Bundessozialgericht Beschluss, 14. Aug. 2014 - B 14 AS 46/14 B

bei uns veröffentlicht am14.08.2014

Tenor

Die Beschwerden der Klägerinnen gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 11. Dezember 2013 werden als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerden sind unzulässig, denn die Klägerinnen haben keinen der in § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) abschließend aufgeführten Zulassungsgründe - grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Abweichung (Divergenz), Verfahrensmangel - in der erforderlichen Weise bezeichnet bzw dargelegt(§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Beschwerden waren daher ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen (§ 160 Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG).

2

Die Klägerinnen haben den von ihnen allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht ausreichend dargelegt. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist (vgl BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; BSG SozR 1500 § 160a Nr 13). Die Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage sowie deren Klärungsfähigkeit und Entscheidungserheblichkeit im konkreten Rechtsstreit sind aufzuzeigen (vgl Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, IX. Kap, RdNr 63 ff). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung trotz umfangreicher Ausführungen nicht gerecht.

3

Die Klägerinnen haben folgende Rechtsfragen formuliert:

4

"a) Für welchen Zeitraum beschränkt § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II im Fall eines nicht erforderlichen Umzugs den Anspruch auf Übernahme der Unterkunftskosten durch den Träger der Leistung nach dem SGB II?"

5

"b) Ist der sich im Fall eines nicht erforderlichen Umzugs aus § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II ergebende Betrag zu dynamisieren und ggf. nach welchen Maßgaben?"

6

Insoweit sind die Klärungsbedürftigkeit, die Klärungsfähigkeit und die Entscheidungserheblichkeit für den vorliegenden konkreten Fall nicht in dem erforderlichen Maße dargelegt.

7

Hinsichtlich der ersten Frage haben sich die Klägerinnen schon nicht hinreichend mit der Absicht des Gesetzgebers auseinandergesetzt, mit der Begrenzung auf die bisher angemessenen Kosten bei einem nicht erforderlichen Umzug Kostensteigerungen im Bereich der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung entgegenzuwirken und zu verhindern, dass ein Leistungsberechtigter nur zum Zweck der Ausschöpfung der durch die kommunalen Träger ermittelten Angemessenheitsgrenzen für Wohnraum in eine Wohnung mit zwar höheren, aber gerade noch angemessenen Kosten ziehen (BT-Drucks 16/1410, S 23; vgl auch Bundessozialgericht Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R - BSGE 106, 147 = SozR 4-4200 § 22 Nr 35, RdNr 21). Vor diesem Hintergrund wäre darzulegen gewesen, dass es in Rechtsprechung und Literatur - abgesehen von einer Entscheidung des Sozialgerichts (SG) Mainz vom 18.10.2013 (S 17 AS 1069/12) - ernsthaft vertreten wird, dass bereits in dem Monat nach einem nicht erforderlichen Umzug die Begrenzung auf die bisherigen Kosten für Unterkunft und Heizung aufgehoben wird, weil ein neuer Bewilligungsabschnitt beginnt (Umzug der Klägerinnen zum 1.1.2007, strittiger Leistungszeitraum: 1.2. bis 31.7.2007); dazu ist dem Vorbringen nichts zu entnehmen.

8

Jedenfalls haben sich die Klägerinnen nicht in der gebotenen Weise mit der in ihrem Fall vom erkennenden Senat bereits getroffenen Entscheidung auseinandergesetzt (BSG Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 107/10 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 52). Insbesondere fehlt es vor diesem Hintergrund an ausreichenden Darlegungen zur Klärungsbedürftigkeit. Angesichts der Ausführungen des Senats, dass die Überschreitung der Höhe der bisherigen Kosten der Unterkunft in einem angemessenen Verhältnis zur Ursache des Umzugs in die neue Wohnung stehen und sich der Einzug gerade in die von dem Hilfebedürftigen gewählte neue Wohnung als erforderlich und geeignet zur Abwendung von nicht mehr weiter hinzunehmenden Nachteilen der bisherigen Wohnung erweisen muss, die Überschreitung der Höhe der bisherigen Kosten also in einem angemessenen Verhältnis zur Ursache des nicht zwingend erforderlichen Umzugs in die neue Wohnung stehen muss, was auch unterhalb der Angemessenheitsgrenze allenfalls eine geringfügige Kostensteigerung zulasse; bei einer Kostensteigerung auf rund 170 % (bzw um rund 70 %) erscheine die Erforderlichkeit des Umzugs wenig plausibel (BSG, aaO, RdNr 20 und 21), ist nämlich nicht dargelegt, dass sich aus dieser grundsätzlichen Wertung ergeben könnte, dass die Deckelung der Kosten nach § 22 Abs 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) bereits im nachfolgenden Bewilligungsabschnitt entfallen könnte. Ebenso fehlt eine Begründung für die Annahme, die Nichterforderlichkeit eines Umzugs könne sofort nach dessen Durchführung zumindest durch Anerkennung der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung bis zur Angemessenheitsgrenze ohne Berücksichtigung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II zulässig sein.

9

Ungeachtet der Tatsache, dass zu der zweiten für grundsätzlich bedeutsam gehaltenen Rechtsfrage zwei Revisionen anhängig sind (B 14 AS 6/14 R und B 14 AS 7/14 R), ist die Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit im vorliegenden konkreten Verfahren sowie die Entscheidungserheblichkeit nicht ausreichend dargelegt. Soweit sich die Klägerinnen nämlich hinsichtlich der Frage, ob der sich aus § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II ergebende Betrag bei einem nicht erforderlichen Umzug zu dynamisieren sei, auf Entscheidungen des SG Dresden(Urteil vom 6.8.2013 - S 38 AS 1793/13) und des SG Berlin (Urteil vom 16.7.2010 - S 82 AS 7352/09) beziehen, haben sie nicht dargelegt, dass sich die Frage der Dynamisierung, die dazu führen soll, dass der vor dem Umzug anerkannte angemessene Betrag nicht auf Dauer eingefroren, sondern ggf entsprechend der zeit- und realitätsgerechten Fortschreibung der abstrakten Angemessenheitsgrenze angepasst wird, bereits in den Monaten unmittelbar nach dem Umzug in eine die angemessenen Unterkunftskosten weit übersteigende Unterkunft stellen könnte, da die Klägerinnen zum 1.1.2007 umgezogen sind und Leistungen für die Zeit vom 1.2. bis 31.7.2007 strittig sind.

