Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 29. Juli 2015 - 1 BvR 1468/15
Gründe
-
I.
- 1
-
Der nicht sorgeberechtigte Beschwerdeführer begehrt Umgang mit seinem im Jahr 2014 geborenen Sohn.
- 2
-
1. Mit angegriffenem Beschluss vom 21. Mai 2015 wies das Amtsgericht den Antrag des Beschwerdeführers auf einstweilige Regelung des Umgangs zurück. Ein unbegleiteter Umgang komme nicht in Betracht, da sich zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Sohn bislang keine Bindung habe entwickeln können und eine Herausnahme des Kindes aus seinem gewohnten Umfeld ohne vertraute Begleitperson, sei es auch nur für wenige Stunden, das Kind in seiner gegenwärtigen Situation zu stark verunsichern würde. Zwar sei ein begleiteter Umgang grundsätzlich zu befürworten. Ein solcher könne allerdings nicht angeordnet werden, da begleiteter Umgang nach § 1684 Abs. 4 Satz 3 BGB die Bereitschaft einer Begleitperson an seiner Durchführung voraussetze und sich bislang kein mitwirkungsbereiter Dritter habe finden lassen. Der Jugendhilfeträger habe die Begleitung des Umgangs wegen fehlender Kooperationsbereitschaft des Beschwerdeführers abgelehnt. Für das Familiengericht bestehe nach der geltenden Gesetzeslage keine Möglichkeit, einen Dritten gegen seinen Willen zur Umgangsbegleitung zu verpflichten.
- 3
-
2. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seines Elternrechts aus Art. 6 Abs. 2 GG und beantragt gleichzeitig den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Umgangsregelung. Wenn das Gericht zu der Auffassung gelange, dass begleitete Umgangskontakte grundsätzlich kindeswohldienlich seien, hätte es diese auch anordnen müssen. Es dürfe nicht sehenden Auges eine sachlich falsche Entscheidung treffen und vor der Ablehnung des Jugendamts und der Träger öffentlicher Hilfen, die Umgänge zu begleiten, kapitulieren.
-
II.
- 4
-
1. Die mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundene Verfassungsbeschwerde wird gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht zur Entscheidung angenommen, weil ihr keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und deren Annahme nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt ist. Die Verfassungsbeschwerde ist jedenfalls unbegründet.
- 5
-
a) Frei von verfassungsrechtlichen Bedenken sind insbesondere die Ausführungen des Amtsgerichts zur Auslegung von § 1684 Abs. 4 Satz 3 BGB, soweit sie das Erfordernis eines mitwirkungsbereiten Dritten betreffen. Das Amtsgericht hat in vertretbarer Weise angenommen, dass die Anordnung eines begleiteten Umgangs - als mildere Maßnahme gegenüber einem vollständigen Umgangsausschluss - einen mitwirkungsbereiten Dritten voraussetzt (vgl. auch OLG Frankfurt, Beschluss vom 24. März 2015 - 5 UF 270/14 -, juris, Rn. 9 m.w.N.; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 23. März 2015 - 10 UF 6/15 -, juris, Rn. 28, 34; Palandt/Götz, BGB, 74. Aufl. 2015, § 1684 Rn. 35; Rauscher, in: Staudinger, BGB, 2014, § 1684 Rn. 319) und dass dem Familiengericht weder gegenüber dem Jugendamt noch gegenüber freien Jugendhilfeträgern eine Anordnungskompetenz zur Begleitung von Umgängen zukommt (ebenso jüngst OLG Frankfurt, Beschluss vom 24. März 2015 - 5 UF 270/14 -, juris, Rn. 9; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 23. März 2015 - 10 UF 6/15 -, juris, Rn. 34).
- 6
-
b) Eine Schutzlücke zum Nachteil des Beschwerdeführers besteht deshalb nicht, weil dem Umgang beanspruchenden Elternteil in der Rechtsprechung der Fachgerichte ein aus § 18 Abs. 3 Satz 3, 4 SGB VIII abgeleitetes verwaltungsgerichtlich einklagbares subjektives Recht gegen den staatlichen Träger der Jugendhilfe auf Beratung und Unterstützung bei der Ausübung des Umgangsrechts eingeräumt wird, welches er nötigenfalls im Wege des Eilrechtsschutzes durchsetzen kann (vgl. OVG des Saarlands, Beschluss vom 4. August 2014 - 1 B 283/14 -, juris, Rn. 21 ff. m.w.N.; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27. Juni 2014 - 12 B 579/14 -, juris, Rn. 8). Dies kann unter Berücksichtigung der sozialrechtlichen Gewährleistungspflicht des § 79 Abs. 2 SGB VIII auch die Pflicht des Jugendhilfeträgers einschließen, seine Mitwirkungsbereitschaft vor dem Familiengericht zu erklären (siehe OVG des Saarlands, Beschluss vom 4. August 2014 - 1 B 283/14 -, juris, Rn. 23 ff. m.w.N.). Eine Abstimmung zwischen diesen beiden Verfahren mag im Einzelfall auch dadurch erreicht werden, dass das Umgangsverfahren gemäß § 21 FamFG ausgesetzt und dem umgangswilligen Elternteil unter Setzung einer angemessenen Frist Gelegenheit gegeben wird, seinen etwaigen Mitwirkungsanspruch verwaltungsgerichtlich durchzusetzen (so Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 23. März 2015 - 10 UF 6/15 -, juris, Rn. 34).
