Tenor

1. Die Bescheide über die Umsatzsteuer für die Kalenderjahre 2006 bis 2008 und 2010 bis 2012 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Oktober 2015 werden mit der Maßgabe geändert, dass die Einnahmen aus den Kursen für Kinder im Alter von 12 bis 36 Monaten in folgender Höhe als steuerfrei zu behandeln sind:

Jahr-Entgelt (brutto)

2006-23.603,35 EUR

2007-20.432,55 EUR

2008-7.282,11 EUR

2010-25.811,42 EUR

2011-19.168,22 EUR

2012-24.222,59 EUR

Der Beklagte hat die danach festzusetzende Umsatzsteuer zu berechnen und den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mitzuteilen; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens zu 20 % und der Beklagte zu 80 %.

4. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistands für das Vorverfahren war notwendig.

5. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kostenschuldner kann der Vollstreckung widersprechen, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung in Höhe des durch Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzten Erstattungsbetrags Sicherheit leistet. Ist durch Kostenfestsetzungsbeschluss ein Erstattungsbetrag von insgesamt mehr als 1.500 Euro festgesetzt, hat der Gläubiger in Höhe des durch Kostenfestsetzungsbeschluss insgesamt festgesetzten Erstattungsbetrags Sicherheit zu leisten.

Tatbestand

 
Streitig ist, ob die von der Klägerin durchgeführten Schwimmkurse für Kinder unter 3 Jahren umsatzsteuerfrei sind.
1. Die Klägerin betreibt seit dem 30. April 2004 als Einzelunternehmerin in angemieteten Schwimmhallen eine Schwimmschule für Kinder und Erwachsene. Sie bezeichnet ihren Schwimmunterricht als „[ ___ ]“-Methode und hat sich diese Marke beim Deutschen Marken- und Patentamt eintragen lassen.
Die Schwimmkurse für Kinder teilt die Klägerin nach dem Alter der Kinder ein. Dabei bildet sie Gruppen für:
–       
Säuglinge im Alter von 3 bis 12 Monaten,
–       
Kleinkinder im Alter von 12 bis 36 Monaten,
–       
Kleinkinder im Alter vom 3. bis zum 6. Lebensjahr und
–       
Kinder ab dem Alter von 5 1/2 Lebensjahren.
Darüber hinaus bietet sie für Kinder, die „das freie, sichere und angstfreie Schwimmen ohne Schwimmhilfen“ beherrschen, Kurse an, die sie „[ ___ ]“ nennt.
Die Größe der Gruppe beträgt im Durchschnitt sechs bis acht Kinder. Die einzelnen Schwimmstunden dauern für die Kinder bis 3 Jahren 30 Minuten, für Kinder ab 3 Jahren 40 Minuten. Eltern sind bei den Kursen mit im Wasser. Die Säuglinge im Alter von bis zu 12 Monaten werden von ihren Eltern gehalten und bewegt. Die Kinder im Alter von 12 bis 36 Monaten bewegen sich zunächst mit Hilfe der Eltern, die aber schrittweise zurückgenommen wird. Die Klägerin hat für jeden Schwimmkurs einen „Lehrplan“ erstellt, in dem der Unterrichtsaufbau dargestellt wird. Danach unterteilt die Klägerin die einzelnen Schwimmstunden in fünf „Phasen“. Auf die dortige Beschreibung der Kursinhalte wird Bezug genommen. Diese werden in der Anlage zu diesem Urteil auszugsweise wiedergeben.
Die Klägerin erläuterte zu den Kursen für Kleinkinder im Erörterungstermin: Die Einteilung der Kurse für Kinder unter und über 3 Jahren beruhe auf der Reife des Gehirns. In den Kursen für unter 3-jährige Kinder stünde die Körperbeherrschung im Vordergrund; das Kind lerne außerdem, sich über Wasser zu halten. Bei den über 3-jährigen Kindern gehe sie dann „richtig in die Technik rein“; den Kindern werde insbesondere der Arm- und Beinschlag für das Brustschwimmen beigebracht.
Die Qualifikation der Klägerin für das Abhalten von Schwimmkursen ist unstreitig.
2. Die Klägerin behandelte sämtliche Schwimmkurse von Anfang an als nach § 4 Nr. 21 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerfreie Leistungen. Sie erteilte keine Rechnungen mit gesondertem Umsatzsteuerausweis.
Die Entgelte für das „Säuglingsschwimmen“ (3 bis 12 Monate) und das „Kleinkinderschwimmen“ (12 bis 36 Monate) betragen (brutto):
10 
Jahr   
  3 bis 12 Monate
  12 bis 36 Monate
Summe 
2006   
15.993,45 EUR
23.603,35 EUR
39.596,80 EUR
2007   
10.477,20 EUR
20.432,55 EUR
30.909,75 EUR
2008   
9.217,33 EUR
7.282,11 EUR
16.499,44 EUR
2010   
20.200,59 EUR
25.811,42 EUR
46.012,01 EUR
2011   
24.098,00 EUR
19.168,22 EUR
43.266,22 EUR
2012   
23.236,95 EUR
24.222,59 EUR
  47.459,54 EUR
11 
3. Die Klägerin beantragte erstmals mit Schreiben vom 19. April 2010 beim Regierungspräsidium Karlsruhe eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 UStG. Das Regierungspräsidium lehnte den Antrag mit Bescheid vom 27. April 2010 (ohne Rechtsbehelfsbelehrung) ab, weil eine solche Bescheinigung für private Schwimmschulen nicht erteilt werden könne.
12 
4. Im Anschluss an eine Umsatzsteuersonderprüfung (Bericht vom 18. September 2012) beurteilte der Beklagte (das Finanzamt -FA-) die Leistungen in den geänderten Umsatzsteuerbescheiden 2006 bis 2010 vom 24. Oktober 2012 und in den erstmaligen Umsatzsteuerbescheiden 2011 und 2012 vom 19. Mai 2014 als steuerpflichtig. Die Klägerin legte gegen diese Bescheide rechtzeitig Einspruch ein.
13 
5. Die inzwischen anwaltlich vertretene Klägerin beantragte mit Schriftsatz vom 21. Mai 2012 beim Regierungspräsidium [ ___ ] erneut eine Bescheinigung. Das Regierungspräsidium erteilte die Bescheinigung mit Verfügung vom 9. Juli 2013 rückwirkend ab dem 30. April 2004 nur für das Kleinkinderschwimmen (ab 3 Jahren) und das Kinder- bzw. Schülerschwimmen (ab 6 Jahren). Mit weiterem Bescheid vom gleichen Tag lehnte es eine Bescheinigung für das Säuglingsschwimmen (3 bis 12 Monate) und das Kleinkinderschwimmen (12 bis 36 Monate) ab. Der Ablehnungsbescheid erging auf Bitte des neuen Rechtsanwalts (dem Prozessbevollmächtigten) ohne Rechtsbehelfsbelehrung. Er wurde nicht angefochten.
14 
6. Die Klägerin legte dem FA die Bewilligung des Regierungspräsidiums vor. Das FA gewährte daraufhin in den geänderten Umsatzsteuerbescheiden 2006 bis 2008 und 2010 bis 2012 die Steuerbefreiung für das Kleinkinderschwimmen (ab 3 Jahren).
15 
Jahr   
Bescheid vom
2006   
1. April 2014
2007   
1. April 2014
2008   
1. April 2014
2010   
19. Februar 2014
2011   
6. August 2014
2012   
6. August 2014
16 
Die Steuerbefreiung auch für das Säuglingsschwimmen (3 bis 12 Monate) und das Kleinkinderschwimmen (12 bis 36 Monate) lehnte es mit Einspruchsentscheidung vom 26. Oktober 2015 ab.
17 
7. Mit der dagegen erhobenen Klage begehrt die Klägerin weiterhin die Steuerbefreiung auch für das Säuglingsschwimmen (3 bis 12 Monate) und das Kleinkinderschwimmen (12 bis 36 Monate).
18 
Sie meint, bereits der Schwimmunterricht an Säuglingen ziele darauf ab, den Kindern Fähigkeiten und Kenntnisse zu vermitteln, nämlich Schwimmen zu lernen. Das Schwimmen lernen sei eine Teildisziplin des Schulfaches Sport.
19 
Die Politik propagiere ab der Geburt eines Kindes dessen „Bildung“. Der Lernerfolg stelle sich beim Schwimmen bereits ein, wenn sich ein Kind über Wasser halten könne. Von den Kindern, die regelmäßig an ihren Schwimmkursen teilnehmen, würden 90 % im Alter von 3 Jahren schwimmen können. Ein gewisses spielerisches Element in ihren Kursen erhöhe den Lernerfolg.
20 
Die Klägerin hat im Verlauf des Klageverfahrens das Privatgutachten des Prof. Dr. med. [ ___ ] (ohne Datum) vorgelegt, [ ___ ] und zu dem Ergebnis kommt, dass die Schwimmkurse der Klägerin eine Bildungsleistung zum zielführenden Schwimmen lernen seien. Darin führt der Verfasser u.a. aus: Bildung sei ein Prozess, der mit der Geburt eines Kindes einsetze und sich ein gesamtes Leben lang vollziehe. Der Schwimmunterricht der Klägerin sei auch für Säuglinge ab dem dritten Lebensmonat als eine frühkindliche Bildung zu verstehen. Das Spiel sei der Bildungsweg des Kleinkindes, im Spiel werde das Kind auch von Erwachsenen gebildet. Auch motorische Entwicklung im frühen Lebensalter sei als Bildung zu bezeichnen.
21 
Die Klägerin hat dem Senat einen Memory-Stick mit Filmaufzeichnungen des Schwimmunterrichts übersandt.
22 
Die Klägerin beantragt,
die Bescheide über die Umsatzsteuer für die Kalenderjahre 2006 bis 2008 und 2010 bis 2012 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Oktober 2015 zu ändern und auch die folgenden Beträge steuerfrei zu behandeln:
Jahr   
Entgelt (brutto)
2006   
39.596,80 EUR
2007   
30.909,75 EUR
2008   
16.499,44 EUR
2010   
46.012,01 EUR
2011   
43.266,22 EUR
2012   
47.459,54 EUR
23 
8. Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
24 
Es hält die Auslegung des Begriffs der „Ausbildung“ für entscheidend. Bei Kindern rege jede Förderungsmaßnahme die Bildung von Synapsen an, ohne dass von einer Ausbildung bzw. von „Unterricht“ gesprochen werden könne.
25 
Aus dem Privatgutachten des Prof. Dr. med. [ ___ ] gehe nicht hervor, dass die Kinder tatsächlich schon im Alter unter 3 Jahren das selbständige Schwimmen lernen.
26 
Weder aus dem überlassenen Film noch aus dem Lehrplan sei ersichtlich, dass Kinder unter 3 Jahren nach der Methode der Klägerin frei schwimmen lernen. Aus den Aufnahmen gehe vielmehr hervor, dass die Freizeitgestaltung und der Spaßfaktor überwiegen. Es sei nicht ersichtlich, dass sich ältere Kinder durch Paddeln im Wasser mit allen Vieren und Schwimmflossen, von den Eltern kontrolliert, kurz über Wasser halten können. Von (Brust-)Schwimmen, wie es auch in den Schulen oder Schwimmkursen für ältere Kinder gelehrt wird, sei nichts ersichtlich. Nach dem Lehrplan lehre die Klägerin dies erst in der Kursstufe für das 3. bis 6. Lebensjahr. Ob Kinder, die zuvor am Säuglingsschwimmen teilgenommen haben, schneller Schwimmen lernen als ältere Kinder ohne vorausgegangenen Säuglingsschwimmkurs, die in ihrer Auffassungsgabe und motorischen Fähigkeiten viel weiter sind, lasse sich weder aus dem Film noch aus dem Lehrplan beurteilen. Die Finanzverwaltung gehe davon aus, dass erst bei Kindern ab dem 3. Lebensjahr der tatsächliche Unterricht die Freizeitgestaltung überwiege (Hinweis auf Abschn. 4.21.2 Abs. 8 Satz 3 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses -UStAE-). Steuerfrei könnten nur Umsätze sein, die als vergleichbare Leistungen an Schulen erbracht werden. Selbst wenn einzelne Kinder unter 3 Jahren sich durch die Methode der Klägerin kurz über Wasser halten könnten, sei dies nicht die Mehrheit aller Kinder unter 3 Jahren. Es handele sich nicht um Unterricht, sondern um eine spielerische Frühförderungsmaßnahme, mit der keine Fähigkeiten wie bestimmte reproduzierbare Körperbewegungen vermittelt werden sollen. Laut Recherchen im Internet würden Experten davon ausgehen, dass die motorischen und geistigen Fähigkeiten zum (Brust-)Schwimmen lernen erst ab etwa 4 Jahren ausgeprägt seien.
27 
9. In der Rechtssache hat am 25. Mai 2016 ein Erörterungstermin stattgefunden.
28 
Die Beteiligten haben übereinstimmend berichtet, dass derzeit bundesweit eine einheitliche Praxis bestehe, nach der eine Bescheinigung für Unterricht an Kinder unter 3 Jahren nicht erteilt würde.
29 
10. Die von der Klägerin vorgelegten Filmaufnahmen der Schwimmkurse wurden in der mündlichen Verhandlung in Auszügen vorgespielt und von der Klägerin kommentiert.

Entscheidungsgründe

 
30 
Die Klage ist teilweise begründet. Die Umsatzsteuerbescheide 2006 bis 2012 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, soweit das FA auch die Schwimmkurse für Kleinkinder (12 bis 36 Monate) als steuerpflichtig erachtet hat (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-). Dagegen sind die Säuglingsschwimmkurse (3 bis 12 Monate) steuerpflichtig.
31 
1.Die Leistungen der Klägerin sind nicht nach nationalem Recht steuerfrei.
32 
a) Nach § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG sind steuerfrei die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn sie als Ersatzschulen gemäß Art. 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind (Doppelbuchst. aa) oder wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten (Doppelbuchst. bb).
33 
Im Streitfall liegen diese Voraussetzungen nicht vor. Die Klägerin ist weder als Ersatzschule staatlich genehmigt noch nach Landesrecht erlaubt. Für die hier streitigen Kurse wurde auch keine Bescheinigung über die Vorbereitung auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung erteilt.
34 
b) Nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG sind ferner steuerfrei die Vorträge, Kurse und andere Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, von Volkshochschulen oder von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes dienen, durchgeführt werden, wenn die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden. Steuerfrei sind auch andere kulturelle und sportliche Veranstaltungen, die von den in § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG genannten Unternehmern durchgeführt werden, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht (§ 4 Nr. 22 Buchst. b UStG).
35 
Im Streitfall kommt auch diese Steuerbefreiung nicht in Betracht, da die Klägerin als Einzelunternehmerin die nach dem eindeutigen Wortlaut von § 4 Nr. 22 Buchst. a und b UStG erforderlichen unternehmerbezogenen Voraussetzungen nicht erfüllt. Ob dies gegen das Unionsrecht oder die diesem zugrunde liegenden Grundsätze verstößt, ist im Hinblick auf diesen Wortlaut unbeachtlich und nur im Zusammenhang mit der Berufung der Klägerin auf das Unionsrecht von Bedeutung.
36 
2.Die Klägerin kann sich für eine -teilweise- Steuerfreiheit ihrer Leistungen aber auf das Unionsrecht berufen.
37 
a) Steuerfrei ist nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem vom 28. November 2006 (MwStSystRL) der von Privatlehrern erteilte Schul- und Hochschulunterricht. Die MwStSystRL trat zum 1. Januar 2007 in Kraft. Bis zum 31. Dezember 2006 beruhte die Steuerbefreiung auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (6. EG-Richtlinie).
38 
b) Die Klägerin kann sich unmittelbar auf diese Vorschriften berufen (Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 5. Juni 2014 V R 19/13, BFHE 245, 433, Umsatzsteuerrundschau -UR- 2014, 735; vom 16. März 2017 V R 38/16, BFHE 258, 167, BStBl II 2017, 1017; vom 29. März 2017 XI R 6/16, BFHE 257, 471, UR 2017, 509, Rz 37; Finanzgericht -FG- Berlin-Brandenburg, Urteil vom 8. November 2017  5 K 5108/15, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2018, 691, Rz 23, Revision BFH V R 66/17; FG Köln, Beschluss vom 31. Mai 2010  4 V 312/10, EFG 2010, 1461, Rz 53). Der Berufung auf Unionsrecht steht nicht entgegen, dass das Regierungspräsidium [ ___ ] den Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung für Kinder unter 3 Jahren bestandskräftig abgelehnt hat.
39 
c) Die persönlichen Voraussetzungen des Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL bzw. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der 6. EG-Richtlinie sind erfüllt. Die Klägerin ist eine „Privatlehrerin“ im Sinne der Vorschrift.
40 
Die MwStSystRL und die 6. EG-Richtlinie definieren den Begriff des Privatlehrers nicht. Aus ihm ergibt sich lediglich, dass eine befreite Unterrichtstätigkeit „privat“ ausgeübt werden muss (BFH-Beschluss vom 18. November 2015 XI B 61/15, BFH/NV 2016, 435, Rz 22). Schul- oder Hochschulunterricht wird von „Privatlehrern erteilt“, wenn die Lehrer für eigene Rechnung und in eigener Verantwortung handeln und zwischen dem konkreten Inhalt des Unterrichts und den Qualifikationen der Unterrichtenden ein Zusammenhang besteht (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union -EuGH- vom 14. Juni 2007 C-445/05, Haderer, UR 2007, 592, Rz 30, 31; BFH-Beschluss vom 16. März 2017 V R 38/16, BFHE 258, 167, BStBl II 2017, 1017, Rz 49).
41 
Danach hat die Klägerin den Schwimmunterricht „als Privatlehrerin erteilt“, weil sie auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung handelt und der konkrete Inhalt des von ihr erteilten Unterrichts in unmittelbarem Zusammenhang mit ihren Qualifikationen steht.
42 
Die Klägerin ist ohne Zweifel fachlich hinreichend befähigt ist, Schwimmunterricht zu erteilen. Eine darüber hinausgehende, besondere pädagogische Qualifikation fordert das Unionsrecht nicht (vgl. Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 15. Juni 2015  4 K 19/15, EFG 2015, 1576, Nichtzulassungsbeschwerde als unbegründet zurückgewiesen durch BFH-Beschluss vom 18. November 2015 XI B 61/15, BFH/NV 2016, 435; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 8. November 2017  5 K 5108/15, EFG 2018, 691, Rz 24, Revision BFH V R 66/17).
43 
Dem Merkmal „Privatlehrer“ steht nicht entgegen, dass die Unterrichtseinheiten mehreren Kindern gleichzeitig erteilt werden (EuGH-Urteil vom 14. Juni 2007 C-445/05, Haderer, UR 2007, 592, Rz 31; BFH-Urteil vom 20. März 2014 V R 3/13, BFHE 245, 391, UR 2014, 569, Rz 23; vom 16. März 2017 V R 38/16, BFHE 258, 167, BStBl II 2017, 1017, Rz 50).
44 
Es ist auch nicht entscheidungserheblich, ob die der Unterrichtserteilung zugrunde liegenden Rechtsbeziehungen unmittelbar mit den Kindern oder mit Dritten (hier: mit deren Eltern) bestehen (EuGH-Urteil vom 14. Juni 2007 C-445/05, Haderer, UR 2007, 592, Rz 32; BFH-Entscheidungen vom 20. März 2014 V R 3/13, BFHE 245, 391, UR 2014, 569, Rz 23; vom 16. März 2017 V R 38/16, BFHE 258, 167, BStBl II 2017, 1017, Rz 50).
45 
Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob die Rechtsprechung zur unternehmerbezogenen Anerkennung im Sozialbereich (Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL), wo für die Anerkennung u.a. das mit der Tätigkeit des Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse zu berücksichtigen ist (vgl. dazu EuGH-Urteil vom 15. November 2012 C-174/11, Zimmermann, UR 2013, 35, Rz 31), auf den „Unterrichtsbereich“ -und mithin auch auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL- zu übertragen wäre (so jedenfalls zu Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL: BFH-Entscheidungen vom 10. August 2016 V R 38/15, BFHE 254, 448, UR 2016, 879, Rz 18; vom 16. März 2017 V R 38/16, BFHE 258, 167, BStBl II 2017, 1017, Rz 39) oder ob im Hinblick auf die in der Überschrift des Kapitel 2 MwStSystRL zum Ausdruck kommenden Zielsetzung der „Steuerbefreiung für bestimmte, dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten“ weitergehende unternehmerbezogene Anforderungen zu stellen sind (vgl. BFH-Beschluss vom 16. März 2017 V R 38/16, BFHE 258, 167, BStBl II 2017, 1017, Rz 48 ff., Vorlage an den EuGH).
46 
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall jedenfalls gegeben, denn an der Erlernung der Fähigkeit, schwimmen zu können, besteht jedenfalls ein hohes Gemeinwohlinteresse (BFH-Urteil vom 5. Juni 2014 V R 19/13, BFHE 245, 433, UR 2014, 735, Rz 18; bestätigt durch BFH-Urteil vom 10. August 2016 V R 38/15, BFHE 254, 448, UR 2016, 879, Rz 19; dem folgend FG Münster, Urteil vom 15. August 2017  15 K 2689/14 U, EFG 2017, 1699, Rz 15). Das Ertrinken ist in Deutschland -nach den Verkehrsunfällen- die zweithäufigste Todesursache bei (Klein-)Kindern (vgl. Statistisches Bundesamt, Gesundheit, Todesursachen in Deutschland, Fachserie 12, Reihe 4, 2015, S. 8).Schwimmen zu können bedeutet darüber hinaus den Zugang zu vielen Bewegungs- und Lebensbereichen, wie dem Urlaub an der See, allen Wassersportarten, dem Besuch im Schwimmbad oder dem Gang zum Baggersee (vgl. FG Köln, Beschluss vom 31. Mai 2010  4 V 312/10, EFG 2010, 1461, Rz 56).
47 
d) Im Streitfall sind auch die leistungsbezogenen Voraussetzungen erfüllt, soweit der Unterricht Kindern ab 1 Jahr erteilt wird.
48 
aa) Die Begriffe „Schul- und Hochschulunterricht“ sind autonome unionsrechtliche Begriffe, die eine von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedliche Anwendung des Mehrwertsteuersystems vermeiden sollen (EuGH-Urteile vom 14. Juni 2007 C-445/05, Haderer, UR 2007, 592, Rz 17; vom 14. Juni 2007 C-434/05, Horizon College, UR 2007, 587, Rz 15).
49 
„Schul- und Hochschulunterricht“ erfasst nicht nur Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern schließt andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten von Schülern oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (EuGH-Urteil vom 14. Juni 2007 C-445/05, Haderer, UR 2007, 592, Rz 26; BFH-Urteil vom 5. Juni 2014 V R 19/13, BFHE 245, 433, UR 2014, 735, Rz 17; vgl. auch EuGH-Urteil vom 28. Januar 2010 C-473/08, Eulitz, UR 2010, 174, zur Erwachsenenbildung). Entscheidend sind die Art der erbrachten Leistungen und ihre generelle Eignung als Schul- oder Hochschulunterricht (BFH-Urteil vom 28. Mai 2013 XI R 35/11, BFHE 242, 250, BStBl II 2013, 879, Rz 43). Anhaltspunkte, die zur Annahme reiner Freizeitgestaltungen führen, können sich zum Beispiel aus dem Teilnehmerkreis oder aus der thematischen Zielsetzung eines Kurses ergeben (BFH-Urteil vom 24. Januar 2008 V R 3/05, BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, Rz 33).
50 
Bei der Auslegung der Tatbestandsmerkmale der Steuerbefreiungen ist zwar zu berücksichtigen, dass die Begriffe, mit denen die Steuerbefreiungen in der MwStSystRL und der 6. EG-Richtlinie umschrieben sind, eng auszulegen sind, weil Steuerbefreiungen Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Mehrwertsteuer unterliegt (z.B. EuGH-Urteil vom 19. April 2007 C-455/05, Velvet & Steel, UR 2007, 379, Rz 14). Eine besonders enge Auslegung des Begriffs „Schul- und Hochschulunterricht“ würde aber die Gefahr einer unterschiedlichen Anwendung des Mehrwertsteuerrechts in den Mitgliedstaaten hervorrufen (EuGH-Urteil vom 14. Juni 2007 C-445/05, Haderer, UR 2007, 592, Rz 24; vom 28. Januar 2010 C-473/08, Eulitz, UR 2010, 174, Rz 36; FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 8. Februar 2017  1 V 3464/16, Mehrwertsteuerrecht 2017, 474, Rz 20).
51 
bb) Nach diesen Maßstäben erteilt die Klägerin mit ihren Kursen im Kleinkinderschwimmen (12 bis 36 Monate) Unterricht i.S. des Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL bzw. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der 6. EG-Richtlinie.
52 
Die Steuerbefreiung verlangt -anders als das FA meint- nicht, dass die Mehrheit der teilnehmenden Kinder nach Beendigung eines Kurses in der Lage ist, sich selbständig und ohne Schwimmhilfen über Wasser zu halten oder gar eine bestimmte Schwimmtechnik (z.B. Brustschwimmen) beherrschen. Vielmehr ist nach dem Zweck der Steuerbefreiung, die gleichmäßige umsatzsteuerliche Belastung von privaten und öffentlichen Ausbildungsträgern zu gewährleisten (vgl. dazu BFH-Urteil vom 27. August 1998 V R 73/97, BFHE 187, 60, BStBl II 1999, 376, Rz 12; Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 12. Juni 2013  9 C 4/12, BVerwGE 147, 1, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2014, 80, Rz 9, beide zu § 4 Nr. 21 UStG), ausreichend, dass die Leistung allein oder zusammen mit den Leistungen anderer Unternehmer das Schwimmen lernen ermöglicht, fördert, ergänzt oder erleichtert (vgl. Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 29. Oktober 2015  5 K 316/14, EFG 2016, 149, Rz 20, rechtskräftig, zum Tanzunterricht).
53 
Der Senat ist davon überzeugt, dass der Kurs Kleinkinderschwimmen (12 bis 36 Monate) darauf ausgelegt ist, den Kindern Schwimmen zu lernen. Dies entnimmt der Senat zum einen dem „Lehrplan“, den die Klägerin zu diesem Kurs vorgelegt hat und zum anderen den Filmaufnahmen, die sie in der mündlichen Verhandlung über verschiedene Szenen ihrer Kurse beispielhaft vorgeführt hat. Auf den Filmaufnahmen ist erkennbar, dass die Kinder neben dem begleitenden Elternteil, wenn auch von Schwimmhilfen (z.B. Schwimmärmel und -gürtel) getragen und von Flossen unterstützt, frei im Wasser schwimmen und darüber hinaus in der Lage sind, sich darin fortzubewegen. Für den Senat ist zudem ohne weiteres nachvollziehbar, dass -wie es die Klägerin vorträgt und im Film zu sehen ist- der Einsatz der Schwimmhilfen und Flossen je nach dem Fortschritt der Kinder im Verlauf des Kurses reduziert werden.
54 
Zweifel daran, dass die Angaben des Lehrplans zum „Unterrichtsaufbau“ oder die Filmaufnahmen zum Teil oder insgesamt bloß vorgetäuscht wären, sind nicht erkennbar. Ob die am Ende des Films gezeigten, ohne Hilfen schwimmenden Kinder tatsächlich noch keine 3 Jahre alt sind oder -wie das FA mutmaßt- deutlich älter, hält der Senat für nicht entscheidend, da der Kurs jedenfalls darauf gerichtet ist, Schwimmen zu lernen. Der Kurs Kleinkinderschwimmen (12 bis 36 Monate) ist als „Baustein“ eines mehrere Jahrgangsstufen übergreifenden Kurssystems angelegt, in dessen Verlauf die Kinder das Schwimmen erlernen und am Ende sicher beherrschen können sollen.
55 
Die Erlangung dieser Fähigkeiten wird auch an Schulen unterrichtet. Schwimmen war und ist in Baden-Württemberg Bestandteil der Bildungspläne aller Schularten (vgl. Stellungnahme des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport vom 14. August 2017, Landtag von Baden-Württemberg, Drucksache 16/2381).
56 
Darüber hinaus dienen die Kurse auch dazu, das Selbstvertrauen der Kinder zu stärken und ihre Beziehungsfähigkeit zu fördern. Schließlich ist zu bedenken, dass die Pflege und Erziehung der Kinder nicht nur das natürliche Recht der Eltern, sondern auch die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht sind (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes) und dass damit alle Maßnahmen, mit denen ihr körperliches oder seelisches Wachstum unterstützt wird, jedenfalls nicht von vornherein bloß der reinen Freizeitgestaltung zugerechnet werden können. Eltern, die ihren Kindern frühzeitig das Schwimmen beibringen, handeln zudem -wie ausgeführt- im Gemeinwohlinteresse.
57 
Nach alledem kann der Senat offenlassen, ob auch das allabendliche Spielen und Herumtoben mit Eltern und Geschwistern in der heimischen Badewanne in den ersten drei Lebensjahren verknüpft mit wöchentlichen Schwimmbadbesuchen Motorik, Selbstvertrauen, angstfreien Umgang mit dem Wasser, soziale Intelligenz usw. -anders als die Klägerin auf Seite 24 ihres Lehrplans meint- nicht in gleicher Weise unterstützen und fördern würde.
58 
Das Gericht ist bei seiner Beurteilung nicht an die in Abschn. 4.21.2 Abs. 8 Satz 3 UStAE geäußerte -norminterpretierende- Verwaltungsauffassung gebunden (vgl. BFH-Urteil vom 16. September 2015 XI R 27/13, BFH/NV 2016, 252, Rz 30). Davon abgesehen bezieht sich der Anwendungserlass auf Ballett- und Tanzunterricht.
59 
cc) Dagegen beurteilt der Senat das Säuglingsschwimmen (3 bis 12 Monate) als steuerpflichtig. Er hat nicht feststellen können, dass das Säuglingsschwimmen über eine Freizeitgestaltung hinausgeht bzw. in einem strukturierten Prozess den Säuglingen Schwimmkenntnisse und Schwimmfähigkeiten vermittelt.
60 
Nach den gezeigten Filmaufnahmen unterscheidet sich das Säuglingsschwimmen (3 bis 12 Monate) vom Kleinkinderschwimmen (12 bis 36 Monate) und allen weiteren Kursen vor allem dadurch, dass sich die Kinder nicht neben den Eltern „allein“ (getragen von Schwimmhilfen) im Wasser befinden, sondern -altersbedingt- von den Eltern gehalten werden. Zudem richten sich die Ansprachen der Klägerin -wiederum altersbedingt- nicht an die Kinder persönlich, sondern an die Eltern.
61 
Soweit die von den Eltern mit ihren Kindern durchgeführten Übungen -wie die Klägerin ausführt- dazu dienen sollen, die Säuglinge an das Element Wasser zu gewöhnen, die Muskulatur zu kräftigen, Körperspannung aufzubauen, die Eltern-Kind-Beziehung zu stärken oder -noch allgemeiner- die Bildung von Synapsen anzuregen, kann nach der Einschätzung des Senats noch nicht von einem „Schwimmunterricht“ gesprochen werden, mögen auch diejenigen Kinder, die das Säuglingsschwimmen besucht haben, regelmäßig einen „Vorsprung“ gegenüber Kindern mitbringen, die erst später mit den Schwimmkursen beginnen. Auch im „Unterrichtsaufbau“ für das Säuglingsschwimmen (3 bis 12 Monate) kommt nicht hinreichend zum Ausdruck, dass das Schwimmen lernen im Vordergrund steht.
62 
Die Umsätze im Bereich Säuglingsschwimmen unterliegen dem Regelsteuersatz (BFH-Urteil vom 5. Juni 2014 V R 19/13, BFHE 245, 433, UR 2014, 735, Rz 27 ff.).
63 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Dabei war zu berücksichtigen, dass die Klägerin nach ihrem unwidersprochenen Vortrag (Schriftsatz vom 18. Februar 2018) bei der Steuerbefreiung der Umsätze aus dem Kleinkinderschwimmen (12 bis 36 Monate) in den Jahren 2006 bis 2008 und 2010 als Kleinunternehmerin zu behandeln ist und somit nur die Entgelte aus dem Säuglingsschwimmen (3 bis 12 Monate) in den Jahren 2011 und 2012 steuerpflichtig sind.
64 
Die Übertragung der Berechnung der festzusetzenden Steuer folgt aus § 100 Abs. 2 FGO. Dabei wird das FA die Kleinunternehmerregelung gemäß § 19 UStG und die anteilige Kürzung des Vorsteuerabzugs (aufgrund der nach diesem Urteil zusätzlich steuerfreien Leistungen) gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG zu beachten haben.
65 
Die Regelung der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO i.V.m. § 708 Nr. 11 und §§ 709, 711 der Zivilprozessordnung.
66 
Die Klägerin beantragte, die Zuziehung des Bevollmächtigten zum Vorverfahren für notwendig zu erklären. Dem Verfahren lag ein Sachverhalt zugrunde, der in rechtlicher Hinsicht nicht von vornherein als einfach zu beurteilen war. Die Klägerin durfte sich daher eines Rechtskundigen bedienen, um eine erfolgversprechende Rechtsverfolgung zu erreichen. Der Senat hält hiernach die Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig (vgl. § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO).
67 
Anlage
68 
Unterrichtsaufbau des Säuglingsschwimmens (3. bis 12. Lebensmonat)
69 
Phase I
Eltern-Kind-Begrüßung durch das Ritual des Begrüßungsliedes. Durch sich steigernden Bewegungen während dem Laufen, Hüpfen, Senken und Schwingen wird das Herz-Kreislaufsystem des Säuglings aktiviert und er kann sich im Element Wasser akklimatisieren. Während dieser Phase wird der Säugling behutsam von dem direkten Körperkontakt zu Mutter/Vater gelöst und in Sichtkontakt mit den weiteren Säuglingen gebracht, um einen bewusst herbeigeführten Sichtkontakt zu erreichen.
(Dauer: ca. 3 Minuten pro Unterrichtseinheit)
Phase II
Der Säugling wird nun mit Hilfe gezielter Schwenkgriffe, Zugbewegungen und Schubgriffe gegen den Wasserwiderstand in alle Richtungen bewegt. Hierdurch wird das Haut-, Bewegungs- und Lageempfinden des Säuglings sensibilisiert. Ebenso wird das Orientierungsvermögen gezielt herausgefordert. In dieser Phase reguliert sich beachtlich der Muskeltonus und die Freisetzung des Schwimmreflexes.
(ca. 5 Minuten)
Phase III
Der Säugling wird durch gezielte Grifftechniken zur Eigenbewegung durch Berührungsimpulse und gezielte Wasserströmungen angeregt. Mit und ohne Material- und Geräteeinsatz wird der Säugling durch verschiedene Gleichgewichtsgriffe (Flug-, Fall-, Greif-, Stütz-, Dreh-, Schwenk-, Zieh- und Stellgriffe) herausgefordert, um sich motorisch anzupassen. Hierbei kräftigt sich die Halte- und Bewegungsmuskulatur. In dieser Phase werden u.a. immer wiederkehrende Gruppenspielsituationen geübt, in denen der Säugling die wichtigen Bewegungsmuster für das Schwimmen erlernt.
(ca. 20 Minuten)
Phase IV
In der Phase werden dem Säugling die Möglichkeiten geboten, seinen eigenen Explorationsdrang zu befriedigen. Hierbei sollte der Säugling nicht von Seiten der Eltern abgelenkt werden, damit er sich seinen eigenen Interessen ungestört widmen kann, um Sicherheit in seinen persönlichen Bewegungen im Wasser zu erlangen.
(ca. 5 Minuten)
Phase V
In der letzten Phase wird der Säugling sowie das Herz-Kreislaufsystem durch sanfte Wiege- und Schaukelbewegungen beruhigt. Die Reize werden reduziert und die Unterrichtseinheit mit dem Ritual des Abschlusslieds beendet.
(ca. 5 Minuten)
70 
Unterrichtsaufbau des Kleinkinderschwimmens (12. bis 36. Lebensmonat)
71 
Phase I
Eltern-Kind-Begrüßung durch das Ritual des Begrüßungslieds. Durch das Laufen, Hüpfen, Senken und Schwingen wird das Herz-Kreislaufsystem des Kleinkinds aktiviert und es kann sich im Element Wasser akklimatisieren. Während dieser Phase wird das Kleinkind behutsam von dem direkten Körperkontakt zu Mutter/Vater gelöst und im Sichtkontakt mit den weiteren Kleinkindern gebracht, um einen bewusst herbeigeführten Sichtkontakt zu erreichen.
(Dauer: ca. 4 Minuten pro Unterrichtseinheit)
Phase II
Das Kleinkind bekommt zusammen mit den Eltern die aktuelle Spiel- und Aufgabensituation erklärt. Entsprechend dem besuchten Unterrichtsteil, erlernt das Kleinkind die Aufgabensituation mit tatkräftiger Unterstützung der Eltern oder allein zu bewältigen. In dieser Spielphase der Unterrichtsteile 2-3-4 bewältigen die Kleinkinder z.B. allein das kontinuierliche Schwimmen, schwimmen allein und ohne Unterstützung von Punkt A zu Punkt B, Klettern auf und von Wassermatten, krabbeln durch einen Wassertunnel, Springen ins Wasser, Gruppenwettspiele u.v.m. In der Spielphase des Unterrichtsteils 1 bewältigen die Kleinkinder die Spielsituationen mit ständig abnehmender Unterstützung der Eltern, um das selbständige Schwimmen mit Unterstützung von Schwimmärmeln zu lernen. In der Spielphase des Unterrichtsteils 4 bewältigen die Kleinkinder die Spielsituation mit stark reduzierten Schwimmhilfen und der elterlichen Unterstützung bzw. komplett ohne Schwimmhilfen allein und ohne Unterstützung der Eltern. Erlernen zielgerichteter Bewegungsmuster der Arme und Beine zum Schwimmen lernen, sowie der Stabilisierung des Rumpfes.
(ca. 20 Minuten)
Phase III
In dieser Phase wird dem Kleinkind die Möglichkeiten geboten, seinem eigenen Explorationsdrang zu befriedigen. Hierbei sollte das Kleinkind nicht von Seiten der Eltern abgelenkt werden, damit es sich seinen eigenen Interessen im Wasser ungestört widmen kann.
(ca. 4 Minuten)
Phase IV
In der letzten Phase werden die Reize reduziert und die Unterrichtseinheit mit dem Ritual des Abschlusslieds beendet.
(ca. 2 Minuten)
72 
Unterrichtsaufbau des Kleinkinderschwimmens (3. bis 6. Lebensjahr)
73 
Phase I
Eltern-Kind-Begrüßung durch das Ritual des Begrüßungslieds. Durch das Laufen, Hüpfen, Senken und Schwingen wird das Herz-Kreislaufsystem des Kleinkinds aktiviert und es kann sich im Element Wasser akklimatisieren. Während dieser Phase nimmt das Kind direkten Kontakt zur Gruppe auf.
(Dauer: ca. 2 Minuten pro Unterrichtseinheit)
Phase II
Das Kind bekommt zusammen mit den Eltern die aktuelle Spiel- und Aufgabensituation erklärt. Entsprechend dem besuchten Unterrichtsteil, erlernt das Kind die Aufgabensituation mit Unterstützung der Eltern oder allein zu bewältigen. In dieser Spielphase der Unterrichtseinheit bewältigen die Kinder z.B. allein das kontinuierliche Schwimmen, Klettern auf und von Wassermatten, krabbeln durch einen Wassertunnel, Springen ins Wasser, Arm- und Beinkoordination des Brustschwimmens u.v.m. Gruppen-Wettspiele.
(ca. 25 Minuten)
Phase III
In dieser Phase wird dem Kind die Möglichkeiten geboten, seinem eigenen Explorationsdrang zu befriedigen. Hierbei sollte das Kind nicht von Seiten der Eltern abgelenkt werden, damit es sich seinen eigenen Interessen ungestört widmen kann und nochmals in direkten Kontakt zu anderen Kindern gehen kann.
(ca. 8 Minuten)
Phase IV
In der letzten Phase werden die Reize reduziert und die Unterrichtseinheit mit dem Ritual des Abschlusslieds beendet.
(ca. 5 Minuten)

Gründe

 
30 
Die Klage ist teilweise begründet. Die Umsatzsteuerbescheide 2006 bis 2012 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, soweit das FA auch die Schwimmkurse für Kleinkinder (12 bis 36 Monate) als steuerpflichtig erachtet hat (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-). Dagegen sind die Säuglingsschwimmkurse (3 bis 12 Monate) steuerpflichtig.
31 
1.Die Leistungen der Klägerin sind nicht nach nationalem Recht steuerfrei.
32 
a) Nach § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG sind steuerfrei die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn sie als Ersatzschulen gemäß Art. 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind (Doppelbuchst. aa) oder wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten (Doppelbuchst. bb).
33 
Im Streitfall liegen diese Voraussetzungen nicht vor. Die Klägerin ist weder als Ersatzschule staatlich genehmigt noch nach Landesrecht erlaubt. Für die hier streitigen Kurse wurde auch keine Bescheinigung über die Vorbereitung auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung erteilt.
34 
b) Nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG sind ferner steuerfrei die Vorträge, Kurse und andere Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, von Volkshochschulen oder von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes dienen, durchgeführt werden, wenn die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden. Steuerfrei sind auch andere kulturelle und sportliche Veranstaltungen, die von den in § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG genannten Unternehmern durchgeführt werden, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht (§ 4 Nr. 22 Buchst. b UStG).
35 
Im Streitfall kommt auch diese Steuerbefreiung nicht in Betracht, da die Klägerin als Einzelunternehmerin die nach dem eindeutigen Wortlaut von § 4 Nr. 22 Buchst. a und b UStG erforderlichen unternehmerbezogenen Voraussetzungen nicht erfüllt. Ob dies gegen das Unionsrecht oder die diesem zugrunde liegenden Grundsätze verstößt, ist im Hinblick auf diesen Wortlaut unbeachtlich und nur im Zusammenhang mit der Berufung der Klägerin auf das Unionsrecht von Bedeutung.
36 
2.Die Klägerin kann sich für eine -teilweise- Steuerfreiheit ihrer Leistungen aber auf das Unionsrecht berufen.
37 
a) Steuerfrei ist nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem vom 28. November 2006 (MwStSystRL) der von Privatlehrern erteilte Schul- und Hochschulunterricht. Die MwStSystRL trat zum 1. Januar 2007 in Kraft. Bis zum 31. Dezember 2006 beruhte die Steuerbefreiung auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (6. EG-Richtlinie).
38 
b) Die Klägerin kann sich unmittelbar auf diese Vorschriften berufen (Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 5. Juni 2014 V R 19/13, BFHE 245, 433, Umsatzsteuerrundschau -UR- 2014, 735; vom 16. März 2017 V R 38/16, BFHE 258, 167, BStBl II 2017, 1017; vom 29. März 2017 XI R 6/16, BFHE 257, 471, UR 2017, 509, Rz 37; Finanzgericht -FG- Berlin-Brandenburg, Urteil vom 8. November 2017  5 K 5108/15, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2018, 691, Rz 23, Revision BFH V R 66/17; FG Köln, Beschluss vom 31. Mai 2010  4 V 312/10, EFG 2010, 1461, Rz 53). Der Berufung auf Unionsrecht steht nicht entgegen, dass das Regierungspräsidium [ ___ ] den Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung für Kinder unter 3 Jahren bestandskräftig abgelehnt hat.
39 
c) Die persönlichen Voraussetzungen des Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL bzw. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der 6. EG-Richtlinie sind erfüllt. Die Klägerin ist eine „Privatlehrerin“ im Sinne der Vorschrift.
40 
Die MwStSystRL und die 6. EG-Richtlinie definieren den Begriff des Privatlehrers nicht. Aus ihm ergibt sich lediglich, dass eine befreite Unterrichtstätigkeit „privat“ ausgeübt werden muss (BFH-Beschluss vom 18. November 2015 XI B 61/15, BFH/NV 2016, 435, Rz 22). Schul- oder Hochschulunterricht wird von „Privatlehrern erteilt“, wenn die Lehrer für eigene Rechnung und in eigener Verantwortung handeln und zwischen dem konkreten Inhalt des Unterrichts und den Qualifikationen der Unterrichtenden ein Zusammenhang besteht (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union -EuGH- vom 14. Juni 2007 C-445/05, Haderer, UR 2007, 592, Rz 30, 31; BFH-Beschluss vom 16. März 2017 V R 38/16, BFHE 258, 167, BStBl II 2017, 1017, Rz 49).
41 
Danach hat die Klägerin den Schwimmunterricht „als Privatlehrerin erteilt“, weil sie auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung handelt und der konkrete Inhalt des von ihr erteilten Unterrichts in unmittelbarem Zusammenhang mit ihren Qualifikationen steht.
42 
Die Klägerin ist ohne Zweifel fachlich hinreichend befähigt ist, Schwimmunterricht zu erteilen. Eine darüber hinausgehende, besondere pädagogische Qualifikation fordert das Unionsrecht nicht (vgl. Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 15. Juni 2015  4 K 19/15, EFG 2015, 1576, Nichtzulassungsbeschwerde als unbegründet zurückgewiesen durch BFH-Beschluss vom 18. November 2015 XI B 61/15, BFH/NV 2016, 435; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 8. November 2017  5 K 5108/15, EFG 2018, 691, Rz 24, Revision BFH V R 66/17).
43 
Dem Merkmal „Privatlehrer“ steht nicht entgegen, dass die Unterrichtseinheiten mehreren Kindern gleichzeitig erteilt werden (EuGH-Urteil vom 14. Juni 2007 C-445/05, Haderer, UR 2007, 592, Rz 31; BFH-Urteil vom 20. März 2014 V R 3/13, BFHE 245, 391, UR 2014, 569, Rz 23; vom 16. März 2017 V R 38/16, BFHE 258, 167, BStBl II 2017, 1017, Rz 50).
44 
Es ist auch nicht entscheidungserheblich, ob die der Unterrichtserteilung zugrunde liegenden Rechtsbeziehungen unmittelbar mit den Kindern oder mit Dritten (hier: mit deren Eltern) bestehen (EuGH-Urteil vom 14. Juni 2007 C-445/05, Haderer, UR 2007, 592, Rz 32; BFH-Entscheidungen vom 20. März 2014 V R 3/13, BFHE 245, 391, UR 2014, 569, Rz 23; vom 16. März 2017 V R 38/16, BFHE 258, 167, BStBl II 2017, 1017, Rz 50).
45 
Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob die Rechtsprechung zur unternehmerbezogenen Anerkennung im Sozialbereich (Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL), wo für die Anerkennung u.a. das mit der Tätigkeit des Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse zu berücksichtigen ist (vgl. dazu EuGH-Urteil vom 15. November 2012 C-174/11, Zimmermann, UR 2013, 35, Rz 31), auf den „Unterrichtsbereich“ -und mithin auch auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL- zu übertragen wäre (so jedenfalls zu Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL: BFH-Entscheidungen vom 10. August 2016 V R 38/15, BFHE 254, 448, UR 2016, 879, Rz 18; vom 16. März 2017 V R 38/16, BFHE 258, 167, BStBl II 2017, 1017, Rz 39) oder ob im Hinblick auf die in der Überschrift des Kapitel 2 MwStSystRL zum Ausdruck kommenden Zielsetzung der „Steuerbefreiung für bestimmte, dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten“ weitergehende unternehmerbezogene Anforderungen zu stellen sind (vgl. BFH-Beschluss vom 16. März 2017 V R 38/16, BFHE 258, 167, BStBl II 2017, 1017, Rz 48 ff., Vorlage an den EuGH).
46 
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall jedenfalls gegeben, denn an der Erlernung der Fähigkeit, schwimmen zu können, besteht jedenfalls ein hohes Gemeinwohlinteresse (BFH-Urteil vom 5. Juni 2014 V R 19/13, BFHE 245, 433, UR 2014, 735, Rz 18; bestätigt durch BFH-Urteil vom 10. August 2016 V R 38/15, BFHE 254, 448, UR 2016, 879, Rz 19; dem folgend FG Münster, Urteil vom 15. August 2017  15 K 2689/14 U, EFG 2017, 1699, Rz 15). Das Ertrinken ist in Deutschland -nach den Verkehrsunfällen- die zweithäufigste Todesursache bei (Klein-)Kindern (vgl. Statistisches Bundesamt, Gesundheit, Todesursachen in Deutschland, Fachserie 12, Reihe 4, 2015, S. 8).Schwimmen zu können bedeutet darüber hinaus den Zugang zu vielen Bewegungs- und Lebensbereichen, wie dem Urlaub an der See, allen Wassersportarten, dem Besuch im Schwimmbad oder dem Gang zum Baggersee (vgl. FG Köln, Beschluss vom 31. Mai 2010  4 V 312/10, EFG 2010, 1461, Rz 56).
47 
d) Im Streitfall sind auch die leistungsbezogenen Voraussetzungen erfüllt, soweit der Unterricht Kindern ab 1 Jahr erteilt wird.
48 
aa) Die Begriffe „Schul- und Hochschulunterricht“ sind autonome unionsrechtliche Begriffe, die eine von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedliche Anwendung des Mehrwertsteuersystems vermeiden sollen (EuGH-Urteile vom 14. Juni 2007 C-445/05, Haderer, UR 2007, 592, Rz 17; vom 14. Juni 2007 C-434/05, Horizon College, UR 2007, 587, Rz 15).
49 
„Schul- und Hochschulunterricht“ erfasst nicht nur Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern schließt andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten von Schülern oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (EuGH-Urteil vom 14. Juni 2007 C-445/05, Haderer, UR 2007, 592, Rz 26; BFH-Urteil vom 5. Juni 2014 V R 19/13, BFHE 245, 433, UR 2014, 735, Rz 17; vgl. auch EuGH-Urteil vom 28. Januar 2010 C-473/08, Eulitz, UR 2010, 174, zur Erwachsenenbildung). Entscheidend sind die Art der erbrachten Leistungen und ihre generelle Eignung als Schul- oder Hochschulunterricht (BFH-Urteil vom 28. Mai 2013 XI R 35/11, BFHE 242, 250, BStBl II 2013, 879, Rz 43). Anhaltspunkte, die zur Annahme reiner Freizeitgestaltungen führen, können sich zum Beispiel aus dem Teilnehmerkreis oder aus der thematischen Zielsetzung eines Kurses ergeben (BFH-Urteil vom 24. Januar 2008 V R 3/05, BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, Rz 33).
50 
Bei der Auslegung der Tatbestandsmerkmale der Steuerbefreiungen ist zwar zu berücksichtigen, dass die Begriffe, mit denen die Steuerbefreiungen in der MwStSystRL und der 6. EG-Richtlinie umschrieben sind, eng auszulegen sind, weil Steuerbefreiungen Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Mehrwertsteuer unterliegt (z.B. EuGH-Urteil vom 19. April 2007 C-455/05, Velvet & Steel, UR 2007, 379, Rz 14). Eine besonders enge Auslegung des Begriffs „Schul- und Hochschulunterricht“ würde aber die Gefahr einer unterschiedlichen Anwendung des Mehrwertsteuerrechts in den Mitgliedstaaten hervorrufen (EuGH-Urteil vom 14. Juni 2007 C-445/05, Haderer, UR 2007, 592, Rz 24; vom 28. Januar 2010 C-473/08, Eulitz, UR 2010, 174, Rz 36; FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 8. Februar 2017  1 V 3464/16, Mehrwertsteuerrecht 2017, 474, Rz 20).
51 
bb) Nach diesen Maßstäben erteilt die Klägerin mit ihren Kursen im Kleinkinderschwimmen (12 bis 36 Monate) Unterricht i.S. des Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL bzw. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der 6. EG-Richtlinie.
52 
Die Steuerbefreiung verlangt -anders als das FA meint- nicht, dass die Mehrheit der teilnehmenden Kinder nach Beendigung eines Kurses in der Lage ist, sich selbständig und ohne Schwimmhilfen über Wasser zu halten oder gar eine bestimmte Schwimmtechnik (z.B. Brustschwimmen) beherrschen. Vielmehr ist nach dem Zweck der Steuerbefreiung, die gleichmäßige umsatzsteuerliche Belastung von privaten und öffentlichen Ausbildungsträgern zu gewährleisten (vgl. dazu BFH-Urteil vom 27. August 1998 V R 73/97, BFHE 187, 60, BStBl II 1999, 376, Rz 12; Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 12. Juni 2013  9 C 4/12, BVerwGE 147, 1, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2014, 80, Rz 9, beide zu § 4 Nr. 21 UStG), ausreichend, dass die Leistung allein oder zusammen mit den Leistungen anderer Unternehmer das Schwimmen lernen ermöglicht, fördert, ergänzt oder erleichtert (vgl. Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 29. Oktober 2015  5 K 316/14, EFG 2016, 149, Rz 20, rechtskräftig, zum Tanzunterricht).
53 
Der Senat ist davon überzeugt, dass der Kurs Kleinkinderschwimmen (12 bis 36 Monate) darauf ausgelegt ist, den Kindern Schwimmen zu lernen. Dies entnimmt der Senat zum einen dem „Lehrplan“, den die Klägerin zu diesem Kurs vorgelegt hat und zum anderen den Filmaufnahmen, die sie in der mündlichen Verhandlung über verschiedene Szenen ihrer Kurse beispielhaft vorgeführt hat. Auf den Filmaufnahmen ist erkennbar, dass die Kinder neben dem begleitenden Elternteil, wenn auch von Schwimmhilfen (z.B. Schwimmärmel und -gürtel) getragen und von Flossen unterstützt, frei im Wasser schwimmen und darüber hinaus in der Lage sind, sich darin fortzubewegen. Für den Senat ist zudem ohne weiteres nachvollziehbar, dass -wie es die Klägerin vorträgt und im Film zu sehen ist- der Einsatz der Schwimmhilfen und Flossen je nach dem Fortschritt der Kinder im Verlauf des Kurses reduziert werden.
54 
Zweifel daran, dass die Angaben des Lehrplans zum „Unterrichtsaufbau“ oder die Filmaufnahmen zum Teil oder insgesamt bloß vorgetäuscht wären, sind nicht erkennbar. Ob die am Ende des Films gezeigten, ohne Hilfen schwimmenden Kinder tatsächlich noch keine 3 Jahre alt sind oder -wie das FA mutmaßt- deutlich älter, hält der Senat für nicht entscheidend, da der Kurs jedenfalls darauf gerichtet ist, Schwimmen zu lernen. Der Kurs Kleinkinderschwimmen (12 bis 36 Monate) ist als „Baustein“ eines mehrere Jahrgangsstufen übergreifenden Kurssystems angelegt, in dessen Verlauf die Kinder das Schwimmen erlernen und am Ende sicher beherrschen können sollen.
55 
Die Erlangung dieser Fähigkeiten wird auch an Schulen unterrichtet. Schwimmen war und ist in Baden-Württemberg Bestandteil der Bildungspläne aller Schularten (vgl. Stellungnahme des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport vom 14. August 2017, Landtag von Baden-Württemberg, Drucksache 16/2381).
56 
Darüber hinaus dienen die Kurse auch dazu, das Selbstvertrauen der Kinder zu stärken und ihre Beziehungsfähigkeit zu fördern. Schließlich ist zu bedenken, dass die Pflege und Erziehung der Kinder nicht nur das natürliche Recht der Eltern, sondern auch die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht sind (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes) und dass damit alle Maßnahmen, mit denen ihr körperliches oder seelisches Wachstum unterstützt wird, jedenfalls nicht von vornherein bloß der reinen Freizeitgestaltung zugerechnet werden können. Eltern, die ihren Kindern frühzeitig das Schwimmen beibringen, handeln zudem -wie ausgeführt- im Gemeinwohlinteresse.
57 
Nach alledem kann der Senat offenlassen, ob auch das allabendliche Spielen und Herumtoben mit Eltern und Geschwistern in der heimischen Badewanne in den ersten drei Lebensjahren verknüpft mit wöchentlichen Schwimmbadbesuchen Motorik, Selbstvertrauen, angstfreien Umgang mit dem Wasser, soziale Intelligenz usw. -anders als die Klägerin auf Seite 24 ihres Lehrplans meint- nicht in gleicher Weise unterstützen und fördern würde.
58 
Das Gericht ist bei seiner Beurteilung nicht an die in Abschn. 4.21.2 Abs. 8 Satz 3 UStAE geäußerte -norminterpretierende- Verwaltungsauffassung gebunden (vgl. BFH-Urteil vom 16. September 2015 XI R 27/13, BFH/NV 2016, 252, Rz 30). Davon abgesehen bezieht sich der Anwendungserlass auf Ballett- und Tanzunterricht.
59 
cc) Dagegen beurteilt der Senat das Säuglingsschwimmen (3 bis 12 Monate) als steuerpflichtig. Er hat nicht feststellen können, dass das Säuglingsschwimmen über eine Freizeitgestaltung hinausgeht bzw. in einem strukturierten Prozess den Säuglingen Schwimmkenntnisse und Schwimmfähigkeiten vermittelt.
60 
Nach den gezeigten Filmaufnahmen unterscheidet sich das Säuglingsschwimmen (3 bis 12 Monate) vom Kleinkinderschwimmen (12 bis 36 Monate) und allen weiteren Kursen vor allem dadurch, dass sich die Kinder nicht neben den Eltern „allein“ (getragen von Schwimmhilfen) im Wasser befinden, sondern -altersbedingt- von den Eltern gehalten werden. Zudem richten sich die Ansprachen der Klägerin -wiederum altersbedingt- nicht an die Kinder persönlich, sondern an die Eltern.
61 
Soweit die von den Eltern mit ihren Kindern durchgeführten Übungen -wie die Klägerin ausführt- dazu dienen sollen, die Säuglinge an das Element Wasser zu gewöhnen, die Muskulatur zu kräftigen, Körperspannung aufzubauen, die Eltern-Kind-Beziehung zu stärken oder -noch allgemeiner- die Bildung von Synapsen anzuregen, kann nach der Einschätzung des Senats noch nicht von einem „Schwimmunterricht“ gesprochen werden, mögen auch diejenigen Kinder, die das Säuglingsschwimmen besucht haben, regelmäßig einen „Vorsprung“ gegenüber Kindern mitbringen, die erst später mit den Schwimmkursen beginnen. Auch im „Unterrichtsaufbau“ für das Säuglingsschwimmen (3 bis 12 Monate) kommt nicht hinreichend zum Ausdruck, dass das Schwimmen lernen im Vordergrund steht.
62 
Die Umsätze im Bereich Säuglingsschwimmen unterliegen dem Regelsteuersatz (BFH-Urteil vom 5. Juni 2014 V R 19/13, BFHE 245, 433, UR 2014, 735, Rz 27 ff.).
63 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Dabei war zu berücksichtigen, dass die Klägerin nach ihrem unwidersprochenen Vortrag (Schriftsatz vom 18. Februar 2018) bei der Steuerbefreiung der Umsätze aus dem Kleinkinderschwimmen (12 bis 36 Monate) in den Jahren 2006 bis 2008 und 2010 als Kleinunternehmerin zu behandeln ist und somit nur die Entgelte aus dem Säuglingsschwimmen (3 bis 12 Monate) in den Jahren 2011 und 2012 steuerpflichtig sind.
64 
Die Übertragung der Berechnung der festzusetzenden Steuer folgt aus § 100 Abs. 2 FGO. Dabei wird das FA die Kleinunternehmerregelung gemäß § 19 UStG und die anteilige Kürzung des Vorsteuerabzugs (aufgrund der nach diesem Urteil zusätzlich steuerfreien Leistungen) gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG zu beachten haben.
65 
Die Regelung der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO i.V.m. § 708 Nr. 11 und §§ 709, 711 der Zivilprozessordnung.
66 
Die Klägerin beantragte, die Zuziehung des Bevollmächtigten zum Vorverfahren für notwendig zu erklären. Dem Verfahren lag ein Sachverhalt zugrunde, der in rechtlicher Hinsicht nicht von vornherein als einfach zu beurteilen war. Die Klägerin durfte sich daher eines Rechtskundigen bedienen, um eine erfolgversprechende Rechtsverfolgung zu erreichen. Der Senat hält hiernach die Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig (vgl. § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO).
67 
Anlage
68 
Unterrichtsaufbau des Säuglingsschwimmens (3. bis 12. Lebensmonat)
69 
Phase I
Eltern-Kind-Begrüßung durch das Ritual des Begrüßungsliedes. Durch sich steigernden Bewegungen während dem Laufen, Hüpfen, Senken und Schwingen wird das Herz-Kreislaufsystem des Säuglings aktiviert und er kann sich im Element Wasser akklimatisieren. Während dieser Phase wird der Säugling behutsam von dem direkten Körperkontakt zu Mutter/Vater gelöst und in Sichtkontakt mit den weiteren Säuglingen gebracht, um einen bewusst herbeigeführten Sichtkontakt zu erreichen.
(Dauer: ca. 3 Minuten pro Unterrichtseinheit)
Phase II
Der Säugling wird nun mit Hilfe gezielter Schwenkgriffe, Zugbewegungen und Schubgriffe gegen den Wasserwiderstand in alle Richtungen bewegt. Hierdurch wird das Haut-, Bewegungs- und Lageempfinden des Säuglings sensibilisiert. Ebenso wird das Orientierungsvermögen gezielt herausgefordert. In dieser Phase reguliert sich beachtlich der Muskeltonus und die Freisetzung des Schwimmreflexes.
(ca. 5 Minuten)
Phase III
Der Säugling wird durch gezielte Grifftechniken zur Eigenbewegung durch Berührungsimpulse und gezielte Wasserströmungen angeregt. Mit und ohne Material- und Geräteeinsatz wird der Säugling durch verschiedene Gleichgewichtsgriffe (Flug-, Fall-, Greif-, Stütz-, Dreh-, Schwenk-, Zieh- und Stellgriffe) herausgefordert, um sich motorisch anzupassen. Hierbei kräftigt sich die Halte- und Bewegungsmuskulatur. In dieser Phase werden u.a. immer wiederkehrende Gruppenspielsituationen geübt, in denen der Säugling die wichtigen Bewegungsmuster für das Schwimmen erlernt.
(ca. 20 Minuten)
Phase IV
In der Phase werden dem Säugling die Möglichkeiten geboten, seinen eigenen Explorationsdrang zu befriedigen. Hierbei sollte der Säugling nicht von Seiten der Eltern abgelenkt werden, damit er sich seinen eigenen Interessen ungestört widmen kann, um Sicherheit in seinen persönlichen Bewegungen im Wasser zu erlangen.
(ca. 5 Minuten)
Phase V
In der letzten Phase wird der Säugling sowie das Herz-Kreislaufsystem durch sanfte Wiege- und Schaukelbewegungen beruhigt. Die Reize werden reduziert und die Unterrichtseinheit mit dem Ritual des Abschlusslieds beendet.
(ca. 5 Minuten)
70 
Unterrichtsaufbau des Kleinkinderschwimmens (12. bis 36. Lebensmonat)
71 
Phase I
Eltern-Kind-Begrüßung durch das Ritual des Begrüßungslieds. Durch das Laufen, Hüpfen, Senken und Schwingen wird das Herz-Kreislaufsystem des Kleinkinds aktiviert und es kann sich im Element Wasser akklimatisieren. Während dieser Phase wird das Kleinkind behutsam von dem direkten Körperkontakt zu Mutter/Vater gelöst und im Sichtkontakt mit den weiteren Kleinkindern gebracht, um einen bewusst herbeigeführten Sichtkontakt zu erreichen.
(Dauer: ca. 4 Minuten pro Unterrichtseinheit)
Phase II
Das Kleinkind bekommt zusammen mit den Eltern die aktuelle Spiel- und Aufgabensituation erklärt. Entsprechend dem besuchten Unterrichtsteil, erlernt das Kleinkind die Aufgabensituation mit tatkräftiger Unterstützung der Eltern oder allein zu bewältigen. In dieser Spielphase der Unterrichtsteile 2-3-4 bewältigen die Kleinkinder z.B. allein das kontinuierliche Schwimmen, schwimmen allein und ohne Unterstützung von Punkt A zu Punkt B, Klettern auf und von Wassermatten, krabbeln durch einen Wassertunnel, Springen ins Wasser, Gruppenwettspiele u.v.m. In der Spielphase des Unterrichtsteils 1 bewältigen die Kleinkinder die Spielsituationen mit ständig abnehmender Unterstützung der Eltern, um das selbständige Schwimmen mit Unterstützung von Schwimmärmeln zu lernen. In der Spielphase des Unterrichtsteils 4 bewältigen die Kleinkinder die Spielsituation mit stark reduzierten Schwimmhilfen und der elterlichen Unterstützung bzw. komplett ohne Schwimmhilfen allein und ohne Unterstützung der Eltern. Erlernen zielgerichteter Bewegungsmuster der Arme und Beine zum Schwimmen lernen, sowie der Stabilisierung des Rumpfes.
(ca. 20 Minuten)
Phase III
In dieser Phase wird dem Kleinkind die Möglichkeiten geboten, seinem eigenen Explorationsdrang zu befriedigen. Hierbei sollte das Kleinkind nicht von Seiten der Eltern abgelenkt werden, damit es sich seinen eigenen Interessen im Wasser ungestört widmen kann.
(ca. 4 Minuten)
Phase IV
In der letzten Phase werden die Reize reduziert und die Unterrichtseinheit mit dem Ritual des Abschlusslieds beendet.
(ca. 2 Minuten)
72 
Unterrichtsaufbau des Kleinkinderschwimmens (3. bis 6. Lebensjahr)
73 
Phase I
Eltern-Kind-Begrüßung durch das Ritual des Begrüßungslieds. Durch das Laufen, Hüpfen, Senken und Schwingen wird das Herz-Kreislaufsystem des Kleinkinds aktiviert und es kann sich im Element Wasser akklimatisieren. Während dieser Phase nimmt das Kind direkten Kontakt zur Gruppe auf.
(Dauer: ca. 2 Minuten pro Unterrichtseinheit)
Phase II
Das Kind bekommt zusammen mit den Eltern die aktuelle Spiel- und Aufgabensituation erklärt. Entsprechend dem besuchten Unterrichtsteil, erlernt das Kind die Aufgabensituation mit Unterstützung der Eltern oder allein zu bewältigen. In dieser Spielphase der Unterrichtseinheit bewältigen die Kinder z.B. allein das kontinuierliche Schwimmen, Klettern auf und von Wassermatten, krabbeln durch einen Wassertunnel, Springen ins Wasser, Arm- und Beinkoordination des Brustschwimmens u.v.m. Gruppen-Wettspiele.
(ca. 25 Minuten)
Phase III
In dieser Phase wird dem Kind die Möglichkeiten geboten, seinem eigenen Explorationsdrang zu befriedigen. Hierbei sollte das Kind nicht von Seiten der Eltern abgelenkt werden, damit es sich seinen eigenen Interessen ungestört widmen kann und nochmals in direkten Kontakt zu anderen Kindern gehen kann.
(ca. 8 Minuten)
Phase IV
In der letzten Phase werden die Reize reduziert und die Unterrichtseinheit mit dem Ritual des Abschlusslieds beendet.
(ca. 5 Minuten)

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Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil, 14. Juni 2018 - 1 K 3226/15 zitiert 13 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 100


(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an di

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 15 Vorsteuerabzug


(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen: 1. die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuera

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 151


(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; §

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 139


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Aufwendungen der Fin

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 4 Steuerbefreiungen bei Lieferungen und sonstigen Leistungen


Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei:1.a)die Ausfuhrlieferungen (§ 6) und die Lohnveredelungen an Gegenständen der Ausfuhr (§ 7),b)die innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 6a); dies gilt nicht, wenn der Unternehmer sein

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 19 Besteuerung der Kleinunternehmer


(1) Die für Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 geschuldete Umsatzsteuer wird von Unternehmern, die im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ansässig sind, nicht erhoben, wenn der in Satz 2 bezeichnete Umsatz zuzüglich der darauf e

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Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil, 14. Juni 2018 - 1 K 3226/15 zitiert oder wird zitiert von 11 Urteil(en).

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Tenor Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 1. Oktober 2015  7 K 7002/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.

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Referenzen

Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei:

1.
a)
die Ausfuhrlieferungen (§ 6) und die Lohnveredelungen an Gegenständen der Ausfuhr (§ 7),
b)
die innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 6a); dies gilt nicht, wenn der Unternehmer seiner Pflicht zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldung (§ 18a) nicht nachgekommen ist oder soweit er diese im Hinblick auf die jeweilige Lieferung unrichtig oder unvollständig abgegeben hat;
2.
die Umsätze für die Seeschiffahrt und für die Luftfahrt (§ 8);
3.
die folgenden sonstigen Leistungen:
a)
die grenzüberschreitenden Beförderungen von Gegenständen, die Beförderungen im internationalen Eisenbahnfrachtverkehr und andere sonstige Leistungen, wenn sich die Leistungen
aa)
unmittelbar auf Gegenstände der Ausfuhr beziehen oder auf eingeführte Gegenstände beziehen, die im externen Versandverfahren in das Drittlandsgebiet befördert werden, oder
bb)
auf Gegenstände der Einfuhr in das Gebiet eines Mitgliedstaates der Europäischen Union beziehen und die Kosten für die Leistungen in der Bemessungsgrundlage für diese Einfuhr enthalten sind. Nicht befreit sind die Beförderungen der in § 1 Abs. 3 Nr. 4 Buchstabe a bezeichneten Gegenstände aus einem Freihafen in das Inland;
b)
die Beförderungen von Gegenständen nach und von den Inseln, die die autonomen Regionen Azoren und Madeira bilden;
c)
sonstige Leistungen, die sich unmittelbar auf eingeführte Gegenstände beziehen, für die zollamtlich eine vorübergehende Verwendung in den in § 1 Abs. 1 Nr. 4 bezeichneten Gebieten bewilligt worden ist, wenn der Leistungsempfänger ein ausländischer Auftraggeber (§ 7 Abs. 2) ist. Dies gilt nicht für sonstige Leistungen, die sich auf Beförderungsmittel, Paletten und Container beziehen.
Die Vorschrift gilt nicht für die in den Nummern 8, 10 und 11 bezeichneten Umsätze und für die Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstands einschließlich der Werkleistung im Sinne des § 3 Abs. 10. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat;
4.
die Lieferungen von Gold an Zentralbanken;
4a.
die folgenden Umsätze:
a)
die Lieferungen der in der Anlage 1 bezeichneten Gegenstände an einen Unternehmer für sein Unternehmen, wenn der Gegenstand der Lieferung im Zusammenhang mit der Lieferung in ein Umsatzsteuerlager eingelagert wird oder sich in einem Umsatzsteuerlager befindet. Mit der Auslagerung eines Gegenstands aus einem Umsatzsteuerlager entfällt die Steuerbefreiung für die der Auslagerung vorangegangene Lieferung, den der Auslagerung vorangegangenen innergemeinschaftlichen Erwerb oder die der Auslagerung vorangegangene Einfuhr; dies gilt nicht, wenn der Gegenstand im Zusammenhang mit der Auslagerung in ein anderes Umsatzsteuerlager im Inland eingelagert wird. Eine Auslagerung ist die endgültige Herausnahme eines Gegenstands aus einem Umsatzsteuerlager. Der endgültigen Herausnahme steht gleich der sonstige Wegfall der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung sowie die Erbringung einer nicht nach Buchstabe b begünstigten Leistung an den eingelagerten Gegenständen,
b)
die Leistungen, die mit der Lagerung, der Erhaltung, der Verbesserung der Aufmachung und Handelsgüte oder der Vorbereitung des Vertriebs oder Weiterverkaufs der eingelagerten Gegenstände unmittelbar zusammenhängen. Dies gilt nicht, wenn durch die Leistungen die Gegenstände so aufbereitet werden, dass sie zur Lieferung auf der Einzelhandelsstufe geeignet sind.
Die Steuerbefreiung gilt nicht für Leistungen an Unternehmer, die diese zur Ausführung von Umsätzen verwenden, für die die Steuer nach den Durchschnittssätzen des § 24 festgesetzt ist. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar nachgewiesen sein. Umsatzsteuerlager kann jedes Grundstück oder Grundstücksteil im Inland sein, das zur Lagerung der in Anlage 1 genannten Gegenstände dienen soll und von einem Lagerhalter betrieben wird. Es kann mehrere Lagerorte umfassen. Das Umsatzsteuerlager bedarf der Bewilligung des für den Lagerhalter zuständigen Finanzamts. Der Antrag ist schriftlich zu stellen. Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn ein wirtschaftliches Bedürfnis für den Betrieb des Umsatzsteuerlagers besteht und der Lagerhalter die Gewähr für dessen ordnungsgemäße Verwaltung bietet;
4b.
die einer Einfuhr vorangehende Lieferung von Gegenständen, wenn der Abnehmer oder dessen Beauftragter den Gegenstand der Lieferung einführt. Dies gilt entsprechend für Lieferungen, die den in Satz 1 genannten Lieferungen vorausgegangen sind. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar nachgewiesen sein;
4c.
die Lieferung von Gegenständen an einen Unternehmer für sein Unternehmen, die dieser nach § 3 Absatz 3a Satz 1 im Gemeinschaftsgebiet weiterliefert;
5.
die Vermittlung
a)
der unter die Nummern 1 Buchstabe a, Nummern 2 bis 4b und Nummern 6 und 7 fallenden Umsätze,
b)
der grenzüberschreitenden Beförderungen von Personen mit Luftfahrzeugen oder Seeschiffen,
c)
der Umsätze, die ausschließlich im Drittlandsgebiet bewirkt werden,
d)
der Lieferungen, die nach § 3 Abs. 8 als im Inland ausgeführt zu behandeln sind.
Nicht befreit ist die Vermittlung von Umsätzen durch Reisebüros für Reisende. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat,
6.
a)
die Lieferungen und sonstigen Leistungen der Eisenbahnen des Bundes auf Gemeinschaftsbahnhöfen, Betriebswechselbahnhöfen, Grenzbetriebsstrecken und Durchgangsstrecken an Eisenbahnverwaltungen mit Sitz im Ausland,
b)
(weggefallen)
c)
die Lieferungen von eingeführten Gegenständen an im Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3, ansässige Abnehmer, soweit für die Gegenstände zollamtlich eine vorübergehende Verwendung in den in § 1 Abs. 1 Nr. 4 bezeichneten Gebieten bewilligt worden ist und diese Bewilligung auch nach der Lieferung gilt. Nicht befreit sind die Lieferungen von Beförderungsmitteln, Paletten und Containern,
d)
Personenbeförderungen im Passagier- und Fährverkehr mit Wasserfahrzeugen für die Seeschifffahrt, wenn die Personenbeförderungen zwischen inländischen Seehäfen und der Insel Helgoland durchgeführt werden,
e)
die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle im Verkehr mit Wasserfahrzeugen für die Seeschiffahrt zwischen einem inländischen und ausländischen Seehafen und zwischen zwei ausländischen Seehäfen. Inländische Seehäfen im Sinne des Satzes 1 sind auch die Freihäfen und Häfen auf der Insel Helgoland;
7.
die Lieferungen, ausgenommen Lieferungen neuer Fahrzeuge im Sinne des § 1b Abs. 2 und 3, und die sonstigen Leistungen
a)
an andere Vertragsparteien des Nordatlantikvertrages, die nicht unter die in § 26 Abs. 5 bezeichneten Steuerbefreiungen fallen, wenn die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte dieser Vertragsparteien, ihr ziviles Begleitpersonal oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte der gemeinsamen Verteidigungsanstrengung dienen,
b)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates stationierten Streitkräfte der Vertragsparteien des Nordatlantikvertrags, soweit sie nicht an die Streitkräfte dieses Mitgliedstaates ausgeführt werden,
c)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ansässigen ständigen diplomatischen Missionen und berufskonsularischen Vertretungen sowie deren Mitglieder,
d)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ansässigen zwischenstaatlichen Einrichtungen sowie deren Mitglieder,
e)
an Streitkräfte eines anderen Mitgliedstaates, wenn die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte, ihres zivilen Begleitpersonals oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits-und Verteidigungspolitik unternommen wird und
f)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates stationierten Streitkräfte eines Mitgliedstaates, wenn die Umsätze nicht an die Streitkräfte des anderen Mitgliedstaates ausgeführt werden, die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte, ihres zivilen Begleitpersonals oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik unternommen wird.
Der Gegenstand der Lieferung muss in den Fällen des Satzes 1 Buchstabe b bis d und f in das Gebiet des anderen Mitgliedstaates befördert oder versendet werden. Für die Steuerbefreiungen nach Satz 1 Buchstabe b bis d und f sind die in dem anderen Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen maßgebend. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiungen müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Bei den Steuerbefreiungen nach Satz 1 Buchstabe b bis d und f hat der Unternehmer die in dem anderen Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen dadurch nachzuweisen, dass ihm der Abnehmer eine von der zuständigen Behörde des anderen Mitgliedstaates oder, wenn er hierzu ermächtigt ist, eine selbst ausgestellte Bescheinigung nach amtlich vorgeschriebenem Muster aushändigt. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer die übrigen Voraussetzungen nachzuweisen hat;
8.
a)
die Gewährung und die Vermittlung von Krediten,
b)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von gesetzlichen Zahlungsmitteln. Das gilt nicht, wenn die Zahlungsmittel wegen ihres Metallgehalts oder ihres Sammlerwerts umgesetzt werden,
c)
die Umsätze im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren sowie die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Einziehung von Forderungen,
d)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze im Einlagengeschäft, im Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr und das Inkasso von Handelspapieren,
e)
die Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren und die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Verwahrung und die Verwaltung von Wertpapieren,
f)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen,
g)
die Übernahme von Verbindlichkeiten, von Bürgschaften und anderen Sicherheiten sowie die Vermittlung dieser Umsätze,
h)
die Verwaltung von Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren im Sinne des § 1 Absatz 2 des Kapitalanlagegesetzbuchs, die Verwaltung von mit diesen vergleichbaren alternativen Investmentfonds im Sinne des § 1 Absatz 3 des Kapitalanlagegesetzbuchs, die Verwaltung von Wagniskapitalfonds und die Verwaltung von Versorgungseinrichtungen im Sinne des Versicherungsaufsichtsgesetzes,
i)
die Umsätze der im Inland gültigen amtlichen Wertzeichen zum aufgedruckten Wert;
j)
(weggefallen)
k)
(weggefallen)
9.
a)
die Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen,
b)
die Umsätze, die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallen. Nicht befreit sind die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallenden Umsätze, die von der Rennwett- und Lotteriesteuer befreit sind oder von denen diese Steuer allgemein nicht erhoben wird;
10.
a)
die Leistungen auf Grund eines Versicherungsverhältnisses im Sinne des Versicherungsteuergesetzes. Das gilt auch, wenn die Zahlung des Versicherungsentgelts nicht der Versicherungsteuer unterliegt;
b)
die Leistungen, die darin bestehen, dass anderen Personen Versicherungsschutz verschafft wird;
11.
die Umsätze aus der Tätigkeit als Bausparkassenvertreter, Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler;
11a.
die folgenden vom 1. Januar 1993 bis zum 31. Dezember 1995 ausgeführten Umsätze der Deutschen Bundespost TELEKOM und der Deutsche Telekom AG:
a)
die Überlassung von Anschlüssen des Telefonnetzes und des diensteintegrierenden digitalen Fernmeldenetzes sowie die Bereitstellung der von diesen Anschlüssen ausgehenden Verbindungen innerhalb dieser Netze und zu Mobilfunkendeinrichtungen,
b)
die Überlassung von Übertragungswegen im Netzmonopol des Bundes,
c)
die Ausstrahlung und Übertragung von Rundfunksignalen einschließlich der Überlassung der dazu erforderlichen Sendeanlagen und sonstigen Einrichtungen sowie das Empfangen und Verteilen von Rundfunksignalen in Breitbandverteilnetzen einschließlich der Überlassung von Kabelanschlüssen;
11b.
Universaldienstleistungen nach Artikel 3 Absatz 4 der Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität (ABl. L 15 vom 21.1.1998, S. 14, L 23 vom 30.1.1998, S. 39), die zuletzt durch die Richtlinie 2008/6/EG (ABl. L 52 vom 27.2.2008, S. 3) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung. Die Steuerbefreiung setzt voraus, dass der Unternehmer sich entsprechend einer Bescheinigung des Bundeszentralamtes für Steuern gegenüber dieser Behörde verpflichtet hat, flächendeckend im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland die Gesamtheit der Universaldienstleistungen oder einen Teilbereich dieser Leistungen nach Satz 1 anzubieten. Die Steuerbefreiung gilt nicht für Leistungen, die der Unternehmer erbringt
a)
auf Grund individuell ausgehandelter Vereinbarungen oder
b)
auf Grund allgemeiner Geschäftsbedingungen zu abweichenden Qualitätsbedingungen oder zu günstigeren Preisen als den nach den allgemein für jedermann zugänglichen Tarifen oder als den nach § 19 des Postgesetzes vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I S. 3294), das zuletzt durch Artikel 272 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, genehmigten Entgelten;
12.
a)
die Vermietung und die Verpachtung von Grundstücken, von Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und von staatlichen Hoheitsrechten, die Nutzungen von Grund und Boden betreffen,
b)
die Überlassung von Grundstücken und Grundstücksteilen zur Nutzung auf Grund eines auf Übertragung des Eigentums gerichteten Vertrags oder Vorvertrags,
c)
die Bestellung, die Übertragung und die Überlassung der Ausübung von dinglichen Nutzungsrechten an Grundstücken.
Nicht befreit sind die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen, die kurzfristige Vermietung auf Campingplätzen und die Vermietung und die Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind;
13.
die Leistungen, die die Gemeinschaften der Wohnungseigentümer im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 403-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, in der jeweils geltenden Fassung an die Wohnungseigentümer und Teileigentümer erbringen, soweit die Leistungen in der Überlassung des gemeinschaftlichen Eigentums zum Gebrauch, seiner Instandhaltung, Instandsetzung und sonstigen Verwaltung sowie der Lieferung von Wärme und ähnlichen Gegenständen bestehen;
14.
a)
Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt werden. Satz 1 gilt nicht für die Lieferung oder Wiederherstellung von Zahnprothesen (aus Unterpositionen 9021 21 und 9021 29 00 des Zolltarifs) und kieferorthopädischen Apparaten (aus Unterposition 9021 10 des Zolltarifs), soweit sie der Unternehmer in seinem Unternehmen hergestellt oder wiederhergestellt hat;
b)
Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen einschließlich der Diagnostik, Befunderhebung, Vorsorge, Rehabilitation, Geburtshilfe und Hospizleistungen sowie damit eng verbundene Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts erbracht werden. Die in Satz 1 bezeichneten Leistungen sind auch steuerfrei, wenn sie von
aa)
zugelassenen Krankenhäusern nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder anderen Krankenhäusern, die ihre Leistungen in sozialer Hinsicht unter vergleichbaren Bedingungen wie die Krankenhäuser erbringen, die in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft stehen oder nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zugelassen sind; in sozialer Hinsicht vergleichbare Bedingungen liegen vor, wenn das Leistungsangebot des Krankenhauses den von Krankenhäusern in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft oder nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zugelassenen Krankenhäusern erbrachten Leistungen entspricht und die Kosten voraussichtlich in mindestens 40 Prozent der jährlichen Belegungs- oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt als für allgemeine Krankenhausleistungen nach dem Krankenhausentgeltgesetz oder der Bundespflegesatzverordnung berechnet wurde oder voraussichtlich mindestens 40 Prozent der Leistungen den in § 4 Nummer 15 Buchstabe b genannten Personen zugutekommen, dabei ist grundsätzlich auf die Verhältnisse im vorangegangenen Kalenderjahr abzustellen,
bb)
Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik oder Befunderhebung, die an der vertragsärztlichen Versorgung nach § 95 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch teilnehmen oder für die Regelungen nach § 115 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten,
cc)
Einrichtungen, die von den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 34 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch an der Versorgung beteiligt worden sind,
dd)
Einrichtungen, mit denen Versorgungsverträge nach den §§ 111 und 111a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen,
ee)
Rehabilitationseinrichtungen, mit denen Verträge nach § 38 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch bestehen,
ff)
Einrichtungen zur Geburtshilfe, für die Verträge nach § 134a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten,
gg)
Hospizen, mit denen Verträge nach § 39a Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen, oder
hh)
Einrichtungen, mit denen Verträge nach § 127 in Verbindung mit § 126 Absatz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch über die Erbringung nichtärztlicher Dialyseleistungen bestehen,
erbracht werden und es sich ihrer Art nach um Leistungen handelt, auf die sich die Zulassung, der Vertrag oder die Regelung nach dem Sozialgesetzbuch jeweils bezieht, oder
ii)
von Einrichtungen nach § 138 Abs. 1 Satz 1 des Strafvollzugsgesetzes erbracht werden;
c)
Leistungen nach den Buchstaben a und b, die im Rahmen der hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder der besonderen Versorgung nach § 140a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch von Einrichtungen erbracht werden, mit denen entsprechende Verträge bestehen, sowie Leistungen zur Sicherstellung der ambulanten Versorgung in stationären Pflegeeinrichtungen die durch Einrichtungen erbracht werden, mit denen Verträge nach § 119b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen;
d)
(weggefallen)
e)
die zur Verhütung von nosokomialen Infektionen und zur Vermeidung der Weiterverbreitung von Krankheitserregern, insbesondere solcher mit Resistenzen, erbrachten Leistungen eines Arztes oder einer Hygienefachkraft, an in den Buchstaben a und b genannte Einrichtungen, die diesen dazu dienen, ihre Heilbehandlungsleistungen ordnungsgemäß unter Beachtung der nach dem Infektionsschutzgesetz und den Rechtsverordnungen der Länder nach § 23 Absatz 8 des Infektionsschutzgesetzes bestehenden Verpflichtungen zu erbringen;
f)
die eng mit der Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens verbundenen Leistungen, die erbracht werden von
aa)
juristischen Personen des öffentlichen Rechts,
bb)
Sanitäts- und Rettungsdiensten, die die landesrechtlichen Voraussetzungen erfüllen, oder
cc)
Einrichtungen, die nach § 75 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch die Durchführung des ärztlichen Notdienstes sicherstellen;
15.
die Umsätze der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung, der gesetzlichen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch sowie der gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b Abs. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch, der örtlichen und überörtlichen Träger der Sozialhilfe sowie der Verwaltungsbehörden und sonstigen Stellen der Kriegsopferversorgung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge
a)
untereinander,
b)
an die Versicherten, die Bezieher von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, die Empfänger von Sozialhilfe oder die Versorgungsberechtigten;
15a.
die auf Gesetz beruhenden Leistungen der Medizinischen Dienste (§ 278 SGB V) und des Medizinischen Dienstes Bund (§ 281 SGB V) untereinander und für die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung und deren Verbände und für die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch sowie die gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch;
15b.
Eingliederungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, Leistungen der aktiven Arbeitsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch und vergleichbare Leistungen, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Einrichtungen,
a)
die nach § 178 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch zugelassen sind,
b)
die für ihre Leistungen nach Satz 1 Verträge mit den gesetzlichen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch geschlossen haben oder
c)
die für Leistungen, die denen nach Satz 1 vergleichbar sind, Verträge mit juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die diese Leistungen mit dem Ziel der Eingliederung in den Arbeitsmarkt durchführen, geschlossen haben;
15c.
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Rehabilitationsdienste und -einrichtungen nach den §§ 36 und 51 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, mit denen Verträge nach § 38 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch abgeschlossen worden sind;
16.
die eng mit der Betreuung oder Pflege körperlich, kognitiv oder psychisch hilfsbedürftiger Personen verbundenen Leistungen, die erbracht werden von
a)
juristischen Personen des öffentlichen Rechts,
b)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 132 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch besteht,
c)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 132a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, § 72 oder § 77 des Elften Buches Sozialgesetzbuch besteht oder die Leistungen zur häuslichen Pflege oder zur Heimpflege erbringen und die hierzu nach § 26 Abs. 5 in Verbindung mit § 44 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch bestimmt sind,
d)
Einrichtungen, die Leistungen der häuslichen Krankenpflege oder Haushaltshilfe erbringen und die hierzu nach § 26 Abs. 5 in Verbindung mit den §§ 32 und 42 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch bestimmt sind,
e)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung nach § 194 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch besteht,
f)
Einrichtungen, die nach § 225 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch anerkannt sind,
g)
Einrichtungen, soweit sie Leistungen erbringen, die landesrechtlich als Angebote zur Unterstützung im Alltag nach § 45a des Elften Buches Sozialgesetzbuch anerkannt sind,
h)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung nach § 123 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder nach § 76 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch besteht,
i)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 8 Absatz 3 des Gesetzes zur Errichtung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau über die Gewährung von häuslicher Krankenpflege oder Haushaltshilfe nach den §§ 10 und 11 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte, § 10 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte oder nach § 54 Absatz 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch besteht,
j)
Einrichtungen, die aufgrund einer Landesrahmenempfehlung nach § 2 der Frühförderungsverordnung als fachlich geeignete interdisziplinäre Frühförderstellen anerkannt sind,
k)
Einrichtungen, die als Betreuer nach § 1814 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden sind, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1877 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vergütet werden,
l)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung zur Pflegeberatung nach § 7a des Elften Buches Sozialgesetzbuch besteht, oder
m)
Einrichtungen, bei denen die Betreuungs- oder Pflegekosten oder die Kosten für eng mit der Betreuung oder Pflege verbundene Leistungen in mindestens 25 Prozent der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung, den Trägern der Sozialhilfe, den Trägern der Eingliederungshilfe nach § 94 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder der für die Durchführung der Kriegsopferversorgung zuständigen Versorgungsverwaltung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge ganz oder zum überwiegenden Teil vergütet werden.
Leistungen im Sinne des Satzes 1, die von Einrichtungen nach den Buchstaben b bis m erbracht werden, sind befreit, soweit es sich ihrer Art nach um Leistungen handelt, auf die sich die Anerkennung, der Vertrag oder die Vereinbarung nach Sozialrecht oder die Vergütung jeweils bezieht;
17.
a)
die Lieferungen von menschlichen Organen, menschlichem Blut und Frauenmilch,
b)
die Beförderungen von kranken und verletzten Personen mit Fahrzeugen, die hierfür besonders eingerichtet sind;
18.
eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen, wenn diese Leistungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben, erbracht werden. Etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden. Für in anderen Nummern des § 4 bezeichnete Leistungen kommt die Steuerbefreiung nur unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht;
18a.
die Leistungen zwischen den selbständigen Gliederungen einer politischen Partei, soweit diese Leistungen im Rahmen der satzungsgemäßen Aufgaben gegen Kostenerstattung ausgeführt werden, und sofern die jeweilige Partei nicht gemäß § 18 Absatz 7 des Parteiengesetzes von der staatlichen Teilfinanzierung ausgeschlossen ist;
19.
a)
die Umsätze der Blinden, die nicht mehr als zwei Arbeitnehmer beschäftigen. Nicht als Arbeitnehmer gelten der Ehegatte, der eingetragene Lebenspartner, die minderjährigen Abkömmlinge, die Eltern des Blinden und die Lehrlinge. Die Blindheit ist nach den für die Besteuerung des Einkommens maßgebenden Vorschriften nachzuweisen. Die Steuerfreiheit gilt nicht für die Lieferungen von Energieerzeugnissen im Sinne des § 1 Abs. 2 und 3 des Energiesteuergesetzes und von Alkoholerzeugnissen im Sinne des Alkoholsteuergesetzes, wenn der Blinde für diese Erzeugnisse Energiesteuer oder Alkoholsteuer zu entrichten hat, und für Lieferungen im Sinne der Nummer 4a Satz 1 Buchstabe a Satz 2,
b)
die folgenden Umsätze der nicht unter Buchstabe a fallenden Inhaber von anerkannten Blindenwerkstätten und der anerkannten Zusammenschlüsse von Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch:
aa)
die Lieferungen von Blindenwaren und Zusatzwaren,
bb)
die sonstigen Leistungen, soweit bei ihrer Ausführung ausschließlich Blinde mitgewirkt haben;
20.
a)
die Umsätze folgender Einrichtungen juristischer Personen des öffentlichen Rechts: Theater, Orchester, Kammermusikensembles, Chöre, Museen, botanische Gärten, zoologische Gärten, Tierparks, Archive, Büchereien sowie Denkmäler der Bau- und Gartenbaukunst. Das Gleiche gilt für die Umsätze gleichartiger Einrichtungen anderer Unternehmer, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie die gleichen kulturellen Aufgaben wie die in Satz 1 bezeichneten Einrichtungen erfüllen. Steuerfrei sind auch die Umsätze von Bühnenregisseuren und Bühnenchoreographen an Einrichtungen im Sinne der Sätze 1 und 2, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass deren künstlerische Leistungen diesen Einrichtungen unmittelbar dienen. Museen im Sinne dieser Vorschrift sind wissenschaftliche Sammlungen und Kunstsammlungen,
b)
die Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten durch andere Unternehmer, wenn die Darbietungen von den unter Buchstabe a bezeichneten Theatern, Orchestern, Kammermusikensembles oder Chören erbracht werden,
21.
a)
die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen,
aa)
wenn sie als Ersatzschulen gemäß Artikel 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind oder
bb)
wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten,
b)
die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer
aa)
an Hochschulen im Sinne der §§ 1 und 70 des Hochschulrahmengesetzes und öffentlichen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schulen oder
bb)
an privaten Schulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen, soweit diese die Voraussetzungen des Buchstabens a erfüllen;
21a.
(weggefallen)
22.
a)
die Vorträge, Kurse und anderen Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, von Volkshochschulen oder von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes dienen, durchgeführt werden, wenn die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden,
b)
andere kulturelle und sportliche Veranstaltungen, die von den in Buchstabe a genannten Unternehmern durchgeführt werden, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht;
23.
a)
die Erziehung von Kindern und Jugendlichen und damit eng verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder durch andere Einrichtungen erbracht werden, deren Zielsetzung mit der einer Einrichtung des öffentlichen Rechts vergleichbar ist und die keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden,
b)
eng mit der Betreuung von Kindern und Jugendlichen verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder durch andere als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Einrichtungen, soweit sie
aa)
auf Grund gesetzlicher Regelungen im Bereich der sozialen Sicherheit tätig werden oder
bb)
Leistungen erbringen, die im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts vergütet wurden,
c)
Verpflegungsdienstleistungen und Beherbergungsleistungen gegenüber Kindern in Kindertageseinrichtungen, Studierenden und Schülern an Hochschulen im Sinne der Hochschulgesetze der Länder, an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Berufsakademie, an öffentlichen Schulen und an Ersatzschulen, die gemäß Artikel 7 Absatz 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind, sowie an staatlich anerkannten Ergänzungsschulen und an Berufsschulheimen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder durch andere Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden.
Steuerfrei sind auch die Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen, die die Unternehmer den Personen, die bei der Erbringung der Leistungen nach Satz 1 Buchstabe a und b beteiligt sind, als Vergütung für die geleisteten Dienste gewähren. Kinder und Jugendliche im Sinne von Satz 1 Buchstabe a und b sind alle Personen, die noch nicht 27 Jahre alt sind. Für die in den Nummern 15b, 15c, 21, 24 und 25 bezeichneten Leistungen kommt die Steuerbefreiung nur unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht;
24.
die Leistungen des Deutschen Jugendherbergswerkes, Hauptverband für Jugendwandern und Jugendherbergen e.V., einschließlich der diesem Verband angeschlossenen Untergliederungen, Einrichtungen und Jugendherbergen, soweit die Leistungen den Satzungszwecken unmittelbar dienen oder Personen, die bei diesen Leistungen tätig sind, Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen als Vergütung für die geleisteten Dienste gewährt werden. Das Gleiche gilt für die Leistungen anderer Vereinigungen, die gleiche Aufgaben unter denselben Voraussetzungen erfüllen;
25.
Leistungen der Jugendhilfe nach § 2 Absatz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch, die Inobhutnahme nach § 42 des Achten Buches Sozialgesetzbuch und Leistungen der Adoptionsvermittlung nach dem Adoptionsvermittlungsgesetz, wenn diese Leistungen von Trägern der öffentlichen Jugendhilfe oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind
a)
von der zuständigen Jugendbehörde anerkannte Träger der freien Jugendhilfe, die Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts,
b)
Einrichtungen, soweit sie
aa)
für ihre Leistungen eine im Achten Buch Sozialgesetzbuch geforderte Erlaubnis besitzen oder nach § 44 oder § 45 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch einer Erlaubnis nicht bedürfen,
bb)
Leistungen erbringen, die im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil durch Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder Einrichtungen nach Buchstabe a vergütet wurden,
cc)
Leistungen der Kindertagespflege erbringen, für die sie nach § 23 Absatz 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch geeignet sind, oder
dd)
Leistungen der Adoptionsvermittlung erbringen, für die sie nach § 4 Absatz 1 des Adoptionsvermittlungsgesetzes anerkannt oder nach § 4 Absatz 2 des Adoptionsvermittlungsgesetzes zugelassen sind.
Steuerfrei sind auch
a)
die Durchführung von kulturellen und sportlichen Veranstaltungen, wenn die Darbietungen von den von der Jugendhilfe begünstigten Personen selbst erbracht oder die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden und diese Leistungen in engem Zusammenhang mit den in Satz 1 bezeichneten Leistungen stehen,
b)
die Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen, die diese Einrichtungen den Empfängern der Jugendhilfeleistungen und Mitarbeitern in der Jugendhilfe sowie den bei den Leistungen nach Satz 1 tätigen Personen als Vergütung für die geleisteten Dienste gewähren,
c)
Leistungen, die von Einrichtungen erbracht werden, die als Vormünder nach § 1773 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder als Ergänzungspfleger nach § 1809 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden sind, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1877 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vergütet werden,
d)
Einrichtungen, die als Verfahrensbeistand nach den §§ 158, 174 oder 191 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit bestellt worden sind, wenn die Preise, die diese Einrichtungen verlangen, von den zuständigen Behörden genehmigt sind oder die genehmigten Preise nicht übersteigen; bei Umsätzen, für die eine Preisgenehmigung nicht vorgesehen ist, müssen die verlangten Preise unter den Preisen liegen, die der Mehrwertsteuer unterliegende gewerbliche Unternehmen für entsprechende Umsätze fordern;
26.
die ehrenamtliche Tätigkeit,
a)
wenn sie für juristische Personen des öffentlichen Rechts ausgeübt wird oder
b)
wenn das Entgelt für diese Tätigkeit nur in Auslagenersatz und einer angemessenen Entschädigung für Zeitversäumnis besteht;
27.
a)
die Gestellung von Personal durch religiöse und weltanschauliche Einrichtungen für die in Nummer 14 Buchstabe b, in den Nummern 16, 18, 21, 22 Buchstabe a sowie in den Nummern 23 und 25 genannten Tätigkeiten und für Zwecke geistlichen Beistands,
b)
die Gestellung von land- und forstwirtschaftlichen Arbeitskräften durch juristische Personen des privaten oder des öffentlichen Rechts für land- und forstwirtschaftliche Betriebe (§ 24 Abs. 2) mit höchstens drei Vollarbeitskräften zur Überbrückung des Ausfalls des Betriebsinhabers oder dessen voll mitarbeitenden Familienangehörigen wegen Krankheit, Unfalls, Schwangerschaft, eingeschränkter Erwerbsfähigkeit oder Todes sowie die Gestellung von Betriebshelfern an die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung;
28.
die Lieferungen von Gegenständen, für die der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1a ausgeschlossen ist oder wenn der Unternehmer die gelieferten Gegenstände ausschließlich für eine nach den Nummern 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet hat;
29.
sonstige Leistungen von selbständigen, im Inland ansässigen Zusammenschlüssen von Personen, deren Mitglieder eine dem Gemeinwohl dienende nichtunternehmerische Tätigkeit oder eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit ausüben, die nach den Nummern 11b, 14 bis 18, 20 bis 25 oder 27 von der Steuer befreit ist, gegenüber ihren im Inland ansässigen Mitgliedern, soweit diese Leistungen für unmittelbare Zwecke der Ausübung dieser Tätigkeiten verwendet werden und der Zusammenschluss von seinen Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordert, vorausgesetzt, dass diese Befreiung nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führt.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) führte in den Streitjahren 2005 bis 2007 Umsätze im Rahmen einer von ihm betriebenen "Schwimmschule" aus. Er hatte im November 2005 das erste Staatsexamen für das Lehramt für die Fächer Sport und Physik abgelegt. Mit mehreren Arbeitnehmern, überwiegend Physiotherapeuten, führte er Baby-, Kleinkinder-, sonstige Kinder- und Erwachsenenschwimmkurse sowie Wassergymnastik wie Aqua-Jogging oder Aqua-Fitness in Hallenbädern durch, die er vom jeweiligen kommunalen Betreiber stundenweise angemietet hatte. Die Kursteilnehmer entrichteten für die Teilnahme an den Kursen an den Kläger ein Entgelt, das auch ein auf die Kursteilnehmer entfallendes Eintrittsgeld für die Hallenbadbenutzung umfassen konnte. Die Hallenbadbetreiber erhoben vom Kläger für die Nutzungsüberlassung der Hallenbäder ein Entgelt von in der Regel 20 % der von ihm vereinnahmten Kursgebühren. Auf der Grundlage des § 20 des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) erstatteten Krankenkassen die für die Aqua-Fitness-Kurse erhobenen Entgelte ganz oder teilweise an die Kursteilnehmer. Der Kläger gab keine Umsatzsteuererklärungen ab, da er seine Leistungen als steuerfrei ansah.

