Bundessozialgericht Urteil, 04. Apr. 2017 - B 4 AS 6/16 R

ECLI:ECLI:DE:BSG:2017:040417UB4AS616R0
bei uns veröffentlicht am04.04.2017

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 29. September 2015 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat den Klägern auch die außergerichtlichen Kosten für das Revisionsverfahren zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren im Wege des Zugunstenverfahrens nach § 44 SGB X höhere Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung (KdUH) nach dem SGB II für die Zeit vom 1.1.2005 bis zum 31.5.2006. Im Streit ist insbesondere, ob eine Nachzahlung von Leistungen auch dann noch zu erfolgen hat, wenn sich Antragsteller nicht mehr im Bezug von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II befinden.

2

Der Kläger zu 1, seine Ehefrau (Klägerin zu 2) und deren gemeinsamer, 2001 geborener Sohn (Kläger zu 3) stellten am 8.10.2004 erstmalig beim Beklagten einen Antrag auf Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II und im Anschluss daran verschiedene Folgeanträge. Die Kaltmiete inklusive Betriebskosten (Bruttokaltmiete) der von den Klägern im streitbefangenen Zeitraum gemeinsam bewohnten Wohnung, die zentral über die Heizungsanlage mit Warmwasser versorgt wurde, betrug 595 Euro. Außerdem zahlten sie für Heizkosten einen Abschlag von monatlich 50 Euro.

3

Mit bindenden Bescheiden vom 12.11.2004 (Bewilligungszeitraum 1.1.2005 bis 31.5.2005), 3.5.2005 (Bewilligungszeitraum 1.6.2005 bis 30.11.2005) und 4.11.2005 (Bewilligungszeitraum 1.12.2005 bis 31.5.2006) gewährte der Beklagte den Klägern für KdUH Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II in Höhe von insgesamt 610 Euro (Kläger zu 1: 203,34 Euro; Klägerin zu 2: 203,32 Euro; Kläger zu 3: 203,34 Euro).

4

Am 14.5.2008 stellten die Kläger Anträge nach § 44 SGB X auf Überprüfung dieser Bescheide mit dem Ziel einer Leistungsnachzahlung, die für die jeweiligen Bewilligungszeiträume erfolglos blieben(Bescheide vom 14.5.2008; Widerspruchsbescheide vom 9.9.2008). Im Verlauf des sich anschließenden Klageverfahrens sind die Kläger zum 1.10.2010 aus dem Leistungsbezug nach dem SGB II ausgeschieden.

5

Das SG hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und den Beklagten unter Änderung der Bescheide vom 12.11.2004, 3.5.2005 und 4.11.2005 verurteilt, den Klägern weitere Leistungen für KdUH zu erbringen, und zwar für die Zeiträume vom 1.1.2005 bis 31.5.2005 dem Kläger zu 1 in Höhe von 30,30 Euro, der Klägerin zu 2 in Höhe von 30,40 Euro und dem Kläger zu 3 in Höhe von 39,65 Euro monatlich, für den Zeitraum vom 1.6.2005 bis 30.11.2005 dem Kläger zu 1 in Höhe von 36,36 Euro, der Klägerin zu 2 in Höhe von 36,48 Euro und dem Kläger zu 3 in Höhe von 47,58 Euro monatlich, sowie für den Zeitraum vom 1.12.2005 bis 31.5.2006 dem Kläger zu 1 in Höhe von 36,36 Euro, der Klägerin zu 2 in Höhe von 36,48 Euro und dem Kläger zu 3 in Höhe von 47,58 Euro monatlich (Urteil vom 25.8.2011).

6

Die in allen drei Verfahren vom LSG zugelassenen Berufungen des Beklagten sind erfolglos geblieben (Urteile des LSG vom 29.9.2015). Zur Begründung seiner Entscheidungen hat das LSG ausgeführt, die Überprüfung eines bereits bestandskräftig gewordenen Verwaltungsakts gemäß § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X erfolge unabhängig davon, ob sich der Antragsteller noch im Leistungsbezug nach dem SGB II befinde. Soweit für den Bereich des Sozialhilferechts das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der fortbestehenden Hilfebedürftigkeit verlangt werde, sei dies auf das Grundsicherungsrecht nach dem SGB II nicht übertragbar. Es würden keine gesonderten Strukturprinzipien für das SGB II gelten. In der Sache habe das SG die von ihm zugesprochenen Zahlungsbeträge zutreffend errechnet. Es habe zu Recht für Kosten der Unterkunft - mangels eines Kostensenkungsverfahrens - die Bruttokaltmiete in tatsächlich gezahlter Höhe berücksichtigt und bei den Heizkosten nach Maßgabe der Rechtsprechung des BSG die Kosten der Warmwasserbereitung abgezogen.

7

Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision - nach Verbindung der drei Nichtzulassungsbeschwerden - macht der Beklagte sinngemäß eine Verletzung von § 44 SGB X iVm dem als Strukturprinzip im SGB II zu berücksichtigenden Aktualitätsgrundsatz geltend. Das Gegenwärtigkeitsprinzip bzw der Aktualitätsgrundsatz sei in allen Existenzsicherungssystemen allgemein anerkannt. Deren Anwendung führe dazu, dass Überprüfungsanträge nach weggefallener Hilfebedürftigkeit erfolglos sein müssten, was im Bereich der Leistungsbewilligung nach dem SGB XII und dem Asylbewerberleistungsgesetz unumstritten sei. Eine unterschiedliche Behandlung würde dem allgemeinen Gleichheitssatz widersprechen.

8

Der Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 29.9.2015 aufzuheben, die Urteile des Sozialgerichts Braunschweig vom 25.8.2011 abzuändern und die Klage vollständig abzuweisen.

9

Die Kläger haben sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Beklagten ist unbegründet und zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG).

11

Zu Recht hat das SG den Beklagten unter Änderung der Bescheide vom 12.11.2004, 3.5.2005 und 4.11.2005 zu weiteren Zahlungen verurteilt und das LSG die Berufungen des Beklagten gegen die Urteile des SG zurückgewiesen, denn es besteht ein Anspruch der Kläger auf teilweise Rücknahme der genannten Bescheide und Nachzahlung von Leistungen für KdUH.

12

1. Streitgegenstand sind neben den vorinstanzlichen Urteilen die Bescheide des Beklagten vom 14.5.2008 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 9.9.2008, soweit durch diese die (teilweise) Rücknahme der bindenden Bescheide vom 12.11.2004, 3.5.2005 und 4.11.2005 abgelehnt und damit gleichzeitig die Gewährung höherer Leistungen für KdUH versagt worden sind. Streitig sind allein weitere Leistungen für KdUH nach § 22 SGB II, weil die Kläger ihr Klagebegehren zulässigerweise hierauf beschränkt haben. Richtige Klageart ist - wie von der Vorinstanz zutreffend erkannt - jeweils die kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs 1, 4 SGG(vgl nur BSG vom 13.2.2014 - B 4 AS 22/13 R - BSGE 115, 126 = SozR 4-1300 § 44 Nr 28, RdNr 11 mwN; BSG vom 12.10.2016 - B 4 AS 37/15 R - RdNr 11, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen). Mit der Anfechtungsklage begehren die Kläger die Aufhebung der eine Rücknahme ablehnenden Verwaltungsakte. Die Verpflichtungsklage ist auf die Erteilung von Bescheiden durch den Beklagen gerichtet, durch die dieser die begehrte Änderung der bindenden Bewilligungsbescheide bewirken soll. Mit der Leistungsklage werden schließlich höhere Leistungen für den streitbefangenen Zeitraum geltend gemacht.

13

2. Rechtsgrundlage für den Anspruch der Kläger ist § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II(hier anwendbar in der insoweit bis zum 31.3.2011 unveränderten Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 - BGBl I 2954) iVm § 44 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei dessen Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind (§ 44 Abs 1 Satz 1 SGB X). Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuchs längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme bzw Antragstellung erbracht (§ 44 Abs 4 SGB X).

14

Die zum 1.4.2011 durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (RBEG) vom 24.3.2011 (BGBl I 453) erfolgte Änderung von § 40 Abs 1 Satz 2 SGB II mit der Beschränkung des in § 44 Abs 4 SGB X genannten Nachzahlungszeitraums von bis zu vier Jahren auf ein Jahr ist nicht anwendbar. § 77 Abs 13 SGB II schließt dies ausdrücklich aus bei Überprüfungsanträgen, die - wie hier der Antrag der Kläger vom 14.5.2008 - bereits vor dem 1.4.2011 gestellt wurden.

15

Die Bescheide vom 12.11.2004, 3.5.2005 und 4.11.2005 waren anfänglich, dh nach der im Zeitpunkt ihrer Bekanntgabe bestehenden Sach- und Rechtslage (vgl BSG vom 1.12.1999 - B 5 RJ 20/98 R - BSGE 85, 151, 153 = SozR 3-2600 § 300 Nr 15), rechtswidrig iS des § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X. Der Beklagte war bei Erlass der genannten Bescheide unzutreffend davon ausgegangen, nur einen Teil der Kosten der Kläger für deren Unterkunft nach § 22 Abs 1 SGB II übernehmen zu müssen, obwohl er sich mangels Durchführung eines Kostensenkungsverfahrens nicht auf die Unangemessenheit der Kosten berufen durfte. Allerdings waren die Heizkosten von 50 Euro, die der Beklagte vollständig in die Leistungsberechnung einbezogen hatte, um die im Regelsatz der Kläger enthaltenen Beträge für die Warmwasseraufbereitung, die zentral erfolgte, zu vermindern (vgl BSG vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 15/07 R - BSGE 100, 94 = SozR 4-4200 § 22 Nr 5). Dadurch sind den Klägern in der Summe Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden, sodass die rechtswidrigen Bescheide vom 12.11.2004, 3.5.2005 und 4.11.2005 insoweit zu ändern und den Klägern die vorenthaltenen Leistungen auch für die Vergangenheit nachzuzahlen sind.

16

Aus der Verweisung in § 40 Abs 1 Satz 2 SGB II(in der vor dem 1.4.2011 geltenden Fassung des Freibetragsneuregelungsgesetzes vom 14.8.2005 - BGBl I 2407) auf § 330 SGB III ergibt sich nichts anderes. Insofern war in § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGG aF(jetzt § 40 Abs 2 Nr 3 SGB II) geregelt, dass die Vorschriften des Dritten Buches über die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Abs 1, 2, 3 Satz 1 und 4 SGB III) entsprechend anwendbar sind. Nach § 330 Abs 1 SGB III ist ein Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des BVerfG oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen, wenn die in § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vorliegen, weil er auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt (erste Alternative) oder in ständiger Rechtsprechung anders als durch die Agentur für Arbeit ausgelegt worden ist (zweite Alternative). Anhaltspunkte für eine abweichende ständige Rechtsprechung zur Auslegung des § 22 SGB II im Sinne der hier allein in Betracht kommenden zweiten Alternative bestehen indes nicht, weil schon eine bundeseinheitliche Verwaltungspraxis(vgl zu den engen Voraussetzungen hierfür BSG vom 21.6.2011 - B 4 AS 118/10 R - BSGE 108, 268 = SozR 4-4200 § 40 Nr 3, RdNr 16 ff mwN) bezogen auf KdUH zum Zeitpunkt der ursprünglichen Verwaltungsentscheidung nicht vorgelegen hat.

17

Im Einzelnen stehen den Klägern demnach, wie vom SG zutreffend berechnet und was zwischen den Beteiligten rechnerisch nicht umstritten ist, weitere KdUH zu, und zwar für den Zeitraum vom 1.1.2005 bis 31.5.2005 dem Kläger zu 1 in Höhe von 30,30 Euro, der Klägerin zu 2 in Höhe von 30,40 Euro und dem Kläger zu 3 in Höhe von 39,65 Euro monatlich, für den Zeitraum vom 1.6.2005 bis 30.11.2005 dem Kläger zu 1 in Höhe von 36,36 Euro, der Klägerin zu 2 in Höhe von 36,48 Euro und dem Kläger zu 3 in Höhe von 47,58 Euro monatlich, sowie für den Zeitraum vom 1.12.2005 bis 31.5.2006 dem Kläger zu 1 in Höhe von 36,36 Euro der Klägerin zu 2 in Höhe von 36,48 Euro und dem Kläger zu 3 in Höhe von 47,58 Euro monatlich.

18

3. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist ein Anspruch der Kläger auf teilweise Rücknahme der Bewilligungsbescheide und Leistungsnachzahlung nicht deshalb ausgeschlossen, weil diese ab Oktober 2010 auf Leistungen nach dem SGB II nicht mehr angewiesen waren und damit Hilfebedürftigkeit nicht durchgehend bis zur letzten Tatsacheninstanz vorgelegen hat.

19

Eine solche - zusätzliche - Anspruchsvoraussetzung lässt sich dem geltenden Recht nicht entnehmen. Der Senat hat bereits entschieden, dass sich aus dem SGB II keine § 40 SGB II iVm § 44 SGB X verdrängenden Besonderheiten iS von § 37 Satz 1 Halbsatz 1 SGB I ergeben, die als "Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches" iS von § 44 Abs 4 SGB X die Rücknahme und Nachzahlung von Sozialleistungen beschränken würden(BSG vom 1.6.2010 - B 4 AS 78/09 R - BSGE 106, 155 = SozR 4-4200 § 22 Nr 36 RdNr 18; kritisch dazu Petersen, ZFSH/ SGB 2011, 19).

20

Solche Besonderheiten hat zwar bisher zur Sozialhilfe und zum Asylbewerberleistungsrecht der für diese Rechtsgebiete zuständige Senat des BSG in ständiger Rechtsprechung angenommen, weil Leistungen der Sozialhilfe nur der Behebung einer gegenwärtigen Notlage dienen würden und deshalb für zurückliegende Zeiten nur dann zu erbringen seien, wenn die Leistungen ihren Zweck noch erfüllen könnten, was wiederum nur der Fall sei, wenn die Bedürftigkeit fortbestehe, also nicht temporär oder auf Dauer entfallen sei (vgl BSG vom 29.9.2009 - B 8 SO 16/08 R - BSGE 104, 213 = SozR 4-1300 § 44 Nr 22; BSG vom 9.6.2011 - B 8 AY 1/10 R - SozR 4-1300 § 44 Nr 22 RdNr 20; zuletzt BSG vom 17.12.2015 - B 8 SO 24/14 R - BSG SozR 4-3500 § 116a Nr 2 RdNr 16 mwN). Doch ist diese Rechtsprechung nicht übertragbar auf den Rechtskreis des SGB II. Schon aus der Ausgestaltung des § 40 SGB II folgt, dass der Gesetzgeber den Berechtigten im SGB II grundsätzlich so stellen wollte, als hätte die Verwaltung von vornherein richtig entschieden. Dem Hilfebedürftigen sollen diejenigen Leistungen zukommen, die ihm nach materiellem Recht zugestanden hätten (sog Restitutionsgedanke, vgl BSG vom 1.6.2010 - B 4 AS 78/09 R - BSGE 106, 155 = SozR 4-4200 § 22 Nr 36, RdNr 18, unter Hinweis auf BSG vom 1.12.1999 - B 5 RJ 20/98 R - BSGE 85, 151, 159 = SozR 3-2600 § 300 Nr 15 und BSG vom 4.2.1998 - B 9 V 16/96 R - BSG SozR 3-1300 § 44 SGB X Nr 24 S 57).

21

Es trifft zwar zu, dass auch die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Allgemeinen von einer aktuellen, nicht anderweitig zu beseitigenden Hilfebedürftigkeit (§ 3 Abs 3 Satz 1, § 9 SGB II) abhängig sind. Anders als etwa die Sozialhilfe nach dem SGB XII werden diese Leistungen aber stets nur auf Antrag (§ 37 SGB II) erbracht. Zudem findet eine Bedarfsdeckung nicht nur wegen eines gegenwärtigen, sondern auch wegen eines prognostischen zukünftigen Hilfebedarfs im Wege der Bewilligung einer Dauerleistung statt, was dadurch zum Ausdruck kommt, dass die Bewilligung der Leistungen nach dem SGB II für einen Zeitraum von früher regelmäßig sechs Monaten (§ 41 Abs 1 Satz 4 SGB II in der Fassung des Vierten Gesetztes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 - BGBl I 2954; ab dem 1.8.2016 beträgt der Bewilligungszeitraum gemäß § 41 Abs 3 Satz 1 SGB II in der Fassung des Neunten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Rechtsvereinfachung - sowie zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vom 26.7.2016 - BGBl I 1824 - sogar ein Jahr) erfolgte. Insofern liegt bereits normativ eine Einschränkung von dem in der Vergangenheit für die Sozialhilfe vertretenen Konzept einer "Nothilfe" vor (BSG vom 1.6.2010 - B 4 AS 78/09 R - BSGE 106, 155 = SozR 4-4200 § 22 Nr 36 RdNr 19).

22

Hinzu kommt der als abschließend anzusehende Verweis in § 40 SGB II auf die Anwendbarkeit der Vorschriften des SGB X sowie die ausdrückliche Bezugnahme auf die in § 330 SGB III für das Arbeitsförderungsrecht geltenden Besonderheiten und nicht auf sozialhilferechtliche Grundsätze(BSG vom 1.6.2010 - B 4 AS 78/09 R - BSGE 106, 155 = SozR 4-4200 § 22 Nr 36 RdNr 19; vgl auch Aubel in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 40 RdNr 8 und 32; Kallert in Gagel, SGB II/SGB III, § 40 SGB II RdNr 2 und 57). Diese normativen Unterschiede in der Regelungskonzeption des SGB II und SGB XII rechtfertigen die von dem Beklagten gerügte Ungleichbehandlung. Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem von dem Beklagten zitierten Urteil des 14. Senats des BSG (vom 9.4.2014 - B 14 AS 23/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 75), das ersichtlich nicht den sogenannten "Aktualitätsgrundsatz" zum Gegenstand hatte, sondern im Hinblick auf § 22 Abs 1 SGB II die Frage, nach welcher Unterbrechungsdauer des Leistungsbezugs bei erneut eintretender Hilfebedürftigkeit von einem neuen Leistungsfall auszugehen ist.

23

Diese Auslegung des § 40 Abs 1 SGB II iVm § 44 SGB X wird bestätigt durch die Materialien zur Änderung des § 40 Abs 1 Satz 2 SGB II durch RBEG vom 24.3.2011 (BGBl I 453). In der Gesetzesbegründung ist die grundsätzliche Anwendbarkeit des § 44 SGB X auch im Recht der Grundsicherung herausgestellt; dessen Ziel sei der Ausgleich zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an Rechtssicherheit und dem Interesse des Leistungsberechtigten an materieller Gerechtigkeit für den Fall, dass eine Verwaltungsentscheidung zum Nachteil des Leistungsberechtigten rechtswidrig war (BT-Drucks 17/3404, S 114). Diese einleitende grundsätzliche Stellungnahme des Gesetzgebers stärkt den Restitutionsgedanken des § 44 SGB X und spricht damit für eine uneingeschränkte Anwendung dieser Vorschrift(so auch Aubel in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 40 RdNr 8 und 32; Kallert in Gagel, SGB II/SGB III, § 40 SGB II RdNr 2 und 57). Zwar ist - worauf der Beklagte seine Auffassung im Wesentlichen stützt - in der weiteren Gesetzesbegründung der "Aktualitätsgrundsatz" ebenfalls erwähnt, allerdings nur als ein allgemeines Ziel der Grundsicherung und Begründung für die vorgesehene Gesetzesänderung im Detail, nämlich die Verkürzung der Frist des § 44 Abs 4 SGB X von vier Jahren auf ein Jahr im Anwendungsbereich des SGB II. Dem Gesetzgeber dürfte zudem die Rechtsprechung zur (eingeschränkten) Anwendung des § 44 Abs 4 SGB X im Sozialhilferecht und die sich hiervon abgrenzende Auffassung des erkennenden Senats bekannt gewesen sein. Vor diesem Hintergrund hätte es nahe gelegen, im SGB II - soweit legislatorisch gewollt - eine entsprechende Beschränkung der Anwendung von § 44 Abs 4 SGB X auf Fälle fortbestehender Hilfebedürftigkeit ausdrücklich - wenigstens klarstellend - zu regeln.

24

Eine Klarstellung der Rechtslage in diesem Sinne ist auch nicht mit den Änderungen des § 40 Abs 1 SGB II zum 1.8.2016 durch das Neunte Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Rechtsvereinfachung - sowie zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vom 26.7.2016 (BGBl I 1824) erfolgt, welche eine zeitliche Einschränkung der allgemeinen Anwendung von § 44 SGB X im Regelungskontext des SGB II vorsieht. In den Gesetzesmaterialien hierzu findet sich zwar der ausdrückliche Hinweis auf das zu wahrende angemessene Verhältnis zwischen dem Rechtsschutzinteresse des Betroffenen und dem Verwaltungsaufwand der Leistungsträger (BT-Drucks 18/8909 S 33). Aus dem Recht der Fürsorgeleistungen abzuleitende Strukturprinzipien oder Grundsätze werden dagegen nicht erwähnt.

25

Stattdessen ist bereits zum 1.4.2011 durch das RBEG mit § 116a SGB XII für das Recht der Sozialhilfe mit der gleichen Begründung eine Regelung geschaffen worden, die dem neuen § 40 Abs 1 Satz 2 SGB II entspricht(vgl BT-Drucks 17/3404, S 129). § 116a SGB XII ist zudem zum 1.1.2017 durch das Gesetz vom 26.7.2016 (BGBl I 1824) gleichlautend wie § 40 Abs 1 Satz 2 SGB II und wiederum mit gleicher Begründung geändert worden(BT-Drucks 18/8909 S 37), was insgesamt durchaus auf eine Angleichung des Sozialhilferechts an das SGB II gedeutet werden könnte. Eine Entscheidung des für das Recht der Sozialhilfe zuständigen 8. Senats des BSG zur Frage, ob dieser an seiner Rechtsprechung zur Anwendung des § 44 Abs 4 SGB X auch unter Geltung des § 116a SGB XII weiter festhält(für eine Aufgabe dieser Rechtsprechung plädiert mit beachtlichen Gründen Coseriu in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl 2014, § 18 RdNr 48; aA Greiser/Eicher in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl 2014, § 116a RdNr 24), steht noch aus.

26

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

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Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 29. Juli 2014 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Ger

Bundessozialgericht Urteil, 09. Apr. 2014 - B 14 AS 23/13 R

bei uns veröffentlicht am 09.04.2014

Tenor Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 28. Februar 2013 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 13. Feb. 2014 - B 4 AS 22/13 R

bei uns veröffentlicht am 13.02.2014

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 26. März 2013 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 09. Juni 2011 - B 8 AY 1/10 R

bei uns veröffentlicht am 09.06.2011

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 17. Mai 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Geric

Bundessozialgericht Urteil, 01. Juni 2010 - B 4 AS 78/09 R

bei uns veröffentlicht am 01.06.2010

Tatbestand 1 Streitig ist die Höhe von Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem SGB II in der Zeit vom 1.7.2006 bis 31.12.2006.

Referenzen

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision ebenfalls zurückzuweisen.

(2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundessozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverweisen, welches das angefochtene Urteil erlassen hat.

(3) Die Entscheidung über die Revision braucht nicht begründet zu werden, soweit das Bundessozialgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 202 in Verbindung mit § 547 der Zivilprozeßordnung und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(4) Verweist das Bundessozialgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Landessozialgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Landessozialgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht anhängig geworden wäre.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 26. März 2013 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Überprüfung und Rücknahme aller Bescheide über die Gewährung, Aufhebung und Erstattung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende für den Zeitraum seit Januar 2006.

2

Der 1973 geborene Kläger bezog seit Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Auf den Antrag des anwaltlich vertretenen Klägers vom 28.7.2010, sämtliche bestandskräftige Bescheide seit dem 1.1.2006 "auf ihre Rechtmäßigkeit" zu überprüfen, forderte der Beklagte ihn unter Fristsetzung bis zum 15.8.2010 auf, eine detaillierte Aufstellung der angefochtenen Bescheide vorzulegen. Eine Überprüfung des Sachverhaltes werde ansonsten nicht vorgenommen. Nachdem keine Reaktion erfolgt war, lehnte der Beklagte eine Prüfung der Bescheide ab (Bescheid vom 16.8.2010; Widerspruchsbescheid vom 11.10.2010).

3

Im sozialgerichtlichen Verfahren hat der Kläger vorgetragen, in den Bewilligungsbescheiden vom 23.11.2005, 12.6.2006, 14.12.2006, 29.5.2007, 26.11.2007, 2.6.2008 und 24.11.2008 seien die Kosten für Unterkunft und Heizung falsch ermittelt, der Beklagte habe den Abzug der Kosten für die Warmwasseraufbereitung unrichtig vorgenommen. Im August 2006 müsse eine Nachforderung aus einer Betriebskostenabrechnung in Höhe von 108,36 Euro berücksichtigt werden. Gleiches gelte für die Betriebskostenabrechnungen für das Jahr 2006 (Bescheid vom 22.6.2007) und für das Jahr 2007 (Bescheid vom 8.5.2008). Der Beklagte habe jeweils einen zu geringen Betrag berücksichtigt.

4

Das SG hat die Klage teilweise als unzulässig zurückgewiesen, im Übrigen als unbegründet abgewiesen (Urteil vom 15.3.2011). Soweit die Klagebegründung einen erneuten Überprüfungsantrag beinhalte, fehle es an einem ordnungsgemäßen Vorverfahren. Im Übrigen handele es sich bei der in § 44 SGB X vorgesehenen Korrekturmöglichkeit um eine Einzelfallprüfung. Ein "globaler" Überprüfungsantrag werde von der Norm nicht erfasst.

5

Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 26.3.2013). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf eine schranken- und voraussetzungslose Sach- und Rechtsprüfung der seit Januar 2006 erlassenen Bescheide. Aus dem Wortlaut und der Systematik ergebe sich, dass jeweils nur ein Anspruch auf Überprüfung einzelner Verwaltungsentscheidungen, nicht auf ein ggf umfangreiches Verwaltungshandeln über einen mehrjährigen Zeitraum bestehe. Für den Bereich des SGB II habe der Gesetzgeber die Bedeutung der Rechtssicherheit mit Wirkung zum 1.4.2011 weiter hervorgehoben und durch eine Ergänzung in § 40 Abs 1 S 2 SGB II die Rückwirkung auf ein Jahr begrenzt. Zudem werde das Leistungsverhältnis Bürger - Behörde im Bereich des SGB II schon materiell-rechtlich, dh aufgrund des Gegenstandes und des Normprogramms, durch Veränderungen in der Lebenswirklichkeit der Betreffenden ungleich mehr als im Sozialrecht sonst üblich geprägt. Im Interesse einer funktionsfähigen Verwaltung erfahre § 44 SGB X daher im SGB II eine Einschränkung. Unter Beachtung dieser Grundsätze folge aus dem Antrag des Klägers keine Pflicht zur Überprüfung von Bescheiden in der Sache, weil er diese bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens nicht benannt habe. Soweit er mit seiner Klagebegründung die zu überprüfenden Bescheide des Beklagten und Gründe für die aus seiner Sicht rechtswidrigen Regelungen benannt habe, sei zwar bei der Beurteilung von Bescheiden im Überprüfungsverfahren bei einer zulässigen Anfechtungs- und Verpflichtungsklage der für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgebliche Zeitpunkt derjenige der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz. Hänge das Überprüfungsbegehren aber von Mitwirkungsobliegenheiten im Verwaltungsverfahren ab, seien Gerichte nicht verpflichtet, auf die Nachholung der schon bestehenden Mitwirkungsobliegenheit die nunmehr konkret benannten Bescheide erstmals zu überprüfen.