- 7
-
2. Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (vgl. BVerfGE 102, 197 <198, 224>).
- 8
-
3. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
- 9
-
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 29. Juli 2015 - 1 BvR 1468/15
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 29. Juli 2015 - 1 BvR 1468/15
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenBundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 29. Juli 2015 - 1 BvR 1468/15 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt.
(2) Die Eltern haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert. Entsprechendes gilt, wenn sich das Kind in der Obhut einer anderen Person befindet.
(3) Das Familiengericht kann über den Umfang des Umgangsrechts entscheiden und seine Ausübung, auch gegenüber Dritten, näher regeln. Es kann die Beteiligten durch Anordnungen zur Erfüllung der in Absatz 2 geregelten Pflicht anhalten. Wird die Pflicht nach Absatz 2 dauerhaft oder wiederholt erheblich verletzt, kann das Familiengericht auch eine Pflegschaft für die Durchführung des Umgangs anordnen (Umgangspflegschaft). Die Umgangspflegschaft umfasst das Recht, die Herausgabe des Kindes zur Durchführung des Umgangs zu verlangen und für die Dauer des Umgangs dessen Aufenthalt zu bestimmen. Die Anordnung ist zu befristen. Für den Ersatz von Aufwendungen und die Vergütung des Umgangspflegers gilt § 277 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.
(4) Das Familiengericht kann das Umgangsrecht oder den Vollzug früherer Entscheidungen über das Umgangsrecht einschränken oder ausschließen, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Eine Entscheidung, die das Umgangsrecht oder seinen Vollzug für längere Zeit oder auf Dauer einschränkt oder ausschließt, kann nur ergehen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre. Das Familiengericht kann insbesondere anordnen, dass der Umgang nur stattfinden darf, wenn ein mitwirkungsbereiter Dritter anwesend ist. Dritter kann auch ein Träger der Jugendhilfe oder ein Verein sein; dieser bestimmt dann jeweils, welche Einzelperson die Aufgabe wahrnimmt.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
(1) Die Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung.
(2) Sie ist zur Entscheidung anzunehmen,
- a)
soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt, - b)
wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angezeigt ist; dies kann auch der Fall sein, wenn dem Beschwerdeführer durch die Versagung der Entscheidung zur Sache ein besonders schwerer Nachteil entsteht.
(1) Jedermann kann mit der Behauptung, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, Artikel 33, 38, 101, 103 und 104 des Grundgesetzes enthaltenen Rechte verletzt zu sein, die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erheben.
(2) Ist gegen die Verletzung der Rechtsweg zulässig, so kann die Verfassungsbeschwerde erst nach Erschöpfung des Rechtswegs erhoben werden. Das Bundesverfassungsgericht kann jedoch über eine vor Erschöpfung des Rechtswegs eingelegte Verfassungsbeschwerde sofort entscheiden, wenn sie von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde.
(3) Das Recht, eine Verfassungsbeschwerde an das Landesverfassungsgericht nach dem Recht der Landesverfassung zu erheben, bleibt unberührt.
(1) Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt.
(2) Die Eltern haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert. Entsprechendes gilt, wenn sich das Kind in der Obhut einer anderen Person befindet.
(3) Das Familiengericht kann über den Umfang des Umgangsrechts entscheiden und seine Ausübung, auch gegenüber Dritten, näher regeln. Es kann die Beteiligten durch Anordnungen zur Erfüllung der in Absatz 2 geregelten Pflicht anhalten. Wird die Pflicht nach Absatz 2 dauerhaft oder wiederholt erheblich verletzt, kann das Familiengericht auch eine Pflegschaft für die Durchführung des Umgangs anordnen (Umgangspflegschaft). Die Umgangspflegschaft umfasst das Recht, die Herausgabe des Kindes zur Durchführung des Umgangs zu verlangen und für die Dauer des Umgangs dessen Aufenthalt zu bestimmen. Die Anordnung ist zu befristen. Für den Ersatz von Aufwendungen und die Vergütung des Umgangspflegers gilt § 277 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.
(4) Das Familiengericht kann das Umgangsrecht oder den Vollzug früherer Entscheidungen über das Umgangsrecht einschränken oder ausschließen, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Eine Entscheidung, die das Umgangsrecht oder seinen Vollzug für längere Zeit oder auf Dauer einschränkt oder ausschließt, kann nur ergehen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre. Das Familiengericht kann insbesondere anordnen, dass der Umgang nur stattfinden darf, wenn ein mitwirkungsbereiter Dritter anwesend ist. Dritter kann auch ein Träger der Jugendhilfe oder ein Verein sein; dieser bestimmt dann jeweils, welche Einzelperson die Aufgabe wahrnimmt.
(1) Mütter und Väter, die allein für ein Kind oder einen Jugendlichen zu sorgen haben oder tatsächlich sorgen, haben Anspruch auf Beratung und Unterstützung
- 1.
bei der Ausübung der Personensorge einschließlich der Geltendmachung von Unterhalts- oder Unterhaltsersatzansprüchen des Kindes oder Jugendlichen, - 2.
bei der Geltendmachung ihrer Unterhaltsansprüche nach § 1615l des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
(2) Mütter und Väter, die mit dem anderen Elternteil nicht verheiratet sind, haben Anspruch auf Beratung über die Abgabe einer Sorgeerklärung und die Möglichkeit der gerichtlichen Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge.
