Bundessozialgericht Beschluss, 16. Feb. 2017 - B 9 V 48/16 B

ECLI:ECLI:DE:BSG:2017:160217BB9V4816B0
bei uns veröffentlicht am16.02.2017

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. Juni 2016 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Die Klägerin begehrt Entschädigung für die Folgen rechtsstaatswidriger Haft in der ehemaligen DDR im Jahr 1987.

2

Im November 2008 beantragte die Klägerin zum wiederholten Mal Versorgungsleistungen wegen der Haftfolgen. Sie leide deshalb ua an Depressionen und Schlaflosigkeit. Der Beklagte lehnte den Antrag nach medizinischen Ermittlungen ab, weil kein Zusammenhang zwischen den vorgebrachten Gesundheitsstörungen und der Inhaftierung bestehe (Bescheid vom 15.4.2010, Widerspruchsbescheid vom 6.12.2010).

3

Das SG holte ein Gutachten des Psychiaters Prof. Dr. S. ein, der der Klägerin als Folge der Haft ein subsyndromales posttraumatisches Belastungssyndrom (PTBS) bescheinigte und einen Grad der Schädigung (GdS) von 10 vorschlug. Das SG hat den Beklagten unter Änderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, als Folgen der Haft eine sonstige Reaktion auf schwere Belastung (subsyndromales PTBS) anzuerkennen und die Klage im Übrigen abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 10.10.2014).

4

Die Klägerin hat dagegen Berufung, der Beklagte Anschlussberufung eingelegt. Das LSG hat auf Antrag der Klägerin ein Gutachten des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. P. eingeholt. Nach seiner Ansicht liegt bei der Klägerin das Vollbild einer PTBS vor, die auf Dauer mit einem GdS von 40 zu bewerten sei. Das LSG ist dagegen dem erstinstanzlich gehörten Gutachter gefolgt, hat den Gerichtsbescheid aufgehoben, die Klage abgewiesen und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Nach den gängigen Diagnosesystemen entsprechend der Nomenklatur der ICD-10 und der Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM) könne sich der Senat vom Vorliegen einer PTBS bei der Klägerin nicht überzeugen. Es fehle jedenfalls an dem C- oder Vermeidungskriterium sowie an dem D- oder Hypersensitivitätskriterium (Urteil vom 23.6.2016).

5

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Das LSG habe Verfahrensfehler begangen, sei von der Rechtsprechung des BSG abgewichen und habe die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache verkannt.

6

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil weder die behaupteten Verfahrensmängel (1.) noch die angebliche Divergenz und grundsätzliche Bedeutung (2.) ordnungsgemäß dargetan worden sind (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).

7

1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, es liege ein Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung dieses Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst substantiiert die ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen dargetan werden. Daran fehlt es hier.

8

a) Die Beschwerde hat den behaupteten Verstoß des LSG gegen seine Pflicht zur Amtsermittlung aus § 103 SGG und in diesem Zusammenhang gegen §§ 128 Abs 2, 106 Abs 3 und 4 SGG sowie § 412 ZPO nicht hinreichend substantiiert dargelegt.

9

Rügt ein Beschwerdeführer Verstöße gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG), muss die Beschwerdebegründung hierzu jeweils folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, (3) Darlegung der von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten, (4) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (5) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN; Fichte in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 160a RdNr 56).

10

Diesen Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Zunächst fehlt es an der zusammenhängenden und aus sich heraus verständlichen Darlegung der Verfahrens- und Prozessgeschichte sowie des vom LSG festgestellten Sachverhalts und damit der Tatumstände, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass hätten geben können. Die Beschwerde beschränkt sich insoweit auf eine wenige Zeilen umfassende "Vorbemerkung" mit einer bruchstückhaften Zusammenfassung des Prozessgeschehens aus Sicht der Klägerin.

11

Darüber hinaus hat die Klägerin nicht dargelegt, einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag gestellt zu haben. Der von ihr wiedergegebene Antrag,

sie neurologisch, psychiatrisch und psychotherapeutisch von Amts wegen begutachten zu lassen zu der Frage, ob bei ihr das Vollbild PTBS nach der ICD-10 GM 2016 Nr F43.1 und/oder dem DSM IV oder dem DSM 5 erfüllt ist bzw aufgrund der unterschiedlichen Einschätzungen zweier Sachverständiger zur Schwere der Ausprägung der psychischen Erkrankung im Sinne von Teil B Nr 3.7 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze sowie zur Feststellung des Grades der sozialen Anpassungsstörungen aufgrund der Unterschiedlichkeit der Sachverständigengutachten,
enthält weder die erforderliche, hinreichend bestimmte Beweisbehauptung ("ob"), noch gibt er das voraussichtliche Ergebnis der beantragten Beweiserhebung an. Darüber hinaus lässt der Antrag zwar erkennen, zu welchen Tatsachen die Klägerin eine Beweiserhebung für nötig erachtet hat. Um in der aktuellen Prozesssituation ein Beweisthema für das LSG hinreichend genau zu bezeichnen, hätte sie aber zusätzlich angeben müssen, warum gerade diese Punkte weiter klärungsbedürftig sein sollten. Denn je mehr Aussagen von Sachverständigen oder (sachverständigen) Zeugen zum Beweisthema bereits vorliegen, desto genauer muss der Beweisantragsteller auf mögliche Unterschiede und Differenzierungen eingehen (Fichte, SGb 2000, 653, 656). Angesichts dessen reichte es nicht aus, lediglich nochmals das Bestehen einer PTBS im Vollbild unter Beweis zu stellen bzw ohne nähere Erläuterung auf die abweichenden Einschätzungen der Sachverständigen zur psychischen Erkrankung der Klägerin zu verweisen, da zu diesen Themenkomplexen bereits drei Sachverständigengutachten vorlagen. Der allgemein gehaltene und relativ undifferenzierte Antrag der Klägerin war daher nicht dazu geeignet, dem Berufungsgericht noch klärungsbedürftige Punkte aufzuzeigen und es damit zu weiteren Ermittlungen zu veranlassen.

12

Auch der von der Klägerin weiter wiedergegebene Antrag, ihren Lebensgefährten als Zeugen zur Feststellung der Symptome der Krankheit, insbesondere der sozialen Anpassungsschwierigkeiten im Bereich Partnerschaft, sonstige soziale Beziehungen und an ihrem Arbeitsplatz zu vernehmen, gibt nicht hinreichend substantiiert an, welche Tatsachen genau in das Wissen des Zeugen gestellt werden und teilt zudem das zu erwartende Ergebnis der Zeugenvernehmung nicht mit (vgl BSG Beschluss vom 13.8.2015 - B 9 V 13/15 B - RdNr 10 mwN). Hierzu hätte in besonderem Maße Veranlassung bestanden, nachdem sich die eingeholten Gutachten entsprechend den Angaben der Beschwerdebegründung mit der relevanten Krankheitssymptomatik befasst hatten. Konkretisierende Angaben in der Beschwerdebegründung vermögen einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht zu ersetzen. Zudem erscheint es in der konkreten Situation vertretbar, wenn das Berufungsgericht die Vernehmung eines medizinischen Laien zu spezifischen Krankheitssymptomen als von vornherein völlig ungeeignetes Beweismittel angesehen hat, vgl § 244 Abs 3 S 2 Strafprozessordnung, obwohl dieser im Übrigen durchaus geeignet sein kann zur Aufklärung von Tatsachen beizutragen, denen im weiteren Erkenntnisprozess medizinische Bedeutung zukommt(vgl BSG hierzu Beschluss vom 7.4.2011 - B 9 SB 47/10 B - mwN).

13

Unabhängig davon hat die Beschwerde auch nicht schlüssig dargelegt, warum die Anträge der Klägerin das LSG hätten zu weiterer Beweiserhebung drängen müssen. Dazu hätte es der Darlegung bedurft, warum das Gericht objektiv gehalten gewesen war, den Sachverhalt weiter aufzuklären und den beantragten Beweis zu erheben (vgl BSG Beschluss vom 29.4.2010 - B 9 SB 47/09 B - Juris). Daran fehlt es hier. Die Würdigung voneinander abweichender Gutachtenergebnisse oder ärztlicher Auffassungen gehört wie die anderer sich widersprechender Beweisergebnisse zur Beweiswürdigung selbst. Eine Verpflichtung zur Einholung eines so genannten Obergutachtens (zu diesem Begriff Pawlak in Hennig, SGG, Stand September 2016, § 128 RdNr 73) besteht auch bei einander widersprechenden Gutachtensergebnissen im Allgemeinen nicht; vielmehr hat sich das Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung mit den einander entgegenstehenden Ergebnissen auseinanderzusetzen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 128 RdNr 7d, 7e mwN). Hält das Gericht eines von mehreren Gutachten für überzeugend, darf es sich diesem anschließen, ohne ein weiteres Gutachten einzuholen (Pawlak aaO § 128 RdNr 71). Bei einer derartigen Fallgestaltung ist für eine weitere Beweiserhebung regelmäßig kein Raum (BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 8). Gründe für eine Ausnahme sind hier nicht dargelegt. Liegen bereits mehrere Gutachten vor, ist das Tatsachengericht nur dann zu weiteren Beweiserhebungen verpflichtet, wenn die vorhandenen Gutachten ungenügend sind, § 118 Abs 1 S 1 SGG iVm § 412 Abs 1 ZPO, weil sie grobe Mängel oder unlösbare Widersprüche enthalten oder von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde des Gutachters geben(vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 9 mwN).