2

Im Anschluss an eine Umsatzsteuersonderprüfung ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) davon aus, dass der Kläger in den Jahren 2001 bis 2007 steuerpflichtige Leistungen erbracht habe und erließ dementsprechende Umsatzsteuerbescheide. Während des Einspruchsverfahrens erging der Umsatzsteuerbescheid 2006, der im Einspruchsverfahren an die Stelle der Vorauszahlungsbescheide 2006 trat.

3

Nach der Erhebung der Klage zum Finanzgericht (FG) erging der Umsatzsteuerjahresbescheid 2007, der an Stelle der Vorauszahlungsbescheide 2007 gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Klageverfahrens wurde. Nachdem der Kläger eine Bescheinigung der Bezirksregierung vorgelegt hatte, wonach die Schwimmkurse auf einen Beruf vorbereiteten, während eine Bescheinigung für das Baby- und Kleinkindschwimmen sowie das Aqua-Jogging und Aqua-Fitness wegen des engen Bezugs zur Freizeitgestaltung abgelehnt wurde, ergingen geänderte Bescheide für die Jahre 2001 bis 2004, worauf der Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt wurde. Geänderte Bescheide ergingen auch für die Streitjahre 2005 bis 2007, die nach § 68 FGO Gegenstand des Klageverfahrens wurden.

4

Nach dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 985 veröffentlichten Urteil des FG zu den verbliebenen Streitjahren 2005 bis 2007 hatte die Klage im Hinblick auf die nach Erlass der Änderungsbescheide noch streitigen Kurse wie Babyschwimmen, Kleinkindschwimmen, Aqua-Jogging und Aqua-Fitness keinen Erfolg. Diese Leistungen seien weder nach nationalem Recht noch nach den Bestimmungen der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) oder den Bestimmungen der Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG (MwStSystRL) steuerfrei. Dies ergebe sich auch aus der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH).

5

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Revision, die er auf Verletzung materiellen und formellen Rechts stützt. Seine Leistungen seien nach § 4 Nr. 22 Buchst. a und b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerfrei. Zumindest könne er sich auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g, h, i und j MwStSystRL (Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g, h, i und j der Richtlinie 77/388/EWG) berufen. Für eine insoweit erforderliche Anerkennung reiche die Kostenübernahme durch Krankenkassen aus. Er müsse als Einrichtung nur über eine vom Mitgliedstaat "anerkannte vergleichbare Zielsetzung" verfügen. Inhaltsgleiche Kurse für Schulen seien steuerfrei gewesen. Er sei zumindest zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes berechtigt. Eine Vorlage an den EuGH sei erforderlich.

6

Der Kläger beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Umsatzsteuerjahresbescheide 2005 bis 2007 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer von 0 € festgesetzt wird, hilfsweise, dass der ermäßigte Steuersatz anzuwenden ist.

7

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Die Leistungen seien weder nach nationalem Recht noch nach dem Unionsrecht steuerfrei. Es sei auch nicht der ermäßigte Steuersatz anzuwenden. Das FA habe nur die Kursleistungen als steuerfrei anerkannt, die nach einer dem Kläger am 27. Oktober 2008 erteilten Bescheinigung ordnungsgemäß auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereitet hätten.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision des Klägers ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Zwar hat das FG zutreffend entschieden, dass die Leistungen des Klägers nicht nach nationalem Recht steuerfrei sind. Der Kläger kann aber einen Anwendungsvorrang der Richtlinie geltend machen, wozu noch weitere Feststellungen zu treffen sind.

10

1. Die Leistungen des Klägers sind nicht nach nationalem Recht steuerfrei.

11

a) Nach § 4 Nr. 21 UStG sind steuerfrei die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn sie als Ersatzschulen gemäß Art. 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind (Doppelbuchst. aa) oder wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten (Doppelbuchst. bb).

12

Im Streitfall liegen diese Voraussetzungen nicht vor. Der Kläger ist weder als Ersatzschule staatlich genehmigt noch nach Landesrecht erlaubt. Für die im finanzgerichtlichen Verfahren noch streitigen Kurse liegt auch keine Bescheinigung über die Vorbereitung auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vor.

13

b) Nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG sind steuerfrei die Vorträge, Kurse und anderen Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, von Volkshochschulen oder von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes dienen, durchgeführt werden, wenn die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden. Steuerfrei sind auch andere kulturelle und sportliche Veranstaltungen, die von den in Buchstabe a genannten Unternehmern durchgeführt werden, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht (§ 4 Nr. 22 Buchst. b UStG).

14

Im Streitfall liegen diese Voraussetzungen nicht vor, da der Kläger als Einzelunternehmer die nach dem eindeutigen Wortlaut von § 4 Nr. 22 Buchst. a und b UStG erforderlichen unternehmerbezogenen Voraussetzungen nicht erfüllt. Ob dies gegen das Unionsrecht oder die diesem zugrunde liegenden Grundsätze verstößt, ist im Hinblick auf diesen Wortlaut unbeachtlich und nur im Zusammenhang mit der Berufung des Klägers auf das Unionsrecht von Bedeutung.

15

2. Der Kläger kann sich für eine Steuerfreiheit seiner Leistungen aber auf das Unionsrecht berufen.

16

a) Steuerfrei ist nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL (zuvor Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG) der von Privatlehrern erteilte Schul- und Hochschulunterricht.

17

b) Nach dem zu dieser Bestimmung ergangenen EuGH-Urteil vom 28. Januar 2010 C-473/08, Eulitz (Slg. 2010, I-907) kommt es auf Unterrichtseinheiten an, die sich auf Schul- und Hochschulunterricht beziehen. Dies erfasst nicht nur Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern schließt andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten von Schülern oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (EuGH-Urteil vom 14. Juni 2007 C-445/05, Haderer, Slg. 2007, I-4841). Dem hat sich der erkennende Senat mit Urteil vom 20. März 2014 V R 3/13 (BFH/NV 2014, 1175, unter II.2.) angeschlossen.

18

c) Danach können einzelne Kurse, die der Kläger durchgeführt hat, als Schulunterricht eines Privatlehrers steuerfrei sein. Dies gilt insbesondere für das Kleinkindschwimmen, da an der Erlernung der Fähigkeit, schwimmen zu können, zum einen ein hohes Gemeinwohlinteresse besteht und zum anderen die Erlangung dieser Fähigkeit auch in öffentlichen Schulen unterrichtet wird. Dies mag auf Kurse wie Babyschwimmen, Aqua-Jogging und Aqua-Fitness nicht zutreffen, zumal bei diesen auch der Charakter bloßer Freizeitgestaltung nicht zu vernachlässigen ist. Hierzu sind im zweiten Rechtsgang weitere Feststellungen zu treffen.

19

3. Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:

20

a) Sind die Leistungen des Klägers nicht nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL (zuvor Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG) steuerfrei, kommt eine Berufung auf andere Befreiungstatbestände des Unionsrechts nicht in Betracht.

21

aa) Zwar haben die Mitgliedstaaten von der Steuer auch zu befreien

22

- die "eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen, die durch Altenheime, Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden" (Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL),
- die "eng mit der Kinder- und Jugendbetreuung verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen" (Art. 132 Abs. 1 Buchst. h MwStSystRL),
- die "Erziehung von Kindern und Jugendlichen, Schul- und Hochschulunterricht, Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung und damit eng verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung" (Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL) sowie
- "bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben" (Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL).

23

bb) Die Voraussetzungen dieser Tatbestände liegen im Streitfall aber nicht vor.

24

(1) Für Art. 132 Abs. 1 Buchst. g, h und i MwStSystRL folgt dies bereits daraus, dass es an der personenbezogenen Voraussetzung der "anerkannten Einrichtung" fehlt. Insoweit ist es nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung Sache des innerstaatlichen Rechts jedes Mitgliedstaats, die Regeln aufzustellen, nach denen Einrichtungen die erforderliche Anerkennung gewährt werden kann. Zu den für die Anerkennung maßgeblichen Gesichtspunkten gehören das Bestehen spezifischer Vorschriften, bei denen es sich um nationale oder regionale Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Steuervorschriften oder Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit handeln kann, das mit den Tätigkeiten des betreffenden Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse, die Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung kommen, und die Übernahme der Kosten der fraglichen Leistungen zum großen Teil durch Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit (EuGH-Urteil Zimmermann vom 15. November 2012 C-174/11, Umsatzsteuer-Rundschau 2013, 35 Rdnr. 31, und BFH-Urteil vom 25. April 2013 V R 7/11, BFHE 241, 475, BStBl II 2013, 976, unter II.2.c aa). Auch im Hinblick auf eine Kostentragung durch Einrichtungen der sozialen Sicherheit ist zu berücksichtigen, ob der Unternehmer seine Leistung unmittelbar aufgrund vertraglicher Vereinbarungen mit Sozialversicherungsträgern erbringt (BFH-Urteil vom 8. November 2007 V R 2/06, BFHE 219, 428, BStBl II 2008, 634, unter II.2.b cc).

25

Danach reicht es für die Anerkennung als Einrichtung weder aus, dass der Kläger direkte vertragliche Beziehungen mit Gemeinden hinsichtlich der Nutzung von Schwimmbädern unterhielt, noch, dass Kosten auf der Grundlage von § 20 SGB V erstattet wurden. Denn die Gemeinden waren als Hallenbadbetreiber nicht als "Krankenkassen oder andere Einrichtungen der sozialen Sicherheit" tätig, während im Rahmen der Leistungserbringung nach § 20 SGB V keine vertraglichen Beziehungen zu den gesetzlichen Krankenkassen bestanden (vgl. auch Welti, in Becker/ Kingreen, SGB V, 3. Aufl., § 20 Rz 13). Im Übrigen kommt dem Kläger mit seinen Leistungen neben dem Kleinkindschwimmen (zu diesem s. oben II.2.) nicht der Charakter einer Einrichtung mit anerkannter vergleichbarer Zielsetzung wie öffentlichen Schulen oder Hochschulen zu.

26

(2) Die Steuerfreiheit für bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben (Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL, zuvor: Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG) kommt nicht in Betracht, da der Kläger keine Einrichtung ohne Gewinnstreben ist.

27

b) Im zweiten Rechtsgang wird zu berücksichtigen sein, dass der Kläger für Leistungen, die nicht steuerfrei sind, nicht den ermäßigten Steuersatz in Anspruch nehmen kann.

28

Zwar ordnet § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 UStG für die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze sowie für die Verabreichung von Heilbädern die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes an. In Bezug auf die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze beruht die Vorschrift auf Art. 98 Abs. 2 und 3 MwStSystRL i.V.m. Anhang III Nr. 14 (zuvor Art. 12 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG i.V.m. Anhang H Nr. 13), wie der Senat bereits entschieden hat (BFH-Urteil vom 11. Februar 2010 V R 30/08, BFH/NV 2010, 2125, unter II.2.a ee). Danach können die Mitgliedstaaten die Überlassung von Sportanlagen einem ermäßigten Steuersatz unterwerfen. Unionsrechtliche Grundlage für die Verabreichung von Heilbädern ist die Thermalbehandlung i.S. von Art. 98 Abs. 2 und 3 MwStSystRL i.V.m. Anhang III Nr. 17 (zuvor Art. 12 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG i.V.m. Anhang H Nr. 13). § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 UStG ist entsprechend diesen Bestimmungen auszulegen, wobei neben dem allgemeinen Grundsatz enger Auslegung von Ausnahmetatbeständen auch zu berücksichtigen ist, dass Vorschriften des nationalen Rechts auch dann eng auszulegen sind, wenn sie ansonsten nicht der Richtlinie entsprechen (BFH-Urteil vom 8. März 2012 V R 14/11, BFHE 237, 279, BStBl II 2012, 630, unter II.2.c bb).

29

Im Hinblick auf die unionsrechtliche Grundlage der Steuersatzermäßigung, die sich auf die Überlassung von Sportanlagen und damit auf eine Nutzungsüberlassung bezieht, ist es danach nicht möglich, die Erteilung von Schwimmunterricht als einen unmittelbar mit dem Betrieb eines Schwimmbads verbundenen Umsatz anzusehen. Sollte sich demgegenüber aus Abschn. 171 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Umsatzsteuer-Richtlinien 2005 ergeben, dass die Erteilung von Schwimmunterricht als eigenständige Leistung der Steuersatzermäßigung unterliegt, könnte sich der Senat dem nicht anschließen. Ebenso können Kurse wie "Aqua-Jogging" und "Aqua-Fitness" nicht als Verabreichung von Heilbädern angesehen werden, da insoweit unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Grundlagen eine Thermalbehandlung vorliegen müsste, an der es fehlt.

30

4. Auf den geltend gemachten Verfahrensfehler kam es nicht mehr an.

Tenor

A. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Umfasst der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts in Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe i und j der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem den Fahrschulunterricht zum Erwerb der Fahrerlaubnisklassen B und C1?

2. Sollte Frage 1 zu bejahen sein:

Kann sich die Anerkennung der Klägerin als Einrichtung mit vergleichbarer Zielsetzung im Sinne von Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe i der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem aus den gesetzlichen Regelungen über die Fahrlehrerprüfung und die Erteilung der Fahrlehr- und der Fahrschulerlaubnis im Gesetz über das Fahrlehrerwesen vom 25. August 1969 (Bundesgesetzblatt I 1969, 1336), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 28. November 2016 (Bundesgesetzblatt I 2016, 2722, Fahrlehrergesetz) und dem Gemeinwohlinteresse an der Ausbildung von Fahrschülern zu sicheren, verantwortungsvollen und umweltbewussten Verkehrsteilnehmern ergeben?

3. Sollte Frage 2 zu verneinen sein:

Setzt der Begriff des "Privatlehrers" in Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe j der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem voraus, dass es sich bei dem Steuerpflichtigen um einen Einzelunternehmer handelt?

4. Sollten Fragen 2 und 3 zu verneinen sein:

Wird ein Unterrichtender immer dann bereits als "Privatlehrer" im Sinne des Artikels 132 Absatz 1 Buchstabe j der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem tätig, wenn er für eigene Rechnung und in eigener Verantwortung handelt oder sind an das Merkmal "Privatlehrer" weitere Anforderungen zu stellen?

B. Das Verfahren wird bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union ausgesetzt.

Tatbestand

I.

1

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die von der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ausgeführten Fahrschulleistungen, die ihre Kunden zum Erwerb der Fahrerlaubnisklassen B (Fahrzeuge mit zulässiger Gesamtmasse von nicht mehr als 3 500 Kilogramm --kg-- und gebaut und ausgelegt zur Beförderung von nicht mehr als acht Personen außer dem Fahrzeugführer) und C1 (Fahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3 500 kg aber nicht mehr als 7 500 kg und gebaut und ausgelegt zur Beförderung von nicht mehr als acht Personen außer dem Fahrzeugführer) im Streitjahr (2010) in Anspruch genommen haben, nach Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe i und j der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) von der Umsatzsteuer befreit sind.

2

Die Klägerin betreibt in der Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) eine Fahrschule. In den von ihr ausgestellten Rechnungen wies sie keine Umsatzsteuer gesondert aus. Für das Streitjahr erklärte sie zunächst steuerpflichtige Umsätze. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) folgte der Umsatzsteuererklärung der Klägerin. Mit Schreiben vom 22. Dezember 2014 beantragte die Klägerin, die Umsatzsteuer auf 0 € herabzusetzen. Das FA lehnte den Antrag ab. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2016, 1481 veröffentlicht worden.

3

Zur Begründung seines Urteils führte das Finanzgericht (FG) im Wesentlichen aus, eine Steuerbefreiung nach § 4 Nummer 21 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb des Umsatzsteuergesetzes (UStG) komme nicht in Betracht, weil bei den hier streitigen Leistungen im Zusammenhang mit den Fahrerlaubnisklassen B und C1 die Fahrerlaubnis nicht als Anerkennungsnachweis als berufsbildende Einrichtung in Betracht komme. Die Befreiung nach § 4 Nummer 21 Buchstabe b UStG scheitere bereits daran, dass die Klägerin ihre Leistungen unmittelbar an ihre Schüler und nicht an die in § 4 Nummer 21 Buchstabe b UStG genannten Einrichtungen erbringe.

4

Die Klägerin könne sich auch nicht mit Erfolg auf Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe j MwStSystRL berufen. Die einheitliche Leistung der Klägerin bestehe aus der theoretischen Schulung und dem praktischen Fahrunterricht. Dabei handele es sich nicht um Schul- oder Hochschulunterricht, weil der praktische Fahrunterricht nach der im Streitjahr 2010 geltenden Empfehlung zur Verkehrserziehung in der Schule (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 7. Juli 1972 in der Fassung des Beschlusses vom 17. Juni 1994) weder erforderlicher noch wünschenswerter Bestandteil des Schul- oder Hochschulunterrichts sei.

5

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Revision, mit der sie Verletzung materiellen Rechts geltend macht. Gesetzgeberisches Ziel der Fahrschulausbildung sei es, verantwortungsvolle und umsichtige Verkehrsteilnehmer auszubilden. Der praktische Fahrunterricht sei dabei nur ein Aspekt.

6

Im Übrigen deckten sich die praktische Fahrschulausbildung und die Fahrsicherheitstrainings unter anderem des ADAC in ihren Zielsetzungen. Es verstoße gegen den Neutralitätsgrundsatz diese vergleichbaren Leistungen unterschiedlich zu besteuern.

7

Die Klägerin beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und der Klage stattzugeben.

8

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

9

Der Senat legt dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die im Tenor unter A. bezeichneten Fragen zur Auslegung der MwStSystRL vor und setzt das Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH aus.

10

1. Rechtlicher Rahmen

11

a) Unionsrecht

12

Gemäß Artikel 132 Absatz 1 MwStSystRL befreien die Mitgliedstaaten folgende Umsätze von der Steuer:
" ...

i) Erziehung von Kindern und Jugendlichen, Schul- und Hochschulunterricht, Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung und damit eng verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung;

j) von Privatlehrern erteilter Schul- und Hochschulunterricht; ...".

13

Artikel 134 MwStSystRL sieht vor:

"In folgenden Fällen sind Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen von der Steuerbefreiung des Artikels 132 Absatz 1 Buchstaben b, g, h, i, l, m und n ausgeschlossen:

a) sie sind für die Umsätze, für die die Steuerbefreiung gewährt wird, nicht unerlässlich;

b) sie sind im Wesentlichen dazu bestimmt, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Umsätze zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Umsätzen von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen bewirkt werden."

14

Artikel 4 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (Neufassung) lautet:

"Klassen, Begriffsbestimmungen und Mindestalter

1. Der Führerschein nach Artikel 1 berechtigt zum Führen von Kraftfahrzeugen der nachstehend definierten Klassen. Er kann ab dem für die einzelnen Klassen angegebenen Mindestalter ausgestellt werden. Als "Kraftfahrzeug" gilt jedes auf der Straße mit eigener Kraft verkehrende Fahrzeug mit Antriebsmotor mit Ausnahme von Schienenfahrzeugen.

...     

4. Kraftwagen

... b) Klasse B:

Kraftwagen mit einer zulässigen Gesamtmasse von höchstens 3500 kg, die zur Beförderung von nicht mehr als acht Personen außer dem Fahrzeugführer ausgelegt und gebaut sind; hinter Kraftwagen dieser Klasse darf ein Anhänger mit einer zulässigen Gesamtmasse von nicht mehr als 750 kg mitgeführt werden.

...     

d) Klasse C1:

nicht unter die Klassen D oder D1 fallende Kraftwagen, deren zulässige Gesamtmasse mehr als 3500 kg, jedoch nicht mehr als 7500 kg beträgt, und die zur Beförderung von nicht mehr als acht Personen außer dem Kraftfahrzeugführer ausgelegt und gebaut sind; hinter Kraftwagen dieser Klasse darf ein Anhänger mit einer zulässigen Gesamtmasse von höchstens 750 kg mitgeführt werden;"

15

b) Nationales Recht

16

Gemäß § 4 Nummer 21 UStG sind von den unter § 1 Absatz 1 Nummer 1 UStG fallenden Umsätzen steuerfrei:

"a)  

die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen,

     

aa)  

wenn sie als Ersatzschulen gemäß Artikel 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind oder

     

bb)  

wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten,

b)  

die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer

     

aa)  

an Hochschulen im Sinne der §§ 1 und 70 des Hochschulrahmengesetzes und öffentlichen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schulen oder

     

bb)  

an privaten Schulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen, soweit diese die Voraussetzungen des Buchstabens a erfüllen."

17

Das Gesetz über das Fahrlehrerwesen vom 25. August 1969 (Bundesgesetzblatt --BGBl-- I 1969, 1336) zuletzt geändert durch das Gesetz vom 28. November 2016 (BGBl I 2016, 2722, Fahrlehrergesetz --FahrlG--) sieht für den Erwerb der Fahrlehrerlaubnis und der Fahrschulerlaubnis unter anderem folgende Regelungen vor:

"§ 1 Erfordernis und Inhalt der Fahrlehrerlaubnis

(1) Wer Personen ausbildet, die eine Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen nach § 2 des Straßenverkehrsgesetzes erwerben wollen (Fahrschüler), bedarf der Fahrlehrerlaubnis. ... ... ... . Die Klassen entsprechen der Einteilung der Fahrerlaubnis nach Artikel 4 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (Neufassung) (Amtsblatt der Europäischen Union --ABlEU-- L 403 vom 30.12.2006, S. 18).

...  ...  ...

(3) Jede Fahrlehrerlaubnis berechtigt zur Durchführung des allgemeinen Teils des theoretischen Unterrichts.

(4) Von der Fahrlehrerlaubnis darf nur zusammen mit der Fahrschulerlaubnis oder im Rahmen eines Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnisses mit dem Inhaber einer Fahrschule Ge-brauch gemacht werden.

...  ...  ...

§ 2 Voraussetzungen der Fahrlehrerlaubnis

(1) Die Fahrlehrerlaubnis wird erteilt, wenn der Bewerber

1.  

mindestens 22 Jahre alt ist,

2.  

geistig, körperlich und fachlich geeignet ist und keine Tatsachen vorliegen, die ihn für den Fahrlehrerberuf als unzuverlässig erscheinen lassen,

3.  

mindestens eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem anerkannten Lehrberuf nach abgeschlossener Hauptschulbildung oder eine gleichwertige Vorbildung besitzt,

4.  

die Fahrerlaubnis der Klassen A2, BE und CE und, sofern die Fahrlehrerlaubnis für die Klasse A oder die Klasse DE erteilt werden soll, jeweils auch die Fahrerlaubnis der Klasse A oder der Klasse DE besitzt,

5.  

über eine ausreichende Fahrpraxis auf Kraftfahrzeugen der Klasse verfügt, für die die Fahrlehrerlaubnis erteilt werden soll,

6.  

innerhalb der letzten drei Jahre zum Fahrlehrer ausgebildet worden ist,

7.  

die fachliche Eignung in einer Prüfung nach § 4 nachgewiesen hat und

8.  

über die für die Ausübung der Berufstätigkeit erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt.

...  ...  ...

Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Anforderungen an die geistige und körperliche Eignung der Bewerber (Satz 1 Nr. 2) festlegen.

...  ...  ...

§ 4 Fahrlehrerprüfung

(1) Die Prüfung muss den Nachweis erbringen, dass der Bewerber um die Fahrlehrerlaubnis die fachliche Eignung zur Ausbildung von Fahrschülern besitzt. Der Bewerber hat

1.  

gründliche Kenntnisse

   

a)  

der Verkehrspädagogik einschließlich der Didaktik,

   

b)  

der Verkehrsverhaltenslehre einschließlich der Gefahrenlehre,

   

c)  

der maßgebenden gesetzlichen Vorschriften,

   

d)  

der umweltbewussten und energiesparenden Fahrweise,

   

e)  

der Fahrphysik,

2.  

ausreichende Kenntnisse der Kraftfahrzeugtechnik sowie

3.  

die Fähigkeit und Fertigkeit, sachlich richtig, auf die Ziele der Fahrschülerausbildung bezogen und methodisch überlegt unterrichten zu können,

nachzuweisen.

...  ...  ...

(3) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Einzelheiten über die Prüfung, insbesondere über Zulassungsvoraussetzungen, Inhalt, Gliederung, Verfahren, Rücktritt, Bewertung, Entscheidung und Wiederholung, zu regeln.

...  ...  ...

§ 10 Erfordernis und Inhalt der Fahrschulerlaubnis

(1) Wer als selbständiger Fahrlehrer Fahrschüler ausbildet oder durch von ihm beschäftigte Fahrlehrer ausbilden lässt, bedarf der Fahrschulerlaubnis.

...  ...  ...

§ 11 Voraussetzungen der Fahrschulerlaubnis

(1) Die Fahrschulerlaubnis wird erteilt, wenn

1.  

der Bewerber mindestens 25 Jahre alt ist und keine Tatsachen vorliegen, die ihn für die Führung einer Fahrschule als unzuverlässig erscheinen lassen,

2.  

keine Tatsachen vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, daß der Bewerber die Pflichten nach § 16 nicht erfüllen kann,

3.  

der Bewerber die Fahrlehrerlaubnis für die Klasse besitzt, für die er die Fahrschulerlaubnis beantragt,

4.  

der Bewerber mindestens zwei Jahre lang im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses mit dem Inhaber einer Fahrschulerlaubnis hauptberuflich als Fahrlehrer tätig war,

5.  

der Bewerber an einem Lehrgang von mindestens 70 Stunden zu 45 Minuten über Fahrschulbetriebswirtschaft teilgenommen hat,

6.  

der Bewerber den erforderlichen Unterrichtsraum, die erforderlichen Lehrmittel und die zur Fahrausbildung in der betreffenden Fahrerlaubnisklasse bestimmten Lehrfahrzeuge zur Verfügung hat.

...  ...  ...

(4) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Einzelheiten der Voraussetzungen der Fahrschulerlaubnis und des Betriebs einer Fahrschule, insbesondere die Anforderungen an Unterrichtsräume, Lehrmittel und Lehrfahrzeuge sowie der Überwachung der Fahrschulen.

...  ...  ...

§ 13 Erteilung der Fahrschulerlaubnis, Erlaubnisurkunde

(1) Die Fahrschulerlaubnis wird durch Aushändigung oder Zustellung der Erlaubnisurkunde erteilt. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 11a gilt § 5 Abs. 4 und 5 entsprechend.

...  ...  ...".

18

Die im Streitjahr 2010 noch nicht in Kraft getretene Fahrschüler-Ausbildungsordnung vom 19. Juni 2012 (BGBl I 2012, 1318), zuletzt durch Gesetz vom 21. Dezember 2016 (BGBl I 2016, 3083), bestimmt unter anderem:

"§ 1 Ziel und Inhalt der Ausbildung

(1) Ziel der Ausbildung ist die Befähigung zum sicheren, verantwortungsvollen und umweltbewussten Verkehrsteilnehmer. Ziel der Ausbildung ist außerdem die Vorbereitung auf die Fahrerlaubnisprüfung.

(2) Die Ausbildung hat ein Verkehrsverhalten zu vermitteln, das

1. Fähigkeiten und Fertigkeiten, um das Fahrzeug auch in schwierigen Verkehrssituationen zu beherrschen,

2. Kenntnis, Verständnis und Anwendung der Verkehrsvorschriften,

3. Fähigkeiten und Fertigkeiten zur Wahrnehmung und Kontrolle von Gefahren einschließlich ihrer Vermeidung und Abwehr,

4. Wissen über die Auswirkungen von Fahrfehlern und eine realistische Selbsteinschätzung,

5. Bereitschaft und Fähigkeit zum rücksichtsvollen und partnerschaftlichen Verhalten und das Bewusstsein für die Bedeutung von Emotionen beim Fahren und

6. Verantwortung für Leben und Gesundheit, Umwelt und Eigentum einschließt.

..."   

19

§ 6 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung in der Fassung vom 13. Dezember 2010 (BGBl I 2010, 1980) lautet:

"(1) Die Fahrerlaubnis wird in folgenden Klassen erteilt:

...     

Klasse B: Kraftfahrzeuge – ausgenommen Krafträder – mit einer zulässigen Gesamtmasse von nicht mehr als 3 500 kg und mit nicht mehr als acht Sitzplätzen außer dem Führersitz (auch mit Anhänger mit einer zulässigen Gesamtmasse von nicht mehr als 750 kg oder mit einer zulässigen Gesamtmasse bis zur Höhe der Leermasse des Zugfahrzeugs, sofern die zulässige Gesamtmasse der Kombination 3 500 kg nicht übersteigt)

...     

Klasse C1: Kraftfahrzeuge – ausgenommen Krafträder – mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3 500 kg, aber nicht mehr als 7 500 kg und mit nicht mehr als acht Sitzplätzen außer dem Führersitz (auch mit Anhänger mit einer zulässigen Gesamtmasse von nicht mehr als 750 kg)"

20

2. Zur Rechtslage nach nationalem Recht

21

Die Leistungen der Klägerin sind nach nationalem Recht nicht steuerfrei.

22

a) Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung gemäß § 4 Nummer 21 Buchstabe a UStG liegen nicht vor (vergleiche Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14. März 1974 V R 54/73, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs --BFHE-- 112, 313, Bundessteuerblatt --BStBl-- II 1974, 527 zu § 4 Nummer 21 UStG 1967; bestätigt durch BFH-Urteil vom 10. Januar 2008 V R 52/06, BFHE 221, 295, Rz 37).

23

aa) Die Merkmale des § 4 Nummer 21 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa UStG sind nicht erfüllt, weil weder eine staatliche Genehmigung gemäß Artikel 7 Absatz 4 des Grundgesetzes (GG) noch eine landesrechtliche Erlaubnis vorliegt.

24

Die ausschließliche Zuständigkeit zur Regelung des Privatschulwesens obliegt gemäß Artikeln 30, 70 ff. GG den Ländern (Nichtannahmebeschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Juni 2011  1 BvR 759/08, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2011, 1384, Rz 21; vom 16. April 2004  2 BvR 88/03, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2004, 690, Rz 13). Die auf Bundesrecht beruhende Erteilung der Fahrschulerlaubnis durch Aushändigung oder Zustellung der Erlaubnisurkunde gemäß § 13 FahrlG ist deshalb keine staatliche Genehmigung als Ersatzschule nach Artikel 7 Absatz 4 GG und auch keine landesrechtliche Genehmigung.

25

bb) Es liegt keine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde im Sinne von § 4 Nummer 21 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb UStG vor. Ob mit Abschnitt 4.21.2 Absatz 6 Satz 6 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE) bei Fahrschulen für die Leistungen im Rahmen der Fahrerlaubnisklassen 2 und 3 (bis 31. Dezember 1998) beziehungsweise C, CE, D, DE, D1, D1E, T und L (ab 1. Januar 1999) die Fahrschulerlaubnisurkunde nach § 13 Absatz 1 FahrlG als Bescheinigung der zuständigen Behörde im Sinne des § 4 Nummer 21 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb UStG anerkannt werden kann, braucht der Senat nicht zu entscheiden, weil es sich im Streitfall um die nicht in Abschnitt 4.21.2 Absatz 6 Satz 6 UStAE genannten Leistungen zur Erlangung der Fahrerlaubnisklassen B und C1 handelt.

26

b) Auch die Steuerbefreiung nach § 4 Nummer 21 Buchstabe b UStG greift nicht ein. Denn die Klägerin ist weder eine Hochschule im Sinne der §§ 1 und 70 des Hochschulrahmengesetzes noch eine öffentliche allgemeinbildende oder berufsbildende Schule und aus den Gründen zu II.2.a aa auch keine private Schule oder andere allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtung, die die Voraussetzungen des § 4 Nummer 21 Buchstabe a UStG erfüllt.

27

3. Zur Rechtslage nach Unionsrecht

28

Nach Auffassung des erkennenden Senats kommt es in Betracht, dass sich die Klägerin auf Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe i oder j MwStSystRL berufen kann (zur Berufbarkeit allgemein vergleiche EuGH-Urteil Almos Agrarkülkereskedelmi vom 15. Mai 2014 C-337/13, EU:C:2014:328, Rz 31 f.; BFH-Urteil vom 18. August 2005 V R 71/03, BFHE 211, 543, BStBl II 2006, 143, Rz 41).

29

4. Zur ersten Vorlagefrage

30

a) Der Senat neigt zu der Ansicht, dass die Tätigkeit der Klägerin die leistungsbezogenen Voraussetzungen sowohl des Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe i als auch des Buchstaben j MwStSystRL erfüllt, weil die Fahrschulleistung Schulunterricht ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts in Buchstabe i und j MwStSystRL gleich auszulegen ist (EuGH-Urteil Eulitz vom 28. Januar 2010 C-473/08, EU:C:2010:47, Rz 31).

31

aa) Der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts ist in der MwStSystRL nicht definiert. Nach der Rechtsprechung des EuGH beschränkt er sich aber nicht auf Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern schließt andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studierenden zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben. Die nicht einheitlichen Sprachfassungen des Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe j MwStSystRL sind dabei dahingehend auszulegen, dass es sich bei Schul- und Hochschulunterricht um Unterrichtseinheiten zur Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten durch den Unterrichtenden an Schüler oder Studierende handeln muss (EuGH-Urteile Haderer vom 14. Juni 2007 C-445/05, EU:C:2007:344, Rz 26; Eulitz, EU:C:2010:47, Rz 23, 29, 32).

32

bb) Dieser Rechtsprechung hat sich der BFH angeschlossen (BFH-Urteile vom 10. August 2016 V R 38/15, BFHE 254, 448, Rz 13; vom 20. März 2014 V R 3/13, BFHE 245, 391, Rz 17; vom 5. Juni 2014 V R 19/13, BFHE 245, 433, Rz 17). Der Senat hat die Rechtsprechung des EuGH dabei dahingehend verstanden, dass sich der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts auf jegliche Aus- und Fortbildung bezieht, die nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung hat (BFH-Urteil in BFHE 245, 391, Rz 19, 20).

33

Unter dieses Merkmal könnte auch der von der Klägerin erteilte Fahrunterricht fallen, denn der Erwerb der Fähigkeit und der Befugnis, ein Fahrzeug zu führen, dient nicht allein der bloßen Freizeitgestaltung, sondern ist Bestandteil der Lebensführung, weil die Nutzung von Fahrzeugen zwar auch für private Freizeitzwecke, aber ebenso für berufliche Zwecke (zum Beispiel Fahrten zur Ausbildungs- oder Arbeitsstelle oder Fahrten in Ausübung der Arbeit) genutzt wird und in einigen Berufen zu den Einstellungsvoraussetzungen zählt (zur Auffassung der Finanzverwaltung vergleiche Abschnitt 4.21.2 Absatz 6 UStAE; aus dem Schrifttum vergleiche Bruschke, Umsatzsteuer-Rundschau 2017, 289).

34

cc) Nach Auffassung des Senats stehen der Berufung auf Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe i MwStSystRL die Beschränkungen in Artikel 134 MwStSystRL nicht entgegen. Denn die Voraussetzungen von Artikel 134 Buchstabe a MwStSystRL liegen nicht vor: Es geht um die befreiten Dienstleistungen selbst und nicht um die von der Norm gemeinten Leistungen, die mit der steuerbefreiten Leistung im Zusammenhang stehen. Die Merkmale des Artikel 134 Buchstabe b MwStSystRL sind nicht erfüllt, weil kein Wettbewerb zu nicht begünstigten Unternehmen besteht; denn im Falle der Anerkennung wären alle anerkannten Fahrschulen begünstigt.

35

5. Zur zweiten Vorlagefrage

36

Der Senat hat Zweifel, ob die Klägerin als Einrichtung mit vergleichbarer Zielsetzung im Sinne von Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe i MwStSystRL anerkannt ist.

37

a) Der Begriff der Einrichtung ist nach der Rechtsprechung des EuGH grundsätzlich weit genug, um auch private Einrichtungen mit Gewinnerzielungsabsicht wie die Klägerin zu umfassen (EuGH-Urteile Les Jardins de Jouvence vom 21. Januar 2016 C-335/14, EU:C:2016:36, Rz 39; MDDP vom 28. November 2013 C-319/12, EU:C:2013:778, Rz 28; Kingscrest Associates Ltd. und Montecello Ltd. vom 26. Mai 2005 C-498/03, EU:C:2005:322, Rz 35). Dem hat sich der BFH angeschlossen (BFH-Urteile in BFHE 254, 448, Rz 16; vom 21. März 2007 V R 28/04, BFHE 217, 59, BStBl II 2010, 999, Rz 32).

38

b) Auch der gewerbliche Charakter einer Tätigkeit schließt nicht aus, dass es sich dabei um eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit handelt (EuGH-Urteile Hoffmann vom 3. April 2003 C-144/00, EU:C:2003:192, Rz 38; Kingscrest Associates Ltd. und Montecello Ltd., EU:C:2005:322, Rz 31). Daher stehen Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe i, 133 und 134 MwStSystRL einer Steuerbefreiung für Bildungsdienstleistungen, die von nicht öffentlichen Einrichtungen zu gewerblichen Zwecken erbracht werden, nicht entgegen (EuGH-Urteil MDDP, EU:C:2013:778, Rz 27, 33). Private Einrichtungen müssen allerdings, um anerkannt werden zu können, eine vergleichbare Zielsetzung wie die Einrichtungen des öffentlichen Rechts haben (EuGH-Urteil MDDP, EU:C:2013:778, Rz 35).

39

c) Die Rechtsprechung zur unternehmerbezogenen Anerkennung im Sozialbereich (Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe g MwStSystRL) ist grundsätzlich auch auf den Unterrichtsbereich (Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe i MwStSystRL) zu übertragen (BFH-Urteil in BFHE 254, 448, Rz 16; vergleiche auch BFH-Urteil vom 18. Februar 2016 V R 46/14, BFHE 253, 421, Rz 47).

40

Danach gehören zu den für die Anerkennung im Rahmen einer Abwägung zu berücksichtigenden Gesichtspunkten das Bestehen spezifischer Vorschriften --seien es nationale oder regionale, Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Steuervorschriften oder Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit--, das mit den Tätigkeiten des betreffenden Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse, die Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung kommen sowie der Gesichtspunkt, dass die Kosten der fraglichen Leistungen unter Umständen zum großen Teil von Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit übernommen werden (EuGH-Urteil Zimmermann vom 15. November 2012 C-174/11, EU:C:2012:716, Rz 31; BFH-Urteile in BFHE 254, 448, Rz 18; in BFHE 253, 421, Rz 30; in BFHE 245, 433, Rz 24; vom 25. April 2013 V R 7/11, BFHE 241, 475, BStBl II 2013, 976, unter II.2.c aa).

41

aa) Bei der Abwägung steht der Anerkennung nicht entgegen, dass die Kosten vorliegend nicht von staatlichen Kostenträgern übernommen werden, weil das nur einer von mehreren Gesichtspunkten ist (EuGH-Urteil Les Jardins de Jouvence, EU:C:2016:36, Rz 39; BFH-Urteil vom 9. März 2017 V R 39/16).

42

bb) Für eine Anerkennung der Klägerin durch den Mitgliedstaat Bundesrepublik Deutschland spricht vielmehr, dass der Betrieb einer Fahrschule gemäß § 4 FahrlG das Bestehen einer Fahrlehrerprüfung voraussetzt und gemäß §§ 1, 10 bis 13 FahrlG der Erteilung einer von einer Vielzahl von Voraussetzungen abhängigen Fahrlehrer- und einer hiervon getrennten Fahrschulerlaubnis bedarf. Darüber hinaus besteht ein Gemeinwohlinteresse an der Ausbildung der Fahrschüler zu sicheren, verantwortungsvollen und umweltbewussten Verkehrsteilnehmern. Diese Zielsetzung hat durch § 1 Absatz 1 der im Streitjahr 2010 noch nicht in Kraft getretenen Fahrschüler-Ausbildungsordnung vom 19. Juni 2012 (BGBl I 2012, 1318) inzwischen ausdrückliche staatliche Anerkennung erfahren.

43

cc) Gegen eine Anerkennung könnte aber sprechen, dass der EuGH zur Steuerbefreiung nach Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe g MwStSystRL entschieden hat, dass bei der Beurteilung der Gemeinnützigkeit privater Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht insbesondere auch die Ziele, die diese Einheiten in ihrer Gesamtheit verfolgen, und die Beständigkeit ihres sozialen Engagements zu berücksichtigen sind (EuGH-Urteile Ordre des barreaux francophones und germanophone und andere vom 28. Juli 2016 C-543/14, EU:C:2016:605, Rz 62 ff.; Kommission/Frankreich vom 17. Juni 2010 C-492/08, EU:C:2010:348, Rz 45 und 46).

44

Könnte man dies auf den hier einschlägigen Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe i MwStSystRL übertragen, würde sich die Frage stellen, ob allein die gesetzlichen Regelungen über die Fahrlehrerprüfung und die Fahrlehr- und die Fahrschulerlaubnis sowie das Gemeinwohlinteresse an der Ausbildung von Fahrschülern zu sicheren, verantwortungsvollen und umweltbewussten Verkehrsteilnehmern für die Anerkennung der Klägerin als Einrichtung mit vergleichbarer Zielsetzung im Sinne von Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe i MwStSystRL ausreicht.

45

6. Zur dritten Vorlagefrage

46

Der Senat hat Zweifel, ob die Rechtsform der Klägerin der Annahme des Merkmals "Privatlehrer" im Sinne von Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe j MwStSystRL entgegensteht.
In den bisher vom EuGH und BFH zur Unterrichtserteilung durch Privatlehrer zu beurteilenden Sachverhalten hat es sich bei den Steuerpflichtigen jeweils um Einzelunternehmer gehandelt (vergleiche EuGH-Urteile Haderer, EU:C:2007:344; Eulitz, EU:C:2010:47; BFH-Urteile vom 27. September 2007 V R 75/03, BFHE 219, 250, BStBl II 2008, 323; in BFHE 245, 391; in BFHE 245, 433). Auch sprachlich legt der Begriff des "Lehrers" nahe, dass es sich um eine natürliche Person handelt.

47

Andererseits verbietet es der dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem zugrunde liegende Grundsatz der steuerlichen Neutralität, der bei der Anwendung der in Artikel 132 MwStSystRL vorgesehenen Befreiungstatbestände zu beachten ist, dass Wirtschaftsteilnehmer, die gleiche Umsätze bewirken, bei der Steuererhebung unterschiedlich behandelt werden (zum Beispiel EuGH-Urteile Kügler vom 10. September 2002 C-141/00, EU:C:2002:473, 1. Leitsatz sowie Rz 30; Kingscrest Associates Ltd. und Montecello Ltd., EU:C:2005:322, Rz 41; vergleiche auch EuGH-Urteile Lajver vom 2. Juni 2016 C-263/15, EU:C:2016:392).

48

7. Zur vierten Vorlagefrage

49

Die MwStSystRL definiert den Begriff des Privatlehrers nicht. Aus ihm ergibt sich lediglich, dass eine befreite Unterrichtstätigkeit "privat" ausgeübt werden muss (BFH-Beschluss vom 18. November 2015 XI B 61/15, BFH/NV 2016, 435, Rz 22). Der EuGH hat hierzu entschieden, dass Schul- oder Hochschulunterricht dann im Sinne von Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe j MwStSystRL von "Privatlehrern erteilt" wird, wenn die Lehrer dabei für eigene Rechnung und in eigener Verantwortung handeln und zwischen dem konkreten Inhalt des Unterrichts und den Qualifikationen der Unterrichtenden grundsätzlich ein Zusammenhang besteht (EuGH-Urteil Haderer, EU:C:2007:344, Rz 30, 31). Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist vom vorlegenden Gericht zu prüfen (EuGH-Urteil Haderer, EU:C:2007:344, Rz 38). Dem hat sich der BFH angeschlossen (BFH-Urteil in BFHE 219, 250, BStBl II 2008, 323, Rz 40) und entschieden, dass das Nichtbestehen eines Vergütungsanspruchs im Verhinderungsfall und bei Kursausfall für eine als Privatlehrer ausgeübte Tätigkeit spricht (BFH-Urteil in BFHE 245, 391, Rz 23).

50

Bei Zugrundelegung dieser Grundsätze hat die Klägerin den Fahrschulunterricht "als Privatlehrer erteilt", weil sie auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung handelte und der konkrete Inhalt des von ihr erteilten Unterrichts in unmittelbarem Zusammenhang mit ihren Qualifikationen stand. Dem Merkmal "Privatlehrer" steht auch nicht entgegen, wenn die Unterrichtseinheiten, insbesondere die theoretischen, mehreren Fahrschülern gleichzeitig erteilt worden sein sollten, denn durch die Rechtsprechung ist geklärt, dass es der Anerkennung einer Tätigkeit als Privatlehrer nicht entgegensteht, wenn der Unterrichtende mehreren Personen gleichzeitig Unterricht erteilt (EuGH-Urteil Haderer, EU:C:2007:344, Rz 31; BFH-Urteil in BFHE 245, 391, Rz 23). Es ist auch nicht entscheidungserheblich, ob die der Unterrichtserteilung zugrunde liegenden Rechtsbeziehungen unmittelbar mit den Fahrschülern oder mit Dritten (zum Beispiel mit deren Eltern) bestanden haben (BFH-Urteil in BFHE 245, 391, Rz 23).

51

Der Senat hat aber Zweifel, ob es mit der in der Überschrift des Kapitel 2 MwStSystRL zum Ausdruck kommenden Zielsetzung der "Steuerbefreiung für bestimmte, dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten" in Einklang steht, dass nach Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe j MwStSystRL jegliche Aus- und Fortbildung befreit ist, die nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung hat und die von Unterrichtenden erteilt wird, die für eigene Rechnung und in eigener Verantwortung handeln.

52

8. Zum Rechtsgrund der Vorlage

53

Die Vorlage beruht auf Artikel 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union.

54

9. Die Aussetzung des Verfahrens beruht auf § 121 Satz 1 in Verbindung mit § 74 der Finanzgerichtsordnung.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. März 2016  2 K 2320/12 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Streitig ist, ob Leistungen des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) gegenüber Nichterwerbstätigen im Rahmen eines sogenannten Lotsendienstes für Gründungswillige von der Umsatzsteuer zu befreien sind.

2

Der Kläger führte in den Streitjahren 2009 und 2010 neben Umsätzen aus der Tätigkeit als selbständiger Rechtsanwalt die Unterrichtung von Gründungswilligen durch. Nach den vorgelegten Leistungsvereinbarungen wurde er hierbei von der ... GmbH (GmbH), einem sogenannten Lotsendienst, jeweils mit der Durchführung individueller Qualifizierungen für Existenzgründer beauftragt.

3

Die Verträge sahen eine mehrere Stunden umfassende qualifizierende juristische Beratung der in den Verträgen namentlich aufgeführten Gründungswilligen vor, bei denen es vorwiegend um zivilrechtliche und wirtschaftsrechtliche Themen gehen sollte. Die Leistungen waren ausdrücklich nur für die Zeit vor der von den Beratenen geplanten Unternehmensgründung zu erbringen. Seine Leistungen wurden dem Kläger von der GmbH mit jeweils 50 € pro Stunde vergütet.

4

Den Vereinbarungen zwischen der GmbH und dem Kläger lag eine vom Brandenburgischen Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie erlassene "Richtlinie ... zur Förderung der qualifizierenden Beratung von Gründungswilligen in der Vorgründungsphase, von Existenzgründerinnen und -gründern in der Startphase sowie bei der Begleitung von Unternehmensnachfolgen" vom 24. Januar 2007 (Amtsblatt für Brandenburg 2007 Nr. 9, 524) zugrunde. Danach gewährte das Land Brandenburg die Finanzierung der als Lotsendienste bezeichneten Maßnahmen aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds sowie eigenen Haushaltsmitteln. Die konkrete Wahrnehmung der Lotsendienste war gemäß 2.1.1 ff. der Richtlinie vom 24. Januar 2007 durch externe (private) Leistungserbringer vorgesehen.

5

Parallel zu den zuvor beschriebenen Qualifizierungsleistungen durch externe, regional gegliederte Lotsendienste sah die zuvor zitierte Richtlinie vom 24. Januar 2007 auch vor, dass an den Hochschulen des Landes Brandenburg Lotsendienste mit dem entsprechenden Tätigkeitsfeld der Vorgründungsberatung gründungswilliger Studenten und Absolventen eingerichtet wurden. Diese Hochschul-Lotsendienste sollten u.a. auch in vergleichbarer Art und Weise die vom Kläger durchgeführten Aufgaben wahrnehmen. Diese universitären Lotsendienste werden seit 2007 an den Brandenburger Hochschulen für die Teilnehmer kostenlos angeboten.

6

In seinen Umsatzsteuererklärungen für 2009 und Voranmeldungen für das I. bis III. Kalendervierteljahr 2010 behandelte der Kläger die Umsätze aus der Tätigkeit im Rahmen des Lotsendienstes als steuerfrei. Aufgrund einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Ansicht, dass diese Umsätze steuerpflichtig seien, und erließ am 2. März 2011 einen entsprechenden Bescheid über Umsatzsteuer für 2009 sowie am 1. März 2011 Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide für das I. bis III. Kalendervierteljahr 2010.

7

Im anschließenden Einspruchsverfahren erließ das FA nach Zustimmung zur Umsatzsteuererklärung des Klägers für diesen Besteuerungszeitraum am 9. August 2012 einen Änderungsbescheid und wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 6. September 2012 als unbegründet zurück. Das FA erließ während des Klageverfahrens zuletzt am 22. April 2013 einen Änderungsbescheid über Umsatzsteuer für 2010.

8

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage nur aus hier nicht streitigen Gründen statt und wies sie im Übrigen ab. Es vertrat die Auffassung, dass die streitigen Beratungsleistungen des Klägers nicht steuerfrei seien. Weder lägen die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) vor, noch komme eine Umsatzsteuerbefreiung durch unmittelbare Berufung auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g, i oder j der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) in Betracht.

9

Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2016, 1124 veröffentlicht.

10

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 4 Nr. 21 UStG. Überdies ergebe sich die Steuerbefreiung aus Art. 132 Abs. 1 Buchst. i, g und j MwStSystRL.

11

Er trägt im Wesentlichen vor, die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 UStG könne nicht an der fehlenden Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde scheitern. Der ablehnende Bescheid der Landesbehörde gegenüber der GmbH sei nichtig.

12

Er, der Kläger, könne sich auch unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL berufen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift lägen vor. Insbesondere handele es sich bei ihm um eine "Einrichtung" i.S. dieser Vorschrift. In vergleichbaren Fällen würde die Befreiung gewährt. Dies sei ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.

13

Es lägen weiter die Voraussetzungen des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL vor. Nur weil er, der Kläger, als Subunternehmer die Aufgabe der Daseinsfürsorge übernehme, könnten die Leistungen nicht steuerpflichtig werden. Es handele sich bei ihm in Bezug auf die streitigen Schulungsmaßnahmen um eine Einrichtung mit sozialem Charakter.

14

Ebenso würden die Voraussetzungen des Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL vorliegen. Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) ergebe sich nicht, dass die Entgeltlichkeit der Leistungen des als Dritter in die Leistungserbringung eingeschalteten Trägers einer Bildungseinrichtung für die Steuerbefreiung maßgeblich sein soll. Auch auf diese Vorschrift könne er sich unmittelbar berufen.

15

Der Kläger beantragt sinngemäß,
unter Aufhebung der Vorentscheidung sowie der Einspruchsentscheidung vom 6. September 2012 und Änderung der Bescheide vom 2. März 2011 und 22. April 2013 die Umsatzsteuer für 2009 auf ... € und für 2010 auf ... € festzusetzen.

16

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

17

Es trägt vor, die Beratungsleistungen des Klägers seien entgegen der Ansicht des FG schon vom Grundsatz her nicht steuerfrei.

18

Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.

Entscheidungsgründe

II.

19

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

20

Das FG hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass die Leistungen des Klägers gegenüber Nichterwerbstätigen im Rahmen eines sogenannten Lotsendienstes für Gründungswillige nicht von der Umsatzsteuer befreit sind. Weder kommt eine Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG (1.) noch eine solche nach Unionsrecht in Betracht (2.).

21

1. Eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG ist, wie das FG zutreffend angenommen hat, nicht gegeben; es fehlt jedenfalls an der erforderlichen Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde nach § 4 Nr. 21 Buchst. b Doppelbuchst. bb i.V.m. § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG.

22

a) Nach § 4 Nr. 21 Buchst. b Doppelbuchst. bb UStG sind die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer an privaten Schulen und anderen allgemein bildenden oder berufsbildenden Einrichtungen steuerfrei, soweit diese die Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG erfüllen. Nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG ist erforderlich, dass die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass u.a. auf einen Beruf ordnungsgemäß vorbereitet wird. Bei der Bescheinigung i.S. des § 4 Nr. 21 UStG handelt es sich um einen Grundlagenbescheid i.S. des § 171 Abs. 10 der Abgabenordnung, der die Finanzbehörden als auch die FG bindet (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 21. Februar 2013 V R 27/11, BFHE 240, 487, BStBl II 2013, 529, Rz 16; vom 28. Mai 2013 XI R 35/11, BFHE 242, 250, BStBl II 2013, 879, Rz 50; vom 20. April 2016 XI R 6/14, BFHE 253, 499, BStBl II 2016, 828, Rz 21).

23

b) Danach fehlt es im Streitfall an einer entsprechenden Bescheinigung. Die zuständige Landesbehörde hat mit Bescheid vom 20. März 2012 der GmbH die Erteilung einer Bescheinigung abgelehnt. Auf den Vortrag des Klägers, dass dieser Bescheid fehlerhaft oder sogar nichtig sei, kommt es nicht an. Es fehlt an einer Voraussetzung für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 UStG (hier die Erteilung der Bescheinigung durch die zuständige Landesbehörde). Der Kläger ist dadurch nicht in seinen Rechten verletzt. Gegen den ablehnenden Bescheid der zuständigen Behörde hätte er im Klageverfahren vorgehen können (vgl. zur im Einzelfall erforderlichen Klageerhebung auch Craig, EFG 2016, 1126).

24

2. Zu Recht ist das FG auch davon ausgegangen, dass der Kläger sich für eine Steuerfreiheit seiner Leistungen nicht auf das Unionsrecht berufen kann.

25

a) Eine Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL (zuvor Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern --Richtlinie 77/388/EWG--) kommt nicht in Betracht.

26

aa) Ein Steuerpflichtiger kann sich grundsätzlich unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL berufen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 25. April 2013 V R 7/11, BFHE 241, 475, BStBl II 2013, 976, Rz 21; vom 18. Februar 2016 V R 46/14, BFHE 253, 421, BFH/NV 2016, 1120, Rz 27; jeweils m.w.N.).

27

bb) Danach befreien die Mitgliedstaaten folgende Umsätze von der Steuer: "eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen ..., einschließlich derjenigen, die durch ... Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden".

28

Der Begriff "Einrichtung" ist grundsätzlich weit genug, um auch natürliche Personen (vgl. EuGH-Urteil Gregg vom 7. September 1999 C-216/97, EU:C:1999:390, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 1999, 419, Rz 21) und private Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht (vgl. dazu EuGH-Urteile Kingscrest Associates und Montecello vom 26. Mai 2005 C-498/03, EU:C:2005:322, UR 2005, 453, Rz 35 und 40; MDDP vom 28. November 2013 C-319/12, EU:C:2013:778, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2014, 177, Rz 28 und 31) zu erfassen.

29

Nach den EuGH-Urteilen Kügler vom 10. September 2002 C-141/00 (EU:C:2002:473, UR 2002, 513, Rz 54 und 58) und Zimmermann vom 15. November 2012 C-174/11 (EU:C:2012:716, UR 2013, 35, Rz 26) legt Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL die Voraussetzungen und Modalitäten der Anerkennung nicht fest. Vielmehr ist es Sache des innerstaatlichen Rechts jedes Mitgliedstaats, die Regeln aufzustellen, nach denen Einrichtungen die erforderliche Anerkennung gewährt werden kann. Dabei haben die nationalen Behörden im Einklang mit dem Unionsrecht und unter der Kontrolle der nationalen Gerichte die für die Anerkennung maßgeblichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Zu diesen gehören

das Bestehen spezifischer Vorschriften, bei denen es sich um nationale oder regionale Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Steuervorschriften oder Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit handeln kann,

das mit den Tätigkeiten des betreffenden Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse,

die Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung kommen, und

die Übernahme der Kosten der fraglichen Leistungen zum großen Teil durch Krankenkassen oder durch andere Einrichtungen der sozialen Sicherheit.

30

cc) Allerdings sollen durch Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL bestimmte dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer befreit werden. Durch diese Vorschrift werden nicht alle dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer befreit, sondern nur diejenigen, die in ihr einzeln aufgeführt und sehr genau beschrieben sind (vgl. EuGH-Urteile Kommission/Deutschland vom 20. Juni 2002 C-287/00, EU:C:2002:388, HFR 2002, 852, Rz 45; Horizon College vom 14. Juni 2007 C-434/05, EU:C:2007:343, BFH/NV 2007, Beilage 4, 389, Rz 14; Canterbury Hockey Club und Canterbury Ladies Hockey Club vom 16. Oktober 2008 C-253/07, EU:C:2008:571, HFR 2009, 87, Rz 18; Mesto Žamberk vom 21. Februar 2013 C-18/12, EU:C:2013:95, UR 2013, 338, Rz 18; VDP Dental Laboratory u.a. vom 26. Februar 2015 C-144/13, C-154/13 und C-160/13, EU:C:2015:116, UR 2015, 474, Rz 45). Folglich kann nicht jede Person, die eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit ausübt, als eine vom Mitgliedstaat anerkannte Einrichtung angesehen werden. So hat der EuGH die Berufsgruppe der Rechtsanwälte von der Befreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL ausgeschlossen, da Dienstleistungen i.S. des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL nur eines der Ziele des Anwaltsberufs darstellen können (vgl. EuGH-Urteil Ordre des barreaux francophones und germanophone u.a. vom 28. Juli 2016 C-543/14, EU:C:2016:605, UR 2016, 634, Rz 60 ff.).

31

dd) Der Kläger ist als Rechtsanwalt tätig und erbrachte die streitigen Dienstleistungen. Selbst wenn diese Dienstleistungen als solche unter Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL fallen würden, stellen sie nur einen Teil seiner anwaltlichen Tätigkeit dar, die für die Qualifizierung als Einrichtung mit sozialem Charakter nicht ausreicht (vgl. EuGH-Urteil Ordre des barreaux francophones und germanophone u.a., EU:C:2016:605, UR 2016, 634, Rz 60 ff.).

32

b) Eine Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL (zuvor Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG) scheidet gleichfalls aus.

33

aa) Wie bei Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL kann sich ein Steuerpflichtiger auch auf diese Vorschrift unmittelbar berufen (vgl. BFH-Urteile vom 19. Mai 2005 V R 32/03, BFHE 210, 175, BStBl II 2005, 900; vom 18. August 2005 V R 71/03, BFHE 211, 543, BStBl II 2006, 143; vom 21. März 2007 V R 28/04, BFHE 217, 59, BStBl II 2010, 999, unter II.2.c aa, Rz 25).

34

bb) Nach dieser Vorschrift wird u.a. die "Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung und damit eng verbundene Dienstleistungen ... durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung" von der Steuer befreit. Voraussetzung ist aber auch hier, dass die Einrichtung anerkannt ist. Die Rechtsprechung zur unternehmerbezogenen Anerkennung im Sozialbereich (Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL) ist dabei grundsätzlich auch auf den Unterrichtsbereich (Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL) zu übertragen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 217, 59, BStBl II 2010, 999, unter II.2.c dd (2), Rz 33; in BFHE 253, 421, BFH/NV 2016, 1120, Rz 47; vom 10. August 2016 V R 38/15, BFHE 254, 448, BFH/NV 2016, 1864, Rz 18).

35

cc) Bei Anwendung dieser Grundsätze fehlt es im Streitfall an einer Einrichtung mit sozialem Charakter (s. oben zu II.2.a), so dass der Kläger auch nach dieser Vorschrift keine Steuerbefreiung erlangen kann.

36

c) Eine Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL kommt --wie das FG zutreffend entschieden hat-- ebenfalls nicht in Betracht.

37

aa) Ein Steuerpflichtiger kann sich grundsätzlich unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL berufen (vgl. z.B. EuGH-Urteil Haderer vom 14. Juni 2007 C-445/05, EU:C:2007:344, UR 2007, 592, Rz 38; BFH-Urteile vom 27. September 2007 V R 75/03, BFHE 219, 250, BStBl II 2008, 323, unter II.5., Rz 37; in BFHE 245, 433, BFH/NV 2014, 1687, Rz 15 ff.).

38

bb) Steuerfrei ist danach der von Privatlehrern erteilte Schul- und Hochschulunterricht. Nach dem zu dieser Bestimmung ergangenen EuGH-Urteil Eulitz vom 28. Januar 2010 C-473/08, (EU:C:2010:47, UR 2010, 174, Rz 38) kommt es auf "Unterrichtseinheiten an, die sich auf Schul- und Hochschulunterricht" beziehen. Dies erfasst nicht nur Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern schließt andere Tätigkeiten ein, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (vgl. EuGH-Urteil Haderer, EU:C:2007:344, UR 2007, 592, Rz 26). Dem hat sich der BFH angeschlossen (vgl. BFH-Urteile vom 20. März 2014 V R 3/13, BFH/NV 2014, 1175, Rz 20; in BFHE 245, 433, BFH/NV 2014, 1687, Rz 17; jeweils m.w.N.).

39

Der Unterricht wird von einem Privatlehrer i.S. dieser Vorschrift erteilt, wenn der Unterricht "privat" erteilt wird (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 18. November 2015 XI B 61/15, BFH/NV 2016, 435, Rz 21 f., m.w.N.). Dies kann auch gegenüber einer Einzelperson erfolgen. Erforderlich ist aber, dass der Unternehmer Träger der Bildungseinrichtung ist, an der die Bildungsmaßnahmen erbracht werden (vgl. EuGH-Urteil Eulitz, EU:C:2010:47, UR 2010, 174, Rz 52 ff.). Der Unternehmer muss auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung handeln (vgl. EuGH-Urteil Haderer, EU:C:2007:344, UR 2007, 592, Rz 30). Daher sind Leistungen, die an einer anderen Bildungseinrichtung ausgeführt werden, in der Regel nicht "privat" (vgl. Oelmaier in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 4 Nr. 21 Rz 32; Philipowski, UR 2010, 166; Korn, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2010, 688, 690; Tehler in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 4 Nr. 21 Rz 339, der aber eine Präzisierung durch den EuGH fordert). Ob dies voraussetzt, dass der Unternehmer eigene Vertragsbeziehungen zu dem Unterrichteten unterhalten muss, ist streitig (ablehnend EuGH-Urteil Haderer, EU:C:2007:344, UR 2007, 592, Rz 32; Oelmaier in Sölch/Ringleb, a.a.O., § 4 Nr. 21 Rz 34; Tehler in Rau/Dürrwächter, a.a.O., § 4 Nr. 21 Rz 340; Philipowski, UR 2010, 161, 166; Kulmsee in Reiß/Kraeusel/ Langer, UStG § 4 Nr. 21 Rz 101; a.A. Lippross, Umsatzsteuer, 24. Aufl., S. 739; zweifelnd auch Stadie, UStG, 3. Aufl., § 4 Nr. 21 Rz 12). Schädlich ist aber eine Zwischenschaltung eines Dritten auf der Seite des Leistenden (vgl. Korn, DStR 2010, 688, 690; Kulmsee in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 4 Nr. 21 Rz 101).

40

cc) Nach diesen Grundsätzen fehlt es im Streitfall daran, dass der Kläger selbst Träger der Bildungseinrichtung ist. Die GmbH, nicht aber der Kläger, war Träger der Bildungseinrichtung Lotsendienst, an der er die Unterrichtung Gründungswilliger vornahm und Ausbildungsleistungen für die Teilnehmer an diesen Maßnahmen erbrachte (vgl. EuGH-Urteil Eulitz, EU:C:2010:47, UR 2010, 174, Rz 52 ff.). Er war somit nicht "Privatlehrer" i.S. von Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL.

41

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

Tenor

Die Beschwerde des Beklagten wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 15. Juni 2015  4 K 19/15 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin) betreibt seit dem Jahr 2003 als "Franchisenehmerin" ein Lernstudio. Sie vermittelt Kindern im Alter von vier bis zwölf Jahren Kenntnisse der englischen Sprache. Hierzu erteilte sie in den Jahren 2008 bis 2012 (Streitjahre) Gruppenunterricht in verschiedenen Kindertagesstätten sowie an einer Grundschule. Ziel des Englischunterrichts der Klägerin war es, den Kindern einen nahtlosen Übergang zum Sprachunterricht an weiterführenden Schulen zu ermöglichen. Die Englischkurse waren im Hinblick auf ihren Inhalt entsprechend dem Wissensstand und Reifegrad der Kinder in die Stufen "…", "…", "…" und "…" gegliedert. Die Lerninhalte wurden schrittweise eingeführt. Als Material für den Unterricht setzte die Klägerin Schulbücher von Schulbuchverlagen und Materialien des Franchisegebers ein.

2

Neben Gruppenunterricht in Kindertagesstätten und der Grundschule erteilte die Klägerin auch Nachhilfe in Englisch.

3

Die Teilnahme der Kinder an den Englischkursen der Klägerin in den Kindertagesstätten und der Grundschule war freiwillig und konnte jeweils monatlich beendet werden. Das Entgelt für die Kurse betrug monatlich … € und wurde von den Eltern der Kinder, in Einzelfällen auch anteilig über den Schulverein bzw. vollständig über den Bildungsfonds der Stadt A entrichtet. Ab September 2011 bzw. Dezember 2012 erfolgte die Abrechnung in Einzelfällen auch in Höhe von … € monatlich anteilig über sog. Bildungsgutscheine des Jobcenters A und der Stadt A bzw. des Jobcenters B und des Kreises B auf der Grundlage von mit der Klägerin abgeschlossener Kooperationsvereinbarungen.

4

In ihren Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2008 bis 2012 (Streitjahre) behandelte die Klägerin die Umsätze aus dem Lernstudio als steuerpflichtig.

5

Mit Schreiben vom 12. Mai 2014 beantragte die Klägerin, die Umsatzsteuerfestsetzungen für die Streitjahre dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer auf 0 € festgesetzt wird, da sie, die Klägerin, Schulunterricht als Privatlehrerin erteilt habe, der nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) steuerfrei sei.

6

Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt --FA--) lehnte den Änderungsantrag mit Bescheid vom 23. September 2014 ab. Der Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 4. Februar 2015).

7

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2015, 1576 veröffentlichten Urteil statt und ließ die Revision nicht zu. Es entschied, zwar lägen die Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb des Umsatzsteuergesetzes nicht vor. Die Umsätze der Klägerin aus dem Betrieb des Lernstudios seien jedoch in vollem Umfang gemäß Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL steuerfrei.

8

Mit seiner Beschwerde macht das FA geltend, die Revision sei zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Das FA hat den Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) nicht hinreichend i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt; die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

10

1. Soweit das FA geltend macht, das FG sei von der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH) abgewichen, hat es dies nicht hinreichend dargelegt.

11

a) Zur schlüssigen Darlegung einer solchen Abweichung muss der Beschwerdeführer tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen FG-Urteil einerseits und aus den behaupteten, genau bezeichneten Divergenzentscheidungen andererseits herausarbeiten und einander gegenüberstellen, um so die behauptete Abweichung zu verdeutlichen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 11. Dezember 2014 XI B 49/14, BFH/NV 2015, 363, Rz 14, m.w.N.). Außerdem muss sich aus der Beschwerdebegründung ergeben, dass dem Streitfall ein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde liegt wie der Divergenzentscheidung und es sich um eine identische Rechtsfrage handelt (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 6. Februar 2014 II B 129/13, BFH/NV 2014, 708, Rz 15, m.w.N.).

12

b) An solchen Darlegungen des FA fehlt es hier.

13

aa) Das FA hat zwar behauptet, das FG sei mit dem Rechtssatz, die Steuerbefreiung sei durch einen Franchisevertrag nicht ausgeschlossen, wenn die Unterrichtsinhalte von der Franchisenehmerin selbständig und eigenverantwortlich festgelegt werden, vom EuGH-Urteil Eulitz vom 28. Januar 2010 C-473/08 (EU:C:2010:47, BFH/NV 2010, 583, Rz 48) abgewichen, in dem der EuGH den Rechtssatz aufgestellt habe, dass das Merkmal der Selbständigkeit für sich genommen nicht ausreiche, um einen Lehrer als Privatlehrer einzustufen. Das FA hat allerdings weder dargelegt, dass vergleichbare Sachverhalte vorliegen, was schon deshalb erforderlich gewesen wäre, weil nicht ersichtlich ist, dass in der Rechtssache Eulitz ein Franchisevertrag vorlag, noch hat das FA dargelegt, inwieweit diese Rechtssätze voneinander abweichen sollen. Das FG hat im Übrigen gar nicht angenommen, dass das Merkmal der Selbständigkeit für sich genommen ausreiche, um einen Lehrer als Privatlehrer einzustufen.

