Bundesverwaltungsgericht Urteil, 25. Nov. 2010 - 2 WD 28/09

published on 25.11.2010 00:00
Bundesverwaltungsgericht Urteil, 25. Nov. 2010 - 2 WD 28/09
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Gericht

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Tatbestand

...

9

In dem durch ordnungsgemäß eingeleiteten gerichtlichen Disziplinarverfahren hat die Wehrdisziplinaranwaltschaft dem Soldaten mit Anschuldigungsschrift vom 8. August 2008 folgenden Sachverhalt als schuldhafte Verletzung seiner Dienstpflichten zur Last gelegt:

"Der Soldat befahl am 21.11.2007 auf dem Parkplatz des Guts G. im Rahmen der Grundausbildung Soldaten des II. Zuges der .../Gebirgssanitätsregiment ... in Grundstellung und ließ diese so angetretenen Soldaten mit dem gesamten Marschgepäck von 15 bis 18 Kilo bei minus 5 Grad Außentemperatur für ca. 30 bis 40 Minuten im Freien stehen, obwohl für ein derart langes Verweilen in Grundstellung keine dienstliche Notwendigkeit gegeben war, was dem Soldaten zumindest hätte bewusst sein können und müssen. Während dieser Zeit begab er sich in die Kantine des Guts G., um dort u.a. einen Kaffee zu trinken. Die Grundstellung wurde durch die Soldaten ununterbrochen beibehalten, was dazu führte, dass ein Soldat in Ohnmacht fiel."

...

11

Dem Vorschlag des Vorsitzenden Richters des Truppendienstgerichts, das gerichtliche Disziplinarverfahren gegen den Soldaten mit einem Disziplinargerichtsbescheid rechtskräftig zu beenden, stimmte die Wehrdisziplinaranwaltschaft wiederholt nicht zu. Eine für den 27. Januar 2009 anberaumte Hauptverhandlung vor dem Truppendienstgericht wurde aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht durchgeführt. Anstelle dessen wurden an jenem Tag vom Vorsitzenden in Anwesenheit der Beteiligten kommissarisch zwei Zeugen angehört.

12

Das Truppendienstgericht hat dann aufgrund der Hauptverhandlung vom 17. März 2009 durch Urteil vom selben Tag entschieden, dass gegen den Soldaten ein Beförderungsverbot für die Dauer von 12 Monaten ausgesprochen wird, und hat folgende Kostenentscheidung getroffen:

"Die Kosten des Verfahrens werden dem Soldaten auferlegt, allerdings mit Ausnahme der Kosten, die durch die Hauptverhandlung (vom 17. März 2009) sowie mit Ausnahme der Kosten, die für die auf den 27. Januar 2009 anberaumten, aber wieder abgesetzten Hauptverhandlung und schließlich mit Ausnahme der Kosten, die durch die kommissarische Zeugenvernehmung vom 27. Januar 2009 entstanden sind; diese für die Hauptverhandlung zuzüglich der durch die terminierte, aber wieder abgesetzten Hauptverhandlung einschließlich der durch die kommissarische Anhörung entstandenen Kosten werden genauso wie die dem Soldaten dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen dem Bund auferlegt."

...

14

Das Truppendienstgericht hat das angeschuldigte Verhalten des Soldaten im Wesentlichen als erwiesen angesehen und als vorsätzliche Verstöße gegen seine Pflicht zum treuen Dienen (§ 7 SG), seine Fürsorgepflicht (§ 10 Abs. 3 SG), seine Pflicht, Befehle insbesondere nur unter Beachtung der Gesetze und Dienstvorschriften zu erteilen (§ 10 Abs. 4 SG), seine Kameradschaftspflicht (§ 12 SG) sowie gegen seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG) gewertet. Diese schuldhaften Pflichtverletzungen stellten ein Dienstvergehen (§ 23 Abs. 1 SG) dar, das mit einem Beförderungsverbot für die Dauer von 12 Monaten zu ahnden sei.

...