14

Die von ihr behaupteten, nur durch ein weiteres Gutachten aufzulösenden Widersprüche zwischen den unterschiedlichen Gutachten hat die Beschwerde nicht substantiiert dargelegt. Entgegen ihrer Auffassung genügt es dafür nicht schon, dass das auf Antrag der Klägerin eingeholte Sachverständigengutachten einerseits sowie die vom Gericht sowie vom Beklagten eingeholten Gutachten andererseits aus ihrer Sicht miteinander nicht zu vereinbarende Tatsachenfeststellungen enthalten. So ist auch der von der Beschwerde zitierte Senatsbeschluss vom 12.5.2015 (B 9 SB 93/14 B) nicht zu verstehen. Nach dieser Entscheidung braucht das Tatsachengericht jedenfalls dann kein weiteres Gutachten einzuholen, wenn der Kläger bereits nicht darlegt, dass sich die Tatsachengrundlagen der Gutachten widersprechen. Daraus ergibt sich aber umgekehrt noch nicht, dass bereits widersprüchliche Tatsachenfeststellungen verschiedener Gutachten stets ein weiteres Gutachten erzwingen, um den Widerspruch aufzulösen. Beruhen vielmehr die Differenzen zwischen den Auffassungen von Sachverständigen darauf, dass diese von verschiedenen tatsächlichen Annahmen ausgehen, dann muss der Tatrichter, ggf nach weiterer Aufklärung, die für seine Überzeugungsbildung maßgebenden Tatsachen feststellen oder begründen, weshalb und zu wessen Lasten sie beweislos geblieben sind (vgl BGH Urteil vom 23.9.1986 - VI ZR 261/85). Diese letztgültige Feststellung der maßgeblichen Anknüpfungs- bzw Befundtatsachen muss nicht zwingend durch ein weiteres Gutachten, sondern kann in freier Beweiswürdigung der von den Sachverständigen festgestellten Tatsachen erfolgen. Denn haben die Sachverständigen unterschiedliche Befunde erhoben, so obliegt es grundsätzlich dem Tatsachengericht, die Aussagekraft der erhobenen Befunde anhand nachvollziehbarer Kriterien zu gewichten, soweit es dazu nicht auf medizinische Sachkunde zurückgreifen muss, die ihm die Sachverständigen im zu entscheidenden Fall nicht vermittelt haben und über die es auch sonst nicht verfügt.

15

Die Beschwerde hat nicht substantiiert dargelegt, warum diese nachvollziehbare Gewichtung der unterschiedlichen Befunde dem LSG misslungen sein sollte. Was insbesondere eine erhöhte Reizbarkeit und Konzentrationsschwierigkeiten als maßgebliche (Unter-)Symptome einer PTBS angeht, hat das LSG die Feststellungen des von Amts wegen gehörten Sachverständigen als überzeugender angesehen. Diese habe sich - anders als der auf Antrag der Klägerin gehörte Sachverständige - nicht allein auf ihre Schilderungen verlassen, sondern die objektiv feststellbaren Befunde ausgewertet und zum Zeitpunkt der Begutachtung insbesondere eine Reizbarkeit sowie nennenswerte Konzentrationsstörungen nicht feststellen können. Die Beschwerde legt nicht substantiiert dar, warum diese nachvollziehbare Argumentation des LSG, die den Kernbereich der grundsätzlich der Tatsacheninstanz vorbehaltenen Tatsachenwürdigung betrifft, offensichtlich fehlsam gewesen sein könnte.

16

Nichts anderes gilt für die Verneinung des C- oder Vermeidungskriteriums durch das LSG, das sich insoweit der im Verwaltungsverfahren gehörten Sachverständigen angeschlossen hat, deren Gutachten es zulässigerweise im Wege des Urkundsbeweises verwertet hat. Das LSG hat maßgeblich auf die von der Sachverständigen hervorgehobenen intensiven regelmäßigen Kontakte der Klägerin zu ihren Mithäftlingen aus der Haftzeit abgestellt, durch die sie aktiv mit dem Trauma konfrontiert werde sowie auf Reisen der Klägerin in ihrer Heimat und die Beschäftigung mit ihrer Stasiakte verwiesen. Der Vorwurf der Beschwerde, diese Tatsachenfeststellungen der Sachverständigen seien unvollständig und die Sichtweise des LSG selektiv, zeigt nicht substantiiert auf, warum das LSG seinen Beurteilungsspielraum bei der Gewichtung unterschiedlicher Befunde überschritten haben sollte. In diesem Zusammenhang fehlt es zudem an der Darlegung, warum die von der Beschwerde kritisierte Verneinung des Merkmals der Vermeidung für sich genommen für die Entscheidung des LSG tragend gewesen sein könnte, da das LSG gleichzeitig das D-Kriterium der PTBS verneint und die Beschwerde, wie ausgeführt, nicht substantiiert dargelegt hat, warum insoweit ihrem Beweisantrag stattzugeben gewesen wäre.

17

Ebenso wenig substantiiert dargelegt hat die Beschwerde die behaupteten Qualitätsmängel der von ihr kritisierten Sachverständigengutachten des Prof. Dr. S. und der Frau O. und die angeblich daraus resultierende Notwendigkeit weiterer Beweiserhebung. Das LSG hat sein ablehnendes Urteil auf der Grundlage der sachverständigen Feststellungen - wie von der Rechtsprechung des BSG (vgl BSG Urteil vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17)vorausgesetzt - ausdrücklich zumindest an einem der gängigen Diagnosesysteme, dem ICD-10, orientiert, sowie zusätzlich am System des DSM IV. Dabei hat das LSG den aus seiner Sicht fehlenden Nachweis ausreichend objektivierbarer Befunde insbesondere zu einer relevanten Konzentrationsschwäche und sowie einer Reizbarkeit der Klägerin auf eine Gesamtschau der von den Sachverständigen erhobenen Befunde gestützt. So hat es ua argumentiert, das Fehlen des Kriteriums der Hypersensitivität ergebe sich letztlich schon aus dem Wahlgutachten von Prof. Dr. P., weil allein eigenanamnestische Angaben der Klägerin nicht ausreichten, um medizinische Umstände hinreichend verlässlich festzustellen. Die Beschwerde hat nicht dargelegt, warum die aus ihrer Sicht fehlende Berücksichtigung spezieller Literatur zu der besonderen Situation von DDR-Haftopfern, insbesondere zur langen Latenzzeit von Traumafolgestörungen, durch den Sachverständigen Prof. Dr. S. der Grund dafür gewesen sein könnte, warum sich bei ihr die vollständigen Symptome für die Diagnose einer PTBS, wie sie nach den Ausführungen aller Sachverständigen erforderlich waren, nach der nicht angreifbaren Beweiswürdigung des LSG insgesamt nicht hinreichend objektivieren ließen. Mit dem Vorwurf, der Sachverständige Prof. Dr. S. habe die Klägerin mangelhaft befragt, weshalb es ihm nicht gelungen sei, gewisse Symptome "herauszuarbeiten", kritisiert die Beschwerde ohne substantiierte Belege letztlich nur Methode und Vorgehensweise des Sachverständigen.

18

Mit der Behauptung, die Klägerin erfülle die Diagnosekriterien des Diagnosesystems DSM 5 für eine posttraumatische Belastungsstörung, was keiner der Gutachter bisher dezidiert geprüft habe, versucht die Beschwerde schließlich, eigene medizinische Sachkunde an die Stelle derjenigen der Sachverständigen zu setzen. Insoweit hat die Klägerin zudem nicht substantiiert dargelegt, warum nur eine Begutachtung nach dem Diagnosesystem DSM 5 dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis entsprochen hätte.

19

b) Auch die Verletzung rechtlichen Gehörs hat die Klägerin nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Ein solcher Verstoß liegt ua vor, wenn das Gericht seiner Pflicht, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in seine Erwägungen einzubeziehen, nicht nachgekommen ist (vgl BSG SozR 3-1500 § 62 Nr 19 S 33 mwN) oder sein Urteil auf Tatsachen und Beweisergebnisse stützt, zu denen sich die Beteiligten nicht haben äußern können (vgl BSG SozR 3-1500 § 62 Nr 12 S 19). Dementsprechend sind insbesondere Überraschungsentscheidungen verboten (vgl dazu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 62 RdNr 8b mwN). Zur Begründung eines entsprechenden Revisionszulassungsgrundes ist nicht nur der Verstoß gegen diesen Grundsatz selbst zu bezeichnen, sondern auch darzutun, welches Vorbringen ggf dadurch verhindert worden ist und inwiefern die angefochtene Entscheidung darauf beruhen kann (BSG SozR 1500 § 160a Nr 36). Ferner ist Voraussetzung für den Erfolg einer Gehörsrüge, dass der Beschwerdeführer darlegt, seinerseits alles getan zu haben, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen (BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 22 S 35; vgl auch BSGE 68, 205, 210 = SozR 3-2200 § 667 Nr 1 S 6).

20

Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Klägerin gibt an, sie und ihr Prozessbevollmächtigter seien durch die Ausführungen des LSG in der mündlichen Verhandlung zu den Haftbedingungen in der JVA H. überrascht und sprachlos gewesen. Damit räumt die Klägerin selber ein, dass sie vor dem LSG Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt hätte. Soweit die Klägerin vorträgt, sie hätte, um die Einschätzung des LSG zu widerlegen, historische Unterlagen vorlegen können, gibt sie zu einem deren Inhalt nicht substantiiert an. Zum anderen erschließt sich nicht, warum sie die Möglichkeit zur Vorlage dieser Unterlagen nicht durch einen Vertagungs- bzw einen Beweisantrag hätte erzwingen und sich so rechtliches Gehör verschaffen können.

21

c) Ebenso wenig hat die Beschwerde den behaupteten Verstoß des LSG gegen § 123 SGG und den darin enthaltenen Grundsatz ne ultra petita substantiiert dargelegt. Die Beschwerde zeigt nicht in schlüssiger Weise auf, dass das LSG den Streitgegenstand des Verfahrens verkannt und deshalb § 123 SGG verletzt habe(zu einem solchen Verfahrensmangel vgl BSG Beschluss vom 29.3.2001 - B 7 AL 214/00 B - SozR 3-1500 § 123 Nr 1; BSG Beschluss vom 13.6.2013 - B 13 R 454/12 B - Juris RdNr 13 ff). Denn sie legt nicht dar, weshalb das LSG über einen anderen Streitgegenstand als den von ihr geltend gemachten entschieden habe. Hierzu hätte zumindest aufgezeigt werden müssen, welchen Antrag die anwaltlich vertretene Klägerin zum Schluss des Berufungsverfahrens gestellt und inwiefern das LSG durch seine Entscheidung die von ihr geltend gemachten Ansprüche ganz oder teilweise verfehlt hat. Der Verweis auf Ausführungen der Gutachter kann diese Darlegungen nicht ersetzen.

22

Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang rügt, das LSG hätte auch zum Vorliegen einer Erkrankung nach ICD 10 F 43.8 - sonstige Reaktionen auf schwere Belastung - von Amts wegen weiter ermitteln müssen, so hat sie nicht substantiiert dargelegt, warum ihr ausdrücklich auf das Vorliegen eines "Vollbilds einer posttraumatischen Belastungsstörung nach ICD-10 Nummer F 43.1" gerichteter Beweisantrag entgegen der Annahme des LSG auch diese Gesundheitsstörung mitumfasste.

