Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt Gerichtsbescheid, 11. Juli 2013 - 1 K 398/13

ECLI:ECLI:DE:FGST:2013:0711.1K398.13.0A
bei uns veröffentlicht am11.07.2013

Tenor

Die Klage wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

1

Die Klägerin unterhält einen Mühlenbetrieb. Sie beantragte am 10. September 1999 Investitionszulage für das Jahr 1998 i.H.v. 594.859,00 DM bei einem Fördersatz von 10 v.H. und einer Bemessungsgrundlage i.H.v. 5.948.587,00 DM und stockte die Bemessungsgrundlage anlässlich einer Augenscheinseinnahme auf 5.962.238,22 DM auf. Der Beklagte setzte, nachdem die Klägerin versehentlich die Zulage für einen Betrieb des Groß- und Einzelhandels beantragt hatte, die Investitionszulage für Handwerk/verarbeitendes Gewerbe lediglich für eine Bemessungsgrundlage von 1.917.977,00 i.H.v. 191.798,00 DM fest. Ein Teil der Änderungen beruhte auf nicht mehr streitigen Feststellungen.

2

Im Klageverfahren hat der Beklagte auf Grund von ebenfalls nicht streitigen Feststellungen eine weitere Kürzung auf eine Bemessungsgrundlage von 1.754.677,00 DM und eine Investitionszulage von 175.467,70 DM vorgenommen und die Klägerin ihrerseits ergänzt, dass im Streitjahr weniger als 100 Mitarbeiter bei ihr beschäftigt gewesen seien.

3

Der auf eine Bemessungsgrundlage von 3.940.081,00 DM entfallende und streitige Teil der Kürzung beruht auf der Anwendung des durch das Steuerentlastungsgesetz 1999 vom 19. Dezember 1998 eingefügten § 2 Satz 2 Nr. 4 Investitionszulagengesetz (InvZulG) 1996, der zahlreiche nach dem 2. September 1998 stattgefundene Anschaffungs- und Herstellungsvorgänge im Agrarsektor von der Investitionszulagenbegünstigung ausschloss. Die Vorschrift ist zurückzuführen auf eine im Jahr 1998 bestandskräftig gewordene Entscheidung der Europäischen Kommission über Beihilfemöglichkeiten im Agrarsektor, der ein jahrelanger Streit der Bundesrepublik Deutschland und der Kommission vorausgegangen war.

4

Alle in diesem Teil der Bemessungsgrundlage enthaltenen Wirtschaftsgüter wurden - unstreitig - nach dem 2. September 1998 angeschafft, während die Klägerin ihre verbindliche Investitionsentscheidung vor dem 3. September 1998 getroffen hatte. Es handelt sich um folgende Investitionskomplexe:

5

Wirtschaftsgüter/Komplexe

Bemessungsgrundlage in DM

Abstehzellen

134.711,37

Getreidesilo-Komplex

229.311,62

Laborgeräte

42.678,01

Neue Weizenmühle

1.475.000,00

Verarbeitungslinie „Weizen“

1.475.000,00

Transformatorenstation und Niederspannungshauptverteilung

266.924,84

Auflieger MD-MM 67

205.000,00

FTH-Paletten-Transportanlage

25.000,00

Signiersystem „UNICORN“

3.620,05

Signiersystem „UNICORN“

3.264,15

FTH-Paletten-Transportanlage

26.100,00

Gossenentstaubungsanlage

53.471,06

Summe 

3.940.081,10

6

Für den Getreidesilo-Komplex, die Weizenmühle, die Verarbeitungslinie Weizen, den Auflieger und die zweitgenannte FTH-Paletten-Transportanlage (mithin für Wirtschaftsgüter mit einer Bemessungsgrundlage von insgesamt 3.410.411,62 DM) liegt zudem ein belegmäßiger Nachweis vor, dass die verbindlichen Bestellungen vor diesem Datum liegen. Die neue Weizenmühle kann überdies ohne Abstehzellen nicht betrieben werden. Alle streitigen Wirtschaftsgüter sind erforderlich für den Betrieb des mit Hilfe der Gesamtinvestition modernisierten Mühlenbetriebs.

7

Soweit die Klägerin hier eine um 1.000,00 DM erhöhte Bemessungsgrundlage errechnet hat, beruht dies auf einen fehlerhaften Ansatz des Beklagten im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren, welches erfolglos blieb. Gegen die Einspruchsentscheidung vom 30. August 2001 wurde am 26. September 2001 Klage erhoben.

8

Die Klägerin hat vorgebracht, die Einfügung von § 2 Abs. 2 Nr. 4 InvZulG 1996 durch das Steuerentlastungsgesetz 1999 vom 19. Dezember 1998 verstoße gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot. Auch wenn der Investitionszulagenanspruch erst mit Ablauf des Jahres 1998 entstanden sei, habe eine echte Rückwirkung vorgelegen, weil und soweit die maßgebenden Dispositionsentscheidungen bereits getroffen worden seien. Wenn eine Investitionsentscheidung getroffen worden sei, habe die betreffende Subventionsnorm ihre Lenkungsfunktion erreicht und sei zu einer schutzwürdigen Vertrauensgrundlage geworden.

9

Die echte Rückwirkung sei auch nicht ausnahmsweise gerechtfertigte. Insbesondere bestünden hierfür keine zwingenden Gründe des Gemeinwohls, die dem Gebot der Rechtssicherheit übergeordnet wären, auch nicht deshalb, weil der Bundesrepublik Deutschland andernfalls ein gemeinschaftsrechtliches Vertragsverletzungsverfahren gedroht hätte. Es könne nicht richtig sein, dass einerseits deutsche Gerichte an eine Kommissionsentscheidung gebunden seien, diese andererseits keiner rechtlichen Überprüfung unterliege, nachdem die Bundesregierung sie aus vermutlich rein politischen Gründen nicht angegriffen habe. Zudem habe es der deutsche Gesetzgeber versäumt, entweder rechtzeitig das InvZulG mit einem gemeinschaftsrechtlichen Vorbehalt zu versehen oder in gemeinschaftsrechtskonformer Weise im Hinblick auf bereits begonnene Investitionen eine Übergangsregelung zu treffen. Nachdem schließlich von dem Jahr 2000 an die hier streitigen Wirtschaftsgüter wieder förderfähig gewesen seien, sei ein überragendes Gemeinwohlinteresse an einer kurzfristigen Beschränkung der Investitionszulagenberechtigung nicht zu erkennen.

10

Vielmehr verletze die vorliegende Rückwirkung das schutzwürdige Vertrauen der Klägerin. Die von 1994 bis 1998 getroffenen Maßnahmen auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene habe sie tatsächlich nicht gekannt, nicht kennen und sich deshalb daran auch nicht orientieren müssen, zumal selbst der Bundesregierung nicht klar gewesen sei, dass die Kommissionsentscheidung aus dem Jahr 1994 diese zu einer Änderung des Investitionszulagengesetzes verpflichtet habe. Sie, die Klägerin, habe sich frühestens am 28. September 1998, als der BMF mittels einer Veröffentlichung im Bundessteuerblatt eine Gesetzesänderung ankündigte, zuzüglich einer Kenntnisnahmefrist von einem Monat auf diese einstellen müssen. Angesichts des hohen Investitionsvolumens verböten sich schließlich Überlegungen dahin, der Subventionsanreiz habe nicht kausal für die Investition sein können.

11

Die Klägerin beantragt, unter Änderung des Bescheides über Investitionszulage 1998 vom 14. Oktober 1999 in Gestalt des Einspruchsbescheids vom 30. August 2001 sowie des Änderungsbescheides vom 20. April 2006 weitere Investitionszulage nach einer weiteren Bemessungsgrundlage von 3.941.081,00 DM festzusetzen.

12

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

13

Der Beklagte meint, die Rückwirkung sei aus zwingenden Gründen des Gemeinwohls, um ein Vertragsverletzungsverfahren zu vermeiden, zulässig. Im Übrigen sei die Entscheidung der Kommission vom 22. März 1994 am 23. März 1994 im Amtsblatt veröffentlicht worden und seither jedem zugänglich. Von diesem Zeitpunkt an habe die Klägerin kein schutzwürdiges Vertrauen mehr in den Bestand der gesetzlichen Regelung haben können, sondern damit rechnen müssen, dass keine Zulage mehr gewährt werden würde.

14

Mit Beschluss vom 20. Dezember 2007 (1 K 290/01) hat der Senat das Verfahren ausgesetzt und die Sache dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt, weil er die streitentscheidende Norm aufgrund eines Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot für verfassungswidrig hielt.

15

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 4. Oktober 2011 (1 BvL 3/08) festgestellt, dass die Vorlage unzulässig ist, da vom Senat nicht hinreichend geklärt wurde, ob die zur Prüfung vorgelegte streitgegenständliche Norm auf einer den deutschen Gesetzgeber bindenden Vorgabe des Gemeinschaftsrechts beruht oder aber, ob das Gesetz in Ausfüllung eines nationalen Umsetzungsspielraums ergangen ist, weil es nur im letztgenannten Fall der Prüfung des Bundesverfassungsgerichtes unterliegt (Entscheidungserheblichkeit).

16

Mit Beschluss vom 27. Februar 2012 hat der Senat das Verfahren erneut ausgesetzt und den Gerichtshof der Europäischen Union um Vorabentscheidung der Rechtsfrage ersucht, ob die Kommissionsentscheidung vom 20. Mai 1998 (Nr. K [1998] 1712, ABl. EG 1999 vom 19. Dezember 1998) dem deutschen Gesetzgeber einen nationalen Umsetzungsspielraum bei der Ausgestaltung der streitgegenständlichen Regelung dergestalt belassen habe, dass Investitionsvorhaben hätten begünstigt werden können, bei denen die bindende Investitionsentscheidung vor Ablauf der Umsetzungsfrist der Kommissionsentscheidung bzw. Veröffentlichung der beabsichtigten Maßnahmen im Bundessteuerblatt getroffen wurde, die Lieferung des Investitionsgegenstandes sowie die Festsetzung und Auszahlung der Zulage aber zeitlich nachfolgt.

17

Mit Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 21. März 2013 (C-129/12) hat dieser entschieden, dass die Kommissionsentscheidung einen derartigen Umsetzungsspielraum nicht einräumte, nach nationalem Recht zu bestimmen ist, wann eine Investitionszulage als gewährt anzusehen ist, und hierbei neben den weiteren Voraussetzungen nach nationalem Recht zu beachten ist, dass das Verbot der Kommissionsentscheidung in Art. 2 Nr. 1 nicht umgangen wird.

18

Nach Ergehen des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union hat der Berichterstatter bei der Klägerin angefragt, ob in Anbetracht der bestehenden Bedenken an der Erfolgsaussicht der Klage, eine Entscheidung gewünscht werde. Daraufhin hat der Prozessbevollmächtigte mitgeteilt, dass die Klägerin auch mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid einverstanden sei.

19

Dem Senat haben die vom Beklagten für die Klägerin geführten Investitionszulage- und die Rechtsbehelfsakten vorgelegen.

Entscheidungsgründe

20

I. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

21

Nach § 2 Satz 1 InvZulG 1996 sind begünstigte Investitionen unter bestimmten weiteren, hier nicht streitigen Voraussetzungen die Anschaffung und Herstellung neuer abnutzbarer beweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, wenn sie der Anspruchsberechtigte nach dem 30. Juni 1994 begonnen sowie vor dem 1. Januar 1999 abgeschlossen hat und es sich um Investitionen in Betrieben des verarbeitenden Gewerbes handelt (§ 3 Satz 1 Nr. 4 InvZulG 1996). Die Bemessungsgrundlage ist gemäß § 4 Satz 1 InvZulG 1996 die Summe der Anschaffungs- und Herstellungskosten der im Wirtschaftsjahr abgeschlossenen begünstigten Investitionen, wobei der Abschluss der Investition gemäß § 3 Satz 4 InvZulG 1996 der Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung ist. Die Investitionszulage beträgt nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 InvZulG 1996 bei Investitionen im Sinne des § 3 (Satz 1) Nr. 4 als Grundzulage 5 vom Hundert der Bemessungsgrundlage und erhöht sich, soweit die Bemessungsgrundlage im Wirtschaftsjahr 5 Millionen Deutsche Mark nicht übersteigt, gemäß § 5 Abs. 3 Nrn. 1, 2 InvZulG 1996 auf 10 vom Hundert, wenn unter anderem der Betrieb zu Beginn des Wirtschaftsjahrs der Investitionen nicht mehr als 250 Arbeitnehmer beschäftigt und die Wirtschaftsgüter zum Anlagevermögen eines Betriebs des verarbeitenden Gewerbes des Anspruchsberechtigten gehören.

22

Nach § 2 Satz 2 Nr. 4 InvZulG 1996 sind Wirtschaftsgüter aber nicht begünstigt, die der Anspruchsberechtigte nach dem 2. September 1998 angeschafft oder hergestellt hat und die (unter anderem) in Nummer 2 des Anhangs der Entscheidung der Europäischen Kommission 94/173/EG vom 22. März 1994 zur Festlegung der Auswahlkriterien für Investitionen zur Verbesserung der Verarbeitungs- und Vermarktungsbedingungen für land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Entscheidung 90/342/EWG - ABl. EG Nr. L 79 S. 29 - (Land- und Forstwirtschaftsentscheidung) genannt sind.

23

Der Zeitpunkt der Anschaffung ist nach dem auch im Investitionszulagenrecht angewandten § 9a Einkommensteuer-Durchführungsverordnung - EStDV - der Zeitpunkt der Lieferung. Das wiederum ist der Zeitpunkt der Betriebsbereitschaft im Betrieb des Erwerbers (Urteile des BFH vom 2. September 1988, III R 53/84, BStBl. 1988 II 1009, 1010 f. sowie vom 7. Dezember 1990, III R 171/86, BStBl. 1991 II 377 f.). Auf die Frage, wann der Erwerb der betreffenden Wirtschaftsgüter geplant oder wann diese bestellt wurden, kommt es für die Bestimmung des Anschaffungszeitpunktes nicht an.

24

Der Anhang zu der Entscheidung der Europäischen Kommission vom 22. März 1994 enthält in Nummer 2 Ausschließungen für bestimmte Sektoren. Nummer 2.1 schließt in den Sektoren Getreide und Reis (ausgenommen Saatgut) unter anderem (erster Spiegelstrich) Investitionen betreffend Getreidestärkefabriken, Müllereibetriebe, Mälzereien und Grießmühlen sowie Folgeprodukte dieser Industrien, mit Ausnahme von Erzeugnissen für neuartige Nichtnahrungszwecke (keine Hydrierungserzeugnisse von Getreidestärke) aus, ferner (zweiter Spiegelstrich) Investitionen betreffend Silos, außer für die Aufnahme, Trocknung und Aufbereitung der örtlichen Erzeugung in den Produktionsgebieten, soweit dort nachweislich ein Mangel an derartigen Einrichtungen besteht und die Lagerkapazitäten nicht ausgeweitet werden.

25

Die Anschaffungszeitpunkte i.S.d. § 2 Satz 2 Nr. 4 InvZulG 1996 lagen - unstreitig - für alle streitbefangenen Wirtschaftsgüter nach dem 2. September 1998. Die Klägerin ist als Müllereibetrieb einzustufen und der Getreidesilo-Komplex steht - ebenfalls unstreitig - im Zusammenhang mit diesem; Hinweise für eine anderweitige Einordnung sind jedenfalls nicht ersichtlich. Die streitigen Investitionen der Klägerin gehören mithin insgesamt zu den ausgeschlossenen Sektoren. Die Regelung schließt Investitionszulage für alle in der hier streitigen Bemessungsgrundlage enthaltenen Wirtschaftsgüter aus.

26

Die Regelung verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot, da - wie sich aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 21. März 2013 (C-129/12, Slg. 2013, 00000, curia.europa.eu) ergibt - die Entscheidung der Kommission vom 20. Mai 1998 (Nr. K [1998] 1712, ABl. EG 1999 vom 19. Dezember 1998) dem deutschen Gesetzgeber keinen (nationalen) Umsetzungsspielraum bei der Ausgestaltung der streitgegenständlichen Regelung belassen hat (vgl. BVerfG-Beschluss vom 4. Oktober 2011 1 BvL 3/08, BVerfGE 129, 186).