16

Die Kostenentscheidung beruhe auf § 138 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2, § 140 Abs. 2 Satz 1 WDO.

17

Gegen das ihr am 1. April 2009 zugestellte Urteil hat die Wehrdisziplinaranwaltschaft am 28. April 2009 zuungunsten des Soldaten Berufung, beschränkt auf das Disziplinarmaß, eingelegt mit dem Antrag, ein 18-monatiges Beförderungsverbot nebst einer Kürzung seiner Dienstbezüge für 10 Monate um ein Zwanzigstel auszusprechen und die erstinstanzliche Kosten- und Auslagenentscheidung abzuändern. ...

Entscheidungsgründe

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Die gemäß § 115 Abs. 1 Satz 1, § 116 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 WDO form- und fristgerecht zuungunsten des Soldaten eingelegte Berufung der Wehrdisziplinaranwaltschaft ist in vollem Umfang begründet. Sie führt nicht nur zur Verlängerung der Laufzeit des erstinstanzlich verhängten Beförderungsverbots von 12 auf 18 Monate nebst der Verhängung einer Kürzung der Dienstbezüge auf die Dauer von 10 Monaten um ein Zwanzigstel, sondern auch zur Abänderung des erstinstanzlichen Ausspruchs über die Auferlegung der Verfahrenskosten sowie der notwendigen Auslagen des Soldaten.

21

1. Das Rechtsmittel ist ausdrücklich und auch nach seinem Inhalt auf die Disziplinarmaßnahme beschränkt eingelegt worden. Der Senat hat daher gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i.V.m. § 327 StPO die Tat- und Schuldfeststellungen sowie die disziplinarrechtliche Würdigung des Truppendienstgerichts seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Sodann hat er auf dieser Grundlage in der Sache über die angemessene Disziplinarmaßnahme und anschließend - als Annex zur Sachentscheidung - über die Auferlegung der erst- und zweitinstanzlichen Verfahrenskosten sowie der notwendigen Auslagen des Soldaten zu befinden. (wird zur Sachentscheidung näher ausgeführt)

56

4. Da die zuungunsten des Soldaten eingelegte Berufung der Wehrdisziplinaranwaltschaft Erfolg hat, hat der Soldat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen (§ 139 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 WDO). Es gibt keine Billigkeitsgesichtspunkte, den Soldaten gemäß § 139 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 WDO von diesen Kosten teilweise oder sogar ganz zu entlasten; nichts anderes gilt gemäß § 140 Abs. 3 Satz 3 WDO hinsichtlich der dem Soldaten im Berufungsverfahren erwachsenen notwendigen Auslagen.

57

Der Soldat hat grundsätzlich auch gemäß § 138 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 i.V.m. § 140 Abs. 2 Satz 1 WDO die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einschließlich seiner eigenen notwendigen Auslagen zu tragen, da er vom Truppendienstgericht zu Recht verurteilt worden ist. Es entspricht jedoch der Billigkeit, ihn gemäß § 138 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 i.V.m. § 140 Abs. 2 Satz 1 WDO von den Verfahrenskosten einschließlich seiner eigenen notwendigen Auslagen insoweit zu entlasten, als diese durch seine Gestellung zu dem für den 27. Januar 2009 anberaumten Hauptverhandlungstermin entstanden sind; diese werden dem Bund auferlegt. Der Umstand, dass der Termin am 27. Januar 2009 nicht als Hauptverhandlung im Sinne der §§ 103 ff. WDO stattfinden konnte, fiel nicht in den Verantwortungsbereich des Soldaten.

