Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 29. Apr. 2015 - 1 BvR 1849/11
Gericht
Tenor
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1. Der Beschluss des Amtsgerichts Soest vom 10. Juni 2011 - 8 II Bh 292/11 - und die Nichtbescheidung des Beratungshilfeantrags vom 17. Mai 2011 verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.
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2. Der Beschluss des Amtsgerichts Soest wird aufgehoben. Die Sache wird an das Amtsgericht Soest zurückverwiesen.
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3. Das Land Nordrhein-Westfalen hat der Beschwerdeführerin die notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.
Gründe
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Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Gewährung von Beratungshilfe für ein sozialrechtliches Widerspruchsverfahren.
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I.
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Für die Einlegung eines Widerspruchs gegen die Ablehnung ihres Antrags auf eine Erwerbsminderungsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beantragte die Beschwerdeführerin beim Amtsgericht einen Berechtigungsschein für eine anwaltliche Beratung nach dem Gesetz über Rechtsberatung und Vertretung für Bürger mit geringem Einkommen (Beratungshilfegesetz, im Folgenden BerHG). Der Rechtspfleger beim Amtsgericht wies die Beschwerdeführerin mündlich darauf hin, dass sie schriftlich oder zur Niederschrift Widerspruch bei der Rentenversicherung einlegen oder sich an die im Bescheid genannte Auskunfts- und Beratungsstelle der Rentenversicherung wenden könne. Er stellte weder einen Berechtigungsschein aus noch beschied er den Antrag förmlich.
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Noch am selben Tag legte die Beschwerdeführerin "Erinnerung, hilfsweise Beschwerde" beim Amtsgericht ein, mit der sie konkret darlegte, aus welchen Gründen sie Widerspruch erheben wolle und aufgrund welcher Erkrankungen sie nicht in der Lage sei, das Widerspruchsverfahren ohne anwaltlichen Beistand zu betreiben. Die Richterin beim Amtsgericht wies die Erinnerung mit Beschluss vom 10. Juni 2011 zurück. Beratungshilfe sei nicht abgelehnt, sondern durch die Hinweise des Rechtspflegers gewährt worden. Die Sache sei damit gemäß § 3 Abs. 2 BerHG erledigt. Eine Bescheidung einer Ablehnung komme daher nicht in Betracht.
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Die Beschwerdeführerin richtete daraufhin einen als "Beschwerde" überschriebenen Schriftsatz an das Amtsgericht, in dem sie ausdrücklich eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör durch die Verweigerung von Beratungshilfe rügte. Das Amtsgericht half dem Rechtsbehelf nicht ab, weil es ihn für unzulässig hielt und legte ihn dem Landgericht vor, das im Hinblick auf die laufende Verfassungsbeschwerde bis heute nicht entschieden hat.
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Mit ihrer Verfassungsbeschwerde vom 19. Juli 2011 gegen den Beschluss vom 10. Juni 2011 rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 103 Abs. 1 GG und aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 und 3 GG sowie einen Verstoß gegen die Rechtsweggarantie. Im Übrigen erschwere die Praxis des Amtsgerichts, die Beratungshilfe mündlich zu verweigern statt eine schriftliche Ablehnung zu erlassen, die weitere Rechtsverfolgung und verstoße deswegen gegen das Gebot effektiven Rechtsschutzes. Diese Vorgehensweise sei willkürlich und verletze Art. 103 Abs. 1 GG.
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Das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hat zum Verfahren Stellung genommen.
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II.
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Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts der Beschwerdeführerin aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgebliche verfassungsrechtliche Frage, welche Anforderungen das Gebot der Rechtsschutzgleichheit an die Gewährung von Beratungshilfe für den außergerichtlichen Rechtsschutz stellt, ist durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden (vgl. BVerfGE 122, 39 <48 ff.>).
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Die Verfassungsbeschwerde ist danach offensichtlich begründet.
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1. Der Beschluss vom 10. Juni 2011 verstößt gegen das Gebot der Rechtsschutzgleichheit.
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a) Die Auslegung und Anwendung des Beratungshilfegesetzes obliegt in erster Linie den zuständigen Fachgerichten. Das Bundesverfassungsgericht kann hier nur dann eingreifen, wenn Verfassungsrecht verletzt ist, insbesondere wenn die angegriffenen Entscheidungen Fehler erkennen lassen, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der in Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verbürgten Rechtswahrnehmungsgleichheit, die auch im außergerichtlichen Bereich Geltung beansprucht (vgl. BVerfGE 122, 39 <50>; BVerfGK 15, 585 <586>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 12. Juni 2007 - 1 BvR 1014/07 -, NJW-RR 2007, S. 1369), beruhen. Die Fachgerichte überschreiten den Entscheidungsspielraum, der ihnen bei der Auslegung der Bestimmungen des Beratungshilfegesetzes zukommt, jenseits der Willkürgrenze erst dann, wenn sie einen Auslegungsmaßstab verwenden, durch den einer unbemittelten Partei im Vergleich zur bemittelten die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung unverhältnismäßig erschwert wird (vgl. BVerfGE 81, 347 <358>).