(3) Kinder und Jugendliche haben Anspruch auf Beratung und Unterstützung bei der Ausübung des Umgangsrechts nach § 1684 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Sie sollen darin unterstützt werden, dass die Personen, die nach Maßgabe der §§ 1684, 1685 und 1686a des Bürgerlichen Gesetzbuchs zum Umgang mit ihnen berechtigt sind, von diesem Recht zu ihrem Wohl Gebrauch machen. Eltern, andere Umgangsberechtigte sowie Personen, in deren Obhut sich das Kind befindet, haben Anspruch auf Beratung und Unterstützung bei der Ausübung des Umgangsrechts. Bei der Befugnis, Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes zu verlangen, bei der Herstellung von Umgangskontakten und bei der Ausführung gerichtlicher oder vereinbarter Umgangsregelungen soll vermittelt und in geeigneten Fällen Hilfestellung geleistet werden.
(4) Ein junger Volljähriger hat bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres Anspruch auf Beratung und Unterstützung bei der Geltendmachung von Unterhalts- oder Unterhaltsersatzansprüchen.
Tenor
Unter entsprechender Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 30. April 2014 - 3 L 342/14 - wird dem Antragsgegner in seiner Funktion als Kreisjugendamt im Wege einstweiliger Anordnung aufgegeben, vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache seine Bereitschaft zur Mitwirkung als Umgangsbegleiter an begleiteten wöchentlichen Umgangskontakten der Antragstellerin mit ihrem Sohn J… nach näherer Maßgabe einer vom Amtsgericht - Familiengericht - zu treffenden Umgangsregelung zu erklären.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Das Verfahren ist gerichtskostenfrei; die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens fallen dem Antragsgegner zur Last.
Gründe
I.
vgl. im Einzelnen Gutachten des Dipl. Psychologen Dr. G… vom 14.3.2013 betreffend den Umgang mit L..., Bl. 92, 132 der Verwaltungsakten
„der Antragsgegnerin im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung aufzugeben, den wöchentlichen Umgang der Antragstellerin mit ihrem Sohn J…, geboren am … 2012, zu organisieren und die Kosten zu übernehmen“,
die Beschwerde zurückzuweisen.
II.
vgl. Proksch in Münder u.a., Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Auflage 2013, § 18 Rdnr. 49.
vgl. im Einzelnen psychologisches Gutachten des Dipl. Psychologen Dr. G… vom 14.3.2013 betreffend den Umgang der Antragstellerin mit ihrem Sohn L…, Bl. 92 f. der Verwaltungsakten,
vgl. Proksch, a.a.O., § 18 Rdnr. 41 a.E., Rdnr. 48 a.E.; Fischer in Schellhorn u.a., SGB VIII, 3. Aufl. 2007, § 18 Rdnr. 26; Herberger in juris Praxiskommentar zum BGB, 2005, § 1684 Rdnr. 120.
vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19.4.2012 - OVG 6 S 12.12 - zitiert nach juris, Proksch a.a.O., § 18 SGB VIII Rdnr. 49.
vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 29.11.2012 - 1 BvR 335/12 -, zitiert nach juris; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 5.12.2013 - 6 UF 132/13 -.
Ziegler in Prütting u.a., BGB, 8. Aufl. 2013, § 1684 Rdnr. 1.
vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.12.2012 - 1 BvR 335/12 -, zitiert nach juris; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 5.12.2013 - 6 UF 132/13 -.
„Denn Maßnahmen, die die Rückkehr eines in einer Pflegefamilie untergebrachten Kindes zu seinen Eltern erschweren, zu denen auch der Ausschluss oder die Beschränkung dieses Umgangsrechts gehören, unterliegen strengen verfassungsrechtlichen Anforderungen. Art. 6 Abs. 2 GG verpflichtet die staatlichen Behörden anzustreben, die institutionell auf Zeit angelegten Pflegeverhältnisse nicht so zu verfestigen, dass die leiblichen Eltern mit der Weggabe ihres Kindes in nahezu jedem Fall den dauernden Verbleib des Kindes in der Pflegefamilie befürchten müssen. Das Elternrecht dient dem Schutz des Kindes und beruht auf dem Grundgedanken, dass in aller Regel Eltern das Wohl des Kindes mehr am Herzen liegt als irgendeiner anderen Person oder Institution. Dies hat Konsequenzen auch für die verfassungsrechtlichen Anforderungen an den Ausschluss oder die Beschränkung des Umgangs der Eltern mit ihrem in einer Pflegefamilie untergebrachten Kind. Nach Art. 6 Abs. 3 GG dürfen Kinder gegen den Willen der Erziehungsberechtigten nur aufgrund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen. Ein Umgangsausschluss oder eine Umgangseinschränkung beeinflusst die weitere Entwicklung des Verhältnisses zwischen den Eltern und ihrem in einer Pflegefamilie lebenden Kind insofern, als sie tendenziell zu einer weiteren Verfestigung der bereits bestehenden Trennung oder zumindest zu einer Erschwerung einer Rückkehr des Kindes zu den Eltern beiträgt. Die Entscheidung über den Umgang der Eltern mit ihrem in einer Pflegefamilie untergebrachten Kind hängt mit der Aufrechterhaltung der Trennung des Kindes von seinen beiden Eltern aufs Engste zusammen. Deshalb ist die Wertung des Art. 6 Abs. 3 GG in dieser Konstellation auch für die Entscheidung über einen Umgangsausschluss oder eine Umgangseinschränkung maßgeblich. Den strengen Anforderungen des Art. 6 GG an den Ausschluss oder die Beschränkung des elterlichen Umgangs mit ihrem in Pflege genommenen Kind entspricht der vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte aus Art. 8 EMRK hergeleitete Schutz des elterlichen Umgangs mit ihrem Kind. Auch Art. 8 Abs. 1 EMRK schützt das gegenseitige Erleben des Zusammenseins von Eltern und Kindern als grundlegenden Bestandteil des Familienlebens. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat wiederholt die mit der Inpflegenahme eines Kindes verbundene Intensität des Eingriffs in die Rechte der leiblichen Eltern sowie die einem regelmäßigen Umgang schon mit Blick auf das vorrangige Ziel einer Rückführung des Kindes zu seinen Eltern zukommende große Bedeutung betont und daher strenge Anforderungen an Beschränkungen des Umgangs formuliert (vgl. EGMR, Urteile vom 12. Juli 2001 - 25702/94 -, K. und T. gegen Finnland, vom 26. Februar 2002 - 46544/99 -, K. gegen Deutschland und vom 26. Februar 2004 - 74969/01 -, G. gegen Deutschland, FamRZ 2004, 1456). Die Rechtfertigung einer Einschränkung oder eines Ausschlusses des elterlichen Umgangsrechts setzt im Falle eines in einer Pflegefamilie untergebrachten Kindes auf der einen Seite voraus, dass der Schutz des Kindes dies nach den konkreten Umständen des Einzelfalls erfordert, um eine konkrete Gefährdung seiner seelischen oder körperlichen Entwicklung abzuwehren. Auf der anderen Seite muss das Gericht dem besonderen verfassungs- und menschenrechtlichen Stellenwert des elterlichen Umgangsrechts mit ihrem in Pflege genommenen Kind Rechnung tragen (vgl. zum Ganzen BVerfG FamRZ 2013, 361 m.w.N.; vgl. auch Art. 9 Abs. 3 UNKRK).“
vgl. insoweit BVerfG, Beschluss vom 29.11.2012 - 1 BvR 335/12 -, zitiert nach juris; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 5.12.2013 - 6 UF 132/13 -.
vgl. Ziegler in Prütting u.a., BGB, 8. Aufl. 2013, § 1684 Rdnr. 39 m.w.N..
vgl. Proksch in Münder u.a., Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 18 Rdnr. 48 a.E.; Fischer in Schellhorn u.a., SGB VIII, 3. Aufl. 2007, § 18 Rdnr. 26.
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird geändert.
Die Antragsgegnerin wird im Wege der vorläufigen Anordnung verpflichtet, den durch Beschluss des Oberlandesgerichts vom 30. April 2013 - UF - auf monatlich 2 mal 3 Stunden festgesetzten begleiteten Umgang des Antragstellers mit seinem Sohn G. S. , geb. am 2009, vorläufig - längstens jedoch bis zum 31. August 2014 - durch die Stellung eines Umgangsbegleiters und entsprechender Räumlichkeiten sicherzustellen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen, für die Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde hat im Hinblick auf die zukünftige Gestaltung der Umgangsbegleitung Erfolg.
3Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes treffen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Erforderlich ist die Glaubhaftmachung sowohl eines Anordnungsanspruches als auch eines Anordnungsgrundes (§ 123 Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO, § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X). Davon kann hier jedenfalls ab Juli 2014 ausgegangen werden.
4Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, soll allerdings grundsätzlich wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweggenommen werden; eine solche Vorwegnahme träte mit der begehrten Regelung aber ein. Wegen des Gebots des Art. 19 Abs. 4 GG, effektiven Rechtschutz zu gewähren, kommt indes eine Ausnahme von diesem Grundsatz in Betracht, wenn ohne die begehrte Anordnung schwere und unzumutbare, später nicht wieder gutzumachende Nachteile entstünden, zu deren Beseitigung eine nachfolgende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre.
5Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 27. Januar 2014 - 12 B 1422/13 -, m.w.N.; BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 1988 - 2 BvR 745/88 -, BVerfGE 79, 69, juris, m.w.N.
6Dabei stellt die Vorwegnahme der Hauptsache auch gesteigerte Anforderungen an das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs, indem ein hoher Grad der Wahrscheinlichkeit dafür sprechen muss, dass der mit der Hauptsache verfolgte Anspruch begründet ist.
7Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 2013 - 10 C 9.12 -, NVwZ 2013, 1344, juris; Beschlüsse vom 13. August 1999 - 2 VR 1.99 -, BVerwGE 109, 258, juris, und vom 14. Dezember 1989 - 2 ER 301.89 -, Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 15, juris; OVG NRW, Beschluss vom 27. Januar 2014 - 12 B 1422/13 -, m.w.N.
8Eine solche hohe Wahrscheinlichkeit für das Bestehen des vom Antragsteller verfolgten Anspruchs auf eine Umgangsbegleitung in dem tenorierten Umfang lässt sich vorliegend feststellen.
9Als Anspruchsgrundlage kommt hier § 18 Abs. 3 Satz 4 SGB VIII mit seiner zweiten Variante (Umgangskontakte) in Betracht. Aus der Leistungsverpflichtung auf Unterstützung bei der Ausübung des Umgangsrechtes kann der begünstigte Elternteil ein subjektives Recht in Form einer „Sollvorschrift“ ableiten.