23

2. Ebenso wenig hat die Beschwerde die Voraussetzungen einer Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG dargelegt. Sie liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Eine solche Divergenz kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Wer eine Rechtsprechungsdivergenz entsprechend den gesetzlichen Anforderungen darlegen will, muss daher entscheidungstragende abstrakte Rechtssätze in der Entscheidung des Berufungsgerichts einerseits und in der herangezogenen höchstrichterlichen Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG andererseits gegenüberstellen und dazu ausführen, weshalb beide miteinander unvereinbar sein sollen (vgl zB BSG Beschluss vom 28.7.2009 - B 1 KR 31/09 B - RdNr 4; BSG Beschluss vom 28.6.2010 - B 1 KR 26/10 B - RdNr 4; BSG Beschluss vom 22.12.2010 - B 1 KR 100/10 B - Juris RdNr 4 mwN). Erforderlich ist, dass das LSG bewusst einen abweichenden Rechtssatz aufgestellt hat und nicht etwa lediglich fehlerhaft das Recht angewendet hat (vgl zB BSG Beschluss vom 15.1.2007 - B 1 KR 149/06 B - RdNr 4; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26 S 44 f mwN).

24

Einen solchen abstrakten Rechtssatz bezeichnet die Beschwerde nicht, sondern behauptet lediglich, das LSG habe sich über die Vorgaben der Entscheidung des Senats vom 12.5.2015 - B 9 SB 93/14 B - hinweggesetzt. Dies trifft zum einen, wie bereits ausgeführt, in der Sache nicht zu. Vor allem aber kritisiert die Beschwerde damit letztlich nur die Rechtsanwendung des LSG im Fall der Klägerin. Die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung des LSG im Einzelfall ist aber nicht Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).

25

Dasselbe gilt für die von der Beschwerde aufgestellte Behauptung, das LSG setzte sich in Widerspruch zur Rechtsprechung des BSG und des darin geforderten Rückgriffs auf aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse, insbesondere zu den Folgen rechtsstaatswidriger Haft in der ehemaligen DDR. Auch insoweit zeigt die Beschwerde keinen abstrakten Rechtssatz des LSG auf, mit dem dieses diese Notwendigkeit infrage gestellt hätte. Vielmehr rügt die Beschwerde insoweit wiederum lediglich die vermeintlich falsche Rechtsanwendung des LSG im Einzelfall. Soweit sie dem LSG vorwirft, es habe zu Unrecht das Diagnosesystem des DSM nicht herangezogen, so legt sie darüber hinaus auch nicht dar, warum dieser vermeintliche Rechtsfehler für die Entscheidung des LSG erheblich gewesen sein sollte. Denn das LSG hat ausdrücklich offengelassen, ob das Diagnosesystem heranzuziehen ist, weil auch unter seiner Zugrundelegung die Voraussetzungen einer PTBS nicht erfüllt seien.

26

Dasselbe gilt hinsichtlich der von der Beschwerde behaupteten, aber nicht näher ausgeführten angeblichen grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Die Beschwerde hat weder dargelegt und ausformuliert, welche grundsätzliche Rechtsfrage der Fall der Klägerin aufwerfen sollte, noch, warum sich eine solche Rechtsfrage nicht anhand der von ihr selber zitierten Rechtsprechung des BSG beantworten lässt.

27

Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG).

28

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

29

3. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundessozialgericht Beschluss, 16. Feb. 2017 - B 9 V 48/16 B

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundessozialgericht Beschluss, 16. Feb. 2017 - B 9 V 48/16 B

Referenzen - Gesetze

Bundessozialgericht Beschluss, 16. Feb. 2017 - B 9 V 48/16 B zitiert 11 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160a


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 103


Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 128


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 169


Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfu

Zivilprozessordnung - ZPO | § 412 Neues Gutachten


(1) Das Gericht kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet. (2) Das Gericht kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein S

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 123


Das Gericht entscheidet über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 118


(1) Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sind auf die Beweisaufnahme die §§ 358 bis 363, 365 bis 378, 380 bis 386, 387 Abs. 1 und 2, §§ 388 bis 390, 392 bis 406 Absatz 1 bis 4, die §§ 407 bis 444, 478 bis 484 der Zivilprozeßordnung entsprech

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundessozialgericht Beschluss, 16. Feb. 2017 - B 9 V 48/16 B zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Bundessozialgericht Beschluss, 16. Feb. 2017 - B 9 V 48/16 B zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundessozialgericht Beschluss, 13. Aug. 2015 - B 9 V 13/15 B

bei uns veröffentlicht am 13.08.2015

Tenor Der Antrag der Klägerin, ihr für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 25. September 2014 Prozesskostenhilf

Bundessozialgericht Beschluss, 13. Juni 2013 - B 13 R 454/12 B

bei uns veröffentlicht am 13.06.2013

Tenor Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 17. Februar 2012 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Beschluss, 07. Apr. 2011 - B 9 SB 47/10 B

bei uns veröffentlicht am 07.04.2011

Tenor Auf die Beschwerde des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 5. März 2010 aufgehoben.

Bundessozialgericht Beschluss, 22. Dez. 2010 - B 1 KR 100/10 B

bei uns veröffentlicht am 22.12.2010

Tenor Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 27. Juli 2010 wird als unzulässig verworfen.

Bundessozialgericht Beschluss, 29. Apr. 2010 - B 9 SB 47/09 B

bei uns veröffentlicht am 29.04.2010

Tenor Auf die Beschwerde der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 17. Juni 2009 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozi
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundessozialgericht Beschluss, 16. Feb. 2017 - B 9 V 48/16 B.

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 26. März 2019 - L 15 VJ 9/16

bei uns veröffentlicht am 26.03.2019

Tenor I. Auf die Berufung wird das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 24. Oktober 2016 aufgehoben und die Klage abgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten in beiden Rechtszügen sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wi

Bundessozialgericht Beschluss, 29. Jan. 2018 - B 9 V 39/17 B

bei uns veröffentlicht am 29.01.2018

Tenor Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 26. April 2017 wird als unzulässig verworfen.

Referenzen

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten.

(1) Das Gericht kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet.

(2) Das Gericht kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist.

Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

Tenor

Der Antrag der Klägerin, ihr für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 25. September 2014 Prozesskostenhilfe zu gewähren und Rechtsanwalt T. D., M., beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im genannten Urteil wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Die Klägerin begehrt Versorgungsleistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) iVm dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).

2

Die 1978 geborene Klägerin ist serbisch-montenegrinischen Staatsangehörige. Sie reiste im August 1995 in die Bundesrepublik Deutschland ein und lebt dort bis Dezember 1997 ohne Duldung oder sonstigen Aufenthaltstitel. Seit dem 18.3.2006 besitzt sie aufgrund der Eheschließung mit einem deutschen Staatsangehörigen eine Aufenthaltserlaubnis.

3

Im August 2005 beantragte die Klägerin die Gewährung von Beschädigtenversorgung. Sie sei erblindet, nachdem ihr damaliger Verlobter sie im März 1996 in einem Asylbewerberwohnheim körperlich misshandelt habe. Der Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin ab (Bescheid vom 19.6.2008, Widerspruchsbescheid vom 11.7.2008), weil sich aus den beigezogenen Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft kein Nachweis des von der Klägerin vorgetragenen Sachverhalts ergebe. Unbeteiligte Zeugen hätten ausgesagt, dass die Klägerin bereits vor der vermeintlichen Tat erheblich sehbehindert gewesen sei. Wie die beigezogenen ärztlichen Unterlagen zeigten, sei Ursache der Erblindung der Klägerin eine angeborene Augenerkrankung.

4

Das von der Klägerin angerufene SG Osnabrück hat ihre Klage zurückgewiesen (Urteil vom 11.4.2012). Die in größerer Zahl mit beachtlicher Aussagekraft vorliegenden Beweismittel bestätigten die Angaben der Klägerin nicht, zumal ihr gesamtes Verhalten auf Entschädigung ausgerichtet sei. Das vom Gericht eingeholte augenärztliche Sachverständigengutachten habe zudem bestätigt, dass die Erblindung der Klägerin auf ein beidseitiges Glaukom und nicht auf eine Gewalteinwirkung zurückzuführen sei.

5

Mit Urteil vom 25.9.2014 hat das LSG ebenfalls einen Anspruch der Klägerin auf Entschädigungsleistungen nach dem OEG iVm dem BVG verneint, weil der Vollbeweis eines gegen die Klägerin gerichteten Angriffs iS von § 1 OEG nicht erbracht sei. Dagegen sprächen ua ihre im Verlauf der Zeit wechselnden und widersprüchlichen Angaben.

6

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde zum BSG eingelegt, für die sie die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt hat. Sie macht geltend, das LSG habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör sowie seine Pflicht zur Amtsermittlung verletzt.

7

II. 1. Der PKH-Antrag der Klägerin ist unbegründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 ZPO). Daran fehlt es hier (2.).

8

2. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil weder die behauptete Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes (a) noch des Anspruchs auf rechtliches Gehör (b) ordnungsgemäß dargetan worden sind (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).

9

a) Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde wie im Fall der Klägerin darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG), müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel dabei auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Will die Beschwerde demnach einen Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht rügen (§ 103 SGG), so muss sie einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag bezeichnen, dem das LSG nicht gefolgt ist.

10

Die Klägerin hat nicht dargelegt, einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag gestellt zu haben. Dafür hätte sie nicht nur die Stellung des Antrags, sondern auch aufzeigen müssen, über welche im Einzelnen bezeichneten Punkte mit welchem voraussichtlichen Ergebnis Beweis erhoben werden sollte. Denn wesentliche Merkmale eines hinreichend substantiierten Beweisantrags sind eine bestimmte Tatsachenbehauptung und die Angabe des Beweismittels für diese Tatsache (vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 6 mwN). Dafür ist die behauptete Tatsache möglichst eindeutig und präzise zu bezeichnen und zumindest hypothetisch zu umreißen, was die Beweisaufnahme ergeben hätte. Nur dies versetzt die Vorinstanz in die Lage, die Entscheidungserheblichkeit des Beweisantrags zu prüfen und gegebenenfalls ihre Ablehnung hinreichend iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zu begründen(Karmanski in Roos/Wahrendorf, SGG, 1. Aufl 2014, § 160a RdNr 96 mwN). Unbestimmte bzw unsubstantiierte Beweisanträge brauchen dem Gericht dagegen keine Beweisaufnahme nahezulegen (vgl BSG Urteil vom 19.10.201 - B 13 R 303/11 R - NZS 2012, 230; BSG Beschluss vom 19.11.2009 - B 13 R 303/09 B - BeckRS 2010, 65789 RdNr 12). Beweisantragstellern obliegt es daher, die behauptete Tatsache zu individualisieren, dh insbesondere in örtlicher und zeitlicher Hinsicht fassbar zu machen. Für Tatsachen aus dem persönlichen Lebensbereich sind die Anforderungen dabei strenger als bei Tatsachen, die typischerweise nicht in ihren Einzelheiten gekannt werden (Dawin in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, 27. Ergänzungslieferung Oktober 2014, § 86 RdNr 92 ).