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b) Das Grundgesetz verbürgt in Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 und 3 GG - für den Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt mit Art. 19 Abs. 4 GG - den Anspruch auf grundsätzlich gleiche Chancen von Bemittelten und Unbemittelten bei der Durchsetzung ihrer Rechte auch im außergerichtlichen Bereich, somit auch im Hinblick auf die Beratungshilfe nach dem Beratungshilfegesetz (vgl. BVerfGE 122, 39 <48 ff.>). Dabei müssen Unbemittelte nur solchen Bemittelten gleichgestellt werden, die bei ihrer Entscheidung für die Inanspruchnahme von Rechtsrat auch die hierdurch entstehenden Kosten berücksichtigen und vernünftig abwägen (vgl. BVerfGE 81, 347 <357>; 122, 39 <51>) und insbesondere prüfen, inwieweit sie fremde Hilfe zur effektiven Ausübung ihrer Verfahrensrechte brauchen oder diese selbst geltend machen können (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 27. Juni 2014 - 1 BvR 256/14, 1 BvR 260/14, 1 BvR 269/14, 1 BvR 301/14, 1 BvR 348/14, 1 BvR 349/14, 1 BvR 350/14, 1 BvR 458/14, 1 BvR 700/14, 1 BvR 81 BvR 805/14, 1 BvR 81 BvR 848/14 -, juris, Rn. 6).
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Es verstößt nicht gegen das Gebot der Rechtswahrnehmungsgleichheit, wenn keine Beratungshilfe zugesprochen wird, weil ausreichende Selbsthilfemöglichkeiten bestehen, aufgrund derer auch Bemittelte die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe vernünftigerweise nicht in Betracht ziehen würden (vgl. BVerfGK 15, 438 <444>). Ob Rechtsuchende zumutbar auf Möglichkeiten der Selbsthilfe verwiesen werden können, haben die Fachgerichte unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Insbesondere kommt es darauf an, ob der dem Beratungsanliegen zugrunde liegende Sachverhalt schwierige Tatsachen- oder Rechtsfragen aufwirft, ob Rechtsuchende selbst über ausreichende Rechtskenntnisse verfügen (vgl. BVerfGK 15, 438 <444>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 28. September 2010 - 1 BvR 623/10 -, juris, Rn. 13) oder ob Beratung durch Dritte für sie tatsächlich erreichbar ist. Keine zumutbare Selbsthilfemöglichkeit ist jedoch die pauschale Verweisung auf die Beratungspflicht der den Bescheid erlassenden Behörde (vgl. BVerfGK 15, 438 <444>; 15, 585 <586>; 18, 10 <13>).
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c) Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Entscheidung über die Gewährung von Beratungshilfe genügt der angegriffene Beschluss des Amtsgerichts nicht. Das Amtsgericht hätte der von der Beschwerdeführerin eingelegten Erinnerung abhelfen und den beantragten Berechtigungsschein für Beratungshilfe erteilen müssen.
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Das Amtsgericht durfte nicht davon ausgehen, dass sich das Beratungshilfebegehren der Beschwerdeführerin nach § 3 Abs. 2 BerHG erledigt hat, weil die Beratungshilfe durch die Hinweise des Rechtspflegers auf Selbsthilfe oder auf die Inanspruchnahme der Beratungsstelle des Rentenversicherungsträgers durch das Amtsgericht selbst gewährt worden sei. Dass sich das Beratungshilfebegehren durch diese Hinweise nicht erledigt hat, ergibt sich bereits daraus, dass die Beschwerdeführerin ausdrücklich einen Beratungshilfeschein für die Konsultation eines Rechtsanwalts beantragt hatte.