14

bb) Ebenso wenig hat das FA dargelegt, inwieweit der (angebliche) abstrakte Rechtssatz des FG für die berufliche Qualifikation als Englisch-Privatlehrerin sei eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde nicht erforderlich und die berufliche Qualifikation könne sich aus den vom FG im Rahmen seiner Würdigung herangezogenen Faktoren ergeben, von Rz 48 des EuGH-Urteils Eulitz (EU:C:2010:47, BFH/NV 2010, 583) abweichen soll. Das wäre schon deshalb erforderlich gewesen, weil nicht ersichtlich ist, dass in der Rechtssache Eulitz der EuGH eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde für die Steuerbefreiung des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) verlangt hätte. Das FG hat auch insoweit nicht angenommen, dass abweichend von der Rechtsprechung des EuGH das Merkmal der Selbständigkeit für sich genommen ausreiche, um einen Lehrer als Privatlehrer einzustufen.

15

cc) Soweit das FA im Rahmen der Rüge der Divergenz Ausführungen zu Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL macht und eine Abweichung von den BFH-Urteilen vom 10. Januar 2008 V R 52/06 (BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.2.b bb, Rz 43 ff.) und vom 24. Januar 2008 V R 3/05 (BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.a bb, Rz 26) rügt, hat das FA keinen abstrakten Rechtssatz des FG zu dieser Bestimmung des Unionsrechts herausgearbeitet. Dies wäre deshalb erforderlich gewesen, weil das FG seine Annahme, die Umsätze der Klägerin seien steuerfrei, ausschließlich auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL gestützt hat.

16

dd) Mit dem Vortrag, das FG habe den Streitfall unzutreffend entschieden, legt das FA ebenfalls keine Divergenz hinreichend dar; denn für die Annahme einer Divergenz reichen weder eine (angeblich) unzutreffende Tatsachen- und Beweiswürdigung noch eine (angeblich) fehlerhafte Umsetzung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalls noch (angebliche) schlichte Subsumtionsfehler aus (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 6. Dezember 2012 XI B 89/11, BFH/NV 2013, 778, Rz 10, m.w.N.; vom 24. Juni 2014 XI B 45/13, BFH/NV 2014, 1584, Rz 26, m.w.N.).

17

2. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung.

18

a) Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO setzt voraus, dass der Beschwerdeführer eine hinreichend bestimmte Rechtsfrage herausstellt, deren Klärung im Interesse der Allgemeinheit an der Einheitlichkeit der Rechtsprechung und der Fortentwicklung des Rechts erforderlich ist und die im konkreten Streitfall klärbar ist. Dazu ist auszuführen, ob und in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten ist und deshalb eine höchstrichterliche Klärung über die materiell-rechtliche Beurteilung des Streitfalles hinaus für die Allgemeinheit Bedeutung hat. Sofern zu dem Problemkreis Rechtsprechung und Äußerungen im Fachschrifttum vorhanden sind, ist eine grundlegende Auseinandersetzung damit, sowie eine Erörterung geboten, warum durch diese Entscheidungen die Rechtsfrage noch nicht als geklärt anzusehen ist bzw. weshalb sie ggf. einer weiteren oder erneuten Klärung bedarf (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 13. Mai 2014 III B 158/13, BFH/NV 2014, 1365, Rz 7; vom 7. Juli 2015 I B 114/14, BFH/NV 2015, 1425, Rz 7, m.w.N.). Der bloße Vortrag, der BFH habe eine bestimmte Rechtsfrage noch nicht entschieden, reicht für die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung nicht aus (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 10. Juni 2015 VI B 133/14, BFH/NV 2015, 1247, Rz 2; Lange in Hübschmann/ Hepp/Spitaler, § 116 FGO Rz 180, m.w.N.).

19

b) Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor; denn die vom FA aufgeworfene Frage ist hinreichend geklärt.

20

aa) Das FA hält zwar folgende abstrakte Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam: Wie ist der Begriff "Privatlehrer" i.S. des Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL zu definieren und welche über die bloße Selbständigkeit einer natürlichen Person hinausgehenden Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein? Insbesondere: Kann er Franchisenehmer sein?

21

Jedoch ergibt sich aus der vom FG herangezogenen Rechtsprechung des EuGH (Urteile Haderer vom 14. Juni 2007 C-445/05, EU:C:2007:344, BFH/NV Beilage 2007, 394; Eulitz, EU:C:2010:47, BFH/NV 2010, 583) und des BFH (Urteile vom 27. September 2007 V R 75/03, BFHE 219, 250, BStBl II 2008, 323; vom 20. März 2014 V R 3/13, BFHE 245, 391, BFH/NV 2014, 1175; vom 5. Juni 2014 V R 19/13, BFHE 245, 433, BFH/NV 2014, 1687; s. auch BFH-Beschluss vom 13. Januar 2011 V B 65/10, BFH/NV 2011, 646), dass sich die Rechtsprechung schon mehrfach mit der Frage beschäftigt hat, unter welchen Voraussetzungen eine Person als "Privatlehrer" i.S. des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG bzw. des Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL anzusehen ist.

22

Nach der Rechtsprechung bezieht sich die in dieser Bestimmung vorgesehene Steuerbefreiung --entgegen ihrer deutschen Sprachfassung (und anders als das FA meint)-- nicht auf den "von Privatlehrern erteilten Schul- und Hochschulunterricht", sondern --entsprechend den anderen Sprachfassungen der Richtlinie-- auf "Unterrichtseinheiten, die von Unterrichtenden ... erteilt werden und sich auf Schul- und Hochschulunterricht beziehen" (vgl. EuGH-Urteil Eulitz, EU:C:2010:47, BFH/NV 2010, 583, Rz 21 bis 23, 32 und 33; BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 646, Rz 4; s. auch BFH-Urteil in BFHE 245, 391, BFH/NV 2014, 1175, Rz 17 und 24). "Privatlehrer" im Sinne der deutschen Sprachfassung bzw. "Unterrichtende" im Sinne der übrigen Sprachfassungen sind nach der Rechtsprechung Unterrichtende bzw. Lehrkräfte, die eine befreite Unterrichtstätigkeit "privat" ausüben (vgl. EuGH-Urteile Haderer, EU:C:2007:344, BFH/NV Beilage 2007, 394, Rz 29; Eulitz, EU:C:2010:47, BFH/NV 2010, 583, Rz 32 f., 43 und 48; BFH-Urteile in BFHE 219, 250, BStBl II 2008, 323, Rz 40; in BFHE 245, 433, BFH/NV 2014, 1687, Rz 17 f.).

23

bb) Daneben misst das FA unter Berufung auf das EuGH-Urteil MDDP vom 28. November 2013 C-319/12 (EU:C:2013:778, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2014, 177) folgender Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung bei: Unter welchen Voraussetzungen kann ein Unternehmer als Einrichtung i.S. des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL angesehen werden, die mit der einer Bildungseinrichtung des öffentlichen Rechts vergleichbar ist?

24

Allerdings hat das FA insoweit bereits nicht hinreichend dargelegt, dass diese Rechtsfrage im Streitfall klärbar ist. Dies wäre schon deshalb erforderlich gewesen, weil das FG seine Annahme, die Umsätze der Klägerin seien steuerfrei, auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL gestützt hat (vgl. II.1.b cc).

25

3. Das FA hält mit seinem Beschwerdevorbringen außerdem die Rechtsauffassung des FG für falsch und stellt die materielle Rechtmäßigkeit der Entscheidung in Frage. Dies begründet grundsätzlich keinen Revisionszulassungsgrund (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 21. Januar 2015 XI B 88/14, BFH/NV 2015, 864, Rz 29; vom 27. April 2015 X B 47/15, BFH/NV 2015, 1356, Rz 13, m.w.N.).

26

4. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO).

27

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) erbrachte in den Streitjahren 2000 bis 2006 als Diplom-Sozialpädagogin und Diplom-Organisationsberaterin sog. Supervisionsleistungen für Träger der Wohlfahrtspflege, der Jugendhilfe, der Psychiatrie, für Suchtberatungsstellen sowie für Diakonie und Caritas. Dabei führte sie für ihre Auftraggeber sog. Supervisionen mit deren Mitarbeitern durch. Darüber hinaus erbrachte sie auch Lehrsupervisionsleistungen. Ihr war von der zuständigen Bezirksregierung am 25. Oktober 1999 zur Vorlage bei den Finanzbehörden bescheinigt worden, dass sie die Leistung "Supervision und Lehrsupervision" als berufliche Bildungsmaßnahme nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in den für die Streitjahre geltenden Fassungen ordnungsgemäß durchführe.

2

Im Anschluss an eine Umsatzsteuersonderprüfung ging der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) davon aus, dass die Supervisionsleistungen ebenso wie andere Leistungen der Klägerin steuerpflichtig seien und setzte mit Bescheiden vom 6. Dezember 2006 erstmals Umsatzsteuer für die Streitjahre fest. Der hiergegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg.

3

Demgegenüber gab das Finanzgericht (FG) der Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 2321 veröffentlichten Urteil statt. Die Leistungen der Klägerin seien nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG unter Berücksichtigung von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche und steuerpflichtige Bemessungsgrundlage 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) steuerfrei. Die Supervisionsleistungen dienten dazu, die bei den Auftraggebern der Klägerin angestellten Mitarbeiter professionell im Sinne einer Steuerung, Korrektur, qualitativen Absicherung und Weiterentwicklung zu begleiten. Es gehe um die Professionalisierung und die Bewältigung spezifischer Probleme der psychosozialen und pädagogischen Arbeit dieser Mitarbeiter. Die Leistungen seien spezifisch auf die berufliche Tätigkeit der Mitarbeiter ausgerichtet gewesen. Die Klägerin sei auch als berufsbildende Einrichtung anzusehen. Hierfür sei die Dauer der gegenüber dem einzelnen Teilnehmer erbrachten Leistung unerheblich. Auch das Fehlen von Lehrplänen und die Tätigkeit in den Räumen der Auftraggeber begründe keine Steuerpflicht. Die Klägerin habe auch über die für die Steuerfreiheit erforderliche Bescheinigung verfügt. Im Umfang anderer Leistungen, die die Klägerin steuerpflichtig erbracht habe, sei ihr zudem der Vorsteuerabzug zu gewähren.

4

Hiergegen wendet sich das FA mit der Revision, für die es Verletzung materiellen Rechts geltend macht. Die Bescheinigung der Bezirksregierung entspreche nicht den Anforderungen des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG, da es nicht ausreiche, dass lediglich bescheinigt werde, dass berufliche Bildungsmaßnahmen ordnungsgemäß durchgeführt würden. Erforderlich sei vielmehr eine Bescheinigung, nach der der Unternehmer auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereite. Die Klägerin könne sich auch nicht auf die Richtlinie 77/388/EWG berufen, da sie keine anerkannte Einrichtung sei. Es handele sich auch nicht um einen in einen Lehr- oder Studienplan eingebetteten Unterricht durch Vermittlung von Fachwissen. Die Klägerin erbringe vielmehr Beratungsleistungen durch Unterstützung eigener Erkenntniserlangung des Teilnehmers, so dass es auch an der Vermittlung spezieller Kenntnisse und Fertigkeiten fehle. Es gehe nur um die Erlangung von "Soft-Skills". Die bloße Berufsbezogenheit reiche nicht aus. Es handele sich nicht um eine Wissensvermittlung anhand von Lehrplänen wie bei einer Berufsausbildung. Es würde lediglich die pädagogische Arbeit durch Fallbesprechungen begleitet.

5

Das FA beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Ihre Leistungen seien steuerfrei. Die Voraussetzung der Berufs- oder Prüfungsvorbereitung ergebe sich eindeutig aus der ihr erteilten Bescheinigung, zumindest aber unter Berücksichtigung des von ihr gestellten Antrags. Dass ein Unterrichtsplan fehle, stehe der Steuerfreiheit nicht entgegen. Sie könne sich auf das Unionsrecht berufen. Da sie ihre Leistungen auf Veranlassung und unter Kostenübernahme des jeweiligen Arbeitgebers erbracht habe, liege eine berufliche Fortbildungsmaßnahme vor. Inhaltlich sei es um die Vermittlung von "Personenkompetenz" gegangen. Es bestehe eine Bindung an die tatsächlichen Feststellungen des FG.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision des FA ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Entgegen dem Urteil des FG sind die Leistungen der Klägerin nach nationalem Recht nicht steuerfrei. Die Klägerin kann sich aber für die Steuerfreiheit ihrer Leistungen auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG berufen. Insoweit sind noch weitere Feststellungen im zweiten Rechtsgang zu treffen.

9

1. Die Leistungen der Klägerin sind nicht nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG steuerfrei. Das Urteil des FG ist daher aufzuheben.

10

a) § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG befreit "die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, ... wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten".

11

b) Wie der Senat mit Urteil vom 17. April 2008 V R 58/05 (BFHE 221, 489, BFH/NV 2008, 1418, unter II.2.c) zur insoweit inhaltsgleichen Vorgängerregelung in § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG a.F. entschieden hat, muss sich aus der Bescheinigung ergeben, dass die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen, für die die Steuerfreiheit beansprucht wird, auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten, so dass es nicht ausreicht, dass sich aus der Bescheinigung --wie im Streitfall-- nur ergibt, dass berufliche Bildungsmaßnahmen ordnungsgemäß durchgeführt werden. Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Bescheinigung eine dem Wortlaut widersprechende Auslegung aufgrund einer bloßen Bezugnahme auf den bei der Landesbehörde gestellten Antrag nicht in Betracht.

12

2. Die Leistungen der Klägerin können zwar nicht nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG, wohl aber gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG steuerfrei sein. Hierzu sind im zweiten Rechtsgang noch weitere Feststellungen zu treffen.

13

a) Nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG befreien die Mitgliedstaaten "die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, den Schul- oder Hochschulunterricht, die Ausbildung, die Fortbildung oder die berufliche Umschulung sowie die damit eng verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung".

14

Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG befreit nach seinem Wortlaut zudem "den von Privatlehrern erteilten Schul- und Hochschulunterricht". Wie der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in seinem Urteil vom 28. Januar 2010 C-473/08, Eulitz (Slg. 2010, I-907) entschieden hat, weichen die einzelnen Sprachfassungen dieser Bestimmung voneinander ab. Unter Berücksichtigung dieser Unterschiede sind als Schul- und Hochschulunterricht "Unterrichtseinheiten, die ... sich auf Schul- und Hochschulunterricht beziehen" anzusehen (EuGH-Urteil Eulitz in Slg. 2010, I-907 Rdnr. 23).

15

b) Im Streitfall kann die Klägerin nicht in Anspruch nehmen, dass ihre Leistungen gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG steuerfrei sind: Sie ist weder eine Einrichtung des öffentlichen Rechts noch verfügt sie --mangels Bescheinigung (s. oben II.1.b)-- über die ansonsten erforderliche Anerkennung als Einrichtung mit vergleichbarer Zielsetzung wie eine Einrichtung, die mit z.B. Schul- oder Hochschulunterricht, Ausbildung, Fortbildung oder beruflicher Umschulung betraut ist.

16

c) Die Klägerin kann aber geltend machen, dass ihre Leistungen nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG als Unterrichtseinheiten, die von Privatlehrern erteilt werden und die sich auf Schul- und Hochschulunterricht beziehen, steuerfrei sind.

17

aa) Nach der EuGH-Rechtsprechung beschränkt sich der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts "nicht auf Unterricht ..., der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern [schließt] ... andere Tätigkeiten ein ..., bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben" (EuGH-Urteil vom 14. Juni 2007 C-445/05, Haderer, Slg. 2007, I-4841 Rdnr. 26). Es handelt sich um die "Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten durch den Unterrichtenden an Schüler oder Studierende im Rahmen einer Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit" (EuGH-Urteil Eulitz in Slg. 2010, I-907 Rdnr. 33).

18

Zudem ist es "unerheblich", dass Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG "nicht ausdrücklich die Aus- und Fortbildung erwähnt" (EuGH-Urteil Eulitz in Slg. 2010, I-907 Rdnr. 34), da "nicht zwischen dem Unterricht, der Schülern oder Studierenden erteilt wird, die an einer erstmaligen Schul- oder Hochschulausbildung teilnehmen, und dem Unterricht zu unterscheiden [ist], der Personen erteilt wird, die bereits über einen Schul- oder Hochschulabschluss verfügen und die aufgrund dieses Abschlusses ihre Berufsausbildung betreiben", und da das "Gleiche für die Unterrichtseinheiten [gilt], die sich auf diesen Unterricht beziehen" (EuGH-Urteil Eulitz in Slg. 2010, I-907 Rdnr. 35), zumal sich "eine solche Unterscheidung anhand der Unterrichtsinhalte als schwierig erweisen" würde und eine besonders enge Auslegung des Begriffs Schul- und Hochschulunterricht "die Gefahr einer je nach Mitgliedstaat unterschiedlichen Anwendung des Mehrwertsteuersystems hervorrufen [würde], weil die jeweiligen Unterrichtssysteme der Mitgliedstaaten unterschiedlich gestaltet sind" (EuGH-Urteil Eulitz in Slg. 2010, I-907 Rdnr. 36).

19

bb) Im Hinblick auf das EuGH-Urteil Eulitz in Slg. 2010, I-907 wird im Schrifttum zutreffend geltend gemacht, dass nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG nicht nur Unterrichtseinheiten, die sich auf Schul- und Hochschulunterricht beziehen, sondern auch Unterrichtseinheiten, die sich auf Ausbildung, Fortbildung oder berufliche Umschulung beziehen, steuerfrei sein können (Tehler, EU-Umsatzsteuerberater 2010, 6 ff., 8; Philipowski, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2010, 161 ff., 163, und Nieskens, UR 2013, 175 ff., 179).

20

Dem folgt auch der erkennende Senat unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung. Es kommt nicht darauf an, dass der Privatlehrer an einer Schule oder Hochschule tätig ist, sich an Schüler oder Hochschüler wendet oder es sich um einen in einen Lehr- oder Studienplan eingebetteten Unterricht handelt (so noch Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- in BFHE 221, 489, BFH/NV 2008, 1418, unter II.3.b bb), da sich Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG auf jegliche Aus- und Fortbildung bezieht, die nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung hat. Entgegen der Auffassung des FA ist ein Lehrplan nicht unabdingbar für die Steuerfreiheit. Daher können auch Supervisionsleistungen steuerfrei sein.

21

cc) Die Entscheidung steht nicht im Widerspruch zum BFH-Urteil vom 17. Juni 1998 XI R 68/97 (BFH/NV 1999, 81, unter II.3.), das zu Vortragstätigkeiten einer Familienbildungsstätte ergangen ist.

22

d) Die Sache ist nicht spruchreif. Im Hinblick auf eine mögliche Berufung der Klägerin auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG sind im zweiten Rechtsgang weitere Feststellungen dazu zu treffen, ob sie als Privatlehrer tätig war und welcher Art die von der Klägerin im Einzelnen erbrachten Leistungen waren.

23

aa) Das FG wird dabei insbesondere zu berücksichtigen haben, dass es der Erteilung von Unterrichtseinheiten, die sich auf Schul- und Hochschulunterricht beziehen, durch einen Privatlehrer nicht entgegensteht, wenn dieser mehreren Personen gleichzeitig Unterricht erteilt, dass die der Unterrichtserteilung zugrunde liegende Rechtsbeziehung auch zu einer anderen Person als Unterrichtsteilnehmer bestehen kann und dass das Nichtbestehen eines Vergütungsanspruchs im Verhinderungsfall und bei Kursausfall für eine als Privatlehrer ausgeübte Tätigkeit spricht (EuGH-Urteil Haderer in Slg. 2007, I-4841 Rdnrn. 31 ff.). Die bloße Unternehmereigenschaft reicht demgegenüber nicht aus (EuGH-Urteil Eulitz in Slg. 2010, I-907 Rdnr. 47).

24

Ohne Bedeutung ist für den Streitfall, dass der EuGH die Privatlehrereigenschaft versagt, wenn der Auftraggeber des Unterrichtenden die Leistung dazu verwendet, als eigenständige Bildungseinrichtung entgeltliche Unterrichtsleistungen zu erbringen (EuGH-Urteil Eulitz in Slg. 2010, I-907 Rdnrn. 52 ff.), da es den Auftraggebern der Klägerin um die Aus- und Fortbildung des eigenen Personals ging.

25

bb) In Bezug auf die Lehrsupervisionen kann sich die Steuerfreiheit bereits daraus ergeben, dass die Klägerin andere darin unterrichtet hat, Supervisionen auszuführen.

26

cc) Hinsichtlich der weiteren Supervisionsleistungen ist --ohne Bindung an die einkommensteuerrechtliche Beurteilung des Veranlassungszusammenhangs bei Werbungskosten-- zu berücksichtigen, dass diese vorrangig auf die spezifischen Bedürfnisse einer Berufstätigkeit ausgerichtet sein können, wenn sie dazu dienen, Lösungsmöglichkeiten für konkrete Arbeitsplatzsituationen zu erarbeiten und in gemeinsamer Reflexion Fehler und Schwachstellen aufzuarbeiten (vgl. BFH-Urteil vom 28. August 2008 VI R 35/05, BFHE 223, 1, BStBl II 2009, 108). Für die erforderliche Berufsbezogenheit als Aus- und Fortbildungsmaßnahme kann es ausreichen, dass die Klägerin Sozialarbeiter für die von diesen ausgeübte Berufstätigkeit anhand von Fallbeispielen gruppenweise angeleitet hat. Insoweit kommt den mit dem jeweiligen Auftraggeber vereinbarten Lehrinhalten indizielle Bedeutung zu.

27

dd) Zu den von der Klägerin erbrachten Leistungen hat das FG lediglich allgemein festgestellt, dass die von ihr erbrachten Supervisionsleistungen einer professionellen Begleitung im Sinne einer Steuerung, Korrektur, qualitativen Absicherung und Weiterentwicklung der beruflichen Tätigkeit der bei den diversen Einrichtungen angestellten Mitarbeiter dienten, und dass diese Leistungen spezifisch auf die berufliche Tätigkeit der teilnehmenden pädagogisch und psychosozial tätigen Mitarbeiter ausgerichtet waren. Feststellungen zu den einzelnen, von der Klägerin gegenüber verschiedenen Auftraggebern erbrachten Leistungen fehlen aber. Diese sind im zweiten Rechtsgang nachzuholen.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 1. Oktober 2015  7 K 7002/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erbrachte in den Jahren 2003 bis 2010 (Streitjahre) Dozentenleistungen für den Besucherdienst des Deutschen Bundestages aufgrund von Rahmenverträgen, die er mit der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Präsidenten des Deutschen Bundestages, dieser vertreten durch den Direktor beim Deutschen Bundestag, schloss.

2

Der Kläger hatte dabei in einer Vielzahl alters- und zielgruppengerechter Veranstaltungen staatspolitische und historische Themen zu präsentieren. Die Veranstaltungen sollten die Ausbildung in Schulen und anderen Bildungseinrichtungen ergänzen und vervollständigen und dabei Kenntnisse und Kompetenzen vermitteln, die im Rahmen der Lehrpläne für Geschichte und Sozialkunde von Bedeutung sind. In seinen Vorträgen und Führungen informierte der Kläger die Besucher vor allem über die Geschichte des deutschen Parlamentarismus, über Funktion, Struktur und Arbeitsweise des Deutschen Bundestages sowie über die demokratischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse. Zielgruppe dieser Veranstaltungen waren im Wesentlichen Schüler, die im Rahmen staatlich bezuschusster Bildungsfahrten den Bundestag besuchten, wobei die Teilnahme an den Informations- und Bildungsveranstaltungen Voraussetzung für die finanzielle Förderung war. Studenten an Hoch- und Fachhochschulen konnten im Hinblick auf ihre Studienpläne spezifische Fragen stellen. Die vermittelten Sachverhalte waren Inhalt späterer Prüfungen und wissenschaftlicher Arbeiten. Teilnehmer waren auch Bundeswehrangehörige, Lehrer oder Ausbilder aus dem Bereich der politischen Bildung. Ein Schwerpunkt war die Durchführung von ein- oder mehrtägigen Planspielen für Schüler der 12. und 13. Jahrgangsstufe, die den Gesetzgebungsprozess simulieren und den Teilnehmern neben inhaltlichen und prozeduralen Kenntnissen ein vertieftes Verständnis von Möglichkeiten und Grenzen politischer Gestaltung im parlamentarischen System vermitteln sollten. Es sollten zudem klassische Arbeitstechniken (Textarbeit, freies Reden, Diskussionen) geschult und ein dauerhaftes Interesse an politischen Prozessen geweckt werden. Der Kläger hatte sich dabei mit den begleitenden Fachlehrern abzustimmen, um eine Integration in die jeweiligen Lehrpläne zu gewährleisten.

3

Überdies war es Aufgabe des Klägers, Parlamentsseminare durchzuführen, in denen Schüler von 12. und 13. Klassen, Studenten, aber auch Auszubildende im öffentlichen Dienst konkrete politische Fragestellungen mit Fachpolitikern aller Fraktionen erörtern konnten. Diese Parlamentsseminare wurden von den entsendenden Bildungsträgern und Institutionen genutzt, um lehrplanrelevante Inhalte fundiert von verschiedenen Blickwinkeln beleuchten zu können. Der Kläger bereitete die Teilnehmer auf die Gespräche vor, indem er die sachlichen Grundlagen für eine Diskussion der vorbereiteten Fragestellungen legte. Während der Diskussion stand er den Teilnehmern für Sachfragen zur Verfügung. Anschließend konnte noch eine Auswertung zur Schließung etwaiger Lücken und zur Verfestigung des Erlernten erfolgen.

4

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) sah die Tätigkeit des Klägers als umsatzsteuerpflichtig an. Unter Änderung zuvor ergangener Umsatzsteuerfestsetzungen und unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung setzte das FA mit den Bescheiden vom 9. Oktober 2012 die Umsatzsteuer 2003 auf 6.443,65 €, die Umsatzsteuer 2004 auf 7.755,01 €, die Umsatzsteuer 2005 auf 8.138,27 €, die Umsatzsteuer 2006 auf 9.615,28 €, die Umsatzsteuer 2007 auf 10.480,38 €, die Umsatzsteuer 2008 auf 12.112,21 €, die Umsatzsteuer 2009 auf 10.576,15 € und die Umsatzsteuer 2010 auf 8.419,10 € fest. Hiergegen legte der Kläger ohne Erfolg Einspruch ein.

5

Demgegenüber gab das Finanzgericht (FG) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2015, 2236 veröffentlichten Urteil der Klage statt. Der Kläger habe als Unternehmer steuerbare Leistungen erbracht, die nach nationalem Recht nicht steuerfrei seien. Er könne sich aber für die Steuerfreiheit seiner Leistungen auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG (MwStSystRL) und bis zum Streitjahr 2006 auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) berufen, wie sich aus der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH) ergebe.

6

Hiergegen wendet sich das FA mit der Revision, mit der es geltend macht, dass das FG die Voraussetzungen für eine Anwendung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL (bis einschließlich 2006: Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG) zu Unrecht bejaht habe. Der Kläger verfüge nicht über die hierfür erforderliche Anerkennung.

7

Das FA beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Leistungen des Klägers nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL (bis einschließlich 2006: Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG) steuerfrei sind.

10

1. Zwischen den Beteiligten ist nicht mehr streitig, dass der Kläger seine entgeltlichen Leistungen steuerbar als Unternehmer gemäß § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) erbrachte und dass diese Leistungen nach nationalem Recht nicht steuerfrei sind, da insbesondere die Voraussetzungen der Befreiungstatbestände nach § 4 Nr. 21 UStG nicht vorliegen.

11

2. Wie das FG zutreffend erkannt hat, kann sich der Kläger für die Steuerfreiheit seiner Leistungen aber auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL (bis einschließlich 2006: Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG) berufen. Die Mitgliedstaaten befreien danach insbesondere den "Schul- und Hochschulunterricht ... durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder [durch] andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung". Die hierfür erforderlichen leistungs- wie auch unternehmerbezogenen Voraussetzungen liegen vor.

12

a) Bei den Leistungen des Klägers handelte es sich um Schul- und Hochschulunterricht.

13

aa) Nach der EuGH-Rechtsprechung beschränkt sich der Begriff Schul- und Hochschulunterricht nicht auf Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern schließt andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studierenden zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (EuGH-Urteile Haderer vom 14. Juni 2007 C-445/05, EU:C:2007:344, Rz 26, und Eulitz vom 28. Januar 2010 C-473/08, EU:C:2010:47, Rz 29). Dem hat sich der erkennende Senat angeschlossen (BFH-Urteile vom 20. März 2014 V R 3/13, BFH/NV 2014, 1175, unter II.2., und vom 5. Juni 2014 V R 19/13, BFHE 245, 433, unter II.2.b).

14

bb) Zutreffend hat das FG die Leistungen des Klägers als eine Form von Schulunterricht angesehen. Bei der Tätigkeit des Klägers stand die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Bereich Geschichte und Sozialkunde im Mittelpunkt. Die Entscheidung des FG, dass den Leistungen des Klägers Unterrichtscharakter zukommt und diese über ein "qualitatives Mindestniveau" verfügten, ist revisionsrechtlich ebenso wenig zu beanstanden wie die Verneinung eines Freizeitcharakters, wofür sich das FG neben den freizeitfernen Inhalten der Veranstaltungen auch auf die Kostenübernahme durch öffentliche Träger und die Teilnahmepflicht als Voraussetzung der Kostenübernahme stützen könnte. Bestätigt wird dies durch die Zusammensetzung der Teilnehmergruppen (Schüler, Studenten und Auszubildende).

15

b) Der Kläger ist auch unternehmerbezogen eine Einrichtung mit anerkannter vergleichbarer Zielsetzung wie eine Einrichtung des öffentlichen Rechts, die mit der Aufgabe des Schul- und Hochschulunterrichts betraut ist (anerkannte Einrichtung).

16

aa) Wie der erkennende Senat bereits entschieden hat, ist der Begriff "Einrichtung" grundsätzlich weit genug, um auch private Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht wie den Kläger zu erfassen (vgl. BFH-Urteil vom 21. März 2007 V R 28/04, BFHE 217, 59, BStBl II 2010, 999, unter II.2.c dd (1)).

17

bb) Der Kläger verfügt auch über die erforderliche Anerkennung.

18

(1) Die Rechtsprechung zur unternehmerbezogenen Anerkennung im Sozialbereich (Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL und zuvor Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG) ist grundsätzlich auch auf den Unterrichtsbereich (Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL, bis einschließlich 2006: Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG) zu übertragen (BFH-Urteil in BFHE 217, 59, BStBl II 2010, 999, unter II.2.c dd (2); vgl. auch BFH-Urteil vom 18. Februar 2016 V R 46/14, BFHE 253, 421, Rz 47). Danach gehören zu den für die Anerkennung im Rahmen einer Abwägung zu berücksichtigenden Gesichtspunkten das Bestehen spezifischer Vorschriften --seien es nationale oder regionale, Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Steuervorschriften oder Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit--, das mit den Tätigkeiten des betreffenden Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse, die Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung kommen, und die Übernahme der Kosten der fraglichen Leistungen zum großen Teil durch --im Sozialbereich-- Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit (BFH-Urteil in BFHE 253, 421, Rz 30).

19

Auf dieser Grundlage hat der BFH die Anerkennung im Unterrichtsbereich bereits aufgrund einer Kostentragung (BFH-Urteil in BFHE 217, 59, BStBl II 2010, 999, unter II.2.c dd (2)) oder aus Gründen eines hohen Gemeinwohlinteresses bejaht (BFH-Urteil in BFHE 245, 433, unter II.2.c).

20

(2) Im Streitfall ist das FG zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger als anerkannt anzusehen ist. Die Anerkennung folgt aus dem hohen Gemeinwohlinteresse an der Tätigkeit des Besucherdienstes für ein oberstes Verfassungsorgan sowie aus der Kostentragung durch die Parlamentsverwaltung.

21

(a) Der Präsident des Bundestages übt gemäß Art. 40 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) insbesondere das Hausrecht aus. Er ist auch Leiter der Verwaltung des Bundestages (Klein in Maunz/Dürig, Komm. z. GG, Art. 40, Anm. 106). Bei der Verwaltung des Bundestages handelt es sich um eine oberste Bundesbehörde (Klein in Maunz/Dürig, a.a.O., Rz 107) i.S. einer "Hilfseinrichtung besonderer Art" (Zeh, in Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, 3. Aufl. 2005, S. 790).

22

Die Bundestagsverwaltung unterhält einen Besucherdienst. Dieser ermöglicht gemäß § 3 Abs. 2 Buchst. c der Hausordnung des Deutschen Bundestages "Besuchergruppen und Einzelbesucher, die vom Besucherdienst eingeladen oder zugelassen worden sind" einen bevorzugten Zutritt zu den Tribünenbereichen des Plenarsaals des Deutschen Bundestages bei den öffentlichen Verhandlungen des Bundestages (Art. 42 Abs. 1 Satz 1 GG). Die Verwaltung des Deutschen Bundestages bietet zudem Hausführungen und die Teilnahme an Vorträgen zu Aufgaben, der Arbeitsweise und der Zusammensetzung des Parlaments an. An der Information der Öffentlichkeit über die Geschichte des deutschen Parlamentarismus, über Funktion, Struktur und Arbeitsweise des Deutschen Bundestages sowie über die demokratischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse besteht ein hohes Gemeinwohlinteresse. Diesen Aufgaben kann der Besucherdienst des Deutschen Bundestages ohne die für ihn tätigen Dozenten nicht nachkommen.

23

(b) Da der Kläger seine Leistungen unmittelbar an den Besucherdienst des Deutschen Bundestages erbrachte und von der Parlamentsverwaltung unmittelbar vergütet wurde, spricht auch die öffentlich-rechtliche Kostentragung für eine Anerkennung. Diese Kostentragung beruht zwar nicht auf einer ausdrücklichen gesetzlich angeordneten Kostentragung (zu diesem Erfordernis vgl. BFH-Urteil in BFHE 253, 421, Rz 43 und 47). Das Fehlen einer derartigen Gesetzesregelung wird im Rahmen der gebotenen Abwägung aber durch die Tätigkeit des Klägers für ein oberstes Verfassungsorgan und die dieses Verfassungsorgan im Rahmen einer Annex-Kompetenz (vgl. allgemein Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Juli 2012  2 PBvU 1/11, BVerfGE 132, 1) treffende Verpflichtung zur Information der Öffentlichkeit über die Parlamentsarbeit ausgeglichen.

24

(3) Dem steht nicht entgegen, dass nach Ansicht des FA die für eine Anerkennung erforderliche Vergleichbarkeit mit öffentlichen Einrichtungen nur dann bestehen soll, wenn der private Unternehmer in der Gesamtrichtung seiner unternehmerischen Zielsetzung darauf ausgerichtet ist, Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln, die geeignet sind, einen Schul- oder Hochschulabschluss oder einen Berufsabschluss zu erwerben oder berufliche Kenntnisse durch Fortbildung oder Weiterbildung zu erhalten oder zu erweitern. Hiergegen spricht bereits die weite Auslegung des Begriffs des Schul- und Hochschulunterrichts (s. oben II.2.a aa). Dementsprechend umfasst dieser Begriff z.B. auch Kurse für "Sofortmaßnahmen am Unfallort" (BFH-Urteil vom 10. Januar 2008 V R 52/06, BFHE 221, 295, unter II.2.a).

25

3. Auf die Frage, ob die Leistungen des Klägers auch als solche eines Privatlehrers steuerfrei sein können (Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL), kommt es nicht an.

26

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) führte in den Streitjahren 2005 bis 2007 Umsätze im Rahmen einer von ihm betriebenen "Schwimmschule" aus. Er hatte im November 2005 das erste Staatsexamen für das Lehramt für die Fächer Sport und Physik abgelegt. Mit mehreren Arbeitnehmern, überwiegend Physiotherapeuten, führte er Baby-, Kleinkinder-, sonstige Kinder- und Erwachsenenschwimmkurse sowie Wassergymnastik wie Aqua-Jogging oder Aqua-Fitness in Hallenbädern durch, die er vom jeweiligen kommunalen Betreiber stundenweise angemietet hatte. Die Kursteilnehmer entrichteten für die Teilnahme an den Kursen an den Kläger ein Entgelt, das auch ein auf die Kursteilnehmer entfallendes Eintrittsgeld für die Hallenbadbenutzung umfassen konnte. Die Hallenbadbetreiber erhoben vom Kläger für die Nutzungsüberlassung der Hallenbäder ein Entgelt von in der Regel 20 % der von ihm vereinnahmten Kursgebühren. Auf der Grundlage des § 20 des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) erstatteten Krankenkassen die für die Aqua-Fitness-Kurse erhobenen Entgelte ganz oder teilweise an die Kursteilnehmer. Der Kläger gab keine Umsatzsteuererklärungen ab, da er seine Leistungen als steuerfrei ansah.

2

Im Anschluss an eine Umsatzsteuersonderprüfung ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) davon aus, dass der Kläger in den Jahren 2001 bis 2007 steuerpflichtige Leistungen erbracht habe und erließ dementsprechende Umsatzsteuerbescheide. Während des Einspruchsverfahrens erging der Umsatzsteuerbescheid 2006, der im Einspruchsverfahren an die Stelle der Vorauszahlungsbescheide 2006 trat.

3

Nach der Erhebung der Klage zum Finanzgericht (FG) erging der Umsatzsteuerjahresbescheid 2007, der an Stelle der Vorauszahlungsbescheide 2007 gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Klageverfahrens wurde. Nachdem der Kläger eine Bescheinigung der Bezirksregierung vorgelegt hatte, wonach die Schwimmkurse auf einen Beruf vorbereiteten, während eine Bescheinigung für das Baby- und Kleinkindschwimmen sowie das Aqua-Jogging und Aqua-Fitness wegen des engen Bezugs zur Freizeitgestaltung abgelehnt wurde, ergingen geänderte Bescheide für die Jahre 2001 bis 2004, worauf der Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt wurde. Geänderte Bescheide ergingen auch für die Streitjahre 2005 bis 2007, die nach § 68 FGO Gegenstand des Klageverfahrens wurden.

4

Nach dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 985 veröffentlichten Urteil des FG zu den verbliebenen Streitjahren 2005 bis 2007 hatte die Klage im Hinblick auf die nach Erlass der Änderungsbescheide noch streitigen Kurse wie Babyschwimmen, Kleinkindschwimmen, Aqua-Jogging und Aqua-Fitness keinen Erfolg. Diese Leistungen seien weder nach nationalem Recht noch nach den Bestimmungen der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) oder den Bestimmungen der Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG (MwStSystRL) steuerfrei. Dies ergebe sich auch aus der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH).

5

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Revision, die er auf Verletzung materiellen und formellen Rechts stützt. Seine Leistungen seien nach § 4 Nr. 22 Buchst. a und b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerfrei. Zumindest könne er sich auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g, h, i und j MwStSystRL (Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g, h, i und j der Richtlinie 77/388/EWG) berufen. Für eine insoweit erforderliche Anerkennung reiche die Kostenübernahme durch Krankenkassen aus. Er müsse als Einrichtung nur über eine vom Mitgliedstaat "anerkannte vergleichbare Zielsetzung" verfügen. Inhaltsgleiche Kurse für Schulen seien steuerfrei gewesen. Er sei zumindest zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes berechtigt. Eine Vorlage an den EuGH sei erforderlich.

6

Der Kläger beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Umsatzsteuerjahresbescheide 2005 bis 2007 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer von 0 € festgesetzt wird, hilfsweise, dass der ermäßigte Steuersatz anzuwenden ist.

7

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Die Leistungen seien weder nach nationalem Recht noch nach dem Unionsrecht steuerfrei. Es sei auch nicht der ermäßigte Steuersatz anzuwenden. Das FA habe nur die Kursleistungen als steuerfrei anerkannt, die nach einer dem Kläger am 27. Oktober 2008 erteilten Bescheinigung ordnungsgemäß auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereitet hätten.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision des Klägers ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Zwar hat das FG zutreffend entschieden, dass die Leistungen des Klägers nicht nach nationalem Recht steuerfrei sind. Der Kläger kann aber einen Anwendungsvorrang der Richtlinie geltend machen, wozu noch weitere Feststellungen zu treffen sind.

10

1. Die Leistungen des Klägers sind nicht nach nationalem Recht steuerfrei.

11

a) Nach § 4 Nr. 21 UStG sind steuerfrei die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn sie als Ersatzschulen gemäß Art. 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind (Doppelbuchst. aa) oder wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten (Doppelbuchst. bb).

12

Im Streitfall liegen diese Voraussetzungen nicht vor. Der Kläger ist weder als Ersatzschule staatlich genehmigt noch nach Landesrecht erlaubt. Für die im finanzgerichtlichen Verfahren noch streitigen Kurse liegt auch keine Bescheinigung über die Vorbereitung auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vor.

13

b) Nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG sind steuerfrei die Vorträge, Kurse und anderen Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, von Volkshochschulen oder von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes dienen, durchgeführt werden, wenn die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden. Steuerfrei sind auch andere kulturelle und sportliche Veranstaltungen, die von den in Buchstabe a genannten Unternehmern durchgeführt werden, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht (§ 4 Nr. 22 Buchst. b UStG).

14

Im Streitfall liegen diese Voraussetzungen nicht vor, da der Kläger als Einzelunternehmer die nach dem eindeutigen Wortlaut von § 4 Nr. 22 Buchst. a und b UStG erforderlichen unternehmerbezogenen Voraussetzungen nicht erfüllt. Ob dies gegen das Unionsrecht oder die diesem zugrunde liegenden Grundsätze verstößt, ist im Hinblick auf diesen Wortlaut unbeachtlich und nur im Zusammenhang mit der Berufung des Klägers auf das Unionsrecht von Bedeutung.

15

2. Der Kläger kann sich für eine Steuerfreiheit seiner Leistungen aber auf das Unionsrecht berufen.

16

a) Steuerfrei ist nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL (zuvor Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG) der von Privatlehrern erteilte Schul- und Hochschulunterricht.

17

b) Nach dem zu dieser Bestimmung ergangenen EuGH-Urteil vom 28. Januar 2010 C-473/08, Eulitz (Slg. 2010, I-907) kommt es auf Unterrichtseinheiten an, die sich auf Schul- und Hochschulunterricht beziehen. Dies erfasst nicht nur Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern schließt andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten von Schülern oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (EuGH-Urteil vom 14. Juni 2007 C-445/05, Haderer, Slg. 2007, I-4841). Dem hat sich der erkennende Senat mit Urteil vom 20. März 2014 V R 3/13 (BFH/NV 2014, 1175, unter II.2.) angeschlossen.

18

c) Danach können einzelne Kurse, die der Kläger durchgeführt hat, als Schulunterricht eines Privatlehrers steuerfrei sein. Dies gilt insbesondere für das Kleinkindschwimmen, da an der Erlernung der Fähigkeit, schwimmen zu können, zum einen ein hohes Gemeinwohlinteresse besteht und zum anderen die Erlangung dieser Fähigkeit auch in öffentlichen Schulen unterrichtet wird. Dies mag auf Kurse wie Babyschwimmen, Aqua-Jogging und Aqua-Fitness nicht zutreffen, zumal bei diesen auch der Charakter bloßer Freizeitgestaltung nicht zu vernachlässigen ist. Hierzu sind im zweiten Rechtsgang weitere Feststellungen zu treffen.

19

3. Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:

20

a) Sind die Leistungen des Klägers nicht nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL (zuvor Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG) steuerfrei, kommt eine Berufung auf andere Befreiungstatbestände des Unionsrechts nicht in Betracht.

21

aa) Zwar haben die Mitgliedstaaten von der Steuer auch zu befreien

22

- die "eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen, die durch Altenheime, Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden" (Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL),
- die "eng mit der Kinder- und Jugendbetreuung verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen" (Art. 132 Abs. 1 Buchst. h MwStSystRL),
- die "Erziehung von Kindern und Jugendlichen, Schul- und Hochschulunterricht, Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung und damit eng verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung" (Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL) sowie
- "bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben" (Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL).

23

bb) Die Voraussetzungen dieser Tatbestände liegen im Streitfall aber nicht vor.

24

(1) Für Art. 132 Abs. 1 Buchst. g, h und i MwStSystRL folgt dies bereits daraus, dass es an der personenbezogenen Voraussetzung der "anerkannten Einrichtung" fehlt. Insoweit ist es nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung Sache des innerstaatlichen Rechts jedes Mitgliedstaats, die Regeln aufzustellen, nach denen Einrichtungen die erforderliche Anerkennung gewährt werden kann. Zu den für die Anerkennung maßgeblichen Gesichtspunkten gehören das Bestehen spezifischer Vorschriften, bei denen es sich um nationale oder regionale Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Steuervorschriften oder Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit handeln kann, das mit den Tätigkeiten des betreffenden Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse, die Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung kommen, und die Übernahme der Kosten der fraglichen Leistungen zum großen Teil durch Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit (EuGH-Urteil Zimmermann vom 15. November 2012 C-174/11, Umsatzsteuer-Rundschau 2013, 35 Rdnr. 31, und BFH-Urteil vom 25. April 2013 V R 7/11, BFHE 241, 475, BStBl II 2013, 976, unter II.2.c aa). Auch im Hinblick auf eine Kostentragung durch Einrichtungen der sozialen Sicherheit ist zu berücksichtigen, ob der Unternehmer seine Leistung unmittelbar aufgrund vertraglicher Vereinbarungen mit Sozialversicherungsträgern erbringt (BFH-Urteil vom 8. November 2007 V R 2/06, BFHE 219, 428, BStBl II 2008, 634, unter II.2.b cc).

25

Danach reicht es für die Anerkennung als Einrichtung weder aus, dass der Kläger direkte vertragliche Beziehungen mit Gemeinden hinsichtlich der Nutzung von Schwimmbädern unterhielt, noch, dass Kosten auf der Grundlage von § 20 SGB V erstattet wurden. Denn die Gemeinden waren als Hallenbadbetreiber nicht als "Krankenkassen oder andere Einrichtungen der sozialen Sicherheit" tätig, während im Rahmen der Leistungserbringung nach § 20 SGB V keine vertraglichen Beziehungen zu den gesetzlichen Krankenkassen bestanden (vgl. auch Welti, in Becker/ Kingreen, SGB V, 3. Aufl., § 20 Rz 13). Im Übrigen kommt dem Kläger mit seinen Leistungen neben dem Kleinkindschwimmen (zu diesem s. oben II.2.) nicht der Charakter einer Einrichtung mit anerkannter vergleichbarer Zielsetzung wie öffentlichen Schulen oder Hochschulen zu.

26

(2) Die Steuerfreiheit für bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben (Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL, zuvor: Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG) kommt nicht in Betracht, da der Kläger keine Einrichtung ohne Gewinnstreben ist.

27

b) Im zweiten Rechtsgang wird zu berücksichtigen sein, dass der Kläger für Leistungen, die nicht steuerfrei sind, nicht den ermäßigten Steuersatz in Anspruch nehmen kann.

28

Zwar ordnet § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 UStG für die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze sowie für die Verabreichung von Heilbädern die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes an. In Bezug auf die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze beruht die Vorschrift auf Art. 98 Abs. 2 und 3 MwStSystRL i.V.m. Anhang III Nr. 14 (zuvor Art. 12 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG i.V.m. Anhang H Nr. 13), wie der Senat bereits entschieden hat (BFH-Urteil vom 11. Februar 2010 V R 30/08, BFH/NV 2010, 2125, unter II.2.a ee). Danach können die Mitgliedstaaten die Überlassung von Sportanlagen einem ermäßigten Steuersatz unterwerfen. Unionsrechtliche Grundlage für die Verabreichung von Heilbädern ist die Thermalbehandlung i.S. von Art. 98 Abs. 2 und 3 MwStSystRL i.V.m. Anhang III Nr. 17 (zuvor Art. 12 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG i.V.m. Anhang H Nr. 13). § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 UStG ist entsprechend diesen Bestimmungen auszulegen, wobei neben dem allgemeinen Grundsatz enger Auslegung von Ausnahmetatbeständen auch zu berücksichtigen ist, dass Vorschriften des nationalen Rechts auch dann eng auszulegen sind, wenn sie ansonsten nicht der Richtlinie entsprechen (BFH-Urteil vom 8. März 2012 V R 14/11, BFHE 237, 279, BStBl II 2012, 630, unter II.2.c bb).

29

Im Hinblick auf die unionsrechtliche Grundlage der Steuersatzermäßigung, die sich auf die Überlassung von Sportanlagen und damit auf eine Nutzungsüberlassung bezieht, ist es danach nicht möglich, die Erteilung von Schwimmunterricht als einen unmittelbar mit dem Betrieb eines Schwimmbads verbundenen Umsatz anzusehen. Sollte sich demgegenüber aus Abschn. 171 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Umsatzsteuer-Richtlinien 2005 ergeben, dass die Erteilung von Schwimmunterricht als eigenständige Leistung der Steuersatzermäßigung unterliegt, könnte sich der Senat dem nicht anschließen. Ebenso können Kurse wie "Aqua-Jogging" und "Aqua-Fitness" nicht als Verabreichung von Heilbädern angesehen werden, da insoweit unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Grundlagen eine Thermalbehandlung vorliegen müsste, an der es fehlt.

30

4. Auf den geltend gemachten Verfahrensfehler kam es nicht mehr an.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 1. Oktober 2015  7 K 7002/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erbrachte in den Jahren 2003 bis 2010 (Streitjahre) Dozentenleistungen für den Besucherdienst des Deutschen Bundestages aufgrund von Rahmenverträgen, die er mit der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Präsidenten des Deutschen Bundestages, dieser vertreten durch den Direktor beim Deutschen Bundestag, schloss.

2

Der Kläger hatte dabei in einer Vielzahl alters- und zielgruppengerechter Veranstaltungen staatspolitische und historische Themen zu präsentieren. Die Veranstaltungen sollten die Ausbildung in Schulen und anderen Bildungseinrichtungen ergänzen und vervollständigen und dabei Kenntnisse und Kompetenzen vermitteln, die im Rahmen der Lehrpläne für Geschichte und Sozialkunde von Bedeutung sind. In seinen Vorträgen und Führungen informierte der Kläger die Besucher vor allem über die Geschichte des deutschen Parlamentarismus, über Funktion, Struktur und Arbeitsweise des Deutschen Bundestages sowie über die demokratischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse. Zielgruppe dieser Veranstaltungen waren im Wesentlichen Schüler, die im Rahmen staatlich bezuschusster Bildungsfahrten den Bundestag besuchten, wobei die Teilnahme an den Informations- und Bildungsveranstaltungen Voraussetzung für die finanzielle Förderung war. Studenten an Hoch- und Fachhochschulen konnten im Hinblick auf ihre Studienpläne spezifische Fragen stellen. Die vermittelten Sachverhalte waren Inhalt späterer Prüfungen und wissenschaftlicher Arbeiten. Teilnehmer waren auch Bundeswehrangehörige, Lehrer oder Ausbilder aus dem Bereich der politischen Bildung. Ein Schwerpunkt war die Durchführung von ein- oder mehrtägigen Planspielen für Schüler der 12. und 13. Jahrgangsstufe, die den Gesetzgebungsprozess simulieren und den Teilnehmern neben inhaltlichen und prozeduralen Kenntnissen ein vertieftes Verständnis von Möglichkeiten und Grenzen politischer Gestaltung im parlamentarischen System vermitteln sollten. Es sollten zudem klassische Arbeitstechniken (Textarbeit, freies Reden, Diskussionen) geschult und ein dauerhaftes Interesse an politischen Prozessen geweckt werden. Der Kläger hatte sich dabei mit den begleitenden Fachlehrern abzustimmen, um eine Integration in die jeweiligen Lehrpläne zu gewährleisten.

3

Überdies war es Aufgabe des Klägers, Parlamentsseminare durchzuführen, in denen Schüler von 12. und 13. Klassen, Studenten, aber auch Auszubildende im öffentlichen Dienst konkrete politische Fragestellungen mit Fachpolitikern aller Fraktionen erörtern konnten. Diese Parlamentsseminare wurden von den entsendenden Bildungsträgern und Institutionen genutzt, um lehrplanrelevante Inhalte fundiert von verschiedenen Blickwinkeln beleuchten zu können. Der Kläger bereitete die Teilnehmer auf die Gespräche vor, indem er die sachlichen Grundlagen für eine Diskussion der vorbereiteten Fragestellungen legte. Während der Diskussion stand er den Teilnehmern für Sachfragen zur Verfügung. Anschließend konnte noch eine Auswertung zur Schließung etwaiger Lücken und zur Verfestigung des Erlernten erfolgen.

4

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) sah die Tätigkeit des Klägers als umsatzsteuerpflichtig an. Unter Änderung zuvor ergangener Umsatzsteuerfestsetzungen und unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung setzte das FA mit den Bescheiden vom 9. Oktober 2012 die Umsatzsteuer 2003 auf 6.443,65 €, die Umsatzsteuer 2004 auf 7.755,01 €, die Umsatzsteuer 2005 auf 8.138,27 €, die Umsatzsteuer 2006 auf 9.615,28 €, die Umsatzsteuer 2007 auf 10.480,38 €, die Umsatzsteuer 2008 auf 12.112,21 €, die Umsatzsteuer 2009 auf 10.576,15 € und die Umsatzsteuer 2010 auf 8.419,10 € fest. Hiergegen legte der Kläger ohne Erfolg Einspruch ein.

5

Demgegenüber gab das Finanzgericht (FG) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2015, 2236 veröffentlichten Urteil der Klage statt. Der Kläger habe als Unternehmer steuerbare Leistungen erbracht, die nach nationalem Recht nicht steuerfrei seien. Er könne sich aber für die Steuerfreiheit seiner Leistungen auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG (MwStSystRL) und bis zum Streitjahr 2006 auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) berufen, wie sich aus der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH) ergebe.

6

Hiergegen wendet sich das FA mit der Revision, mit der es geltend macht, dass das FG die Voraussetzungen für eine Anwendung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL (bis einschließlich 2006: Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG) zu Unrecht bejaht habe. Der Kläger verfüge nicht über die hierfür erforderliche Anerkennung.

7

Das FA beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Leistungen des Klägers nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL (bis einschließlich 2006: Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG) steuerfrei sind.

10

1. Zwischen den Beteiligten ist nicht mehr streitig, dass der Kläger seine entgeltlichen Leistungen steuerbar als Unternehmer gemäß § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) erbrachte und dass diese Leistungen nach nationalem Recht nicht steuerfrei sind, da insbesondere die Voraussetzungen der Befreiungstatbestände nach § 4 Nr. 21 UStG nicht vorliegen.

11

2. Wie das FG zutreffend erkannt hat, kann sich der Kläger für die Steuerfreiheit seiner Leistungen aber auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL (bis einschließlich 2006: Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG) berufen. Die Mitgliedstaaten befreien danach insbesondere den "Schul- und Hochschulunterricht ... durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder [durch] andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung". Die hierfür erforderlichen leistungs- wie auch unternehmerbezogenen Voraussetzungen liegen vor.

12

a) Bei den Leistungen des Klägers handelte es sich um Schul- und Hochschulunterricht.

13

aa) Nach der EuGH-Rechtsprechung beschränkt sich der Begriff Schul- und Hochschulunterricht nicht auf Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern schließt andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studierenden zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (EuGH-Urteile Haderer vom 14. Juni 2007 C-445/05, EU:C:2007:344, Rz 26, und Eulitz vom 28. Januar 2010 C-473/08, EU:C:2010:47, Rz 29). Dem hat sich der erkennende Senat angeschlossen (BFH-Urteile vom 20. März 2014 V R 3/13, BFH/NV 2014, 1175, unter II.2., und vom 5. Juni 2014 V R 19/13, BFHE 245, 433, unter II.2.b).

14

bb) Zutreffend hat das FG die Leistungen des Klägers als eine Form von Schulunterricht angesehen. Bei der Tätigkeit des Klägers stand die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Bereich Geschichte und Sozialkunde im Mittelpunkt. Die Entscheidung des FG, dass den Leistungen des Klägers Unterrichtscharakter zukommt und diese über ein "qualitatives Mindestniveau" verfügten, ist revisionsrechtlich ebenso wenig zu beanstanden wie die Verneinung eines Freizeitcharakters, wofür sich das FG neben den freizeitfernen Inhalten der Veranstaltungen auch auf die Kostenübernahme durch öffentliche Träger und die Teilnahmepflicht als Voraussetzung der Kostenübernahme stützen könnte. Bestätigt wird dies durch die Zusammensetzung der Teilnehmergruppen (Schüler, Studenten und Auszubildende).

15

b) Der Kläger ist auch unternehmerbezogen eine Einrichtung mit anerkannter vergleichbarer Zielsetzung wie eine Einrichtung des öffentlichen Rechts, die mit der Aufgabe des Schul- und Hochschulunterrichts betraut ist (anerkannte Einrichtung).

16

aa) Wie der erkennende Senat bereits entschieden hat, ist der Begriff "Einrichtung" grundsätzlich weit genug, um auch private Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht wie den Kläger zu erfassen (vgl. BFH-Urteil vom 21. März 2007 V R 28/04, BFHE 217, 59, BStBl II 2010, 999, unter II.2.c dd (1)).

17

bb) Der Kläger verfügt auch über die erforderliche Anerkennung.

18

(1) Die Rechtsprechung zur unternehmerbezogenen Anerkennung im Sozialbereich (Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL und zuvor Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG) ist grundsätzlich auch auf den Unterrichtsbereich (Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL, bis einschließlich 2006: Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG) zu übertragen (BFH-Urteil in BFHE 217, 59, BStBl II 2010, 999, unter II.2.c dd (2); vgl. auch BFH-Urteil vom 18. Februar 2016 V R 46/14, BFHE 253, 421, Rz 47). Danach gehören zu den für die Anerkennung im Rahmen einer Abwägung zu berücksichtigenden Gesichtspunkten das Bestehen spezifischer Vorschriften --seien es nationale oder regionale, Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Steuervorschriften oder Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit--, das mit den Tätigkeiten des betreffenden Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse, die Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung kommen, und die Übernahme der Kosten der fraglichen Leistungen zum großen Teil durch --im Sozialbereich-- Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit (BFH-Urteil in BFHE 253, 421, Rz 30).

19

Auf dieser Grundlage hat der BFH die Anerkennung im Unterrichtsbereich bereits aufgrund einer Kostentragung (BFH-Urteil in BFHE 217, 59, BStBl II 2010, 999, unter II.2.c dd (2)) oder aus Gründen eines hohen Gemeinwohlinteresses bejaht (BFH-Urteil in BFHE 245, 433, unter II.2.c).

20

(2) Im Streitfall ist das FG zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger als anerkannt anzusehen ist. Die Anerkennung folgt aus dem hohen Gemeinwohlinteresse an der Tätigkeit des Besucherdienstes für ein oberstes Verfassungsorgan sowie aus der Kostentragung durch die Parlamentsverwaltung.

21

(a) Der Präsident des Bundestages übt gemäß Art. 40 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) insbesondere das Hausrecht aus. Er ist auch Leiter der Verwaltung des Bundestages (Klein in Maunz/Dürig, Komm. z. GG, Art. 40, Anm. 106). Bei der Verwaltung des Bundestages handelt es sich um eine oberste Bundesbehörde (Klein in Maunz/Dürig, a.a.O., Rz 107) i.S. einer "Hilfseinrichtung besonderer Art" (Zeh, in Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, 3. Aufl. 2005, S. 790).

22

Die Bundestagsverwaltung unterhält einen Besucherdienst. Dieser ermöglicht gemäß § 3 Abs. 2 Buchst. c der Hausordnung des Deutschen Bundestages "Besuchergruppen und Einzelbesucher, die vom Besucherdienst eingeladen oder zugelassen worden sind" einen bevorzugten Zutritt zu den Tribünenbereichen des Plenarsaals des Deutschen Bundestages bei den öffentlichen Verhandlungen des Bundestages (Art. 42 Abs. 1 Satz 1 GG). Die Verwaltung des Deutschen Bundestages bietet zudem Hausführungen und die Teilnahme an Vorträgen zu Aufgaben, der Arbeitsweise und der Zusammensetzung des Parlaments an. An der Information der Öffentlichkeit über die Geschichte des deutschen Parlamentarismus, über Funktion, Struktur und Arbeitsweise des Deutschen Bundestages sowie über die demokratischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse besteht ein hohes Gemeinwohlinteresse. Diesen Aufgaben kann der Besucherdienst des Deutschen Bundestages ohne die für ihn tätigen Dozenten nicht nachkommen.

23

(b) Da der Kläger seine Leistungen unmittelbar an den Besucherdienst des Deutschen Bundestages erbrachte und von der Parlamentsverwaltung unmittelbar vergütet wurde, spricht auch die öffentlich-rechtliche Kostentragung für eine Anerkennung. Diese Kostentragung beruht zwar nicht auf einer ausdrücklichen gesetzlich angeordneten Kostentragung (zu diesem Erfordernis vgl. BFH-Urteil in BFHE 253, 421, Rz 43 und 47). Das Fehlen einer derartigen Gesetzesregelung wird im Rahmen der gebotenen Abwägung aber durch die Tätigkeit des Klägers für ein oberstes Verfassungsorgan und die dieses Verfassungsorgan im Rahmen einer Annex-Kompetenz (vgl. allgemein Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Juli 2012  2 PBvU 1/11, BVerfGE 132, 1) treffende Verpflichtung zur Information der Öffentlichkeit über die Parlamentsarbeit ausgeglichen.

24

(3) Dem steht nicht entgegen, dass nach Ansicht des FA die für eine Anerkennung erforderliche Vergleichbarkeit mit öffentlichen Einrichtungen nur dann bestehen soll, wenn der private Unternehmer in der Gesamtrichtung seiner unternehmerischen Zielsetzung darauf ausgerichtet ist, Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln, die geeignet sind, einen Schul- oder Hochschulabschluss oder einen Berufsabschluss zu erwerben oder berufliche Kenntnisse durch Fortbildung oder Weiterbildung zu erhalten oder zu erweitern. Hiergegen spricht bereits die weite Auslegung des Begriffs des Schul- und Hochschulunterrichts (s. oben II.2.a aa). Dementsprechend umfasst dieser Begriff z.B. auch Kurse für "Sofortmaßnahmen am Unfallort" (BFH-Urteil vom 10. Januar 2008 V R 52/06, BFHE 221, 295, unter II.2.a).

25

3. Auf die Frage, ob die Leistungen des Klägers auch als solche eines Privatlehrers steuerfrei sein können (Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL), kommt es nicht an.

26

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) führte in den Streitjahren 2005 bis 2007 Umsätze im Rahmen einer von ihm betriebenen "Schwimmschule" aus. Er hatte im November 2005 das erste Staatsexamen für das Lehramt für die Fächer Sport und Physik abgelegt. Mit mehreren Arbeitnehmern, überwiegend Physiotherapeuten, führte er Baby-, Kleinkinder-, sonstige Kinder- und Erwachsenenschwimmkurse sowie Wassergymnastik wie Aqua-Jogging oder Aqua-Fitness in Hallenbädern durch, die er vom jeweiligen kommunalen Betreiber stundenweise angemietet hatte. Die Kursteilnehmer entrichteten für die Teilnahme an den Kursen an den Kläger ein Entgelt, das auch ein auf die Kursteilnehmer entfallendes Eintrittsgeld für die Hallenbadbenutzung umfassen konnte. Die Hallenbadbetreiber erhoben vom Kläger für die Nutzungsüberlassung der Hallenbäder ein Entgelt von in der Regel 20 % der von ihm vereinnahmten Kursgebühren. Auf der Grundlage des § 20 des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) erstatteten Krankenkassen die für die Aqua-Fitness-Kurse erhobenen Entgelte ganz oder teilweise an die Kursteilnehmer. Der Kläger gab keine Umsatzsteuererklärungen ab, da er seine Leistungen als steuerfrei ansah.

2

Im Anschluss an eine Umsatzsteuersonderprüfung ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) davon aus, dass der Kläger in den Jahren 2001 bis 2007 steuerpflichtige Leistungen erbracht habe und erließ dementsprechende Umsatzsteuerbescheide. Während des Einspruchsverfahrens erging der Umsatzsteuerbescheid 2006, der im Einspruchsverfahren an die Stelle der Vorauszahlungsbescheide 2006 trat.

3

Nach der Erhebung der Klage zum Finanzgericht (FG) erging der Umsatzsteuerjahresbescheid 2007, der an Stelle der Vorauszahlungsbescheide 2007 gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Klageverfahrens wurde. Nachdem der Kläger eine Bescheinigung der Bezirksregierung vorgelegt hatte, wonach die Schwimmkurse auf einen Beruf vorbereiteten, während eine Bescheinigung für das Baby- und Kleinkindschwimmen sowie das Aqua-Jogging und Aqua-Fitness wegen des engen Bezugs zur Freizeitgestaltung abgelehnt wurde, ergingen geänderte Bescheide für die Jahre 2001 bis 2004, worauf der Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt wurde. Geänderte Bescheide ergingen auch für die Streitjahre 2005 bis 2007, die nach § 68 FGO Gegenstand des Klageverfahrens wurden.

4

Nach dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 985 veröffentlichten Urteil des FG zu den verbliebenen Streitjahren 2005 bis 2007 hatte die Klage im Hinblick auf die nach Erlass der Änderungsbescheide noch streitigen Kurse wie Babyschwimmen, Kleinkindschwimmen, Aqua-Jogging und Aqua-Fitness keinen Erfolg. Diese Leistungen seien weder nach nationalem Recht noch nach den Bestimmungen der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) oder den Bestimmungen der Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG (MwStSystRL) steuerfrei. Dies ergebe sich auch aus der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH).

5

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Revision, die er auf Verletzung materiellen und formellen Rechts stützt. Seine Leistungen seien nach § 4 Nr. 22 Buchst. a und b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerfrei. Zumindest könne er sich auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g, h, i und j MwStSystRL (Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g, h, i und j der Richtlinie 77/388/EWG) berufen. Für eine insoweit erforderliche Anerkennung reiche die Kostenübernahme durch Krankenkassen aus. Er müsse als Einrichtung nur über eine vom Mitgliedstaat "anerkannte vergleichbare Zielsetzung" verfügen. Inhaltsgleiche Kurse für Schulen seien steuerfrei gewesen. Er sei zumindest zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes berechtigt. Eine Vorlage an den EuGH sei erforderlich.

6

Der Kläger beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Umsatzsteuerjahresbescheide 2005 bis 2007 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer von 0 € festgesetzt wird, hilfsweise, dass der ermäßigte Steuersatz anzuwenden ist.

7

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Die Leistungen seien weder nach nationalem Recht noch nach dem Unionsrecht steuerfrei. Es sei auch nicht der ermäßigte Steuersatz anzuwenden. Das FA habe nur die Kursleistungen als steuerfrei anerkannt, die nach einer dem Kläger am 27. Oktober 2008 erteilten Bescheinigung ordnungsgemäß auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereitet hätten.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision des Klägers ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Zwar hat das FG zutreffend entschieden, dass die Leistungen des Klägers nicht nach nationalem Recht steuerfrei sind. Der Kläger kann aber einen Anwendungsvorrang der Richtlinie geltend machen, wozu noch weitere Feststellungen zu treffen sind.

10

1. Die Leistungen des Klägers sind nicht nach nationalem Recht steuerfrei.

11

a) Nach § 4 Nr. 21 UStG sind steuerfrei die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn sie als Ersatzschulen gemäß Art. 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind (Doppelbuchst. aa) oder wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten (Doppelbuchst. bb).

12

Im Streitfall liegen diese Voraussetzungen nicht vor. Der Kläger ist weder als Ersatzschule staatlich genehmigt noch nach Landesrecht erlaubt. Für die im finanzgerichtlichen Verfahren noch streitigen Kurse liegt auch keine Bescheinigung über die Vorbereitung auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vor.

13

b) Nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG sind steuerfrei die Vorträge, Kurse und anderen Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, von Volkshochschulen oder von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes dienen, durchgeführt werden, wenn die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden. Steuerfrei sind auch andere kulturelle und sportliche Veranstaltungen, die von den in Buchstabe a genannten Unternehmern durchgeführt werden, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht (§ 4 Nr. 22 Buchst. b UStG).

14

Im Streitfall liegen diese Voraussetzungen nicht vor, da der Kläger als Einzelunternehmer die nach dem eindeutigen Wortlaut von § 4 Nr. 22 Buchst. a und b UStG erforderlichen unternehmerbezogenen Voraussetzungen nicht erfüllt. Ob dies gegen das Unionsrecht oder die diesem zugrunde liegenden Grundsätze verstößt, ist im Hinblick auf diesen Wortlaut unbeachtlich und nur im Zusammenhang mit der Berufung des Klägers auf das Unionsrecht von Bedeutung.

15

2. Der Kläger kann sich für eine Steuerfreiheit seiner Leistungen aber auf das Unionsrecht berufen.

16

a) Steuerfrei ist nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL (zuvor Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG) der von Privatlehrern erteilte Schul- und Hochschulunterricht.

17

b) Nach dem zu dieser Bestimmung ergangenen EuGH-Urteil vom 28. Januar 2010 C-473/08, Eulitz (Slg. 2010, I-907) kommt es auf Unterrichtseinheiten an, die sich auf Schul- und Hochschulunterricht beziehen. Dies erfasst nicht nur Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern schließt andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten von Schülern oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (EuGH-Urteil vom 14. Juni 2007 C-445/05, Haderer, Slg. 2007, I-4841). Dem hat sich der erkennende Senat mit Urteil vom 20. März 2014 V R 3/13 (BFH/NV 2014, 1175, unter II.2.) angeschlossen.

18

c) Danach können einzelne Kurse, die der Kläger durchgeführt hat, als Schulunterricht eines Privatlehrers steuerfrei sein. Dies gilt insbesondere für das Kleinkindschwimmen, da an der Erlernung der Fähigkeit, schwimmen zu können, zum einen ein hohes Gemeinwohlinteresse besteht und zum anderen die Erlangung dieser Fähigkeit auch in öffentlichen Schulen unterrichtet wird. Dies mag auf Kurse wie Babyschwimmen, Aqua-Jogging und Aqua-Fitness nicht zutreffen, zumal bei diesen auch der Charakter bloßer Freizeitgestaltung nicht zu vernachlässigen ist. Hierzu sind im zweiten Rechtsgang weitere Feststellungen zu treffen.

19

3. Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:

20

a) Sind die Leistungen des Klägers nicht nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL (zuvor Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG) steuerfrei, kommt eine Berufung auf andere Befreiungstatbestände des Unionsrechts nicht in Betracht.

21

aa) Zwar haben die Mitgliedstaaten von der Steuer auch zu befreien

22

- die "eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen, die durch Altenheime, Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden" (Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL),
- die "eng mit der Kinder- und Jugendbetreuung verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen" (Art. 132 Abs. 1 Buchst. h MwStSystRL),
- die "Erziehung von Kindern und Jugendlichen, Schul- und Hochschulunterricht, Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung und damit eng verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung" (Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL) sowie
- "bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben" (Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL).

23

bb) Die Voraussetzungen dieser Tatbestände liegen im Streitfall aber nicht vor.

24

(1) Für Art. 132 Abs. 1 Buchst. g, h und i MwStSystRL folgt dies bereits daraus, dass es an der personenbezogenen Voraussetzung der "anerkannten Einrichtung" fehlt. Insoweit ist es nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung Sache des innerstaatlichen Rechts jedes Mitgliedstaats, die Regeln aufzustellen, nach denen Einrichtungen die erforderliche Anerkennung gewährt werden kann. Zu den für die Anerkennung maßgeblichen Gesichtspunkten gehören das Bestehen spezifischer Vorschriften, bei denen es sich um nationale oder regionale Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Steuervorschriften oder Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit handeln kann, das mit den Tätigkeiten des betreffenden Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse, die Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung kommen, und die Übernahme der Kosten der fraglichen Leistungen zum großen Teil durch Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit (EuGH-Urteil Zimmermann vom 15. November 2012 C-174/11, Umsatzsteuer-Rundschau 2013, 35 Rdnr. 31, und BFH-Urteil vom 25. April 2013 V R 7/11, BFHE 241, 475, BStBl II 2013, 976, unter II.2.c aa). Auch im Hinblick auf eine Kostentragung durch Einrichtungen der sozialen Sicherheit ist zu berücksichtigen, ob der Unternehmer seine Leistung unmittelbar aufgrund vertraglicher Vereinbarungen mit Sozialversicherungsträgern erbringt (BFH-Urteil vom 8. November 2007 V R 2/06, BFHE 219, 428, BStBl II 2008, 634, unter II.2.b cc).

25

Danach reicht es für die Anerkennung als Einrichtung weder aus, dass der Kläger direkte vertragliche Beziehungen mit Gemeinden hinsichtlich der Nutzung von Schwimmbädern unterhielt, noch, dass Kosten auf der Grundlage von § 20 SGB V erstattet wurden. Denn die Gemeinden waren als Hallenbadbetreiber nicht als "Krankenkassen oder andere Einrichtungen der sozialen Sicherheit" tätig, während im Rahmen der Leistungserbringung nach § 20 SGB V keine vertraglichen Beziehungen zu den gesetzlichen Krankenkassen bestanden (vgl. auch Welti, in Becker/ Kingreen, SGB V, 3. Aufl., § 20 Rz 13). Im Übrigen kommt dem Kläger mit seinen Leistungen neben dem Kleinkindschwimmen (zu diesem s. oben II.2.) nicht der Charakter einer Einrichtung mit anerkannter vergleichbarer Zielsetzung wie öffentlichen Schulen oder Hochschulen zu.

26

(2) Die Steuerfreiheit für bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben (Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL, zuvor: Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG) kommt nicht in Betracht, da der Kläger keine Einrichtung ohne Gewinnstreben ist.

27

b) Im zweiten Rechtsgang wird zu berücksichtigen sein, dass der Kläger für Leistungen, die nicht steuerfrei sind, nicht den ermäßigten Steuersatz in Anspruch nehmen kann.

28

Zwar ordnet § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 UStG für die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze sowie für die Verabreichung von Heilbädern die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes an. In Bezug auf die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze beruht die Vorschrift auf Art. 98 Abs. 2 und 3 MwStSystRL i.V.m. Anhang III Nr. 14 (zuvor Art. 12 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG i.V.m. Anhang H Nr. 13), wie der Senat bereits entschieden hat (BFH-Urteil vom 11. Februar 2010 V R 30/08, BFH/NV 2010, 2125, unter II.2.a ee). Danach können die Mitgliedstaaten die Überlassung von Sportanlagen einem ermäßigten Steuersatz unterwerfen. Unionsrechtliche Grundlage für die Verabreichung von Heilbädern ist die Thermalbehandlung i.S. von Art. 98 Abs. 2 und 3 MwStSystRL i.V.m. Anhang III Nr. 17 (zuvor Art. 12 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG i.V.m. Anhang H Nr. 13). § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 UStG ist entsprechend diesen Bestimmungen auszulegen, wobei neben dem allgemeinen Grundsatz enger Auslegung von Ausnahmetatbeständen auch zu berücksichtigen ist, dass Vorschriften des nationalen Rechts auch dann eng auszulegen sind, wenn sie ansonsten nicht der Richtlinie entsprechen (BFH-Urteil vom 8. März 2012 V R 14/11, BFHE 237, 279, BStBl II 2012, 630, unter II.2.c bb).

29

Im Hinblick auf die unionsrechtliche Grundlage der Steuersatzermäßigung, die sich auf die Überlassung von Sportanlagen und damit auf eine Nutzungsüberlassung bezieht, ist es danach nicht möglich, die Erteilung von Schwimmunterricht als einen unmittelbar mit dem Betrieb eines Schwimmbads verbundenen Umsatz anzusehen. Sollte sich demgegenüber aus Abschn. 171 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Umsatzsteuer-Richtlinien 2005 ergeben, dass die Erteilung von Schwimmunterricht als eigenständige Leistung der Steuersatzermäßigung unterliegt, könnte sich der Senat dem nicht anschließen. Ebenso können Kurse wie "Aqua-Jogging" und "Aqua-Fitness" nicht als Verabreichung von Heilbädern angesehen werden, da insoweit unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Grundlagen eine Thermalbehandlung vorliegen müsste, an der es fehlt.

30

4. Auf den geltend gemachten Verfahrensfehler kam es nicht mehr an.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betrieb in den Streitjahren 1999 bis 2003 eine Schule für WingTsun sowie ein Bewachungsunternehmen. Bei WingTsun handelt es sich nach einer vom Kläger herausgegebenen Werbebroschüre um eine "Kampf- und Bewegungskunst".

2

Für die Streitjahre erklärte der Kläger auch für die WingTsun-Schule steuerpflichtige Umsätze.

3

Mit Schreiben vom 31. Mai 2005 beantragte der Kläger unter Vorlage einer Bescheinigung des zuständigen Ministeriums für Bildung, Kultur und Wissenschaft vom 11. April 2005, wonach die von ihm "erbrachten Unterrichtsleistungen zur Vorbereitung auf den Beruf des Kampfkunstlehrers WingTsun ... Leistungen im Sinne des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb des Umsatzsteuergesetzes" (UStG) darstellen, die Umsatzsteuerfestsetzungen für die Vergangenheit zu ändern und die Umsätze aus der WingTsun-Schule nunmehr als umsatzsteuerfrei zu behandeln.

4

Nach einer beim Kläger durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung schloss sich der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) der Ansicht des Prüfers an, es sei keine Steuerbefreiung zu gewähren.

5

Mit Bescheid vom 30. Oktober 2007 wurde dementsprechend die Änderung der Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre abgelehnt, nachdem das FA zuvor mit Schreiben vom 21. Juli 2005 dem Kläger bereits mitgeteilt hatte, dass eine rückwirkende Änderung "unter Beachtung der Ausführungen in den §§ 169 bis 171 der Abgabenordnung" (AO) nur bis einschließlich des Veranlagungszeitraums 1999 möglich sei.

6

Der Einspruch und die anschließende Klage hatten keinen Erfolg.

7

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab und führte zur Begründung aus, zwar ergebe sich aus der vorgelegten Bescheinigung vom 11. April 2005, dass die vom Kläger in der WingTsun-Schule erbrachten Leistungen zur Vorbereitung auf den Beruf des Kampfkunstlehrers WingTsun dienten. Die WingTsun-Schule des Klägers sei jedoch keine berufsbildende Einrichtung i.S. von § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG. Die in der vom Kläger herausgegebenen Werbebroschüre angegebenen Kurse --wie "FrequenChi zur Fettverbrennung" oder "WingTsun als Kampfsport für Kinder"-- seien eindeutig dem Freizeitbereich zuzuordnen und dienten nicht der beruflichen Bildung.

8

Unerheblich sei insoweit, dass einige Teilnehmer möglicherweise die Ausbildung zu einem WingTsun-Lehrer anstrebten, weil die vom Kläger angebotenen Lehrgänge nicht Teil einer gesetzlich geregelten Schul-, Berufsaus- oder Berufsfortbildung seien. Ebenfalls nicht entscheidend sei, dass die Lehrgänge auch von anderen Berufsgruppen wie Polizisten oder Soldaten belegt würden, weil die erworbenen Kenntnisse keine unabdingbare Voraussetzung zur Ausübung der genannten Berufe seien. Dies sei ähnlich wie bei Fahrschulen oder Jagdschulen, die ebenfalls keine berufsbildenden Einrichtungen seien, obwohl der Führerschein von zahlreichen Steuerpflichtigen bei Ausübung ihres Berufs genutzt werde und auch die Jägerprüfung bei der Ausübung einiger Berufe erforderlich sei.

9

Die WingTsun-Schule des Klägers sei im Übrigen keinem Wettbewerb mit öffentlich-rechtlichen Einrichtungen ausgesetzt, selbst wenn im Sportunterricht vereinzelt auch Kurse in WingTsun angeboten würden.

10

Die Umsätze seien ebenso wenig nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) --nunmehr Art. 132 Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL)-- von der Umsatzsteuer befreit. Die Voraussetzungen für eine Ausbildung, Fortbildung oder berufliche Umschulung im unionsrechtlichen Sinne seien nicht erfüllt.

11

Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

12

Er bringt vor, entgegen der Vorentscheidung handele es sich vorliegend um eine berufsbildende Einrichtung. Über die generelle Geeignetheit zur Berufsvorbereitung habe nicht das FA, sondern --wie hier-- die zuständige Landesbehörde in einem gesonderten Bescheinigungsverfahren zu befinden.

13

Durch die vermittelten Unterrichtsinhalte erlangten die Schüler --von denen einige zum Kampfkunstlehrer ausgebildet worden seien und diesen Beruf auch tatsächlich ausübten-- spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten. Entgegen der Vorentscheidung müssten die vermittelten Unterrichtsinhalte nicht Teil einer gesetzlich geregelten Berufsaus- oder Berufsfortbildung sein. Auch die von der Umsatzsteuer befreiten Ballett- und Musikschulen unterlägen keiner gesetzlich geregelten Berufsausbildung. Auf die Anzahl derer, die sich für eine Ausübung des erlernten Berufs entschieden, komme es nicht an.

14

Das FG habe nicht zutreffend gewürdigt, dass die Unterrichtsinhalte zu den Selbstverteidigungsmechanismen im Sicherheitsgewerbe sowie bei der Polizei und der Bundeswehr im Umgang mit berufsspezifischen Gefahrenlagen unabdingbar seien und er, der Kläger, zudem eigene Schulungen für Spezialeinsatzkräfte anbiete.

15

Der Inhalt des vom FG in Bezug genommenen Werbeflyers spreche hingegen nicht gegen die Ausrichtung und Geeignetheit der vermittelten Unterrichtsinhalte. Es handele sich insoweit um die bloße werbemäßige Angabe von weiteren Aktivitäten oder weiteren Vorteilen. Zudem komme es nicht auf die Ziele der die Einrichtung besuchenden Personen an, sondern auf die Art der erbrachten Leistungen und deren generelle Eignung.

16

Der vom FG gezogene Vergleich mit Fahr- und Jagdschulen sei nicht gerechtfertigt. Diese bereiteten auf eine Prüfung vor, die --anders als hier-- Voraussetzung für die Erteilung einer bloßen Ausübungserlaubnis sei.

17

Im Übrigen würden WingTsun-Kurse auch von öffentlichen Schulen angeboten, so dass er, der Kläger, entgegen dem FG insoweit im Wettbewerb stehe.

18

Die Vorentscheidung verletze zudem Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG.

19

Der Kläger beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

20

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet abzuweisen.

21

Es tritt der Revision des Klägers entgegen und bringt im Wesentlichen vor, die Frage, ob die Einrichtung generell die Eigenschaft einer allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtung habe, sei nicht von der die Bescheinigung erstellenden Landesbehörde, sondern von den Finanzbehörden gesondert zu prüfen und unterliege der vollen Nachprüfung durch die Finanzgerichte.

22

Der vom Kläger vorgelegten Bescheinigung widerspreche der vom FG in Bezug genommene Werbeflyer. Er lasse in keiner Weise eine berufsbildende Einrichtung erkennen oder vermuten.

23

Die Lehrgänge des Klägers bereiteten weder auf einen bestimmten Beruf vor noch seien sie Teil einer gesetzlich geregelten Berufsaus- oder Berufsfortbildung. Auch die vom Kläger für Angehörige der Bundeswehr und Polizei durchgeführten kampfspezifischen Lehrgänge seien nicht Teil einer gesetzlich geregelten Berufsausbildung.

24

Die weitaus überwiegende Zahl der Schüler besuche die Lehrgänge nicht, um sich zum WingTsun-Lehrer ausbilden zu lassen, sondern aus Spaß und Interesse an einer asiatischen Kampfkunst und einer sportlichen Freizeitveranstaltung.

25

Die Kampfkunstschule des Klägers sei darauf ausgerichtet, eine Kampfkunst als Sportart zu verbreiten und als Freizeitgestaltung anzubieten.

26

Eine Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG komme schon deshalb nicht in Betracht, weil es sich bei der vom Kläger betriebenen WingTsun-Schule nicht um eine Einrichtung handele, die spezifische Kenntnisse und Fertigkeiten vermittle, die zur Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten notwendig seien.

Entscheidungsgründe

27

II. Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

28

Die streitigen Umsätze sind steuerfrei, soweit die erbrachten Leistungen der WingTsun-Schule als anerkannte Einrichtung i.S. des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG nicht lediglich den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben und vergleichbare Leistungen in Schulen oder Hochschulen erbracht werden. Die Feststellungen des FG lassen keine Beurteilung zu, ob und in welchem Umfang dies der Fall gewesen ist.

29

1. Die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Schulen waren in der in den Streitjahren noch bis zum 31. März 1999 geltenden Fassung des § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG von der Umsatzsteuer befreit, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigte, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Auch nach der in den Streitjahren ab dem 1. April 1999 geltenden Fassung des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG sind die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen von der Umsatzsteuer befreit, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten.

30

a) Unionsrechtlich beruht § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG --gleiches gilt für die Vorgängervorschrift § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG-- auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG --nunmehr Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL-- (vgl. dazu Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Juni 1999 V R 84/98, BFHE 188, 462, BStBl II 1999, 578, unter II.2.; vom 23. August 2007 V R 4/05, BFHE 217, 327, BFH/NV 2007, 2215, unter II.2.b bb; vom 10. Januar 2008 V R 52/06, BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.1.; vom 24. Januar 2008 V R 3/05, BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.1.).

31

b) Die Mitgliedstaaten befreien nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG die Umsätze von der Steuer, die "die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, den Schul- oder Hochschulunterricht, die Ausbildung, die Fortbildung oder die berufliche Umschulung sowie die damit eng verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung" betreffen.