58

Für weitere erstinstanzliche Billigkeitsentscheidungen zugunsten des Soldaten ist - entgegen der Auffassung der Vorinstanz - kein Raum. Zwar ist die Hauptverhandlung vom 17. März 2009 - anstelle der nicht durchgeführten Hauptverhandlung vom 27. Januar 2009 - dadurch notwendig geworden, dass der Wehrdisziplinaranwalt der Ankündigung des Vorsitzenden des Truppendienstgerichts, durch Disziplinargerichtsbescheid gemäß § 102 WDO zu entscheiden, widersprochen hatte. Das kann aber nicht generell zu einer Kostenbelastung des Bundes nach dem Verursacherprinzip führen. Wie die Regelung des § 102 Abs. 1 Satz 2 WDO zeigt, wonach ein Disziplinargerichtsbescheid u.a. nur dann ergehen darf, wenn der Soldat und der Wehrdisziplinaranwalt mit Zustimmung der Einleitungsbehörde und des Bundeswehrdisziplinaranwalts nicht widersprechen, ist es das gute Recht der Beteiligten, ohne Angabe von Gründen auf einer Hauptverhandlung zu bestehen. Dieses Recht kann ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung nicht durch eine für den Beteiligten nachteilige Kostenentscheidung in Frage gestellt werden. Insbesondere ist es nicht zulässig, über die Kostenfrage mittelbar auf den Beteiligten Druck auszuüben, dem vorgeschlagenen Verfahren zuzustimmen.

59

Die Kostenentscheidung lässt sich auch nicht durch Billigkeitsgesichtspunkte rechtfertigen; denn eine disziplinargerichtliche Hauptverhandlung gehört als Folge einer Verletzung von Dienstpflichten regelmäßig zum Risikobereich eines Soldaten. Ein Soldat, der sich eines im gerichtlichen Disziplinarverfahren zu verfolgenden Dienstvergehens schuldig gemacht hat, muss grundsätzlich mit der Durchführung einer disziplinargerichtlichen Hauptverhandlung rechnen. Es erscheint daher keineswegs unbillig, den Soldaten mit den Kosten der Hauptverhandlung vom 17. März 2009 - einschließlich seiner insoweit eigenen notwendigen Auslagen - zu belasten (vgl. zur entsprechenden Fallkonstellation nach der Bundesdisziplinarordnung, Urteil vom 13. Mai 1981 - BVerwG 1 D 21.80 - BVerwGE 73, 178 <182> m.w.N.). Nichts anderes gilt im Hinblick auf die durch die kommissarische Anhörung der Zeugen am 27. Januar 2009 entstandenen Kosten (und notwendigen Auslagen). Es handelt sich insoweit nicht um vermeidbare, sondern um vorgezogene Kosten, die ohnehin entstanden wären. Andernfalls hätten die Zeugen zur Hauptverhandlung am 17. März 2009 geladen und dort vernommen werden müssen (vgl. § 103 Abs. 1 Satz 2, § 106 WDO).

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(1) Der Soldat hat Disziplin zu wahren und die dienstliche Stellung des Vorgesetzten in seiner Person auch außerhalb des Dienstes zu achten. (2) Sein Verhalten muss dem Ansehen der Bundeswehr sowie der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, di

(1) Der Vorgesetzte soll in seiner Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel geben. (2) Er hat die Pflicht zur Dienstaufsicht und ist für die Disziplin seiner Untergebenen verantwortlich. (3) Er hat für seine Untergebenen zu sorgen. (4) E

Der Soldat hat die Pflicht, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen.

Annotations

Der Soldat hat die Pflicht, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen.

(1) Der Vorgesetzte soll in seiner Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel geben.

(2) Er hat die Pflicht zur Dienstaufsicht und ist für die Disziplin seiner Untergebenen verantwortlich.

(3) Er hat für seine Untergebenen zu sorgen.

(4) Er darf Befehle nur zu dienstlichen Zwecken und nur unter Beachtung der Regeln des Völkerrechts, der Gesetze und der Dienstvorschriften erteilen.

(5) Er trägt für seine Befehle die Verantwortung. Befehle hat er in der den Umständen angemessenen Weise durchzusetzen.

(6) Offiziere und Unteroffiziere haben innerhalb und außerhalb des Dienstes bei ihren Äußerungen die Zurückhaltung zu wahren, die erforderlich ist, um das Vertrauen als Vorgesetzte zu erhalten.

