Bundessozialgericht Urteil, 28. Aug. 2013 - B 6 KA 17/13 R

bei uns veröffentlicht am28.08.2013

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 29. August 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits auch im Revisionsverfahren.

Tatbestand

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Streitig sind sachlich-rechnerische Richtigstellungen wegen Überschreitung der Gesamtpunktzahlvolumina in den Quartalen IV/2002 bis IV/2006.

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Die klagende Gemeinschaftspraxis bestand in den streitbefangenen Quartalen aus zwei Psychologischen Psychotherapeuten, die in S. an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung teilnahmen. Mit Beschluss vom 13.3.2002 ließ der Zulassungsausschuss (ZA) die Diplom-Psychologin D. (nunmehr: D.) mit Wirkung vom 1.4.2002 als Psychologische Psychotherapeutin zur Ausübung vertragspsychotherapeutischer Tätigkeit zu. Mit Wirkung ebenfalls ab dem 1.4.2002 wurde ihr und Herrn Diplom-Psychologe F. die Genehmigung zur Führung einer Gemeinschaftspraxis im Rahmen eines Job-Sharing gemäß § 33 Abs 2 Ärzte-ZV iVm § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB V erteilt. Als Leistungsbeschränkung gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB V iVm Abschnitt 4a Nr 23c Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte (BedarfsplRL) wurden quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumina auf Basis der gegenüber dem Vertragspsychotherapeuten Diplom-Psychologe F. in den vorausgegangenen vier Quartalen (IV/2000 bis III/2001) ergangenen Abrechnungsbescheiden festgesetzt. Das Job-Sharing wurde am 30.9.2007 beendet.

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Mit Bescheid vom 11.8.2006 gewährte die Beklagte im Zuge der Neufestsetzung der fallzahlabhängigen Leistungsbegrenzung nach dem Honorarverteilungsvertrag (HVV) der Klägerin einen Aufschlag auf ihr Punktzahlgrenzvolumen ab dem Quartal I/2006. Grund hierfür sei der gegenüber der Fachgruppe überdurchschnittliche Leistungsumfang für verschiedene Gebührennummern. In Fällen, in denen der Leistungsbedarf einer Praxis in Punkten je Fall für einen bestimmten Leistungsbereich um mehr als 30 % über der entsprechenden Fallpunktzahl der Arztgruppe liege, werde ein Aufschlag auf das Punktzahlgrenzvolumen gewährt.

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Einen Antrag der Klägerin auf Neuberechnung der Gesamtpunktzahlvolumina aus Dezember 2006 lehnte der ZA mit Beschluss vom 29.3.2007 ab. Aufgrund der Versorgungssituation im Landkreis R. bzw in der Stadt S. werde keine Notwendigkeit zur Aufstockung der Gesamtpunktzahlvolumina gesehen. Auf den hiergegen erhobenen Widerspruch wurden mit Beschluss vom 16.7.2008 die Gesamtpunktzahlvolumina ab dem Quartal IV/2006 erhöht. Im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen. In dem anschließenden sozialgerichtlichen Verfahren hat sich die Beklagte für den Fall der Erhöhung der Punktzahlobergrenzen verpflichtet, die sich aus Überschreitungen der Gesamtpunktzahlvolumina ergebenden Rückforderungsbeträge für die entsprechenden Abrechnungszeiträume neu zu berechnen.

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Zeitlich zuvor, unter dem 21.2.2007, erließ die Beklagte einen Rückforderungsbescheid, mit dem sie wegen Überschreitungen der Gesamtpunktzahlvolumina in den Quartalen III/2002 bis IV/2003, die mit einer Unterschreitung des Gesamtpunktzahlvolumens in dem Quartal II/2002 verrechnet worden seien, einen Betrag in Höhe von insgesamt 8624,44 Euro zurückforderte. Ebenfalls unter dem 21.2.2007 erließ sie einen entsprechenden Rückforderungsbescheid für die Quartale I/2004 bis IV/2004 und forderte insgesamt 4295,17 Euro zurück. Für die Quartale I/2005 bis IV/2005 wurde mit Rückforderungsbescheid vom 27.2.2007 ein Betrag in Höhe von insgesamt 11 914,44 Euro und für die Quartale I/2006 bis IV/2006 mit Rückforderungsbescheid vom 15.6.2007 ein Betrag in Höhe von insgesamt 29 838,59 Euro zurückgefordert.

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Die Widersprüche der klagenden Gemeinschaftspraxis wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 27.8.2007 (Quartale II/2002 bis IV/2005) und vom 24.9.2007 (Quartale I/2006 bis IV/2006) zurück. Das SG hat die Klagen hiergegen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und mit Urteil vom 26.8.2010 den Bescheid vom 21.2.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.8.2007 insoweit aufgehoben, als Honorar für die Quartale II/2002 und III/2002 zurückgefordert wurde. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Klägerin könne sich nur für die Quartale II/2002 und III/2002 aufgrund des Ablaufs der vierjährigen Ausschlussfrist auf Vertrauensschutz berufen.

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Mit dem angefochtenen Urteil vom 29.8.2012 hat das LSG die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Da die Verpflichtung zur Einhaltung der durch die Gesamtpunktzahlvolumina bestimmten Leistungsgrenze zentraler Bestandteil des Zulassungsverfahrens sei, habe der Klägerin deren Bedeutung bekannt sein müssen. Soweit sie geltend mache, die Anhebung der Gesamtpunktzahlvolumina sei zur Sicherstellung der Versorgung erforderlich gewesen, verkenne sie, dass für eine Neubestimmung der Gesamtpunktzahlvolumina allein die Zulassungsgremien zuständig seien, nicht jedoch die Beklagte. Im Falle eines besonderen Versorgungsbedarfs könne - wie vorliegend ab dem 1.1.2010 auch geschehen - eine Sonderbedarfszulassung oder Ermächtigung erteilt werden. Eine Ausdehnung des Praxisumfangs durch die Behandlung einer höheren Patientenzahl könne nur über die Fallzahlzuwachsregelungen und das dort erlaubte Mengenwachstum ermöglicht werden. In jedem Fall müsse die Klägerin von sich aus einen entsprechenden Antrag stellen. Es habe auch nicht der Beklagten im Rahmen einer Fürsorgepflicht oblegen, die Klägerin auf diese Möglichkeiten hinzuweisen. Die Klägerin müsse vielmehr eigenverantwortlich für die Einhaltung der Leistungsobergrenzen sorgen. Eine Überprüfung der Einhaltung dieser Grenzen sei der Klägerin auch möglich und zumutbar gewesen, da die abgerechneten Punktvolumina aus der Übersicht der abgerechneten Gebührennummern ablesbar seien. Sie könne sich auch nicht mit der Begründung auf Vertrauensschutz berufen, die Beklagte habe die Überschreitung der Gesamtpunktzahlvolumina über längere Zeit geduldet. Schließlich greife auch der Einwand der Klägerin nicht, die Beklagte habe aufgrund der gewährten Budgeterhöhungen darauf hinweisen müssen, dass diese nicht zu höheren Abrechnungen führen würden. Die Beklagte habe mehrfach darauf hingewiesen, dass die erfolgten Erhöhungen des Punktzahlgrenzvolumens nach den Vorschriften des HVV für die gesamte Arztgruppe errechnet würden und daher völlig unabhängig von den individuellen Gesamtpunktzahlvolumina der Klägerin seien. Im Übrigen habe die Klägerin mehrfach Honorarnachvergütungen erhalten, so dass sich die Erhöhung der Punktzahlgrenzvolumina durchaus ausgewirkt habe, hierdurch die zum Teil erheblichen Überschreitungen der Gesamtpunktzahlvolumina jedoch nicht hätten aufgefangen werden können.

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Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin. Der Rückforderung stünden Vertrauensschutzgesichtspunkte entgegen. Die vom BSG bislang anerkannten Konstellationen, in denen im Falle der Richtigstellung eines Honorarbescheides Vertrauensschutz greifen kann, seien nicht abschließend; maßgeblich sei vielmehr die Herstellung von Einzelfallgerechtigkeit. Es komme jedenfalls dem "Verbrauchen" des Rechts zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung nahe, wenn die Beklagte über einen Zeitraum von mehr als vier Jahren die Überschreitung der Gesamtpunktzahlvolumina nicht nur nicht beanstande, sondern sogar noch Budgetanhebungen vornehme. Eine solche Budgeterhöhung sei völlig sinnlos, wenn dennoch die Leistungsobergrenze angewandt werde, worauf die Beklagte sie habe hinweisen müssen. Für sie, die Klägerin, sei die Überschreitung aus den Honorarbescheiden kaum erkennbar gewesen. Die Obergrenzen seien in den streitbefangenen Quartalen in den Honorarbescheiden nicht ausgewiesen worden. Die Leistungserbringung oberhalb der Gesamtpunktzahlvolumina habe im Übrigen der Sicherstellung der psychotherapeutischen Versorgung gedient. Dass ein entsprechender Bedarf bestanden habe, zeige die Frau D. erteilte Ermächtigung bzw Sonderbedarfszulassung.

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Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 29.8.2012 und das Urteil des SG Stuttgart vom 26.8.2010, soweit die Klage abgewiesen worden ist, sowie die Bescheide der Beklagten vom 21.2.2007, 27.2.2007 und 15.6.2007 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 27.8.2007 und 24.9.2007 aufzuheben.

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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Die Klägerin könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen. Das BSG habe bereits entschieden, dass es hierfür nicht ausreichend sei, dass die Leistungen in den Vorquartalen nicht beanstandet worden seien. Es sei auch zu berücksichtigen, dass der Klägerin die Überschreitungen der Gesamtpunktzahlvolumina bekannt gewesen seien. Auch aus der Erhöhung des Punktzahlgrenzvolumens könne die Klägerin kein für sie günstiges Ergebnis ableiten. Diese seien mit Bescheiden vom 18.4.2006 und vom 11.8.2006 gewährt worden und hätten damit aus rein tatsächlichen Gründen keinen Vertrauensschutz für den vor dem Quartal II/2006 liegenden streitbefangenen Zeitraum begründen können. Im Übrigen handele es sich bei dem Punktzahlgrenzvolumen und dem vom ZA festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumen um zwei unterschiedliche und unabhängig voneinander bestehende Begrenzungsregelungen. Die Erhöhung der Punktzahlgrenzvolumina habe sich auf die Klägerin auch ausgewirkt, so dass der klägerische Einwand, sie hätte auf die Nutzlosigkeit dieser Erhöhung hingewiesen werden müssen, fehlgehe. Die Klägerin könne sich schließlich nicht darauf berufen, dass sie aus Sicherstellungsgründen befugt gewesen sei, Leistungen oberhalb der Gesamtpunktzahlvolumina zu erbringen. Die Zulassung zur gemeinsamen Berufsausübung im Rahmen des Job-Sharing sei kein Instrumentarium zur Sicherstellung eines besonderen, lokalen Versorgungsbedarfs. Der Planungsbereich, in dem die Klägerin tätig sei, sei seit Jahren überversorgt, so dass der bisherige Praxisumfang nicht wesentlich habe überschritten werden dürfen. Der Beschluss des ZA vom 13.3.2002 sei bestandskräftig und damit sowohl für die Klägerin als auch für sie - die Beklagte - bindend.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Beklagte war berechtigt, die Abrechnungen der Klägerin sachlich-rechnerisch richtig zu stellen, weil sie die für ihre Job-Sharing-Praxis geltenden Gesamtpunktzahlvolumina in den streitbefangenen Quartalen überschritten hat.

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1. Der Senat hat in der Vergangenheit für nachgehende Rechte und Pflichten einer Gemeinschaftspraxis regelmäßig in Anwendung von § 730 Abs 2 Satz 1 BGB deren Beteiligtenfähigkeit auch noch nach ihrer Auflösung angenommen(vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 66 RdNr 13; BSGE 98, 89 = SozR 4-2500 § 85 Nr 31, RdNr 11; BSGE 106, 222 = SozR 4-5520 § 32 Nr 4; BSGE 108, 35 = SozR 4-2500 § 115b Nr 3, RdNr 33). Im Regelfall hat die Gemeinschaftspraxis Regresse wie auch etwaige Honorarkürzungen zu tragen (vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 6 RdNr 21; SozR 4-2500 § 106 Nr 26 RdNr 16; SozR 4-2500 § 85 Nr 57 RdNr 15; SozR 4-1500 § 141 Nr 1 RdNr 17 sowie SozR 4-5555 § 15 Nr 1 RdNr 15). Dementsprechend hat der Senat das Rubrum berichtigt.

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2. Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Richtigstellung und Rückforderung ist § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V(in der Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003 , insofern in der Folgezeit unverändert). Danach stellt die KÄV die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten. Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertragsarztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots -, erbracht und abgerechnet worden sind. Die Befugnis zu Richtigstellungen besteht auch für bereits erlassene Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung). Sie bedeutet dann im Umfang der vorgenommenen Korrekturen eine teilweise Rücknahme des Honorarbescheides. Die genannten Bestimmungen stellen Sonderregelungen dar, die gemäß § 37 Satz 1 SGB I in ihrem Anwendungsbereich die Regelung des § 45 SGB X verdrängen(stRspr, zB BSGE 89, 62, 66 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 345 f und BSGE 89, 90, 93 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 6 f; BSG SozR 4-5520 § 32 Nr 2 RdNr 10; BSGE 96, 1, 2 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 11; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 12). Eine nach den Bestimmungen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung rechtmäßige (Teil-)Rücknahme des Honorarbescheids mit Wirkung für die Vergangenheit löst nach § 50 Abs 1 Satz 1 SGB X eine entsprechende Rückzahlungsverpflichtung des Empfängers der Leistung aus(BSG SozR 3-2500 § 76 Nr 2 S 3; BSGE 89, 62, 75 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 355; BSGE 96, 1, 3 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 11; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 12; aaO Nr 3 RdNr 18).

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Die Tatbestandsvoraussetzung für eine nachträgliche sachlich-rechnerische Richtigstellung nach § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V ist vorliegend erfüllt, weil die verbindlich festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina nicht berücksichtigt wurden und daher die Honorarbescheide für die noch streitbefangenen Quartale IV/2002 bis IV/2006 rechtswidrig sind. In wessen Verantwortungsbereich die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit fällt, ist unerheblich; einzige tatbestandliche Voraussetzung ist die Rechtswidrigkeit des Honorarbescheides (vgl BSGE 93, 69, 71 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 7; hierzu Engelhard, jurisPR-SozR 44/2004 Anm 1).

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Der ZA hat auf der Grundlage von Abschnitt 4a Nr 23a ff BedarfsplRL (idF vom 8.1.1999, Bundesanzeiger Nr 61 S 5243 vom 30.3.1999; seit der Neufassung vom 15.2.2007 mit Wirkung ab dem 1.4.2007, BAnz Nr 64 S 3491 vom 31.3.2007, §§ 23a ff; - zur weiteren BedarfsplRL-Änderung, die am 1.1.2013 in Kraft getreten ist, siehe die Neufassung der BedarfsplRL vom 20.12.2012, BAnz vom 31.12.2012, Bekanntmachung Nr 7, mit Neunummerierung der §§ 23a-23m als §§ 40-47, 58-62)mit Beschluss vom 13.3.2002 (Bescheid vom 22.3.2002) die Gesamtpunktzahlvolumina für die Job-Sharing-Praxis festgelegt (vgl zur Berechnung der Leistungsbegrenzung BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 12 RdNr 21 ff). Diesen Beschluss hat die Klägerin nicht angegriffen, so dass Bestandskraft eingetreten ist. Auch die Beklagte, die den Honoraranspruch des Vertragsarztes festsetzt, ist an die bestandskräftige Beschränkung des Leistungsumfangs aufgrund des Job-Sharing gebunden.

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Die mit Beschluss vom 13.3.2002 verbindlich festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina hat die Klägerin in den Quartalen IV/2002 bis IV/2006 überschritten. Die Beklagte ermittelte für die Quartale IV/2002 bis IV/2003 insgesamt eine Überschreitung von 422.478,1 Punkten (Bescheid vom 21.2.2007). Ab dem Abrechnungsquartal I/2004 nahm die Beklagte eine Anpassung der Punktzahlobergrenzen nach Abschnitt 4a Nr 23f BedarfsplRL aF vor. Die so errechneten Gesamtpunktzahlvolumina überschritt die Klägerin in den Quartalen I/2004 bis IV/2004 um insgesamt 292.945,7 Punkte (Bescheid vom 21.2.2007), in den Quartalen I/2005 bis IV/2005 um insgesamt 506.500,3 Punkte (Bescheid vom 27.2.2007) und in den Quartalen I/2006 bis IV/2006 um insgesamt 1.182.610,3 Punkte (Bescheid vom 15.6.2007).

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Für eine Ausnahme von der Leistungsbegrenzung wäre eine Erhöhung der Gesamtpunktzahlvolumina erforderlich gewesen. Einen entsprechenden Antrag hat die Klägerin hier zwar gestellt (vgl zu den Anforderungen BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 1/12 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 101 Nr 14 vorgesehen; zur Möglichkeit der rückwirkenden Antragstellung vgl Urteil des Senats vom heutigen Tag - B 6 KA 36/12 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), über ihn ist aber noch nicht abschließend entschieden. Die Beklagte hat sich jedoch dazu verpflichtet, im Fall einer für die Klägerin positiven Entscheidung über die nachträgliche Neubestimmung der Gesamtpunktzahlvolumina die hier streitbefangenen Bescheide entsprechend zu korrigieren. Einer Aussetzung des Verfahrens bedarf es daher nicht. Die Beklagte kann vielmehr im Hinblick auf die Bestandskraft der Festsetzung der Gesamtpunktzahlvolumina grundsätzlich eine Richtigstellung vornehmen. Ob dies anders zu beurteilen ist, wenn bei summarischer Prüfung mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass die Leistungsgrenze zu erhöhen ist, kann offenbleiben. Es spricht derzeit wenig dafür, dass die Obergrenzen der Praxis der Klägerin rückwirkend erhöht werden müssen. Eine Neubestimmung der Gesamtpunktzahlvolumina kommt grundsätzlich nur ausnahmsweise unter engen Voraussetzungen in Betracht (vgl BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 1/12 R - Juris RdNr 27, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 101 Nr 14 vorgesehen; Urteil des Senats vom heutigen Tag - B 6 KA 43/12 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Die Erhöhung der Fallzahlen mit dem Ziel der Verkürzung von Wartezeiten ist für sich genommen noch nicht geeignet, in einem überversorgten Planungsbereich den Verzicht auf die Umsetzung von Leistungsbegrenzungen zu begründen. Ob hier eine Situation vorliegt, in der ein zusätzlicher Leistungserbringer hätte zugelassen oder ermächtigt werden müssen, um die Sicherstellung der psychotherapeutischen Versorgung im Planungsbereich der klägerischen Praxis zu gewährleisten, liegt derzeit nicht unbedingt nahe. Insbesondere ergibt sich ein hinreichendes Indiz nicht bereits daraus, dass Frau D. in der Folgezeit eine Ermächtigung und ab dem 1.1.2010 eine Sonderbedarfszulassung erhalten hat.

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3. Die Befugnis der Beklagten zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung der fehlerhaften Honorarbescheide war auch nicht durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes eingeschränkt.

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a) Der Vertragsarzt kann nach der Rechtsprechung des Senats auf den Bestand eines vor einer endgültigen Prüfung auf Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit erteilten Honorarbescheides grundsätzlich nicht vertrauen (stRspr zB BSG SozR 3-2500 § 76 Nr 2 S 4; BSGE 89, 90, 94 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 7 mwN; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 24 RdNr 18). Die Auskehrung der Gesamtvergütungsanteile durch die KÄV im Wege der Honorarverteilung ist nämlich dadurch gekennzeichnet, dass diese quartalsmäßig auf die Honoraranforderungen ihrer Vertragsärzte hin Bescheide zu erlassen hat, ohne dass sie - aus rechtlichen und/oder tatsächlichen Gründen - die Rechtmäßigkeit der Honoraranforderungen hinsichtlich ihrer sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Leistungserbringung bereits umfassend überprüfen konnte. Die Berechtigung der KÄV zur Rücknahme rechtswidriger Honorarbescheide ist nicht auf die Berichtigung von Fehlern aus der Sphäre des Vertragsarztes beschränkt, sondern besteht umfassend, unabhängig davon, in wessen Verantwortungsbereich die allein maßgebliche sachlich-rechnerische Unrichtigkeit fällt.

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Die umfassende Berichtigungsbefugnis der KÄV, die den Besonderheiten und Erfordernissen der Honorarverteilung Rechnung trägt, ist daher im Hinblick auf den gebotenen Vertrauensschutz der Vertragsärzte zu begrenzen. Das gilt nach der Rechtsprechung des Senats sowohl für Unrichtigkeiten, die ihre Ursache in der Sphäre des Vertragsarztes finden, als auch bei anderen Fehlern, etwa der Unwirksamkeit der generellen Grundlagen der Honorarverteilung. Insbesondere im letztgenannten Fall müssen die Interessen des einzelnen Arztes an der Kalkulierbarkeit seiner Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit einerseits und die Angewiesenheit der KÄV auf die Weitergabe nachträglicher Änderungen der rechtlichen Grundlagen der Honorarverteilung an alle Vertragsärzte andererseits zu einem sachgerechten Ausgleich gebracht werden (BSGE 93, 69, 72 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 9 mwN). Zur generellen Sicherstellung dieses Interessenausgleichs und damit zur Beurteilung der Frage, in welchen Konstellationen das Vertrauen des Vertragsarztes auf den Bestand eines rechtswidrigen, ihn begünstigenden Verwaltungsaktes schutzwürdig ist, hat der Senat Fallgruppen herausgearbeitet, in denen die Befugnis zu sachlich-rechnerischen Richtigstellungen aus Gründen des Vertrauensschutzes begrenzt ist (zusammenfassend BSGE 96, 1, 4 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 14 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 16; vgl im Einzelnen zu den Fallgruppen Clemens, in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 106a SGB V RdNr 189 ff; Engelhard, in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: April 2012, K § 106a RdNr 33 ff; Harneit, in: Festschrift 10 Jahre Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im DAV, 2008, 361, 366 ff; Knopp, Die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen, 2009, 180 ff).

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b) Die nachträgliche Korrektur eines Honorarbescheids nach den Vorschriften über die sachlich-rechnerische Richtigstellung ist nicht mehr möglich, wenn die Frist von vier Jahren seit Erlass des betroffenen Honorarbescheides bereits abgelaufen ist (BSGE 89, 90, 103 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 16 mwN; vgl jüngst zur Hemmung der vierjährigen Ausschlussfrist BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 35/12 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 10; vgl im Hinblick auf die Durchführung einer Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V auch: BSG Urteil vom 15.8.2012 - B 6 KA 27/11 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 37 RdNr 19 ff; Urteil vom 15.8.2012 - B 6 KA 45/11 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 36 RdNr 16 ff). Eine Rücknahme des Honorarbescheides ist nach Ablauf der Frist nur noch unter Berücksichtigung der Vertrauensausschlusstatbestände des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 Satz 1 SGB X möglich. Diese Fallgruppe ist für die noch streitbefangenen Quartale nicht einschlägig, da ersichtlich die Frist von vier Jahren, die nach der Rechtsprechung des Senats am Tag nach der Bekanntgabe des Honorarbescheides beginnt (vgl BSGE 89, 90, 103 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 16; BSG Urteil vom 28.3.2007 - B 6 KA 26/06 R - Juris RdNr 16; BSGE 106, 222, 236 = SozR 4-5520 § 32 Nr 4, RdNr 60 mwN), für die Quartale IV/2002 bis IV/2006 nicht abgelaufen ist.

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c) Weiterhin ist die Befugnis der KÄV zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung aus Vertrauensschutzgesichtspunkten eingeschränkt, soweit die KÄV ihre Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung bereits "verbraucht" hat, indem sie die Honoraranforderung des Vertragsarztes in einem der ursprünglichen Honorarverteilung nachfolgenden Verfahren auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit überprüft und vorbehaltlos bestätigt hat (BSGE 89, 90, 98 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 11 f; bekräftigt in BSG Urteil vom 26.6.2002 - B 6 KA 26/01 R - Juris RdNr 19). In diesem Fall ist die jedem Honorarbescheid innewohnende spezifische Vorläufigkeit und damit die Anwendbarkeit der Berichtigungsvorschriften entfallen (vgl BSGE 93, 69, 74 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 15). Auch eine solche Fallkonstellation ist hier nicht gegeben.

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d) Darüber hinaus ist nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen Vertrauensschutz der Vertragsärzte zu beachten, wenn die KÄV es unterlassen hatte, bei der Erteilung des Honorarbescheides auf ihr bekannte Ungewissheiten hinsichtlich der Grundlagen der Honorarverteilung oder ihrer Auslegung (BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 352; BSGE 93, 69, 75 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 16; BSG Urteil vom 26.6.2002 - B 6 KA 26/01 R - Juris RdNr 20) oder auf ein noch nicht abschließend feststehendes Gesamtvergütungsvolumen (BSGE 96, 1, 7 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 20) hinzuweisen und durch einen Vorläufigkeitshinweis zu manifestieren. Der Vorläufigkeitshinweis muss sich dabei nicht ausdrücklich aus dem Honorarbescheid selbst ergeben, es genügt vielmehr, dass sich der Vorbehalt aufgrund bestehender Ungewissheiten ausreichend deutlich aus den Gesamtumständen ergibt (zB BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 352; BSG Urteil vom 26.6.2002 - B 6 KA 26/01 R - Juris RdNr 20; BSGE 96, 1, 7 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 20; BSGE 98, 169, 177 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 28). Hat die KÄV einen derartigen Hinweis in der notwendigen Form unterlassen, sind die Berichtigungsvorschriften zwar weiterhin anwendbar, wegen des durch das Verhalten der KÄV begründeten Vertrauensschutzes der Vertragsärzte ist für die Aufhebung eines Honorarbescheides aber nur Raum, wenn in entsprechender Anwendung des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 Satz 1 SGB X Vertrauensausschlusstatbestände gegeben sind(BSGE 96, 1, 5 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 16). Eine solche Fallkonstellation liegt hier nicht vor. Im Hinblick auf den hier maßgeblichen Grund für die Richtigstellung, die Überschreitung der Gesamtpunktzahlvolumina, bestand bei Erlass der Honorarbescheide keine Ungewissheit im genannten Sinn. Weder waren die normativen Grundlagen der Honorarverteilung betroffen, noch Unsicherheiten im Hinblick auf das Gesamtvergütungsvolumen. Die Richtigstellung resultierte vielmehr aus Besonderheiten der Honorarbegrenzung für Job-Sharing-Praxen, über die bei Erlass der Honorarbescheide auch keine Unsicherheit bestand.