32

c) Diese Richtlinienbestimmung wurde wie auch andere in Art. 13 der Richtlinie 77/388/EWG aufgeführte Steuerbefreiungen vom nationalen Gesetzgeber bisher lediglich dadurch "umgesetzt", dass er die schon bei Inkrafttreten der Richtlinie 77/388/EWG vorhandenen, teilweise bereits im UStG 1951 enthaltenen Steuerbefreiungstatbestände im Wesentlichen unverändert weitergeführt hat (vgl. dazu BFH-Urteile vom 21. März 2007 V R 28/04, BFHE 217, 59, BStBl II 2010, 999, unter II.2.c aa; in BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.1.; in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.).

33

d) Im Streitfall bedarf es keiner Entscheidung, ob die Steuerfreiheit der streitigen Leistungen aus § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG --gleiches gilt für die Vorgängervorschrift § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG-- folgt und inwieweit eine richtlinienkonforme Auslegung dieser Vorschrift möglich ist, weil sich der Kläger jedenfalls grundsätzlich für die Umsatzsteuerfreiheit der streitigen Leistungen auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG berufen kann (vgl. dazu BFH-Urteile vom 19. Mai 2005 V R 32/03, BFHE 210, 175, BStBl II 2005, 900; vom 18. August 2005 V R 71/03, BFHE 211, 543, BStBl II 2006, 143; in BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.2.; in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.; zu Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG vgl. ferner Senatsurteil vom 2. März 2011 XI R 21/09, BFHE 233, 269, BFH/NV 2011, 1456, Rz 19). In Ermangelung fristgemäß erlassener Umsetzungsmaßnahmen ist die Berufung eines Einzelnen auf Bestimmungen einer Richtlinie, die --wie hier-- inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erscheinen, gegenüber allen nicht richtlinienkonformen innerstaatlichen Vorschriften möglich (vgl. dazu Senatsurteil in BFHE 233, 269, BFH/NV 2011, 1456, Rz 26, m.w.N. zur ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH--).

34

2. Im Streitfall kommt --entgegen der Vorentscheidung-- eine Steuerfreiheit der streitigen Leistungen nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG in Betracht.

35

a) Bei der vom Kläger betriebenen WingTsun-Schule handelt es sich um eine "andere Einrichtung mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung" i.S. des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG.

36

aa) Der Begriff "Einrichtung" erfasst auch private Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht, soweit der Richtliniengesetzgeber --wie hier in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG-- die Inanspruchnahme der betreffenden Befreiungen nicht ausdrücklich vom Fehlen eines Gewinnstrebens abhängig gemacht hat (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.2.b aa; in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.a aa, jeweils m.w.N. zur EuGH-Rechtsprechung).

37

bb) Nach den Feststellungen des FG besitzt der Kläger eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde, wonach die von ihm erbrachten Unterrichtsleistungen der Vorbereitung auf den Beruf des Kampfkunstlehrers WingTsun dienen und Leistungen i.S. des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG darstellen.

38

(1) Eine derartige Bescheinigung genügt grundsätzlich für die Anerkennung als Einrichtung mit vergleichbarer Zielsetzung i.S. des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.2.b bb; in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.a bb).

39

(2) Entgegen dem Vorbringen des FA bindet die Bescheinigung sowohl die Finanzbehörden als auch die Finanzgerichte dahingehend, dass es sich bei der anerkannten Einrichtung um eine solche mit vergleichbarer Zielsetzung handelt. Bei der Entscheidung, die insoweit der zuständigen Landesbehörde übertragen ist, handelt es sich nicht um spezifisch steuerrechtliche Fragen, die hinsichtlich ihrer rechtlichen Beurteilung dem Aufgabenbereich der Finanzbehörden zuzuordnen wären (vgl. dazu z.B. BFH-Urteile vom 24. März 1987 X R 38/81, BFHE 150, 173, BStBl II 1987, 645; vom 19. Januar 1989 V R 176/83, BFHE 156, 286, BStBl II 1989, 308; vom 3. Mai 1989 V R 83/84, BFHE 157, 458, BStBl II 1989, 815, unter II.2.b; ferner vom 18. Dezember 2003 V R 62/02, BFHE 204, 355, BStBl II 2004, 252, unter II.5.).

40

(3) Dem steht nicht entgegen, dass die zuständige Landesbehörde nicht zu entscheiden hat, ob die Voraussetzungen einer allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtung i.S. des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG gegeben sind. Dies ist --worauf das FA zutreffend hinweist-- von den Finanzbehörden gesondert zu prüfen und unterliegt auch der vollen Nachprüfbarkeit durch die Finanzgerichte (vgl. BFH-Urteile in BFHE 157, 458, BStBl II 1989, 815, unter II.2.b --zu § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG 1980--; in BFHE 204, 355, BStBl II 2004, 252, unter II.5.; ferner vom 19. Oktober 2011 XI R 40/09, BFH/NV 2012, 798, Rz 25 --zu § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG--, jeweils m.w.N.).

41

b) Für die streitigen Leistungen kommt in Betracht, dass sie als "Schul- oder Hochschulunterricht" i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG zu beurteilen sind (zur Ballettschule vgl. BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.b). Das FG hat dieses BFH-Urteil, in dem die Rechtsprechung des EuGH aus dem Jahr 2007 umgesetzt wurde, nicht berücksichtigt. Es ging stattdessen unter Hinweis auf die ältere BFH-Rechtsprechung im Urteil in BFHE 204, 355, BStBl II 2004, 252 unzutreffend davon aus, dass allein maßgeblich sei, ob --was hier nicht der Fall sei-- die Voraussetzungen einer beruflichen Ausbildung, beruflichen Fortbildung oder beruflichen Umschulung erfüllt seien.

42

aa) Der Begriff "Schul- und Hochschulunterricht" in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG beschränkt sich nicht auf Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern er schließt andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.2.a aa; in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.b, jeweils m.w.N. zur EuGH-Rechtsprechung).

43

bb) Die Steuerfreiheit der streitigen Leistungen hängt demnach --worauf der Kläger zutreffend hinweist-- nicht davon ab, dass die angebotenen Lehrgänge weder Teil einer gesetzlich geregelten Berufsaus- oder Berufsfortbildung sind, noch auf einen bestimmten Beruf vorbereiten. Auf die Ziele der die Einrichtung besuchenden Personen kommt es für die Steuerbefreiung nicht an. Entscheidend sind vielmehr die Art der erbrachten Leistungen und ihre generelle Eignung als Schul- oder Hochschulunterricht. Deshalb ist es auch ohne Belang, wie hoch der Anteil der Schüler ist, die die Lehrgänge des Klägers tatsächlich im Hinblick auf eine Berufsausbildung oder eine Prüfungsvorbereitung besuchten oder später tatsächlich den Beruf des Kampfkunstlehrers ergriffen haben (zur Ballettschule vgl. BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.c aa, m.w.N.).

44

3. Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Seine Entscheidung war daher aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif.

45

a) Den tatsächlichen Feststellungen des FG lässt sich nicht entnehmen, welche der vom Kläger in seiner Schule angebotenen Unterweisungen den Charakter bloßer Freizeitgestaltung hatten, so dass eine Steuerbefreiung insoweit auch nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG nicht in Betracht kommt. Das FG wird im zweiten Rechtsgang deshalb prüfen müssen, ob und ggf. welche der erbrachten Leistungen der bloßen Freizeitgestaltung gedient haben.

46

Die Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde vom 11. April 2005 kann --über die Anerkennung einer Einrichtung i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG hinaus-- auch Indiz dafür sein, dass die Leistungen, soweit sie dem tatsächlichen Anforderungsprofil der Bescheinigung entsprechen und keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen, nicht den Charakter einer bloßen Freizeitgestaltung haben, was vom FG zutreffend zu würdigen sein wird (zur Ballettschule vgl. BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.c bb). Das FG hat daher Feststellungen dazu zu treffen, ob solche gegenteiligen zur Annahme reiner Freizeitgestaltungen führenden Anhaltspunkte --die sich z.B. aus dem Teilnehmerkreis oder aus der thematischen Zielsetzung eines Lehrgangs ergeben können (vgl. BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.c bb)-- vorliegen.

47

aa) Zu Recht ging die Vorentscheidung allerdings davon aus, dass die in der vom Kläger herausgegebenen und vom FG in Bezug genommenen Werbebroschüre angegebenen Lehrgänge "FrequenChi zur Fettverbrennung" oder "WingTsun als Kampfsport für Kinder" von ihrer thematischen Zielsetzung her auf reine Freizeitgestaltungen schließen lassen, die von der Steuerbefreiung ausgeschlossen sind. Darüber hinaus lassen z.B. auch Lehrgänge für Senioren oder allgemein am Kampfsport interessierte Menschen den Schluss auf Freizeitveranstaltungen zu (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.c bb).

48

bb) Hingegen wird das FG im zweiten Rechtsgang --worauf der Kläger zu Recht hinweist-- berücksichtigen müssen, dass Lehrgänge, die es einem Teilnehmer --wie z.B. Polizisten oder Soldaten-- ermöglichen, die vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten durch Vertiefung und Fortentwicklung beruflich zu nutzen, auch dann unter die Steuerbefreiung fallen, wenn von dieser Möglichkeit nur wenige Teilnehmer Gebrauch machen (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.c bb, unter Hinweis auf Kapitel V Abschn. 1 Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 1777/2005 des Rates vom 17. Oktober 2005 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 77/388/EWG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --nunmehr Kapitel VIII Abschn. 1 Art. 44 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates vom 15. März 2011 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem--).

49

b) Die Annahme eines Schul- oder Hochschulunterrichts setzt ferner voraus, dass --was der Kläger zwar behauptet, wozu jedoch Feststellungen des FG bisher fehlen-- vergleichbare Leistungen in Schulen oder Hochschulen, gleich ob öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich organisiert, erbracht werden (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, Leitsatz 3). Auch diese Feststellungen sind nachzuholen.

50

c) Schließlich wird das FG zu prüfen haben, ob der Kläger seine der Bescheinigung des zuständigen Ministeriums vom 11. April 2005 --die keine zeitliche Beschränkung enthält-- zugrunde gelegte Tätigkeit bereits in den Streitjahren 1999 bis 2003 in derselben Weise ausgeübt hat. Der Senat weist im Übrigen darauf hin, dass es sich bei der Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG um einen Grundlagenbescheid i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO handelt, der Rückwirkung zukommen kann (vgl. dazu BFH-Urteil vom 20. August 2009 V R 25/08, BFHE 226, 479, BStBl II 2010, 15, Leitsätze 1 und 2).

Tenor

1. Der Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für das 2. Kalendervierteljahr 2016 vom 23. Dezember 2016 wird bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung von der Vollziehung ausgesetzt.

2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

I. Streitig ist, ob die Umsätze einer Fahrschule steuerfrei sind.
Die Antragstellerin betreibt in der Rechtsform einer GmbH eine Fahrschule in X. Der Alleingesellschafter der GmbH ist einziger Geschäftsführer und Fahrlehrer der Antragstellerin. Die Ausbildung umfasst die Fahrerlaubnisklassen A (Krafträder) und B (PKW). Der Unterricht wird überwiegend in der Fahrerlaubnisklasse B erteilt. Seit dem 1. Januar 2016 berechnet die Antragstellerin keine Umsatzsteuer mehr.
In ihren vierteljährlichen Umsatzsteuer-Voranmeldungen erklärte die Antragstellerin den Fahrschulunterricht ab Januar 2016 als steuerfreien Umsatz und machte keinen Vorsteuerabzug mehr geltend. Nach Durchführung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung für das 1. und 2. Quartal 2016 (geänderter Bericht vom 6. Dezember 2016, Bl. 49 ff. d. Rechtsbehelfsakte) änderte der Antragsgegner (Finanzamt -FA-) die bisherigen Null-Festsetzungen ab, indem es zuletzt mit Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für das 2. Kalendervierteljahr 2016 vom 23. Dezember 2016 die Fahrschulumsätze als steuerpflichtig behandelte. Von der sich hieraus ergebenden Umsatzsteuer i.H.v. x.xxx,xx EUR zog das FA Vorsteuer i.H.v. x.xxx,xx EUR ab.
Das FA folgte damit der Auffassung des Prüfers, dass der Fahrschulunterricht in den Führerscheinklassen A und B kein steuerbefreiter Unterricht einer allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtung nach § 4 Nr. 21 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) sei. Die Antragstellerin könne sich für die Steuerfreiheit ihrer Umsätze auch nicht auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL, Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 347/1) berufen. Die Ausbildung für einen Motorrad- oder Pkw-Führerschein sei kein Schul- oder Hochschulunterricht, der dem Erwerb oder Erhaltung spezifischer beruflicher Kenntnisse diene, sondern sei dem Bereich der privaten Lebensführung zuzurechnen. Die Antragstellerin sei auch kein „Privatlehrer“ i.S.v. Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL.
Die Antragstellerin hat gegen die geänderte Umsatzsteuerfestsetzung Einspruch eingelegt und die Aussetzung der Vollziehung (AdV) beantragt. Über den Einspruch ist noch nicht entschieden. Den Antrag auf AdV lehnte das FA telefonisch am 25. November 2016 und schriftlich am 6. Dezember 2016 ab.
Die Antragstellerin hat am 27. November 2016 die gerichtliche AdV beantragt. Die Umsatzbesteuerung des Fahrschulunterrichts sei ernstlich zweifelhaft. Zu dieser Frage seien divergierende Entscheidungen von Finanzgerichten ergangen. Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg habe mit Beschluss vom 10. November 2015 (5 V 5144/15, EFG 2016, 320) die AdV gewährt. Gegen ein die Steuerfreiheit des Fahrschulunterrichts verneinendes Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 1. April 2016 (11 K 10284/15, EFG 2016, 1481) sei Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt worden (V R 38/16).
Das FA hält an seiner Rechtsauffassung fest.

Entscheidungsgründe

 
II. 1. Der Aussetzungsantrag ist zulässig.
Nach § 69 Abs. 4 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung an das Gericht nur zulässig, wenn das Finanzamt einen bei ihm gestellten Aussetzungsantrag abgelehnt hat. Der beim Finanzamt gestellte Aussetzungsantrag muss abgelehnt worden sein, bevor ein solcher Antrag bei Gericht gestellt werden kann (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 12. Mai 2000 VI B 266/98, BFHE 192, 1, BStBl II 2000, 536, und vom 16. Dezember 2003 IX B 203/02, BFH/NV 2004, 650). Die Ablehnung eines Antrags auf AdV durch das FA als Zugangsvoraussetzung kann auch mündlich erfolgen (BFH-Beschluss vom 19. November 1990 III S 6/90, BFH/NV 1991, 459). Das FA hat bestätigt, dass es den Aussetzungsantrag am 25. November 2016 und damit vor der Antragstellung beim Finanzgericht abgelehnt hat.
10 
2. Der Aussetzungsantrag ist begründet.
11 
Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Sätze 2 bis 6 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen. Die Vollziehung soll ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen (§ 69 Abs. 2 Satz 2 FGO). Das ist der Fall, wenn bei summarischer Prüfung des Verwaltungsakts gewichtige Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (vgl. z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 11. Juni 2003 IX B 16/03, BFHE 202, 53, BStBl II 2003, 663, m.w.N.). Dabei brauchen die für die Unrechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes sprechenden Bedenken nicht zu überwiegen (BFH-Beschluss vom 28. November 1974 V B 44/74, BStBI. II 1975, 240). Ist die Sach- und Rechtslage nicht eindeutig, so ist im summarischen Verfahren nicht abschließend zu entscheiden, sondern zumindest im Regelfall die Vollziehung auszusetzen (BFH-Beschluss vom 3. Februar 2005 I B 208/04, BStBl II 2005, 351).
12 
3. Nach diesem Maßstab ist im vorliegenden Fall AdV zu gewähren. Es ist ernstlich zweifelhaft, ob der Fahrschulunterricht der Antragstellerin steuerbefreit ist. Die Steuerfreiheit ergibt sich zwar nicht aus § 4 Nr. 21 UStG. Die Antragstellerin könnte sich aber auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSysRL berufen.
13 
a) Die Fahrschulumsätze der Antragstellerin für die Fahrerlaubnisklassen A und B sind nicht nach § 4 Nr. 21 UStG steuerfrei.
14 
Danach sind von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fallenden Umsätzen steuerfrei:
15 
a)    
die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen,
        
aa)     
wenn sie als Ersatzschulen gemäß Artikel 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind oder
        
bb)     
wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten,
b)    
die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer
        
aa)     
an Hochschulen im Sinne der §§ 1 und 70 des Hochschulrahmengesetzes und öffentlichen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schulen oder
        
bb)     
an privaten Schulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen, soweit diese die Voraussetzungen des Buchstabens a erfüllen.
16 
aa) Die Antragstellerin ist keine private Schule oder eine andere allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtungen im Sinne des § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG. Schul- und Bildungsleistungen sind nur befreit, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Es ist zwar davon auszugehen, dass die Antragstellerin über die für den Betrieb einer Fahrschule notwendige Fahrschulerlaubnis und ihr Geschäftsführer über eine Fahrlehrerlaubnis verfügt (vgl. §§ 1 ff. und 10 ff. des Gesetzes über das Fahrlehrerwesen, Fahrlehrergesetz -FahrlG-). Aber selbst wenn mit der behördlich erteilten Fahrschulerlaubnis die ordnungsgemäße Vorbereitung zur Führerscheinprüfung - im Sinne einer vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung - durch die Antragstellerin dokumentiert wäre, würde es am Tatbestandsmerkmal einer privaten Schule oder anderen allgemeinbildenden oder berufsbildender Einrichtung fehlen. Fahrschulen sind keine Privatschulen i.S. des § 7 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG). Ihnen fehlt nach einem Urteil des BFH vom 14. März 1974 (V R 54/73, BStBl. II 1974, 527 zur insoweit inhaltsgleichen Vorgängerregelung in § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG 1967) auch die Eigenschaft einer allgemein- oder berufsbildenden Einrichtung. Dieser Auffassung hat sich die Finanzverwaltung angeschlossen, soweit es sich um Fahrschulunterricht für einen Motorrad- oder PKW-Führerschein handelt (vgl. Abschn. 4.21.2. Abs. 6 des Umsatzsteueranwendungserlasses 2015/16).
17 
bb) Die Antragstellerin ist auch nicht als selbstständiger Lehrer an einer privaten Schule oder anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtung im Sinne von § 4 Nr. 21 Buchst. b Doppelbuchstabe bb UStG tätig. Sie erbringt ihre Unterrichts- und Schulungsleistungen unmittelbar gegenüber ihren Schülern und nicht gegenüber den in dieser Vorschrift genannten Einrichtungen.
18 
b) Weil eine entsprechende Steuerbefreiung im deutschen Umsatzsteuerrecht fehlt, könnte sich die Antragstellerin unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSysRL berufen (vgl. BFH-Urteil vom 21. März 2007 V R 28/04, BStBl II 2010, 999). Auf die Frage, ob eine richtlinienkonforme Auslegung des § 4 Nr. 21 UStG zu einem über die bisherige Interpretation hinausgehenden Verständnis dieser Befreiungsvorschrift führen müsste, kommt es daher nicht an.
19 
aa) Ebenso wie die Vorgängervorschrift in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) befreit Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSysRL "den von Privatlehrern erteilten Schul- und Hochschulunterricht".
20 
Unter Berücksichtigung der teilweise voneinander abweichenden Sprachfassungen dieser Bestimmungen hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die Befreiungsvorschrift weit ausgelegt. Bei der Auslegung der Tatbestandsmerkmale der Steuerbefreiungen sei zwar zu berücksichtigen, dass die Begriffe, mit denen die Steuerbefreiungen nach Art. 13 der Richtlinie 77/388/EWG umschrieben sind, eng auszulegen sind, weil Steuerbefreiungen Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Mehrwertsteuer unterliegt (EuGH-Urteil vom 19. April 2007 C-455/05, Velvet & Steel, UR 2007, 379). Eine besonders enge Auslegung des Begriffs "Schul- und Hochschulunterricht" würde aber die Gefahr einer unterschiedlichen Anwendung des Mehrwertsteuerrechts in den Mitgliedstaaten hervorrufen (EuGH-Urteile vom 14. Juni 2007 C-445/05, Haderer, Slg. 2007, I-4841 und vom 28. Januar 2010 C-473/08, Eulitz, Slg. 2010, I-907).
21 
Der Begriff "Schul- und Hochschulunterricht" beschränkt sich daher nicht auf Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern er schließt andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (EuGH-Urteil vom 14. Juni 2007 C-445/05, Haderer, Slg. 2007, I-4841). Die Steuerfreiheit der streitigen Fahrschulleistungen hängt demnach nicht davon ab, dass die angebotenen Kurse Teil einer gesetzlich geregelten Berufsausbildung oder Berufsfortbildung sind oder auf einen bestimmten Beruf vorbereiten. Auf die Ziele der die Einrichtung besuchenden Personen kommt es für die Steuerbefreiung nicht an. Entscheidend sind vielmehr die Art der erbrachten Leistungen und ihre generelle Eignung als Schul- oder Hochschulunterricht (vgl. BFH-Urteile vom 27. September 2007 V R 75/03, BFHE 219, 250, BStBl II 2008, 323 „Haderer“; vom 10. Januar 2008 V R 52/06, BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725 „Sofortmaßnahmen am Unfallort“; vom 24. Januar 2008 V R 3/05, BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267 „Ballettschule“; BFH-Beschluss vom 10. Juli 2012 V B 33/12, BFH/NV 2012, 1676 „Fahrsicherheitstraining“; BFH-Urteile vom 28. Mai 2013 XI R 35/11, BFHE 242, 250, BStBl II 2013, 879 „Kampfsportschule“ und vom 5. Juni 2014 V R 19/13, BFHE 245, 433, BFH/NV 2014, 1687 „Schwimmunterricht“).
22 
Der EuGH hat ferner entschieden, Schul- oder Hochschulunterricht werde „von Privatlehrern erteilt“, wenn die Lehrer dabei für eigene Rechnung und in eigener Verantwortung handeln (EuGH-Urteile vom 14. Juni 2007 C-445/05, Haderer, Slg. 2007, I-4841 und vom 28. Januar 2010 C-473/08, Eulitz, Slg. 2010, I-907, jeweils zu Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG).
23 
bb) Nach diesen Maßstäben ist es bei summarischer Prüfung möglich, dass die Antragstellerin die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSysRL erfüllt.
24 
Die Antragstellerin erbringt ihre Fahrschulleistungen auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung. Sie könnte daher ein Privatlehrer sein, der seinen Schülern die für das Führen eines Kraftrads oder PKW notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt, die nicht Bestandteil einer Berufsausbildung sein müssen. Der Erwerb eines Führerscheins - jedenfalls in der Fahrerlaubnisklasse B - ist auch nicht zweifelsfrei als bloße Freizeitgestaltung anzusehen. Unabhängig von dem für viele Berufe notwendigen Besitz eines PKW-Führerscheines gehört nach § 1 Abs. 2 der Fahrschüler-Ausbildungsordnung (BGBl I 2012, 1318) zu den Zielen der Fahrausbildung neben den verkehrstechnischen Fähigkeiten auch das Wissen über die Auswirkungen von Fahrfehlern und eine realistische Selbsteinschätzung, Bereitschaft und Fähigkeit zum rücksichtsvollen und partnerschaftlichen Verhalten und das Bewusstsein für die Bedeutung von Emotionen beim Fahren sowie Verantwortung für Leben und Gesundheit, Umwelt und Eigentum. Das sind Fähigkeiten, die über die bloße Beherrschung von Fahrzeug und Verkehrsregeln deutlich hinausgehen (Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. November 2015 5 V 5144/15, EFG 2016, 320). Dass kann ein Gemeinwohlinteresse begründen, wie es für den Schwimmunterricht vom BFH für die Steuerbefreiung als möglicherweise ausreichend angesehen wurde (BFH-Urteil vom 5. Juni 2014 V R 19/13, BFHE 245, 433, BFH/NV 2014, 1687).
25 
Demgegenüber hat es das Niedersächsische Finanzgericht als entscheidend angesehen, dass - anders als in den Entscheidungen des BFH zu Kursen für „Sofortmaßnahmen am Unfallort“ und „Fahrsicherheitstraining“ - der praktische Unterricht der Fahrschulen, also die sogenannten Fahrstunden, nach der Empfehlung zur Verkehrserziehung in der Schule weder erforderlicher noch wünschenswerter Bestandteil des Schul- oder Hochschulunterrichts seien (Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 1. April 2016 11 K 10284/15, EFG 2016, 1481 unter Hinweis auf einen Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 7. Juli 1972 in der Fassung des Beschlusses vom 17. Juni 1994). Die Beantwortung der Frage, ob es für die Auslegung des Begriffs "Schul- und Hochschulunterricht" vor dem Hintergrund einer zu vermeidenden unterschiedlichen Anwendung des Mehrwertsteuerrechts in den Mitgliedstaaten auf eine sich stetig wandelnde Bewertung von Unterrichts- und Bildungsinhalten durch innerstaatliche Institutionen ankommen kann, bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.
26 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Gründe

 
II. 1. Der Aussetzungsantrag ist zulässig.
Nach § 69 Abs. 4 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung an das Gericht nur zulässig, wenn das Finanzamt einen bei ihm gestellten Aussetzungsantrag abgelehnt hat. Der beim Finanzamt gestellte Aussetzungsantrag muss abgelehnt worden sein, bevor ein solcher Antrag bei Gericht gestellt werden kann (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 12. Mai 2000 VI B 266/98, BFHE 192, 1, BStBl II 2000, 536, und vom 16. Dezember 2003 IX B 203/02, BFH/NV 2004, 650). Die Ablehnung eines Antrags auf AdV durch das FA als Zugangsvoraussetzung kann auch mündlich erfolgen (BFH-Beschluss vom 19. November 1990 III S 6/90, BFH/NV 1991, 459). Das FA hat bestätigt, dass es den Aussetzungsantrag am 25. November 2016 und damit vor der Antragstellung beim Finanzgericht abgelehnt hat.
10 
2. Der Aussetzungsantrag ist begründet.
11 
Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Sätze 2 bis 6 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen. Die Vollziehung soll ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen (§ 69 Abs. 2 Satz 2 FGO). Das ist der Fall, wenn bei summarischer Prüfung des Verwaltungsakts gewichtige Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (vgl. z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 11. Juni 2003 IX B 16/03, BFHE 202, 53, BStBl II 2003, 663, m.w.N.). Dabei brauchen die für die Unrechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes sprechenden Bedenken nicht zu überwiegen (BFH-Beschluss vom 28. November 1974 V B 44/74, BStBI. II 1975, 240). Ist die Sach- und Rechtslage nicht eindeutig, so ist im summarischen Verfahren nicht abschließend zu entscheiden, sondern zumindest im Regelfall die Vollziehung auszusetzen (BFH-Beschluss vom 3. Februar 2005 I B 208/04, BStBl II 2005, 351).
12 
3. Nach diesem Maßstab ist im vorliegenden Fall AdV zu gewähren. Es ist ernstlich zweifelhaft, ob der Fahrschulunterricht der Antragstellerin steuerbefreit ist. Die Steuerfreiheit ergibt sich zwar nicht aus § 4 Nr. 21 UStG. Die Antragstellerin könnte sich aber auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSysRL berufen.
13 
a) Die Fahrschulumsätze der Antragstellerin für die Fahrerlaubnisklassen A und B sind nicht nach § 4 Nr. 21 UStG steuerfrei.
14 
Danach sind von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fallenden Umsätzen steuerfrei:
15 
a)    
die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen,
        
aa)     
wenn sie als Ersatzschulen gemäß Artikel 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind oder
        
bb)     
wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten,
b)    
die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer
        
aa)     
an Hochschulen im Sinne der §§ 1 und 70 des Hochschulrahmengesetzes und öffentlichen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schulen oder
        
bb)     
an privaten Schulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen, soweit diese die Voraussetzungen des Buchstabens a erfüllen.
16 
aa) Die Antragstellerin ist keine private Schule oder eine andere allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtungen im Sinne des § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG. Schul- und Bildungsleistungen sind nur befreit, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Es ist zwar davon auszugehen, dass die Antragstellerin über die für den Betrieb einer Fahrschule notwendige Fahrschulerlaubnis und ihr Geschäftsführer über eine Fahrlehrerlaubnis verfügt (vgl. §§ 1 ff. und 10 ff. des Gesetzes über das Fahrlehrerwesen, Fahrlehrergesetz -FahrlG-). Aber selbst wenn mit der behördlich erteilten Fahrschulerlaubnis die ordnungsgemäße Vorbereitung zur Führerscheinprüfung - im Sinne einer vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung - durch die Antragstellerin dokumentiert wäre, würde es am Tatbestandsmerkmal einer privaten Schule oder anderen allgemeinbildenden oder berufsbildender Einrichtung fehlen. Fahrschulen sind keine Privatschulen i.S. des § 7 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG). Ihnen fehlt nach einem Urteil des BFH vom 14. März 1974 (V R 54/73, BStBl. II 1974, 527 zur insoweit inhaltsgleichen Vorgängerregelung in § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG 1967) auch die Eigenschaft einer allgemein- oder berufsbildenden Einrichtung. Dieser Auffassung hat sich die Finanzverwaltung angeschlossen, soweit es sich um Fahrschulunterricht für einen Motorrad- oder PKW-Führerschein handelt (vgl. Abschn. 4.21.2. Abs. 6 des Umsatzsteueranwendungserlasses 2015/16).
17 
bb) Die Antragstellerin ist auch nicht als selbstständiger Lehrer an einer privaten Schule oder anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtung im Sinne von § 4 Nr. 21 Buchst. b Doppelbuchstabe bb UStG tätig. Sie erbringt ihre Unterrichts- und Schulungsleistungen unmittelbar gegenüber ihren Schülern und nicht gegenüber den in dieser Vorschrift genannten Einrichtungen.
18 
b) Weil eine entsprechende Steuerbefreiung im deutschen Umsatzsteuerrecht fehlt, könnte sich die Antragstellerin unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSysRL berufen (vgl. BFH-Urteil vom 21. März 2007 V R 28/04, BStBl II 2010, 999). Auf die Frage, ob eine richtlinienkonforme Auslegung des § 4 Nr. 21 UStG zu einem über die bisherige Interpretation hinausgehenden Verständnis dieser Befreiungsvorschrift führen müsste, kommt es daher nicht an.
19 
aa) Ebenso wie die Vorgängervorschrift in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) befreit Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSysRL "den von Privatlehrern erteilten Schul- und Hochschulunterricht".
20 
Unter Berücksichtigung der teilweise voneinander abweichenden Sprachfassungen dieser Bestimmungen hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die Befreiungsvorschrift weit ausgelegt. Bei der Auslegung der Tatbestandsmerkmale der Steuerbefreiungen sei zwar zu berücksichtigen, dass die Begriffe, mit denen die Steuerbefreiungen nach Art. 13 der Richtlinie 77/388/EWG umschrieben sind, eng auszulegen sind, weil Steuerbefreiungen Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Mehrwertsteuer unterliegt (EuGH-Urteil vom 19. April 2007 C-455/05, Velvet & Steel, UR 2007, 379). Eine besonders enge Auslegung des Begriffs "Schul- und Hochschulunterricht" würde aber die Gefahr einer unterschiedlichen Anwendung des Mehrwertsteuerrechts in den Mitgliedstaaten hervorrufen (EuGH-Urteile vom 14. Juni 2007 C-445/05, Haderer, Slg. 2007, I-4841 und vom 28. Januar 2010 C-473/08, Eulitz, Slg. 2010, I-907).
21 
Der Begriff "Schul- und Hochschulunterricht" beschränkt sich daher nicht auf Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern er schließt andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (EuGH-Urteil vom 14. Juni 2007 C-445/05, Haderer, Slg. 2007, I-4841). Die Steuerfreiheit der streitigen Fahrschulleistungen hängt demnach nicht davon ab, dass die angebotenen Kurse Teil einer gesetzlich geregelten Berufsausbildung oder Berufsfortbildung sind oder auf einen bestimmten Beruf vorbereiten. Auf die Ziele der die Einrichtung besuchenden Personen kommt es für die Steuerbefreiung nicht an. Entscheidend sind vielmehr die Art der erbrachten Leistungen und ihre generelle Eignung als Schul- oder Hochschulunterricht (vgl. BFH-Urteile vom 27. September 2007 V R 75/03, BFHE 219, 250, BStBl II 2008, 323 „Haderer“; vom 10. Januar 2008 V R 52/06, BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725 „Sofortmaßnahmen am Unfallort“; vom 24. Januar 2008 V R 3/05, BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267 „Ballettschule“; BFH-Beschluss vom 10. Juli 2012 V B 33/12, BFH/NV 2012, 1676 „Fahrsicherheitstraining“; BFH-Urteile vom 28. Mai 2013 XI R 35/11, BFHE 242, 250, BStBl II 2013, 879 „Kampfsportschule“ und vom 5. Juni 2014 V R 19/13, BFHE 245, 433, BFH/NV 2014, 1687 „Schwimmunterricht“).
22 
Der EuGH hat ferner entschieden, Schul- oder Hochschulunterricht werde „von Privatlehrern erteilt“, wenn die Lehrer dabei für eigene Rechnung und in eigener Verantwortung handeln (EuGH-Urteile vom 14. Juni 2007 C-445/05, Haderer, Slg. 2007, I-4841 und vom 28. Januar 2010 C-473/08, Eulitz, Slg. 2010, I-907, jeweils zu Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG).
23 
bb) Nach diesen Maßstäben ist es bei summarischer Prüfung möglich, dass die Antragstellerin die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSysRL erfüllt.
24 
Die Antragstellerin erbringt ihre Fahrschulleistungen auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung. Sie könnte daher ein Privatlehrer sein, der seinen Schülern die für das Führen eines Kraftrads oder PKW notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt, die nicht Bestandteil einer Berufsausbildung sein müssen. Der Erwerb eines Führerscheins - jedenfalls in der Fahrerlaubnisklasse B - ist auch nicht zweifelsfrei als bloße Freizeitgestaltung anzusehen. Unabhängig von dem für viele Berufe notwendigen Besitz eines PKW-Führerscheines gehört nach § 1 Abs. 2 der Fahrschüler-Ausbildungsordnung (BGBl I 2012, 1318) zu den Zielen der Fahrausbildung neben den verkehrstechnischen Fähigkeiten auch das Wissen über die Auswirkungen von Fahrfehlern und eine realistische Selbsteinschätzung, Bereitschaft und Fähigkeit zum rücksichtsvollen und partnerschaftlichen Verhalten und das Bewusstsein für die Bedeutung von Emotionen beim Fahren sowie Verantwortung für Leben und Gesundheit, Umwelt und Eigentum. Das sind Fähigkeiten, die über die bloße Beherrschung von Fahrzeug und Verkehrsregeln deutlich hinausgehen (Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. November 2015 5 V 5144/15, EFG 2016, 320). Dass kann ein Gemeinwohlinteresse begründen, wie es für den Schwimmunterricht vom BFH für die Steuerbefreiung als möglicherweise ausreichend angesehen wurde (BFH-Urteil vom 5. Juni 2014 V R 19/13, BFHE 245, 433, BFH/NV 2014, 1687).
25 
Demgegenüber hat es das Niedersächsische Finanzgericht als entscheidend angesehen, dass - anders als in den Entscheidungen des BFH zu Kursen für „Sofortmaßnahmen am Unfallort“ und „Fahrsicherheitstraining“ - der praktische Unterricht der Fahrschulen, also die sogenannten Fahrstunden, nach der Empfehlung zur Verkehrserziehung in der Schule weder erforderlicher noch wünschenswerter Bestandteil des Schul- oder Hochschulunterrichts seien (Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 1. April 2016 11 K 10284/15, EFG 2016, 1481 unter Hinweis auf einen Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 7. Juli 1972 in der Fassung des Beschlusses vom 17. Juni 1994). Die Beantwortung der Frage, ob es für die Auslegung des Begriffs "Schul- und Hochschulunterricht" vor dem Hintergrund einer zu vermeidenden unterschiedlichen Anwendung des Mehrwertsteuerrechts in den Mitgliedstaaten auf eine sich stetig wandelnde Bewertung von Unterrichts- und Bildungsinhalten durch innerstaatliche Institutionen ankommen kann, bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.
26 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Tatbestand

1

Die Klägerin führte an öffentlichen Schulen Testverfahren durch, um berufsübergreifend einsetzbare Kompetenzen und Neigungen der Schüler festzustellen. Diese sogenannten Potenzialchecks sind Teil der an öffentlichen Schulen in Nordrhein-Westfalen auch im Rahmen des Unterrichts stattfindenden Maßnahmen der beruflichen Orientierung, mit denen die Schüler in der Phase des Übergangs von der Schule in den Beruf zu einer fundierten Berufswahl befähigt werden sollen.

2

Der Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer - für die Befreiung von der Umsatzsteuer notwendigen - Bescheinigung hinsichtlich der ordnungsgemäßen Durchführung der Potenzialchecks ab. Das Verwaltungsgericht hat die auf Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung der beantragten Bescheinigung gerichtete Klage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Klägerin mit im Wesentlichen folgender Begründung zurückgewiesen: Voraussetzung für die Erteilung einer Bescheinigung sei nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG u.a., dass die Leistungen der privaten Einrichtung "auf einen Beruf vorbereiten". Von "Berufsvorbereitung" könne nur bei Leistungen gesprochen werden, die der Vermittlung spezieller, für die Ausübung bestimmter Berufe notwendiger Kenntnisse und Fertigkeiten dienten. Bei den von der Klägerin durchgeführten Potenzialchecks handle es sich hingegen um Hilfen zur - der "Berufsvorbereitung" zeitlich vorgelagerten - Berufswahl. Der Zweck des § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG gebiete ebenfalls keine Ausweitung der steuerlichen Begünstigung auf die Berufswahlvorbereitung. Mit der Steuerbefreiung solle neben der Förderung der schulischen und beruflichen Aus- und Fortbildung die steuerliche Gleichbehandlung der privaten und der nach § 2 Abs. 3 UStG nicht der Umsatzsteuer unterliegenden öffentlichen Schulen herbeigeführt werden. Dieser Zweck greife hier nicht, weil Hilfen zur beruflichen Orientierung nicht zum "klassischen" Bestandteil der Schulausbildung gehörten, sondern von den Schulen in Kooperation mit anderen Trägern erbracht würden. Gegen eine erweiternde Auslegung spreche außerdem die Zweistufigkeit des Verfahrens, nämlich die Entscheidung der zuständigen Landesbehörde über die vorliegend in Rede stehende Erteilung der Bescheinigung einer ordnungsgemäßen Aus- und Fortbildung auf der ersten Stufe und die nachfolgende, der Finanzverwaltung obliegende Entscheidung über die Umsatzsteuerbefreiung selbst auf der zweiten Stufe. Mit dieser Zweistufigkeit solle das spezifische Fachwissen der zuständigen Landesbehörde nutzbar gemacht werden, die im Unterschied zur Finanzverwaltung über die für eine Beurteilung der "Ordnungsgemäßheit" der Aus- und Fortbildung notwendigen Informationen und Kenntnisse verfüge. Diese Verfahrensgestaltung sei nur sinnvoll, soweit für einen bestimmten Beruf ein Ausbildungskanon vorhanden sei, mit dem die von der privaten Einrichtung erbrachte Leistung verglichen werden könne. Daran fehle es bei Maßnahmen, die lediglich der Vorbereitung der Berufswahl dienten. Auch Unionsrecht zwinge nicht zur Erteilung der begehrten Bescheinigung. Dabei könne offenbleiben, ob Maßnahmen privater Einrichtungen zur Vorbereitung der Berufswahl als solche oder als eng mit dem Schulunterricht verbundene Dienstleistungen nach der Mehrwertsteuersystemrichtlinie von der Umsatzsteuer befreit werden müssten. Denn eine diesem unionsrechtlichen Anspruch Rechnung tragende richtlinienkonforme Auslegung des § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG komme nicht in Betracht, weil sie weder mit dem Wortlaut der Vorschrift ("Berufsvorbereitung") noch mit Sinn und Zweck der Verfahrensstufung vereinbar wäre.

3

Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Revision vor: Die Begrenzung des Bescheinigungsverfahrens auf die schulische Wissensvermittlung werde der heutigen Schulpraxis nicht gerecht. Die Heranführung der Schüler an den Beruf durch Maßnahmen der Berufsorientierung gehöre mittlerweile zum Schulalltag. Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts stünden weder Wortlaut noch Sinn und Zweck des § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG einer Anwendung des Bescheinigungsverfahrens auf solche Maßnahmen entgegen, die ein notwendiges Bindeglied zwischen Schulausbildung und anschließender Berufsausbildung darstellten. Eine entsprechende erweiternde Auslegung sei unionsrechtlich geboten, um dem nach der Mehrwertsteuersystemrichtlinie gegebenen Anspruch auf Befreiung von Maßnahmen zur beruflichen Orientierung von Schülern von der Umsatzsteuer zur Durchsetzung zu verhelfen.

4

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 5. Oktober 2011 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 12. Januar 2010 zu ändern, den Bescheid der Bezirksregierung Köln vom 3. Juni 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin zu bescheinigen, dass ihre im Antrag vom 2. Februar 2009 bezeichneten Maßnahmen auf einen Beruf ordnungsgemäß vorbereiten,

hilfsweise,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.

5

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und stellt den Antrag,

die Revision zurückzuweisen.

6

Der Vertreter des Bundesinteresses stellt keinen Antrag.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

8

Gemäß § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG sind steuerfrei die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, für die der beruflichen Orientierung der Schüler bzw. deren Vorbereitung auf die Berufswahl dienenden Leistungen der Klägerin könne eine Bescheinigung nicht erteilt werden. Dem Tatbestandsmerkmal "Vorbereitung auf einen Beruf" unterfielen nur solche Leistungen privater Einrichtungen, die einen Bezug zu einem bestimmten Beruf aufweisen. Das trifft nicht zu. Vielmehr ist § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG nach Sinn und Zweck der Vorschrift (1.) und unter Berücksichtigung des unionsrechtlichen Effektivitätsprinzips (2.) erweiternd dahin auszulegen, dass auch Leistungen privater Einrichtungen erfasst sind, die der "beruflichen Orientierung" bzw. der "Vorbereitung auf die Wahl eines Berufs" dienen (Änderung der bisherigen Rechtsprechung, vgl. Urteil vom 3. Dezember 1976 - BVerwG 7 C 73.75 - Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 1 S. 3).

9

1. Die Befreiung der schulischen und beruflichen Ausbildung durch Privatschulen und andere vergleichbare Bildungseinrichtungen von der Umsatzsteuer nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) UStG bezweckt - neben der Förderung solcher Leistungen - deren steuerliche Gleichbehandlung mit den nach § 2 Abs. 3 UStG nicht der Umsatzsteuer unterliegenden öffentlich-rechtlichen Ausbildungsträgern (vgl. BFH, Urteil vom 18. Dezember 2003 - V R 62/02 - BFHE 204, 355 <359> m.w.N.; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 4. Mai 2006 - BVerwG 10 C 10.05 - Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 2 Rn. 17 und Beschluss vom 31. Juli 2008 - BVerwG 9 B 80.07 - Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 5 Rn. 9 zu § 4 Nr. 20 Buchst. a) UStG). Dieses Ziel umsatzsteuerlicher Gleichbehandlung der in gleicher Weise von öffentlich-rechtlichen und von privaten Ausbildungsträgern erbrachten Leistungen wird verfehlt, wenn die Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG nur für Leistungen erteilt wird, die der Vorbereitung auf einen bestimmten Beruf dienen. Die öffentlich-rechtlichen Einrichtungen nehmen jedenfalls in der Phase des Übergangs der Schüler von der Schule in den Beruf mittlerweile Aufgaben wahr, die über den "klassischen" Schulunterricht hinausgehen. Nach § 5 Abs. 2 SchulG NRW sollen die Schulen in gemeinsamer Verantwortung mit den dort bezeichneten Trägern Hilfen zur beruflichen Orientierung geben. Die berufliche Orientierung von Schülern gehört zu den Aufgaben der Schule (vgl. LTDrucks 14/1572 S. 79). Die Veranstaltungen der Berufsorientierung in der Schule sind demgemäß Bestandteil des Schulunterrichts; die Schule ermöglicht die Durchführung von Gruppenveranstaltungen, individuellen Beratungsgesprächen sowie Eignungsuntersuchungen auch während der Unterrichtszeit im Einvernehmen mit der Schule (Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom 6. November 2007 - ABl. NRW. 12/07). Damit stellt die Aufgabe der beruflichen Orientierung der Schüler ein Bindeglied zwischen "klassischer" Schulausbildung und anschließender Berufsausbildung dar. Die von der Klägerin durchgeführten Potenzialchecks mit anschließender individueller Beratung decken einen Teil dieses den Schulen zugewachsenen Aufgabenbereichs ab. Das Testverfahren ist in Nordrhein-Westfalen an private Einrichtungen ausgelagert, es wird nach den unbestrittenen Angaben des Vertreters des Bundesministeriums für Bildung und Forschung in der mündlichen Verhandlung in anderen Bundesländern durch entsprechend geschulte Lehrer an den öffentlichen Schulen selbst wahrgenommen.

10

Aufgrund dieser Erweiterung des Bildungsauftrags der Schulen ist es gerechtfertigt und mit Blick auf die vom Gesetzgeber bezweckte steuerrechtliche Gleichbehandlung von allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen in öffentlich-rechtlicher und privater Trägerschaft geboten, das Merkmal "Vorbereitung auf einen Beruf" in § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG erweiternd auszulegen. Nicht nur die Vermittlung spezieller Kenntnisse und Fertigkeiten, die zur Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten notwendig sind, sondern auch die Vorbereitung auf einen Beruf schlechthin ist als steuerrechtlich begünstigte Berufsvorbereitung zu verstehen (Änderung der bisherigen Rechtsprechung, vgl. Urteil vom 3. Dezember 1976 a.a.O.) Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass es sich bei der Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG um einen für das weitere Verfahren verbindlichen Grundlagenbescheid i.S.d. § 171 Abs. 10 AO handelt (vgl. BFH, Urteil vom 20. August 2009 - V R 25/08 - BFHE 226, 479 <484 f.>). Lehnt die zuständige Landesbehörde die Erteilung der Bescheinigung für bestimmte Leistungen einer privaten Einrichtung ab, ist die Finanzverwaltung auch dann gehindert, diese Leistungen als umsatzsteuerfrei zu behandeln, wenn sie in gleicher Weise von öffentlich-rechtlichen, der Umsatzsteuer nicht unterliegenden Bildungsträgern erbracht werden (vgl. BFH, Urteil vom 23. August 2007 - V R 4/05 - BFHE 217, 327 <330 f.>; BVerwG, Urteil vom 4. Mai 2006 a.a.O. Rn. 21 zur Bescheinigung nach § 4 Nr. 20 Buchst. a) UStG).

11

Die jeder Auslegung gesetzte Wortlautgrenze steht der Erteilung einer Bescheinigung für Leistungen zur Vorbereitung der Berufswahl nicht entgegen. Denn unter "Vorbereitung auf einen Beruf" i.S.d. § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG kann nach dem Wortsinn auch die Vorbereitung "auf irgendeinen Beruf" oder "auf das Berufsleben" verstanden werden (vgl. bereits VG Aachen, Urteil vom 22. Oktober 2010 - 7 K 1519/09 - juris Rn. 43 ff.). Auch der verfahrensrechtliche Zweck der Vorschrift, auf einer ersten, der Steuerbefreiung durch die Finanzverwaltung vorgelagerten Stufe das spezifische Fachwissen der zuständigen Landesbehörde über die ordnungsgemäße schulische und berufliche Ausbildung zu nutzen, erfordert nicht, den Anwendungsbereich des Bescheinigungsverfahrens auf Leistungen zur Vorbereitung auf einen bestimmten Beruf zu beschränken. Die Verfahrensstufung ist nicht nur dann sinnvoll, wenn es um die fachkundige Beurteilung geht, ob die Leistungen der privaten Einrichtung gemessen an einem bestimmten Ausbildungskanon oder einer bestimmten Prüfungsordnung öffentlich-rechtlicher Träger "ordnungsgemäß" sind, wie das Oberverwaltungsgericht meint. Vielmehr sind auch für die Beantwortung der Frage, ob die hier in Rede stehenden Maßnahmen der Berufsorientierung ebenso wie die die Maßnahmen anbietende (private) Einrichtung und das von ihr eingesetzte Personal die erforderliche Eignung aufweisen, um die Ziele der im Bereich der schulischen bzw. beruflichen Ausbildung tätigen öffentlich-rechtlichen Träger in vergleichbarer Weise zu erfüllen, spezifische Kenntnisse über deren Unterrichtsinhalte und deren Praxis hilfreich, wie sie bei der zuständigen Landesbehörde, nicht aber bei der Finanzverwaltung vorliegen. Zwar mag dieser Gesichtspunkt hier unschwer zu klären sein, weil die von der Klägerin vorgenommenen Potenzialchecks an öffentlichen Schulen stattfinden und in die von der Schule selbst durchgeführten Maßnahmen der Berufsorientierung eingebunden sind. Anders liegt es jedoch, wenn eine allein von einer privaten Einrichtung verantwortete und in ihren Räumen durchgeführte Maßnahme an der Praxis öffentlich-rechtlicher Einrichtungen zu messen ist.

12

2. Die Erweiterung des Anwendungsbereichs des Bescheinigungsverfahrens auf Leistungen zur beruflichen Orientierung ist - unter Berücksichtigung des Zwecks der in § 4 Nr. 21 Buchst. a) UStG normierten Verfahrensstufung - durch das unionsrechtliche Effektivitätsprinzip geboten.

13

Nach dem unionsrechtlichen Effektivitätsprinzip sind nationale Rechtsvorschriften so weit wie möglich dahin auszulegen, dass sie die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (EuGH, Urteile vom 2. Oktober 2003 - Rs. C-147/01, Webers Wine World u.a. - Slg. 2003, I-11365 Rn. 103, 117 und vom 13. März 2007 - Rs. C-432/05, Unibet - Slg. 2007, I-2271 Rn. 43 f.; stRspr). Wie bereits ausgeführt, handelt es sich bei der Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG um einen für die Finanzverwaltung verbindlichen Grundlagenbescheid. Daher sind die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift bis hin zur Wortlautgrenze so auszulegen, dass hinsichtlich aller Leistungen privater Einrichtungen, für die nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MWSt-RL) ein Anspruch auf Befreiung von der Umsatzsteuer in Betracht kommt, eine Bescheinigung erteilt werden kann. Dadurch wird zugleich dem Zweck der Verfahrensstufung möglichst weitgehend Rechnung getragen, dass vor der eigentlichen Steuerbefreiung durch die Finanzverwaltung zunächst die zuständige Landesbehörde ihr spezifisches Fachwissen über die Leistungsinhalte der öffentlich-rechtlichen Einrichtungen einbringt. Wie in Fällen zu verfahren ist, in denen der Wortlaut des § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG einer Anwendung des Bescheinigungsverfahrens auf Leistungen entgegensteht, die unionsrechtlich von der Umsatzsteuer zu befreien sind, bedarf keiner Erörterung; wie bereits ausgeführt, wird die Wortlautgrenze bezogen auf die hier in Rede stehenden Leistungen nicht überschritten (zur unmittelbaren Anwendung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) MWSt-RL durch die Finanzverwaltung vgl. BFH, Urteile vom 21. März 2007 - V R 28/04 - BFHE 217, 59 <61 f.>, vom 10. Januar 2008 - V R 52/06 - BFHE 221, 295 <298> und vom 24. Januar 2008 - V R 3/05 - BFHE 221, 302 <306 f.>).

14

Es kann keine vernünftigen Zweifel darüber geben, dass Leistungen der beruflichen Orientierung bzw. zur Vorbereitung auf die Wahl eines Berufs unter den Begriff des "Schulunterrichts" i.S.d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) MWSt-RL fallen können und damit von der Umsatzsteuer zu befreien sind. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist der autonome unionsrechtliche Begriff des "Schul- und Hochschulunterrichts" zur Vermeidung einer mit Blick auf die unterschiedliche Gestaltung der jeweiligen Unterrichtssysteme von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlichen Anwendung des Mehrwertsteuersystems nicht eng auszulegen. Der Begriff beschränkt sich nicht auf Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt. Vielmehr schließt er andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler und Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (EuGH, Urteile vom 14. Juni 2007 - Rs. C-445/05, Haderer - Slg. 2007, I-4844 Rn. 24, 26 und vom 28. Januar 2010 - Rs. C-473/08, Eulitz - Slg. 2010, I-907 Rn. 29 f.). Einzelne "in Schulen" geleistete Hilfen zur beruflichen Orientierung wie etwa das "Bewerbungstraining" oder die Vermittlung von Kenntnissen über das Verhalten bei Vorstellungsgesprächen, über bestimmte Berufsfelder oder über die Arbeitsmarktsituation stellen nach der weiten Auslegung durch den Gerichtshof der Europäischen Union zweifellos "Schulunterricht" dar. Es spricht einiges dafür, dass das auch für die von der Klägerin durchgeführten Potenzialchecks zutrifft. Denn bei diesen Testverfahren geht es nicht nur um die bloße Feststellung bereits vorhandener Kompetenzen und Neigungen der Schüler. Diese sollen vielmehr dazu befähigt werden, die Kenntnisse über ihre eigenen Kompetenzen und Interessen zielorientiert bei der Berufswahl einzusetzen.

15

Letztlich kann diese Frage jedoch offenbleiben. Entscheidend ist mit Blick auf das unionsrechtliche Effektivitätsprinzip, dass für Maßnahmen, die der Vorbereitung der Berufswahl dienen, ein Anspruch auf Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) MWSt-RL bestehen kann. Es bedarf auch mit Blick auf die Harmonisierung der Umsatzsteuerbefreiung innerhalb der Europäischen Union (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Juni 2007 a.a.O. Rn. 17 und 26) keiner Klärung, ob bei sämtlichen Maßnahmen, die im Rahmen beruflicher Orientierung erbracht werden können, die Voraussetzungen des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) MWSt-RL für eine Steuerbefreiung vorliegen. Denn die Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG trifft keine verbindliche Entscheidung darüber, ob die Leistungen der privaten Einrichtung, auf die sie sich bezieht, nach Unionsrecht von der Umsatzsteuer zu befreien sind oder nicht. Diese Frage unterliegt vielmehr der nachfolgenden eigenständigen Prüfung durch die Finanzverwaltung (vgl. BFH, Urteile vom 24. Januar 2008 a.a.O. S. 307 ff. und vom 10. Januar 2008 a.a.O. S. 298 ff.; zur Abgrenzung des Regelungsgehalts der Bescheinigung von den weiteren in § 4 Nr. 21 Buchst. a) UStG genannten Voraussetzungen vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1976 - BVerwG 7 C 73.75 - Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 1 S. 4 und BFH, Urteil vom 3. Mai 1989 - V R 83/84 - BFHE 157, 458 <462 f.>). Zur Klarstellung sei angemerkt, dass der Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung für Leistungen der beruflichen Orientierung wegen fehlenden Sachbescheidungsinteresses versagt werden kann, wenn die Voraussetzungen des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) MWSt-RL für eine Befreiung von der Umsatzsteuer offensichtlich nicht vorliegen (vgl. auch Urteil vom 23. März 1973 - BVerwG 4 C 49.71 - BVerwGE 42, 115 <117>; Beschluss vom 20. Juli 1993 - BVerwG 4 B 110.93 - NVwZ 1994, 482 <483>).

16

3. Voraussetzung für die von der Klägerin begehrte Erteilung einer Bescheinigung ist nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG des Weiteren die "Ordnungsgemäßheit" der von ihr durchgeführten Leistungen. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Leistungen objektiv geeignet sind, der "Vorbereitung auf einen Beruf" zu dienen, von einem seriösen Institut erbracht werden und die eingesetzten Lehrkräfte die erforderliche Eignung besitzen (Urteil vom 3. Dezember 1976 a.a.O. S. 3). Das Oberverwaltungsgericht hat keine Feststellungen zum Vorliegen dieser qualitativen Anforderungen getroffen; die Beteiligten haben den insoweit relevanten Sachverhalt auch nicht im Revisionsverfahren unstreitig gestellt. Somit ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur Klärung dieser Frage an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei:

1.
a)
die Ausfuhrlieferungen (§ 6) und die Lohnveredelungen an Gegenständen der Ausfuhr (§ 7),
b)
die innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 6a); dies gilt nicht, wenn der Unternehmer seiner Pflicht zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldung (§ 18a) nicht nachgekommen ist oder soweit er diese im Hinblick auf die jeweilige Lieferung unrichtig oder unvollständig abgegeben hat;
2.
die Umsätze für die Seeschiffahrt und für die Luftfahrt (§ 8);
3.
die folgenden sonstigen Leistungen:
a)
die grenzüberschreitenden Beförderungen von Gegenständen, die Beförderungen im internationalen Eisenbahnfrachtverkehr und andere sonstige Leistungen, wenn sich die Leistungen
aa)
unmittelbar auf Gegenstände der Ausfuhr beziehen oder auf eingeführte Gegenstände beziehen, die im externen Versandverfahren in das Drittlandsgebiet befördert werden, oder
bb)
auf Gegenstände der Einfuhr in das Gebiet eines Mitgliedstaates der Europäischen Union beziehen und die Kosten für die Leistungen in der Bemessungsgrundlage für diese Einfuhr enthalten sind. Nicht befreit sind die Beförderungen der in § 1 Abs. 3 Nr. 4 Buchstabe a bezeichneten Gegenstände aus einem Freihafen in das Inland;
b)
die Beförderungen von Gegenständen nach und von den Inseln, die die autonomen Regionen Azoren und Madeira bilden;
c)
sonstige Leistungen, die sich unmittelbar auf eingeführte Gegenstände beziehen, für die zollamtlich eine vorübergehende Verwendung in den in § 1 Abs. 1 Nr. 4 bezeichneten Gebieten bewilligt worden ist, wenn der Leistungsempfänger ein ausländischer Auftraggeber (§ 7 Abs. 2) ist. Dies gilt nicht für sonstige Leistungen, die sich auf Beförderungsmittel, Paletten und Container beziehen.
Die Vorschrift gilt nicht für die in den Nummern 8, 10 und 11 bezeichneten Umsätze und für die Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstands einschließlich der Werkleistung im Sinne des § 3 Abs. 10. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat;
4.
die Lieferungen von Gold an Zentralbanken;
4a.
die folgenden Umsätze:
a)
die Lieferungen der in der Anlage 1 bezeichneten Gegenstände an einen Unternehmer für sein Unternehmen, wenn der Gegenstand der Lieferung im Zusammenhang mit der Lieferung in ein Umsatzsteuerlager eingelagert wird oder sich in einem Umsatzsteuerlager befindet. Mit der Auslagerung eines Gegenstands aus einem Umsatzsteuerlager entfällt die Steuerbefreiung für die der Auslagerung vorangegangene Lieferung, den der Auslagerung vorangegangenen innergemeinschaftlichen Erwerb oder die der Auslagerung vorangegangene Einfuhr; dies gilt nicht, wenn der Gegenstand im Zusammenhang mit der Auslagerung in ein anderes Umsatzsteuerlager im Inland eingelagert wird. Eine Auslagerung ist die endgültige Herausnahme eines Gegenstands aus einem Umsatzsteuerlager. Der endgültigen Herausnahme steht gleich der sonstige Wegfall der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung sowie die Erbringung einer nicht nach Buchstabe b begünstigten Leistung an den eingelagerten Gegenständen,
b)
die Leistungen, die mit der Lagerung, der Erhaltung, der Verbesserung der Aufmachung und Handelsgüte oder der Vorbereitung des Vertriebs oder Weiterverkaufs der eingelagerten Gegenstände unmittelbar zusammenhängen. Dies gilt nicht, wenn durch die Leistungen die Gegenstände so aufbereitet werden, dass sie zur Lieferung auf der Einzelhandelsstufe geeignet sind.
Die Steuerbefreiung gilt nicht für Leistungen an Unternehmer, die diese zur Ausführung von Umsätzen verwenden, für die die Steuer nach den Durchschnittssätzen des § 24 festgesetzt ist. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar nachgewiesen sein. Umsatzsteuerlager kann jedes Grundstück oder Grundstücksteil im Inland sein, das zur Lagerung der in Anlage 1 genannten Gegenstände dienen soll und von einem Lagerhalter betrieben wird. Es kann mehrere Lagerorte umfassen. Das Umsatzsteuerlager bedarf der Bewilligung des für den Lagerhalter zuständigen Finanzamts. Der Antrag ist schriftlich zu stellen. Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn ein wirtschaftliches Bedürfnis für den Betrieb des Umsatzsteuerlagers besteht und der Lagerhalter die Gewähr für dessen ordnungsgemäße Verwaltung bietet;
4b.
die einer Einfuhr vorangehende Lieferung von Gegenständen, wenn der Abnehmer oder dessen Beauftragter den Gegenstand der Lieferung einführt. Dies gilt entsprechend für Lieferungen, die den in Satz 1 genannten Lieferungen vorausgegangen sind. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar nachgewiesen sein;
4c.
die Lieferung von Gegenständen an einen Unternehmer für sein Unternehmen, die dieser nach § 3 Absatz 3a Satz 1 im Gemeinschaftsgebiet weiterliefert;
5.
die Vermittlung
a)
der unter die Nummern 1 Buchstabe a, Nummern 2 bis 4b und Nummern 6 und 7 fallenden Umsätze,
b)
der grenzüberschreitenden Beförderungen von Personen mit Luftfahrzeugen oder Seeschiffen,
c)
der Umsätze, die ausschließlich im Drittlandsgebiet bewirkt werden,
d)
der Lieferungen, die nach § 3 Abs. 8 als im Inland ausgeführt zu behandeln sind.
Nicht befreit ist die Vermittlung von Umsätzen durch Reisebüros für Reisende. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat,
6.
a)
die Lieferungen und sonstigen Leistungen der Eisenbahnen des Bundes auf Gemeinschaftsbahnhöfen, Betriebswechselbahnhöfen, Grenzbetriebsstrecken und Durchgangsstrecken an Eisenbahnverwaltungen mit Sitz im Ausland,
b)
(weggefallen)
c)
die Lieferungen von eingeführten Gegenständen an im Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3, ansässige Abnehmer, soweit für die Gegenstände zollamtlich eine vorübergehende Verwendung in den in § 1 Abs. 1 Nr. 4 bezeichneten Gebieten bewilligt worden ist und diese Bewilligung auch nach der Lieferung gilt. Nicht befreit sind die Lieferungen von Beförderungsmitteln, Paletten und Containern,
d)
Personenbeförderungen im Passagier- und Fährverkehr mit Wasserfahrzeugen für die Seeschifffahrt, wenn die Personenbeförderungen zwischen inländischen Seehäfen und der Insel Helgoland durchgeführt werden,
e)
die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle im Verkehr mit Wasserfahrzeugen für die Seeschiffahrt zwischen einem inländischen und ausländischen Seehafen und zwischen zwei ausländischen Seehäfen. Inländische Seehäfen im Sinne des Satzes 1 sind auch die Freihäfen und Häfen auf der Insel Helgoland;
7.
die Lieferungen, ausgenommen Lieferungen neuer Fahrzeuge im Sinne des § 1b Abs. 2 und 3, und die sonstigen Leistungen
a)
an andere Vertragsparteien des Nordatlantikvertrages, die nicht unter die in § 26 Abs. 5 bezeichneten Steuerbefreiungen fallen, wenn die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte dieser Vertragsparteien, ihr ziviles Begleitpersonal oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte der gemeinsamen Verteidigungsanstrengung dienen,
b)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates stationierten Streitkräfte der Vertragsparteien des Nordatlantikvertrags, soweit sie nicht an die Streitkräfte dieses Mitgliedstaates ausgeführt werden,
c)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ansässigen ständigen diplomatischen Missionen und berufskonsularischen Vertretungen sowie deren Mitglieder,
d)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ansässigen zwischenstaatlichen Einrichtungen sowie deren Mitglieder,
e)
an Streitkräfte eines anderen Mitgliedstaates, wenn die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte, ihres zivilen Begleitpersonals oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits-und Verteidigungspolitik unternommen wird und
f)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates stationierten Streitkräfte eines Mitgliedstaates, wenn die Umsätze nicht an die Streitkräfte des anderen Mitgliedstaates ausgeführt werden, die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte, ihres zivilen Begleitpersonals oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik unternommen wird.
Der Gegenstand der Lieferung muss in den Fällen des Satzes 1 Buchstabe b bis d und f in das Gebiet des anderen Mitgliedstaates befördert oder versendet werden. Für die Steuerbefreiungen nach Satz 1 Buchstabe b bis d und f sind die in dem anderen Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen maßgebend. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiungen müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Bei den Steuerbefreiungen nach Satz 1 Buchstabe b bis d und f hat der Unternehmer die in dem anderen Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen dadurch nachzuweisen, dass ihm der Abnehmer eine von der zuständigen Behörde des anderen Mitgliedstaates oder, wenn er hierzu ermächtigt ist, eine selbst ausgestellte Bescheinigung nach amtlich vorgeschriebenem Muster aushändigt. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer die übrigen Voraussetzungen nachzuweisen hat;
8.
a)
die Gewährung und die Vermittlung von Krediten,
b)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von gesetzlichen Zahlungsmitteln. Das gilt nicht, wenn die Zahlungsmittel wegen ihres Metallgehalts oder ihres Sammlerwerts umgesetzt werden,
c)
die Umsätze im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren sowie die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Einziehung von Forderungen,
d)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze im Einlagengeschäft, im Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr und das Inkasso von Handelspapieren,
e)
die Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren und die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Verwahrung und die Verwaltung von Wertpapieren,
f)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen,
g)
die Übernahme von Verbindlichkeiten, von Bürgschaften und anderen Sicherheiten sowie die Vermittlung dieser Umsätze,
h)
die Verwaltung von Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren im Sinne des § 1 Absatz 2 des Kapitalanlagegesetzbuchs, die Verwaltung von mit diesen vergleichbaren alternativen Investmentfonds im Sinne des § 1 Absatz 3 des Kapitalanlagegesetzbuchs, die Verwaltung von Wagniskapitalfonds und die Verwaltung von Versorgungseinrichtungen im Sinne des Versicherungsaufsichtsgesetzes,
i)
die Umsätze der im Inland gültigen amtlichen Wertzeichen zum aufgedruckten Wert;
j)
(weggefallen)
k)
(weggefallen)
9.
a)
die Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen,
b)
die Umsätze, die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallen. Nicht befreit sind die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallenden Umsätze, die von der Rennwett- und Lotteriesteuer befreit sind oder von denen diese Steuer allgemein nicht erhoben wird;
10.
a)
die Leistungen auf Grund eines Versicherungsverhältnisses im Sinne des Versicherungsteuergesetzes. Das gilt auch, wenn die Zahlung des Versicherungsentgelts nicht der Versicherungsteuer unterliegt;
b)
die Leistungen, die darin bestehen, dass anderen Personen Versicherungsschutz verschafft wird;
11.
die Umsätze aus der Tätigkeit als Bausparkassenvertreter, Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler;
11a.
die folgenden vom 1. Januar 1993 bis zum 31. Dezember 1995 ausgeführten Umsätze der Deutschen Bundespost TELEKOM und der Deutsche Telekom AG:
a)
die Überlassung von Anschlüssen des Telefonnetzes und des diensteintegrierenden digitalen Fernmeldenetzes sowie die Bereitstellung der von diesen Anschlüssen ausgehenden Verbindungen innerhalb dieser Netze und zu Mobilfunkendeinrichtungen,
b)
die Überlassung von Übertragungswegen im Netzmonopol des Bundes,
c)
die Ausstrahlung und Übertragung von Rundfunksignalen einschließlich der Überlassung der dazu erforderlichen Sendeanlagen und sonstigen Einrichtungen sowie das Empfangen und Verteilen von Rundfunksignalen in Breitbandverteilnetzen einschließlich der Überlassung von Kabelanschlüssen;
11b.
Universaldienstleistungen nach Artikel 3 Absatz 4 der Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität (ABl. L 15 vom 21.1.1998, S. 14, L 23 vom 30.1.1998, S. 39), die zuletzt durch die Richtlinie 2008/6/EG (ABl. L 52 vom 27.2.2008, S. 3) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung. Die Steuerbefreiung setzt voraus, dass der Unternehmer sich entsprechend einer Bescheinigung des Bundeszentralamtes für Steuern gegenüber dieser Behörde verpflichtet hat, flächendeckend im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland die Gesamtheit der Universaldienstleistungen oder einen Teilbereich dieser Leistungen nach Satz 1 anzubieten. Die Steuerbefreiung gilt nicht für Leistungen, die der Unternehmer erbringt
a)
auf Grund individuell ausgehandelter Vereinbarungen oder
b)
auf Grund allgemeiner Geschäftsbedingungen zu abweichenden Qualitätsbedingungen oder zu günstigeren Preisen als den nach den allgemein für jedermann zugänglichen Tarifen oder als den nach § 19 des Postgesetzes vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I S. 3294), das zuletzt durch Artikel 272 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, genehmigten Entgelten;
12.
a)
die Vermietung und die Verpachtung von Grundstücken, von Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und von staatlichen Hoheitsrechten, die Nutzungen von Grund und Boden betreffen,
b)
die Überlassung von Grundstücken und Grundstücksteilen zur Nutzung auf Grund eines auf Übertragung des Eigentums gerichteten Vertrags oder Vorvertrags,
c)
die Bestellung, die Übertragung und die Überlassung der Ausübung von dinglichen Nutzungsrechten an Grundstücken.
Nicht befreit sind die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen, die kurzfristige Vermietung auf Campingplätzen und die Vermietung und die Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind;
13.
die Leistungen, die die Gemeinschaften der Wohnungseigentümer im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 403-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, in der jeweils geltenden Fassung an die Wohnungseigentümer und Teileigentümer erbringen, soweit die Leistungen in der Überlassung des gemeinschaftlichen Eigentums zum Gebrauch, seiner Instandhaltung, Instandsetzung und sonstigen Verwaltung sowie der Lieferung von Wärme und ähnlichen Gegenständen bestehen;
14.
a)
Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt werden. Satz 1 gilt nicht für die Lieferung oder Wiederherstellung von Zahnprothesen (aus Unterpositionen 9021 21 und 9021 29 00 des Zolltarifs) und kieferorthopädischen Apparaten (aus Unterposition 9021 10 des Zolltarifs), soweit sie der Unternehmer in seinem Unternehmen hergestellt oder wiederhergestellt hat;
b)
Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen einschließlich der Diagnostik, Befunderhebung, Vorsorge, Rehabilitation, Geburtshilfe und Hospizleistungen sowie damit eng verbundene Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts erbracht werden. Die in Satz 1 bezeichneten Leistungen sind auch steuerfrei, wenn sie von
aa)
zugelassenen Krankenhäusern nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder anderen Krankenhäusern, die ihre Leistungen in sozialer Hinsicht unter vergleichbaren Bedingungen wie die Krankenhäuser erbringen, die in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft stehen oder nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zugelassen sind; in sozialer Hinsicht vergleichbare Bedingungen liegen vor, wenn das Leistungsangebot des Krankenhauses den von Krankenhäusern in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft oder nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zugelassenen Krankenhäusern erbrachten Leistungen entspricht und die Kosten voraussichtlich in mindestens 40 Prozent der jährlichen Belegungs- oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt als für allgemeine Krankenhausleistungen nach dem Krankenhausentgeltgesetz oder der Bundespflegesatzverordnung berechnet wurde oder voraussichtlich mindestens 40 Prozent der Leistungen den in § 4 Nummer 15 Buchstabe b genannten Personen zugutekommen, dabei ist grundsätzlich auf die Verhältnisse im vorangegangenen Kalenderjahr abzustellen,
bb)
Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik oder Befunderhebung, die an der vertragsärztlichen Versorgung nach § 95 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch teilnehmen oder für die Regelungen nach § 115 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten,
cc)
Einrichtungen, die von den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 34 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch an der Versorgung beteiligt worden sind,
dd)
Einrichtungen, mit denen Versorgungsverträge nach den §§ 111 und 111a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen,
ee)
Rehabilitationseinrichtungen, mit denen Verträge nach § 38 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch bestehen,
ff)
Einrichtungen zur Geburtshilfe, für die Verträge nach § 134a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten,
gg)
Hospizen, mit denen Verträge nach § 39a Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen, oder
hh)
Einrichtungen, mit denen Verträge nach § 127 in Verbindung mit § 126 Absatz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch über die Erbringung nichtärztlicher Dialyseleistungen bestehen,
erbracht werden und es sich ihrer Art nach um Leistungen handelt, auf die sich die Zulassung, der Vertrag oder die Regelung nach dem Sozialgesetzbuch jeweils bezieht, oder
ii)
von Einrichtungen nach § 138 Abs. 1 Satz 1 des Strafvollzugsgesetzes erbracht werden;
c)
Leistungen nach den Buchstaben a und b, die im Rahmen der hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder der besonderen Versorgung nach § 140a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch von Einrichtungen erbracht werden, mit denen entsprechende Verträge bestehen, sowie Leistungen zur Sicherstellung der ambulanten Versorgung in stationären Pflegeeinrichtungen die durch Einrichtungen erbracht werden, mit denen Verträge nach § 119b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen;
d)
(weggefallen)
e)
die zur Verhütung von nosokomialen Infektionen und zur Vermeidung der Weiterverbreitung von Krankheitserregern, insbesondere solcher mit Resistenzen, erbrachten Leistungen eines Arztes oder einer Hygienefachkraft, an in den Buchstaben a und b genannte Einrichtungen, die diesen dazu dienen, ihre Heilbehandlungsleistungen ordnungsgemäß unter Beachtung der nach dem Infektionsschutzgesetz und den Rechtsverordnungen der Länder nach § 23 Absatz 8 des Infektionsschutzgesetzes bestehenden Verpflichtungen zu erbringen;
f)
die eng mit der Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens verbundenen Leistungen, die erbracht werden von
aa)
juristischen Personen des öffentlichen Rechts,
bb)
Sanitäts- und Rettungsdiensten, die die landesrechtlichen Voraussetzungen erfüllen, oder
cc)
Einrichtungen, die nach § 75 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch die Durchführung des ärztlichen Notdienstes sicherstellen;
15.
die Umsätze der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung, der gesetzlichen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch sowie der gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b Abs. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch, der örtlichen und überörtlichen Träger der Sozialhilfe sowie der Verwaltungsbehörden und sonstigen Stellen der Kriegsopferversorgung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge
a)
untereinander,
b)
an die Versicherten, die Bezieher von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, die Empfänger von Sozialhilfe oder die Versorgungsberechtigten;
15a.
die auf Gesetz beruhenden Leistungen der Medizinischen Dienste (§ 278 SGB V) und des Medizinischen Dienstes Bund (§ 281 SGB V) untereinander und für die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung und deren Verbände und für die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch sowie die gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch;
15b.
Eingliederungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, Leistungen der aktiven Arbeitsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch und vergleichbare Leistungen, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Einrichtungen,
a)
die nach § 178 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch zugelassen sind,
b)
die für ihre Leistungen nach Satz 1 Verträge mit den gesetzlichen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch geschlossen haben oder
c)
die für Leistungen, die denen nach Satz 1 vergleichbar sind, Verträge mit juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die diese Leistungen mit dem Ziel der Eingliederung in den Arbeitsmarkt durchführen, geschlossen haben;
15c.
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Rehabilitationsdienste und -einrichtungen nach den §§ 36 und 51 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, mit denen Verträge nach § 38 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch abgeschlossen worden sind;
16.
die eng mit der Betreuung oder Pflege körperlich, kognitiv oder psychisch hilfsbedürftiger Personen verbundenen Leistungen, die erbracht werden von
a)
juristischen Personen des öffentlichen Rechts,
b)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 132 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch besteht,
c)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 132a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, § 72 oder § 77 des Elften Buches Sozialgesetzbuch besteht oder die Leistungen zur häuslichen Pflege oder zur Heimpflege erbringen und die hierzu nach § 26 Abs. 5 in Verbindung mit § 44 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch bestimmt sind,
d)
Einrichtungen, die Leistungen der häuslichen Krankenpflege oder Haushaltshilfe erbringen und die hierzu nach § 26 Abs. 5 in Verbindung mit den §§ 32 und 42 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch bestimmt sind,
e)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung nach § 194 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch besteht,
f)
Einrichtungen, die nach § 225 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch anerkannt sind,
g)
Einrichtungen, soweit sie Leistungen erbringen, die landesrechtlich als Angebote zur Unterstützung im Alltag nach § 45a des Elften Buches Sozialgesetzbuch anerkannt sind,
h)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung nach § 123 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder nach § 76 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch besteht,
i)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 8 Absatz 3 des Gesetzes zur Errichtung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau über die Gewährung von häuslicher Krankenpflege oder Haushaltshilfe nach den §§ 10 und 11 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte, § 10 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte oder nach § 54 Absatz 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch besteht,
j)
Einrichtungen, die aufgrund einer Landesrahmenempfehlung nach § 2 der Frühförderungsverordnung als fachlich geeignete interdisziplinäre Frühförderstellen anerkannt sind,
k)
Einrichtungen, die als Betreuer nach § 1814 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden sind, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1877 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vergütet werden,
l)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung zur Pflegeberatung nach § 7a des Elften Buches Sozialgesetzbuch besteht, oder
m)
Einrichtungen, bei denen die Betreuungs- oder Pflegekosten oder die Kosten für eng mit der Betreuung oder Pflege verbundene Leistungen in mindestens 25 Prozent der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung, den Trägern der Sozialhilfe, den Trägern der Eingliederungshilfe nach § 94 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder der für die Durchführung der Kriegsopferversorgung zuständigen Versorgungsverwaltung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge ganz oder zum überwiegenden Teil vergütet werden.
Leistungen im Sinne des Satzes 1, die von Einrichtungen nach den Buchstaben b bis m erbracht werden, sind befreit, soweit es sich ihrer Art nach um Leistungen handelt, auf die sich die Anerkennung, der Vertrag oder die Vereinbarung nach Sozialrecht oder die Vergütung jeweils bezieht;
17.
a)
die Lieferungen von menschlichen Organen, menschlichem Blut und Frauenmilch,
b)
die Beförderungen von kranken und verletzten Personen mit Fahrzeugen, die hierfür besonders eingerichtet sind;
18.
eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen, wenn diese Leistungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben, erbracht werden. Etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden. Für in anderen Nummern des § 4 bezeichnete Leistungen kommt die Steuerbefreiung nur unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht;
18a.
die Leistungen zwischen den selbständigen Gliederungen einer politischen Partei, soweit diese Leistungen im Rahmen der satzungsgemäßen Aufgaben gegen Kostenerstattung ausgeführt werden, und sofern die jeweilige Partei nicht gemäß § 18 Absatz 7 des Parteiengesetzes von der staatlichen Teilfinanzierung ausgeschlossen ist;
19.
a)
die Umsätze der Blinden, die nicht mehr als zwei Arbeitnehmer beschäftigen. Nicht als Arbeitnehmer gelten der Ehegatte, der eingetragene Lebenspartner, die minderjährigen Abkömmlinge, die Eltern des Blinden und die Lehrlinge. Die Blindheit ist nach den für die Besteuerung des Einkommens maßgebenden Vorschriften nachzuweisen. Die Steuerfreiheit gilt nicht für die Lieferungen von Energieerzeugnissen im Sinne des § 1 Abs. 2 und 3 des Energiesteuergesetzes und von Alkoholerzeugnissen im Sinne des Alkoholsteuergesetzes, wenn der Blinde für diese Erzeugnisse Energiesteuer oder Alkoholsteuer zu entrichten hat, und für Lieferungen im Sinne der Nummer 4a Satz 1 Buchstabe a Satz 2,
b)
die folgenden Umsätze der nicht unter Buchstabe a fallenden Inhaber von anerkannten Blindenwerkstätten und der anerkannten Zusammenschlüsse von Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch:
aa)
die Lieferungen von Blindenwaren und Zusatzwaren,
bb)
die sonstigen Leistungen, soweit bei ihrer Ausführung ausschließlich Blinde mitgewirkt haben;
20.
a)
die Umsätze folgender Einrichtungen juristischer Personen des öffentlichen Rechts: Theater, Orchester, Kammermusikensembles, Chöre, Museen, botanische Gärten, zoologische Gärten, Tierparks, Archive, Büchereien sowie Denkmäler der Bau- und Gartenbaukunst. Das Gleiche gilt für die Umsätze gleichartiger Einrichtungen anderer Unternehmer, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie die gleichen kulturellen Aufgaben wie die in Satz 1 bezeichneten Einrichtungen erfüllen. Steuerfrei sind auch die Umsätze von Bühnenregisseuren und Bühnenchoreographen an Einrichtungen im Sinne der Sätze 1 und 2, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass deren künstlerische Leistungen diesen Einrichtungen unmittelbar dienen. Museen im Sinne dieser Vorschrift sind wissenschaftliche Sammlungen und Kunstsammlungen,
b)
die Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten durch andere Unternehmer, wenn die Darbietungen von den unter Buchstabe a bezeichneten Theatern, Orchestern, Kammermusikensembles oder Chören erbracht werden,
21.
a)
die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen,
aa)
wenn sie als Ersatzschulen gemäß Artikel 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind oder
bb)
wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten,
b)
die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer
aa)
an Hochschulen im Sinne der §§ 1 und 70 des Hochschulrahmengesetzes und öffentlichen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schulen oder
bb)
an privaten Schulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen, soweit diese die Voraussetzungen des Buchstabens a erfüllen;
21a.
(weggefallen)
22.
a)
die Vorträge, Kurse und anderen Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, von Volkshochschulen oder von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes dienen, durchgeführt werden, wenn die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden,
b)
andere kulturelle und sportliche Veranstaltungen, die von den in Buchstabe a genannten Unternehmern durchgeführt werden, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht;
23.
a)
die Erziehung von Kindern und Jugendlichen und damit eng verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder durch andere Einrichtungen erbracht werden, deren Zielsetzung mit der einer Einrichtung des öffentlichen Rechts vergleichbar ist und die keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden,
b)
eng mit der Betreuung von Kindern und Jugendlichen verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder durch andere als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Einrichtungen, soweit sie
aa)
auf Grund gesetzlicher Regelungen im Bereich der sozialen Sicherheit tätig werden oder
bb)
Leistungen erbringen, die im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts vergütet wurden,
c)
Verpflegungsdienstleistungen und Beherbergungsleistungen gegenüber Kindern in Kindertageseinrichtungen, Studierenden und Schülern an Hochschulen im Sinne der Hochschulgesetze der Länder, an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Berufsakademie, an öffentlichen Schulen und an Ersatzschulen, die gemäß Artikel 7 Absatz 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind, sowie an staatlich anerkannten Ergänzungsschulen und an Berufsschulheimen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder durch andere Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden.
Steuerfrei sind auch die Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen, die die Unternehmer den Personen, die bei der Erbringung der Leistungen nach Satz 1 Buchstabe a und b beteiligt sind, als Vergütung für die geleisteten Dienste gewähren. Kinder und Jugendliche im Sinne von Satz 1 Buchstabe a und b sind alle Personen, die noch nicht 27 Jahre alt sind. Für die in den Nummern 15b, 15c, 21, 24 und 25 bezeichneten Leistungen kommt die Steuerbefreiung nur unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht;
24.
die Leistungen des Deutschen Jugendherbergswerkes, Hauptverband für Jugendwandern und Jugendherbergen e.V., einschließlich der diesem Verband angeschlossenen Untergliederungen, Einrichtungen und Jugendherbergen, soweit die Leistungen den Satzungszwecken unmittelbar dienen oder Personen, die bei diesen Leistungen tätig sind, Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen als Vergütung für die geleisteten Dienste gewährt werden. Das Gleiche gilt für die Leistungen anderer Vereinigungen, die gleiche Aufgaben unter denselben Voraussetzungen erfüllen;
25.
Leistungen der Jugendhilfe nach § 2 Absatz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch, die Inobhutnahme nach § 42 des Achten Buches Sozialgesetzbuch und Leistungen der Adoptionsvermittlung nach dem Adoptionsvermittlungsgesetz, wenn diese Leistungen von Trägern der öffentlichen Jugendhilfe oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind
a)
von der zuständigen Jugendbehörde anerkannte Träger der freien Jugendhilfe, die Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts,
b)
Einrichtungen, soweit sie
aa)
für ihre Leistungen eine im Achten Buch Sozialgesetzbuch geforderte Erlaubnis besitzen oder nach § 44 oder § 45 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch einer Erlaubnis nicht bedürfen,
bb)
Leistungen erbringen, die im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil durch Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder Einrichtungen nach Buchstabe a vergütet wurden,
cc)
Leistungen der Kindertagespflege erbringen, für die sie nach § 23 Absatz 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch geeignet sind, oder
dd)
Leistungen der Adoptionsvermittlung erbringen, für die sie nach § 4 Absatz 1 des Adoptionsvermittlungsgesetzes anerkannt oder nach § 4 Absatz 2 des Adoptionsvermittlungsgesetzes zugelassen sind.
Steuerfrei sind auch
a)
die Durchführung von kulturellen und sportlichen Veranstaltungen, wenn die Darbietungen von den von der Jugendhilfe begünstigten Personen selbst erbracht oder die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden und diese Leistungen in engem Zusammenhang mit den in Satz 1 bezeichneten Leistungen stehen,
b)
die Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen, die diese Einrichtungen den Empfängern der Jugendhilfeleistungen und Mitarbeitern in der Jugendhilfe sowie den bei den Leistungen nach Satz 1 tätigen Personen als Vergütung für die geleisteten Dienste gewähren,
c)
Leistungen, die von Einrichtungen erbracht werden, die als Vormünder nach § 1773 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder als Ergänzungspfleger nach § 1809 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden sind, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1877 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vergütet werden,
d)
Einrichtungen, die als Verfahrensbeistand nach den §§ 158, 174 oder 191 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit bestellt worden sind, wenn die Preise, die diese Einrichtungen verlangen, von den zuständigen Behörden genehmigt sind oder die genehmigten Preise nicht übersteigen; bei Umsätzen, für die eine Preisgenehmigung nicht vorgesehen ist, müssen die verlangten Preise unter den Preisen liegen, die der Mehrwertsteuer unterliegende gewerbliche Unternehmen für entsprechende Umsätze fordern;
26.
die ehrenamtliche Tätigkeit,
a)
wenn sie für juristische Personen des öffentlichen Rechts ausgeübt wird oder
b)
wenn das Entgelt für diese Tätigkeit nur in Auslagenersatz und einer angemessenen Entschädigung für Zeitversäumnis besteht;
27.
a)
die Gestellung von Personal durch religiöse und weltanschauliche Einrichtungen für die in Nummer 14 Buchstabe b, in den Nummern 16, 18, 21, 22 Buchstabe a sowie in den Nummern 23 und 25 genannten Tätigkeiten und für Zwecke geistlichen Beistands,
b)
die Gestellung von land- und forstwirtschaftlichen Arbeitskräften durch juristische Personen des privaten oder des öffentlichen Rechts für land- und forstwirtschaftliche Betriebe (§ 24 Abs. 2) mit höchstens drei Vollarbeitskräften zur Überbrückung des Ausfalls des Betriebsinhabers oder dessen voll mitarbeitenden Familienangehörigen wegen Krankheit, Unfalls, Schwangerschaft, eingeschränkter Erwerbsfähigkeit oder Todes sowie die Gestellung von Betriebshelfern an die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung;
28.
die Lieferungen von Gegenständen, für die der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1a ausgeschlossen ist oder wenn der Unternehmer die gelieferten Gegenstände ausschließlich für eine nach den Nummern 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet hat;
29.
sonstige Leistungen von selbständigen, im Inland ansässigen Zusammenschlüssen von Personen, deren Mitglieder eine dem Gemeinwohl dienende nichtunternehmerische Tätigkeit oder eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit ausüben, die nach den Nummern 11b, 14 bis 18, 20 bis 25 oder 27 von der Steuer befreit ist, gegenüber ihren im Inland ansässigen Mitgliedern, soweit diese Leistungen für unmittelbare Zwecke der Ausübung dieser Tätigkeiten verwendet werden und der Zusammenschluss von seinen Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordert, vorausgesetzt, dass diese Befreiung nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führt.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts München vom 24. April 2013  3 K 734/10 aufgehoben.