6

Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, es sei kein plausibler Grund dafür ersichtlich, warum eine Überprüfung "sämtlicher" erlassener Bescheide des Beklagten nur dann möglich sein solle, wenn der Antragsteller diese nochmals aufliste. Da der Überprüfungsantrag ausschließlich auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung gestützt worden sei, bedürfe es keiner weiteren Darlegungen.

7

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 26. März 2013 aufzuheben, das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 15. März 2011 abzuändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 16. August 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2010 zu verpflichten, die Bescheide vom 23. November 2005, 12. Juni 2006, 14. Dezember 2006, 29. Mai 2007, 22. Juni 2007, 26. November 2007, 8. Mai 2008, 2. Juni 2008 und 24. November 2008 teilweise zurückzunehmen und dem Kläger für die in den Bescheiden geregelten Bewilligungszeiträume höhere Leistungen nach dem SGB II zu gewähren.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er bezieht sich auf das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist zulässig, jedoch unbegründet.

11

1. Streitgegenstand ist die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Zeitraum vom 1.1.2006 bis 30.6.2009, als dies durch die im Antrag bezeichneten Bescheide des Beklagten geschehen ist. Richtige Klageart ist hier eine kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (zuletzt BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 17/13 R - SozR 4-1500 § 192 Nr 2 RdNr 4; BSG Urteil vom 28.2.2013 - B 8 SO 4/12 R - RdNr 9; vgl auch Baumeister in juris-PK SGB X, § 44 RdNr 154, Stand 4/2013; Steinwedel in Kasseler Kommentar, § 44 SGB X RdNr 30, Stand 09/2013 mwN; Waschull in LPK-SGB X, 3. Aufl 2011, § 44 RdNr 59; aA in einem obiter dictum: BSGE 97, 54 = SozR 4-2700 § 8 Nr 18, jeweils RdNr 9; wohl auch Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IV RdNr 76). Der Kläger begehrt mit der Anfechtungsklage die Aufhebung des - die Überprüfung der zuvor benannten Bescheide ablehnenden - Verwaltungsakts vom 16.8.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.10.2010. Die Verpflichtungsklage ist auf die Erteilung eines Bescheids durch den Beklagen gerichtet, mit dem dieser die begehrte Änderung der bezeichneten Bewilligungsbescheide bewirkt. Mit der Leistungsklage beantragt er die Erbringung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im streitigen Zeitraum.

12

2. Der Beklagte hat es hier rechtlich zutreffend abgelehnt, eine inhaltliche Überprüfung der benannten Verwaltungsakte nach § 44 SGB X vorzunehmen. Es mangelt bereits an einem hinreichend objektiv konkretisierbaren Antrag im Sinne dieser Vorschrift.

13

a) Nach § 40 Abs 1 S 1 SGB II iVm § 44 Abs 1 S 1 SGB X ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Erfolgt die Überprüfung aufgrund eines Antrags des Leistungsberechtigten, löst dieser Antrag zwar grundsätzlich eine Prüfpflicht des Leistungsträgers aus. Der Antrag bestimmt jedoch zugleich auch den Umfang des Prüfauftrags der Verwaltung im Hinblick darauf, ob bei Erlass des Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden ist. Aufgrund oder aus Anlass des Antrags muss sich der Verwaltung im Einzelfall objektiv erschließen, aus welchem Grund - Rechtsfehler und/oder falsche Sachverhaltsgrundlage - nach Auffassung des Leistungsberechtigten eine Überprüfung erfolgen soll. Dazu muss der Antrag konkretisierbar sein, dh entweder aus dem Antrag selbst - ggf nach Auslegung - oder aus einer Antwort des Leistungsberechtigten aufgrund konkreter Nachfrage des Sozialleistungsträgers muss der Umfang des Prüfauftrags für die Verwaltung bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens erkennbar werden. Ist dies nicht der Fall, ist der Sozialleistungsträger berechtigt, von einer inhaltlichen Prüfung dieses Antrags abzusehen. Diese Begrenzung des Prüfauftrags der Verwaltung wird durch den Wortlaut, die Gesetzesbegründung sowie den Sinn und Zweck des § 44 SGB X gestützt.

14

b) Nach dem Wortlaut von § 44 Abs 1 S 1 SGB X soll "im Einzelfall" eine Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes - sei es ein rechtswidriger belastender Verwaltungsakt, mit dem Leistungen ganz oder teilweise abgelehnt worden sind, sei es ein Rückforderungsbescheid(vgl Voelzke/Hahn, SGb 2012, 685, mwN) - erfolgen. Hieraus hat der erkennende Senat geschlossen, dass dann, wenn nicht ein einzelner oder mehrere konkrete, ihrer Zahl nach bestimmbare Verfügungssätze von Verwaltungsakten, sondern das Verwaltungshandeln - ohne jede Differenzierung - insgesamt zur Überprüfung durch die Verwaltung gestellt wird, keine Prüfung im Einzelfall begehrt wird. Trotz des Vorliegen eines "Antrags" löst ein solches Begehren bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift noch keine inhaltliche Prüfpflicht des Sozialleistungsträgers aus (BSG Beschluss vom 14.3.2012 - B 4 AS 239/11 B - juris-RdNr 6).

15

c) Eine Entbindung von der inhaltlichen Prüfung setzt allerdings voraus, dass der Sozialleistungsträger "den Einzelfall", also die konkreten Inhalte eines bestimmten Bescheides, die zur Überprüfung gestellt werden sollen, bei objektiver Betrachtung nicht ermitteln kann. Ein Prüfanliegen "im Einzelfall" ist daher zu bejahen, wenn entweder eine bestimmte Fragestellung tatsächlicher oder rechtlicher Natur oder eine konkrete Verwaltungsentscheidung benannt wird. Auch bei einem Antrag nach § 44 SGB X hat die Verwaltung den Untersuchungsgrundsatz des § 20 SGB X zu beachten. Insofern kann es - je nach den konkreten Umständen der Antragstellung - erforderlich sein, dass der Träger auf eine Konkretisierung des Überprüfungsbegehrens durch den Leistungsberechtigten iS des § 21 Abs 2 S 1 SGB X hinwirkt. In welchem Umfang der Leistungsträger seiner Amtsermittlungspflicht nachzukommen hat, beurteilt sich jedoch nach Lage des Einzelfalls. Als Kriterium für den Umfang der Amtsermittlungspflicht des SGB II-Trägers ist beispielsweise zu berücksichtigen, ob der Leistungsberechtigte (mit juristischem Sachverstand) vertreten oder unvertreten ist oder ob sich aus vorangegangenen Kontakten zwischen ihm und der Verwaltung Anhaltspunkte für das Begehren des Antragstellers ergeben. Auch kann von Bedeutung sein, in welchem Gesamtkontext ein Überprüfungsantrag gestellt wird. Wenn - jedoch wie im vorliegenden Fall - auch auf Nachfrage des SGB II-Trägers bei dem Rechtsanwalt der Antragstellerin keine Angaben gemacht werden, die eine Konkretisierung für den Einzelfall ermöglichen, sondern weiter pauschal auf die Überprüfung sämtlicher Bescheide verwiesen wird, ist der Sozialleistungsträger objektiv nicht in der Lage, seinen Prüfauftrag zu bestimmen. In diesem Sinne wird auch in dem Entwurf zur Begründung des § 42 SGB X (heute § 44 SGB X) darauf hingewiesen, Voraussetzung für die Rücknahme solle sein, dass der Behörde im Einzelfall die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes bekannt werde(BT-Drucks 8/2034, S 34). Der Sozialleistungsträger muss also zumindest in die Lage versetzt werden, bestimmen zu können, welcher Verwaltungsakt rechtswidrig sein könnte. Dies war hier bis zur Erteilung des Widerspruchsbescheides nicht der Fall.

16

d) Es genügt nicht, wenn der Leistungsberechtigte - wie hier - eine Nachbesserung des bis dahin unbestimmten und nicht objektiv konkretisierbaren Antrags erst im Klageverfahren vornimmt. Für die Beurteilung, ob die formellen Erfordernisse eines solchen Antrags vorliegen, der überhaupt erst eine Prüfpflicht des Leistungsträgers auslöst, ist auf die zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung zu diesem Überprüfungsantrag vorgetragenen tatsächlichen und/oder rechtlichen Anhaltspunkte abzustellen.

17

Soweit das LSG mit Hinweis auf eine Entscheidung des 5. Senats des BSG (Urteil vom 25.1.2011 - B 5 R 47/10 R - RdNr 12) für die Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunkts zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Überprüfungsverfahren im Ansatz davon ausgegangen ist, dass dies derjenige der letzten mündlichen Verhandlung sei, handelte es sich bei der Entscheidung des 5. Senats um eine andere Ausgangslage. In dem dortigen Verfahren war umstritten, ob konkrete "Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden" sind. Ob diese neben der Antragsstellung zu beachtende (weitere) Rücknahmevoraussetzung erfüllt ist, kann sich nach der materiellen Rechtslage richten, die im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Überprüfungsentscheidung gilt. Insofern ist neues Recht und auch erstmaliges Vorbringen der Beteiligten im Klageverfahren hierzu nach der Entscheidung des 5. Senats des BSG zu berücksichtigen, wenn das neue Recht das streitige Rechtsverhältnis nach seinem Geltungswillen "mit Rückwirkung" erfassen soll. Vorliegend fehlt es jedoch bereits an der vorrangig zu prüfenden verfahrensrechtlichen Voraussetzung für ein (Wieder)Aufleben ("Ingangbringen") der Prüfverpflichtung des Sozialleistungsträgers nach § 44 SGB X.

18

e) Ohne Bedeutung für die hier behandelte Fallgestaltung des nicht einzelfallbezogenen Antrags ist es, dass nach der Rechtsprechung des 4. Senats des BSG eine Einschränkung im Verfahren nach § 44 SGB X unter Rückgriff auf § 51 Abs 1 VwVfG vorgenommen werden darf mit der Folge einer gestuften Prüfungsverpflichtung bei einem "unrichtigen Sachverhalt"(BSGE 88, 75 = SozR 3-2200 § 1265 Nr 20). Nicht einschlägig ist hier auch die Rechtsprechung des 9. Senats des BSG, der eine Prüfpflicht nur dann annehmen will, wenn Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit des der früheren Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalts vorhanden sind (BSGE 63, 33 = SozR 1300 § 44 Nr 33). Wird das Verwaltungshandeln umfassend zur Überprüfung gestellt, mangelt es bereits an einem konkreten Anlass zum Eintritt in die zuvor aufgezeigten "Prüfstadien". Bereits auf der davor liegenden Stufe fehlt es an Hinweisen, wie sich der Prüfumfang bestimmen soll, wenn - wie hier - auch auf Nachfrage bei dem Leistungsberechtigten keine weiteren Angaben gemacht werden. Gleiches gilt, wenn sich die Rechtswidrigkeit aus einer unrichtigen Anwendung des Rechts ergeben soll. Nach Auffassung des 2. Senats des BSG soll zwar im Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X auch ohne neues Vorbringen des Antragstellers immer eine Prüfverpflichtung bestehen, ob bei Erlass des bindend gewordenen Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt wurde(BSGE 97, 54 = SozR 4-2700 § 8 Nr 18, RdNr 12). Dies setzt jedoch voraus, dass die Verwaltung überhaupt "einzelfallbezogen" erkennen kann, welcher Bescheid zu überprüfen ist. Ansonsten kann sie bereits den Gegenstand der Prüfung nicht bestimmen und nicht dem Sinn und Zweck des § 44 SGB X entsprechend handeln.

19

f) Ziel des § 44 SGB X ist es, die Konfliktsituation zwischen der Bindungswirkung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes und der materiellen Gerechtigkeit zu Gunsten letzterer aufzulösen(BSG SozR 3-1300 § 44 Nr 24, juris-RdNr 16; Merten in Hauck/Noftz, SGB X, K § 44 RdNr 2, Stand XII/12; Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2013, § 44 RdNr 2, vor 44-49, RdNr 1; Steinwedel in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 44 SGB X RdNr 2, Stand IX/2013; Waschull in LPK-SGB X, 3. Aufl 2011, vor §§ 44-51 RdNr 13; vgl auch Voelzke/Hahn, SGb 2012, 685). Eine Konfliktlösung in diesem Sinne ist der Verwaltung jedoch nur möglich, wenn ihr "der Konflikt" bekannt ist. Insoweit besteht kein Unterschied zwischen der Situation der Einleitung eines Überprüfungsverfahrens durch einen Antrag des Leistungsberechtigten oder der Verpflichtung der Verwaltung zur Überprüfung von Amts wegen (§ 44 Abs 3 S 2 und 3 SGB X). Der Maßstab zur Bestimmung des Prüfumfangs ist gleich. Im Rahmen der Überprüfung von Amts wegen ist die Verwaltung nach ständiger Rechtsprechung des BSG nicht verpflichtet, die Akten von sich aus auf Rücknahmemöglichkeiten durchzuarbeiten. Es müssen sich vielmehr konkret in der Bearbeitung eines Falles Anhaltspunkte für eine Aufhebung ergeben (vgl BSG Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VH 1/07 R - juris-RdNr 48; BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 23, juris-RdNr 24 f; s auch Baumeister in jurisPK-SGB X, § 44 SGB X, RdNr 133, Stand 4/2013; Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2013, § 44 RdNr 39; Steinwedel in Kasseler Kommentar, § 44 SGB X, RdNr 24, Stand IX/2013). Anderenfalls würde der Verwaltung die Verpflichtung auferlegt, ihr bindend gewordenes Verwaltungshandeln "ins Blaue hinein" zu überprüfen. Auch bei einer Überprüfung auf Antrag ist die Verwaltung daher nicht gehalten, die Akten von Amts wegen durchzuarbeiten, um eine mögliche Rechtswidrigkeit aufzudecken. Sie kann sich vielmehr - in einer Situation wie der vorliegenden - unter dem Hinweis auf fehlende Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit nicht näher bezeichneter Ausgangsbescheide darauf stützen, es sei nicht erkennbar, dass das Recht unrichtig angewandt oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei und die erneute inhaltliche Prüfung ablehnen. Damit wird sowohl der materiellen Gerechtigkeit als auch der Bindungswirkung Rechnung getragen, ohne die materielle Gerechtigkeit durch eine Zugunstenentscheidung für den Leistungsberechtigten im Einzelfall hinter die Bindungswirkung zurücktreten zu lassen.

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g) Unerheblich für die Bestimmung des Umfangs der Prüfpflicht des Leistungsträgers ist hingegen, dass es sich hier um einen Antrag auf Überprüfung eines Bescheides aus dem Leistungsbereich des SGB II handelt. Die den dortigen Leistungsvoraussetzungen geschuldete Häufigkeit der Änderungen der Leistungshöhe und der damit verbundenen erneuten Bescheiderteilung bilden keinen Anlass von anderen Sozialleistungsbereichen abweichende Maßstäbe für die Voraussetzungen der Überprüfung einer Verwaltungsentscheidung nach § 44 SGB X aufzustellen. § 40 Abs 1 SGB II enthält nur eine Begrenzung hinsichtlich der rückwirkenden Erbringung von SGB II-Leistungen nach § 44 Abs 4 SGB X, nicht jedoch abweichende Grundsätze für die vorangehenden Prüfungsschritte des § 44 SGB X(vgl in diesem Zusammenhang auch BSGE 106, 155 = SozR 4-4200 § 22 Nr 36).

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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 23. Juli 2015 - L 7 AS 546/14 - wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig sind höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in der Zeit vom 1.1.2006 bis 31.12.2010.

2

Der Beklagte bewilligte dem 1959 geborenen Kläger, der seit 1.10.2005 durchgehend ein Gewerbe mit An- und Verkauf von Flohmarktartikeln, Computern sowie einen Ebay-Handel betreibt, vom 1.10.2005 bis 1.2.2011 SGB II-Leistungen, zuletzt ab 1.12.2010 (Bescheid vom 22.11.2010; Widerspruchsbescheid vom 8.3.2011). Der Kläger ist geschieden und Vater eines Kindes, das bei der Mutter lebt. Seit Mai 2008 tilgt er Rückstände wegen Zahlungen von Unterhaltsvorschussleistungen, in der Zeit vom 1.1.2006 bis 30.9.2008 mit einer Rate in Höhe von monatlich 100,00 Euro. Seit Juni 2009 erbringt er zusätzlich wegen aufgelaufener Schulden aus Unterhaltsverpflichtungen gegenüber seiner ehemaligen Frau Raten zu 50,00 Euro monatlich. Zeitweise erfolgten Zahlungen auf den laufenden, titulierten Kindesunterhalt.

3

Mit den beiden Überprüfungsanträgen vom 15.12.2010 und 15.3.2011, jeweils "für die Zeit ab 01.01.2006", führte der Kläger aus, seine Unterhaltsverpflichtungen bzw Unterhaltszahlungen an die minderjährige Tochter und die ehemalige Ehefrau seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Diese Anträge lehnte der Beklagte ab. Zahlungen auf laufenden Kindesunterhalt seien zugrunde gelegt worden; solche auf Unterhaltsrückstände seien nicht vom Einkommen abzusetzen (Bescheid vom 4.8.2011; Widerspruchsbescheid vom 20.1.2012).

4

Bezugnehmend auf ein Urteil des SG Augsburg vom 13.3.2012, nach dessen Inhalt für den Zeitraum vom 1.5.2008 bis 30.11.2009 wegen Tilgung von Unterhaltschulden höhere SGB II-Leistungen erbracht werden sollten, beantragte der Kläger am 8.5.2012 erneut die Überprüfung "betreffend sämtlicher Bewilligungsbescheide ab 2006 bis einschließlich Ende 2010." Dies lehnte der Beklagte mit dem Hinweis ab, dass eine Überprüfung nur für maximal ein Jahr zurückliegende Bescheide möglich sei. Frühere Bewilligungszeiträume könnten nicht über den Umweg des Überprüfungsbescheids Gegenstand eines erneuten Verfahrens werden (Bescheid vom 9.5.2012; Widerspruchsbescheid vom 6.6.2012).

5

Das SG hat den Bescheid des Beklagten vom 9.5.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.6.2012 teilweise aufgehoben und ihn verpflichtet, den (letzten) Bewilligungsbescheid vom 22.11.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8.3.2011 abzuändern und dem Kläger für Januar 2011 höhere Leistungen zu bewilligen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen (Urteil vom 16.6.2014). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, in den rückwirkenden Zeitraum der Überprüfung von einem Jahr falle auch der Überprüfungsbescheid vom 4.8.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.1.2012, weshalb alle Zeiträume, die im Rahmen dieses Bescheids zu überprüfen gewesen seien, nochmals zu prüfen seien, also alle Bewilligungsbescheide, die nach dem 1.1.2007 ergangen seien. Bis auf die Bewilligung von SGB II-Leistungen für Januar 2011 seien diese Bescheide rechtmäßig gewesen. Im Januar 2011 sei aber eine Zahlung auf laufenden, titulierten Kindesunterhalt nicht einkommensmindernd berücksichtigt worden. Auch wegen eines höheren Regelbedarfs hätten dem Kläger im Januar 2011 höhere Leistungen von insgesamt 841,76 Euro zugestanden.

6

Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 23.7.2015). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, nach dem Berufungsantrag sei Streitgegenstand ein Anspruch auf höhere SGB II-Leistungen für den Zeitraum vom 1.1.2006 bis 31.12.2010. Diesen Anspruch verfolge der Kläger prozessual zum einen dadurch, dass er Nichtigkeitsfeststellungsklagen bezüglich des Überprüfungsbescheids vom 4.8.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.1.2012 (basierend auf den Anträgen vom 15.12.2010 und 15.3.2011) und des Bescheids vom 9.5.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.6.2012 (Antrag vom 8.5.2012) sowie sämtlicher im Bewilligungszeitraum vom 1.1.2006 bis 31.12.2010 ergangenen Bescheide erhebe. Zum anderen begehre der Kläger im Wege der Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage höhere Leistungen nach dem SGB II. Streitgegenstand sei hier allein der Überprüfungsbescheid vom 9.5.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.6.2012. Zwar sei die Klage trotz fehlenden vorherigen Antrags auf Feststellung der Nichtigkeit des Bescheids vom 4.8.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.1.2012 bei dem Beklagten zulässig; auch ein Feststellungsinteresse könne bejaht werden. Die Nichtigkeitsfeststellungsklage gegen diesen Bescheid sei jedoch unbegründet, weil Nichtigkeitsgründe nicht ersichtlich seien. Die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Überprüfungsbescheids vom 9.5.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.6.2012 sei unzulässig, weil der Kläger insoweit innerhalb der Rechtsmittelfrist eine Klage erhoben habe. Die Nichtigkeitsfeststellungsklage bezogen auf sämtliche Bewilligungsbescheide des Zeitraums vom 1.1.2006 bis 31.12.2010 sei ebenfalls unzulässig, weil ein Begünstigter kein Interesse an einer Beseitigung der Rechtsgrundlage für die erhaltenen Leistungen mit einer möglichen Erstattungsforderung des Leistungsträgers haben könne. Soweit der Kläger mit seiner Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage eine Überprüfung der in der Zeit vom 1.1.2006 bis 31.12.2010 bewilligten Leistungen begehre, sei dies unbegründet. Der Antrag vom 8.5.2012 wirke nur ein Jahr, also auf den 1.1.2011, zurück. Es bedürfe keiner Entscheidung des Beklagten darüber, ob dem Kläger bis Dezember 2010 Leistungen vorenthalten worden seien.

7

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 40 SGB X. Der Sachbearbeiter des Beklagten habe durch die unzutreffende Bewilligung von SGB II-Leistungen bewusst in Kauf genommen, dass er - der Kläger - sich einer Unterhaltspflichtverletzung strafbar mache. Die Regelung des § 40 Abs 2 Nr 4 SGB X sei so zu verstehen, dass die Begehung einer rechtswidrigen Tat durch die Behörde auch dann verlangt werde, wenn durch Nichtanrechnung von Unterhaltsleistungen auf das erzielte Einkommen billigend in Kauf genommen werde, dass der Sozialleistungsempfänger seinen Unterhaltsverpflichtungen nicht nachkommen könne. Werde die Nichtigkeit der Bescheide festgestellt, die den Bewilligungszeitraum vom 1.1.2006 bis 31.12.2010 regelten, müsse jeweils erneut über die Leistungsanträge entschieden werden. Der Überprüfungsbescheid vom 4.8.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 20.1.2012 sei auch bezogen auf den Zeitraum vom 1.1.2006 bis 31.12.2010 erneut zu überprüfen, weil er diesen Bescheid innerhalb der Frist des § 40 Abs 1 S 2 SGB II zur Überprüfung gestellt habe. Hierbei müsse das Gericht zu dem Ergebnis gelangen, dass die von ihm nachgewiesenen Zahlungen auf Unterhaltsrückstände, die nach dem UVG bestünden, einkommensmindernd zu berücksichtigen seien. Diese seien nur deshalb entstanden, weil seine Unterhaltszahlungen nicht einkommensmindernd berücksichtigt worden seien, sodass diese letztlich durch den Beklagten verursacht seien.

8

Der Kläger beantragt,
1. das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 23.7.2015 und das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 16.6.214 werden aufgehoben und die Nichtigkeit des Überprüfungsbescheids vom 4.8.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.1.2012 und des Überprüfungsbescheids vom 9.5.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.6.2012 sowie aller im Bewilligungszeitraum vom 1.1.2006 bis 31.12.2010 ergangenen Verwaltungsakte festgestellt,
2. der Beklagte wird unter Aufhebung des Urteils des Bayerischen Landessozialgerichts vom 23.7.2015 und Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 16.6.2014 verurteilt, die Bewilligungsbescheide für die Zeit ab 1.1.2006 bis einschließlich 31.12.2010 aufzuheben, neu zu entscheiden und dem Kläger Leistungen für diesen gesamten Zeitraum unter Anrechnung seiner Unterhaltszahlungen, auch soweit es sich um die Tilgung titulierter Unterhaltsrückstände handelt, zu bewilligen.

9

Der Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

1. Die Revision des Klägers ist zulässig.

11

2. a) Sein Begehren ist zunächst darauf gerichtet, durch die Aufhebung des ablehnenden Überprüfungsbescheides vom 9.5.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.6.2012 eine Überprüfung sämtlicher Bewilligungsbescheide für den Zeitraum ab 1.1.2006 bis 31.12.2010 zu erreichen. Richtige Klageart ist insoweit eine kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (zuletzt BSG Urteil vom 13.2.2014 - B 4 AS 22/13 R - BSGE 115, 126 = SozR 4-1300 § 44 Nr 28, RdNr 11 mwN). Mit der Anfechtungsklage begehrt der Kläger die Aufhebung des - die Überprüfung ablehnenden - Verwaltungsakts vom 9.5.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.6.2012. Die Verpflichtungsklage ist auf die Erteilung eines Bescheids durch den Beklagen gerichtet, mit dem dieser die begehrte Änderung der Bewilligungsbescheide für die Jahre 2006 bis 2010 bewirken soll. Mit der Leistungsklage beantragt er höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im streitigen Zeitraum.

12

b) Die Revision ist jedoch insoweit unbegründet, weil das LSG die Berufung des Klägers im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen hat (§ 170 Abs 1 S 2 SGG). Dies folgt allerdings nicht bereits daraus, dass es schon an einem hinreichend konkretisierten Antrag iS des § 44 SGB X mangelte.

13

Nach § 40 Abs 1 S 1 SGB II iVm § 44 Abs 1 S 1 SGB X ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Erfolgt die Überprüfung aufgrund eines Antrags des Leistungsberechtigten, löst dieser Antrag grundsätzlich eine Prüfpflicht des Leistungsträgers aus, bestimmt jedoch zugleich auch den Umfang des Prüfauftrags der Verwaltung im Hinblick darauf, ob bei Erlass des Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden ist. Insofern hat der Senat bereits entschieden, dass sich der Verwaltung aufgrund oder aus Anlass des Antrags im Einzelfall objektiv erschließen muss, aus welchem Grund - Rechtsfehler und/oder falsche Sachverhaltsgrundlage - nach Auffassung des Leistungsberechtigten eine Überprüfung erfolgen soll. Dazu muss der Antrag konkretisierbar sein. Entweder aus dem Antrag selbst (ggf nach Auslegung) oder aus einer Antwort des Leistungsberechtigten aufgrund konkreter Nachfrage des Sozialleistungsträgers muss der Umfang des Prüfauftrags für die Verwaltung bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens erkennbar werden. Ist dies nicht der Fall, ist der Sozialleistungsträger berechtigt, von einer inhaltlichen Prüfung dieses Antrags abzusehen (vgl hierzu näher zuletzt BSG Urteil vom 13.2.2014 - B 4 AS 22/13 R - BSGE 115, 126 = SozR 4-1300 § 44 Nr 28, RdNr 13 ff mwN).