10Vgl. Fischer, in: Schellhorn/Fischer/Mann/Kern,
11SGB VIII, 4. Auflage 2012, § 18 Rn. 31, m.w.N.
12Im jeweiligen Einzelfall handelt es sich bei der Leistung der Jugendhilfe nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII dann um ein konkretisiertes Förderangebot, zu dessen Gewährung der Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Regelfall verpflichtet ist und bei dem ihm nur im Ausnahmefall ein eng umgrenzter Ermessensspielraum zur Verweigerung verbleibt.
13Vgl. Kern, in: Schellhorn/Fischer/Mann/Kern, a.a.O., § 2 Rn. 14 - 22, m.w.N.
14Daraus erklärt es sich, dass die Frage, ob es sich im jeweiligen Einzelfall um einen für eine Umgangsbegleitung geeigneten Fall handelt, nicht maßgeblich durch die eigene fachlichen Einschätzung des Jugendamtes bestimmt wird, sondern das Merkmal „Eignung“ eines Falles für eine Hilfestellung durch das Jugendamt ein unbestimmter Rechtsbegriff ist, der der vollen gerichtlichen Nachprüfung unterliegt.
15Vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. April 2012 - OVG 6 S 12.12 -, JAmt 2012, 483, juris; Kunkel, in: LPK-SGB VIII, 5. Aufl. 2014, § 18 Rn. 23; Proksch, in: FK-SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 18 Rn. 49; Sünderhauf, in: jurisPK-SGB VIII, 1. Auflage
162014, § 18 Rn. 173.
17Dass der vorliegende Fall in dem Sinne geeignet ist, dass die Erwartung besteht, die in Rede stehende Hilfestellung durch das Jugendamt werde für die beabsichtigte Maßnahme Umgangskontakt förderlich sein,
18vgl. Sünderhauf, in: jurisPK-SGB VIII,
19a.a.O., m. w. N.,
20steht hier ohnehin außer Zweifel und ist auch von der Antragsgegnerin ausweislich des den Kindeseltern übersandten Maßnahmekonzeptes vom 8. April 2014 auch nicht andeutungsweise in Abrede gestellt worden.
21Soweit bei der Ausführung gerichtlicher Umgangsregelungen dennoch die Maßgeblichkeit der fachlichen - von der familiengerichtlichen Entscheidung grundsätzlich unabhängigen - Einschätzung des Jugendamtes angenommen wird,
22vgl. Struck, in: Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 18 Rnrn. 32, 33 und 34,
23betrifft das nur die Ausgestaltung der Umgangsbegleitung unter maßgeblicher Berücksichtigung des Kindeswohls und - soweit nicht bereits im familiengerichtlichen Verfahren gem. § 1684 Abs. 4 Satz 3 BGB ausdrücklich erklärt oder zumindest durch Anhörung des Jugendamtes abgestimmt - die grundsätzliche Bereitschaft der Mitwirkung.
24Vgl. Struck, in: Wiesner, a.a.O., § 18 Rn. 33; siehe auch DIJUF-Rechtsgutachten vom 22. Dezember 2005 - F 3.010 My-, in: JAmt 2006, 91.
25Das Jugendamt kann nicht durch das Familiengericht zur Mitwirkung bei der Durchführung des begleiteten Umgangs verpflichtet werden, sondern muss nach eigener fachlicher Einschätzung mitwirkungsbereit sein.
26Vgl. Fischer, in: Schellhorn/Fischer/Mann/Kern, SGB VIII, a.a.O., § 18 Rn. 28, m.w.N.
27Mangels Weigerung der Antragsgegnerin, die Aufgabe der Umgangsbegleitung zu übernehmen, steht ihre Mitwirkungsbereitschaft hier indes nicht zur gerichtlichen Überprüfung. Ebenso wenig ist eine Rückmeldung an das Familiengericht erfolgt, damit dieses die Umgangsanordnung entsprechend den fachlichen Erkenntnissen des Jugendamtes anpasst.
28Ob die Antragsgegnerin den ihr bei der Art und Weise der Hilfegewährung zustehenden Beurteilungsspielraum, der nur einer eingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt, im Rahmen der Umgangsanbahnung vom 8. April 2014 bis zum 30. Juni 2014 im Hinblick gerade auf den Umfang des durch seine Hilfestellung ermöglichten Umgangs eingehalten hat, kann offenbleiben und steht für eine zukünftige Regelung nicht zur Debatte.
29Vgl. zu den zu berücksichtigenden Zielsetzungen des begleiteten Umgangs z. B.: Proksch, in: FK-SGB VIII, a.a.O., § 18 Rn. 44 ff.
30Den Zweifeln, ob es für die zeitlichen Einschränkungen ausreicht, dass auch das OLG in seinem Beschluss vom 30. April 2013 - UF - in Übereinstimmung mit dem Beschluss des Amtsgerichts vom 2. August 2012 - F - die Behutsamkeit betont hat, mit der die erneute Kontaktaufnahme zwischen Kindesvater und Kind unter der professionellen Begleitung erfolgen muss, braucht der Senat deshalb nicht nachgehen.
