird.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin 3/8 und die Antragsgegnerin zu 5/8 zu tragen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist der Kindergeldanspruch für die Zeit ab Oktober 2015.

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Die Antragstellerin bezog für ihren am 19. September 1994 geborenen Sohn Kindergeld (zuletzt aufgrund des Bescheides vom 29. September 2014), weil er eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen konnte. Mit Bescheid vom 2. September 2015 hob die Antragsgegnerin die Kindergeldfestsetzung ab Oktober 2015 auf, weil die Suche des Sohnes der Antragstellerin nach einem Ausbildungsplatz im September 2015 "nach den Unterlagen der Familienkasse" beendet sein werde.

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Mit zwei E-Mail-Nachrichten vom 6. September 2015 übersandte die Antragstellerin sechs Bildschirmfotos mit Bewerbungen ihres Sohnes um eine Lehrstelle vom 17. August bzw. 6. September 2015 und bat um Weiterzahlung des Kindergeldes.

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Mit Bescheid vom 23. September 2015 setzte die Antragsgegnerin das Kindergeld für den Sohn der Antragstellerin ab Oktober 2015 erneut fest.

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Im Rahmen der Überprüfung des Fortbestehens der Anspruchsvoraussetzungen für die Weitergewährung des Kindergeldes reichte die Antragstellerin das Formular "Mitteilung über ein Kind ohne Ausbildungs- oder Arbeitsplatz", ein als "Bewerbung als Lehrling" bezeichnetes Schreiben vom 15. Februar 2016 sowie zwei als "Bewerbung als Mitarbeiter" bezeichnete Schreiben vom 15. Januar bzw. 15. Februar 2016 ein, mit denen sich der Sohn der Antragstellerin in allen drei Schreiben auf eine Anzeige des jeweiligen Unternehmens "um eine Stelle als Mitarbeiter" beworben hatte. In dem von der Antragstellerin und ihrem Sohn am 22. Februar 2016 unterzeichneten Formular gab sie an, dass ihr Sohn bei keiner Stelle als ausbildungsplatzsuchend registriert sei, sich jedoch selbst um einen Ausbildungsplatz bemühe.

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Mit Schreiben vom 16. März und 5. Juli 2016 bat die Antragsgegnerin die Antragstellerin, weitere Nachweise über die Bemühungen ihres Sohnes um einen Ausbildungsplatz ab Oktober 2015 vorzulegen. Mit E-Mail vom 11. Juli 2016 antwortete die Antragstellerin, dass sie bereits vor etwa vier Wochen persönlich Papiere für 15 weitere Bewerbungen abgegeben habe.

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Weil diese Unterlagen offensichtlich nicht zu den Akten der Kindergeldfestsetzungsstelle gelangt waren, hob die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 28. Juli 2016 die Kindergeldfestsetzung ab Juli 2016 unter Berufung auf § 70 Abs. 2 Einkommensteuergesetz in der im Streitzeitraum gültigen Fassung (EStG) auf und forderte Kindergeld für die Monate Oktober 2015 bis Juli 2016 i.H.v. 1.894 € von der Antragstellerin zurück. Dem dagegen eingelegten Einspruch waren fünf als "Bewerbung zur Ausbildung" bezeichnete Schreiben vom 11. Februar, 11. April bzw. 11. Juni 2016 sowie drei als "Bewerbung als Auszubildender" bezeichnete Schreiben vom 11. April 2016 beigefügt, mit denen sich der Sohn der Antragstellerin bei den zuerst genannten Schreiben aus "eigener Initiative" zur "beruflichen Neuorientierung" bzw. bei den drei zuletzt genannten Schreiben auf eine Anzeige des jeweiligen Unternehmens "um eine Stelle als Mitarbeiter" beworben hatte.

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Nach einer persönlichen Vorsprache am 1. August 2016 teilte die Antragstellerin per E-Mail vom 3. August 2016 mit, ihr Sohn habe sich außerdem bei sieben weiteren namentlich benannten Firmen beworben. Der E-Mail waren eine Bestätigung der C AG vom 6. März 2015 über eine dort erfolgte Bewerbung um einen Ausbildung- bzw. Studiengang und eine Absage der D AG vom 9. März 2015 über eine Absage zu einer Bewerbung um einen Ausbildungsplatz beigefügt.

9

Die Antragsgegnerin wies den Einspruch mit Entscheidung vom 9. Februar 2017 als unbegründet zurück. Darin berichtigte sie den angefochtenen Bescheid nach § 129 Abgabenordnung (AO) wegen offenbarer Unrichtigkeit dahingehend, dass die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung nicht ab Juli 2016, sondern ab Oktober 2015 erfolge.