27

Die Kommissionsentscheidung ließ nach der dem deutschen Gesetzgeber zur Änderung der streitgegenständlichen Regelung eingeräumten Frist weder eine Berücksichtigung bereits getroffener Dispositionsentscheidungen noch die Festsetzung von Investitionszulage zu. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in seinem Urteil vom 21. März 2013 (C-129/12) hierzu Folgendes ausgeführt:

28

Deutschland hatte nach der Entscheidung der Kommission 1999/183 zu gewährleisten, dass ab dem 3. September 1998 keine Beihilfen mehr an Müllereibetriebe gewährt werden (Tz. 36). Die Frist von zwei Monaten wurde lediglich gewährt, um die Änderung der einschlägigen Regelungen herbeizuführen (Tz. 37). Die Kommissionsentscheidung sieht keine Übergangsregelung, so dass das Verbot bedingungslos gilt (Tz. 38). Der Zeitpunkt, in dem eine Zulage als gewährt anzusehen ist, richtet sich nach nationalem Recht (Tz. 40), so dass für den Fall, dass alle Voraussetzungen für die Gewährung der Investitionszulage bis zum 2. September 1998 erfüllt worden sein sollten, das Verbot die Gewährung einer Beihilfe nicht berührt wird (Tz. 42), aber nach der bereits dargestellten nationalen Rechtslage, wonach für den Erhalt einer Investitionszulage jedenfalls vorausgesetzt wird, dass das Investitionsvorhaben abgeschlossen sein muss, das vorlegende Gericht nicht feststellen kann, dass der Beihilfeanspruch bereits in dem Zeitpunkt erworben wurde, in dem die bindende Investitionsentscheidung getroffen worden ist (Tz. 43), bzw. eine Vorverlegung des Zeitpunkts eine Umgehung der Kommissionsentscheidung darstellt (Tz. 44) und letztlich aufgrund der bereits 1997 erfolgten Veröffentlichung der Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens im Amtsblatt (ABl. EG) ab diesem Zeitpunkt kein Vertrauensschutz besteht (Tz. 46f.).

29

Nach diesen Ausführungen hatte der Deutsche Gesetzgeber weder die Möglichkeit, Investitionen in Müllereibetriebe, bei denen die bindende Investitionsentscheidungen vor dem 3. September 1998 getroffen wurden, die Investitionen aber erst danach abgeschlossen worden sind - wie die streitigen -, zu begünstigen, noch besteht hier zu Gunsten der Klägerin ein Vertrauenstatbestand, da die Kommission bereits im Jahr 1997 die Einleitung eines Prüfverfahrens im Amtsblatt veröffentlicht hat.

30

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

31

III. Die Entscheidung ergeht durch Gerichtsbescheid gemäß § 90a FGO, da der Fall sich hierfür eignet, denn einerseits ist eine Beeinträchtigung des Rechtsschutzes der Beteiligten nicht zu erkennen, zumal der Prozessbevollmächtigte der Klägerin sich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt hat, und andererseits weist die Streitigkeit keine besondere Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art auf, nachdem sowohl das Bundesverfassungsgericht als auch der Gerichtshof der Europäischen Union zur Frage des Gestaltungsspielraums des deutschen Gesetzgebers und damit zur Frage des Vorliegens einer unzulässigen Rückwirkung bzw. zum Vertrauen der Klägerin sowie zur Möglichkeit einer Investitionszulageberechtigung für die streitigen Investitionen Stellung genommen haben


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Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt Gerichtsbescheid, 11. Juli 2013 - 1 K 398/13 zitiert 10 §§.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 100


(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an di

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 90a


(1) Das Gericht kann in geeigneten Fällen ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden. (2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheides mündliche Verhandlung beantragen. Hat das Finanzgeri

Einkommensteuer-Durchführungsverordnung - EStDV 1955 | § 9a Anschaffung, Herstellung


Jahr der Anschaffung ist das Jahr der Lieferung, Jahr der Herstellung ist das Jahr der Fertigstellung.

Investitionszulagengesetz 1996 - InvZulG 1991 | § 5 Höhe der Investitionszulage


(1) Die Investitionszulage beträgt 1.bei Investitionen im Sinne des § 3 Nr. 112 vom Hundert,2.bei Investitionen im Sinne des § 3 Nr. 2 und 38 vom Hundert,3.bei Investitionen im Sinne des § 3 Nr. 4 und 55 vom Hundert der Bemessungsgrundlage. (2) D

Investitionszulagengesetz 1996 - InvZulG 1991 | § 3 Investitionszeiträume


Die Investitionen sind begünstigt, wenn sie der Anspruchsberechtigte 1. nach dem 31. Dezember 1990 und vor dem 1. Juli 1992 abgeschlossen hat oder2. vor dem 1. Januar 1993 begonnen sowie nach dem 30. Juni 1992 und vor dem 1. Januar 1995 abgeschlossen

Investitionszulagengesetz 1996 - InvZulG 1991 | § 2 Art der Investitionen


Begünstigte Investitionen sind die Anschaffung und die Herstellung von neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die mindestens 3 Jahre nach ihrer Anschaffung oder Herstellung 1. zum Anlagevermögen eines Betriebs oder einer

Investitionszulagengesetz 1996 - InvZulG 1991 | § 4 Bemessungsgrundlage


Bemessungsgrundlage für die Investitionszulage ist die Summe der Anschaffungs- und Herstellungskosten der im Wirtschaftsjahr abgeschlossenen begünstigten Investitionen. In die Bemessungsgrundlage können die im Wirtschaftsjahr geleisteten Anzahlungen

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Bundesverfassungsgericht Beschluss, 04. Okt. 2011 - 1 BvL 3/08

bei uns veröffentlicht am 04.10.2011

Gründe A. 1 Das Finanzgericht begehrt eine Entscheidung des Bundes

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Begünstigte Investitionen sind die Anschaffung und die Herstellung von neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die mindestens 3 Jahre nach ihrer Anschaffung oder Herstellung

1.
zum Anlagevermögen eines Betriebs oder einer Betriebsstätte im Fördergebiet gehören,
2.
in einer Betriebsstätte im Fördergebiet verbleiben und
3.
in jedem Jahr zu nicht mehr als 10 vom Hundert privat genutzt werden.
Nicht begünstigt sind
1.
geringwertige Wirtschaftsgüter im Sinne des § 6 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes,
2.
Luftfahrzeuge, die der Anspruchsberechtigte vor dem 5. Juli 1990 oder nach dem 31. Oktober 1990 bestellt oder herzustellen begonnen hat,
3.
Personenkraftwagen und
4.
Wirtschaftsgüter, die der Anspruchsberechtigte nach dem 2. September 1998 angeschafft oder hergestellt hat und die in Nummer 1.2 zweiter oder dritter Gedankenstrich oder in Nummer 2 des Anhangs der Entscheidung der Europäischen Kommission 94/173/EG vom 22. März 1994 zur Festlegung der Auswahlkriterien für Investitionen zur Verbesserung der Verarbeitungs- und Vermarktungsbedingungen für land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Entscheidung 90/342/EWG - ABl. EG Nr. L 79 S. 29 - (Land- und Forstwirtschaftsentscheidung) genannt sind.

Gründe

A.

1

Das Finanzgericht begehrt eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber, ob der in § 2 Satz 2 Nr. 4 des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1996 (BGBl I 1996, S. 60) in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999 (BGBl I 1998, S. 3779) vorgesehene rückwirkende Ausschluss der Gewährung einer Investitionszulage für vor dem 28. September 1998 getroffene Investitionsentscheidungen wegen unzulässiger Rückwirkung verfassungswidrig ist.

I.

2

1. Das Investitionszulagengesetz regelt die Zahlung einer staatlichen Subvention (Investitionszulage) für bestimmte betriebliche Investitionen in dem das Land Berlin und die neuen Bundesländer umfassenden Fördergebiet. Mit dem Investitionszulagengesetz soll eine raschere und umfassendere Investitionstätigkeit privater Unternehmen im Fördergebiet erreicht werden (vgl. BTDrucks 12/3432, S. 69). Das Investitionszulagengesetz 1996 enthielt zunächst keine Einschränkungen für Investitionen im Landwirtschaftsbereich.

3

2. Am 22. März 1994 traf die Europäische Kommission eine Entscheidung (94/173/EG, ABl. EG 1994 Nr. L 79, S. 29), mit der Auswahlkriterien der für eine Gemeinschaftsbeteiligung in Betracht kommenden Investitionen zur Verbesserung der Verarbeitungs- und Vermarktungsbedingungen für land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse festgelegt wurden. Nach Nr. 2.1 des Anhangs der Entscheidung werden in den Sektoren Getreide und Reis - ausgenommen Saatgut - Investitionen unter anderem für Müllereibetriebe von der Förderung ausgeschlossen.

4

Mit Schreiben vom 20. Oktober 1995 (Nr. SG[95] D/13086, wiedergegeben in ABl. EG 1996 Nr. C 29, S. 4) teilte die Kommission den Mitgliedstaaten einen Gemeinschaftsrahmen und zweckdienliche Maßnahmen für staatliche Investitionsbeihilfen zur Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse mit. Ferner erklärte sie, dass sie keine Beihilfevorhaben mehr genehmigen werde, welche die Bedingungen des Gemeinschaftsrahmens und der zweckdienlichen Maßnahmen nicht erfüllten. Als unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt sei eine staatliche Beihilfe unter anderem für Investitionen anzusehen, die nach Nr. 2 des Anhangs der Entscheidung der Kommission vom 22. März 1994 ausgeschlossen seien. Die Bundesregierung ordnete die Mitteilung als nicht verbindliche Empfehlung nach Art. 189 Abs. 5 EGV (jetzt Art. 288 Abs. 5 AEUV) ein.

5

Am 12. Juni 1996 beschloss die Kommission, gegen Investitionsbeihilfen, die in Deutschland aufgrund bestehender Beihilferegelungen mit regionaler Zielsetzung für die Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse gewährt werden könnten, das Verfahren nach Art. 93 Abs. 2 EGV (jetzt Art. 108 Abs. 2 AEUV) einzuleiten. Mit Schreiben vom 1. Juli 1996 (Nr. SG[96] D/6026, wiedergeben in ABl. EG 1997 Nr. C 36, S. 13) setzte die Kommission die Bundesrepublik Deutschland hierüber in Kenntnis und forderte sie, die übrigen Mitgliedstaaten und andere Beteiligte zur Äußerung auf.

6

Die Kommission entschied schließlich am 20. Mai 1998 (Nr. K [1998] 1712, ABl. EG 1999 Nr. L 60, S. 61), dass nationale Beihilferegelungen mit dem Gemeinsamen Markt insofern unvereinbar seien, als sie dem Gemeinschaftsrahmen und den zweckdienlichen Maßnahmen für staatliche Investitionsbeihilfen zur Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse zuwiderliefen, die Deutschland mit Schreiben vom 20. Oktober 1995 mitgeteilt worden seien. Deutschland wurde aufgegeben, binnen zweier Monate bestehende Beihilferegelungen zu ändern oder aufzuheben; Deutschland habe insbesondere dafür zu sorgen, dass keine staatlichen Investitionsbeihilfen für Investitionen gewährt würden, die gemäß Nr. 2 des Anhangs der Entscheidung 94/173/EG vorbehaltlos ausgeschlossen seien. Das Schreiben der Kommission wurde der Bundesregierung am 2. Juli 1998 zugestellt.

7

3. Mit Schreiben vom 18. September 1998 teilte hierauf das Bundesministerium der Finanzen den obersten Finanzbehörden der Länder mit, dass ab dem 3. September 1998 unter anderem für die in Nr. 2 des Anhangs der Entscheidung 94/173/EG genannten Investitionen keine Investitionszulagen nach dem Investitionszulagengesetz 1996 zur Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse mehr gewährt werden dürften. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass eine entsprechende Änderung des Investitionszulagengesetzes vorgesehen sei. Das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen wurde am 28. September 1998 im Bundessteuerblatt veröffentlicht (BStBl I 1998, S. 1132).

8

4. Durch Art. 4 Nr. 1 des Steuerentlastungsgesetzes 1999 vom 19. Dezember 1998 wurde ein Ausschlusstatbestand in § 2 Satz 2 InvZulG als neue Nr. 4 eingefügt. Nicht begünstigt waren danach bestimmte Wirtschaftsgüter im Bereich der Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse, die nach dem 2. September 1998 angeschafft oder hergestellt worden waren. Die Vorschrift lautete nach der Änderung wie folgt:

9

§ 2 Art der Investitionen

10

1 Begünstigte Investitionen sind die Anschaffung und die Herstellung von neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die mindestens 3 Jahre nach ihrer Anschaffung oder Herstellung

11

1. zum Anlagevermögen eines Betriebs oder einer Betriebsstätte im Fördergebiet gehören,

12

2. in einer Betriebsstätte im Fördergebiet verbleiben und

13

3. in jedem Jahr zu nicht mehr als 10 vom Hundert privat genutzt werden.

14

2 Nicht begünstigt sind

15

1. geringwertige Wirtschaftsgüter im Sinne des § 6 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes,

16

2. Luftfahrzeuge, die der Anspruchsberechtigte vor dem 5. Juli 1990 oder nach dem 31. Oktober 1990 bestellt oder herzustellen begonnen hat,

17

3. Personenkraftwagen und

18

4. Wirtschaftsgüter, die der Anspruchsberechtigte nach dem 2. September 1998 angeschafft oder hergestellt hat und die in Nummer 1.2 zweiter oder dritter Gedankenstrich oder in Nummer 2 des Anhangs der Entscheidung der Europäischen Kommission 94/173/EG vom 22. März 1994 zur Festlegung der Auswahlkriterien für Investitionen zur Verbesserung der Verarbeitungs- und Vermarktungsbedingungen für land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Entscheidung 90/342/EWG - ABl. EG Nr. L 79 S. 29 - (Land- und Forstwirtschaftsentscheidung) genannt sind.

19

Die Neuregelung trat nach Art. 6 Abs. 2 des Steuerentlastungsgesetzes 1999 am Tag nach der Verkündung, dem 24. Dezember 1998, in Kraft.

20

In der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags heißt es zu der Neuregelung, die Kommission habe Deutschland verpflichtet, bestehende Beihilferegelungen innerhalb von zwei Monaten nach Bekanntgabe der Kommissionsentscheidung zu ändern oder aufzuheben; Deutschland müsse insbesondere dafür sorgen, dass keine Investitionsbeihilfen mehr für in der Entscheidung der Kommission vom 22. März 1994 genannte Investitionen gewährt würden (vgl. BTDrucks 14/125, S. 44).

21

5. In der Folgezeit haben die Vertreter der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder die Frage erörtert, wie der von der Kommission verwendete Begriff der "Gewährung" auszulegen sei. Hierunter könne nicht die "Auszahlung" der Steuervergünstigung verstanden werden, vielmehr unterlägen den Einschränkungen des Gemeinschaftsrahmens nur Investitionen, die nach dem 2. September 1998 abgeschlossen würden.

II.

22

1. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, unterhält einen Mühlenbetrieb in den neuen Bundesländern. Sie beantragte im September 1999 die Gewährung einer Investitionszulage für Investitionen aus dem Jahr 1998 in Höhe von rund 5,9 Millionen DM. Das Finanzamt setzte Investitionszulage lediglich für Investitionen in Höhe von ca. 1,9 Millionen DM fest. Die auf die darüber hinaus gehende Bemessungsgrundlage von 3,9 Millionen DM entfallende Investitionszulage versagte das Finanzamt auf der Grundlage von § 2 Satz 2 Nr. 4 InvZulG 1996 in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999 mit der Begründung, die Investitionen seien erst nach dem 2. September 1998 durchgeführt worden. Der von der Klägerin erhobene Einspruch hatte keinen Erfolg.

23

2. Mit der Klage begehrt die Klägerin die Gewährung der versagten Investitionszulage. Sie macht im Wesentlichen geltend, die Einfügung von § 2 Satz 2 Nr. 4 InvZulG 1996 verstoße gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot. Zwar sei der Anspruch auf Investitionszulage erst mit Ablauf des Jahres 1998 entstanden, gleichwohl seien die Maßstäbe der echten Rückwirkung einschlägig. Die Investitionsentscheidungen seien bereits vor dem 3. September 1998 und damit auch vor Verkündung der Änderung des § 2 InvZulG 1996 getroffen worden. Die von der Änderung betroffenen Subventionsnormen hätten ihre Lenkungsfunktion erreicht und seien zu einer schutzwürdigen Vertrauensgrundlage geworden. Die damit verbundene echte Rückwirkung sei auch nicht ausnahmsweise deshalb gerechtfertigt, weil Deutschland andernfalls ein gemeinschaftsrechtliches Vertragsverletzungsverfahren gedroht hätte.

III.

24

Das Finanzgericht hat das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 2 Satz 2 Nr. 4 InvZulG 1996 in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999 insoweit mit Art. 20 Abs. 3 GG vereinbar ist, als die Vorschrift auch Investitionen umfasst, bezüglich derer der Investor eine bindende Investitionsentscheidung vor dem 28. September 1998 getroffen hat.