14

Trotz fehlender Bezeichnung der im Einzelnen aus Sicht des Klägers im Wege des § 44 SGB X zu korrigierenden Bewilligungsbescheide im Sinne seines Antrags auf Überprüfung vom 8.5.2012 mangelt es nicht schon an einem hinreichend objektiv konkretisierbaren Antrag iS des § 44 SGB X, der eine inhaltliche Prüfverpflichtung des SGB II-Trägers von vornherein entfallen ließe. Der Umfang des Prüfauftrags war für den Beklagten erkennbar, weil der Kläger konkret vorgetragen hat, für welchen Zeitraum er die Berücksichtigung seiner rückständigen Unterhaltsverpflichtungen als Absetzbetrag vom Einkommen bzw als "besonderen Bedarf" begehrt. Da er ausgeführt hat, dass er in einem bezeichneten Zeitraum der durchgehenden Leistungsbewilligung die Berücksichtigung seiner rückständigen Unterhaltsverpflichtungen als Absetzbetrag von seinem Einkommen verfolgt, waren für den Beklagten trotz fehlender Bezeichnung der aus Sicht des Klägers zu ändernden Bewilligungsbescheide diese ohne Weiteres ermittelbar und der Umfang des Prüfauftrags erkennbar.

15

c) Der Bescheid vom 9.5.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.6.2012 ist jedoch rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine (weitergehende) teilweise Rücknahme der in dem Zeitraum vom 1.1.2006 bis 31.12.2010 erlassenen Bewilligungsbescheide und rückwirkende Zahlung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Für den nicht mehr streitgegenständlichen Monat Januar 2011 hat das SG eine teilweise Abänderung des Bewilligungsbescheids vom 22.11.2010 und rückwirkende Leistungserbringung ausgesprochen. Bezogen auf den streitigen Zeitraum ist - anders als von den Vorinstanzen angenommen - schon eine Rücknahmeentscheidung nicht mehr zu treffen.

16

Nach § 40 Abs 1 S 2 SGB II idF des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453) gilt abweichend von § 40 Abs 1 S 1 SGB II die Vorschrift des § 44 Abs 4 S 1 SGB X zur rückwirkenden Erbringung von Sozialleistungen mit der Maßgabe, dass anstelle des Zeitraums von vier Jahren ein solcher von einem Jahr gilt. Nach gefestigter Rechtsprechung des BSG hat die Verwaltung schon eine Rücknahmeentscheidung nach § 44 Abs 1 SGB X nicht mehr zu treffen, wenn die rechtsverbindliche, grundsätzlich zurückzunehmende Entscheidung ausschließlich Leistungen für Zeiten betrifft, die außerhalb der durch den Rücknahmeantrag bestimmten Verfallsfrist liegen. Die Unanwendbarkeit der "Vollzugsregelung des § 44 Abs 4 SGB X" steht dann einer isolierten Rücknahme entgegen(BSG Urteil vom 13.2.2014 - B 4 AS 19/13 R - BSGE 115, 121 = SozR 4-1300 § 44 Nr 29, RdNr 16; BSG Urteil vom 6.3.1991 - 9b RAr 7/90 - BSGE 68, 180, 181 = SozR 3-1300 § 44 Nr 1 S 3). Die Rücknahme steht unter dem Vorbehalt, dass Sozialleistungen nach § 44 Abs 4 SGB X noch zu erbringen sind (BSG Urteil vom 28.2.2013 - B 8 SO 4/12 R - juris RdNr 10). Dies gilt in gleicher Weise bei der Verkürzung der rückwirkenden Leistungserbringung auf einen Zeitraum bis zu einem Jahr nach § 40 Abs 1 S 2 SGB II, wenn der Antrag auf Rücknahme - wie vorliegend der Überprüfungsantrag vom 8.5.2012 - nach dem 31.3.2011 gestellt worden ist (vgl zum Asylbewerberleistungsrecht bereits BSG Urteil vom 26.6.2013 - B 7 AY 6/12 R - BSGE 114, 20 = SozR 4-3520 § 9 Nr 4, RdNr 10 ff). Die Übergangsregelung des § 77 Abs 13 SGB II, nach der § 40 Abs 1 S 2 SGB II nicht anwendbar ist auf Anträge nach § 44 SGB X, die vor dem 1.4.2011 gestellt worden sind, findet keine Anwendung.

17

Gegen die durch § 40 Abs 1 S 2 SGB II bewirkte Beschränkung rückwirkender Leistungserbringung im Falle der Aufhebung eines rechtswidrigen, nicht begünstigenden Verwaltungsakts mit Wirkung für die Vergangenheit nach § 44 Abs 1 oder Abs 2 SGB X bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken(zur Verfassungsmäßigkeit der Vierjahresfrist des § 44 Abs 4 S 1 SGB X: BSG Urteil vom 23.7.1986 - 1 RA 31/85 - BSGE 60, 158, 161 = SozR 1300 § 44 Nr 23 S 54). Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 GG verlangt nur die Erbringung von Leistungen, die zur gegenwärtigen Aufrechterhaltung eines menschenwürdigen Daseins unbedingt erforderlich sind (BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175, 223, 226 ff). Die rückwirkende Gewährung (höherer) existenzsichernder Leistungen ist verfassungsrechtlich nicht zwingend geboten. Es lässt sich dem Grundgesetz keine allgemeine Verpflichtung der vollziehenden Gewalt entnehmen, rechtswidrig belastende und rechtswidrig begünstigende Verwaltungsakte unbeschadet des Eintritts ihrer formellen Bestandskraft von Amts wegen oder auf Antrag des Adressaten aufzuheben oder abzuändern (vgl hierzu auch Aubel in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 40 RdNr 33). Im Ergebnis können daher Sozialleistungen rückwirkend über den 1.1.2011 hinausgehend nicht mehr erbracht werden.

18

d) Entgegen der Ansicht des Klägers und der Vorinstanzen kann mit dem Überprüfungsantrag vom 8.5.2012 keine erneute Eröffnung des bereits durch den Bescheid vom 4.8.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.1.2012 abgeschlossenen Überprüfungsverfahrens eingeleitet werden. Auch hier steht die verkürzte Verfallsfrist des § 40 Abs 1 S 2 SGB II iVm § 44 Abs 4 SGB X entgegen.

19

Zwar fällt der Überprüfungsbescheid vom 4.8.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.1.2012 in den Einjahreszeitraum des § 40 Abs 1 S 2 SGB II iVm § 44 Abs 4 SGB X. Durch eine Rücknahme der rechtsverbindlichen Ablehnung einer Überprüfung lebt der darauf ursprünglich gerichtet gewesene Antrag jedoch nicht in der Weise auf, dass er für die Fristberechnung der Verfallsfrist maßgebend ist (vgl zum Wiederaufleben eines entsprechenden Antrags BSG Urteil vom 17.11.1981 - 9 RV 26/81 - SozR 1200 § 44 Nr 4). Die rückwirkende Leistungserbringung ist vielmehr ausgehend von dem Antrag vom 8.5.2012 zu beurteilen, über den in diesem Verfahren allein zu entscheiden ist, nicht jedoch ausgehend von früheren, rechtsverbindlich abgelehnten Überprüfungsanträgen (so auch BSG Urteil vom 6.3.1991 - 9b RAr 7/90 - BSGE 68, 180 = SozR 3-1300 § 44 Nr 1). Dies ist der Antrag iS des § 44 Abs 4 S 3 SGB X, der für eine rückwirkende Leistungserbringung und deren Umfang sowie eine Rücknahme (teilweise) rechtswidriger Bewilligungsbescheide kausal ist. Entsprechend hat der 13. Senat des BSG bereits entschieden, dass es in Fallgestaltungen einer wiederholten Überprüfung eines Sozialleistungen bewilligenden Bescheids regelmäßig keiner gesonderten Würdigung auch eines bereits zuvor von dem Sozialleistungsträger erlassenen, eine Überprüfung gleichfalls ablehnenden Bescheids bedarf. Der 13. Senat des BSG hat ausgeführt, dass mit einer Verpflichtung zur Änderung des Bewilligungszeitraums für einen vergangenen Zeitraum aufgrund der Anwendung des § 44 SGB X notwendigerweise zugleich auch die Ablehnung seiner Aufhebung in dem früheren negativen Überprüfungsbescheid gegenstandlos wird(BSG Urteil vom 24.10.2013 - B 13 R 83/11 R - SozR 4-2600 § 43 Nr 20 RdNr 15), weil dieser sich auf andere Weise erledigt hat (§ 39 Abs 2 SGB X).

20

3. Die Revision ist auch unbegründet, soweit der Kläger sein Begehren mit der Nichtigkeitsfeststellungsklage verfolgt.

21

a) Die von dem Kläger erhobene Nichtigkeitsfeststellungsklage ist schon unzulässig, soweit sich diese gegen den Bescheid vom 9.5.2012 richtet.

22

Zwar ist das LSG zu Recht davon ausgegangen, dass die Nichtigkeitsfeststellungsklage nach § 55 Abs 1 Nr 4 SGG, wonach die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes mit der Klage ua begehrt werden kann, wenn ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung besteht, nicht fristgebunden ist(vgl dazu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 55 RdNr 14a). Auch ein vorheriger Antrag an die Behörde auf Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts nach § 40 Abs 5 SGB X wird nicht vorausgesetzt(BSG Urteil vom 23.2.1989 - 11/7 RAr 103/87 - SozR 1500 § 55 Nr 35; BSG Urteil vom 7.9.2006 - B 4 RA 43/05 R - BSGE 97, 94 = SozR 4-2600 § 118 Nr 4, RdNr 15; aA Ulmer in Hennig, SGG, § 55 RdNr 71, Stand September 2016).

23

Bezogen auf die Feststellung der Nichtigkeit des Bescheids vom 9.5.2012 idF des Widerspruchsbescheids vom 6.6.2012 ist das LSG aber zu Recht davon ausgegangen, dass es schon an einer Zulässigkeit der Nichtigkeitsfeststellungsklage fehlt, weil der Kläger diese Bescheide im Wege einer Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage überprüfen kann. Von dieser Überprüfungsmöglichkeit hat der Kläger auch Gebrauch gemacht. Ein berechtigtes Interesse an einer parallelen Rechtsverfolgung ist nicht vorgetragen.

24

Insofern ist die grundsätzliche Subsidiarität der Feststellungsklage zu Gestaltungsklagen zu berücksichtigen. Auch hat das Erfordernis eines Rechtsschutzinteresses in § 55 Abs 1 Nr 4 SGG für die Feststellungsklage in Gestalt des "berechtigten Interesses an der baldigen Feststellung" seinen Niederschlag und eine Konkretisierung erfahren(BSG Urteil vom 22.5.1985 - 12 RK 30/84 - BSGE 58, 150, 151 = SozR 1500 § 55 Nr 27 S 22). Ist eine solche Gestaltungsklage zulässig, kann regelmäßig nicht stattdessen eine Feststellungsklage erhoben werden (BSG Urteil vom 9.10.1984 - 12 RK 18/83 - BSGE 57, 184, 186 = SozR 2200 § 385 Nr 10 S 40; BSG Urteil vom 16.3.1978 - 11 RK 9/77 - BSGE 46, 81, 84 = SozR 5420 § 3 Nr 7 S 10 f; BSG Urteil vom 25.4.1984 - 8 RK 30/83 - BSGE 56, 255 = SozR 1500 § 55 Nr 23; BSG Urteil vom 1.9.2005 - B 3 KR 3/04 R - SozR 4-2500 § 40 Nr 2). Zwar gelten diese Grundsätze nicht uneingeschränkt; die hier vorliegende Nichtigkeitsfeststellungsklage nach § 55 Abs 1 Nr 4 SGG kann neben einer Anfechtungsklage erhoben werden. Dies soll Schwierigkeiten Rechnung tragen, die sich daraus ergeben, dass die Frage, ob ein Verwaltungsakt nur anfechtbar oder sogar nichtig ist, im Einzelfall nur schwer zu beantworten ist und möglicherweise in den Instanzen unterschiedlich beurteilt wird (BSG Urteil vom 23.2.1989 - 11/7 RAr 103/87 - SozR 1500 § 55 Nr 35 S 36). Es muss dann aber - über ein normales Rechtsschutzinteresse hinaus - noch ein zusätzliches berechtigtes Interesse des Klägers gerade an der baldigen Feststellung der Nichtigkeit des Verwaltungsaktes iS des § 55 Abs 1 Nr 4 SGG bestehen(vgl aA Ulmer in Hennig, SGG, § 55 RdNr 70, Stand September 2016 mwN).

25

Ein solches zusätzliches berechtigtes Interesse, etwa wegen möglicher Vollstreckungsmaßnahmen (vgl BSG Urteil vom 7.9.2006 - B 4 RA 43/05 - BSGE 97, 94 = SozR 4-2600 § 118 Nr 4, RdNr 15) oder des Rechtsscheins eines unwirksamen Verwaltungsaktes (vgl zB BSG Urteil vom 23.2.1989 - 11/7 RAr 103/87 - SozR 1500 § 55 Nr 35 S 36 zur Untersagung der Arbeitsvermittlung), ist hier jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich. Soweit der Kläger mit seiner Revision geltend macht, dass bezogen auf den Bescheid vom 9.5.2012 idF des Widerspruchsbescheids vom 6.6.2012 ein Feststellungsinteresse schon deshalb bestehe, weil "die Behörde bei Feststellung der Nichtigkeit uneingeschränkt über den damit offenen Antrag auf SGB II-Leistungen entscheiden müsse", kann dies kein als rechtlich schutzwürdig anzuerkennendes Interesse begründen. Es ist schon nicht erkennbar, weshalb eine erneute Entscheidung über den Überprüfungsantrag vom 8.5.2012 zu einem anderen Ergebnis als die gerichtliche Prüfung des angefochtenen Bescheids vom 9.5.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.6.2012 im Wege der Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage führen könnte (s oben).

26

b) Soweit sich die Nichtigkeitsfeststellungsklage gegen den Bescheid vom 4.8.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.1.2012 richtet, ist diese jedenfalls unbegründet, weil keine Nichtigkeitsgründe vorliegen.

27

Nach § 40 Abs 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. Ohne Rücksicht auf diese Voraussetzungen ist ein Verwaltungsakt nichtig (§ 40 Abs 2 SGB X), (1.) der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Behörde aber nicht erkennen lässt, (2.) der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt, (3.) den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann, (4.) der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht oder (5.) der gegen die guten Sitten verstößt.

28

Insofern hat das LSG - zu dem Nichtigkeitsgrund des § 40 Abs 2 Nr 4 SGB X - zutreffend ausgeführt, dass ein rechtswidriges Handeln der Behörde nur vorliegt, wenn im Verwaltungsakt eine mit Strafe oder Bußgeld bedrohte Handlung verlangt wird(Roos in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 40 RdNr 15). Eine Strafbarkeit gemäß § 170 StGB (Verletzung der Unterhaltspflicht) kann nicht bereits durch einen Leistungs- oder Ablehnungsbescheid erfüllt werden(BSG Urteil vom 4.9.2013 - B 10 EG 7/12 R - BSGE 114, 180 = SozR 4-1300 § 31 Nr 8, RdNr 30). Für die mit der Revision des Klägers vorgetragene Ansicht, dass die Begehung einer rechtswidrigen Tat auch dann verlangt werde, wenn die Behörde durch die Nichtanrechnung von Unterhaltsleistungen auf das erzielte Einkommen billigend in Kauf nehme, dass der Sozialleistungsempfänger dadurch seinen Unterhaltsverpflichtungen nicht nachkomme, findet sich kein Anhalt im Gesetz.

29

Weiter ist das LSG zutreffend davon ausgegangen, dass die vom Kläger geltend gemachten Nichtigkeitsgründe, ua die Befangenheit des Sachbearbeiters und die fehlerhafte Annahme der Behörde, dass es sich bei Zahlungen auf Unterhaltsrückstände um keine Unterhaltszahlungen handele, allenfalls nach der Generalklausel des § 40 Abs 1 SGB X zur Nichtigkeit führen können. Die bloße Befangenheit eines Sachbearbeiters - ihr Vorliegen unterstellt - ist für sich genommen kein schwerwiegender Fehler, der den Verwaltungsakt nichtig macht. Ob eine Behörde vollständig und richtig ermittelt und den Sachverhalt richtig gewürdigt und rechtlich zutreffend entschieden hat, ist allein eine Frage der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts, bedingt aber keine Nichtigkeit.

30

c) Bezogen auf die Nichtigkeitsfeststellungsklage hinsichtlich sämtlicher Bewilligungsbescheide in dem Zeitraum vom 1.1.2006 bis 31.12.2010 fehlt es an einem berechtigten Interesse des Klägers, weil er - wie dargelegt - Nichtigkeitsgründe nicht schlüssig dargetan hat. Zwar macht er als berechtigtes Interesse geltend, dass die Nichtigkeitsfeststellung eines Bescheids wegen dessen dann festgestellter Unwirksamkeit zur Folge habe, dass erneut über die den Zeitraum vom 1.1.2006 bis 31.12.2010 betreffenden SGB II-Anträge entschieden werden müsse, dann aber ohne Anwendbarkeit der eingeschränkten rückwirkenden Überprüfungs- und Leistungserbringung nach § 40 Abs 1 S 2 SGB II iVm § 44 Abs 4 SGB X. In diesem Vorbringen, das auf die Möglichkeit einer Nichtanwendung der mit Wirkung zum 1.4.2011 eingeführten Einschränkungen bei der rückwirkenden Überprüfung und Erbringung von Sozialleistungen zielt, kann jedoch kein berechtigtes Interesse an einer Nichtigkeitsfeststellungsklage gesehen werden. Bei der Prüfung des berechtigten Interesses ist nicht auf die rein subjektive Ansicht des Klägers abzustellen; vielmehr ist zu prüfen, ob die Rechtsordnung das Interesse objektiv zumindest indirekt als individuelles Interesse selbst anerkennt (Ulmer in Hennig, SGG, § 55 RdNr 20, Stand September 2016). Die letztlich angestrebte Umgehung der gesetzlichen Vorgaben zum zeitlichen Umfang einer Überprüfung bestandskräftiger Bescheide ist aber - unbesehen des fehlenden Vortrags ausreichender Nichtigkeitsgründe - kein von der Rechtsordnung anerkanntes berechtigtes Interesse.

31

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Liegen die in § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil er auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt oder in ständiger Rechtsprechung anders als durch die Agentur für Arbeit ausgelegt worden ist, so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen.

(2) Liegen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vor, ist dieser auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(3) Liegen die in § 48 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vor, ist dieser mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Abweichend von § 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches ist mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an ein Verwaltungsakt auch aufzuheben, soweit sich das Bemessungsentgelt auf Grund einer Absenkung nach § 200 Abs. 3 zu Ungunsten der Betroffenen oder des Betroffenen ändert.

(4) Liegen die Voraussetzungen für die Rücknahme eines Verwaltungsaktes vor, mit dem ein Anspruch auf Erstattung des Arbeitslosengeldes durch Arbeitgeber geltend gemacht wird, ist dieser mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(5) (weggefallen)

Für die Bildung und Besetzung der Senate gelten § 31 Abs. 1 und § 33 entsprechend. Für Angelegenheiten des Vertragsarztrechts ist mindestens ein Senat zu bilden. In den Senaten für Angelegenheiten des § 51 Abs. 1 Nr. 6a wirken ehrenamtliche Richter aus der Vorschlagsliste der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände mit.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Liegen die in § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil er auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt oder in ständiger Rechtsprechung anders als durch die Agentur für Arbeit ausgelegt worden ist, so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen.

(2) Liegen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vor, ist dieser auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(3) Liegen die in § 48 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vor, ist dieser mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Abweichend von § 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches ist mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an ein Verwaltungsakt auch aufzuheben, soweit sich das Bemessungsentgelt auf Grund einer Absenkung nach § 200 Abs. 3 zu Ungunsten der Betroffenen oder des Betroffenen ändert.

(4) Liegen die Voraussetzungen für die Rücknahme eines Verwaltungsaktes vor, mit dem ein Anspruch auf Erstattung des Arbeitslosengeldes durch Arbeitgeber geltend gemacht wird, ist dieser mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(5) (weggefallen)

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe von Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem SGB II in der Zeit vom 1.7.2006 bis 31.12.2006.

2

Die 1971 geborene Klägerin zu 1 sowie ihre 1990 und 1991 geborenen Söhne (Kläger zu 2 und 3) bewohnten im streitigen Zeitraum eine 94,03 m² große 3-Zimmer-Wohnung, deren Gesamtkosten 625,30 Euro betrugen. Sie setzten sich aus der Kaltmiete in Höhe von 427,50 Euro monatlich, den Nebenkosten in Höhe von 88,71 Euro monatlich, einem Betrag für Trinkwasser/Schmutzwasser in Höhe von 28,09 Euro monatlich und Abschlägen für Heizkosten in Höhe von 81 Euro monatlich zusammen.

3

Die Beklagte bewilligte den seit 1.1.2005 im Leistungsbezug nach dem SGB II stehenden Klägern vom 1.7.2005 bis 31.12.2005 weiterhin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung ihrer Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe (Bescheid vom 4.7.2005). Der Bescheid enthielt folgenden Zusatz: "Ich weise darauf hin, dass Ihre Unterkunftskosten/Heizkosten unangemessen i.S. des § 22 Abs 1 SGB II sind. Soweit die Kosten unangemessen sind, werden sie daher gemäß § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II längstens für den Zeitraum bis zum 30.06.2006 übernommen (danach nur Übernahme in angemessener Höhe). Während dieser Frist wird Ihnen Gelegenheit gegeben, die Kosten durch Wohnungswechsel etc. abzusenken." Für die Zeit vom 1.7.2006 bis 31.12.2006 bewilligte die Beklagte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung von Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von nur noch 502,50 Euro monatlich (Bescheid vom 6.7.2006).

4

Auf den Antrag der Kläger vom 23.9.2007 auf Rücknahme des Bewilligungsbescheids vom 6.7.2006 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 27.8.2008 für die Zeit vom 1.7.2006 bis 31.12.2006 als Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ua Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 547,11 Euro monatlich und wies den Widerspruch im Übrigen als unbegründet zurück (Bescheid vom 6.12.2007; Widerspruchsbescheid vom 28.8.2008).

5

Das SG Braunschweig hat den Bescheid der Beklagten vom 6.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.8.2008 aufgehoben und die Beklagte unter Änderung der Bescheide vom 6.7.2006 und 27.8.2008 verurteilt, "den Klägern zu 1 bis 3 - jeweils für den Zeitraum vom 1. Juli 2006 bis 31. Dezember 2006 - Kosten der Unterkunft und Heizung von weiteren 156,38 Euro zu zahlen" (Urteil vom 9.9.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, die Beklagte habe bei Erlass des Bescheids vom 6.7.2006 das Recht unrichtig angewandt, weil die Kläger Anspruch auf Übernahme ihrer tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung hätten. Zwar sei die von den Klägern bewohnte Wohnung zu groß; sie entspreche jedoch dem Produkt aus angemessener Wohnfläche und Standard, der sich in der Wohnungsmiete niederschlage. Da für den Kreis Gifhorn keine Mietspiegel, Mietdatenbanken oder ein schlüssiges Konzept der Beklagten zu den örtlichen Wohnraummieten vorlägen, sei auf die rechte Spalte der Tabelle zu § 8 Wohngeldgesetz (WoGG) zurückzugreifen. Es sei der für einen Vier-Personen-Haushalt geltende Höchstbetrag der Wohngeldtabelle (505 Euro einschließlich Nebenkosten ohne Heizung) zu berücksichtigen, weil sich andernfalls die Privilegierung von Alleinerziehenden nach den Wohnraumförderbestimmungen finanziell nicht auswirke. Dieser Tabellenwert sei um 10 vH zu erhöhen, sodass Unterkunftskosten (ohne Heizung) in Höhe von 555,50 Euro angemessen seien. Die tatsächlichen Aufwendungen der Kläger seien daher in voller Höhe zu übernehmen. Auch die Heizkosten in Höhe von 81 Euro monatlich seien angemessen, weil diese unter 1 Euro je (angemessenem) Quadratmeter lägen.

6

Mit ihrer Sprungrevision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 44 SGB X. Dessen Anwendung auf die Kosten für Unterkunft und Heizung sei nicht möglich. Das sozialhilferechtliche Prinzip der Gegenwärtigkeit (keine Sozialhilfe für die Vergangenheit) sei auf das Gebiet des SGB II zu übertragen, soweit keine pauschalierten Leistungen, sondern tatsächliche Aufwendungen - hier Kosten der Unterkunft und Heizung - bewilligt würden. Insofern hänge die Bewilligung vom Vorliegen einer gegenwärtigen Notlage ab. Eine nachträgliche Bewilligung von Leistungen für die Vergangenheit sei ausgeschlossen. Bei der Bestimmung der angemessenen Wohnfläche sei der absolute und uneingeschränkte Rückgriff auf die Wohnraumförderbestimmungen des Landes Niedersachsen zu weitgehend. Auch sei bei der Bestimmung der angemessenen Wohnfläche auf die Personenzahl, nicht jedoch ohne weitere Begründung allein auf die Situation als Alleinerziehende abzustellen.

7

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des SG Braunschweig vom 9.9.2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Kläger beantragen sinngemäß,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

9

Sie halten die Ausführungen des SG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Sprungrevision (§ 161 SGG)der Beklagten ist nicht begründet. Das SG hat die Beklagte zu Recht verurteilt, Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe ihrer tatsächlichen Aufwendungen zu zahlen. Die Kürzung der Kosten für Unterkunft und Heizung war rechtswidrig, weil die Kläger aufgrund des Inhalts der Kostensenkungsaufforderung in dem Bescheid vom 4.7.2005 in dem hier streitigen Zeitraum keine Kostensenkungsobliegenheit iS des § 22 Abs 1 SGB II traf. Neben der anfänglichen Rechtswidrigkeit liegen auch die weiteren Voraussetzungen des § 44 SGB X für die Rücknahme der ursprünglichen Bewilligungsbescheide und Nachzahlung der gekürzten Aufwendungen für Unterkunft und Heizung vor.

11

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 6.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.8.2008 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte die Korrektur der den Zeitraum vom 1.7.2006 bis 31.12.2006 betreffenden bestandskräftigen Bescheide abgelehnt hat. Streitig sind allein Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II, weil die Kläger ihr Klagebegehren zulässigerweise auf diese Leistungen beschränkt haben(vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, jeweils RdNr 18).