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Dagegen hat die Antragstellerin am 28. Februar 2017 zum Aktenzeichen 4 K 214/17 Klage erhoben und zugleich im vorliegenden Verfahren die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheides beantragt, nachdem die Antragsgegnerin einen entsprechenden Antrag abgelehnt hatte.

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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte und ihre in den gerichtlichen Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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II. Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter einverstanden erklärt. Deshalb entscheidet der Vorsitzende des Senats als Berichterstatter gemäß § 79a Abs. 3 und 4 Finanzgerichtsordnung (FGO).

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Der Antrag hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

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Die Aussetzung der Vollziehung soll gemäß § 69 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 zweiter Halbsatz FGO erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

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Ernstliche Zweifel liegen vor, wenn die Prüfung ergibt, dass neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zu Tage treten, die Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatsachen bewirken. Da durch die Aussetzung der Vollziehung den Antragstellern nur ein vorläufiger Rechtsschutz zu Teil werden soll, beschränkt sich das Verfahren auf eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage und die Verwertung der dem Gericht vorliegenden Beweismittel. Bei der notwendigen Abwägung der im Einzelfall entscheidungsrelevanten Umstände und Gründe sind ferner die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels zu berücksichtigen (ständige Rechtsprechung, vgl. Koch in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 8. Auflage 2015, Rdnr. 160 ff zu § 69).

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Derartige Zweifel bestehen im Streitfall.

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1. Keinen Bedenken begegnet indes die Entscheidung der Antragsgegnerin in der Einspruchsentscheidung, den angefochtenen Bescheid nach § 129 AO wegen offenbarer Unrichtigkeit zu berichtigen.

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Diese Vorschrift enthält den allgemeinen Rechtsgedanken, dass die nach außen hin erfolgte Willensäußerung keinen Vertrauensschutztatbestand bildet, wenn der Sinn des Ausgedrückten von dem erkennbar Gewollten abweicht. Der von § 129 AO erfasste Fehler darf aber nicht bereits auf der Ebene der Willensbildung, sondern erst bei der Willensäußerung unterlaufen sein. Das Vertrauen in den Fortbestand des offenbar (offensichtlich, erkennbar) Unrichtigen ist nicht schutzwürdig. Auf ein Verschulden bei der Verursachung der Unrichtigkeit kommt es nicht an Der offenbar unrichtige Verwaltungsakt kann (Satz 1) oder muss (Satz 2) berichtigt werden (Seer in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 149. Lieferung 07.2017, § 129 AO, Rn. 1 m.w.N.).

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Als ähnliche Unrichtigkeiten werden solche Fehler angesehen, die in einem mechanischen – zumal unbewussten, gedankenlos-gewohnheitsmäßigen, unwillkürlichen – Vertun bestehen, wie Übersehen, Vergreifen, falsches Ablesen, Übertragen, Verwechseln, Vertauschen, falsches Addieren oder Multiplizieren, Vergessen, sich Verhören oder Versprechen am Telefon. Das Vertun pflegt auf Unachtsamkeit, Flüchtigkeit, Gedankenlosigkeit, Abgelenktheit o.Ä. zu beruhen. Dagegen werden fehlerhafte Vorgänge aus dem Bereich des Denkens, Überlegens, Schlussfolgerns, Urteilens, wie die fehlerhafte Sachverhaltsermittlung (einschl. Tatsachenwürdigung) und die fehlerhafte Gesetzesanwendung nicht von § 129 AO erfasst. Wenn auch nur die Möglichkeit eines Sach- oder Rechtsirrtums besteht, ist § 129 nicht anwendbar (Seer in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 149. Lieferung 07.2017, § 129 AO, Rn. 10 und 12)

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Der Begriff der offenbaren Unrichtigkeit in § 129 AO deckt sich mit dem des § 107 FGO (Seer in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 149. Lieferung 07.2017, § 129 AO, Rn. 3). Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist auch die Berichtigung des Tenors eines Urteils möglich, wenn es im Widerspruch zu den Gründen des Urteils steht (BFH, Beschluss vom 27. August 2008 – I B 79/08 –, juris).