11

Diese Substantiierungsanforderungen verfehlt der in der mündlichen Verhandlung beim LSG gestellte Antrag,

        

den damals (1995/1996) in dem Asylbewerberheim als Hausmeister tätigen F. M. als Zeugen dazu zu vernehmen, dass die Klägerin damals durch Angehörige des H.-Clan und insbesondere durch den G. H. körperlich misshandelt worden ist,

weil der Antrag unvollständig und zu ungenau ist. Das unter Beweis gestellte Geschehen lag beinahe 20 Jahre zurück und das LSG hatte dazu bereits umfangreich ermittelt. Es genügte daher zur hinreichenden Konkretisierung der Beweistatsache nicht, lediglich einen Tatzeitraum von ungefähr zwei Jahren zu umreißen ("1995/1996") und eine nicht näher beschriebene "körperliche Misshandlung" anzuführen, ohne diese zeitlich oder örtlich genauer einzugrenzen und das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme anzugeben. Mit diesen angesichts der konkreten Fallumstände viel zu vagen Angaben konnte der Beweisantrag seine Warnfunktion nicht erfüllen und das LSG nicht zu weiteren Ermittlungen drängen. Soweit den Ausführungen der Klägerin in diesem Zusammenhang zu entnehmen ist, dass sie sich auch gegen die Verwertung der schriftlich fixierten Aussage des Zeugen im polizeilichen Vernehmungsprotokoll vom 23.11.2007 im Wege des Urkundenbeweises wendet, rügt sie hinreichend deutlich zugleich einen Verstoß gegen das Gebot der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 117 SGG). Die Verwertung von Zeugenaussagen aus beigezogenen Akten - wie hier den staatsanwaltlichen Ermittlungsakten - ist indes nicht unzulässig. Ausnahmen gelten, wenn die inhaltliche Richtigkeit der Aussage substantiiert bestritten wird (BFH Beschluss vom 24.9.2013 - XI B 75/12) oder Glaubwürdigkeitsaspekte von Bedeutung sind (vgl BSG SozR 3-1500 § 117 Nr 1). Die Beschwerdebegründung weist zwar auf Einzelaspekte hin, die darauf abzielen, die Aussage des Zeugen im Rahmen der polizeilichen Vernehmung in Zweifel zu ziehen. Sie versäumt aber jedenfalls darzulegen, dass und inwieweit das Berufungsurteil hierauf beruht.

12

Soweit die Klägerin beantragt hat,

        

die Humangenetikerin Dr. G. ergänzend dazu zu befragen, dass das bei ihr bestehende Glaukom nicht wesentliche Ursache für ihre Erblindung ist,

hat sie schon nicht wie erforderlich angegeben, welche Art Beweismittel - Sachverständigengutachten, sachverständige Zeugenaussage usw - das LSG damit nach ihrem Willen nutzen sollte. Vor allem aber fehlte die Angabe, welches Ergebnis die beantragte Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben würde (vgl BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13). Vielmehr benennt die Beschwerde selber verschiedene, sich gegenseitig ausschließende mögliche Beweisergebnisse. Schließlich legt sie auch nicht dar, warum nach der maßgeblichen Rechtsauffassung des LSG die begehrte Beweisaufnahme entscheidungserheblich sein sollte, obwohl das LSG jedenfalls einen rechtswidrigen tätlichen Angriff auf die Klägerin verneint hatte und deswegen die Ursache ihrer Erblindung für die Entscheidungen des Gerichts ansonsten keine tragende Rolle spielte.

13

Mit dem Verweis auf ihren beim LSG gestellten Antrag, sie persönlich zu hören, hat die Klägerin bereits kein zulässiges Beweismittel und damit ebenfalls keinen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag bezeichnet. Denn im sozialgerichtlichen Verfahren kommt eine Parteivernehmung zulässigerweise weder auf Antrag noch von Amts wegen in Betracht (stRspr vgl BSG vom 27.5.2011 - B 12 KR 79/10 B - Juris RdNr 8; vom 18.2.2003 - B 11 AL 273/02 B - Juris RdNr 3; vom 24.11.1990 - 1 BA 45/90 - SozR 3-1500 § 160a Nr 2 S 2; vom 20.1.1988 - 1 BA 51/87 - Juris), da § 118 Abs 1 S 1 SGG nicht auf die §§ 445 ff ZPO verweist. Aber selbst wenn in eng begrenzten Ausnahmefällen eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht iS des § 103 SGG durch Verzicht auf eine solche Anhörung angenommen werden könnte, hätte unter Beachtung der Darlegungserfordernisse einer ordnungsgemäßen Sachaufklärungsrüge(vgl BSG vom 22.9.2008 - B 5 R 104/08 B) vorgetragen werden müssen, dass hier ein derartiger Sachverhalt vorliegt. Insbesondere hätte es der Darlegung bedurft, aus welchen Gründen im Einzelnen das LSG trotz der vielfachen Äußerungen der Klägerin in den vorangegangenen Ermittlungs-, Verwaltungs- und im Gerichtsverfahren sich hätte gedrängt fühlen müssen, die Klägerin persönlich zu hören. Das LSG hat die Berufung unter anderem wegen des widersprüchlichen und wechselnden Vortrags der Klägerin zu verschiedenen Zeitpunkten und bei unterschiedlichen Anlässen zurückgewiesen. Die Beschwerde legt nicht dar, wie und warum gerade eine persönliche Anhörung der Klägerin diese sachlichen Widersprüche hätte ausräumen können, obwohl die Klägerin in diesem und in anderen Verfahren ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme hatte, die sie auch genutzt hat.

14

Unabhängig davon fehlen in dem beim LSG gestellten Antrag auf persönliche Anhörung jegliche Angaben dazu, zu welchem Beweisthema die Klägerin noch hätte welche Aussage machen können, die das LSG noch nicht berücksichtigt hatte. Soweit sich die Beschwerde um den Beweisantrag zu untermauern im Einzelnen mit der Beweiswürdigung des LSG auseinandersetzt, übersieht sie, dass § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG diese der Beurteilung durch das Revisionsgericht vollständig entzieht. Kraft der darin enthaltenen ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung kann die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts mit der Nichtzulassungsbeschwerde weder unmittelbar noch mittelbar angegriffen werden (Karmanski in Roos/Wahrendorf, SGG, 1. Aufl 2014, § 160 RdNr 58 mwN).

15

b) Die behauptete Verletzung ihres rechtlichen Gehörs hat die Klägerin ebenfalls nicht hinreichend substantiiert dargetan. Die Ablehnung eines Antrags auf Terminverlegung verletzt den Grundsatz des rechtlichen Gehörs, wenn der Beteiligte aus erheblichen Gründen am Erscheinen verhindert ist (§ 202 S 1 SGG iVm § 227 ZPO) und die Ablehnung der Verlegung den Beteiligten in der sachgemäßen Wahrnehmung seiner Rechte beeinträchtigt (Keller in Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 66 RdNr 6d mwN). Ein erheblicher Grund ist auf Verlangen glaubhaft zu machen (vgl § 202 S 1 SGG iVm § 227 Abs 2 ZPO). Bei kurzfristig gestellten Anträgen auf Terminverlegung dürfen die Gerichte wegen der damit verbundenen Missbrauchsgefahr an die Glaubhaftmachung der Verhandlungsunfähigkeit hohe Anforderungen stellen (s auch BFH vom 9.11.2009, BFH/NV 2010, 230, 231 = Juris RdNr 7; BFH vom 26.11.2009, BFH/NV 2010, 907, 908 = Juris RdNr 6). Wird eine Terminverlegung daher erst einen Tag vor der anberaumten mündlichen Verhandlung beantragt und mit einer Erkrankung begründet, so muss dieser Verhinderungsgrund so dargelegt und untermauert sein, dass das Gericht ihn ohne weitere Nachforschungen selbst beurteilen kann (vgl BSG SozR 4-1500 § 110 Nr 1 mwN; BSG Beschluss vom 3.7.2013 - B 12 R 38/12 B - Juris RdNr 12). Insoweit hat das LSG der Klägerin zu Recht entgegengehalten, dass sie ihren einen Tag vor der anberaumten Verhandlung gestellten Verlegungsantrag zwar mit einer Erkrankung begründet, diese jedoch lediglich behauptet, aber durch nichts belegt hat, insbesondere nicht durch Vorlage eines ärztlichen Attestes. Die von ihren Prozessbevollmächtigten nunmehr im NZB-Verfahren vorgelegte Bescheinigung ist erst ein halbes Jahr nach dem behaupteten Krankenhausaufenthalt ausgestellt worden; sie kann die rechtzeitige Vorlage an das LSG nicht ersetzen.

16

Darüber hinaus fehlt es an der Darlegung, warum eine persönliche Anwesenheit der Klägerin beim Termin zur mündlichen Verhandlung zwingend notwendig gewesen wäre, um ihr rechtliches Gehör zu wahren, obwohl sie im Termin von ihrem Prozessbevollmächtigten vertreten wurde und sich vorher mehrfach zum Sachverhalt geäußert hat.

17

3. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG).