25

§ 2 Satz 2 Nr. 4 InvZulG 1996 schließe Investitionszulage für die Wirtschaftsgüter aus, die nach dem 2. September 1998 angeschafft worden seien, während die Klägerin ihre verbindlichen Investitionsentscheidungen vor dem 3. September 1998 getroffen habe.

26

Die Regelung verstoße gegen das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot des Art. 20 Abs. 3 GG, soweit danach auch Investitionen, zu deren Durchführung der Investor seine Dispositionsentscheidung vor dem 28. September 1998 getroffen habe, von der Investitionszulage ausgeschlossen seien.

27

Ein Investor genieße von dem Zeitpunkt seiner bindenden und nicht mehr ohne weiteres rückgängig zu machenden Dispositionsentscheidung an Vertrauensschutz gegenüber Gesetzen, die die steuerliche Förderung der Investition einschränkten oder aufhöben. Das Vertrauen des Investors in den Bestand der ihn begünstigenden Norm sei nach den Maßstäben der echten Rückwirkung geschützt, auch wenn begrifflich in derartigen Fällen keine echte Rückwirkung vorliege. Die Grundlage des Vertrauens in den Bestand der Regeln des Investitionszulagengesetzes 1996 vor Einfügung der streitigen Vorschrift sei auch nicht durch Rechtsakte oder Verlautbarungen vor September 1998 erschüttert worden. Weder die Entscheidung der Kommission vom 22. März 1994, noch das Schreiben der Kommission vom 20. Oktober 1995, noch die Einleitung des Hauptprüfverfahrens am 12. Juni 1996 oder die Aufforderung der Kommission an die anderen Mitgliedstaaten und interessierten Parteien, sich zu äußern, hätten dies bewirken können. Erst die Veröffentlichung der Entscheidung der Kommission vom 20. Mai 1998 im Bundessteuerblatt am 28. September 1998 habe ein schützenswertes Vertrauen in den Fortbestand der Fördervorschriften entfallen lassen.

28

Die mit § 2 Satz 2 Nr. 4 InvZulG 1996 verbundene Rückwirkung sei verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt. Die in der Rechtsprechung anerkannten Rechtfertigungsgründe lägen nicht vor. Es seien nicht verfassungsrechtlich oder aufgrund von Gemeinschaftsrecht unwirksame Rechtsnormen neu geregelt worden. Auch seien keine zwingenden Gründe des Gemeinwohls erkennbar, die eine Rückwirkung rechtfertigen könnten.

29

Die Entscheidung der Kommission vom 20. Mai 1998 habe nicht geboten, Investitionen auch dann von der Gewährung von Investitionszulage auszuschließen, wenn sie in Gestalt bindender Investitionsentscheidungen bereits begonnen worden seien. Zum einen habe die Kommission die bisherigen nationalen Vorschriften für die Vergangenheit akzeptiert. Zum anderen hätte ein Vertragsverletzungsverfahren nicht gedroht, weil eine Übergangsregelung mit dem Inhalt, dass bereits begonnene Investitionen förderfähig blieben, mit der Kommissionsentscheidung vereinbar gewesen wäre. Die Kommission habe nur eine Verpflichtung mit Wirkung für die Zukunft ausgesprochen. In der Anordnung vom 20. Mai 1998, entgegenstehende Beihilfevorschriften zu ändern oder aufzuheben, liege weder dem Wortlaut noch dem Sinn nach eine Verpflichtung, alle Beihilfen auch für die Vergangenheit aufzuheben. Hätte die Kommission eine Rückwirkung anordnen wollen, hätte sie dies ausdrücklich getan, zumal eine solche Anordnung nicht selbstverständlich sei und dem Gemeinschaftsrecht Vertrauensschutzerwägungen nicht grundsätzlich fremd seien. Dass auch bereits begonnene Investitionen erfasst sein sollten, sei der Entscheidung der Kommission nicht zu entnehmen, obwohl eine Investition in der Regel ein zwischen Planung und Abschluss zeitlich gestreckter Tatbestand sei.

30

Das Verständnis der Kommissionsentscheidung durch die Finanzbehörden, das die Förderfähigkeit von bereits begonnenen Investitionen nicht in den Blick nehme, verkenne den Charakter von Beihilfeentscheidungen. Die Alternative zur Gleichsetzung der "Gewährung" mit der "Auszahlung" sei nicht allein die Zulagenfestsetzung für abgeschlossene Investitionen. Anzuknüpfen sei an die Verwirklichung des materiellrechtlichen Subventionstatbestands, was in den Fällen, in denen lediglich Teile des Sachverhalts bereits vor dem Stichtag verwirklicht worden seien, eine Gewährung von Investitionszulage nicht ausschließe. Schreibe die Kommissionsentscheidung nicht ausdrücklich vor, Beihilfen auch für nur begonnene Investitionen zu versagen, bestehe kein Anlass, sie ohne zwingenden Grund in dieser Weise auszulegen, wenn dies zu einer verfassungsrechtlich bedenklichen Rückwirkung führe.

31

Diese Annahme werde auch durch den späteren Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen im Agrarsektor vom 1. Februar 2000 (ABl. EG 2000 Nr. C 28, S. 2) bestätigt. Hiernach sollten - nach neuerlicher Rechtsänderung nun wieder zulässige - agrarwirtschaftliche Beihilfen nicht für Arbeiten oder Tätigkeiten gewährt werden, die bereits vor der ordnungsgemäßen Beantragung begonnen oder durchgeführt worden seien. Mithin gehe auch das Gemeinschaftsrecht davon aus, dass sich die lenkende Wirkung einer Subvention bereits im Beginn einer Investition niederschlage. Sei die Gewährung einer Beihilfe ausgeschlossen, wenn die Investition bereits begonnen worden sei, könne ein in die Zukunft gerichtetes Beihilfeverbot auch nur Investitionen umfassen, die noch nicht begonnen hätten.

32

Selbst wenn Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren gedroht hätte, hätte dies die Neufassung des § 2 Satz 2 Nr. 4 InvZulG 1996 nicht gerechtfertigt. Denn nicht jedes drohende Vertragsverletzungsverfahren rechtfertige eine echte Rückwirkung zu Lasten des Bürgers. Beruhe die Gefahr eines Vertragsverletzungsverfahrens allein darauf, dass sich Deutschland auf Grund unsorgfältiger Verfahrensweise im Gemeinschaftsrecht verstrickt habe, diene es nicht mehr dem Gemeinwohl, den Ausweg hieraus auf Kosten des Vertrauensschutzes anzutreten; die erforderliche Abwägung zwischen dem Vertrauensschutz und der Abwehr eines Vertragsverletzungsverfahrens falle deswegen zu Gunsten des Vertrauensschutzes aus.

33

Eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof komme nicht in Betracht. Der Senat habe keine Zweifel an der Auslegung der maßgebenden Regeln des Gemeinschaftsrechts einschließlich der Entscheidungen der Kommission. Er stelle auch die Vereinbarkeit der Entscheidungen der Kommission mit höherrangigem Gemeinschaftsrecht nicht in Frage. Der Rechtsverstoß sei im nationalen Recht begründet.

IV.

34

Zur Vorlage haben das Bundesministerium der Finanzen namens der Bundesregierung, der Bundesfinanzhof, der Deutsche Industrie- und Handelskammertag, der Verband Deutscher Mühlen und der Bundesverband mittelständische Wirtschaft Stellung genommen.

35

1. Die Bundesregierung hat Zweifel an der Zulässigkeit der Vorlage, hält aber § 2 Satz 2 Nr. 4 InvZulG 1996 jedenfalls für verfassungsgemäß.

36

a) Das Bundesverfassungsgericht habe entschieden, dass europäische Rechtsakte, zu deren Umsetzung die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet sei, als abgeleitetes Gemeinschaftsrecht nicht der Überprüfung durch deutsche Gerichte unterlägen. Mit § 2 Satz 2 Nr. 4 InvZulG 1996 sei der deutsche Gesetzgeber lediglich den verbindlichen Vorgaben der Europäischen Kommission aus der Entscheidung vom 20. Mai 1998 gefolgt. Die Kommission habe keinen Ermessensspielraum gelassen, indem sie eine konkrete Frist zur Umsetzung der verlangten Änderungen gesetzt habe; Deutschland habe nur noch bis zum 2. September 1998 staatliche Investitionsbeihilfen bewilligen dürfen.

37

b) Da der Anspruch auf Investitionszulage entsprechend § 4 Satz 1 InvZulG 1993 nicht mit der Antragstellung, sondern mit dem Ablauf des Wirtschaftsjahres entstehe, in dem die Investition vorgenommen worden sei, habe sich die Änderung des § 2 InvZulG 1996 auf keinen abgeschlossenen Sachverhalt bezogen. Es handele sich um eine tatbestandliche Rückanknüpfung und damit um eine unechte Rückwirkung, die gerechtfertigt sei.

38

Das Vertrauen desjenigen Investors, zu dessen Gunsten noch nicht sämtliche Anspruchsvoraussetzungen erfüllt seien, sei nicht ebenso schutzwürdig wie das Vertrauen eines Investors, der bereits sämtliche Anspruchsvoraussetzungen erfüllt habe. Dies gelte unabhängig davon, dass bereits mit der unternehmerischen Dispositionsentscheidung die Lenkungs- und Gestaltungsfunktion des Gesetzes erreicht werde. Mit der Gesetzesänderung seien die verbindlichen Vorgaben der Kommissionsentscheidung vom 20. Mai 1998 in nationales Recht umgesetzt worden, ohne dass der Gesetzgeber - auch angesichts eines ansonsten drohenden Vertragsverletzungsverfahrens - einen Handlungsspielraum gehabt hätte. Werde aus Vertrauensschutzaspekten nicht erst auf den Zeitpunkt der endgültigen Anspruchsentstehung, sondern auf einen früheren Zeitpunkt abgestellt, müsse jedenfalls auf einen einheitlichen Zeitpunkt für sämtliche materiellrechtliche Voraussetzungen, nämlich auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Investition, also die Anschaffung oder Herstellung, abgestellt werden. Mit ihrer im Amtsblatt veröffentlichten Entscheidung vom 22. März 1994 und dem ebenfalls im Amtsblatt bekanntgegebenen Schreiben vom 20. Oktober 1995 habe die Kommission deutlich gemacht, künftig Investitionen in Müllereibetriebe von der beihilferechtlichen Förderfähigkeit ausschließen zu wollen. Betroffene Unternehmen hätten daher von den bevorstehenden Änderungen Kenntnis nehmen können. Spätestens mit Einleitung des förmlichen Beihilfeprüfverfahrens sei das Vertrauen in den Fortbestand der später geänderten Rechtslage zerstört gewesen. Jedenfalls müsse ein schützenswertes Vertrauen der Klägerin hinter den mit der Gesetzesänderung verfolgten dringenden Gemeinwohlinteressen zurücktreten. Denn mit der Gesetzesänderung seien lediglich zwingende europarechtliche Vorgaben umgesetzt worden. Hätte der Gesetzgeber den Vorgaben aus der Entscheidung der Kommission vom 20. Mai 1998 nicht fristgerecht entsprochen, hätte er die unmittelbare Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens riskiert.

39

Selbst wenn mit § 2 Satz 2 Nr. 4 InvZulG 1996 eine echte Rückwirkung verbunden wäre oder die Regelung sich an den Maßstäben für die Rechtfertigung einer solchen messen lassen müsste, wäre die Regelung nicht verfassungswidrig. Vertrauensschutz sei nicht gefordert, wenn in dem Zeitpunkt, auf den der Eintritt der Rechtsfolge vom Gesetz zurückbezogen werde, mit einer Änderung der Regelung zu rechnen gewesen sei. Eben dies sei aus den bereits ausgeführten Gründen der Fall; vom Gesetzgeber könne nicht verlangt werden, sehenden Auges eine Vertragsverletzung zu begehen, um das Vertrauen des Einzelnen in die Förderfähigkeit von Investitionsentscheidungen zu schützen, obwohl dieser Kenntnis von den bevorstehenden Gesetzesänderungen hätte haben müssen und die Möglichkeit gehabt hätte, seine Vertragsverpflichtung offen zu halten sowie vor der Investitionsentscheidung eine verbindliche Auskunft des Finanzamts einzuholen.

40

2. Der Bundesfinanzhof hat eine Stellungnahme des III. Senats übermittelt, die im Wesentlichen seine Rechtsprechung zur rückwirkenden Änderung investitionszulagenrechtlicher Vorschriften wiedergibt.

41

3.Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag und der Verband Deutscher Mühlen sind der Auffassung, die Änderung der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Investitionszulage stelle eine verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigte, echte Rückwirkung dar. Bis zur Erkennbarkeit der Rechtsänderung nach Veröffentlichung der Kommissionsentscheidung vom 20. Mai 1998 sei der Klägerin Vertrauensschutz zu gewähren. Diese habe zum Zeitpunkt ihrer bindenden Investitionsentscheidungen nicht mit einer Änderung der subventionsgewährenden Norm rechnen müssen, die ihre Lenkungsfunktion bereits verwirklicht habe. Zwingende, die Rückwirkung rechtfertigende Gründe des Gemeinwohls lägen nicht vor. Auf ein drohendes Vertragsverletzungsverfahren könne sich der Gesetzgeber nicht berufen, weil der Staat von seinen Bürgern nicht erwarten könne, dass diese bessere Rechtskenntnisse als er selbst hätten. Ein Vertragsverletzungsverfahren wäre zudem nicht zwingend Folge einer Anerkennung des Vertrauens der Klägerin gewesen. Mangels ausdrücklicher Anordnung sei nicht davon auszugehen, dass die Kommission eine Rückwirkung habe anordnen wollen.

42

4. Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft ist der Ansicht, dass eine unzulässige echte Rückwirkung vorliege. Dem stehe aber das Europäische Gemeinschaftsrecht zum Vertrauensschutz und dessen Anwendung auf staatliche Beihilfen gegenüber. Das Bundesverfassungsgericht habe zu prüfen, ob es den teilweisen Verzicht auf Rechtsstaatlichkeit aus Gründen der Durchsetzung des Europäischen Gemeinschaftsrechts hinnehme oder insoweit dessen Anwendung verbiete.

B.

43

Die Vorlage ist unzulässig, weil das vorlegende Gericht nicht hinlänglich geklärt hat, ob die dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegte Norm des Investitionszulagengesetzes 1996 auf einer den deutschen Gesetzgeber bindenden Vorgabe des Gemeinschaftsrechts beruht, und im Hinblick hierauf die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage nicht hinreichend dargetan hat.

I.

44

Legt ein Gericht dem Bundesverfassungsgericht eine Norm vor, die in Umsetzung von Rechtsakten der Europäischen Union ergangen ist, ist diese Vorlage wegen der vom Bundesverfassungsgericht in solchen Fällen praktizierten Zurücknahme der Ausübung seiner Gerichtsbarkeit entscheidungserheblich, wenn das Gesetz in Ausfüllung eines nationalen Umsetzungsspielraums ergangen ist. Ob das Unionsrecht im jeweiligen Streitfall einen derartigen Umsetzungsspielraum lässt, hat das Fachgericht zu klären (1) und sich mit den dabei auftretenden Fragen hinreichend substantiiert auseinanderzusetzen (2).

45

1. Ein Gesetz, das Unionsrecht umsetzt, kann nur dann dem Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG zur Entscheidung über seine Verfassungsmäßigkeit vorgelegt werden, wenn es der Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht unterliegt. Solange und soweit das Bundesverfassungsgericht seine Prüfung von Unionsrecht und von zwingendes Unionsrecht umsetzendem nationalem Recht am Maßstab des Grundgesetzes zurücknimmt, ist die Frage der Vereinbarkeit des Gesetzes mit dem Grundgesetz nicht entscheidungserheblich, da sie weder vom Bundesverfassungsgericht noch vom Vorlagegericht zu beantworten ist. Die Vorlage eines Gesetzes an das Bundesverfassungsgericht ist in einem solchen Fall unzulässig. Das Fachgericht hat daher vor einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG zu klären, ob das Unionsrecht dem nationalen Gesetzgeber einen die verfassungsgerichtliche Prüfung ermöglichenden Spielraum belässt.