21

Nach diesen Grundsätzen konnte der angefochtene Bescheid auch hinsichtlich seines Tenors dahingehend berichtigt werden, dass durch ihn die Kindergeldfestsetzung bereits ab Oktober 2015 aufgehoben wird. Dass dies dem bei Erlass des Bescheides Gewollten entsprach, ergibt sich aus dem mit "Rückforderung" überschriebenen Abschnitt, in dem es heißt, dass "aufgrund dieser Entscheidung(en)" das Kindergeld für die Zeit von Oktober 2015 bis Juli 2016 überzahlt und deshalb nach § 37 Abs. 2 AO zu erstatten sei. Es ist nicht erkennbar, dass der fehlerhafte Tenor auf einem Sach- oder Rechtsirrtum beruhen könnte. Dass die Aufhebung der bisherigen Kindergeldfestsetzung für die Zeit ab Oktober 2015 im Tenor des Bescheides lediglich versehentlich unterblieben ist, ist auch offensichtlich im Sinne des § 129 AO, weil die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 16. März und 5. Juli 2016 jeweils Nachweise über eigene Bemühungen des Sohnes der Antragstellerin um eine Ausbildung ab Oktober 2015 für die Weitergewährung des Kindergeldes als noch fehlend bezeichnet hat. Dies war auch für die Antragstellerin erkennbar, weil sie nach ihren eigenen Angaben zumindest das Schreiben vom 5. Juli 2016 erhalten hat.

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2. Gleichwohl kommt eine (rückwirkende) Änderung der mit Bescheid vom 23. September 2015 erfolgten Kindergeldfestsetzung ab Oktober 2015 durch den angefochtenen Bescheid vom 28. Juli 2016 nicht in Betracht.

23

Ein Kindergeldbescheid kann nur aufgehoben bzw. geändert werden, soweit eine Korrekturvorschrift die Aufhebung bzw. Änderung zulässt. Nach § 172 Abs.1 Satz1 Nr. 2 d) AO darf ein Steuerbescheid, soweit er nicht vorläufig oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist, – abgesehen von den in § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 a) bis c) AO bestimmten und im Streitfall nicht einschlägigen Fällen – nur aufgehoben oder geändert werden, soweit dies sonst gesetzlich zugelassen ist; die §§ 130 und 131 AO gelten insoweit nicht. Steuerbescheid ist der nach § 122 Abs. 1 AO bekannt gegebene Verwaltungsakt. Die für Steuerbescheide geltenden Vorschriften sind auf die Festsetzung einer Steuervergütung sinngemäß anzuwenden (§ 155 Abs. 4 AO). Das Kindergeld wird gemäß § 31 Satz 3 EStG als Steuervergütung monatlich gezahlt.

24

Als Änderungsvorschriften kommen im Streitfall allein die §§ 173 Abs. 1 Nr. 1 und 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO sowie 70 Abs. 2 und 3 EStG in Betracht.

25

a) Nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sind Steuerbescheide zuungunsten des Steuerpflichtigen aufzuheben oder zu ändern, soweit nachträglich Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden, die zu einer höheren Steuer (oder im Falle des streitigen Kindergeldes zu einer geringeren Steuervergütung) führen. Nachträglich bekannt geworden sind Tatsachen oder Beweismittel, wenn sie bei Erlass des ursprünglichen Verwaltungsakts bereits vorhanden, aber noch unbekannt waren. Nachträglich entstandene Tatsachen fallen nicht unter § 173 AO. Sie werden von § 175 Abs. Nr. 2 AO erfasst, soweit sie als rückwirkendes Ereignis zu werten sind (Loose in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 149. Lieferung 07.2017, § 173 AO, Rn. 25 f., m.w.N.).

26

Im Streitfall sind keine derartigen Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt geworden. Denn die insofern allein als neue Tatsachen in Frage kommenden zusammen mit dem Formular "Mitteilung über ein Kind ohne Ausbildungs- oder Arbeitsplatz" im Februar 2016 eingereichten Bewerbungsschreiben des Sohnes der Antragstellerin waren bei Erlass des Bescheides vom 23. September 2015 noch nicht existent.

27

Nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ist ein Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat. Ein rückwirkendes Ereignis im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn sich nach Ergehen eines Steuerbescheids der rechtserhebliche Sachverhalt in der Weise ändert, dass nunmehr der veränderte anstelle des zuvor verwirklichten Sachverhalts der Besteuerung zugrunde zu legen ist (BFH-Beschluss vom 19. Juli 1993 GrS 2/92, BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897). Eine andere rechtliche Beurteilung des unverändert gebliebenen Sachverhalts genügt insoweit nicht (BFH-Urteil vom 19. August 1999 IV R 73/98, BFHE 190, 5, BStBl II 2000, 18, m.w.N.).