Der Zusammenhalt der Bundeswehr beruht wesentlich auf Kameradschaft. Sie verpflichtet alle Soldaten, die Würde, die Ehre und die Rechte des Kameraden zu achten und ihm in Not und Gefahr beizustehen. Das schließt gegenseitige Anerkennung, Rücksicht und Achtung fremder Anschauungen ein.

(1) Der Soldat hat Disziplin zu wahren und die dienstliche Stellung des Vorgesetzten in seiner Person auch außerhalb des Dienstes zu achten.

(2) Sein Verhalten muss dem Ansehen der Bundeswehr sowie der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die sein Dienst als Soldat erfordert. Der Soldat darf innerhalb der dienstlichen Unterkünfte und Anlagen auch während der Freizeit sein Gesicht nicht verhüllen, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies. Außer Dienst hat sich der Soldat außerhalb der dienstlichen Unterkünfte und Anlagen so zu verhalten, dass er das Ansehen der Bundeswehr oder die Achtung und das Vertrauen, die seine dienstliche Stellung erfordert, nicht ernsthaft beeinträchtigt.

(3) Ein Offizier oder Unteroffizier muss auch nach seinem Ausscheiden aus dem Wehrdienst der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die für seine Wiederverwendung in seinem Dienstgrad erforderlich sind.

(4) (weggefallen)

(1) Der Soldat begeht ein Dienstvergehen, wenn er schuldhaft seine Pflichten verletzt.

(2) Es gilt als Dienstvergehen,

1.
wenn ein Soldat nach seinem Ausscheiden aus dem Wehrdienst seine Pflicht zur Verschwiegenheit verletzt oder gegen das Verbot verstößt, Belohnungen oder Geschenke anzunehmen oder eine Tätigkeit nach § 20a nicht anzeigt oder entgegen einem Verbot ausübt,
2.
wenn sich ein Offizier oder Unteroffizier nach seinem Ausscheiden aus dem Wehrdienst gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigt oder durch unwürdiges Verhalten nicht der Achtung und dem Vertrauen gerecht wird, die für seine Wiederverwendung als Vorgesetzter erforderlich sind,
3.
wenn ein Berufssoldat nach Eintritt oder Versetzung in den Ruhestand einer erneuten Berufung in das Dienstverhältnis nicht nachkommt.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regelt die Wehrdisziplinarordnung.

(1) Die dem Soldaten erwachsenen notwendigen Auslagen sind dem Bund aufzuerlegen, wenn der Soldat freigesprochen oder das gerichtliche Disziplinarverfahren aus anderen als den in § 138 Abs. 2 bezeichneten Gründen eingestellt wird.

(2) Die dem verurteilten Soldaten erwachsenen notwendigen Auslagen sind teilweise oder ganz dem Bund aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, den Soldaten damit zu belasten. Satz 1 gilt auch, wenn die zur Anschuldigung gestellten Pflichtverletzungen nur zum Teil die Grundlage der Verurteilung bilden oder durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände dem Soldaten besondere Auslagen erwachsen und diese Untersuchungen zu Gunsten des Soldaten ausgegangen sind.

(3) Wird ein Rechtsmittel vom Wehrdisziplinaranwalt zu Ungunsten des Soldaten eingelegt und wird es zurückgenommen oder bleibt es erfolglos, sind die dem Soldaten im Rechtsmittelverfahren erwachsenen notwendigen Auslagen dem Bund aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn ein vom Wehrdisziplinaranwalt zu Gunsten des Soldaten eingelegtes Rechtsmittel Erfolg hat. Hat ein zu Ungunsten des Soldaten eingelegtes Rechtsmittel des Wehrdisziplinaranwalts Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen, die dem Soldaten im Rechtsmittelverfahren erwachsen sind, teilweise oder ganz dem Bund aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, den Soldaten damit zu belasten.

(4) Hat der Soldat das Rechtsmittel beschränkt und hat es Erfolg, sind die notwendigen Auslagen des Soldaten dem Bund aufzuerlegen.