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e) Schließlich ist die Richtigstellungsbefugnis der KÄV begrenzt, wenn die Besonderheiten der Honorierung vertragsärztlicher Leistungen, die in der Rechtsprechung für die Verdrängung der Regelung des § 45 SGB X durch die Vorschriften über die sachlich-rechnerische Richtigstellung angeführt worden sind, nicht konkret tangiert sind(BSGE 93, 69, 76 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 18 ff; BSGE 96, 1, 6 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 19). Diese Fallgruppe erfasst die fehlerhafte Abrechnung im Einzelfall etwa infolge eines Rechenfehlers oder der versehentlichen Verwendung eines falschen Berechnungsfaktors. Auch in einem solchen Fall wird die Honorarberichtigung zwar nach den einschlägigen bundesmantelvertraglichen Regelungen durchgeführt, im Rahmen des Berichtigungsverfahrens sind indes die speziellen Vertrauensschutztatbestände des § 45 Abs 2 iVm Abs 4 SGB X entsprechend heranzuziehen(vgl BSGE 93, 69, 76 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 18). Ein solcher Sachverhalt gibt keinen Anlass, von den allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen abzuweichen, wonach die Behörde vorbehaltlich der besonderen Tatbestände des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 SGB X das Risiko dafür trägt, dass sie einen für den Bürger günstigen Verwaltungsakt erlässt, der sich nachträglich als teilweise rechtswidrig erweist(BSGE 93, 69, 76 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 20). Eine Beschränkung der Richtigstellungsbefugnis der Beklagten ergibt sich auch unter diesem Gesichtspunkt nicht. Die Umsetzung der Bescheide der Zulassungsgremien über die Punktzahlobergrenzen nach Zulassungen oder Arztanstellungen unter Job-Sharing-Bedingungen in den Honorarbescheiden der vertragsärztlichen Praxen betrifft spezifische Umstände der Honorierung der vertragsärztlichen Leistungen. Die ursprünglichen Honorarbescheide der Beklagten gegenüber der Klägerin enthielten dementsprechend keinen Rechenfehler oder vergleichbare Defizite, die Beklagte hatte sie vielmehr bewusst - wie bei allen anderen Job-Sharing-Praxen - zunächst ohne Anwendung der Regelungen über die Leistungsgrenzen erstellt. Ob das für diese Vorgehensweise angeführte Argument einer Entlastung der Verwaltung bei der zeitnahen Erstellung der Honorarbescheide das Gewicht hat, das die Beklagte ihm zumisst, kann auf sich beruhen. Jedenfalls vollzog die Richtigstellung einen komplexen Berechnungsschritt bei Festsetzung des vertragsärztlichen Honorars nach. Mit den in der Entscheidung des Senats vom 30.6.2004 (BSGE 93, 69, 76 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 20) angesprochenen individuellen Rechtsanwendungsfehlern ohne Bezug zu den Besonderheiten der Honorierung vertragsärztlicher Leistungen hat das keine Berührungspunkte.

26

f) Ob daneben ein allgemeiner Vertrauensschutz weiterhin in Betracht kommt, wenn die KÄV die rechtswidrige Erbringung bestimmter Leistungen in Kenntnis aller Umstände längere Zeit geduldet hat, diese später jedoch insgesamt von einer Vergütung ausschließt, kann offenbleiben (vgl BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 16, hieran anknüpfend: Engelhard, in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: April 2012, K § 106a RdNr 33e; ebenso Harneit, in: Festschrift 10 Jahre Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im DAV, 2008, 361, 370 ff; Knopp, Die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen, 2009, 181). Die bloße fehlerhafte Zahlung über einen längeren Zeitraum ist nicht geeignet, Vertrauensschutz zu begründen (BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 24). Es würde ansonsten die 4-jährige Ausschlussfrist, innerhalb der die KÄV fehlerhafte Abrechnungen berichtigen kann, leerlaufen. Eine vergleichbare Situation mit der wissentlichen Duldung systematisch fachfremder Tätigkeit oder einer Leistungserbringung ohne die hierzu erforderliche Abrechnungsgenehmigung (vgl BSGE 89, 90, 102 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 14; BSG SozR 3-2500 § 135 Nr 6 S 35) liegt nicht vor. Die Beklagte hat gegenüber allen Job-Sharing-Praxen zunächst Honorarbescheide ohne Berücksichtigung der Obergrenzen erteilt und später eine Neufestsetzung entsprechend den für die einzelne Praxis für das jeweilige Quartal maßgeblichen Punktzahlobergrenzen vorgenommen. Damit konnten für die betroffenen Praxen Unsicherheiten verbunden sein, insbesondere weil den ursprünglichen Honorarbescheiden kein Hinweis beigefügt war, wonach die Umsetzung der Punktzahlobergrenzen einem späteren Bescheid vorbehalten bleibe. Diese Verwaltungspraxis, die die Beklagte bereits seit längerem schon zugunsten einer quartalsgleichen Berücksichtigung der Leistungsgrenzen aufgegeben hat, rechtfertigt für die hier streitbefangenen Quartale nicht den Vorwurf eines widersprüchlichen Verhaltens. Ein solcher Vorwurf wäre nur gerechtfertigt, wenn sie zuvor einen Vertrauenstatbestand gesetzt hätte. Daran fehlt es aber. Die Begrenzung der Gesamtpunktzahl erfolgte im Zulassungsverfahren durch den ZA und nicht die KÄV. Über diese Festsetzung kann die KÄV weder allein noch einvernehmlich mit dem Vertragsarzt disponieren. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die KÄV nach § 23f BedarfsplRL aF(heute § 45 BedarfsplRL) die Anpassungen der Gesamtpunktzahlvolumina vornimmt. Aus der Nichtberücksichtigung der Grenze bei der Honorarberechnung konnte mithin nicht gefolgert werden, dass die Punktzahlbegrenzung von der KÄV aufgehoben worden wäre. Nur dann hätte die KÄV sich mit der Richtigstellung aber zu ihrem früheren Verhalten in Widerspruch gesetzt.

27

g) Es besteht nach den Besonderheiten des Falles auch kein Anlass, über die in der Rechtsprechung des Senats anerkannten Konstellationen hinaus Vertrauensschutz zu gewähren. Ein Schutzbedürfnis der Klägerin, das mit demjenigen in den anerkannten Fallgruppen vergleichbar ist, besteht nicht. Ein schützenswertes Vertrauen ergibt sich nicht daraus, dass die einzuhaltenden Grenzen in den Honorarbescheiden nicht ausgewiesen waren. Durch die Festlegungen im Bescheid des ZA waren die Punktzahlgrenzen bekannt. Für eine Erhöhung dieser Grenzen fehlte jeder Anhaltspunkt. Allein der Umstand, dass die vom ZA gesetzten Grenzen im Honorarbescheid der KÄV nicht erwähnt und nicht berücksichtigt wurden, erlaubte schon angesichts der unterschiedlichen Zuständigkeiten keinen Schluss darauf, dass die Beklagte eine solche Änderung bewirkt haben könnte. Ebenso wenig wie aus der Zahlung ohne Berücksichtigung des Gesamtpunktzahlvolumens konnte aus Nachvergütungen aufgrund individueller oder honorarverteilungsmaßstabsbedingter allgemeiner Honorarneuberechnungen auf den Wegfall der Leistungsobergrenzen vertraut werden.

28

Auch die Erhöhung der Punktzahl pro Fall mit Bescheid vom 11.8.2006 war nicht geeignet, Vertrauen auf eine gleichzeitige Erhöhung der Gesamtpunktzahlvolumina zu begründen. Eine Änderung oder gar Aufhebung der Leistungsbegrenzung durch die Gesamtpunktzahlvolumina war damit erkennbar nicht verbunden. In dem Bescheid vom 11.8.2006 wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Maßnahme auf Entscheidungen des Vorstands der KÄV beruhte und die Anhebung des Punktzahlgrenzvolumens im Hinblick auf die überdurchschnittliche Abrechnung bestimmter Gebührennummern erfolgte. Dass damit pro Fall eine höhere Punktzahl abgerechnet werden konnte, stellt die Mengenbegrenzung durch die Gesamtpunktzahlvolumina nicht in Frage.

29

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung des § 154 Abs 2 VwGO. Danach hat die Klägerin auch die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

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Bundessozialgericht Urteil, 28. Aug. 2013 - B 6 KA 17/13 R zitiert 12 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 45 Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes


(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen de

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 50 Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen


(1) Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten. (2) Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie zu erstatt

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(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und d

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 106a Wirtschaftlichkeitsprüfung ärztlicher Leistungen


(1) Die Wirtschaftlichkeit der erbrachten ärztlichen Leistungen kann auf begründeten Antrag einer einzelnen Krankenkasse, mehrerer Krankenkassen gemeinsam oder der Kassenärztlichen Vereinigung arztbezogen durch die jeweilige Prüfungsstelle nach § 106

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 101 Überversorgung


(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in Richtlinien Bestimmungen über 1. einheitliche Verhältniszahlen für den allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad in der vertragsärztlichen Versorgung,2. Maßstäbe für eine ausgewogene hausärztliche u

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 37 Vorbehalt abweichender Regelungen


Das Erste und Zehnte Buch gelten für alle Sozialleistungsbereiche dieses Gesetzbuchs, soweit sich aus den übrigen Büchern nichts Abweichendes ergibt; § 68 bleibt unberührt. Der Vorbehalt gilt nicht für die §§ 1 bis 17 und 31 bis 36. Das Zweite Kapite

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 730 Auseinandersetzung; Geschäftsführung


(1) Nach der Auflösung der Gesellschaft findet in Ansehung des Gesellschaftsvermögens die Auseinandersetzung unter den Gesellschaftern statt, sofern nicht über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet ist. (2) Für die Beendig

Zulassungsverordnung für Vertragsärzte - ZO-Ärzte | § 33


(1) Die gemeinsame Nutzung von Praxisräumen und Praxiseinrichtungen sowie die gemeinsame Beschäftigung von Hilfspersonal durch mehrere Ärzte ist zulässig. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind hiervon zu unterrichten. Nicht zulässig ist die gemeins

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Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 09.08.2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen.Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 3

Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 17. Juni 2014 - L 4 KA 35/11

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Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 6. Juli 2011 wird zurückgewiesen. Die Kläger tragen auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird zugelassen. Der Streitwert wird auf 2

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(1) Die gemeinsame Nutzung von Praxisräumen und Praxiseinrichtungen sowie die gemeinsame Beschäftigung von Hilfspersonal durch mehrere Ärzte ist zulässig. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind hiervon zu unterrichten. Nicht zulässig ist die gemeinsame Beschäftigung von Ärzten und Zahnärzten; dies gilt nicht für medizinische Versorgungszentren.

(2) Die gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit ist zulässig unter allen zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringern an einem gemeinsamen Vertragsarztsitz (örtliche Berufsausübungsgemeinschaft). Sie ist auch zulässig bei unterschiedlichen Vertragsarztsitzen der Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft (überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft), wenn die Erfüllung der Versorgungspflicht des jeweiligen Mitglieds an seinem Vertragsarztsitz unter Berücksichtigung der Mitwirkung angestellter Ärzte und Psychotherapeuten in dem erforderlichen Umfang gewährleistet ist sowie das Mitglied und die bei ihm angestellten Ärzte und Psychotherapeuten an den Vertragsarztsitzen der anderen Mitglieder nur in zeitlich begrenztem Umfang tätig werden. Die gemeinsame Berufsausübung, bezogen auf einzelne Leistungen, ist zulässig, sofern diese nicht einer Umgehung des Verbots der Zuweisung von Versicherten gegen Entgelt oder sonstige wirtschaftliche Vorteile nach § 73 Absatz 7 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch dient. Eine Umgehung liegt insbesondere vor, wenn sich der Beitrag des Arztes auf das Erbringen medizinisch-technischer Leistungen auf Veranlassung der übrigen Mitglieder einer Berufsausübungsgemeinschaft beschränkt oder wenn der Gewinn ohne Grund in einer Weise verteilt wird, die nicht dem Anteil der persönlich erbrachten Leistungen entspricht. Die Anordnung einer Leistung, insbesondere aus den Bereichen der Labormedizin, der Pathologie und der bildgebenden Verfahren, stellt keine persönlich erbrachte anteilige Leistung in diesem Sinne dar.

(3) Die Berufsausübungsgemeinschaft bedarf der vorherigen Genehmigung des Zulassungsausschusses. Für überörtliche Berufsausübungsgemeinschaften mit Vertragsarztsitzen in mehreren Zulassungsbezirken einer Kassenärztlichen Vereinigung wird der zuständige Zulassungsausschuss durch Vereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung sowie den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen bestimmt. Hat eine überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft Mitglieder in mehreren Kassenärztlichen Vereinigungen, so hat sie den Vertragsarztsitz zu wählen, der maßgeblich ist für die Genehmigungsentscheidung sowie für die auf die gesamte Leistungserbringung dieser überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft anzuwendenden ortsgebundenen Regelungen, insbesondere zur Vergütung, zur Abrechnung sowie zu den Abrechnungs-, Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfungen. Die Wahl hat jeweils für einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren unwiderruflich zu erfolgen. Die Genehmigung kann mit Auflagen erteilt werden, wenn dies zur Sicherung der Anforderungen nach Absatz 2 erforderlich ist; das Nähere hierzu ist einheitlich in den Bundesmantelverträgen zu regeln.

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in Richtlinien Bestimmungen über

1.
einheitliche Verhältniszahlen für den allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad in der vertragsärztlichen Versorgung,
2.
Maßstäbe für eine ausgewogene hausärztliche und fachärztliche Versorgungsstruktur,
2a.
Regelungen, mit denen bei der Berechnung des Versorgungsgrades die von Ärzten erbrachten spezialfachärztlichen Leistungen nach § 116b berücksichtigt werden,
2b.
Regelungen, mit denen bei der Berechnung des Versorgungsgrades die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, berücksichtigt werden, einschließlich Vorgaben zum Inhalt und zum Verfahren der Meldungen der ermächtigten Einrichtungen an die Kassenärztlichen Vereinigungen nach Satz 12,
3.
Vorgaben für die ausnahmsweise Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze, soweit diese zur Gewährleistung der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerläßlich sind, um einen zusätzlichen lokalen oder einen qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf insbesondere innerhalb einer Arztgruppe zu decken,
3a.
allgemeine Voraussetzungen, nach denen die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen nach § 100 Abs. 3 einen zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarf in nicht unterversorgten Planungsbereichen feststellen können,
4.
Ausnahmeregelungen für die Zulassung eines Arztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, sofern der Arzt die vertragsärztliche Tätigkeit gemeinsam mit einem dort bereits tätigen Vertragsarzt desselben Fachgebiets oder, sofern die Weiterbildungsordnungen Facharztbezeichnungen vorsehen, derselben Facharztbezeichnung ausüben will und sich die Partner der Berufsausübungsgemeinschaft gegenüber dem Zulassungsausschuß zu einer Leistungsbegrenzung verpflichten, die den bisherigen Praxisumfang nicht wesentlich überschreitet, dies gilt für die Anstellung eines Arztes in einer Einrichtung nach § 400 Abs. 2 Satz 1 und in einem medizinischen Versorgungszentrum entsprechend; bei der Ermittlung des Versorgungsgrades ist der Arzt nicht mitzurechnen,
5.
Regelungen für die Anstellung von Ärzten bei einem Vertragsarzt desselben Fachgebiets oder, sofern die Weiterbildungsordnungen Facharztbezeichnungen vorsehen, mit derselben Facharztbezeichnung in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, sofern sich der Vertragsarzt gegenüber dem Zulassungsausschuß zu einer Leistungsbegrenzung verpflichtet, die den bisherigen Praxisumfang nicht wesentlich überschreitet, und Ausnahmen von der Leistungsbegrenzung, soweit und solange dies zur Deckung eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs erforderlich ist; bei der Ermittlung des Versorgungsgrades sind die angestellten Ärzte nicht mitzurechnen,
6.
Ausnahmeregelungen zur Leistungsbegrenzung nach den Nummern 4 und 5 im Fall eines unterdurchschnittlichen Praxisumfangs; für psychotherapeutische Praxen mit unterdurchschnittlichem Praxisumfang soll eine Vergrößerung des Praxisumfangs nicht auf den Fachgruppendurchschnitt begrenzt werden.
Sofern die Weiterbildungsordnungen mehrere Facharztbezeichnungen innerhalb desselben Fachgebiets vorsehen, bestimmen die Richtlinien nach Nummer 4 und 5 auch, welche Facharztbezeichnungen bei der gemeinschaftlichen Berufsausübung nach Nummer 4 und bei der Anstellung nach Nummer 5 vereinbar sind. Überversorgung ist anzunehmen, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 10 vom Hundert überschritten ist. Der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad ist erstmals bundeseinheitlich zum Stand vom 31. Dezember 1990 zu ermitteln. Bei der Ermittlung des Versorgungsgrades ist die Entwicklung des Zugangs zur vertragsärztlichen Versorgung seit dem 31. Dezember 1980 arztgruppenspezifisch angemessen zu berücksichtigen. Die regionalen Planungsbereiche sind mit Wirkung zum 1. Januar 2013 so festzulegen, dass eine flächendeckende Versorgung sichergestellt wird. Der Gemeinsame Bundesausschuss trifft mit Wirkung zum 1. Juli 2019 die erforderlichen Anpassungen für eine bedarfsgerechte Versorgung nach Prüfung der Verhältniszahlen gemäß Absatz 2 Nummer 3 und unter Berücksichtigung der Möglichkeit zu einer kleinräumigen Planung, insbesondere für die Arztgruppe nach Absatz 4. Er kann innerhalb der einzelnen Arztgruppen nach Fachgebieten, Facharztkompetenzen oder Schwerpunktkompetenzen differenzierte Mindest- oder Höchstversorgungsanteile für Ärzte dieser Fachgebiete oder für Ärzte mit entsprechenden Facharztkompetenzen oder Schwerpunktkompetenzen festlegen; die Festlegung von Mindest- oder Höchstversorgungsanteilen hat keine Auswirkungen auf die für die betreffenden Arztgruppen festgesetzten Verhältniszahlen. Bei der Berechnung des Versorgungsgrades in einem Planungsbereich sind Vertragsärzte mit einem hälftigen Versorgungsauftrag mit dem Faktor 0,5 sowie die bei einem Vertragsarzt nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Ärzte, die in einem medizinischen Versorgungszentrum angestellten Ärzte und die in einer Einrichtung nach § 105 Absatz 1 Satz 2 angestellten Ärzte entsprechend ihrer Arbeitszeit anteilig zu berücksichtigen. Erbringen die in Satz 9 genannten Ärzte spezialfachärztliche Leistungen nach § 116b, ist dies bei der Berechnung des Versorgungsgrades nach Maßgabe der Bestimmungen nach Satz 1 Nummer 2a zu berücksichtigen. Die Berücksichtigung ermächtigter Ärzte und der in ermächtigten Einrichtungen tätigen Ärzte erfolgt nach Maßgabe der Bestimmungen nach Satz 1 Nummer 2b. Die Anzahl der in ermächtigten Einrichtungen tätigen Ärzte sowie geeignete Angaben zur Ermittlung des auf den Versorgungsgrad anzurechnenden Leistungsumfangs werden von den ermächtigten Einrichtungen quartalsweise an die Kassenärztlichen Vereinigungen gemeldet und in den Bedarfsplänen gemäß § 99 erfasst. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Rahmen einer befristeten Übergangsregelung zur Umsetzung des Auftrags nach Satz 7 bestimmen, dass die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen Zulassungsbeschränkungen für einzelne Arztgruppen und Planungsbereiche zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Versorgung in verschiedenen Planungsbereichen auf gemeinsamen Antrag der Kassenärztlichen Vereinigungen, der Landesverbände der Krankenkassen sowie der Ersatzkassen auch bei einem Versorgungsgrad zwischen 100 Prozent und 110 Prozent anordnen können. Festlegungen nach Satz 8 sind bei der Ermittlung des Versorgungsgrades nur zu berücksichtigen, sofern die entsprechenden Sitze besetzt sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt, ob die nach Satz 8 festgelegten Mindestversorgungsanteile im Fall der Überversorgung auch durch Erteilung zusätzlicher Zulassungen und Anstellungsgenehmigungen aufzufüllen sind.

(2) Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die auf der Grundlage des Absatzes 1 Satz 4 und 5 ermittelten Verhältniszahlen anzupassen oder neue Verhältniszahlen festzulegen, wenn dies erforderlich ist

1.
wegen der Änderung der fachlichen Ordnung der Arztgruppen,
2.
weil die Zahl der Ärzte einer Arztgruppe bundesweit die Zahl 1 000 übersteigt oder
3.
zur Sicherstellung der bedarfsgerechten Versorgung; dabei sind insbesondere die demografische Entwicklung sowie die Sozial- und Morbiditätsstruktur zu berücksichtigen.

(3) Im Falle des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 4 erhält der Arzt eine auf die Dauer der gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung. Die Beschränkung und die Leistungsbegrenzung nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 enden bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 3, spätestens jedoch nach zehnjähriger gemeinsamer vertragsärztlicher Tätigkeit. Endet die Beschränkung, wird der Arzt bei der Ermittlung des Versorgungsgrades mitgerechnet. Im Falle der Praxisfortführung nach § 103 Abs. 4 ist bei der Auswahl der Bewerber die gemeinschaftliche Praxisausübung des in Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 genannten Arztes erst nach mindestens fünfjähriger gemeinsamer vertragsärztlicher Tätigkeit zu berücksichtigen. Für die Einrichtungen nach § 400 Abs. 2 Satz 1 gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend.

(3a) Die Leistungsbegrenzung nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 endet bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen. Endet die Leistungsbegrenzung, wird der angestellte Arzt bei der Ermittlung des Versorgungsgrades mitgerechnet.

(4) Überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte und Psychotherapeuten bilden eine Arztgruppe im Sinne des Absatzes 2. Der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad ist für diese Arztgruppe erstmals zum Stand vom 1. Januar 1999 zu ermitteln. Zu zählen sind die zugelassenen Ärzte sowie die Psychotherapeuten, die nach § 95 Abs. 10 in der bis zum 31. August 2020 geltenden Fassung zugelassen werden. Dabei sind überwiegend psychotherapeutisch tätige Ärzte mit dem Faktor 0,7 zu berücksichtigen. In den Richtlinien nach Absatz 1 ist für die Zeit bis zum 31. Dezember 2015 sicherzustellen, dass mindestens ein Versorgungsanteil in Höhe von 25 Prozent der regional maßgeblichen Verhältniszahl den überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzten und mindestens ein Versorgungsanteil in Höhe von 20 Prozent der regional maßgeblichen Verhältniszahl den Leistungserbringern nach Satz 1, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen, vorbehalten ist. Ab dem 1. Januar 2016 gelten die in Satz 5 vorgesehenen Mindestversorgungsanteile mit der Maßgabe fort, dass der Gemeinsame Bundesausschuss ihre Höhe aus Versorgungsgründen bedarfsgerecht anpassen kann; zudem können innerhalb des Mindestversorgungsanteils für überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte weitere nach Fachgebieten differenzierte Mindestversorgungsanteile vorgesehen werden. Bei der Feststellung der Überversorgung nach § 103 Abs. 1 sind die ermächtigten Psychotherapeuten nach § 95 Abs. 11 in der bis zum 31. August 2020 geltenden Fassung mitzurechnen.

(5) Hausärzte (§ 73 Abs. 1a) bilden ab dem 1. Januar 2001 mit Ausnahme der Kinder- und Jugendärzte eine Arztgruppe im Sinne des Absatzes 2; Absatz 4 bleibt unberührt. Der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad ist für diese Arztgruppe erstmals zum Stand vom 31. Dezember 1995 zu ermitteln. Die Verhältniszahlen für die an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Internisten sind zum Stand vom 31. Dezember 1995 neu zu ermitteln. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die neuen Verhältniszahlen bis zum 31. März 2000 zu beschließen. Der Landesausschuss hat die Feststellungen nach § 103 Abs. 1 Satz 1 erstmals zum Stand vom 31. Dezember 2000 zu treffen. Ein Wechsel für Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung in die hausärztliche oder fachärztliche Versorgung ist nur dann zulässig, wenn dafür keine Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 angeordnet sind.

(6) Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a, 2b, 3, 4, 5 und 6 und die Absätze 3 und 3a gelten nicht für Zahnärzte.

(1) Nach der Auflösung der Gesellschaft findet in Ansehung des Gesellschaftsvermögens die Auseinandersetzung unter den Gesellschaftern statt, sofern nicht über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet ist.

(2) Für die Beendigung der schwebenden Geschäfte, für die dazu erforderliche Eingehung neuer Geschäfte sowie für die Erhaltung und Verwaltung des Gesellschaftsvermögens gilt die Gesellschaft als fortbestehend, soweit der Zweck der Auseinandersetzung es erfordert. Die einem Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag zustehende Befugnis zur Geschäftsführung erlischt jedoch, wenn nicht aus dem Vertrag sich ein anderes ergibt, mit der Auflösung der Gesellschaft; die Geschäftsführung steht von der Auflösung an allen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu.

(1) Die Wirtschaftlichkeit der erbrachten ärztlichen Leistungen kann auf begründeten Antrag einer einzelnen Krankenkasse, mehrerer Krankenkassen gemeinsam oder der Kassenärztlichen Vereinigung arztbezogen durch die jeweilige Prüfungsstelle nach § 106c geprüft werden. Die Prüfung kann neben dem zur Abrechnung vorgelegten Leistungsvolumen auch Überweisungen sowie sonstige veranlasste ärztliche Leistungen, insbesondere aufwändige medizinisch-technische Leistungen umfassen; honorarwirksame Begrenzungsregelungen haben keinen Einfluss auf die Prüfungen.

(2) Veranlassung für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit nach Absatz 1 besteht insbesondere

1.
bei begründetem Verdacht auf fehlende medizinische Notwendigkeit der Leistungen (Fehlindikation),
2.
bei begründetem Verdacht auf fehlende Eignung der Leistungen zur Erreichung des therapeutischen oder diagnostischen Ziels (Ineffektivität),
3.
bei begründetem Verdacht auf mangelnde Übereinstimmung der Leistungen mit den anerkannten Kriterien für ihre fachgerechte Erbringung (Qualitätsmangel), insbesondere in Bezug auf die in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses enthaltenen Vorgaben,
4.
bei begründetem Verdacht auf Unangemessenheit der durch die Leistungen verursachten Kosten im Hinblick auf das Behandlungsziel oder
5.
bei begründetem Verdacht, dass Leistungen des Zahnersatzes und der Kieferorthopädie unvereinbar mit dem Heil- und Kostenplan sind.

(3) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren bis zum 30. November 2019 das Nähere zu den Voraussetzungen nach Absatz 2 in Rahmenempfehlungen. Die Rahmenempfehlungen sind bei den Vereinbarungen nach § 106 Absatz 1 Satz 2 zu berücksichtigen.