28

Im Streitfall ist kein derartiges Ereignis eingetreten. Denn die insofern allein als rückwirkendes Ereignis in Frage kommende Einreichung der Bewerbungsschreiben des Sohnes aus den Monaten Januar und Februar 2016 entfaltet keine Rückwirkung i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Die Einreichung der Schreiben dient allein dem Versuch des Nachweises eigener Bewerbungsbemühungen des Sohnes im Monat ihrer Abfassung und Absendung. Ihnen kommt keine unmittelbare Wirkung auf zurückliegende Zeiträume zu.

29

b) Nach § 70 Abs. 2 EStG ist die Festsetzung des Kindergeldes aufzuheben oder zu ändern, soweit sich die für den Anspruch auf Kindergeld erheblichen Verhältnisse ändern. Die Aufhebung oder Änderung erfolgt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse.

30

Eine Änderung der Verhältnisse i.S.d. § 70 Abs. 2 EStG ist die Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse des Anspruchsberechtigten oder des Kindes. § 70 Abs. 2 EStG ist daher nicht anwendbar, wenn die Familienkasse das Recht von Anfang an fehlerhaft angewandt hat (BFH, Urteil vom 28. Juni 2006 – III R 13/06 –, BFHE 214, 287, BStBl II 2007, 714, Rn. 18, m.w.N.).

31

Im Streitfall haben sich weder die tatsächlichen noch die rechtlichen Verhältnisse des Anspruchsberechtigten oder des Kindes geändert. Vielmehr hat die Familienkasse das Recht von Anfang an fehlerhaft angewandt. Denn die Voraussetzungen für die Gewährung des Kindergeldes waren weder im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 23. September 2015 noch im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 28. Juli 2016 erfüllt.

32

aa) Gemäß §§ 62 ff. i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG wird Kindergeld für ein Kind gezahlt, das – wie der Sohn der Antragstellerin seit dem 19. September 2015 – im Streitzeitraum das 21., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat, wenn das Kind

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für einen Beruf ausgebildet wird,

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sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten liegt,

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eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann,

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ein freiwilliges soziales Jahr oder einen anderen berücksichtigungsfähigen Freiwilligendienst leistet oder

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wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten.

33

Unter diesen Voraussetzungen kommt eine Berücksichtigung des Sohnes der Antragstellerin im Streitzeitraum allein aus dem Grunde in Betracht, dass er eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen konnte (§ 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 c EStG).

34

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), der sich der beschließende Senat angeschlossen hat, erfordert die Berücksichtigung eines Kindes nach dieser Vorschrift, dass es sich ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht hat. Das Bemühen ist glaubhaft zu machen. Pauschale Angaben, das Kind sei im fraglichen Zeitraum ausbildungsbereit gewesen, habe sich ständig um einen Ausbildungsplatz bemüht oder sei stets bei der Agentur für Arbeit als ausbildungsplatzsuchend gemeldet gewesen, reichen nicht aus. Um einer missbräuchlichen Inanspruchnahme des Kindergeldes entgegenzuwirken, muss sich die Ausbildungsbereitschaft des Kindes durch belegbare Bemühungen um einen Ausbildungsplatz objektiviert haben (z.B. BFH Urteil vom 19. Juni 2008 III R 66/05, BFHE 222, 343, BStBl II 2009, 1005, m.w.N.).

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Die Nachweise für die Ausbildungswilligkeit des Kindes und für sein Bemühen, einen Ausbildungsplatz zu finden, hat der Kindergeldberechtigte beizubringen. Nachgewiesen werden kann das ernsthafte Bemühen um einen Ausbildungsplatz z.B. durch eine Bescheinigung der Agentur für Arbeit, dass das Kind als Bewerber um eine berufliche Ausbildungsstelle registriert ist, durch direkte Bewerbungen an Ausbildungsstätten und ggf. den daraufhin erfolgten Zwischennachrichten oder auch Absagen (z.B. BFH Beschluss vom 21. Juli 2005 III S 19/04 (PKH), BFH/NV 2005, 2207, m.w.N.).

36

bb) Nach diesen Grundsätzen kommt für die Zeit ab Oktober 2015 jedenfalls bei summarischer Prüfung eine Kindergeldgewährung nicht in Betracht. Die Antragstellerin hat nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht, dass sich ihr Sohn ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht hat.