12

Der Anspruch der Kläger auf (teilweise) Rücknahme der Bewilligungsbescheide vom 6.7.2006 und 27.8.2008 ergibt sich aus § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm § 44 SGB X. § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X bestimmt, dass ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass dieses Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuchs längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht (§ 44 Abs 4 Satz 1 SGB X).

13

Die Bewilligungsbescheide vom 6.7.2006 und 27.8.2008 waren anfänglich, dh nach der im Zeitpunkt ihrer Bekanntgabe gegebenen Sach- und Rechtslage (vgl BSG Urteil vom 1.12.1999 - B 5 RJ 20/98 R - BSGE 85, 151, 153 = SozR 3-2600 § 300 Nr 15), rechtswidrig iS des § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X, weil die Kläger in dem Zeitraum vom 1.7.2006 bis 31.12.2006 Anspruch auf Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe von 625,30 Euro und nicht nur in reduzierter Höhe von 547,11 Euro hatten. Nach den Feststellungen des SG waren sie (weiterhin) Berechtigte iS des § 7 Abs 1 SGB II, weil sie das 15. Lebensjahr, nicht jedoch das 65. Lebensjahr vollendet hatten (Abs 1 Satz 1 Nr 1), erwerbsfähig (Abs 1 Satz 1 Nr 2) und in dem streitigen Zeitraum auch durchgehend hilfebedürftig (Abs 1 Satz 1 Nr 3) waren.

14

Zwar ist der Grundsicherungsträger nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II grundsätzlich nur verpflichtet, die angemessenen Unterkunftskosten zu übernehmen. Es kann hier jedoch dahingestellt bleiben, ob das SG die Höhe der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung zutreffend ermittelt hat, weil die Absenkung dieser Leistungen von der Höhe der tatsächlichen Aufwendungen auf die nach Ansicht des Grundsicherungsträgers angemessenen Kosten voraussetzt, dass den Hilfebedürftigen eine Kostensenkungsobliegenheit trifft (vgl Urteil des Senats vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954) bzw - ab 1.8.2006 - § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) sind die Aufwendungen für die Unterkunft, soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Subjektiv möglich im Sinne dieser Regelung sind einem Hilfebedürftigen Kostensenkungsmaßnahmen jedoch nur dann, wenn er Kenntnis davon hat, dass ihn die Obliegenheit trifft, derartige Maßnahmen zu ergreifen (BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - RdNr 15, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Aufgrund des unklaren Inhalts des Zusatzes zur Kostensenkung in dem Bescheid vom 4.7.2005 ist dies vorliegend nicht der Fall.

15

Der in dem Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 4.7.2005 enthaltene Zusatz vermittelte die erforderliche Kenntnis von Kostensenkungsmaßnahmen nicht, weil er keine Angaben der Beklagten zu dem von ihr als angemessen erachteten Mietpreis enthielt. Zwar normiert § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aF bzw § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II keine umfassenden Beratungs- und Aufklärungspflichten der Beklagten über die Obliegenheiten des Leistungsempfängers bei der Suche nach einer anderen, angemessenen Unterkunft und stellt auch keine sonstigen überhöhten inhaltlichen oder formellen Anforderungen an diese Erklärung des SGB II-Trägers. Die Aufklärungs- und Warnfunktion einer Kostensenkungsaufforderung (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, jeweils RdNr 29) erfordert aber, dass der aus Sicht des Grundsicherungsträgers angemessene Mietpreis angegeben wird, weil dies nach der Produkttheorie der entscheidende Maßstab zur Beurteilung der Angemessenheit ist (BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - RdNr 16, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; vgl auch BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 RdNr 40; vgl auch BSG Urteil vom 7.5.2009 - B 14 AS 14/08 R - RdNr 28, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, zu widersprüchlichen Angaben der Beklagten zur Höhe der angemessenen Unterkunftskosten). Nur wenn der Hilfebedürftige die Differenz zwischen den tatsächlichen Kosten der Unterkunft und den Angaben des Grundsicherungsträgers zu dem von ihm als angemessen angesehenen Mietpreis kennt - dies ist zugleich der rechtfertigende Grund für eine Kostensenkungsaufforderung mit ggf weitreichenden Folgen bis zum Verlust der bisherigen Wohnung als Lebensmittelpunkt - kann der Hilfebedürftige entscheiden, welche Maßnahmen einer Kostensenkung er ergreifen kann bzw will (vgl zu den verschiedenen Kostensenkungsmaßnahmen BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 RdNr 30). Da es sich bei der von der Rechtsprechung näher konkretisierten Kostensenkungsaufforderung wegen ihres engen Zusammenhangs mit dem Leistungsrecht der Unterkunfts- und Heizungskosten nach dem SGB II um eine Regelung des materiellen Rechts handelt, kann von vornherein kein im Rahmen des § 44 SGB X nur eingeschränkt korrigierbarer Verfahrensfehler vorliegen(vgl hierzu Steinwedel in Kasseler Komm, § 44 SGB X RdNr 31 ff, Stand Mai 2006; BSG Urteil vom 28.5.1997 - 14/10 RKg 25/95 - SozR 3-1300 § 44 Nr 21 S 45).

16

Auch die weiteren Voraussetzungen für den sich aus § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm § 44 Abs 1 und 4 SGB X ergebenden Anspruch der Kläger auf Rücknahme der teilweise rechtswidrigen Bewilligungsbescheide, auf Neubescheidung nach § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X sowie auf Nachzahlung der anfänglich zu gewährenden höheren Leistungen nach § 44 Abs 4 Satz 1 SGB X liegen vor. Den Klägern sind iS des § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X wegen der rechtswidrigen Kürzung der Kosten für Unterkunft und Heizung Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden. Hinsichtlich der Miet- und Heizkosten bestand in dem streitigen Zeitraum vom 1.7.2006 bis 31.12.2006 bei fortbestehender Hilfebedürftigkeit der Kläger ein tatsächlicher ungedeckter Bedarf in der vom LSG festgestellten (§ 163 SGG) mietvertraglich vereinbarten Höhe.

17

Die in § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB II iVm § 330 Abs 1 SGB III für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsakts mit Wirkung für die Vergangenheit gesetzlich normierten Ausnahmen liegen nicht vor. Hiernach ist für Fallgestaltungen, in denen der Verwaltungsakt auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsakts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt oder in ständiger Rechtsprechung anders als durch die Agentur für Arbeit ausgelegt worden ist, bestimmt, dass dieser Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des BVerfG oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen ist. Die für eine zeitlich eingeschränkte Rücknahme nach § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB II iVm § 330 Abs 1 SGB III allein in Betracht kommende zweite Alternative scheitert schon daran, dass eine einheitliche Praxis der Leistungsträger des SGB II bezogen auf den notwendigen Inhalt von Kostensenkungsaufforderungen nicht existiert(vgl zB zu Dienstanweisungen der Bundesagentur für Arbeit: BSG Urteil vom 29.6.2000 - B 11 AL 99/99 R - SozR 3-4100 § 152 Nr 10 S 36 f; siehe hierzu auch Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 40 RdNr 57).

18

Auch soweit § 44 Abs 4 SGB X die Rücknahme und Nachzahlung von Sozialleistungen neben der zeitlichen Begrenzung auf einen Zeitraum von bis zu vier Jahren vor der Rücknahme durch das jeweilige materielle Sozialleistungsrecht ("nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches") beschränkt, ergeben sich bei den hier als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung keine § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm § 44 SGB X verdrängenden Besonderheiten des SGB II(§ 37 Satz 1 Halbs 1 SGB I), aus denen sich - auch ohne ausdrückliche Anordnung des Gesetzgebers - ableiten lässt, dass die Rücknahme- und Nachzahlungsansprüche nach § 44 SGB X für die erfassten Sachverhalte (teilweise) eigenständig und abweichend festgelegt werden sollten(vgl zur Sozialhilfe: BSG Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 16/08 R - BSGE 104, 213 = SozR 4-1300 § 44 Nr 20; siehe auch BSG Urteil vom 31.1.2002 - B 13 RJ 23/01 R - BSGE 89, 151, 154 = SozR 3-1300 § 44 Nr 34 S 73 f). Vielmehr folgt aus der Ausgestaltung des § 40 SGB II, dass der Gesetzgeber des SGB II den Berechtigten grundsätzlich auch im SGB II so stellen wollte, als hätte die Verwaltung von vornherein richtig entschieden. Dem Hilfebedürftigen sollen diejenigen Leistungen zukommen, die ihm nach materiellem Recht zugestanden hätten (sog Restitutionsgedanke vgl zB BSG Urteil vom 1.12.1999 - B 5 RJ 20/98 R - BSGE 85, 151, 159 = SozR 3-2600 § 300 Nr 15; BSG Urteil vom 4.2.1998 - B 9 V 16/96 R - BSG SozR 3-1300 § 44 SGB X Nr 24 S 57).

19

Zwar sind die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II grundsätzlich von einer aktuellen, nicht anderweitig zu beseitigenden Hilfebedürftigkeit (§ 3 Abs 3 Satz 1 SGB II, § 9 SGB II) abhängig. Anders als die Leistungen nach dem Zwölften Buch werden sie aber nur auf Antrag (§ 37 SGB II) erbracht. Die Bewilligung der Kosten für Unterkunft und Heizung für einen Zeitraum von regelmäßig sechs Monaten (§ 41 Abs 1 Satz 4 SGB II) verdeutlicht, dass nicht nur hinsichtlich der pauschalierten Regelleistung, sondern auch bezogen auf die Kosten für Unterkunft und Heizung eine Bedarfsdeckung nicht nur wegen eines gegenwärtigen, sondern auch wegen eines prognostischen zukünftigen Hilfebedarfs im Wege der Bewilligung einer Dauerleistung stattfindet und insofern bereits normativ eine Einschränkung von dem in der Vergangenheit für die Sozialhilfe vertretenen Konzept einer "Nothilfe" vorliegt (vgl auch Waschull in Lehr- und Praxiskommentar zum SGB X, 2. Aufl 2007, § 44 RdNr 3c). Vor diesem Hintergrund lässt § 40 Abs 1 SGB II mit seinem ausdrücklichen Verweis auf die Anwendbarkeit der Vorschriften des Zehnten Buchs (Satz 1) und seiner abschließenden Bezugnahme nicht auf sozialhilferechtliche Grundsätze, sondern auf die in § 330 SGB III für das Arbeitsförderungsrecht geltenden Besonderheiten für die Aufhebung von Verwaltungsakten(vgl auch Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 40 RdNr 5) weitere, gesetzlich nicht normierte Einschränkungen für eine Rücknahme anfänglich rechtswidriger Verwaltungsakte nach § 44 SGB X im vorliegenden Zusammenhang der als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung bewilligten Kosten für Unterkunft und Heizung nicht zu.

20

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 17. Mai 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit sind höhere Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) im Rahmen eines Zugunstenverfahrens, vorrangig statt der erbrachten Grundleistungen nach § 3 AsylbLG nachträglich zu erbringende höhere sog Analogleistungen nach § 2 AsylbLG iVm dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) für die Zeit von März bis Juni 2007.

2

Der Kläger ist 1992 im Kosovo geboren. Er reiste am 17.2.2004 in die Bundesrepublik Deutschland ein und bezog seitdem (nach den Feststellungen des Landessozialgerichts ) neben mehreren Einzelbeihilfen ununterbrochen Grundleistungen nach § 3 AsylbLG, im streitbefangenen Zeitraum monatlich 199,40 Euro. Im Februar 2009 beantragte er rückwirkend ab 1.1.2005 höhere Leistungen nach § 2 AsylbLG (sog Analogleistungen). Die Beklagte bewilligte dem Kläger für den Zeitraum vom 17.2.2007 bis 31.8.2009 weitere Leistungen unter Anwendung des § 2 AsylbLG in Höhe von insgesamt 748,45 Euro(Bescheid vom 31.7.2009; Widerspruchsbescheid vom 23.9.2009); insoweit könnten höhere als früher bewilligte Leistungen erst ab 17.2.2007 erbracht werden, weil er erst ab diesem Zeitraum die 36-Monatsfrist des § 2 AsylbLG für den Bezug von Analogleistungen erfülle. Bei der Höhe der Leistungen sei zudem der Aktualitätsgrundsatz zu beachten; nicht mehr bestehende Bedarfe seien nicht zu decken. In diesem Zusammenhang prüfte die Beklagte für jede Abteilung der Regelsatzverordnung des SGB XII, welcher Bedarfsanteil einem aktuellen Bedarf zuzuordnen ist, der nicht mehr gedeckt werden könne, und welche Bedarfsanteile auf Ansparbeträge und einmalige Bedarfe entfallen, die einen Nachholbedarf rechtfertigten.

3

Das Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen hat "den Bescheid der Beklagten vom 31.7.2009 und den Widerspruchsbescheid vom 23.9.2009 abgeändert" und die Beklagte verurteilt, "die dem Kläger bewilligte Nachzahlung entsprechend dem für ihn geltenden Regelsatzbetrag ungekürzt zu zahlen abzüglich der bereits erhaltenen Leistungen nach AsylbLG" (Urteil vom 18.1.2010). Nach Beschränkung des streitigen Zeitraums durch Teilvergleich vom 17.5.2010 auf die Monate März bis Juni 2007 hat das LSG Nordrhein-Westfalen (NRW) die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zurückgewiesen (Urteil vom 17.5.2010) und zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, dass bei pauschal gedeckten Bedarfen im Falle rechtswidrig zu niedrig gewährter Leistungen regelmäßig ohne nähere Prüfung von noch fortdauernden ungedeckten Bedarfen auszugehen sei.

4

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte einen Verstoß gegen § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X). Nachzahlungen aufgrund dieser Vorschrift könnten nur insoweit erbracht werden, als noch aktuell ein tatsächlicher Bedarf bestehe. Einen solchen Bedarf bis zur Höhe der begehrten vollen Differenz zum Regelsatz des SGB XII habe der Kläger nicht dargelegt. Die Rechtsauffassung des LSG hätte zur Folge, dass der Differenzbetrag zwischen den Grundleistungen und den Analogleistungen in voller Höhe als Ansparbedarf zuerkannt würde, was auf eine nach dem Gesetzeszweck gerade nicht beabsichtigte Entschädigung hinauslaufe; zudem sei der Differenzbetrag höher als der im Rahmen der Pauschalierung kalkulierte Ansparbedarf. Im Ergebnis führe die Entscheidung des LSG zu einer Ungleichbehandlung der Leistungsberechtigten, die eine Nachzahlung für die Vergangenheit erhielten gegenüber denen, die durchgängig Leistungen nach § 2 AsylbLG bezogen hätten, weil letztere ihre Regelleistung für ihren laufenden und einmaligen Bedarf aufgebraucht hätten und Leistungsberechtigte nach §§ 3 ff AsylbLG aufgrund der vom SGB XII abweichenden Systematik Leistungen erhielten, die Leistungsberechtigten nach § 2 AsylbLG unter Verweis auf die Regelsatzleistungen verweigert werden müssten. Im Übrigen biete sich eine entsprechende Anwendung des § 330 Abs 1 2. Alt Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) mit dessen Leistungsbeschränkungen an. Schließlich sei der ab 1.4.2011 geltende § 116a SGB XII zu beachten, der rückwirkende Leistungen nur für den Zeitraum von einem Jahr vorsehe; dies müsse auch für Leistungen nach dem AsylbLG gelten.

5

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben, das Urteil des SG abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit die Zeit vom März bis Juni 2007 betroffen ist.

6

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Ob der Kläger für den streitbefangenen Zeitraum Anspruch auf höhere Leistungen im Rahmen eines Verfahrens nach § 44 SGB X hat, kann der Senat mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen durch das LSG nicht entscheiden. Abgesehen davon, dass das LSG die (Leistungs-)Bescheide, deren Bestandskraft nach § 44 SGB X durchbrochen werden soll, überhaupt nicht aufgeführt hat, trifft es insbesondere keine Feststellungen, die eine Entscheidung darüber ermöglichen, ob bei deren Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist.

9

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 31.7.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.9.2009 (§ 95 SGG), soweit die Beklagte im Rahmen eines Zugunstenverfahrens nach § 44 SGB X rückwirkend (noch) höhere Leistungen abgelehnt hat. Richtige Klageart ist damit die kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (BSG SozR 4-4200 § 122 Nr 8 RdNr 9; Steinwedel in Kasseler Kommentar, § 44 SGB X RdNr 29 mwN; Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, § 330 RdNr 12a, Stand August 2007). Mit welchen bestandskräftigen, von der Beklagten aufzuhebenden Bescheiden - deren Abänderung der Kläger mit der Verpflichtungsklage verfolgt - Leistungen für den hier noch streitbefangenen Zeitraum bewilligt wurden, lässt sich den Feststellungen des LSG allerdings nicht entnehmen. Diese wird das LSG nachzuholen haben und den insoweit falschen Tenor des SG-Urteils (fehlende Verurteilung der Beklagten zur Abänderung der bestandskräftigen Bescheide) ggf entsprechend korrigieren müssen. Einer Korrektur bedarf der Tenor der Entscheidung des SG auch ggf deshalb, weil es sich in der Sache um einen Höhenstreit handelt und die Beklagte bei einer erfolgreichen Klage zur Zahlung "höherer Leistungen" zu verurteilen ist (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG). Der Tenor des SG-Urteils enthält diesen Passus nicht.

10

Gemäß § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X, der nach § 9 Abs 3 AsylbLG im Asylbewerberleistungsrecht Anwendung findet(BSG SozR 4-3520 § 9 Nr 1), ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb ua Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Über die Rücknahme entscheidet (nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts) die zuständige Behörde (§ 44 Abs 3 SGB X); es gelten dabei die allgemeinen Regelungen (vgl nur Schütze in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 44 RdNr 37). Sachlich zuständig für die Durchführung des AsylbLG und damit auch für die Entscheidung nach § 44 Abs 1 SGB X sind nach § 10 AsylbLG iVm § 1 Abs 1 Satz 1 des nordrhein-westfälischen Gesetzes zur Ausführung des AsylbLG(vom 29.11.1994 - Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen 1087 -, zuletzt geändert durch Art 20 des Gesetzes vom 8.12.2009 - GVBl 765) die Gemeinden. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach § 10a AsylbLG. Zuständig ist danach die Gemeinde, in deren Bereich der Leistungsberechtigte aufgrund der Entscheidung der vom Bundesministerium des Innern bestimmten zentralen Verteilungsstelle verteilt oder von der im Land zuständigen Behörde zugewiesen worden ist (§ 10a Abs 1 Satz 1). Im Übrigen, also wenn weder eine Verteilung noch eine Zuweisung erfolgt ist (vgl dazu Groth in juris PraxisKommentar SGB XII , § 10a AsylbLG RdNr 21 f), ist die Behörde zuständig, in deren Bereich sich der Leistungsberechtigte tatsächlich aufhält. Ob die Beklagte danach zuständig ist, kann mangels Feststellungen des LSG zu den Voraussetzungen des § 10a Abs 1 AsylbLG nicht beurteilt werden. Auch diese wird das LSG ggf nachzuholen haben.

11

Ob die bestandskräftigen Leistungsbewilligungen nach § 3 AsylbLG rechtswidrig waren und deshalb einer rückwirkenden Korrektur unterliegen, vermag der Senat mangels ausreichender Feststellungen des LSG ebenfalls nicht zu entscheiden. Den Feststellungen des LSG lässt sich schon nicht entnehmen, ob der Kläger überhaupt einen Anspruch auf Leistungen nach dem AsylbLG hatte, also zu den Leistungsberechtigten iS des § 1 AsylbLG gehörte und - unterstellt, er unterfällt dem Personenkreis des § 1 AsylbLG - ob ab 17.2.2007 in seiner Person die Voraussetzungen für Leistungen nach § 2 AsylbLG erfüllt sind.

12

Nach § 2 Abs 1 AsylbLG(in der Fassung, die die Norm durch das Zuwanderungsgesetz vom 30.7.2004 - BGBl I 1950 - erhalten hat) ist das SGB XII abweichend von den §§ 3 bis 7 AsylbLG auf diejenigen Leistungsberechtigten anzuwenden, die über eine Dauer von insgesamt 36 Monaten Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten haben und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben(dazu eingehend BSGE 101, 49 ff = SozR 4-3520 § 2 Nr 2). Den nach § 163 SGG bindenden (aber möglicherweise falschen) Feststellungen des LSG lässt sich lediglich entnehmen, dass der Kläger ab 17.2.2004 durchgehend Leistungen nach § 3 AsylbLG bezogen haben soll, sodass ab 17.2.2007 die sog Vorbezugszeit von 36 Monaten mit Leistungen nach § 3 AsylbLG iS von § 2 Abs 1 AsylbLG erfüllt gewesen wäre; Feststellungen des LSG zu einer möglichen rechtsmissbräuchlichen Beeinflussung der Aufenthaltsdauer fehlen hingegen. Zwar gibt das LSG an, dass der Kläger "mangels rechtsmissbräuchlicher Selbstbeeinflussung der Dauer seines Aufenthalts in Deutschland" sämtliche Voraussetzungen nach § 2 Abs 1 AsylbLG in der bis zum 27.8.2007 geltenden Fassung erfülle; die Wiederholung des Gesetzeswortlauts ersetzt aber nicht die hierfür erforderlichen Feststellungen. Nach Aktenlage war der Kläger in der Zeit vom 1.6.2005 bis 15.12.2005 untergetaucht und erhielt (erst) ab dem 15.12.2006 wieder Leistungen nach dem AsylbLG. Ob er unter diesen Voraussetzungen tatsächlich die Vorbezugszeit erfüllt hat (vgl BSGE 101, 49 ff RdNr 18 = SozR 4-3520 § 2 Nr 2) oder ob ein Anspruch auf Analogleistungen unabhängig von der Vorbezugszeit wegen rechtsmissbräuchlicher Beeinflussung der Aufenthaltsdauer sogar ganz ausscheidet (dazu BSG, aaO, RdNr 32 ff), wird das LSG zu prüfen haben. Da der Kläger im streitbefangenen Zeitraum minderjährig war, stellt sich zudem die Frage, ob die Voraussetzungen des § 2 Abs 3 AsylbLG vorliegen(vgl dazu BSGE 101, 49 ff RdNr 25 f = SozR 4-3520 § 2 Nr 2). Sollte das LSG nach der Zurückverweisung zu dem Ergebnis gelangen, dass ein Anspruch auf Analogleistungen nicht bestand, wird es weiter zu prüfen haben, ob der Kläger (unter Anwendung unten aufgeführter Grundsätze) einen Anspruch auf höhere, nachträglich zu erbringende Grundleistungen hat.

13

Zu Recht ist das LSG allerdings davon ausgegangen, dass - unterstellt, der Kläger hatte im streitbefangenen Zeitraum einen Anspruch auf Analogleistungen - ihm nach § 44 Abs 4 SGB X grundsätzlich die Differenz zwischen den erbrachten Grundleistungen und dem Regelsatz nachzuzahlen ist. Die Voraussetzungen des § 44 Abs 4 SGB X sind jedenfalls erfüllt; danach werden Sozialleistungen längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme bzw der Antragstellung erbracht.

14

Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 29.9.2009 (BSGE 104, 213 ff = SozR 4-1300 § 44 Nr 20) unter Fortführung seiner Rechtsprechung vom 16.10.2007 (BSGE 99, 137 ff = SozR 4-1300 § 44 Nr 11) und vom 26.8.2008 (SozR 4-1300 § 44 Nr 15) zwar die Möglichkeit einer rückwirkenden Korrektur bestandskräftiger rechtswidriger Leistungsablehnungen für das Recht der Sozialhilfe und das Asylbewerberleistungsrecht (dazu bereits BSG SozR 4-3520 § 9 Nr 1; vgl hierzu auch ausführlich Wahrendorf, ZFSH/SGB 2011, 260 ff) bejaht, für einen Anspruch auf rückwirkende Erbringung von Sozialhilfeleistungen es aber nicht genügen lassen, dass bei Erlass der bestandskräftigen Verwaltungsakte Sozialleistungen zu Unrecht vorenthalten worden sind. Vielmehr hat er unter Berücksichtigung des Wortlauts des § 44 Abs 4 SGB X ("nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches") ausgeführt, den Besonderheiten des jeweiligen Leistungsrechts sei Rechnung zu tragen und im Bereich der Sozialhilfe müsse insbesondere berücksichtigt werden, dass die Sozialhilfe nur der Behebung einer gegenwärtigen Notlage diene. Sozialhilfeleistungen seien deshalb für einen zurückliegenden Zeitraum nur dann zu erbringen, wenn die Leistung ihren Zweck noch erfüllen könne. Seien Leistungen rechtswidrig abgelehnt worden und habe der Hilfebedürftige den (nicht entfallenen) Bedarf in der Folgezeit im Wege der Selbsthilfe (etwa unter Rückgriff auf Schonvermögen oder durch Aufnahme von Schulden) oder Hilfe Dritter gedeckt, die die fehlende Unterstützung durch den Sozialhilfeträger substituiert habe, könne, soweit Hilfebedürftigkeit noch aktuell bestehe (s dazu unten), die Leistung ihren Zweck noch erfüllen, weil an die Stelle des ursprünglichen Bedarfs eine vergleichbare Belastung als Surrogat getreten sei (BSGE 104, 213 ff RdNr 19 = SozR 4-1300 § 44 Nr 20).

15

Nichts anderes kann für Leistungen nach dem AsylbLG gelten, weil sie wie die Sozialhilfe der Existenzsicherung dienen und deshalb für ihre nachträgliche Erbringung dieselben Grundsätze gelten. Soweit es Analogleistungen betrifft, kommt hinzu, dass § 2 AsylbLG sogar eine entsprechende Anwendung des SGB XII vorsieht, wobei dahinstehen kann, ob bzw inwieweit darin eine Rechtsfolgenverweisung oder eine Rechtsgrundverweisung zu sehen ist(vgl dazu BSGE 101, 49 ff RdNr 14 = SozR 4-3520 § 2 Nr 2) oder ob überhaupt eine solche Systematisierung möglich und erforderlich ist.

16

Für pauschalierte Leistungen, die - wie hier der Regelsatz des SGB XII, der nach § 23 SGB XII auch Ausländern zu zahlen ist - typisierend von einem Bedarf ausgehen und nicht nur die Höhe des nachzuweisenden Bedarfs typisierend pauschalieren, hat der Senat ausdrücklich ausgeführt, dass auf den Nachweis anderweitiger Bedarfsdeckung verzichtet werden müsse, weil die Pauschale nicht an der von der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung angenommenen "Existenzschwäche" des Sozialhilfeanspruchs teilnehme(BSGE 104, 213 ff RdNr 20 = SozR 4-1300 § 44 Nr 20). Dies bedeutet: Auch der nach dem AsylbLG Leistungsberechtigte muss nicht nachweisen, dass er konkrete Bedarfsanteile der jeweiligen Abteilung der Regelsatzverordnung tatsächlich hatte und durch Selbsthilfe oder Hilfe Dritter gedeckt hat; es ist vielmehr von einem fortbestehenden Bedarf auszugehen. Dies rechtfertigt es, die Differenz zwischen der nach dem AsylbLG und der nach dem SGB XII pauschalierten Leistung in voller Höhe nachzuzahlen und nicht auf eine konkrete Bedarfsdeckung im Einzelfall abzustellen und im Übrigen nur einen Spitzbetrag für im Regelsatz enthaltene Ansparbeträge nachzuzahlen. Eine andere Auffassung liefe, wovon das LSG zu Recht ausgeht, der gesetzlichen Pauschalierung zuwider. Da die Bedarfslagen gesetzlich normativ über Regelsätze bestimmt werden, ist auch der Rechtsprechung des Sächsischen LSG nicht zu folgen, wonach bei der nachträglichen Leistungsgewährung zu berücksichtigen sein soll, dass der Aufenthalt im Bundesgebiet, den diese Leistungen ermöglichen sollen, jederzeit enden kann und deshalb keine Ansparbeträge nachträglich zu gewähren sein sollen (Urteil vom 14.1.2011 - L 7 AY 8/09). Diese Rechtsprechung verkennt zudem, dass Analogleistungen gerade wegen einer gewissen Verfestigung des Aufenthalts erbracht werden.