Die Sache wird an das Finanzgericht München zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine im Jahr 2005 gegründete und in das Handelsregister eingetragene GmbH. Sie verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne der Abgabenordnung. Zweck der Gesellschaft ist die Förderung der Volks- und Berufsausbildung und Jugendhilfe, insbesondere der freien Wohlfahrtspflege, durch Eingliederung von Langzeitarbeitslosen, Jugendlichen und gesellschaftlich benachteiligten Menschen in die Arbeit und Gestaltung der Freizeit für Jugendliche sowie Anregungen von Freizeit- und Erholungsaktivitäten im Rahmen der Qualifizierungsmaßnahmen für Erwachsene (§ 2 Abs. 2 der Satzung). Diesen Zweck verwirklicht die Klägerin durch Qualifizierungs-, Ausbildungs-, Umschulungs- und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für Arbeitslose, Jugendliche und gesellschaftlich benachteiligte Menschen und durch Schaffung von Arbeitsplätzen (§ 2 Abs. 3 der Satzung). Nach § 4 Abs. 2 der Satzung liegt das Schwergewicht der Tätigkeit der Gesellschaft in der beruflichen Qualifizierung und insbesondere in der sozialen Betreuung sowie der Integration in das Arbeitsleben.

2

Im Jahr 2006 (Streitjahr) betrieb die Klägerin im Wesentlichen die Rückgewinnung von Rohstoffen aus Elektrogeräten (im Folgenden: Elektronik-Schrott Recycling); dabei wurden bei der Zerlegung der Geräte ausschließlich sog. Langzeitarbeitslose und sonst schwer vermittelbare, ungelernte Personen zur Verwirklichung der vorgenannten satzungsmäßigen Ziele eingesetzt.

3

In ihrer Umsatzsteuer-Jahreserklärung für das Streitjahr ging die Klägerin davon aus, sie verfüge über einen unternehmerischen und einen nichtunternehmerischen Bereich; sie berechnete eine negative Umsatzsteuer und machte dabei abziehbare Vorsteuerbeträge in Höhe von 86.270,83 € geltend.

4

Nach Durchführung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung für die Jahre 2005 und 2006 nahm auch der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) an, die Klägerin verfüge über einen nichtunternehmerischen Bereich und vertrat ferner die Auffassung, die Klägerin habe von der Arbeitsgemeinschaft A (ARGE) "echte" Zuschüsse für eine nicht steuerbare, nichtunternehmerische Tätigkeit erhalten.

5

Das FA erkannte im Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für das Jahr 2006 vom 7. Mai 2008 Vorsteuerbeträge in Höhe von insgesamt 30.744,41 € als abziehbar an. Es ließ die auf die Anschaffung von Investitionsgütern entfallende Umsatzsteuer voll zum Vorsteuerabzug zu und setzte eine unentgeltliche Wertabgabe (zum ermäßigten Steuersatz) für die nichtunternehmerische Verwendung der Investitionsgüter (Anlagevermögen) an. Die auf die übrigen vorsteuerbelasteten Eingangsleistungen entfallende Vorsteuer sah das FA nur zu 13 % als abziehbar an. In die Berechnung dieses Prozentsatzes bezog es die Zahlungen der ARGE im Nenner mit ein. Der Einspruch blieb erfolglos.

6

Mit der Klage brachte die Klägerin u.a. vor, sie verfolge gemeinnützige Zwecke und unterhalte dazu einen Zweckbetrieb "Elektronik-Schrott Recycling", der ihr Unternehmen darstelle. Daneben bestehe ein abgegrenzter, ideeller, nichtunternehmerischer Bereich. Sie habe eine exakte sachliche Aufgliederung der gesamten Vorsteuerbeträge im Verlauf der Umsatzsteuer-Sonderprüfung vorgenommen. Dieser Zuordnung sei das FA aber nur zum Teil gefolgt.

7

Nachdem eine in einem Erörterungstermin am 24. Oktober 2012 von den Beteiligten in Aussicht gestellte Einigung für das Jahr 2006 nicht zustande gekommen war, legitimierte sich im Februar 2013 der Prozessbevollmächtigte der Klägerin als Unterbevollmächtigter und der damalige Prozessbevollmächtigte beantragte Fristverlängerung bis Mai 2013. Der Vorsitzende des zuständigen Senats des Finanzgerichts (FG), X, lud daraufhin die bereits seit Februar 2010 anhängige Sache zur mündlichen Verhandlung am 13. März 2013 und lehnte die beantragte Fristverlängerung ab.

8

Den daraufhin gestellten Befangenheitsantrag der Klägerin gegen X lehnte das FG durch Beschluss vom 24. April 2013 ab.

9

Das FG wies die Klage durch Urteil vom selben Tag ab. Sein Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 1532 veröffentlicht. Auch das FG ging davon aus, die Klägerin verfüge über einen wirtschaftlichen (unternehmerischen) und einen nichtwirtschaftlichen (nichtunternehmerischen) Bereich; dies sei "zwischen den Beteiligten unstreitig". Wirtschaftlicher Bereich sei der Zweckbetrieb "Elektronik-Schrott Recycling". Der nichtwirtschaftliche Bereich der Klägerin bestehe in der Wiedereingliederung von schwer vermittelbaren Arbeitnehmern in den Arbeitsmarkt. Wirtschaftliche, aber von der Mehrwertsteuer befreite (steuerfreie) Tätigkeiten, übe die Klägerin dagegen nicht aus. Weiter gehe das FG davon aus, dass es sich bei den der Klägerin im Streitjahr gewährten Zuschüssen der ARGE um echte, nicht steuerbare Zuschüsse für eine Maßnahme nach § 16 Abs. 2 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch handele. Zur Begründung dieser Annahme führte das FG an, von dieser Sichtweise gingen "auch die Beteiligten übereinstimmend aus".

10

Gemessen am Inhalt der Satzung und der Intensität der im Streitjahr tatsächlich verwirklichten Gesamttätigkeit sei Hauptzweck der Tätigkeit der Klägerin der nichtunternehmerische Bereich, dem eine etwaige unternehmerische Tätigkeit als Zweckbetrieb dienend unterzuordnen sei; er könne deshalb auch nicht als "unternehmensfremd" betrachtet werden. Zutreffend sei zwar der Ansatz der Klägerin, dass sie einen wirtschaftlichen und einen nichtwirtschaftlichen Bereich unterhalte. Diese Bereiche seien allerdings innerhalb eines einheitlichen Steuersubjekts und Unternehmens mit dem genannten Hauptzweck betrieben worden; denn der Betrieb des "Elektronik-Schrott Recyclings" (wozu im weiteren Sinn auch der Verkauf reparierter Geräte zu rechnen sei) sei das zentrale Instrument der Klägerin zur Verwirklichung ihres gemeinnützigen Zwecks, der Wiedereingliederung von schwer vermittelbaren Arbeitnehmern in den sog. ersten Arbeitsmarkt. Insoweit dienten auch alle Maschinen und Werkzeuge sowie alle anderen Eingangsleistungen in erster Linie dem (nichtwirtschaftlichen) Hauptzweck.

11

Da die von der Klägerin vorgenommene Aufteilung der abziehbaren Vorsteuerbeträge nicht sachgerecht (§ 15 Abs. 4 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes --UStG-- analog) sei, habe das Gericht sie zu schätzen. Dabei sei auf das Verhältnis der im Streitjahr erhaltenen Zuschüsse zu den Entgelten der ausgeführten Umsätze abzustellen, weil sowohl die Klägerin als auch ihre Zuschussgeber davon ausgingen, dass die Klägerin zur Verwirklichung ihrer gemeinnützigen Zwecke in Höhe der staatlichen Zuwendungen nicht kostendeckend tätig sein könne. Daraus errechne sich eine Quote von (aufgerundet) 11 % (8.979,40 €) für den unternehmerischen Teil der "Umsätze". Da das FG die Rechtsposition der Klägerin nicht verschlechtern dürfe (Verböserungsverbot), verbleibe es bei der vom FA zum Abzug zugelassenen Vorsteuer.

12

Mit ihrer Revision macht die Klägerin als Revisionsgründe Verfahrensfehler (vorschriftswidrige Besetzung des Gerichts wegen unzutreffender Ablehnung des Befangenheitsantrags) sowie die Verletzung materiellen Rechts (§ 15 UStG) geltend. Es könne kein vorsteuerbelasteter Eingangsumsatz hinweggedacht werden, ohne dass die steuerpflichtigen Ausgangsumsätze vermindert oder beeinträchtigt würden. Die Vorsteuerbeträge seien nach Art und Struktur für ihr Recyclingunternehmen betriebstypisch. Die Vorsteuer sei daher voll abziehbar und nicht der nichtwirtschaftlichen Tätigkeit der Klägerin zuzurechnen. Es liege eine reine Anschubfinanzierung vor. Ein permanenter Vorsteuerüberhang sei auch nicht unlogisch oder systemwidrig. Deutschland habe vom Wahlrecht, Subventionen in die Berechnung des Pro-rata-Satzes einzubeziehen, keinen Gebrauch gemacht.

13

Die Klägerin bringt unter Hinweis auf Art. 135 Abs. 1 Buchst. k, l und m der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem weiter vor, ideelle Tätigkeiten seien für die Frage der Steuerbarkeit irrelevant; nicht jede ideelle Tätigkeit sei der nichtwirtschaftlichen Sphäre zuzurechnen.

14

Außerdem macht die Klägerin geltend, ihr sei wegen des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 21. März 1983 IV A 2 -S 7200- 25/83 (BStBl I 1983, 262) sowie Abschn. 150 Abs. 7 der Umsatzsteuer-Richtlinien (UStR) 2005 Vertrauensschutz zu gewähren.

15

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung und die Einspruchsentscheidung vom 5. Februar 2010 aufzuheben sowie den Umsatzsteuerbescheid vom 7. Mai 2008 dahingehend zu ändern, dass die unentgeltlichen Wertabgaben um 34.051,52 € vermindert werden und Vorsteuer in Höhe von 74.509,85 € zum Abzug zugelassen wird, hilfsweise, den Rechtsstreit an einen anderen Senat des FG zurückzuverweisen, weiter hilfsweise, den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) um Vorabentscheidung der Frage zu ersuchen, ob Vorsteuern auf Eingangsleistungen, die für umsatzsteuerpflichtige Ausgangsumsätze unverzichtbar sind, nur deshalb nicht abziehbar sind, weil die Wertschöpfungskette aus Gründen des Ausbildungskonzepts eines Qualifizierungsbetriebs ineffizient ist.

16

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen, hilfsweise die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.

17

Es trägt unter Hinweis auf eine Vereinbarung der Klägerin mit der ARGE vom November 2005 vor, die Zuschüsse seien keine reine Anschubfinanzierung. Das FA sehe nicht den permanenten Vorsteuerüberhang als schädlich an, sondern den fehlenden Zusammenhang der Eingangsleistungen mit besteuerten Ausgangsumsätzen. Jedenfalls habe das FG keine ausreichenden Feststellungen zur Steuerbarkeit der Umsätze getroffen.

Entscheidungsgründe

18

II. Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung sowie zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

19

Da die Klägerin ihre Revision auf die Verletzung materiellen Rechts gestützt hat, hat der Senat gemäß dem Grundsatz der Vollrevision (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 11. November 2004 V R 30/04, BFHE 207, 560, BStBl II 2005, 802, unter II.1.) das angefochtene Urteil in vollem Umfang auf die Verletzung revisiblen Rechts zu prüfen, ohne dabei an die vorgebrachten Revisionsgründe gebunden zu sein (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 15. Oktober 1997 I R 42/97, BFHE 184, 444, BStBl II 1999, 316; vom 7. Mai 2014 X R 19/11, BFH/NV 2014, 1736).

20

Danach kann die Vorentscheidung keinen Bestand haben. Die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG tragen nicht seine Annahme, dass die Klägerin mit der Durchführung von "Qualifizierungs-, Ausbildungs-, Umschulungs- und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen" nicht unternehmerisch tätig geworden sei (dazu 1.). Auch hat das FG keine ausreichenden tatsächlichen Feststellungen getroffen, um beurteilen zu können, ob die Zuschüsse der ARGE möglicherweise Entgelt von Dritter Seite für Leistungen an die Teilnehmer der von ihr durchgeführten Maßnahmen oder an die Empfänger der Entsorgungsdienstleistungen sein könnten (dazu 2.), so dass der Rechtsstreit zur Nachholung der fehlenden Feststellungen an das FG zurückverwiesen werden muss. Ob der von der Klägerin geltend gemachte Verfahrensfehler vorliegt, bedarf deshalb keiner Entscheidung.

21

1. Die Annahme des FG, die Leistungen der Klägerin an die ARGE seien nicht steuerbar, wird von den bisherigen tatsächlichen Feststellungen nicht getragen.

22

a) Ein steuerbarer Umsatz in Form einer Leistung gegen Entgelt i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG liegt vor, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Leistung bildet (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 18. März 2004 V R 101/01, BFHE 205, 342, BStBl II 2004, 798; vom 11. Juli 2012 XI R 11/11, BFHE 238, 560, BFH/NV 2013, 326; s. auch EuGH-Urteile Apple and Pear Development Council vom 8. März 1988 C-102/86, EU:C:1988:120, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1989, 452, Rz 11; Mohr vom 29. Februar 1996 C-215/94, EU:C:1996:72, HFR 1996, 294; Landboden-Agrardienste vom 18. Dezember 1997 C-384/95, EU:C:1997:627, HFR 1998, 315).

23

b) Welche Grundsätze insoweit für Leistungen im Bereich der Arbeitsmarktförderung, insbesondere für Beschäftigungsmaßnahmen für Langzeitarbeitslose u.ä. gelten, hat der Senat in seinem Urteil vom 22. April 2015 XI R 10/14 (BFHE 250, 268, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2015, 1914, Rz 19 bis 25) ausführlich dargelegt. Darauf nimmt er zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.

24

c) Ob angesichts dieser Grundsätze die Leistungen der Klägerin an die ARGE steuerbar sind, kann mangels Feststellungen des FG vom Senat nicht beurteilt werden. Das FG hat nämlich das zwischen der Klägerin und der ARGE bestehende Rechtsverhältnis nicht festgestellt. Auch hat das FG keine weiteren Feststellungen z.B. zu Geschäftsgegenstand und Tätigkeit der ARGE, einer (privatrechtlichen) GmbH, getroffen. Kann anhand der Feststellungen des FG nicht nachgeprüft werden, ob das FG zu Recht zu einem bestimmten Ergebnis gelangt ist, liegt ein materieller Fehler vor, der ohne Rüge zur Aufhebung der Vorentscheidung führt (vgl. BFH-Urteile vom 1. Februar 2001 III R 12/98, BFH/NV 2001, 899, unter II.3.; vom 6. Oktober 2004 VI R 107/01, juris; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 118 FGO Rz 100 ff., m.w.N. aus der ständigen Rechtsprechung des BFH).

25

aa) Das FG hat auf Seite 9 seines Urteils ausgeführt, die Klägerin verfüge über einen nichtunternehmerischen Bereich. Dies sei "unstreitig". Der nichtwirtschaftliche Bereich bestehe in der Verwirklichung gemeinnütziger Zwecke laut Satzung. Wirtschaftliche, aber steuerfreie Tätigkeiten habe die Klägerin nicht ausgeübt.

26

bb) Diese Annahmen werden jedoch von den tatsächlichen Feststellungen des FG nicht getragen (vgl. auch BFH-Beschluss vom 7. September 2011 V B 54/11, BFH/NV 2011, 2091). Allein der Hinweis, dies sei "unstreitig", lässt keine Subsumtion des Sachverhalts des Streitfalls unter die unter II.1.a und b genannten Grundsätze zu, zumal die Feststellung des Vorliegens eines nichtunternehmerischen Bereichs juristische Wertungen verlangt und überdies das Revisionsvorbringen der Beteiligten zeigt, dass in der Beurteilung der --vom FG nicht festgestellten-- Vereinbarungen der Klägerin mit der ARGE durchaus Differenzen bestehen. Zudem hat die Klägerin in anderem Zusammenhang zu Recht darauf hingewiesen, dass auch gemeinnützige, aus ideellen Zwecken verfolgte Tätigkeiten wirtschaftlich sein können, wie u.a. die Existenz des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der im Streitjahr noch anwendbaren Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) zeigt. Deshalb kann nicht aus der vom FG festgestellten Satzung geschlossen werden, die Tätigkeit sei nichtwirtschaftlich. Vielmehr hätte das FG zunächst den Inhalt der Verträge der Klägerin mit der ARGE, nach den Ausführungen des FA wohl u.a. vom November 2005 --auf die das FG nicht Bezug genommen hat-- feststellen müssen. Sollte(n) diese(r), was aus Sicht des Senats nahe liegt, als synallagmatisch anzusehen sein, liegt grundsätzlich ein steuerbarer Leistungsaustausch vor, obwohl die Klägerin eine gemeinnützige GmbH ist.

27

cc) Entgegen der Ansicht der Klägerin ist im Streitfall nicht "geklärt" --und im Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem FG sowie im FG-Urteil auf Seite 16 unter 2. "ausreichend beschrieben"--, dass es sich um eine "Fehlbedarfsfinanzierung" und "Anschubfinanzierung" handelt. Die entsprechende Passage im FG-Urteil enthält (lediglich) die Begründung, warum das FG die von der Klägerin angebotenen Beweise nicht erhoben hat, aber --auch unter Berücksichtigung des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem FG-- keine den BFH nach § 118 Abs. 2 FGO bindenden tatsächlichen Feststellungen. Diese bezögen sich zudem nicht auf den konkreten Inhalt der oder des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse(s).

28

d) Soweit die Klägerin ferner geltend gemacht hat, ihr sei Vertrauensschutz zu gewähren, greift dieser Einwand nicht durch.

29

aa) Weder das BMF-Schreiben in BStBl I 1983, 262 noch Abschn. 150 Abs. 7 UStR 2005 beziehen sich ausdrücklich auf Leistungen einer ARGE der vorliegenden Art.

30

bb) Norminterpretierende Verwaltungsanweisungen, die die gleichmäßige Auslegung und Anwendung des Rechts sichern sollen, haben überdies keine Rechtsnormqualität (z.B. BFH-Beschluss vom 11. Mai 2007 IV B 28/06, juris, unter 1., Rz 4 f.; BFH-Urteil vom 13. Januar 2011 V R 12/08, BFHE 232, 261, BStBl II 2012, 61, Rz 68). Sie stehen konkludent unter dem Vorbehalt einer davon abweichenden Auslegung der Norm durch die Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 23. Oktober 2003 V R 48/01, BFHE 203, 531, BStBl II 2004, 196, unter II.4.b, Rz 40); darüber, ob die Auslegung einer Rechtsnorm durch die Finanzverwaltung im Einzelfall Bestand hat, entscheidet das Gericht (BFH-Urteil vom 22. Juni 2006 IV R 31-32/05, BFHE 214, 239, BStBl II 2007, 687, unter II.2.c cc(3)(b), Rz 26). Norminterpretierende Verwaltungsvorschriften können deshalb im Allgemeinen weder eine einer Rechtsverordnung vergleichbare Bindung aller Rechtsanwender noch eine Bindung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben herbeiführen (vgl. BFH-Urteile vom 26. April 1995 XI R 81/93, BFHE 178, 4, BStBl II 1995, 754; vom 10. November 2011 V R 34/10, BFH/NV 2012, 803, Rz 21; BFH-Beschluss vom 3. April 2013 V B 125/12, BFHE 240, 447, BStBl II 2013, 973, Rz 21; BFH-Urteil vom 22. August 2013 V R 30/12, BFHE 243, 35, BStBl II 2014, 133, Rz 23; vom 26. Juni 2014 IV R 10/11, BFHE 246, 76, BStBl II 2015, 300, Rz 24).

31

cc) Der Einwand der Klägerin, nach der Rechtsprechung des EuGH sei Vertrauensschutz zu gewähren, wenn Handlungen oder Zusicherungen einer Verwaltungsbehörde in der Vorstellung eines umsichtigen und besonnenen Wirtschaftsteilnehmers vernünftige Erwartungen begründet haben und diese Erwartungen berechtigt sind (vgl. dazu EuGH-Urteile Elmeka vom 14. September 2006 C-181/04 bis C-183/04, EU:C:2006:563, BFH/NV Beilage 2007, 61, Rz 32; Tomoiaga vom 9. Juli 2015 C-144/14, EU:C:2015:452, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2015, 601, Rz 43 ff.; Salomie und Oltean vom 9. Juli 2015 C-183/14, EU:C:2015:454, UR 2015, 594, Rz 44 ff.), greift ebenfalls nicht durch. Eine ausdrückliche Zusage des FA hat die Klägerin nicht erhalten und sich auch nicht um eine solche bemüht (vgl. dazu EuGH-Urteil Salomie und Oltean, EU:C:2015:454, UR 2015, 594, Rz 49). Überdies wäre, was das FG noch festzustellen haben wird, bei Vorliegen eines Leistungsaustauschs die Erwartung der Klägerin, ihre Leistung werde nicht besteuert, nicht berechtigt.

32

2. Auch ist das FG nicht hinreichend der Frage nachgegangen, ob bei anderer Sichtweise die Zuschüsse der ARGE Entgelt von dritter Seite für steuerbare Umsätze der Klägerin an die Begünstigten oder die Teilnehmer der Maßnahmen sein könnten.

33

a) Der Senat hat die dafür maßgeblichen Grundsätze in seinem Urteil in BFHE 250, 268, DStR 2015, 1914, Rz 28 bis 30 ausführlich dargestellt. Auch darauf nimmt er zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.

34

b) Ob nach diesen Grundsätzen die "Zuschüsse" der ARGE Entgelt von dritter Seite für eine steuerbare Leistung der Klägerin an die Teilnehmer oder an die Empfänger der steuerpflichtigen Leistungen sein könnten, kann ebenfalls nicht beurteilt werden; denn das Urteil des FG enthält (auch) dazu keine ausreichenden Feststellungen. Zu dieser Frage hat das FG auf Seite 10 des Urteils lediglich ausgeführt, es gehe "weiter davon aus, dass es sich bei den ... Zuschüssen der ARGE um echte, nicht steuerbare Zuschüsse" handele, und darauf hingewiesen, davon gingen auch die Beteiligten übereinstimmend aus. Dies genügt --insbesondere angesichts der partiellen Nichtanwendung der Grundsätze der Rechtsprechung durch die Finanzverwaltung-- aus den unter II.1.c genannten Gründen ebenfalls nicht.

35

3. Die Sache geht mangels Spruchreife zur Nachholung weiterer Feststellungen an das FG zurück.

36

a) Das FG wird die zur Beurteilung der genannten Vorfragen notwendigen Feststellungen nachholen und die bestehenden Rechtsverhältnisse würdigen müssen.

37

b) Sollten die Leistungen der Klägerin steuerbar sein, wird das FG der Frage nachgehen müssen, ob die Umsätze nach nationalem Recht (z.B. § 4 Nr. 21 oder 22 UStG) oder --sollte sich die Klägerin darauf berufen-- ggf. nach Unionsrecht (z.B. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g oder i der Richtlinie 77/388/EWG) steuerfrei sind. Die als gemeinnützig anerkannte Klägerin, der Leistungen von einem Träger der Grundsicherung vergütet worden sind, könnte eine anerkannte Einrichtung im Sinne dieser Bestimmung sein (vgl. BFH-Urteil vom 21. März 2007 V R 28/04, BFHE 217, 59, BStBl II 2010, 999, Rz 34).

38

c) Käme es danach für den Erfolg oder Misserfolg der Klage überhaupt noch auf die zwischen den Beteiligten streitige Rechtsfrage an, weist der Senat auf das BFH-Urteil vom 24. September 2014 V R 54/13 (BFH/NV 2015, 364, Rz 35 ff.) hin: Zu dem bei einer Vorsteueraufteilung analog § 15 Abs. 4 UStG im Rahmen einer Schätzung maßgeblichen "Gesamtumsatz" gehören auch Zuschüsse, weil sie den Umfang der nicht steuerbaren Tätigkeit des Unternehmers widerspiegeln.

39

aa) Aus dem BFH-Beschluss vom 14. April 2008 XI B 171/07 (BFH/NV 2008, 1215, unter 2., Rz 3, 4 und 7) folgt nichts anderes; denn der Senat hat es dort in Rz 7 als nicht hinreichend dargelegt angesehen, aus welchen Rechtsgründen bei der gebotenen schätzungsweisen Aufteilung der Vorsteuern von der öffentlichen Hand gezahlte, echte Zuschüsse unberücksichtigt bleiben sollten, d.h. die Vorsteuern ausschließlich dem unternehmerischen Bereich zuzuordnen wären.

40

bb) Der Einwand der Klägerin, diese Sichtweise widerspreche Rz 28 des EuGH-Urteils Larentia + Minerva vom 16. Juli 2015 C-108/14 und C-109/14 EU:C:2015:496, DStR 2015, 1673) und den Schlussanträgen der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Sveda vom 22. April 2015 C-126/14 (EU:C:2015:254), führt zu keiner anderen Beurteilung.

41

(1) Denn Rz 28 des EuGH-Urteils Larentia + Minerva (EU:C:2015:496, DStR 2015, 1673), trifft lediglich eine Aussage zum Vorsteuerabzug einer Holdinggesellschaft. Die Klägerin macht jedoch selbst geltend, sie übe auch eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit aus.

42

(2) Die Generalanwältin Kokott geht in Rz 52 ihrer Schlussanträge in der Rechtssache Sveda vom 22. April 2015 C-126/14 (EU:C:2015:254) davon aus, dass ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang der Eingangsumsätze mit der Erbringung besteuerter Umsätze u.a. dann unterbrochen ist, wenn die primäre Verwendung des Leistungsbezugs eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit darstellt, weil nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteile Securenta vom 13. März 2008 C-437/06, EU:C:2008:166, BStBl II 2008, 727, Rz 30; Vereniging Noordelijke Land-en Tuinbouw Organisatie --VNLTO-- vom 12. Februar 2009 C-515/07, EU:C:2009:88, DStR 2009, 369, Rz 37) kein Recht auf Vorsteuerabzug hinsichtlich der Aufwendungen eines Steuerpflichtigen besteht, soweit sie mit der Ausübung nichtwirtschaftlicher Tätigkeiten zusammenhängen. Von der primären Verwendung der Leistungsbezüge für die nichtwirtschaftliche Tätigkeit der Klägerin ist das FG auf Seite 10 f. seines Urteils ausgegangen. Die konkrete Würdigung, ob ein vorrangiger, direkter und unmittelbarer Zusammenhang mit besteuerten Umsätzen besteht, obliegt dem FG (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2015, 364, Rz 30).

43

Überdies vermag --anders als die Klägerin meint-- auch nach Auffassung der Generalanwältin Kokott ein bloßer Kausalzusammenhang keinen direkten und unmittelbaren Zusammenhang im Sinne der genannten Rechtsprechung des EuGH zu begründen (vgl. auch EuGH-Urteil Becker vom 21. Februar 2013 C-104/12, EU:C:2013:99, DStR 2013, 411, Rz 31).

44

d) Für die beantragte Zurückverweisung an einen anderen Senat des FG besteht kein Anlass.

45

aa) Die Zurückverweisung an einen anderen Senat des FG ist nur möglich, wenn ernstliche Zweifel an der Unvoreingenommenheit der Richter des erkennenden Senats des FG bestehen (vgl. BFH-Urteil vom 14. Februar 2008 V R 12-13/06, BFH/NV 2008, 1365; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 126 FGO Rz 41, m.w.N.; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 126 Rz 15). Da eine solche Maßnahme das Recht beider Beteiligter auf ihren gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes, § 119 Nr. 1 FGO) berührt, müssen hierfür besondere sachliche Gründe vorliegen (vgl. BFH-Urteil vom 4. September 2002 XI R 67/00, BFHE 200, 1, BStBl II 2003, 142, Bergkemper in HHSp, § 126 FGO Rz 53, m.w.N.).

46

bb) Der Vortrag der Klägerin hierzu und der Verfahrensablauf im ersten Rechtszug rechtfertigen eine solche Maßnahme nicht.

47

Da sich die Frage einer Zurückverweisung generell nur bei rechtsfehlerhafter Vorentscheidung stellt, kann die Zurückverweisung an einen anderen Senat des FG nicht allein mit der materiell- oder verfahrensrechtlichen Unrichtigkeit des Urteils begründet werden (vgl. BFH-Beschluss vom 2. Dezember 2013 III B 157/12, BFH/NV 2014, 545). Sachliche Meinungsverschiedenheiten in Fragen der richterlichen Prozessführung reichen für eine Besorgnis der Befangenheit nicht aus (vgl. BFH-Beschluss vom 22. Februar 2001 VIII B 103/00, BFH/NV 2001, 1126). Die Unvoreingenommenheit des erkennenden Senats des FG zeigt sich schon daran, dass er die Revision selbst zugelassen und damit sein Urteil in vollem Umfang zur Überprüfung des BFH gestellt hat (vgl. BFH-Urteil vom 19. Oktober 2011 X R 65/09, BFHE 235, 304, BStBl II 2012, 345).

48

4. Der von der Klägerin beantragten EuGH-Vorlage bedarf es nicht, weil die von ihr aufgeworfene Frage mangels tatsächlicher Feststellungen hypothetisch ist (vgl. dazu EuGH-Urteil Italmoda u.a. vom 18. Dezember 2014 C-131/13 u.a., EU:C:2014:2455, HFR 2015, 200, Rz 31, 36 und 39). Überdies obliegt die Beurteilung, ob im Einzelfall ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang mit besteuerten Umsätzen besteht, den nationalen Gerichten (z.B. BFH-Beschlüsse vom 11. Dezember 2013 XI R 17/11, BFHE 244, 79, BStBl II 2014, 417, Rz 37; vom 11. Dezember 2013 XI R 38/12, BFHE 244, 94, BStBl II 2014, 428).

49

5. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) führte in den Streitjahren 2005 bis 2007 Umsätze im Rahmen einer von ihm betriebenen "Schwimmschule" aus. Er hatte im November 2005 das erste Staatsexamen für das Lehramt für die Fächer Sport und Physik abgelegt. Mit mehreren Arbeitnehmern, überwiegend Physiotherapeuten, führte er Baby-, Kleinkinder-, sonstige Kinder- und Erwachsenenschwimmkurse sowie Wassergymnastik wie Aqua-Jogging oder Aqua-Fitness in Hallenbädern durch, die er vom jeweiligen kommunalen Betreiber stundenweise angemietet hatte. Die Kursteilnehmer entrichteten für die Teilnahme an den Kursen an den Kläger ein Entgelt, das auch ein auf die Kursteilnehmer entfallendes Eintrittsgeld für die Hallenbadbenutzung umfassen konnte. Die Hallenbadbetreiber erhoben vom Kläger für die Nutzungsüberlassung der Hallenbäder ein Entgelt von in der Regel 20 % der von ihm vereinnahmten Kursgebühren. Auf der Grundlage des § 20 des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) erstatteten Krankenkassen die für die Aqua-Fitness-Kurse erhobenen Entgelte ganz oder teilweise an die Kursteilnehmer. Der Kläger gab keine Umsatzsteuererklärungen ab, da er seine Leistungen als steuerfrei ansah.

2

Im Anschluss an eine Umsatzsteuersonderprüfung ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) davon aus, dass der Kläger in den Jahren 2001 bis 2007 steuerpflichtige Leistungen erbracht habe und erließ dementsprechende Umsatzsteuerbescheide. Während des Einspruchsverfahrens erging der Umsatzsteuerbescheid 2006, der im Einspruchsverfahren an die Stelle der Vorauszahlungsbescheide 2006 trat.

3

Nach der Erhebung der Klage zum Finanzgericht (FG) erging der Umsatzsteuerjahresbescheid 2007, der an Stelle der Vorauszahlungsbescheide 2007 gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Klageverfahrens wurde. Nachdem der Kläger eine Bescheinigung der Bezirksregierung vorgelegt hatte, wonach die Schwimmkurse auf einen Beruf vorbereiteten, während eine Bescheinigung für das Baby- und Kleinkindschwimmen sowie das Aqua-Jogging und Aqua-Fitness wegen des engen Bezugs zur Freizeitgestaltung abgelehnt wurde, ergingen geänderte Bescheide für die Jahre 2001 bis 2004, worauf der Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt wurde. Geänderte Bescheide ergingen auch für die Streitjahre 2005 bis 2007, die nach § 68 FGO Gegenstand des Klageverfahrens wurden.

4

Nach dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 985 veröffentlichten Urteil des FG zu den verbliebenen Streitjahren 2005 bis 2007 hatte die Klage im Hinblick auf die nach Erlass der Änderungsbescheide noch streitigen Kurse wie Babyschwimmen, Kleinkindschwimmen, Aqua-Jogging und Aqua-Fitness keinen Erfolg. Diese Leistungen seien weder nach nationalem Recht noch nach den Bestimmungen der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) oder den Bestimmungen der Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG (MwStSystRL) steuerfrei. Dies ergebe sich auch aus der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH).

5

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Revision, die er auf Verletzung materiellen und formellen Rechts stützt. Seine Leistungen seien nach § 4 Nr. 22 Buchst. a und b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerfrei. Zumindest könne er sich auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g, h, i und j MwStSystRL (Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g, h, i und j der Richtlinie 77/388/EWG) berufen. Für eine insoweit erforderliche Anerkennung reiche die Kostenübernahme durch Krankenkassen aus. Er müsse als Einrichtung nur über eine vom Mitgliedstaat "anerkannte vergleichbare Zielsetzung" verfügen. Inhaltsgleiche Kurse für Schulen seien steuerfrei gewesen. Er sei zumindest zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes berechtigt. Eine Vorlage an den EuGH sei erforderlich.

6

Der Kläger beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Umsatzsteuerjahresbescheide 2005 bis 2007 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer von 0 € festgesetzt wird, hilfsweise, dass der ermäßigte Steuersatz anzuwenden ist.

7

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Die Leistungen seien weder nach nationalem Recht noch nach dem Unionsrecht steuerfrei. Es sei auch nicht der ermäßigte Steuersatz anzuwenden. Das FA habe nur die Kursleistungen als steuerfrei anerkannt, die nach einer dem Kläger am 27. Oktober 2008 erteilten Bescheinigung ordnungsgemäß auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereitet hätten.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision des Klägers ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Zwar hat das FG zutreffend entschieden, dass die Leistungen des Klägers nicht nach nationalem Recht steuerfrei sind. Der Kläger kann aber einen Anwendungsvorrang der Richtlinie geltend machen, wozu noch weitere Feststellungen zu treffen sind.

10

1. Die Leistungen des Klägers sind nicht nach nationalem Recht steuerfrei.

11

a) Nach § 4 Nr. 21 UStG sind steuerfrei die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn sie als Ersatzschulen gemäß Art. 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind (Doppelbuchst. aa) oder wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten (Doppelbuchst. bb).

12

Im Streitfall liegen diese Voraussetzungen nicht vor. Der Kläger ist weder als Ersatzschule staatlich genehmigt noch nach Landesrecht erlaubt. Für die im finanzgerichtlichen Verfahren noch streitigen Kurse liegt auch keine Bescheinigung über die Vorbereitung auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vor.

13

b) Nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG sind steuerfrei die Vorträge, Kurse und anderen Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, von Volkshochschulen oder von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes dienen, durchgeführt werden, wenn die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden. Steuerfrei sind auch andere kulturelle und sportliche Veranstaltungen, die von den in Buchstabe a genannten Unternehmern durchgeführt werden, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht (§ 4 Nr. 22 Buchst. b UStG).

14

Im Streitfall liegen diese Voraussetzungen nicht vor, da der Kläger als Einzelunternehmer die nach dem eindeutigen Wortlaut von § 4 Nr. 22 Buchst. a und b UStG erforderlichen unternehmerbezogenen Voraussetzungen nicht erfüllt. Ob dies gegen das Unionsrecht oder die diesem zugrunde liegenden Grundsätze verstößt, ist im Hinblick auf diesen Wortlaut unbeachtlich und nur im Zusammenhang mit der Berufung des Klägers auf das Unionsrecht von Bedeutung.

15

2. Der Kläger kann sich für eine Steuerfreiheit seiner Leistungen aber auf das Unionsrecht berufen.

16

a) Steuerfrei ist nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL (zuvor Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG) der von Privatlehrern erteilte Schul- und Hochschulunterricht.

17

b) Nach dem zu dieser Bestimmung ergangenen EuGH-Urteil vom 28. Januar 2010 C-473/08, Eulitz (Slg. 2010, I-907) kommt es auf Unterrichtseinheiten an, die sich auf Schul- und Hochschulunterricht beziehen. Dies erfasst nicht nur Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern schließt andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten von Schülern oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (EuGH-Urteil vom 14. Juni 2007 C-445/05, Haderer, Slg. 2007, I-4841). Dem hat sich der erkennende Senat mit Urteil vom 20. März 2014 V R 3/13 (BFH/NV 2014, 1175, unter II.2.) angeschlossen.

18

c) Danach können einzelne Kurse, die der Kläger durchgeführt hat, als Schulunterricht eines Privatlehrers steuerfrei sein. Dies gilt insbesondere für das Kleinkindschwimmen, da an der Erlernung der Fähigkeit, schwimmen zu können, zum einen ein hohes Gemeinwohlinteresse besteht und zum anderen die Erlangung dieser Fähigkeit auch in öffentlichen Schulen unterrichtet wird. Dies mag auf Kurse wie Babyschwimmen, Aqua-Jogging und Aqua-Fitness nicht zutreffen, zumal bei diesen auch der Charakter bloßer Freizeitgestaltung nicht zu vernachlässigen ist. Hierzu sind im zweiten Rechtsgang weitere Feststellungen zu treffen.

19

3. Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:

20

a) Sind die Leistungen des Klägers nicht nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL (zuvor Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG) steuerfrei, kommt eine Berufung auf andere Befreiungstatbestände des Unionsrechts nicht in Betracht.

21

aa) Zwar haben die Mitgliedstaaten von der Steuer auch zu befreien

22

- die "eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen, die durch Altenheime, Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden" (Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL),
- die "eng mit der Kinder- und Jugendbetreuung verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen" (Art. 132 Abs. 1 Buchst. h MwStSystRL),
- die "Erziehung von Kindern und Jugendlichen, Schul- und Hochschulunterricht, Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung und damit eng verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung" (Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL) sowie
- "bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben" (Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL).

23

bb) Die Voraussetzungen dieser Tatbestände liegen im Streitfall aber nicht vor.

24

(1) Für Art. 132 Abs. 1 Buchst. g, h und i MwStSystRL folgt dies bereits daraus, dass es an der personenbezogenen Voraussetzung der "anerkannten Einrichtung" fehlt. Insoweit ist es nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung Sache des innerstaatlichen Rechts jedes Mitgliedstaats, die Regeln aufzustellen, nach denen Einrichtungen die erforderliche Anerkennung gewährt werden kann. Zu den für die Anerkennung maßgeblichen Gesichtspunkten gehören das Bestehen spezifischer Vorschriften, bei denen es sich um nationale oder regionale Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Steuervorschriften oder Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit handeln kann, das mit den Tätigkeiten des betreffenden Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse, die Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung kommen, und die Übernahme der Kosten der fraglichen Leistungen zum großen Teil durch Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit (EuGH-Urteil Zimmermann vom 15. November 2012 C-174/11, Umsatzsteuer-Rundschau 2013, 35 Rdnr. 31, und BFH-Urteil vom 25. April 2013 V R 7/11, BFHE 241, 475, BStBl II 2013, 976, unter II.2.c aa). Auch im Hinblick auf eine Kostentragung durch Einrichtungen der sozialen Sicherheit ist zu berücksichtigen, ob der Unternehmer seine Leistung unmittelbar aufgrund vertraglicher Vereinbarungen mit Sozialversicherungsträgern erbringt (BFH-Urteil vom 8. November 2007 V R 2/06, BFHE 219, 428, BStBl II 2008, 634, unter II.2.b cc).

25

Danach reicht es für die Anerkennung als Einrichtung weder aus, dass der Kläger direkte vertragliche Beziehungen mit Gemeinden hinsichtlich der Nutzung von Schwimmbädern unterhielt, noch, dass Kosten auf der Grundlage von § 20 SGB V erstattet wurden. Denn die Gemeinden waren als Hallenbadbetreiber nicht als "Krankenkassen oder andere Einrichtungen der sozialen Sicherheit" tätig, während im Rahmen der Leistungserbringung nach § 20 SGB V keine vertraglichen Beziehungen zu den gesetzlichen Krankenkassen bestanden (vgl. auch Welti, in Becker/ Kingreen, SGB V, 3. Aufl., § 20 Rz 13). Im Übrigen kommt dem Kläger mit seinen Leistungen neben dem Kleinkindschwimmen (zu diesem s. oben II.2.) nicht der Charakter einer Einrichtung mit anerkannter vergleichbarer Zielsetzung wie öffentlichen Schulen oder Hochschulen zu.

26

(2) Die Steuerfreiheit für bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben (Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL, zuvor: Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG) kommt nicht in Betracht, da der Kläger keine Einrichtung ohne Gewinnstreben ist.

27

b) Im zweiten Rechtsgang wird zu berücksichtigen sein, dass der Kläger für Leistungen, die nicht steuerfrei sind, nicht den ermäßigten Steuersatz in Anspruch nehmen kann.

28

Zwar ordnet § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 UStG für die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze sowie für die Verabreichung von Heilbädern die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes an. In Bezug auf die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze beruht die Vorschrift auf Art. 98 Abs. 2 und 3 MwStSystRL i.V.m. Anhang III Nr. 14 (zuvor Art. 12 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG i.V.m. Anhang H Nr. 13), wie der Senat bereits entschieden hat (BFH-Urteil vom 11. Februar 2010 V R 30/08, BFH/NV 2010, 2125, unter II.2.a ee). Danach können die Mitgliedstaaten die Überlassung von Sportanlagen einem ermäßigten Steuersatz unterwerfen. Unionsrechtliche Grundlage für die Verabreichung von Heilbädern ist die Thermalbehandlung i.S. von Art. 98 Abs. 2 und 3 MwStSystRL i.V.m. Anhang III Nr. 17 (zuvor Art. 12 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG i.V.m. Anhang H Nr. 13). § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 UStG ist entsprechend diesen Bestimmungen auszulegen, wobei neben dem allgemeinen Grundsatz enger Auslegung von Ausnahmetatbeständen auch zu berücksichtigen ist, dass Vorschriften des nationalen Rechts auch dann eng auszulegen sind, wenn sie ansonsten nicht der Richtlinie entsprechen (BFH-Urteil vom 8. März 2012 V R 14/11, BFHE 237, 279, BStBl II 2012, 630, unter II.2.c bb).

29

Im Hinblick auf die unionsrechtliche Grundlage der Steuersatzermäßigung, die sich auf die Überlassung von Sportanlagen und damit auf eine Nutzungsüberlassung bezieht, ist es danach nicht möglich, die Erteilung von Schwimmunterricht als einen unmittelbar mit dem Betrieb eines Schwimmbads verbundenen Umsatz anzusehen. Sollte sich demgegenüber aus Abschn. 171 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Umsatzsteuer-Richtlinien 2005 ergeben, dass die Erteilung von Schwimmunterricht als eigenständige Leistung der Steuersatzermäßigung unterliegt, könnte sich der Senat dem nicht anschließen. Ebenso können Kurse wie "Aqua-Jogging" und "Aqua-Fitness" nicht als Verabreichung von Heilbädern angesehen werden, da insoweit unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Grundlagen eine Thermalbehandlung vorliegen müsste, an der es fehlt.

30

4. Auf den geltend gemachten Verfahrensfehler kam es nicht mehr an.

(1) Die für Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 geschuldete Umsatzsteuer wird von Unternehmern, die im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ansässig sind, nicht erhoben, wenn der in Satz 2 bezeichnete Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 22 000 Euro nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50 000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird. Umsatz im Sinne des Satzes 1 ist der nach vereinnahmten Entgelten bemessene Gesamtumsatz, gekürzt um die darin enthaltenen Umsätze von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Satz 1 gilt nicht für die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6, § 13b Absatz 5, § 14c Abs. 2 und § 25b Abs. 2 geschuldete Steuer. In den Fällen des Satzes 1 finden die Vorschriften über die Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchstabe b, § 6a), über den Verzicht auf Steuerbefreiungen (§ 9), über den gesonderten Ausweis der Steuer in einer Rechnung (§ 14 Abs. 4), über die Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummern in einer Rechnung (§ 14a Abs. 1, 3 und 7) und über den Vorsteuerabzug (§ 15) keine Anwendung.

(2) Der Unternehmer kann dem Finanzamt bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung (§ 18 Abs. 3 und 4) erklären, dass er auf die Anwendung des Absatzes 1 verzichtet. Nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung bindet die Erklärung den Unternehmer mindestens für fünf Kalenderjahre. Sie kann nur mit Wirkung von Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen werden. Der Widerruf ist spätestens bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung des Kalenderjahres, für das er gelten soll, zu erklären.

(3) Gesamtumsatz ist die Summe der vom Unternehmer ausgeführten steuerbaren Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 abzüglich folgender Umsätze:

1.
der Umsätze, die nach § 4 Nr. 8 Buchstabe i, Nr. 9 Buchstabe b und Nummer 11 bis 29 steuerfrei sind;
2.
der Umsätze, die nach § 4 Nr. 8 Buchstabe a bis h, Nr. 9 Buchstabe a und Nr. 10 steuerfrei sind, wenn sie Hilfsumsätze sind.
Soweit der Unternehmer die Steuer nach vereinnahmten Entgelten berechnet (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 4 oder § 20), ist auch der Gesamtumsatz nach diesen Entgelten zu berechnen. Hat der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem Teil des Kalenderjahres ausgeübt, so ist der tatsächliche Gesamtumsatz in einen Jahresgesamtumsatz umzurechnen. Angefangene Kalendermonate sind bei der Umrechnung als volle Kalendermonate zu behandeln, es sei denn, dass die Umrechnung nach Tagen zu einem niedrigeren Jahresgesamtumsatz führt.

(4) Absatz 1 gilt nicht für die innergemeinschaftlichen Lieferungen neuer Fahrzeuge. § 15 Abs. 4a ist entsprechend anzuwenden.

(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind;
3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird;
4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist;
5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.

(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.

(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:

1.
steuerfreie Umsätze;
2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Gegenstände oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung einer Einfuhr oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwendet, sind den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte oder innergemeinschaftlich erworbene Gegenstand verwendet wird.

(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.

(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:

1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer.
2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre.
3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.

(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,

1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und
3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.

(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.

(2) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.

(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Aufwendungen der Finanzbehörden sind nicht zu erstatten.

(3) Gesetzlich vorgesehene Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistands, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, sind stets erstattungsfähig. Aufwendungen für einen Bevollmächtigten oder Beistand, für den Gebühren und Auslagen gesetzlich nicht vorgesehen sind, können bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühren und Auslagen der Rechtsanwälte erstattet werden. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind die Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistands für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Steht der Bevollmächtigte oder Beistand in einem Angestelltenverhältnis zu einem Beteiligten, so werden die durch seine Zuziehung entstandenen Gebühren nicht erstattet.

(4) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn das Gericht sie aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) führte in den Streitjahren 2005 bis 2007 Umsätze im Rahmen einer von ihm betriebenen "Schwimmschule" aus. Er hatte im November 2005 das erste Staatsexamen für das Lehramt für die Fächer Sport und Physik abgelegt. Mit mehreren Arbeitnehmern, überwiegend Physiotherapeuten, führte er Baby-, Kleinkinder-, sonstige Kinder- und Erwachsenenschwimmkurse sowie Wassergymnastik wie Aqua-Jogging oder Aqua-Fitness in Hallenbädern durch, die er vom jeweiligen kommunalen Betreiber stundenweise angemietet hatte. Die Kursteilnehmer entrichteten für die Teilnahme an den Kursen an den Kläger ein Entgelt, das auch ein auf die Kursteilnehmer entfallendes Eintrittsgeld für die Hallenbadbenutzung umfassen konnte. Die Hallenbadbetreiber erhoben vom Kläger für die Nutzungsüberlassung der Hallenbäder ein Entgelt von in der Regel 20 % der von ihm vereinnahmten Kursgebühren. Auf der Grundlage des § 20 des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) erstatteten Krankenkassen die für die Aqua-Fitness-Kurse erhobenen Entgelte ganz oder teilweise an die Kursteilnehmer. Der Kläger gab keine Umsatzsteuererklärungen ab, da er seine Leistungen als steuerfrei ansah.

2

Im Anschluss an eine Umsatzsteuersonderprüfung ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) davon aus, dass der Kläger in den Jahren 2001 bis 2007 steuerpflichtige Leistungen erbracht habe und erließ dementsprechende Umsatzsteuerbescheide. Während des Einspruchsverfahrens erging der Umsatzsteuerbescheid 2006, der im Einspruchsverfahren an die Stelle der Vorauszahlungsbescheide 2006 trat.

3

Nach der Erhebung der Klage zum Finanzgericht (FG) erging der Umsatzsteuerjahresbescheid 2007, der an Stelle der Vorauszahlungsbescheide 2007 gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Klageverfahrens wurde. Nachdem der Kläger eine Bescheinigung der Bezirksregierung vorgelegt hatte, wonach die Schwimmkurse auf einen Beruf vorbereiteten, während eine Bescheinigung für das Baby- und Kleinkindschwimmen sowie das Aqua-Jogging und Aqua-Fitness wegen des engen Bezugs zur Freizeitgestaltung abgelehnt wurde, ergingen geänderte Bescheide für die Jahre 2001 bis 2004, worauf der Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt wurde. Geänderte Bescheide ergingen auch für die Streitjahre 2005 bis 2007, die nach § 68 FGO Gegenstand des Klageverfahrens wurden.

4

Nach dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 985 veröffentlichten Urteil des FG zu den verbliebenen Streitjahren 2005 bis 2007 hatte die Klage im Hinblick auf die nach Erlass der Änderungsbescheide noch streitigen Kurse wie Babyschwimmen, Kleinkindschwimmen, Aqua-Jogging und Aqua-Fitness keinen Erfolg. Diese Leistungen seien weder nach nationalem Recht noch nach den Bestimmungen der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) oder den Bestimmungen der Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG (MwStSystRL) steuerfrei. Dies ergebe sich auch aus der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH).

5

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Revision, die er auf Verletzung materiellen und formellen Rechts stützt. Seine Leistungen seien nach § 4 Nr. 22 Buchst. a und b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerfrei. Zumindest könne er sich auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g, h, i und j MwStSystRL (Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g, h, i und j der Richtlinie 77/388/EWG) berufen. Für eine insoweit erforderliche Anerkennung reiche die Kostenübernahme durch Krankenkassen aus. Er müsse als Einrichtung nur über eine vom Mitgliedstaat "anerkannte vergleichbare Zielsetzung" verfügen. Inhaltsgleiche Kurse für Schulen seien steuerfrei gewesen. Er sei zumindest zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes berechtigt. Eine Vorlage an den EuGH sei erforderlich.

6

Der Kläger beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Umsatzsteuerjahresbescheide 2005 bis 2007 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer von 0 € festgesetzt wird, hilfsweise, dass der ermäßigte Steuersatz anzuwenden ist.

7

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Die Leistungen seien weder nach nationalem Recht noch nach dem Unionsrecht steuerfrei. Es sei auch nicht der ermäßigte Steuersatz anzuwenden. Das FA habe nur die Kursleistungen als steuerfrei anerkannt, die nach einer dem Kläger am 27. Oktober 2008 erteilten Bescheinigung ordnungsgemäß auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereitet hätten.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision des Klägers ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Zwar hat das FG zutreffend entschieden, dass die Leistungen des Klägers nicht nach nationalem Recht steuerfrei sind. Der Kläger kann aber einen Anwendungsvorrang der Richtlinie geltend machen, wozu noch weitere Feststellungen zu treffen sind.

10

1. Die Leistungen des Klägers sind nicht nach nationalem Recht steuerfrei.

11

a) Nach § 4 Nr. 21 UStG sind steuerfrei die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn sie als Ersatzschulen gemäß Art. 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind (Doppelbuchst. aa) oder wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten (Doppelbuchst. bb).

12

Im Streitfall liegen diese Voraussetzungen nicht vor. Der Kläger ist weder als Ersatzschule staatlich genehmigt noch nach Landesrecht erlaubt. Für die im finanzgerichtlichen Verfahren noch streitigen Kurse liegt auch keine Bescheinigung über die Vorbereitung auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vor.

13

b) Nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG sind steuerfrei die Vorträge, Kurse und anderen Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, von Volkshochschulen oder von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes dienen, durchgeführt werden, wenn die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden. Steuerfrei sind auch andere kulturelle und sportliche Veranstaltungen, die von den in Buchstabe a genannten Unternehmern durchgeführt werden, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht (§ 4 Nr. 22 Buchst. b UStG).

14

Im Streitfall liegen diese Voraussetzungen nicht vor, da der Kläger als Einzelunternehmer die nach dem eindeutigen Wortlaut von § 4 Nr. 22 Buchst. a und b UStG erforderlichen unternehmerbezogenen Voraussetzungen nicht erfüllt. Ob dies gegen das Unionsrecht oder die diesem zugrunde liegenden Grundsätze verstößt, ist im Hinblick auf diesen Wortlaut unbeachtlich und nur im Zusammenhang mit der Berufung des Klägers auf das Unionsrecht von Bedeutung.

15

2. Der Kläger kann sich für eine Steuerfreiheit seiner Leistungen aber auf das Unionsrecht berufen.

16

a) Steuerfrei ist nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL (zuvor Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG) der von Privatlehrern erteilte Schul- und Hochschulunterricht.

17

b) Nach dem zu dieser Bestimmung ergangenen EuGH-Urteil vom 28. Januar 2010 C-473/08, Eulitz (Slg. 2010, I-907) kommt es auf Unterrichtseinheiten an, die sich auf Schul- und Hochschulunterricht beziehen. Dies erfasst nicht nur Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern schließt andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten von Schülern oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (EuGH-Urteil vom 14. Juni 2007 C-445/05, Haderer, Slg. 2007, I-4841). Dem hat sich der erkennende Senat mit Urteil vom 20. März 2014 V R 3/13 (BFH/NV 2014, 1175, unter II.2.) angeschlossen.

18

c) Danach können einzelne Kurse, die der Kläger durchgeführt hat, als Schulunterricht eines Privatlehrers steuerfrei sein. Dies gilt insbesondere für das Kleinkindschwimmen, da an der Erlernung der Fähigkeit, schwimmen zu können, zum einen ein hohes Gemeinwohlinteresse besteht und zum anderen die Erlangung dieser Fähigkeit auch in öffentlichen Schulen unterrichtet wird. Dies mag auf Kurse wie Babyschwimmen, Aqua-Jogging und Aqua-Fitness nicht zutreffen, zumal bei diesen auch der Charakter bloßer Freizeitgestaltung nicht zu vernachlässigen ist. Hierzu sind im zweiten Rechtsgang weitere Feststellungen zu treffen.

19

3. Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:

20

a) Sind die Leistungen des Klägers nicht nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL (zuvor Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG) steuerfrei, kommt eine Berufung auf andere Befreiungstatbestände des Unionsrechts nicht in Betracht.

21

aa) Zwar haben die Mitgliedstaaten von der Steuer auch zu befreien

22

- die "eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen, die durch Altenheime, Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden" (Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL),
- die "eng mit der Kinder- und Jugendbetreuung verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen" (Art. 132 Abs. 1 Buchst. h MwStSystRL),
- die "Erziehung von Kindern und Jugendlichen, Schul- und Hochschulunterricht, Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung und damit eng verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung" (Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL) sowie
- "bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben" (Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL).

23

bb) Die Voraussetzungen dieser Tatbestände liegen im Streitfall aber nicht vor.

24

(1) Für Art. 132 Abs. 1 Buchst. g, h und i MwStSystRL folgt dies bereits daraus, dass es an der personenbezogenen Voraussetzung der "anerkannten Einrichtung" fehlt. Insoweit ist es nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung Sache des innerstaatlichen Rechts jedes Mitgliedstaats, die Regeln aufzustellen, nach denen Einrichtungen die erforderliche Anerkennung gewährt werden kann. Zu den für die Anerkennung maßgeblichen Gesichtspunkten gehören das Bestehen spezifischer Vorschriften, bei denen es sich um nationale oder regionale Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Steuervorschriften oder Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit handeln kann, das mit den Tätigkeiten des betreffenden Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse, die Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung kommen, und die Übernahme der Kosten der fraglichen Leistungen zum großen Teil durch Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit (EuGH-Urteil Zimmermann vom 15. November 2012 C-174/11, Umsatzsteuer-Rundschau 2013, 35 Rdnr. 31, und BFH-Urteil vom 25. April 2013 V R 7/11, BFHE 241, 475, BStBl II 2013, 976, unter II.2.c aa). Auch im Hinblick auf eine Kostentragung durch Einrichtungen der sozialen Sicherheit ist zu berücksichtigen, ob der Unternehmer seine Leistung unmittelbar aufgrund vertraglicher Vereinbarungen mit Sozialversicherungsträgern erbringt (BFH-Urteil vom 8. November 2007 V R 2/06, BFHE 219, 428, BStBl II 2008, 634, unter II.2.b cc).

25

Danach reicht es für die Anerkennung als Einrichtung weder aus, dass der Kläger direkte vertragliche Beziehungen mit Gemeinden hinsichtlich der Nutzung von Schwimmbädern unterhielt, noch, dass Kosten auf der Grundlage von § 20 SGB V erstattet wurden. Denn die Gemeinden waren als Hallenbadbetreiber nicht als "Krankenkassen oder andere Einrichtungen der sozialen Sicherheit" tätig, während im Rahmen der Leistungserbringung nach § 20 SGB V keine vertraglichen Beziehungen zu den gesetzlichen Krankenkassen bestanden (vgl. auch Welti, in Becker/ Kingreen, SGB V, 3. Aufl., § 20 Rz 13). Im Übrigen kommt dem Kläger mit seinen Leistungen neben dem Kleinkindschwimmen (zu diesem s. oben II.2.) nicht der Charakter einer Einrichtung mit anerkannter vergleichbarer Zielsetzung wie öffentlichen Schulen oder Hochschulen zu.

26

(2) Die Steuerfreiheit für bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben (Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL, zuvor: Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG) kommt nicht in Betracht, da der Kläger keine Einrichtung ohne Gewinnstreben ist.

27

b) Im zweiten Rechtsgang wird zu berücksichtigen sein, dass der Kläger für Leistungen, die nicht steuerfrei sind, nicht den ermäßigten Steuersatz in Anspruch nehmen kann.

28

Zwar ordnet § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 UStG für die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze sowie für die Verabreichung von Heilbädern die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes an. In Bezug auf die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze beruht die Vorschrift auf Art. 98 Abs. 2 und 3 MwStSystRL i.V.m. Anhang III Nr. 14 (zuvor Art. 12 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG i.V.m. Anhang H Nr. 13), wie der Senat bereits entschieden hat (BFH-Urteil vom 11. Februar 2010 V R 30/08, BFH/NV 2010, 2125, unter II.2.a ee). Danach können die Mitgliedstaaten die Überlassung von Sportanlagen einem ermäßigten Steuersatz unterwerfen. Unionsrechtliche Grundlage für die Verabreichung von Heilbädern ist die Thermalbehandlung i.S. von Art. 98 Abs. 2 und 3 MwStSystRL i.V.m. Anhang III Nr. 17 (zuvor Art. 12 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG i.V.m. Anhang H Nr. 13). § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 UStG ist entsprechend diesen Bestimmungen auszulegen, wobei neben dem allgemeinen Grundsatz enger Auslegung von Ausnahmetatbeständen auch zu berücksichtigen ist, dass Vorschriften des nationalen Rechts auch dann eng auszulegen sind, wenn sie ansonsten nicht der Richtlinie entsprechen (BFH-Urteil vom 8. März 2012 V R 14/11, BFHE 237, 279, BStBl II 2012, 630, unter II.2.c bb).

29

Im Hinblick auf die unionsrechtliche Grundlage der Steuersatzermäßigung, die sich auf die Überlassung von Sportanlagen und damit auf eine Nutzungsüberlassung bezieht, ist es danach nicht möglich, die Erteilung von Schwimmunterricht als einen unmittelbar mit dem Betrieb eines Schwimmbads verbundenen Umsatz anzusehen. Sollte sich demgegenüber aus Abschn. 171 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Umsatzsteuer-Richtlinien 2005 ergeben, dass die Erteilung von Schwimmunterricht als eigenständige Leistung der Steuersatzermäßigung unterliegt, könnte sich der Senat dem nicht anschließen. Ebenso können Kurse wie "Aqua-Jogging" und "Aqua-Fitness" nicht als Verabreichung von Heilbädern angesehen werden, da insoweit unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Grundlagen eine Thermalbehandlung vorliegen müsste, an der es fehlt.

30

4. Auf den geltend gemachten Verfahrensfehler kam es nicht mehr an.

Tenor

A. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Umfasst der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts in Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe i und j der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem den Fahrschulunterricht zum Erwerb der Fahrerlaubnisklassen B und C1?

2. Sollte Frage 1 zu bejahen sein:

Kann sich die Anerkennung der Klägerin als Einrichtung mit vergleichbarer Zielsetzung im Sinne von Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe i der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem aus den gesetzlichen Regelungen über die Fahrlehrerprüfung und die Erteilung der Fahrlehr- und der Fahrschulerlaubnis im Gesetz über das Fahrlehrerwesen vom 25. August 1969 (Bundesgesetzblatt I 1969, 1336), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 28. November 2016 (Bundesgesetzblatt I 2016, 2722, Fahrlehrergesetz) und dem Gemeinwohlinteresse an der Ausbildung von Fahrschülern zu sicheren, verantwortungsvollen und umweltbewussten Verkehrsteilnehmern ergeben?

3. Sollte Frage 2 zu verneinen sein:

Setzt der Begriff des "Privatlehrers" in Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe j der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem voraus, dass es sich bei dem Steuerpflichtigen um einen Einzelunternehmer handelt?

4. Sollten Fragen 2 und 3 zu verneinen sein:

Wird ein Unterrichtender immer dann bereits als "Privatlehrer" im Sinne des Artikels 132 Absatz 1 Buchstabe j der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem tätig, wenn er für eigene Rechnung und in eigener Verantwortung handelt oder sind an das Merkmal "Privatlehrer" weitere Anforderungen zu stellen?

B. Das Verfahren wird bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union ausgesetzt.

Tatbestand

I.

1

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die von der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ausgeführten Fahrschulleistungen, die ihre Kunden zum Erwerb der Fahrerlaubnisklassen B (Fahrzeuge mit zulässiger Gesamtmasse von nicht mehr als 3 500 Kilogramm --kg-- und gebaut und ausgelegt zur Beförderung von nicht mehr als acht Personen außer dem Fahrzeugführer) und C1 (Fahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3 500 kg aber nicht mehr als 7 500 kg und gebaut und ausgelegt zur Beförderung von nicht mehr als acht Personen außer dem Fahrzeugführer) im Streitjahr (2010) in Anspruch genommen haben, nach Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe i und j der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) von der Umsatzsteuer befreit sind.

2

Die Klägerin betreibt in der Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) eine Fahrschule. In den von ihr ausgestellten Rechnungen wies sie keine Umsatzsteuer gesondert aus. Für das Streitjahr erklärte sie zunächst steuerpflichtige Umsätze. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) folgte der Umsatzsteuererklärung der Klägerin. Mit Schreiben vom 22. Dezember 2014 beantragte die Klägerin, die Umsatzsteuer auf 0 € herabzusetzen. Das FA lehnte den Antrag ab. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2016, 1481 veröffentlicht worden.

3

Zur Begründung seines Urteils führte das Finanzgericht (FG) im Wesentlichen aus, eine Steuerbefreiung nach § 4 Nummer 21 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb des Umsatzsteuergesetzes (UStG) komme nicht in Betracht, weil bei den hier streitigen Leistungen im Zusammenhang mit den Fahrerlaubnisklassen B und C1 die Fahrerlaubnis nicht als Anerkennungsnachweis als berufsbildende Einrichtung in Betracht komme. Die Befreiung nach § 4 Nummer 21 Buchstabe b UStG scheitere bereits daran, dass die Klägerin ihre Leistungen unmittelbar an ihre Schüler und nicht an die in § 4 Nummer 21 Buchstabe b UStG genannten Einrichtungen erbringe.

4

Die Klägerin könne sich auch nicht mit Erfolg auf Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe j MwStSystRL berufen. Die einheitliche Leistung der Klägerin bestehe aus der theoretischen Schulung und dem praktischen Fahrunterricht. Dabei handele es sich nicht um Schul- oder Hochschulunterricht, weil der praktische Fahrunterricht nach der im Streitjahr 2010 geltenden Empfehlung zur Verkehrserziehung in der Schule (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 7. Juli 1972 in der Fassung des Beschlusses vom 17. Juni 1994) weder erforderlicher noch wünschenswerter Bestandteil des Schul- oder Hochschulunterrichts sei.

5

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Revision, mit der sie Verletzung materiellen Rechts geltend macht. Gesetzgeberisches Ziel der Fahrschulausbildung sei es, verantwortungsvolle und umsichtige Verkehrsteilnehmer auszubilden. Der praktische Fahrunterricht sei dabei nur ein Aspekt.

6

Im Übrigen deckten sich die praktische Fahrschulausbildung und die Fahrsicherheitstrainings unter anderem des ADAC in ihren Zielsetzungen. Es verstoße gegen den Neutralitätsgrundsatz diese vergleichbaren Leistungen unterschiedlich zu besteuern.

7

Die Klägerin beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und der Klage stattzugeben.

8

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

9

Der Senat legt dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die im Tenor unter A. bezeichneten Fragen zur Auslegung der MwStSystRL vor und setzt das Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH aus.

10

1. Rechtlicher Rahmen

11

a) Unionsrecht

12

Gemäß Artikel 132 Absatz 1 MwStSystRL befreien die Mitgliedstaaten folgende Umsätze von der Steuer:
" ...

i) Erziehung von Kindern und Jugendlichen, Schul- und Hochschulunterricht, Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung und damit eng verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung;

j) von Privatlehrern erteilter Schul- und Hochschulunterricht; ...".

13

Artikel 134 MwStSystRL sieht vor:

"In folgenden Fällen sind Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen von der Steuerbefreiung des Artikels 132 Absatz 1 Buchstaben b, g, h, i, l, m und n ausgeschlossen:

a) sie sind für die Umsätze, für die die Steuerbefreiung gewährt wird, nicht unerlässlich;

b) sie sind im Wesentlichen dazu bestimmt, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Umsätze zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Umsätzen von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen bewirkt werden."

14

Artikel 4 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (Neufassung) lautet:

"Klassen, Begriffsbestimmungen und Mindestalter

1. Der Führerschein nach Artikel 1 berechtigt zum Führen von Kraftfahrzeugen der nachstehend definierten Klassen. Er kann ab dem für die einzelnen Klassen angegebenen Mindestalter ausgestellt werden. Als "Kraftfahrzeug" gilt jedes auf der Straße mit eigener Kraft verkehrende Fahrzeug mit Antriebsmotor mit Ausnahme von Schienenfahrzeugen.

...     

4. Kraftwagen

... b) Klasse B:

Kraftwagen mit einer zulässigen Gesamtmasse von höchstens 3500 kg, die zur Beförderung von nicht mehr als acht Personen außer dem Fahrzeugführer ausgelegt und gebaut sind; hinter Kraftwagen dieser Klasse darf ein Anhänger mit einer zulässigen Gesamtmasse von nicht mehr als 750 kg mitgeführt werden.

...     

d) Klasse C1:

nicht unter die Klassen D oder D1 fallende Kraftwagen, deren zulässige Gesamtmasse mehr als 3500 kg, jedoch nicht mehr als 7500 kg beträgt, und die zur Beförderung von nicht mehr als acht Personen außer dem Kraftfahrzeugführer ausgelegt und gebaut sind; hinter Kraftwagen dieser Klasse darf ein Anhänger mit einer zulässigen Gesamtmasse von höchstens 750 kg mitgeführt werden;"

15

b) Nationales Recht

16

Gemäß § 4 Nummer 21 UStG sind von den unter § 1 Absatz 1 Nummer 1 UStG fallenden Umsätzen steuerfrei:

"a)  

die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen,

     

aa)  

wenn sie als Ersatzschulen gemäß Artikel 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind oder

     

bb)  

wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten,

b)  

die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer

     

aa)  

an Hochschulen im Sinne der §§ 1 und 70 des Hochschulrahmengesetzes und öffentlichen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schulen oder

     

bb)  

an privaten Schulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen, soweit diese die Voraussetzungen des Buchstabens a erfüllen."

17

Das Gesetz über das Fahrlehrerwesen vom 25. August 1969 (Bundesgesetzblatt --BGBl-- I 1969, 1336) zuletzt geändert durch das Gesetz vom 28. November 2016 (BGBl I 2016, 2722, Fahrlehrergesetz --FahrlG--) sieht für den Erwerb der Fahrlehrerlaubnis und der Fahrschulerlaubnis unter anderem folgende Regelungen vor:

"§ 1 Erfordernis und Inhalt der Fahrlehrerlaubnis

(1) Wer Personen ausbildet, die eine Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen nach § 2 des Straßenverkehrsgesetzes erwerben wollen (Fahrschüler), bedarf der Fahrlehrerlaubnis. ... ... ... . Die Klassen entsprechen der Einteilung der Fahrerlaubnis nach Artikel 4 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (Neufassung) (Amtsblatt der Europäischen Union --ABlEU-- L 403 vom 30.12.2006, S. 18).

...  ...  ...

(3) Jede Fahrlehrerlaubnis berechtigt zur Durchführung des allgemeinen Teils des theoretischen Unterrichts.

(4) Von der Fahrlehrerlaubnis darf nur zusammen mit der Fahrschulerlaubnis oder im Rahmen eines Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnisses mit dem Inhaber einer Fahrschule Ge-brauch gemacht werden.

...  ...  ...

§ 2 Voraussetzungen der Fahrlehrerlaubnis

(1) Die Fahrlehrerlaubnis wird erteilt, wenn der Bewerber

1.  

mindestens 22 Jahre alt ist,

2.  

geistig, körperlich und fachlich geeignet ist und keine Tatsachen vorliegen, die ihn für den Fahrlehrerberuf als unzuverlässig erscheinen lassen,

3.  

mindestens eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem anerkannten Lehrberuf nach abgeschlossener Hauptschulbildung oder eine gleichwertige Vorbildung besitzt,

4.  

die Fahrerlaubnis der Klassen A2, BE und CE und, sofern die Fahrlehrerlaubnis für die Klasse A oder die Klasse DE erteilt werden soll, jeweils auch die Fahrerlaubnis der Klasse A oder der Klasse DE besitzt,

5.  

über eine ausreichende Fahrpraxis auf Kraftfahrzeugen der Klasse verfügt, für die die Fahrlehrerlaubnis erteilt werden soll,

6.  

innerhalb der letzten drei Jahre zum Fahrlehrer ausgebildet worden ist,

7.  

die fachliche Eignung in einer Prüfung nach § 4 nachgewiesen hat und

8.  

über die für die Ausübung der Berufstätigkeit erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt.

...  ...  ...

Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Anforderungen an die geistige und körperliche Eignung der Bewerber (Satz 1 Nr. 2) festlegen.

...  ...  ...

§ 4 Fahrlehrerprüfung

(1) Die Prüfung muss den Nachweis erbringen, dass der Bewerber um die Fahrlehrerlaubnis die fachliche Eignung zur Ausbildung von Fahrschülern besitzt. Der Bewerber hat

1.  

gründliche Kenntnisse

   

a)  

der Verkehrspädagogik einschließlich der Didaktik,

   

b)  

der Verkehrsverhaltenslehre einschließlich der Gefahrenlehre,

   

c)  

der maßgebenden gesetzlichen Vorschriften,

   

d)  

der umweltbewussten und energiesparenden Fahrweise,

   

e)  

der Fahrphysik,

2.  

ausreichende Kenntnisse der Kraftfahrzeugtechnik sowie

3.  

die Fähigkeit und Fertigkeit, sachlich richtig, auf die Ziele der Fahrschülerausbildung bezogen und methodisch überlegt unterrichten zu können,

nachzuweisen.

...  ...  ...

(3) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Einzelheiten über die Prüfung, insbesondere über Zulassungsvoraussetzungen, Inhalt, Gliederung, Verfahren, Rücktritt, Bewertung, Entscheidung und Wiederholung, zu regeln.

...  ...  ...

§ 10 Erfordernis und Inhalt der Fahrschulerlaubnis

(1) Wer als selbständiger Fahrlehrer Fahrschüler ausbildet oder durch von ihm beschäftigte Fahrlehrer ausbilden lässt, bedarf der Fahrschulerlaubnis.

...  ...  ...

§ 11 Voraussetzungen der Fahrschulerlaubnis

(1) Die Fahrschulerlaubnis wird erteilt, wenn

1.  

der Bewerber mindestens 25 Jahre alt ist und keine Tatsachen vorliegen, die ihn für die Führung einer Fahrschule als unzuverlässig erscheinen lassen,

2.  

keine Tatsachen vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, daß der Bewerber die Pflichten nach § 16 nicht erfüllen kann,

3.  

der Bewerber die Fahrlehrerlaubnis für die Klasse besitzt, für die er die Fahrschulerlaubnis beantragt,

4.  

der Bewerber mindestens zwei Jahre lang im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses mit dem Inhaber einer Fahrschulerlaubnis hauptberuflich als Fahrlehrer tätig war,

5.  

der Bewerber an einem Lehrgang von mindestens 70 Stunden zu 45 Minuten über Fahrschulbetriebswirtschaft teilgenommen hat,

6.  

der Bewerber den erforderlichen Unterrichtsraum, die erforderlichen Lehrmittel und die zur Fahrausbildung in der betreffenden Fahrerlaubnisklasse bestimmten Lehrfahrzeuge zur Verfügung hat.

...  ...  ...

(4) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Einzelheiten der Voraussetzungen der Fahrschulerlaubnis und des Betriebs einer Fahrschule, insbesondere die Anforderungen an Unterrichtsräume, Lehrmittel und Lehrfahrzeuge sowie der Überwachung der Fahrschulen.

...  ...  ...

§ 13 Erteilung der Fahrschulerlaubnis, Erlaubnisurkunde

(1) Die Fahrschulerlaubnis wird durch Aushändigung oder Zustellung der Erlaubnisurkunde erteilt. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 11a gilt § 5 Abs. 4 und 5 entsprechend.

...  ...  ...".

18

Die im Streitjahr 2010 noch nicht in Kraft getretene Fahrschüler-Ausbildungsordnung vom 19. Juni 2012 (BGBl I 2012, 1318), zuletzt durch Gesetz vom 21. Dezember 2016 (BGBl I 2016, 3083), bestimmt unter anderem:

"§ 1 Ziel und Inhalt der Ausbildung

(1) Ziel der Ausbildung ist die Befähigung zum sicheren, verantwortungsvollen und umweltbewussten Verkehrsteilnehmer. Ziel der Ausbildung ist außerdem die Vorbereitung auf die Fahrerlaubnisprüfung.

(2) Die Ausbildung hat ein Verkehrsverhalten zu vermitteln, das

1. Fähigkeiten und Fertigkeiten, um das Fahrzeug auch in schwierigen Verkehrssituationen zu beherrschen,

2. Kenntnis, Verständnis und Anwendung der Verkehrsvorschriften,

3. Fähigkeiten und Fertigkeiten zur Wahrnehmung und Kontrolle von Gefahren einschließlich ihrer Vermeidung und Abwehr,

4. Wissen über die Auswirkungen von Fahrfehlern und eine realistische Selbsteinschätzung,

5. Bereitschaft und Fähigkeit zum rücksichtsvollen und partnerschaftlichen Verhalten und das Bewusstsein für die Bedeutung von Emotionen beim Fahren und

6. Verantwortung für Leben und Gesundheit, Umwelt und Eigentum einschließt.

..."   

19

§ 6 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung in der Fassung vom 13. Dezember 2010 (BGBl I 2010, 1980) lautet:

"(1) Die Fahrerlaubnis wird in folgenden Klassen erteilt:

...     

Klasse B: Kraftfahrzeuge – ausgenommen Krafträder – mit einer zulässigen Gesamtmasse von nicht mehr als 3 500 kg und mit nicht mehr als acht Sitzplätzen außer dem Führersitz (auch mit Anhänger mit einer zulässigen Gesamtmasse von nicht mehr als 750 kg oder mit einer zulässigen Gesamtmasse bis zur Höhe der Leermasse des Zugfahrzeugs, sofern die zulässige Gesamtmasse der Kombination 3 500 kg nicht übersteigt)

...     

Klasse C1: Kraftfahrzeuge – ausgenommen Krafträder – mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3 500 kg, aber nicht mehr als 7 500 kg und mit nicht mehr als acht Sitzplätzen außer dem Führersitz (auch mit Anhänger mit einer zulässigen Gesamtmasse von nicht mehr als 750 kg)"

20

2. Zur Rechtslage nach nationalem Recht

21

Die Leistungen der Klägerin sind nach nationalem Recht nicht steuerfrei.

22

a) Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung gemäß § 4 Nummer 21 Buchstabe a UStG liegen nicht vor (vergleiche Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14. März 1974 V R 54/73, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs --BFHE-- 112, 313, Bundessteuerblatt --BStBl-- II 1974, 527 zu § 4 Nummer 21 UStG 1967; bestätigt durch BFH-Urteil vom 10. Januar 2008 V R 52/06, BFHE 221, 295, Rz 37).

23

aa) Die Merkmale des § 4 Nummer 21 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa UStG sind nicht erfüllt, weil weder eine staatliche Genehmigung gemäß Artikel 7 Absatz 4 des Grundgesetzes (GG) noch eine landesrechtliche Erlaubnis vorliegt.

24

Die ausschließliche Zuständigkeit zur Regelung des Privatschulwesens obliegt gemäß Artikeln 30, 70 ff. GG den Ländern (Nichtannahmebeschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Juni 2011  1 BvR 759/08, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2011, 1384, Rz 21; vom 16. April 2004  2 BvR 88/03, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2004, 690, Rz 13). Die auf Bundesrecht beruhende Erteilung der Fahrschulerlaubnis durch Aushändigung oder Zustellung der Erlaubnisurkunde gemäß § 13 FahrlG ist deshalb keine staatliche Genehmigung als Ersatzschule nach Artikel 7 Absatz 4 GG und auch keine landesrechtliche Genehmigung.

25

bb) Es liegt keine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde im Sinne von § 4 Nummer 21 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb UStG vor. Ob mit Abschnitt 4.21.2 Absatz 6 Satz 6 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE) bei Fahrschulen für die Leistungen im Rahmen der Fahrerlaubnisklassen 2 und 3 (bis 31. Dezember 1998) beziehungsweise C, CE, D, DE, D1, D1E, T und L (ab 1. Januar 1999) die Fahrschulerlaubnisurkunde nach § 13 Absatz 1 FahrlG als Bescheinigung der zuständigen Behörde im Sinne des § 4 Nummer 21 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb UStG anerkannt werden kann, braucht der Senat nicht zu entscheiden, weil es sich im Streitfall um die nicht in Abschnitt 4.21.2 Absatz 6 Satz 6 UStAE genannten Leistungen zur Erlangung der Fahrerlaubnisklassen B und C1 handelt.

26

b) Auch die Steuerbefreiung nach § 4 Nummer 21 Buchstabe b UStG greift nicht ein. Denn die Klägerin ist weder eine Hochschule im Sinne der §§ 1 und 70 des Hochschulrahmengesetzes noch eine öffentliche allgemeinbildende oder berufsbildende Schule und aus den Gründen zu II.2.a aa auch keine private Schule oder andere allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtung, die die Voraussetzungen des § 4 Nummer 21 Buchstabe a UStG erfüllt.

27

3. Zur Rechtslage nach Unionsrecht

28

Nach Auffassung des erkennenden Senats kommt es in Betracht, dass sich die Klägerin auf Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe i oder j MwStSystRL berufen kann (zur Berufbarkeit allgemein vergleiche EuGH-Urteil Almos Agrarkülkereskedelmi vom 15. Mai 2014 C-337/13, EU:C:2014:328, Rz 31 f.; BFH-Urteil vom 18. August 2005 V R 71/03, BFHE 211, 543, BStBl II 2006, 143, Rz 41).

29

4. Zur ersten Vorlagefrage

30

a) Der Senat neigt zu der Ansicht, dass die Tätigkeit der Klägerin die leistungsbezogenen Voraussetzungen sowohl des Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe i als auch des Buchstaben j MwStSystRL erfüllt, weil die Fahrschulleistung Schulunterricht ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts in Buchstabe i und j MwStSystRL gleich auszulegen ist (EuGH-Urteil Eulitz vom 28. Januar 2010 C-473/08, EU:C:2010:47, Rz 31).

31

aa) Der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts ist in der MwStSystRL nicht definiert. Nach der Rechtsprechung des EuGH beschränkt er sich aber nicht auf Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern schließt andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studierenden zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben. Die nicht einheitlichen Sprachfassungen des Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe j MwStSystRL sind dabei dahingehend auszulegen, dass es sich bei Schul- und Hochschulunterricht um Unterrichtseinheiten zur Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten durch den Unterrichtenden an Schüler oder Studierende handeln muss (EuGH-Urteile Haderer vom 14. Juni 2007 C-445/05, EU:C:2007:344, Rz 26; Eulitz, EU:C:2010:47, Rz 23, 29, 32).

32

bb) Dieser Rechtsprechung hat sich der BFH angeschlossen (BFH-Urteile vom 10. August 2016 V R 38/15, BFHE 254, 448, Rz 13; vom 20. März 2014 V R 3/13, BFHE 245, 391, Rz 17; vom 5. Juni 2014 V R 19/13, BFHE 245, 433, Rz 17). Der Senat hat die Rechtsprechung des EuGH dabei dahingehend verstanden, dass sich der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts auf jegliche Aus- und Fortbildung bezieht, die nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung hat (BFH-Urteil in BFHE 245, 391, Rz 19, 20).