37

Weder die mit den E-Mail-Nachrichten vom 6. September 2015 übersandten Bildschirmfotos mit Bewerbungen des Sohnes der Antragstellerin um eine Lehrstelle noch die im Rahmen der Überprüfung des Fortbestehens der Anspruchsvoraussetzungen für die Weitergewährung des Kindergeldes zusammen mit dem Formular "Mitteilung über ein Kind ohne Ausbildungs- oder Arbeitsplatz" im Februar 2016 eingereichten Schreiben genügen dafür. Dies ist für die als "Bewerbung als Mitarbeiter" bezeichneten Schreiben vom 15. Januar bzw. 15. Februar 2016, in denen es nicht um eine Lehrstelle, sondern "um eine Stelle als Mitarbeiter" geht, offensichtlich. Aber auch aus den als "Bewerbung als Lehrling" bezeichneten Schreiben vom 6. September 2015 und 15. Februar 2016 wird nicht erkennbar, dass sich der Sohn der Antragstellerin ernsthaft um eine Lehrstelle beworben hat. Denn auch in dem Schreiben vom 15. Februar 2016 bewirbt er sich "um eine Stelle als Mitarbeiter". Außerdem ist aus keinem der Schreiben erkennbar, ob das angeschriebene Unternehmen überhaupt einen Ausbildungsplatz zu vergeben hatte und um welche konkrete Ausbildung es sich dabei gehandelt haben sollte. Angesichts der Verschiedenheit der angeschriebenen Unternehmen (Brauerei, Fahrradhaus und Versicherung in E, Drogeriemarkt, Paketdienst, Baumarkt, Gaststätte und Lebensmittelmarkt in F sowie Küchenmontagen in G) ist dies auch nicht aus ihrer Branchenzugehörigkeit abzuleiten. Schließlich fehlen zu allen vorgelegten Bewerbungsschreiben Eingangsbestätigungen, Zwischennachrichten oder Absagen.

38

c) Nach § 70 Abs. 3 EStG können materielle Fehler der letzten Festsetzung durch Aufhebung oder Änderung der Festsetzung mit Wirkung ab dem auf die Bekanntgabe der Aufhebung oder Änderung der Festsetzung folgenden Monat beseitigt werden. Nach dieser Vorschrift kann eine Festsetzung mithin nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben bzw. geändert werden (BFH, Urteil vom 28. Juni 2006 – III R 13/06 –, BFHE 214, 287, BStBl II 2007, 714, Rn. 20).

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Im Streitfall konnte deshalb eine Aufhebung der – wie dargelegt materiell fehlerhaften – Kindergeldfestsetzung vom 23. September 2015 durch den angefochtenen Bescheid vom 28. Juli 2016 nur mit Wirkung ab dem auf die Bekanntgabe des Änderungsbescheides folgenden Monat August 2016 erfolgen.

40

Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.


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Referenzen - Gesetze

Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 12. Okt. 2017 - 4 V 215/17 zitiert 17 §§.

Einkommensteuergesetz - EStG | § 32 Kinder, Freibeträge für Kinder


(1) Kinder sind1.im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,2.Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken i

Abgabenordnung - AO 1977 | § 173 Aufhebung oder Änderung von Steuerbescheiden wegen neuer Tatsachen oder Beweismittel


(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,1.soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,2.soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer

Abgabenordnung - AO 1977 | § 175 Änderung von Steuerbescheiden auf Grund von Grundlagenbescheiden und bei rückwirkenden Ereignissen


(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,1.soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,2.soweit ein Ereignis eintritt, das steu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 136


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Abgabenordnung - AO 1977 | § 37 Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis


(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregel

Abgabenordnung - AO 1977 | § 122 Bekanntgabe des Verwaltungsakts


(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden

Einkommensteuergesetz - EStG | § 70 Festsetzung und Zahlung des Kindergeldes


(1) 1Das Kindergeld nach § 62 wird von den Familienkassen durch Bescheid festgesetzt und ausgezahlt. 2Die Auszahlung von festgesetztem Kindergeld erfolgt rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats, in dem der Antrag auf Kinder

Abgabenordnung - AO 1977 | § 129 Offenbare Unrichtigkeiten beim Erlass eines Verwaltungsakts


Die Finanzbehörde kann Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. Bei berechtigtem Interesse des Beteiligten ist zu berichtigen. Wird zu einem sch

Abgabenordnung - AO 1977 | § 155 Steuerfestsetzung


(1) Die Steuern werden, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, von der Finanzbehörde durch Steuerbescheid festgesetzt. Steuerbescheid ist der nach § 122 Abs. 1 bekannt gegebene Verwaltungsakt. Dies gilt auch für die volle oder teilweise Freistellu

Abgabenordnung - AO 1977 | § 130 Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts


(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. (2) Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich er