(4) Die in § 106 Absatz 1 Satz 2 genannten Vertragspartner können über die Prüfung nach Absatz 1 hinaus Prüfungen ärztlicher Leistungen nach Durchschnittswerten oder andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren. Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen eine Feststellung nach § 100 Absatz 1 oder Absatz 3 getroffen, dürfen bei Ärzten der betroffenen Arztgruppe keine Prüfungen nach Durchschnittswerten durchgeführt werden. In den Vereinbarungen nach § 106 Absatz 1 Satz 2 sind die Zahl der je Quartal höchstens zu prüfenden Ärzte in einer Kassenärztlichen Vereinigung sowie im Rahmen der Prüfungen nach Absatz 1 und der Prüfungen nach Satz 1 als Kriterien zur Unterscheidung Praxisbesonderheiten festzulegen, die sich aus besonderen Standort- und Strukturmerkmalen des Leistungserbringers oder bei besonderen Behandlungsfällen ergeben. Die Praxisbesonderheiten sind vor Durchführung der Prüfungen als besonderer Versorgungsbedarf durch die Prüfungsstellen anzuerkennen; dies gilt insbesondere auch bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Besuchsleistungen.

Das Erste und Zehnte Buch gelten für alle Sozialleistungsbereiche dieses Gesetzbuchs, soweit sich aus den übrigen Büchern nichts Abweichendes ergibt; § 68 bleibt unberührt. Der Vorbehalt gilt nicht für die §§ 1 bis 17 und 31 bis 36. Das Zweite Kapitel des Zehnten Buches geht dessen Erstem Kapitel vor, soweit sich die Ermittlung des Sachverhaltes auf Sozialdaten erstreckt.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten.

(2) Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie zu erstatten. §§ 45 und 48 gelten entsprechend.

(2a) Der zu erstattende Betrag ist vom Eintritt der Unwirksamkeit eines Verwaltungsaktes, auf Grund dessen Leistungen zur Förderung von Einrichtungen oder ähnliche Leistungen erbracht worden sind, mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. Von der Geltendmachung des Zinsanspruchs kann insbesondere dann abgesehen werden, wenn der Begünstigte die Umstände, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben, nicht zu vertreten hat und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist leistet. Wird eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet, können für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen nach Satz 1 verlangt werden; Entsprechendes gilt, soweit eine Leistung in Anspruch genommen wird, obwohl andere Mittel anteilig oder vorrangig einzusetzen sind; § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bleibt unberührt.

(3) Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Die Festsetzung soll, sofern die Leistung auf Grund eines Verwaltungsakts erbracht worden ist, mit der Aufhebung des Verwaltungsaktes verbunden werden.

(4) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt nach Absatz 3 unanfechtbar geworden ist. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. § 52 bleibt unberührt.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten bei Berichtigungen nach § 38 entsprechend.

(1) Die Wirtschaftlichkeit der erbrachten ärztlichen Leistungen kann auf begründeten Antrag einer einzelnen Krankenkasse, mehrerer Krankenkassen gemeinsam oder der Kassenärztlichen Vereinigung arztbezogen durch die jeweilige Prüfungsstelle nach § 106c geprüft werden. Die Prüfung kann neben dem zur Abrechnung vorgelegten Leistungsvolumen auch Überweisungen sowie sonstige veranlasste ärztliche Leistungen, insbesondere aufwändige medizinisch-technische Leistungen umfassen; honorarwirksame Begrenzungsregelungen haben keinen Einfluss auf die Prüfungen.

(2) Veranlassung für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit nach Absatz 1 besteht insbesondere

1.
bei begründetem Verdacht auf fehlende medizinische Notwendigkeit der Leistungen (Fehlindikation),
2.
bei begründetem Verdacht auf fehlende Eignung der Leistungen zur Erreichung des therapeutischen oder diagnostischen Ziels (Ineffektivität),
3.
bei begründetem Verdacht auf mangelnde Übereinstimmung der Leistungen mit den anerkannten Kriterien für ihre fachgerechte Erbringung (Qualitätsmangel), insbesondere in Bezug auf die in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses enthaltenen Vorgaben,
4.
bei begründetem Verdacht auf Unangemessenheit der durch die Leistungen verursachten Kosten im Hinblick auf das Behandlungsziel oder
5.
bei begründetem Verdacht, dass Leistungen des Zahnersatzes und der Kieferorthopädie unvereinbar mit dem Heil- und Kostenplan sind.

(3) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren bis zum 30. November 2019 das Nähere zu den Voraussetzungen nach Absatz 2 in Rahmenempfehlungen. Die Rahmenempfehlungen sind bei den Vereinbarungen nach § 106 Absatz 1 Satz 2 zu berücksichtigen.

(4) Die in § 106 Absatz 1 Satz 2 genannten Vertragspartner können über die Prüfung nach Absatz 1 hinaus Prüfungen ärztlicher Leistungen nach Durchschnittswerten oder andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren. Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen eine Feststellung nach § 100 Absatz 1 oder Absatz 3 getroffen, dürfen bei Ärzten der betroffenen Arztgruppe keine Prüfungen nach Durchschnittswerten durchgeführt werden. In den Vereinbarungen nach § 106 Absatz 1 Satz 2 sind die Zahl der je Quartal höchstens zu prüfenden Ärzte in einer Kassenärztlichen Vereinigung sowie im Rahmen der Prüfungen nach Absatz 1 und der Prüfungen nach Satz 1 als Kriterien zur Unterscheidung Praxisbesonderheiten festzulegen, die sich aus besonderen Standort- und Strukturmerkmalen des Leistungserbringers oder bei besonderen Behandlungsfällen ergeben. Die Praxisbesonderheiten sind vor Durchführung der Prüfungen als besonderer Versorgungsbedarf durch die Prüfungsstellen anzuerkennen; dies gilt insbesondere auch bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Besuchsleistungen.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 5. Mai 2011 und des Sozialgerichts Mainz vom 27. Januar 2010 geändert. Der Bescheid/Beschluss des Beklagten vom 9. Mai 2007 wird insoweit aufgehoben, als darin die Punktzahlobergrenzen für die Quartale IV/2006 bis III/2007 abgesenkt worden sind.

Im Übrigen wird die Revision der Klägerin zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt vier Zehntel und der Beklagte sechs Zehntel von den Kosten des Verfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten durch die Klägerin für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Rechtmäßigkeit einer Änderung der für die klagende Praxis festgelegten Gesamtpunktzahlvolumina (= Abrechnungsobergrenzen).

2

Die Klägerin ist eine aus den Fachärzten für Diagnostische Radiologie Dres. F. und B. bestehende Gemeinschaftspraxis. Dr. F. nimmt seit 1993 an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Seit dem 1.10.1998 bis zum 30.9.2003 praktizierte er in einem Job-Sharing mit Dr. D. als Angestelltem. Im Zusammenhang mit dem Eintritt von Frau Dr. B. in seine Praxis verpflichtete sich Dr. F. in einer Erklärung vom 13.5.2003 gegenüber dem Zulassungsausschuss (ZA) in der Pfalz, im Einzelnen aufgeführte quartalsbezogene "maximale Punktzahlen" nicht zu überschreiten. Diese Punktzahlen basierten auf dem Honoraraufkommen in den Quartalen II/1997 bis I/1998, wie dieses bereits im Beschluss vom 23.9.1998 für die von Dr. F. zusammen mit Dr. D. betriebene sog Job-Sharing-Praxis aufgeführt war. Mit denselben Werten legte der ZA in der Pfalz in Beschlüssen vom 25.6.2003 gegenüber Dr. F. und Frau Dr. B. quartalsbezogene Abrechnungsobergrenzen (= Gesamtpunktzahlvolumina) fest und ließ Letztere mit Wirkung zum 1.7.2003 zur vertragsärztlichen Versorgung zu (Ausspruch zu 2. dieser Bescheide). Später - mit Bescheid vom 5.11.2003 - setzte der ZA wegen einer Änderung des Honorarverteilungsmaßstabs (HVM) der damaligen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) Pfalz die quartalsbezogenen Abrechnungsobergrenzen rückwirkend gegenüber Dr. F. und Frau B. neu und höher fest:

        

4 109 294,0 Punkte für das 1. Quartal,
3 974 143,6 Punkte für das 2. Quartal,
3 213 983,5 Punkte für das 3. Quartal,
3 720 299,3 Punkte für das 4. Quartal.

3

Mit Bescheid vom 12.5.2005 nahm die zu 1. beigeladene KÄV eine Fortschreibung (Dynamisierung) der Werte gemäß Nr 23f der Richtlinie des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (BedarfsplRL) vor:

        

Faktor 1,151 für das 1. Quartal (I/2004),
Faktor 1,105 für das 2. Quartal (II/2004),
Faktor 0,956 für das 3. Quartal (III/2004),
Faktor 1,079 für das 4. Quartal (IV/2004).

4

Die Festsetzungen des ZA vom 5.11.2003 sind der Ausgangs- und Bezugspunkt der aktuell geführten Streitigkeiten.

5

Mit Schreiben vom 28.6.2005 beantragte die Klägerin eine (weitere) Erhöhung der Gesamtpunktzahlvolumina ab dem 1.4.2005. Sie machte geltend, die Einführung des EBM-Ä 2005 habe spürbare Auswirkungen auf die Berechnungsgrundlage. Dem trat die Beigeladene zu 1. entgegen; sie führte mit Schreiben vom 17.11.2005 aus, dass die von der Klägerin abgerechneten Punktzahlvolumina jeweils um Werte zwischen knapp 20 bis beinahe 50 % sowohl unter den Durchschnittswerten der Fachgruppe als auch unter ihren Abrechnungsobergrenzen gelegen hätten, und regte die Rücknahme ihres Erhöhungsantrags an. Daraufhin bat die Klägerin mit Schreiben vom 24.11.2005 um Rückstellung des Antrags bis mindestens zum 30.9.2006.

6

Am 7.8.2006 beschloss der Vorstand der Beigeladenen zu 1., seinerseits eine Neuberechnung der Obergrenzen aller Job-Sharing-Praxen bei den ZA zu beantragen. Mit Schreiben vom 7.9.2006 informierte der ZA in der Pfalz Dr. F. über die Grundlagen der beabsichtigten Neufestlegung - wie das Abstellen auf den in den Quartalen II/2005 bis I/2006 abgerechneten Leistungsbedarf - und über die sich für seine Praxis ergebende Reduzierung der Punktzahlobergrenzen für die Quartale IV/2006 bis III/2007.

7

Dem trat die Klägerin entgegen. In ihrem Schreiben vom 26.9.2006 beantragte sie ihrerseits, dass die Gesamtpunktzahlvolumina für die Quartale IV/2006 bis III/2007 wie folgt - höher - festzusetzen seien:

        

4 994 193,0 Punkte für das 1. Quartal,
4 636 901,3 Punkte für das 2. Quartal,
3 244 324,8 Punkte für das 3. Quartal,
4 238 596,9 Punkte für das 4. Quartal.

Zur Begründung führte sie aus, gemäß den Bestimmungen über die Festlegung der Abrechnungsobergrenzen seien die bei Begründung der Job-Sharing-Praxis festgelegten Obergrenzen zuzüglich der nach einem Jahr erfolgten Anpassung entsprechend der punktzahlmäßigen Entwicklung des Fachgruppendurchschnitts der Ausgangspunkt für die gesamte Zeit des Bestehens der Job-Sharing-Praxis. Diese blieben auf Dauer der zentrale Bezugspunkt. Soweit aber Änderungen etwa des EBM-Ä sich nicht oder nicht vollständig bei den Fortschreibungen niederschlügen, sich vielmehr in einzelnen Praxen signifikant deutlicher auswirkten, sei eine Neubestimmung gemäß Nr 23e Satz 2 bzw Satz 3 BedarfsplRL zu prüfen. Bezogen auf sie - die Klägerin - sei der Anpassungsfaktor zugrundezulegen, den die KÄV für die hier einschlägige Gruppe der Diagnostischen Radiologen mit CT, aber ohne MRT, auf 1,0559 berechnet habe, was eine Steigerung um 5,59 % bedeute.

8

Der ZA lehnte diesen Antrag der Klägerin mit Beschluss vom 27.9.2006 ab. Zugleich setzte der ZA die Punktzahlobergrenzen wie folgt neu - erheblich abgesenkt - fest:

        

2 811 482 Punkte für das Quartal IV/2006,
3 253 114 Punkte für das Quartal I/2007,
3 045 805 Punkte für das Quartal II/2007,
2 920 855 Punkte für das Quartal III/2007.

Zur Begründung dieser Absenkung führte der ZA aus, wegen bislang unterschiedlicher Berechnungsmethoden für die Punktzahlobergrenzen im Bezirk der nunmehrigen Gesamt-KÄV nach dem Zusammenschluss der früheren vier KÄVen zum 1.1.2005 und auch unter Berücksichtigung der Neufassung des EBM-Ä zum 1.4.2005 sei eine landesweit einheitliche Neuberechnung der Abrechnungsobergrenzen für alle Job-Sharing-Praxen notwendig geworden; dies habe die Beigeladene zu 1. gemäß Nr 23e BedarfsplRL beantragt. Die Berechnung der Punktzahlvolumina sei auf der Basis der Quartale II/2005 bis I/2006 erfolgt. Zusätzlich werde allen Job-Sharing-Praxen ein Zuschlag von 3 % gewährt. Soweit bei einer Job-Sharing-Praxis nach den Vorgaben des EBM-Ä 2005 ein Kooperationszuschlag von 60 Punkten noch nicht berücksichtigt worden sei, werde er jetzt mit aufgenommen. Zum Vorteil der Klägerin, deren Abrechnungsvolumina unterdurchschnittlich gewesen seien und die gerade inmitten der Quartale II/2005 bis I/2006 ihre Praxis verlegt und dadurch eine geringere Fallzahl gehabt habe, seien die Punktzahlobergrenzen für sie nicht auf der Grundlage ihrer individuellen Werte in diesen Quartalen, sondern auf der Grundlage des Fachgruppendurchschnitts berechnet worden.

9

Den Widerspruch der Klägerin wies der beklagte Berufungsausschuss mit Beschluss vom 9.5.2007 mit der Maßgabe zurück, dass die Punktzahlobergrenzen wie folgt festgesetzt werden (marginale Änderungen, teilweise geringfügig höhere, teilweise minimal geringere Beträge):

        

2 976 162 Punkte für das Quartal IV/2006,
3 229 540 Punkte für das Quartal I/2007,
3 042 722 Punkte für das Quartal II/2007,
2 918 597 Punkte für das Quartal III/2007.

Der Beklagte erläuterte seine Betragskorrekturen dahingehend, dass die vom ZA festgelegten Obergrenzen auf einer fehlerhaften Berechnung beruht hätten. Im Grundsatz habe der ZA die Abrechnungsobergrenzen zu Recht neu bestimmt. Zwischen den Job-Sharing-Praxen habe es Ungleichbehandlungen gegeben; vor der Zusammenlegung der vier KÄVen zum 1.1.2005 hätten die Zulassungsausschüsse die Abrechnungsobergrenzen auf unterschiedliche Art und Weise berechnet. Auch die Klägerin selbst ziehe nicht in Zweifel, dass eine Neufestsetzung notwendig sei, auch im Hinblick auf die mit dem EBM-Ä 2005 eingeführten Neuerungen; durch eine bloße Anpassung der ursprünglich festgelegten Obergrenzen an die Änderungen, die der EBM-Ä 2005 für die Job-Sharing-Praxen mit sich gebracht habe, hätte sich die Ungleichbehandlung nicht beseitigen lassen. Hinzuweisen sei auch auf die am 1.1.2006 in Kraft getretenen neuen Honorarverteilungsregelungen. Aus allen diesen Gründen seien Neubestimmungen auf der Grundlage eines für alle Ärzte gleichen Berechnungssystems notwendig gewesen. Zu Gunsten der Klägerin seien bei ihr die - größeren - Punktzahlvolumina des Fachgruppendurchschnitts zugrunde gelegt worden, weil sie im Sommer 2005 ihre Praxis verlegt, eine längere Umbauphase gehabt und infolgedessen im Quartal III/2005 einen Umsatzrückgang erlitten habe. Ein Rückgriff auf Abrechnungsvolumina der Klägerin vor dem Inkrafttreten des EBM-Ä 2005 hätte noch deutlich niedrigere Abrechnungsobergrenzen ergeben, weil sie tatsächlich die seinerzeit festgelegten Obergrenzen zu keiner Zeit ausgeschöpft habe. Ihrem Begehren nach deutlich höheren Abrechnungsobergrenzen, das sich auf eine Berechnung auf der Grundlage der ursprünglich festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina gründe, könne nicht gefolgt werden.

10

Das SG Mainz hat die von der Klägerin erhobene Klage überwiegend abgewiesen (Urteil vom 27.1.2010). Es hat lediglich einen minimalen Additionsfehler in der Feststellung für das Quartal II/2007 berichtigt (neu 3 042 987 Punkte statt zuvor 3 042 722 Punkte). Im Übrigen hat es die vorgenommene Neubestimmung der Abrechnungsobergrenzen gebilligt. Der gemäß Nr 23e Satz 3 BedarfsplRL erforderliche Antrag der Beigeladenen zu 1. liege vor; der Vorstand der Beigeladenen zu 1. habe Anfang August 2006 nach den Feststellungen des SG in einem anderen Urteil einen entsprechenden Beschluss gefasst. Auch habe es maßgebliche Änderungen gegeben, die bei der Bestimmung der Obergrenzen zu berücksichtigen seien; die Beibehaltung der durch den ZA festgestellten Abrechnungsobergrenzen ergäbe nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlungen. Durch die zum 1.1.2006 in Kraft getretenen neuen Honorarverteilungsregelungen habe sich die Zusammensetzung der Fachgruppe geändert, die nunmehr nicht mehr nur die Ärzte des Regionalzentrums Pfalz, sondern alle Ärzte der Fachgruppe in Rheinland-Pfalz umfasse. Die für alle Praxen einheitlich neue Bestimmung auf der Basis der ersten vier Quartale unter Geltung des EBM-Ä 2005 berücksichtige zugleich die durch den neuen EBM-Ä zum 1.4.2005 eingetretenen Änderungen. Die Klägerin sei durch die Verringerung ihrer Punktzahlobergrenzen auch nicht unverhältnismäßig belastet, da sie die Obergrenzen zuvor nicht ausgeschöpft habe. Zudem sei die Neubestimmung zu ihren Gunsten anhand der Durchschnittswerte der Fachgruppe erfolgt.

11

Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil des LSG vom 5.5.2011). Es hat im Wesentlichen auf die Entscheidungsgründe des SG verwiesen und ergänzend ausgeführt: Ein ausreichender Antrag der Beigeladenen zu 1. auf Neubestimmung der Abrechnungsobergrenzen habe vorgelegen; dieser habe sich auf alle Job-Sharing-Praxen in Rheinland-Pfalz bezogen und somit die Praxis der Klägerin umfasst. Auch die weiteren Voraussetzungen der Nr 23e Satz 3 BedarfsplRL seien erfüllt. Die neuen, zum 1.1.2006 in Kraft getretenen Honorarverteilungsregelungen hätten zu spürbaren Veränderungen geführt. Zur Beseitigung der Ungleichheiten zwischen den Job-Sharing-Praxen in Rheinland-Pfalz sei die Neubestimmung der Abrechnungsobergrenzen notwendig gewesen.

12

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung der bundesrechtlichen Regelungen über die Neubestimmung der Abrechnungsobergrenzen für Job-Sharing-Praxen. Weder hätten die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Absenkung der Obergrenzen, wie der Beklagte sie vorgenommen habe, vorgelegen, noch hätte ihr eigener Antrag auf Erhöhung der Grenzen abgelehnt werden dürfen.

13

Die Neuregelungen des EBM-Ä zum 1.4.2005 hätten zwar sowohl im Sinne des Satzes 2 als auch im Sinne des Satzes 3 der Nr 23e BedarfsplRL zu spürbaren Veränderungen der Gesamtpunktzahlvolumina geführt, wie sich aus den zugrundezulegenden Angaben im sog Transcodierungstool der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KÄBV) ergebe, das für die Untergruppe der Radiologen mit CT und ohne MRT ein Leistungsmengenplus von 5,59 % ausweise. Für die vom Beklagten verfügte Absenkung der Abrechnungsobergrenzen fehle aber die gemäß Nr 23e Satz 3 BedarfsplRL erforderliche Zusatzvoraussetzung einer Ungleichbehandlung im Verhältnis zu den Ärzten der Fachgruppe; hiermit sei die Gesamtheit der Arztpraxen gemeint; Ungleichbehandlungen nur zwischen den Job-Sharing-Praxen untereinander reichten nicht aus, nur hierauf hätten aber der ZA und der Beklagte abgestellt. Mithin sei die angefochtene Absenkung der Abrechnungsobergrenzen gemäß Satz 3 rechtswidrig, während dem von ihr - der Klägerin - geltend gemachten Begehren auf Erhöhung der Obergrenzen gemäß Satz 2 stattzugeben sei.

14

Allein die Änderungen des EBM-Ä zum 1.4.2005 könnten eine Veränderung der Gesamtpunktzahlvolumina begründen, was sowohl in Satz 2 als auch in Satz 3 der Nr 23e BedarfsplRL vorausgesetzt werde. Eine solche Veränderung habe sich hingegen weder aus der Zusammenführung der vier KÄVen zu einer Gesamt-KÄV zum 1.1.2005 noch aus den zum 1.1.2006 in Kraft getretenen neuen Honorarverteilungsregelungen ergeben können, weil hierdurch die abrechenbaren Punktemengen nicht verändert worden seien. Honorarverteilungsregelungen wirkten sich im Regelfall lediglich auf den Punktwert aus, nicht auf die Punktemenge. Anders sei dies nur bei den Honorarverteilungsneuregelungen zum 1.7.2003 gewesen, auf deren Grundlage die Praxen anders als unter den bis dahin geltenden Regelungen der Praxis- und Zusatzbudgets nunmehr größere Punktemengen - wenn auch mit abgesenktem Punktwert - hätten berechnen können. Ohne Auswirkung auf die abrechenbaren Punktemengen sei auch die zum 1.1.2006 veränderte Zusammensetzung der Fachgruppe. Ebenso wenig relevant für das abrechenbare Punktzahlvolumen sei auch, ob die Verwaltungspraxis bei der Festlegung der Obergrenzen vor dem Zusammenschluss zu einer Gesamt-KÄV in den vier einzelnen KÄVen unterschiedlich gewesen sei.

15

Im Übrigen müssten die gemäß Nr 23e Satz 3 BedarfsplRL erforderlichen spürbaren Veränderungen für die konkrete einzelne Praxis, bei der die Abrechnungsobergrenze neu bestimmt werden solle, festgestellt werden. Indessen hätten die ZA im Bezirk der Beigeladenen zu 1. unterschiedslos bei allen Job-Sharing-Praxen eine Neubestimmung vorgenommen. Änderungen nur bei der Fachgruppe als Ganzer seien - soweit es sich nicht um unwirtschaftliche Mengensteigerungen handele - im Rahmen der Fortschreibung (Dynamisierung) gemäß Nr 23f BedarfsplRL zu berücksichtigen. Schließlich dürften Absenkungen von Abrechnungsobergrenzen gemäß Nr 23e Satz 3 BedarfsplRL auch ohnehin nur zurückhaltend verfügt werden; denn zu beachten sei, dass Job-Sharing-Praxen, wie § 101 Abs 3 Satz 2 SGB V ergebe, auf eine Dauer von zehn Jahren angelegt seien, in der sie auf den Fortbestand der ihnen zuerkannten Abrechnungsobergrenzen vertrauen können müssten. Jedenfalls könnten etwaige Veränderungen nur dann zur Neubestimmung der Obergrenzen einer Job-Sharing-Praxis berechtigen, wenn sich Veränderungen bei den abrechenbaren Punktemengen konkret bei dieser Praxis ausgewirkt hätten. Dies ergebe sich auch aus § 48 Abs 1 SGB X, der im Verhältnis zu Nr 23e BedarfsplRL die dahinterstehende allgemeine Vorschrift sei und Anpassungen nur gestatte, "soweit" Änderungen eingetreten seien. Auch in Nr 23c Satz 6 BedarfsplRL sei nur von einer "Anpassung" die Rede. Mithin bestehe keine Befugnis, die Abrechnungsobergrenzen völlig neu zu bestimmen - zB eine Neubestimmung anhand völlig neuer Basisquartale vorzunehmen -, sondern nur, sie im Umfang der die konkrete Praxis individuell treffenden Veränderungen anzupassen. Konkrete Veränderungen bei dem von ihr abgerechneten Punktzahlvolumen seien aber nicht festgestellt.

16

Die Begründetheit ihres Begehrens nach Erhöhung der Abrechnungsobergrenzen könne nicht abschließend beurteilt werden. Insoweit müssten noch die tatsächlichen Auswirkungen aller relevanten Änderungen festgestellt und dafür der Beklagte zur Neubescheidung verurteilt werden.

17

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 5.5.2011, das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 27.1.2010 sowie den Beschluss des Beklagten vom 9.5.2007 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über den Widerspruch der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, und den Antrag der Beigeladenen zu 1. abzulehnen,
sowie die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren durch die Klägerin für notwendig zu erklären.

18

Der Beklagte beantragt, wie sich aus ihren schriftsätzlichen Ausführungen ergibt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

19

Der Vorstand der Beigeladenen zu 1. habe auf seiner Sitzung am 7.8.2006 beschlossen, für die Feststellung der quartalsbezogenen Gesamtpunktzahlvolumina ein neues Berechnungssystem einzuführen. Die Zuleitung dieses Beschlusses an die Zulassungsausschüsse sei als Antrag bezogen auf alle Job-Sharing-Praxen einschließlich der Job-Sharing-Praxis der Klägerin zu verstehen gewesen. Die Neubestimmung sei gerechtfertigt. Die Gründe dafür lägen in der Einführung des EBM-Ä zum 1.4.2005 und in der Schaffung neuer Honorarverteilungsregelungen für das gesamte Gebiet des Landes Rheinland-Pfalz zum 1.1.2006. Als Grundlage sei auf die tatsächlichen Abrechnungsvolumina - unter Berücksichtigung der Laborbudgetierung - in den Quartalen II/2005 bis I/2006 abgestellt worden. Auf die dergestalt ermittelten Punktzahlvolumina habe die KÄV einen Aufschlag von 3 % der Punktzahlen des Fachgruppendurchschnitts gegeben. Überschreitungen der bis dato gültigen Obergrenzen seien unberücksichtigt geblieben. Mit dem neuen Berechnungssystem seien zugleich die unterschiedlichen "Berechnungsmethoden", die die früheren vier KÄVen vor ihrem Zusammenschluss zu einer Gesamt-KÄV angewendet hätten, vereinheitlicht worden. Die von der Klägerin begehrte Berücksichtigung des Anpassungsfaktors von 5,59 % komme bereits deshalb nicht in Betracht, weil die diesem Faktor zugrunde liegende Simulation sich als nicht zutreffend erwiesen habe. Das Simulationsprogramm (Transcodierungstool) habe auch nur der Neuberechnung der Basispunktzahlen im Zusammenhang mit Abstaffelungsregelungen in den Honorarverteilungsregelungen gedient und nicht im Zusammenhang mit Nr 23e oder 23f BedarfsplRL gestanden. Die Änderungen des EBM-Ä zum 1.4.2005 hätten sich spürbar auf die Vergütung der Vertragsärzte ausgewirkt und eine Neuberechnung der Gesamtpunktzahlvolumina erforderlich gemacht. Dabei habe er - der Beklagte - zu Recht auf die Abrechnungsvolumina abgestellt, die sich nach dem neuen EBM-Ä 2005 - also in den Quartalen II/2005 bis I/2006 - ergeben hätten; diese hätten zuverlässig ermittelt werden können. Aus alledem folge zugleich, dass seine Entscheidung, das Begehren der Klägerin nach Erhöhung der Abrechnungsobergrenzen abzulehnen, rechtmäßig gewesen sei.