17

Die von der Beklagten behauptete Ungleichbehandlung gegenüber den Analogleistungsempfängern, die die Leistung regelgerecht erhalten haben, liegt nicht vor. Derjenige, dem höhere Leistungen vorenthalten wurden und der einen Antrag nach § 44 SGB X stellt, soll in der Gesamtschau keine höheren Leistungen als derjenige erhalten, der nach Ablauf der Vorbezugszeit Analogleistungen sofort, also nicht nach Korrektur bestandskräftiger Bescheide, bezogen hat. Die in Anwendung des § 44 SGB X damit verbundenen Schwierigkeiten sind Ausfluss der Zugunstenregelung und in Kauf zu nehmen; Praktikabilitätsgesichtspunkte rechtfertigen es - entgegen der Auffassung der Beklagten - jedenfalls nicht, von der Anwendung des § 44 SGB X gänzlich abzusehen. Kann etwa ein konkreter Betrag für erbrachte Einmal- oder Sachleistungen nicht (mehr) ermittelt werden, ist der geldwerte Betrag für die erbrachte Leistung deshalb ggf entsprechend § 287 Zivilprozessordnung (ZPO) zu schätzen.

18

Der Senat hat bereits in seiner Entscheidung vom 17.6.2008 (SozR 4-3520 § 9 Nr 1) klargestellt, dass höhere Leistungen nur dann gerechtfertigt sind, wenn die nach §§ 3 ff AsylbLG gewährten Leistungen in der Summe niedriger sind als die Leistungen, die ihm in entsprechender Anwendung des SGB XII zugestanden hätten. Etwaige Einmalleistungen, die nach §§ 3 ff AsylbLG erbracht wurden, nach dem SGB XII jedoch von der Regelsatzleistung erfasst werden, bleiben deshalb nicht unberücksichtigt, sondern sind naturgemäß bei dem Gesamtvergleich in Ansatz zu bringen. Dabei auftretende Schwierigkeiten wegen der unterschiedlichen Systematik der beiden Leistungssysteme sind hinzunehmen und im Einzelfall durch eine realitätsnahe und praktikable Lösung zu bewältigen. Dementsprechend hat das LSG zu Recht unter Ziff 3 Satz 2 des Teilvergleichs die in dem gesamten ursprünglich streitigen Zeitraum geleisteten Beihilfen für einmalige Bedarfe aufgeführt und bestimmt, dass diese in Abzug zu bringen sind. Werden also nur für Teilzeiträume höhere Leistungen geltend gemacht, ist mit Rücksicht auf den Zukunfts- und Vergangenheitsbezugs des Regelsatzes bei der Hilfe zum Lebensunterhalt aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung der Geldwert der im Gesamtzeitraum (mit rechtswidrig zu geringer Leistung, begrenzt auf den Zeitraum des § 44 Abs 4 SGB X) erbrachten einmaligen Leistungen durch die Anzahl seiner Monate zu dividieren und der auf den Monat entfallende Teil für jeden Monat, für den eine Nachzahlung geltend gemacht wird, von der Differenz der nach § 3 AsylbLG erbrachten Leistung und der nach § 2 AsylbLG iVm dem SGB XII zu erbringenden pauschalierten Regelleistung in Abzug zu bringen. Es ist also kein Gebrauchszeitraum im Einzelfall zu bestimmen.

19

Für die Krankenbehandlung nach § 4 Abs 1 AsylbLG gelten allerdings andere Kriterien. Im Falle eines Anspruchs auf Analogleistungen nach § 2 AsylbLG iVm den Regelungen des SGB XII wäre dem Kläger Krankenbehandlung nach § 264 Abs 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) durch die zuständige Krankenkasse zu gewähren gewesen, die keine Leistung nach dem SGB XII ist(SozR 4-3520 § 9 Nr 1 RdNr 16). Die Leistungen nach dem SGB V können mithin nicht per se in die Vergleichsberechnung einbezogen werden. Leistungen nach § 4 AsylbLG werden allerdings anders als die nach § 264 Abs 2 SGB V, weil dort Zuzahlungen aus dem Regelsatz zu erbringen sind(BSG, Urteil vom 16.12.2010 - B 8 SO 7/09 R - RdNr 13), ohne finanzielle Eigenbeteiligung erbracht (vgl nur Frerichs in juris PK-SGB XII, § 4 AsylbLG RdNr 38). Deshalb sind etwaige Zuzahlungen, die der Kläger als Bezieher von Analogleistungen zu erbringen gehabt hätte, im Wege der Gesamtschau als ersparte Aufwendungen und damit im Ergebnis als Leistungen nach dem AsylbLG bei der Vergleichsberechnung zu berücksichtigen.

20

Die nachträgliche Erbringung von Leistungen setzt allerdings voraus, dass beim Kläger Bedürftigkeit iS des AsylbLG oder des SGB XII bzw des SGB II ununterbrochen fortbesteht; ist die Bedürftigkeit nur temporär oder auf Dauer entfallen, scheidet eine Nachzahlung in der Regel aus (BSGE 104, 213 ff = SozR 4-1300 § 44 Nr 20 RdNr 21). Wie im Sozialhilferecht allgemein ist im Hinblick auf § 44 Abs 4 SGB X also nicht nur darauf abzustellen, ob die Ablehnung einer Leistung zum Zeitpunkt der Entscheidung nach früherer Sach- und Rechtslage rechtswidrig war, sondern auch darauf, ob zwischenzeitlich der ursprüngliche Bedarf, der zu Unrecht nicht durch Hilfeleistungen gedeckt wurde, oder die Bedürftigkeit entfallen sind. Maßgebender Zeitpunkt für die zu treffende Entscheidung ist dabei die letzte Tatsacheninstanz (BSG aaO). Dies wird das LSG nach der Zurückverweisung prüfen müssen. Sollten danach Leistungen ggf überhaupt nicht mehr zu erbringen sein, steht dies auch einem Anspruch auf die Rücknahme rechtswidrig zu geringer bestandskräftiger Leistungsbewilligungen nach § 44 Abs 1 SGB X entgegen(BSG, aaO, RdNr 22).

21

Ein Rückgriff auf § 330 Abs 1 2. Alt SGB III (Rücknahme eines unanfechtbaren Verwaltungsakts lediglich ab Bestehen einer stRspr) ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht zulässig. Anders als § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II), der eine entsprechende Anwendung des § 330 Abs 1 SGB III vorsieht, enthält weder das SGB XII noch das AsylbLG eine vergleichbare Regelung. Im Gegenteil, die entsprechende Anwendung von § 44 SGB X resultiert allein aus dem Anwendungsbefehl in § 9 Abs 3 AsylbLG. Das AsylbLG gilt nämlich nicht als besonderer Teil des SGB (vgl § 68 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - SGB I), mit der Folge, dass ohne § 9 Abs 3 AsylbLG nicht einmal die verwaltungsverfahrensrechtlichen Bestimmungen des SGB X(vgl § 1 Abs 1 Satz 1 SGB X) - geschweige denn die des SGB III -, sondern die Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder auf das Verwaltungsverfahren nach dem AsylbLG Anwendung finden würden (Groth in jurisPK-SGB XII, § 9 AsylbLG RdNr 32). Im Übrigen dürfte eine Anwendung von § 330 Abs 1 SGB III ohnehin an der dafür erforderlichen "einheitlichen Praxis" scheitern. Diese setzt nämlich eine bundeseinheitliche Handhabung der Leistungsträger des AsylbLG voraus, an der erhebliche Zweifel bestehen, die zu Lasten des Leistungsträgers gehen würden (vgl: BSG, Urteil vom 15.12.2010 - B 14 AS 61/09 R - RdNr 14 ff mwN; Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 40 RdNr 57; kritisch zur Rspr des BSG im Rahmen des SGB II Groth, juris PraxisReport Sozialrecht 15/2011 Anm 2; vgl auch BSG, Urteil vom 21.6.2011 - B 4 AS 118/10 R).

22

Für eine analoge Anwendung des § 330 Abs 1 2. Alt SGB III besteht ebenfalls kein Raum, nachdem der Gesetzgeber seine Anwendung nicht einmal im SGB XII vorgesehen hat. Die Vorschrift des § 330 Abs 1 SGB III trägt ausschließlich dem Umstand Rechnung, dass wegen der Fehlerträchtigkeit des Behördenhandelns im von der Norm erfassten Rechtsbereich massenhafte Wiederaufnahmen bestandskräftig abgeschlossener Verwaltungsverfahren vermieden werden sollen (vgl BSG, aaO, mwN; BSG SozR 3-4100 § 152 Nr 10 S 36; Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, § 330 RdNr 2, Stand August 2007 und RdNr 19, Stand Mai 2007). Außer im Arbeitsförderungsrecht (SGB III) und dem Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) sowie in dem 2007 eingefügten § 100 Abs 4 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) mit dessen § 330 Abs 1 Alt 1 SGB III (Rücknahme für die Zeit nach Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts; vgl dazu BT-Drucks 16/3794, S 37 zu Art 1 Nr 30) vergleichbaren Regelung hat der Gesetzgeber offenbar keine Notwendigkeit einer § 330 Abs 1 SGB III entsprechenden Beschränkung gesehen. Von einer ungewollten Gesetzeslücke und einer vergleichbaren Interessenlage als Voraussetzung für eine Analogie kann damit nicht ausgegangen werden.

23

Ob andererseits eine analoge Anwendung des ab 1.4.2011 geltenden § 116a SGB XII für Bezieher von Leistungen nach dem AsylbLG möglich ist, wonach für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsakts § 44 Abs 4 Satz 1 SGB X mit der Maßgabe gilt, dass anstelle des Zeitraums von vier Jahren ein Zeitraum von einem Jahr tritt, bedarf keiner Entscheidung. Zwar besteht im öffentlichen Recht kein allgemeines Analogieverbot zum Nachteil von Bürgern (BSG SozR 3-4100 § 59e Nr 1 S 6), sodass eine entsprechende Anwendung von § 116a SGB XII nicht von vorneherein ausscheidet, wenn aufgrund eines Versehens oder Übersehens eines Tatbestands das Gesetz lückenhaft ist(vgl dazu aber Groth, aaO, RdNr 34.1, der eine Regelungslücke verneint), und die Lücke im Wege der Rechtsfortbildung geschlossen werden kann. Jedoch findet § 116a SGB XII aus Gründen des Vertrauensschutzes nach der Übergangsregelung des § 136 SGB XII ohnehin nicht auf Anträge Anwendung, die - wie hier - vor dem 1.4.2011 gestellt worden sind. Würde man eine analoge Anwendung bejahen, müsste auch diese Regelung analog gelten.

24

Der Senat musste nicht entscheiden, ob die Vorschriften über Grundleistungen nach dem AsylbLG gegen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums verstoßen (vgl dazu Vorlagebeschlüsse des LSG NRW vom 26.7.2010 - L 20 AY 13/09 - und vom 22.11.2010 - L 20 AY 1/09). Angesichts der Zurückverweisung erübrigen sich gegenwärtig entsprechende Ausführungen; erhält der Kläger rückwirkend die von ihm begehrten Analogleistungen, stellt sich die Frage der Verfassungswidrigkeit der angesprochenen Regelung nicht.

25

Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 29. Juli 2014 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit sind höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) im Rahmen eines Zugunstenverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) für die Zeit vom 1.1.2005 bis 31.7.2006.

2

Die 1970 geborene, schwerbehinderte Klägerin (Grad der Behinderung von 100; Merkzeichen "G", "H", "B") lebte im streitbefangenen Zeitraum mit ihrer Mutter, die zugleich ihre Betreuerin ist, dem inzwischen verstorbenen Vater und ihrem 1971 geborenen, ebenfalls schwerbehinderten Bruder zusammen. Seit November 1989 ist sie in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) beschäftigt und erzielt dort Einkommen; zudem erhielt sie ab Januar 2005 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII. Die Gemeinde Garbsen, im Namen und im Auftrag der Beklagten handelnd, legte für die Berechnung ua den Regelsatz für einen Haushaltsangehörigen (80 % des Regelsatzes für Alleinstehende) zugrunde (bestandskräftige Bescheide vom 23.3., 1.8. und 14.12.2005). Seit November 2009 erhält die Klägerin eine Erwerbsminderungsrente in Höhe von zunächst 654,37 Euro und steht seitdem nicht mehr im Bezug von Leistungen nach dem SGB XII.

3

Im Juli 2007 machte die Klägerin neben einem die Bewilligung von Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 1.8.2006 bis 31.7.2007 betreffenden Widerspruchsverfahren (Urteil des Bundessozialgerichts vom 9.6.2011 - B 8 SO 1/10 R) rückwirkend die Zahlung höherer Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 1.1.2005 bis 31.7.2006 unter Berücksichtigung des Regelsatzes für einen Haushaltsvorstand (100 %) im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens geltend. Diesem Antrag gab die Gemeinde Garbsen zunächst nur in Höhe von monatlich 1,02 Euro, dann in Höhe von 26,58 Euro statt, die sich aus einer Kürzung des Regelsatzes wegen kostenlosen Mittagessens in der WfbM ergab (Bescheid vom 18.1.2008; Widerspruchsbescheid unter Beteiligung sozial Erfahrener Dritter vom 21.5.2008).

4

Während das Sozialgericht (SG) Hannover die Klage abgewiesen hat (Urteil vom 29.4.2011), hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen die Beklagte "verpflichtet, der Klägerin unter Änderung der Bescheide der Gemeinde Garbsen vom 23.3., 1.8. und 14.12.2005 für die Zeit vom 1.1.2005 bis 31.7.2006 monatliche Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII zu zahlen, und zwar in den Monaten Juni und Oktober 2005 und Juni 2006 in Höhe von 329,62 Euro, im Übrigen in Höhe von 370,87 Euro, jeweils unter Berücksichtigung bereits geleisteter Zahlungen" (Urteil vom 29.7.2014). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Klägerin seien rückwirkend höhere Grundsicherungsleistungen, insbesondere unter Berücksichtigung des Regelsatzes für einen Haushaltsvorstand, und deshalb auch ein höherer Mehrbedarf zu zahlen. Dass die Klägerin seit November 2009 keine Grundsicherungsleistungen mehr beziehe, stehe dem nicht entgegen. Denn die Bedürftigkeit sei nicht vor dem Tag weggefallen, an dem der Antrag nach § 44 SGB X gestellt worden sei. Auf diesen Tag sei aber abzustellen und nicht auf den Zeitpunkt der Entscheidung der letzten Tatsacheninstanz.

5

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte einen Verstoß gegen § 44 Abs 1 und 4 SGB X. Sie beruft sich insoweit auf die zum Sozialhilferecht ergangenen Urteile des BSG, nach denen der Wegfall der Bedürftigkeit auch nach Antragstellung bis zu dem für die Entscheidung der letzten Tatsacheninstanz maßgebenden Zeitpunkt zu einem Verlust des Anspruchs auf rückwirkende Leistungserbringung führe.

6

Sie beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz).

10

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 18.1.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.5.2008 (§ 95 SGG), mit dem es die von der Beklagten herangezogene Gemeinde Garbsen im Namen der nach den bindenden Feststellungen zum Landesrecht durch das LSG (§ 163 SGG)bis 31.12.2012 örtlich und sachlich zuständigen Beklagten abgelehnt hat, der Klägerin für die Zeit vom 1.1.2005 bis 31.7.2006 unter weiterer Abänderung bestandskräftiger Bescheide höhere Leistungen zu zahlen. An der Zuständigkeit hat sich ab 1.1.2013 (s dazu § 46b SGB XII iVm § 1 Abs 2 Satz 1, § 6 Abs 1, § 6a Niedersächsisches Gesetz zur Ausführung des SGB XII vom 16.12.2004 in der Fassung des Gesetzes vom 25.9.2014 - Gesetzblatt 267), nichts geändert. Gegen den Bescheid wendet sich die Klägerin mit der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4, § 56 SGG).

11

Die Begründetheit der Revision misst sich an § 44 SGB X. Nach dessen Abs 1 ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.

12

Ob der Klägerin im streitbefangenen Zeitraum tatsächlich höhere Grundsicherungsleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, konnte der Senat jedoch nicht abschließend entscheiden.

13

Der Zahlung höherer Leistungen für 2005 stünde aber zumindest § 116a SGB XII nicht entgegen, wonach abweichend von § 44 Abs 4 SGB X Sozialleistungen rückwirkend nicht für vier, sondern nur für ein Jahr zu erbringen sind. Dies regelte § 136 SGB XII(in der Fassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 - BGBl I 453) bis 31.12.2012 ausdrücklich, wonach § 116a SGB XII nicht anwendbar war auf Anträge nach § 44 SGB X, die - wie hier - vor dem 1.4.2011 gestellt worden waren. Dass § 136 SGB XII(durch das Gesetz zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 20.12.2012 - BGBl I 2783 ff, 2788) mit Wirkung vom 1.1.2013 vollständig neu gefasst und die Übergangsregelung dabei aufgehoben wurde, ändert hieran nichts (vgl Greiser in juris PraxisKommentar SGB XII, 2. Aufl 2014, § 116a RdNr 30.1). Denn der Gesetzgeber ist nur davon ausgegangen, die bisherige Regelung sei "durch Zeitablauf weggefallen" (BT-Drucks 17/11382, S 13). Aus diesem Grund kann nicht angenommen werden, dass er eine verfassungsrechtlich bedenkliche Rechtsfolge herbeiführen wollte.

14

Mit der Übergangsregelung war beabsichtigt, das Vertrauen von Antragstellern zu schützen, die noch vor Inkrafttreten des § 116a SGB XII einen Überprüfungsantrag gestellt hatten. Ihnen sollte kein Nachteil entstehen, wenn über den Antrag erst nach dessen Inkrafttreten entschieden wird. Diese Vertrauensschutzgesichtspunkte würden aber in gleicher Weise greifen, wenn - wie hier - der Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X noch vor Einführung des § 116a SGB XII gestellt wurde, die Verwaltung über den Antrag ebenfalls noch davor entschieden hat, die Übergangsregelung später aber aufgehoben würde. Die Änderung des § 136 SGB XII mit der damit verbundenen Rechtsfolge würde eine unechte Rückwirkung entfalten. Sie würde auf einen noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt für die Zukunft einwirken und die Rechtsposition der Klägerin nachträglich entwerten (vgl: BVerfGE 43, 291, 391; 72, 175, 196; 79, 29, 45 f). Regelungen, die eine unechte Rückwirkung entfalten, genügen dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzip aber nur dann, wenn Gemeinwohlinteressen das schutzwürdige Bestandsinteresse des Einzelnen überwiegen (BVerfGE 97, 378, 389 = SozR 3-2500 § 48 Nr 7; BVerfGE 101, 239, 263; BVerfG SozR 3-4100 § 242q Nr 2). Derartige Gemeinwohlinteressen sind nicht erkennbar und insbesondere vom Gesetzgeber auch nicht angegeben worden. Die Änderung des § 136 SGB XII beruhte allein auf der - unzutreffenden - gesetzgeberischen Annahme, dass für die bis 31.12.2012 geltende Übergangsregelung nunmehr kein Anwendungsbereich mehr bestehe. Fälle wie den vorliegenden, in dem endgültig erst im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens weit nach dem 31.12.2012 über einen deutlich vor dem 1.4.2011 gestellten Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X entschieden wird, hatte der Gesetzgeber offenbar weder vor Augen, noch wollte er für diese Fälle eine im Ergebnis nachteilige Regelung schaffen.

15

Ob der Klägerin aber überhaupt rückwirkend höhere Leistungen zu zahlen sind, wird das LSG erneut zu überprüfen und dabei ggf auch die Senatsentscheidung vom 9.6.2011 - B 8 SO 1/10 R - zu beachten haben. Denn anders als das LSG meint, kommt es für den Erfolg des Überprüfungsantrags nicht nur auf die Zeit bis zur Antragstellung nach § 44 SGB X an.

16

Wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat (BSGE 104, 213 ff = SozR 4-1300 § 44 Nr 20; Bestätigung in SozR 4-3520 § 3 Nr 3; s auch für das Asylbewerberleistungsrecht BSG SozR 4-1300 § 44 Nr 22), genügt für einen Anspruch auf rückwirkende Erbringung von Leistungen nach § 44 SGB X nicht, dass bei Erlass der bestandskräftigen Verwaltungsakte Leistungen zu Unrecht vorenthalten worden sind. Unter Berücksichtigung des § 44 Abs 4 SGB X ("nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches") muss vielmehr den Besonderheiten des jeweiligen Leistungsrechts Rechnung getragen und berücksichtigt werden, dass die Leistungen der Sozialhilfe nur der Behebung einer gegenwärtigen Notlage dienen(BSG SozR 4-1300 § 44 Nr 22 RdNr 14) und deshalb für zurückliegende Zeiten nur dann zu erbringen sind, wenn die Leistungen ihren Zweck noch erfüllen können (vgl hierzu auch BSGE 101, 49 ff RdNr 49 = SozR 4-3520 § 2 Nr 2). Da dies nur der Fall ist, wenn die Bedürftigkeit fortbesteht, also nicht temporär oder auf Dauer entfallen ist, scheidet eine Nachzahlung im Verfahren nach § 44 SGB X bei Wegfall der Bedürftigkeit nach dem betroffenen Zeitraum grundsätzlich aus(BSGE 104, 213 ff RdNr 21 = SozR 4-1300 § 44 Nr 20; BSG SozR 4-1300 § 44 Nr 22 RdNr 20). Der Vorrang des effektiven Rechtsschutzes muss bei der Anwendung der Zugunstenregelung des § 44 SGB X gegenüber den im Rahmen des § 44 Abs 4 SGB X aufgezeigten Besonderheiten des Sozialhilferechts regelmäßig zurücktreten(BSGE 104, 213 ff = SozR 4-1300 § 44 Nr 20 RdNr 15). Maßgebender Zeitpunkt für die zu treffende Entscheidung ist dabei die letzte Tatsacheninstanz (BSGE 104, 213 ff = SozR 4-1300 § 44 Nr 20 RdNr 21), im vorliegenden Verfahren mithin der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem LSG am 29.7.2014, nicht der Zeitpunkt der Einleitung des Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X im Juli 2007. Feststellungen des LSG zum Einkommen und Vermögen der Klägerin, aber auch zu möglichen Kosten der Unterkunft für die Zeit zwischen Antragstellung nach § 44 SGB X bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem LSG fehlen aber - nach dem Rechtsstandpunkt des LSG nachvollziehbar, der vom Senat aber nicht geteilt wird - völlig, auch wenn nach Aktenlage angesichts der Höhe der Erwerbsminderungsrente ab November 2009 vieles dafür sprechen dürfte, dass die Bedürftigkeit der Klägerin jedenfalls ab diesem Zeitpunkt weggefallen ist. An seiner Rechtsprechung hält der Senat auch unter Berücksichtigung der vom LSG angebrachten Erwägungen fest. Einen Grundsatz dahin, dass die anspruchsstellende Person im Zugunstenverfahren stets so zu stellen sei, als wäre von vornherein rechtmäßig entschieden worden, gibt es nicht. Diese These lässt vielmehr den in § 44 SGB X vorgegebenen Bezug des Rücknahmeanspruchs auf das maßgebliche materielle Recht außer Acht.

17

Auch ein vom Senat in seinen Entscheidungen angedeuteter (seltener) Ausnahmefall (Gedanke des § 242 Bürgerliches Gesetzbuch), bei dem es schlechthin unbillig wäre, dass der Sozialhilfeträger die Zahlung zu Unrecht vorenthaltener Sozialhilfeleistungen verweigern dürfte, liegt hier nicht vor. Weder liegt die Dauer des gerichtlichen Verfahrens in seinem Verantwortungsbereich, noch rechtfertigt dies der Umstand, dass das vorliegende Überprüfungsverfahren wegen bereits bestandskräftiger Entscheidungen zum selben Zeitpunkt begonnen worden ist wie das unmittelbare Rechtsmittelverfahren gegen Bewilligungsbescheide betreffend den Folgezeitraum.

18

Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe von Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem SGB II in der Zeit vom 1.7.2006 bis 31.12.2006.

2

Die 1971 geborene Klägerin zu 1 sowie ihre 1990 und 1991 geborenen Söhne (Kläger zu 2 und 3) bewohnten im streitigen Zeitraum eine 94,03 m² große 3-Zimmer-Wohnung, deren Gesamtkosten 625,30 Euro betrugen. Sie setzten sich aus der Kaltmiete in Höhe von 427,50 Euro monatlich, den Nebenkosten in Höhe von 88,71 Euro monatlich, einem Betrag für Trinkwasser/Schmutzwasser in Höhe von 28,09 Euro monatlich und Abschlägen für Heizkosten in Höhe von 81 Euro monatlich zusammen.

3

Die Beklagte bewilligte den seit 1.1.2005 im Leistungsbezug nach dem SGB II stehenden Klägern vom 1.7.2005 bis 31.12.2005 weiterhin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung ihrer Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe (Bescheid vom 4.7.2005). Der Bescheid enthielt folgenden Zusatz: "Ich weise darauf hin, dass Ihre Unterkunftskosten/Heizkosten unangemessen i.S. des § 22 Abs 1 SGB II sind. Soweit die Kosten unangemessen sind, werden sie daher gemäß § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II längstens für den Zeitraum bis zum 30.06.2006 übernommen (danach nur Übernahme in angemessener Höhe). Während dieser Frist wird Ihnen Gelegenheit gegeben, die Kosten durch Wohnungswechsel etc. abzusenken." Für die Zeit vom 1.7.2006 bis 31.12.2006 bewilligte die Beklagte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung von Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von nur noch 502,50 Euro monatlich (Bescheid vom 6.7.2006).

4

Auf den Antrag der Kläger vom 23.9.2007 auf Rücknahme des Bewilligungsbescheids vom 6.7.2006 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 27.8.2008 für die Zeit vom 1.7.2006 bis 31.12.2006 als Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ua Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 547,11 Euro monatlich und wies den Widerspruch im Übrigen als unbegründet zurück (Bescheid vom 6.12.2007; Widerspruchsbescheid vom 28.8.2008).