Einkommensteuergesetz - EStG | § 31 Familienleistungsausgleich


1Die steuerliche Freistellung eines Einkommensbetrags in Höhe des Existenzminimums eines Kindes einschließlich der Bedarfe für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung wird im gesamten Veranlagungszeitraum entweder durch die Freibeträge nach § 32 Absa

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 79a


(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht, 1. über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;2. bei Zurücknahme der Klage, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;3. bei Erledigung des Rechtsstr

Abgabenordnung - AO 1977 | § 131 Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsakts


(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 107


(1) Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Urteil sind jederzeit vom Gericht zu berichtigen. (2) Über die Berichtigung kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden. Der Berichtigungsbeschluss wird auf dem Urte

Referenzen

Die Finanzbehörde kann Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. Bei berechtigtem Interesse des Beteiligten ist zu berichtigen. Wird zu einem schriftlich ergangenen Verwaltungsakt die Berichtigung begehrt, ist die Finanzbehörde berechtigt, die Vorlage des Schriftstücks zu verlangen, das berichtigt werden soll.

(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten;
6.
über die Beiladung.

(2) Der Vorsitzende kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid (§ 90a) entscheiden. Dagegen ist nur der Antrag auf mündliche Verhandlung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheides gegeben.

(3) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle des Senats entscheiden.

(4) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

Die Finanzbehörde kann Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. Bei berechtigtem Interesse des Beteiligten ist zu berichtigen. Wird zu einem schriftlich ergangenen Verwaltungsakt die Berichtigung begehrt, ist die Finanzbehörde berechtigt, die Vorlage des Schriftstücks zu verlangen, das berichtigt werden soll.

(1) Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Urteil sind jederzeit vom Gericht zu berichtigen.

(2) Über die Berichtigung kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden. Der Berichtigungsbeschluss wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Ist das Urteil elektronisch abgefasst, ist auch der Beschluss elektronisch abzufassen und mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

Die Finanzbehörde kann Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. Bei berechtigtem Interesse des Beteiligten ist zu berichtigen. Wird zu einem schriftlich ergangenen Verwaltungsakt die Berichtigung begehrt, ist die Finanzbehörde berechtigt, die Vorlage des Schriftstücks zu verlangen, das berichtigt werden soll.

(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche.

(2) Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt. Im Fall der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung richtet sich der Anspruch auch gegen den Abtretenden, Verpfänder oder Pfändungsschuldner.

Die Finanzbehörde kann Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. Bei berechtigtem Interesse des Beteiligten ist zu berichtigen. Wird zu einem schriftlich ergangenen Verwaltungsakt die Berichtigung begehrt, ist die Finanzbehörde berechtigt, die Vorlage des Schriftstücks zu verlangen, das berichtigt werden soll.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur dann zurückgenommen werden, wenn

1.
er von einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen worden ist,
2.
er durch unlautere Mittel, wie arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt worden ist,
3.
ihn der Begünstigte durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren,
4.
seine Rechtswidrigkeit dem Begünstigten bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war.

(3) Erhält die Finanzbehörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Fall des Absatzes 2 Nr. 2.

(4) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts die nach den Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit zuständige Finanzbehörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Finanzbehörde erlassen worden ist; § 26 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.

(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,

1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist,
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat,
3.
wenn die Finanzbehörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde.
§ 130 Abs. 3 gilt entsprechend.

(3) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Finanzbehörde keinen späteren Zeitpunkt bestimmt.

(4) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts die nach den Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit zuständige Finanzbehörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Finanzbehörde erlassen worden ist.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden. Er soll dem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden, wenn der Finanzbehörde eine schriftliche oder eine nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch übermittelte Empfangsvollmacht vorliegt, solange dem Bevollmächtigten nicht eine Zurückweisung nach § 80 Absatz 7 bekannt gegeben worden ist.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt als bekannt gegeben

1.
bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post,
2.
bei einer Übermittlung im Ausland einen Monat nach der Aufgabe zur Post,
außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Ein elektronisch übermittelter Verwaltungsakt gilt am dritten Tage nach der Absendung als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines Verwaltungsakts wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach dem Tag der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Ein Verwaltungsakt wird zugestellt, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder behördlich angeordnet wird. Die Zustellung richtet sich vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Für die Zustellung an einen Bevollmächtigten gilt abweichend von § 7 Absatz 1 Satz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes Absatz 1 Satz 4 entsprechend. Erfolgt die öffentliche Zustellung durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung auf der Internetseite oder in einem elektronischen Portal der Finanzbehörden, können die Anordnung und die Dokumentation nach § 10 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes elektronisch erfolgen.