20

Die Beigeladenen stellen keine Anträge.

Entscheidungsgründe

21

Die Revision der Klägerin hat teilweise Erfolg. Auf der Grundlage der Regelungen der Nr 23e bzw § 23e BedarfsplRL(unten 1.) war die vom Beklagten verfügte Absenkung der Job-Sharing-Abrechnungsobergrenzen (Gesamtpunktzahlvolumina) rechtswidrig und ist deshalb auf die Klage der Klägerin hin aufzuheben (unten 2. a). Soweit diese des Weiteren eine Erhöhung der Abrechnungsobergrenzen begehrt, hat sie keinen Erfolg (unten 2. b).

22

1. Die maßgebliche Rechtsgrundlage für Anhebungen oder Absenkungen von Abrechnungsobergrenzen (Gesamtpunktzahlvolumina) bei Job-Sharing-Praxen ist die Regelung in Nr 23e bzw § 23e BedarfsplRL; diese ist Teil der Bestimmungen der Nr 23c ff bzw der §§ 23c ff BedarfsplRL zur Festlegung der Abrechnungsobergrenzen für Job-Sharing-Praxen(zunächst Nr 23e BedarfsplRL idF vom 8.1.1999, BAnz Nr 61 S 5243 vom 30.3.1999 - inhaltlich übereinstimmend mit Nr 3.3 der Angestellte-Ärzte-Richtlinien idF vom 8.1.1999, BAnz Nr 61 S 5242 vom 30.3.1999 - bzw später § 23e BedarfsplRL - so seit der Zusammenführung der beiden RL in der BedarfsplRL und deren Umformung in Paragraphen durch die Neufassung vom 15.2.2007 mit Wirkung ab dem 1.4.2007, BAnz Nr 64 S 3491 vom 31.3.2007; - zur weiteren BedarfsplRL-Änderung, die am 1.1.2013 in Kraft getreten ist, siehe die Neufassung der BedarfsplRL vom 20.12.2012, BAnz vom 31.12.2012, Bekanntmachung Nr 7, mit Neunummerierung der §§ 23a-23m als §§ 40-47, 58-62).

23

Diese jeweils gleichlautenden Bestimmungen der §§ 23c ff BedarfsplRL(im Folgenden werden um der Einheitlichkeit willen die Bezeichnungen der seit dem 1.4.2007 geltenden BedarfsplRL verwendet - vgl ebenso BSG vom 21.3.2012 - B 6 KA 15/11 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 12 RdNr 18 ff ) haben ihre Ermächtigungsgrundlage in § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 9 iVm § 101 Abs 1 Nr 4 und 5 SGB V; sie sind vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen bzw (seit der Fassung vom 15.2.2007) vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) erlassen worden. Sie konkretisieren die gesetzlichen Vorgaben des § 101 Abs 1 Nr 4 und 5 SGB V über die Bildung von Job-Sharing-Praxen. Hierin ist vorgesehen, dass sich bei Bildung von Job-Sharing-Gemeinschaftspraxen bzw -Berufsausübungsgemeinschaften (so Nr 4) und bei Job-Sharing-Anstellungen (so Nr 5) die Praxispartner bzw der anstellende Vertragsarzt gegenüber dem Zulassungsausschuss zu einer Leistungsbegrenzung verpflichten, die den bisherigen Praxisumfang nicht wesentlich überschreitet.

24

Die Berechnung dieser Leistungsbegrenzung ist in § 23c BedarfsplRL näher geregelt. Danach sind die Obergrenzen so festzulegen, dass die in einem entsprechenden Vorjahresquartal anerkannten Punktzahlanforderungen um nicht mehr als 3 % überschritten werden dürfen (§ 23c Satz 2 BedarfsplRL). Die Berechnung der 3 % erfolgt auf der Grundlage der Abrechnungsbescheide, die für die vorausgegangenen mindestens vier Quartale ergangen sind (§ 23c Satz 1 BedarfsplRL), und die Zuwachsmarge von 3 % wird jeweils bezogen auf den Fachgruppendurchschnitt des Vorjahresquartals bestimmt (§ 23c Satz 3 BedarfsplRL - zu Detailfragen vgl BSG vom 21.3.2012 - B 6 KA 15/11 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 12 RdNr 21 ff).

25

Unter welchen Voraussetzungen die so festgelegten Abrechnungsobergrenzen geändert werden können, ist in § 23e und in § 23c Satz 4 iVm § 23f BedarfsplRL näher geregelt. In § 23f BedarfsplRL ist unter bestimmten Voraussetzungen eine Fortschreibung - sog Dynamisierung - der Obergrenzen vorgesehen. Gemäß § 23c Satz 6 BedarfsplRL gilt für Anpassungen im Übrigen § 23e BedarfsplRL. Nach dieser Regelung sind die Abrechnungsobergrenzen für Job-Sharing-Praxen unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag neu zu bestimmen: Gemäß § 23e Satz 3 BedarfsplRL können Anträge der KÄV oder der Krankenkassen (KKn) - dh der Landesverbände der KKn und der Verbände der Ersatzkassen - dann zur Neubestimmung führen, wenn Änderungen der Berechnung der für die Obergrenzen maßgeblichen Faktoren eine spürbare Veränderung bewirkt haben und die Beibehaltung der bisherigen Obergrenzen im Verhältnis zu den Ärzten der Fachgruppe eine nicht gerechtfertigte Bevorzugung/Benachteiligung darstellen würde(dazu unten 1. a-c iVm 2. a). Weiterhin kann ein Antrag eines Vertragsarztes gemäß § 23e Satz 2 BedarfsplRL zur Neubestimmung führen, wenn Änderungen des EBM-Ä oder vertragliche Vereinbarungen, die für das Gebiet der Fachgruppe maßgeblich sind, spürbare Auswirkungen auf die Berechnungsgrundlage gehabt haben(dazu unten 1. a-c iVm 2. b).

26

Für die Beurteilung sowohl der vom Beklagten verfügten Absenkung der Abrechnungsobergrenze als auch der von der Klägerin begehrten Erhöhung kommt es darauf an, welche Anforderungen das in beiden Tatbeständen enthaltene Merkmal der "Änderungen der Berechnung der für die Obergrenzen maßgeblichen Faktoren" (so Satz 3) bzw der "Änderungen des EBM oder vertragliche Vereinbarungen, die für das Gebiet der Arztgruppe maßgeblich sind" (so Satz 2) stellt; hierbei ist auch das Verhältnis zu § 23f BedarfsplRL klarzustellen(unten a). Weiterhin ist zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen eine spürbare Veränderung bzw spürbare Auswirkungen gegeben sind, wie dies sowohl in Satz 3 als auch in Satz 2 vorgeschrieben ist (unten b). Schließlich ist - zumal für den vorliegenden Fall - von Bedeutung, welche Anforderungen an Änderungsanträge gemäß Satz 2 und Satz 3 zu stellen sind (unten c).

27

Aus der detaillierten Regelung der Voraussetzungen für Änderungen und Anpassungen der einmal festgelegten Obergrenzen folgt, dass die Tatbestandsmerkmale eng auszulegen sind; sie sind als abschließende Regelung zu verstehen. Durch sie wird dem Vertrauens(schutz) der Ärzte auf die ihnen einmal zuerkannten Punktzahlvolumina Rechnung getragen; dies kommt auch in den Regelungen des § 23f Satz 4 und des § 23k Abs 2 BedarfsplRL zum Ausdruck, die das Weiterbestehen der Festlegung auch für die Folgejahre und auch für den Fall des Wechsels der Person des Job-Sharers vorsehen(zur Verbindlichkeit auch im Verhältnis zur KÄV vgl LSG Baden-Württemberg vom 26.9.2012 - L 5 KA 4604/11 - Juris RdNr 50 f und - zur Zuerkennung einer Ausnahme - RdNr 52 ff, Revision anhängig unter Az B 6 KA 43/12 R). Änderungen der Obergrenzen sind nur unter strenger Beachtung der Voraussetzungen, die in den Tatbeständen des § 23e Satz 2 und Satz 3 BedarfsplRL normiert sind, zulässig. Für die Ansicht, eine Änderung dürfe immer schon dann erfolgen, wenn dies sinnvoll erscheine, ist kein Raum.

28

a) Änderungen im Sinne der Sätze 2 und 3 des § 23e BedarfsplRL, die spürbare Auswirkungen zur Folge haben oder eine spürbare Veränderung bewirken(zur Frage der Spürbarkeit siehe nachfolgend b), können vom Wortlaut des § 23e BedarfsplRL und von seiner Konzeption her grundsätzlich nur solche sein, die das Punktzahlvolumen betreffen. Die Obergrenzen sind gemäß § 23c iVm § 23e Satz 1 BedarfsplRL auf Punktzahlvolumina bezogen, und die Regelungen in § 23e Satz 2 und Satz 3 BedarfsplRL über die Möglichkeiten der Änderung stellen auf die Veränderungen in den Grundlagen der Berechnung der Punktzahlvolumina ab(vgl auch die 2007 dem § 23e BedarfsplRL beigefügte Überschrift "Berücksichtigung von Veränderungen in der Berechnungsgrundlage"). Ein Grund für eine Neubestimmung der Abrechnungsobergrenzen kann sich somit im Grundsatz nur aus solchen Änderungen ergeben, die die Punktzahlenvolumina berühren (was auch nach der Umschreibung der Punkte in Euro ab dem 1.1.2009 entsprechend weiter gilt - vgl dazu die Fußnote zu § 23c, wonach "die Obergrenze auch auf der Basis von DM/Euro und Punktzahlen gebildet werden" kann ).

29

Relevant können daher Änderungen von Punktzahlen im EBM-Ä sein, die in § 23e Satz 2 BedarfsplRL ausdrücklich genannt sind und worauf in § 23e Satz 3 BedarfsplRL mit der Formulierung "Änderungen der Berechnung der für die Obergrenzen maßgeblichen Faktoren" Bezug genommen wird. Allerdings kann Relevanz nur solchen Änderungen des EBM-Ä zukommen, die nicht schon bei der Fortschreibung gemäß dem vorrangigen § 23f BedarfsplRL zu berücksichtigen sind; denn diese Regelung hat Vorrang gegenüber § 23e Satz 2 und Satz 3 BedarfsplRL, wie § 23c Satz 6 BedarfsplRL mit seiner Formulierung, dass § 23e nur "im Übrigen gilt", klarstellt(zu § 23f BedarfsplRL vgl auch Schallen, Zulassungsverordnung, 8. Aufl 2012, § 16b RdNr 162, wonach § 23f BedarfsplRL nicht zu absenkenden, sondern nur zu hochsetzenden Fortschreibungen ermächtigt, dies im Übrigen auch nur unter Herausrechnung unwirtschaftlicher Mengensteigerungen). Grundsätzlich nicht relevant sind hingegen Änderungen nur der Honorarverteilungsregelungen; diese beeinflussen - jedenfalls typischerweise - nicht die abrechenbare Punktemenge, sondern nur die Punktwerte; ob eine Ausnahme dann anzuerkennen ist, wenn gesetzliche Neuregelungen - etwa im Zuge der Einführung der regionalen Euro-Gebührenordnung 2009 gemäß § 87a SGB V - strukturelle Änderungen der Honorarverteilung vorsehen, ist hier nicht weiter zu erörtern, denn eine solche Konstellation ist vorliegend nicht gegeben. Ohne Relevanz für das abrechenbare Punktzahlvolumen ist auch, ob vor dem Zusammenschluss mehrerer KÄVen zu einer Gesamt-KÄV die Verwaltungspraxis in den einzelnen KÄVen bei der Festlegung der Obergrenzen unterschiedlich war. Ebenso wenig vermögen Änderungen beim durchschnittlichen Abrechnungsvolumen der Fachgruppe eine Neubestimmung gemäß § 23e Satz 2 oder Satz 3 BedarfsplRL zu rechtfertigen.

30

Die soeben erwähnte Vorgabe, dass nur solche Änderungen der Punktzahlbewertungen im EBM-Ä für eine Neubestimmung gemäß § 23e Satz 2 oder Satz 3 BedarfsplRL in Betracht kommen, die nicht schon bei der Fortschreibung entsprechend der Entwicklung des Fachgruppendurchschnitts gemäß dem vorrangigen § 23f BedarfsplRL zu berücksichtigen sind, führt dazu, dass Neubestimmungen gemäß § 23e Satz 2 oder Satz 3 BedarfsplRL aufgrund von Punktzahlneubewertungen im EBM-Ä nur in eingeschränktem Umfang denkbar sind. Es muss sich grundsätzlich um Änderungen des EBM-Ä handeln, die sich bei der individuell betroffenen Job-Sharing-Praxis stärker auswirken als beim Durchschnitt der Fachgruppe. Dies kann etwa aufgrund eines von der Fachgruppe abweichenden Zuschnitts ihrer Patientenschaft und ihres Behandlungsbedarfs der Fall sein oder bei Änderungen der Zuschläge für Berufsausübungsgemeinschaften in Betracht kommen. Im Übrigen erwähnt § 23e BedarfsplRL noch - was im vorliegenden Fall freilich keine Rolle spielt - "vertragliche Vereinbarungen"; auch diesen kann grundsätzlich nur insoweit Relevanz zukommen, als sie das abrechenbare Punktzahlvolumen beeinflussen.

31

Das Erfordernis, dass es sich um Änderungen handeln muss, die sich bei der individuell betroffenen Job-Sharing-Praxis stärker auswirken müssen als beim Durchschnitt der Fachgruppe, impliziert, dass die Auswirkungen stets konkret für die individuelle Job-Sharing-Praxis, für die eine Neubestimmung gemäß § 23e Satz 2 oder Satz 3 BedarfsplRL beantragt wird, festgestellt werden müssen. Diese Notwendigkeit eines konkret-individuellen Bezugs der Neubestimmung gemäß § 23e BedarfsplRL wird auch durch § 23c BedarfsplRL nahegelegt, der die Vorgaben dafür enthält, wie die Abrechnungsobergrenzen für die einzelne Job-Sharing-Praxis zu berechnen sind, und in diesem Kontext in seinem Satz 6 für "Anpassungen" auf § 23e BedarfsplRL verweist. Ob etwas anderes gilt, wenn wegen gravierender Änderungen im Vergütungsrecht auf der Hand liegt, dass ausnahmslos alle Praxen einer Arztgruppe betroffen sind, kann hier offen bleiben.

32

Über diese Voraussetzungen hinaus, die sowohl für Satz 2 als auch für Satz 3 des § 23e BedarfsplRL relevant sind, enthält § 23e Satz 3 BedarfsplRL noch zusätzlich das Erfordernis, dass die Beibehaltung der bisher festgelegten Abrechnungsobergrenzen eine nicht gerechtfertigte Bevorzugung/Benachteiligung im Verhältnis zu den Ärzten der Fachgruppe darstellen würde(§ 23e Satz 3 letzter Satzteil BedarfsplRL). Hierfür reicht nicht die Feststellung aus, zwischen den Job-Sharing-Praxen untereinander - etwa infolge unterschiedlicher Verwaltungspraxis der bisher getrennten kleineren KÄVen - bestünden Ungleichheiten. Vielmehr muss eine Ungleichbehandlung auch im Verhältnis zu den sonstigen (Nicht-Job-Sharing-)Praxen der Fachgruppe vorliegen (vgl hierzu noch unten RdNr 45).

33

b) Sowohl für Satz 2 als auch für Satz 3 des § 23e BedarfsplRL gilt, dass eine "spürbare" Veränderung(so § 23e Satz 3 BedarfsplRL) bzw "spürbare" Auswirkungen (so § 23e Satz 2 BedarfsplRL) auf die einzelne Praxis festgestellt werden müssen. Dies bedeutet, dass es sich um Veränderungen von erheblichem Ausmaß, dh mit real nachhaltiger Auswirkung, handeln muss. Das folgt sowohl aus dem Wortlaut des Erfordernisses "spürbare" Veränderungen bzw Auswirkungen als auch aus Sinn und Zweck im System der Vorschriften zur Berechnung der Abrechnungsobergrenzen gemäß § 23e BedarfsplRL: Es handelt sich um eine Regelung, die für den Ausnahmefall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage Anpassungen ermöglicht; dementsprechend ist erforderlich, dass es einem Beteiligten nicht zumutbar ist, an den bestehenden Regelungen festzuhalten.

34

Der Auslegung in Orientierung am Rechtsinstitut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage steht nicht entgegen, dass dieses im zivilrechtlichen Vertragsrecht entwickelt wurde. Die Rechtsprechung lehnt sich auch in solchen Fällen an dieses Rechtsinstitut an, die dem Bereich der Hoheitsverwaltung zuzurechnen sind und keine Ähnlichkeit mit Vertragsregelungen haben. So hat das BVerwG jenes Rechtsinstitut zB zur Auslegung des § 4 Abs 5 Satz 2 Krankenhausentgeltgesetz herangezogen, wonach eine Vertragspartei bei "wesentlichen Änderungen" der dem vereinbarten Erlösbudget zugrunde gelegten Annahmen eine neue Budgetvereinbarung beanspruchen kann(BVerwG vom 16.11.1995 - 3 C 32/94 - Buchholz 451.73 § 4 BPflV Nr 3 S 6 = Juris RdNr 43 zur damaligen Parallelvorschrift in § 4 Abs 3 Bundespflegesatzverordnung). Aus diesem Regelungscharakter hat das BVerwG abgeleitet, dass es sich um eine "schwerwiegende Abweichung" bzw um "gewichtige Änderungen der Verhältnisse" handeln muss (BVerwG aaO S 7 bzw RdNr 48). Eine ausreichend gewichtige Abweichung nimmt es bei Abweichungen ab ca 10 % an (vgl BVerwG aaO S 7 bzw RdNr 49 zu einer Abweichung um 11 % von den erwarteten Belegungszahlen ).

35

An das Vorliegen einer "spürbaren Veränderung" bzw "spürbarer Auswirkungen" im Sinne des § 23e Satz 3 bzw Satz 2 BedarfsplRL können keine geringeren Anforderungen gestellt werden. Der Begriff der "spürbaren" Veränderung bzw Auswirkungen deutet eher auf strengere Anforderungen hin als bei demjenigen nur "wesentlicher" Änderungen, wie er nicht nur in § 4 Abs 5 Satz 2 Krankenhausentgeltgesetz, sondern zB auch in § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X enthalten ist. Während die gemäß § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X vorausgesetzte "wesentliche Änderung" immer schon dann angenommen wird, wenn sich rechtlich eine andere Bewertung ergeben hätte(Rspr-Nachweise bei Schütze in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 48 RdNr 12), enthält der Begriff "spürbare" Auswirkungen bzw Änderungen im Sinne von § 23e Satz 2 und 3 BedarfsplRL von diesem Wortlaut her engere Voraussetzungen; auch von dem Zusammenhang her, dass es sich um eine Durchbrechung des der Arztpraxis bzw dem Arzt gewährten Vertrauensschutzes in die ihr bzw ihm einmal zuerkannten Punktzahlvolumina handelt (hierzu vgl oben RdNr 27), müssen strengere Anforderungen gelten. Diese können am Maßstab des Rechtsinstituts des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ausgerichtet werden.

36

c) Die zu a und b dargestellten Maßstäbe haben Einfluss auf die Anforderungen, die an ein Begehren nach Änderung der Abrechnungsobergrenze - sei es gemäß Satz 2 des § 23e BedarfsplRL oder gemäß dessen Satz 3 - zu stellen sind; für Verfahren auf Änderungen gemäß § 23e Satz 2 oder Satz 3 BedarfsplRL muss der Antragsteller entsprechend dem Normzweck und der Normgestalt dieser Regelungen den Sachverhalt dem zur Entscheidung berufenen sachkundigen Gremium (Zulassungs- bzw Berufungsausschuss) so aufbereiten, dass diesem ersichtlich ist, welcher Änderungstatbestand in Betracht zu ziehen ist. Dies gilt insbesondere für § 23e Satz 3 BedarfsplRL, wonach die KÄV oder die KKn Änderungen der Abrechnungsobergrenzen beantragen können, aber auch für § 23e Satz 2 BedarfsplRL, wonach der Arzt dies beantragen kann.

37

Die Notwendigkeit einer Substantiierung des Vorbringens im Verwaltungsverfahren ist bereits bekannt aus der Senatsrechtsprechung zur Wirtschaftlichkeitsprüfung gemäß § 106 SGB V. Hier hat der Senat vor allem in jüngerer Zeit herausgestellt, dass es dem betroffenen Arzt obliegt, den Fachgremien schon in deren Verfahren - spätestens im Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss - die Gesichtspunkte vorzutragen, die für eine sachkundige Würdigung erforderlich sind (insbesondere BSG vom 21.3.2012 - B 6 KA 17/11 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 35 RdNr 40-43; ebenso BSG vom 27.6.2012 - B 6 KA 78/11 B - Juris RdNr 8 und 9).

38

Vergleichbare Anforderungen gelten auch für Änderungsverfahren gemäß § 23e Satz 2 und Satz 3 BedarfsplRL. Hier sind detaillierte Tatbestandsmerkmale anhand der Veränderungen der Vergütungsbestimmungen der vertragsärztlichen Versorgung zu beurteilen; die Entscheidung ist Sache der Zulassungsgremien, weil bei ihnen davon auszugehen ist, dass sie die dafür erforderliche Sachkunde haben. Sie sind für ihre Sachentscheidung aber, weil sie nicht selbst über alle erforderlichen Daten verfügen, darauf angewiesen, ergänzende Informationen von der KÄV zu erhalten, insbesondere wegen der Frage spürbarer Auswirkungen auf die einzelne Praxis (vgl oben RdNr 29-31); diese den Zulassungsgremien zu geben sind insbesondere die KÄV und der Vertragsarzt selbst prädestiniert. Dementsprechend sind diese grundsätzlich gehalten, im Antragsverfahren substantiierte, auf die konkrete Job-Sharing-Praxis bezogene Berechnungen mitzuteilen.

39

Solche Anforderungen entsprechen im Übrigen auch den bei Härtefallregelungen bestehenden Obliegenheiten. So wie es in derartigen Verfahren dem Vertragsarzt obliegt, die Umstände darzulegen, aus denen sich nach seiner Ansicht das Vorliegen eines Härtefalls ergibt (vgl zur Darlegungspflicht: BSG vom 21.10.1998 - B 6 KA 73/97 R - Juris RdNr 18; BSG vom 28.4.1999 - B 6 KA 63/98 R - USK 99 119 S 689 = Juris RdNr 20; BSG vom 29.6.2011 - B 6 KA 17/10 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 66 RdNr 30 am Ende), so ist auch im Änderungsverfahren gemäß § 23e Satz 2 und/oder Satz 3 BedarfsplRL - ungeachtet etwaiger rechtlich-systematischer Unterschiede zu Härtefallregelungen - der Antragsteller gehalten, die tatsächlichen Umstände, derentwegen der Tatbestand erfüllt und insbesondere spürbare Auswirkungen auf die einzelne konkrete Praxis gegeben sein können, von sich aus darzulegen.

40

2. Den in 1. c dargelegten Anforderungen entspricht weder der Antrag der Beigeladenen zu 1. (KÄV) auf Änderung der Abrechnungsobergrenzen gemäß § 23e Satz 3 BedarfsplRL(unten a) noch das Änderungsbegehren der Klägerin gemäß § 23e Satz 2 BedarfsplRL(unten b).

41

a) Die Beigeladene zu 1. hat mit ihrem Begehren gemäß § 23e Satz 3 BedarfsplRL weder das Erfordernis eines schriftlichen Antrags erfüllt noch den Anforderungen an die inhaltliche Substantiierung Rechnung getragen.

42

Einen förmlich-schriftlichen Antrag hat die KÄV an den ZA nicht gerichtet. Die KÄV hat zwar allgemein beschlossen, dass die Abrechnungsobergrenzen aller Job-Sharing-Praxen in ihrem KÄV-Bezirk überprüft werden sollen (Beschluss vom 7.8.2006). Sie hat aber nicht zusätzlich einen schriftlichen Antrag an den ZA gerichtet, wie auch von ihr und vom Beklagten eingeräumt wird. Ein schriftlicher Antrag wäre aber erforderlich, weil nur mit schriftlichen Ausführungen den Anforderungen an die erforderliche Substantiierung in handhabbarer und damit zugleich praktikabler Form Rechnung getragen werden kann. Wird wie im vorliegenden Fall kein gezielter Antrag auf Überprüfung gestellt, sondern nur ein Beschluss mit der Zielrichtung einer Überprüfung gefasst, so handelt es sich nur erst um einen bloßen Willensentschluss, der noch der Umsetzung im Einzelfall bedarf.

43

Auch im weiteren Verfahren vor dem ZA hat die Beigeladene zu 1. die fehlende Substantiierung zu den oben unter a und b dargestellten Tatbestandsvoraussetzungen nicht nachgeholt. In ihrem Beschluss vom 7.8.2006 hat sie zu dem Erfordernis spürbarer Veränderung im Sinne des § 23e Satz 3 BedarfsplRL lediglich auf den zum 1.1.2005 erfolgten Zusammenschluss der vier KÄVen zu einer Gesamt-KÄV hingewiesen. In einem solchen - tatsächlichen - Vorgang liegt indessen kein geeigneter Umstand für eine Neubestimmung der Abrechnungsobergrenzen. Ein geeigneter Anknüpfungspunkt für einen Antrag im Sinne des § 23e Satz 3 BedarfsplRL ergibt sich aber nicht unter dem - rechtlichen - Gesichtspunkt, es habe eine rechtliche Grundlage für eine neue einheitliche Verwaltungspraxis in der neuen Gesamt-KÄV - in Ablösung der bis 2004 in den vier KÄVen praktizierten unterschiedlichen Berechnungsweisen - geschaffen werden sollen. Dies folgt aus den Ausführungen unter oben 1. a (vgl oben RdNr 29). Vor allem fehlen auch jegliche Ausführungen mit Ausrichtung auf bestimmte individuelle Job-Sharing-Praxen, wie dies erforderlich wäre (vgl oben RdNr 29-31 ), ebenso wie eine ungefähre Quantifizierung der Auswirkungen, die für eine Abschätzung notwendig sind, ob die Veränderungen bzw Auswirkungen "spürbar" sind (vgl oben RdNr 33 -35 ).