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Zudem wird der Verweis auf Selbsthilfe dem Anspruch der Beschwerdeführerin auf Rechtsschutzgleichheit nicht gerecht. Auch wenn der die Rentengewährung ablehnende Bescheid keine Rechtsbehelfsbelehrung enthält, ging der Hinweis des Rechtspflegers, die Beschwerdeführerin könne selbst Widerspruch erheben, ins Leere, weil ihr der Rechtsbehelf bei Beantragung der Beratungshilfe bereits bekannt und sie auch zu dessen Nutzung entschlossen war. Aufgrund des mit der Erinnerung von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Sachverhalts war hinreichend deutlich, dass das von ihr beabsichtigte Widerspruchsverfahren tatsächliche und rechtliche Fragen aufwirft, für deren Klärung auch ein kostenbewusster solventer Rechtsuchender einen Rechtsanwalt in Anspruch nähme anstatt selbst Widerspruch zu erheben. Besondere Rechtskenntnisse der Beschwerdeführerin, die sie zur eigenen Vertretung in der Angelegenheit befähigen könnten, sind nicht erkennbar.
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Auch soweit das Amtsgericht die Inanspruchnahme der Beratungsstelle des Rentenversicherungsträgers als andere zur Verfügung stehende Hilfemöglichkeit nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG für zumutbar erachtet hat, wird die Rechtsschutzgleichheit der Beschwerdeführerin verletzt. Der Begriff der Zumutbarkeit wird von den Fachgerichten überdehnt, wenn ein Rechtsuchender - wie vorliegend die Beschwerdeführerin - für das Widerspruchsverfahren zur Beratung an dieselbe Behörde verwiesen wird, gegen die er sich mit dem Widerspruch richtet (vgl. BVerfGK 15, 585 <586>).
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2. Die Nichtbescheidung des Beratungshilfeantrags durch den Rechtspfleger verletzt ebenfalls die Rechtsschutzgleichheit der Beschwerdeführerin.
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Da sich der Beratungshilfeantrag der Beschwerdeführerin nicht durch die Erteilung seiner Hinweise erledigt hat, hätte der Rechtspfleger über die Zurückweisung - nach § 5 BerHG in Verbindung mit §§ 38, 39 FamFG durch einen zu begründenden und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehenden Beschluss (vgl. Groß, Beratungshilfe/Prozesskostenhilfe/Verfahrenskostenhilfe, 12. Aufl. 2014, § 6 BerHG Rn. 4 und 18) - entscheiden müssen. Die hiervon abweichende Vorgehensweise des Rechtspflegers verkennt den Anspruch der Beschwerdeführerin auf weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten im Bereich des außergerichtlichen Rechtsschutzes. Sie erschwert ohne erkennbaren Sachgrund den Zugang der Beschwerdeführerin zu Rechtsberatung für das von ihr beabsichtigte Widerspruchsverfahren. Im Übrigen erschwert eine solche Verfahrensweise auch generell die Durchsetzung des Anspruchs auf Beratungshilfe, weil ein vor Bewilligung von Beratungshilfe in der Regel noch nicht anwaltlich vertretener Antragsteller mangels eines mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Beschlusses nicht ohne weiteres weiß, dass und wie er gegen die Versagung der Beratungshilfe vorgehen kann.
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Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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(1) Die Beratungshilfe wird durch Rechtsanwälte und durch Rechtsbeistände, die Mitglied einer Rechtsanwaltskammer sind, gewährt. Im Umfang ihrer jeweiligen Befugnis zur Rechtsberatung wird sie auch gewährt durch
- 1.
Steuerberater und Steuerbevollmächtigte, - 2.
Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer sowie - 3.
Rentenberater.
(2) Die Beratungshilfe kann auch durch das Amtsgericht gewährt werden, soweit dem Anliegen durch eine sofortige Auskunft, einen Hinweis auf andere Möglichkeiten für Hilfe oder die Aufnahme eines Antrags oder einer Erklärung entsprochen werden kann.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Liegen die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 Buchstabe b vor und ist die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgebliche verfassungsrechtliche Frage durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, kann die Kammer der Verfassungsbeschwerde stattgeben, wenn sie offensichtlich begründet ist. Der Beschluß steht einer Entscheidung des Senats gleich. Eine Entscheidung, die mit der Wirkung des § 31 Abs. 2 ausspricht, daß ein Gesetz mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht unvereinbar oder nichtig ist, bleibt dem Senat vorbehalten.
(2) Auf das Verfahren finden § 94 Abs. 2 und 3 und § 95 Abs. 1 und 2 Anwendung.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Die Beratungshilfe wird durch Rechtsanwälte und durch Rechtsbeistände, die Mitglied einer Rechtsanwaltskammer sind, gewährt. Im Umfang ihrer jeweiligen Befugnis zur Rechtsberatung wird sie auch gewährt durch
- 1.
Steuerberater und Steuerbevollmächtigte, - 2.
Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer sowie - 3.
Rentenberater.