(6) Die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an einen Beteiligten zugleich mit Wirkung für und gegen andere Beteiligte ist zulässig, soweit die Beteiligten einverstanden sind; diese Beteiligten können nachträglich eine Abschrift des Verwaltungsakts verlangen.

(7) Betreffen Verwaltungsakte

1.
Ehegatten oder Lebenspartner oder
2.
Ehegatten mit ihren Kindern, Lebenspartner mit ihren Kindern oder Alleinstehende mit ihren Kindern,
so reicht es für die Bekanntgabe an alle Beteiligten aus, wenn ihnen eine Ausfertigung unter ihrer gemeinsamen Anschrift übermittelt wird. Die Verwaltungsakte sind den Beteiligten einzeln bekannt zu geben, soweit sie dies beantragt haben oder soweit der Finanzbehörde bekannt ist, dass zwischen ihnen ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen.

(1) Die Steuern werden, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, von der Finanzbehörde durch Steuerbescheid festgesetzt. Steuerbescheid ist der nach § 122 Abs. 1 bekannt gegebene Verwaltungsakt. Dies gilt auch für die volle oder teilweise Freistellung von einer Steuer und für die Ablehnung eines Antrags auf Steuerfestsetzung.

(2) Ein Steuerbescheid kann erteilt werden, auch wenn ein Grundlagenbescheid noch nicht erlassen wurde.

(3) Schulden mehrere Steuerpflichtige eine Steuer als Gesamtschuldner, so können gegen sie zusammengefasste Steuerbescheide ergehen. Mit zusammengefassten Steuerbescheiden können Verwaltungsakte über steuerliche Nebenleistungen oder sonstige Ansprüche, auf die dieses Gesetz anzuwenden ist, gegen einen oder mehrere der Steuerpflichtigen verbunden werden. Das gilt auch dann, wenn festgesetzte Steuern, steuerliche Nebenleistungen oder sonstige Ansprüche nach dem zwischen den Steuerpflichtigen bestehenden Rechtsverhältnis nicht von allen Beteiligten zu tragen sind.

(4) Die Finanzbehörden können Steuerfestsetzungen sowie Anrechnungen von Steuerabzugsbeträgen und Vorauszahlungen auf der Grundlage der ihnen vorliegenden Informationen und der Angaben des Steuerpflichtigen ausschließlich automationsgestützt vornehmen, berichtigen, zurücknehmen, widerrufen, aufheben oder ändern, soweit kein Anlass dazu besteht, den Einzelfall durch Amtsträger zu bearbeiten. Das gilt auch

1.
für den Erlass, die Berichtigung, die Rücknahme, den Widerruf, die Aufhebung und die Änderung von mit den Steuerfestsetzungen sowie Anrechnungen von Steuerabzugsbeträgen und Vorauszahlungen verbundenen Verwaltungsakten sowie,
2.
wenn die Steuerfestsetzungen sowie Anrechnungen von Steuerabzugsbeträgen und Vorauszahlungen mit Nebenbestimmungen nach § 120 versehen oder verbunden werden, soweit dies durch eine Verwaltungsanweisung des Bundesministeriums der Finanzen oder der obersten Landesfinanzbehörden allgemein angeordnet ist.
Ein Anlass zur Bearbeitung durch Amtsträger liegt insbesondere vor, soweit der Steuerpflichtige in einem dafür vorgesehenen Abschnitt oder Datenfeld der Steuererklärung Angaben im Sinne des § 150 Absatz 7 gemacht hat. Bei vollständig automationsgestütztem Erlass eines Verwaltungsakts gilt die Willensbildung über seinen Erlass und über seine Bekanntgabe im Zeitpunkt des Abschlusses der maschinellen Verarbeitung als abgeschlossen.

(5) Die für die Steuerfestsetzung geltenden Vorschriften sind auf die Festsetzung einer Steuervergütung sinngemäß anzuwenden.