44

Die KÄV hätte darlegen müssen, welche Leistungen und welche Punktemengen Grundlage der erstmaligen Festlegung einer Abrechnungsobergrenze bei Beginn der Job-Sharing-Praxis waren (§ 23f Satz 4 iVm § 23k Abs 2 BedarfsplRL, wonach die einmal festgelegte Abrechnungsobergrenze bei lückenlosem Fortbestehen der Job-Sharing-Praxis wirksam bleibt, was ebenso wie für das Angestellten-Job-Sharing auch für das partnerschaftliche Job-Sharing gilt - vgl dazu auch oben RdNr 27); bezogen auf die damalige Leistungsmenge - in den sog Basisquartalen - hätte eine Vergleichsberechnung anhand der heutigen EBM-Ä-Regelungen durchgeführt werden müssen, um zu ermitteln, ob sich in der punktemäßigen Bewertung "spürbare" Änderungen ergeben haben. Eine Rechtsgrundlage, bei fortbestehender Job-Sharing-Praxis den Bezugspunkt zu ändern und spätere Quartale als Grundlage zu nehmen (so das Vorgehen des Beklagten mit seiner Anknüpfung an die Quartale II/2005 bis I/2006), ergibt sich aus den Regelungen der §§ 23c ff, § 23k BedarfsplRL nicht.

45

Im Übrigen fehlt auch jede Darlegung dazu, inwiefern die Beibehaltung der bisher festgelegten Abrechnungsobergrenzen eine nicht gerechtfertigte Bevorzugung/Benachteiligung im Verhältnis zu den anderen Ärzten der Fachgruppe darstellt. Wie oben ausgeführt (vgl oben RdNr 32), muss eine solche Ungleichbehandlung auch im Verhältnis zu den Nicht-Job-Sharing-Praxen der Fachgruppe vorliegen. Die von der Beigeladenen zu 1. angeführten Ungleichbehandlungen zwischen den Job-Sharing-Praxen untereinander, die sich aus der unterschiedlichen Verwaltungspraxis der bisherigen vier KÄVen ergeben haben, reichen nicht aus; soweit indessen mit Ungleichheiten innerhalb der Job-Sharing-Praxen zugleich Verwerfungen in der Fachgruppe als Ganzer einhergehen - wofür sich aber aus den Ausführungen der Beteiligten kein greifbarer Anhaltspunkt ergibt -, kämen sie für eine Ungleichbehandlung im Sinne des § 23e Satz 3 letzter Satzteil BedarfsplRL in Betracht.

46

Lag mithin kein ausreichendes Änderungsbegehren der Beigeladenen zu 1. gemäß § 23 Satz 3 BedarfsplRL vor, so ist die daraufhin vom Beklagten mit Bescheid vom 27.9.2006 verfügte Absenkung der Abrechnungsobergrenzen rechtswidrig.

47

b) Ebenso erfolglos ist das Begehren der Klägerin nach Änderung (Erhöhung) der Abrechnungsobergrenzen gemäß § 23e Satz 2 BedarfsplRL. Dieses erfüllt nicht die dafür bestehenden Anforderungen. Die Klägerin hat sich zwar - insoweit anders als die Beigeladene zu 1. und als der Beklagte - damit auseinandergesetzt, welche Art von Änderungen der Sach- und Rechtslage überhaupt als relevante Veränderungen in Betracht kommen können (vgl hierzu oben RdNr 28 ff). Hier fehlt es aber - ebenso wie bei dem Antrag der Gegenseite gemäß § 23e Satz 3 BedarfsplRL - an der Darlegung substantieller Anhaltspunkte dafür, dass sich "spürbare" Auswirkungen im Sinne des § 23e Satz 2 BedarfsplRL gemäß den oben dargestellten Anforderungen(vgl hierzu oben RdNr 34 f) ergeben haben könnten:

48

Die Klägerin hat in ihren Schriftsätzen die Veränderungen für die Fachgruppe, die sich aus der Neufassung des EBM-Ä zum 1.4.2005 ergaben, zunächst auf bis 5,59 % beziffert, wie dies die KÄBV in ihrem sog Transcodierungstool für die Radiologen mit CT und ohne MRT angegeben hatte. Dies hat zur Annahme "spürbarer" Auswirkungen gemäß den oben dargelegten Maßstäben bei Weitem nicht ausreichen können. Darlegungen für einen größeren Änderungsumfang finden sich auch nicht in ihren späteren Schriftsätzen. Im Gegenteil hat sie sich später nicht einmal mehr auf Veränderungen von 5,59 % berufen, diesen Wert vielmehr nur noch als abstrakt-theoretische Berechnung bezeichnet und für radiologische Praxen mit CT und ohne MRT im KÄV-Bezirk der Beigeladenen zu 1. einen Rückgang um 1,2 % angegeben (Schriftsatz vom 4.10.2012 S 4 unten).

49

Bezogen auf die konkrete Praxis der Klägerin (vgl oben RdNr 29-31) ergibt sich erst recht kein Anhaltspunkt für den Eintritt nachhaltiger Veränderungen. Das SG ist davon ausgegangen - und gleichermaßen haben die Beigeladene zu 1. und der Beklagte unwidersprochen vorgetragen und dazu auch konkrete Daten vorgelegt -, dass die Klägerin die für sie geltenden Abrechnungsobergrenzen über Jahre hinweg ohnehin nicht erreicht habe (vgl die Feststellungen des SG iVm der Bezugnahme des LSG auf die Ausführungen des SG, SG-Urteil S 11 und LSG-Urteil S 11 = Juris RdNr 34; Schriftsatz der Beigeladenen zu 1. vom 6.12.2012 mit Anlage; Schriftsatz des Beklagten vom 31.1.2012 S 2).

50

Substantielle Ansatzpunkte dafür, dass sich für die Klägerin "spürbare" Auswirkungen im Sinne des § 23e Satz 2 BedarfsplRL ergeben haben könnten, sind somit nicht erkennbar.

51

3. Ist mithin einerseits die vom Beklagten mit Bescheid vom 27.9.2006 verfügte Absenkung der Abrechnungsobergrenzen rechtswidrig und daher aufzuheben, andererseits das Begehren der Klägerin nach Erhöhung der Obergrenzen erfolglos, so haben die Klägerin und der Beklagte einesteils obsiegt und sind anderenteils unterlegen. Daher sind die Kosten gemäß der Kostenregelung des § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 155 Abs 1 Satz 1 VwGO verhältnismäßig zu teilen, dh - entsprechend dem Umfang des Unterliegens des Beklagten im Verhältnis zum Unterliegen der Klägerin - dem Beklagten zu sechs Zehnteln und der Klägerin zu vier Zehnteln aufzuerlegen.

52

Eine Erstattung von Kosten Beigeladener ist nicht veranlasst, weil sie sich weder im Revisionsverfahren noch im Klage- oder Berufungsverfahren beteiligt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

53

Die Entscheidung, die Zuziehung eines Bevollmächtigten durch die Klägerin für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 162 Abs 2 Satz 2 VwGO.

(1) Die Wirtschaftlichkeit der erbrachten ärztlichen Leistungen kann auf begründeten Antrag einer einzelnen Krankenkasse, mehrerer Krankenkassen gemeinsam oder der Kassenärztlichen Vereinigung arztbezogen durch die jeweilige Prüfungsstelle nach § 106c geprüft werden. Die Prüfung kann neben dem zur Abrechnung vorgelegten Leistungsvolumen auch Überweisungen sowie sonstige veranlasste ärztliche Leistungen, insbesondere aufwändige medizinisch-technische Leistungen umfassen; honorarwirksame Begrenzungsregelungen haben keinen Einfluss auf die Prüfungen.

(2) Veranlassung für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit nach Absatz 1 besteht insbesondere

1.
bei begründetem Verdacht auf fehlende medizinische Notwendigkeit der Leistungen (Fehlindikation),
2.
bei begründetem Verdacht auf fehlende Eignung der Leistungen zur Erreichung des therapeutischen oder diagnostischen Ziels (Ineffektivität),
3.
bei begründetem Verdacht auf mangelnde Übereinstimmung der Leistungen mit den anerkannten Kriterien für ihre fachgerechte Erbringung (Qualitätsmangel), insbesondere in Bezug auf die in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses enthaltenen Vorgaben,
4.
bei begründetem Verdacht auf Unangemessenheit der durch die Leistungen verursachten Kosten im Hinblick auf das Behandlungsziel oder
5.
bei begründetem Verdacht, dass Leistungen des Zahnersatzes und der Kieferorthopädie unvereinbar mit dem Heil- und Kostenplan sind.

(3) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren bis zum 30. November 2019 das Nähere zu den Voraussetzungen nach Absatz 2 in Rahmenempfehlungen. Die Rahmenempfehlungen sind bei den Vereinbarungen nach § 106 Absatz 1 Satz 2 zu berücksichtigen.

(4) Die in § 106 Absatz 1 Satz 2 genannten Vertragspartner können über die Prüfung nach Absatz 1 hinaus Prüfungen ärztlicher Leistungen nach Durchschnittswerten oder andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren. Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen eine Feststellung nach § 100 Absatz 1 oder Absatz 3 getroffen, dürfen bei Ärzten der betroffenen Arztgruppe keine Prüfungen nach Durchschnittswerten durchgeführt werden. In den Vereinbarungen nach § 106 Absatz 1 Satz 2 sind die Zahl der je Quartal höchstens zu prüfenden Ärzte in einer Kassenärztlichen Vereinigung sowie im Rahmen der Prüfungen nach Absatz 1 und der Prüfungen nach Satz 1 als Kriterien zur Unterscheidung Praxisbesonderheiten festzulegen, die sich aus besonderen Standort- und Strukturmerkmalen des Leistungserbringers oder bei besonderen Behandlungsfällen ergeben. Die Praxisbesonderheiten sind vor Durchführung der Prüfungen als besonderer Versorgungsbedarf durch die Prüfungsstellen anzuerkennen; dies gilt insbesondere auch bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Besuchsleistungen.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 14. März 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Der zur vertragszahnärztlichen Versorgung im Bezirk der beklagten Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZÄV) zugelassene Kläger wendet sich gegen einen Honorarberichtigungs- und Rückforderungsbescheid bzgl des Quartals I/2000.

2

Die Beklagte behielt mit dem Honorarbescheid für das Quartal I/2000 vom 19.7.2000 für dieses Quartal Honorar in Höhe von 1395,83 Euro (2730 DM) ein. Begründet wurde dieser Honorareinbehalt nicht. Unter der Überschrift "Vorbehalt und Rechtsbehelfsbelehrung zum Honorarbescheid" enthielt der Bescheid eine Reihe von Vorbehalten, unter anderem den Vorbehalt der Rückforderungen aufgrund Honorarverteilungsmaßstabs(HVM)-bedingter Kürzungen für die Jahre 1996 bis 1999, nachträglicher Berichtigungen zB aufgrund von rückwirkenden Änderungen des Honorarverteilungsmaßstabes "und ähnlichem" sowie der Anwendung der HVM-Anlage. In einem Rundschreiben vom 18.10.2000 wies die Beklagte unter anderem darauf hin, dass es zu Honorarkorrekturen für das Quartal I/2000 kommen werde, für das noch die vorherige HVM-Anlage gegolten habe. Aufgrund noch nicht abgeschlossener Verträge mit der Innungskrankenkasse (IKK) und den Betriebskrankenkassen (BKKn) würden diese Rückforderungen frühestens im Frühjahr 2001 bekannt sein. Zum Vertragsschluss kam es sodann im Juli 2001. In einem weiteren Rundschreiben vom 10.12.2001 wies die Beklagte auf gerichtliche Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit Honorarrückforderungen für die Jahre 1997 bis 1999 hin. Auch für das Quartal I/2000, für das noch der alte HVM gelte, müsse vor einer abschließenden Abrechnung das Vorliegen der Gründe der Entscheidungen des LSG Berlin vom 5.12.2001 sowie des BSG vom 31.10.2001 abgewartet werden. Mit Bescheid vom 18.12.2001 erteilte die Beklagte eine Honorarendabrechnung für die Quartale II bis IV/2000. Für das Quartal I/2000 teilte sie mit, sie könne aufgrund der derzeitigen rechtlichen Unsicherheit durch die Entscheidung des BSG vom 31.10.2001 und besonders des LSG Berlin vom 5.12.2001 zu ihrer Honorarrückforderung für die Jahre 1997 bis 1999 die geplante Abrechnung für das Quartal I/2000 zur Zeit nicht vornehmen, weil auch dieses Quartal auf dem "alten" HVM beruhe. Vor einer definitiven Entscheidung über dieses Quartal würden die Entscheidungsgründe der Gerichte abgewartet.

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Mit Bescheid vom 21.3.2007, dem Kläger bekannt gegeben am 6.6.2007, nahm die Beklagte eine Honorarberichtigung für das Quartal I/2000 vor und bezifferte den vom Kläger zurückzuzahlenden Betrag auf 2372,26 Euro. Abzüglich des geleisteten Einbehaltes komme es in der Quartalsabrechnung IV/2006 zu einer Lastschrift von noch 976,43 Euro. Mit Urteilen vom 14.12.2005 habe das BSG die Honorarberichtigungs- und Rückforderungsbescheide der Beklagten bzgl der Jahre 1997 bis 1999 für rechtmäßig erklärt. Nachdem die Rechtslage geklärt sei, müsse auch die noch ausstehende HVM-Anwendung für das Quartal I/2000 erfolgen. Aufgrund des in den Honorarbescheiden von Quartal zu Quartal vorgetragenen 10%igen HVM-Einbehaltes aus I/2000, der Rundschreiben vom 18.10.2000 sowie vom 10.12.2001 und der Honorarendabrechnung vom 18.12.2001 habe der Kläger erkennen können, dass es für das Quartal I/2000 noch zu einer abschließenden Berichtigung des für dieses Quartal vorläufig ausgezahlten Honorars kommen werde.

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Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.12.2007 zurück. Erst mit den Urteilen des BSG vom 14.12.2005 habe sie Gewissheit über die Rechtmäßigkeit des auch noch im Quartal I/2000 geltenden HVM von 1996 gehabt. Ein umfangreicher EDV-technischer Vorlauf habe dazu geführt, dass die Abrechnung für das Quartal I/2000 erst zusammen mit der Abrechnung für das Quartal IV/2006 habe erfolgen können. Die vierjährige "Verjährungsfrist" sei entsprechend § 203 BGB gehemmt gewesen aufgrund der Aussetzung der Widerspruchsverfahren gegen die die Vorjahre betreffenden Berichtigungsbescheide vom 18.10.2000 bis zur abschließenden Entscheidung des BSG am 14.12.2005. Die Beklagte habe auch in jedem Honorarbescheid der Quartale I/2000 bis III/2006 den vorsorglichen 10%igen Einbehalt in Höhe von 2730 Euro aus dem Quartal I/2000 gebucht und damit auf noch ausstehende Honorarberichtigungen für dieses Quartal hingewiesen. Im Übrigen hätten auch die Voraussetzungen des § 45 Abs 2 SGB X vorgelegen. Der Kläger habe gewusst, dass der HVM von 1996 im Quartal I/2000 noch gegolten habe. Spätestens nach der Anwendung dieses HVM für die Jahre 1997 bis 1999 mit dem Berichtigungsbescheid vom 18.10.2000, gegen den er auch Widerspruch eingelegt habe, habe er davon ausgehen müssen, dass sein Honoraranspruch für dieses Quartal noch nicht verbindlich festgestellt worden war. Die Rundschreiben und die Honorarendabrechnung für die Quartale II bis IV/2000 hätten entsprechende Hinweise enthalten.

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Das SG Berlin hat mit Urteil vom 10.6.2009 den angefochtenen Richtigstellungs- und Rückforderungsbescheid aufgehoben. Die Beklagte habe die vierjährige Ausschlussfrist mit dem Bescheid vom 21.3.2007 nicht gewahrt. Der Ablauf der Frist sei auch nicht gehemmt worden. Insbesondere lägen die Voraussetzungen des § 203 Satz 1 BGB nicht vor. Die Beklagte habe vielmehr einseitig auf die Entscheidung des BSG vom 14.12.2005 gewartet. Eine Hemmung der Verjährung resultiere auch nicht aus der in jedem Honorarbescheid fortgesetzten Buchung des Einbehaltes für das Quartal I/2000. Ebenso wenig hätten die von der Beklagten in Bezug genommenen Mitteilungen eine Hemmung bewirkt.

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Das LSG Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 14.3.2012 die Berufung der Beklagten hiergegen zurückgewiesen. Der Lauf der Ausschlussfrist habe mit der Bekanntgabe des Honorarbescheides vom 19.7.2000 begonnen und im Juli 2004 geendet. Die Frist sei nicht deshalb gehemmt gewesen, weil fortlaufend Ungewissheit über die Höhe der im Quartal I/2000 zu verteilenden Gesamtvergütung bestanden habe. In dem Rundschreiben vom 18.10.2000 habe die Beklagte lediglich angeführt, dass es noch am Vertragsschluss mit IKK und BKKn fehle, bevor Honorarkorrekturen für das Quartal I/2000 vorgenommen werden könnten. Die noch ausstehenden Verträge seien sämtlich im Juli 2001 abgeschlossen gewesen. Auf der Grundlage des für das Quartal I/2000 geltenden HVM und der ausgehandelten Gesamtverträge hätte die Beklagte lange vor Ablauf der Ausschlussfrist einen endgültigen Bescheid erlassen können. Ein daran anschließendes Widerspruchsverfahren hätte sie im Hinblick auf die zum HVM für die Jahre 1997 bis 1999 anhängigen Verfahren ruhend stellen können. Es sei auch nicht rechtlich zwingend gewesen, dass die Beklagte eine abschließende Betrachtung des Quartals I/2000 zurückgestellt habe, bis der Rechtsstreit über die Honorarberichtigungs- und Rückforderungsbescheide für die Jahre 1997 bis 1999 rechtskräftig entschieden worden sei. Der bei der Beklagten bestehende Vorbehalt für das Quartal I/2000 sei gegenüber dem Kläger nicht in rechtlich relevanter Weise manifestiert worden. Die im Honorarbescheid vom 19.7.2000 enthaltenen allgemeinen Vorbehalte seien zu weit gefasst. Keine der von der Beklagten vorgelegten Veröffentlichungen aus der Folgezeit habe eine ausreichende und nachvollziehbare Verknüpfung gezogen zwischen den für die Jahre 1997 bis 1999 geführten rechtlichen Auseinandersetzungen und dem Honorarbescheid für das Quartal I/2000. Das Rundschreiben vom 18.10.2000 habe nur auf die noch nicht abgeschlossenen Verträge mit der IKK und den BKKn Bezug genommen, das Sonderrundschreiben vom 10.12.2001 lediglich auf einen Eilbeschluss des 7. Senats des LSG Berlin vom 5.12.2001 zu den Jahren 1997 bis 1999, dessen schriftliche Begründung abgewartet werden sollte. Auch die von der Beklagten bemühten Vorschriften des BGB über die Hemmung der Ausschlussfrist würden nicht greifen. Eine Rücknahme nach § 45 SGB X scheitere bereits an der Jahresfrist des § 45 Abs 4 Satz 2 SGB X.

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Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten. Sie ist der Auffassung, die Ausschlussfrist sei in entsprechender Anwendung von § 45 Abs 2 SGB I während der Dauer der Rechtsstreitigkeiten anlässlich der Honorarberichtigungs- und Rückforderungsbescheide bzgl der Jahre 1997 bis 1999 bis zur Zustellung der Entscheidungsgründe des Senats im April 2006 gehemmt gewesen. Bis zum Urteil des BSG vom 14.12.2005 habe Unsicherheit über das zu verteilende Gesamtvergütungsvolumen und die Anwendbarkeit der zugrundeliegenden HVM-Regelungen bestanden. Hätte das BSG die streitigen Bestimmungen des HVM 1996, der auch noch im Quartal I/2000 gegolten habe, beanstandet, hätte dies zu einer Neuberechnung des Honorars und einer Veränderung des zu verteilenden Gesamtvolumens geführt. Der Honorarbescheid vom 19.7.2000 habe einen Hinweis auf die noch nicht abgeschlossene Honorarfestsetzung enthalten. Neben dem "Einbehalt aus I/2000" habe der Bescheid einen Vorbehalt hinsichtlich der Anwendung der HVM-Anlage enthalten. Auch im Rundschreiben vom 18.10.2000 sei darauf hingewiesen worden, dass es noch zu Honorarkorrekturen für das Quartal I/2000 kommen könne. Im Sonderrundschreiben vom 10.12.2001 sei ausdrücklich ausgeführt worden, dass die Beklagte vor einer Entscheidung über das Quartal I/2000 noch die Urteilsgründe des Gerichts abwarten wolle. Alle folgenden Honorarbescheide bis zum Quartal III/2006 hätten den 10%igen Einbehalt als "Merkposten" ausgewiesen. Gegen den Einbehalt im Bescheid vom 19.7.2000 habe der Kläger sich auch nicht gewehrt, sodass der Bescheid insoweit bestandskräftig sei.

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Die Beklagte beantragt,
die Urteile des LSG Berlin-Brandenburg vom 14.3.2012 und des SG Berlin vom 10.6.2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

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Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Er hält die angefochtenen Urteile für zutreffend.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Beklagten ist unbegründet. SG und LSG haben zu Recht angenommen, dass die für Honorarberichtigungen geltende vierjährige Ausschlussfrist im Zeitpunkt des Erlasses des Berichtigungsbescheides bereits verstrichen war.

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1. Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Richtigstellung und Rückforderung ist hier § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V iVm § 72 Abs 1 Satz 2 SGB V. Danach obliegt es den KZÄVen, die vom Zahnarzt eingereichten Honorarforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf richtigzustellen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats vermittelten zuvor die bundesmantelvertraglichen Vorschriften eine umfassende Befugnis zu sachlich-rechnerischen Richtigstellungen auch für bereits erlassene Honorarbescheide (vgl BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 11 ff mwN). Auch bei der Korrektur von Fehlern im Rahmen der Honorarverteilung handelt es sich um eine sachlich-rechnerische Richtigstellung (vgl BSGE 89, 62 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42). Die Fehlerhaftigkeit des Honorarbescheides vom 19.7.2000 ergab sich daraus, dass dem Kläger bei Zugrundelegung der tatsächlich gezahlten Gesamtvergütungen und unter Anwendung des in diesem Quartal geltenden HVM ein niedrigeres als das ausgewiesene Honorar zustand. Dabei umfasste die Richtigstellung den gesamten Rückforderungsbetrag in Höhe von 2372,26 Euro. Der im Honorarbescheid vom 19.7.2000 ausgewiesene "Einbehalt aus I/2000" hatte erkennbar vorläufigen Charakter und stellte keine endgültige Festsetzung in dem Sinne dar, dass der Kläger höchstens 1395,83 Euro zurückzahlen müsste. Insofern ist keine Bestandskraft des Bescheides eingetreten.

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2. Die Vorinstanzen haben aber zu Recht entschieden, dass mit dem Bescheid vom 21.3.2007 die Fristen, die für den Erlass eines die Fehlerhaftigkeit des ursprünglichen Honorarbescheides korrigierenden Richtigstellungs- und Rückforderungsbescheides gelten, nicht gewahrt wurden. Für sachlich-rechnerische Richtigstellungen gilt - ebenso wie für den Erlass von Prüfbescheiden in Wirtschaftlichkeitsprüfungsverfahren - eine vierjährige Ausschlussfrist, innerhalb der der Richtigstellungsbescheid dem Betroffenen bekannt gegeben werden muss (vgl BSG SozR 3-5535 Nr 119 Nr 1 S 2 f; BSGE 89, 90, 103 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 16; BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 12; BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 14; BSGE 106, 222 = SozR 4-5520 § 32 Nr 4, RdNr 60; zuletzt Urteile vom 15.8.2012 - B 6 KA 45/11 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 36 und - B 6 KA 27/11 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 37). Den maßgebenden Zeitpunkt für den Beginn der Vier-Jahres-Frist markiert in Fällen sachlich-rechnerischer Prüfung ebenso wie bei degressionsbedingter Honorarminderung und bei der Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise der Erlass des Honorarbescheides (s zusammenfassend BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 31 mwN; vgl auch BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 17; anders für den Verordnungsregress: BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 29 ff). Danach begann hier die Frist mit der Bekanntgabe des Honorarbescheides vom 19.7.2000 und endete, wie von den Vorinstanzen zutreffend ausgeführt, im Juli 2004.

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3. Der Lauf der Frist war auch nicht gehemmt. Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung anerkannt, dass die Ausschlussfristen für sachlich-rechnerische Richtigstellungen und Maßnahmen im Zuge von Wirtschaftlichkeitsprüfungen gehemmt werden können. Eine solche Wirkung hat der Senat etwa Prüfanträgen der KKn beigemessen, sofern auch der betroffene Arzt von dem Prüfantrag Kenntnis erlangt (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 40 ff; zusammenfassend BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 33 - 35 iVm 39 f). Dies gilt allerdings nach der Änderung des § 106 Abs 5 SGB V durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz vom 22.12.1999 (BGBl I 2626), mit der zum 1.1.2000 das antragsgebundene Prüfverfahren durch ein grundsätzlich von Amts wegen einzuleitendes und durchzuführendes Prüfverfahren ersetzt worden ist, nur noch, soweit ein Prüfantrag kraft Gesetzes Voraussetzung für die Durchführung eines Prüfverfahrens oder auf gesetzlicher Grundlage in der Prüfvereinbarung (neu) vereinbart worden oder von der Sache her unverzichtbar ist (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 36 RdNr 25). Zur Richtigstellung fehlerhafter Degressionsbescheide hat der Senat ausgeführt, die KZÄV könne den Ablauf der Frist dadurch beeinflussen, dass sie den Bescheid mit hinreichend bestimmten Vorbehalten und Vorläufigkeitshinweisen versehe. Daneben bestehe die Möglichkeit, Korrekturbescheide mit einem Hinweis zu verbinden, dass die KZÄV den Bescheid aus Gründen der Vorsorge erlasse und die ihm zugrundeliegende Rechtsauffassung zunächst im Streit mit den KKn gerichtlich geklärt werden solle (BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 28). In einem Verfahren zur nachträglichen Korrektur der vertrags(zahn)ärztlichen Vergütung für ein bestimmtes Quartal hat der Senat entschieden, dass die vierjährige Ausschlussfrist für den Erlass eines Bescheides zur Korrektur von Honorarbescheiden gehemmt ist, solange ein Schiedsverfahren bzw Klageverfahren gegen die Entscheidung des Schiedsamtes über die Höhe der Gesamtvergütung anhängig ist (Beschluss vom 27.4.2005 - B 6 KA 46/04 B - Juris RdNr 12). Er hat in diesem Zusammenhang auf den Rechtsgedanken des § 203 Satz 1 BGB Bezug genommen, wonach eine Verjährungsfrist gehemmt ist, solange Schuldner und Gläubiger über den Anspruch verhandeln. Anders als für die Handlungen des Arztes und der antragstellenden KK im Regressverfahren (vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 39) kann diese Vorschrift in Bezug auf die besonderen zwischen den Vertragszahnärzten und der KZÄV einerseits sowie zwischen der KZÄV und den KKn andererseits bestehenden Rechtsbeziehungen herangezogen werden. Eine vergleichbare Konstellation hat der Senat für den Fall bejaht, dass eine Prüfung nach Durchschnittswerten nicht durchgeführt werden kann, weil nicht klar war, ob eine - gesetzlich ausdrücklich als vorrangig bezeichnete - Richtgrößenprüfung durchzuführen war (Urteil vom 15.8.2012 - B 6 KA 27/11 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 37). Eine solche oder vergleichbare Fallgestaltung war hier nicht gegeben.