(2) Die Beratungshilfe kann auch durch das Amtsgericht gewährt werden, soweit dem Anliegen durch eine sofortige Auskunft, einen Hinweis auf andere Möglichkeiten für Hilfe oder die Aufnahme eines Antrags oder einer Erklärung entsprochen werden kann.
(1) Hilfe für die Wahrnehmung von Rechten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens und im obligatorischen Güteverfahren nach § 15a des Gesetzes betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung (Beratungshilfe) wird auf Antrag gewährt, wenn
- 1.
Rechtsuchende die erforderlichen Mittel nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht aufbringen können, - 2.
keine anderen Möglichkeiten für eine Hilfe zur Verfügung stehen, deren Inanspruchnahme den Rechtsuchenden zuzumuten ist, - 3.
die Inanspruchnahme der Beratungshilfe nicht mutwillig erscheint.
(2) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 sind gegeben, wenn den Rechtsuchenden Prozeßkostenhilfe nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung ohne einen eigenen Beitrag zu den Kosten zu gewähren wäre. Die Möglichkeit, sich durch einen Rechtsanwalt unentgeltlich oder gegen Vereinbarung eines Erfolgshonorars beraten oder vertreten zu lassen, ist keine andere Möglichkeit der Hilfe im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2.
(3) Mutwilligkeit liegt vor, wenn Beratungshilfe in Anspruch genommen werden soll, obwohl Rechtsuchende, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen keine Beratungshilfe beanspruchen können, bei verständiger Würdigung aller Umstände der Rechtsangelegenheit davon absehen würden, sich auf eigene Kosten rechtlich beraten oder vertreten zu lassen. Bei der Beurteilung der Mutwilligkeit sind die Kenntnisse und Fähigkeiten der Rechtsuchenden sowie ihre besondere wirtschaftliche Lage zu berücksichtigen.
Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist. § 185 Abs. 3 und § 189 Abs. 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes gelten entsprechend.
(1) Das Gericht entscheidet durch Beschluss, soweit durch die Entscheidung der Verfahrensgegenstand ganz oder teilweise erledigt wird (Endentscheidung). Für Registersachen kann durch Gesetz Abweichendes bestimmt werden.
(2) Der Beschluss enthält
- 1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten; - 2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Gerichtspersonen, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben; - 3.
die Beschlussformel.
(3) Der Beschluss ist zu begründen. Er ist zu unterschreiben. Das Datum der Übergabe des Beschlusses an die Geschäftsstelle oder der Bekanntgabe durch Verlesen der Beschlussformel (Erlass) ist auf dem Beschluss zu vermerken.
(4) Einer Begründung bedarf es nicht, soweit
- 1.
die Entscheidung auf Grund eines Anerkenntnisses oder Verzichts oder als Versäumnisentscheidung ergeht und entsprechend bezeichnet ist, - 2.
gleichgerichteten Anträgen der Beteiligten stattgegeben wird oder der Beschluss nicht dem erklärten Willen eines Beteiligten widerspricht oder - 3.
der Beschluss in Gegenwart aller Beteiligten mündlich bekannt gegeben wurde und alle Beteiligten auf Rechtsmittel verzichtet haben.
(5) Absatz 4 ist nicht anzuwenden:
- 1.
in Ehesachen, mit Ausnahme der eine Scheidung aussprechenden Entscheidung; - 2.
in Abstammungssachen; - 3.
in Betreuungssachen; - 4.
wenn zu erwarten ist, dass der Beschluss im Ausland geltend gemacht werden wird.
(6) Soll ein ohne Begründung hergestellter Beschluss im Ausland geltend gemacht werden, gelten die Vorschriften über die Vervollständigung von Versäumnis- und Anerkenntnisentscheidungen entsprechend.
Jeder Beschluss hat eine Belehrung über das statthafte Rechtsmittel, den Einspruch, den Widerspruch oder die Erinnerung sowie das Gericht, bei dem diese Rechtsbehelfe einzulegen sind, dessen Sitz und die einzuhaltende Form und Frist zu enthalten. Über die Sprungrechtsbeschwerde muss nicht belehrt werden.
(1) Erweist sich der Antrag auf Verwirkung der Grundrechte (§ 13 Nr. 1), die Anklage gegen den Bundespräsidenten (§ 13 Nr. 4) oder einen Richter (§ 13 Nr. 9) als unbegründet, so sind dem Antragsgegner oder dem Angeklagten die notwendigen Auslagen einschließlich der Kosten der Verteidigung zu ersetzen.
(2) Erweist sich eine Verfassungsbeschwerde als begründet, so sind dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise zu erstatten.
(3) In den übrigen Fällen kann das Bundesverfassungsgericht volle oder teilweise Erstattung der Auslagen anordnen.