5

Das SG Braunschweig hat den Bescheid der Beklagten vom 6.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.8.2008 aufgehoben und die Beklagte unter Änderung der Bescheide vom 6.7.2006 und 27.8.2008 verurteilt, "den Klägern zu 1 bis 3 - jeweils für den Zeitraum vom 1. Juli 2006 bis 31. Dezember 2006 - Kosten der Unterkunft und Heizung von weiteren 156,38 Euro zu zahlen" (Urteil vom 9.9.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, die Beklagte habe bei Erlass des Bescheids vom 6.7.2006 das Recht unrichtig angewandt, weil die Kläger Anspruch auf Übernahme ihrer tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung hätten. Zwar sei die von den Klägern bewohnte Wohnung zu groß; sie entspreche jedoch dem Produkt aus angemessener Wohnfläche und Standard, der sich in der Wohnungsmiete niederschlage. Da für den Kreis Gifhorn keine Mietspiegel, Mietdatenbanken oder ein schlüssiges Konzept der Beklagten zu den örtlichen Wohnraummieten vorlägen, sei auf die rechte Spalte der Tabelle zu § 8 Wohngeldgesetz (WoGG) zurückzugreifen. Es sei der für einen Vier-Personen-Haushalt geltende Höchstbetrag der Wohngeldtabelle (505 Euro einschließlich Nebenkosten ohne Heizung) zu berücksichtigen, weil sich andernfalls die Privilegierung von Alleinerziehenden nach den Wohnraumförderbestimmungen finanziell nicht auswirke. Dieser Tabellenwert sei um 10 vH zu erhöhen, sodass Unterkunftskosten (ohne Heizung) in Höhe von 555,50 Euro angemessen seien. Die tatsächlichen Aufwendungen der Kläger seien daher in voller Höhe zu übernehmen. Auch die Heizkosten in Höhe von 81 Euro monatlich seien angemessen, weil diese unter 1 Euro je (angemessenem) Quadratmeter lägen.

6

Mit ihrer Sprungrevision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 44 SGB X. Dessen Anwendung auf die Kosten für Unterkunft und Heizung sei nicht möglich. Das sozialhilferechtliche Prinzip der Gegenwärtigkeit (keine Sozialhilfe für die Vergangenheit) sei auf das Gebiet des SGB II zu übertragen, soweit keine pauschalierten Leistungen, sondern tatsächliche Aufwendungen - hier Kosten der Unterkunft und Heizung - bewilligt würden. Insofern hänge die Bewilligung vom Vorliegen einer gegenwärtigen Notlage ab. Eine nachträgliche Bewilligung von Leistungen für die Vergangenheit sei ausgeschlossen. Bei der Bestimmung der angemessenen Wohnfläche sei der absolute und uneingeschränkte Rückgriff auf die Wohnraumförderbestimmungen des Landes Niedersachsen zu weitgehend. Auch sei bei der Bestimmung der angemessenen Wohnfläche auf die Personenzahl, nicht jedoch ohne weitere Begründung allein auf die Situation als Alleinerziehende abzustellen.

7

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des SG Braunschweig vom 9.9.2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Kläger beantragen sinngemäß,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

9

Sie halten die Ausführungen des SG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Sprungrevision (§ 161 SGG)der Beklagten ist nicht begründet. Das SG hat die Beklagte zu Recht verurteilt, Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe ihrer tatsächlichen Aufwendungen zu zahlen. Die Kürzung der Kosten für Unterkunft und Heizung war rechtswidrig, weil die Kläger aufgrund des Inhalts der Kostensenkungsaufforderung in dem Bescheid vom 4.7.2005 in dem hier streitigen Zeitraum keine Kostensenkungsobliegenheit iS des § 22 Abs 1 SGB II traf. Neben der anfänglichen Rechtswidrigkeit liegen auch die weiteren Voraussetzungen des § 44 SGB X für die Rücknahme der ursprünglichen Bewilligungsbescheide und Nachzahlung der gekürzten Aufwendungen für Unterkunft und Heizung vor.

11

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 6.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.8.2008 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte die Korrektur der den Zeitraum vom 1.7.2006 bis 31.12.2006 betreffenden bestandskräftigen Bescheide abgelehnt hat. Streitig sind allein Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II, weil die Kläger ihr Klagebegehren zulässigerweise auf diese Leistungen beschränkt haben(vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, jeweils RdNr 18).

12

Der Anspruch der Kläger auf (teilweise) Rücknahme der Bewilligungsbescheide vom 6.7.2006 und 27.8.2008 ergibt sich aus § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm § 44 SGB X. § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X bestimmt, dass ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass dieses Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuchs längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht (§ 44 Abs 4 Satz 1 SGB X).

13

Die Bewilligungsbescheide vom 6.7.2006 und 27.8.2008 waren anfänglich, dh nach der im Zeitpunkt ihrer Bekanntgabe gegebenen Sach- und Rechtslage (vgl BSG Urteil vom 1.12.1999 - B 5 RJ 20/98 R - BSGE 85, 151, 153 = SozR 3-2600 § 300 Nr 15), rechtswidrig iS des § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X, weil die Kläger in dem Zeitraum vom 1.7.2006 bis 31.12.2006 Anspruch auf Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe von 625,30 Euro und nicht nur in reduzierter Höhe von 547,11 Euro hatten. Nach den Feststellungen des SG waren sie (weiterhin) Berechtigte iS des § 7 Abs 1 SGB II, weil sie das 15. Lebensjahr, nicht jedoch das 65. Lebensjahr vollendet hatten (Abs 1 Satz 1 Nr 1), erwerbsfähig (Abs 1 Satz 1 Nr 2) und in dem streitigen Zeitraum auch durchgehend hilfebedürftig (Abs 1 Satz 1 Nr 3) waren.

14

Zwar ist der Grundsicherungsträger nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II grundsätzlich nur verpflichtet, die angemessenen Unterkunftskosten zu übernehmen. Es kann hier jedoch dahingestellt bleiben, ob das SG die Höhe der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung zutreffend ermittelt hat, weil die Absenkung dieser Leistungen von der Höhe der tatsächlichen Aufwendungen auf die nach Ansicht des Grundsicherungsträgers angemessenen Kosten voraussetzt, dass den Hilfebedürftigen eine Kostensenkungsobliegenheit trifft (vgl Urteil des Senats vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954) bzw - ab 1.8.2006 - § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) sind die Aufwendungen für die Unterkunft, soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Subjektiv möglich im Sinne dieser Regelung sind einem Hilfebedürftigen Kostensenkungsmaßnahmen jedoch nur dann, wenn er Kenntnis davon hat, dass ihn die Obliegenheit trifft, derartige Maßnahmen zu ergreifen (BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - RdNr 15, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Aufgrund des unklaren Inhalts des Zusatzes zur Kostensenkung in dem Bescheid vom 4.7.2005 ist dies vorliegend nicht der Fall.

15

Der in dem Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 4.7.2005 enthaltene Zusatz vermittelte die erforderliche Kenntnis von Kostensenkungsmaßnahmen nicht, weil er keine Angaben der Beklagten zu dem von ihr als angemessen erachteten Mietpreis enthielt. Zwar normiert § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aF bzw § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II keine umfassenden Beratungs- und Aufklärungspflichten der Beklagten über die Obliegenheiten des Leistungsempfängers bei der Suche nach einer anderen, angemessenen Unterkunft und stellt auch keine sonstigen überhöhten inhaltlichen oder formellen Anforderungen an diese Erklärung des SGB II-Trägers. Die Aufklärungs- und Warnfunktion einer Kostensenkungsaufforderung (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, jeweils RdNr 29) erfordert aber, dass der aus Sicht des Grundsicherungsträgers angemessene Mietpreis angegeben wird, weil dies nach der Produkttheorie der entscheidende Maßstab zur Beurteilung der Angemessenheit ist (BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - RdNr 16, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; vgl auch BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 RdNr 40; vgl auch BSG Urteil vom 7.5.2009 - B 14 AS 14/08 R - RdNr 28, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, zu widersprüchlichen Angaben der Beklagten zur Höhe der angemessenen Unterkunftskosten). Nur wenn der Hilfebedürftige die Differenz zwischen den tatsächlichen Kosten der Unterkunft und den Angaben des Grundsicherungsträgers zu dem von ihm als angemessen angesehenen Mietpreis kennt - dies ist zugleich der rechtfertigende Grund für eine Kostensenkungsaufforderung mit ggf weitreichenden Folgen bis zum Verlust der bisherigen Wohnung als Lebensmittelpunkt - kann der Hilfebedürftige entscheiden, welche Maßnahmen einer Kostensenkung er ergreifen kann bzw will (vgl zu den verschiedenen Kostensenkungsmaßnahmen BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 RdNr 30). Da es sich bei der von der Rechtsprechung näher konkretisierten Kostensenkungsaufforderung wegen ihres engen Zusammenhangs mit dem Leistungsrecht der Unterkunfts- und Heizungskosten nach dem SGB II um eine Regelung des materiellen Rechts handelt, kann von vornherein kein im Rahmen des § 44 SGB X nur eingeschränkt korrigierbarer Verfahrensfehler vorliegen(vgl hierzu Steinwedel in Kasseler Komm, § 44 SGB X RdNr 31 ff, Stand Mai 2006; BSG Urteil vom 28.5.1997 - 14/10 RKg 25/95 - SozR 3-1300 § 44 Nr 21 S 45).

16

Auch die weiteren Voraussetzungen für den sich aus § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm § 44 Abs 1 und 4 SGB X ergebenden Anspruch der Kläger auf Rücknahme der teilweise rechtswidrigen Bewilligungsbescheide, auf Neubescheidung nach § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X sowie auf Nachzahlung der anfänglich zu gewährenden höheren Leistungen nach § 44 Abs 4 Satz 1 SGB X liegen vor. Den Klägern sind iS des § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X wegen der rechtswidrigen Kürzung der Kosten für Unterkunft und Heizung Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden. Hinsichtlich der Miet- und Heizkosten bestand in dem streitigen Zeitraum vom 1.7.2006 bis 31.12.2006 bei fortbestehender Hilfebedürftigkeit der Kläger ein tatsächlicher ungedeckter Bedarf in der vom LSG festgestellten (§ 163 SGG) mietvertraglich vereinbarten Höhe.

17

Die in § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB II iVm § 330 Abs 1 SGB III für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsakts mit Wirkung für die Vergangenheit gesetzlich normierten Ausnahmen liegen nicht vor. Hiernach ist für Fallgestaltungen, in denen der Verwaltungsakt auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsakts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt oder in ständiger Rechtsprechung anders als durch die Agentur für Arbeit ausgelegt worden ist, bestimmt, dass dieser Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des BVerfG oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen ist. Die für eine zeitlich eingeschränkte Rücknahme nach § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB II iVm § 330 Abs 1 SGB III allein in Betracht kommende zweite Alternative scheitert schon daran, dass eine einheitliche Praxis der Leistungsträger des SGB II bezogen auf den notwendigen Inhalt von Kostensenkungsaufforderungen nicht existiert(vgl zB zu Dienstanweisungen der Bundesagentur für Arbeit: BSG Urteil vom 29.6.2000 - B 11 AL 99/99 R - SozR 3-4100 § 152 Nr 10 S 36 f; siehe hierzu auch Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 40 RdNr 57).

18

Auch soweit § 44 Abs 4 SGB X die Rücknahme und Nachzahlung von Sozialleistungen neben der zeitlichen Begrenzung auf einen Zeitraum von bis zu vier Jahren vor der Rücknahme durch das jeweilige materielle Sozialleistungsrecht ("nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches") beschränkt, ergeben sich bei den hier als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung keine § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm § 44 SGB X verdrängenden Besonderheiten des SGB II(§ 37 Satz 1 Halbs 1 SGB I), aus denen sich - auch ohne ausdrückliche Anordnung des Gesetzgebers - ableiten lässt, dass die Rücknahme- und Nachzahlungsansprüche nach § 44 SGB X für die erfassten Sachverhalte (teilweise) eigenständig und abweichend festgelegt werden sollten(vgl zur Sozialhilfe: BSG Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 16/08 R - BSGE 104, 213 = SozR 4-1300 § 44 Nr 20; siehe auch BSG Urteil vom 31.1.2002 - B 13 RJ 23/01 R - BSGE 89, 151, 154 = SozR 3-1300 § 44 Nr 34 S 73 f). Vielmehr folgt aus der Ausgestaltung des § 40 SGB II, dass der Gesetzgeber des SGB II den Berechtigten grundsätzlich auch im SGB II so stellen wollte, als hätte die Verwaltung von vornherein richtig entschieden. Dem Hilfebedürftigen sollen diejenigen Leistungen zukommen, die ihm nach materiellem Recht zugestanden hätten (sog Restitutionsgedanke vgl zB BSG Urteil vom 1.12.1999 - B 5 RJ 20/98 R - BSGE 85, 151, 159 = SozR 3-2600 § 300 Nr 15; BSG Urteil vom 4.2.1998 - B 9 V 16/96 R - BSG SozR 3-1300 § 44 SGB X Nr 24 S 57).

19

Zwar sind die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II grundsätzlich von einer aktuellen, nicht anderweitig zu beseitigenden Hilfebedürftigkeit (§ 3 Abs 3 Satz 1 SGB II, § 9 SGB II) abhängig. Anders als die Leistungen nach dem Zwölften Buch werden sie aber nur auf Antrag (§ 37 SGB II) erbracht. Die Bewilligung der Kosten für Unterkunft und Heizung für einen Zeitraum von regelmäßig sechs Monaten (§ 41 Abs 1 Satz 4 SGB II) verdeutlicht, dass nicht nur hinsichtlich der pauschalierten Regelleistung, sondern auch bezogen auf die Kosten für Unterkunft und Heizung eine Bedarfsdeckung nicht nur wegen eines gegenwärtigen, sondern auch wegen eines prognostischen zukünftigen Hilfebedarfs im Wege der Bewilligung einer Dauerleistung stattfindet und insofern bereits normativ eine Einschränkung von dem in der Vergangenheit für die Sozialhilfe vertretenen Konzept einer "Nothilfe" vorliegt (vgl auch Waschull in Lehr- und Praxiskommentar zum SGB X, 2. Aufl 2007, § 44 RdNr 3c). Vor diesem Hintergrund lässt § 40 Abs 1 SGB II mit seinem ausdrücklichen Verweis auf die Anwendbarkeit der Vorschriften des Zehnten Buchs (Satz 1) und seiner abschließenden Bezugnahme nicht auf sozialhilferechtliche Grundsätze, sondern auf die in § 330 SGB III für das Arbeitsförderungsrecht geltenden Besonderheiten für die Aufhebung von Verwaltungsakten(vgl auch Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 40 RdNr 5) weitere, gesetzlich nicht normierte Einschränkungen für eine Rücknahme anfänglich rechtswidriger Verwaltungsakte nach § 44 SGB X im vorliegenden Zusammenhang der als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung bewilligten Kosten für Unterkunft und Heizung nicht zu.

20

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Leistungen zur Eingliederung in Arbeit können erbracht werden, soweit sie zur Vermeidung oder Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit für die Eingliederung erforderlich sind. Bei den Leistungen zur Eingliederung in Arbeit sind zu berücksichtigen

1.
die Eignung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die individuelle Lebenssituation der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, insbesondere ihre familiäre Situation,
3.
die voraussichtliche Dauer der Hilfebedürftigkeit der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und
4.
die Dauerhaftigkeit der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten.
Vorrangig sollen Leistungen erbracht werden, die die unmittelbare Aufnahme einer Ausbildung oder Erwerbstätigkeit ermöglichen, es sei denn, eine andere Leistung ist für die dauerhafte Eingliederung erforderlich. Von der Erforderlichkeit für die dauerhafte Eingliederung ist insbesondere auszugehen, wenn leistungsberechtigte Personen ohne Berufsabschluss Leistungen zur Unterstützung der Aufnahme einer Ausbildung nach diesem Buch, dem Dritten Buch oder auf anderer rechtlicher Grundlage erhalten oder an einer nach § 16 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 in Verbindung mit § 81 des Dritten Buches zu fördernden beruflichen Weiterbildung teilnehmen oder voraussichtlich teilnehmen werden. Die Verpflichtung zur vorrangigen Aufnahme einer Ausbildung oder Erwerbstätigkeit gilt nicht im Verhältnis zur Förderung von Existenzgründungen mit einem Einstiegsgeld für eine selbständige Erwerbstätigkeit nach § 16b.

(2) Bei der Beantragung von Leistungen nach diesem Buch sollen unverzüglich Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach dem Ersten Abschnitt des Dritten Kapitels erbracht werden.

(3) Bei der Erbringung von Leistungen nach dem Ersten Abschnitt des Dritten Kapitels sind die Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten.

(4) Die Agentur für Arbeit hat darauf hinzuwirken, dass erwerbsfähige teilnahmeberechtigte Leistungsberechtigte, die

1.
nicht über ausreichende deutsche Sprachkenntnisse verfügen, vorrangig an einem Integrationskurs nach § 43 des Aufenthaltsgesetzes teilnehmen, oder
2.
darüber hinaus notwendige berufsbezogene Sprachkenntnisse benötigen, vorrangig an der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes teilnehmen.
Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 ist die Teilnahme am Integrationskurs nach § 43 des Aufenthaltsgesetzes oder an der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a des Aufenthaltsgesetzes in der Regel für eine dauerhafte Eingliederung erforderlich. Für die Teilnahmeberechtigung, die Verpflichtung zur Teilnahme und die Zugangsvoraussetzungen gelten die §§ 44, 44a und 45a des Aufenthaltsgesetzes sowie des § 9 Absatz 1 Satz 1 des Bundesvertriebenengesetzes in Verbindung mit der Verordnung über die Durchführung von Integrationskursen für Ausländer und Spätaussiedler und der Verordnung über die berufsbezogene Deutschsprachförderung.

(5) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts dürfen nur erbracht werden, soweit die Hilfebedürftigkeit nicht anderweitig beseitigt werden kann. Die nach diesem Buch vorgesehenen Leistungen decken den Bedarf der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und der mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen.

(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 außer Betracht. In den Fällen des § 7 Absatz 2 Satz 3 ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.

(3) Absatz 2 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Kind, das schwanger ist oder sein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(4) Hilfebedürftig ist auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde.

(5) Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.

(1) Leistungen nach diesem Buch werden auf Antrag erbracht. Leistungen nach § 24 Absatz 1 und 3 und Leistungen für die Bedarfe nach § 28 Absatz 5 sind gesondert zu beantragen.

(2) Leistungen nach diesem Buch werden nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht. Der Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wirkt auf den Ersten des Monats zurück. Wird ein Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für einen einzelnen Monat gestellt, in dem aus Jahresabrechnungen von Heizenergiekosten oder aus der angemessenen Bevorratung mit Heizmitteln resultierende Aufwendungen für die Heizung fällig sind, wirkt dieser Antrag, wenn er bis zum Ablauf des dritten Monats nach dem Fälligkeitsmonat gestellt wird, auf den Ersten des Fälligkeitsmonats zurück. Satz 3 gilt nur für Anträge, die bis zum 31. Dezember 2023 gestellt werden.

(1) Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts besteht für jeden Kalendertag. Der Monat wird mit 30 Tagen berechnet. Stehen die Leistungen nicht für einen vollen Monat zu, wird die Leistung anteilig erbracht.

(2) Berechnungen werden auf zwei Dezimalstellen durchgeführt, wenn nichts Abweichendes bestimmt ist. Bei einer auf Dezimalstellen durchgeführten Berechnung wird die letzte Dezimalstelle um eins erhöht, wenn sich in der folgenden Dezimalstelle eine der Ziffern 5 bis 9 ergeben würde.

(3) Über den Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ist in der Regel für ein Jahr zu entscheiden (Bewilligungszeitraum). Der Bewilligungszeitraum soll insbesondere in den Fällen regelmäßig auf sechs Monate verkürzt werden, in denen

1.
über den Leistungsanspruch vorläufig entschieden wird (§ 41a) oder
2.
die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung unangemessen sind.
Die Festlegung des Bewilligungszeitraums erfolgt einheitlich für die Entscheidung über die Leistungsansprüche aller Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft. Wird mit dem Bescheid über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht auch über die Leistungen zur Deckung der Bedarfe nach § 28 Absatz 2, 4, 6 und 7 entschieden, ist die oder der Leistungsberechtigte in dem Bescheid über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung über Leistungen zur Deckung der Bedarfe nach § 28 Absatz 2, 4, 6 und 7 gesondert erfolgt.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe von Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem SGB II in der Zeit vom 1.7.2006 bis 31.12.2006.

2

Die 1971 geborene Klägerin zu 1 sowie ihre 1990 und 1991 geborenen Söhne (Kläger zu 2 und 3) bewohnten im streitigen Zeitraum eine 94,03 m² große 3-Zimmer-Wohnung, deren Gesamtkosten 625,30 Euro betrugen. Sie setzten sich aus der Kaltmiete in Höhe von 427,50 Euro monatlich, den Nebenkosten in Höhe von 88,71 Euro monatlich, einem Betrag für Trinkwasser/Schmutzwasser in Höhe von 28,09 Euro monatlich und Abschlägen für Heizkosten in Höhe von 81 Euro monatlich zusammen.

3

Die Beklagte bewilligte den seit 1.1.2005 im Leistungsbezug nach dem SGB II stehenden Klägern vom 1.7.2005 bis 31.12.2005 weiterhin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung ihrer Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe (Bescheid vom 4.7.2005). Der Bescheid enthielt folgenden Zusatz: "Ich weise darauf hin, dass Ihre Unterkunftskosten/Heizkosten unangemessen i.S. des § 22 Abs 1 SGB II sind. Soweit die Kosten unangemessen sind, werden sie daher gemäß § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II längstens für den Zeitraum bis zum 30.06.2006 übernommen (danach nur Übernahme in angemessener Höhe). Während dieser Frist wird Ihnen Gelegenheit gegeben, die Kosten durch Wohnungswechsel etc. abzusenken." Für die Zeit vom 1.7.2006 bis 31.12.2006 bewilligte die Beklagte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung von Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von nur noch 502,50 Euro monatlich (Bescheid vom 6.7.2006).

4

Auf den Antrag der Kläger vom 23.9.2007 auf Rücknahme des Bewilligungsbescheids vom 6.7.2006 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 27.8.2008 für die Zeit vom 1.7.2006 bis 31.12.2006 als Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ua Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 547,11 Euro monatlich und wies den Widerspruch im Übrigen als unbegründet zurück (Bescheid vom 6.12.2007; Widerspruchsbescheid vom 28.8.2008).

5

Das SG Braunschweig hat den Bescheid der Beklagten vom 6.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.8.2008 aufgehoben und die Beklagte unter Änderung der Bescheide vom 6.7.2006 und 27.8.2008 verurteilt, "den Klägern zu 1 bis 3 - jeweils für den Zeitraum vom 1. Juli 2006 bis 31. Dezember 2006 - Kosten der Unterkunft und Heizung von weiteren 156,38 Euro zu zahlen" (Urteil vom 9.9.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, die Beklagte habe bei Erlass des Bescheids vom 6.7.2006 das Recht unrichtig angewandt, weil die Kläger Anspruch auf Übernahme ihrer tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung hätten. Zwar sei die von den Klägern bewohnte Wohnung zu groß; sie entspreche jedoch dem Produkt aus angemessener Wohnfläche und Standard, der sich in der Wohnungsmiete niederschlage. Da für den Kreis Gifhorn keine Mietspiegel, Mietdatenbanken oder ein schlüssiges Konzept der Beklagten zu den örtlichen Wohnraummieten vorlägen, sei auf die rechte Spalte der Tabelle zu § 8 Wohngeldgesetz (WoGG) zurückzugreifen. Es sei der für einen Vier-Personen-Haushalt geltende Höchstbetrag der Wohngeldtabelle (505 Euro einschließlich Nebenkosten ohne Heizung) zu berücksichtigen, weil sich andernfalls die Privilegierung von Alleinerziehenden nach den Wohnraumförderbestimmungen finanziell nicht auswirke. Dieser Tabellenwert sei um 10 vH zu erhöhen, sodass Unterkunftskosten (ohne Heizung) in Höhe von 555,50 Euro angemessen seien. Die tatsächlichen Aufwendungen der Kläger seien daher in voller Höhe zu übernehmen. Auch die Heizkosten in Höhe von 81 Euro monatlich seien angemessen, weil diese unter 1 Euro je (angemessenem) Quadratmeter lägen.

6

Mit ihrer Sprungrevision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 44 SGB X. Dessen Anwendung auf die Kosten für Unterkunft und Heizung sei nicht möglich. Das sozialhilferechtliche Prinzip der Gegenwärtigkeit (keine Sozialhilfe für die Vergangenheit) sei auf das Gebiet des SGB II zu übertragen, soweit keine pauschalierten Leistungen, sondern tatsächliche Aufwendungen - hier Kosten der Unterkunft und Heizung - bewilligt würden. Insofern hänge die Bewilligung vom Vorliegen einer gegenwärtigen Notlage ab. Eine nachträgliche Bewilligung von Leistungen für die Vergangenheit sei ausgeschlossen. Bei der Bestimmung der angemessenen Wohnfläche sei der absolute und uneingeschränkte Rückgriff auf die Wohnraumförderbestimmungen des Landes Niedersachsen zu weitgehend. Auch sei bei der Bestimmung der angemessenen Wohnfläche auf die Personenzahl, nicht jedoch ohne weitere Begründung allein auf die Situation als Alleinerziehende abzustellen.

7

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des SG Braunschweig vom 9.9.2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Kläger beantragen sinngemäß,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

9

Sie halten die Ausführungen des SG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Sprungrevision (§ 161 SGG)der Beklagten ist nicht begründet. Das SG hat die Beklagte zu Recht verurteilt, Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe ihrer tatsächlichen Aufwendungen zu zahlen. Die Kürzung der Kosten für Unterkunft und Heizung war rechtswidrig, weil die Kläger aufgrund des Inhalts der Kostensenkungsaufforderung in dem Bescheid vom 4.7.2005 in dem hier streitigen Zeitraum keine Kostensenkungsobliegenheit iS des § 22 Abs 1 SGB II traf. Neben der anfänglichen Rechtswidrigkeit liegen auch die weiteren Voraussetzungen des § 44 SGB X für die Rücknahme der ursprünglichen Bewilligungsbescheide und Nachzahlung der gekürzten Aufwendungen für Unterkunft und Heizung vor.

11

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 6.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.8.2008 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte die Korrektur der den Zeitraum vom 1.7.2006 bis 31.12.2006 betreffenden bestandskräftigen Bescheide abgelehnt hat. Streitig sind allein Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II, weil die Kläger ihr Klagebegehren zulässigerweise auf diese Leistungen beschränkt haben(vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, jeweils RdNr 18).

12

Der Anspruch der Kläger auf (teilweise) Rücknahme der Bewilligungsbescheide vom 6.7.2006 und 27.8.2008 ergibt sich aus § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm § 44 SGB X. § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X bestimmt, dass ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass dieses Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuchs längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht (§ 44 Abs 4 Satz 1 SGB X).