(5) Hat ein Rechtsmittel teilweise Erfolg, gilt § 139 Abs. 3 entsprechend. Bei einem in vollem Umfang erfolglosen Rechtsmittel des Soldaten ist es unzulässig, die notwendigen Auslagen, die diesem im Rechtsmittelverfahren erwachsen sind, ganz oder teilweise dem Bund aufzuerlegen.

(6) Notwendige Auslagen, die dem Soldaten durch schuldhafte Säumnis erwachsen sind, werden dem Bund nicht auferlegt.

(7) Die notwendigen Auslagen des Soldaten werden dem Bund nicht auferlegt, wenn der Soldat die Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens dadurch veranlasst hat, dass er vorgetäuscht hat, das ihm zur Last gelegte Dienstvergehen begangen zu haben. Es kann davon abgesehen werden, die notwendigen Auslagen des Soldaten dem Bund aufzuerlegen, wenn

1.
der Soldat das gerichtliche Disziplinarverfahren dadurch veranlasst hat, dass er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zu dem gegen ihn erhobenen Vorwurf geäußert hat,
2.
gegen den Soldaten wegen eines Dienstvergehens eine Disziplinarmaßnahme im gerichtlichen Disziplinarverfahren nur deshalb nicht verhängt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht,
3.
das Wehrdienstgericht das Verfahren nach § 108 Abs. 3 Satz 2 einstellt,
4.
die Einleitungsbehörde das gerichtliche Disziplinarverfahren einstellt und eine einfache Disziplinarmaßnahme verhängt.

(8) Zu den notwendigen Auslagen gehören auch

1.
die Entschädigung für eine notwendige Zeitversäumnis nach den Vorschriften, die für die Entschädigung von Zeugen gelten, wenn kein Anspruch auf Dienst- oder Versorgungsbezüge besteht,
2.
die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts, soweit sie nach § 91 Abs. 2 der Zivilprozessordnung zu erstatten wären, sowie die Auslagen eines sonstigen Verteidigers.

(9) Für die Vorermittlungen nach § 92, die Antragsverfahren nach § 92 Abs. 4, § 95 Abs. 2, § 98 Abs. 3 Satz 2, § 121a, § 127 Abs. 4 und § 128 sowie im Wiederaufnahmeverfahren gelten die Absätze 1 bis 8 sinngemäß.

(1) Gegen das Urteil des Truppendienstgerichts ist bis zum Ablauf eines Monats nach seiner Zustellung die Berufung an das Bundesverwaltungsgericht zulässig. Befindet sich der Soldat aus dienstlichen Gründen im Ausland, kann der Vorsitzende der Truppendienstkammer die Berufungsfrist durch eine Verfügung, die zugleich mit dem Urteil zuzustellen ist, angemessen verlängern.

(2) Ist in dem von dem Soldaten angefochtenen Urteil ein Unterhaltsbeitrag bewilligt worden, kann die Entscheidung zu seinem Nachteil nur geändert werden, wenn der Bundeswehrdisziplinaranwalt dies bis zum Schluss der Hauptverhandlung beantragt.

(1) Die Berufung ist bei dem Truppendienstgericht einzulegen. Die Berufungsfrist wird auch gewahrt, wenn während ihres Laufs die Berufung beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt wird. § 112 gilt entsprechend.

(2) In der Berufungsschrift ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen und anzugeben, inwieweit es angefochten wird und welche Änderungen beantragt werden. Die Anträge sind zu begründen.

(1) Zur Ergänzung der Vorschriften dieses Gesetzes über das gerichtliche Disziplinarverfahren sind die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes, insbesondere über Sitzungspolizei, Gerichtssprache, Beratung und Abstimmung, und die Vorschriften der Strafprozessordnung sowie § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung anzuwenden, soweit nicht die Eigenart des gerichtlichen Disziplinarverfahrens entgegensteht. An die Stelle der in diesen Gesetzen genannten Fristen von einer Woche tritt jeweils eine Frist von zwei Wochen. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Bundesgerichtshofs die Wehrdienstsenate beim Bundesverwaltungsgericht treten und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt; auf das Verfahren des Wehrdisziplinaranwalts vor Vorlage der Anschuldigungsschrift beim Truppendienstgericht sind sie jedoch nicht anzuwenden.