10

Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.

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Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfu

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Tenor Der Beklagte wird unter Änderung seiner Bescheide vom 23. Dezember 2011 und 8. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. März 2012 verurteilt, bei der Leistungsbewilligung an den Kläger in den Monaten Februar und März 2012

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 20. Nov. 2014 - L 4 AS 166/14

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Tenor Die Berufung wird zurückgewiesen. Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Berufungsverfahren zu tragen. Die Revision wird zugelassen. Tatbestand 1 Der Beklagte und Berufungskläger wendet sich gegen ein

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(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfung ohne mündliche Verhandlung erfolgt durch Beschluß ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung im Zeitraum vom 1.2. bis 30.6.2008.

2

Der Kläger lebte bis Ende 2006 in B., zog dann nach Ba. um und Anfang 2008 nach B. zurück. Er bezog bereits bei seinem ersten B.- Aufenthalt Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II. Der in B. für ihn zuständige Grundsicherungsträger, die Arge E., gewährte ihm bis Dezember 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts - ohne sanktionsbedingten oder sonstigen Abzug - in Höhe von 537,52 Euro (Regelleistung: 347 Euro und Leistungen für Unterkunft und Heizung: 190,52 Euro). Durch Bescheid vom 14.1.2008 hob sie die Bewilligung mit Wirkung ab dem 1.2.2008 wegen des Wechsels der Zuständigkeit auf Grund des Umzugs des Klägers auf. Am 25.1.2008 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum vom 1.2.2008 bis 30.6.2008 Grundsicherungsleistungen in Gestalt einer Regelleistung von 347 Euro und für Kosten der Unterkunft von 193,19 Euro.

3

Den Widerspruch des Klägers, mit dem dieser ua geltend gemacht hat, dass seine Miete - durch Mietvertrag nachgewiesen - in B. 300 Euro warm betrage und er sich damit innerhalb der von dem Beklagten gezogenen "Angemessenheitsgrenzen" halte, wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 3.3.2008 zurück. Zur Begründung führte er aus, der Umzug des Klägers aus dem Bezirk E. nach B. sei nicht erforderlich gewesen. Daher seien auch nur die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in bisheriger angemessener Höhe von 193,19 Euro von ihm zu erbringen (§ 22 Abs 1 Satz 2 SGB II).

4

Mit seiner Klage ist der Kläger insoweit erfolgreich gewesen, als das SG Berlin den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 25.1.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.3.2008 verurteilt hat, dem Kläger 100,28 Euro, insgesamt 293,47 Euro (Bruttowarmmiete in Berlin von 300 Euro minus 6,53 Euro Kosten der Warmwasserbereitung) als Kosten der Unterkunft zu gewähren (Urteil vom 24.7.2008). Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem SG die Klage in Höhe von 6,53 Euro zurückgenommen.

5

Auf die Berufung des Beklagten hat das LSG Berlin-Brandenburg das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 10.9.2009). Es hat ausgeführt, die vom Kläger geltend gemachten Kosten für Unterkunft und Heizung in B. in Höhe von 300 Euro abzüglich der Kosten für die Warmwasserbereitung seien zwar angemessen. Sie hielten sich unstreitig in den von dem Beklagten gesetzten Angemessenheitsgrenzen. Gleichwohl sei der Beklagte nicht verpflichtet, sie in tatsächlicher Höhe zu übernehmen. Der Umzug von E. nach B. sei nicht erforderlich gewesen, sodass Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nur in der Höhe erbracht werden müssten, wie sie von der Arge E. gewährt worden seien. Weder habe der Kläger den Umzug im Hinblick auf die Aufnahme einer konkreten Erwerbstätigkeit vollzogen, noch seien gesundheitliche Gründe oder sonstige Gründe sozialer Art für den Umzug ausschlaggebend gewesen. Der Anwendungsbereich des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II könne auch nicht auf einen Umzug innerhalb des "Vergleichsraums" beschränkt werden. Dieses gäben weder Gesetzestext noch Gesetzesmaterialien her. Ebenso wenig könne ein Verstoß gegen Art 11 GG angenommen werden. Ein Grundrechtseingriff liege bereits deswegen nicht vor, weil § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nicht auf die Einschränkung der Freizügigkeit ziele. Daher liege auch keine mittelbare Grundrechtsbeeinträchtigung vor. Zudem sei der Kläger tatsächlich nicht gehindert gewesen, nach B. umzuziehen, denn er habe für den Preis des Zimmers an seinem Wohnort in Ba. nach den Ermittlungen des Gerichts ebenfalls ein Zimmer in B. mieten können. Ebenso wenig vermochte das LSG einen Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG zu erkennen. Der "wichtige Grund" iS des Art 3 Abs 1 GG liege darin, dass zu Gunsten der Finanzlage der öffentlichen Hand an dem bisherigen Wohnstandard festgehalten werden solle. Auch bei richtiger Beratung des Klägers durch den Beklagten hätte kein Leistungsanspruch bestanden, sodass die Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ebenfalls nicht gegeben seien. Damit habe die Beklagte die allein streitigen Leistungen für Unterkunft und Heizung zutreffend auf 193,52 Euro begrenzt, wobei sie bereits über die von der Arge E. gewährten 190,52 Euro hinausgegangen sei.

6

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II. Er werde durch die vom LSG gewählte Auslegung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II in der ihm durch Art 11 Abs 1 GG gewährleisteten Freizügigkeit eingeschränkt, ohne dass hierfür ein Rechtfertigungsgrund iS des Art 11 Abs 2 GG vorhanden sei.

7

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 10. September 2009 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Juli 2008 zurückzuweisen.

8

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält die Ausführungen des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision ist begründet.