31Nachdem die sensible Anbahnungsphase auch nach der sinngemäßen Auffassung der Antragsgegnerin, wie sie in der Beschwerdeerwiderung vom 18. Juni 2014 zum Ausdruck kommt, mit dem fünften und sechsten Termin Ende Juni 2014 abgeschlossen sein dürfte, besteht jedenfalls für die Zukunft keine hinreichende Rechtfertigung mehr, bei der behördlicherseits nach § 18 Abs. 3 Satz 4 SGB VIII übernommenen Hilfestellung bei der Ausführung der gerichtlichen Umgangsregelung von dessen detaillierten Vorgabe, „dass der begleitete Umgang zwei Mal im Monat für die Dauer von 3 Stunden stattfindet,“ ohne Einverständnis des Antragstellers abzuweichen. § 18 Abs. 3 Satz 4 SGB VIII beinhaltet keine Befugnis des Jugendamtes, den Inhalt der familiengerichtlichen Umgangsentscheidung nach eigenem pädagogischen Ermessen selbständig abzuändern. Anderenfalls würde die gesetzlich vorgesehene Kompetenzverteilung zwischen Familiengerichten und Sozialbehörden, wie sie in § 1684 Abs. 3 Satz 1 BGB zum Ausdruck kommt, in Frage gestellt. Der Jugendhilfeträger kann nicht kraft eigener Zuständigkeit Umgangsrechte regeln. Auf den familiengerichtlichen Bestimmungen zum Umfang des Umgangsrechts, die gleichsam auf der ersten Ebene getroffen werden, bauen die jugendhilferechtlichen Unterstützungsmaßnahmen nach § 18 Abs. 3 SGB VIII erst auf der zweiten Ebene auf.
32Vgl. VG Frankfurt, Beschluss vom 17. Oktober 2013 - 6 L 350/13 -, FamRZ 2014, 703, juris.
33Ist der begleitete Umgang im Hinblick auf seine Dauer und Häufigkeit nach Auffassung der Antragsgegnerin nicht sachgerecht, steht es dem Jugendamt frei, bei den Familiengerichten eine entsprechende modifizierte Regelung zu beantragen.
34Siehe auch DIJuF-Rechtsgutachten vom 22. Dezember 2005 - F 3.010 My -, JAmt 2006, 91.
35Solange dies nicht geschehen ist, sondern mit der Beschwerdeerwiderung vom 18. Juni 2014 nur vage als Option angedeutet wird und erst recht das Familiengericht die Umgangsregelung nicht geändert hat, bleibt die Antragsgegnerin an die Maßgabe durch das OLG gebunden.
36Die Antragsgegnerin kann sich für die Zeit ab Juli 2014 auch nicht auf zeitlich beschränkte Kapazitäten hinsichtlich der personellen Ausstattung für eine Umgangsbegleitung berufen. Im Rahmen ihrer Mitwirkungsverpflichtung hat sie alle ihr möglichen Maßnahmen zu ergreifen, den begleiteten Umgang in dem gerichtlich festgestellten Umfang zu gewährleisten. Kann es den Rechtsanspruch auf begleiteten Umgang nicht mit eigenem Personal bewerkstelligen, zählt dazu auch die Sorgetragung, dass entsprechende organisatorische und personelle Voraussetzungen ggfs. über freie Träger der Jugendhilfe zur Verfügung gestellt werden.
37Vgl. DIJUF-Rechtsgutachten vom 13. September 2001 - J 3.105 My -, in: JAmt 2001, 470; siehe zur Verpflichtung des Jugendamtes, den Umgang durch einen „geeigneten“ Begleiter zu gewährleisten, auch: OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. April 2012, a.a.O.; Proksch, in: FK-SGB VIII, a.a.O., § 18 Rn. 46.
38Im Zusammenhang mit § 79 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII trifft den öffentlichen Jugendhilfeträger eine Gewährleistungsverpflichtung, rechtzeitig für ausreichende bedarfsgerechte Beratungs- und Unterstützungsangebote zu sorgen.
39Vgl. Schruth, Schnittstellen der Kooperation beim „Begleiteten Umgang“, ZfJ 2003, 14 (16).
40Schon dass die vom Jugendamt mit der Umgangsbetreuung im vorliegenden Fall betraute Frau E. von der B. bis heute - also nach fast 3 Monaten seit Beginn der Maßnahme - nicht in die Lage versetzt werden konnte, die für die Begleitung des Umgangskontaktes in dem familiengerichtlich angeordneten Umfang erforderlichen zeitlichen Kapazitäten freizusetzen, hat die Antragsgegnerin indes in keiner Weise glaubhaft gemacht. Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, dass nach der dreimonatigen Phase der Wiederanbahnung des Kontakts zwischen Vater und Sohn, in der ein Austausch nach Maßgabe der Antragserwiderung vom 28. April 2014 wegen des Erfordernisses der Vertrauensbildung nicht zweckmäßig sein soll, die Umgangsbegleitung weiterhin ausschließlich durch Frau E. in Betracht kommt und nicht eine weitere geeignete Begleitperson zur Verfügung steht.
41Dem Antragsteller fehlt es gleichfalls nicht am erforderlichen Anordnungsgrund, d. h. einem Grund für eine zur Vermeidung unwiederbringlicher Rechtsverluste und damit zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes gebotene schnellere Entscheidung, als sie in einem Hauptsacheverfahren möglich ist. Mit einer weiter reduzierten Dauer des Umgangs mit seinem Sohn würde nämlich unwiederbringlich in das durch Art. 6 GG grundrechtlich geschützte Elternrecht des Antragstellers eingegriffen. Eine alternative Möglichkeit zur Inanspruchnahme des Jugendamtes der Antragsgegnerin zur Gewährleistung des begleiteten Umgangs ist schon deshalb nicht gegeben, weil die Pflichtennorm des § 18 Abs. 3 Satz 3 SGB VIII sich nach Maßgabe von § 3 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII nur an die Träger der öffentlichen Jugendhilfe richtet.
42Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. April 2006 - 12 B 378/06 -, juris.
43Zudem hat das Verwaltungsgericht bei seiner gegenteiligen Auffassung außer Betracht gelassen, dass sich der Antragsteller ausweislich der im Beschwerdeverfahren vorgelegten Email des Jugendamtes vom 7. März 2014 noch vor der Einschaltung des Jugendamtes nachhaltig erfolglos an anderer Stelle um die Begleitung des Umgangs mit seinem Sohn bemüht hat, dies aber an dem Widerstand der personensorgeberechtigten Mutter zu scheitern drohte.
44Trotz alledem entspricht es der Rechtsnatur der einstweiligen Anordnung, die Vorwegnahme der Hauptsache auf das Unumgängliche zu begrenzen. Dies ist durch die Befristung der vom Senat getroffenen Regelung auf die kommenden zwei Monate geschehen, in denen für die Beteiligten ausreichend Gelegenheit besteht, eine Änderung der familiengerichtlichen Umgangsregelung herbeizuführen, die hier nur vorläufig angeordnete Ausgestaltung des begleiteten Umgangs als fortlaufend zu etablieren oder - bei sich abzeichnender Weigerung - eine Hauptsacheklage verbunden mit einem neuen Antrag nach § 123 VwGO anhängig zu machen.
45Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO.
46Dieser Beschluss ist gem. § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
(1) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben für die Erfüllung der Aufgaben nach diesem Buch die Gesamtverantwortung einschließlich der Planungsverantwortung.
(2) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen gewährleisten, dass zur Erfüllung der Aufgaben nach diesem Buch
- 1.
die erforderlichen und geeigneten Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen den verschiedenen Grundrichtungen der Erziehung entsprechend rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen; hierzu zählen insbesondere auch Pfleger, Vormünder und Pflegepersonen; - 2.
die nach Nummer 1 vorgehaltenen Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen dem nach § 80 Absatz 1 Nummer 2 ermittelten Bedarf entsprechend zusammenwirken und hierfür verbindliche Strukturen der Zusammenarbeit aufgebaut und weiterentwickelt werden; - 3.
eine kontinuierliche Qualitätsentwicklung nach Maßgabe von § 79a erfolgt.
(3) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben für eine ausreichende Ausstattung der Jugendämter und der Landesjugendämter einschließlich der Möglichkeit der Nutzung digitaler Geräte zu sorgen; hierzu gehört auch eine dem Bedarf entsprechende Zahl von Fachkräften. Zur Planung und Bereitstellung einer bedarfsgerechten Personalausstattung ist ein Verfahren zur Personalbemessung zu nutzen.
Tenor
Unter entsprechender Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 30. April 2014 - 3 L 342/14 - wird dem Antragsgegner in seiner Funktion als Kreisjugendamt im Wege einstweiliger Anordnung aufgegeben, vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache seine Bereitschaft zur Mitwirkung als Umgangsbegleiter an begleiteten wöchentlichen Umgangskontakten der Antragstellerin mit ihrem Sohn J… nach näherer Maßgabe einer vom Amtsgericht - Familiengericht - zu treffenden Umgangsregelung zu erklären.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Das Verfahren ist gerichtskostenfrei; die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens fallen dem Antragsgegner zur Last.
Gründe
I.
vgl. im Einzelnen Gutachten des Dipl. Psychologen Dr. G… vom 14.3.2013 betreffend den Umgang mit L..., Bl. 92, 132 der Verwaltungsakten
„der Antragsgegnerin im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung aufzugeben, den wöchentlichen Umgang der Antragstellerin mit ihrem Sohn J…, geboren am … 2012, zu organisieren und die Kosten zu übernehmen“,
die Beschwerde zurückzuweisen.
II.
vgl. Proksch in Münder u.a., Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Auflage 2013, § 18 Rdnr. 49.
vgl. im Einzelnen psychologisches Gutachten des Dipl. Psychologen Dr. G… vom 14.3.2013 betreffend den Umgang der Antragstellerin mit ihrem Sohn L…, Bl. 92 f. der Verwaltungsakten,
vgl. Proksch, a.a.O., § 18 Rdnr. 41 a.E., Rdnr. 48 a.E.; Fischer in Schellhorn u.a., SGB VIII, 3. Aufl. 2007, § 18 Rdnr. 26; Herberger in juris Praxiskommentar zum BGB, 2005, § 1684 Rdnr. 120.
vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19.4.2012 - OVG 6 S 12.12 - zitiert nach juris, Proksch a.a.O., § 18 SGB VIII Rdnr. 49.
vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 29.11.2012 - 1 BvR 335/12 -, zitiert nach juris; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 5.12.2013 - 6 UF 132/13 -.
Ziegler in Prütting u.a., BGB, 8. Aufl. 2013, § 1684 Rdnr. 1.
vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.12.2012 - 1 BvR 335/12 -, zitiert nach juris; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 5.12.2013 - 6 UF 132/13 -.