33

Unter dieses Merkmal könnte auch der von der Klägerin erteilte Fahrunterricht fallen, denn der Erwerb der Fähigkeit und der Befugnis, ein Fahrzeug zu führen, dient nicht allein der bloßen Freizeitgestaltung, sondern ist Bestandteil der Lebensführung, weil die Nutzung von Fahrzeugen zwar auch für private Freizeitzwecke, aber ebenso für berufliche Zwecke (zum Beispiel Fahrten zur Ausbildungs- oder Arbeitsstelle oder Fahrten in Ausübung der Arbeit) genutzt wird und in einigen Berufen zu den Einstellungsvoraussetzungen zählt (zur Auffassung der Finanzverwaltung vergleiche Abschnitt 4.21.2 Absatz 6 UStAE; aus dem Schrifttum vergleiche Bruschke, Umsatzsteuer-Rundschau 2017, 289).

34

cc) Nach Auffassung des Senats stehen der Berufung auf Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe i MwStSystRL die Beschränkungen in Artikel 134 MwStSystRL nicht entgegen. Denn die Voraussetzungen von Artikel 134 Buchstabe a MwStSystRL liegen nicht vor: Es geht um die befreiten Dienstleistungen selbst und nicht um die von der Norm gemeinten Leistungen, die mit der steuerbefreiten Leistung im Zusammenhang stehen. Die Merkmale des Artikel 134 Buchstabe b MwStSystRL sind nicht erfüllt, weil kein Wettbewerb zu nicht begünstigten Unternehmen besteht; denn im Falle der Anerkennung wären alle anerkannten Fahrschulen begünstigt.

35

5. Zur zweiten Vorlagefrage

36

Der Senat hat Zweifel, ob die Klägerin als Einrichtung mit vergleichbarer Zielsetzung im Sinne von Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe i MwStSystRL anerkannt ist.

37

a) Der Begriff der Einrichtung ist nach der Rechtsprechung des EuGH grundsätzlich weit genug, um auch private Einrichtungen mit Gewinnerzielungsabsicht wie die Klägerin zu umfassen (EuGH-Urteile Les Jardins de Jouvence vom 21. Januar 2016 C-335/14, EU:C:2016:36, Rz 39; MDDP vom 28. November 2013 C-319/12, EU:C:2013:778, Rz 28; Kingscrest Associates Ltd. und Montecello Ltd. vom 26. Mai 2005 C-498/03, EU:C:2005:322, Rz 35). Dem hat sich der BFH angeschlossen (BFH-Urteile in BFHE 254, 448, Rz 16; vom 21. März 2007 V R 28/04, BFHE 217, 59, BStBl II 2010, 999, Rz 32).

38

b) Auch der gewerbliche Charakter einer Tätigkeit schließt nicht aus, dass es sich dabei um eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit handelt (EuGH-Urteile Hoffmann vom 3. April 2003 C-144/00, EU:C:2003:192, Rz 38; Kingscrest Associates Ltd. und Montecello Ltd., EU:C:2005:322, Rz 31). Daher stehen Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe i, 133 und 134 MwStSystRL einer Steuerbefreiung für Bildungsdienstleistungen, die von nicht öffentlichen Einrichtungen zu gewerblichen Zwecken erbracht werden, nicht entgegen (EuGH-Urteil MDDP, EU:C:2013:778, Rz 27, 33). Private Einrichtungen müssen allerdings, um anerkannt werden zu können, eine vergleichbare Zielsetzung wie die Einrichtungen des öffentlichen Rechts haben (EuGH-Urteil MDDP, EU:C:2013:778, Rz 35).

39

c) Die Rechtsprechung zur unternehmerbezogenen Anerkennung im Sozialbereich (Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe g MwStSystRL) ist grundsätzlich auch auf den Unterrichtsbereich (Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe i MwStSystRL) zu übertragen (BFH-Urteil in BFHE 254, 448, Rz 16; vergleiche auch BFH-Urteil vom 18. Februar 2016 V R 46/14, BFHE 253, 421, Rz 47).

40

Danach gehören zu den für die Anerkennung im Rahmen einer Abwägung zu berücksichtigenden Gesichtspunkten das Bestehen spezifischer Vorschriften --seien es nationale oder regionale, Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Steuervorschriften oder Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit--, das mit den Tätigkeiten des betreffenden Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse, die Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung kommen sowie der Gesichtspunkt, dass die Kosten der fraglichen Leistungen unter Umständen zum großen Teil von Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit übernommen werden (EuGH-Urteil Zimmermann vom 15. November 2012 C-174/11, EU:C:2012:716, Rz 31; BFH-Urteile in BFHE 254, 448, Rz 18; in BFHE 253, 421, Rz 30; in BFHE 245, 433, Rz 24; vom 25. April 2013 V R 7/11, BFHE 241, 475, BStBl II 2013, 976, unter II.2.c aa).

41

aa) Bei der Abwägung steht der Anerkennung nicht entgegen, dass die Kosten vorliegend nicht von staatlichen Kostenträgern übernommen werden, weil das nur einer von mehreren Gesichtspunkten ist (EuGH-Urteil Les Jardins de Jouvence, EU:C:2016:36, Rz 39; BFH-Urteil vom 9. März 2017 V R 39/16).

42

bb) Für eine Anerkennung der Klägerin durch den Mitgliedstaat Bundesrepublik Deutschland spricht vielmehr, dass der Betrieb einer Fahrschule gemäß § 4 FahrlG das Bestehen einer Fahrlehrerprüfung voraussetzt und gemäß §§ 1, 10 bis 13 FahrlG der Erteilung einer von einer Vielzahl von Voraussetzungen abhängigen Fahrlehrer- und einer hiervon getrennten Fahrschulerlaubnis bedarf. Darüber hinaus besteht ein Gemeinwohlinteresse an der Ausbildung der Fahrschüler zu sicheren, verantwortungsvollen und umweltbewussten Verkehrsteilnehmern. Diese Zielsetzung hat durch § 1 Absatz 1 der im Streitjahr 2010 noch nicht in Kraft getretenen Fahrschüler-Ausbildungsordnung vom 19. Juni 2012 (BGBl I 2012, 1318) inzwischen ausdrückliche staatliche Anerkennung erfahren.

43

cc) Gegen eine Anerkennung könnte aber sprechen, dass der EuGH zur Steuerbefreiung nach Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe g MwStSystRL entschieden hat, dass bei der Beurteilung der Gemeinnützigkeit privater Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht insbesondere auch die Ziele, die diese Einheiten in ihrer Gesamtheit verfolgen, und die Beständigkeit ihres sozialen Engagements zu berücksichtigen sind (EuGH-Urteile Ordre des barreaux francophones und germanophone und andere vom 28. Juli 2016 C-543/14, EU:C:2016:605, Rz 62 ff.; Kommission/Frankreich vom 17. Juni 2010 C-492/08, EU:C:2010:348, Rz 45 und 46).

44

Könnte man dies auf den hier einschlägigen Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe i MwStSystRL übertragen, würde sich die Frage stellen, ob allein die gesetzlichen Regelungen über die Fahrlehrerprüfung und die Fahrlehr- und die Fahrschulerlaubnis sowie das Gemeinwohlinteresse an der Ausbildung von Fahrschülern zu sicheren, verantwortungsvollen und umweltbewussten Verkehrsteilnehmern für die Anerkennung der Klägerin als Einrichtung mit vergleichbarer Zielsetzung im Sinne von Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe i MwStSystRL ausreicht.

45

6. Zur dritten Vorlagefrage

46

Der Senat hat Zweifel, ob die Rechtsform der Klägerin der Annahme des Merkmals "Privatlehrer" im Sinne von Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe j MwStSystRL entgegensteht.
In den bisher vom EuGH und BFH zur Unterrichtserteilung durch Privatlehrer zu beurteilenden Sachverhalten hat es sich bei den Steuerpflichtigen jeweils um Einzelunternehmer gehandelt (vergleiche EuGH-Urteile Haderer, EU:C:2007:344; Eulitz, EU:C:2010:47; BFH-Urteile vom 27. September 2007 V R 75/03, BFHE 219, 250, BStBl II 2008, 323; in BFHE 245, 391; in BFHE 245, 433). Auch sprachlich legt der Begriff des "Lehrers" nahe, dass es sich um eine natürliche Person handelt.

47

Andererseits verbietet es der dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem zugrunde liegende Grundsatz der steuerlichen Neutralität, der bei der Anwendung der in Artikel 132 MwStSystRL vorgesehenen Befreiungstatbestände zu beachten ist, dass Wirtschaftsteilnehmer, die gleiche Umsätze bewirken, bei der Steuererhebung unterschiedlich behandelt werden (zum Beispiel EuGH-Urteile Kügler vom 10. September 2002 C-141/00, EU:C:2002:473, 1. Leitsatz sowie Rz 30; Kingscrest Associates Ltd. und Montecello Ltd., EU:C:2005:322, Rz 41; vergleiche auch EuGH-Urteile Lajver vom 2. Juni 2016 C-263/15, EU:C:2016:392).

48

7. Zur vierten Vorlagefrage

49

Die MwStSystRL definiert den Begriff des Privatlehrers nicht. Aus ihm ergibt sich lediglich, dass eine befreite Unterrichtstätigkeit "privat" ausgeübt werden muss (BFH-Beschluss vom 18. November 2015 XI B 61/15, BFH/NV 2016, 435, Rz 22). Der EuGH hat hierzu entschieden, dass Schul- oder Hochschulunterricht dann im Sinne von Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe j MwStSystRL von "Privatlehrern erteilt" wird, wenn die Lehrer dabei für eigene Rechnung und in eigener Verantwortung handeln und zwischen dem konkreten Inhalt des Unterrichts und den Qualifikationen der Unterrichtenden grundsätzlich ein Zusammenhang besteht (EuGH-Urteil Haderer, EU:C:2007:344, Rz 30, 31). Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist vom vorlegenden Gericht zu prüfen (EuGH-Urteil Haderer, EU:C:2007:344, Rz 38). Dem hat sich der BFH angeschlossen (BFH-Urteil in BFHE 219, 250, BStBl II 2008, 323, Rz 40) und entschieden, dass das Nichtbestehen eines Vergütungsanspruchs im Verhinderungsfall und bei Kursausfall für eine als Privatlehrer ausgeübte Tätigkeit spricht (BFH-Urteil in BFHE 245, 391, Rz 23).

50

Bei Zugrundelegung dieser Grundsätze hat die Klägerin den Fahrschulunterricht "als Privatlehrer erteilt", weil sie auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung handelte und der konkrete Inhalt des von ihr erteilten Unterrichts in unmittelbarem Zusammenhang mit ihren Qualifikationen stand. Dem Merkmal "Privatlehrer" steht auch nicht entgegen, wenn die Unterrichtseinheiten, insbesondere die theoretischen, mehreren Fahrschülern gleichzeitig erteilt worden sein sollten, denn durch die Rechtsprechung ist geklärt, dass es der Anerkennung einer Tätigkeit als Privatlehrer nicht entgegensteht, wenn der Unterrichtende mehreren Personen gleichzeitig Unterricht erteilt (EuGH-Urteil Haderer, EU:C:2007:344, Rz 31; BFH-Urteil in BFHE 245, 391, Rz 23). Es ist auch nicht entscheidungserheblich, ob die der Unterrichtserteilung zugrunde liegenden Rechtsbeziehungen unmittelbar mit den Fahrschülern oder mit Dritten (zum Beispiel mit deren Eltern) bestanden haben (BFH-Urteil in BFHE 245, 391, Rz 23).

51

Der Senat hat aber Zweifel, ob es mit der in der Überschrift des Kapitel 2 MwStSystRL zum Ausdruck kommenden Zielsetzung der "Steuerbefreiung für bestimmte, dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten" in Einklang steht, dass nach Artikel 132 Absatz 1 Buchstabe j MwStSystRL jegliche Aus- und Fortbildung befreit ist, die nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung hat und die von Unterrichtenden erteilt wird, die für eigene Rechnung und in eigener Verantwortung handeln.

52

8. Zum Rechtsgrund der Vorlage

53

Die Vorlage beruht auf Artikel 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union.

54

9. Die Aussetzung des Verfahrens beruht auf § 121 Satz 1 in Verbindung mit § 74 der Finanzgerichtsordnung.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. März 2016  2 K 2320/12 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Streitig ist, ob Leistungen des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) gegenüber Nichterwerbstätigen im Rahmen eines sogenannten Lotsendienstes für Gründungswillige von der Umsatzsteuer zu befreien sind.

2

Der Kläger führte in den Streitjahren 2009 und 2010 neben Umsätzen aus der Tätigkeit als selbständiger Rechtsanwalt die Unterrichtung von Gründungswilligen durch. Nach den vorgelegten Leistungsvereinbarungen wurde er hierbei von der ... GmbH (GmbH), einem sogenannten Lotsendienst, jeweils mit der Durchführung individueller Qualifizierungen für Existenzgründer beauftragt.

3

Die Verträge sahen eine mehrere Stunden umfassende qualifizierende juristische Beratung der in den Verträgen namentlich aufgeführten Gründungswilligen vor, bei denen es vorwiegend um zivilrechtliche und wirtschaftsrechtliche Themen gehen sollte. Die Leistungen waren ausdrücklich nur für die Zeit vor der von den Beratenen geplanten Unternehmensgründung zu erbringen. Seine Leistungen wurden dem Kläger von der GmbH mit jeweils 50 € pro Stunde vergütet.

4

Den Vereinbarungen zwischen der GmbH und dem Kläger lag eine vom Brandenburgischen Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie erlassene "Richtlinie ... zur Förderung der qualifizierenden Beratung von Gründungswilligen in der Vorgründungsphase, von Existenzgründerinnen und -gründern in der Startphase sowie bei der Begleitung von Unternehmensnachfolgen" vom 24. Januar 2007 (Amtsblatt für Brandenburg 2007 Nr. 9, 524) zugrunde. Danach gewährte das Land Brandenburg die Finanzierung der als Lotsendienste bezeichneten Maßnahmen aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds sowie eigenen Haushaltsmitteln. Die konkrete Wahrnehmung der Lotsendienste war gemäß 2.1.1 ff. der Richtlinie vom 24. Januar 2007 durch externe (private) Leistungserbringer vorgesehen.

5

Parallel zu den zuvor beschriebenen Qualifizierungsleistungen durch externe, regional gegliederte Lotsendienste sah die zuvor zitierte Richtlinie vom 24. Januar 2007 auch vor, dass an den Hochschulen des Landes Brandenburg Lotsendienste mit dem entsprechenden Tätigkeitsfeld der Vorgründungsberatung gründungswilliger Studenten und Absolventen eingerichtet wurden. Diese Hochschul-Lotsendienste sollten u.a. auch in vergleichbarer Art und Weise die vom Kläger durchgeführten Aufgaben wahrnehmen. Diese universitären Lotsendienste werden seit 2007 an den Brandenburger Hochschulen für die Teilnehmer kostenlos angeboten.

6

In seinen Umsatzsteuererklärungen für 2009 und Voranmeldungen für das I. bis III. Kalendervierteljahr 2010 behandelte der Kläger die Umsätze aus der Tätigkeit im Rahmen des Lotsendienstes als steuerfrei. Aufgrund einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Ansicht, dass diese Umsätze steuerpflichtig seien, und erließ am 2. März 2011 einen entsprechenden Bescheid über Umsatzsteuer für 2009 sowie am 1. März 2011 Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide für das I. bis III. Kalendervierteljahr 2010.

7

Im anschließenden Einspruchsverfahren erließ das FA nach Zustimmung zur Umsatzsteuererklärung des Klägers für diesen Besteuerungszeitraum am 9. August 2012 einen Änderungsbescheid und wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 6. September 2012 als unbegründet zurück. Das FA erließ während des Klageverfahrens zuletzt am 22. April 2013 einen Änderungsbescheid über Umsatzsteuer für 2010.

8

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage nur aus hier nicht streitigen Gründen statt und wies sie im Übrigen ab. Es vertrat die Auffassung, dass die streitigen Beratungsleistungen des Klägers nicht steuerfrei seien. Weder lägen die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) vor, noch komme eine Umsatzsteuerbefreiung durch unmittelbare Berufung auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g, i oder j der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) in Betracht.

9

Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2016, 1124 veröffentlicht.

10

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 4 Nr. 21 UStG. Überdies ergebe sich die Steuerbefreiung aus Art. 132 Abs. 1 Buchst. i, g und j MwStSystRL.

11

Er trägt im Wesentlichen vor, die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 UStG könne nicht an der fehlenden Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde scheitern. Der ablehnende Bescheid der Landesbehörde gegenüber der GmbH sei nichtig.

12

Er, der Kläger, könne sich auch unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL berufen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift lägen vor. Insbesondere handele es sich bei ihm um eine "Einrichtung" i.S. dieser Vorschrift. In vergleichbaren Fällen würde die Befreiung gewährt. Dies sei ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.

13

Es lägen weiter die Voraussetzungen des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL vor. Nur weil er, der Kläger, als Subunternehmer die Aufgabe der Daseinsfürsorge übernehme, könnten die Leistungen nicht steuerpflichtig werden. Es handele sich bei ihm in Bezug auf die streitigen Schulungsmaßnahmen um eine Einrichtung mit sozialem Charakter.

14

Ebenso würden die Voraussetzungen des Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL vorliegen. Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) ergebe sich nicht, dass die Entgeltlichkeit der Leistungen des als Dritter in die Leistungserbringung eingeschalteten Trägers einer Bildungseinrichtung für die Steuerbefreiung maßgeblich sein soll. Auch auf diese Vorschrift könne er sich unmittelbar berufen.

15

Der Kläger beantragt sinngemäß,
unter Aufhebung der Vorentscheidung sowie der Einspruchsentscheidung vom 6. September 2012 und Änderung der Bescheide vom 2. März 2011 und 22. April 2013 die Umsatzsteuer für 2009 auf ... € und für 2010 auf ... € festzusetzen.

16

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

17

Es trägt vor, die Beratungsleistungen des Klägers seien entgegen der Ansicht des FG schon vom Grundsatz her nicht steuerfrei.

18

Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.

Entscheidungsgründe

II.

19

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

20

Das FG hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass die Leistungen des Klägers gegenüber Nichterwerbstätigen im Rahmen eines sogenannten Lotsendienstes für Gründungswillige nicht von der Umsatzsteuer befreit sind. Weder kommt eine Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG (1.) noch eine solche nach Unionsrecht in Betracht (2.).

21

1. Eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG ist, wie das FG zutreffend angenommen hat, nicht gegeben; es fehlt jedenfalls an der erforderlichen Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde nach § 4 Nr. 21 Buchst. b Doppelbuchst. bb i.V.m. § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG.

22

a) Nach § 4 Nr. 21 Buchst. b Doppelbuchst. bb UStG sind die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer an privaten Schulen und anderen allgemein bildenden oder berufsbildenden Einrichtungen steuerfrei, soweit diese die Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG erfüllen. Nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG ist erforderlich, dass die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass u.a. auf einen Beruf ordnungsgemäß vorbereitet wird. Bei der Bescheinigung i.S. des § 4 Nr. 21 UStG handelt es sich um einen Grundlagenbescheid i.S. des § 171 Abs. 10 der Abgabenordnung, der die Finanzbehörden als auch die FG bindet (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 21. Februar 2013 V R 27/11, BFHE 240, 487, BStBl II 2013, 529, Rz 16; vom 28. Mai 2013 XI R 35/11, BFHE 242, 250, BStBl II 2013, 879, Rz 50; vom 20. April 2016 XI R 6/14, BFHE 253, 499, BStBl II 2016, 828, Rz 21).

23

b) Danach fehlt es im Streitfall an einer entsprechenden Bescheinigung. Die zuständige Landesbehörde hat mit Bescheid vom 20. März 2012 der GmbH die Erteilung einer Bescheinigung abgelehnt. Auf den Vortrag des Klägers, dass dieser Bescheid fehlerhaft oder sogar nichtig sei, kommt es nicht an. Es fehlt an einer Voraussetzung für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 UStG (hier die Erteilung der Bescheinigung durch die zuständige Landesbehörde). Der Kläger ist dadurch nicht in seinen Rechten verletzt. Gegen den ablehnenden Bescheid der zuständigen Behörde hätte er im Klageverfahren vorgehen können (vgl. zur im Einzelfall erforderlichen Klageerhebung auch Craig, EFG 2016, 1126).

24

2. Zu Recht ist das FG auch davon ausgegangen, dass der Kläger sich für eine Steuerfreiheit seiner Leistungen nicht auf das Unionsrecht berufen kann.

25

a) Eine Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL (zuvor Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern --Richtlinie 77/388/EWG--) kommt nicht in Betracht.

26

aa) Ein Steuerpflichtiger kann sich grundsätzlich unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL berufen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 25. April 2013 V R 7/11, BFHE 241, 475, BStBl II 2013, 976, Rz 21; vom 18. Februar 2016 V R 46/14, BFHE 253, 421, BFH/NV 2016, 1120, Rz 27; jeweils m.w.N.).

27

bb) Danach befreien die Mitgliedstaaten folgende Umsätze von der Steuer: "eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen ..., einschließlich derjenigen, die durch ... Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden".

28

Der Begriff "Einrichtung" ist grundsätzlich weit genug, um auch natürliche Personen (vgl. EuGH-Urteil Gregg vom 7. September 1999 C-216/97, EU:C:1999:390, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 1999, 419, Rz 21) und private Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht (vgl. dazu EuGH-Urteile Kingscrest Associates und Montecello vom 26. Mai 2005 C-498/03, EU:C:2005:322, UR 2005, 453, Rz 35 und 40; MDDP vom 28. November 2013 C-319/12, EU:C:2013:778, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2014, 177, Rz 28 und 31) zu erfassen.

29

Nach den EuGH-Urteilen Kügler vom 10. September 2002 C-141/00 (EU:C:2002:473, UR 2002, 513, Rz 54 und 58) und Zimmermann vom 15. November 2012 C-174/11 (EU:C:2012:716, UR 2013, 35, Rz 26) legt Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL die Voraussetzungen und Modalitäten der Anerkennung nicht fest. Vielmehr ist es Sache des innerstaatlichen Rechts jedes Mitgliedstaats, die Regeln aufzustellen, nach denen Einrichtungen die erforderliche Anerkennung gewährt werden kann. Dabei haben die nationalen Behörden im Einklang mit dem Unionsrecht und unter der Kontrolle der nationalen Gerichte die für die Anerkennung maßgeblichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Zu diesen gehören

das Bestehen spezifischer Vorschriften, bei denen es sich um nationale oder regionale Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Steuervorschriften oder Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit handeln kann,

das mit den Tätigkeiten des betreffenden Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse,

die Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung kommen, und

die Übernahme der Kosten der fraglichen Leistungen zum großen Teil durch Krankenkassen oder durch andere Einrichtungen der sozialen Sicherheit.

30

cc) Allerdings sollen durch Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL bestimmte dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer befreit werden. Durch diese Vorschrift werden nicht alle dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer befreit, sondern nur diejenigen, die in ihr einzeln aufgeführt und sehr genau beschrieben sind (vgl. EuGH-Urteile Kommission/Deutschland vom 20. Juni 2002 C-287/00, EU:C:2002:388, HFR 2002, 852, Rz 45; Horizon College vom 14. Juni 2007 C-434/05, EU:C:2007:343, BFH/NV 2007, Beilage 4, 389, Rz 14; Canterbury Hockey Club und Canterbury Ladies Hockey Club vom 16. Oktober 2008 C-253/07, EU:C:2008:571, HFR 2009, 87, Rz 18; Mesto Žamberk vom 21. Februar 2013 C-18/12, EU:C:2013:95, UR 2013, 338, Rz 18; VDP Dental Laboratory u.a. vom 26. Februar 2015 C-144/13, C-154/13 und C-160/13, EU:C:2015:116, UR 2015, 474, Rz 45). Folglich kann nicht jede Person, die eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit ausübt, als eine vom Mitgliedstaat anerkannte Einrichtung angesehen werden. So hat der EuGH die Berufsgruppe der Rechtsanwälte von der Befreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL ausgeschlossen, da Dienstleistungen i.S. des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL nur eines der Ziele des Anwaltsberufs darstellen können (vgl. EuGH-Urteil Ordre des barreaux francophones und germanophone u.a. vom 28. Juli 2016 C-543/14, EU:C:2016:605, UR 2016, 634, Rz 60 ff.).

31

dd) Der Kläger ist als Rechtsanwalt tätig und erbrachte die streitigen Dienstleistungen. Selbst wenn diese Dienstleistungen als solche unter Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL fallen würden, stellen sie nur einen Teil seiner anwaltlichen Tätigkeit dar, die für die Qualifizierung als Einrichtung mit sozialem Charakter nicht ausreicht (vgl. EuGH-Urteil Ordre des barreaux francophones und germanophone u.a., EU:C:2016:605, UR 2016, 634, Rz 60 ff.).

32

b) Eine Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL (zuvor Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG) scheidet gleichfalls aus.

33

aa) Wie bei Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL kann sich ein Steuerpflichtiger auch auf diese Vorschrift unmittelbar berufen (vgl. BFH-Urteile vom 19. Mai 2005 V R 32/03, BFHE 210, 175, BStBl II 2005, 900; vom 18. August 2005 V R 71/03, BFHE 211, 543, BStBl II 2006, 143; vom 21. März 2007 V R 28/04, BFHE 217, 59, BStBl II 2010, 999, unter II.2.c aa, Rz 25).

34

bb) Nach dieser Vorschrift wird u.a. die "Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung und damit eng verbundene Dienstleistungen ... durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung" von der Steuer befreit. Voraussetzung ist aber auch hier, dass die Einrichtung anerkannt ist. Die Rechtsprechung zur unternehmerbezogenen Anerkennung im Sozialbereich (Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL) ist dabei grundsätzlich auch auf den Unterrichtsbereich (Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL) zu übertragen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 217, 59, BStBl II 2010, 999, unter II.2.c dd (2), Rz 33; in BFHE 253, 421, BFH/NV 2016, 1120, Rz 47; vom 10. August 2016 V R 38/15, BFHE 254, 448, BFH/NV 2016, 1864, Rz 18).

35

cc) Bei Anwendung dieser Grundsätze fehlt es im Streitfall an einer Einrichtung mit sozialem Charakter (s. oben zu II.2.a), so dass der Kläger auch nach dieser Vorschrift keine Steuerbefreiung erlangen kann.

36

c) Eine Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL kommt --wie das FG zutreffend entschieden hat-- ebenfalls nicht in Betracht.

37

aa) Ein Steuerpflichtiger kann sich grundsätzlich unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL berufen (vgl. z.B. EuGH-Urteil Haderer vom 14. Juni 2007 C-445/05, EU:C:2007:344, UR 2007, 592, Rz 38; BFH-Urteile vom 27. September 2007 V R 75/03, BFHE 219, 250, BStBl II 2008, 323, unter II.5., Rz 37; in BFHE 245, 433, BFH/NV 2014, 1687, Rz 15 ff.).

38

bb) Steuerfrei ist danach der von Privatlehrern erteilte Schul- und Hochschulunterricht. Nach dem zu dieser Bestimmung ergangenen EuGH-Urteil Eulitz vom 28. Januar 2010 C-473/08, (EU:C:2010:47, UR 2010, 174, Rz 38) kommt es auf "Unterrichtseinheiten an, die sich auf Schul- und Hochschulunterricht" beziehen. Dies erfasst nicht nur Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern schließt andere Tätigkeiten ein, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (vgl. EuGH-Urteil Haderer, EU:C:2007:344, UR 2007, 592, Rz 26). Dem hat sich der BFH angeschlossen (vgl. BFH-Urteile vom 20. März 2014 V R 3/13, BFH/NV 2014, 1175, Rz 20; in BFHE 245, 433, BFH/NV 2014, 1687, Rz 17; jeweils m.w.N.).

39

Der Unterricht wird von einem Privatlehrer i.S. dieser Vorschrift erteilt, wenn der Unterricht "privat" erteilt wird (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 18. November 2015 XI B 61/15, BFH/NV 2016, 435, Rz 21 f., m.w.N.). Dies kann auch gegenüber einer Einzelperson erfolgen. Erforderlich ist aber, dass der Unternehmer Träger der Bildungseinrichtung ist, an der die Bildungsmaßnahmen erbracht werden (vgl. EuGH-Urteil Eulitz, EU:C:2010:47, UR 2010, 174, Rz 52 ff.). Der Unternehmer muss auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung handeln (vgl. EuGH-Urteil Haderer, EU:C:2007:344, UR 2007, 592, Rz 30). Daher sind Leistungen, die an einer anderen Bildungseinrichtung ausgeführt werden, in der Regel nicht "privat" (vgl. Oelmaier in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 4 Nr. 21 Rz 32; Philipowski, UR 2010, 166; Korn, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2010, 688, 690; Tehler in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 4 Nr. 21 Rz 339, der aber eine Präzisierung durch den EuGH fordert). Ob dies voraussetzt, dass der Unternehmer eigene Vertragsbeziehungen zu dem Unterrichteten unterhalten muss, ist streitig (ablehnend EuGH-Urteil Haderer, EU:C:2007:344, UR 2007, 592, Rz 32; Oelmaier in Sölch/Ringleb, a.a.O., § 4 Nr. 21 Rz 34; Tehler in Rau/Dürrwächter, a.a.O., § 4 Nr. 21 Rz 340; Philipowski, UR 2010, 161, 166; Kulmsee in Reiß/Kraeusel/ Langer, UStG § 4 Nr. 21 Rz 101; a.A. Lippross, Umsatzsteuer, 24. Aufl., S. 739; zweifelnd auch Stadie, UStG, 3. Aufl., § 4 Nr. 21 Rz 12). Schädlich ist aber eine Zwischenschaltung eines Dritten auf der Seite des Leistenden (vgl. Korn, DStR 2010, 688, 690; Kulmsee in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 4 Nr. 21 Rz 101).

40

cc) Nach diesen Grundsätzen fehlt es im Streitfall daran, dass der Kläger selbst Träger der Bildungseinrichtung ist. Die GmbH, nicht aber der Kläger, war Träger der Bildungseinrichtung Lotsendienst, an der er die Unterrichtung Gründungswilliger vornahm und Ausbildungsleistungen für die Teilnehmer an diesen Maßnahmen erbrachte (vgl. EuGH-Urteil Eulitz, EU:C:2010:47, UR 2010, 174, Rz 52 ff.). Er war somit nicht "Privatlehrer" i.S. von Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL.

41

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

Tenor

Die Beschwerde des Beklagten wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 15. Juni 2015  4 K 19/15 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin) betreibt seit dem Jahr 2003 als "Franchisenehmerin" ein Lernstudio. Sie vermittelt Kindern im Alter von vier bis zwölf Jahren Kenntnisse der englischen Sprache. Hierzu erteilte sie in den Jahren 2008 bis 2012 (Streitjahre) Gruppenunterricht in verschiedenen Kindertagesstätten sowie an einer Grundschule. Ziel des Englischunterrichts der Klägerin war es, den Kindern einen nahtlosen Übergang zum Sprachunterricht an weiterführenden Schulen zu ermöglichen. Die Englischkurse waren im Hinblick auf ihren Inhalt entsprechend dem Wissensstand und Reifegrad der Kinder in die Stufen "…", "…", "…" und "…" gegliedert. Die Lerninhalte wurden schrittweise eingeführt. Als Material für den Unterricht setzte die Klägerin Schulbücher von Schulbuchverlagen und Materialien des Franchisegebers ein.

2

Neben Gruppenunterricht in Kindertagesstätten und der Grundschule erteilte die Klägerin auch Nachhilfe in Englisch.

3

Die Teilnahme der Kinder an den Englischkursen der Klägerin in den Kindertagesstätten und der Grundschule war freiwillig und konnte jeweils monatlich beendet werden. Das Entgelt für die Kurse betrug monatlich … € und wurde von den Eltern der Kinder, in Einzelfällen auch anteilig über den Schulverein bzw. vollständig über den Bildungsfonds der Stadt A entrichtet. Ab September 2011 bzw. Dezember 2012 erfolgte die Abrechnung in Einzelfällen auch in Höhe von … € monatlich anteilig über sog. Bildungsgutscheine des Jobcenters A und der Stadt A bzw. des Jobcenters B und des Kreises B auf der Grundlage von mit der Klägerin abgeschlossener Kooperationsvereinbarungen.

4

In ihren Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2008 bis 2012 (Streitjahre) behandelte die Klägerin die Umsätze aus dem Lernstudio als steuerpflichtig.

5

Mit Schreiben vom 12. Mai 2014 beantragte die Klägerin, die Umsatzsteuerfestsetzungen für die Streitjahre dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer auf 0 € festgesetzt wird, da sie, die Klägerin, Schulunterricht als Privatlehrerin erteilt habe, der nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) steuerfrei sei.

6

Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt --FA--) lehnte den Änderungsantrag mit Bescheid vom 23. September 2014 ab. Der Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 4. Februar 2015).

7

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2015, 1576 veröffentlichten Urteil statt und ließ die Revision nicht zu. Es entschied, zwar lägen die Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb des Umsatzsteuergesetzes nicht vor. Die Umsätze der Klägerin aus dem Betrieb des Lernstudios seien jedoch in vollem Umfang gemäß Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL steuerfrei.

8

Mit seiner Beschwerde macht das FA geltend, die Revision sei zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Das FA hat den Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) nicht hinreichend i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt; die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

10

1. Soweit das FA geltend macht, das FG sei von der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH) abgewichen, hat es dies nicht hinreichend dargelegt.

11

a) Zur schlüssigen Darlegung einer solchen Abweichung muss der Beschwerdeführer tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen FG-Urteil einerseits und aus den behaupteten, genau bezeichneten Divergenzentscheidungen andererseits herausarbeiten und einander gegenüberstellen, um so die behauptete Abweichung zu verdeutlichen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 11. Dezember 2014 XI B 49/14, BFH/NV 2015, 363, Rz 14, m.w.N.). Außerdem muss sich aus der Beschwerdebegründung ergeben, dass dem Streitfall ein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde liegt wie der Divergenzentscheidung und es sich um eine identische Rechtsfrage handelt (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 6. Februar 2014 II B 129/13, BFH/NV 2014, 708, Rz 15, m.w.N.).

12

b) An solchen Darlegungen des FA fehlt es hier.

13

aa) Das FA hat zwar behauptet, das FG sei mit dem Rechtssatz, die Steuerbefreiung sei durch einen Franchisevertrag nicht ausgeschlossen, wenn die Unterrichtsinhalte von der Franchisenehmerin selbständig und eigenverantwortlich festgelegt werden, vom EuGH-Urteil Eulitz vom 28. Januar 2010 C-473/08 (EU:C:2010:47, BFH/NV 2010, 583, Rz 48) abgewichen, in dem der EuGH den Rechtssatz aufgestellt habe, dass das Merkmal der Selbständigkeit für sich genommen nicht ausreiche, um einen Lehrer als Privatlehrer einzustufen. Das FA hat allerdings weder dargelegt, dass vergleichbare Sachverhalte vorliegen, was schon deshalb erforderlich gewesen wäre, weil nicht ersichtlich ist, dass in der Rechtssache Eulitz ein Franchisevertrag vorlag, noch hat das FA dargelegt, inwieweit diese Rechtssätze voneinander abweichen sollen. Das FG hat im Übrigen gar nicht angenommen, dass das Merkmal der Selbständigkeit für sich genommen ausreiche, um einen Lehrer als Privatlehrer einzustufen.

14

bb) Ebenso wenig hat das FA dargelegt, inwieweit der (angebliche) abstrakte Rechtssatz des FG für die berufliche Qualifikation als Englisch-Privatlehrerin sei eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde nicht erforderlich und die berufliche Qualifikation könne sich aus den vom FG im Rahmen seiner Würdigung herangezogenen Faktoren ergeben, von Rz 48 des EuGH-Urteils Eulitz (EU:C:2010:47, BFH/NV 2010, 583) abweichen soll. Das wäre schon deshalb erforderlich gewesen, weil nicht ersichtlich ist, dass in der Rechtssache Eulitz der EuGH eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde für die Steuerbefreiung des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) verlangt hätte. Das FG hat auch insoweit nicht angenommen, dass abweichend von der Rechtsprechung des EuGH das Merkmal der Selbständigkeit für sich genommen ausreiche, um einen Lehrer als Privatlehrer einzustufen.

15

cc) Soweit das FA im Rahmen der Rüge der Divergenz Ausführungen zu Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL macht und eine Abweichung von den BFH-Urteilen vom 10. Januar 2008 V R 52/06 (BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.2.b bb, Rz 43 ff.) und vom 24. Januar 2008 V R 3/05 (BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.a bb, Rz 26) rügt, hat das FA keinen abstrakten Rechtssatz des FG zu dieser Bestimmung des Unionsrechts herausgearbeitet. Dies wäre deshalb erforderlich gewesen, weil das FG seine Annahme, die Umsätze der Klägerin seien steuerfrei, ausschließlich auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL gestützt hat.

16

dd) Mit dem Vortrag, das FG habe den Streitfall unzutreffend entschieden, legt das FA ebenfalls keine Divergenz hinreichend dar; denn für die Annahme einer Divergenz reichen weder eine (angeblich) unzutreffende Tatsachen- und Beweiswürdigung noch eine (angeblich) fehlerhafte Umsetzung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalls noch (angebliche) schlichte Subsumtionsfehler aus (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 6. Dezember 2012 XI B 89/11, BFH/NV 2013, 778, Rz 10, m.w.N.; vom 24. Juni 2014 XI B 45/13, BFH/NV 2014, 1584, Rz 26, m.w.N.).

17

2. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung.

18

a) Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO setzt voraus, dass der Beschwerdeführer eine hinreichend bestimmte Rechtsfrage herausstellt, deren Klärung im Interesse der Allgemeinheit an der Einheitlichkeit der Rechtsprechung und der Fortentwicklung des Rechts erforderlich ist und die im konkreten Streitfall klärbar ist. Dazu ist auszuführen, ob und in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten ist und deshalb eine höchstrichterliche Klärung über die materiell-rechtliche Beurteilung des Streitfalles hinaus für die Allgemeinheit Bedeutung hat. Sofern zu dem Problemkreis Rechtsprechung und Äußerungen im Fachschrifttum vorhanden sind, ist eine grundlegende Auseinandersetzung damit, sowie eine Erörterung geboten, warum durch diese Entscheidungen die Rechtsfrage noch nicht als geklärt anzusehen ist bzw. weshalb sie ggf. einer weiteren oder erneuten Klärung bedarf (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 13. Mai 2014 III B 158/13, BFH/NV 2014, 1365, Rz 7; vom 7. Juli 2015 I B 114/14, BFH/NV 2015, 1425, Rz 7, m.w.N.). Der bloße Vortrag, der BFH habe eine bestimmte Rechtsfrage noch nicht entschieden, reicht für die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung nicht aus (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 10. Juni 2015 VI B 133/14, BFH/NV 2015, 1247, Rz 2; Lange in Hübschmann/ Hepp/Spitaler, § 116 FGO Rz 180, m.w.N.).

19

b) Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor; denn die vom FA aufgeworfene Frage ist hinreichend geklärt.

20

aa) Das FA hält zwar folgende abstrakte Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam: Wie ist der Begriff "Privatlehrer" i.S. des Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL zu definieren und welche über die bloße Selbständigkeit einer natürlichen Person hinausgehenden Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein? Insbesondere: Kann er Franchisenehmer sein?

21

Jedoch ergibt sich aus der vom FG herangezogenen Rechtsprechung des EuGH (Urteile Haderer vom 14. Juni 2007 C-445/05, EU:C:2007:344, BFH/NV Beilage 2007, 394; Eulitz, EU:C:2010:47, BFH/NV 2010, 583) und des BFH (Urteile vom 27. September 2007 V R 75/03, BFHE 219, 250, BStBl II 2008, 323; vom 20. März 2014 V R 3/13, BFHE 245, 391, BFH/NV 2014, 1175; vom 5. Juni 2014 V R 19/13, BFHE 245, 433, BFH/NV 2014, 1687; s. auch BFH-Beschluss vom 13. Januar 2011 V B 65/10, BFH/NV 2011, 646), dass sich die Rechtsprechung schon mehrfach mit der Frage beschäftigt hat, unter welchen Voraussetzungen eine Person als "Privatlehrer" i.S. des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG bzw. des Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL anzusehen ist.

22

Nach der Rechtsprechung bezieht sich die in dieser Bestimmung vorgesehene Steuerbefreiung --entgegen ihrer deutschen Sprachfassung (und anders als das FA meint)-- nicht auf den "von Privatlehrern erteilten Schul- und Hochschulunterricht", sondern --entsprechend den anderen Sprachfassungen der Richtlinie-- auf "Unterrichtseinheiten, die von Unterrichtenden ... erteilt werden und sich auf Schul- und Hochschulunterricht beziehen" (vgl. EuGH-Urteil Eulitz, EU:C:2010:47, BFH/NV 2010, 583, Rz 21 bis 23, 32 und 33; BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 646, Rz 4; s. auch BFH-Urteil in BFHE 245, 391, BFH/NV 2014, 1175, Rz 17 und 24). "Privatlehrer" im Sinne der deutschen Sprachfassung bzw. "Unterrichtende" im Sinne der übrigen Sprachfassungen sind nach der Rechtsprechung Unterrichtende bzw. Lehrkräfte, die eine befreite Unterrichtstätigkeit "privat" ausüben (vgl. EuGH-Urteile Haderer, EU:C:2007:344, BFH/NV Beilage 2007, 394, Rz 29; Eulitz, EU:C:2010:47, BFH/NV 2010, 583, Rz 32 f., 43 und 48; BFH-Urteile in BFHE 219, 250, BStBl II 2008, 323, Rz 40; in BFHE 245, 433, BFH/NV 2014, 1687, Rz 17 f.).

23

bb) Daneben misst das FA unter Berufung auf das EuGH-Urteil MDDP vom 28. November 2013 C-319/12 (EU:C:2013:778, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2014, 177) folgender Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung bei: Unter welchen Voraussetzungen kann ein Unternehmer als Einrichtung i.S. des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL angesehen werden, die mit der einer Bildungseinrichtung des öffentlichen Rechts vergleichbar ist?

24

Allerdings hat das FA insoweit bereits nicht hinreichend dargelegt, dass diese Rechtsfrage im Streitfall klärbar ist. Dies wäre schon deshalb erforderlich gewesen, weil das FG seine Annahme, die Umsätze der Klägerin seien steuerfrei, auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL gestützt hat (vgl. II.1.b cc).

25

3. Das FA hält mit seinem Beschwerdevorbringen außerdem die Rechtsauffassung des FG für falsch und stellt die materielle Rechtmäßigkeit der Entscheidung in Frage. Dies begründet grundsätzlich keinen Revisionszulassungsgrund (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 21. Januar 2015 XI B 88/14, BFH/NV 2015, 864, Rz 29; vom 27. April 2015 X B 47/15, BFH/NV 2015, 1356, Rz 13, m.w.N.).

26

4. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO).

27

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) erbrachte in den Streitjahren 2000 bis 2006 als Diplom-Sozialpädagogin und Diplom-Organisationsberaterin sog. Supervisionsleistungen für Träger der Wohlfahrtspflege, der Jugendhilfe, der Psychiatrie, für Suchtberatungsstellen sowie für Diakonie und Caritas. Dabei führte sie für ihre Auftraggeber sog. Supervisionen mit deren Mitarbeitern durch. Darüber hinaus erbrachte sie auch Lehrsupervisionsleistungen. Ihr war von der zuständigen Bezirksregierung am 25. Oktober 1999 zur Vorlage bei den Finanzbehörden bescheinigt worden, dass sie die Leistung "Supervision und Lehrsupervision" als berufliche Bildungsmaßnahme nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in den für die Streitjahre geltenden Fassungen ordnungsgemäß durchführe.

2

Im Anschluss an eine Umsatzsteuersonderprüfung ging der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) davon aus, dass die Supervisionsleistungen ebenso wie andere Leistungen der Klägerin steuerpflichtig seien und setzte mit Bescheiden vom 6. Dezember 2006 erstmals Umsatzsteuer für die Streitjahre fest. Der hiergegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg.

3

Demgegenüber gab das Finanzgericht (FG) der Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 2321 veröffentlichten Urteil statt. Die Leistungen der Klägerin seien nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG unter Berücksichtigung von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche und steuerpflichtige Bemessungsgrundlage 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) steuerfrei. Die Supervisionsleistungen dienten dazu, die bei den Auftraggebern der Klägerin angestellten Mitarbeiter professionell im Sinne einer Steuerung, Korrektur, qualitativen Absicherung und Weiterentwicklung zu begleiten. Es gehe um die Professionalisierung und die Bewältigung spezifischer Probleme der psychosozialen und pädagogischen Arbeit dieser Mitarbeiter. Die Leistungen seien spezifisch auf die berufliche Tätigkeit der Mitarbeiter ausgerichtet gewesen. Die Klägerin sei auch als berufsbildende Einrichtung anzusehen. Hierfür sei die Dauer der gegenüber dem einzelnen Teilnehmer erbrachten Leistung unerheblich. Auch das Fehlen von Lehrplänen und die Tätigkeit in den Räumen der Auftraggeber begründe keine Steuerpflicht. Die Klägerin habe auch über die für die Steuerfreiheit erforderliche Bescheinigung verfügt. Im Umfang anderer Leistungen, die die Klägerin steuerpflichtig erbracht habe, sei ihr zudem der Vorsteuerabzug zu gewähren.

4

Hiergegen wendet sich das FA mit der Revision, für die es Verletzung materiellen Rechts geltend macht. Die Bescheinigung der Bezirksregierung entspreche nicht den Anforderungen des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG, da es nicht ausreiche, dass lediglich bescheinigt werde, dass berufliche Bildungsmaßnahmen ordnungsgemäß durchgeführt würden. Erforderlich sei vielmehr eine Bescheinigung, nach der der Unternehmer auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereite. Die Klägerin könne sich auch nicht auf die Richtlinie 77/388/EWG berufen, da sie keine anerkannte Einrichtung sei. Es handele sich auch nicht um einen in einen Lehr- oder Studienplan eingebetteten Unterricht durch Vermittlung von Fachwissen. Die Klägerin erbringe vielmehr Beratungsleistungen durch Unterstützung eigener Erkenntniserlangung des Teilnehmers, so dass es auch an der Vermittlung spezieller Kenntnisse und Fertigkeiten fehle. Es gehe nur um die Erlangung von "Soft-Skills". Die bloße Berufsbezogenheit reiche nicht aus. Es handele sich nicht um eine Wissensvermittlung anhand von Lehrplänen wie bei einer Berufsausbildung. Es würde lediglich die pädagogische Arbeit durch Fallbesprechungen begleitet.

5

Das FA beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Ihre Leistungen seien steuerfrei. Die Voraussetzung der Berufs- oder Prüfungsvorbereitung ergebe sich eindeutig aus der ihr erteilten Bescheinigung, zumindest aber unter Berücksichtigung des von ihr gestellten Antrags. Dass ein Unterrichtsplan fehle, stehe der Steuerfreiheit nicht entgegen. Sie könne sich auf das Unionsrecht berufen. Da sie ihre Leistungen auf Veranlassung und unter Kostenübernahme des jeweiligen Arbeitgebers erbracht habe, liege eine berufliche Fortbildungsmaßnahme vor. Inhaltlich sei es um die Vermittlung von "Personenkompetenz" gegangen. Es bestehe eine Bindung an die tatsächlichen Feststellungen des FG.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision des FA ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Entgegen dem Urteil des FG sind die Leistungen der Klägerin nach nationalem Recht nicht steuerfrei. Die Klägerin kann sich aber für die Steuerfreiheit ihrer Leistungen auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG berufen. Insoweit sind noch weitere Feststellungen im zweiten Rechtsgang zu treffen.

9

1. Die Leistungen der Klägerin sind nicht nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG steuerfrei. Das Urteil des FG ist daher aufzuheben.

10

a) § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG befreit "die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, ... wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten".

11

b) Wie der Senat mit Urteil vom 17. April 2008 V R 58/05 (BFHE 221, 489, BFH/NV 2008, 1418, unter II.2.c) zur insoweit inhaltsgleichen Vorgängerregelung in § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG a.F. entschieden hat, muss sich aus der Bescheinigung ergeben, dass die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen, für die die Steuerfreiheit beansprucht wird, auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten, so dass es nicht ausreicht, dass sich aus der Bescheinigung --wie im Streitfall-- nur ergibt, dass berufliche Bildungsmaßnahmen ordnungsgemäß durchgeführt werden. Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Bescheinigung eine dem Wortlaut widersprechende Auslegung aufgrund einer bloßen Bezugnahme auf den bei der Landesbehörde gestellten Antrag nicht in Betracht.

12

2. Die Leistungen der Klägerin können zwar nicht nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG, wohl aber gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG steuerfrei sein. Hierzu sind im zweiten Rechtsgang noch weitere Feststellungen zu treffen.

13

a) Nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG befreien die Mitgliedstaaten "die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, den Schul- oder Hochschulunterricht, die Ausbildung, die Fortbildung oder die berufliche Umschulung sowie die damit eng verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung".

14

Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG befreit nach seinem Wortlaut zudem "den von Privatlehrern erteilten Schul- und Hochschulunterricht". Wie der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in seinem Urteil vom 28. Januar 2010 C-473/08, Eulitz (Slg. 2010, I-907) entschieden hat, weichen die einzelnen Sprachfassungen dieser Bestimmung voneinander ab. Unter Berücksichtigung dieser Unterschiede sind als Schul- und Hochschulunterricht "Unterrichtseinheiten, die ... sich auf Schul- und Hochschulunterricht beziehen" anzusehen (EuGH-Urteil Eulitz in Slg. 2010, I-907 Rdnr. 23).

15

b) Im Streitfall kann die Klägerin nicht in Anspruch nehmen, dass ihre Leistungen gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG steuerfrei sind: Sie ist weder eine Einrichtung des öffentlichen Rechts noch verfügt sie --mangels Bescheinigung (s. oben II.1.b)-- über die ansonsten erforderliche Anerkennung als Einrichtung mit vergleichbarer Zielsetzung wie eine Einrichtung, die mit z.B. Schul- oder Hochschulunterricht, Ausbildung, Fortbildung oder beruflicher Umschulung betraut ist.

16

c) Die Klägerin kann aber geltend machen, dass ihre Leistungen nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG als Unterrichtseinheiten, die von Privatlehrern erteilt werden und die sich auf Schul- und Hochschulunterricht beziehen, steuerfrei sind.

17

aa) Nach der EuGH-Rechtsprechung beschränkt sich der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts "nicht auf Unterricht ..., der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern [schließt] ... andere Tätigkeiten ein ..., bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben" (EuGH-Urteil vom 14. Juni 2007 C-445/05, Haderer, Slg. 2007, I-4841 Rdnr. 26). Es handelt sich um die "Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten durch den Unterrichtenden an Schüler oder Studierende im Rahmen einer Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit" (EuGH-Urteil Eulitz in Slg. 2010, I-907 Rdnr. 33).

18

Zudem ist es "unerheblich", dass Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG "nicht ausdrücklich die Aus- und Fortbildung erwähnt" (EuGH-Urteil Eulitz in Slg. 2010, I-907 Rdnr. 34), da "nicht zwischen dem Unterricht, der Schülern oder Studierenden erteilt wird, die an einer erstmaligen Schul- oder Hochschulausbildung teilnehmen, und dem Unterricht zu unterscheiden [ist], der Personen erteilt wird, die bereits über einen Schul- oder Hochschulabschluss verfügen und die aufgrund dieses Abschlusses ihre Berufsausbildung betreiben", und da das "Gleiche für die Unterrichtseinheiten [gilt], die sich auf diesen Unterricht beziehen" (EuGH-Urteil Eulitz in Slg. 2010, I-907 Rdnr. 35), zumal sich "eine solche Unterscheidung anhand der Unterrichtsinhalte als schwierig erweisen" würde und eine besonders enge Auslegung des Begriffs Schul- und Hochschulunterricht "die Gefahr einer je nach Mitgliedstaat unterschiedlichen Anwendung des Mehrwertsteuersystems hervorrufen [würde], weil die jeweiligen Unterrichtssysteme der Mitgliedstaaten unterschiedlich gestaltet sind" (EuGH-Urteil Eulitz in Slg. 2010, I-907 Rdnr. 36).

19

bb) Im Hinblick auf das EuGH-Urteil Eulitz in Slg. 2010, I-907 wird im Schrifttum zutreffend geltend gemacht, dass nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG nicht nur Unterrichtseinheiten, die sich auf Schul- und Hochschulunterricht beziehen, sondern auch Unterrichtseinheiten, die sich auf Ausbildung, Fortbildung oder berufliche Umschulung beziehen, steuerfrei sein können (Tehler, EU-Umsatzsteuerberater 2010, 6 ff., 8; Philipowski, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2010, 161 ff., 163, und Nieskens, UR 2013, 175 ff., 179).

20

Dem folgt auch der erkennende Senat unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung. Es kommt nicht darauf an, dass der Privatlehrer an einer Schule oder Hochschule tätig ist, sich an Schüler oder Hochschüler wendet oder es sich um einen in einen Lehr- oder Studienplan eingebetteten Unterricht handelt (so noch Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- in BFHE 221, 489, BFH/NV 2008, 1418, unter II.3.b bb), da sich Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG auf jegliche Aus- und Fortbildung bezieht, die nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung hat. Entgegen der Auffassung des FA ist ein Lehrplan nicht unabdingbar für die Steuerfreiheit. Daher können auch Supervisionsleistungen steuerfrei sein.

21

cc) Die Entscheidung steht nicht im Widerspruch zum BFH-Urteil vom 17. Juni 1998 XI R 68/97 (BFH/NV 1999, 81, unter II.3.), das zu Vortragstätigkeiten einer Familienbildungsstätte ergangen ist.

22

d) Die Sache ist nicht spruchreif. Im Hinblick auf eine mögliche Berufung der Klägerin auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG sind im zweiten Rechtsgang weitere Feststellungen dazu zu treffen, ob sie als Privatlehrer tätig war und welcher Art die von der Klägerin im Einzelnen erbrachten Leistungen waren.

23

aa) Das FG wird dabei insbesondere zu berücksichtigen haben, dass es der Erteilung von Unterrichtseinheiten, die sich auf Schul- und Hochschulunterricht beziehen, durch einen Privatlehrer nicht entgegensteht, wenn dieser mehreren Personen gleichzeitig Unterricht erteilt, dass die der Unterrichtserteilung zugrunde liegende Rechtsbeziehung auch zu einer anderen Person als Unterrichtsteilnehmer bestehen kann und dass das Nichtbestehen eines Vergütungsanspruchs im Verhinderungsfall und bei Kursausfall für eine als Privatlehrer ausgeübte Tätigkeit spricht (EuGH-Urteil Haderer in Slg. 2007, I-4841 Rdnrn. 31 ff.). Die bloße Unternehmereigenschaft reicht demgegenüber nicht aus (EuGH-Urteil Eulitz in Slg. 2010, I-907 Rdnr. 47).

24

Ohne Bedeutung ist für den Streitfall, dass der EuGH die Privatlehrereigenschaft versagt, wenn der Auftraggeber des Unterrichtenden die Leistung dazu verwendet, als eigenständige Bildungseinrichtung entgeltliche Unterrichtsleistungen zu erbringen (EuGH-Urteil Eulitz in Slg. 2010, I-907 Rdnrn. 52 ff.), da es den Auftraggebern der Klägerin um die Aus- und Fortbildung des eigenen Personals ging.

25

bb) In Bezug auf die Lehrsupervisionen kann sich die Steuerfreiheit bereits daraus ergeben, dass die Klägerin andere darin unterrichtet hat, Supervisionen auszuführen.

26

cc) Hinsichtlich der weiteren Supervisionsleistungen ist --ohne Bindung an die einkommensteuerrechtliche Beurteilung des Veranlassungszusammenhangs bei Werbungskosten-- zu berücksichtigen, dass diese vorrangig auf die spezifischen Bedürfnisse einer Berufstätigkeit ausgerichtet sein können, wenn sie dazu dienen, Lösungsmöglichkeiten für konkrete Arbeitsplatzsituationen zu erarbeiten und in gemeinsamer Reflexion Fehler und Schwachstellen aufzuarbeiten (vgl. BFH-Urteil vom 28. August 2008 VI R 35/05, BFHE 223, 1, BStBl II 2009, 108). Für die erforderliche Berufsbezogenheit als Aus- und Fortbildungsmaßnahme kann es ausreichen, dass die Klägerin Sozialarbeiter für die von diesen ausgeübte Berufstätigkeit anhand von Fallbeispielen gruppenweise angeleitet hat. Insoweit kommt den mit dem jeweiligen Auftraggeber vereinbarten Lehrinhalten indizielle Bedeutung zu.

27

dd) Zu den von der Klägerin erbrachten Leistungen hat das FG lediglich allgemein festgestellt, dass die von ihr erbrachten Supervisionsleistungen einer professionellen Begleitung im Sinne einer Steuerung, Korrektur, qualitativen Absicherung und Weiterentwicklung der beruflichen Tätigkeit der bei den diversen Einrichtungen angestellten Mitarbeiter dienten, und dass diese Leistungen spezifisch auf die berufliche Tätigkeit der teilnehmenden pädagogisch und psychosozial tätigen Mitarbeiter ausgerichtet waren. Feststellungen zu den einzelnen, von der Klägerin gegenüber verschiedenen Auftraggebern erbrachten Leistungen fehlen aber. Diese sind im zweiten Rechtsgang nachzuholen.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 1. Oktober 2015  7 K 7002/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erbrachte in den Jahren 2003 bis 2010 (Streitjahre) Dozentenleistungen für den Besucherdienst des Deutschen Bundestages aufgrund von Rahmenverträgen, die er mit der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Präsidenten des Deutschen Bundestages, dieser vertreten durch den Direktor beim Deutschen Bundestag, schloss.

2

Der Kläger hatte dabei in einer Vielzahl alters- und zielgruppengerechter Veranstaltungen staatspolitische und historische Themen zu präsentieren. Die Veranstaltungen sollten die Ausbildung in Schulen und anderen Bildungseinrichtungen ergänzen und vervollständigen und dabei Kenntnisse und Kompetenzen vermitteln, die im Rahmen der Lehrpläne für Geschichte und Sozialkunde von Bedeutung sind. In seinen Vorträgen und Führungen informierte der Kläger die Besucher vor allem über die Geschichte des deutschen Parlamentarismus, über Funktion, Struktur und Arbeitsweise des Deutschen Bundestages sowie über die demokratischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse. Zielgruppe dieser Veranstaltungen waren im Wesentlichen Schüler, die im Rahmen staatlich bezuschusster Bildungsfahrten den Bundestag besuchten, wobei die Teilnahme an den Informations- und Bildungsveranstaltungen Voraussetzung für die finanzielle Förderung war. Studenten an Hoch- und Fachhochschulen konnten im Hinblick auf ihre Studienpläne spezifische Fragen stellen. Die vermittelten Sachverhalte waren Inhalt späterer Prüfungen und wissenschaftlicher Arbeiten. Teilnehmer waren auch Bundeswehrangehörige, Lehrer oder Ausbilder aus dem Bereich der politischen Bildung. Ein Schwerpunkt war die Durchführung von ein- oder mehrtägigen Planspielen für Schüler der 12. und 13. Jahrgangsstufe, die den Gesetzgebungsprozess simulieren und den Teilnehmern neben inhaltlichen und prozeduralen Kenntnissen ein vertieftes Verständnis von Möglichkeiten und Grenzen politischer Gestaltung im parlamentarischen System vermitteln sollten. Es sollten zudem klassische Arbeitstechniken (Textarbeit, freies Reden, Diskussionen) geschult und ein dauerhaftes Interesse an politischen Prozessen geweckt werden. Der Kläger hatte sich dabei mit den begleitenden Fachlehrern abzustimmen, um eine Integration in die jeweiligen Lehrpläne zu gewährleisten.

3

Überdies war es Aufgabe des Klägers, Parlamentsseminare durchzuführen, in denen Schüler von 12. und 13. Klassen, Studenten, aber auch Auszubildende im öffentlichen Dienst konkrete politische Fragestellungen mit Fachpolitikern aller Fraktionen erörtern konnten. Diese Parlamentsseminare wurden von den entsendenden Bildungsträgern und Institutionen genutzt, um lehrplanrelevante Inhalte fundiert von verschiedenen Blickwinkeln beleuchten zu können. Der Kläger bereitete die Teilnehmer auf die Gespräche vor, indem er die sachlichen Grundlagen für eine Diskussion der vorbereiteten Fragestellungen legte. Während der Diskussion stand er den Teilnehmern für Sachfragen zur Verfügung. Anschließend konnte noch eine Auswertung zur Schließung etwaiger Lücken und zur Verfestigung des Erlernten erfolgen.

4

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) sah die Tätigkeit des Klägers als umsatzsteuerpflichtig an. Unter Änderung zuvor ergangener Umsatzsteuerfestsetzungen und unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung setzte das FA mit den Bescheiden vom 9. Oktober 2012 die Umsatzsteuer 2003 auf 6.443,65 €, die Umsatzsteuer 2004 auf 7.755,01 €, die Umsatzsteuer 2005 auf 8.138,27 €, die Umsatzsteuer 2006 auf 9.615,28 €, die Umsatzsteuer 2007 auf 10.480,38 €, die Umsatzsteuer 2008 auf 12.112,21 €, die Umsatzsteuer 2009 auf 10.576,15 € und die Umsatzsteuer 2010 auf 8.419,10 € fest. Hiergegen legte der Kläger ohne Erfolg Einspruch ein.

5

Demgegenüber gab das Finanzgericht (FG) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2015, 2236 veröffentlichten Urteil der Klage statt. Der Kläger habe als Unternehmer steuerbare Leistungen erbracht, die nach nationalem Recht nicht steuerfrei seien. Er könne sich aber für die Steuerfreiheit seiner Leistungen auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG (MwStSystRL) und bis zum Streitjahr 2006 auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) berufen, wie sich aus der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH) ergebe.

6

Hiergegen wendet sich das FA mit der Revision, mit der es geltend macht, dass das FG die Voraussetzungen für eine Anwendung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL (bis einschließlich 2006: Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG) zu Unrecht bejaht habe. Der Kläger verfüge nicht über die hierfür erforderliche Anerkennung.

7

Das FA beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Leistungen des Klägers nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL (bis einschließlich 2006: Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG) steuerfrei sind.

10

1. Zwischen den Beteiligten ist nicht mehr streitig, dass der Kläger seine entgeltlichen Leistungen steuerbar als Unternehmer gemäß § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) erbrachte und dass diese Leistungen nach nationalem Recht nicht steuerfrei sind, da insbesondere die Voraussetzungen der Befreiungstatbestände nach § 4 Nr. 21 UStG nicht vorliegen.

11

2. Wie das FG zutreffend erkannt hat, kann sich der Kläger für die Steuerfreiheit seiner Leistungen aber auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL (bis einschließlich 2006: Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG) berufen. Die Mitgliedstaaten befreien danach insbesondere den "Schul- und Hochschulunterricht ... durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder [durch] andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung". Die hierfür erforderlichen leistungs- wie auch unternehmerbezogenen Voraussetzungen liegen vor.

12

a) Bei den Leistungen des Klägers handelte es sich um Schul- und Hochschulunterricht.

13

aa) Nach der EuGH-Rechtsprechung beschränkt sich der Begriff Schul- und Hochschulunterricht nicht auf Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern schließt andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studierenden zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (EuGH-Urteile Haderer vom 14. Juni 2007 C-445/05, EU:C:2007:344, Rz 26, und Eulitz vom 28. Januar 2010 C-473/08, EU:C:2010:47, Rz 29). Dem hat sich der erkennende Senat angeschlossen (BFH-Urteile vom 20. März 2014 V R 3/13, BFH/NV 2014, 1175, unter II.2., und vom 5. Juni 2014 V R 19/13, BFHE 245, 433, unter II.2.b).

14

bb) Zutreffend hat das FG die Leistungen des Klägers als eine Form von Schulunterricht angesehen. Bei der Tätigkeit des Klägers stand die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Bereich Geschichte und Sozialkunde im Mittelpunkt. Die Entscheidung des FG, dass den Leistungen des Klägers Unterrichtscharakter zukommt und diese über ein "qualitatives Mindestniveau" verfügten, ist revisionsrechtlich ebenso wenig zu beanstanden wie die Verneinung eines Freizeitcharakters, wofür sich das FG neben den freizeitfernen Inhalten der Veranstaltungen auch auf die Kostenübernahme durch öffentliche Träger und die Teilnahmepflicht als Voraussetzung der Kostenübernahme stützen könnte. Bestätigt wird dies durch die Zusammensetzung der Teilnehmergruppen (Schüler, Studenten und Auszubildende).

15

b) Der Kläger ist auch unternehmerbezogen eine Einrichtung mit anerkannter vergleichbarer Zielsetzung wie eine Einrichtung des öffentlichen Rechts, die mit der Aufgabe des Schul- und Hochschulunterrichts betraut ist (anerkannte Einrichtung).

16

aa) Wie der erkennende Senat bereits entschieden hat, ist der Begriff "Einrichtung" grundsätzlich weit genug, um auch private Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht wie den Kläger zu erfassen (vgl. BFH-Urteil vom 21. März 2007 V R 28/04, BFHE 217, 59, BStBl II 2010, 999, unter II.2.c dd (1)).

17

bb) Der Kläger verfügt auch über die erforderliche Anerkennung.

18

(1) Die Rechtsprechung zur unternehmerbezogenen Anerkennung im Sozialbereich (Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL und zuvor Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG) ist grundsätzlich auch auf den Unterrichtsbereich (Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL, bis einschließlich 2006: Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG) zu übertragen (BFH-Urteil in BFHE 217, 59, BStBl II 2010, 999, unter II.2.c dd (2); vgl. auch BFH-Urteil vom 18. Februar 2016 V R 46/14, BFHE 253, 421, Rz 47). Danach gehören zu den für die Anerkennung im Rahmen einer Abwägung zu berücksichtigenden Gesichtspunkten das Bestehen spezifischer Vorschriften --seien es nationale oder regionale, Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Steuervorschriften oder Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit--, das mit den Tätigkeiten des betreffenden Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse, die Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung kommen, und die Übernahme der Kosten der fraglichen Leistungen zum großen Teil durch --im Sozialbereich-- Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit (BFH-Urteil in BFHE 253, 421, Rz 30).

19

Auf dieser Grundlage hat der BFH die Anerkennung im Unterrichtsbereich bereits aufgrund einer Kostentragung (BFH-Urteil in BFHE 217, 59, BStBl II 2010, 999, unter II.2.c dd (2)) oder aus Gründen eines hohen Gemeinwohlinteresses bejaht (BFH-Urteil in BFHE 245, 433, unter II.2.c).

20

(2) Im Streitfall ist das FG zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger als anerkannt anzusehen ist. Die Anerkennung folgt aus dem hohen Gemeinwohlinteresse an der Tätigkeit des Besucherdienstes für ein oberstes Verfassungsorgan sowie aus der Kostentragung durch die Parlamentsverwaltung.

21

(a) Der Präsident des Bundestages übt gemäß Art. 40 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) insbesondere das Hausrecht aus. Er ist auch Leiter der Verwaltung des Bundestages (Klein in Maunz/Dürig, Komm. z. GG, Art. 40, Anm. 106). Bei der Verwaltung des Bundestages handelt es sich um eine oberste Bundesbehörde (Klein in Maunz/Dürig, a.a.O., Rz 107) i.S. einer "Hilfseinrichtung besonderer Art" (Zeh, in Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, 3. Aufl. 2005, S. 790).

22

Die Bundestagsverwaltung unterhält einen Besucherdienst. Dieser ermöglicht gemäß § 3 Abs. 2 Buchst. c der Hausordnung des Deutschen Bundestages "Besuchergruppen und Einzelbesucher, die vom Besucherdienst eingeladen oder zugelassen worden sind" einen bevorzugten Zutritt zu den Tribünenbereichen des Plenarsaals des Deutschen Bundestages bei den öffentlichen Verhandlungen des Bundestages (Art. 42 Abs. 1 Satz 1 GG). Die Verwaltung des Deutschen Bundestages bietet zudem Hausführungen und die Teilnahme an Vorträgen zu Aufgaben, der Arbeitsweise und der Zusammensetzung des Parlaments an. An der Information der Öffentlichkeit über die Geschichte des deutschen Parlamentarismus, über Funktion, Struktur und Arbeitsweise des Deutschen Bundestages sowie über die demokratischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse besteht ein hohes Gemeinwohlinteresse. Diesen Aufgaben kann der Besucherdienst des Deutschen Bundestages ohne die für ihn tätigen Dozenten nicht nachkommen.

23

(b) Da der Kläger seine Leistungen unmittelbar an den Besucherdienst des Deutschen Bundestages erbrachte und von der Parlamentsverwaltung unmittelbar vergütet wurde, spricht auch die öffentlich-rechtliche Kostentragung für eine Anerkennung. Diese Kostentragung beruht zwar nicht auf einer ausdrücklichen gesetzlich angeordneten Kostentragung (zu diesem Erfordernis vgl. BFH-Urteil in BFHE 253, 421, Rz 43 und 47). Das Fehlen einer derartigen Gesetzesregelung wird im Rahmen der gebotenen Abwägung aber durch die Tätigkeit des Klägers für ein oberstes Verfassungsorgan und die dieses Verfassungsorgan im Rahmen einer Annex-Kompetenz (vgl. allgemein Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Juli 2012  2 PBvU 1/11, BVerfGE 132, 1) treffende Verpflichtung zur Information der Öffentlichkeit über die Parlamentsarbeit ausgeglichen.

24

(3) Dem steht nicht entgegen, dass nach Ansicht des FA die für eine Anerkennung erforderliche Vergleichbarkeit mit öffentlichen Einrichtungen nur dann bestehen soll, wenn der private Unternehmer in der Gesamtrichtung seiner unternehmerischen Zielsetzung darauf ausgerichtet ist, Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln, die geeignet sind, einen Schul- oder Hochschulabschluss oder einen Berufsabschluss zu erwerben oder berufliche Kenntnisse durch Fortbildung oder Weiterbildung zu erhalten oder zu erweitern. Hiergegen spricht bereits die weite Auslegung des Begriffs des Schul- und Hochschulunterrichts (s. oben II.2.a aa). Dementsprechend umfasst dieser Begriff z.B. auch Kurse für "Sofortmaßnahmen am Unfallort" (BFH-Urteil vom 10. Januar 2008 V R 52/06, BFHE 221, 295, unter II.2.a).

25

3. Auf die Frage, ob die Leistungen des Klägers auch als solche eines Privatlehrers steuerfrei sein können (Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL), kommt es nicht an.

26

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) führte in den Streitjahren 2005 bis 2007 Umsätze im Rahmen einer von ihm betriebenen "Schwimmschule" aus. Er hatte im November 2005 das erste Staatsexamen für das Lehramt für die Fächer Sport und Physik abgelegt. Mit mehreren Arbeitnehmern, überwiegend Physiotherapeuten, führte er Baby-, Kleinkinder-, sonstige Kinder- und Erwachsenenschwimmkurse sowie Wassergymnastik wie Aqua-Jogging oder Aqua-Fitness in Hallenbädern durch, die er vom jeweiligen kommunalen Betreiber stundenweise angemietet hatte. Die Kursteilnehmer entrichteten für die Teilnahme an den Kursen an den Kläger ein Entgelt, das auch ein auf die Kursteilnehmer entfallendes Eintrittsgeld für die Hallenbadbenutzung umfassen konnte. Die Hallenbadbetreiber erhoben vom Kläger für die Nutzungsüberlassung der Hallenbäder ein Entgelt von in der Regel 20 % der von ihm vereinnahmten Kursgebühren. Auf der Grundlage des § 20 des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) erstatteten Krankenkassen die für die Aqua-Fitness-Kurse erhobenen Entgelte ganz oder teilweise an die Kursteilnehmer. Der Kläger gab keine Umsatzsteuererklärungen ab, da er seine Leistungen als steuerfrei ansah.

2

Im Anschluss an eine Umsatzsteuersonderprüfung ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) davon aus, dass der Kläger in den Jahren 2001 bis 2007 steuerpflichtige Leistungen erbracht habe und erließ dementsprechende Umsatzsteuerbescheide. Während des Einspruchsverfahrens erging der Umsatzsteuerbescheid 2006, der im Einspruchsverfahren an die Stelle der Vorauszahlungsbescheide 2006 trat.

3

Nach der Erhebung der Klage zum Finanzgericht (FG) erging der Umsatzsteuerjahresbescheid 2007, der an Stelle der Vorauszahlungsbescheide 2007 gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Klageverfahrens wurde. Nachdem der Kläger eine Bescheinigung der Bezirksregierung vorgelegt hatte, wonach die Schwimmkurse auf einen Beruf vorbereiteten, während eine Bescheinigung für das Baby- und Kleinkindschwimmen sowie das Aqua-Jogging und Aqua-Fitness wegen des engen Bezugs zur Freizeitgestaltung abgelehnt wurde, ergingen geänderte Bescheide für die Jahre 2001 bis 2004, worauf der Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt wurde. Geänderte Bescheide ergingen auch für die Streitjahre 2005 bis 2007, die nach § 68 FGO Gegenstand des Klageverfahrens wurden.

4

Nach dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 985 veröffentlichten Urteil des FG zu den verbliebenen Streitjahren 2005 bis 2007 hatte die Klage im Hinblick auf die nach Erlass der Änderungsbescheide noch streitigen Kurse wie Babyschwimmen, Kleinkindschwimmen, Aqua-Jogging und Aqua-Fitness keinen Erfolg. Diese Leistungen seien weder nach nationalem Recht noch nach den Bestimmungen der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) oder den Bestimmungen der Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG (MwStSystRL) steuerfrei. Dies ergebe sich auch aus der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH).

5

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Revision, die er auf Verletzung materiellen und formellen Rechts stützt. Seine Leistungen seien nach § 4 Nr. 22 Buchst. a und b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerfrei. Zumindest könne er sich auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g, h, i und j MwStSystRL (Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g, h, i und j der Richtlinie 77/388/EWG) berufen. Für eine insoweit erforderliche Anerkennung reiche die Kostenübernahme durch Krankenkassen aus. Er müsse als Einrichtung nur über eine vom Mitgliedstaat "anerkannte vergleichbare Zielsetzung" verfügen. Inhaltsgleiche Kurse für Schulen seien steuerfrei gewesen. Er sei zumindest zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes berechtigt. Eine Vorlage an den EuGH sei erforderlich.

6

Der Kläger beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Umsatzsteuerjahresbescheide 2005 bis 2007 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer von 0 € festgesetzt wird, hilfsweise, dass der ermäßigte Steuersatz anzuwenden ist.

7

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Die Leistungen seien weder nach nationalem Recht noch nach dem Unionsrecht steuerfrei. Es sei auch nicht der ermäßigte Steuersatz anzuwenden. Das FA habe nur die Kursleistungen als steuerfrei anerkannt, die nach einer dem Kläger am 27. Oktober 2008 erteilten Bescheinigung ordnungsgemäß auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereitet hätten.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision des Klägers ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Zwar hat das FG zutreffend entschieden, dass die Leistungen des Klägers nicht nach nationalem Recht steuerfrei sind. Der Kläger kann aber einen Anwendungsvorrang der Richtlinie geltend machen, wozu noch weitere Feststellungen zu treffen sind.

10

1. Die Leistungen des Klägers sind nicht nach nationalem Recht steuerfrei.

11

a) Nach § 4 Nr. 21 UStG sind steuerfrei die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn sie als Ersatzschulen gemäß Art. 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind (Doppelbuchst. aa) oder wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten (Doppelbuchst. bb).

12

Im Streitfall liegen diese Voraussetzungen nicht vor. Der Kläger ist weder als Ersatzschule staatlich genehmigt noch nach Landesrecht erlaubt. Für die im finanzgerichtlichen Verfahren noch streitigen Kurse liegt auch keine Bescheinigung über die Vorbereitung auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vor.

13

b) Nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG sind steuerfrei die Vorträge, Kurse und anderen Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, von Volkshochschulen oder von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes dienen, durchgeführt werden, wenn die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden. Steuerfrei sind auch andere kulturelle und sportliche Veranstaltungen, die von den in Buchstabe a genannten Unternehmern durchgeführt werden, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht (§ 4 Nr. 22 Buchst. b UStG).

14

Im Streitfall liegen diese Voraussetzungen nicht vor, da der Kläger als Einzelunternehmer die nach dem eindeutigen Wortlaut von § 4 Nr. 22 Buchst. a und b UStG erforderlichen unternehmerbezogenen Voraussetzungen nicht erfüllt. Ob dies gegen das Unionsrecht oder die diesem zugrunde liegenden Grundsätze verstößt, ist im Hinblick auf diesen Wortlaut unbeachtlich und nur im Zusammenhang mit der Berufung des Klägers auf das Unionsrecht von Bedeutung.

15

2. Der Kläger kann sich für eine Steuerfreiheit seiner Leistungen aber auf das Unionsrecht berufen.

16

a) Steuerfrei ist nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL (zuvor Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG) der von Privatlehrern erteilte Schul- und Hochschulunterricht.

17

b) Nach dem zu dieser Bestimmung ergangenen EuGH-Urteil vom 28. Januar 2010 C-473/08, Eulitz (Slg. 2010, I-907) kommt es auf Unterrichtseinheiten an, die sich auf Schul- und Hochschulunterricht beziehen. Dies erfasst nicht nur Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern schließt andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten von Schülern oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (EuGH-Urteil vom 14. Juni 2007 C-445/05, Haderer, Slg. 2007, I-4841). Dem hat sich der erkennende Senat mit Urteil vom 20. März 2014 V R 3/13 (BFH/NV 2014, 1175, unter II.2.) angeschlossen.

18

c) Danach können einzelne Kurse, die der Kläger durchgeführt hat, als Schulunterricht eines Privatlehrers steuerfrei sein. Dies gilt insbesondere für das Kleinkindschwimmen, da an der Erlernung der Fähigkeit, schwimmen zu können, zum einen ein hohes Gemeinwohlinteresse besteht und zum anderen die Erlangung dieser Fähigkeit auch in öffentlichen Schulen unterrichtet wird. Dies mag auf Kurse wie Babyschwimmen, Aqua-Jogging und Aqua-Fitness nicht zutreffen, zumal bei diesen auch der Charakter bloßer Freizeitgestaltung nicht zu vernachlässigen ist. Hierzu sind im zweiten Rechtsgang weitere Feststellungen zu treffen.

19

3. Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:

20

a) Sind die Leistungen des Klägers nicht nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL (zuvor Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG) steuerfrei, kommt eine Berufung auf andere Befreiungstatbestände des Unionsrechts nicht in Betracht.

21

aa) Zwar haben die Mitgliedstaaten von der Steuer auch zu befreien

22

- die "eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen, die durch Altenheime, Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden" (Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL),
- die "eng mit der Kinder- und Jugendbetreuung verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen" (Art. 132 Abs. 1 Buchst. h MwStSystRL),
- die "Erziehung von Kindern und Jugendlichen, Schul- und Hochschulunterricht, Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung und damit eng verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung" (Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL) sowie
- "bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben" (Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL).

23

bb) Die Voraussetzungen dieser Tatbestände liegen im Streitfall aber nicht vor.

24

(1) Für Art. 132 Abs. 1 Buchst. g, h und i MwStSystRL folgt dies bereits daraus, dass es an der personenbezogenen Voraussetzung der "anerkannten Einrichtung" fehlt. Insoweit ist es nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung Sache des innerstaatlichen Rechts jedes Mitgliedstaats, die Regeln aufzustellen, nach denen Einrichtungen die erforderliche Anerkennung gewährt werden kann. Zu den für die Anerkennung maßgeblichen Gesichtspunkten gehören das Bestehen spezifischer Vorschriften, bei denen es sich um nationale oder regionale Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Steuervorschriften oder Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit handeln kann, das mit den Tätigkeiten des betreffenden Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse, die Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung kommen, und die Übernahme der Kosten der fraglichen Leistungen zum großen Teil durch Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit (EuGH-Urteil Zimmermann vom 15. November 2012 C-174/11, Umsatzsteuer-Rundschau 2013, 35 Rdnr. 31, und BFH-Urteil vom 25. April 2013 V R 7/11, BFHE 241, 475, BStBl II 2013, 976, unter II.2.c aa). Auch im Hinblick auf eine Kostentragung durch Einrichtungen der sozialen Sicherheit ist zu berücksichtigen, ob der Unternehmer seine Leistung unmittelbar aufgrund vertraglicher Vereinbarungen mit Sozialversicherungsträgern erbringt (BFH-Urteil vom 8. November 2007 V R 2/06, BFHE 219, 428, BStBl II 2008, 634, unter II.2.b cc).

25

Danach reicht es für die Anerkennung als Einrichtung weder aus, dass der Kläger direkte vertragliche Beziehungen mit Gemeinden hinsichtlich der Nutzung von Schwimmbädern unterhielt, noch, dass Kosten auf der Grundlage von § 20 SGB V erstattet wurden. Denn die Gemeinden waren als Hallenbadbetreiber nicht als "Krankenkassen oder andere Einrichtungen der sozialen Sicherheit" tätig, während im Rahmen der Leistungserbringung nach § 20 SGB V keine vertraglichen Beziehungen zu den gesetzlichen Krankenkassen bestanden (vgl. auch Welti, in Becker/ Kingreen, SGB V, 3. Aufl., § 20 Rz 13). Im Übrigen kommt dem Kläger mit seinen Leistungen neben dem Kleinkindschwimmen (zu diesem s. oben II.2.) nicht der Charakter einer Einrichtung mit anerkannter vergleichbarer Zielsetzung wie öffentlichen Schulen oder Hochschulen zu.

26

(2) Die Steuerfreiheit für bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben (Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL, zuvor: Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG) kommt nicht in Betracht, da der Kläger keine Einrichtung ohne Gewinnstreben ist.

27

b) Im zweiten Rechtsgang wird zu berücksichtigen sein, dass der Kläger für Leistungen, die nicht steuerfrei sind, nicht den ermäßigten Steuersatz in Anspruch nehmen kann.

28

Zwar ordnet § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 UStG für die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze sowie für die Verabreichung von Heilbädern die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes an. In Bezug auf die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze beruht die Vorschrift auf Art. 98 Abs. 2 und 3 MwStSystRL i.V.m. Anhang III Nr. 14 (zuvor Art. 12 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG i.V.m. Anhang H Nr. 13), wie der Senat bereits entschieden hat (BFH-Urteil vom 11. Februar 2010 V R 30/08, BFH/NV 2010, 2125, unter II.2.a ee). Danach können die Mitgliedstaaten die Überlassung von Sportanlagen einem ermäßigten Steuersatz unterwerfen. Unionsrechtliche Grundlage für die Verabreichung von Heilbädern ist die Thermalbehandlung i.S. von Art. 98 Abs. 2 und 3 MwStSystRL i.V.m. Anhang III Nr. 17 (zuvor Art. 12 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG i.V.m. Anhang H Nr. 13). § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 UStG ist entsprechend diesen Bestimmungen auszulegen, wobei neben dem allgemeinen Grundsatz enger Auslegung von Ausnahmetatbeständen auch zu berücksichtigen ist, dass Vorschriften des nationalen Rechts auch dann eng auszulegen sind, wenn sie ansonsten nicht der Richtlinie entsprechen (BFH-Urteil vom 8. März 2012 V R 14/11, BFHE 237, 279, BStBl II 2012, 630, unter II.2.c bb).

29

Im Hinblick auf die unionsrechtliche Grundlage der Steuersatzermäßigung, die sich auf die Überlassung von Sportanlagen und damit auf eine Nutzungsüberlassung bezieht, ist es danach nicht möglich, die Erteilung von Schwimmunterricht als einen unmittelbar mit dem Betrieb eines Schwimmbads verbundenen Umsatz anzusehen. Sollte sich demgegenüber aus Abschn. 171 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Umsatzsteuer-Richtlinien 2005 ergeben, dass die Erteilung von Schwimmunterricht als eigenständige Leistung der Steuersatzermäßigung unterliegt, könnte sich der Senat dem nicht anschließen. Ebenso können Kurse wie "Aqua-Jogging" und "Aqua-Fitness" nicht als Verabreichung von Heilbädern angesehen werden, da insoweit unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Grundlagen eine Thermalbehandlung vorliegen müsste, an der es fehlt.

30

4. Auf den geltend gemachten Verfahrensfehler kam es nicht mehr an.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 1. Oktober 2015  7 K 7002/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erbrachte in den Jahren 2003 bis 2010 (Streitjahre) Dozentenleistungen für den Besucherdienst des Deutschen Bundestages aufgrund von Rahmenverträgen, die er mit der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Präsidenten des Deutschen Bundestages, dieser vertreten durch den Direktor beim Deutschen Bundestag, schloss.