46

a) Über die Anwendbarkeit von Unionsrecht in der Bundesrepublik Deutschland, das als Rechtsgrundlage für ein Verhalten deutscher Gerichte und Behörden in Anspruch genommen wird, übt das Bundesverfassungsgericht - jenseits des hier nicht in Rede stehenden Ultra-vires- und Verfassungsidentitätsvorbehalts (vgl. dazu BVerfGE 123, 267 <353 f.>; 126, 286 <302 f.>) - seine Gerichtsbarkeit nicht mehr aus und überprüft dieses Recht mithin nicht am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes, solange die Europäische Union einen wirksamen Schutz der Grundrechte gegenüber der Hoheitsgewalt der Union generell gewährleistet, der dem vom Grundgesetz jeweils als unabdingbar gebotenen Grundrechtsschutz im Wesentlichen gleich zu achten ist, zumal den Wesensgehalt der Grundrechte generell verbürgt (vgl. BVerfGE 73, 339 <387>; 102, 147 <162 ff.>; 118, 79 <95>). Dies gilt auf der Grundlage von Art. 23 Abs. 1 GG nicht nur für Verordnungen, sondern auch für Richtlinien nach Art. 288 Abs. 3 AEUV und an die Bundesrepublik Deutschland gerichtete Beschlüsse der Kommission nach Art. 288 Abs. 4 AEUV (früher: Entscheidungen der Kommission nach Art. 249 Abs. 4 EGV). Auch eine innerstaatliche Rechtsvorschrift, die eine Richtlinie oder einen Beschluss in deutsches Recht umsetzt, wird insoweit nicht an den Grundrechten des Grundgesetzes gemessen, als das Unionsrecht keinen Umsetzungsspielraum lässt, sondern zwingende Vorgaben macht (vgl. BVerfGE 118, 79 <95 f.>; 125, 260 <306 f.>).

47

b) Stellt sich einem Fachgericht die Frage der Vereinbarkeit eines für sein Verfahren entscheidungserheblichen, aus dem Unionsrecht abgeleiteten Gesetzes mit den Grundrechten, ist es daher zunächst seine Aufgabe - gegebenenfalls durch eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden: Europäischer Gerichtshof) nach Art. 267 Abs. 1 AEUV - zu klären, ob das Unionsrecht dem deutschen Gesetzgeber einen Umsetzungsspielraum belässt. Erst wenn dies feststeht, kann das den Umsetzungsspielraum ausfüllende Gesetz der Prüfung seiner Verfassungsmäßigkeit durch das Bundesverfassungsgericht unterliegen und damit eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht in Betracht kommen.

48

aa) Die Pflicht des vorlegenden Gerichts zur Klärung der Verbindlichkeit der unionsrechtlichen Vorgaben für den deutschen Gesetzgeber folgt aus dem Erfordernis der Entscheidungserheblichkeit. Eine Vorlage gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG ist nur zulässig, wenn sie für die Entscheidung des Ausgangsverfahrens entscheidungserheblich ist. Insofern muss zum einen das vorgelegte Gesetz für das von dem vorlegenden Gericht zu entscheidende Verfahren entscheidungserheblich sein. Da das Bundesverfassungsgericht nur mit für das Ausgangsverfahren Entscheidungserheblichem befasst werden soll, setzt die Vorlage eines vom Gericht als verfassungswidrig beurteilten Gesetzes zum anderen voraus, dass das Bundesverfassungsgericht über die aufgeworfene Verfassungsrechtsfrage entscheiden kann. Letzteres ist nicht der Fall, wenn das Bundesverfassungsgericht sich mit Rücksicht auf der Europäischen Union übertragene Hoheitsrechte einer Prüfung des deutschen Umsetzungsrechts am Maßstab des Grundgesetzes enthält. Dann vermag die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nichts zur Lösung des Ausgangsfalls beizutragen; das Ergebnis einer solchen Vorlage ist nicht entscheidungserheblich.

49

bb) Im Verhältnis zum Bundesverfassungsgericht ist es vorrangig Aufgabe der Fachgerichte, die Frage eines unionsrechtlichen Umsetzungsspielraums für den nationalen Gesetzgeber zu klären, gegebenenfalls durch Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 1 AEUV.

50

(1) Besteht Unklarheit über die Bedeutung von Unionsrecht, kommt eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 1 AEUV in Betracht, anlässlich derer der Europäische Gerichtshof im Vorabentscheidungsverfahren über die Gültigkeit und die Auslegung von Unionsrecht, aber auch über die Handlung eines Unionsorgans, wie etwa über die Frage der Bindung eines Mitgliedstaats an einen Beschluss der Kommission nach Art. 288 Abs. 4 AEUV, befinden kann.

51

Eine Pflicht zur Vorlage zum Europäischen Gerichtshof besteht nach Unionsrecht ausschließlich für letztinstanzliche Gerichte, deren Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des nationalen Rechts angefochten werden können (Art. 267 Abs. 3 AEUV). Auch letztinstanzliche Gerichte eines Mitgliedstaates sind nicht zur Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens verpflichtet, wenn die betreffende unionsrechtliche Frage bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof war oder die richtige Anwendung des Unionsrechts derart offenkundig ist, dass für vernünftige Zweifel kein Raum bleibt. Ein letztinstanzliches nationales Gericht darf einen vernünftigen Zweifel an der Entscheidung der gestellten Frage nur verneinen, wenn es überzeugt ist, dass auch für die Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten und den Europäischen Gerichtshof die gleiche Gewissheit bestünde. Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, darf das letztinstanzliche innerstaatliche Gericht davon absehen, diese Frage dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen und sie stattdessen in eigener Verantwortung beantworten (acte-clair-Doktrin, vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982, Rs. C-283/81, C.I.L.F.I.T., Slg. 1982, S. 3415; BVerfGE 82, 159 <193>).

52

(2) Auch Instanzgerichte sind allerdings zu einer Klärung unionsrechtlicher Fragen durch eine Vorabentscheidung beim Europäischen Gerichtshof verpflichtet, wenn unklar ist, ob und inwieweit das Unionsrecht den Mitgliedstaaten einen Umsetzungsspielraum belässt, sofern Anlass zur Vorlage des nationalen Umsetzungsrechts wegen Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG besteht.

53

Dass Art. 267 Abs. 2 AEUV den nicht letztinstanzlichen nationalen Gerichten aus unionsrechtlicher Sicht insofern einen größeren Entscheidungsspielraum einräumt, widerspricht dem nicht, weil die hier in Rede stehende Vorlagepflicht ihre Grundlage im Vorbehalt der Entscheidungserheblichkeit nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG (s.o. aa) und damit im nationalen Verfassungsprozessrecht findet.

54

Diese Pflicht der Instanzgerichte zur Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV korrespondiert mit der im Verhältnis zum Bundesverfassungsgericht vorrangig den Fachgerichten zukommenden Kompetenz und Aufgabe, das einfache innerstaatliche Recht auszulegen (vgl. BVerfGE 79, 1 <24>; 86, 382 <386 f.>; 113, 88 <103>) und gegebenenfalls die Auswirkungen des Unionsrechts auf eine einfachrechtliche innerstaatliche Rechtsvorschrift zu beurteilen. Es liegt dabei in der Kompetenz der nationalen Fachgerichte, das Unionsrecht auszulegen, soweit es für ihre Entscheidung darauf ankommt. Ebenso wie die Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts in erster Linie den Fachgerichten obliegt, sind sie auch zur Auslegung und Anwendung des Unionsrechts berufen (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 19. Juli 2011 - 1 BvR 1916/09 -, juris, Rn. 89; ferner BVerfGE 126, 286 <316>). In diesem Rahmen haben sie auch die Verbindlichkeit unionsrechtlicher Vorgaben für den nationalen Gesetzgeber zu klären und erforderlichenfalls den Europäischen Gerichtshof anzurufen. Die Beurteilung der Auswirkungen der vom Europäischen Gerichtshof geklärten unionsrechtlichen Fragen auf das nationale Recht ist sodann wiederum in erster Linie Aufgabe der Fachgerichte und nicht des Bundesverfassungsgerichts. Es entspräche hingegen nicht der im Grundgesetz angelegten Kompetenzverteilung zwischen dem Bundesverfassungsgericht und den Fachgerichten, wenn sie im Verhältnis zum Unionsrecht ungeklärtes nationales Umsetzungsrecht nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorlegen dürften und so das Bundesverfassungsgericht seinerseits zur Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 Abs. 3 AEUV veranlassen könnten, sofern es nur auf diese Weise seinen verfassungsgerichtlichen Prüfungsumfang bestimmen könnte.

55

cc) Die Pflicht der Fachgerichte, vor einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht Inhalt und Verbindlichkeit des Unionsrechts, gegebenenfalls durch Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 Abs. 1 AEUV zu klären, steht nicht in Widerspruch zu der vom Bundesverfassungsgericht bestätigten Möglichkeit der Fachgerichte, zwischen Normenkontrolle nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG und Vorlage zum Europäischen Gerichtshof zu wählen, da dies andere Fallkonstellationen betrifft.

56

Steht in Streit, ob eine im Ausgangsverfahren entscheidungserhebliche Rechtsvorschrift mit Unionsrecht und Verfassungsrecht vereinbar ist, gibt es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aus der Sicht des deutschen Verfassungsrechts grundsätzlich keine feste Rangfolge unter den vom Fachgericht gegebenenfalls einzuleitenden Zwischenverfahren nach Art. 267 Abs. 2 oder 3 AEUV und der Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG. Ein Gericht, das sowohl unionsrechtliche als auch verfassungsrechtliche Zweifel hat, darf daher nach eigenen Zweckmäßigkeitserwägungen entscheiden, welches Zwischenverfahren es zunächst einleitet (vgl. BVerfGE 116, 202 <214>). Im Unterschied dazu geht es bei der hier in Frage stehenden Bindung des nationalen Gesetzgebers an vorrangiges Unionsrecht um die Bestimmung der Prüfungsbefugnis des Bundesverfassungsgerichts und damit um eine für die Zulässigkeit der Normenkontrolle zwingend zu klärende Vorfrage.

57

c) Für die Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage im Rahmen einer konkreten Normenkontrolle ist grundsätzlich die Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts maßgebend, sofern diese nicht offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BVerfGE 2, 181 <190 f., 193>; 88, 187 <194>; 105, 61 <67>). Dies folgt aus der in erster Linie den Fachgerichten vorbehaltenen Aufgabe zur Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts wie auch des Unionsrechts.

58

Für die Frage nach der Entscheidungserheblichkeit einer Vorlage, die Unionsrecht umsetzendes nationales Recht zum Gegenstand hat, ist eine so weitgehende Zurücknahme der Kontrolle der Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts jedoch nicht gerechtfertigt. Denn mit der Entscheidung über die Reichweite der unionsrechtlichen Bindung des nationalen Gesetzgebers wird zugleich über die Grenzen der verfassungsgerichtlichen Prüfung am Maßstab des Grundgesetzes befunden. Die Bestimmung der Voraussetzungen für die Ausübung der eigenen Gerichtsbarkeit und damit die Beantwortung der Frage, ob es das nationale Recht am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes misst oder darauf verzichtet, muss im Verhältnis zum vorlegenden Gericht in der Hand des Bundesverfassungsgerichts verbleiben. Die Entscheidung eines Fachgerichts darüber, ob und inwieweit Unionsrecht im Sinne eines acte-clair dem Gesetzgeber einen Umsetzungsspielraum belässt, ist daher nicht nur einer Offensichtlichkeitskontrolle durch das Bundesverfassungsgericht unterworfen. Diesem steht insoweit vielmehr ein weitergehendes Überprüfungsrecht zu (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 19. Juli 2011 - 1 BvR 1916/09 -, juris, Rn. 90). Andernfalls hätte es das Fachgericht in der Hand, auch mit einer nicht überzeugend begründeten Annahme eines dem nationalen Gesetzgeber verbleibenden Umsetzungsspielraums eine inhaltliche Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht zu veranlassen, sofern sie sich nur nicht als offensichtlich unhaltbar erweist.

59

Dem steht nicht entgegen, dass das Bundesverfassungsgericht das Unterlassen einer Vorlage zum Europäischen Gerichtshof durch ein letztinstanzliches Gericht im Rahmen einer auf einen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gestützten Verfassungsbeschwerde lediglich auf eine unhaltbare Handhabung der Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV kontrolliert (vgl. zuletzt BVerfGE 126, 286 <315 ff.>; BVerfG, Beschlüsse des Ersten Senats vom 25. Januar 2011 - 1 BvR 1741/09 -, NJW 2011, S. 1427 <1431> [Tz. 104 f.] und vom 19. Juli 2011 - 1 BvR 1916/09 -, juris, Rn. 98). Denn in jenen Fällen geht es nicht um die Entscheidung über die Ausübung der verfassungsgerichtlichen Prüfung bei einer Normenkontrolle, sondern um die auch sonst nur in weiten Grenzen überprüfte Handhabung des Prozessrechts durch die Gerichte im Hinblick auf die Wahrung des gesetzlichen Richters.

60

2. Mit der Pflicht des Gerichts, vor der Vorlage eines Unionsrecht umsetzenden Gesetzes an das Bundesverfassungsgericht die Verbindlichkeit der unionsrechtlichen Vorgaben zu klären, korrespondiert eine entsprechende Darlegungspflicht im Rahmen der Vorlage.

61

Gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG muss das vorlegende Gericht darlegen, inwiefern seine Entscheidung von der Vorlage abhängt und dass das Gericht die gebotene Prüfung der Entscheidungserheblichkeit vorgenommen hat. Nach ständiger Rechtsprechung muss dem Beschluss mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen sein, dass und aus welchen Gründen das Gericht bei der Gültigkeit der Vorschrift zu einem anderen Ergebnis kommen würde als im Fall ihrer Ungültigkeit (vgl. BVerfGE 86, 71 <77>; 88, 187 <194>; 105, 48 <56>; 105, 61 <67>). Das vorlegende Gericht muss im Hinblick auf die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage den verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab nennen und die für seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit maßgebenden Erwägungen nachvollziehbar und umfassend darlegen (vgl. BVerfGE 86, 71 <77 f.>; 88, 70 <74>; 88, 187 <194>; BVerfGK 14, 429 <432>). Dabei muss das Gericht auf naheliegende tatsächliche und rechtliche Gesichtspunkte eingehen. Insbesondere kann es erforderlich sein, die Gründe zu erörtern, die im Gesetzgebungsverfahren als für die gesetzgeberische Entscheidung maßgebend genannt worden sind (vgl. BVerfGE 86, 71 <77 f.>; BVerfGK 14, 429 <432>).

62

Diese Maßstäbe gelten entsprechend für die Pflicht des Gerichts, seine - womöglich ohne Einleitung eines Vorabentscheidungsersuchens gewonnene - Annahme darzulegen, dass das einschlägige Unionsrecht dem nationalen Gesetzgeber in der in Streit stehenden Frage einen Umsetzungsspielraum belässt. Auch diesbezüglich hat es mit hinreichender Deutlichkeit die Gründe dafür aufzuzeigen  , dass die Vorlage des Gesetzes entscheidungserheblich ist.

II.

63

Das Finanzgericht hat die Entscheidungserheblichkeit der Vorlage schon nicht ausreichend dargelegt (1). Zudem hätte es durch ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof klären lassen müssen, ob der Gesetzgeber bei Umsetzung der unionsrechtlichen Vorgaben einen Spielraum zu weitergehenden Übergangsregelungen hatte (2).

64

1. Die Darlegungen des Finanzgerichts zur Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage genügen nicht den Anforderungen des Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG.

65

a) Das vorlegende Gericht hat sich bereits nicht damit auseinandergesetzt, dass die verfassungsrechtliche Prüfung des § 2 Satz 2 Nr. 4 InvZulG 1996 durch das Bundesverfassungsgericht deshalb eingeschränkt sein kann, weil der deutsche Gesetzgeber mit dieser Regelung eine Entscheidung der Europäischen Kommission in deutsches Recht umgesetzt hat. Zwar hat sich das Finanzgericht damit befasst, ob der deutsche Gesetzgeber in Ansehung der Entscheidung der Kommission berechtigt war, nach Ablauf der von der Kommission gesetzten Frist Investitionszulage zu gewähren, wenn eine bindende Investitionsentscheidung seitens eines Investors bereits vor Fristablauf getroffen worden war. Einen Bezug zum Umfang der verfassungsgerichtlichen Prüfung des § 2 Satz 2 Nr. 4 InvZulG 1996 hat es dabei jedoch nicht hergestellt. Im Gegenteil hat das Finanzgericht den Rechtsverstoß ausdrücklich als ausschließlich im nationalen Recht begründet angesehen.

66

b) Im Übrigen fehlt es an hinreichenden Ausführungen zum Umfang der Bindungswirkung der Kommissionsentscheidung für den deutschen Gesetzgeber.