„Denn Maßnahmen, die die Rückkehr eines in einer Pflegefamilie untergebrachten Kindes zu seinen Eltern erschweren, zu denen auch der Ausschluss oder die Beschränkung dieses Umgangsrechts gehören, unterliegen strengen verfassungsrechtlichen Anforderungen. Art. 6 Abs. 2 GG verpflichtet die staatlichen Behörden anzustreben, die institutionell auf Zeit angelegten Pflegeverhältnisse nicht so zu verfestigen, dass die leiblichen Eltern mit der Weggabe ihres Kindes in nahezu jedem Fall den dauernden Verbleib des Kindes in der Pflegefamilie befürchten müssen. Das Elternrecht dient dem Schutz des Kindes und beruht auf dem Grundgedanken, dass in aller Regel Eltern das Wohl des Kindes mehr am Herzen liegt als irgendeiner anderen Person oder Institution. Dies hat Konsequenzen auch für die verfassungsrechtlichen Anforderungen an den Ausschluss oder die Beschränkung des Umgangs der Eltern mit ihrem in einer Pflegefamilie untergebrachten Kind. Nach Art. 6 Abs. 3 GG dürfen Kinder gegen den Willen der Erziehungsberechtigten nur aufgrund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen. Ein Umgangsausschluss oder eine Umgangseinschränkung beeinflusst die weitere Entwicklung des Verhältnisses zwischen den Eltern und ihrem in einer Pflegefamilie lebenden Kind insofern, als sie tendenziell zu einer weiteren Verfestigung der bereits bestehenden Trennung oder zumindest zu einer Erschwerung einer Rückkehr des Kindes zu den Eltern beiträgt. Die Entscheidung über den Umgang der Eltern mit ihrem in einer Pflegefamilie untergebrachten Kind hängt mit der Aufrechterhaltung der Trennung des Kindes von seinen beiden Eltern aufs Engste zusammen. Deshalb ist die Wertung des Art. 6 Abs. 3 GG in dieser Konstellation auch für die Entscheidung über einen Umgangsausschluss oder eine Umgangseinschränkung maßgeblich. Den strengen Anforderungen des Art. 6 GG an den Ausschluss oder die Beschränkung des elterlichen Umgangs mit ihrem in Pflege genommenen Kind entspricht der vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte aus Art. 8 EMRK hergeleitete Schutz des elterlichen Umgangs mit ihrem Kind. Auch Art. 8 Abs. 1 EMRK schützt das gegenseitige Erleben des Zusammenseins von Eltern und Kindern als grundlegenden Bestandteil des Familienlebens. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat wiederholt die mit der Inpflegenahme eines Kindes verbundene Intensität des Eingriffs in die Rechte der leiblichen Eltern sowie die einem regelmäßigen Umgang schon mit Blick auf das vorrangige Ziel einer Rückführung des Kindes zu seinen Eltern zukommende große Bedeutung betont und daher strenge Anforderungen an Beschränkungen des Umgangs formuliert (vgl. EGMR, Urteile vom 12. Juli 2001 - 25702/94 -, K. und T. gegen Finnland, vom 26. Februar 2002 - 46544/99 -, K. gegen Deutschland und vom 26. Februar 2004 - 74969/01 -, G. gegen Deutschland, FamRZ 2004, 1456). Die Rechtfertigung einer Einschränkung oder eines Ausschlusses des elterlichen Umgangsrechts setzt im Falle eines in einer Pflegefamilie untergebrachten Kindes auf der einen Seite voraus, dass der Schutz des Kindes dies nach den konkreten Umständen des Einzelfalls erfordert, um eine konkrete Gefährdung seiner seelischen oder körperlichen Entwicklung abzuwehren. Auf der anderen Seite muss das Gericht dem besonderen verfassungs- und menschenrechtlichen Stellenwert des elterlichen Umgangsrechts mit ihrem in Pflege genommenen Kind Rechnung tragen (vgl. zum Ganzen BVerfG FamRZ 2013, 361 m.w.N.; vgl. auch Art. 9 Abs. 3 UNKRK).“
vgl. insoweit BVerfG, Beschluss vom 29.11.2012 - 1 BvR 335/12 -, zitiert nach juris; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 5.12.2013 - 6 UF 132/13 -.
vgl. Ziegler in Prütting u.a., BGB, 8. Aufl. 2013, § 1684 Rdnr. 39 m.w.N..
vgl. Proksch in Münder u.a., Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 18 Rdnr. 48 a.E.; Fischer in Schellhorn u.a., SGB VIII, 3. Aufl. 2007, § 18 Rdnr. 26.
(1) Das Gericht kann das Verfahren aus wichtigem Grund aussetzen, insbesondere wenn die Entscheidung ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Verfahrens bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist. § 249 der Zivilprozessordnung ist entsprechend anzuwenden.
(2) Der Beschluss ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572 der Zivilprozessordnung anfechtbar.
(1) Die Entscheidung nach § 93b und § 93c ergeht ohne mündliche Verhandlung. Sie ist unanfechtbar. Die Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde bedarf keiner Begründung.
(2) Solange und soweit der Senat nicht über die Annahme der Verfassungsbeschwerde entschieden hat, kann die Kammer alle das Verfassungsbeschwerdeverfahren betreffenden Entscheidungen erlassen. Eine einstweilige Anordnung, mit der die Anwendung eines Gesetzes ganz oder teilweise ausgesetzt wird, kann nur der Senat treffen; § 32 Abs. 7 bleibt unberührt. Der Senat entscheidet auch in den Fällen des § 32 Abs. 3.
(3) Die Entscheidungen der Kammer ergehen durch einstimmigen Beschluß. Die Annahme durch den Senat ist beschlossen, wenn mindestens drei Richter ihr zustimmen.