11

Der Kläger hat Anspruch auf die Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in dem vom SG ausgeurteilten Umfang. Im Gegensatz zur Auffassung des LSG waren die Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nicht der Höhe nach auf den im Zuständigkeitsbereich der Arge E. ihm gewährten Zahlbetrag nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II zu begrenzen. § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II entfaltet nach der Gesetzesbegründung, seiner systematischen Stellung innerhalb des § 22 Abs 1 SGB II und seinem Sinn und Zweck nur für Umzüge im Vergleichsraum Wirkung. Eine derartige Reduktion des Anwendungsbereichs des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II ist zudem verfassungsrechtlich unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art 3 Abs 1 GG iVm der durch Art 11 Abs 1 GG gewährleisteten Freizügigkeit geboten.

12

1. Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 25.1.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.3.2008. Zutreffend sind SG und LSG davon ausgegangen, dass die Folgebescheide nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits geworden sind. § 96 SGG greift in diesen Fällen nach der ständigen Rechtsprechung des BSG nicht(s nur BSG, Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R, BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1; BSG, Urteil vom 29.3.2007 - B 7b AS 4/06 R; BSG, Urteil vom 25.6.2008 - B 11b AS 45/06 R). Die Beteiligten haben sich zudem in einem schriftlichen Vergleich vor dem SG (Aktenzeichen: S 96 AS 22323/08) darüber geeinigt, dass der Beklagte sich für den Leistungszeitraum vom 1.7. bis 31.12.2008 der rechtskräftigen Entscheidung für den hier streitbefangenen Leistungszeitraum unterwerfen wird.

13

Die Beteiligten haben den Streitgegenstand auch zulässig auf die Kosten der Unterkunft (KdU) beschränkt. Zwar sind nach der Rechtsprechung des BSG bei einem Streit um höhere Leistungen grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen (BSG SozR 4-4300 § 428 Nr 3 RdNr 16; BSG, Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 29/06 R; BSG, Urteil vom 5.9.2007 - B 11b AS 49/06 R = SozR 4-4200 § 11 Nr 7). Ein Bescheid kann im Einzelfall jedoch gleichwohl mehrere abtrennbare Verfügungen enthalten. Um eine derartige abtrennbare Verfügung handelt es sich bei dem Betrag, der für die KdU nach § 22 SGB II bewilligt worden ist(vgl hierzu im Einzelnen BSG, Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R, BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 19, 22; s auch BSG, Urteil vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 55/06 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 9).

14

Der Kläger hat zudem den Streitgegenstand betragsmäßig begrenzt. Er hat die Klage vor dem SG in Höhe von monatlich 6,53 Euro für die Kosten der Warmwasserbereitung zurückgenommen. In Streit steht mithin für den streitigen Zeitraum der Differenzbetrag zwischen seinen tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in B. in Höhe von 300 Euro monatlich minus 6,53 Euro = 293,47 Euro und den von dem Beklagten als Leistung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II erbrachten 193,19 Euro, also 100,28 Euro monatlich.

15

2. Der Kläger hat Anspruch auf monatlich weitere 100,28 Euro als Leistungen für Unterkunft und Heizung in dem streitigen Zeitraum.

16

Er erfüllt die Voraussetzungen des § 7 SGB II für Leistungen der Grundsicherung. Sein Anspruch umfasst dem Grunde nach auch Leistungen für KdU. Diese werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind (vgl § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II). Damit lässt sich der Gesetzgeber - anders als bei der pauschalierten Regelleistung - bei den Unterkunftskosten zunächst vom Prinzip der Einzelfallgerechtigkeit leiten, indem er anordnet, auf die tatsächlichen Unterkunftskosten abzustellen. Diese sind im Grundsatz zu erstatten. Allerdings sind die tatsächlichen Kosten nicht in beliebiger Höhe erstattungsfähig, sondern nur insoweit, als sie angemessen sind. Die Angemessenheitsprüfung limitiert somit die erstattungsfähigen Kosten der Höhe nach (BSG, Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R).

17

Die vom Kläger in B. getätigten Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 300 Euro warm sind unstreitig angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II. Das LSG hat die angemessenen Mietkosten für einen Alleinstehenden in B. mit 360 Euro warm beziffert. Die dortigen Aufwendungen des Klägers liegen mit 300 Euro unter dieser Grenze. Der Beklagte ist mithin verpflichtet, die tatsächlichen Aufwendungen des Klägers als Leistung für Unterkunft und Heizung in dieser Höhe zu übernehmen. Er kann nicht damit gehört werden, dass die Leistung auf die tatsächlichen angemessenen Aufwendungen am Wohnort des Klägers im Bezirk der Arge E. zu begrenzen sei.

18

3. Nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) gilt mit Wirkung ab dem 1.8.2006: Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, werden die Leistungen weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden Aufwendungen erbracht. Es kann im vorliegenden Fall dahinstehen, nach welchen abstrakten Kriterien die Erforderlichkeit eines Umzugs iS dieser Vorschrift zu beurteilen ist und ob der Umzug des Klägers von Ba. nach B. hier in diesem Sinne erforderlich war. Die Vorschrift des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II findet auf Fallgestaltungen, bei denen ein Umzug über die Grenzen des Vergleichsraums iS der Rechtsprechung des BSG(s BSG, Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R) hinaus vorgenommen wird, von vornherein keine Anwendung (vgl LSG Baden-Württemberg vom 17.7.2008 - L 7 AS 1300/08; LSG Niedersachsen-Bremen vom 26.10.2007 - L 13 AS 168/07 ER; Berlit in Münder, LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 22 RdNr 48, 51; Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 47b; Knickrehm/Voelzke in Knickrehm/Voelzke/Spellbrink, Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II, DGST Praktikerleitfaden, 2009, S 21; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II Stand IX/2009 § 22 RdNr 95; aA Herold-Tews in Löns/Herold-Tews, SGB II, 2. Aufl 2009, § 22 RdNr 27b). Dieses folgt aus der Gesetzesbegründung (a), ihrer systematischen Stellung innerhalb des § 22 Abs 1 SGB II (b) und dem Sinn und Zweck der Vorschrift (c). Zudem ist die Reduktion des Anwendungsbereichs der Norm auf den Vergleichsraum unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art 3 Abs 1 GG und der durch Art 11 Abs 1 GG gewährleisteten Freizügigkeit geboten (d).