18

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

19

4. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 5. März 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Der Kläger begehrt in der Hauptsache die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens RF ab 1.1.2003. Das beklagte Land lehnte seinen diesbezüglichen Antrag vom 1.12.2006 nach Einholung gutachtlicher Stellungnahmen ab (Bescheid vom 21.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.1.2008). Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) Karlsruhe abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 27.2.2009). Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hat die dagegen eingelegte Berufung des Klägers (ohne mündliche Verhandlung) im Wesentlichen mit folgender Begründung zurückgewiesen (Urteil vom 5.3.2010): Beim Kläger sei zwar ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 festgestellt. Er sei jedoch nach den eingeholten schriftlichen sachverständigen Zeugenaussagen des Neurologen H. und der Rheumatologin Dr. M. nicht ständig gehindert, an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen. Den abweichenden Ansichten der Internisten Dr. R. und Dr. S. könne nicht gefolgt werden. Es habe kein Anlass für weitere Ermittlungen bestanden, insbesondere auch nicht durch Vernehmung der im Schriftsatz vom 29.6.2009 benannten Ehefrau des Klägers als Zeugin. Die vom Kläger gestellten Beweisfragen seien durch die eingeholten schriftlichen sachverständigen Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte geklärt. Dass die Ehefrau des Klägers über eine besondere (medizinische) Sachkunde verfüge, die gleichwohl ihre Vernehmung angezeigt erscheinen lasse, sei nicht ersichtlich.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG hat der Kläger bei dem Bundessozialgericht (BSG) Beschwerde eingelegt. Mit seiner Beschwerdebegründung macht er einen Verfahrensmangel geltend: Das LSG sei seinem Beweisantrag auf Vernehmung seiner Ehefrau als Zeugin ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt.

3

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil des LSG vom 5.3.2010 ist unter Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz ergangen. Der vom Kläger schlüssig gerügte Verfahrensmangel einer ohne hinreichende Begründung unterlassenen Beweiserhebung liegt vor. Er führt gemäß § 160a Abs 5 iVm § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das LSG.

4

Das LSG hat seine in § 103 SGG normierte Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts dadurch verletzt, dass es dem von dem Kläger mit Schriftsätzen vom 29.6.2009 und 26.11.2009 gestellten Beweisantrag, dessen Ehefrau E. als Zeugin zu vernehmen, ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Für die Frage, ob ein hinreichender Grund für die unterlassene Beweiserhebung (hier: Zeugenvernehmung) vorliegt, kommt es darauf an, ob das Gericht objektiv gehalten gewesen wäre, den Sachverhalt zu dem von dem betreffenden Beweisantrag erfassten Punkt weiter aufzuklären, ob es sich also zur beantragten Beweiserhebung hätte gedrängt fühlen müssen (stRspr BSG SozR 1500 § 160 Nr 5). Soweit der Sachverhalt nicht hinreichend geklärt ist, muss das Gericht von allen Ermittlungsmöglichkeiten, die vernünftigerweise zur Verfügung stehen, Gebrauch machen. Einen Beweisantrag darf es nur dann ablehnen, wenn es aus seiner rechtlichen Sicht auf die ungeklärte Tatsache nicht ankommt, wenn diese Tatsache als wahr unterstellt werden kann, wenn das Beweismittel völlig ungeeignet oder unerreichbar ist, wenn die behauptete Tatsache oder ihr Fehlen bereits erwiesen oder wenn die Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist (vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 12 RdNr 10). Keiner dieser Ablehnungsgründe liegt hier vor.

5

           

Der Kläger hat in seinem Schreiben vom 29.6.2009 ausdrücklich die (schriftliche) Vernehmung seiner Ehefrau Edeltraud Kolb zu folgenden Beweisfragen beantragt:

        

"-    

Häufigkeit der Krankheitsschübe und seit wann?

        

 -    

Welche Beschwerden, Hilfen, Pflege lagen und liegen vor?

        

 -    

Wie machen sich die regelwidrigen Zustände bemerkbar?

        

 -    

Welche Funktionsbeeinträchtigungen sind augenscheinlich?

        

 -    

Wann wurde zuletzt an öffentlichen Veranstaltungen teilgenommen und aus welchen Gründen geht es nicht mehr?"

6

Diesen Antrag hat er in seinem Schreiben vom 26.11.2009 ausdrücklich wiederholt und in seinem Schreiben vom 1.12.2009, in dem er sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt hat, nochmals darauf hingewiesen, dass er den Sachverhalt durch die vier schriftlichen ärztlichen Stellungnahmen noch nicht für geklärt hält. Unerheblich ist, dass der Kläger in seiner Zustimmungserklärung vom 1.12.2009 den Beweisantrag nicht ausdrücklich aufrecht erhalten hat, denn dies wird nur von einem vor dem LSG rechtskundig bzw anwaltlich vertretenen Beteiligten verlangt (vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 1 RdNr 5). Der Kläger war jedoch in der Berufungsinstanz noch nicht anwaltlich vertreten.

7

Ausgehend von der Rechtsauffassung des LSG, dass es nach den rundfunkrechtlichen Staatsverträgen für die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens RF bei behinderten Menschen mit einem GdB von wenigstens 80 - wie dem Kläger - entscheidend darauf ankommt, ob sie wegen ihres Leidens ständig gehindert sind, an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen, hätte sich das LSG im Hinblick auf die unterschiedliche Beantwortung dieser Frage durch die auf der Grundlage von § 118 Abs 1 SGG, § 377 Abs 3 Satz 1 ZPO, § 414 ZPO gehörten behandelnden Ärzte zu weiterer, insbesondere zu der vom Kläger beantragten Beweiserhebung gedrängt fühlen müssen. Aus der Sicht des LSG kam es auf die genannten Beweisfragen an.

8

Der erkennende Senat vermag der Auffassung des LSG nicht zu folgen, dass die vom Kläger gestellten Beweisfragen durch die eingeholten schriftlichen sachverständigen Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte bereits geklärt waren. Diese hatten die Frage, ob beim Kläger die gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens RF erfüllt sind - zum Teil nur bezogen auf die von ihnen fachspezifisch erhobenen Befunde - unterschiedlich beantwortet. Während der Neurologe H. die Beweisfrage, ob der Kläger wegen seiner Funktionsbeeinträchtigungen an öffentlichen Veranstaltungen ständig nicht teilnehmen könne, "aus neurologischer Sicht" verneint hat, ist der Arzt für innere Medizin Dr. R. zu der Beurteilung gelangt, dass beim Kläger ein erheblich eingeschränkter Bewegungsradius vorliege und Gehstrecken von über 50 m ein erhebliches Hindernis darstellten. Die Rheumatologin Dr. M. hat die Ansicht vertreten, eine Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen sei erheblich erschwert und - je nach Art der Veranstaltung - unmöglich. Der Arzt für innere Medizin (Lungen- und Bronchialheilkunde) Dr. S. hat eine Teilnahme des Klägers an öffentlichen Veranstaltungen derzeit längerfristig (6 - 12 Monate) für absolut unmöglich gehalten. Der zu klärende Sachverhalt stand mithin aufgrund der vom LSG durchgeführten Beweisaufnahme noch nicht zweifelsfrei fest.

9

Die Vernehmung der Ehefrau als Zeugin zu den vom Kläger gestellten Beweisfragen ist auch kein völlig ungeeignetes Beweismittel. Selbst wenn die Ehefrau über keine medizinische Sachkunde verfügt, so hätte sie doch zur Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts beitragen können, etwa indem sie vom Gericht (mündlich oder schriftlich) zur tatsächlichen Bewegungsfähigkeit des Klägers (mit und ohne Hilfe von Begleitpersonen oder technischen Hilfsmitteln) sowie zu sonstigen Gegebenheiten seiner Lebensführung befragt worden wäre. Die Angaben eines Laien können für ein Gericht durchaus geeignet sein, sich ein genaueres Bild über den funktionalen Zustand eines behinderten Menschen zu verschaffen (zum Beweis durch Zeugenvernehmung betreffend soziale Anpassungsschwierigkeiten bei psychischen Störungen: BSG Beschluss vom 20.7.2005 - B 9a VG 7/05 B, RdNr 11 f; BSG Urteil vom 23.4.2009 - B 9 VG 1/08 R, RdNr 45; vgl allgemein auch BSG Urteil vom 19.3.1969 - 10 RV 225/68 - juris RdNr 18; BSG Urteil vom 28.1.1993 - 2 RU 37/92 - juris RdNr 20). Die Aussage der Ehefrau des Klägers hätte sodann - zusammen mit den unterschiedlichen Antworten der behandelnden Ärzte - einem im Schwerbehindertenrecht erfahrenen ärztlichen Sachverständigen vorgelegt werden können, der - eventuell nach Untersuchung des Klägers - das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens RF aus medizinischer Sicht abschließend und zusammenfassend hätte beurteilen können (vgl hierzu Nr 33 der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht, Ausgabe 2005 iVm den einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften über die Befreiung natürlicher Personen von der Rundfunkgebührenpflicht).

10

Auf dem insoweit verfahrensfehlerhaften Unterlassen weiterer Beweiserhebung kann die angefochtene Entscheidung beruhen, denn es ist nicht auszuschließen, dass entsprechende Ermittlungen (Durchführung der beantragten Zeugenvernehmung und etwaige abschließende zusammenfassende Beurteilungen durch einen ärztlichen Sachverständigen) neue tatsächliche Gesichtspunkte ergeben hätten, die möglicherweise dazu geführt hätten, dass das LSG im Rahmen seiner aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG)zu einem für den Kläger günstigeren Ergebnis gekommen wäre.

11

Nach § 160a Abs 5 SGG kann das BSG in dem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverweisen, wenn - wie hier - die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliegen. Der Senat macht im Hinblick auf die Umstände des vorliegenden Falles von dieser Möglichkeit Gebrauch.

12

Das LSG wird auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 17. Juni 2009 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Streitig ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) der Klägerin in der Zeit ab November 2006.

2

Auf den im September 2003 gestellten Antrag der Klägerin stellte das beklagte Land mit Bescheid vom 21.1.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.2004 wegen einer Gonarthrose rechts sowie eines degenerativen Wirbelsäulensyndroms den GdB der Klägerin auf 30 fest. Nach umfangreicher Beweisaufnahme durch Einholung ärztlicher Gutachten verschiedener Fachgebiete von Amts wegen und nach § 109 SGG hat das Sozialgericht Koblenz (SG) durch Urteil vom 26.10.2007 unter Abänderung der angefochtenen Bescheide den Beklagten verurteilt, den GdB ab November 2006 auf 40 "zu bemessen". Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

3
Nachdem der Beklagte im Berufungsverfahren durch von der Klägerin angenommenes Teilanerkenntnis festgestellt hatte, dass der GdB ab Oktober 2007 50 beträgt, hat die Klägerin beantragt,
den GdB ab November 2006 auf 50 und ab Oktober 2007 auf 60 festzustellen.
4

Durch Urteil vom 17.6.2009 hat das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz (LSG) ohne mündliche Verhandlung das Urteil des SG neu gefasst und den Beklagten verurteilt, den GdB ab November 2006 auf 40 und ab Oktober 2007 auf 50 festzustellen. Im Übrigen hat es die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Zur Begründung hat das LSG auf das Urteil des SG Bezug genommen und weiter ausgeführt: Wegen einer rezidivierenden depressiven Störung sei der GdB zu erhöhen gewesen. Soweit die Klägerin die Feststellung eines GdB von 50 für die Zeit von November 2006 bis September 2007 und eines GdB von 60 ab Oktober 2007 geltend mache, sei die Berufung nicht begründet. Weitere Ermittlungen von Amts wegen seien nicht erforderlich, weil der entscheidungserhebliche Sachverhalt geklärt sei.