67

Zwar hat das Finanzgericht angenommen, dass die Kommission mit ihrer Entscheidung vom 20. Mai 1998 die tatsächlichen Verhältnisse in der Vergangenheit akzeptiert und nur eine Regelung für die Zukunft getroffen hat. Dieser Befund bleibt allerdings ohne Erkenntniswert für die Frage, ob die Kommissionsentscheidung damit auch Investitionsbeihilfen für schon vor Ablauf der zweimonatigen Frist getroffene Investitionsentscheidungen unterbinden wollte. Entsprechendes gilt für die Bezugnahme des Finanzgerichts auf den späteren Gemeinschaftsrahmen.

68

Das Finanzgericht hat sein Verständnis der Kommissionsentscheidung - wonach dem deutschen Gesetzgeber die spätere Berücksichtigung vor dem 3. September 1998 verbindlich getroffener Investitionsentscheidungen nicht verwehrt gewesen sein soll - wesentlich damit begründet, dass die Kommission nicht ausdrücklich vorgegeben habe, Beihilfen auch für bereits begonnene Investitionen zu versagen. Dass sich die Kommission in ihrer Entscheidung nicht ausdrücklich mit bereits vor Ablauf der von ihr gesetzten Frist getroffenen Investitionsentscheidungen und insoweit gegebenenfalls zu gewährendem Vertrauensschutz befasst hat, zwingt jedoch nicht zu dem Schluss, dass nach Fristablauf eine Gewährung von Investitionszulage zulässig bleiben sollte, wenn eine bindende Investitionsentscheidung bereits vor Fristablauf getroffen worden war. Ihrem Wortlaut nach gab die Entscheidung der Kommission vielmehr vor, dass nach Ablauf der Frist keine Investitionszulage mehr gewährt werden durfte, und zwar unabhängig davon, ob ein Investor bereits eine bindende Investitionsentscheidung getroffen hatte oder nicht.

69

Demgegenüber haben der Gesetzgeber sowie die Finanzbehörden (vgl. die Verfügung der Oberfinanzdirektion Frankfurt vom 20. Juli 1999, InvZ 1000 A-1-St II 24, juris) den von der Kommission verwendeten Begriff des "Gewährens" einer Investitionsbeihilfe zur Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsguts und damit zur (vollständigen) Verwirklichung des materiellrechtlichen Tatbestands in Bezug gesetzt, obgleich sich die "Gewährung" einer Investitionszulage nach dem Verständnis des Bundesfinanzhofs - worauf er in seiner Stellungnahme auch ausdrücklich hingewiesen hat - in der Regel auf den Zeitpunkt ihrer Festsetzung und Auszahlung durch das Finanzamt bezieht. Mit diesen verschiedenen Deutungsmöglichkeiten für den maßgeblichen Bezugspunkt der Kommissionsentscheidung hat sich das Finanzgericht nicht auseinandergesetzt. Vielmehr hat sich das Finanzgericht vor allem auf die Feststellung zurückgezogen, dass die Kommissionsentscheidung nicht zwingend als Ausschluss bereits begonnener Investitionen verstanden werden müsse.

70

2. Die Vorlage ist auch unzulässig, weil das Finanzgericht einen Umsetzungsspielraum des deutschen Gesetzgebers für die weitere Zulässigkeit von Investitionshilfen in Bezug auf früher getroffene Investitionsentscheidungen annimmt, obwohl dieses Verständnis der Kommissionsentscheidung als zweifelsfrei im Sinne der acte-clair-Doktrin nicht haltbar ist.

71

Die vom Finanzgericht befürwortete Auslegung der Kommissionsentscheidung, wonach dem deutschen Gesetzgeber ein ausreichender Gestaltungsspielraum zur Gewährung von Investitionszulagen auch nach dem 2. September 1998 verblieben sei, ist weder Gegenstand einer Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof gewesen, noch ist eine solche Auslegung der Entscheidung der Kommission derart offenkundig, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt. Im Gegenteil spricht insbesondere der Wortlaut der Entscheidung, auch vor dem Hintergrund des (nationalen) Verständnisses des verwendeten Be-griffs "Gewähren", für einen Ausschluss sämtlicher Beihilfen nach Ablauf der von der Kommission gesetzten Frist zur Anpassung der nationalen Beihilferegelungen unabhängig vom Zeitpunkt der getroffenen Investitionsentscheidung. Die Entstehungsgeschichte des Steuerentlastungsgesetzes 1999 wie auch die Stellungnahme des Bundesministeriums der Finanzen im vorliegenden Verfahren lassen zudem erkennen, dass jedenfalls der deutsche Gesetzgeber selbst von einer entsprechenden Verpflichtung ohne verbleibenden Spielraum ausging.

72

Bei dieser Sachlage hätte das Finanzgericht die hier maßgebliche Auslegungsfrage für das Vorliegen eines nationalen Umsetzungsspielraums dem Europäischen Gerichtshof im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens vorlegen müssen.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

Begünstigte Investitionen sind die Anschaffung und die Herstellung von neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die mindestens 3 Jahre nach ihrer Anschaffung oder Herstellung

1.
zum Anlagevermögen eines Betriebs oder einer Betriebsstätte im Fördergebiet gehören,
2.
in einer Betriebsstätte im Fördergebiet verbleiben und
3.
in jedem Jahr zu nicht mehr als 10 vom Hundert privat genutzt werden.
Nicht begünstigt sind
1.
geringwertige Wirtschaftsgüter im Sinne des § 6 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes,
2.
Luftfahrzeuge, die der Anspruchsberechtigte vor dem 5. Juli 1990 oder nach dem 31. Oktober 1990 bestellt oder herzustellen begonnen hat,
3.
Personenkraftwagen und
4.
Wirtschaftsgüter, die der Anspruchsberechtigte nach dem 2. September 1998 angeschafft oder hergestellt hat und die in Nummer 1.2 zweiter oder dritter Gedankenstrich oder in Nummer 2 des Anhangs der Entscheidung der Europäischen Kommission 94/173/EG vom 22. März 1994 zur Festlegung der Auswahlkriterien für Investitionen zur Verbesserung der Verarbeitungs- und Vermarktungsbedingungen für land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Entscheidung 90/342/EWG - ABl. EG Nr. L 79 S. 29 - (Land- und Forstwirtschaftsentscheidung) genannt sind.

Die Investitionen sind begünstigt, wenn sie der Anspruchsberechtigte

1.
nach dem 31. Dezember 1990 und vor dem 1. Juli 1992 abgeschlossen hat oder
2.
vor dem 1. Januar 1993 begonnen sowie nach dem 30. Juni 1992 und vor dem 1. Januar 1995 abgeschlossen hat oder
3.
nach dem 31. Dezember 1992 und vor dem 1. Juli 1994 begonnen sowie vor dem 1. Januar 1997 abgeschlossen hat oder
4.
nach dem 30. Juni 1994 begonnen sowie vor dem 1. Januar 1999 abgeschlossen hat und es sich um Investitionen in Betrieben des verarbeitenden Gewerbes oder um Investitionen im Sinne des § 5 Abs. 2, 3 oder 4 handelt oder
5.
nach dem 30. Juni 1994 begonnen sowie vor dem 1. Januar 1997 abgeschlossen hat und es sich nicht um Investitionen im Sinne der Nummer 4 handelt.
Hat ein Betrieb Betriebsstätten im Fördergebiet und außerhalb des Fördergebiets, gilt bei Investitionen im Sinne der Nummer 4 für die Einordnung eines Betriebs in das verarbeitende Gewerbe die Gesamtheit aller Betriebsstätten im Fördergebiet als ein Betrieb. Die Nummern 3 bis 5 gelten nicht bei Investitionen in Betriebsstätten der Kreditinstitute, des Versicherungsgewerbes - ausgenommen der Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler -, der Elektrizitätsversorgung, der Gasversorgung und vorbehaltlich des § 5 Abs. 4 nicht bei Investitionen in Betriebsstätten des Handels. Investitionen sind in dem Zeitpunkt abgeschlossen, in dem die Wirtschaftsgüter angeschafft oder hergestellt werden. Investitionen sind in dem Zeitpunkt begonnen, in dem die Wirtschaftsgüter bestellt oder herzustellen begonnen worden sind.

Bemessungsgrundlage für die Investitionszulage ist die Summe der Anschaffungs- und Herstellungskosten der im Wirtschaftsjahr abgeschlossenen begünstigten Investitionen. In die Bemessungsgrundlage können die im Wirtschaftsjahr geleisteten Anzahlungen auf Anschaffungskosten und entstandenen Teilherstellungskosten einbezogen werden. In den Fällen des Satzes 2 dürfen im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung der Wirtschaftsgüter die Anschaffungs- oder Herstellungskosten bei der Bemessung der Investitionszulage nur berücksichtigt werden, soweit sie die Anzahlungen oder Teilherstellungskosten übersteigen. § 7a Abs. 2 Satz 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes gilt entsprechend.

Die Investitionen sind begünstigt, wenn sie der Anspruchsberechtigte

1.
nach dem 31. Dezember 1990 und vor dem 1. Juli 1992 abgeschlossen hat oder
2.
vor dem 1. Januar 1993 begonnen sowie nach dem 30. Juni 1992 und vor dem 1. Januar 1995 abgeschlossen hat oder
3.
nach dem 31. Dezember 1992 und vor dem 1. Juli 1994 begonnen sowie vor dem 1. Januar 1997 abgeschlossen hat oder
4.
nach dem 30. Juni 1994 begonnen sowie vor dem 1. Januar 1999 abgeschlossen hat und es sich um Investitionen in Betrieben des verarbeitenden Gewerbes oder um Investitionen im Sinne des § 5 Abs. 2, 3 oder 4 handelt oder
5.
nach dem 30. Juni 1994 begonnen sowie vor dem 1. Januar 1997 abgeschlossen hat und es sich nicht um Investitionen im Sinne der Nummer 4 handelt.
Hat ein Betrieb Betriebsstätten im Fördergebiet und außerhalb des Fördergebiets, gilt bei Investitionen im Sinne der Nummer 4 für die Einordnung eines Betriebs in das verarbeitende Gewerbe die Gesamtheit aller Betriebsstätten im Fördergebiet als ein Betrieb. Die Nummern 3 bis 5 gelten nicht bei Investitionen in Betriebsstätten der Kreditinstitute, des Versicherungsgewerbes - ausgenommen der Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler -, der Elektrizitätsversorgung, der Gasversorgung und vorbehaltlich des § 5 Abs. 4 nicht bei Investitionen in Betriebsstätten des Handels. Investitionen sind in dem Zeitpunkt abgeschlossen, in dem die Wirtschaftsgüter angeschafft oder hergestellt werden. Investitionen sind in dem Zeitpunkt begonnen, in dem die Wirtschaftsgüter bestellt oder herzustellen begonnen worden sind.

(1) Die Investitionszulage beträgt

1.bei Investitionen im Sinne des § 3 Nr. 112 vom Hundert,
2.bei Investitionen im Sinne des § 3 Nr. 2 und 38 vom Hundert,
3.bei Investitionen im Sinne des § 3 Nr. 4 und 55 vom Hundert

der Bemessungsgrundlage.

(2) Die Investitionszulage erhöht sich bei Investitionen im Sinne des § 3 Nr. 3 und 4, die der Anspruchsberechtigte vor dem 1. Januar 1995 begonnen und vor dem 1. Januar 1997 abgeschlossen hat, auf 20 vom Hundert der Bemessungsgrundlage, soweit die Bemessungsgrundlage im Wirtschaftsjahr 1 Million Deutsche Mark nicht übersteigt, wenn

1.
die Investitionen vorgenommen werden von
a)
Steuerpflichtigen im Sinne des Einkommensteuergesetzes, die am 9. November 1989 einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet hatten, oder
b)
Gesellschaften im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes, bei denen mehr als die Hälfte der Anteile unmittelbar Steuerpflichtigen im Sinne des Buchstabens a zuzurechnen sind, oder
c)
Steuerpflichtigen im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes, an deren Kapital zu mehr als der Hälfte unmittelbar Steuerpflichtige im Sinne des Buchstabens a beteiligt sind, und
2.
die Wirtschaftsgüter mindestens 3 Jahre nach ihrer Anschaffung oder Herstellung
a)
zum Anlagevermögen des Betriebs eines Gewerbetreibenden, der in die Handwerksrolle oder das Verzeichnis handwerksähnlicher Betriebe eingetragen ist, oder eines Betriebs des verarbeitenden Gewerbes gehören und
b)
in einem solchen Betrieb verbleiben.
§ 19 Abs. 1 Satz 2 der Abgabenordnung gilt sinngemäß.

(3) Die Investitionszulage erhöht sich bei Investitionen im Sinne des § 3 Nr. 4 auf 10 vom Hundert der Bemessungsgrundlage, soweit die Bemessungsgrundlage im Wirtschaftsjahr 5 Millionen Deutsche Mark nicht übersteigt, wenn

1.
der Betrieb zu Beginn des Wirtschaftsjahrs, in dem die Investitionen vorgenommen werden, nicht mehr als 250 Arbeitnehmer in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis beschäftigt, die Arbeitslohn, Kurzarbeitergeld, Schlechtwettergeld oder Winterausfallgeld beziehen, und
2.
die Wirtschaftsgüter mindestens 3 Jahre nach ihrer Anschaffung oder Herstellung
a)
zum Anlagevermögen eines Betriebs des Anspruchsberechtigten, der in die Handwerksrolle oder das Verzeichnis handwerksähnlicher Betriebe eingetragen ist, oder eines Betriebs des verarbeitenden Gewerbes des Anspruchsberechtigten gehören und
b)
in einem solchen Betrieb des Anspruchsberechtigten verbleiben.
Satz 1 gilt nicht bei Investitionen, die der Anspruchsberechtigte vor dem 1. Januar 1995 begonnen hat und bei denen die Voraussetzungen des Absatzes 2 Nr. 1 vorliegen.

(4) Die Investitionszulage erhöht sich bei Investitionen im Sinne des § 3 Nr. 4, die der Anspruchsberechtigte nach dem 31. Dezember 1995 begonnen hat, auf 10 vom Hundert der Bemessungsgrundlage, soweit die Bemessungsgrundlage im Wirtschaftsjahr 250.000 Deutsche Mark nicht übersteigt, wenn

1.
der Betrieb zu Beginn des Wirtschaftsjahrs, in dem die Investitionen vorgenommen werden, nicht mehr als 50 Arbeitnehmer in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis beschäftigt, die Arbeitslohn, Kurzarbeitergeld, Schlechtwettergeld oder Winterausfallgeld beziehen,
2.
die Wirtschaftsgüter mindestens 3 Jahre nach ihrer Anschaffung oder Herstellung
a)
zum Anlagevermögen eines Betriebs des Groß- oder Einzelhandels des Anspruchsberechtigten gehören und
b)
in einer Betriebsstätte des Groß- oder Einzelhandels des Anspruchsberechtigten verbleiben und
3.
der Anspruchsberechtigte durch eine Bescheinigung der zuständigen Gemeindebehörde nachweist, daß die Betriebsstätte im Zeitpunkt des Abschlusses der Investitionen nicht in einem Gebiet liegt, das durch Bebauungsplan oder sonstige städtebauliche Satzung als Industriegebiet, Gewerbegebiet oder als Sondergebiet im Sinne des § 11 Abs. 3 der Baunutzungsverordnung festgesetzt ist oder in dem aufgrund eines Aufstellungsbeschlusses entsprechende Festsetzungen getroffen werden sollen oder das aufgrund der Bebauung der näheren Umgebung einem dieser Gebiete entspricht.
Satz 1 gilt nicht bei Investitionen, bei denen die Voraussetzungen des Absatzes 3 vorliegen.

Begünstigte Investitionen sind die Anschaffung und die Herstellung von neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die mindestens 3 Jahre nach ihrer Anschaffung oder Herstellung

1.
zum Anlagevermögen eines Betriebs oder einer Betriebsstätte im Fördergebiet gehören,
2.
in einer Betriebsstätte im Fördergebiet verbleiben und
3.
in jedem Jahr zu nicht mehr als 10 vom Hundert privat genutzt werden.
Nicht begünstigt sind
1.
geringwertige Wirtschaftsgüter im Sinne des § 6 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes,
2.
Luftfahrzeuge, die der Anspruchsberechtigte vor dem 5. Juli 1990 oder nach dem 31. Oktober 1990 bestellt oder herzustellen begonnen hat,
3.
Personenkraftwagen und
4.
Wirtschaftsgüter, die der Anspruchsberechtigte nach dem 2. September 1998 angeschafft oder hergestellt hat und die in Nummer 1.2 zweiter oder dritter Gedankenstrich oder in Nummer 2 des Anhangs der Entscheidung der Europäischen Kommission 94/173/EG vom 22. März 1994 zur Festlegung der Auswahlkriterien für Investitionen zur Verbesserung der Verarbeitungs- und Vermarktungsbedingungen für land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Entscheidung 90/342/EWG - ABl. EG Nr. L 79 S. 29 - (Land- und Forstwirtschaftsentscheidung) genannt sind.