19

a) Eine Begrenzung des Anwendungsbereichs der Vorschrift auf die Grenzen des Vergleichsraums mag sich zwar nicht zwingend aus dem Wortlaut des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II erschließen. Bereits die Begründung im Gesetzentwurf legt jedoch ein Verständnis der Norm nahe, das auf eine Anwendung innerhalb des Vergleichsraums hinausläuft (vgl Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 47a; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2009, § 22 RdNr 95). In der Bundestagsdrucksache 16/1410 wird die Einführung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II wie folgt erläutert(S 23, zu Nummer 21 Buchstabe a): Durch die Regelung seien die Kosten der Unterkunft und Heizung in den Fällen auf die bisherigen angemessenen Unterkunftskosten begrenzt, in denen Hilfebedürftige unter Ausschöpfung der durch den kommunalen Träger festgelegten Angemessenheitsgrenzen für Wohnraum in eine Wohnung mit höheren, gerade noch angemessenen Kosten ziehen. Es wird hier also auf die kommunalen Angemessenheitsgrenzen abgestellt. Diese beziehen sich nach der ständigen Rechtsprechung des BSG jedoch immer auf den Vergleichsraum am Wohnort des Hilfebedürftigen (vgl BSG, Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R, BSGE 102, 263, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen und vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Nur dort ist die abstrakte Angemessenheitsgrenze zu ermitteln. Soweit das Berufungsgericht dem entgegenhält, eine Begrenzung auf den Vergleichsraum sei nicht mit der weiteren Begründung des Gesetzentwurfs in Übereinstimmung zu bringen, in der als Beispielsfall für die Erforderlichkeit des Umzugs die Eingliederung in Arbeit benannt werde, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Das LSG nimmt an, ein Umzug innerhalb des örtlichen Bereichs sei bei Eingliederung in Arbeit im Regelfall nicht erforderlich. Dabei verkennt es, dass der Vergleichsraum in der Rechtsprechung des erkennenden Senats als ein ausreichend großer Raum (nicht bloß Orts- oder Stadtteil) der Wohnbebauung definiert wird, in dem auf Grund der räumlichen Nähe, der Infrastruktur und insbesondere der verkehrstechnischen Verbundenheit ein insgesamt betrachtet homogener Lebens- und Wohnbereich auszumachen ist (BSG, Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R, BSGE 102, 263, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Insbesondere um einer Ghettoisierung vorzubeugen, sind die Grenzen des Vergleichsraums weit zu ziehen. Der Senat hat es deshalb nicht für ausgeschlossen gehalten, das gesamte Stadtgebiet M. als räumlichen Vergleichsmaßstab anzusehen und hat einen solchen für das Stadtgebiet E., einschließlich des Ortsteils K. angenommen (BSG, Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R, BSGE 102, 263, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). In einem solchen Vergleichsraum ist die Erforderlichkeit eines Umzugs zur Eingliederung in Arbeit nicht von vornherein ausgeschlossen. Zudem fügt sich die Regelung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II insoweit in das Konzept des Vergleichsraums ein, als sie den Ausnahmecharakter der Übernahme von höheren Unterkunftskosten als den bisherigen unterstreicht, weil in der Regel die Aufnahme einer Arbeit im Vergleichsraum keinen Umzug erfordert.

20

b) Eine Beschränkung der Wirkung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II auf den Vergleichsraum entspricht auch der systematischen Stellung der Norm innerhalb des § 22 Abs 1 SGB II. Die Vorschrift steht im Zusammenhang mit den Sätzen 1 und 3 des Abs 1. Die Höhe der angemessenen Unterkunfts- und Heizkosten nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II wird im Vergleichsraum im Rahmen der "abstrakten Angemessenheitsprüfung", also im "kommunalen Bereich" ermittelt. Die Verpflichtung zur Kostensenkung bei nicht angemessenen Unterkunftskosten nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II besteht nur innerhalb des Vergleichsraums; ggf ist sogar ein noch engerer Raum geschützt, das soziale Umfeld. Kosten müssen jedoch nur bis zu einem Mietpreis gesenkt werden, wie er nach einem "schlüssigen Konzept" im Vergleichsraum als angemessen ermittelt worden ist. § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nimmt Elemente beider Regelungen in sich auf. Einerseits normiert die Vorschrift die Höhe der angemessenen Kosten iS des Satz 1 und andererseits soll sie - wie auch Satz 3 - der Verpflichtung des Leistungsträgers, unangemessene Unterkunftskosten tragen zu müssen, vorbeugen. Anknüpfungspunkt der beiden Regelungen, in die § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II eingebunden ist, ist jedoch immer die abstrakt angemessene Miete im Vergleichsraum. Ein Grund, § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aus diesem systematischen Zusammenhang herauszulösen, ist nicht ersichtlich.