13

Die Bewilligungsbescheide vom 6.7.2006 und 27.8.2008 waren anfänglich, dh nach der im Zeitpunkt ihrer Bekanntgabe gegebenen Sach- und Rechtslage (vgl BSG Urteil vom 1.12.1999 - B 5 RJ 20/98 R - BSGE 85, 151, 153 = SozR 3-2600 § 300 Nr 15), rechtswidrig iS des § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X, weil die Kläger in dem Zeitraum vom 1.7.2006 bis 31.12.2006 Anspruch auf Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe von 625,30 Euro und nicht nur in reduzierter Höhe von 547,11 Euro hatten. Nach den Feststellungen des SG waren sie (weiterhin) Berechtigte iS des § 7 Abs 1 SGB II, weil sie das 15. Lebensjahr, nicht jedoch das 65. Lebensjahr vollendet hatten (Abs 1 Satz 1 Nr 1), erwerbsfähig (Abs 1 Satz 1 Nr 2) und in dem streitigen Zeitraum auch durchgehend hilfebedürftig (Abs 1 Satz 1 Nr 3) waren.

14

Zwar ist der Grundsicherungsträger nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II grundsätzlich nur verpflichtet, die angemessenen Unterkunftskosten zu übernehmen. Es kann hier jedoch dahingestellt bleiben, ob das SG die Höhe der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung zutreffend ermittelt hat, weil die Absenkung dieser Leistungen von der Höhe der tatsächlichen Aufwendungen auf die nach Ansicht des Grundsicherungsträgers angemessenen Kosten voraussetzt, dass den Hilfebedürftigen eine Kostensenkungsobliegenheit trifft (vgl Urteil des Senats vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954) bzw - ab 1.8.2006 - § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) sind die Aufwendungen für die Unterkunft, soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Subjektiv möglich im Sinne dieser Regelung sind einem Hilfebedürftigen Kostensenkungsmaßnahmen jedoch nur dann, wenn er Kenntnis davon hat, dass ihn die Obliegenheit trifft, derartige Maßnahmen zu ergreifen (BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - RdNr 15, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Aufgrund des unklaren Inhalts des Zusatzes zur Kostensenkung in dem Bescheid vom 4.7.2005 ist dies vorliegend nicht der Fall.

15

Der in dem Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 4.7.2005 enthaltene Zusatz vermittelte die erforderliche Kenntnis von Kostensenkungsmaßnahmen nicht, weil er keine Angaben der Beklagten zu dem von ihr als angemessen erachteten Mietpreis enthielt. Zwar normiert § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aF bzw § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II keine umfassenden Beratungs- und Aufklärungspflichten der Beklagten über die Obliegenheiten des Leistungsempfängers bei der Suche nach einer anderen, angemessenen Unterkunft und stellt auch keine sonstigen überhöhten inhaltlichen oder formellen Anforderungen an diese Erklärung des SGB II-Trägers. Die Aufklärungs- und Warnfunktion einer Kostensenkungsaufforderung (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, jeweils RdNr 29) erfordert aber, dass der aus Sicht des Grundsicherungsträgers angemessene Mietpreis angegeben wird, weil dies nach der Produkttheorie der entscheidende Maßstab zur Beurteilung der Angemessenheit ist (BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - RdNr 16, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; vgl auch BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 RdNr 40; vgl auch BSG Urteil vom 7.5.2009 - B 14 AS 14/08 R - RdNr 28, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, zu widersprüchlichen Angaben der Beklagten zur Höhe der angemessenen Unterkunftskosten). Nur wenn der Hilfebedürftige die Differenz zwischen den tatsächlichen Kosten der Unterkunft und den Angaben des Grundsicherungsträgers zu dem von ihm als angemessen angesehenen Mietpreis kennt - dies ist zugleich der rechtfertigende Grund für eine Kostensenkungsaufforderung mit ggf weitreichenden Folgen bis zum Verlust der bisherigen Wohnung als Lebensmittelpunkt - kann der Hilfebedürftige entscheiden, welche Maßnahmen einer Kostensenkung er ergreifen kann bzw will (vgl zu den verschiedenen Kostensenkungsmaßnahmen BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 RdNr 30). Da es sich bei der von der Rechtsprechung näher konkretisierten Kostensenkungsaufforderung wegen ihres engen Zusammenhangs mit dem Leistungsrecht der Unterkunfts- und Heizungskosten nach dem SGB II um eine Regelung des materiellen Rechts handelt, kann von vornherein kein im Rahmen des § 44 SGB X nur eingeschränkt korrigierbarer Verfahrensfehler vorliegen(vgl hierzu Steinwedel in Kasseler Komm, § 44 SGB X RdNr 31 ff, Stand Mai 2006; BSG Urteil vom 28.5.1997 - 14/10 RKg 25/95 - SozR 3-1300 § 44 Nr 21 S 45).

16

Auch die weiteren Voraussetzungen für den sich aus § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm § 44 Abs 1 und 4 SGB X ergebenden Anspruch der Kläger auf Rücknahme der teilweise rechtswidrigen Bewilligungsbescheide, auf Neubescheidung nach § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X sowie auf Nachzahlung der anfänglich zu gewährenden höheren Leistungen nach § 44 Abs 4 Satz 1 SGB X liegen vor. Den Klägern sind iS des § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X wegen der rechtswidrigen Kürzung der Kosten für Unterkunft und Heizung Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden. Hinsichtlich der Miet- und Heizkosten bestand in dem streitigen Zeitraum vom 1.7.2006 bis 31.12.2006 bei fortbestehender Hilfebedürftigkeit der Kläger ein tatsächlicher ungedeckter Bedarf in der vom LSG festgestellten (§ 163 SGG) mietvertraglich vereinbarten Höhe.

17

Die in § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB II iVm § 330 Abs 1 SGB III für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsakts mit Wirkung für die Vergangenheit gesetzlich normierten Ausnahmen liegen nicht vor. Hiernach ist für Fallgestaltungen, in denen der Verwaltungsakt auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsakts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt oder in ständiger Rechtsprechung anders als durch die Agentur für Arbeit ausgelegt worden ist, bestimmt, dass dieser Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des BVerfG oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen ist. Die für eine zeitlich eingeschränkte Rücknahme nach § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB II iVm § 330 Abs 1 SGB III allein in Betracht kommende zweite Alternative scheitert schon daran, dass eine einheitliche Praxis der Leistungsträger des SGB II bezogen auf den notwendigen Inhalt von Kostensenkungsaufforderungen nicht existiert(vgl zB zu Dienstanweisungen der Bundesagentur für Arbeit: BSG Urteil vom 29.6.2000 - B 11 AL 99/99 R - SozR 3-4100 § 152 Nr 10 S 36 f; siehe hierzu auch Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 40 RdNr 57).

18

Auch soweit § 44 Abs 4 SGB X die Rücknahme und Nachzahlung von Sozialleistungen neben der zeitlichen Begrenzung auf einen Zeitraum von bis zu vier Jahren vor der Rücknahme durch das jeweilige materielle Sozialleistungsrecht ("nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches") beschränkt, ergeben sich bei den hier als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung keine § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm § 44 SGB X verdrängenden Besonderheiten des SGB II(§ 37 Satz 1 Halbs 1 SGB I), aus denen sich - auch ohne ausdrückliche Anordnung des Gesetzgebers - ableiten lässt, dass die Rücknahme- und Nachzahlungsansprüche nach § 44 SGB X für die erfassten Sachverhalte (teilweise) eigenständig und abweichend festgelegt werden sollten(vgl zur Sozialhilfe: BSG Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 16/08 R - BSGE 104, 213 = SozR 4-1300 § 44 Nr 20; siehe auch BSG Urteil vom 31.1.2002 - B 13 RJ 23/01 R - BSGE 89, 151, 154 = SozR 3-1300 § 44 Nr 34 S 73 f). Vielmehr folgt aus der Ausgestaltung des § 40 SGB II, dass der Gesetzgeber des SGB II den Berechtigten grundsätzlich auch im SGB II so stellen wollte, als hätte die Verwaltung von vornherein richtig entschieden. Dem Hilfebedürftigen sollen diejenigen Leistungen zukommen, die ihm nach materiellem Recht zugestanden hätten (sog Restitutionsgedanke vgl zB BSG Urteil vom 1.12.1999 - B 5 RJ 20/98 R - BSGE 85, 151, 159 = SozR 3-2600 § 300 Nr 15; BSG Urteil vom 4.2.1998 - B 9 V 16/96 R - BSG SozR 3-1300 § 44 SGB X Nr 24 S 57).

19

Zwar sind die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II grundsätzlich von einer aktuellen, nicht anderweitig zu beseitigenden Hilfebedürftigkeit (§ 3 Abs 3 Satz 1 SGB II, § 9 SGB II) abhängig. Anders als die Leistungen nach dem Zwölften Buch werden sie aber nur auf Antrag (§ 37 SGB II) erbracht. Die Bewilligung der Kosten für Unterkunft und Heizung für einen Zeitraum von regelmäßig sechs Monaten (§ 41 Abs 1 Satz 4 SGB II) verdeutlicht, dass nicht nur hinsichtlich der pauschalierten Regelleistung, sondern auch bezogen auf die Kosten für Unterkunft und Heizung eine Bedarfsdeckung nicht nur wegen eines gegenwärtigen, sondern auch wegen eines prognostischen zukünftigen Hilfebedarfs im Wege der Bewilligung einer Dauerleistung stattfindet und insofern bereits normativ eine Einschränkung von dem in der Vergangenheit für die Sozialhilfe vertretenen Konzept einer "Nothilfe" vorliegt (vgl auch Waschull in Lehr- und Praxiskommentar zum SGB X, 2. Aufl 2007, § 44 RdNr 3c). Vor diesem Hintergrund lässt § 40 Abs 1 SGB II mit seinem ausdrücklichen Verweis auf die Anwendbarkeit der Vorschriften des Zehnten Buchs (Satz 1) und seiner abschließenden Bezugnahme nicht auf sozialhilferechtliche Grundsätze, sondern auf die in § 330 SGB III für das Arbeitsförderungsrecht geltenden Besonderheiten für die Aufhebung von Verwaltungsakten(vgl auch Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 40 RdNr 5) weitere, gesetzlich nicht normierte Einschränkungen für eine Rücknahme anfänglich rechtswidriger Verwaltungsakte nach § 44 SGB X im vorliegenden Zusammenhang der als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung bewilligten Kosten für Unterkunft und Heizung nicht zu.

20

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Liegen die in § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil er auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt oder in ständiger Rechtsprechung anders als durch die Agentur für Arbeit ausgelegt worden ist, so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen.

(2) Liegen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vor, ist dieser auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(3) Liegen die in § 48 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vor, ist dieser mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Abweichend von § 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches ist mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an ein Verwaltungsakt auch aufzuheben, soweit sich das Bemessungsentgelt auf Grund einer Absenkung nach § 200 Abs. 3 zu Ungunsten der Betroffenen oder des Betroffenen ändert.

(4) Liegen die Voraussetzungen für die Rücknahme eines Verwaltungsaktes vor, mit dem ein Anspruch auf Erstattung des Arbeitslosengeldes durch Arbeitgeber geltend gemacht wird, ist dieser mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(5) (weggefallen)

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe von Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem SGB II in der Zeit vom 1.7.2006 bis 31.12.2006.

2

Die 1971 geborene Klägerin zu 1 sowie ihre 1990 und 1991 geborenen Söhne (Kläger zu 2 und 3) bewohnten im streitigen Zeitraum eine 94,03 m² große 3-Zimmer-Wohnung, deren Gesamtkosten 625,30 Euro betrugen. Sie setzten sich aus der Kaltmiete in Höhe von 427,50 Euro monatlich, den Nebenkosten in Höhe von 88,71 Euro monatlich, einem Betrag für Trinkwasser/Schmutzwasser in Höhe von 28,09 Euro monatlich und Abschlägen für Heizkosten in Höhe von 81 Euro monatlich zusammen.

3

Die Beklagte bewilligte den seit 1.1.2005 im Leistungsbezug nach dem SGB II stehenden Klägern vom 1.7.2005 bis 31.12.2005 weiterhin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung ihrer Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe (Bescheid vom 4.7.2005). Der Bescheid enthielt folgenden Zusatz: "Ich weise darauf hin, dass Ihre Unterkunftskosten/Heizkosten unangemessen i.S. des § 22 Abs 1 SGB II sind. Soweit die Kosten unangemessen sind, werden sie daher gemäß § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II längstens für den Zeitraum bis zum 30.06.2006 übernommen (danach nur Übernahme in angemessener Höhe). Während dieser Frist wird Ihnen Gelegenheit gegeben, die Kosten durch Wohnungswechsel etc. abzusenken." Für die Zeit vom 1.7.2006 bis 31.12.2006 bewilligte die Beklagte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung von Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von nur noch 502,50 Euro monatlich (Bescheid vom 6.7.2006).

4

Auf den Antrag der Kläger vom 23.9.2007 auf Rücknahme des Bewilligungsbescheids vom 6.7.2006 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 27.8.2008 für die Zeit vom 1.7.2006 bis 31.12.2006 als Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ua Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 547,11 Euro monatlich und wies den Widerspruch im Übrigen als unbegründet zurück (Bescheid vom 6.12.2007; Widerspruchsbescheid vom 28.8.2008).

5

Das SG Braunschweig hat den Bescheid der Beklagten vom 6.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.8.2008 aufgehoben und die Beklagte unter Änderung der Bescheide vom 6.7.2006 und 27.8.2008 verurteilt, "den Klägern zu 1 bis 3 - jeweils für den Zeitraum vom 1. Juli 2006 bis 31. Dezember 2006 - Kosten der Unterkunft und Heizung von weiteren 156,38 Euro zu zahlen" (Urteil vom 9.9.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, die Beklagte habe bei Erlass des Bescheids vom 6.7.2006 das Recht unrichtig angewandt, weil die Kläger Anspruch auf Übernahme ihrer tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung hätten. Zwar sei die von den Klägern bewohnte Wohnung zu groß; sie entspreche jedoch dem Produkt aus angemessener Wohnfläche und Standard, der sich in der Wohnungsmiete niederschlage. Da für den Kreis Gifhorn keine Mietspiegel, Mietdatenbanken oder ein schlüssiges Konzept der Beklagten zu den örtlichen Wohnraummieten vorlägen, sei auf die rechte Spalte der Tabelle zu § 8 Wohngeldgesetz (WoGG) zurückzugreifen. Es sei der für einen Vier-Personen-Haushalt geltende Höchstbetrag der Wohngeldtabelle (505 Euro einschließlich Nebenkosten ohne Heizung) zu berücksichtigen, weil sich andernfalls die Privilegierung von Alleinerziehenden nach den Wohnraumförderbestimmungen finanziell nicht auswirke. Dieser Tabellenwert sei um 10 vH zu erhöhen, sodass Unterkunftskosten (ohne Heizung) in Höhe von 555,50 Euro angemessen seien. Die tatsächlichen Aufwendungen der Kläger seien daher in voller Höhe zu übernehmen. Auch die Heizkosten in Höhe von 81 Euro monatlich seien angemessen, weil diese unter 1 Euro je (angemessenem) Quadratmeter lägen.

6

Mit ihrer Sprungrevision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 44 SGB X. Dessen Anwendung auf die Kosten für Unterkunft und Heizung sei nicht möglich. Das sozialhilferechtliche Prinzip der Gegenwärtigkeit (keine Sozialhilfe für die Vergangenheit) sei auf das Gebiet des SGB II zu übertragen, soweit keine pauschalierten Leistungen, sondern tatsächliche Aufwendungen - hier Kosten der Unterkunft und Heizung - bewilligt würden. Insofern hänge die Bewilligung vom Vorliegen einer gegenwärtigen Notlage ab. Eine nachträgliche Bewilligung von Leistungen für die Vergangenheit sei ausgeschlossen. Bei der Bestimmung der angemessenen Wohnfläche sei der absolute und uneingeschränkte Rückgriff auf die Wohnraumförderbestimmungen des Landes Niedersachsen zu weitgehend. Auch sei bei der Bestimmung der angemessenen Wohnfläche auf die Personenzahl, nicht jedoch ohne weitere Begründung allein auf die Situation als Alleinerziehende abzustellen.

7

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des SG Braunschweig vom 9.9.2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Kläger beantragen sinngemäß,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

9

Sie halten die Ausführungen des SG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Sprungrevision (§ 161 SGG)der Beklagten ist nicht begründet. Das SG hat die Beklagte zu Recht verurteilt, Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe ihrer tatsächlichen Aufwendungen zu zahlen. Die Kürzung der Kosten für Unterkunft und Heizung war rechtswidrig, weil die Kläger aufgrund des Inhalts der Kostensenkungsaufforderung in dem Bescheid vom 4.7.2005 in dem hier streitigen Zeitraum keine Kostensenkungsobliegenheit iS des § 22 Abs 1 SGB II traf. Neben der anfänglichen Rechtswidrigkeit liegen auch die weiteren Voraussetzungen des § 44 SGB X für die Rücknahme der ursprünglichen Bewilligungsbescheide und Nachzahlung der gekürzten Aufwendungen für Unterkunft und Heizung vor.

11

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 6.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.8.2008 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte die Korrektur der den Zeitraum vom 1.7.2006 bis 31.12.2006 betreffenden bestandskräftigen Bescheide abgelehnt hat. Streitig sind allein Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II, weil die Kläger ihr Klagebegehren zulässigerweise auf diese Leistungen beschränkt haben(vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, jeweils RdNr 18).

12

Der Anspruch der Kläger auf (teilweise) Rücknahme der Bewilligungsbescheide vom 6.7.2006 und 27.8.2008 ergibt sich aus § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm § 44 SGB X. § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X bestimmt, dass ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass dieses Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuchs längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht (§ 44 Abs 4 Satz 1 SGB X).

13

Die Bewilligungsbescheide vom 6.7.2006 und 27.8.2008 waren anfänglich, dh nach der im Zeitpunkt ihrer Bekanntgabe gegebenen Sach- und Rechtslage (vgl BSG Urteil vom 1.12.1999 - B 5 RJ 20/98 R - BSGE 85, 151, 153 = SozR 3-2600 § 300 Nr 15), rechtswidrig iS des § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X, weil die Kläger in dem Zeitraum vom 1.7.2006 bis 31.12.2006 Anspruch auf Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe von 625,30 Euro und nicht nur in reduzierter Höhe von 547,11 Euro hatten. Nach den Feststellungen des SG waren sie (weiterhin) Berechtigte iS des § 7 Abs 1 SGB II, weil sie das 15. Lebensjahr, nicht jedoch das 65. Lebensjahr vollendet hatten (Abs 1 Satz 1 Nr 1), erwerbsfähig (Abs 1 Satz 1 Nr 2) und in dem streitigen Zeitraum auch durchgehend hilfebedürftig (Abs 1 Satz 1 Nr 3) waren.

14

Zwar ist der Grundsicherungsträger nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II grundsätzlich nur verpflichtet, die angemessenen Unterkunftskosten zu übernehmen. Es kann hier jedoch dahingestellt bleiben, ob das SG die Höhe der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung zutreffend ermittelt hat, weil die Absenkung dieser Leistungen von der Höhe der tatsächlichen Aufwendungen auf die nach Ansicht des Grundsicherungsträgers angemessenen Kosten voraussetzt, dass den Hilfebedürftigen eine Kostensenkungsobliegenheit trifft (vgl Urteil des Senats vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954) bzw - ab 1.8.2006 - § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) sind die Aufwendungen für die Unterkunft, soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Subjektiv möglich im Sinne dieser Regelung sind einem Hilfebedürftigen Kostensenkungsmaßnahmen jedoch nur dann, wenn er Kenntnis davon hat, dass ihn die Obliegenheit trifft, derartige Maßnahmen zu ergreifen (BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - RdNr 15, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Aufgrund des unklaren Inhalts des Zusatzes zur Kostensenkung in dem Bescheid vom 4.7.2005 ist dies vorliegend nicht der Fall.

15

Der in dem Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 4.7.2005 enthaltene Zusatz vermittelte die erforderliche Kenntnis von Kostensenkungsmaßnahmen nicht, weil er keine Angaben der Beklagten zu dem von ihr als angemessen erachteten Mietpreis enthielt. Zwar normiert § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aF bzw § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II keine umfassenden Beratungs- und Aufklärungspflichten der Beklagten über die Obliegenheiten des Leistungsempfängers bei der Suche nach einer anderen, angemessenen Unterkunft und stellt auch keine sonstigen überhöhten inhaltlichen oder formellen Anforderungen an diese Erklärung des SGB II-Trägers. Die Aufklärungs- und Warnfunktion einer Kostensenkungsaufforderung (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, jeweils RdNr 29) erfordert aber, dass der aus Sicht des Grundsicherungsträgers angemessene Mietpreis angegeben wird, weil dies nach der Produkttheorie der entscheidende Maßstab zur Beurteilung der Angemessenheit ist (BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - RdNr 16, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; vgl auch BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 RdNr 40; vgl auch BSG Urteil vom 7.5.2009 - B 14 AS 14/08 R - RdNr 28, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, zu widersprüchlichen Angaben der Beklagten zur Höhe der angemessenen Unterkunftskosten). Nur wenn der Hilfebedürftige die Differenz zwischen den tatsächlichen Kosten der Unterkunft und den Angaben des Grundsicherungsträgers zu dem von ihm als angemessen angesehenen Mietpreis kennt - dies ist zugleich der rechtfertigende Grund für eine Kostensenkungsaufforderung mit ggf weitreichenden Folgen bis zum Verlust der bisherigen Wohnung als Lebensmittelpunkt - kann der Hilfebedürftige entscheiden, welche Maßnahmen einer Kostensenkung er ergreifen kann bzw will (vgl zu den verschiedenen Kostensenkungsmaßnahmen BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 RdNr 30). Da es sich bei der von der Rechtsprechung näher konkretisierten Kostensenkungsaufforderung wegen ihres engen Zusammenhangs mit dem Leistungsrecht der Unterkunfts- und Heizungskosten nach dem SGB II um eine Regelung des materiellen Rechts handelt, kann von vornherein kein im Rahmen des § 44 SGB X nur eingeschränkt korrigierbarer Verfahrensfehler vorliegen(vgl hierzu Steinwedel in Kasseler Komm, § 44 SGB X RdNr 31 ff, Stand Mai 2006; BSG Urteil vom 28.5.1997 - 14/10 RKg 25/95 - SozR 3-1300 § 44 Nr 21 S 45).

16

Auch die weiteren Voraussetzungen für den sich aus § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm § 44 Abs 1 und 4 SGB X ergebenden Anspruch der Kläger auf Rücknahme der teilweise rechtswidrigen Bewilligungsbescheide, auf Neubescheidung nach § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X sowie auf Nachzahlung der anfänglich zu gewährenden höheren Leistungen nach § 44 Abs 4 Satz 1 SGB X liegen vor. Den Klägern sind iS des § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X wegen der rechtswidrigen Kürzung der Kosten für Unterkunft und Heizung Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden. Hinsichtlich der Miet- und Heizkosten bestand in dem streitigen Zeitraum vom 1.7.2006 bis 31.12.2006 bei fortbestehender Hilfebedürftigkeit der Kläger ein tatsächlicher ungedeckter Bedarf in der vom LSG festgestellten (§ 163 SGG) mietvertraglich vereinbarten Höhe.

17

Die in § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB II iVm § 330 Abs 1 SGB III für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsakts mit Wirkung für die Vergangenheit gesetzlich normierten Ausnahmen liegen nicht vor. Hiernach ist für Fallgestaltungen, in denen der Verwaltungsakt auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsakts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt oder in ständiger Rechtsprechung anders als durch die Agentur für Arbeit ausgelegt worden ist, bestimmt, dass dieser Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des BVerfG oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen ist. Die für eine zeitlich eingeschränkte Rücknahme nach § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB II iVm § 330 Abs 1 SGB III allein in Betracht kommende zweite Alternative scheitert schon daran, dass eine einheitliche Praxis der Leistungsträger des SGB II bezogen auf den notwendigen Inhalt von Kostensenkungsaufforderungen nicht existiert(vgl zB zu Dienstanweisungen der Bundesagentur für Arbeit: BSG Urteil vom 29.6.2000 - B 11 AL 99/99 R - SozR 3-4100 § 152 Nr 10 S 36 f; siehe hierzu auch Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 40 RdNr 57).

18

Auch soweit § 44 Abs 4 SGB X die Rücknahme und Nachzahlung von Sozialleistungen neben der zeitlichen Begrenzung auf einen Zeitraum von bis zu vier Jahren vor der Rücknahme durch das jeweilige materielle Sozialleistungsrecht ("nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches") beschränkt, ergeben sich bei den hier als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung keine § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm § 44 SGB X verdrängenden Besonderheiten des SGB II(§ 37 Satz 1 Halbs 1 SGB I), aus denen sich - auch ohne ausdrückliche Anordnung des Gesetzgebers - ableiten lässt, dass die Rücknahme- und Nachzahlungsansprüche nach § 44 SGB X für die erfassten Sachverhalte (teilweise) eigenständig und abweichend festgelegt werden sollten(vgl zur Sozialhilfe: BSG Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 16/08 R - BSGE 104, 213 = SozR 4-1300 § 44 Nr 20; siehe auch BSG Urteil vom 31.1.2002 - B 13 RJ 23/01 R - BSGE 89, 151, 154 = SozR 3-1300 § 44 Nr 34 S 73 f). Vielmehr folgt aus der Ausgestaltung des § 40 SGB II, dass der Gesetzgeber des SGB II den Berechtigten grundsätzlich auch im SGB II so stellen wollte, als hätte die Verwaltung von vornherein richtig entschieden. Dem Hilfebedürftigen sollen diejenigen Leistungen zukommen, die ihm nach materiellem Recht zugestanden hätten (sog Restitutionsgedanke vgl zB BSG Urteil vom 1.12.1999 - B 5 RJ 20/98 R - BSGE 85, 151, 159 = SozR 3-2600 § 300 Nr 15; BSG Urteil vom 4.2.1998 - B 9 V 16/96 R - BSG SozR 3-1300 § 44 SGB X Nr 24 S 57).