5

Mit ihrer fristgerecht eingelegten und begründeten Nichtzulassungsbeschwerde rügt die Klägerin eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht des LSG nach § 103 SGG. Sie habe mit Schriftsatz vom 30.5.2009 das Teilanerkenntnis des Beklagten angenommen sowie ihren Sachantrag und hilfsweise Beweisanträge gestellt. Nachdem das LSG zutreffend mitgeteilt habe, dass sich beide Beteiligte mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt hätten, habe sie - die Klägerin - mit Schriftsatz vom 16.6.2009 erklärt, sämtliche Sach- und Beweisanträge von Seite 2 des Schriftsatzes vom 30.5.2009 aufrechtzuerhalten und zu wiederholen. Ihren Beweisanträgen sei das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt.

6

Der Beklagte hält die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin für unzulässig.

7

II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil des LSG vom 17.6.2009 ist unter Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz ergangen. Dieser von der Klägerin schlüssig gerügte Verfahrensmangel liegt vor. Er führt gemäß § 160a Abs 5 iVm § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das LSG.

8

Das LSG hat seine in § 103 SGG normierte Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts dadurch verletzt, dass es entgegen dem von der Klägerin bis zur Entscheidung des LSG ohne mündliche Verhandlung aufrechterhaltenen Beweisantrag auf Einholung von Sachverständigengutachten von Amts wegen zum Beweis der Tatsache, dass ihre bereits festgestellte Adipositas permagna die Voraussetzungen für eine Bewertung des GdB mit 50 ab November 2006 und mit 60 ab Oktober 2007 erfülle, ohne hinreichende Begründung nicht entsprochen hat. Die Wendung "ohne hinreichende Begründung" in § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist nicht formell, sondern materiell iS von "ohne hinreichenden Grund" zu verstehen(BSG SozR 1500 § 160 Nr 5). Es kommt darauf an, ob das Gericht objektiv gehalten gewesen ist, den Sachverhalt weiter aufzuklären und den beantragten Beweis zu erheben. Die Amtsermittlungspflicht ist verletzt, wenn Tatsachen, die nach der rechtlichen Sicht des LSG entscheidungserheblich waren, offen geblieben sind, weil die notwendigen Feststellungen überhaupt fehlen oder weil sie nicht prozessordnungsgemäß zustande gekommen sind.

9

Das Fehlen notwendiger Feststellungen macht die Klägerin hier mit Recht geltend. Das LSG hätte sich entsprechend den von ihr hilfsweise gestellten Beweisanträgen gedrängt fühlen müssen, Beweis über die Auswirkungen der von der Klägerin geltend gemachten Adipositas permagna auf ihre Fähigkeit zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erheben. Auf dieser unterlassenen Beweiserhebung kann das angefochtene Urteil beruhen.

10

Der Beklagte hat zur Begründung des GdB der Klägerin Verschleißveränderungen des rechten Knies sowie der Wirbelsäule berücksichtigt. Das SG hat darüber hinaus, eine "Fußbehinderung und eine Krampfaderbildung" beidseits, eine Verschlimmerung des Wirbelsäulenschadens sowie eine Funktionsstörung beider Schultergelenke und beider Hände festgestellt und in die Bewertung des GdB einbezogen. Ferner hat das SG eine depressive Anpassungsstörung berücksichtigt. Das LSG hat sich dem angeschlossen. Zu den funktionellen Auswirkungen, der von der Klägerin als erwiesen bezeichneten Adipositas permagna (siehe Nr 26.15 AHP 2004 und 2008/B Nr 15.3 Versorgungsmedizin-Verordnung ) haben sich die Tatsachengerichte nicht geäußert. Insbesondere hat das LSG, welches, wie auch das SG, rechtlich - zutreffend - von der Notwendigkeit der Berücksichtigung aller die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft dauerhaft beeinträchtigenden Funktionsstörungen ausgegangen ist, nicht begründet, warum eine Adipositas permagna entweder bei der Klägerin tatsächlich nicht vorliege oder keine Auswirkungen auf den GdB iS der Nr 26.15 AHP/ B 15.3 VersmedV habe bzw haben könne. Das LSG war daher gehalten, darüber entsprechend dem Beweisantrag der Klägerin Beweis zu erheben. Diese Beweisaufnahme wird es im nunmehr wiedereröffneten Berufungsverfahren nachzuholen haben.

11

Dabei wird das LSG auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sind auf die Beweisaufnahme die §§ 358 bis 363, 365 bis 378, 380 bis 386, 387 Abs. 1 und 2, §§ 388 bis 390, 392 bis 406 Absatz 1 bis 4, die §§ 407 bis 444, 478 bis 484 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Weigerung nach § 387 der Zivilprozeßordnung ergeht durch Beschluß.

(2) Zeugen und Sachverständige werden nur beeidigt, wenn das Gericht dies im Hinblick auf die Bedeutung des Zeugnisses oder Gutachtens für die Entscheidung des Rechtsstreits für notwendig erachtet.

(3) Der Vorsitzende kann das Auftreten eines Prozeßbevollmächtigten untersagen, solange die Partei trotz Anordnung ihres persönlichen Erscheinens unbegründet ausgeblieben ist und hierdurch der Zweck der Anordnung vereitelt wird.

(1) Das Gericht kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet.

(2) Das Gericht kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist.

Das Gericht entscheidet über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 17. Februar 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Mit Urteil vom 17.2.2012 hat das LSG Baden-Württemberg einen Anspruch der Klägerin auf Berücksichtigung der Zeit vom 17.12.1985 bis 31.3.1986 als Anrechnungszeit nach § 58 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB VI verneint.

2

Die im Jahre 1955 geborene Klägerin legte am 9.12.1985 die Erste juristische Staatsprüfung ab. Das Zeugnis des Landesjustizprüfungsamtes Baden-Württemberg datiert vom 16.12.1985. Die Exmatrikulation durch die Universität Heidelberg erfolgte zum 31.3.1986. Ab 1.3.1986 absolvierte sie ihre Referendarausbildung im Rahmen des juristischen Vorbereitungsdienstes. Im Zeitraum vom 1.9.1985 bis 28.2.1986 war sie bei einem Rechtsanwalt geringfügig beschäftigt.

3

Im Kontenklärungsverfahren stellte die Beklagte mit Bescheid vom 6.12.1991 die im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten der Klägerin verbindlich bis zum 31.12.1984 fest: Im Zeitraum vom 1.4.1980 bis 16.12.1985 wurden Zeiten der Hochschulausbildung als Ausfallzeit nach § 36 Abs 1 AVG vorgemerkt. Für die Zeit vom 1.10.1985 bis einschließlich März 1986 wurden auch Pflichtbeitragszeiten für die Tätigkeit bei dem Rechtsanwalt gespeichert. Der im Kontenklärungsverfahren ergangene weitere Bescheid der Beklagten vom 24.8.2005, mit dem die im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten der Klägerin bis zum 31.12.1998 verbindlich festgestellt wurden, enthielt hinsichtlich der Feststellung des Zeitraums vom 17.12.1985 bis 31.3.1986 keine geänderten Daten.

4

Mit Vormerkungsbescheid vom 9.7.2010 stellte die Beklagte den Versicherungsverlauf der Klägerin bis zum 31.12.2003 verbindlich fest. In der Zeit vom 1.9.1985 bis 28.2.1986 wurde keine Pflichtbeitragszeit mehr vorgemerkt, weil nach dem seinerzeit geltenden Recht keine Versicherungs- oder Beitragspflicht in der Rentenversicherung wegen der geringfügigen Beschäftigung bestanden habe. Mit dem Widerspruch vom 9.8.2010 erhob die Klägerin Einwände, weil Zeiten der Hochschulausbildung nur bis zum 16.12.1985 anerkannt worden seien. Mit Schreiben vom 26.8.2010 teilte die Beklagte mit, dass insoweit die im Bescheid vom 6.12.1991 festgestellten Daten betroffen seien. Die Einwände seien daher nach § 44 SGB X zu überprüfen.

5

Mit Bescheid vom 24.9.2010 lehnte die Beklagte den Antrag vom 9.8.2010 auf Rücknahme des Bescheids vom 6.12.1991 ab. Die Überprüfung gemäß § 44 SGB X habe ergeben, dass dieser Bescheid nicht unrichtig ergangen sei. Das Studium der Rechtswissenschaften sei mit Ablegen der Ersten juristischen Staatsprüfung am 16.12.1985 beendet worden, sodass darüber hinaus keine Anrechnungszeit in Betracht komme. Im Widerspruchsverfahren teilte die Klägerin erneut mit, dass die bei dem Rechtsanwalt im Zeitraum vom 1.9.1985 bis 28.2.1986 ausgeübte Tätigkeit keine versicherungspflichtige Beschäftigung gewesen sei. Vielmehr habe es sich um eine zulässige geringfügige Beschäftigung zur Überbrückung der Wartezeit bis zum Beginn des Vorbereitungsdienstes für Referendare am 1.3.1986 gehandelt. Die Hochschulausbildung habe bis zur Exmatrikulation gedauert, sodass der Zeitraum bis 28.2.1986 als Zeit der Hochschulausbildung anzuerkennen sei. Im März 1986 habe lediglich eine Überschneidung mit dem am 1.3.1986 begonnenen Referendariat vorgelegen. § 58 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB VI sei daher unzutreffend angewendet worden.

6

Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 18.1.2011). Die Beklagte führte aus, dass die Klägerin mit dem Widerspruch die Anerkennung der Zeit vom 17.12.1985 bis 31.3.1986 als Anrechnungszeit wegen Hochschulausbildung (§ 58 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB VI) begehre. Der Endzeitpunkt der Hochschulausbildung sei grundsätzlich das Datum der Abschlussprüfung (Hinweis ua auf BSG vom 25.3.1998 - B 5 /4 RA 85/97 R; BSG SozR 3-2600 § 58 Nr 13; BSG SozR 2200 § 1259 Nr 92).