(2) Die Wehrdienstgerichte entscheiden mit einfacher Stimmenmehrheit.

Der Prüfung des Gerichts unterliegt das Urteil nur, soweit es angefochten ist.

(1) Die dem Soldaten erwachsenen notwendigen Auslagen sind dem Bund aufzuerlegen, wenn der Soldat freigesprochen oder das gerichtliche Disziplinarverfahren aus anderen als den in § 138 Abs. 2 bezeichneten Gründen eingestellt wird.

(2) Die dem verurteilten Soldaten erwachsenen notwendigen Auslagen sind teilweise oder ganz dem Bund aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, den Soldaten damit zu belasten. Satz 1 gilt auch, wenn die zur Anschuldigung gestellten Pflichtverletzungen nur zum Teil die Grundlage der Verurteilung bilden oder durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände dem Soldaten besondere Auslagen erwachsen und diese Untersuchungen zu Gunsten des Soldaten ausgegangen sind.

(3) Wird ein Rechtsmittel vom Wehrdisziplinaranwalt zu Ungunsten des Soldaten eingelegt und wird es zurückgenommen oder bleibt es erfolglos, sind die dem Soldaten im Rechtsmittelverfahren erwachsenen notwendigen Auslagen dem Bund aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn ein vom Wehrdisziplinaranwalt zu Gunsten des Soldaten eingelegtes Rechtsmittel Erfolg hat. Hat ein zu Ungunsten des Soldaten eingelegtes Rechtsmittel des Wehrdisziplinaranwalts Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen, die dem Soldaten im Rechtsmittelverfahren erwachsen sind, teilweise oder ganz dem Bund aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, den Soldaten damit zu belasten.

(4) Hat der Soldat das Rechtsmittel beschränkt und hat es Erfolg, sind die notwendigen Auslagen des Soldaten dem Bund aufzuerlegen.

(5) Hat ein Rechtsmittel teilweise Erfolg, gilt § 139 Abs. 3 entsprechend. Bei einem in vollem Umfang erfolglosen Rechtsmittel des Soldaten ist es unzulässig, die notwendigen Auslagen, die diesem im Rechtsmittelverfahren erwachsen sind, ganz oder teilweise dem Bund aufzuerlegen.

(6) Notwendige Auslagen, die dem Soldaten durch schuldhafte Säumnis erwachsen sind, werden dem Bund nicht auferlegt.

(7) Die notwendigen Auslagen des Soldaten werden dem Bund nicht auferlegt, wenn der Soldat die Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens dadurch veranlasst hat, dass er vorgetäuscht hat, das ihm zur Last gelegte Dienstvergehen begangen zu haben. Es kann davon abgesehen werden, die notwendigen Auslagen des Soldaten dem Bund aufzuerlegen, wenn

1.
der Soldat das gerichtliche Disziplinarverfahren dadurch veranlasst hat, dass er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zu dem gegen ihn erhobenen Vorwurf geäußert hat,
2.
gegen den Soldaten wegen eines Dienstvergehens eine Disziplinarmaßnahme im gerichtlichen Disziplinarverfahren nur deshalb nicht verhängt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht,
3.
das Wehrdienstgericht das Verfahren nach § 108 Abs. 3 Satz 2 einstellt,
4.
die Einleitungsbehörde das gerichtliche Disziplinarverfahren einstellt und eine einfache Disziplinarmaßnahme verhängt.

(8) Zu den notwendigen Auslagen gehören auch

1.
die Entschädigung für eine notwendige Zeitversäumnis nach den Vorschriften, die für die Entschädigung von Zeugen gelten, wenn kein Anspruch auf Dienst- oder Versorgungsbezüge besteht,
2.
die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts, soweit sie nach § 91 Abs. 2 der Zivilprozessordnung zu erstatten wären, sowie die Auslagen eines sonstigen Verteidigers.