2

Der Kläger hatte dabei in einer Vielzahl alters- und zielgruppengerechter Veranstaltungen staatspolitische und historische Themen zu präsentieren. Die Veranstaltungen sollten die Ausbildung in Schulen und anderen Bildungseinrichtungen ergänzen und vervollständigen und dabei Kenntnisse und Kompetenzen vermitteln, die im Rahmen der Lehrpläne für Geschichte und Sozialkunde von Bedeutung sind. In seinen Vorträgen und Führungen informierte der Kläger die Besucher vor allem über die Geschichte des deutschen Parlamentarismus, über Funktion, Struktur und Arbeitsweise des Deutschen Bundestages sowie über die demokratischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse. Zielgruppe dieser Veranstaltungen waren im Wesentlichen Schüler, die im Rahmen staatlich bezuschusster Bildungsfahrten den Bundestag besuchten, wobei die Teilnahme an den Informations- und Bildungsveranstaltungen Voraussetzung für die finanzielle Förderung war. Studenten an Hoch- und Fachhochschulen konnten im Hinblick auf ihre Studienpläne spezifische Fragen stellen. Die vermittelten Sachverhalte waren Inhalt späterer Prüfungen und wissenschaftlicher Arbeiten. Teilnehmer waren auch Bundeswehrangehörige, Lehrer oder Ausbilder aus dem Bereich der politischen Bildung. Ein Schwerpunkt war die Durchführung von ein- oder mehrtägigen Planspielen für Schüler der 12. und 13. Jahrgangsstufe, die den Gesetzgebungsprozess simulieren und den Teilnehmern neben inhaltlichen und prozeduralen Kenntnissen ein vertieftes Verständnis von Möglichkeiten und Grenzen politischer Gestaltung im parlamentarischen System vermitteln sollten. Es sollten zudem klassische Arbeitstechniken (Textarbeit, freies Reden, Diskussionen) geschult und ein dauerhaftes Interesse an politischen Prozessen geweckt werden. Der Kläger hatte sich dabei mit den begleitenden Fachlehrern abzustimmen, um eine Integration in die jeweiligen Lehrpläne zu gewährleisten.

3

Überdies war es Aufgabe des Klägers, Parlamentsseminare durchzuführen, in denen Schüler von 12. und 13. Klassen, Studenten, aber auch Auszubildende im öffentlichen Dienst konkrete politische Fragestellungen mit Fachpolitikern aller Fraktionen erörtern konnten. Diese Parlamentsseminare wurden von den entsendenden Bildungsträgern und Institutionen genutzt, um lehrplanrelevante Inhalte fundiert von verschiedenen Blickwinkeln beleuchten zu können. Der Kläger bereitete die Teilnehmer auf die Gespräche vor, indem er die sachlichen Grundlagen für eine Diskussion der vorbereiteten Fragestellungen legte. Während der Diskussion stand er den Teilnehmern für Sachfragen zur Verfügung. Anschließend konnte noch eine Auswertung zur Schließung etwaiger Lücken und zur Verfestigung des Erlernten erfolgen.

4

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) sah die Tätigkeit des Klägers als umsatzsteuerpflichtig an. Unter Änderung zuvor ergangener Umsatzsteuerfestsetzungen und unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung setzte das FA mit den Bescheiden vom 9. Oktober 2012 die Umsatzsteuer 2003 auf 6.443,65 €, die Umsatzsteuer 2004 auf 7.755,01 €, die Umsatzsteuer 2005 auf 8.138,27 €, die Umsatzsteuer 2006 auf 9.615,28 €, die Umsatzsteuer 2007 auf 10.480,38 €, die Umsatzsteuer 2008 auf 12.112,21 €, die Umsatzsteuer 2009 auf 10.576,15 € und die Umsatzsteuer 2010 auf 8.419,10 € fest. Hiergegen legte der Kläger ohne Erfolg Einspruch ein.

5

Demgegenüber gab das Finanzgericht (FG) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2015, 2236 veröffentlichten Urteil der Klage statt. Der Kläger habe als Unternehmer steuerbare Leistungen erbracht, die nach nationalem Recht nicht steuerfrei seien. Er könne sich aber für die Steuerfreiheit seiner Leistungen auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG (MwStSystRL) und bis zum Streitjahr 2006 auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) berufen, wie sich aus der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH) ergebe.

6

Hiergegen wendet sich das FA mit der Revision, mit der es geltend macht, dass das FG die Voraussetzungen für eine Anwendung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL (bis einschließlich 2006: Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG) zu Unrecht bejaht habe. Der Kläger verfüge nicht über die hierfür erforderliche Anerkennung.

7

Das FA beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Leistungen des Klägers nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL (bis einschließlich 2006: Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG) steuerfrei sind.

10

1. Zwischen den Beteiligten ist nicht mehr streitig, dass der Kläger seine entgeltlichen Leistungen steuerbar als Unternehmer gemäß § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) erbrachte und dass diese Leistungen nach nationalem Recht nicht steuerfrei sind, da insbesondere die Voraussetzungen der Befreiungstatbestände nach § 4 Nr. 21 UStG nicht vorliegen.

11

2. Wie das FG zutreffend erkannt hat, kann sich der Kläger für die Steuerfreiheit seiner Leistungen aber auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL (bis einschließlich 2006: Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG) berufen. Die Mitgliedstaaten befreien danach insbesondere den "Schul- und Hochschulunterricht ... durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder [durch] andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung". Die hierfür erforderlichen leistungs- wie auch unternehmerbezogenen Voraussetzungen liegen vor.

12

a) Bei den Leistungen des Klägers handelte es sich um Schul- und Hochschulunterricht.

13

aa) Nach der EuGH-Rechtsprechung beschränkt sich der Begriff Schul- und Hochschulunterricht nicht auf Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern schließt andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studierenden zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (EuGH-Urteile Haderer vom 14. Juni 2007 C-445/05, EU:C:2007:344, Rz 26, und Eulitz vom 28. Januar 2010 C-473/08, EU:C:2010:47, Rz 29). Dem hat sich der erkennende Senat angeschlossen (BFH-Urteile vom 20. März 2014 V R 3/13, BFH/NV 2014, 1175, unter II.2., und vom 5. Juni 2014 V R 19/13, BFHE 245, 433, unter II.2.b).

14

bb) Zutreffend hat das FG die Leistungen des Klägers als eine Form von Schulunterricht angesehen. Bei der Tätigkeit des Klägers stand die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Bereich Geschichte und Sozialkunde im Mittelpunkt. Die Entscheidung des FG, dass den Leistungen des Klägers Unterrichtscharakter zukommt und diese über ein "qualitatives Mindestniveau" verfügten, ist revisionsrechtlich ebenso wenig zu beanstanden wie die Verneinung eines Freizeitcharakters, wofür sich das FG neben den freizeitfernen Inhalten der Veranstaltungen auch auf die Kostenübernahme durch öffentliche Träger und die Teilnahmepflicht als Voraussetzung der Kostenübernahme stützen könnte. Bestätigt wird dies durch die Zusammensetzung der Teilnehmergruppen (Schüler, Studenten und Auszubildende).

15

b) Der Kläger ist auch unternehmerbezogen eine Einrichtung mit anerkannter vergleichbarer Zielsetzung wie eine Einrichtung des öffentlichen Rechts, die mit der Aufgabe des Schul- und Hochschulunterrichts betraut ist (anerkannte Einrichtung).

16

aa) Wie der erkennende Senat bereits entschieden hat, ist der Begriff "Einrichtung" grundsätzlich weit genug, um auch private Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht wie den Kläger zu erfassen (vgl. BFH-Urteil vom 21. März 2007 V R 28/04, BFHE 217, 59, BStBl II 2010, 999, unter II.2.c dd (1)).

17

bb) Der Kläger verfügt auch über die erforderliche Anerkennung.

18

(1) Die Rechtsprechung zur unternehmerbezogenen Anerkennung im Sozialbereich (Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL und zuvor Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG) ist grundsätzlich auch auf den Unterrichtsbereich (Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL, bis einschließlich 2006: Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG) zu übertragen (BFH-Urteil in BFHE 217, 59, BStBl II 2010, 999, unter II.2.c dd (2); vgl. auch BFH-Urteil vom 18. Februar 2016 V R 46/14, BFHE 253, 421, Rz 47). Danach gehören zu den für die Anerkennung im Rahmen einer Abwägung zu berücksichtigenden Gesichtspunkten das Bestehen spezifischer Vorschriften --seien es nationale oder regionale, Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Steuervorschriften oder Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit--, das mit den Tätigkeiten des betreffenden Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse, die Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung kommen, und die Übernahme der Kosten der fraglichen Leistungen zum großen Teil durch --im Sozialbereich-- Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit (BFH-Urteil in BFHE 253, 421, Rz 30).

19

Auf dieser Grundlage hat der BFH die Anerkennung im Unterrichtsbereich bereits aufgrund einer Kostentragung (BFH-Urteil in BFHE 217, 59, BStBl II 2010, 999, unter II.2.c dd (2)) oder aus Gründen eines hohen Gemeinwohlinteresses bejaht (BFH-Urteil in BFHE 245, 433, unter II.2.c).

20

(2) Im Streitfall ist das FG zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger als anerkannt anzusehen ist. Die Anerkennung folgt aus dem hohen Gemeinwohlinteresse an der Tätigkeit des Besucherdienstes für ein oberstes Verfassungsorgan sowie aus der Kostentragung durch die Parlamentsverwaltung.

21

(a) Der Präsident des Bundestages übt gemäß Art. 40 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) insbesondere das Hausrecht aus. Er ist auch Leiter der Verwaltung des Bundestages (Klein in Maunz/Dürig, Komm. z. GG, Art. 40, Anm. 106). Bei der Verwaltung des Bundestages handelt es sich um eine oberste Bundesbehörde (Klein in Maunz/Dürig, a.a.O., Rz 107) i.S. einer "Hilfseinrichtung besonderer Art" (Zeh, in Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, 3. Aufl. 2005, S. 790).

22

Die Bundestagsverwaltung unterhält einen Besucherdienst. Dieser ermöglicht gemäß § 3 Abs. 2 Buchst. c der Hausordnung des Deutschen Bundestages "Besuchergruppen und Einzelbesucher, die vom Besucherdienst eingeladen oder zugelassen worden sind" einen bevorzugten Zutritt zu den Tribünenbereichen des Plenarsaals des Deutschen Bundestages bei den öffentlichen Verhandlungen des Bundestages (Art. 42 Abs. 1 Satz 1 GG). Die Verwaltung des Deutschen Bundestages bietet zudem Hausführungen und die Teilnahme an Vorträgen zu Aufgaben, der Arbeitsweise und der Zusammensetzung des Parlaments an. An der Information der Öffentlichkeit über die Geschichte des deutschen Parlamentarismus, über Funktion, Struktur und Arbeitsweise des Deutschen Bundestages sowie über die demokratischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse besteht ein hohes Gemeinwohlinteresse. Diesen Aufgaben kann der Besucherdienst des Deutschen Bundestages ohne die für ihn tätigen Dozenten nicht nachkommen.

23

(b) Da der Kläger seine Leistungen unmittelbar an den Besucherdienst des Deutschen Bundestages erbrachte und von der Parlamentsverwaltung unmittelbar vergütet wurde, spricht auch die öffentlich-rechtliche Kostentragung für eine Anerkennung. Diese Kostentragung beruht zwar nicht auf einer ausdrücklichen gesetzlich angeordneten Kostentragung (zu diesem Erfordernis vgl. BFH-Urteil in BFHE 253, 421, Rz 43 und 47). Das Fehlen einer derartigen Gesetzesregelung wird im Rahmen der gebotenen Abwägung aber durch die Tätigkeit des Klägers für ein oberstes Verfassungsorgan und die dieses Verfassungsorgan im Rahmen einer Annex-Kompetenz (vgl. allgemein Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Juli 2012  2 PBvU 1/11, BVerfGE 132, 1) treffende Verpflichtung zur Information der Öffentlichkeit über die Parlamentsarbeit ausgeglichen.

24

(3) Dem steht nicht entgegen, dass nach Ansicht des FA die für eine Anerkennung erforderliche Vergleichbarkeit mit öffentlichen Einrichtungen nur dann bestehen soll, wenn der private Unternehmer in der Gesamtrichtung seiner unternehmerischen Zielsetzung darauf ausgerichtet ist, Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln, die geeignet sind, einen Schul- oder Hochschulabschluss oder einen Berufsabschluss zu erwerben oder berufliche Kenntnisse durch Fortbildung oder Weiterbildung zu erhalten oder zu erweitern. Hiergegen spricht bereits die weite Auslegung des Begriffs des Schul- und Hochschulunterrichts (s. oben II.2.a aa). Dementsprechend umfasst dieser Begriff z.B. auch Kurse für "Sofortmaßnahmen am Unfallort" (BFH-Urteil vom 10. Januar 2008 V R 52/06, BFHE 221, 295, unter II.2.a).

25

3. Auf die Frage, ob die Leistungen des Klägers auch als solche eines Privatlehrers steuerfrei sein können (Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL), kommt es nicht an.

26

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) führte in den Streitjahren 2005 bis 2007 Umsätze im Rahmen einer von ihm betriebenen "Schwimmschule" aus. Er hatte im November 2005 das erste Staatsexamen für das Lehramt für die Fächer Sport und Physik abgelegt. Mit mehreren Arbeitnehmern, überwiegend Physiotherapeuten, führte er Baby-, Kleinkinder-, sonstige Kinder- und Erwachsenenschwimmkurse sowie Wassergymnastik wie Aqua-Jogging oder Aqua-Fitness in Hallenbädern durch, die er vom jeweiligen kommunalen Betreiber stundenweise angemietet hatte. Die Kursteilnehmer entrichteten für die Teilnahme an den Kursen an den Kläger ein Entgelt, das auch ein auf die Kursteilnehmer entfallendes Eintrittsgeld für die Hallenbadbenutzung umfassen konnte. Die Hallenbadbetreiber erhoben vom Kläger für die Nutzungsüberlassung der Hallenbäder ein Entgelt von in der Regel 20 % der von ihm vereinnahmten Kursgebühren. Auf der Grundlage des § 20 des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) erstatteten Krankenkassen die für die Aqua-Fitness-Kurse erhobenen Entgelte ganz oder teilweise an die Kursteilnehmer. Der Kläger gab keine Umsatzsteuererklärungen ab, da er seine Leistungen als steuerfrei ansah.

2

Im Anschluss an eine Umsatzsteuersonderprüfung ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) davon aus, dass der Kläger in den Jahren 2001 bis 2007 steuerpflichtige Leistungen erbracht habe und erließ dementsprechende Umsatzsteuerbescheide. Während des Einspruchsverfahrens erging der Umsatzsteuerbescheid 2006, der im Einspruchsverfahren an die Stelle der Vorauszahlungsbescheide 2006 trat.

3

Nach der Erhebung der Klage zum Finanzgericht (FG) erging der Umsatzsteuerjahresbescheid 2007, der an Stelle der Vorauszahlungsbescheide 2007 gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Klageverfahrens wurde. Nachdem der Kläger eine Bescheinigung der Bezirksregierung vorgelegt hatte, wonach die Schwimmkurse auf einen Beruf vorbereiteten, während eine Bescheinigung für das Baby- und Kleinkindschwimmen sowie das Aqua-Jogging und Aqua-Fitness wegen des engen Bezugs zur Freizeitgestaltung abgelehnt wurde, ergingen geänderte Bescheide für die Jahre 2001 bis 2004, worauf der Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt wurde. Geänderte Bescheide ergingen auch für die Streitjahre 2005 bis 2007, die nach § 68 FGO Gegenstand des Klageverfahrens wurden.

4

Nach dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 985 veröffentlichten Urteil des FG zu den verbliebenen Streitjahren 2005 bis 2007 hatte die Klage im Hinblick auf die nach Erlass der Änderungsbescheide noch streitigen Kurse wie Babyschwimmen, Kleinkindschwimmen, Aqua-Jogging und Aqua-Fitness keinen Erfolg. Diese Leistungen seien weder nach nationalem Recht noch nach den Bestimmungen der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) oder den Bestimmungen der Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG (MwStSystRL) steuerfrei. Dies ergebe sich auch aus der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH).

5

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Revision, die er auf Verletzung materiellen und formellen Rechts stützt. Seine Leistungen seien nach § 4 Nr. 22 Buchst. a und b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerfrei. Zumindest könne er sich auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g, h, i und j MwStSystRL (Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g, h, i und j der Richtlinie 77/388/EWG) berufen. Für eine insoweit erforderliche Anerkennung reiche die Kostenübernahme durch Krankenkassen aus. Er müsse als Einrichtung nur über eine vom Mitgliedstaat "anerkannte vergleichbare Zielsetzung" verfügen. Inhaltsgleiche Kurse für Schulen seien steuerfrei gewesen. Er sei zumindest zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes berechtigt. Eine Vorlage an den EuGH sei erforderlich.

6

Der Kläger beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Umsatzsteuerjahresbescheide 2005 bis 2007 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer von 0 € festgesetzt wird, hilfsweise, dass der ermäßigte Steuersatz anzuwenden ist.

7

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Die Leistungen seien weder nach nationalem Recht noch nach dem Unionsrecht steuerfrei. Es sei auch nicht der ermäßigte Steuersatz anzuwenden. Das FA habe nur die Kursleistungen als steuerfrei anerkannt, die nach einer dem Kläger am 27. Oktober 2008 erteilten Bescheinigung ordnungsgemäß auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereitet hätten.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision des Klägers ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Zwar hat das FG zutreffend entschieden, dass die Leistungen des Klägers nicht nach nationalem Recht steuerfrei sind. Der Kläger kann aber einen Anwendungsvorrang der Richtlinie geltend machen, wozu noch weitere Feststellungen zu treffen sind.

10

1. Die Leistungen des Klägers sind nicht nach nationalem Recht steuerfrei.

11

a) Nach § 4 Nr. 21 UStG sind steuerfrei die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn sie als Ersatzschulen gemäß Art. 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind (Doppelbuchst. aa) oder wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten (Doppelbuchst. bb).

12

Im Streitfall liegen diese Voraussetzungen nicht vor. Der Kläger ist weder als Ersatzschule staatlich genehmigt noch nach Landesrecht erlaubt. Für die im finanzgerichtlichen Verfahren noch streitigen Kurse liegt auch keine Bescheinigung über die Vorbereitung auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vor.

13

b) Nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG sind steuerfrei die Vorträge, Kurse und anderen Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, von Volkshochschulen oder von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes dienen, durchgeführt werden, wenn die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden. Steuerfrei sind auch andere kulturelle und sportliche Veranstaltungen, die von den in Buchstabe a genannten Unternehmern durchgeführt werden, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht (§ 4 Nr. 22 Buchst. b UStG).

14

Im Streitfall liegen diese Voraussetzungen nicht vor, da der Kläger als Einzelunternehmer die nach dem eindeutigen Wortlaut von § 4 Nr. 22 Buchst. a und b UStG erforderlichen unternehmerbezogenen Voraussetzungen nicht erfüllt. Ob dies gegen das Unionsrecht oder die diesem zugrunde liegenden Grundsätze verstößt, ist im Hinblick auf diesen Wortlaut unbeachtlich und nur im Zusammenhang mit der Berufung des Klägers auf das Unionsrecht von Bedeutung.

15

2. Der Kläger kann sich für eine Steuerfreiheit seiner Leistungen aber auf das Unionsrecht berufen.

16

a) Steuerfrei ist nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL (zuvor Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG) der von Privatlehrern erteilte Schul- und Hochschulunterricht.

17

b) Nach dem zu dieser Bestimmung ergangenen EuGH-Urteil vom 28. Januar 2010 C-473/08, Eulitz (Slg. 2010, I-907) kommt es auf Unterrichtseinheiten an, die sich auf Schul- und Hochschulunterricht beziehen. Dies erfasst nicht nur Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern schließt andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten von Schülern oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (EuGH-Urteil vom 14. Juni 2007 C-445/05, Haderer, Slg. 2007, I-4841). Dem hat sich der erkennende Senat mit Urteil vom 20. März 2014 V R 3/13 (BFH/NV 2014, 1175, unter II.2.) angeschlossen.

18

c) Danach können einzelne Kurse, die der Kläger durchgeführt hat, als Schulunterricht eines Privatlehrers steuerfrei sein. Dies gilt insbesondere für das Kleinkindschwimmen, da an der Erlernung der Fähigkeit, schwimmen zu können, zum einen ein hohes Gemeinwohlinteresse besteht und zum anderen die Erlangung dieser Fähigkeit auch in öffentlichen Schulen unterrichtet wird. Dies mag auf Kurse wie Babyschwimmen, Aqua-Jogging und Aqua-Fitness nicht zutreffen, zumal bei diesen auch der Charakter bloßer Freizeitgestaltung nicht zu vernachlässigen ist. Hierzu sind im zweiten Rechtsgang weitere Feststellungen zu treffen.

19

3. Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:

20

a) Sind die Leistungen des Klägers nicht nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL (zuvor Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG) steuerfrei, kommt eine Berufung auf andere Befreiungstatbestände des Unionsrechts nicht in Betracht.

21

aa) Zwar haben die Mitgliedstaaten von der Steuer auch zu befreien

22

- die "eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen, die durch Altenheime, Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden" (Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL),
- die "eng mit der Kinder- und Jugendbetreuung verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen" (Art. 132 Abs. 1 Buchst. h MwStSystRL),
- die "Erziehung von Kindern und Jugendlichen, Schul- und Hochschulunterricht, Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung und damit eng verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung" (Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL) sowie
- "bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben" (Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL).

23

bb) Die Voraussetzungen dieser Tatbestände liegen im Streitfall aber nicht vor.

24

(1) Für Art. 132 Abs. 1 Buchst. g, h und i MwStSystRL folgt dies bereits daraus, dass es an der personenbezogenen Voraussetzung der "anerkannten Einrichtung" fehlt. Insoweit ist es nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung Sache des innerstaatlichen Rechts jedes Mitgliedstaats, die Regeln aufzustellen, nach denen Einrichtungen die erforderliche Anerkennung gewährt werden kann. Zu den für die Anerkennung maßgeblichen Gesichtspunkten gehören das Bestehen spezifischer Vorschriften, bei denen es sich um nationale oder regionale Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Steuervorschriften oder Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit handeln kann, das mit den Tätigkeiten des betreffenden Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse, die Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung kommen, und die Übernahme der Kosten der fraglichen Leistungen zum großen Teil durch Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit (EuGH-Urteil Zimmermann vom 15. November 2012 C-174/11, Umsatzsteuer-Rundschau 2013, 35 Rdnr. 31, und BFH-Urteil vom 25. April 2013 V R 7/11, BFHE 241, 475, BStBl II 2013, 976, unter II.2.c aa). Auch im Hinblick auf eine Kostentragung durch Einrichtungen der sozialen Sicherheit ist zu berücksichtigen, ob der Unternehmer seine Leistung unmittelbar aufgrund vertraglicher Vereinbarungen mit Sozialversicherungsträgern erbringt (BFH-Urteil vom 8. November 2007 V R 2/06, BFHE 219, 428, BStBl II 2008, 634, unter II.2.b cc).

25

Danach reicht es für die Anerkennung als Einrichtung weder aus, dass der Kläger direkte vertragliche Beziehungen mit Gemeinden hinsichtlich der Nutzung von Schwimmbädern unterhielt, noch, dass Kosten auf der Grundlage von § 20 SGB V erstattet wurden. Denn die Gemeinden waren als Hallenbadbetreiber nicht als "Krankenkassen oder andere Einrichtungen der sozialen Sicherheit" tätig, während im Rahmen der Leistungserbringung nach § 20 SGB V keine vertraglichen Beziehungen zu den gesetzlichen Krankenkassen bestanden (vgl. auch Welti, in Becker/ Kingreen, SGB V, 3. Aufl., § 20 Rz 13). Im Übrigen kommt dem Kläger mit seinen Leistungen neben dem Kleinkindschwimmen (zu diesem s. oben II.2.) nicht der Charakter einer Einrichtung mit anerkannter vergleichbarer Zielsetzung wie öffentlichen Schulen oder Hochschulen zu.

26

(2) Die Steuerfreiheit für bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben (Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL, zuvor: Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG) kommt nicht in Betracht, da der Kläger keine Einrichtung ohne Gewinnstreben ist.

27

b) Im zweiten Rechtsgang wird zu berücksichtigen sein, dass der Kläger für Leistungen, die nicht steuerfrei sind, nicht den ermäßigten Steuersatz in Anspruch nehmen kann.

28

Zwar ordnet § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 UStG für die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze sowie für die Verabreichung von Heilbädern die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes an. In Bezug auf die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze beruht die Vorschrift auf Art. 98 Abs. 2 und 3 MwStSystRL i.V.m. Anhang III Nr. 14 (zuvor Art. 12 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG i.V.m. Anhang H Nr. 13), wie der Senat bereits entschieden hat (BFH-Urteil vom 11. Februar 2010 V R 30/08, BFH/NV 2010, 2125, unter II.2.a ee). Danach können die Mitgliedstaaten die Überlassung von Sportanlagen einem ermäßigten Steuersatz unterwerfen. Unionsrechtliche Grundlage für die Verabreichung von Heilbädern ist die Thermalbehandlung i.S. von Art. 98 Abs. 2 und 3 MwStSystRL i.V.m. Anhang III Nr. 17 (zuvor Art. 12 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG i.V.m. Anhang H Nr. 13). § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 UStG ist entsprechend diesen Bestimmungen auszulegen, wobei neben dem allgemeinen Grundsatz enger Auslegung von Ausnahmetatbeständen auch zu berücksichtigen ist, dass Vorschriften des nationalen Rechts auch dann eng auszulegen sind, wenn sie ansonsten nicht der Richtlinie entsprechen (BFH-Urteil vom 8. März 2012 V R 14/11, BFHE 237, 279, BStBl II 2012, 630, unter II.2.c bb).

29

Im Hinblick auf die unionsrechtliche Grundlage der Steuersatzermäßigung, die sich auf die Überlassung von Sportanlagen und damit auf eine Nutzungsüberlassung bezieht, ist es danach nicht möglich, die Erteilung von Schwimmunterricht als einen unmittelbar mit dem Betrieb eines Schwimmbads verbundenen Umsatz anzusehen. Sollte sich demgegenüber aus Abschn. 171 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Umsatzsteuer-Richtlinien 2005 ergeben, dass die Erteilung von Schwimmunterricht als eigenständige Leistung der Steuersatzermäßigung unterliegt, könnte sich der Senat dem nicht anschließen. Ebenso können Kurse wie "Aqua-Jogging" und "Aqua-Fitness" nicht als Verabreichung von Heilbädern angesehen werden, da insoweit unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Grundlagen eine Thermalbehandlung vorliegen müsste, an der es fehlt.

30

4. Auf den geltend gemachten Verfahrensfehler kam es nicht mehr an.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betrieb in den Streitjahren 1999 bis 2003 eine Schule für WingTsun sowie ein Bewachungsunternehmen. Bei WingTsun handelt es sich nach einer vom Kläger herausgegebenen Werbebroschüre um eine "Kampf- und Bewegungskunst".

2

Für die Streitjahre erklärte der Kläger auch für die WingTsun-Schule steuerpflichtige Umsätze.

3

Mit Schreiben vom 31. Mai 2005 beantragte der Kläger unter Vorlage einer Bescheinigung des zuständigen Ministeriums für Bildung, Kultur und Wissenschaft vom 11. April 2005, wonach die von ihm "erbrachten Unterrichtsleistungen zur Vorbereitung auf den Beruf des Kampfkunstlehrers WingTsun ... Leistungen im Sinne des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb des Umsatzsteuergesetzes" (UStG) darstellen, die Umsatzsteuerfestsetzungen für die Vergangenheit zu ändern und die Umsätze aus der WingTsun-Schule nunmehr als umsatzsteuerfrei zu behandeln.

4

Nach einer beim Kläger durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung schloss sich der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) der Ansicht des Prüfers an, es sei keine Steuerbefreiung zu gewähren.

5

Mit Bescheid vom 30. Oktober 2007 wurde dementsprechend die Änderung der Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre abgelehnt, nachdem das FA zuvor mit Schreiben vom 21. Juli 2005 dem Kläger bereits mitgeteilt hatte, dass eine rückwirkende Änderung "unter Beachtung der Ausführungen in den §§ 169 bis 171 der Abgabenordnung" (AO) nur bis einschließlich des Veranlagungszeitraums 1999 möglich sei.

6

Der Einspruch und die anschließende Klage hatten keinen Erfolg.

7

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab und führte zur Begründung aus, zwar ergebe sich aus der vorgelegten Bescheinigung vom 11. April 2005, dass die vom Kläger in der WingTsun-Schule erbrachten Leistungen zur Vorbereitung auf den Beruf des Kampfkunstlehrers WingTsun dienten. Die WingTsun-Schule des Klägers sei jedoch keine berufsbildende Einrichtung i.S. von § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG. Die in der vom Kläger herausgegebenen Werbebroschüre angegebenen Kurse --wie "FrequenChi zur Fettverbrennung" oder "WingTsun als Kampfsport für Kinder"-- seien eindeutig dem Freizeitbereich zuzuordnen und dienten nicht der beruflichen Bildung.

8

Unerheblich sei insoweit, dass einige Teilnehmer möglicherweise die Ausbildung zu einem WingTsun-Lehrer anstrebten, weil die vom Kläger angebotenen Lehrgänge nicht Teil einer gesetzlich geregelten Schul-, Berufsaus- oder Berufsfortbildung seien. Ebenfalls nicht entscheidend sei, dass die Lehrgänge auch von anderen Berufsgruppen wie Polizisten oder Soldaten belegt würden, weil die erworbenen Kenntnisse keine unabdingbare Voraussetzung zur Ausübung der genannten Berufe seien. Dies sei ähnlich wie bei Fahrschulen oder Jagdschulen, die ebenfalls keine berufsbildenden Einrichtungen seien, obwohl der Führerschein von zahlreichen Steuerpflichtigen bei Ausübung ihres Berufs genutzt werde und auch die Jägerprüfung bei der Ausübung einiger Berufe erforderlich sei.

9

Die WingTsun-Schule des Klägers sei im Übrigen keinem Wettbewerb mit öffentlich-rechtlichen Einrichtungen ausgesetzt, selbst wenn im Sportunterricht vereinzelt auch Kurse in WingTsun angeboten würden.

10

Die Umsätze seien ebenso wenig nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) --nunmehr Art. 132 Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL)-- von der Umsatzsteuer befreit. Die Voraussetzungen für eine Ausbildung, Fortbildung oder berufliche Umschulung im unionsrechtlichen Sinne seien nicht erfüllt.

11

Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

12

Er bringt vor, entgegen der Vorentscheidung handele es sich vorliegend um eine berufsbildende Einrichtung. Über die generelle Geeignetheit zur Berufsvorbereitung habe nicht das FA, sondern --wie hier-- die zuständige Landesbehörde in einem gesonderten Bescheinigungsverfahren zu befinden.

13

Durch die vermittelten Unterrichtsinhalte erlangten die Schüler --von denen einige zum Kampfkunstlehrer ausgebildet worden seien und diesen Beruf auch tatsächlich ausübten-- spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten. Entgegen der Vorentscheidung müssten die vermittelten Unterrichtsinhalte nicht Teil einer gesetzlich geregelten Berufsaus- oder Berufsfortbildung sein. Auch die von der Umsatzsteuer befreiten Ballett- und Musikschulen unterlägen keiner gesetzlich geregelten Berufsausbildung. Auf die Anzahl derer, die sich für eine Ausübung des erlernten Berufs entschieden, komme es nicht an.

14

Das FG habe nicht zutreffend gewürdigt, dass die Unterrichtsinhalte zu den Selbstverteidigungsmechanismen im Sicherheitsgewerbe sowie bei der Polizei und der Bundeswehr im Umgang mit berufsspezifischen Gefahrenlagen unabdingbar seien und er, der Kläger, zudem eigene Schulungen für Spezialeinsatzkräfte anbiete.

15

Der Inhalt des vom FG in Bezug genommenen Werbeflyers spreche hingegen nicht gegen die Ausrichtung und Geeignetheit der vermittelten Unterrichtsinhalte. Es handele sich insoweit um die bloße werbemäßige Angabe von weiteren Aktivitäten oder weiteren Vorteilen. Zudem komme es nicht auf die Ziele der die Einrichtung besuchenden Personen an, sondern auf die Art der erbrachten Leistungen und deren generelle Eignung.

16

Der vom FG gezogene Vergleich mit Fahr- und Jagdschulen sei nicht gerechtfertigt. Diese bereiteten auf eine Prüfung vor, die --anders als hier-- Voraussetzung für die Erteilung einer bloßen Ausübungserlaubnis sei.

17

Im Übrigen würden WingTsun-Kurse auch von öffentlichen Schulen angeboten, so dass er, der Kläger, entgegen dem FG insoweit im Wettbewerb stehe.

18

Die Vorentscheidung verletze zudem Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG.

19

Der Kläger beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

20

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet abzuweisen.

21

Es tritt der Revision des Klägers entgegen und bringt im Wesentlichen vor, die Frage, ob die Einrichtung generell die Eigenschaft einer allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtung habe, sei nicht von der die Bescheinigung erstellenden Landesbehörde, sondern von den Finanzbehörden gesondert zu prüfen und unterliege der vollen Nachprüfung durch die Finanzgerichte.

22

Der vom Kläger vorgelegten Bescheinigung widerspreche der vom FG in Bezug genommene Werbeflyer. Er lasse in keiner Weise eine berufsbildende Einrichtung erkennen oder vermuten.

23

Die Lehrgänge des Klägers bereiteten weder auf einen bestimmten Beruf vor noch seien sie Teil einer gesetzlich geregelten Berufsaus- oder Berufsfortbildung. Auch die vom Kläger für Angehörige der Bundeswehr und Polizei durchgeführten kampfspezifischen Lehrgänge seien nicht Teil einer gesetzlich geregelten Berufsausbildung.

24

Die weitaus überwiegende Zahl der Schüler besuche die Lehrgänge nicht, um sich zum WingTsun-Lehrer ausbilden zu lassen, sondern aus Spaß und Interesse an einer asiatischen Kampfkunst und einer sportlichen Freizeitveranstaltung.

25

Die Kampfkunstschule des Klägers sei darauf ausgerichtet, eine Kampfkunst als Sportart zu verbreiten und als Freizeitgestaltung anzubieten.

26

Eine Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG komme schon deshalb nicht in Betracht, weil es sich bei der vom Kläger betriebenen WingTsun-Schule nicht um eine Einrichtung handele, die spezifische Kenntnisse und Fertigkeiten vermittle, die zur Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten notwendig seien.

Entscheidungsgründe

27

II. Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

28

Die streitigen Umsätze sind steuerfrei, soweit die erbrachten Leistungen der WingTsun-Schule als anerkannte Einrichtung i.S. des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG nicht lediglich den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben und vergleichbare Leistungen in Schulen oder Hochschulen erbracht werden. Die Feststellungen des FG lassen keine Beurteilung zu, ob und in welchem Umfang dies der Fall gewesen ist.

29

1. Die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Schulen waren in der in den Streitjahren noch bis zum 31. März 1999 geltenden Fassung des § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG von der Umsatzsteuer befreit, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigte, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Auch nach der in den Streitjahren ab dem 1. April 1999 geltenden Fassung des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG sind die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen von der Umsatzsteuer befreit, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten.

30

a) Unionsrechtlich beruht § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG --gleiches gilt für die Vorgängervorschrift § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG-- auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG --nunmehr Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL-- (vgl. dazu Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Juni 1999 V R 84/98, BFHE 188, 462, BStBl II 1999, 578, unter II.2.; vom 23. August 2007 V R 4/05, BFHE 217, 327, BFH/NV 2007, 2215, unter II.2.b bb; vom 10. Januar 2008 V R 52/06, BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.1.; vom 24. Januar 2008 V R 3/05, BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.1.).

31

b) Die Mitgliedstaaten befreien nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG die Umsätze von der Steuer, die "die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, den Schul- oder Hochschulunterricht, die Ausbildung, die Fortbildung oder die berufliche Umschulung sowie die damit eng verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung" betreffen.

32

c) Diese Richtlinienbestimmung wurde wie auch andere in Art. 13 der Richtlinie 77/388/EWG aufgeführte Steuerbefreiungen vom nationalen Gesetzgeber bisher lediglich dadurch "umgesetzt", dass er die schon bei Inkrafttreten der Richtlinie 77/388/EWG vorhandenen, teilweise bereits im UStG 1951 enthaltenen Steuerbefreiungstatbestände im Wesentlichen unverändert weitergeführt hat (vgl. dazu BFH-Urteile vom 21. März 2007 V R 28/04, BFHE 217, 59, BStBl II 2010, 999, unter II.2.c aa; in BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.1.; in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.).

33

d) Im Streitfall bedarf es keiner Entscheidung, ob die Steuerfreiheit der streitigen Leistungen aus § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG --gleiches gilt für die Vorgängervorschrift § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG-- folgt und inwieweit eine richtlinienkonforme Auslegung dieser Vorschrift möglich ist, weil sich der Kläger jedenfalls grundsätzlich für die Umsatzsteuerfreiheit der streitigen Leistungen auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG berufen kann (vgl. dazu BFH-Urteile vom 19. Mai 2005 V R 32/03, BFHE 210, 175, BStBl II 2005, 900; vom 18. August 2005 V R 71/03, BFHE 211, 543, BStBl II 2006, 143; in BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.2.; in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.; zu Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG vgl. ferner Senatsurteil vom 2. März 2011 XI R 21/09, BFHE 233, 269, BFH/NV 2011, 1456, Rz 19). In Ermangelung fristgemäß erlassener Umsetzungsmaßnahmen ist die Berufung eines Einzelnen auf Bestimmungen einer Richtlinie, die --wie hier-- inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erscheinen, gegenüber allen nicht richtlinienkonformen innerstaatlichen Vorschriften möglich (vgl. dazu Senatsurteil in BFHE 233, 269, BFH/NV 2011, 1456, Rz 26, m.w.N. zur ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH--).

34

2. Im Streitfall kommt --entgegen der Vorentscheidung-- eine Steuerfreiheit der streitigen Leistungen nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG in Betracht.

35

a) Bei der vom Kläger betriebenen WingTsun-Schule handelt es sich um eine "andere Einrichtung mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung" i.S. des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG.

36

aa) Der Begriff "Einrichtung" erfasst auch private Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht, soweit der Richtliniengesetzgeber --wie hier in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG-- die Inanspruchnahme der betreffenden Befreiungen nicht ausdrücklich vom Fehlen eines Gewinnstrebens abhängig gemacht hat (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.2.b aa; in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.a aa, jeweils m.w.N. zur EuGH-Rechtsprechung).

37

bb) Nach den Feststellungen des FG besitzt der Kläger eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde, wonach die von ihm erbrachten Unterrichtsleistungen der Vorbereitung auf den Beruf des Kampfkunstlehrers WingTsun dienen und Leistungen i.S. des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG darstellen.

38

(1) Eine derartige Bescheinigung genügt grundsätzlich für die Anerkennung als Einrichtung mit vergleichbarer Zielsetzung i.S. des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.2.b bb; in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.a bb).

39

(2) Entgegen dem Vorbringen des FA bindet die Bescheinigung sowohl die Finanzbehörden als auch die Finanzgerichte dahingehend, dass es sich bei der anerkannten Einrichtung um eine solche mit vergleichbarer Zielsetzung handelt. Bei der Entscheidung, die insoweit der zuständigen Landesbehörde übertragen ist, handelt es sich nicht um spezifisch steuerrechtliche Fragen, die hinsichtlich ihrer rechtlichen Beurteilung dem Aufgabenbereich der Finanzbehörden zuzuordnen wären (vgl. dazu z.B. BFH-Urteile vom 24. März 1987 X R 38/81, BFHE 150, 173, BStBl II 1987, 645; vom 19. Januar 1989 V R 176/83, BFHE 156, 286, BStBl II 1989, 308; vom 3. Mai 1989 V R 83/84, BFHE 157, 458, BStBl II 1989, 815, unter II.2.b; ferner vom 18. Dezember 2003 V R 62/02, BFHE 204, 355, BStBl II 2004, 252, unter II.5.).

40

(3) Dem steht nicht entgegen, dass die zuständige Landesbehörde nicht zu entscheiden hat, ob die Voraussetzungen einer allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtung i.S. des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG gegeben sind. Dies ist --worauf das FA zutreffend hinweist-- von den Finanzbehörden gesondert zu prüfen und unterliegt auch der vollen Nachprüfbarkeit durch die Finanzgerichte (vgl. BFH-Urteile in BFHE 157, 458, BStBl II 1989, 815, unter II.2.b --zu § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG 1980--; in BFHE 204, 355, BStBl II 2004, 252, unter II.5.; ferner vom 19. Oktober 2011 XI R 40/09, BFH/NV 2012, 798, Rz 25 --zu § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG--, jeweils m.w.N.).

41

b) Für die streitigen Leistungen kommt in Betracht, dass sie als "Schul- oder Hochschulunterricht" i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG zu beurteilen sind (zur Ballettschule vgl. BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.b). Das FG hat dieses BFH-Urteil, in dem die Rechtsprechung des EuGH aus dem Jahr 2007 umgesetzt wurde, nicht berücksichtigt. Es ging stattdessen unter Hinweis auf die ältere BFH-Rechtsprechung im Urteil in BFHE 204, 355, BStBl II 2004, 252 unzutreffend davon aus, dass allein maßgeblich sei, ob --was hier nicht der Fall sei-- die Voraussetzungen einer beruflichen Ausbildung, beruflichen Fortbildung oder beruflichen Umschulung erfüllt seien.

42

aa) Der Begriff "Schul- und Hochschulunterricht" in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG beschränkt sich nicht auf Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern er schließt andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.2.a aa; in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.b, jeweils m.w.N. zur EuGH-Rechtsprechung).

43

bb) Die Steuerfreiheit der streitigen Leistungen hängt demnach --worauf der Kläger zutreffend hinweist-- nicht davon ab, dass die angebotenen Lehrgänge weder Teil einer gesetzlich geregelten Berufsaus- oder Berufsfortbildung sind, noch auf einen bestimmten Beruf vorbereiten. Auf die Ziele der die Einrichtung besuchenden Personen kommt es für die Steuerbefreiung nicht an. Entscheidend sind vielmehr die Art der erbrachten Leistungen und ihre generelle Eignung als Schul- oder Hochschulunterricht. Deshalb ist es auch ohne Belang, wie hoch der Anteil der Schüler ist, die die Lehrgänge des Klägers tatsächlich im Hinblick auf eine Berufsausbildung oder eine Prüfungsvorbereitung besuchten oder später tatsächlich den Beruf des Kampfkunstlehrers ergriffen haben (zur Ballettschule vgl. BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.c aa, m.w.N.).

44

3. Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Seine Entscheidung war daher aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif.

45

a) Den tatsächlichen Feststellungen des FG lässt sich nicht entnehmen, welche der vom Kläger in seiner Schule angebotenen Unterweisungen den Charakter bloßer Freizeitgestaltung hatten, so dass eine Steuerbefreiung insoweit auch nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG nicht in Betracht kommt. Das FG wird im zweiten Rechtsgang deshalb prüfen müssen, ob und ggf. welche der erbrachten Leistungen der bloßen Freizeitgestaltung gedient haben.

46

Die Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde vom 11. April 2005 kann --über die Anerkennung einer Einrichtung i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG hinaus-- auch Indiz dafür sein, dass die Leistungen, soweit sie dem tatsächlichen Anforderungsprofil der Bescheinigung entsprechen und keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen, nicht den Charakter einer bloßen Freizeitgestaltung haben, was vom FG zutreffend zu würdigen sein wird (zur Ballettschule vgl. BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.c bb). Das FG hat daher Feststellungen dazu zu treffen, ob solche gegenteiligen zur Annahme reiner Freizeitgestaltungen führenden Anhaltspunkte --die sich z.B. aus dem Teilnehmerkreis oder aus der thematischen Zielsetzung eines Lehrgangs ergeben können (vgl. BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.c bb)-- vorliegen.

47

aa) Zu Recht ging die Vorentscheidung allerdings davon aus, dass die in der vom Kläger herausgegebenen und vom FG in Bezug genommenen Werbebroschüre angegebenen Lehrgänge "FrequenChi zur Fettverbrennung" oder "WingTsun als Kampfsport für Kinder" von ihrer thematischen Zielsetzung her auf reine Freizeitgestaltungen schließen lassen, die von der Steuerbefreiung ausgeschlossen sind. Darüber hinaus lassen z.B. auch Lehrgänge für Senioren oder allgemein am Kampfsport interessierte Menschen den Schluss auf Freizeitveranstaltungen zu (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.c bb).

48

bb) Hingegen wird das FG im zweiten Rechtsgang --worauf der Kläger zu Recht hinweist-- berücksichtigen müssen, dass Lehrgänge, die es einem Teilnehmer --wie z.B. Polizisten oder Soldaten-- ermöglichen, die vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten durch Vertiefung und Fortentwicklung beruflich zu nutzen, auch dann unter die Steuerbefreiung fallen, wenn von dieser Möglichkeit nur wenige Teilnehmer Gebrauch machen (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.c bb, unter Hinweis auf Kapitel V Abschn. 1 Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 1777/2005 des Rates vom 17. Oktober 2005 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 77/388/EWG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --nunmehr Kapitel VIII Abschn. 1 Art. 44 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates vom 15. März 2011 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem--).

49

b) Die Annahme eines Schul- oder Hochschulunterrichts setzt ferner voraus, dass --was der Kläger zwar behauptet, wozu jedoch Feststellungen des FG bisher fehlen-- vergleichbare Leistungen in Schulen oder Hochschulen, gleich ob öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich organisiert, erbracht werden (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, Leitsatz 3). Auch diese Feststellungen sind nachzuholen.

50

c) Schließlich wird das FG zu prüfen haben, ob der Kläger seine der Bescheinigung des zuständigen Ministeriums vom 11. April 2005 --die keine zeitliche Beschränkung enthält-- zugrunde gelegte Tätigkeit bereits in den Streitjahren 1999 bis 2003 in derselben Weise ausgeübt hat. Der Senat weist im Übrigen darauf hin, dass es sich bei der Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG um einen Grundlagenbescheid i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO handelt, der Rückwirkung zukommen kann (vgl. dazu BFH-Urteil vom 20. August 2009 V R 25/08, BFHE 226, 479, BStBl II 2010, 15, Leitsätze 1 und 2).

Tenor

1. Der Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für das 2. Kalendervierteljahr 2016 vom 23. Dezember 2016 wird bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung von der Vollziehung ausgesetzt.

2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

I. Streitig ist, ob die Umsätze einer Fahrschule steuerfrei sind.
Die Antragstellerin betreibt in der Rechtsform einer GmbH eine Fahrschule in X. Der Alleingesellschafter der GmbH ist einziger Geschäftsführer und Fahrlehrer der Antragstellerin. Die Ausbildung umfasst die Fahrerlaubnisklassen A (Krafträder) und B (PKW). Der Unterricht wird überwiegend in der Fahrerlaubnisklasse B erteilt. Seit dem 1. Januar 2016 berechnet die Antragstellerin keine Umsatzsteuer mehr.
In ihren vierteljährlichen Umsatzsteuer-Voranmeldungen erklärte die Antragstellerin den Fahrschulunterricht ab Januar 2016 als steuerfreien Umsatz und machte keinen Vorsteuerabzug mehr geltend. Nach Durchführung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung für das 1. und 2. Quartal 2016 (geänderter Bericht vom 6. Dezember 2016, Bl. 49 ff. d. Rechtsbehelfsakte) änderte der Antragsgegner (Finanzamt -FA-) die bisherigen Null-Festsetzungen ab, indem es zuletzt mit Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für das 2. Kalendervierteljahr 2016 vom 23. Dezember 2016 die Fahrschulumsätze als steuerpflichtig behandelte. Von der sich hieraus ergebenden Umsatzsteuer i.H.v. x.xxx,xx EUR zog das FA Vorsteuer i.H.v. x.xxx,xx EUR ab.
Das FA folgte damit der Auffassung des Prüfers, dass der Fahrschulunterricht in den Führerscheinklassen A und B kein steuerbefreiter Unterricht einer allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtung nach § 4 Nr. 21 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) sei. Die Antragstellerin könne sich für die Steuerfreiheit ihrer Umsätze auch nicht auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL, Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 347/1) berufen. Die Ausbildung für einen Motorrad- oder Pkw-Führerschein sei kein Schul- oder Hochschulunterricht, der dem Erwerb oder Erhaltung spezifischer beruflicher Kenntnisse diene, sondern sei dem Bereich der privaten Lebensführung zuzurechnen. Die Antragstellerin sei auch kein „Privatlehrer“ i.S.v. Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL.
Die Antragstellerin hat gegen die geänderte Umsatzsteuerfestsetzung Einspruch eingelegt und die Aussetzung der Vollziehung (AdV) beantragt. Über den Einspruch ist noch nicht entschieden. Den Antrag auf AdV lehnte das FA telefonisch am 25. November 2016 und schriftlich am 6. Dezember 2016 ab.
Die Antragstellerin hat am 27. November 2016 die gerichtliche AdV beantragt. Die Umsatzbesteuerung des Fahrschulunterrichts sei ernstlich zweifelhaft. Zu dieser Frage seien divergierende Entscheidungen von Finanzgerichten ergangen. Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg habe mit Beschluss vom 10. November 2015 (5 V 5144/15, EFG 2016, 320) die AdV gewährt. Gegen ein die Steuerfreiheit des Fahrschulunterrichts verneinendes Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 1. April 2016 (11 K 10284/15, EFG 2016, 1481) sei Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt worden (V R 38/16).
Das FA hält an seiner Rechtsauffassung fest.

Entscheidungsgründe

 
II. 1. Der Aussetzungsantrag ist zulässig.
Nach § 69 Abs. 4 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung an das Gericht nur zulässig, wenn das Finanzamt einen bei ihm gestellten Aussetzungsantrag abgelehnt hat. Der beim Finanzamt gestellte Aussetzungsantrag muss abgelehnt worden sein, bevor ein solcher Antrag bei Gericht gestellt werden kann (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 12. Mai 2000 VI B 266/98, BFHE 192, 1, BStBl II 2000, 536, und vom 16. Dezember 2003 IX B 203/02, BFH/NV 2004, 650). Die Ablehnung eines Antrags auf AdV durch das FA als Zugangsvoraussetzung kann auch mündlich erfolgen (BFH-Beschluss vom 19. November 1990 III S 6/90, BFH/NV 1991, 459). Das FA hat bestätigt, dass es den Aussetzungsantrag am 25. November 2016 und damit vor der Antragstellung beim Finanzgericht abgelehnt hat.
10 
2. Der Aussetzungsantrag ist begründet.
11 
Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Sätze 2 bis 6 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen. Die Vollziehung soll ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen (§ 69 Abs. 2 Satz 2 FGO). Das ist der Fall, wenn bei summarischer Prüfung des Verwaltungsakts gewichtige Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (vgl. z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 11. Juni 2003 IX B 16/03, BFHE 202, 53, BStBl II 2003, 663, m.w.N.). Dabei brauchen die für die Unrechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes sprechenden Bedenken nicht zu überwiegen (BFH-Beschluss vom 28. November 1974 V B 44/74, BStBI. II 1975, 240). Ist die Sach- und Rechtslage nicht eindeutig, so ist im summarischen Verfahren nicht abschließend zu entscheiden, sondern zumindest im Regelfall die Vollziehung auszusetzen (BFH-Beschluss vom 3. Februar 2005 I B 208/04, BStBl II 2005, 351).
12 
3. Nach diesem Maßstab ist im vorliegenden Fall AdV zu gewähren. Es ist ernstlich zweifelhaft, ob der Fahrschulunterricht der Antragstellerin steuerbefreit ist. Die Steuerfreiheit ergibt sich zwar nicht aus § 4 Nr. 21 UStG. Die Antragstellerin könnte sich aber auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSysRL berufen.
13 
a) Die Fahrschulumsätze der Antragstellerin für die Fahrerlaubnisklassen A und B sind nicht nach § 4 Nr. 21 UStG steuerfrei.
14 
Danach sind von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fallenden Umsätzen steuerfrei:
15 
a)    
die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen,
        
aa)     
wenn sie als Ersatzschulen gemäß Artikel 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind oder
        
bb)     
wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten,
b)    
die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer
        
aa)     
an Hochschulen im Sinne der §§ 1 und 70 des Hochschulrahmengesetzes und öffentlichen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schulen oder
        
bb)     
an privaten Schulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen, soweit diese die Voraussetzungen des Buchstabens a erfüllen.
16 
aa) Die Antragstellerin ist keine private Schule oder eine andere allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtungen im Sinne des § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG. Schul- und Bildungsleistungen sind nur befreit, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Es ist zwar davon auszugehen, dass die Antragstellerin über die für den Betrieb einer Fahrschule notwendige Fahrschulerlaubnis und ihr Geschäftsführer über eine Fahrlehrerlaubnis verfügt (vgl. §§ 1 ff. und 10 ff. des Gesetzes über das Fahrlehrerwesen, Fahrlehrergesetz -FahrlG-). Aber selbst wenn mit der behördlich erteilten Fahrschulerlaubnis die ordnungsgemäße Vorbereitung zur Führerscheinprüfung - im Sinne einer vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung - durch die Antragstellerin dokumentiert wäre, würde es am Tatbestandsmerkmal einer privaten Schule oder anderen allgemeinbildenden oder berufsbildender Einrichtung fehlen. Fahrschulen sind keine Privatschulen i.S. des § 7 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG). Ihnen fehlt nach einem Urteil des BFH vom 14. März 1974 (V R 54/73, BStBl. II 1974, 527 zur insoweit inhaltsgleichen Vorgängerregelung in § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG 1967) auch die Eigenschaft einer allgemein- oder berufsbildenden Einrichtung. Dieser Auffassung hat sich die Finanzverwaltung angeschlossen, soweit es sich um Fahrschulunterricht für einen Motorrad- oder PKW-Führerschein handelt (vgl. Abschn. 4.21.2. Abs. 6 des Umsatzsteueranwendungserlasses 2015/16).
17 
bb) Die Antragstellerin ist auch nicht als selbstständiger Lehrer an einer privaten Schule oder anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtung im Sinne von § 4 Nr. 21 Buchst. b Doppelbuchstabe bb UStG tätig. Sie erbringt ihre Unterrichts- und Schulungsleistungen unmittelbar gegenüber ihren Schülern und nicht gegenüber den in dieser Vorschrift genannten Einrichtungen.
18 
b) Weil eine entsprechende Steuerbefreiung im deutschen Umsatzsteuerrecht fehlt, könnte sich die Antragstellerin unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSysRL berufen (vgl. BFH-Urteil vom 21. März 2007 V R 28/04, BStBl II 2010, 999). Auf die Frage, ob eine richtlinienkonforme Auslegung des § 4 Nr. 21 UStG zu einem über die bisherige Interpretation hinausgehenden Verständnis dieser Befreiungsvorschrift führen müsste, kommt es daher nicht an.
19 
aa) Ebenso wie die Vorgängervorschrift in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) befreit Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSysRL "den von Privatlehrern erteilten Schul- und Hochschulunterricht".
20 
Unter Berücksichtigung der teilweise voneinander abweichenden Sprachfassungen dieser Bestimmungen hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die Befreiungsvorschrift weit ausgelegt. Bei der Auslegung der Tatbestandsmerkmale der Steuerbefreiungen sei zwar zu berücksichtigen, dass die Begriffe, mit denen die Steuerbefreiungen nach Art. 13 der Richtlinie 77/388/EWG umschrieben sind, eng auszulegen sind, weil Steuerbefreiungen Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Mehrwertsteuer unterliegt (EuGH-Urteil vom 19. April 2007 C-455/05, Velvet & Steel, UR 2007, 379). Eine besonders enge Auslegung des Begriffs "Schul- und Hochschulunterricht" würde aber die Gefahr einer unterschiedlichen Anwendung des Mehrwertsteuerrechts in den Mitgliedstaaten hervorrufen (EuGH-Urteile vom 14. Juni 2007 C-445/05, Haderer, Slg. 2007, I-4841 und vom 28. Januar 2010 C-473/08, Eulitz, Slg. 2010, I-907).
21 
Der Begriff "Schul- und Hochschulunterricht" beschränkt sich daher nicht auf Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern er schließt andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (EuGH-Urteil vom 14. Juni 2007 C-445/05, Haderer, Slg. 2007, I-4841). Die Steuerfreiheit der streitigen Fahrschulleistungen hängt demnach nicht davon ab, dass die angebotenen Kurse Teil einer gesetzlich geregelten Berufsausbildung oder Berufsfortbildung sind oder auf einen bestimmten Beruf vorbereiten. Auf die Ziele der die Einrichtung besuchenden Personen kommt es für die Steuerbefreiung nicht an. Entscheidend sind vielmehr die Art der erbrachten Leistungen und ihre generelle Eignung als Schul- oder Hochschulunterricht (vgl. BFH-Urteile vom 27. September 2007 V R 75/03, BFHE 219, 250, BStBl II 2008, 323 „Haderer“; vom 10. Januar 2008 V R 52/06, BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725 „Sofortmaßnahmen am Unfallort“; vom 24. Januar 2008 V R 3/05, BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267 „Ballettschule“; BFH-Beschluss vom 10. Juli 2012 V B 33/12, BFH/NV 2012, 1676 „Fahrsicherheitstraining“; BFH-Urteile vom 28. Mai 2013 XI R 35/11, BFHE 242, 250, BStBl II 2013, 879 „Kampfsportschule“ und vom 5. Juni 2014 V R 19/13, BFHE 245, 433, BFH/NV 2014, 1687 „Schwimmunterricht“).
22 
Der EuGH hat ferner entschieden, Schul- oder Hochschulunterricht werde „von Privatlehrern erteilt“, wenn die Lehrer dabei für eigene Rechnung und in eigener Verantwortung handeln (EuGH-Urteile vom 14. Juni 2007 C-445/05, Haderer, Slg. 2007, I-4841 und vom 28. Januar 2010 C-473/08, Eulitz, Slg. 2010, I-907, jeweils zu Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG).
23 
bb) Nach diesen Maßstäben ist es bei summarischer Prüfung möglich, dass die Antragstellerin die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSysRL erfüllt.
24 
Die Antragstellerin erbringt ihre Fahrschulleistungen auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung. Sie könnte daher ein Privatlehrer sein, der seinen Schülern die für das Führen eines Kraftrads oder PKW notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt, die nicht Bestandteil einer Berufsausbildung sein müssen. Der Erwerb eines Führerscheins - jedenfalls in der Fahrerlaubnisklasse B - ist auch nicht zweifelsfrei als bloße Freizeitgestaltung anzusehen. Unabhängig von dem für viele Berufe notwendigen Besitz eines PKW-Führerscheines gehört nach § 1 Abs. 2 der Fahrschüler-Ausbildungsordnung (BGBl I 2012, 1318) zu den Zielen der Fahrausbildung neben den verkehrstechnischen Fähigkeiten auch das Wissen über die Auswirkungen von Fahrfehlern und eine realistische Selbsteinschätzung, Bereitschaft und Fähigkeit zum rücksichtsvollen und partnerschaftlichen Verhalten und das Bewusstsein für die Bedeutung von Emotionen beim Fahren sowie Verantwortung für Leben und Gesundheit, Umwelt und Eigentum. Das sind Fähigkeiten, die über die bloße Beherrschung von Fahrzeug und Verkehrsregeln deutlich hinausgehen (Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. November 2015 5 V 5144/15, EFG 2016, 320). Dass kann ein Gemeinwohlinteresse begründen, wie es für den Schwimmunterricht vom BFH für die Steuerbefreiung als möglicherweise ausreichend angesehen wurde (BFH-Urteil vom 5. Juni 2014 V R 19/13, BFHE 245, 433, BFH/NV 2014, 1687).
25 
Demgegenüber hat es das Niedersächsische Finanzgericht als entscheidend angesehen, dass - anders als in den Entscheidungen des BFH zu Kursen für „Sofortmaßnahmen am Unfallort“ und „Fahrsicherheitstraining“ - der praktische Unterricht der Fahrschulen, also die sogenannten Fahrstunden, nach der Empfehlung zur Verkehrserziehung in der Schule weder erforderlicher noch wünschenswerter Bestandteil des Schul- oder Hochschulunterrichts seien (Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 1. April 2016 11 K 10284/15, EFG 2016, 1481 unter Hinweis auf einen Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 7. Juli 1972 in der Fassung des Beschlusses vom 17. Juni 1994). Die Beantwortung der Frage, ob es für die Auslegung des Begriffs "Schul- und Hochschulunterricht" vor dem Hintergrund einer zu vermeidenden unterschiedlichen Anwendung des Mehrwertsteuerrechts in den Mitgliedstaaten auf eine sich stetig wandelnde Bewertung von Unterrichts- und Bildungsinhalten durch innerstaatliche Institutionen ankommen kann, bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.
26 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Gründe

 
II. 1. Der Aussetzungsantrag ist zulässig.
Nach § 69 Abs. 4 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung an das Gericht nur zulässig, wenn das Finanzamt einen bei ihm gestellten Aussetzungsantrag abgelehnt hat. Der beim Finanzamt gestellte Aussetzungsantrag muss abgelehnt worden sein, bevor ein solcher Antrag bei Gericht gestellt werden kann (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 12. Mai 2000 VI B 266/98, BFHE 192, 1, BStBl II 2000, 536, und vom 16. Dezember 2003 IX B 203/02, BFH/NV 2004, 650). Die Ablehnung eines Antrags auf AdV durch das FA als Zugangsvoraussetzung kann auch mündlich erfolgen (BFH-Beschluss vom 19. November 1990 III S 6/90, BFH/NV 1991, 459). Das FA hat bestätigt, dass es den Aussetzungsantrag am 25. November 2016 und damit vor der Antragstellung beim Finanzgericht abgelehnt hat.
10 
2. Der Aussetzungsantrag ist begründet.
11 
Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Sätze 2 bis 6 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen. Die Vollziehung soll ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen (§ 69 Abs. 2 Satz 2 FGO). Das ist der Fall, wenn bei summarischer Prüfung des Verwaltungsakts gewichtige Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (vgl. z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 11. Juni 2003 IX B 16/03, BFHE 202, 53, BStBl II 2003, 663, m.w.N.). Dabei brauchen die für die Unrechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes sprechenden Bedenken nicht zu überwiegen (BFH-Beschluss vom 28. November 1974 V B 44/74, BStBI. II 1975, 240). Ist die Sach- und Rechtslage nicht eindeutig, so ist im summarischen Verfahren nicht abschließend zu entscheiden, sondern zumindest im Regelfall die Vollziehung auszusetzen (BFH-Beschluss vom 3. Februar 2005 I B 208/04, BStBl II 2005, 351).
12 
3. Nach diesem Maßstab ist im vorliegenden Fall AdV zu gewähren. Es ist ernstlich zweifelhaft, ob der Fahrschulunterricht der Antragstellerin steuerbefreit ist. Die Steuerfreiheit ergibt sich zwar nicht aus § 4 Nr. 21 UStG. Die Antragstellerin könnte sich aber auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSysRL berufen.
13 
a) Die Fahrschulumsätze der Antragstellerin für die Fahrerlaubnisklassen A und B sind nicht nach § 4 Nr. 21 UStG steuerfrei.
14 
Danach sind von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fallenden Umsätzen steuerfrei:
15 
a)    
die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen,
        
aa)     
wenn sie als Ersatzschulen gemäß Artikel 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind oder
        
bb)     
wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten,
b)    
die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer
        
aa)     
an Hochschulen im Sinne der §§ 1 und 70 des Hochschulrahmengesetzes und öffentlichen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schulen oder
        
bb)     
an privaten Schulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen, soweit diese die Voraussetzungen des Buchstabens a erfüllen.
16 
aa) Die Antragstellerin ist keine private Schule oder eine andere allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtungen im Sinne des § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG. Schul- und Bildungsleistungen sind nur befreit, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Es ist zwar davon auszugehen, dass die Antragstellerin über die für den Betrieb einer Fahrschule notwendige Fahrschulerlaubnis und ihr Geschäftsführer über eine Fahrlehrerlaubnis verfügt (vgl. §§ 1 ff. und 10 ff. des Gesetzes über das Fahrlehrerwesen, Fahrlehrergesetz -FahrlG-). Aber selbst wenn mit der behördlich erteilten Fahrschulerlaubnis die ordnungsgemäße Vorbereitung zur Führerscheinprüfung - im Sinne einer vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung - durch die Antragstellerin dokumentiert wäre, würde es am Tatbestandsmerkmal einer privaten Schule oder anderen allgemeinbildenden oder berufsbildender Einrichtung fehlen. Fahrschulen sind keine Privatschulen i.S. des § 7 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG). Ihnen fehlt nach einem Urteil des BFH vom 14. März 1974 (V R 54/73, BStBl. II 1974, 527 zur insoweit inhaltsgleichen Vorgängerregelung in § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG 1967) auch die Eigenschaft einer allgemein- oder berufsbildenden Einrichtung. Dieser Auffassung hat sich die Finanzverwaltung angeschlossen, soweit es sich um Fahrschulunterricht für einen Motorrad- oder PKW-Führerschein handelt (vgl. Abschn. 4.21.2. Abs. 6 des Umsatzsteueranwendungserlasses 2015/16).
17 
bb) Die Antragstellerin ist auch nicht als selbstständiger Lehrer an einer privaten Schule oder anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtung im Sinne von § 4 Nr. 21 Buchst. b Doppelbuchstabe bb UStG tätig. Sie erbringt ihre Unterrichts- und Schulungsleistungen unmittelbar gegenüber ihren Schülern und nicht gegenüber den in dieser Vorschrift genannten Einrichtungen.
18 
b) Weil eine entsprechende Steuerbefreiung im deutschen Umsatzsteuerrecht fehlt, könnte sich die Antragstellerin unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSysRL berufen (vgl. BFH-Urteil vom 21. März 2007 V R 28/04, BStBl II 2010, 999). Auf die Frage, ob eine richtlinienkonforme Auslegung des § 4 Nr. 21 UStG zu einem über die bisherige Interpretation hinausgehenden Verständnis dieser Befreiungsvorschrift führen müsste, kommt es daher nicht an.
19 
aa) Ebenso wie die Vorgängervorschrift in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) befreit Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSysRL "den von Privatlehrern erteilten Schul- und Hochschulunterricht".
20 
Unter Berücksichtigung der teilweise voneinander abweichenden Sprachfassungen dieser Bestimmungen hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die Befreiungsvorschrift weit ausgelegt. Bei der Auslegung der Tatbestandsmerkmale der Steuerbefreiungen sei zwar zu berücksichtigen, dass die Begriffe, mit denen die Steuerbefreiungen nach Art. 13 der Richtlinie 77/388/EWG umschrieben sind, eng auszulegen sind, weil Steuerbefreiungen Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Mehrwertsteuer unterliegt (EuGH-Urteil vom 19. April 2007 C-455/05, Velvet & Steel, UR 2007, 379). Eine besonders enge Auslegung des Begriffs "Schul- und Hochschulunterricht" würde aber die Gefahr einer unterschiedlichen Anwendung des Mehrwertsteuerrechts in den Mitgliedstaaten hervorrufen (EuGH-Urteile vom 14. Juni 2007 C-445/05, Haderer, Slg. 2007, I-4841 und vom 28. Januar 2010 C-473/08, Eulitz, Slg. 2010, I-907).
21 
Der Begriff "Schul- und Hochschulunterricht" beschränkt sich daher nicht auf Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern er schließt andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (EuGH-Urteil vom 14. Juni 2007 C-445/05, Haderer, Slg. 2007, I-4841). Die Steuerfreiheit der streitigen Fahrschulleistungen hängt demnach nicht davon ab, dass die angebotenen Kurse Teil einer gesetzlich geregelten Berufsausbildung oder Berufsfortbildung sind oder auf einen bestimmten Beruf vorbereiten. Auf die Ziele der die Einrichtung besuchenden Personen kommt es für die Steuerbefreiung nicht an. Entscheidend sind vielmehr die Art der erbrachten Leistungen und ihre generelle Eignung als Schul- oder Hochschulunterricht (vgl. BFH-Urteile vom 27. September 2007 V R 75/03, BFHE 219, 250, BStBl II 2008, 323 „Haderer“; vom 10. Januar 2008 V R 52/06, BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725 „Sofortmaßnahmen am Unfallort“; vom 24. Januar 2008 V R 3/05, BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267 „Ballettschule“; BFH-Beschluss vom 10. Juli 2012 V B 33/12, BFH/NV 2012, 1676 „Fahrsicherheitstraining“; BFH-Urteile vom 28. Mai 2013 XI R 35/11, BFHE 242, 250, BStBl II 2013, 879 „Kampfsportschule“ und vom 5. Juni 2014 V R 19/13, BFHE 245, 433, BFH/NV 2014, 1687 „Schwimmunterricht“).
22 
Der EuGH hat ferner entschieden, Schul- oder Hochschulunterricht werde „von Privatlehrern erteilt“, wenn die Lehrer dabei für eigene Rechnung und in eigener Verantwortung handeln (EuGH-Urteile vom 14. Juni 2007 C-445/05, Haderer, Slg. 2007, I-4841 und vom 28. Januar 2010 C-473/08, Eulitz, Slg. 2010, I-907, jeweils zu Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG).
23 
bb) Nach diesen Maßstäben ist es bei summarischer Prüfung möglich, dass die Antragstellerin die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSysRL erfüllt.
24 
Die Antragstellerin erbringt ihre Fahrschulleistungen auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung. Sie könnte daher ein Privatlehrer sein, der seinen Schülern die für das Führen eines Kraftrads oder PKW notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt, die nicht Bestandteil einer Berufsausbildung sein müssen. Der Erwerb eines Führerscheins - jedenfalls in der Fahrerlaubnisklasse B - ist auch nicht zweifelsfrei als bloße Freizeitgestaltung anzusehen. Unabhängig von dem für viele Berufe notwendigen Besitz eines PKW-Führerscheines gehört nach § 1 Abs. 2 der Fahrschüler-Ausbildungsordnung (BGBl I 2012, 1318) zu den Zielen der Fahrausbildung neben den verkehrstechnischen Fähigkeiten auch das Wissen über die Auswirkungen von Fahrfehlern und eine realistische Selbsteinschätzung, Bereitschaft und Fähigkeit zum rücksichtsvollen und partnerschaftlichen Verhalten und das Bewusstsein für die Bedeutung von Emotionen beim Fahren sowie Verantwortung für Leben und Gesundheit, Umwelt und Eigentum. Das sind Fähigkeiten, die über die bloße Beherrschung von Fahrzeug und Verkehrsregeln deutlich hinausgehen (Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. November 2015 5 V 5144/15, EFG 2016, 320). Dass kann ein Gemeinwohlinteresse begründen, wie es für den Schwimmunterricht vom BFH für die Steuerbefreiung als möglicherweise ausreichend angesehen wurde (BFH-Urteil vom 5. Juni 2014 V R 19/13, BFHE 245, 433, BFH/NV 2014, 1687).
25 
Demgegenüber hat es das Niedersächsische Finanzgericht als entscheidend angesehen, dass - anders als in den Entscheidungen des BFH zu Kursen für „Sofortmaßnahmen am Unfallort“ und „Fahrsicherheitstraining“ - der praktische Unterricht der Fahrschulen, also die sogenannten Fahrstunden, nach der Empfehlung zur Verkehrserziehung in der Schule weder erforderlicher noch wünschenswerter Bestandteil des Schul- oder Hochschulunterrichts seien (Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 1. April 2016 11 K 10284/15, EFG 2016, 1481 unter Hinweis auf einen Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 7. Juli 1972 in der Fassung des Beschlusses vom 17. Juni 1994). Die Beantwortung der Frage, ob es für die Auslegung des Begriffs "Schul- und Hochschulunterricht" vor dem Hintergrund einer zu vermeidenden unterschiedlichen Anwendung des Mehrwertsteuerrechts in den Mitgliedstaaten auf eine sich stetig wandelnde Bewertung von Unterrichts- und Bildungsinhalten durch innerstaatliche Institutionen ankommen kann, bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.
26 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Tatbestand

1

Die Klägerin führte an öffentlichen Schulen Testverfahren durch, um berufsübergreifend einsetzbare Kompetenzen und Neigungen der Schüler festzustellen. Diese sogenannten Potenzialchecks sind Teil der an öffentlichen Schulen in Nordrhein-Westfalen auch im Rahmen des Unterrichts stattfindenden Maßnahmen der beruflichen Orientierung, mit denen die Schüler in der Phase des Übergangs von der Schule in den Beruf zu einer fundierten Berufswahl befähigt werden sollen.

2

Der Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer - für die Befreiung von der Umsatzsteuer notwendigen - Bescheinigung hinsichtlich der ordnungsgemäßen Durchführung der Potenzialchecks ab. Das Verwaltungsgericht hat die auf Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung der beantragten Bescheinigung gerichtete Klage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Klägerin mit im Wesentlichen folgender Begründung zurückgewiesen: Voraussetzung für die Erteilung einer Bescheinigung sei nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG u.a., dass die Leistungen der privaten Einrichtung "auf einen Beruf vorbereiten". Von "Berufsvorbereitung" könne nur bei Leistungen gesprochen werden, die der Vermittlung spezieller, für die Ausübung bestimmter Berufe notwendiger Kenntnisse und Fertigkeiten dienten. Bei den von der Klägerin durchgeführten Potenzialchecks handle es sich hingegen um Hilfen zur - der "Berufsvorbereitung" zeitlich vorgelagerten - Berufswahl. Der Zweck des § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG gebiete ebenfalls keine Ausweitung der steuerlichen Begünstigung auf die Berufswahlvorbereitung. Mit der Steuerbefreiung solle neben der Förderung der schulischen und beruflichen Aus- und Fortbildung die steuerliche Gleichbehandlung der privaten und der nach § 2 Abs. 3 UStG nicht der Umsatzsteuer unterliegenden öffentlichen Schulen herbeigeführt werden. Dieser Zweck greife hier nicht, weil Hilfen zur beruflichen Orientierung nicht zum "klassischen" Bestandteil der Schulausbildung gehörten, sondern von den Schulen in Kooperation mit anderen Trägern erbracht würden. Gegen eine erweiternde Auslegung spreche außerdem die Zweistufigkeit des Verfahrens, nämlich die Entscheidung der zuständigen Landesbehörde über die vorliegend in Rede stehende Erteilung der Bescheinigung einer ordnungsgemäßen Aus- und Fortbildung auf der ersten Stufe und die nachfolgende, der Finanzverwaltung obliegende Entscheidung über die Umsatzsteuerbefreiung selbst auf der zweiten Stufe. Mit dieser Zweistufigkeit solle das spezifische Fachwissen der zuständigen Landesbehörde nutzbar gemacht werden, die im Unterschied zur Finanzverwaltung über die für eine Beurteilung der "Ordnungsgemäßheit" der Aus- und Fortbildung notwendigen Informationen und Kenntnisse verfüge. Diese Verfahrensgestaltung sei nur sinnvoll, soweit für einen bestimmten Beruf ein Ausbildungskanon vorhanden sei, mit dem die von der privaten Einrichtung erbrachte Leistung verglichen werden könne. Daran fehle es bei Maßnahmen, die lediglich der Vorbereitung der Berufswahl dienten. Auch Unionsrecht zwinge nicht zur Erteilung der begehrten Bescheinigung. Dabei könne offenbleiben, ob Maßnahmen privater Einrichtungen zur Vorbereitung der Berufswahl als solche oder als eng mit dem Schulunterricht verbundene Dienstleistungen nach der Mehrwertsteuersystemrichtlinie von der Umsatzsteuer befreit werden müssten. Denn eine diesem unionsrechtlichen Anspruch Rechnung tragende richtlinienkonforme Auslegung des § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG komme nicht in Betracht, weil sie weder mit dem Wortlaut der Vorschrift ("Berufsvorbereitung") noch mit Sinn und Zweck der Verfahrensstufung vereinbar wäre.

3

Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Revision vor: Die Begrenzung des Bescheinigungsverfahrens auf die schulische Wissensvermittlung werde der heutigen Schulpraxis nicht gerecht. Die Heranführung der Schüler an den Beruf durch Maßnahmen der Berufsorientierung gehöre mittlerweile zum Schulalltag. Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts stünden weder Wortlaut noch Sinn und Zweck des § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG einer Anwendung des Bescheinigungsverfahrens auf solche Maßnahmen entgegen, die ein notwendiges Bindeglied zwischen Schulausbildung und anschließender Berufsausbildung darstellten. Eine entsprechende erweiternde Auslegung sei unionsrechtlich geboten, um dem nach der Mehrwertsteuersystemrichtlinie gegebenen Anspruch auf Befreiung von Maßnahmen zur beruflichen Orientierung von Schülern von der Umsatzsteuer zur Durchsetzung zu verhelfen.

4

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 5. Oktober 2011 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 12. Januar 2010 zu ändern, den Bescheid der Bezirksregierung Köln vom 3. Juni 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin zu bescheinigen, dass ihre im Antrag vom 2. Februar 2009 bezeichneten Maßnahmen auf einen Beruf ordnungsgemäß vorbereiten,

hilfsweise,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.

5

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und stellt den Antrag,

die Revision zurückzuweisen.

6

Der Vertreter des Bundesinteresses stellt keinen Antrag.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

8

Gemäß § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG sind steuerfrei die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, für die der beruflichen Orientierung der Schüler bzw. deren Vorbereitung auf die Berufswahl dienenden Leistungen der Klägerin könne eine Bescheinigung nicht erteilt werden. Dem Tatbestandsmerkmal "Vorbereitung auf einen Beruf" unterfielen nur solche Leistungen privater Einrichtungen, die einen Bezug zu einem bestimmten Beruf aufweisen. Das trifft nicht zu. Vielmehr ist § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG nach Sinn und Zweck der Vorschrift (1.) und unter Berücksichtigung des unionsrechtlichen Effektivitätsprinzips (2.) erweiternd dahin auszulegen, dass auch Leistungen privater Einrichtungen erfasst sind, die der "beruflichen Orientierung" bzw. der "Vorbereitung auf die Wahl eines Berufs" dienen (Änderung der bisherigen Rechtsprechung, vgl. Urteil vom 3. Dezember 1976 - BVerwG 7 C 73.75 - Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 1 S. 3).

9

1. Die Befreiung der schulischen und beruflichen Ausbildung durch Privatschulen und andere vergleichbare Bildungseinrichtungen von der Umsatzsteuer nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) UStG bezweckt - neben der Förderung solcher Leistungen - deren steuerliche Gleichbehandlung mit den nach § 2 Abs. 3 UStG nicht der Umsatzsteuer unterliegenden öffentlich-rechtlichen Ausbildungsträgern (vgl. BFH, Urteil vom 18. Dezember 2003 - V R 62/02 - BFHE 204, 355 <359> m.w.N.; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 4. Mai 2006 - BVerwG 10 C 10.05 - Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 2 Rn. 17 und Beschluss vom 31. Juli 2008 - BVerwG 9 B 80.07 - Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 5 Rn. 9 zu § 4 Nr. 20 Buchst. a) UStG). Dieses Ziel umsatzsteuerlicher Gleichbehandlung der in gleicher Weise von öffentlich-rechtlichen und von privaten Ausbildungsträgern erbrachten Leistungen wird verfehlt, wenn die Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG nur für Leistungen erteilt wird, die der Vorbereitung auf einen bestimmten Beruf dienen. Die öffentlich-rechtlichen Einrichtungen nehmen jedenfalls in der Phase des Übergangs der Schüler von der Schule in den Beruf mittlerweile Aufgaben wahr, die über den "klassischen" Schulunterricht hinausgehen. Nach § 5 Abs. 2 SchulG NRW sollen die Schulen in gemeinsamer Verantwortung mit den dort bezeichneten Trägern Hilfen zur beruflichen Orientierung geben. Die berufliche Orientierung von Schülern gehört zu den Aufgaben der Schule (vgl. LTDrucks 14/1572 S. 79). Die Veranstaltungen der Berufsorientierung in der Schule sind demgemäß Bestandteil des Schulunterrichts; die Schule ermöglicht die Durchführung von Gruppenveranstaltungen, individuellen Beratungsgesprächen sowie Eignungsuntersuchungen auch während der Unterrichtszeit im Einvernehmen mit der Schule (Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom 6. November 2007 - ABl. NRW. 12/07). Damit stellt die Aufgabe der beruflichen Orientierung der Schüler ein Bindeglied zwischen "klassischer" Schulausbildung und anschließender Berufsausbildung dar. Die von der Klägerin durchgeführten Potenzialchecks mit anschließender individueller Beratung decken einen Teil dieses den Schulen zugewachsenen Aufgabenbereichs ab. Das Testverfahren ist in Nordrhein-Westfalen an private Einrichtungen ausgelagert, es wird nach den unbestrittenen Angaben des Vertreters des Bundesministeriums für Bildung und Forschung in der mündlichen Verhandlung in anderen Bundesländern durch entsprechend geschulte Lehrer an den öffentlichen Schulen selbst wahrgenommen.

10

Aufgrund dieser Erweiterung des Bildungsauftrags der Schulen ist es gerechtfertigt und mit Blick auf die vom Gesetzgeber bezweckte steuerrechtliche Gleichbehandlung von allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen in öffentlich-rechtlicher und privater Trägerschaft geboten, das Merkmal "Vorbereitung auf einen Beruf" in § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG erweiternd auszulegen. Nicht nur die Vermittlung spezieller Kenntnisse und Fertigkeiten, die zur Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten notwendig sind, sondern auch die Vorbereitung auf einen Beruf schlechthin ist als steuerrechtlich begünstigte Berufsvorbereitung zu verstehen (Änderung der bisherigen Rechtsprechung, vgl. Urteil vom 3. Dezember 1976 a.a.O.) Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass es sich bei der Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG um einen für das weitere Verfahren verbindlichen Grundlagenbescheid i.S.d. § 171 Abs. 10 AO handelt (vgl. BFH, Urteil vom 20. August 2009 - V R 25/08 - BFHE 226, 479 <484 f.>). Lehnt die zuständige Landesbehörde die Erteilung der Bescheinigung für bestimmte Leistungen einer privaten Einrichtung ab, ist die Finanzverwaltung auch dann gehindert, diese Leistungen als umsatzsteuerfrei zu behandeln, wenn sie in gleicher Weise von öffentlich-rechtlichen, der Umsatzsteuer nicht unterliegenden Bildungsträgern erbracht werden (vgl. BFH, Urteil vom 23. August 2007 - V R 4/05 - BFHE 217, 327 <330 f.>; BVerwG, Urteil vom 4. Mai 2006 a.a.O. Rn. 21 zur Bescheinigung nach § 4 Nr. 20 Buchst. a) UStG).

11

Die jeder Auslegung gesetzte Wortlautgrenze steht der Erteilung einer Bescheinigung für Leistungen zur Vorbereitung der Berufswahl nicht entgegen. Denn unter "Vorbereitung auf einen Beruf" i.S.d. § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG kann nach dem Wortsinn auch die Vorbereitung "auf irgendeinen Beruf" oder "auf das Berufsleben" verstanden werden (vgl. bereits VG Aachen, Urteil vom 22. Oktober 2010 - 7 K 1519/09 - juris Rn. 43 ff.). Auch der verfahrensrechtliche Zweck der Vorschrift, auf einer ersten, der Steuerbefreiung durch die Finanzverwaltung vorgelagerten Stufe das spezifische Fachwissen der zuständigen Landesbehörde über die ordnungsgemäße schulische und berufliche Ausbildung zu nutzen, erfordert nicht, den Anwendungsbereich des Bescheinigungsverfahrens auf Leistungen zur Vorbereitung auf einen bestimmten Beruf zu beschränken. Die Verfahrensstufung ist nicht nur dann sinnvoll, wenn es um die fachkundige Beurteilung geht, ob die Leistungen der privaten Einrichtung gemessen an einem bestimmten Ausbildungskanon oder einer bestimmten Prüfungsordnung öffentlich-rechtlicher Träger "ordnungsgemäß" sind, wie das Oberverwaltungsgericht meint. Vielmehr sind auch für die Beantwortung der Frage, ob die hier in Rede stehenden Maßnahmen der Berufsorientierung ebenso wie die die Maßnahmen anbietende (private) Einrichtung und das von ihr eingesetzte Personal die erforderliche Eignung aufweisen, um die Ziele der im Bereich der schulischen bzw. beruflichen Ausbildung tätigen öffentlich-rechtlichen Träger in vergleichbarer Weise zu erfüllen, spezifische Kenntnisse über deren Unterrichtsinhalte und deren Praxis hilfreich, wie sie bei der zuständigen Landesbehörde, nicht aber bei der Finanzverwaltung vorliegen. Zwar mag dieser Gesichtspunkt hier unschwer zu klären sein, weil die von der Klägerin vorgenommenen Potenzialchecks an öffentlichen Schulen stattfinden und in die von der Schule selbst durchgeführten Maßnahmen der Berufsorientierung eingebunden sind. Anders liegt es jedoch, wenn eine allein von einer privaten Einrichtung verantwortete und in ihren Räumen durchgeführte Maßnahme an der Praxis öffentlich-rechtlicher Einrichtungen zu messen ist.

12

2. Die Erweiterung des Anwendungsbereichs des Bescheinigungsverfahrens auf Leistungen zur beruflichen Orientierung ist - unter Berücksichtigung des Zwecks der in § 4 Nr. 21 Buchst. a) UStG normierten Verfahrensstufung - durch das unionsrechtliche Effektivitätsprinzip geboten.