21

c) Die aus der Systematik folgende Begrenzung des Anwendungsbereichs des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II wird durch Sinn und Zweck der Regelung bestätigt. Mit der nur ausnahmsweisen Übernahme von höheren Unterkunftskosten gegenüber den bisher als angemessen anerkannten - auch innerhalb der Angemessenheitsgrenzen - soll zweierlei vorgebeugt werden. Zum einen soll dem Missbrauch der Leistungsinanspruchnahme eine Grenze gesetzt werden. Dem Hilfebedürftigen wird es verwehrt, den maximalen Leistungsanspruch auszuschöpfen, wenn sein existenzsichernder Bedarf bereits angemessen gedeckt ist (vgl Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl, 2008, § 22 RdNr 47b). Zum Zweiten soll den Kostensteigerungen für Leistungen der Unterkunft innerhalb der kommunalen Grenzen vorgebeugt werden. Nach einer vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) in Auftrag gegebenen Studie "Kosten der Unterkunft und die Wohnungsmärkte. Auswirkungen der Regelungen zur Übernahme der Kosten der Unterkunft auf Transferleistungsempfänger und Kommunen" besteht ein direkter Zusammenhang zwischen den für Leistungen für Unterkunft und Heizung aufgewandten Kosten der Kommunen und der Mietpreisgestaltung der Anbieter von Wohnraum (Forschungen, Heft 142, Hrsg : BMVBS / BBSR, Bonn 2009, S 104 ff). Auch der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge weist darauf hin, dass die kommunalen Angemessenheitsregelungen ein spezifisches Nachfrageverhalten produzieren (Stellungnahme des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge zur Diskussion über eine Pauschalierung der Leistungen für Unterkunft und Heizung in der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 10.3.2010, DV 01/10 AF III, S 5). Bewohnen Hilfebedürftige daher angemessenen Wohnraum, für den sie jedoch nur Aufwendungen unterhalb der Angemessenheitsgrenze zu tätigen haben, soll ihnen die Möglichkeit abgeschnitten werden, neuen Wohnraum unter Ausschöpfung der Angemessenheitsgrenze anzumieten, um den Kommunen ein Steuerungsinstrument im Hinblick auf die Kostenentwicklung bei Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II zu belassen. Ein derartiges Interesse an der Kostengestaltung besteht für die Kommune über ihren Leistungsbereich hinaus nicht und sie kann von ihr auch über dessen Grenzen hinweg nicht beeinflusst werden. Ziel der Regelung ist es hingegen nicht, Kommunen, in denen ein hohes Mietniveau gegeben ist, vor einem weiteren Zuzug von arbeitsuchenden Hilfebedürftigen zu "schützen" (Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2009, § 22 RdNr 95). Ebenso wenig ist es Sinn und Zweck der Vorschrift, den Hilfebedürftigen in seiner Dispositionsfreiheit, sich einen anderen Wohnort außerhalb des bisherigen Vergleichsraums zu suchen, einzuschränken (Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2009, § 22 RdNr 95). Er soll durch das Grundsicherungsrecht nicht gehindert werden, an einen Ort umzuziehen, von dem er sich die Verwirklichung seiner beruflichen oder persönlichen Chancen verspricht, nur weil das dortige Mietniveau höher ist, als an seinem bisherigen Wohnort.

22

d) Die Reduktion der Begrenzung der Unterkunftskosten nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II auf die des Vergleichsraums ist zudem nach Art 3 Abs 1 GG iVm Art 11 Abs 1 GG geboten. Prüfungsmaßstab ist insoweit vornehmlich Art 3 Abs 1 GG, weil der spezifische Schutzgedanke des allgemeinen Gleichheitssatzes zu der hier anzuwendenden Regelung die stärkere soziale Beziehung aufweist (vgl zur Prüfung bei Überschneidung des Gleichheitssatzes mit Freiheitsgrundrechten BVerfGE 64, 229, 238 f; 65, 104, 112 f; 75, 382, 393; 82, 60, 86).

23

Der allgemeine Gleichheitssatz verbietet es, verschiedene Gruppen von Normadressaten ungleich zu behandeln, wenn zwischen ihnen nicht Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, die eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (BVerfG, Beschlüsse vom 7.10.1980 - 1 BvL 50/79, 1 BvL 89/79, 1 BvR 240/79, BVerfGE 55, 72, 88; BVerfG, Beschlüsse vom 11.5.2005 - 1 BvR 368/97, 1 BvR 1304/98, 1 BvR 2300/98, 1 BvR 2144/00, BVerfGE 112, 368, 401; BVerfG, Beschluss vom 11.7.2006 - 1 BvR 293/05, BVerfGE 116, 229, 238). Soweit die Gewährung von Sozialleistungen bedürftigkeitsabhängig ist, hat der Gesetzgeber dabei grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum (BVerfG, Beschluss vom 2.2.1999 - 1 BvL 8/97, BVerfGE 100, 195, 205; BSG, Urteil vom 3.12.2002 - B 2 U 12/02 R, BSGE 90, 172, 178 = SozR 3-5910 § 76 Nr 4). Der Gestaltungsspielraum wird jedoch umso enger, je mehr sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann (BVerfG, Beschluss vom 26.1.1993 - 1 BvL 38/92, 1 BvL 40/92, 1 BvL 43/92, BVerfGE 88, 87, 96). Ein "wichtiger Grund" alleine ist dann - anders als das LSG meint - nicht mehr ausreichend. Ob die zur Prüfung gestellte Regelung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar ist, hängt in einem solchen Fall vielmehr davon ab, ob für die getroffene Differenzierung Gründe von solchem Gewicht bestanden, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen konnten (BVerfG, Beschluss vom 6.7.2004 - 1 BvL 4/97, BVerfGE 111, 160 = SozR 4-5870 § 1 Nr 1).

24

Dieser Maßstab gebietet es, den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers zumindest bei den aus § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II folgenden Umzugsbeschränkungen bei Überschreitung der Grenzen des Vergleichsraums zu begrenzen. Eine Ausweitung der nur begrenzten Übernahme der Aufwendungen für Unterkunfts- und Heizkosten nach einem Umzug über die Grenzen des bisherigen Vergleichsraums hinaus würde zu einer unterschiedlichen Behandlung von Hilfebedürftigen führen, die in Bereichen mit niedrigen Mieten wohnen, gegenüber solchen, in deren Vergleichsraum die Mieten deutlich höher sind. Während letztere ungehindert durch die Beschränkung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II sich einen neuen Wohnort suchen könnten, weil in dem Bereich des "neuen" Grundsicherungsträgers die Angemessenheitsgrenze ohnehin niedriger ist als die bisherige angemessene Miete, werden Hilfebedürftige aus Vergleichsräumen mit niedrigeren Mieten anders behandelt, weil sie an diesem niedrigeren Mietniveau festgehalten würden. Eine verfassungsfeste Rechtfertigung für diese Ungleichbehandlung gibt es nicht. Soweit das LSG allein darauf abstellt, den Hilfebedürftigen an seinem bisherigen Wohnstandard festhalten zu wollen, wird die Ungleichbehandlung hierdurch ebenso wenig gerechtfertigt, wie durch die Benennung des Ziels, die Kosten für Unterkunftsleistungen möglichst niedrig halten zu wollen.

25

Im Rahmen der Prüfung ist hier zusätzlich Art 11 Abs 1 GG zu beachten, weil die "benachteiligte" Gruppe durch die Begrenzung der Unterkunftskosten am neuen Wohnort mittelbar in ihrem Recht auf Freizügigkeit (vgl zur mittelbaren Beeinträchtigung BVerfG, Urteil vom 17.3.2004 - 1 BvR 1266/00, BVerfGE 110, 177 RdNr 35) beeinträchtigt wird. Dies hat zur Folge, dass sich die dem Gesetzgeber im Rahmen des allgemeinen Gleichheitssatzes zukommende Gestaltungsfreiheit zusätzlich verengt.