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a) Die allgemeinen Formulierungen in Honorarbescheiden, dass nachträgliche Berichtigungen zB aufgrund sachlich-rechnerischer Richtigstellungen sowie aufgrund nachträglicher Änderungen des HVM und Ähnlichem vorbehalten seien, hat der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 14.12.2005 als nicht ausreichend bestimmt angesehen, um den vorläufigen Charakter eines Honorarbescheides zu verdeutlichen (BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 20). Auch der Honorarbescheid der Beklagten für das Quartal I/2000 enthält keinen hinreichend konkreten Vorbehalt wegen einer Schwebelage infolge noch nicht abgeschlossener Gesamtvergütungsvereinbarungen. Es kann offenbleiben, ob der eher lapidare Hinweis, die Verteilung der Gesamtvergütungen erfolge vorbehaltlich der Anwendung der HVM-Anlage, hinreichend bestimmt für einen rechtlich relevanten Vorbehalt ist. Hieraus konnte jedenfalls lediglich gefolgert werden, dass der Honorarbescheid unter dem Vorbehalt begrenzter Gesamtvergütungen stand. Die HVM-Anlage bestimmte nämlich insoweit, dass nach der Schlussabrechnung für die Leistungszeiträume mit begrenzten Gesamtvergütungen Honorarüberzahlungen zurückzuerstatten waren. Die Schwebelage, der dieser Vorbehalt Rechnung tragen wollte, bestand aber nur bis Juli 2001. Nach Vertragsschluss mit allen KKn stand die Höhe der begrenzten Gesamtvergütungen fest, sodass einer Schlussabrechnung unter diesem Gesichtspunkt nichts mehr entgegenstand. Soweit die Honorarbewilligung auf falschen Annahmen der Höhe der Gesamtvergütungen beruhte, hätte sie ab diesem Zeitpunkt korrigiert werden können. Selbst wenn man eine Hemmung der Ausschlussfrist bis Juli 2001 annehmen würde, wäre die Frist hier aber versäumt.

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Die Beklagte hat ab diesem Zeitpunkt eine Richtigstellung nicht wegen Unsicherheit über die zu zahlenden Gesamtvergütungen, sondern zum einen wegen Unsicherheit über die Rechtmäßigkeit des HVM und zum anderen aus Kostengründen zurückgestellt. Anders als im Fall der Unsicherheit über die Höhe der Gesamtvergütungen war die KZÄV ab Juli 2001 weder tatsächlich noch rechtlich an einer Entscheidung über das Honorar für das Quartal I/2000 gehindert. Sie hat dies, wie sie selbst im Widerspruchsbescheid formuliert, aus verfahrensökonomischen Gründen unterlassen, um im Hinblick auf die wegen der zu den Jahren 1997 bis 1999 anhängigen Verfahren bestehende Unsicherheit über die Rechtmäßigkeit des auch im Quartal I/2000 noch geltenden HVM den Aufwand für die Abrechnung des einzelnen Quartals zunächst zu sparen.

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b) Die Ausschlussfrist war auch nicht durch die gerichtlichen Verfahren gegen die Berichtigungsbescheide vom 18.10.2000 betreffend die Jahre 1997 bis 1999 gehemmt. Zwar ist auch eine gerichtliche Auseinandersetzung über die Rechtmäßigkeit von Vorschriften des HVM, die Einfluss auf die Honorarberechnung haben, grundsätzlich geeignet, eine Hemmung des Fristablaufs zu bewirken (vgl BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 28). Dabei muss nicht notwendig das Honorar für das konkrete Quartal im Streit sein, solange es um den auch für dieses Quartal geltenden HVM geht. Jedenfalls in Fällen wie diesem, in denen zahlreiche Verfahren gegen auf der Grundlage bestimmter HVM-Vorschriften erlassene Honorarbescheide angestrengt worden sind, kann eine Ungewissheit bestehen, die es rechtfertigt, die im Interesse der Rechtssicherheit bestehende Ausschlussfrist zu hemmen. Es liegt im Interesse aller Mitglieder der KZÄV, Verwaltungsaufwand zu vermeiden und Kosten zu optimieren, indem Berechnungen auf der Grundlage des angegriffenen HVM bis zur Beseitigung rechtlicher Unsicherheiten zurückgestellt werden.

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Für die Annahme einer Hemmung der Ausschlussfrist reicht aber das Vorliegen eines solchen objektiven Umstandes nicht aus. Auch der einseitige, wie das LSG formuliert, "innere Vorbehalt" der KZÄV ist für eine solche Rechtswirkung nicht ausreichend. Erforderlich ist vielmehr, dass die KZÄV auch gegenüber den betroffenen Vertragszahnärzten hinreichend deutlich macht, dass im Hinblick auf ein noch schwebendes gerichtliches Verfahren derzeit keine Richtigstellung des Honorarbescheides durchgeführt wird, damit aber nach Abschluss des Verfahrens zu rechnen ist. Die Forderung des Senats für Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung, dass der Hemmungsgrund den betroffenen Ärzten hinreichend präzise bekanntgegeben wird, damit sie wissen können, warum derzeit keine Bescheiderteilung erfolgt und auch klären können, wann die Hemmung endet (vgl BSG Urteile vom 15.8.2012 - B 6 KA 27/11 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 37 RdNr 28 und - B 6 KA 45/11 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 36 RdNr 27 unter Hinweis auf BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 46), gilt in gleichem Maße für sachlich-rechnerische Richtigstellungen. Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 14.12.2005 zur Honorarberichtigung für die Jahre 1997 bis 1999, für die die Frist noch nicht abgelaufen war, die Frage, ob die Beklagte hinreichend auf die Vorläufigkeit der Honorarbescheide hingewiesen hat, bejaht, weil die Beklagte den Vertragszahnärzten in den Jahren 1996 bis 1999 regelmäßig durch Zusendung von Rundschreiben und Sondermitteilungen sowie durch die Honorareinbehalte bei den Abschlagszahlungen entsprechende Informationen zukommen ließ (BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 20). Daraus sei für die Vertragszahnärzte ausreichend deutlich gewesen, unter welchen konkreten Voraussetzungen und in welchem ungefähren Umfang sich die Beklagte wegen der Schwebelage die nachträgliche Korrektur der ursprünglichen Bescheide vorbehalten habe.

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An einer solchen Information fehlt es für das streitbefangene Quartal. Soweit die Beklagte sich auf ein Informationsschreiben vom 19.7.2000 über die Vertragsschlüsse mit dem VdAK/AEV und der AOK Berlin für die Jahre 1996 bis 2000 bezieht, wurde dort nur unspezifisch auf mögliche Honorarrückforderungen hingewiesen, mit denen "schon bald nach der Sommerpause" zu rechnen sei. Die Vorinstanzen haben weiterhin zu Recht herausgestellt, dass weder das Rundschreiben vom 18.10.2000 noch das Rundscheiben vom 10.12.2001 konkrete Hinweise auf die Möglichkeit einer Berichtigung nach dem Abschluss von Gerichtsverfahren hinsichtlich der Vorquartale enthielten. Zwar wurde im Rundschreiben vom 18.10.2000 angekündigt, dass es zu Honorarkorrekturen für das Quartal I/2000 kommen werde, in dem noch die vorherige HVM-Anlage gegolten habe. Begründet wurde dies aber ausschließlich mit noch nicht abgeschlossenen Verträgen mit der IKK und den BKKn, weshalb die Rückforderungen frühestens im Frühjahr 2001 bekannt seien. Nach dieser Ankündigung wäre nach Abschluss der noch fehlenden Verträge im Juli 2001 mit einer abschließenden Bescheiderteilung zu rechnen gewesen. Im Sonderrundschreiben vom 10.12.2001 wurde für das hier streitbefangene Quartal ausgeführt, dass vor einer definitiven Entscheidung zunächst die Urteilsgründe des Gerichts abzuwarten seien. Bei den gerichtlichen Entscheidungen, die in diesem Rundschreiben erwähnt sind, handelt es sich um einen Beschluss des LSG Berlin vom 5.12.2001 (L 7 B 38/01 KA ER - NZS 2002, 276) und ein Urteil des Senats vom 31.10.2001 (B 6 KA 16/00 R - BSGE 89, 62 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42). Der Beschluss ordnete im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs gegen einen der Berichtigungsbescheide der Beklagten vom 18.10.2000 für die Jahre 1997 bis 1999 an. Das Urteil des Senats verhielt sich nicht zu einem Verfahren der Beklagten, hatte aber die Voraussetzungen für die Berichtigung von Honorarbescheiden zum Gegenstand. Inwiefern diese beiden Verfahren Einfluss auf die Honorarberechnung für das Quartal I/2000 haben würden, erschließt sich aus den Schreiben der Beklagten nicht. Die im Dezember 2001 bereits anhängigen Verfahren zu den am 18.10.2000 erlassenen Berichtigungsbescheiden für die Vorjahre, über die der Senat am 14.12.2005 abschließend entschieden hat und die allein Anknüpfungspunkt für eine Hemmung sein könnten, finden nur mittelbar Erwähnung, nämlich durch den Hinweis auf den Beschluss im einstweiligen Rechtsschutz. Auf ein Hauptsacheverfahren, dessen Ausgang abzuwarten wäre, wird nicht hingewiesen. Auch in der Honorarendabrechnung vom 18.12.2001 für die Quartale II bis IV/2000 wird erneut auf die genannten Entscheidungen hingewiesen, deren Gründe abzuwarten seien. Zwar wird ebenfalls erwähnt, dass für das Quartal I/2000 der alte HVM gelte, ein Zusammenhang mit anderen als den erwähnten Entscheidungen aus 2001 wird aber nicht hergestellt. In keiner schriftlichen Information wurde auf die gerichtliche Auseinandersetzung, die in die Entscheidung des Senats vom 14.12.2005 mündete, Bezug genommen. Ohnehin datiert das letzte Schriftstück, das das streitbefangene Quartal betrifft, aus dem Jahr 2001.

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Allein der Umstand, dass die Vertragszahnärzte von der Weitergeltung des alten HVM im Quartal I/2000 wussten, begründete noch keine Kenntnis von den Umständen, die einer Bescheiderteilung innerhalb der Ausschlussfrist entgegenstanden. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte für die Vorquartale aufgrund des alten HVM Berichtigungsbescheide erlassen hatte, nachdem sie sich im Jahr 2000 mit allen KKn auf die Gesamtvergütungen für die Jahre 1996 bis 1999 geeinigt hatte. Dass im Hinblick auf die wegen der Vorquartale laufenden Verfahren aus technischen und ökonomischen Gründen - nach dem Vortrag der Beklagten war die Abrechnung des einzelnen Quartals mit erheblichem IT-Aufwand verbunden - auf eine Richtigstellung auf der Grundlage des HVM verzichtet wurde, musste sich ohne eine entsprechende Information nicht aufdrängen. Der Vortrag der Beklagten, der Kläger habe zum Jahreswechsel 1999/2000 einem HVM-Ausschuss angehört und sei über die Streitigkeiten über die Honorarverteilung in den Jahren 1997 bis 1999 überdurchschnittlich gut informiert gewesen, rechtfertigt keine andere Beurteilung.

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Der - im Honorarbescheid vom 19.7.2000 nicht begründete - Einbehalt für das Quartal I/2000 tauchte zwar in der Folgezeit in allen Quartalsabrechnungen bis zum Quartal III/2006 wieder auf. Das SG hat aber zu Recht ausgeführt, dass es sich dabei allein um einen buchhalterischen Posten handelte. Da der einbehaltene Betrag jeweils als Lastschrift und als Gutschrift verbucht wurde, waren die Vertragszahnärzte tatsächlich nicht belastet. Aus dieser Buchung war jedenfalls nicht zu folgern, inwiefern sich die KZÄV die Korrektur des ursprünglichen Bescheides vorbehält. Erst recht war hieraus nicht erkennbar, dass und unter welchen Gesichtspunkten eine Hemmung der Ausschlussfrist bestand. Das SG hat insofern zu Recht ausgeführt, dass auch die Kenntnis des Klägers von den laufenden Verfahren vor dem BSG eine entsprechende Information durch die Beklagte nicht ersetzt.

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4. Die Voraussetzungen für eine Rücknahme nach § 45 SGB X haben die Vorinstanzen ebenfalls zu Recht verneint. Es fehlt bereits daran, dass der Kläger die Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Honorarbescheides vom 19.7.2000 kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 45 Abs 2 Satz 3 Nr 3 SGB X). Darüber hinaus scheitert eine Anwendung von § 45 SGB X auch an der Jahresfrist des § 45 Abs 4 Satz 2 SGB X. Zweifelhaft ist schon, ob die Tatsachen, die die Rücknahme rechtfertigten, erst mit der Entscheidung des Senats im Dezember 2005 vorlagen. Selbst wenn man aber hierauf abstellt, ist die Jahresfrist verstrichen. Da mit der Verkündung der Entscheidung klar war, dass der auch für das Quartal I/2000 geltende HVM nicht zu beanstanden war, kann für die Kenntnis nicht auf das Vorliegen der schriftlichen Gründe abgestellt werden.

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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Beklagte auch die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen, weil ihr Rechtsmittel keinen Erfolg hatte (§ 154 Abs 2 VwGO).

(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztlichen Vereinigungen vereinbaren Inhalt und Durchführung der Beratungen und Prüfungen nach Absatz 2 sowie die Voraussetzungen für Einzelfallprüfungen. Die Vertragspartner können die Prüfungsstelle mit der Prüfung ärztlich verordneter Leistungen in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung beauftragen und tragen die Kosten. Die Krankenkassen übermitteln der Prüfungsstelle die Daten der in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung verordneten Leistungen; dabei sind zusätzlich die Zahl der Behandlungsfälle und eine Zuordnung der verordneten Leistungen zum Datum der Behandlung zu übermitteln. Die §§ 296 und 297 gelten entsprechend.

(2) Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird von der Prüfungsstelle nach § 106c geprüft durch

1.
arztbezogene Prüfungen ärztlicher Leistungen nach § 106a,
2.
arztbezogene Prüfungen ärztlich verordneter Leistungen nach § 106b.
Die Prüfungen werden auf der Grundlage der Daten durchgeführt, die der Prüfungsstelle nach § 106c gemäß § 296 Absatz 1, 2 und 4 sowie § 297 Absatz 2 übermittelt werden. Hat die Prüfungsstelle Zweifel an der Richtigkeit der übermittelten Daten, ermittelt sie die Datengrundlagen für die Prüfung aus einer Stichprobe der abgerechneten Behandlungsfälle des Arztes und rechnet die so ermittelten Teildaten nach einem statistisch zulässigen Verfahren auf die Grundgesamtheit der Arztpraxis hoch.

(3) Die Prüfungsstelle nach § 106c bereitet die für die Prüfungen nach Absatz 2 erforderlichen Daten und sonstigen Unterlagen auf, trifft Feststellungen zu den für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Sachverhalten und entscheidet unter Beachtung der Vereinbarungen nach den §§ 106a und 106b, ob der Vertragsarzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Eine Maßnahme kann insbesondere auch die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung sein. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung auf Grund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung, die von Amts wegen durchzuführen ist, muss für ärztliche Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides und für ärztlich verordnete Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, erfolgen; § 45 Absatz 2 des Ersten Buches gilt entsprechend. Für Wirtschaftlichkeitsprüfungen, die auf Grund eines Antrags erfolgen, ist der Antrag für die Prüfung ärztlicher Leistungen spätestens 18 Monate nach Erlass des Honorarbescheides und für die Prüfung ärztlich verordneter Leistungen spätestens 18 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, bei der Prüfungsstelle nach § 106c einzureichen. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung muss innerhalb weiterer zwölf Monate nach Ablauf der in Satz 4 genannten Frist erfolgen; die Regelung des § 45 Absatz 2 des Ersten Buches findet keine entsprechende Anwendung. Gezielte Beratungen sollen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Die Prüfungsstelle berät die Vertragsärzte auf der Grundlage von Übersichten über die von ihnen im Zeitraum eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen über Fragen der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung.

(4) Werden Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassenverbände und Kassenärztlichen Vereinigungen für eine ordnungsgemäße Umsetzung. Können Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt werden, weil die erforderlichen Daten nach den §§ 296 und 297 nicht oder nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht fristgerecht übermittelt worden sind, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassen oder der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat nach Anhörung der Vorstandsmitglieder und der jeweils entsandten Vertreter im Ausschuss den Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung das Regressverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen und belegärztlichen Leistungen.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 2.3.2011 sowie der Bescheid des Beklagten vom 13.2.2008 aufgehoben und der Beklagte verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut über die Widersprüche der Klägerin gegen die Bescheide des Prüfungsausschusses vom 11.5.2005, 27.12.2005 und 27.12.2006 zu entscheiden.

Der Beklagte trägt die Kosten des Klage- und Revisionsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit von Regressen wegen der Verordnungsweise von Heilmitteln - Physikalische Therapie - in den Quartalen I/2000 bis III/2001.

2

Die Beigeladene zu 1., eine aus Ärzten für Allgemeinmedizin bestehende Gemeinschaftspraxis, wurde aufgrund eines Prüfantrages der klagenden AOK und der zu 2. bis 5. beigeladenen Krankenkassenverbände vom 30.3.2001 zunächst für das Quartal I/2000 hinsichtlich der Verordnungsweise von Heilmitteln aus dem Bereich physikalische Therapie einer Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Durchschnittswerten unterzogen. Für die Quartale II/2000 bis III/2001 wurden von Amts wegen aufgrund einer gemeinsamen Empfehlung der KKn und der zu 6. beigeladenen KÄV Prüfverfahren durchgeführt. Die Beigeladene zu 1. wurde für diese Quartale jeweils darüber informiert, dass aufgrund der festgestellten Überschreitungen der Vergleichswerte eine Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise nach Durchschnittswerten erfolgen solle, wenn keine Prüfungen der Verordnungsweise nach Richtgrößen durchgeführt würden. Derzeit sei noch offen, ob Richtgrößenprüfungen erfolgen würden. Die Überprüfung nach Durchschnittswerten werde daher bis zur endgültigen Entscheidung über die anzuwendende Prüfmethode zurückgestellt.

3

Der Prüfungsausschuss lehnte mit Bescheid vom 11.5.2005 Maßnahmen für das Quartal I/2000 und mit weiterem Bescheid vom selben Tag auch für die Quartale II/2000 bis IV/2000 ab. Hinsichtlich des Quartals I/2001 setzte der Prüfungsausschuss mit Bescheid vom 27.12.2005 einen Regress in Höhe von 3727,25 Euro fest, mit weiteren Bescheiden vom 27.12.2006 lehnte er Maßnahmen hinsichtlich des Quartals II/2001 "verjährungsbedingt" ab und setzte einen Regress in Höhe von 5567,69 Euro für das Quartal III/2001 fest. Die hiergegen gerichteten Widersprüche der Klägerin sowie einen Widerspruch der BKK-IKK-LKK Arbeitsgemeinschaft für das Quartal II/2001 wies der beklagte Beschwerdeausschuss mit Bescheid vom 13.2.2008 zurück. Gleichzeitig hob er die Prüfbescheide betreffend die Quartale I/2000 bis I/2001 und III/2001 auf und bestätigte die Entscheidung betreffend das Quartal II/2001. Zur Begründung führte er aus, die Prüfbescheide des Prüfungsausschusses für die Quartale I/2000 bis III/2001 seien nach Ablauf der vierjährigen Ausschlussfrist nach Erlass der Honorarbescheide ergangen.

4

Das SG hat mit dem angefochtenen Urteil vom 2.3.2011 die Klage abgewiesen. Der Beklagte habe zu Recht für sämtliche streitgegenständlichen Quartale die Einhaltung der vierjährigen Ausschlussfrist verneint. Das BSG habe klargestellt, dass den KKn, um eine Hemmung der vierjährigen Ausschlussfrist zu erreichen, nur zwei Möglichkeiten offen stünden, nämlich entweder entgegen den rechtlichen Vorgaben über den Wegfall des Erfordernisses zur Stellung eines Prüfungsantrages einen ausdrücklichen Prüfungsantrag zu stellen oder selbst eine Untätigkeitsklage zu erheben. Beide Aspekte hätten hier keine Rolle gespielt. Mit Beschluss vom 2.5.2011 hat das SG durch den Kammervorsitzenden die Sprungrevision zugelassen.

5

Die Klägerin führt zur Begründung ihrer Revision aus, nach dem Wegfall des Antragsverfahrens zur Durchführung von Wirtschaftlichkeitsprüfungen sei für die Hemmung der Ausschlussfrist der Umstand maßgeblich, dass der geprüfte Arzt von der Einleitung des Prüfverfahrens Kenntnis erlangt habe. So sei denn auch die Beigeladene zu 1. von der Durchführung des Wirtschaftlichkeitsprüfungsverfahrens in Kenntnis gesetzt worden und habe nicht mehr darauf vertrauen dürfen, dass kein Prüfverfahren mehr durchgeführt werde. Die vierjährige Ausschlussfrist für die Durchführung der Prüfverfahren sei damit gehemmt gewesen und die Prüfverfahren hätten in der Sache durchgeführt werden können.

6

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 2.3.2011 sowie den Bescheid des Beklagten vom 13.2.2008 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut über die Widersprüche der Klägerin gegen die Bescheide des Prüfungsausschusses vom 11.5.2005, 27.12.2005 und 27.12.2006 zu entscheiden.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend, weil die Prüfbescheide sämtlich nach Ablauf der vierjährigen Ausschlussfrist für die Wirtschaftlichkeitsprüfung der Verordnungsweise ergangen seien.

9

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Klägerin ist begründet. Das SG hat zu Unrecht angenommen, dass die für Verordnungsregresse geltende vierjährige Ausschlussfrist im Zeitpunkt des Erlasses der Prüfbescheide bereits verstrichen war.

11

1. Der Zulässigkeit der Revision steht nicht entgegen, dass das SG allein durch seinen Berufsrichter - ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter - die Revision unmittelbar gegen sein Urteil zugelassen hat. Dies ist zwar fehlerhaft; ungeachtet dieses Mangels ist der Zulassungsbeschluss aber wirksam und das Revisionsgericht an die Zulassung der Sprungrevision gebunden (vgl zuletzt BSGE 108, 35 = SozR 4-2500 § 115b Nr 3, RdNr 32; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 13).

12

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 13.2.2008 (zur Anfechtung nur des Widerspruchsbescheids des Beschwerdeausschusses vgl zB BSG vom 3.2.2010 - B 6 KA 37/08 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 26 RdNr 15 mwN). Umstritten ist, ob gegen die zu 1. beigeladene Gemeinschaftspraxis ein Regress wegen Verordnungen von Heilmitteln im Bereich physikalischer Therapie bezogen auf die Quartale I/2000 bis III/2001 festgesetzt werden durfte oder ob dem die Vier-Jahres-Ausschlussfrist entgegenstand.

13

Da die KÄV Rheinland-Pfalz, der BKK-Landesverband, die IKK-Südwest, die Landwirtschaftliche Krankenkasse Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland sowie der Verband der Ersatzkassen ihrer Beiladung im Revisionsverfahren zugestimmt haben, hat der Senat gemäß § 168 Satz 2 SGG ihre notwendige Beiladung nachholen können.

14

2. Rechtsgrundlage des Verordnungsregresses ist § 106 Abs 2 SGB V(hier zugrunde zu legen in der Fassung des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000 vom 22.12.1999, BGBl I 2626, die in den Jahren 2000 und 2001 galt; zur Maßgeblichkeit des § 106 Abs 2 SGB V vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 21 und Urteil vom 6.5.2009 - B 6 KA 3/08 R - MedR 2010, 276, jeweils RdNr 14 mwN; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 26 RdNr 17; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 16). Danach wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung unter anderem durch arztbezogene Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen, entweder nach Durchschnittswerten oder am Maßstab von Richtgrößenvolumina (aaO Satz 1 Nr 1) und/oder anhand von Stichproben (aaO Satz 1 Nr 2), geprüft.

15

3. Die Fristen, die für den Erlass eines Regressbescheids wegen unzulässiger oder unwirtschaftlicher Verordnung von Heilmitteln gelten, sind gewahrt worden.

16

a) Der Senat hat in den Urteilen vom 5.5.2010 (SozR 4-2500 § 106 Nr 28) und vom 18.8.2010 (SozR 4-2500 § 106 Nr 29) für den Bereich von Arzneikostenregressen klargestellt, dass solche Regresse einer vierjährigen Ausschlussfrist unterliegen, dass weiterhin diese Ausschlussfrist mit Ablauf des Quartals beginnt, dem die (potenziell) in Regress genommenen Verordnungen zuzurechnen sind, und dass schließlich die Ausschlussfrist durch einen Prüfantrag der betroffenen KK gehemmt wird. Für den hier betroffenen Bereich von Heilmittelregressen gilt nichts anderes.

17

Die Frage, ab welchem Zeitpunkt die Vier-Jahres-Frist beginnt, hat der Senat dahin beantwortet, dass diese Frist für Verordnungsregresse im Regelfall unmittelbar nach Ablauf des Quartals beginnt, dem die Verordnung kostenmäßig zugeordnet ist (SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 28, 33 mwN). Für die Zuordnung einer Verordnung zu einem bestimmten Quartal ist der Zeitpunkt, in dem der Honorarbescheid erlassen wird, entgegen der Auffassung des Beklagten ohne Bedeutung. Der Honorarbescheid markiert den maßgebenden Zeitpunkt für den Beginn der Vier-Jahres-Frist nur insoweit, als die Versagung oder Kürzung von Honorar in Rede steht, dh in Fällen sachlich-rechnerischer Prüfung, degressionsbedingter Honorarminderung und der Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise (s zusammenfassend BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 31 mwN). In gleicher Weise im Verordnungsbereich für den Beginn der Vier-Jahres-Frist auf den Erlass des Honorarbescheids abzustellen, hat der Senat als verfehlt angesehen, weil die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise und die Überprüfung der Behandlungsweise zwei unterschiedliche Bereiche betreffen und sachliche Gründe für einen "Gleichklang" des Fristlaufs im Honorar- und im Verordnungsbereich nicht bestehen (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 30). Der Senat hat darauf hingewiesen, dass es zudem Fälle gibt, in denen das Abstellen auf den Erlass eines Honorarbescheids nicht möglich ist, weil für das Quartal, dem die Verordnung zugeordnet wird, nicht stets auch ein Honorarbescheid ergeht.