Jahr der Anschaffung ist das Jahr der Lieferung, Jahr der Herstellung ist das Jahr der Fertigstellung.

Begünstigte Investitionen sind die Anschaffung und die Herstellung von neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die mindestens 3 Jahre nach ihrer Anschaffung oder Herstellung

1.
zum Anlagevermögen eines Betriebs oder einer Betriebsstätte im Fördergebiet gehören,
2.
in einer Betriebsstätte im Fördergebiet verbleiben und
3.
in jedem Jahr zu nicht mehr als 10 vom Hundert privat genutzt werden.
Nicht begünstigt sind
1.
geringwertige Wirtschaftsgüter im Sinne des § 6 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes,
2.
Luftfahrzeuge, die der Anspruchsberechtigte vor dem 5. Juli 1990 oder nach dem 31. Oktober 1990 bestellt oder herzustellen begonnen hat,
3.
Personenkraftwagen und
4.
Wirtschaftsgüter, die der Anspruchsberechtigte nach dem 2. September 1998 angeschafft oder hergestellt hat und die in Nummer 1.2 zweiter oder dritter Gedankenstrich oder in Nummer 2 des Anhangs der Entscheidung der Europäischen Kommission 94/173/EG vom 22. März 1994 zur Festlegung der Auswahlkriterien für Investitionen zur Verbesserung der Verarbeitungs- und Vermarktungsbedingungen für land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Entscheidung 90/342/EWG - ABl. EG Nr. L 79 S. 29 - (Land- und Forstwirtschaftsentscheidung) genannt sind.

Gründe

A.

1

Das Finanzgericht begehrt eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber, ob der in § 2 Satz 2 Nr. 4 des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1996 (BGBl I 1996, S. 60) in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999 (BGBl I 1998, S. 3779) vorgesehene rückwirkende Ausschluss der Gewährung einer Investitionszulage für vor dem 28. September 1998 getroffene Investitionsentscheidungen wegen unzulässiger Rückwirkung verfassungswidrig ist.

I.

2

1. Das Investitionszulagengesetz regelt die Zahlung einer staatlichen Subvention (Investitionszulage) für bestimmte betriebliche Investitionen in dem das Land Berlin und die neuen Bundesländer umfassenden Fördergebiet. Mit dem Investitionszulagengesetz soll eine raschere und umfassendere Investitionstätigkeit privater Unternehmen im Fördergebiet erreicht werden (vgl. BTDrucks 12/3432, S. 69). Das Investitionszulagengesetz 1996 enthielt zunächst keine Einschränkungen für Investitionen im Landwirtschaftsbereich.

3

2. Am 22. März 1994 traf die Europäische Kommission eine Entscheidung (94/173/EG, ABl. EG 1994 Nr. L 79, S. 29), mit der Auswahlkriterien der für eine Gemeinschaftsbeteiligung in Betracht kommenden Investitionen zur Verbesserung der Verarbeitungs- und Vermarktungsbedingungen für land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse festgelegt wurden. Nach Nr. 2.1 des Anhangs der Entscheidung werden in den Sektoren Getreide und Reis - ausgenommen Saatgut - Investitionen unter anderem für Müllereibetriebe von der Förderung ausgeschlossen.

4

Mit Schreiben vom 20. Oktober 1995 (Nr. SG[95] D/13086, wiedergegeben in ABl. EG 1996 Nr. C 29, S. 4) teilte die Kommission den Mitgliedstaaten einen Gemeinschaftsrahmen und zweckdienliche Maßnahmen für staatliche Investitionsbeihilfen zur Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse mit. Ferner erklärte sie, dass sie keine Beihilfevorhaben mehr genehmigen werde, welche die Bedingungen des Gemeinschaftsrahmens und der zweckdienlichen Maßnahmen nicht erfüllten. Als unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt sei eine staatliche Beihilfe unter anderem für Investitionen anzusehen, die nach Nr. 2 des Anhangs der Entscheidung der Kommission vom 22. März 1994 ausgeschlossen seien. Die Bundesregierung ordnete die Mitteilung als nicht verbindliche Empfehlung nach Art. 189 Abs. 5 EGV (jetzt Art. 288 Abs. 5 AEUV) ein.

5

Am 12. Juni 1996 beschloss die Kommission, gegen Investitionsbeihilfen, die in Deutschland aufgrund bestehender Beihilferegelungen mit regionaler Zielsetzung für die Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse gewährt werden könnten, das Verfahren nach Art. 93 Abs. 2 EGV (jetzt Art. 108 Abs. 2 AEUV) einzuleiten. Mit Schreiben vom 1. Juli 1996 (Nr. SG[96] D/6026, wiedergeben in ABl. EG 1997 Nr. C 36, S. 13) setzte die Kommission die Bundesrepublik Deutschland hierüber in Kenntnis und forderte sie, die übrigen Mitgliedstaaten und andere Beteiligte zur Äußerung auf.

6

Die Kommission entschied schließlich am 20. Mai 1998 (Nr. K [1998] 1712, ABl. EG 1999 Nr. L 60, S. 61), dass nationale Beihilferegelungen mit dem Gemeinsamen Markt insofern unvereinbar seien, als sie dem Gemeinschaftsrahmen und den zweckdienlichen Maßnahmen für staatliche Investitionsbeihilfen zur Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse zuwiderliefen, die Deutschland mit Schreiben vom 20. Oktober 1995 mitgeteilt worden seien. Deutschland wurde aufgegeben, binnen zweier Monate bestehende Beihilferegelungen zu ändern oder aufzuheben; Deutschland habe insbesondere dafür zu sorgen, dass keine staatlichen Investitionsbeihilfen für Investitionen gewährt würden, die gemäß Nr. 2 des Anhangs der Entscheidung 94/173/EG vorbehaltlos ausgeschlossen seien. Das Schreiben der Kommission wurde der Bundesregierung am 2. Juli 1998 zugestellt.

7

3. Mit Schreiben vom 18. September 1998 teilte hierauf das Bundesministerium der Finanzen den obersten Finanzbehörden der Länder mit, dass ab dem 3. September 1998 unter anderem für die in Nr. 2 des Anhangs der Entscheidung 94/173/EG genannten Investitionen keine Investitionszulagen nach dem Investitionszulagengesetz 1996 zur Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse mehr gewährt werden dürften. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass eine entsprechende Änderung des Investitionszulagengesetzes vorgesehen sei. Das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen wurde am 28. September 1998 im Bundessteuerblatt veröffentlicht (BStBl I 1998, S. 1132).

8

4. Durch Art. 4 Nr. 1 des Steuerentlastungsgesetzes 1999 vom 19. Dezember 1998 wurde ein Ausschlusstatbestand in § 2 Satz 2 InvZulG als neue Nr. 4 eingefügt. Nicht begünstigt waren danach bestimmte Wirtschaftsgüter im Bereich der Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse, die nach dem 2. September 1998 angeschafft oder hergestellt worden waren. Die Vorschrift lautete nach der Änderung wie folgt:

9

§ 2 Art der Investitionen

10

1 Begünstigte Investitionen sind die Anschaffung und die Herstellung von neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die mindestens 3 Jahre nach ihrer Anschaffung oder Herstellung

11

1. zum Anlagevermögen eines Betriebs oder einer Betriebsstätte im Fördergebiet gehören,

12

2. in einer Betriebsstätte im Fördergebiet verbleiben und

13

3. in jedem Jahr zu nicht mehr als 10 vom Hundert privat genutzt werden.

14

2 Nicht begünstigt sind

15

1. geringwertige Wirtschaftsgüter im Sinne des § 6 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes,

16

2. Luftfahrzeuge, die der Anspruchsberechtigte vor dem 5. Juli 1990 oder nach dem 31. Oktober 1990 bestellt oder herzustellen begonnen hat,

17

3. Personenkraftwagen und

18

4. Wirtschaftsgüter, die der Anspruchsberechtigte nach dem 2. September 1998 angeschafft oder hergestellt hat und die in Nummer 1.2 zweiter oder dritter Gedankenstrich oder in Nummer 2 des Anhangs der Entscheidung der Europäischen Kommission 94/173/EG vom 22. März 1994 zur Festlegung der Auswahlkriterien für Investitionen zur Verbesserung der Verarbeitungs- und Vermarktungsbedingungen für land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Entscheidung 90/342/EWG - ABl. EG Nr. L 79 S. 29 - (Land- und Forstwirtschaftsentscheidung) genannt sind.

19

Die Neuregelung trat nach Art. 6 Abs. 2 des Steuerentlastungsgesetzes 1999 am Tag nach der Verkündung, dem 24. Dezember 1998, in Kraft.

20

In der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags heißt es zu der Neuregelung, die Kommission habe Deutschland verpflichtet, bestehende Beihilferegelungen innerhalb von zwei Monaten nach Bekanntgabe der Kommissionsentscheidung zu ändern oder aufzuheben; Deutschland müsse insbesondere dafür sorgen, dass keine Investitionsbeihilfen mehr für in der Entscheidung der Kommission vom 22. März 1994 genannte Investitionen gewährt würden (vgl. BTDrucks 14/125, S. 44).

21

5. In der Folgezeit haben die Vertreter der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder die Frage erörtert, wie der von der Kommission verwendete Begriff der "Gewährung" auszulegen sei. Hierunter könne nicht die "Auszahlung" der Steuervergünstigung verstanden werden, vielmehr unterlägen den Einschränkungen des Gemeinschaftsrahmens nur Investitionen, die nach dem 2. September 1998 abgeschlossen würden.

II.

22

1. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, unterhält einen Mühlenbetrieb in den neuen Bundesländern. Sie beantragte im September 1999 die Gewährung einer Investitionszulage für Investitionen aus dem Jahr 1998 in Höhe von rund 5,9 Millionen DM. Das Finanzamt setzte Investitionszulage lediglich für Investitionen in Höhe von ca. 1,9 Millionen DM fest. Die auf die darüber hinaus gehende Bemessungsgrundlage von 3,9 Millionen DM entfallende Investitionszulage versagte das Finanzamt auf der Grundlage von § 2 Satz 2 Nr. 4 InvZulG 1996 in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999 mit der Begründung, die Investitionen seien erst nach dem 2. September 1998 durchgeführt worden. Der von der Klägerin erhobene Einspruch hatte keinen Erfolg.

23

2. Mit der Klage begehrt die Klägerin die Gewährung der versagten Investitionszulage. Sie macht im Wesentlichen geltend, die Einfügung von § 2 Satz 2 Nr. 4 InvZulG 1996 verstoße gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot. Zwar sei der Anspruch auf Investitionszulage erst mit Ablauf des Jahres 1998 entstanden, gleichwohl seien die Maßstäbe der echten Rückwirkung einschlägig. Die Investitionsentscheidungen seien bereits vor dem 3. September 1998 und damit auch vor Verkündung der Änderung des § 2 InvZulG 1996 getroffen worden. Die von der Änderung betroffenen Subventionsnormen hätten ihre Lenkungsfunktion erreicht und seien zu einer schutzwürdigen Vertrauensgrundlage geworden. Die damit verbundene echte Rückwirkung sei auch nicht ausnahmsweise deshalb gerechtfertigt, weil Deutschland andernfalls ein gemeinschaftsrechtliches Vertragsverletzungsverfahren gedroht hätte.

III.

24

Das Finanzgericht hat das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 2 Satz 2 Nr. 4 InvZulG 1996 in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999 insoweit mit Art. 20 Abs. 3 GG vereinbar ist, als die Vorschrift auch Investitionen umfasst, bezüglich derer der Investor eine bindende Investitionsentscheidung vor dem 28. September 1998 getroffen hat.

25

§ 2 Satz 2 Nr. 4 InvZulG 1996 schließe Investitionszulage für die Wirtschaftsgüter aus, die nach dem 2. September 1998 angeschafft worden seien, während die Klägerin ihre verbindlichen Investitionsentscheidungen vor dem 3. September 1998 getroffen habe.

26

Die Regelung verstoße gegen das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot des Art. 20 Abs. 3 GG, soweit danach auch Investitionen, zu deren Durchführung der Investor seine Dispositionsentscheidung vor dem 28. September 1998 getroffen habe, von der Investitionszulage ausgeschlossen seien.

27

Ein Investor genieße von dem Zeitpunkt seiner bindenden und nicht mehr ohne weiteres rückgängig zu machenden Dispositionsentscheidung an Vertrauensschutz gegenüber Gesetzen, die die steuerliche Förderung der Investition einschränkten oder aufhöben. Das Vertrauen des Investors in den Bestand der ihn begünstigenden Norm sei nach den Maßstäben der echten Rückwirkung geschützt, auch wenn begrifflich in derartigen Fällen keine echte Rückwirkung vorliege. Die Grundlage des Vertrauens in den Bestand der Regeln des Investitionszulagengesetzes 1996 vor Einfügung der streitigen Vorschrift sei auch nicht durch Rechtsakte oder Verlautbarungen vor September 1998 erschüttert worden. Weder die Entscheidung der Kommission vom 22. März 1994, noch das Schreiben der Kommission vom 20. Oktober 1995, noch die Einleitung des Hauptprüfverfahrens am 12. Juni 1996 oder die Aufforderung der Kommission an die anderen Mitgliedstaaten und interessierten Parteien, sich zu äußern, hätten dies bewirken können. Erst die Veröffentlichung der Entscheidung der Kommission vom 20. Mai 1998 im Bundessteuerblatt am 28. September 1998 habe ein schützenswertes Vertrauen in den Fortbestand der Fördervorschriften entfallen lassen.

28

Die mit § 2 Satz 2 Nr. 4 InvZulG 1996 verbundene Rückwirkung sei verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt. Die in der Rechtsprechung anerkannten Rechtfertigungsgründe lägen nicht vor. Es seien nicht verfassungsrechtlich oder aufgrund von Gemeinschaftsrecht unwirksame Rechtsnormen neu geregelt worden. Auch seien keine zwingenden Gründe des Gemeinwohls erkennbar, die eine Rückwirkung rechtfertigen könnten.

29

Die Entscheidung der Kommission vom 20. Mai 1998 habe nicht geboten, Investitionen auch dann von der Gewährung von Investitionszulage auszuschließen, wenn sie in Gestalt bindender Investitionsentscheidungen bereits begonnen worden seien. Zum einen habe die Kommission die bisherigen nationalen Vorschriften für die Vergangenheit akzeptiert. Zum anderen hätte ein Vertragsverletzungsverfahren nicht gedroht, weil eine Übergangsregelung mit dem Inhalt, dass bereits begonnene Investitionen förderfähig blieben, mit der Kommissionsentscheidung vereinbar gewesen wäre. Die Kommission habe nur eine Verpflichtung mit Wirkung für die Zukunft ausgesprochen. In der Anordnung vom 20. Mai 1998, entgegenstehende Beihilfevorschriften zu ändern oder aufzuheben, liege weder dem Wortlaut noch dem Sinn nach eine Verpflichtung, alle Beihilfen auch für die Vergangenheit aufzuheben. Hätte die Kommission eine Rückwirkung anordnen wollen, hätte sie dies ausdrücklich getan, zumal eine solche Anordnung nicht selbstverständlich sei und dem Gemeinschaftsrecht Vertrauensschutzerwägungen nicht grundsätzlich fremd seien. Dass auch bereits begonnene Investitionen erfasst sein sollten, sei der Entscheidung der Kommission nicht zu entnehmen, obwohl eine Investition in der Regel ein zwischen Planung und Abschluss zeitlich gestreckter Tatbestand sei.

30

Das Verständnis der Kommissionsentscheidung durch die Finanzbehörden, das die Förderfähigkeit von bereits begonnenen Investitionen nicht in den Blick nehme, verkenne den Charakter von Beihilfeentscheidungen. Die Alternative zur Gleichsetzung der "Gewährung" mit der "Auszahlung" sei nicht allein die Zulagenfestsetzung für abgeschlossene Investitionen. Anzuknüpfen sei an die Verwirklichung des materiellrechtlichen Subventionstatbestands, was in den Fällen, in denen lediglich Teile des Sachverhalts bereits vor dem Stichtag verwirklicht worden seien, eine Gewährung von Investitionszulage nicht ausschließe. Schreibe die Kommissionsentscheidung nicht ausdrücklich vor, Beihilfen auch für nur begonnene Investitionen zu versagen, bestehe kein Anlass, sie ohne zwingenden Grund in dieser Weise auszulegen, wenn dies zu einer verfassungsrechtlich bedenklichen Rückwirkung führe.