26

Nach Art 11 Abs 1 GG genießen alle Deutschen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet. § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II berührt den sachlichen Schutzbereich des Art 11 Abs 1 GG. Er betrifft auch die freie Wohnsitzgründung in einem Bundesland oder einer Gemeinde (BVerfG, Urteil vom 17.3.2004 - 1 BvR 1266/00, BVerfGE 110, 177 RdNr 33). Insoweit kommt es nicht darauf an, ob § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II auf die Einschränkung der Freizügigkeit zielt. Das Grundgesetz bindet den Schutz vor Grundrechtsbeeinträchtigungen nicht an den Begriff des Eingriffs oder gibt diesen inhaltlich vor (BVerfGE 110, 177 RdNr 35). Auch wenn staatliche Maßnahmen nur faktische Wirkung entfalten, müssen Grundrechtsbeeinträchtigungen hinreichend zu rechtfertigen sein. Eine derartige Rechtfertigung ist hier jedoch nicht zu erkennen. Auch die Gruppe der SGB II-Leistungsempfänger, die am Zuzugsort höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung beanspruchen würde als an ihrem Ausgangsort, würde nur Leistungen innerhalb der Grenzen der Angemessenheit am Zuzugsort und damit nach einem SGB II-Leistungsempfängern angemessenen Standard erhalten. Die Belastungen des dortigen Trägers - der neuen zuständigen Kommune - würden sich mithin in den Grenzen seiner "normalen" Belastung durch Gewährung existenzsichernder Leistungen halten (vgl hierzu Silagi, Zur Festschreibung der Einschränkung der Freizügigkeit im Wohnortzuweisungsgesetz durch das BVerfG, ZAR 2004, 225, 226 f). Es gehört nicht zu den Funktionen des Grundsicherungsrechts, die aufnehmende Kommune durch § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II vor arbeitsuchenden Hilfebedürftigen zu schützen.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Tenor

Auf die Revisionen der Klägerinnen wird das Urteil des Landessozialgerichtes Baden-Württemberg vom 8. Dezember 2009 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerinnen begehren für die Zeit vom 1.2. bis 31.7.2007 die Berücksichtigung weiterer Kosten der Unterkunft (KdU) und Heizung für die von ihnen bewohnte Wohnung.

2

Die 1975 geborene erwerbsfähige Klägerin zu 1 bewohnte nach der Trennung von ihrem Lebensgefährten und dessen Auszug mit ihrer 2005 geborenen Tochter, der Klägerin zu 2, zunächst eine 45 qm große Zwei-Zimmer-Dachgeschosswohnung ohne Aufzug in F Für diese Wohnung waren monatlich 301 Euro Kaltmiete, 89 Euro Nebenkostenvorauszahlung und 11 Euro für einen Kabelanschluss zu leisten. Für den vorherigen Bewilligungszeitraum bis zum 31.1.2007 hatte der Beklagte den Klägerinnen KdU und Heizung unter Berücksichtigung eines monatlichen Gesamtbedarfs in Höhe von 381,73 Euro (Kaltmiete 301 Euro, Mietnebenkosten - ohne Heizung und Warmwasser - 44,68 Euro, monatliche Heizkosten 34 Euro abzüglich 8,90 Euro Warmwasseraufbereitung und 10,95 Euro Müllgebühr) bewilligt. Nachdem die Klägerin zu 1 dem Beklagten einen Mietvertrag für eine zum 1.11.2006 zu beziehende andere Wohnung in Freiburg mit Gesamtkosten von 605 Euro vorgelegt hatte, erklärte der Beklagte, er werde höhere KdU nicht berücksichtigen, weil ein Umzug nicht erforderlich sei. Die Klägerinnen haben danach von einem Umzug in diese Wohnung Abstand genommen.

3

Am 20.11.2006 mietete die Klägerin zu 1 zum 1.1.2007 eine 54 qm große Zwei-Zimmer-Wohnung ebenfalls in Freiburg an, die monatliche Kosten in Höhe von insgesamt 663 Euro verursachte (515 Euro Kaltmiete, 30 Euro Vorauszahlungen auf Heizung und Warmwasser, 68 Euro Vorauszahlungen auf Betriebskosten, 6 Euro Gemeinschaftsantenne und 44 Euro Tiefgaragenplatz).

4

Nachdem die Klägerin zu 1 den Beklagten am 11.1.2007 von dem Umzug unterrichtet hatte, bewilligte dieser auf den Fortzahlungsantrag vom 25.1.2007 mit Bescheid vom 21.2.2007 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1.2. bis 31.7.2007 unter Berücksichtigung von KdU und Heizung in der bisherigen Höhe von 381,73 Euro. In einem weiteren Bescheid vom 13.2.2007 bleiben die Leistungen für Unterkunft und Heizung unverändert. Den Widerspruch der Klägerinnen, den die Klägerin zu 1 mit der Erforderlichkeit eines Umzugs wegen gesundheitlicher Beschwerden begründete, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.8.2007 zurück. Die dagegen gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg.

5

In seinem Urteil vom 8.12.2009 hat das Landessozialgericht (LSG) ausgeführt, der Umzug sei aus gesundheitlichen Gründen nicht erforderlich gewesen. Für das nächste halbe Jahr sei absehbar gewesen, dass die Tochter der Klägerin zu 1 die Treppen in das vierte Obergeschoss würde bewältigen können. Zur Vermeidung von Wirbelsäulenbeschwerden und Handgelenksschmerzen sei der Klägerin zu 1 die Verwendung von Hilfsmitteln beim Tragen ihrer Tochter zumutbar gewesen. Der behandelnde Orthopäde habe den Umzug in eine Wohnung in einem unteren Geschoss zwar unterstützt, hierfür aber keine zwingenden Diagnosen - wie etwa einen akuten Bandscheibenvorfall - angegeben.