13

Nach dem unionsrechtlichen Effektivitätsprinzip sind nationale Rechtsvorschriften so weit wie möglich dahin auszulegen, dass sie die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (EuGH, Urteile vom 2. Oktober 2003 - Rs. C-147/01, Webers Wine World u.a. - Slg. 2003, I-11365 Rn. 103, 117 und vom 13. März 2007 - Rs. C-432/05, Unibet - Slg. 2007, I-2271 Rn. 43 f.; stRspr). Wie bereits ausgeführt, handelt es sich bei der Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG um einen für die Finanzverwaltung verbindlichen Grundlagenbescheid. Daher sind die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift bis hin zur Wortlautgrenze so auszulegen, dass hinsichtlich aller Leistungen privater Einrichtungen, für die nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MWSt-RL) ein Anspruch auf Befreiung von der Umsatzsteuer in Betracht kommt, eine Bescheinigung erteilt werden kann. Dadurch wird zugleich dem Zweck der Verfahrensstufung möglichst weitgehend Rechnung getragen, dass vor der eigentlichen Steuerbefreiung durch die Finanzverwaltung zunächst die zuständige Landesbehörde ihr spezifisches Fachwissen über die Leistungsinhalte der öffentlich-rechtlichen Einrichtungen einbringt. Wie in Fällen zu verfahren ist, in denen der Wortlaut des § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG einer Anwendung des Bescheinigungsverfahrens auf Leistungen entgegensteht, die unionsrechtlich von der Umsatzsteuer zu befreien sind, bedarf keiner Erörterung; wie bereits ausgeführt, wird die Wortlautgrenze bezogen auf die hier in Rede stehenden Leistungen nicht überschritten (zur unmittelbaren Anwendung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) MWSt-RL durch die Finanzverwaltung vgl. BFH, Urteile vom 21. März 2007 - V R 28/04 - BFHE 217, 59 <61 f.>, vom 10. Januar 2008 - V R 52/06 - BFHE 221, 295 <298> und vom 24. Januar 2008 - V R 3/05 - BFHE 221, 302 <306 f.>).

14

Es kann keine vernünftigen Zweifel darüber geben, dass Leistungen der beruflichen Orientierung bzw. zur Vorbereitung auf die Wahl eines Berufs unter den Begriff des "Schulunterrichts" i.S.d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) MWSt-RL fallen können und damit von der Umsatzsteuer zu befreien sind. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist der autonome unionsrechtliche Begriff des "Schul- und Hochschulunterrichts" zur Vermeidung einer mit Blick auf die unterschiedliche Gestaltung der jeweiligen Unterrichtssysteme von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlichen Anwendung des Mehrwertsteuersystems nicht eng auszulegen. Der Begriff beschränkt sich nicht auf Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt. Vielmehr schließt er andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler und Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (EuGH, Urteile vom 14. Juni 2007 - Rs. C-445/05, Haderer - Slg. 2007, I-4844 Rn. 24, 26 und vom 28. Januar 2010 - Rs. C-473/08, Eulitz - Slg. 2010, I-907 Rn. 29 f.). Einzelne "in Schulen" geleistete Hilfen zur beruflichen Orientierung wie etwa das "Bewerbungstraining" oder die Vermittlung von Kenntnissen über das Verhalten bei Vorstellungsgesprächen, über bestimmte Berufsfelder oder über die Arbeitsmarktsituation stellen nach der weiten Auslegung durch den Gerichtshof der Europäischen Union zweifellos "Schulunterricht" dar. Es spricht einiges dafür, dass das auch für die von der Klägerin durchgeführten Potenzialchecks zutrifft. Denn bei diesen Testverfahren geht es nicht nur um die bloße Feststellung bereits vorhandener Kompetenzen und Neigungen der Schüler. Diese sollen vielmehr dazu befähigt werden, die Kenntnisse über ihre eigenen Kompetenzen und Interessen zielorientiert bei der Berufswahl einzusetzen.

15

Letztlich kann diese Frage jedoch offenbleiben. Entscheidend ist mit Blick auf das unionsrechtliche Effektivitätsprinzip, dass für Maßnahmen, die der Vorbereitung der Berufswahl dienen, ein Anspruch auf Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) MWSt-RL bestehen kann. Es bedarf auch mit Blick auf die Harmonisierung der Umsatzsteuerbefreiung innerhalb der Europäischen Union (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Juni 2007 a.a.O. Rn. 17 und 26) keiner Klärung, ob bei sämtlichen Maßnahmen, die im Rahmen beruflicher Orientierung erbracht werden können, die Voraussetzungen des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) MWSt-RL für eine Steuerbefreiung vorliegen. Denn die Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG trifft keine verbindliche Entscheidung darüber, ob die Leistungen der privaten Einrichtung, auf die sie sich bezieht, nach Unionsrecht von der Umsatzsteuer zu befreien sind oder nicht. Diese Frage unterliegt vielmehr der nachfolgenden eigenständigen Prüfung durch die Finanzverwaltung (vgl. BFH, Urteile vom 24. Januar 2008 a.a.O. S. 307 ff. und vom 10. Januar 2008 a.a.O. S. 298 ff.; zur Abgrenzung des Regelungsgehalts der Bescheinigung von den weiteren in § 4 Nr. 21 Buchst. a) UStG genannten Voraussetzungen vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1976 - BVerwG 7 C 73.75 - Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 1 S. 4 und BFH, Urteil vom 3. Mai 1989 - V R 83/84 - BFHE 157, 458 <462 f.>). Zur Klarstellung sei angemerkt, dass der Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung für Leistungen der beruflichen Orientierung wegen fehlenden Sachbescheidungsinteresses versagt werden kann, wenn die Voraussetzungen des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) MWSt-RL für eine Befreiung von der Umsatzsteuer offensichtlich nicht vorliegen (vgl. auch Urteil vom 23. März 1973 - BVerwG 4 C 49.71 - BVerwGE 42, 115 <117>; Beschluss vom 20. Juli 1993 - BVerwG 4 B 110.93 - NVwZ 1994, 482 <483>).

16

3. Voraussetzung für die von der Klägerin begehrte Erteilung einer Bescheinigung ist nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG des Weiteren die "Ordnungsgemäßheit" der von ihr durchgeführten Leistungen. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Leistungen objektiv geeignet sind, der "Vorbereitung auf einen Beruf" zu dienen, von einem seriösen Institut erbracht werden und die eingesetzten Lehrkräfte die erforderliche Eignung besitzen (Urteil vom 3. Dezember 1976 a.a.O. S. 3). Das Oberverwaltungsgericht hat keine Feststellungen zum Vorliegen dieser qualitativen Anforderungen getroffen; die Beteiligten haben den insoweit relevanten Sachverhalt auch nicht im Revisionsverfahren unstreitig gestellt. Somit ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur Klärung dieser Frage an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei:

1.
a)
die Ausfuhrlieferungen (§ 6) und die Lohnveredelungen an Gegenständen der Ausfuhr (§ 7),
b)
die innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 6a); dies gilt nicht, wenn der Unternehmer seiner Pflicht zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldung (§ 18a) nicht nachgekommen ist oder soweit er diese im Hinblick auf die jeweilige Lieferung unrichtig oder unvollständig abgegeben hat;
2.
die Umsätze für die Seeschiffahrt und für die Luftfahrt (§ 8);
3.
die folgenden sonstigen Leistungen:
a)
die grenzüberschreitenden Beförderungen von Gegenständen, die Beförderungen im internationalen Eisenbahnfrachtverkehr und andere sonstige Leistungen, wenn sich die Leistungen
aa)
unmittelbar auf Gegenstände der Ausfuhr beziehen oder auf eingeführte Gegenstände beziehen, die im externen Versandverfahren in das Drittlandsgebiet befördert werden, oder
bb)
auf Gegenstände der Einfuhr in das Gebiet eines Mitgliedstaates der Europäischen Union beziehen und die Kosten für die Leistungen in der Bemessungsgrundlage für diese Einfuhr enthalten sind. Nicht befreit sind die Beförderungen der in § 1 Abs. 3 Nr. 4 Buchstabe a bezeichneten Gegenstände aus einem Freihafen in das Inland;
b)
die Beförderungen von Gegenständen nach und von den Inseln, die die autonomen Regionen Azoren und Madeira bilden;
c)
sonstige Leistungen, die sich unmittelbar auf eingeführte Gegenstände beziehen, für die zollamtlich eine vorübergehende Verwendung in den in § 1 Abs. 1 Nr. 4 bezeichneten Gebieten bewilligt worden ist, wenn der Leistungsempfänger ein ausländischer Auftraggeber (§ 7 Abs. 2) ist. Dies gilt nicht für sonstige Leistungen, die sich auf Beförderungsmittel, Paletten und Container beziehen.
Die Vorschrift gilt nicht für die in den Nummern 8, 10 und 11 bezeichneten Umsätze und für die Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstands einschließlich der Werkleistung im Sinne des § 3 Abs. 10. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat;
4.
die Lieferungen von Gold an Zentralbanken;
4a.
die folgenden Umsätze:
a)
die Lieferungen der in der Anlage 1 bezeichneten Gegenstände an einen Unternehmer für sein Unternehmen, wenn der Gegenstand der Lieferung im Zusammenhang mit der Lieferung in ein Umsatzsteuerlager eingelagert wird oder sich in einem Umsatzsteuerlager befindet. Mit der Auslagerung eines Gegenstands aus einem Umsatzsteuerlager entfällt die Steuerbefreiung für die der Auslagerung vorangegangene Lieferung, den der Auslagerung vorangegangenen innergemeinschaftlichen Erwerb oder die der Auslagerung vorangegangene Einfuhr; dies gilt nicht, wenn der Gegenstand im Zusammenhang mit der Auslagerung in ein anderes Umsatzsteuerlager im Inland eingelagert wird. Eine Auslagerung ist die endgültige Herausnahme eines Gegenstands aus einem Umsatzsteuerlager. Der endgültigen Herausnahme steht gleich der sonstige Wegfall der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung sowie die Erbringung einer nicht nach Buchstabe b begünstigten Leistung an den eingelagerten Gegenständen,
b)
die Leistungen, die mit der Lagerung, der Erhaltung, der Verbesserung der Aufmachung und Handelsgüte oder der Vorbereitung des Vertriebs oder Weiterverkaufs der eingelagerten Gegenstände unmittelbar zusammenhängen. Dies gilt nicht, wenn durch die Leistungen die Gegenstände so aufbereitet werden, dass sie zur Lieferung auf der Einzelhandelsstufe geeignet sind.
Die Steuerbefreiung gilt nicht für Leistungen an Unternehmer, die diese zur Ausführung von Umsätzen verwenden, für die die Steuer nach den Durchschnittssätzen des § 24 festgesetzt ist. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar nachgewiesen sein. Umsatzsteuerlager kann jedes Grundstück oder Grundstücksteil im Inland sein, das zur Lagerung der in Anlage 1 genannten Gegenstände dienen soll und von einem Lagerhalter betrieben wird. Es kann mehrere Lagerorte umfassen. Das Umsatzsteuerlager bedarf der Bewilligung des für den Lagerhalter zuständigen Finanzamts. Der Antrag ist schriftlich zu stellen. Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn ein wirtschaftliches Bedürfnis für den Betrieb des Umsatzsteuerlagers besteht und der Lagerhalter die Gewähr für dessen ordnungsgemäße Verwaltung bietet;
4b.
die einer Einfuhr vorangehende Lieferung von Gegenständen, wenn der Abnehmer oder dessen Beauftragter den Gegenstand der Lieferung einführt. Dies gilt entsprechend für Lieferungen, die den in Satz 1 genannten Lieferungen vorausgegangen sind. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar nachgewiesen sein;
4c.
die Lieferung von Gegenständen an einen Unternehmer für sein Unternehmen, die dieser nach § 3 Absatz 3a Satz 1 im Gemeinschaftsgebiet weiterliefert;
5.
die Vermittlung
a)
der unter die Nummern 1 Buchstabe a, Nummern 2 bis 4b und Nummern 6 und 7 fallenden Umsätze,
b)
der grenzüberschreitenden Beförderungen von Personen mit Luftfahrzeugen oder Seeschiffen,
c)
der Umsätze, die ausschließlich im Drittlandsgebiet bewirkt werden,
d)
der Lieferungen, die nach § 3 Abs. 8 als im Inland ausgeführt zu behandeln sind.
Nicht befreit ist die Vermittlung von Umsätzen durch Reisebüros für Reisende. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat,
6.
a)
die Lieferungen und sonstigen Leistungen der Eisenbahnen des Bundes auf Gemeinschaftsbahnhöfen, Betriebswechselbahnhöfen, Grenzbetriebsstrecken und Durchgangsstrecken an Eisenbahnverwaltungen mit Sitz im Ausland,
b)
(weggefallen)
c)
die Lieferungen von eingeführten Gegenständen an im Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3, ansässige Abnehmer, soweit für die Gegenstände zollamtlich eine vorübergehende Verwendung in den in § 1 Abs. 1 Nr. 4 bezeichneten Gebieten bewilligt worden ist und diese Bewilligung auch nach der Lieferung gilt. Nicht befreit sind die Lieferungen von Beförderungsmitteln, Paletten und Containern,
d)
Personenbeförderungen im Passagier- und Fährverkehr mit Wasserfahrzeugen für die Seeschifffahrt, wenn die Personenbeförderungen zwischen inländischen Seehäfen und der Insel Helgoland durchgeführt werden,
e)
die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle im Verkehr mit Wasserfahrzeugen für die Seeschiffahrt zwischen einem inländischen und ausländischen Seehafen und zwischen zwei ausländischen Seehäfen. Inländische Seehäfen im Sinne des Satzes 1 sind auch die Freihäfen und Häfen auf der Insel Helgoland;
7.
die Lieferungen, ausgenommen Lieferungen neuer Fahrzeuge im Sinne des § 1b Abs. 2 und 3, und die sonstigen Leistungen
a)
an andere Vertragsparteien des Nordatlantikvertrages, die nicht unter die in § 26 Abs. 5 bezeichneten Steuerbefreiungen fallen, wenn die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte dieser Vertragsparteien, ihr ziviles Begleitpersonal oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte der gemeinsamen Verteidigungsanstrengung dienen,
b)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates stationierten Streitkräfte der Vertragsparteien des Nordatlantikvertrags, soweit sie nicht an die Streitkräfte dieses Mitgliedstaates ausgeführt werden,
c)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ansässigen ständigen diplomatischen Missionen und berufskonsularischen Vertretungen sowie deren Mitglieder,
d)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ansässigen zwischenstaatlichen Einrichtungen sowie deren Mitglieder,
e)
an Streitkräfte eines anderen Mitgliedstaates, wenn die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte, ihres zivilen Begleitpersonals oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits-und Verteidigungspolitik unternommen wird und
f)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates stationierten Streitkräfte eines Mitgliedstaates, wenn die Umsätze nicht an die Streitkräfte des anderen Mitgliedstaates ausgeführt werden, die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte, ihres zivilen Begleitpersonals oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik unternommen wird.
Der Gegenstand der Lieferung muss in den Fällen des Satzes 1 Buchstabe b bis d und f in das Gebiet des anderen Mitgliedstaates befördert oder versendet werden. Für die Steuerbefreiungen nach Satz 1 Buchstabe b bis d und f sind die in dem anderen Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen maßgebend. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiungen müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Bei den Steuerbefreiungen nach Satz 1 Buchstabe b bis d und f hat der Unternehmer die in dem anderen Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen dadurch nachzuweisen, dass ihm der Abnehmer eine von der zuständigen Behörde des anderen Mitgliedstaates oder, wenn er hierzu ermächtigt ist, eine selbst ausgestellte Bescheinigung nach amtlich vorgeschriebenem Muster aushändigt. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer die übrigen Voraussetzungen nachzuweisen hat;
8.
a)
die Gewährung und die Vermittlung von Krediten,
b)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von gesetzlichen Zahlungsmitteln. Das gilt nicht, wenn die Zahlungsmittel wegen ihres Metallgehalts oder ihres Sammlerwerts umgesetzt werden,
c)
die Umsätze im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren sowie die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Einziehung von Forderungen,
d)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze im Einlagengeschäft, im Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr und das Inkasso von Handelspapieren,
e)
die Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren und die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Verwahrung und die Verwaltung von Wertpapieren,
f)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen,
g)
die Übernahme von Verbindlichkeiten, von Bürgschaften und anderen Sicherheiten sowie die Vermittlung dieser Umsätze,
h)
die Verwaltung von Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren im Sinne des § 1 Absatz 2 des Kapitalanlagegesetzbuchs, die Verwaltung von mit diesen vergleichbaren alternativen Investmentfonds im Sinne des § 1 Absatz 3 des Kapitalanlagegesetzbuchs, die Verwaltung von Wagniskapitalfonds und die Verwaltung von Versorgungseinrichtungen im Sinne des Versicherungsaufsichtsgesetzes,
i)
die Umsätze der im Inland gültigen amtlichen Wertzeichen zum aufgedruckten Wert;
j)
(weggefallen)
k)
(weggefallen)
9.
a)
die Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen,
b)
die Umsätze, die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallen. Nicht befreit sind die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallenden Umsätze, die von der Rennwett- und Lotteriesteuer befreit sind oder von denen diese Steuer allgemein nicht erhoben wird;
10.
a)
die Leistungen auf Grund eines Versicherungsverhältnisses im Sinne des Versicherungsteuergesetzes. Das gilt auch, wenn die Zahlung des Versicherungsentgelts nicht der Versicherungsteuer unterliegt;
b)
die Leistungen, die darin bestehen, dass anderen Personen Versicherungsschutz verschafft wird;
11.
die Umsätze aus der Tätigkeit als Bausparkassenvertreter, Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler;
11a.
die folgenden vom 1. Januar 1993 bis zum 31. Dezember 1995 ausgeführten Umsätze der Deutschen Bundespost TELEKOM und der Deutsche Telekom AG:
a)
die Überlassung von Anschlüssen des Telefonnetzes und des diensteintegrierenden digitalen Fernmeldenetzes sowie die Bereitstellung der von diesen Anschlüssen ausgehenden Verbindungen innerhalb dieser Netze und zu Mobilfunkendeinrichtungen,
b)
die Überlassung von Übertragungswegen im Netzmonopol des Bundes,
c)
die Ausstrahlung und Übertragung von Rundfunksignalen einschließlich der Überlassung der dazu erforderlichen Sendeanlagen und sonstigen Einrichtungen sowie das Empfangen und Verteilen von Rundfunksignalen in Breitbandverteilnetzen einschließlich der Überlassung von Kabelanschlüssen;
11b.
Universaldienstleistungen nach Artikel 3 Absatz 4 der Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität (ABl. L 15 vom 21.1.1998, S. 14, L 23 vom 30.1.1998, S. 39), die zuletzt durch die Richtlinie 2008/6/EG (ABl. L 52 vom 27.2.2008, S. 3) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung. Die Steuerbefreiung setzt voraus, dass der Unternehmer sich entsprechend einer Bescheinigung des Bundeszentralamtes für Steuern gegenüber dieser Behörde verpflichtet hat, flächendeckend im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland die Gesamtheit der Universaldienstleistungen oder einen Teilbereich dieser Leistungen nach Satz 1 anzubieten. Die Steuerbefreiung gilt nicht für Leistungen, die der Unternehmer erbringt
a)
auf Grund individuell ausgehandelter Vereinbarungen oder
b)
auf Grund allgemeiner Geschäftsbedingungen zu abweichenden Qualitätsbedingungen oder zu günstigeren Preisen als den nach den allgemein für jedermann zugänglichen Tarifen oder als den nach § 19 des Postgesetzes vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I S. 3294), das zuletzt durch Artikel 272 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, genehmigten Entgelten;
12.
a)
die Vermietung und die Verpachtung von Grundstücken, von Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und von staatlichen Hoheitsrechten, die Nutzungen von Grund und Boden betreffen,
b)
die Überlassung von Grundstücken und Grundstücksteilen zur Nutzung auf Grund eines auf Übertragung des Eigentums gerichteten Vertrags oder Vorvertrags,
c)
die Bestellung, die Übertragung und die Überlassung der Ausübung von dinglichen Nutzungsrechten an Grundstücken.
Nicht befreit sind die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen, die kurzfristige Vermietung auf Campingplätzen und die Vermietung und die Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind;
13.
die Leistungen, die die Gemeinschaften der Wohnungseigentümer im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 403-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, in der jeweils geltenden Fassung an die Wohnungseigentümer und Teileigentümer erbringen, soweit die Leistungen in der Überlassung des gemeinschaftlichen Eigentums zum Gebrauch, seiner Instandhaltung, Instandsetzung und sonstigen Verwaltung sowie der Lieferung von Wärme und ähnlichen Gegenständen bestehen;
14.
a)
Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt werden. Satz 1 gilt nicht für die Lieferung oder Wiederherstellung von Zahnprothesen (aus Unterpositionen 9021 21 und 9021 29 00 des Zolltarifs) und kieferorthopädischen Apparaten (aus Unterposition 9021 10 des Zolltarifs), soweit sie der Unternehmer in seinem Unternehmen hergestellt oder wiederhergestellt hat;
b)
Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen einschließlich der Diagnostik, Befunderhebung, Vorsorge, Rehabilitation, Geburtshilfe und Hospizleistungen sowie damit eng verbundene Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts erbracht werden. Die in Satz 1 bezeichneten Leistungen sind auch steuerfrei, wenn sie von
aa)
zugelassenen Krankenhäusern nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder anderen Krankenhäusern, die ihre Leistungen in sozialer Hinsicht unter vergleichbaren Bedingungen wie die Krankenhäuser erbringen, die in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft stehen oder nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zugelassen sind; in sozialer Hinsicht vergleichbare Bedingungen liegen vor, wenn das Leistungsangebot des Krankenhauses den von Krankenhäusern in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft oder nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zugelassenen Krankenhäusern erbrachten Leistungen entspricht und die Kosten voraussichtlich in mindestens 40 Prozent der jährlichen Belegungs- oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt als für allgemeine Krankenhausleistungen nach dem Krankenhausentgeltgesetz oder der Bundespflegesatzverordnung berechnet wurde oder voraussichtlich mindestens 40 Prozent der Leistungen den in § 4 Nummer 15 Buchstabe b genannten Personen zugutekommen, dabei ist grundsätzlich auf die Verhältnisse im vorangegangenen Kalenderjahr abzustellen,
bb)
Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik oder Befunderhebung, die an der vertragsärztlichen Versorgung nach § 95 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch teilnehmen oder für die Regelungen nach § 115 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten,
cc)
Einrichtungen, die von den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 34 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch an der Versorgung beteiligt worden sind,
dd)
Einrichtungen, mit denen Versorgungsverträge nach den §§ 111 und 111a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen,
ee)
Rehabilitationseinrichtungen, mit denen Verträge nach § 38 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch bestehen,
ff)
Einrichtungen zur Geburtshilfe, für die Verträge nach § 134a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten,
gg)
Hospizen, mit denen Verträge nach § 39a Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen, oder
hh)
Einrichtungen, mit denen Verträge nach § 127 in Verbindung mit § 126 Absatz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch über die Erbringung nichtärztlicher Dialyseleistungen bestehen,
erbracht werden und es sich ihrer Art nach um Leistungen handelt, auf die sich die Zulassung, der Vertrag oder die Regelung nach dem Sozialgesetzbuch jeweils bezieht, oder
ii)
von Einrichtungen nach § 138 Abs. 1 Satz 1 des Strafvollzugsgesetzes erbracht werden;
c)
Leistungen nach den Buchstaben a und b, die im Rahmen der hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder der besonderen Versorgung nach § 140a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch von Einrichtungen erbracht werden, mit denen entsprechende Verträge bestehen, sowie Leistungen zur Sicherstellung der ambulanten Versorgung in stationären Pflegeeinrichtungen die durch Einrichtungen erbracht werden, mit denen Verträge nach § 119b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen;
d)
(weggefallen)
e)
die zur Verhütung von nosokomialen Infektionen und zur Vermeidung der Weiterverbreitung von Krankheitserregern, insbesondere solcher mit Resistenzen, erbrachten Leistungen eines Arztes oder einer Hygienefachkraft, an in den Buchstaben a und b genannte Einrichtungen, die diesen dazu dienen, ihre Heilbehandlungsleistungen ordnungsgemäß unter Beachtung der nach dem Infektionsschutzgesetz und den Rechtsverordnungen der Länder nach § 23 Absatz 8 des Infektionsschutzgesetzes bestehenden Verpflichtungen zu erbringen;
f)
die eng mit der Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens verbundenen Leistungen, die erbracht werden von
aa)
juristischen Personen des öffentlichen Rechts,
bb)
Sanitäts- und Rettungsdiensten, die die landesrechtlichen Voraussetzungen erfüllen, oder
cc)
Einrichtungen, die nach § 75 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch die Durchführung des ärztlichen Notdienstes sicherstellen;
15.
die Umsätze der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung, der gesetzlichen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch sowie der gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b Abs. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch, der örtlichen und überörtlichen Träger der Sozialhilfe sowie der Verwaltungsbehörden und sonstigen Stellen der Kriegsopferversorgung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge
a)
untereinander,
b)
an die Versicherten, die Bezieher von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, die Empfänger von Sozialhilfe oder die Versorgungsberechtigten;
15a.
die auf Gesetz beruhenden Leistungen der Medizinischen Dienste (§ 278 SGB V) und des Medizinischen Dienstes Bund (§ 281 SGB V) untereinander und für die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung und deren Verbände und für die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch sowie die gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch;
15b.
Eingliederungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, Leistungen der aktiven Arbeitsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch und vergleichbare Leistungen, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Einrichtungen,
a)
die nach § 178 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch zugelassen sind,
b)
die für ihre Leistungen nach Satz 1 Verträge mit den gesetzlichen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch geschlossen haben oder
c)
die für Leistungen, die denen nach Satz 1 vergleichbar sind, Verträge mit juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die diese Leistungen mit dem Ziel der Eingliederung in den Arbeitsmarkt durchführen, geschlossen haben;
15c.
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Rehabilitationsdienste und -einrichtungen nach den §§ 36 und 51 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, mit denen Verträge nach § 38 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch abgeschlossen worden sind;
16.
die eng mit der Betreuung oder Pflege körperlich, kognitiv oder psychisch hilfsbedürftiger Personen verbundenen Leistungen, die erbracht werden von
a)
juristischen Personen des öffentlichen Rechts,
b)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 132 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch besteht,
c)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 132a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, § 72 oder § 77 des Elften Buches Sozialgesetzbuch besteht oder die Leistungen zur häuslichen Pflege oder zur Heimpflege erbringen und die hierzu nach § 26 Abs. 5 in Verbindung mit § 44 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch bestimmt sind,
d)
Einrichtungen, die Leistungen der häuslichen Krankenpflege oder Haushaltshilfe erbringen und die hierzu nach § 26 Abs. 5 in Verbindung mit den §§ 32 und 42 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch bestimmt sind,
e)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung nach § 194 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch besteht,
f)
Einrichtungen, die nach § 225 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch anerkannt sind,
g)
Einrichtungen, soweit sie Leistungen erbringen, die landesrechtlich als Angebote zur Unterstützung im Alltag nach § 45a des Elften Buches Sozialgesetzbuch anerkannt sind,
h)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung nach § 123 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder nach § 76 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch besteht,
i)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 8 Absatz 3 des Gesetzes zur Errichtung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau über die Gewährung von häuslicher Krankenpflege oder Haushaltshilfe nach den §§ 10 und 11 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte, § 10 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte oder nach § 54 Absatz 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch besteht,
j)
Einrichtungen, die aufgrund einer Landesrahmenempfehlung nach § 2 der Frühförderungsverordnung als fachlich geeignete interdisziplinäre Frühförderstellen anerkannt sind,
k)
Einrichtungen, die als Betreuer nach § 1814 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden sind, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1877 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vergütet werden,
l)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung zur Pflegeberatung nach § 7a des Elften Buches Sozialgesetzbuch besteht, oder
m)
Einrichtungen, bei denen die Betreuungs- oder Pflegekosten oder die Kosten für eng mit der Betreuung oder Pflege verbundene Leistungen in mindestens 25 Prozent der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung, den Trägern der Sozialhilfe, den Trägern der Eingliederungshilfe nach § 94 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder der für die Durchführung der Kriegsopferversorgung zuständigen Versorgungsverwaltung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge ganz oder zum überwiegenden Teil vergütet werden.
Leistungen im Sinne des Satzes 1, die von Einrichtungen nach den Buchstaben b bis m erbracht werden, sind befreit, soweit es sich ihrer Art nach um Leistungen handelt, auf die sich die Anerkennung, der Vertrag oder die Vereinbarung nach Sozialrecht oder die Vergütung jeweils bezieht;
17.
a)
die Lieferungen von menschlichen Organen, menschlichem Blut und Frauenmilch,
b)
die Beförderungen von kranken und verletzten Personen mit Fahrzeugen, die hierfür besonders eingerichtet sind;
18.
eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen, wenn diese Leistungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben, erbracht werden. Etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden. Für in anderen Nummern des § 4 bezeichnete Leistungen kommt die Steuerbefreiung nur unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht;
18a.
die Leistungen zwischen den selbständigen Gliederungen einer politischen Partei, soweit diese Leistungen im Rahmen der satzungsgemäßen Aufgaben gegen Kostenerstattung ausgeführt werden, und sofern die jeweilige Partei nicht gemäß § 18 Absatz 7 des Parteiengesetzes von der staatlichen Teilfinanzierung ausgeschlossen ist;
19.
a)
die Umsätze der Blinden, die nicht mehr als zwei Arbeitnehmer beschäftigen. Nicht als Arbeitnehmer gelten der Ehegatte, der eingetragene Lebenspartner, die minderjährigen Abkömmlinge, die Eltern des Blinden und die Lehrlinge. Die Blindheit ist nach den für die Besteuerung des Einkommens maßgebenden Vorschriften nachzuweisen. Die Steuerfreiheit gilt nicht für die Lieferungen von Energieerzeugnissen im Sinne des § 1 Abs. 2 und 3 des Energiesteuergesetzes und von Alkoholerzeugnissen im Sinne des Alkoholsteuergesetzes, wenn der Blinde für diese Erzeugnisse Energiesteuer oder Alkoholsteuer zu entrichten hat, und für Lieferungen im Sinne der Nummer 4a Satz 1 Buchstabe a Satz 2,
b)
die folgenden Umsätze der nicht unter Buchstabe a fallenden Inhaber von anerkannten Blindenwerkstätten und der anerkannten Zusammenschlüsse von Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch:
aa)
die Lieferungen von Blindenwaren und Zusatzwaren,
bb)
die sonstigen Leistungen, soweit bei ihrer Ausführung ausschließlich Blinde mitgewirkt haben;
20.
a)
die Umsätze folgender Einrichtungen juristischer Personen des öffentlichen Rechts: Theater, Orchester, Kammermusikensembles, Chöre, Museen, botanische Gärten, zoologische Gärten, Tierparks, Archive, Büchereien sowie Denkmäler der Bau- und Gartenbaukunst. Das Gleiche gilt für die Umsätze gleichartiger Einrichtungen anderer Unternehmer, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie die gleichen kulturellen Aufgaben wie die in Satz 1 bezeichneten Einrichtungen erfüllen. Steuerfrei sind auch die Umsätze von Bühnenregisseuren und Bühnenchoreographen an Einrichtungen im Sinne der Sätze 1 und 2, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass deren künstlerische Leistungen diesen Einrichtungen unmittelbar dienen. Museen im Sinne dieser Vorschrift sind wissenschaftliche Sammlungen und Kunstsammlungen,
b)
die Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten durch andere Unternehmer, wenn die Darbietungen von den unter Buchstabe a bezeichneten Theatern, Orchestern, Kammermusikensembles oder Chören erbracht werden,
21.
a)
die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen,
aa)
wenn sie als Ersatzschulen gemäß Artikel 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind oder
bb)
wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten,
b)
die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer
aa)
an Hochschulen im Sinne der §§ 1 und 70 des Hochschulrahmengesetzes und öffentlichen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schulen oder
bb)
an privaten Schulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen, soweit diese die Voraussetzungen des Buchstabens a erfüllen;
21a.
(weggefallen)
22.
a)
die Vorträge, Kurse und anderen Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, von Volkshochschulen oder von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes dienen, durchgeführt werden, wenn die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden,
b)
andere kulturelle und sportliche Veranstaltungen, die von den in Buchstabe a genannten Unternehmern durchgeführt werden, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht;
23.
a)
die Erziehung von Kindern und Jugendlichen und damit eng verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder durch andere Einrichtungen erbracht werden, deren Zielsetzung mit der einer Einrichtung des öffentlichen Rechts vergleichbar ist und die keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden,
b)
eng mit der Betreuung von Kindern und Jugendlichen verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder durch andere als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Einrichtungen, soweit sie
aa)
auf Grund gesetzlicher Regelungen im Bereich der sozialen Sicherheit tätig werden oder
bb)
Leistungen erbringen, die im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts vergütet wurden,
c)
Verpflegungsdienstleistungen und Beherbergungsleistungen gegenüber Kindern in Kindertageseinrichtungen, Studierenden und Schülern an Hochschulen im Sinne der Hochschulgesetze der Länder, an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Berufsakademie, an öffentlichen Schulen und an Ersatzschulen, die gemäß Artikel 7 Absatz 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind, sowie an staatlich anerkannten Ergänzungsschulen und an Berufsschulheimen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder durch andere Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden.
Steuerfrei sind auch die Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen, die die Unternehmer den Personen, die bei der Erbringung der Leistungen nach Satz 1 Buchstabe a und b beteiligt sind, als Vergütung für die geleisteten Dienste gewähren. Kinder und Jugendliche im Sinne von Satz 1 Buchstabe a und b sind alle Personen, die noch nicht 27 Jahre alt sind. Für die in den Nummern 15b, 15c, 21, 24 und 25 bezeichneten Leistungen kommt die Steuerbefreiung nur unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht;
24.
die Leistungen des Deutschen Jugendherbergswerkes, Hauptverband für Jugendwandern und Jugendherbergen e.V., einschließlich der diesem Verband angeschlossenen Untergliederungen, Einrichtungen und Jugendherbergen, soweit die Leistungen den Satzungszwecken unmittelbar dienen oder Personen, die bei diesen Leistungen tätig sind, Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen als Vergütung für die geleisteten Dienste gewährt werden. Das Gleiche gilt für die Leistungen anderer Vereinigungen, die gleiche Aufgaben unter denselben Voraussetzungen erfüllen;
25.
Leistungen der Jugendhilfe nach § 2 Absatz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch, die Inobhutnahme nach § 42 des Achten Buches Sozialgesetzbuch und Leistungen der Adoptionsvermittlung nach dem Adoptionsvermittlungsgesetz, wenn diese Leistungen von Trägern der öffentlichen Jugendhilfe oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind
a)
von der zuständigen Jugendbehörde anerkannte Träger der freien Jugendhilfe, die Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts,
b)
Einrichtungen, soweit sie
aa)
für ihre Leistungen eine im Achten Buch Sozialgesetzbuch geforderte Erlaubnis besitzen oder nach § 44 oder § 45 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch einer Erlaubnis nicht bedürfen,
bb)
Leistungen erbringen, die im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil durch Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder Einrichtungen nach Buchstabe a vergütet wurden,
cc)
Leistungen der Kindertagespflege erbringen, für die sie nach § 23 Absatz 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch geeignet sind, oder
dd)
Leistungen der Adoptionsvermittlung erbringen, für die sie nach § 4 Absatz 1 des Adoptionsvermittlungsgesetzes anerkannt oder nach § 4 Absatz 2 des Adoptionsvermittlungsgesetzes zugelassen sind.
Steuerfrei sind auch
a)
die Durchführung von kulturellen und sportlichen Veranstaltungen, wenn die Darbietungen von den von der Jugendhilfe begünstigten Personen selbst erbracht oder die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden und diese Leistungen in engem Zusammenhang mit den in Satz 1 bezeichneten Leistungen stehen,
b)
die Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen, die diese Einrichtungen den Empfängern der Jugendhilfeleistungen und Mitarbeitern in der Jugendhilfe sowie den bei den Leistungen nach Satz 1 tätigen Personen als Vergütung für die geleisteten Dienste gewähren,
c)
Leistungen, die von Einrichtungen erbracht werden, die als Vormünder nach § 1773 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder als Ergänzungspfleger nach § 1809 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden sind, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1877 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vergütet werden,
d)
Einrichtungen, die als Verfahrensbeistand nach den §§ 158, 174 oder 191 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit bestellt worden sind, wenn die Preise, die diese Einrichtungen verlangen, von den zuständigen Behörden genehmigt sind oder die genehmigten Preise nicht übersteigen; bei Umsätzen, für die eine Preisgenehmigung nicht vorgesehen ist, müssen die verlangten Preise unter den Preisen liegen, die der Mehrwertsteuer unterliegende gewerbliche Unternehmen für entsprechende Umsätze fordern;
26.
die ehrenamtliche Tätigkeit,
a)
wenn sie für juristische Personen des öffentlichen Rechts ausgeübt wird oder
b)
wenn das Entgelt für diese Tätigkeit nur in Auslagenersatz und einer angemessenen Entschädigung für Zeitversäumnis besteht;
27.
a)
die Gestellung von Personal durch religiöse und weltanschauliche Einrichtungen für die in Nummer 14 Buchstabe b, in den Nummern 16, 18, 21, 22 Buchstabe a sowie in den Nummern 23 und 25 genannten Tätigkeiten und für Zwecke geistlichen Beistands,
b)
die Gestellung von land- und forstwirtschaftlichen Arbeitskräften durch juristische Personen des privaten oder des öffentlichen Rechts für land- und forstwirtschaftliche Betriebe (§ 24 Abs. 2) mit höchstens drei Vollarbeitskräften zur Überbrückung des Ausfalls des Betriebsinhabers oder dessen voll mitarbeitenden Familienangehörigen wegen Krankheit, Unfalls, Schwangerschaft, eingeschränkter Erwerbsfähigkeit oder Todes sowie die Gestellung von Betriebshelfern an die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung;
28.
die Lieferungen von Gegenständen, für die der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1a ausgeschlossen ist oder wenn der Unternehmer die gelieferten Gegenstände ausschließlich für eine nach den Nummern 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet hat;
29.
sonstige Leistungen von selbständigen, im Inland ansässigen Zusammenschlüssen von Personen, deren Mitglieder eine dem Gemeinwohl dienende nichtunternehmerische Tätigkeit oder eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit ausüben, die nach den Nummern 11b, 14 bis 18, 20 bis 25 oder 27 von der Steuer befreit ist, gegenüber ihren im Inland ansässigen Mitgliedern, soweit diese Leistungen für unmittelbare Zwecke der Ausübung dieser Tätigkeiten verwendet werden und der Zusammenschluss von seinen Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordert, vorausgesetzt, dass diese Befreiung nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führt.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts München vom 24. April 2013  3 K 734/10 aufgehoben.

Die Sache wird an das Finanzgericht München zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine im Jahr 2005 gegründete und in das Handelsregister eingetragene GmbH. Sie verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne der Abgabenordnung. Zweck der Gesellschaft ist die Förderung der Volks- und Berufsausbildung und Jugendhilfe, insbesondere der freien Wohlfahrtspflege, durch Eingliederung von Langzeitarbeitslosen, Jugendlichen und gesellschaftlich benachteiligten Menschen in die Arbeit und Gestaltung der Freizeit für Jugendliche sowie Anregungen von Freizeit- und Erholungsaktivitäten im Rahmen der Qualifizierungsmaßnahmen für Erwachsene (§ 2 Abs. 2 der Satzung). Diesen Zweck verwirklicht die Klägerin durch Qualifizierungs-, Ausbildungs-, Umschulungs- und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für Arbeitslose, Jugendliche und gesellschaftlich benachteiligte Menschen und durch Schaffung von Arbeitsplätzen (§ 2 Abs. 3 der Satzung). Nach § 4 Abs. 2 der Satzung liegt das Schwergewicht der Tätigkeit der Gesellschaft in der beruflichen Qualifizierung und insbesondere in der sozialen Betreuung sowie der Integration in das Arbeitsleben.

2

Im Jahr 2006 (Streitjahr) betrieb die Klägerin im Wesentlichen die Rückgewinnung von Rohstoffen aus Elektrogeräten (im Folgenden: Elektronik-Schrott Recycling); dabei wurden bei der Zerlegung der Geräte ausschließlich sog. Langzeitarbeitslose und sonst schwer vermittelbare, ungelernte Personen zur Verwirklichung der vorgenannten satzungsmäßigen Ziele eingesetzt.

3

In ihrer Umsatzsteuer-Jahreserklärung für das Streitjahr ging die Klägerin davon aus, sie verfüge über einen unternehmerischen und einen nichtunternehmerischen Bereich; sie berechnete eine negative Umsatzsteuer und machte dabei abziehbare Vorsteuerbeträge in Höhe von 86.270,83 € geltend.

4

Nach Durchführung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung für die Jahre 2005 und 2006 nahm auch der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) an, die Klägerin verfüge über einen nichtunternehmerischen Bereich und vertrat ferner die Auffassung, die Klägerin habe von der Arbeitsgemeinschaft A (ARGE) "echte" Zuschüsse für eine nicht steuerbare, nichtunternehmerische Tätigkeit erhalten.

5

Das FA erkannte im Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für das Jahr 2006 vom 7. Mai 2008 Vorsteuerbeträge in Höhe von insgesamt 30.744,41 € als abziehbar an. Es ließ die auf die Anschaffung von Investitionsgütern entfallende Umsatzsteuer voll zum Vorsteuerabzug zu und setzte eine unentgeltliche Wertabgabe (zum ermäßigten Steuersatz) für die nichtunternehmerische Verwendung der Investitionsgüter (Anlagevermögen) an. Die auf die übrigen vorsteuerbelasteten Eingangsleistungen entfallende Vorsteuer sah das FA nur zu 13 % als abziehbar an. In die Berechnung dieses Prozentsatzes bezog es die Zahlungen der ARGE im Nenner mit ein. Der Einspruch blieb erfolglos.

6

Mit der Klage brachte die Klägerin u.a. vor, sie verfolge gemeinnützige Zwecke und unterhalte dazu einen Zweckbetrieb "Elektronik-Schrott Recycling", der ihr Unternehmen darstelle. Daneben bestehe ein abgegrenzter, ideeller, nichtunternehmerischer Bereich. Sie habe eine exakte sachliche Aufgliederung der gesamten Vorsteuerbeträge im Verlauf der Umsatzsteuer-Sonderprüfung vorgenommen. Dieser Zuordnung sei das FA aber nur zum Teil gefolgt.

7

Nachdem eine in einem Erörterungstermin am 24. Oktober 2012 von den Beteiligten in Aussicht gestellte Einigung für das Jahr 2006 nicht zustande gekommen war, legitimierte sich im Februar 2013 der Prozessbevollmächtigte der Klägerin als Unterbevollmächtigter und der damalige Prozessbevollmächtigte beantragte Fristverlängerung bis Mai 2013. Der Vorsitzende des zuständigen Senats des Finanzgerichts (FG), X, lud daraufhin die bereits seit Februar 2010 anhängige Sache zur mündlichen Verhandlung am 13. März 2013 und lehnte die beantragte Fristverlängerung ab.

8

Den daraufhin gestellten Befangenheitsantrag der Klägerin gegen X lehnte das FG durch Beschluss vom 24. April 2013 ab.

9

Das FG wies die Klage durch Urteil vom selben Tag ab. Sein Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 1532 veröffentlicht. Auch das FG ging davon aus, die Klägerin verfüge über einen wirtschaftlichen (unternehmerischen) und einen nichtwirtschaftlichen (nichtunternehmerischen) Bereich; dies sei "zwischen den Beteiligten unstreitig". Wirtschaftlicher Bereich sei der Zweckbetrieb "Elektronik-Schrott Recycling". Der nichtwirtschaftliche Bereich der Klägerin bestehe in der Wiedereingliederung von schwer vermittelbaren Arbeitnehmern in den Arbeitsmarkt. Wirtschaftliche, aber von der Mehrwertsteuer befreite (steuerfreie) Tätigkeiten, übe die Klägerin dagegen nicht aus. Weiter gehe das FG davon aus, dass es sich bei den der Klägerin im Streitjahr gewährten Zuschüssen der ARGE um echte, nicht steuerbare Zuschüsse für eine Maßnahme nach § 16 Abs. 2 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch handele. Zur Begründung dieser Annahme führte das FG an, von dieser Sichtweise gingen "auch die Beteiligten übereinstimmend aus".

10

Gemessen am Inhalt der Satzung und der Intensität der im Streitjahr tatsächlich verwirklichten Gesamttätigkeit sei Hauptzweck der Tätigkeit der Klägerin der nichtunternehmerische Bereich, dem eine etwaige unternehmerische Tätigkeit als Zweckbetrieb dienend unterzuordnen sei; er könne deshalb auch nicht als "unternehmensfremd" betrachtet werden. Zutreffend sei zwar der Ansatz der Klägerin, dass sie einen wirtschaftlichen und einen nichtwirtschaftlichen Bereich unterhalte. Diese Bereiche seien allerdings innerhalb eines einheitlichen Steuersubjekts und Unternehmens mit dem genannten Hauptzweck betrieben worden; denn der Betrieb des "Elektronik-Schrott Recyclings" (wozu im weiteren Sinn auch der Verkauf reparierter Geräte zu rechnen sei) sei das zentrale Instrument der Klägerin zur Verwirklichung ihres gemeinnützigen Zwecks, der Wiedereingliederung von schwer vermittelbaren Arbeitnehmern in den sog. ersten Arbeitsmarkt. Insoweit dienten auch alle Maschinen und Werkzeuge sowie alle anderen Eingangsleistungen in erster Linie dem (nichtwirtschaftlichen) Hauptzweck.

11

Da die von der Klägerin vorgenommene Aufteilung der abziehbaren Vorsteuerbeträge nicht sachgerecht (§ 15 Abs. 4 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes --UStG-- analog) sei, habe das Gericht sie zu schätzen. Dabei sei auf das Verhältnis der im Streitjahr erhaltenen Zuschüsse zu den Entgelten der ausgeführten Umsätze abzustellen, weil sowohl die Klägerin als auch ihre Zuschussgeber davon ausgingen, dass die Klägerin zur Verwirklichung ihrer gemeinnützigen Zwecke in Höhe der staatlichen Zuwendungen nicht kostendeckend tätig sein könne. Daraus errechne sich eine Quote von (aufgerundet) 11 % (8.979,40 €) für den unternehmerischen Teil der "Umsätze". Da das FG die Rechtsposition der Klägerin nicht verschlechtern dürfe (Verböserungsverbot), verbleibe es bei der vom FA zum Abzug zugelassenen Vorsteuer.

12

Mit ihrer Revision macht die Klägerin als Revisionsgründe Verfahrensfehler (vorschriftswidrige Besetzung des Gerichts wegen unzutreffender Ablehnung des Befangenheitsantrags) sowie die Verletzung materiellen Rechts (§ 15 UStG) geltend. Es könne kein vorsteuerbelasteter Eingangsumsatz hinweggedacht werden, ohne dass die steuerpflichtigen Ausgangsumsätze vermindert oder beeinträchtigt würden. Die Vorsteuerbeträge seien nach Art und Struktur für ihr Recyclingunternehmen betriebstypisch. Die Vorsteuer sei daher voll abziehbar und nicht der nichtwirtschaftlichen Tätigkeit der Klägerin zuzurechnen. Es liege eine reine Anschubfinanzierung vor. Ein permanenter Vorsteuerüberhang sei auch nicht unlogisch oder systemwidrig. Deutschland habe vom Wahlrecht, Subventionen in die Berechnung des Pro-rata-Satzes einzubeziehen, keinen Gebrauch gemacht.

13

Die Klägerin bringt unter Hinweis auf Art. 135 Abs. 1 Buchst. k, l und m der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem weiter vor, ideelle Tätigkeiten seien für die Frage der Steuerbarkeit irrelevant; nicht jede ideelle Tätigkeit sei der nichtwirtschaftlichen Sphäre zuzurechnen.

14

Außerdem macht die Klägerin geltend, ihr sei wegen des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 21. März 1983 IV A 2 -S 7200- 25/83 (BStBl I 1983, 262) sowie Abschn. 150 Abs. 7 der Umsatzsteuer-Richtlinien (UStR) 2005 Vertrauensschutz zu gewähren.

15

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung und die Einspruchsentscheidung vom 5. Februar 2010 aufzuheben sowie den Umsatzsteuerbescheid vom 7. Mai 2008 dahingehend zu ändern, dass die unentgeltlichen Wertabgaben um 34.051,52 € vermindert werden und Vorsteuer in Höhe von 74.509,85 € zum Abzug zugelassen wird, hilfsweise, den Rechtsstreit an einen anderen Senat des FG zurückzuverweisen, weiter hilfsweise, den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) um Vorabentscheidung der Frage zu ersuchen, ob Vorsteuern auf Eingangsleistungen, die für umsatzsteuerpflichtige Ausgangsumsätze unverzichtbar sind, nur deshalb nicht abziehbar sind, weil die Wertschöpfungskette aus Gründen des Ausbildungskonzepts eines Qualifizierungsbetriebs ineffizient ist.

16

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen, hilfsweise die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.

17

Es trägt unter Hinweis auf eine Vereinbarung der Klägerin mit der ARGE vom November 2005 vor, die Zuschüsse seien keine reine Anschubfinanzierung. Das FA sehe nicht den permanenten Vorsteuerüberhang als schädlich an, sondern den fehlenden Zusammenhang der Eingangsleistungen mit besteuerten Ausgangsumsätzen. Jedenfalls habe das FG keine ausreichenden Feststellungen zur Steuerbarkeit der Umsätze getroffen.

Entscheidungsgründe

18

II. Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung sowie zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

19

Da die Klägerin ihre Revision auf die Verletzung materiellen Rechts gestützt hat, hat der Senat gemäß dem Grundsatz der Vollrevision (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 11. November 2004 V R 30/04, BFHE 207, 560, BStBl II 2005, 802, unter II.1.) das angefochtene Urteil in vollem Umfang auf die Verletzung revisiblen Rechts zu prüfen, ohne dabei an die vorgebrachten Revisionsgründe gebunden zu sein (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 15. Oktober 1997 I R 42/97, BFHE 184, 444, BStBl II 1999, 316; vom 7. Mai 2014 X R 19/11, BFH/NV 2014, 1736).

20

Danach kann die Vorentscheidung keinen Bestand haben. Die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG tragen nicht seine Annahme, dass die Klägerin mit der Durchführung von "Qualifizierungs-, Ausbildungs-, Umschulungs- und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen" nicht unternehmerisch tätig geworden sei (dazu 1.). Auch hat das FG keine ausreichenden tatsächlichen Feststellungen getroffen, um beurteilen zu können, ob die Zuschüsse der ARGE möglicherweise Entgelt von Dritter Seite für Leistungen an die Teilnehmer der von ihr durchgeführten Maßnahmen oder an die Empfänger der Entsorgungsdienstleistungen sein könnten (dazu 2.), so dass der Rechtsstreit zur Nachholung der fehlenden Feststellungen an das FG zurückverwiesen werden muss. Ob der von der Klägerin geltend gemachte Verfahrensfehler vorliegt, bedarf deshalb keiner Entscheidung.

21

1. Die Annahme des FG, die Leistungen der Klägerin an die ARGE seien nicht steuerbar, wird von den bisherigen tatsächlichen Feststellungen nicht getragen.

22

a) Ein steuerbarer Umsatz in Form einer Leistung gegen Entgelt i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG liegt vor, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Leistung bildet (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 18. März 2004 V R 101/01, BFHE 205, 342, BStBl II 2004, 798; vom 11. Juli 2012 XI R 11/11, BFHE 238, 560, BFH/NV 2013, 326; s. auch EuGH-Urteile Apple and Pear Development Council vom 8. März 1988 C-102/86, EU:C:1988:120, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1989, 452, Rz 11; Mohr vom 29. Februar 1996 C-215/94, EU:C:1996:72, HFR 1996, 294; Landboden-Agrardienste vom 18. Dezember 1997 C-384/95, EU:C:1997:627, HFR 1998, 315).

23

b) Welche Grundsätze insoweit für Leistungen im Bereich der Arbeitsmarktförderung, insbesondere für Beschäftigungsmaßnahmen für Langzeitarbeitslose u.ä. gelten, hat der Senat in seinem Urteil vom 22. April 2015 XI R 10/14 (BFHE 250, 268, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2015, 1914, Rz 19 bis 25) ausführlich dargelegt. Darauf nimmt er zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.

24

c) Ob angesichts dieser Grundsätze die Leistungen der Klägerin an die ARGE steuerbar sind, kann mangels Feststellungen des FG vom Senat nicht beurteilt werden. Das FG hat nämlich das zwischen der Klägerin und der ARGE bestehende Rechtsverhältnis nicht festgestellt. Auch hat das FG keine weiteren Feststellungen z.B. zu Geschäftsgegenstand und Tätigkeit der ARGE, einer (privatrechtlichen) GmbH, getroffen. Kann anhand der Feststellungen des FG nicht nachgeprüft werden, ob das FG zu Recht zu einem bestimmten Ergebnis gelangt ist, liegt ein materieller Fehler vor, der ohne Rüge zur Aufhebung der Vorentscheidung führt (vgl. BFH-Urteile vom 1. Februar 2001 III R 12/98, BFH/NV 2001, 899, unter II.3.; vom 6. Oktober 2004 VI R 107/01, juris; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 118 FGO Rz 100 ff., m.w.N. aus der ständigen Rechtsprechung des BFH).

25

aa) Das FG hat auf Seite 9 seines Urteils ausgeführt, die Klägerin verfüge über einen nichtunternehmerischen Bereich. Dies sei "unstreitig". Der nichtwirtschaftliche Bereich bestehe in der Verwirklichung gemeinnütziger Zwecke laut Satzung. Wirtschaftliche, aber steuerfreie Tätigkeiten habe die Klägerin nicht ausgeübt.

26

bb) Diese Annahmen werden jedoch von den tatsächlichen Feststellungen des FG nicht getragen (vgl. auch BFH-Beschluss vom 7. September 2011 V B 54/11, BFH/NV 2011, 2091). Allein der Hinweis, dies sei "unstreitig", lässt keine Subsumtion des Sachverhalts des Streitfalls unter die unter II.1.a und b genannten Grundsätze zu, zumal die Feststellung des Vorliegens eines nichtunternehmerischen Bereichs juristische Wertungen verlangt und überdies das Revisionsvorbringen der Beteiligten zeigt, dass in der Beurteilung der --vom FG nicht festgestellten-- Vereinbarungen der Klägerin mit der ARGE durchaus Differenzen bestehen. Zudem hat die Klägerin in anderem Zusammenhang zu Recht darauf hingewiesen, dass auch gemeinnützige, aus ideellen Zwecken verfolgte Tätigkeiten wirtschaftlich sein können, wie u.a. die Existenz des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der im Streitjahr noch anwendbaren Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) zeigt. Deshalb kann nicht aus der vom FG festgestellten Satzung geschlossen werden, die Tätigkeit sei nichtwirtschaftlich. Vielmehr hätte das FG zunächst den Inhalt der Verträge der Klägerin mit der ARGE, nach den Ausführungen des FA wohl u.a. vom November 2005 --auf die das FG nicht Bezug genommen hat-- feststellen müssen. Sollte(n) diese(r), was aus Sicht des Senats nahe liegt, als synallagmatisch anzusehen sein, liegt grundsätzlich ein steuerbarer Leistungsaustausch vor, obwohl die Klägerin eine gemeinnützige GmbH ist.

27

cc) Entgegen der Ansicht der Klägerin ist im Streitfall nicht "geklärt" --und im Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem FG sowie im FG-Urteil auf Seite 16 unter 2. "ausreichend beschrieben"--, dass es sich um eine "Fehlbedarfsfinanzierung" und "Anschubfinanzierung" handelt. Die entsprechende Passage im FG-Urteil enthält (lediglich) die Begründung, warum das FG die von der Klägerin angebotenen Beweise nicht erhoben hat, aber --auch unter Berücksichtigung des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem FG-- keine den BFH nach § 118 Abs. 2 FGO bindenden tatsächlichen Feststellungen. Diese bezögen sich zudem nicht auf den konkreten Inhalt der oder des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse(s).

28

d) Soweit die Klägerin ferner geltend gemacht hat, ihr sei Vertrauensschutz zu gewähren, greift dieser Einwand nicht durch.

29

aa) Weder das BMF-Schreiben in BStBl I 1983, 262 noch Abschn. 150 Abs. 7 UStR 2005 beziehen sich ausdrücklich auf Leistungen einer ARGE der vorliegenden Art.

30

bb) Norminterpretierende Verwaltungsanweisungen, die die gleichmäßige Auslegung und Anwendung des Rechts sichern sollen, haben überdies keine Rechtsnormqualität (z.B. BFH-Beschluss vom 11. Mai 2007 IV B 28/06, juris, unter 1., Rz 4 f.; BFH-Urteil vom 13. Januar 2011 V R 12/08, BFHE 232, 261, BStBl II 2012, 61, Rz 68). Sie stehen konkludent unter dem Vorbehalt einer davon abweichenden Auslegung der Norm durch die Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 23. Oktober 2003 V R 48/01, BFHE 203, 531, BStBl II 2004, 196, unter II.4.b, Rz 40); darüber, ob die Auslegung einer Rechtsnorm durch die Finanzverwaltung im Einzelfall Bestand hat, entscheidet das Gericht (BFH-Urteil vom 22. Juni 2006 IV R 31-32/05, BFHE 214, 239, BStBl II 2007, 687, unter II.2.c cc(3)(b), Rz 26). Norminterpretierende Verwaltungsvorschriften können deshalb im Allgemeinen weder eine einer Rechtsverordnung vergleichbare Bindung aller Rechtsanwender noch eine Bindung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben herbeiführen (vgl. BFH-Urteile vom 26. April 1995 XI R 81/93, BFHE 178, 4, BStBl II 1995, 754; vom 10. November 2011 V R 34/10, BFH/NV 2012, 803, Rz 21; BFH-Beschluss vom 3. April 2013 V B 125/12, BFHE 240, 447, BStBl II 2013, 973, Rz 21; BFH-Urteil vom 22. August 2013 V R 30/12, BFHE 243, 35, BStBl II 2014, 133, Rz 23; vom 26. Juni 2014 IV R 10/11, BFHE 246, 76, BStBl II 2015, 300, Rz 24).

31

cc) Der Einwand der Klägerin, nach der Rechtsprechung des EuGH sei Vertrauensschutz zu gewähren, wenn Handlungen oder Zusicherungen einer Verwaltungsbehörde in der Vorstellung eines umsichtigen und besonnenen Wirtschaftsteilnehmers vernünftige Erwartungen begründet haben und diese Erwartungen berechtigt sind (vgl. dazu EuGH-Urteile Elmeka vom 14. September 2006 C-181/04 bis C-183/04, EU:C:2006:563, BFH/NV Beilage 2007, 61, Rz 32; Tomoiaga vom 9. Juli 2015 C-144/14, EU:C:2015:452, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2015, 601, Rz 43 ff.; Salomie und Oltean vom 9. Juli 2015 C-183/14, EU:C:2015:454, UR 2015, 594, Rz 44 ff.), greift ebenfalls nicht durch. Eine ausdrückliche Zusage des FA hat die Klägerin nicht erhalten und sich auch nicht um eine solche bemüht (vgl. dazu EuGH-Urteil Salomie und Oltean, EU:C:2015:454, UR 2015, 594, Rz 49). Überdies wäre, was das FG noch festzustellen haben wird, bei Vorliegen eines Leistungsaustauschs die Erwartung der Klägerin, ihre Leistung werde nicht besteuert, nicht berechtigt.

32

2. Auch ist das FG nicht hinreichend der Frage nachgegangen, ob bei anderer Sichtweise die Zuschüsse der ARGE Entgelt von dritter Seite für steuerbare Umsätze der Klägerin an die Begünstigten oder die Teilnehmer der Maßnahmen sein könnten.

33

a) Der Senat hat die dafür maßgeblichen Grundsätze in seinem Urteil in BFHE 250, 268, DStR 2015, 1914, Rz 28 bis 30 ausführlich dargestellt. Auch darauf nimmt er zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.

34

b) Ob nach diesen Grundsätzen die "Zuschüsse" der ARGE Entgelt von dritter Seite für eine steuerbare Leistung der Klägerin an die Teilnehmer oder an die Empfänger der steuerpflichtigen Leistungen sein könnten, kann ebenfalls nicht beurteilt werden; denn das Urteil des FG enthält (auch) dazu keine ausreichenden Feststellungen. Zu dieser Frage hat das FG auf Seite 10 des Urteils lediglich ausgeführt, es gehe "weiter davon aus, dass es sich bei den ... Zuschüssen der ARGE um echte, nicht steuerbare Zuschüsse" handele, und darauf hingewiesen, davon gingen auch die Beteiligten übereinstimmend aus. Dies genügt --insbesondere angesichts der partiellen Nichtanwendung der Grundsätze der Rechtsprechung durch die Finanzverwaltung-- aus den unter II.1.c genannten Gründen ebenfalls nicht.

35

3. Die Sache geht mangels Spruchreife zur Nachholung weiterer Feststellungen an das FG zurück.

36

a) Das FG wird die zur Beurteilung der genannten Vorfragen notwendigen Feststellungen nachholen und die bestehenden Rechtsverhältnisse würdigen müssen.

37

b) Sollten die Leistungen der Klägerin steuerbar sein, wird das FG der Frage nachgehen müssen, ob die Umsätze nach nationalem Recht (z.B. § 4 Nr. 21 oder 22 UStG) oder --sollte sich die Klägerin darauf berufen-- ggf. nach Unionsrecht (z.B. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g oder i der Richtlinie 77/388/EWG) steuerfrei sind. Die als gemeinnützig anerkannte Klägerin, der Leistungen von einem Träger der Grundsicherung vergütet worden sind, könnte eine anerkannte Einrichtung im Sinne dieser Bestimmung sein (vgl. BFH-Urteil vom 21. März 2007 V R 28/04, BFHE 217, 59, BStBl II 2010, 999, Rz 34).

38

c) Käme es danach für den Erfolg oder Misserfolg der Klage überhaupt noch auf die zwischen den Beteiligten streitige Rechtsfrage an, weist der Senat auf das BFH-Urteil vom 24. September 2014 V R 54/13 (BFH/NV 2015, 364, Rz 35 ff.) hin: Zu dem bei einer Vorsteueraufteilung analog § 15 Abs. 4 UStG im Rahmen einer Schätzung maßgeblichen "Gesamtumsatz" gehören auch Zuschüsse, weil sie den Umfang der nicht steuerbaren Tätigkeit des Unternehmers widerspiegeln.

39

aa) Aus dem BFH-Beschluss vom 14. April 2008 XI B 171/07 (BFH/NV 2008, 1215, unter 2., Rz 3, 4 und 7) folgt nichts anderes; denn der Senat hat es dort in Rz 7 als nicht hinreichend dargelegt angesehen, aus welchen Rechtsgründen bei der gebotenen schätzungsweisen Aufteilung der Vorsteuern von der öffentlichen Hand gezahlte, echte Zuschüsse unberücksichtigt bleiben sollten, d.h. die Vorsteuern ausschließlich dem unternehmerischen Bereich zuzuordnen wären.

40

bb) Der Einwand der Klägerin, diese Sichtweise widerspreche Rz 28 des EuGH-Urteils Larentia + Minerva vom 16. Juli 2015 C-108/14 und C-109/14 EU:C:2015:496, DStR 2015, 1673) und den Schlussanträgen der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Sveda vom 22. April 2015 C-126/14 (EU:C:2015:254), führt zu keiner anderen Beurteilung.

41

(1) Denn Rz 28 des EuGH-Urteils Larentia + Minerva (EU:C:2015:496, DStR 2015, 1673), trifft lediglich eine Aussage zum Vorsteuerabzug einer Holdinggesellschaft. Die Klägerin macht jedoch selbst geltend, sie übe auch eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit aus.

42

(2) Die Generalanwältin Kokott geht in Rz 52 ihrer Schlussanträge in der Rechtssache Sveda vom 22. April 2015 C-126/14 (EU:C:2015:254) davon aus, dass ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang der Eingangsumsätze mit der Erbringung besteuerter Umsätze u.a. dann unterbrochen ist, wenn die primäre Verwendung des Leistungsbezugs eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit darstellt, weil nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteile Securenta vom 13. März 2008 C-437/06, EU:C:2008:166, BStBl II 2008, 727, Rz 30; Vereniging Noordelijke Land-en Tuinbouw Organisatie --VNLTO-- vom 12. Februar 2009 C-515/07, EU:C:2009:88, DStR 2009, 369, Rz 37) kein Recht auf Vorsteuerabzug hinsichtlich der Aufwendungen eines Steuerpflichtigen besteht, soweit sie mit der Ausübung nichtwirtschaftlicher Tätigkeiten zusammenhängen. Von der primären Verwendung der Leistungsbezüge für die nichtwirtschaftliche Tätigkeit der Klägerin ist das FG auf Seite 10 f. seines Urteils ausgegangen. Die konkrete Würdigung, ob ein vorrangiger, direkter und unmittelbarer Zusammenhang mit besteuerten Umsätzen besteht, obliegt dem FG (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2015, 364, Rz 30).

43

Überdies vermag --anders als die Klägerin meint-- auch nach Auffassung der Generalanwältin Kokott ein bloßer Kausalzusammenhang keinen direkten und unmittelbaren Zusammenhang im Sinne der genannten Rechtsprechung des EuGH zu begründen (vgl. auch EuGH-Urteil Becker vom 21. Februar 2013 C-104/12, EU:C:2013:99, DStR 2013, 411, Rz 31).

44

d) Für die beantragte Zurückverweisung an einen anderen Senat des FG besteht kein Anlass.

45

aa) Die Zurückverweisung an einen anderen Senat des FG ist nur möglich, wenn ernstliche Zweifel an der Unvoreingenommenheit der Richter des erkennenden Senats des FG bestehen (vgl. BFH-Urteil vom 14. Februar 2008 V R 12-13/06, BFH/NV 2008, 1365; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 126 FGO Rz 41, m.w.N.; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 126 Rz 15). Da eine solche Maßnahme das Recht beider Beteiligter auf ihren gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes, § 119 Nr. 1 FGO) berührt, müssen hierfür besondere sachliche Gründe vorliegen (vgl. BFH-Urteil vom 4. September 2002 XI R 67/00, BFHE 200, 1, BStBl II 2003, 142, Bergkemper in HHSp, § 126 FGO Rz 53, m.w.N.).

46

bb) Der Vortrag der Klägerin hierzu und der Verfahrensablauf im ersten Rechtszug rechtfertigen eine solche Maßnahme nicht.

47

Da sich die Frage einer Zurückverweisung generell nur bei rechtsfehlerhafter Vorentscheidung stellt, kann die Zurückverweisung an einen anderen Senat des FG nicht allein mit der materiell- oder verfahrensrechtlichen Unrichtigkeit des Urteils begründet werden (vgl. BFH-Beschluss vom 2. Dezember 2013 III B 157/12, BFH/NV 2014, 545). Sachliche Meinungsverschiedenheiten in Fragen der richterlichen Prozessführung reichen für eine Besorgnis der Befangenheit nicht aus (vgl. BFH-Beschluss vom 22. Februar 2001 VIII B 103/00, BFH/NV 2001, 1126). Die Unvoreingenommenheit des erkennenden Senats des FG zeigt sich schon daran, dass er die Revision selbst zugelassen und damit sein Urteil in vollem Umfang zur Überprüfung des BFH gestellt hat (vgl. BFH-Urteil vom 19. Oktober 2011 X R 65/09, BFHE 235, 304, BStBl II 2012, 345).

48

4. Der von der Klägerin beantragten EuGH-Vorlage bedarf es nicht, weil die von ihr aufgeworfene Frage mangels tatsächlicher Feststellungen hypothetisch ist (vgl. dazu EuGH-Urteil Italmoda u.a. vom 18. Dezember 2014 C-131/13 u.a., EU:C:2014:2455, HFR 2015, 200, Rz 31, 36 und 39). Überdies obliegt die Beurteilung, ob im Einzelfall ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang mit besteuerten Umsätzen besteht, den nationalen Gerichten (z.B. BFH-Beschlüsse vom 11. Dezember 2013 XI R 17/11, BFHE 244, 79, BStBl II 2014, 417, Rz 37; vom 11. Dezember 2013 XI R 38/12, BFHE 244, 94, BStBl II 2014, 428).

49

5. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) führte in den Streitjahren 2005 bis 2007 Umsätze im Rahmen einer von ihm betriebenen "Schwimmschule" aus. Er hatte im November 2005 das erste Staatsexamen für das Lehramt für die Fächer Sport und Physik abgelegt. Mit mehreren Arbeitnehmern, überwiegend Physiotherapeuten, führte er Baby-, Kleinkinder-, sonstige Kinder- und Erwachsenenschwimmkurse sowie Wassergymnastik wie Aqua-Jogging oder Aqua-Fitness in Hallenbädern durch, die er vom jeweiligen kommunalen Betreiber stundenweise angemietet hatte. Die Kursteilnehmer entrichteten für die Teilnahme an den Kursen an den Kläger ein Entgelt, das auch ein auf die Kursteilnehmer entfallendes Eintrittsgeld für die Hallenbadbenutzung umfassen konnte. Die Hallenbadbetreiber erhoben vom Kläger für die Nutzungsüberlassung der Hallenbäder ein Entgelt von in der Regel 20 % der von ihm vereinnahmten Kursgebühren. Auf der Grundlage des § 20 des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) erstatteten Krankenkassen die für die Aqua-Fitness-Kurse erhobenen Entgelte ganz oder teilweise an die Kursteilnehmer. Der Kläger gab keine Umsatzsteuererklärungen ab, da er seine Leistungen als steuerfrei ansah.

2

Im Anschluss an eine Umsatzsteuersonderprüfung ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) davon aus, dass der Kläger in den Jahren 2001 bis 2007 steuerpflichtige Leistungen erbracht habe und erließ dementsprechende Umsatzsteuerbescheide. Während des Einspruchsverfahrens erging der Umsatzsteuerbescheid 2006, der im Einspruchsverfahren an die Stelle der Vorauszahlungsbescheide 2006 trat.

3

Nach der Erhebung der Klage zum Finanzgericht (FG) erging der Umsatzsteuerjahresbescheid 2007, der an Stelle der Vorauszahlungsbescheide 2007 gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Klageverfahrens wurde. Nachdem der Kläger eine Bescheinigung der Bezirksregierung vorgelegt hatte, wonach die Schwimmkurse auf einen Beruf vorbereiteten, während eine Bescheinigung für das Baby- und Kleinkindschwimmen sowie das Aqua-Jogging und Aqua-Fitness wegen des engen Bezugs zur Freizeitgestaltung abgelehnt wurde, ergingen geänderte Bescheide für die Jahre 2001 bis 2004, worauf der Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt wurde. Geänderte Bescheide ergingen auch für die Streitjahre 2005 bis 2007, die nach § 68 FGO Gegenstand des Klageverfahrens wurden.

4

Nach dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 985 veröffentlichten Urteil des FG zu den verbliebenen Streitjahren 2005 bis 2007 hatte die Klage im Hinblick auf die nach Erlass der Änderungsbescheide noch streitigen Kurse wie Babyschwimmen, Kleinkindschwimmen, Aqua-Jogging und Aqua-Fitness keinen Erfolg. Diese Leistungen seien weder nach nationalem Recht noch nach den Bestimmungen der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) oder den Bestimmungen der Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG (MwStSystRL) steuerfrei. Dies ergebe sich auch aus der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH).

5

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Revision, die er auf Verletzung materiellen und formellen Rechts stützt. Seine Leistungen seien nach § 4 Nr. 22 Buchst. a und b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerfrei. Zumindest könne er sich auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g, h, i und j MwStSystRL (Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g, h, i und j der Richtlinie 77/388/EWG) berufen. Für eine insoweit erforderliche Anerkennung reiche die Kostenübernahme durch Krankenkassen aus. Er müsse als Einrichtung nur über eine vom Mitgliedstaat "anerkannte vergleichbare Zielsetzung" verfügen. Inhaltsgleiche Kurse für Schulen seien steuerfrei gewesen. Er sei zumindest zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes berechtigt. Eine Vorlage an den EuGH sei erforderlich.

6

Der Kläger beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Umsatzsteuerjahresbescheide 2005 bis 2007 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer von 0 € festgesetzt wird, hilfsweise, dass der ermäßigte Steuersatz anzuwenden ist.

7

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Die Leistungen seien weder nach nationalem Recht noch nach dem Unionsrecht steuerfrei. Es sei auch nicht der ermäßigte Steuersatz anzuwenden. Das FA habe nur die Kursleistungen als steuerfrei anerkannt, die nach einer dem Kläger am 27. Oktober 2008 erteilten Bescheinigung ordnungsgemäß auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereitet hätten.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision des Klägers ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Zwar hat das FG zutreffend entschieden, dass die Leistungen des Klägers nicht nach nationalem Recht steuerfrei sind. Der Kläger kann aber einen Anwendungsvorrang der Richtlinie geltend machen, wozu noch weitere Feststellungen zu treffen sind.

10

1. Die Leistungen des Klägers sind nicht nach nationalem Recht steuerfrei.

11

a) Nach § 4 Nr. 21 UStG sind steuerfrei die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn sie als Ersatzschulen gemäß Art. 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind (Doppelbuchst. aa) oder wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten (Doppelbuchst. bb).

12

Im Streitfall liegen diese Voraussetzungen nicht vor. Der Kläger ist weder als Ersatzschule staatlich genehmigt noch nach Landesrecht erlaubt. Für die im finanzgerichtlichen Verfahren noch streitigen Kurse liegt auch keine Bescheinigung über die Vorbereitung auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vor.

13

b) Nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG sind steuerfrei die Vorträge, Kurse und anderen Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, von Volkshochschulen oder von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes dienen, durchgeführt werden, wenn die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden. Steuerfrei sind auch andere kulturelle und sportliche Veranstaltungen, die von den in Buchstabe a genannten Unternehmern durchgeführt werden, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht (§ 4 Nr. 22 Buchst. b UStG).

14

Im Streitfall liegen diese Voraussetzungen nicht vor, da der Kläger als Einzelunternehmer die nach dem eindeutigen Wortlaut von § 4 Nr. 22 Buchst. a und b UStG erforderlichen unternehmerbezogenen Voraussetzungen nicht erfüllt. Ob dies gegen das Unionsrecht oder die diesem zugrunde liegenden Grundsätze verstößt, ist im Hinblick auf diesen Wortlaut unbeachtlich und nur im Zusammenhang mit der Berufung des Klägers auf das Unionsrecht von Bedeutung.

15

2. Der Kläger kann sich für eine Steuerfreiheit seiner Leistungen aber auf das Unionsrecht berufen.

16

a) Steuerfrei ist nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL (zuvor Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG) der von Privatlehrern erteilte Schul- und Hochschulunterricht.

17

b) Nach dem zu dieser Bestimmung ergangenen EuGH-Urteil vom 28. Januar 2010 C-473/08, Eulitz (Slg. 2010, I-907) kommt es auf Unterrichtseinheiten an, die sich auf Schul- und Hochschulunterricht beziehen. Dies erfasst nicht nur Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern schließt andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten von Schülern oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (EuGH-Urteil vom 14. Juni 2007 C-445/05, Haderer, Slg. 2007, I-4841). Dem hat sich der erkennende Senat mit Urteil vom 20. März 2014 V R 3/13 (BFH/NV 2014, 1175, unter II.2.) angeschlossen.

18

c) Danach können einzelne Kurse, die der Kläger durchgeführt hat, als Schulunterricht eines Privatlehrers steuerfrei sein. Dies gilt insbesondere für das Kleinkindschwimmen, da an der Erlernung der Fähigkeit, schwimmen zu können, zum einen ein hohes Gemeinwohlinteresse besteht und zum anderen die Erlangung dieser Fähigkeit auch in öffentlichen Schulen unterrichtet wird. Dies mag auf Kurse wie Babyschwimmen, Aqua-Jogging und Aqua-Fitness nicht zutreffen, zumal bei diesen auch der Charakter bloßer Freizeitgestaltung nicht zu vernachlässigen ist. Hierzu sind im zweiten Rechtsgang weitere Feststellungen zu treffen.

19

3. Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:

20

a) Sind die Leistungen des Klägers nicht nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL (zuvor Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG) steuerfrei, kommt eine Berufung auf andere Befreiungstatbestände des Unionsrechts nicht in Betracht.

21

aa) Zwar haben die Mitgliedstaaten von der Steuer auch zu befreien

22

- die "eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen, die durch Altenheime, Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden" (Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL),
- die "eng mit der Kinder- und Jugendbetreuung verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen" (Art. 132 Abs. 1 Buchst. h MwStSystRL),
- die "Erziehung von Kindern und Jugendlichen, Schul- und Hochschulunterricht, Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung und damit eng verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung" (Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL) sowie
- "bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben" (Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL).

23

bb) Die Voraussetzungen dieser Tatbestände liegen im Streitfall aber nicht vor.

24

(1) Für Art. 132 Abs. 1 Buchst. g, h und i MwStSystRL folgt dies bereits daraus, dass es an der personenbezogenen Voraussetzung der "anerkannten Einrichtung" fehlt. Insoweit ist es nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung Sache des innerstaatlichen Rechts jedes Mitgliedstaats, die Regeln aufzustellen, nach denen Einrichtungen die erforderliche Anerkennung gewährt werden kann. Zu den für die Anerkennung maßgeblichen Gesichtspunkten gehören das Bestehen spezifischer Vorschriften, bei denen es sich um nationale oder regionale Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Steuervorschriften oder Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit handeln kann, das mit den Tätigkeiten des betreffenden Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse, die Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung kommen, und die Übernahme der Kosten der fraglichen Leistungen zum großen Teil durch Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit (EuGH-Urteil Zimmermann vom 15. November 2012 C-174/11, Umsatzsteuer-Rundschau 2013, 35 Rdnr. 31, und BFH-Urteil vom 25. April 2013 V R 7/11, BFHE 241, 475, BStBl II 2013, 976, unter II.2.c aa). Auch im Hinblick auf eine Kostentragung durch Einrichtungen der sozialen Sicherheit ist zu berücksichtigen, ob der Unternehmer seine Leistung unmittelbar aufgrund vertraglicher Vereinbarungen mit Sozialversicherungsträgern erbringt (BFH-Urteil vom 8. November 2007 V R 2/06, BFHE 219, 428, BStBl II 2008, 634, unter II.2.b cc).

25

Danach reicht es für die Anerkennung als Einrichtung weder aus, dass der Kläger direkte vertragliche Beziehungen mit Gemeinden hinsichtlich der Nutzung von Schwimmbädern unterhielt, noch, dass Kosten auf der Grundlage von § 20 SGB V erstattet wurden. Denn die Gemeinden waren als Hallenbadbetreiber nicht als "Krankenkassen oder andere Einrichtungen der sozialen Sicherheit" tätig, während im Rahmen der Leistungserbringung nach § 20 SGB V keine vertraglichen Beziehungen zu den gesetzlichen Krankenkassen bestanden (vgl. auch Welti, in Becker/ Kingreen, SGB V, 3. Aufl., § 20 Rz 13). Im Übrigen kommt dem Kläger mit seinen Leistungen neben dem Kleinkindschwimmen (zu diesem s. oben II.2.) nicht der Charakter einer Einrichtung mit anerkannter vergleichbarer Zielsetzung wie öffentlichen Schulen oder Hochschulen zu.

26

(2) Die Steuerfreiheit für bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben (Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL, zuvor: Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG) kommt nicht in Betracht, da der Kläger keine Einrichtung ohne Gewinnstreben ist.

27

b) Im zweiten Rechtsgang wird zu berücksichtigen sein, dass der Kläger für Leistungen, die nicht steuerfrei sind, nicht den ermäßigten Steuersatz in Anspruch nehmen kann.

28

Zwar ordnet § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 UStG für die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze sowie für die Verabreichung von Heilbädern die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes an. In Bezug auf die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze beruht die Vorschrift auf Art. 98 Abs. 2 und 3 MwStSystRL i.V.m. Anhang III Nr. 14 (zuvor Art. 12 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG i.V.m. Anhang H Nr. 13), wie der Senat bereits entschieden hat (BFH-Urteil vom 11. Februar 2010 V R 30/08, BFH/NV 2010, 2125, unter II.2.a ee). Danach können die Mitgliedstaaten die Überlassung von Sportanlagen einem ermäßigten Steuersatz unterwerfen. Unionsrechtliche Grundlage für die Verabreichung von Heilbädern ist die Thermalbehandlung i.S. von Art. 98 Abs. 2 und 3 MwStSystRL i.V.m. Anhang III Nr. 17 (zuvor Art. 12 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG i.V.m. Anhang H Nr. 13). § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 UStG ist entsprechend diesen Bestimmungen auszulegen, wobei neben dem allgemeinen Grundsatz enger Auslegung von Ausnahmetatbeständen auch zu berücksichtigen ist, dass Vorschriften des nationalen Rechts auch dann eng auszulegen sind, wenn sie ansonsten nicht der Richtlinie entsprechen (BFH-Urteil vom 8. März 2012 V R 14/11, BFHE 237, 279, BStBl II 2012, 630, unter II.2.c bb).

29

Im Hinblick auf die unionsrechtliche Grundlage der Steuersatzermäßigung, die sich auf die Überlassung von Sportanlagen und damit auf eine Nutzungsüberlassung bezieht, ist es danach nicht möglich, die Erteilung von Schwimmunterricht als einen unmittelbar mit dem Betrieb eines Schwimmbads verbundenen Umsatz anzusehen. Sollte sich demgegenüber aus Abschn. 171 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Umsatzsteuer-Richtlinien 2005 ergeben, dass die Erteilung von Schwimmunterricht als eigenständige Leistung der Steuersatzermäßigung unterliegt, könnte sich der Senat dem nicht anschließen. Ebenso können Kurse wie "Aqua-Jogging" und "Aqua-Fitness" nicht als Verabreichung von Heilbädern angesehen werden, da insoweit unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Grundlagen eine Thermalbehandlung vorliegen müsste, an der es fehlt.

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4. Auf den geltend gemachten Verfahrensfehler kam es nicht mehr an.

(1) Die für Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 geschuldete Umsatzsteuer wird von Unternehmern, die im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ansässig sind, nicht erhoben, wenn der in Satz 2 bezeichnete Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 22 000 Euro nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50 000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird. Umsatz im Sinne des Satzes 1 ist der nach vereinnahmten Entgelten bemessene Gesamtumsatz, gekürzt um die darin enthaltenen Umsätze von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Satz 1 gilt nicht für die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6, § 13b Absatz 5, § 14c Abs. 2 und § 25b Abs. 2 geschuldete Steuer. In den Fällen des Satzes 1 finden die Vorschriften über die Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchstabe b, § 6a), über den Verzicht auf Steuerbefreiungen (§ 9), über den gesonderten Ausweis der Steuer in einer Rechnung (§ 14 Abs. 4), über die Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummern in einer Rechnung (§ 14a Abs. 1, 3 und 7) und über den Vorsteuerabzug (§ 15) keine Anwendung.

(2) Der Unternehmer kann dem Finanzamt bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung (§ 18 Abs. 3 und 4) erklären, dass er auf die Anwendung des Absatzes 1 verzichtet. Nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung bindet die Erklärung den Unternehmer mindestens für fünf Kalenderjahre. Sie kann nur mit Wirkung von Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen werden. Der Widerruf ist spätestens bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung des Kalenderjahres, für das er gelten soll, zu erklären.

(3) Gesamtumsatz ist die Summe der vom Unternehmer ausgeführten steuerbaren Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 abzüglich folgender Umsätze:

1.
der Umsätze, die nach § 4 Nr. 8 Buchstabe i, Nr. 9 Buchstabe b und Nummer 11 bis 29 steuerfrei sind;
2.
der Umsätze, die nach § 4 Nr. 8 Buchstabe a bis h, Nr. 9 Buchstabe a und Nr. 10 steuerfrei sind, wenn sie Hilfsumsätze sind.
Soweit der Unternehmer die Steuer nach vereinnahmten Entgelten berechnet (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 4 oder § 20), ist auch der Gesamtumsatz nach diesen Entgelten zu berechnen. Hat der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem Teil des Kalenderjahres ausgeübt, so ist der tatsächliche Gesamtumsatz in einen Jahresgesamtumsatz umzurechnen. Angefangene Kalendermonate sind bei der Umrechnung als volle Kalendermonate zu behandeln, es sei denn, dass die Umrechnung nach Tagen zu einem niedrigeren Jahresgesamtumsatz führt.

(4) Absatz 1 gilt nicht für die innergemeinschaftlichen Lieferungen neuer Fahrzeuge. § 15 Abs. 4a ist entsprechend anzuwenden.

(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind;
3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird;
4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist;
5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.

(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.

(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:

1.
steuerfreie Umsätze;
2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Gegenstände oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung einer Einfuhr oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwendet, sind den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte oder innergemeinschaftlich erworbene Gegenstand verwendet wird.

(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.

(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:

1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer.
2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre.
3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.

(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,

1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und
3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.

(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.

(2) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.

(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Aufwendungen der Finanzbehörden sind nicht zu erstatten.

(3) Gesetzlich vorgesehene Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistands, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, sind stets erstattungsfähig. Aufwendungen für einen Bevollmächtigten oder Beistand, für den Gebühren und Auslagen gesetzlich nicht vorgesehen sind, können bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühren und Auslagen der Rechtsanwälte erstattet werden. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind die Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistands für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Steht der Bevollmächtigte oder Beistand in einem Angestelltenverhältnis zu einem Beteiligten, so werden die durch seine Zuziehung entstandenen Gebühren nicht erstattet.

(4) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn das Gericht sie aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.