1Die steuerliche Freistellung eines Einkommensbetrags in Höhe des Existenzminimums eines Kindes einschließlich der Bedarfe für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung wird im gesamten Veranlagungszeitraum entweder durch die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 oder durch Kindergeld nach Abschnitt X bewirkt.2Soweit das Kindergeld dafür nicht erforderlich ist, dient es der Förderung der Familie.3Im laufenden Kalenderjahr wird Kindergeld als Steuervergütung monatlich gezahlt.4Bewirkt der Anspruch auf Kindergeld für den gesamten Veranlagungszeitraum die nach Satz 1 gebotene steuerliche Freistellung nicht vollständig und werden deshalb bei der Veranlagung zur Einkommensteuer die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 vom Einkommen abgezogen, erhöht sich die unter Abzug dieser Freibeträge ermittelte tarifliche Einkommensteuer um den Anspruch auf Kindergeld für den gesamten Veranlagungszeitraum; bei nicht zusammenveranlagten Eltern wird der Kindergeldanspruch im Umfang des Kinderfreibetrags angesetzt.5Bei der Prüfung der Steuerfreistellung und der Hinzurechnung nach Satz 4 bleibt der Anspruch auf Kindergeld für Kalendermonate unberücksichtigt, in denen durch Bescheid der Familienkasse ein Anspruch auf Kindergeld festgesetzt, aber wegen § 70 Absatz 1 Satz 2 nicht ausgezahlt wurde.6Satz 4 gilt entsprechend für mit dem Kindergeld vergleichbare Leistungen nach § 65.7Besteht nach ausländischem Recht Anspruch auf Leistungen für Kinder, wird dieser insoweit nicht berücksichtigt, als er das inländische Kindergeld übersteigt.

(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,
2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,
2.
soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt.

(2) Als rückwirkendes Ereignis gilt auch der Wegfall einer Voraussetzung für eine Steuervergünstigung, wenn gesetzlich bestimmt ist, dass diese Voraussetzung für eine bestimmte Zeit gegeben sein muss, oder wenn durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, dass sie die Grundlage für die Gewährung der Steuervergünstigung bildet. Die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung gilt nicht als rückwirkendes Ereignis.

(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,
2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,
2.
soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt.

(2) Als rückwirkendes Ereignis gilt auch der Wegfall einer Voraussetzung für eine Steuervergünstigung, wenn gesetzlich bestimmt ist, dass diese Voraussetzung für eine bestimmte Zeit gegeben sein muss, oder wenn durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, dass sie die Grundlage für die Gewährung der Steuervergünstigung bildet. Die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung gilt nicht als rückwirkendes Ereignis.

(1)1Das Kindergeld nach § 62 wird von den Familienkassen durch Bescheid festgesetzt und ausgezahlt.2Die Auszahlung von festgesetztem Kindergeld erfolgt rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist.3Der Anspruch auf Kindergeld nach § 62 bleibt von dieser Auszahlungsbeschränkung unberührt.

(2)1Soweit in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, Änderungen eintreten, ist die Festsetzung des Kindergeldes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben oder zu ändern.2Ist die Änderung einer Kindergeldfestsetzung nur wegen einer Anhebung der in § 66 Absatz 1 genannten Kindergeldbeträge erforderlich, kann von der Erteilung eines schriftlichen Änderungsbescheides abgesehen werden.

(3)1Materielle Fehler der letzten Festsetzung können durch Aufhebung oder Änderung der Festsetzung mit Wirkung ab dem auf die Bekanntgabe der Aufhebung oder Änderung der Festsetzung folgenden Monat beseitigt werden.2Bei der Aufhebung oder Änderung der Festsetzung nach Satz 1 ist § 176 der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden; dies gilt nicht für Monate, die nach der Verkündung der maßgeblichen Entscheidung eines obersten Bundesgerichts beginnen.

(4) (weggefallen)

(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

(1)1Das Kindergeld nach § 62 wird von den Familienkassen durch Bescheid festgesetzt und ausgezahlt.2Die Auszahlung von festgesetztem Kindergeld erfolgt rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist.3Der Anspruch auf Kindergeld nach § 62 bleibt von dieser Auszahlungsbeschränkung unberührt.

(2)1Soweit in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, Änderungen eintreten, ist die Festsetzung des Kindergeldes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben oder zu ändern.2Ist die Änderung einer Kindergeldfestsetzung nur wegen einer Anhebung der in § 66 Absatz 1 genannten Kindergeldbeträge erforderlich, kann von der Erteilung eines schriftlichen Änderungsbescheides abgesehen werden.

(3)1Materielle Fehler der letzten Festsetzung können durch Aufhebung oder Änderung der Festsetzung mit Wirkung ab dem auf die Bekanntgabe der Aufhebung oder Änderung der Festsetzung folgenden Monat beseitigt werden.2Bei der Aufhebung oder Änderung der Festsetzung nach Satz 1 ist § 176 der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden; dies gilt nicht für Monate, die nach der Verkündung der maßgeblichen Entscheidung eines obersten Bundesgerichts beginnen.

(4) (weggefallen)

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.