(9) Für die Vorermittlungen nach § 92, die Antragsverfahren nach § 92 Abs. 4, § 95 Abs. 2, § 98 Abs. 3 Satz 2, § 121a, § 127 Abs. 4 und § 128 sowie im Wiederaufnahmeverfahren gelten die Absätze 1 bis 8 sinngemäß.

(1) Der Vorsitzende kann durch Disziplinargerichtsbescheid

1.
die erforderliche Disziplinarmaßnahme verhängen, wenn keine höhere Disziplinarmaßnahme als ein Beförderungsverbot oder ein Beförderungsverbot mit Kürzung der Dienstbezüge oder eine Kürzung des Ruhegehalts verwirkt ist,
2.
auf Freispruch erkennen oder
3.
das Verfahren einstellen, wenn dies aus den Gründen des § 98 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 geboten ist.
Ein Disziplinargerichtsbescheid darf nur ergehen, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und wenn der Wehrdisziplinaranwalt mit Zustimmung der Einleitungsbehörde und des Bundeswehrdisziplinaranwalts sowie der Soldat der Verhängung einer bestimmten Disziplinarmaßnahme, dem Freispruch oder der Einstellung ohne Hauptverhandlung nicht widersprechen.

(2) Der Disziplinargerichtsbescheid ergeht durch Beschluss und ist zu begründen. Er steht mit seiner Zustellung an den Soldaten einem rechtskräftigen Urteil gleich.

(1) Nach Ablauf der Frist des § 100 setzt der Vorsitzende den Termin zur Hauptverhandlung an und lädt hierzu den Wehrdisziplinaranwalt, den Soldaten und seinen Verteidiger. Er lädt ferner die Zeugen und Sachverständigen, deren Erscheinen er für erforderlich hält; ihre Namen sind in den Ladungen des Wehrdisziplinaranwalts, des Soldaten und seines Verteidigers anzugeben. Er lässt andere Beweismittel herbeischaffen, die er für notwendig hält.

(2) Zwischen der Zustellung oder Bekanntgabe der Ladung und der Hauptverhandlung muss eine Frist von mindestens einer Woche liegen, wenn der Soldat nicht auf die Einhaltung der Frist verzichtet; es gilt als Verzicht, wenn der Soldat sich auf die Hauptverhandlung eingelassen hat, ohne zu rügen, dass die Frist nicht eingehalten sei.

(1) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(2) In der Hauptverhandlung können Niederschriften über Beweiserhebungen aus einem gerichtlichen Verfahren durch Verlesen zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht werden. Einer nochmaligen Vernehmung von Personen, deren Aussage in einer richterlichen Niederschrift enthalten ist, bedarf es nicht. Für Niederschriften aus dem gerichtlichen Disziplinarverfahren gelten die Sätze 1 und 2 nur, wenn die Hauptverhandlung ohne Anwesenheit des Soldaten stattfindet. In diesem Fall können alle Niederschriften aus dem gerichtlichen Disziplinarverfahren, den Vorermittlungen und den Ermittlungen des Disziplinarvorgesetzten verlesen werden. § 251 der Strafprozessordnung bleibt im Übrigen unberührt. Soweit die Personalunterlagen des Soldaten Tatsachen enthalten, die für die Gesamtbeurteilung erheblich sein können, sind sie vorzutragen.

(3) Wird ohne Anwesenheit des Soldaten verhandelt, trägt der Vorsitzende zu Beginn der Hauptverhandlung in Abwesenheit der Zeugen das Ergebnis des bisherigen Verfahrens vor. Er kann im Fall der großen Besetzung einen weiteren Richter mit der Berichterstattung beauftragen.

(4) Zeugen und Sachverständige werden vernommen, soweit nicht der Soldat und der Wehrdisziplinaranwalt auf die Vernehmung verzichten oder das Truppendienstgericht sie für unerheblich erklärt. Der wesentliche Inhalt der Aussagen von Zeugen und Sachverständigen ist in die Niederschrift über die Hauptverhandlung aufzunehmen.