31

Diese Annahme werde auch durch den späteren Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen im Agrarsektor vom 1. Februar 2000 (ABl. EG 2000 Nr. C 28, S. 2) bestätigt. Hiernach sollten - nach neuerlicher Rechtsänderung nun wieder zulässige - agrarwirtschaftliche Beihilfen nicht für Arbeiten oder Tätigkeiten gewährt werden, die bereits vor der ordnungsgemäßen Beantragung begonnen oder durchgeführt worden seien. Mithin gehe auch das Gemeinschaftsrecht davon aus, dass sich die lenkende Wirkung einer Subvention bereits im Beginn einer Investition niederschlage. Sei die Gewährung einer Beihilfe ausgeschlossen, wenn die Investition bereits begonnen worden sei, könne ein in die Zukunft gerichtetes Beihilfeverbot auch nur Investitionen umfassen, die noch nicht begonnen hätten.

32

Selbst wenn Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren gedroht hätte, hätte dies die Neufassung des § 2 Satz 2 Nr. 4 InvZulG 1996 nicht gerechtfertigt. Denn nicht jedes drohende Vertragsverletzungsverfahren rechtfertige eine echte Rückwirkung zu Lasten des Bürgers. Beruhe die Gefahr eines Vertragsverletzungsverfahrens allein darauf, dass sich Deutschland auf Grund unsorgfältiger Verfahrensweise im Gemeinschaftsrecht verstrickt habe, diene es nicht mehr dem Gemeinwohl, den Ausweg hieraus auf Kosten des Vertrauensschutzes anzutreten; die erforderliche Abwägung zwischen dem Vertrauensschutz und der Abwehr eines Vertragsverletzungsverfahrens falle deswegen zu Gunsten des Vertrauensschutzes aus.

33

Eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof komme nicht in Betracht. Der Senat habe keine Zweifel an der Auslegung der maßgebenden Regeln des Gemeinschaftsrechts einschließlich der Entscheidungen der Kommission. Er stelle auch die Vereinbarkeit der Entscheidungen der Kommission mit höherrangigem Gemeinschaftsrecht nicht in Frage. Der Rechtsverstoß sei im nationalen Recht begründet.

IV.

34

Zur Vorlage haben das Bundesministerium der Finanzen namens der Bundesregierung, der Bundesfinanzhof, der Deutsche Industrie- und Handelskammertag, der Verband Deutscher Mühlen und der Bundesverband mittelständische Wirtschaft Stellung genommen.

35

1. Die Bundesregierung hat Zweifel an der Zulässigkeit der Vorlage, hält aber § 2 Satz 2 Nr. 4 InvZulG 1996 jedenfalls für verfassungsgemäß.

36

a) Das Bundesverfassungsgericht habe entschieden, dass europäische Rechtsakte, zu deren Umsetzung die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet sei, als abgeleitetes Gemeinschaftsrecht nicht der Überprüfung durch deutsche Gerichte unterlägen. Mit § 2 Satz 2 Nr. 4 InvZulG 1996 sei der deutsche Gesetzgeber lediglich den verbindlichen Vorgaben der Europäischen Kommission aus der Entscheidung vom 20. Mai 1998 gefolgt. Die Kommission habe keinen Ermessensspielraum gelassen, indem sie eine konkrete Frist zur Umsetzung der verlangten Änderungen gesetzt habe; Deutschland habe nur noch bis zum 2. September 1998 staatliche Investitionsbeihilfen bewilligen dürfen.

37

b) Da der Anspruch auf Investitionszulage entsprechend § 4 Satz 1 InvZulG 1993 nicht mit der Antragstellung, sondern mit dem Ablauf des Wirtschaftsjahres entstehe, in dem die Investition vorgenommen worden sei, habe sich die Änderung des § 2 InvZulG 1996 auf keinen abgeschlossenen Sachverhalt bezogen. Es handele sich um eine tatbestandliche Rückanknüpfung und damit um eine unechte Rückwirkung, die gerechtfertigt sei.

38

Das Vertrauen desjenigen Investors, zu dessen Gunsten noch nicht sämtliche Anspruchsvoraussetzungen erfüllt seien, sei nicht ebenso schutzwürdig wie das Vertrauen eines Investors, der bereits sämtliche Anspruchsvoraussetzungen erfüllt habe. Dies gelte unabhängig davon, dass bereits mit der unternehmerischen Dispositionsentscheidung die Lenkungs- und Gestaltungsfunktion des Gesetzes erreicht werde. Mit der Gesetzesänderung seien die verbindlichen Vorgaben der Kommissionsentscheidung vom 20. Mai 1998 in nationales Recht umgesetzt worden, ohne dass der Gesetzgeber - auch angesichts eines ansonsten drohenden Vertragsverletzungsverfahrens - einen Handlungsspielraum gehabt hätte. Werde aus Vertrauensschutzaspekten nicht erst auf den Zeitpunkt der endgültigen Anspruchsentstehung, sondern auf einen früheren Zeitpunkt abgestellt, müsse jedenfalls auf einen einheitlichen Zeitpunkt für sämtliche materiellrechtliche Voraussetzungen, nämlich auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Investition, also die Anschaffung oder Herstellung, abgestellt werden. Mit ihrer im Amtsblatt veröffentlichten Entscheidung vom 22. März 1994 und dem ebenfalls im Amtsblatt bekanntgegebenen Schreiben vom 20. Oktober 1995 habe die Kommission deutlich gemacht, künftig Investitionen in Müllereibetriebe von der beihilferechtlichen Förderfähigkeit ausschließen zu wollen. Betroffene Unternehmen hätten daher von den bevorstehenden Änderungen Kenntnis nehmen können. Spätestens mit Einleitung des förmlichen Beihilfeprüfverfahrens sei das Vertrauen in den Fortbestand der später geänderten Rechtslage zerstört gewesen. Jedenfalls müsse ein schützenswertes Vertrauen der Klägerin hinter den mit der Gesetzesänderung verfolgten dringenden Gemeinwohlinteressen zurücktreten. Denn mit der Gesetzesänderung seien lediglich zwingende europarechtliche Vorgaben umgesetzt worden. Hätte der Gesetzgeber den Vorgaben aus der Entscheidung der Kommission vom 20. Mai 1998 nicht fristgerecht entsprochen, hätte er die unmittelbare Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens riskiert.

39

Selbst wenn mit § 2 Satz 2 Nr. 4 InvZulG 1996 eine echte Rückwirkung verbunden wäre oder die Regelung sich an den Maßstäben für die Rechtfertigung einer solchen messen lassen müsste, wäre die Regelung nicht verfassungswidrig. Vertrauensschutz sei nicht gefordert, wenn in dem Zeitpunkt, auf den der Eintritt der Rechtsfolge vom Gesetz zurückbezogen werde, mit einer Änderung der Regelung zu rechnen gewesen sei. Eben dies sei aus den bereits ausgeführten Gründen der Fall; vom Gesetzgeber könne nicht verlangt werden, sehenden Auges eine Vertragsverletzung zu begehen, um das Vertrauen des Einzelnen in die Förderfähigkeit von Investitionsentscheidungen zu schützen, obwohl dieser Kenntnis von den bevorstehenden Gesetzesänderungen hätte haben müssen und die Möglichkeit gehabt hätte, seine Vertragsverpflichtung offen zu halten sowie vor der Investitionsentscheidung eine verbindliche Auskunft des Finanzamts einzuholen.

40

2. Der Bundesfinanzhof hat eine Stellungnahme des III. Senats übermittelt, die im Wesentlichen seine Rechtsprechung zur rückwirkenden Änderung investitionszulagenrechtlicher Vorschriften wiedergibt.

41

3.Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag und der Verband Deutscher Mühlen sind der Auffassung, die Änderung der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Investitionszulage stelle eine verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigte, echte Rückwirkung dar. Bis zur Erkennbarkeit der Rechtsänderung nach Veröffentlichung der Kommissionsentscheidung vom 20. Mai 1998 sei der Klägerin Vertrauensschutz zu gewähren. Diese habe zum Zeitpunkt ihrer bindenden Investitionsentscheidungen nicht mit einer Änderung der subventionsgewährenden Norm rechnen müssen, die ihre Lenkungsfunktion bereits verwirklicht habe. Zwingende, die Rückwirkung rechtfertigende Gründe des Gemeinwohls lägen nicht vor. Auf ein drohendes Vertragsverletzungsverfahren könne sich der Gesetzgeber nicht berufen, weil der Staat von seinen Bürgern nicht erwarten könne, dass diese bessere Rechtskenntnisse als er selbst hätten. Ein Vertragsverletzungsverfahren wäre zudem nicht zwingend Folge einer Anerkennung des Vertrauens der Klägerin gewesen. Mangels ausdrücklicher Anordnung sei nicht davon auszugehen, dass die Kommission eine Rückwirkung habe anordnen wollen.

42

4. Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft ist der Ansicht, dass eine unzulässige echte Rückwirkung vorliege. Dem stehe aber das Europäische Gemeinschaftsrecht zum Vertrauensschutz und dessen Anwendung auf staatliche Beihilfen gegenüber. Das Bundesverfassungsgericht habe zu prüfen, ob es den teilweisen Verzicht auf Rechtsstaatlichkeit aus Gründen der Durchsetzung des Europäischen Gemeinschaftsrechts hinnehme oder insoweit dessen Anwendung verbiete.

B.

43

Die Vorlage ist unzulässig, weil das vorlegende Gericht nicht hinlänglich geklärt hat, ob die dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegte Norm des Investitionszulagengesetzes 1996 auf einer den deutschen Gesetzgeber bindenden Vorgabe des Gemeinschaftsrechts beruht, und im Hinblick hierauf die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage nicht hinreichend dargetan hat.

I.

44

Legt ein Gericht dem Bundesverfassungsgericht eine Norm vor, die in Umsetzung von Rechtsakten der Europäischen Union ergangen ist, ist diese Vorlage wegen der vom Bundesverfassungsgericht in solchen Fällen praktizierten Zurücknahme der Ausübung seiner Gerichtsbarkeit entscheidungserheblich, wenn das Gesetz in Ausfüllung eines nationalen Umsetzungsspielraums ergangen ist. Ob das Unionsrecht im jeweiligen Streitfall einen derartigen Umsetzungsspielraum lässt, hat das Fachgericht zu klären (1) und sich mit den dabei auftretenden Fragen hinreichend substantiiert auseinanderzusetzen (2).

45

1. Ein Gesetz, das Unionsrecht umsetzt, kann nur dann dem Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG zur Entscheidung über seine Verfassungsmäßigkeit vorgelegt werden, wenn es der Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht unterliegt. Solange und soweit das Bundesverfassungsgericht seine Prüfung von Unionsrecht und von zwingendes Unionsrecht umsetzendem nationalem Recht am Maßstab des Grundgesetzes zurücknimmt, ist die Frage der Vereinbarkeit des Gesetzes mit dem Grundgesetz nicht entscheidungserheblich, da sie weder vom Bundesverfassungsgericht noch vom Vorlagegericht zu beantworten ist. Die Vorlage eines Gesetzes an das Bundesverfassungsgericht ist in einem solchen Fall unzulässig. Das Fachgericht hat daher vor einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG zu klären, ob das Unionsrecht dem nationalen Gesetzgeber einen die verfassungsgerichtliche Prüfung ermöglichenden Spielraum belässt.

46

a) Über die Anwendbarkeit von Unionsrecht in der Bundesrepublik Deutschland, das als Rechtsgrundlage für ein Verhalten deutscher Gerichte und Behörden in Anspruch genommen wird, übt das Bundesverfassungsgericht - jenseits des hier nicht in Rede stehenden Ultra-vires- und Verfassungsidentitätsvorbehalts (vgl. dazu BVerfGE 123, 267 <353 f.>; 126, 286 <302 f.>) - seine Gerichtsbarkeit nicht mehr aus und überprüft dieses Recht mithin nicht am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes, solange die Europäische Union einen wirksamen Schutz der Grundrechte gegenüber der Hoheitsgewalt der Union generell gewährleistet, der dem vom Grundgesetz jeweils als unabdingbar gebotenen Grundrechtsschutz im Wesentlichen gleich zu achten ist, zumal den Wesensgehalt der Grundrechte generell verbürgt (vgl. BVerfGE 73, 339 <387>; 102, 147 <162 ff.>; 118, 79 <95>). Dies gilt auf der Grundlage von Art. 23 Abs. 1 GG nicht nur für Verordnungen, sondern auch für Richtlinien nach Art. 288 Abs. 3 AEUV und an die Bundesrepublik Deutschland gerichtete Beschlüsse der Kommission nach Art. 288 Abs. 4 AEUV (früher: Entscheidungen der Kommission nach Art. 249 Abs. 4 EGV). Auch eine innerstaatliche Rechtsvorschrift, die eine Richtlinie oder einen Beschluss in deutsches Recht umsetzt, wird insoweit nicht an den Grundrechten des Grundgesetzes gemessen, als das Unionsrecht keinen Umsetzungsspielraum lässt, sondern zwingende Vorgaben macht (vgl. BVerfGE 118, 79 <95 f.>; 125, 260 <306 f.>).

47

b) Stellt sich einem Fachgericht die Frage der Vereinbarkeit eines für sein Verfahren entscheidungserheblichen, aus dem Unionsrecht abgeleiteten Gesetzes mit den Grundrechten, ist es daher zunächst seine Aufgabe - gegebenenfalls durch eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden: Europäischer Gerichtshof) nach Art. 267 Abs. 1 AEUV - zu klären, ob das Unionsrecht dem deutschen Gesetzgeber einen Umsetzungsspielraum belässt. Erst wenn dies feststeht, kann das den Umsetzungsspielraum ausfüllende Gesetz der Prüfung seiner Verfassungsmäßigkeit durch das Bundesverfassungsgericht unterliegen und damit eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht in Betracht kommen.

48

aa) Die Pflicht des vorlegenden Gerichts zur Klärung der Verbindlichkeit der unionsrechtlichen Vorgaben für den deutschen Gesetzgeber folgt aus dem Erfordernis der Entscheidungserheblichkeit. Eine Vorlage gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG ist nur zulässig, wenn sie für die Entscheidung des Ausgangsverfahrens entscheidungserheblich ist. Insofern muss zum einen das vorgelegte Gesetz für das von dem vorlegenden Gericht zu entscheidende Verfahren entscheidungserheblich sein. Da das Bundesverfassungsgericht nur mit für das Ausgangsverfahren Entscheidungserheblichem befasst werden soll, setzt die Vorlage eines vom Gericht als verfassungswidrig beurteilten Gesetzes zum anderen voraus, dass das Bundesverfassungsgericht über die aufgeworfene Verfassungsrechtsfrage entscheiden kann. Letzteres ist nicht der Fall, wenn das Bundesverfassungsgericht sich mit Rücksicht auf der Europäischen Union übertragene Hoheitsrechte einer Prüfung des deutschen Umsetzungsrechts am Maßstab des Grundgesetzes enthält. Dann vermag die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nichts zur Lösung des Ausgangsfalls beizutragen; das Ergebnis einer solchen Vorlage ist nicht entscheidungserheblich.

49

bb) Im Verhältnis zum Bundesverfassungsgericht ist es vorrangig Aufgabe der Fachgerichte, die Frage eines unionsrechtlichen Umsetzungsspielraums für den nationalen Gesetzgeber zu klären, gegebenenfalls durch Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 1 AEUV.

50

(1) Besteht Unklarheit über die Bedeutung von Unionsrecht, kommt eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 1 AEUV in Betracht, anlässlich derer der Europäische Gerichtshof im Vorabentscheidungsverfahren über die Gültigkeit und die Auslegung von Unionsrecht, aber auch über die Handlung eines Unionsorgans, wie etwa über die Frage der Bindung eines Mitgliedstaats an einen Beschluss der Kommission nach Art. 288 Abs. 4 AEUV, befinden kann.

51

Eine Pflicht zur Vorlage zum Europäischen Gerichtshof besteht nach Unionsrecht ausschließlich für letztinstanzliche Gerichte, deren Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des nationalen Rechts angefochten werden können (Art. 267 Abs. 3 AEUV). Auch letztinstanzliche Gerichte eines Mitgliedstaates sind nicht zur Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens verpflichtet, wenn die betreffende unionsrechtliche Frage bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof war oder die richtige Anwendung des Unionsrechts derart offenkundig ist, dass für vernünftige Zweifel kein Raum bleibt. Ein letztinstanzliches nationales Gericht darf einen vernünftigen Zweifel an der Entscheidung der gestellten Frage nur verneinen, wenn es überzeugt ist, dass auch für die Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten und den Europäischen Gerichtshof die gleiche Gewissheit bestünde. Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, darf das letztinstanzliche innerstaatliche Gericht davon absehen, diese Frage dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen und sie stattdessen in eigener Verantwortung beantworten (acte-clair-Doktrin, vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982, Rs. C-283/81, C.I.L.F.I.T., Slg. 1982, S. 3415; BVerfGE 82, 159 <193>).