18

Die Vier-Jahres-Frist wurde danach im Fall der Beigeladenen zu 1. für keines der geprüften Quartale eingehalten. Sie endete für das Quartal IV/2000 am 31.12.2004, die Bescheide für die Quartale I/2000 bis IV/2000 ergingen aber erst am 11.5.2005. Die Ausschlussfrist für das Quartal I/2001 endete am 31.3.2005 (Bescheid 27.12.2005) und für das Quartal II/2001 am 30.6.2005 sowie für das Quartal III/2001 am 30.9.2005 (Bescheide 27.12.2006).

19

b) Der Lauf der Frist war jedoch in allen Quartalen gehemmt. Die Hemmung ist zwar nicht durch Prüfanträge ausgelöst worden (aa), wohl aber durch den Umstand, dass die Durchschnittsprüfung wegen einer vorrangigen Prüfung nach Richtgrößen aus rechtlichen Gründen zunächst nicht durchgeführt werden konnte und die zu 1. beigeladene Praxis darüber rechtzeitig informiert worden war (bb).

20

aa) Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung anerkannt, dass die Ausschlussfristen für sachlich-rechnerische Richtigstellungen und Wirtschaftlichkeitsprüfungen gehemmt werden können. Eine solche Wirkung hat der Senat Prüfanträgen der KKn beigemessen, sofern auch der betroffene Arzt von dem Prüfantrag Kenntnis erlangt (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 40 ff; zusammenfassend BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 33-35 iVm 40, 46).

21

Der Senat hat die hemmende Wirkung des Prüfantrags der KK in erster Linie damit begründet, dass die KK unmittelbar gegen den (möglicherweise) unwirtschaftlich verordnenden Arzt nicht vorgehen könne, sondern zur Realisierung ihres auf der Unwirtschaftlichkeit von Verordnungen beruhenden Schadensersatzanspruchs auf die Tätigkeit der Prüfgremien angewiesen sei. Nur die besondere Konstellation, dass die KKn ihren gegen den Vertragsarzt gerichteten Anspruch auf Ersatz für unwirtschaftlich verordnete Arzneimittel bzw unwirtschaftlich verordneten Sprechstundenbedarfs nicht unmittelbar, sondern nur durch Inanspruchnahme der Prüfgremien realisieren können, rechtfertigt es, unter bestimmten Voraussetzungen den KKn die Möglichkeit zu geben, den Ablauf der vierjährigen Ausschlussfrist zu hemmen. Dafür bedarf es aber eines konkreten, auf eine bestimmte Praxis gerichteten Begehrens einer KK oder von Krankenkassenverbänden. Das kann auch in der Weise formuliert werden, dass zwischen den Verbänden und der KÄV eine Abstimmung erfolgt, welche Praxen geprüft werden sollen. Unverzichtbar ist aber, dass die KKn von sich aus tätig geworden sind und die betroffene Praxis informiert ist, dass die KKn auf einer Prüfung der Verordnungsweise bestehen. Die bloße Mitteilung des Prüfungsausschusses über eine beabsichtigte Prüfung für sich genommen steht einem Prüfantrag der KKn nicht gleich.

22

Der mit der Ausschlussfrist verbundene Schutz des Arztes, nicht zeitlich unbegrenzt für seine Verordnungen in Regress genommen werden zu können, liefe weitgehend leer, wenn nicht erst der Bescheid über einen Arzneikostenregress oder über die Ablehnung eines Arzneikostenregresses, sondern allein die Mitteilung, das Verordnungsverhalten eines Arztes werde geprüft, bereits die zugunsten des Arztes bestehende vierjährige Ausschlussfrist hemmen würde. Der Prüfungsausschuss (nach bis zum 31.12.2007 geltendem alten Recht) bzw die Prüfungsstelle (nach neuem Recht) könnten dann routinemäßig allen Ärzten, deren Verordnungsverhalten in irgendeiner Hinsicht auffällig ist, kurz nach Eingang bestimmter, auf die Auffälligkeit hindeutender Unterlagen, eine Mitteilung zuleiten, es sei mit einer Wirtschaftlichkeitsprüfung zu rechnen, mit der Folge, dass die Vertragsärzte ohne zeitliche Begrenzung damit rechnen müssten, dass gegen sie Kostenregresse festgesetzt würden. Das wäre aus denselben Gründen, aus denen der Senat in ständiger Rechtsprechung die Notwendigkeit einer zeitlichen Begrenzung von für die Vertragsärzte wirtschaftlich sehr einschneidenden Regressfestsetzungsverfahren abgeleitet hat, nicht akzeptabel.

23

Soweit - wie hier - Quartale ab dem 1.1.2000 betroffen sind, ist nicht mehr darüber hinaus generell jeder Prüfantrag einer KK geeignet, die vierjährige Ausschlussfrist zu hemmen. Infolge der Änderung des § 106 Abs 5 SGB V durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000(vom 22.12.1999 BGBl I 2626) zum 1.1.2000 ist das antragsgebundene Prüfverfahren durch ein grundsätzlich von Amts wegen einzuleitendes und durchzuführendes Prüfungsverfahren ersetzt worden. Für die Verfahren, die nach den in § 106 Abs 2 Satz 1 SGB V normierten Regelprüfmethoden oder ersatzweise nach der Methode des statistischen Kostenvergleichs durchgeführt werden, war ein Prüfantrag nicht mehr Voraussetzung für die Durchführung der Prüfung. Die Neuregelung des § 106 Abs 2 SGB V zum 1.1.2000 hat zwar nicht generell das Antragsrecht der KKn bzw ihrer Verbände beseitigt; soweit jedoch das Verfahren vom Prüfungsausschuss antragsunabhängig durchzuführen ist, kann ein gleichwohl gestellter Antrag keine besonderen Rechtspflichten der Prüfgremien mehr auslösen. Jedenfalls in dem Bereich der hier betroffenen statistischen Vergleichsprüfung hat allein ein von Gesetzes wegen nicht erforderlicher Prüfantrag der KKn nicht die Wirkung, die vierjährige Ausschlussfrist zu hemmen. Damit weicht der Senat nicht von der Rechtsprechung ab, die den zitierten Urteilen vom 5.5. und 18.8.2010 zugrunde liegt. Beide Fälle betrafen Konstellationen, in denen ein Prüfantrag der KK ungeachtet der grundsätzlichen Umstellung des Wirtschaftlichkeitsprüfungsverfahrens von einem antragsgebundenen auf ein von Amts wegen durchzuführendes Verfahren weiterhin erforderlich war.

24

Dem Urteil vom 5.5.2010 (SozR 4-2500 § 106 Nr 28) lag ein einzelfallbezogener Prüfantrag einer KK im Hinblick auf die Verordnung eines bestimmten Medikamentes gegenüber einem konkreten Patienten zugrunde. Rechtsgrundlage der Einzelfallprüfung in diesem Fall war § 106 Abs 3 Satz 3 SGB V in der ab 1.1.2000 geltenden Fassung. Danach war in Verträgen durch die Partner iS des Abs 2 Satz 4 auch festzulegen, unter welchen Voraussetzungen Einzelfallprüfungen durchgeführt und pauschale Honorarkürzungen festgesetzt werden können. Für Einzelfallprüfungen im Hinblick auf die Verordnung bestimmter Medikamente kann jedenfalls auch nach der Neufassung des § 106 Abs 5 SGB V schon aus praktischen Gründen auf einen Prüfantrag der KK nicht verzichtet werden. Nur die einzelne KK hat die Möglichkeit, aufgrund der bei ihr vorliegenden Verordnungen und Diagnosen zu beurteilen, ob eine unzulässige Verordnung vorgenommen wurde oder nicht; der im Falle der Unzulässigkeit der Verordnung zu leistende Schadensersatz kommt in diesem Fall auch allein der antragstellenden KK zugute und nicht - wie im Fall von statistischen Vergleichsprüfungen - allen Krankenkassenverbänden nach einem bestimmten Schlüssel. Diese Rechtslage hat der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 106 Abs 3 SGB V durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung(GMG vom 14.11.2003, BGBl I 2190) präzisiert. Dort ist nunmehr bestimmt, dass die Vertragspartner vereinbaren müssen, unter welchen Voraussetzungen Einzelfallprüfungen auf Antrag ua einer KK oder der KÄV durchzuführen sind (vgl Engelhard in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: August 2012, K § 106 RdNr 445).

25

Ähnliches gilt für die Konstellation, die dem Senatsurteil vom 18.8.2010 (SozR 4-2500 § 106 Nr 29) zugrunde lag. Dort ging es um die Verordnung von Sprechstundenbedarf, die auf einer Vereinbarung der Vertragspartner über die Verordnung und Prüfung der Wirtschaftlichkeit von Sprechstundenbedarf in der vertragsärztlichen Versorgung beruhte; deren gesetzliche Grundlage ist § 106 Abs 2 Satz 4 SGB V. Auch insoweit sah die Prüfvereinbarung - nicht anders als die Prüfvereinbarung in dem am 5.5.2010 entschiedenen Fall hinsichtlich der Einzelfallprüfung - ein Antragsrecht der KK vor; bei der Verordnung von Sprechstundenbedarf ist dies schon deshalb erforderlich, weil üblicherweise Sprechstundenbedarf zu Lasten einer bestimmten KK für alle Versicherten verordnet wird, die entsprechend auch berechtigt ist, Prüfanträge hinsichtlich der Einhaltung der Vorgaben der Sprechstundenbedarfsvereinbarung und der Wirtschaftlichkeit der Verordnung von Sprechstundenbedarf zu stellen.

26

Soweit ein Prüfantrag kraft Gesetzes Voraussetzung für die Durchführung eines Prüfverfahrens oder auf gesetzlicher Grundlage in der Prüfvereinbarung (neu) vereinbart worden oder von der Sache her unverzichtbar ist, kommt diesem Antrag auch für Quartale nach dem 1.1.2000 ua die Wirkung zu, den Ablauf der Ausschlussfrist für die Festsetzung eines Arzneikostenregresses zu hemmen. Soweit die Wirtschaftlichkeitsprüfung jedoch als Richtgrößenprüfung oder - wie hier - statistische Vergleichsprüfung durchgeführt wird und Quartale betroffen sind, in denen diese Prüfung von Amts wegen durchzuführen ist, gilt das grundsätzlich nicht. Der Senat hat die hemmende Wirkung des Prüfantrags vor allem mit einer entsprechenden Anwendung des Rechtsgedankens des § 204 Abs 1 Nr 12 BGB begründet. Danach hemmt ein "Antrag bei einer Behörde" die Verjährung, "wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt". Der Heranziehung des in dieser Vorschrift enthaltenen Rechtsgedankens auf den Prüfantrag einer KK liegt die Erwägung zugrunde, dass dieser Antrag Voraussetzung dafür war, dass sich das zuständige Prüfgremium mit der Verordnungsweise einer Praxis befassen konnte. Die Basis für eine entsprechende Anwendung dieser Norm ist verlassen, wenn der "Antrag" nur noch eine unverbindliche Anregung an die Prüfgremien enthält, tätig zu werden. In Prüfverfahren, in denen ein Prüfantrag weder gesetzlich bzw gesamtvertraglich vorgeschrieben noch von der Sache her unverzichtbar ist, kann die betroffene Krankenkasse die Hemmung der Ausschlussfrist nur dadurch zu erreichen versuchen, dass sie Untätigkeitsklage erhebt und darauf dringt, dass der Arzt, dessen Verordnungen sie beanstandet, zum Verfahren beigeladen wird. Auf die tatsächliche Schwäche dieser rechtlichen Gestaltungsmöglichkeit hat der Senat in seiner früheren Rechtsprechung hingewiesen (vgl SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 37 und 45). An dieser Beurteilung hat sich nichts geändert, doch kann das nicht dazu führen, auch einem nicht erforderlichen "Antrag" zu Lasten des Arztes hemmende Wirkung zuzubilligen. Damit wäre nach Auffassung des Senats der Rahmen für richterliche Rechtsfortbildung verlassen.

27

Die bloße Mitteilung der für die Entscheidung über einen Arzneikostenregress zuständigen Behörde, nämlich des Prüfungsausschusses nach altem Recht bzw der Prüfungsstelle nach Inkrafttreten des GKV-WSG, über die Einleitung eines Prüfverfahrens wahrt die vierjährige Ausschlussfrist ebenfalls nicht und ist auch nicht geeignet, sie in entsprechender Anwendung des § 204 Abs 1 Nr 12 BGB bzw des § 45 Abs 3 SGB I zu hemmen, wie das in den vorerwähnten Urteilen des Senats vom 5.5. und 18.8.2010 für einen Prüfantrag der KKn angenommen worden ist.

28

bb) Der Senat misst aber dem Umstand, dass eine Wirtschaftlichkeitsprüfung aus rechtlichen Gründen - nämlich wegen eines Streits zwischen KÄV und Krankenkassenverbänden über die Prüfvereinbarung oder die anzuwendende Prüfmethode - nicht durchgeführt werden kann, hemmende Wirkung bei. Weiterhin ist - wegen der Besonderheiten des Mehr-Personen-Verhältnisses - Voraussetzung für die Hemmung, dass der Hemmungsgrund den betroffenen Ärzten hinreichend präzise bekannt gegeben wird, damit sie wissen (können), warum die Durchschnittsprüfung derzeit ausgesetzt ist, und auch klären können, wann die Hemmung endet. Beide Voraussetzungen liegen hier vor.

29

Da für die Richtgrößenprüfung in § 106 Abs 2 Nr 2 Satz 6 SGB V aF ein Vorrang gegenüber der Prüfung nach Durchschnittswerten angeordnet war, waren die Prüfgremien bis zu einer Entscheidung darüber, ob eine Richtgrößenprüfung tatsächlich stattfinden sollte, aus Rechtsgründen an der Durchführung einer Prüfung nach Durchschnittswerten gehindert. Der Senat hat bereits in einem Verfahren zur nachträglichen Korrektur der vertrags(zahn)ärztlichen Vergütung für ein bestimmtes Quartal entschieden, dass die vierjährige Ausschlussfrist für den Erlass eines Bescheides zur Korrektur von Honorarbescheiden gehemmt ist, solange ein Schiedsverfahren bzw Klageverfahren gegen die Entscheidung des Schiedsamtes über die Höhe der Gesamtvergütung anhängig ist (Beschluss vom 27.4.2005 - B 6 KA 46/04 B - juris RdNr 12). Er hat in diesem Zusammenhang auf den Rechtsgedanken des § 203 Satz 1 BGB Bezug genommen, wonach eine Verjährungsfrist gehemmt ist, solange Schuldner und Gläubiger über den Anspruch verhandeln. Anders als für die Handlungen des Arztes und der antragstellenden KK im Regressverfahren (vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 39) kann diese Vorschrift in Bezug auf die besonderen zwischen den Vertrags(zahn)ärzten und der K(Z)ÄV einerseits sowie zwischen der K(Z)ÄV und den KKn andererseits bestehenden Rechtsbeziehungen herangezogen werden. Eine der dargestellten Konstellation vergleichbare Lage besteht, wenn der Gesetzgeber eine bestimmte Prüfmethode vorgeschrieben hat, die aber erst umsetzbar ist, wenn die Partner der Gesamtverträge eine Vereinbarung - hier zu den Richtgrößen - geschlossen und sich über die Durchführung von Prüfungen auf dieser Grundlage verständigt haben. So wenig wie die KÄV endgültige Honorarbescheide erlassen kann, wenn sie nicht weiß, welches Honorarvolumen zur Verteilung ansteht, konnte der Prüfungsausschuss eine Prüfung nach Durchschnittswerten vornehmen, wenn nicht klar war, ob eine - gesetzlich ausdrücklich als vorrangig bezeichnete - Richtgrößenprüfung durchzuführen war. Das Fehlen einer rechtssicheren normativen Grundlage der Prüfung enthält dann die Rechtfertigung für die Hemmung der Ausschlussfrist.

30

Dem Vertrauensschutz der Vertragsärzte wurde dadurch Rechnung getragen, dass ihnen der Grund für die Aussetzung in der Prüfungsankündigung mitgeteilt wurde. Der Prüfungsausschuss hat jeweils der Beigeladenen zu 1. nicht nur mitgeteilt, dass eine Prüfung nach Durchschnittswerten durchgeführt werden solle; er hat auch darüber informiert, dass dieses Verfahren im Hinblick auf eine mögliche Richtgrößenprüfung nicht betrieben wird. Den jeweiligen Mitteilungen ab dem Quartal II/2000 war zu entnehmen, dass noch Verhandlungen der KÄV mit den KKn über eine Richtgrößenvereinbarung geführt wurden und das Ergebnis derzeit offen war. Für das Quartal I/2000 wurde die Beigeladene zu 1. zwar mit Schreiben vom 11.5.2001 zunächst lediglich darüber informiert, dass die KKn Anträge auf Durchführung der Wirtschaftlichkeitsprüfung der Verordnungsweise nach Durchschnittswerten gestellt hatten. Bereits das Schreiben vom 26.7.2001 betreffend die Quartale II/2000 und III/2000 enthielt jedoch den Hinweis, dass für die - ausdrücklich benannten - Quartale I bis IV/2000 die Entscheidung über eine Richtgrößenprüfung noch ausstehe. Auf entsprechende Ausführungen in einem Rundschreiben der KÄV Koblenz wurde verwiesen. Damit war hier die Beigeladene zu 1. für alle streitbefangenen Quartale hinreichend darüber informiert, dass das Prüfverfahren nach der Methode der Durchschnittsprüfung wegen einer eventuell durchzuführenden, rechtlich vorrangigen Prüfung nach Richtgrößen zunächst nicht betrieben wurde.

31

Die wegen der möglichen Durchführung einer Richtgrößenprüfung bestehende Hemmung dauert so lange, bis eine Entscheidung dazu getroffen ist oder die Richtgrößenprüfung aus Rechtsgründen nicht mehr durchgeführt werden kann. Hier stand erst im November 2006 fest, dass für die Jahre 2000 und 2001 keine Richtgrößenprüfung durchgeführt würde. Die KKn in Rheinland-Pfalz verzichteten auf die Richtgrößenprüfung und die KÄV nahm im Gegenzug eine in diesem Zusammenhang noch anhängige Klage zurück.

32

Eine allein auf das Scheitern der Verhandlungen über eine Richtgrößenprüfung abstellende Betrachtung der Beendigung der Hemmung der Frist für die Prüfung nach Durchschnittswerten wird aber dem berechtigten Interesse der Vertragsärzte nicht gerecht, dass Prüfungen in angemessener Zeit abgeschlossen werden. Auch für die Richtgrößenprüfung nach § 106 Abs 2 Satz 1 Nr 1 iVm § 84 SGB V galt eine vierjährige Ausschlussfrist, die mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vom 26.3.2007 (BGBl I 378) auf zwei Jahre verkürzt worden ist (§ 106 Abs 2 Nr 2 Satz 7 SGB V). Für die Hemmung der Ausschlussfrist bei einer Richtgrößenprüfung gelten die og dargestellten Grundsätze, das heißt, der Prüfungsausschuss/die Prüfungsstelle muss die betroffenen Ärzte davon unterrichten, dass bei ihnen auf der Basis der im betroffenen Quartal geltenden Richtgrößenvereinbarung eine Prüfung konkret in Betracht kommt und aus welchen Rechtsgründen - etwa der Anhängigkeit eines Schiedsverfahrens zur Durchführung der Richtgrößenprüfung bzw eines dazu geführten Klageverfahrens - das entsprechende Verfahren nicht betrieben werden kann. Wenn das nicht geschehen ist, läuft die Frist für eine Richtgrößenprüfung nach vier bzw nunmehr zwei Jahren ab und damit endet dann auch die Hemmung der Ausschlussfrist für die Durchschnittswertprüfung. Dieser Zeitpunkt - Ende der Frist für eine Richtgrößenprüfung - ist für alle hier betroffenen Quartale in den Jahren 2004 bzw 2005 erreicht worden, sodass dann die Ausschlussfrist für die Prüfung nach Durchschnittswerten wieder zu laufen begonnen hat. Sie war aber in allen Quartalen bei Erlass der Bescheide des Prüfungsausschusses in den Jahren 2005 bzw 2006 noch nicht abgelaufen.

33

Da somit als Folge der Information der zu 1. beigeladenen Praxis durch den Prüfungsausschuss über die Zurückstellung der Durchschnittsprüfung im Hinblick auf eine eventuelle Richtgrößenprüfung die Ausschlussfrist gehemmt und die Frist unter Berücksichtigung der Zeit der Hemmung nach § 209 BGB bei Erlass der Bescheide des Prüfungsausschusses nicht abgelaufen war(zur Fristwahrung auch durch eine Ablehnung von Maßnahmen vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 42), hätte der Beklagte die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise der zu 1. beigeladenen Praxis in der Sache nicht unterlassen dürfen. Diese Prüfung wird er nun nachholen müssen.

34

4. Der Beklagte wird bei seiner erneuten Entscheidung zu berücksichtigen haben, dass er die Entscheidungen des Prüfungsausschusses vom 27.12.2005 hinsichtlich des Quartals I/2001 und vom 27.12.2006 hinsichtlich des Quartals III/2001 nicht "verbösern" durfte; dem stand das Verbot der reformatio in peius entgegen, weil allein die Klägerin den ihr zustehenden Rechtsbehelf des Widerspruchs eingelegt hatte. Das Verbot der Schlechterstellung im Rechtsbehelfsverfahren ist ein allgemeiner, im Rechtsstaatsprinzip verankerter Grundsatz, der auch im Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss gilt (so auch Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, Stand: August 2012, K § 106 RdNr 612a). § 106 Abs 5 Satz 6 SGB V, wonach das Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss als Vorverfahren gilt, macht deutlich, dass ungeachtet seiner Eigenständigkeit Parallelen zum Widerspruchsverfahren bestehen. Auch insofern muss der Widerspruchsführer darauf vertrauen können, dass sich die Einlegung eines Widerspruchs, die das Verwaltungsverfahren vor dem Beschwerdeausschuss erst in Gang setzt, nicht zu seinen Lasten auswirkt. Anderes gilt nur, soweit noch weitere Verfahrensbeteiligte Widerspruch einlegen (vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 42).

35

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat der Beklagte die Kosten des Klage- und des Revisionsverfahrens zu tragen, weil er unterlegen ist (§ 154 Abs 1 VwGO). Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, weil diese im Verfahren keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO; vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 15. September 2011 aufgehoben. Die Berufung der Beigeladenen zu 2. gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 30. September 2009 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte und die Beigeladene zu 2. tragen die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 3. bis 6. je zur Hälfte. Die Beigeladene zu 2. trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 3. bis 6. in vollem Umfang.

Tatbestand

1

Im Revisionsverfahren ist noch die Rechtmäßigkeit eines Arzneikostenregresses für das Quartal II/2001 in Höhe von 6430 Euro umstritten.

2

Die Klägerin, eine aus einer Allgemeinmedizinerin und einem praktischen Arzt mit chirurgischer Qualifikation bestehende, an der hausärztlichen Versorgung teilnehmende Gemeinschaftspraxis überschritt im streitbefangenen Quartal bei den Kosten für die verordneten Arzneimittel den Durchschnitt der Vergleichsgruppe (gewichtet) um 66 %. Die Überschreitungen beliefen sich bei den Rentnern auf 81 %, bei den Familienangehörigen auf 59 % und bei den Mitgliedern auf 42 %. Nachdem der Prüfungsausschuss (PA) der Klägerin am 6.6.2002 mitgeteilt hatte, ihre Verordnungen würden auf ihre Wirtschaftlichkeit geprüft, setzte er mit Bescheid vom 15.11.2005 einen Kostenregress in Höhe von knapp 9000 Euro fest. Auf den Widerspruch der Klägerin reduzierte der beklagte Berufungsausschuss den Regress auf 6430 Euro. Soweit der Regress aufrechterhalten worden ist, begründete das der Beklagte damit, die Überschreitungswerte der Klägerin bewegten sich oberhalb der Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis und würden durch Praxisbesonderheiten nicht erklärt. Die unterdurchschnittliche Fallzahl der klagenden Praxis sei dabei ebenso berücksichtigt worden wie der leicht überdurchschnittliche Rentneranteil.

3

Das SG hat - soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse - den Bescheid des Beklagten mit der Begründung aufgehoben, der am 16.11.2005 der Klägerin bekanntgegebene Bescheid des PA habe die vierjährige Ausschlussfrist für den Erlass von Regressbescheiden im Rahmen der vertragsärztlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht gewahrt. Die maßgebliche Frist sei am 15.11.2005 abgelaufen, weil der Bescheid der zu 1. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) über das Honorar der Klägerin im hier betroffenen Quartal II/2001 als am 15.11.2001 bekanntgegeben gelte.

4

Auf die Berufung der zu 2. beigeladenen AOK hat das LSG das sozialgerichtliche Urteil aufgehoben, soweit es der Klage stattgegeben hat, und die Klage insgesamt abgewiesen. Das LSG hat unter Berücksichtigung der jüngsten Rechtsprechung des BSG die Auffassung des SG geteilt, der angefochtene Bescheid sei erst nach Ablauf der vierjährigen Ausschlussfrist für den Erlass von Kostenregressen ergangen. Das BSG habe entschieden, dass es insoweit auf die Zuordnung der in Regress genommenen Verordnungen zu einem bestimmten Quartal und nicht auf den Erlass des Honorarbescheides für das Quartal ankomme, in dem die Verordnungen ausgestellt worden waren. Die Frist sei jedoch gehemmt gewesen, da der PA der Klägerin am 6.6.2002 mitgeteilt habe, dass die Wirtschaftlichkeit ihrer Verordnungen geprüft werde. Dieser Mitteilung habe ein Auswahlgespräch vom 16.5.2002 zwischen den Krankenkassenverbänden und der KÄV zugrunde gelegen. In dem Protokoll über dieses Gespräch sei ua die klagende Praxis in der Liste der Arztpraxen aufgeführt worden, deren Verordnungsverhalten geprüft werden solle. Dieses Protokoll sei als Kundgabe eines Prüfantrages der Krankenkassen (KKn) zu sehen, der nach der jüngeren Rechtsprechung des BSG die Ausschlussfrist für den Erlass eines Prüfbescheides hemme (Urteil vom 15.9.2011).