6

Mit den vom erkennenden Senat zugelassenen Revisionen machen die Klägerinnen geltend, das LSG habe den Begriff der Erforderlichkeit nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II zu eng ausgelegt. Der behandelnde Orthopäde und die Hausärztin der Klägerin zu 1 hätten einen Umzug dringend angeregt. Die bisherige Wohnung sei im Übrigen für die Klägerinnen zu klein gewesen und habe deren Wohnbedarf nicht gedeckt. Die Kosten der neuen Wohnung seien angemessen. Bei einem Haushalt einer Alleinerziehenden mit einem Kind müsse die abstrakt angemessene Wohnfläche um 10 qm auf 74 qm erhöht werden. Den Kosten für einen Stellplatz hätten sich die Klägerinnen nicht entziehen können. Gleiches gelte für den Kabelanschluss. Überdies habe das LSG keine Feststellungen hinsichtlich der Abfallentsorgungsgebühren getroffen. Selbst wenn man der Rechtsauffassung des LSG folge, seien die Aufwendungen für die alte Unterkunft fehlerhaft berechnet worden, nach Abzug der Warmwasseraufbereitungskosten seien bei richtiger Berechnung 402 Euro für KdU und Heizung zu berücksichtigen gewesen.

7

Die Klägerinnen beantragen,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 5. Februar 2008 und das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 8. Dezember 2009 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 13. Februar 2007 und 21. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. August 2007 zu verurteilen, Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1. Februar 2007 bis zum 31. Juli 2007 in Höhe von 329,35 Euro für die Klägerin zu 1 und 331,84 Euro für die Klägerin zu 2 zu gewähren.

8

Der Beklagte ist zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen, er hat schriftsätzlich beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die rechtzeitig eingelegten und auch ansonsten zulässigen Revisionen der Klägerinnen (§§ 160, 164 Sozialgerichtsgesetz) sind im Sinne der Aufhebung des Urteils und der Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 SGG). Es konnte nicht abschließend entschieden werden, ob den Klägerinnen für den streitgegenständlichen Zeitraum höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zustehen, denn es fehlt an ausreichenden Feststellungen des LSG.

10

1. Das beklagte Jobcenter ist gemäß § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähig. Das Bundessozialgericht (BSG) geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Jobcenter (§ 6d SGB II idF des Gesetzes vom 3.8.2010, BGBl I 1112) mit Wirkung vom 1.1.2011 kraft Gesetzes an die Stelle der bisher beklagten Arbeitsgemeinschaft (vgl § 76 Abs 3 Satz 1 SGB II) getreten sind. Das Passivrubrum war daher von Amts wegen zu berichtigen (vgl dazu insgesamt BSG Urteil vom 18.1.2011 - B 4 AS 99/10 R - SozR 4-4200 § 37 Nr 5).

11

Die Klägerin zu 2 wird als nicht prozessfähige Minderjährige (§ 71 Abs 1 und 2 SGG) durch die Klägerin zu 1 vertreten. Diese übt zwar nicht die alleinige elterliche Sorge aus, sondern ist gemeinsam mit dem Kindsvater sorgeberechtigt (§ 1629 Abs 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch). Der Klägerin zu 1 ist jedoch mit Beschluss des Amtsgerichts Freiburg im Breisgau vom 21.11.2011 das Recht zur alleinigen Vertretung der Klägerin zu 2 im vorliegenden Verfahren übertragen worden.

12

2. Streitgegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob den Klägerinnen höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zustehen, als sie in den zugrunde liegenden Bescheiden vom 13.2. bzw 21.2.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.8.2007 für die Zeit vom 1.2. bis 31.7.2007 bewilligt worden sind. An der Möglichkeit der isolierten Geltendmachung allein der KdU und Heizung (stRspr, vgl zuletzt BSG Urteil vom 6.10.2011 - B 14 AS 66/11 R) hat sich durch die Neufassung des § 19 Abs 1 SGB II durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453), das insofern zum 1.1.2011 in Kraft getreten ist, zumindest für das laufende Verfahren über vorher abgeschlossene Bewilligungsabschnitte nichts geändert.

13

3. Die Klägerinnen erfüllen nach den Feststellungen des LSG die Voraussetzungen des § 7 SGB II für Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Ihr Anspruch umfasst dem Grunde nach auch Leistungen für KdU und Heizung. Es ist dabei auf die tatsächlichen Unterkunftskosten abzustellen, diese sind aber nicht unbegrenzt erstattungsfähig, sondern nur insoweit, als sie angemessen sind (vgl § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 2/10 R). Dabei ist die allgemeine Angemessenheit gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nach der Rechtsprechung des BSG in einem mehrstufigen Verfahren zu ermitteln(vgl nur SozR 4-4200 § 22 Nr 26 RdNr 12). Demgegenüber können sich bei einem Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach einer individuellen Grenze bestimmen, § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706). Danach werden, wenn sich durch einen nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung erhöhen, die Leistungen weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden Aufwendungen erbracht. Der Anwendungsbereich der Norm ist nach Systematik und Sinn und Zweck auf Umzüge im örtlichen Vergleichsraum beschränkt (vgl BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R - BSGE 106, 147 = SozR 4-4200 § 22 Nr 35). § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II hat die Funktion einer individuellen Angemessenheitsgrenze. Lebt der Hilfebedürftige innerhalb des maßgeblichen Vergleichsraums in einer kostenangemessenen Wohnung, die seine existenziellen Wohnbedürfnisse ausreichend erfüllt, ist die Übernahme weitergehender Kosten nicht geboten. Zur Vermeidung von (allgemeinen) Kostensteigerungen im maßgeblichen Vergleichsraum bleibt sein Anspruch auf die Kosten dieser Wohnung beschränkt, solange nicht Veränderungen in seinen persönlichen Umständen eintreten, die eine Neubestimmung der für ihn angemessenen Wohnkosten innerhalb der allgemeinen Angemessenheitsgrenzen des Satzes 1 gerechtfertigt erscheinen lassen.

14

4. Die Prüfung der Erforderlichkeit eines Umzugs ist in zwei Schritten daran zu messen, ob der Auszug aus der bisherigen Wohnung notwendig (dazu unter a) oder aus sonstigen Gründen erforderlich ist (dazu unter b). In einem weiteren Schritt ist zu prüfen, ob sich die Kosten gerade der von dem Hilfebedürftigen gewählten neuen Wohnung in Ansehung der Erforderlichkeit eines Umzugs als angemessen darstellen (dazu unter c).