7

Auch das Klage- und Berufungsverfahren blieb erfolglos; die Urteile ergingen jeweils ohne mündliche Verhandlung (SG Karlsruhe vom 13.7.2011; LSG Baden-Württemberg vom 17.2.2012). In der Berufungsschrift vom 19.7.2011 hat die Klägerin ihren im erstinstanzlichen Verfahren gestellten Antrag wiederholt: "Die Beklagte wird verpflichtet, die Zeit vom 17.12.1985 bis 31.03.1986 als Anrechnungszeit wegen Hochschulausbildung nach § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB VI bei der Rentenermittlung mit einzubeziehen". Sie hat erneut eingewandt, dass die Beklagte die Beschäftigungszeit bei dem Rechtsanwalt versehentlich als versicherte Beschäftigungszeit berücksichtigt habe. "Unter dieser falschen Prämisse" habe die Beklagte die Hochschulausbildung in der Zeit vom 17.12.1985 bis 31.3.1986 gemäß § 58 Abs 4a SGB VI nicht berücksichtigt. Bei Wegfall "dieser Prämisse" müsse daher die Hochschulausbildung auch als solche anerkannt werden. Der vom SG formulierte Antrag entspreche weder ihrem Willen noch den Gesetzen noch berücksichtige er den tatsächlichen Sachverhalt. Ähnlich wie bereits in der Klageschrift hat sie ferner vorgetragen, dass sie hinsichtlich der Beschäftigungszeit bei dem Rechtsanwalt eine Anwendung des § 44 SGB X für falsch halte. Vielmehr liege insofern ein begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 SGB X vor. Auf Vertrauensschutz nach dieser Norm berufe sie sich. Die Frist nach § 149 Abs 5 SGB VI sei ebenfalls abgelaufen.

8

Das LSG hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Gegenstand des Rechtsstreits sei der Bescheid der Beklagten vom 24.9.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.1.2011. Zutreffend habe die Beklagte im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens (§ 44 SGB X) die teilweise Rücknahme des Bescheids vom 6.12.1991 und damit die Anerkennung der Zeit vom 17.12.1985 bis 31.3.1986 als Anrechnungszeit wegen Hochschulausbildung abgelehnt. Die Vormerkungsbescheide der Beklagten vom 24.8.2005 und 9.7.2010 seien hingegen nicht streitgegenständlich, weil sie keine Neufeststellungen im Hinblick auf die Anerkennung von Hochschulzeiten enthielten. Im vorliegenden Rechtsstreit gehe es nicht um die Frage der Aberkennung der Pflichtbeitragszeiten. Auch wenn die Beklagte mit Bescheid vom 9.7.2010 entschieden habe, dass der Zeitraum vom 1.9.1985 bis 28.2.1986 nicht mehr als Beitragszeit vorgemerkt werden könne, habe die Klägerin ihren Widerspruch lediglich mit der fehlenden Anerkennung der Hochschulausbildung als Anrechnungszeit begründet und der Auslegung ihres Widerspruchs als Überprüfungsantrag durch die Beklagte mit Schreiben vom 26.8.2010 nicht widersprochen.

9

Die Klägerin könne nicht die teilweise Rücknahme des Vormerkungsbescheids vom 6.12.1991 und die Anerkennung des Zeitraums vom 17.12.1985 bis 31.3.1986 als Anrechnungszeit wegen Hochschulausbildung nach § 58 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB VI verlangen; dahingehend habe der Senat den Antrag der Klägerin nach § 123 SGG gefasst. Die Hochschulausbildung ende grundsätzlich mit dem Tag des Bestehens der Abschlussprüfung (Hinweis auf stRspr, zB BSG vom 27.11.1991 - 4/1 RA 65/90 -; vom 16.12.1997 - 4 RA 67/97). Schließlich habe das LSG auch nicht über einen hilfsweisen Antrag auf Verweisung des Rechtsstreits wegen Amtspflichtverletzung zu entscheiden gehabt, weil ein solcher Antrag nicht gestellt worden sei.

10

Die Klägerin macht mit der Begründung ihrer Nichtzulassungsbeschwerde vom 21.2.2013 ausschließlich Verfahrensfehler geltend. Das LSG habe gegen § 123 SGG verstoßen, weil es nicht über alle geltend gemachten Ansprüche entschieden habe. Für ihren Anspruch sei auf die rentenrechtliche Berücksichtigung des Zeitraums vom 1.9.1985 bis 28.2.1986 abzustellen, entweder durch Anerkennung der Anrechnungszeit oder der Pflichtbeitragszeiten. Die Widerspruchsbegründung sei so zu verstehen gewesen, dass die Hochschulausbildung dann zu berücksichtigen sei, wenn die Pflichtbeiträge aberkannt werden. Das LSG habe bewusst einen von der Klägerin erhobenen Anspruch übergangen. Daher könne sie nicht auf das Urteilsergänzungsverfahren nach § 140 SGG verwiesen werden. Über den Widerspruch gegen den Bescheid vom 9.7.2010, mit dem die Vormerkung von Pflichtbeitragszeiten im streitigen Zeitraum abgelehnt worden sei, sei bislang nicht entschieden worden. Die Aberkennung von Pflichtbeitragszeiten hätte nur über einen Bescheid gemäß § 45 SGB X erfolgen dürfen; die Jahresfrist für die Rücknahme sei aber abgelaufen. Im Übrigen beruft sich die Klägerin auf Vertrauensschutz. Schließlich habe das LSG in unzulässiger Weise nicht über den hilfsweise gestellten Antrag auf Verweisung des Rechtsstreits wegen Amtspflichtverletzung entschieden.

11

II. Die Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg.

12

1. Der Senat kann offenlassen, ob die Beschwerdebegründung vom 21.2.2013 den Anforderungen an die Darlegung eines Verfahrensmangels (Zulassungsgrund nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG)genügt (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG). Selbst dann wäre die Revision nicht zuzulassen.

13

2. Der gerügte Verfahrensfehler der Verletzung von § 123 SGG liegt nicht vor. Das LSG hat zutreffend über den von der Klägerin erhobenen Anspruch entschieden. Nach dieser Norm entscheidet das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Hieraus ergibt sich, dass sich die Bindung des Gerichts auf den erhobenen Anspruch, auf das sog Klagebegehren bezieht. Unter dem Klagebegehren ist der prozessuale Streitgegenstand zu verstehen, also der Lebenssachverhalt und dasjenige, was der Kläger auf dieser Grundlage als gerichtliche Entscheidung anstrebt (vgl Senatsbeschluss vom 20.10.2010 - BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 11 RdNr 22 mwN).

14

Streitgegenständlich ist der Bescheid vom 24.9.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.1.2011, mit dem die Beklagte es abgelehnt hat, den Bescheid vom 6.12.1991 teilweise zurückzunehmen und die Zeiten vom 17.12.1985 bis 31.3.1986 als Anrechnungszeit wegen Hochschulausbildung nach § 58 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB VI vorzumerken. Die Auslegung dieser Bescheide durch das LSG ist insoweit revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

15

Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, dass die Klägerin am 9.8.2010 einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X gestellt hat und mit ihrer Klage eine Entscheidung darüber anstrebt, dass die Zeit über das Bestehen der ersten juristischen Staatsprüfung hinaus bis zum Zeitpunkt der Exmatrikulation durch die Universität zum 31.3.1986 rentenrechtlich als Anrechnungszeit wegen Hochschulausbildung in ihrer Versicherungsbiografie berücksichtigt wird. Dies ließe sich über die Vormerkung einer Anrechnungszeit wegen (Hoch)Schulausbildung nach § 58 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB VI erreichen. Dieses Klageziel hat das LSG richtig erfasst.

16

Nach § 149 Abs 5 S 1 Halbs 2 SGB VI(vormals § 103 Abs 3 AVG) stellt der Rentenversicherungsträger die im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, durch Bescheid fest (zur Regelungswirkung von Vormerkungsbescheiden vgl Senatsurteil vom 19.4.2011 - BSG SozR 4-2600 § 58 Nr 13 RdNr 17; BSG SozR 4-2600 § 149 Nr 1 RdNr 10 mwN). Die Beklagte hat die Zeiten der Hochschulausbildung als Anrechnungszeit (vormals Ausfallzeit nach § 36 Abs 1 AVG)durch Bescheid vom 24.8.2005 verbindlich festgestellt. Auch wenn der Bescheid vom 6.2.1991 noch keine verbindliche Feststellung der hier streitigen Hochschulzeiten enthielt, müssen auch solche Vormerkungsbescheide inhaltlich zutreffend sein (vgl BSGE 68, 171, 174 = SozR 3-2200 § 1227a Nr 7 S 14). Der nachfolgende Bescheid vom 9.7.2010 enthielt hinsichtlich der Vormerkung der Hochschulausbildung (bis 16.12.1985) als Anrechnungszeit keinen anderslautenden Eintrag.

17

Der Vormerkungsbescheid vom 9.7.2010 hat für die Klägerin eine belastende Regelung getroffen, als der Zeitraum vom 1.9.1985 bis 28.2.1986 nicht mehr (zusätzlich) als Pflichtbeitragszeit vorgemerkt wurde, weil nach den nachgewiesenen Angaben der Klägerin eine Beschäftigung in nur geringem Umfang ausgeübt wurde, die keine Versicherungs- und Beitragspflicht nach damaliger Rechtslage begründete. Die Klägerin hat auf die Korrektur dieser Daten in ihrem Versicherungsverlauf selbst hingewirkt. In ihrem Widerspruchsschreiben vom 9.8.2010 hat sie sich folgerichtig nicht gegen diese Änderung gewandt. Selbst nachdem die Beklagte sie auf diesen Umstand mit Schreiben vom 26.8.2010 ausdrücklich hingewiesen hatte, hat die Klägerin erneut bestätigt, dass sie bis dahin eine nur geringfügige Beschäftigung bei dem Rechtsanwalt ausgeübt habe.