5

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin, das Berufungsurteil verletze Bundesrecht. Zunächst sei dem Berufungsgericht dahin zuzustimmen, dass die vierjährige Ausschlussfrist für den Erlass des angefochtenen Regressbescheides prinzipiell abgelaufen gewesen sei. Nicht zu folgen sei dem LSG allerdings insofern, als es angenommen habe, die Frist sei durch die Mitteilung des PA vom 6.6.2002 über die beabsichtigte Durchführung eines Prüfverfahrens gehemmt worden. Selbst wenn man der nicht uneingeschränkt überzeugenden Rechtsprechung des BSG hinsichtlich der Hemmungs- bzw Unterbrechungswirkung eines Prüfantrages einer KK folgen wolle, könne dem Berufungsgericht weder dahin zugestimmt werden, dass hier tatsächlich ein Prüfantrag einer KK oder mehrerer Krankenkassenverbände gestellt worden sei, noch dahin, dass die Mitteilung des PA über das Prüfungsprotokoll aus der Sitzung vom 16.5.2002 tatsächlich die Wirkung eines Prüfantrages habe. Zu berücksichtigen sei, dass seit dem 1.1.2000 das Prüfverfahren - jedenfalls soweit es um statistische Vergleichsprüfungen gehe - nicht mehr von einem Prüfantrag der betroffenen KKn bzw Krankenkassenverbände abhängig sei, sondern von Amts wegen durchgeführt werde. Damit sei für die rechtsgestaltende Wirkung von Prüfanträgen von vornherein kein Raum mehr. Im Übrigen müsse nach der Rechtsprechung des BSG ein die Ausschlussfrist hemmender Prüfantrag der KKn hinreichend deutlich machen, dass die KK ihre Rechte auch gegenüber den Prüfgremien durchsetzen wolle. Die bloße Mitteilung des PA, er werde sich mit der Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise einer bestimmten Praxis in einem bestimmten Zeitraum befassen, stehe dem nicht gleich.

6

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 15.9.2011 aufzuheben und die Berufung der Beigeladenen zu 2. gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 30.9.2009 zurückzuweisen.

7

Die zu 1. beigeladene KÄV schließt sich der Auffassung und dem Antrag der Klägerin an.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er ist der Auffassung, das LSG habe der Mitteilung des PA vom 6.6.2002 zu Recht die Rechtswirkung zugesprochen, den Ablauf der vierjährigen Ausschlussfrist für den Erlass eines Regressbescheides zu hemmen.

10

Dem schließt sich in der Sache auch die zu 2. beigeladene AOK an.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Klägerin ist begründet. Das LSG hat das sozialgerichtliche Urteil, mit dem ihrer Klage gegen den Bescheid des Beklagten für das Quartal II/2001 stattgegeben worden war, zu Unrecht geändert. Das sozialgerichtliche Urteil ist wiederherzustellen, weil dieser Bescheid rechtswidrig ist und die Klägerin beschwert (§ 54 Abs 2 Satz 1 SGG).

12

1. Die Rechtswidrigkeit des Bescheides lässt sich allerdings nicht damit begründen, dass die Klägerin - was nicht feststeht - vor Erlass des Bescheides des PA vom 15.11.2005 nicht über die Unwirtschaftlichkeit ihrer Verordnungsweise beraten worden wäre. Die Festsetzung eines Regresses war nämlich im streitbefangenen Quartal II/2001 nicht davon abhängig, dass die Prüfgremien die Klägerin zuvor über die Unwirtschaftlichkeit ihrer Verordnungsweise beraten haben. Soweit in § 106 Abs 5e Satz 2 SGB V in der ab dem 1.1.2012 geltenden Fassung des GKV-VStG vom 22.12.2011 (BGBl I 2983) bestimmt ist, die Festsetzung von Erstattungsbeträgen bei Überschreitung des Richtgrößenvolumens (§ 106 Abs 5a Satz 3 SGB V) könne erst für Zeiträume nach einer individuellen Beratung erfolgen, findet diese Regelung hier aus sachlichen und zeitlichen Gründen keine Anwendung. Die Abs 5a und 5c bis 5e des § 106 SGB V befassen sich allein mit der Wirtschaftlichkeitsprüfung bei Überschreitung von Richtgrößenvolumina iS des § 106 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V und finden auf Prüfungen nach der Methode des statistischen Kostenvergleichs keine Anwendung. Im Übrigen wäre die Regelung über die regressausschließende Beratung hier auch dann nicht anwendbar, wenn eine Richtgrößenprüfung durchgeführt worden wäre. Diese Vorschrift gilt nur für Prüfverfahren, die Zeiträume ab ihrem Inkrafttreten (1.1.2012) betreffen (vgl allg zu den für die Wirtschaftlichkeitsprüfung maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen bei Gesetzesänderungen: BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 18 RdNr 15 f). Soweit der Deutsche Bundestag am 27.6.2012 eine Ergänzung des § 106 Abs 5e SGB V um Satz 7 beschlossen hat, wonach die Regelung des Abs 5e für alle Verfahren gilt, die am 31.12.2011 noch nicht abgeschlossen waren (BT-Drucks 17/10156 S 77 zum Zweiten Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften), gilt diese Regelung erst ab ihrem Inkrafttreten. Das ist derzeit nicht absehbar, weil der Bundesrat sich noch nicht mit dem Gesetz befasst hat. Im Übrigen würde die vom Gesundheitsausschuss als "Klarstellung zur Rechtslage" bezeichnete Änderung des Gesetzes den streitbefangenen Regress nicht erfassen, weil das Widerspruchsverfahren dazu bereits vor Inkrafttreten des GKV-VStG abgeschlossen war. Für derartige Verfahren soll die (unterstellt) klarstellende Neuregelung in § 106 Abs 5e Satz 7 nicht gelten(BT-Drucks 17/10156 S 95).

13

2. Die Rechtswidrigkeit des Bescheides ergibt sich jedoch daraus, dass die Ausschlussfrist für den Erlass von Bescheiden über Regresse wegen unwirtschaftlicher Verordnung von Arzneimitteln bei seinem Erlass abgelaufen war. Der Senat hat in den Urteilen vom 5.5.2010 (SozR 4-2500 § 106 Nr 28)und vom 18.8.2010 (SozR 4-2500 § 106 Nr 29)für den hier betroffenen Bereich von Arzneikostenregressen klargestellt, dass solche Regresse einer vierjährigen Ausschlussfrist unterliegen, dass weiterhin diese Ausschlussfrist mit Ablauf des Quartals beginnt, dem die (potenziell) in Regress genommenen Verordnungen zuzurechnen sind, und dass schließlich die Ausschlussfrist durch einen Prüfantrag der betroffenen KK gehemmt wird. Dies bedarf hier keiner weiteren Ausführungen, weil die Beteiligten insoweit übereinstimmen.

14

Hier gilt eine vierjährige und nicht - wie die zu 1. beigeladene KÄV annimmt - eine zweijährige Ausschlussfrist. Die Beigeladene zu 1. beruft sich für ihre Auffassung auf § 106 Abs 2 Satz 7 Halbsatz 2 SGB V. Dort ist bestimmt, dass "die Festsetzung eines den Krankenkassen zu erstattenden Mehraufwands nach Abs 5a innerhalb von zwei Jahren nach Ende des geprüften Verordnungszeitraums erfolgen" muss. Diese Regelung des Art 1 Nr 72 Buchst b cc GKV-WSG ist zum 1.1.2008 in Kraft getreten (Art 46 Abs 8 GKV-WSG; BGBl I 2007, 378) und erfasst den hier betroffenen Zeitraum schon deshalb nicht. Im Übrigen ist die Regelung auch thematisch nicht einschlägig, weil sie nur auf Richtgrößenprüfungen nach § 106 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V anzuwenden ist. Das ergibt sich aus der Verweisung auf Abs 5a, der sich nur mit den Folgen der Überschreitung der Richtgrößenvolumen nach § 84 Abs 6 und 8 SGB V befasst. Deshalb greift § 106 Abs 2 Satz 7 SGB V auch dann nicht ein, wenn wegen der Nichtdurchführbarkeit einer Richtgrößenprüfung eine Durchschnittsprüfung erfolgt(§ 106 Abs 2 Satz 5, letzter Halbsatz SGB V).

15

Soweit die beigeladene KÄV auf die Begründung des Gesetzgebers zur Einführung des § 106 Abs 2 Satz 7 SGB V verweist, rechtfertigt das keine andere Beurteilung der bis zum 31.12.2007 geltenden Rechtslage. Die damaligen Regierungsfraktionen vertraten die Auffassung, Zeiträume von mehr als zwei Jahren zwischen dem geprüften Verordnungszeitraum und dem Abschluss der Prüfungen seien für die Betroffenen unzumutbar (BT-Drucks 16/3100 zu Art 1 Nr 72 zu Buchst b cc, S 136). Diese Wertung bezieht sich jedoch allein auf Richtgrößenprüfungen nach § 106 Abs 5a SGB V. Hätte der Gesetzgeber generell eine Unzumutbarkeit länger andauernder Prüfverfahren angenommen, hätte er die Gelegenheit gehabt, diese Sichtweise durch entsprechende gesetzliche Änderungen umzusetzen. Dass die fehlende Umsetzung auf einem Versehen des Gesetzgebers beruht, ist nicht erkennbar; vielmehr hat er eine entsprechende Regelung wegen der besonderen Bedeutung von Richtgrößenverfahren ausschließlich in diesem Bereich für erforderlich gehalten. Im Übrigen müssen schon aus Gründen der Rechtssicherheit rückwirkende Verkürzungen von Handlungsfristen auf besonders gelagerte Konstellationen beschränkt sein und bedürfen einer eindeutigen gesetzlichen Grundlage. Daran fehlt es für den hier betroffenen Zeitraum.

16

3. Danach ist in Übereinstimmung mit dem LSG davon auszugehen, dass die Ausschlussfrist für einen Regressbescheid für das Quartal II/2001 hier am 1.7.2001 zu laufen begann und grundsätzlich am 30.6.2005 abgelaufen ist. Der dem angefochtenen Bescheid des Beklagten zugrunde liegende Bescheid des PA stammt vom 15.11.2005 und hat die Frist dementsprechend nicht gewahrt. Die formelle Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides des Beklagten hängt deshalb allein davon ab, ob diese Frist vor ihrem Ablauf am 30.6.2005 unterbrochen - bzw nach neuem Recht - gehemmt worden ist. Das ist entgegen der Auffassung des LSG nicht der Fall. Die Hemmung kann hier allein durch die Mitteilung des PA an die Klägerin vom 6.6.2002 bewirkt worden sein, wonach deren Verordnungsweise geprüft werden solle. Das LSG hat in diesem Schreiben konkludent einen Prüfantrag der KKn gesehen und diesem hemmende Wirkung beigemessen. Das hält der Senat nicht für richtig.

17

Fraglich ist bereits, ob die Mitteilung des PA vom 6.6.2002 den formellen und inhaltlichen Anforderungen genügt, die erfüllt sein müssen, damit die Rechtsfolgen eines Prüfantrages von Krankenkassen ausgelöst werden können (a). Im Übrigen würde auch ein wirksamer Prüfantrag hier die Ausschlussfrist nicht gehemmt haben (b). Auch eine Information der Klägerin über die Gründe für die Verzögerungen beim Prüfverfahren, die hemmende Wirkung haben kann, ist hier nicht erfolgt (c).

18

a) Der Senat hat anders als das LSG schon Zweifel, ob das Schreiben der Geschäftsstelle des "Prüfungsausschusses 3" der gemeinsamen Prüfeinrichtungen der KKn und der KÄV Rheinland-Pfalz vom 6.6.2002 als Prüfantrag im Sinne der dargestellten Rechtsprechung des Senats zu werten ist. In diesem Schreiben, das in der Verwaltungsakte des Beklagten enthalten ist, teilt der Referatsleiter der Prüfeinrichtungen der Klägerin mit, es werde hinsichtlich des Quartals II/2001 um Kenntnisnahme gebeten, dass "Ihre Arzneimittelverordnungen bezüglich des vorgenannten Quartals einer Wirtschaftlichkeitsprüfung unterzogen werden". Die Einleitung des Prüfverfahrens besage selbstverständlich noch nicht, dass Unwirtschaftlichkeit vorliege; die Klägerin habe Gelegenheit, auf Praxisbesonderheiten hinzuweisen.

19

Diesem Schreiben lag die Arzneikostenstatistik der Klägerin sowie deren Honorarabrechnung bei. Irgendein Hinweis darauf, dass Prüfanträge der KKn bzw der Krankenkassenverbände in Bezug auf die klägerische Praxis zugrunde gelegen haben oder vorausgegangen sind, ist dem Schreiben nicht zu entnehmen. Ohne Kenntnisnahme des vom Beklagten unter dem 2.3.2011 an das Berufungsgericht versandten Protokolls "über das Auswahlgespräch am 16.5.2002 im Hause der KV Pfalz" hinsichtlich der Arzneiverordnungen im Quartal II/2001 wäre nicht bekannt, inwieweit sich die KKn bzw deren Verbände in das Prüfverfahren für das Quartal II/2001 eingeschaltet haben. Die Mitteilung der für die Entscheidung über einen Arzneikostenregress zuständigen Behörde - nämlich des PA nach altem Recht bzw der Prüfungsstelle nach Inkrafttreten des GKV-WSG - über die Einleitung eines Prüfverfahrens wahrt die vierjährige Ausschlussfrist nicht und ist nicht geeignet, sie in entsprechender Anwendung des § 204 Abs 1 Nr 12 BGB bzw des § 45 Abs 3 SGB I zu hemmen, wie das in den vorerwähnten Urteilen des Senats vom 5.5. und 18.8.2010 für einen Prüfantrag der KKn angenommen worden ist.

20

Der Senat hat die hemmende Wirkung des Prüfantrags der KK in erster Linie damit begründet, dass die KK unmittelbar gegen den (möglicherweise) unwirtschaftlich verordnenden Arzt nicht vorgehen könne, sondern zur Realisierung ihres auf der Unwirtschaftlichkeit von Verordnungen beruhenden Schadensersatzanspruchs auf die Tätigkeit der Prüfgremien angewiesen sei. Nur die besondere Konstellation, dass die KKn ihren gegen den Vertragsarzt gerichteten Anspruch auf Ersatz für unwirtschaftlich verordnete Arzneimittel bzw unwirtschaftlich verordneten Sprechstundenbedarfs nicht unmittelbar, sondern nur durch Inanspruchnahme der Prüfgremien realisieren können, rechtfertigt es, unter bestimmten Voraussetzungen den KKn die Möglichkeit zu geben, den Ablauf der vierjährigen Ausschlussfrist zu hemmen. Dafür bedarf es aber eines konkreten, auf eine bestimmte Praxis gerichteten Begehrens einer KK oder von Krankenkassenverbänden. Das kann auch in der Weise formuliert werden, dass zwischen den Verbänden und der KÄV eine Abstimmung erfolgt, welche Praxen geprüft werden sollen. Unverzichtbar ist aber, dass die KKn von sich aus tätig geworden sind und die betroffene Praxis informiert ist, dass die KKn auf eine Prüfung der Verordnungsweise bestehen. Die bloße Mitteilung des PA über eine beabsichtigte Prüfung für sich genommen steht einem Prüfantrag der KKn nicht gleich.

21

Der mit der Ausschlussfrist verbundene Schutz des Arztes, nicht zeitlich unbegrenzt für seine Verordnungen in Regress genommen werden zu können, liefe weitgehend leer, wenn nicht erst der Bescheid über einen Arzneikostenregress oder über die Ablehnung eines Arzneikostenregresses, sondern allein die Mitteilung, das Verordnungsverhalten eines Arztes werde geprüft, bereits die zugunsten des Arztes bestehende vierjährige Ausschlussfrist hemmen würde. Der PA (nach bis zum 31.12.2007 geltendem alten Recht) bzw die Prüfungsstelle (nach neuem Recht) könnten dann routinemäßig allen Ärzten, deren Verordnungsverhalten in irgendeiner Hinsicht auffällig ist, kurz nach Eingang bestimmter, auf die Auffälligkeit hindeutender Unterlagen, eine Mitteilung zuleiten, es sei mit einer Wirtschaftlichkeitsprüfung zu rechnen, mit der Folge, dass die Vertragsärzte ohne zeitliche Begrenzung damit rechnen müssten, dass gegen sie Kostenregresse festgesetzt würden. Das wäre aus denselben Gründen, aus denen der Senat in ständiger Rechtsprechung die Notwendigkeit einer zeitlichen Begrenzung von für die Vertragsärzte wirtschaftlich sehr einschneidenden Regressfestsetzungsverfahren abgeleitet hat (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 28 f), nicht akzeptabel.

22

b) Im Übrigen vermag der Senat der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts nicht zu folgen, wonach generell jeder Prüfantrag einer KK die vierjährige Ausschlussfrist zu hemmen geeignet ist, soweit Quartale ab dem 1.1.2000 betroffen sind. Das LSG hat in diesem Zusammenhang nicht übersehen, dass infolge der Änderung des § 106 Abs 5 SGB V durch das GKV-Reformgesetz 2000(BGBl I 1999, 2626) zum 1.1.2000 das antragsgebundene Prüfverfahren durch ein grundsätzlich von Amts wegen einzuleitendes und durchzuführendes Prüfungsverfahren ersetzt worden ist. Für die Verfahren, die nach den in § 106 Abs 2 Satz 1 SGB V normierten Regelprüfmethoden oder ersatzweise nach der Methode des statistischen Kostenvergleichs durchgeführt werden, war ein Prüfantrag nicht mehr Voraussetzung für die Durchführung der Prüfung. Die Neuregelung des § 106 Abs 2 SGB V zum 1.1.2000 hat zwar nicht generell das Antragsrecht der KKn bzw ihrer Verbände beseitigt; soweit jedoch das Verfahren vom PA antragsunabhängig durchzuführen ist, kann ein gleichwohl gestellter Antrag keine besonderen Rechtspflichten der Prüfgremien mehr auslösen. Jedenfalls in dem Bereich der hier betroffenen statistischen Vergleichsprüfung und der Richtgrößenprüfung hat ein allein von Gesetzes wegen nicht erforderlicher Prüfantrag der KKn nicht die Wirkung, die vierjährige Ausschlussfrist zu hemmen. Damit weicht der Senat nicht von der Rechtsprechung ab, die den zitierten Urteilen vom 5.5. und 18.8.2010 zugrunde liegt. Beide Fälle betrafen Konstellationen, in denen ein Prüfantrag der KK ungeachtet der grundsätzlichen Umstellung des Wirtschaftlichkeitsprüfungsverfahrens von einem antragsgebundenen auf ein von Amts wegen durchzuführendes Verfahren weiterhin erforderlich war.

23

Dem Urteil vom 5.5.2010 (SozR 4-2500 § 106 Nr 28)lag ein einzelfallbezogener Prüfantrag einer KK im Hinblick auf die Verordnung eines bestimmten Medikamentes gegenüber einem konkreten Patienten zugrunde. Rechtsgrundlage der Einzelfallprüfung in diesem Fall war § 106 Abs 3 Satz 3 SGB V in der ab 1.1.2000 geltenden Fassung. Danach war in Verträgen durch die Partner iS des Abs 2 Satz 4 auch festzulegen, unter welchen Voraussetzungen Einzelfallprüfungen durchgeführt und pauschale Honorarkürzungen festgesetzt werden können. Für Einzelfallprüfungen im Hinblick auf die Verordnung bestimmter Medikamente kann jedenfalls auch nach der Neufassung des § 106 Abs 5 SGB V schon aus praktischen Gründen auf einen Prüfantrag der KK nicht verzichtet werden. Nur die einzelne KK hat die Möglichkeit, aufgrund der bei ihr vorliegenden Verordnungen und Diagnosen zu beurteilen, ob eine unzulässige Verordnung vorgenommen wurde oder nicht; der im Falle der Unzulässigkeit der Verordnung zu leistende Schadensersatz kommt in diesem Fall auch allein der antragstellenden KK zugute und nicht - wie im Fall von statistischen Vergleichsprüfungen - allen Krankenkassenverbänden nach einem bestimmten Schlüssel. Diese Rechtslage hat der Gesetzgeber durch die Neufassung des § 106 Abs 3 SGB V durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung(GMG vom 14.11.2003, BGBl I 2190) präzisiert. Dort ist nunmehr bestimmt, dass die Vertragspartner vereinbaren müssen, unter welchen Voraussetzungen Einzelfallprüfungen auf Antrag ua einer KK oder der KÄV durchzuführen sind (vgl Engelhard in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: August 2012, K § 106 RdNr 445).

24

Ähnliches gilt für die Konstellation, die dem Senatsurteil vom 18.8.2010 (SozR 4-2500 § 106 Nr 29)zugrunde lag. Dort ging es um die Verordnung von Sprechstundenbedarf, die auf einer Vereinbarung der Vertragspartner über die Verordnung und Prüfung der Wirtschaftlichkeit von Sprechstundenbedarf in der vertragsärztlichen Versorgung beruhte; deren gesetzliche Grundlage ist § 106 Abs 2 Satz 4 SGB V. Auch insoweit sah die Prüfvereinbarung - nicht anders als die Prüfvereinbarung in dem am 5.5.2010 entschiedenen Fall hinsichtlich der Einzelfallprüfung - ein Antragsrecht der KK vor; bei der Verordnung von Sprechstundenbedarf ist dies schon deshalb erforderlich, weil üblicherweise Sprechstundenbedarf zu Lasten einer bestimmten KK für alle Versicherten verordnet wird, die entsprechend auch berechtigt ist, Prüfanträge hinsichtlich der Einhaltung der Vorgaben der Sprechstundenbedarfsvereinbarung und der Wirtschaftlichkeit der Verordnung von Sprechstundenbedarf zu stellen.

25

Soweit ein Prüfantrag kraft Gesetzes Voraussetzung für die Durchführung eines Prüfverfahrens oder auf gesetzlicher Grundlage in der Prüfvereinbarung (neu) vereinbart worden oder von der Sache her unverzichtbar ist, kommt diesem Antrag auch für Quartale nach dem 1.1.2000 ua die Wirkung zu, den Ablauf der Ausschlussfrist für die Festsetzung eines Arzneikostenregresses zu hemmen. Soweit die Wirtschaftlichkeitsprüfung jedoch als Richtgrößenprüfung oder statistische Vergleichsprüfung durchgeführt wird und Quartale betroffen sind, in denen diese Prüfung von Amts wegen durchzuführen ist, gilt das grundsätzlich nicht. Der Senat hat die hemmende Wirkung des Prüfantrags vor allem mit einer entsprechenden Anwendung des Rechtsgedankens des § 204 Abs 1 Nr 12 BGB begründet. Danach hemmt ein "Antrag bei einer Behörde" die Verjährung, "wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt". Der Heranziehung des in dieser Vorschrift enthaltenen Rechtsgedankens auf den Prüfantrag einer KK liegt die Erwägung zugrunde, dass dieser Antrag Voraussetzung dafür war, dass sich das zuständige Prüfgremium mit der Verordnungsweise einer Praxis befassen konnte. Die Basis für eine entsprechende Anwendung dieser Norm ist verlassen, wenn der "Antrag" nur noch eine unverbindliche Anregung an die Prüfgremien enthält, tätig zu werden. In Prüfverfahren, in denen ein Prüfantrag weder gesetzlich bzw gesamtvertraglich vorgeschrieben noch von der Sache her unverzichtbar ist, kann die betroffene KK die Hemmung der Ausschlussfrist nur dadurch zu erreichen versuchen, dass sie Untätigkeitsklage erhebt und darauf dringt, dass der Arzt, dessen Verordnungen sie beanstandet, zum Verfahren beigeladen wird. Auf die tatsächliche Schwäche dieser rechtlichen Gestaltungsmöglichkeit hat der Senat in seiner früheren Rechtsprechung hingewiesen (vgl SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 37 und 45). An dieser Beurteilung hat sich nichts geändert, doch kann das nicht dazu führen, auch einem nicht erforderlichen "Antrag" zu Lasten des Arztes hemmende Wirkung zuzubilligen: damit wäre nach Auffassung des Senats der Rahmen für richterliche Rechtsfortbildung verlassen.

26

Im Übrigen stehen die KKn und ihre Verbände auch abgesehen von der Möglichkeit der Untätigkeitsklage nicht rechtlos dar. Die Prüfgremien unterliegen staatlicher Aufsicht und machen sich bei willkürlicher Verweigerung der Durchführung von Prüfungen der betroffenen KK schadenersatzpflichtig. Den Gremien selbst stehen, soweit sachliche Gründe eine zügige Durchführung der Prüfverfahren hindern, Instrumente zur Verfügung, die Ausschlussfrist zu hemmen (vgl insoweit Senatsurteil vom heutigen Tag im Verfahren B 6 KA 27/11 R). Darauf können (auch) die KKn im Prüfverfahren hinwirken. Soweit im Übrigen die unzureichende personelle Ausstattung der Prüfgremien ursächlich dafür sein sollte, dass selbst die vierjährige Ausschlussfrist, die im Gesetzgebungsverfahren zum GKV-WSG als unzumutbar lang beurteilt worden ist (BT-Drucks 16/3100 S 136), regelmäßig nicht gewahrt werden konnte, sind dafür die Krankenkassenverbände als Partner der Gesamtverträge und Mitträger der Gremien mitverantwortlich.

27

c) Der Senat misst dem Umstand, dass eine Wirtschaftlichkeitsprüfung aus rechtlichen Gründen - etwa wegen eines Streits zwischen KÄV und Krankenkassenverbänden über die Prüfvereinbarung oder die anzuwendende Prüfmethode - nicht durchgeführt werden kann, unter bestimmten Voraussetzungen hemmende Wirkung bei. Das ist im Urteil vom 15.8.2012 - B 6 KA 27/11 R - näher dargelegt. Dieser Aspekt hat hier jedoch keine Bedeutung, weil weder der PA noch die Krankenkassenverbände die Klägerin darüber informiert haben, dass das Prüfverfahren nach der Methode der Durchschnittswertprüfung wegen einer eventuell rechtlich vorrangigen Prüfung nach Richtgrößen zunächst nicht betrieben wird. Unterbleibt eine solche Information der betroffenen Praxis, tritt keine Hemmung ein, auch wenn der Streit um die Prüfmethode tatsächlich eine Rolle gespielt haben sollte (zur Bedeutung einer Information des betroffenen Arztes siehe BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 46).

28

Danach hat das SG im Ergebnis zu Recht den angefochtenen Bescheid des Beklagten wegen des Ablaufs der Ausschlussfrist aufgehoben. Ob es sich darauf hätte beschränken dürfen, den Beklagten zu verpflichten, über den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid des PA unter Beachtung seiner Rechtsauffassung neu zu entscheiden, oder ob es ihn hätte verpflichten müssen, auf den Widerspruch der Klägerin diesen Bescheid aufzuheben, kann auf sich beruhen. Die Klägerin hat das sozialgerichtliche Urteil, soweit es den Beklagten "nur" zur Neubescheidung des Widerspruchs der Klägerin verpflichtet hat, nicht angefochten. Es ist insoweit rechtskräftig geworden.

29

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 1, § 162 Abs 3 VwGO.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.