52

(2) Auch Instanzgerichte sind allerdings zu einer Klärung unionsrechtlicher Fragen durch eine Vorabentscheidung beim Europäischen Gerichtshof verpflichtet, wenn unklar ist, ob und inwieweit das Unionsrecht den Mitgliedstaaten einen Umsetzungsspielraum belässt, sofern Anlass zur Vorlage des nationalen Umsetzungsrechts wegen Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG besteht.

53

Dass Art. 267 Abs. 2 AEUV den nicht letztinstanzlichen nationalen Gerichten aus unionsrechtlicher Sicht insofern einen größeren Entscheidungsspielraum einräumt, widerspricht dem nicht, weil die hier in Rede stehende Vorlagepflicht ihre Grundlage im Vorbehalt der Entscheidungserheblichkeit nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG (s.o. aa) und damit im nationalen Verfassungsprozessrecht findet.

54

Diese Pflicht der Instanzgerichte zur Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV korrespondiert mit der im Verhältnis zum Bundesverfassungsgericht vorrangig den Fachgerichten zukommenden Kompetenz und Aufgabe, das einfache innerstaatliche Recht auszulegen (vgl. BVerfGE 79, 1 <24>; 86, 382 <386 f.>; 113, 88 <103>) und gegebenenfalls die Auswirkungen des Unionsrechts auf eine einfachrechtliche innerstaatliche Rechtsvorschrift zu beurteilen. Es liegt dabei in der Kompetenz der nationalen Fachgerichte, das Unionsrecht auszulegen, soweit es für ihre Entscheidung darauf ankommt. Ebenso wie die Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts in erster Linie den Fachgerichten obliegt, sind sie auch zur Auslegung und Anwendung des Unionsrechts berufen (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 19. Juli 2011 - 1 BvR 1916/09 -, juris, Rn. 89; ferner BVerfGE 126, 286 <316>). In diesem Rahmen haben sie auch die Verbindlichkeit unionsrechtlicher Vorgaben für den nationalen Gesetzgeber zu klären und erforderlichenfalls den Europäischen Gerichtshof anzurufen. Die Beurteilung der Auswirkungen der vom Europäischen Gerichtshof geklärten unionsrechtlichen Fragen auf das nationale Recht ist sodann wiederum in erster Linie Aufgabe der Fachgerichte und nicht des Bundesverfassungsgerichts. Es entspräche hingegen nicht der im Grundgesetz angelegten Kompetenzverteilung zwischen dem Bundesverfassungsgericht und den Fachgerichten, wenn sie im Verhältnis zum Unionsrecht ungeklärtes nationales Umsetzungsrecht nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorlegen dürften und so das Bundesverfassungsgericht seinerseits zur Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 Abs. 3 AEUV veranlassen könnten, sofern es nur auf diese Weise seinen verfassungsgerichtlichen Prüfungsumfang bestimmen könnte.

55

cc) Die Pflicht der Fachgerichte, vor einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht Inhalt und Verbindlichkeit des Unionsrechts, gegebenenfalls durch Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 Abs. 1 AEUV zu klären, steht nicht in Widerspruch zu der vom Bundesverfassungsgericht bestätigten Möglichkeit der Fachgerichte, zwischen Normenkontrolle nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG und Vorlage zum Europäischen Gerichtshof zu wählen, da dies andere Fallkonstellationen betrifft.

56

Steht in Streit, ob eine im Ausgangsverfahren entscheidungserhebliche Rechtsvorschrift mit Unionsrecht und Verfassungsrecht vereinbar ist, gibt es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aus der Sicht des deutschen Verfassungsrechts grundsätzlich keine feste Rangfolge unter den vom Fachgericht gegebenenfalls einzuleitenden Zwischenverfahren nach Art. 267 Abs. 2 oder 3 AEUV und der Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG. Ein Gericht, das sowohl unionsrechtliche als auch verfassungsrechtliche Zweifel hat, darf daher nach eigenen Zweckmäßigkeitserwägungen entscheiden, welches Zwischenverfahren es zunächst einleitet (vgl. BVerfGE 116, 202 <214>). Im Unterschied dazu geht es bei der hier in Frage stehenden Bindung des nationalen Gesetzgebers an vorrangiges Unionsrecht um die Bestimmung der Prüfungsbefugnis des Bundesverfassungsgerichts und damit um eine für die Zulässigkeit der Normenkontrolle zwingend zu klärende Vorfrage.

57

c) Für die Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage im Rahmen einer konkreten Normenkontrolle ist grundsätzlich die Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts maßgebend, sofern diese nicht offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BVerfGE 2, 181 <190 f., 193>; 88, 187 <194>; 105, 61 <67>). Dies folgt aus der in erster Linie den Fachgerichten vorbehaltenen Aufgabe zur Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts wie auch des Unionsrechts.

58

Für die Frage nach der Entscheidungserheblichkeit einer Vorlage, die Unionsrecht umsetzendes nationales Recht zum Gegenstand hat, ist eine so weitgehende Zurücknahme der Kontrolle der Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts jedoch nicht gerechtfertigt. Denn mit der Entscheidung über die Reichweite der unionsrechtlichen Bindung des nationalen Gesetzgebers wird zugleich über die Grenzen der verfassungsgerichtlichen Prüfung am Maßstab des Grundgesetzes befunden. Die Bestimmung der Voraussetzungen für die Ausübung der eigenen Gerichtsbarkeit und damit die Beantwortung der Frage, ob es das nationale Recht am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes misst oder darauf verzichtet, muss im Verhältnis zum vorlegenden Gericht in der Hand des Bundesverfassungsgerichts verbleiben. Die Entscheidung eines Fachgerichts darüber, ob und inwieweit Unionsrecht im Sinne eines acte-clair dem Gesetzgeber einen Umsetzungsspielraum belässt, ist daher nicht nur einer Offensichtlichkeitskontrolle durch das Bundesverfassungsgericht unterworfen. Diesem steht insoweit vielmehr ein weitergehendes Überprüfungsrecht zu (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 19. Juli 2011 - 1 BvR 1916/09 -, juris, Rn. 90). Andernfalls hätte es das Fachgericht in der Hand, auch mit einer nicht überzeugend begründeten Annahme eines dem nationalen Gesetzgeber verbleibenden Umsetzungsspielraums eine inhaltliche Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht zu veranlassen, sofern sie sich nur nicht als offensichtlich unhaltbar erweist.

59

Dem steht nicht entgegen, dass das Bundesverfassungsgericht das Unterlassen einer Vorlage zum Europäischen Gerichtshof durch ein letztinstanzliches Gericht im Rahmen einer auf einen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gestützten Verfassungsbeschwerde lediglich auf eine unhaltbare Handhabung der Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV kontrolliert (vgl. zuletzt BVerfGE 126, 286 <315 ff.>; BVerfG, Beschlüsse des Ersten Senats vom 25. Januar 2011 - 1 BvR 1741/09 -, NJW 2011, S. 1427 <1431> [Tz. 104 f.] und vom 19. Juli 2011 - 1 BvR 1916/09 -, juris, Rn. 98). Denn in jenen Fällen geht es nicht um die Entscheidung über die Ausübung der verfassungsgerichtlichen Prüfung bei einer Normenkontrolle, sondern um die auch sonst nur in weiten Grenzen überprüfte Handhabung des Prozessrechts durch die Gerichte im Hinblick auf die Wahrung des gesetzlichen Richters.

60

2. Mit der Pflicht des Gerichts, vor der Vorlage eines Unionsrecht umsetzenden Gesetzes an das Bundesverfassungsgericht die Verbindlichkeit der unionsrechtlichen Vorgaben zu klären, korrespondiert eine entsprechende Darlegungspflicht im Rahmen der Vorlage.

61

Gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG muss das vorlegende Gericht darlegen, inwiefern seine Entscheidung von der Vorlage abhängt und dass das Gericht die gebotene Prüfung der Entscheidungserheblichkeit vorgenommen hat. Nach ständiger Rechtsprechung muss dem Beschluss mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen sein, dass und aus welchen Gründen das Gericht bei der Gültigkeit der Vorschrift zu einem anderen Ergebnis kommen würde als im Fall ihrer Ungültigkeit (vgl. BVerfGE 86, 71 <77>; 88, 187 <194>; 105, 48 <56>; 105, 61 <67>). Das vorlegende Gericht muss im Hinblick auf die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage den verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab nennen und die für seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit maßgebenden Erwägungen nachvollziehbar und umfassend darlegen (vgl. BVerfGE 86, 71 <77 f.>; 88, 70 <74>; 88, 187 <194>; BVerfGK 14, 429 <432>). Dabei muss das Gericht auf naheliegende tatsächliche und rechtliche Gesichtspunkte eingehen. Insbesondere kann es erforderlich sein, die Gründe zu erörtern, die im Gesetzgebungsverfahren als für die gesetzgeberische Entscheidung maßgebend genannt worden sind (vgl. BVerfGE 86, 71 <77 f.>; BVerfGK 14, 429 <432>).

62

Diese Maßstäbe gelten entsprechend für die Pflicht des Gerichts, seine - womöglich ohne Einleitung eines Vorabentscheidungsersuchens gewonnene - Annahme darzulegen, dass das einschlägige Unionsrecht dem nationalen Gesetzgeber in der in Streit stehenden Frage einen Umsetzungsspielraum belässt. Auch diesbezüglich hat es mit hinreichender Deutlichkeit die Gründe dafür aufzuzeigen  , dass die Vorlage des Gesetzes entscheidungserheblich ist.

II.

63

Das Finanzgericht hat die Entscheidungserheblichkeit der Vorlage schon nicht ausreichend dargelegt (1). Zudem hätte es durch ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof klären lassen müssen, ob der Gesetzgeber bei Umsetzung der unionsrechtlichen Vorgaben einen Spielraum zu weitergehenden Übergangsregelungen hatte (2).

64

1. Die Darlegungen des Finanzgerichts zur Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage genügen nicht den Anforderungen des Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG.

65

a) Das vorlegende Gericht hat sich bereits nicht damit auseinandergesetzt, dass die verfassungsrechtliche Prüfung des § 2 Satz 2 Nr. 4 InvZulG 1996 durch das Bundesverfassungsgericht deshalb eingeschränkt sein kann, weil der deutsche Gesetzgeber mit dieser Regelung eine Entscheidung der Europäischen Kommission in deutsches Recht umgesetzt hat. Zwar hat sich das Finanzgericht damit befasst, ob der deutsche Gesetzgeber in Ansehung der Entscheidung der Kommission berechtigt war, nach Ablauf der von der Kommission gesetzten Frist Investitionszulage zu gewähren, wenn eine bindende Investitionsentscheidung seitens eines Investors bereits vor Fristablauf getroffen worden war. Einen Bezug zum Umfang der verfassungsgerichtlichen Prüfung des § 2 Satz 2 Nr. 4 InvZulG 1996 hat es dabei jedoch nicht hergestellt. Im Gegenteil hat das Finanzgericht den Rechtsverstoß ausdrücklich als ausschließlich im nationalen Recht begründet angesehen.

66

b) Im Übrigen fehlt es an hinreichenden Ausführungen zum Umfang der Bindungswirkung der Kommissionsentscheidung für den deutschen Gesetzgeber.

67

Zwar hat das Finanzgericht angenommen, dass die Kommission mit ihrer Entscheidung vom 20. Mai 1998 die tatsächlichen Verhältnisse in der Vergangenheit akzeptiert und nur eine Regelung für die Zukunft getroffen hat. Dieser Befund bleibt allerdings ohne Erkenntniswert für die Frage, ob die Kommissionsentscheidung damit auch Investitionsbeihilfen für schon vor Ablauf der zweimonatigen Frist getroffene Investitionsentscheidungen unterbinden wollte. Entsprechendes gilt für die Bezugnahme des Finanzgerichts auf den späteren Gemeinschaftsrahmen.

68

Das Finanzgericht hat sein Verständnis der Kommissionsentscheidung - wonach dem deutschen Gesetzgeber die spätere Berücksichtigung vor dem 3. September 1998 verbindlich getroffener Investitionsentscheidungen nicht verwehrt gewesen sein soll - wesentlich damit begründet, dass die Kommission nicht ausdrücklich vorgegeben habe, Beihilfen auch für bereits begonnene Investitionen zu versagen. Dass sich die Kommission in ihrer Entscheidung nicht ausdrücklich mit bereits vor Ablauf der von ihr gesetzten Frist getroffenen Investitionsentscheidungen und insoweit gegebenenfalls zu gewährendem Vertrauensschutz befasst hat, zwingt jedoch nicht zu dem Schluss, dass nach Fristablauf eine Gewährung von Investitionszulage zulässig bleiben sollte, wenn eine bindende Investitionsentscheidung bereits vor Fristablauf getroffen worden war. Ihrem Wortlaut nach gab die Entscheidung der Kommission vielmehr vor, dass nach Ablauf der Frist keine Investitionszulage mehr gewährt werden durfte, und zwar unabhängig davon, ob ein Investor bereits eine bindende Investitionsentscheidung getroffen hatte oder nicht.

69

Demgegenüber haben der Gesetzgeber sowie die Finanzbehörden (vgl. die Verfügung der Oberfinanzdirektion Frankfurt vom 20. Juli 1999, InvZ 1000 A-1-St II 24, juris) den von der Kommission verwendeten Begriff des "Gewährens" einer Investitionsbeihilfe zur Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsguts und damit zur (vollständigen) Verwirklichung des materiellrechtlichen Tatbestands in Bezug gesetzt, obgleich sich die "Gewährung" einer Investitionszulage nach dem Verständnis des Bundesfinanzhofs - worauf er in seiner Stellungnahme auch ausdrücklich hingewiesen hat - in der Regel auf den Zeitpunkt ihrer Festsetzung und Auszahlung durch das Finanzamt bezieht. Mit diesen verschiedenen Deutungsmöglichkeiten für den maßgeblichen Bezugspunkt der Kommissionsentscheidung hat sich das Finanzgericht nicht auseinandergesetzt. Vielmehr hat sich das Finanzgericht vor allem auf die Feststellung zurückgezogen, dass die Kommissionsentscheidung nicht zwingend als Ausschluss bereits begonnener Investitionen verstanden werden müsse.

70

2. Die Vorlage ist auch unzulässig, weil das Finanzgericht einen Umsetzungsspielraum des deutschen Gesetzgebers für die weitere Zulässigkeit von Investitionshilfen in Bezug auf früher getroffene Investitionsentscheidungen annimmt, obwohl dieses Verständnis der Kommissionsentscheidung als zweifelsfrei im Sinne der acte-clair-Doktrin nicht haltbar ist.

71

Die vom Finanzgericht befürwortete Auslegung der Kommissionsentscheidung, wonach dem deutschen Gesetzgeber ein ausreichender Gestaltungsspielraum zur Gewährung von Investitionszulagen auch nach dem 2. September 1998 verblieben sei, ist weder Gegenstand einer Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof gewesen, noch ist eine solche Auslegung der Entscheidung der Kommission derart offenkundig, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt. Im Gegenteil spricht insbesondere der Wortlaut der Entscheidung, auch vor dem Hintergrund des (nationalen) Verständnisses des verwendeten Be-griffs "Gewähren", für einen Ausschluss sämtlicher Beihilfen nach Ablauf der von der Kommission gesetzten Frist zur Anpassung der nationalen Beihilferegelungen unabhängig vom Zeitpunkt der getroffenen Investitionsentscheidung. Die Entstehungsgeschichte des Steuerentlastungsgesetzes 1999 wie auch die Stellungnahme des Bundesministeriums der Finanzen im vorliegenden Verfahren lassen zudem erkennen, dass jedenfalls der deutsche Gesetzgeber selbst von einer entsprechenden Verpflichtung ohne verbleibenden Spielraum ausging.

72

Bei dieser Sachlage hätte das Finanzgericht die hier maßgebliche Auslegungsfrage für das Vorliegen eines nationalen Umsetzungsspielraums dem Europäischen Gerichtshof im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens vorlegen müssen.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Das Gericht kann in geeigneten Fällen ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheides mündliche Verhandlung beantragen. Hat das Finanzgericht in dem Gerichtsbescheid die Revision zugelassen, können sie auch Revision einlegen. Wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestands und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.