18

Sowohl im Widerspruchs- als auch im Klage- und Berufungsverfahren hat die Klägerin ihr Begehren lediglich auf die Vormerkung der Hochschulzeiten als Anrechnungszeit über den 16.12.1985 hinaus gerichtet. Dies ergibt sich deutlich aus den im erst- und zweitinstanzlichen Verfahren von ihr selbst formulierten Anträgen in der Klage- bzw Berufungsschrift, die SG und LSG in ihren Entscheidungen, die im Einverständnis der Klägerin ohne mündliche Verhandlung getroffen wurden, zugrunde gelegt haben. Wenn die Klägerin jetzt einwendet, dass es ihr mit der Klage auch um die zuvor festgestellte Pflichtbeitragszeit im Zeitraum vom 1.9.1985 bis 28.2.1986 gegangen sei, hat sie dieses Begehren erstmals im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde formuliert, selbst wenn ihr Vortrag in der Klage- und der Berufungsschrift im Rahmen ihrer Rechtserläuterungen diese Problematik am Rande erwähnt.

19

Damit aber kann der Senat offenlassen, ob die Klägerin einen derartigen Klageanspruch überhaupt erhoben hat. Denn aus dem geschilderten Ablauf ergibt sich, dass das LSG entgegen der Ansicht der Klägerin den fraglichen Anspruch erkennbar nicht bewusst ausgeklammert hat (vgl dazu Senatsurteil vom 26.8.1994 - 13 RJ 9/94 - Juris RdNr 32 mwN). Wenn aber das LSG einen Anspruch der Klägerin allenfalls versehentlich übergangen hat, so liegt jedenfalls kein Verfahrensfehler iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vor. Vielmehr wäre lediglich die nachträgliche Ergänzung des Berufungsurteils gemäß § 140 Abs 1, § 153 Abs 1 SGG in Betracht gekommen. Diese hätte innerhalb der Monatsfrist nach seiner Zustellung beantragt werden müssen. Das ist hier nicht geschehen.

20

Ein Verfahrensfehler liegt entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht deshalb vor, weil die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 18.1.2011 nicht über die Aufhebung der Pflichtbeitragszeiten entschieden hat. Das Prozesserfordernis des Vorverfahrens nach § 78 Abs 1 SGG ist selbst dann gewahrt, wenn nur über einen Teil der belastenden Regelungen des angefochtenen Verwaltungsakts entschieden worden ist(vgl Senatsbeschluss vom 31.1.2008 - B 13 R 43/07 B - Juris RdNr 7 mwN).

21

3. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist § 123 SGG schließlich nicht deshalb verletzt, weil das LSG nicht über die von ihr beantragte Verweisung des Rechtsstreits wegen Amtspflichtverletzung entschieden hat. Selbst wenn die Klägerin erstinstanzlich einen solchen Antrag gestellt hätte, wäre der Rechtsstreit, soweit er - aus nicht näher dargelegten Gründen - einen Amtshaftungsanspruch gegen die Beklagte betreffen sollte, nicht zu verweisen gewesen. Wie der Senat bereits entschieden hat, darf ein Gericht der Sozialgerichtsbarkeit keine Teilverweisung an das Zivilgericht vornehmen. Denn einerseits kennt das GVG keine Teilverweisung, andererseits steht der Verweisung des gesamten Rechtsstreits (Streitgegenstands) der Grundsatz entgegen, dass eine solche nicht erfolgen darf, wenn das angerufene Gericht zumindest für einen Teil der einschlägigen materiellen Ansprüche zuständig ist (wie hier für den Anspruch auf Vormerkung von Hochschulzeiten). Deshalb ist auch von dem Ausspruch einer teilweisen Unzulässigkeit des Rechtsweges und einer teilweisen Verweisung des Rechtsstreits an die für Amtshaftungsansprüche zuständigen ordentlichen Gerichte gemäß § 17a Abs 2 GVG abzusehen(vgl Senatsbeschlüsse vom 31.10.2012 - B 13 R 437/11 B - Juris RdNr 10; vom 20.10.2010 - BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 11 RdNr 23 mwN).

22

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

23

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 27. Juli 2010 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Die 1945 geborene, bei der beklagten Krankenkasse versicherte Klägerin ist mit ihrem Begehren, 12 557,62 Euro Kosten der am 23.10.2003 wegen Lebermetastasen durchgeführten laserinduzierten Thermotherapie (LITT) erstattet zu erhalten, bei der Beklagten und dem LSG ohne Erfolg geblieben. Das LSG hat das der Klage stattgebende SG-Urteil aufgehoben und zur Begründung ua ausgeführt, die Klägerin habe keinen Naturalleistungsanspruch auf die ambulante Behandlung mit der neuen Methode LITT gehabt. Der Bundesausschuss habe nämlich die Methode zum Zeitpunkt der Behandlung nicht positiv empfohlen, wie von § 135 Abs 1 SGB V vorausgesetzt, und die Voraussetzungen eines Systemversagens seien nicht erfüllt gewesen(Hinweis auf BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12). Auch sei eine grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungsrechts (vgl BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5) nicht in Betracht gekommen, da der Klägerin im Behandlungszeitpunkt eine Standardtherapie zur Verfügung gestanden habe, nämlich die auch für sie vorgesehene und dann von ihr nicht in Anspruch genommene Teilresektion der betroffenen Leberlappen (Urteil vom 27.7.2010).

2

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil und beruft sich auf Divergenz und grundsätzliche Bedeutung.

3

II. Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbs 2 SGG iVm § 169 Satz 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung der geltend gemachten Revisionszulassungsgründe nach § 160 Abs 2 Nr 2 und Nr 1 SGG.

4

1. Wer eine Rechtsprechungsdivergenz entsprechend den gesetzlichen Anforderungen darlegen will, muss entscheidungstragende abstrakte Rechtssätze in der Entscheidung des Berufungsgerichts einerseits und in dem herangezogenen höchstrichterlichen Urteil andererseits gegenüberstellen und dazu ausführen, weshalb beide miteinander unvereinbar seien sollen (vgl zB BSG Beschluss vom 28.7.2009 - B 1 KR 31/09 B - RdNr 4; BSG Beschluss vom 28.6.2010 - B 1 KR 26/10 B - RdNr 4 mwN). Erforderlich ist, dass das LSG bewusst einen abweichenden Rechtssatz aufgestellt hat und nicht etwa lediglich fehlerhaft das Recht angewendet hat (vgl zB BSG Beschluss vom 15.1.2007 - B 1 KR 149/06 B - RdNr 4; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26 S 44 f mwN). An der Darlegung eines vom LSG bewusst abweichend von höchstrichterlicher Rechtsprechung aufgestellten Rechtssatzes fehlt es. Die Klägerin deutet im Kern lediglich an, dass das LSG vermeintlich das Recht in Form der vom LSG selbst herangezogenen Entscheidungen des BVerfG und des BSG nicht zutreffend angewendet habe.

5

2. Die Klägerin legt auch den Zulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nicht hinreichend dar. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwieweit diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 1 ff; BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Die Klägerin richtet ihr Beschwerdevorbringen an diesen Anforderungen nicht aus.

6

           

Die Klägerin formuliert mit folgendem Vorbringen schon keine klare Rechtsfrage:

        

"ob die Behandlungsmethode LITT, bei der es sich um eine 'neue Behandlungsmethode' nach § 92 Abs. 2 SGB V i.V.m. § 135 SGB V handelt und es sich dabei auch um eine allgemein anerkannte wissenschaftliche Behandlungsmethode für die Spezifik der Tumorerkrankung, wie sie bei der Beschwerdeführerin gegeben ist, handelt, die Kostentragungspflicht nur deshalb verneint wird, weil diese Methode als 'nicht anerkannte Methode' in die Anlage B der RL zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden … ausgewiesen wird und dies deshalb, weil die vom BMBF geforderte Vergleichsstudie zu LITT objektiv nicht erbringbar ist, auch nicht für die Zukunft."

7

Zudem legt die Klägerin auch die Klärungsbedürftigkeit der allenfalls angedeuteten Rechtsfrage nicht hinreichend dar. Das Bedürfnis für die Klärung einer Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren fehlt nämlich, wenn ihre Beantwortung nach der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung keinem vernünftigen Zweifel unterliegt, die Frage also "geklärt ist" (vgl zB BSG Beschluss vom 21.10.2010 - B 1 KR 96/10 B - RdNr 7 mwN). Eine Rechtsfrage, über die bereits höchstrichterlich entschieden worden ist, kann dennoch klärungsbedürftig sein, wenn der Rechtsprechung in nicht geringfügigem Umfang widersprochen wird und gegen sie nicht von vornherein abwegige Einwendungen vorgebracht werden (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 13 S 19 mwN), was im Rahmen der Beschwerdebegründung ebenfalls darzulegen ist. Daran fehlt es. Die Klägerin legt nicht dar, dass trotz der auch vom LSG zitierten BSG-Rechtsprechung (BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12)noch Klärungsbedarf verblieben ist, der eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besitzt, weil von einer Entscheidung der Rechtssache im Revisionsverfahren in einer die Interessen der Allgemeinheit berührenden Weise die Wahrung, Sicherung oder Herstellung von Rechtseinheit oder die Fortbildung des Rechts erwartet werden kann.

8

           

Nichts anderes gilt im Ergebnis, soweit die Klägerin die Frage formuliert,

        

"ob der Bundesausschuss vom 18. Oktober 2005, der die LITT als Nr 43 als 'nicht anerkannte Methode' in der Anlage B der RL zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-RL) ausweist, rückwirkend zum Nachteil der Beschwerdeführerin anzuwenden, zulässig ist oder nicht, nachdem der Beschluss des BVerfG vom 6. Dezember 2005 (Az: 1 BvR 347/98) in seinem Leitsatz auf das Recht abstellt, dass ein gesetzlich Krankenversicherter bei einer lebensbedrohlichen Erkrankung einen Anspruch auf eine allgemein anerkannte medizinische Behandlungsmethode hat".

9

Es bedarf keiner Vertiefung, ob die Klägerin damit eine Rechtsfrage klar formuliert hat. Jedenfalls legt sie nicht dar, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich ist. Insbesondere setzt sie sich nicht damit auseinander, dass das LSG in den Gründen seiner Entscheidung gerade nicht auf die am 13.1.2006 in Kraft getretenen Richtlinien abgehoben, sondern darauf verwiesen hat, dass weder die gesetzlichen Voraussetzungen des § 135 Abs 1 SGB V erfüllt sind noch ein Fall grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungsrechts gegeben ist, weil für die Klägerin eine allgemeinem Standard entsprechende Behandlungsmethode verfügbar gewesen sei.

10

3. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbs 2 SGG).

11

4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfung ohne mündliche Verhandlung erfolgt durch Beschluß ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.