19

Zwar sind die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II grundsätzlich von einer aktuellen, nicht anderweitig zu beseitigenden Hilfebedürftigkeit (§ 3 Abs 3 Satz 1 SGB II, § 9 SGB II) abhängig. Anders als die Leistungen nach dem Zwölften Buch werden sie aber nur auf Antrag (§ 37 SGB II) erbracht. Die Bewilligung der Kosten für Unterkunft und Heizung für einen Zeitraum von regelmäßig sechs Monaten (§ 41 Abs 1 Satz 4 SGB II) verdeutlicht, dass nicht nur hinsichtlich der pauschalierten Regelleistung, sondern auch bezogen auf die Kosten für Unterkunft und Heizung eine Bedarfsdeckung nicht nur wegen eines gegenwärtigen, sondern auch wegen eines prognostischen zukünftigen Hilfebedarfs im Wege der Bewilligung einer Dauerleistung stattfindet und insofern bereits normativ eine Einschränkung von dem in der Vergangenheit für die Sozialhilfe vertretenen Konzept einer "Nothilfe" vorliegt (vgl auch Waschull in Lehr- und Praxiskommentar zum SGB X, 2. Aufl 2007, § 44 RdNr 3c). Vor diesem Hintergrund lässt § 40 Abs 1 SGB II mit seinem ausdrücklichen Verweis auf die Anwendbarkeit der Vorschriften des Zehnten Buchs (Satz 1) und seiner abschließenden Bezugnahme nicht auf sozialhilferechtliche Grundsätze, sondern auf die in § 330 SGB III für das Arbeitsförderungsrecht geltenden Besonderheiten für die Aufhebung von Verwaltungsakten(vgl auch Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 40 RdNr 5) weitere, gesetzlich nicht normierte Einschränkungen für eine Rücknahme anfänglich rechtswidriger Verwaltungsakte nach § 44 SGB X im vorliegenden Zusammenhang der als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung bewilligten Kosten für Unterkunft und Heizung nicht zu.

20

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 28. Februar 2013 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Höhe der für die Zeit vom 1.11.2007 bis 31.3.2008 vom Beklagten zu leistenden Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

2

Der 1971 geborene, alleinstehende Kläger bezieht vom Beklagten seit 1.1.2005 mit Unterbrechungen Arbeitslosengeld II (Alg II). Vom 1.8.2005 bis zu seinem Umzug am 15.1.2007 bewohnte er in K. eine 32,35 m² große Wohnung, für die er eine monatliche Bruttokaltmiete von 190 Euro (Nettokaltmiete 149 Euro und kalte Betriebskosten 41 Euro) und ab Oktober 2006 eine monatliche Heizkostenvorauszahlung von 17 Euro zahlte. Der Beklagte bewilligte dem Kläger Alg II unter Berücksichtigung der Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 203,94 Euro für Dezember 2006 und in Höhe von 209,11 Euro inklusive einer Nebenkostennachforderung in Höhe von 5,17 Euro für Januar 2007.

3

Einen vom Kläger am 11.9.2006 gestellten Antrag auf Zusicherung künftiger Unterkunftsaufwendungen vor einem Umzug innerhalb von K. in eine teurere Zwei-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von 49 m² lehnte der Beklagte ab (Bescheid vom 25.9.2006, Widerspruchsbescheid vom 24.11.2006). Die hiergegen vor dem Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) erhobene Klage (S 7 AS 61/07) blieb ohne Erfolg, da der Umzug in eine größere Wohnung nicht erforderlich gewesen sei (Urteil vom 8.9.2009).

4

Am 2.1.2007 hatte der Kläger den Mietvertrag über die größere Wohnung in K. geschlossen, für die er ab Einzug am 15.1.2007 die geschuldete monatliche Bruttowarmmiete von 342,55 Euro zahlte. Für den Zeitraum vom 1.2.2007 bis 31.7.2007 bewilligte der Beklagte dem Kläger Alg II unter Berücksichtigung von Kosten für Unterkunft und Heizung nur in Höhe der vorherigen Unterkunftsaufwendungen von monatlich 209,11 Euro (bestandskräftiger Bescheid vom 18.1.2007). Diese Bewilligung hob er für die Zeit vom 1.6.2007 bis 31.7.2007 wegen der Erzielung von Erwerbseinkommen ganz auf und forderte vom Kläger die Erstattung der Leistungen (bestandskräftiger Bescheid vom 21.11.2007). Der Kläger hatte am 11.4.2007 mit der N einen Arbeitsvertrag für Saisonarbeit in Dänemark geschlossen, befristet bis 31.12.2007. Er übte die Beschäftigung vom 11.4.2007 bis 14.10.2007 aus, weil das Beschäftigungsverhältnis vorzeitig beendet wurde.

5

Auf den am 11.10.2007 gestellten neuen Alg II-Antrag des Klägers, der weiterhin in der von ihm zuletzt angemieteten Wohnung in K. wohnte, bewilligte der Beklagte für die Zeit vom 1.11.2007 bis 31.3.2008 Alg II in Höhe von monatlich 556,11 Euro, bestehend aus der Regelleistung in Höhe von 347 Euro und Kosten für Unterkunft und Heizung erneut nur in Höhe von 209,11 Euro (Bescheid vom 13.11.2007). Der hiergegen mit dem Begehren auf Zahlung der tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung erhobene Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 27.11.2008).

6

Das SG hat den Beklagten im anschließenden Klageverfahren verurteilt, dem Kläger Alg II unter Berücksichtigung monatlicher Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 336,29 Euro zu gewähren (Urteil vom 8.9.2009). Der Kläger habe einen Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen und angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung von 342,55 Euro abzüglich der Warmwasserpauschale von 6,26 Euro. Die Vorschrift des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II finde entgegen der Auffassung des Beklagten keine Anwendung, da sie nur bei Umzügen während eines ununterbrochenen Leistungsbezuges gelte, nicht aber nach zeitweiliger Überwindung der Hilfebedürftigkeit und Beendigung des Leistungsbezugs. Die vom SG zugelassene Berufung des Beklagten beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt (LSG) ist erfolglos geblieben (Urteil vom 28.2.2013). Die zu übernehmenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung seien im streitigen Bewilligungsabschnitt trotz Eingreifens der Regelung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II im früheren Bewilligungsabschnitt nicht der Höhe nach begrenzt, da die Vorschrift nicht nach unterbrochenem Leistungsbezug fortwirkend anwendbar sei. Wer nicht oder nicht mehr im Leistungsbezug stehe, sei auch nicht den Regelungen des SGB II unterworfen. Allerdings sei nicht jede Unterbrechung des Leistungsbezugs ausreichend, sondern die Überwindung der Hilfebedürftigkeit aus eigener Kraft, dh durch eigenes Einkommen und nicht durch Rückgriff auf Schonvermögen oder nicht nachhaltige Zuwendungen Dritter, für mindestens einen Monat erforderlich. Da der Kläger fünf Monate wegen eigenen Einkommens und fehlender Hilfebedürftigkeit nicht im Leistungsbezug gestanden habe, sei § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nach seinem neuen Alg II-Antrag nicht mehr anzuwenden.

7

Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision macht der Beklagte eine Verletzung von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II geltend. Die Voraussetzungen der Norm seien erfüllt, da der Kläger zur Zeit des Mietvertragsabschlusses und Umzugs im Leistungsbezug gestanden habe und der Umzug nicht erforderlich gewesen sei. Die vorübergehende Unterbrechung des Leistungsbezugs infolge der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit stehe der Anwendbarkeit der Norm nicht entgegen, jedenfalls dann nicht, wenn die Unterbrechung nicht mindestens sechs Monate gedauert habe.

8

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 28. Februar 2013 und das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 8. September 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Der Kläger beantragt,
die Revision des Beklagten zurückzuweisen.

10

Er nimmt auf die Entscheidungen des SG und des LSG Bezug.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision des Beklagten ist unbegründet. Das LSG hat zu Recht die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG zurückgewiesen, denn der Kläger hat Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen für die im streitigen Zeitraum vom 1.11.2007 bis 31.3.2008 bewohnte Wohnung in Höhe von monatlich 342,55 Euro abzüglich der Warmwasserpauschale von 6,26 Euro.

12

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die vom Beklagten begehrte Aufhebung der Urteile des LSG und des SG, mithin seine Verpflichtung, dem Kläger unter Abänderung des Bescheides vom 13.11.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.11.2008 für die Zeit vom 1.11.2007 bis 31.3.2008 weitere Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 127,18 Euro zu zahlen. Der Betrag ergibt sich aus der Differenz der vom Kläger tatsächlich aufgewendeten Kosten für Unterkunft und Heizung für die von ihm im streitigen Zeitraum bewohnte Wohnung abzüglich der Warmwasserpauschale in Höhe von 336,29 Euro und der vom Beklagten bewilligten 209,11 Euro. Die Beschränkung des Streitgegenstandes allein auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung war nach der alten, bis 31.12.2010 geltenden und hier anzuwendenden Rechtslage zulässig (vgl nur Bundessozialgericht vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18). Offen bleiben kann, ob auch unter der Neufassung (nF) der §§ 19 bis 22 SGB II zum 1.1.2011 durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453) eine entsprechende Beschränkung des Streitgegenstandes weiterhin prozessual zulässig ist.

13

Der Zeitraum ab Antragstellung des Klägers am 11.10.2007 bis 31.10.2007 ist nicht Streitgegenstand, da hierüber vom Beklagten mit bestandskräftigem Versagungsbescheid vom 12.11.2007 entschieden worden ist.

14

2. Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers auf die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung sind § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm §§ 7, 9, 19 SGB II in der für die streitige Zeit geltenden Fassung, denn in Rechtsstreitigkeiten über in der Vergangenheit liegende Zeiträume ist das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden.

15

Der Kläger stellte am 11.10.2007 den erforderlichen Antrag auf Alg II, welches die Kosten für Unterkunft und Heizung umfasst (§ 37, § 19 SGB II). Zudem erfüllte er im streitigen Zeitraum nach den von den Beteiligten nicht gerügten und deshalb den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 Sozialgerichtsgesetz) die Voraussetzungen hinsichtlich des Lebensalters, der Erwerbsfähigkeit und des gewöhnlichen Aufenthalts nach § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 1, 2 und 4 SGB II. Er war auch hilfebedürftig iS des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 iVm § 9 SGB II. Anhaltspunkte für das Eingreifen eines Ausschlusstatbestands (§ 7 Abs 1 Satz 2, Abs 4 und 5 SGB II) sind nicht ersichtlich.

16

Nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II hat der Kläger grundsätzlich Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe seiner tatsächlichen Aufwendungen, soweit diese angemessen sind. Eine Begrenzung der vom Beklagten zu zahlenden Kosten für Unterkunft und Heizung auf die geringeren bewilligten Kosten der zuvor vom Kläger bewohnten Wohnung folgt vorliegend nicht aus § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II(dazu unter 3.). Auch eine Kostensenkung nach § 22 Abs 1 Satz 1 iVm § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II kommt hier nicht in Betracht(dazu unter 4.).

17

3. § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II in der vom 1.8.2006 bis 31.12.2010 geltenden Fassung (aF), eingeführt durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706), lautete: "Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, werden die Leistungen weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden Aufwendungen erbracht."

18

Auf diese Vorschrift kann sich der Beklagte vorliegend nicht stützen, weil sie bei Eintritt eines neuen Leistungsfalls keine fortwirkende Anwendung findet (vgl auch Berlit in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 22 RdNr 78; Pletscher in Adolph/Linhart, SGB II/SGB XII/AsylbLG, § 22 SGB II RdNr 79, 84. EL Stand 11/2013; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 22 RdNr 243, Stand 10/2012). Eine neuer Leistungsfall liegt hier vor, weil der Kläger zu Beginn des streitigen Bewilligungsabschnitts seine frühere Hilfebedürftigkeit durch Erzielung bedarfsdeckenden Einkommens für mindestens einen Kalendermonat überwunden hatte und aus dem Leistungsbezug ausgeschieden war. Bei dem mit Eintritt seiner erneuten Hilfebedürftigkeit vorliegenden neuen Leistungsfall ist für die zu übernehmenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung allein § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II zugrunde zu legen. Die Voraussetzungen für die fortgesetzte Begrenzung der Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II liegen im streitigen Zeitraum trotz Eingreifens der Regelung im früheren Bewilligungsabschnitt(zu deren Voraussetzungen vgl BSG Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 107/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 52; Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R - BSGE 106, 147 = SozR 4-4200 § 22 Nr 35) nicht vor.

19

a) Die Anwendung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II wird durch eine mit der Unterbrechung des Leistungsbezugs von mindestens einem Kalendermonat verbundene Überwindung der Hilfebedürftigkeit jedenfalls durch Erzielung bedarfsdeckenden Einkommens begrenzt. Bei Eintritt eines neuen Leistungsfalles findet die Vorschrift keine Anwendung. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II, seinem Sinn und Zweck, einer vergleichenden Betrachtung mit § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II und unter Berücksichtigung von Wertungsgesichtspunkten sowie des Grundsatzes der Eigenverantwortung und des Forderns und Förderns.

20

Bereits dem gesetzlichen Tatbestandsmerkmal "weiterhin" ist es immanent, dass unmittelbar vor Eingreifen der Norm ein ununterbrochener Leistungsbezug bestanden haben muss. Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber dieses Tatbestandsmerkmal nicht in den seit 1.1.2011 geltenden § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nF übernommen hat, folgt keine andere Auslegung der hier anzuwendenden alten Fassung. Denn zum einen können hieraus keine Rückschlüsse für die Bewertung der Rechtslage vor diesem Zeitpunkt gezogen werden (so bereits zur fehlenden Regelung des Verteilzeitraums vor dem 1.4.2011: BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 89/12 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 62 RdNr 23; BSG Urteil vom 27.9.2011 - B 4 AS 180/10 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 40 RdNr 32). Zum anderen ist der Gesetzesbegründung zu entnehmen, dass trotz der Wortlautänderung § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nF dem bisherigen Recht entspricht(BT-Drucks 17/3404, S 98).

21

Auch aus dem Sinn und Zweck des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II ergibt sich, dass diese Vorschrift nach einer mit der Unterbrechung des Leistungsbezugs verbundenen Überwindung der Hilfebedürftigkeit bei Eintritt eines neuen Leistungsfalles nicht fortwirkt. Mit der nur nach erforderlichen Umzügen vorgesehenen Übernahme höherer, noch abstrakt angemessener Kosten für Unterkunft und Heizung soll eine missbräuchliche Leistungsinanspruchnahme durch Ausschöpfung der abstrakten Angemessenheitsgrenzen verhindert und den Kommunen im Hinblick auf die Kostensteigerungen bei Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II eine Steuerungsfunktion belassen werden(BT-Drucks 16/1410 S 23, zur ratio legis vgl auch ausführlich BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R - BSGE 106, 147 = SozR 4-4200 § 22 Nr 35, RdNr 21). Beide Ziele sind aber nur während des Leistungsbezugs und gerade nicht mehr ab dem mit der Überwindung der Hilfebedürftigkeit für mindestens einen Kalendermonat verbundenen Ende des Leistungsbezugs zu erreichen, da ab diesem Zeitpunkt die Vorschriften des SGB II für die nicht mehr hilfebedürftige Person nicht mehr gelten und die Leistungsträger keine Möglichkeit der Einflussnahme mehr haben.

22

Erst durch einen neuen Alg II-Antrag begibt sich die betroffene Person neu - wie die erstmalig hilfebedürftige Person - in das System des SGB II und auch nur bei Hilfebedürftigkeit und Leistungsbezug unterliegt sie erneut dessen Regeln (vgl BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - BSGE 105, 188 = SozR 4-4200 § 22 Nr 28, RdNr 19). Dem Umstand, dass ein Mietvertrag über eine teurere angemessene Wohnung noch während des früheren Leistungsbezugs und damit zu einem Zeitpunkt abgeschlossen worden war, als die hilfebedürftige Person nicht in der Lage war, die höheren Mietzahlungen für die neue Wohnung selbst zu leisten, wird durch die bis zur Überwindung der Hilfebedürftigkeit und Beendigung des früheren Leistungsbezugs eingreifende Kostenbegrenzung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II hinreichend Rechnung getragen.

23

Dieses Ergebnis wird auch durch eine vergleichende Betrachtung mit § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II aF bzw § 22 Abs 4 Satz 1 SGB II nF und den sich daraus ergebenden Wertungsgesichtspunkten bestätigt. Wie der 4. Senat des BSG bereits in früheren Entscheidungen betont hat, knüpft die Obliegenheit zur Einholung einer Zusicherung vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft nach § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II aF bzw § 22 Abs 4 Satz 1 SGB II nF und die damit verbundene Möglichkeit einer Kostenbegrenzung nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II an den Status als erwerbsfähige hilfebedürftige/leistungsberechtigte Person an(vgl BSG Urteil vom 30.8.2010 - B 4 AS 10/10 R - BSGE 106, 283 = SozR 4-4200 § 22 Nr 40, RdNr 18; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - BSGE 105, 188 = SozR 4-4200 § 22 Nr 28, RdNr 19). Die Vorschriften gelten auch bei Vorliegen eines früheren Leistungsbezugs nicht über dessen Beendigung hinaus, wenn die hilfebedürftige Person nach Überwindung der Hilfebedürftigkeit und Beendigung des Leistungsbezugs, aber vor dem Eintritt neuer Hilfebedürftigkeit eine neue Wohnung angemietet hat und in diese eingezogen ist, selbst wenn die neue Hilfebedürftigkeit zur Zeit des Vertragsabschlusses bereits absehbar war (BSG aaO). Die vorliegende Fallkonstellation rechtfertigt keine andere Behandlung einer ebenfalls erneut hilfebedürftig gewordenen Person.

24

Auch der dem gesamten Leistungssystem des SGB II immanente, in § 1 Abs 1 Satz 1 SGB II aF bzw § 1 Abs 2 Satz 1 SGB II nF sowie in § 2 SGB II normierte Grundsatz der Eigenverantwortung und des Forderns und Förderns spricht für die hier vorgenommene Auslegung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II. Die Eigenverantwortung leistungsberechtigter Personen soll insbesondere dadurch gestärkt werden, dass sie dazu beitragen, ihren Lebensunterhalt durch den Einsatz ihrer Arbeitskraft und damit unabhängig von der Grundsicherung zu bestreiten (vgl Kador in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 2 RdNr 5; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, K § 1 RdNr 27, Stand 2/2012). Hierdurch soll wiederum dem nur temporären Charakter der Leistungsgewährung nach dem SGB II Rechnung getragen werden, mit der Folge, dass die Verantwortung des Jobcenters - und damit auch seine Berechtigung zur Kostenbegrenzung nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II - endet, sobald der Leistungsberechtigte aus dem Leistungssystem ausscheidet, selbst dann, wenn das Ende des Leistungsbezugs nur vorübergehend ist und damit letztlich "nur" zu einer Unterbrechung führt. Durch den bei einem neuen Leistungsfall mit einer erneuten Anwendung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II verbundenen nochmaligen "Vorwurf", eine teurere Wohnung angemietet zu haben, würden der Grundsatz der Eigenverantwortung und des Forderns und Förderns sowie die vom Gesetzgeber als unterstützenswert erachteten Bemühungen zur Eingliederung in Arbeit(§ 1 Abs 2 Nr 2 SGB II aF/§ 1 Abs 3 Nr 2 SGB II nF, §§ 15 ff SGB II) konterkariert.

25

Wie auch der Senat bereits in einer früheren Entscheidung ausgeführt hat, gilt die Kostenbegrenzung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nur, solange nicht Veränderungen in den persönlichen Umständen der betroffenen Person eintreten, die eine Neubestimmung der für sie angemessenen Wohnkosten innerhalb der allgemeinen Angemessenheitsgrenzen des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II gerechtfertigt erscheinen lassen(Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 107/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 52 RdNr 13). Unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Eigenverantwortung und des Forderns und Förderns ist die Überwindung der Hilfebedürftigkeit für mindestens einen Kalendermonat jedenfalls durch Erzielung bedarfsdeckenden Einkommens eine solche Veränderung in den persönlichen Umständen (vgl auch zur Überwindung der Hilfebedürftigkeit im Zusammenhang mit der Bemessung des sog Verteilzeitraums bei einmaligen Einnahmen: BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 89/12 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 62 RdNr 64; Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, RdNr 31).

26

b) In zeitlicher Hinsicht ist als Zäsur für die Begrenzung einer fortgesetzten Anwendung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II die vorherige Überwindung der Hilfebedürftigkeit und Unterbrechung des Leistungsbezugs für mindestens einen Kalendermonat erforderlich, aber auch ausreichend(so bereits BSG Urteil vom 30.8.2010 - B 4 AS 10/10 R - BSGE 106, 283 = SozR 4-4200 § 22 Nr 40, RdNr 22; vgl im Übrigen auch Berlit in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 22 RdNr 78; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 22 RdNr 243, Stand 10/2012). Nach Ablauf eines Kalendermonats liegt bei erneuter Hilfebedürftigkeit ein neuer Leistungsfall vor. Die bloße Abmeldung aus dem Leistungsbezug trotz tatsächlich fortbestehender Hilfebedürftigkeit genügt dagegen nicht, um eine Zäsur mit Blick auf die fortgesetzte Anwendung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II zu erreichen.

27

Diese Anknüpfung an mindestens einen Kalendermonat für das Vorliegen eines neuen Leistungsfalls folgt aus dem im SGB II geltenden und in der Rechtsprechung des BSG bereits mehrfach betonten Monatsprinzip (vgl BSG Urteil vom 20.2.2014 - B 14 AS 53/12 R -, RdNr 26; BSG Urteil vom 22.8.2013 - B 14 AS 78/12 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 63 RdNr 21 mwN; BSG Urteil vom 30.7.2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 17 RdNr 28; BSG Beschluss vom 23.11.2006 - B 11b AS 17/06 B - SozR 4-4225 § 2 Nr 1 RdNr 14 f; zur Abgrenzung von Einkommen und Vermögen im Zusammenhang mit der Festlegung des sog Verteilzeitraums bei Zufluss einmaliger Einnahmen vgl auch BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, RdNr 31). Der Alg II-Anspruch ist auf eine kalendermonatsweise Betrachtung angelegt, wie bereits die in § 41 Abs 1 SGB II normierte Festlegung der Berechnungs- und Leistungsabschnitte auf einen Kalendermonat zeigt. Zudem wird der Regelbedarf (zuvor: Regelleistung) nach § 20 SGB II als Leistung je Kalendermonat ausgewiesen und die Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung iS von § 22 SGB II hat monatsweise zu erfolgen. Die Alg II-Verordnung aF (§ 2) bzw § 11 Abs 2 und 3 SGB II nF stellen hinsichtlich der Anrechnung von Einkommen auf den Zufluss von Einnahmen innerhalb eines Kalendermonats ab und § 30 SGB II aF bzw § 11b Abs 3 SGB II sehen einen vom monatlichen Erwerbseinkommen abzusetzenden Freibetrag vor. Auch § 23 Abs 4 SGB II aF bzw § 24 Abs 4 SGB II nF, wonach Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen erbracht werden können, soweit in dem Monat, für den die Leistungen erbracht werden, voraussichtlich Einnahmen anfallen, knüpfen an eine kalendermonatsweise Betrachtungsweise an. Nicht zuletzt kommt in § 37 Abs 2 Satz 2 SGB II nF, wonach der Alg II-Antrag auf den Ersten des Monats zurückwirkt, zum Ausdruck, dass das Gesetz für den Alg II-Anspruch an den Kalendermonat anknüpft.

28

An dieses Monatsprinzip des SGB II ist in zeitlicher Hinsicht auch für die Zäsur bei der Begrenzung der Anwendung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II anzuknüpfen. Hierdurch wird insbesondere dem Grundsatz des Forderns und Förderns Rechnung getragen, indem für die betroffenen Personen Anreize geschaffen werden, ihre Hilfebedürftigkeit durch Erzielung von Einkommen zu überwinden, um bei deren tatsächlicher Realisierung, sei es auch nur für einen Kalendermonat, von dem Vorteil der Beendigung der Wirkungsdauer des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II profitieren zu können.

29

Dieser Rückgriff auf das Monatsprinzip steht überdies mit der Rechtsprechung des 7. Senats des BSG im Einklang, wonach bei zu erbringenden Monatsleistungen wie nach dem SGB II, dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch oder dem Asylbewerberleistungsgesetz das Entfallen der Hilfebedürftigkeit für einen Monat genügt, um eine Zäsur für nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch nachträglich nicht zu erbringende Leistungen zu bewirken(vgl Urteil vom 26.6.2013 - B 7 AY 3/12 R - juris RdNr 13; Urteil vom 20.12.2012 - B 7 AY 4/11 R - SozR 4-3520 § 3 Nr 3 RdNr 14).

30

Für die vom Beklagten unter Bezugnahme auf einen Beschluss des LSG Sachsen (20.10.2008 - L 3 B 530/08 AS-ER) geforderte Unterbrechung des Leistungsbezugs von "wesentlich mehr als sechs Monaten" und auch für das Erfordernis eines zeitlichen Moments von sechs Monaten fehlt es dagegen an einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage. Zwar sieht § 41 Abs 1 Satz 4 SGB II als Regelbewilligungszeitraum sechs Monate vor. Dennoch liegt § 41 Abs 1 SGB II - wie gezeigt - insgesamt eine kalendermonatsweise Betrachtung der Berechnung und Erbringung der Leistungen nach dem SGB II zugrunde. Der sechsmonatige Bewilligungszeitraum folgt dagegen aus Gründen der Verwaltungsökonomie, weil eine monatsweise Überprüfung der Leistungsvoraussetzungen und Bescheidung nicht mit vertretbarem Aufwand zu realisieren wäre (vgl BT-Drucks 15/1516, S 63).

31

c) Anhaltspunkte dafür, dass § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II hier aus anderen Gründen fortwirken könnte, bietet der vorliegende Fall nicht, in dem der Kläger seine Hilfebedürftigkeit durch Erzielung bedarfsdeckenden Erwerbseinkommens für mehr als einen Kalendermonat überwunden hatte und für fünf Monate aus dem Leistungsbezug ausgeschieden war, bevor er erneut hilfebedürftig wurde. Seinem erneuten Leistungsantrag liegt ein neuer Leistungsfall zugrunde.

32

4. Da § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II im hier streitigen Zeitraum nicht anwendbar ist, sind nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II die Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen, soweit diese angemessen sind.

33

Eine hier allein noch denkbare Absenkung der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II scheidet aus, da es bereits an einer hierfür erforderlichen Kostensenkungsaufforderung des Beklagten fehlt. Die vom Kläger beantragte Zusicherung war allein aufgrund der fehlenden Erforderlichkeit des Umzugs aus der zuvor bewohnten in die neue Wohnung abgelehnt worden.

34

Von der festgestellten Bruttowarmmiete von monatlich 342,55 Euro war - wie vom SG im Ergebnis vorgenommen - lediglich ein Betrag in Höhe von monatlich 6,26 Euro als Warmwasserpauschale abzuziehen, da eine entsprechende Berücksichtigung bereits durch die Regelleistung in Höhe von 347 Euro erfolgte (vgl hierzu BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 8/09 R - BSGE 104, 179 = SozR 4-4200 § 22 Nr 24, RdNr 28 bis 30; Brehm/Schifferdecker, SGb 2010, 331, 335). Auf die für den streitigen Zeitraum fehlenden hinreichenden Feststellungen des LSG zu den nach Bruttokaltmiete und Heizkosten aufgeschlüsselten tatsächlichen Aufwendungen des Klägers (zur getrennten Angemessenheitsprüfung von Unterkunfts- und Heizkosten vgl zuletzt BSG Urteil vom 12.6.2013 - B 14 AS 60/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 69 RdNr 21)und zur Angemessenheit der Unterkunftskosten kommt es nicht an.

35

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

§ 44 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraumes beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

§ 44 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraumes beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

§ 44 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraumes beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.