15

a) Eine Beschränkung auf die bisherigen KdU und Heizung kommt von vornherein dann nicht in Betracht, wenn der Umzug in eine andere Wohnung notwendig in dem Sinne ist, dass die bisherige Wohnung den Unterkunftsbedarf des Hilfebedürftigen als Teil der verfassungsrechtlich garantierten Existenzsicherung nicht (mehr) zu decken vermag. Hierunter fallen vor allem auch gesundheitliche Gründe, die einen Verbleib in der bisherigen Wohnung nicht zulassen.

16

Die Notwendigkeit eines Umzugs in dem genannten Sinne hat das LSG verneint. Der behandelnde Arzt habe keine "zwingenden Diagnosen" wie etwa einen akuten Bandscheibenvorfall mitgeteilt. Er habe lediglich ausgeführt, dass das Tragen von Lasten über fünf Kilogramm vermieden werden sollte, nicht aber, dass dies aus gesundheitlichen Gründen dringend erforderlich sei. Vielmehr habe er mitgeteilt, dass das Tragen von Lasten oberhalb von fünf Kilogramm nicht gesundheitsschädlich sei. Während das LSG daraus rechtsfehlerfrei den Schluss ziehen konnte, der Umzug sei aus gesundheitlichen Gründen nicht zwingend erforderlich, hat es die Grenzen freier Beweiswürdigung insoweit überschritten, als es ausgeführt hat, es sei den Senatsmitgliedern als Mutter von drei bzw Vater von zwei Kindern aus eigener Erfahrung bekannt, dass im Zusammenhang mit der Kleinkinderziehung vorübergehende Rückenbeschwerden durchaus als normal anzusehen und damit kurzzeitige Belastungen im Zusammenhang mit dem Begehen des Treppenhauses hinnehmbar seien. Selbst wenn man unter Berücksichtigung der dargelegten Überschreitung der Grenzen freier Beweiswürdigung die Prüfung der Notwendigkeit eines Umzugs als ausreichend erachtet, so ist die Prüfung des LSG aber insoweit unvollständig, als es davon ausgegangen ist, lediglich zwingende gesundheitliche Gründe, nicht schon gesundheitliche Beeinträchtigungen und die mit der Wohnlage im vierten Stock allgemein für Familien mit Kindern verbundenen Einschränkungen seien bei der Prüfung der Erforderlichkeit anzuerkennen.

17

b) § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II umfasst aber auch die Fälle, in denen der Umzug zwar nicht zwingend notwendig ist, aber aus sonstigen Gründen erforderlich erscheint. Dies folgt zum einen aus dem Wortlaut von Satz 2, der ausdrücklich nicht auf die Notwendigkeit des Umzugs oder auf zwingende Gründe Bezug nimmt. Außerdem ergibt sich daraus, dass gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II Unterkunftskosten in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, soweit sie angemessen sind, dass der Gesetzgeber sich - anders als bei der pauschalierten Regelleistung - bei den Unterkunftskosten zunächst vom Prinzip der Einzelfallgerechtigkeit leiten lässt. Aus dem einzelfallbezogenen Charakter der KdU und Heizung ist zu schließen, dass objektiv bestehende sachliche Gründe - im Rahmen des Angemessenen - zu beachten sind. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II die Übernahme solcher Kosten einschränkt, die nach allgemeinen Maßstäben im Vergleichsraum als angemessen anzusehen sind. Damit sind Einschränkungen für eine Gruppe von Hilfebedürftigen verbunden, denen weder in den örtlichen Vergleichsraum zuziehende Hilfebedürftige (dazu BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R - BSGE 106, 147 = SozR 4-4200 § 22 Nr 35) noch geringverdienende, aber nicht im Leistungsbezug stehende Personen (vgl dazu BSG Urteil vom 30.8.2010 - B 4 AS 10/10 R - BSGE 106, 283 = SozR 4-4200 § 22 Nr 40) unterworfen sind. Bereits ortsansässige im Leistungsbezug stehende Hilfebedürftige sollen insoweit die Vorteile, die sich für Hilfebedürftige insbesondere aus der Bestimmung der Angemessenheit nach der Produkttheorie ergeben, nicht in vollem Umfang ausschöpfen können. Veränderungen im Wohnumfeld sind für sie aus grundsicherungsrechtlicher Sicht nur möglich, soweit sie kostenneutral erfolgen können. Die mit dieser Einschränkung verbundenen Nachteile gebieten es aber, vom Hilfebedürftigen nur maßvolle Beschränkungen in seinen Gestaltungsmöglichkeiten zu fordern. Dies entspricht im Grundsatz der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zum Bundessozialhilfegesetz (BSHG), wonach ein Umzug (auch) dann als erforderlich angesehen werden konnte, wenn ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Grund für den Wohnungswechsel vorlag, von dem sich auch ein Nichthilfebedürftiger leiten lassen würde (vgl Oberverwaltungsgericht Lüneburg Beschluss vom 10.2.1987 - 4 B 283/86, FEVS 36, 291 <295>).

18

aa) Das LSG hat den Vortrag der Klägerinnen lediglich unter dem Blickwinkel der zwingenden Notwendigkeit eines Umzugs geprüft, nicht aber, ob vorliegend für den Wohnungswechsel ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Grund vorgelegen hat, von dem sich auch ein Nichthilfebedürftiger hätte leiten lassen. Es hat in diesem Zusammenhang insbesondere der Situation einer Alleinerziehenden zu wenig Beachtung geschenkt, die dadurch geprägt wird, dass bei der Betreuung des Kindes und im Haushalt nicht von einem arbeitsteiligen Zusammenwirken mit einem anderen Erwachsenen ausgegangen werden kann. Zudem dürfte es nicht der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechen, ein Kind im Alter von zwei Jahren könne im Alltag regelmäßig und mehrfach täglich selbstständig vier Stockwerke überwinden.

19

bb) Entgegen dem Vortrag der Klägerinnen im Revisionsverfahren spricht dagegen auf der Grundlage des vom LSG festgestellten Sachverhalts nichts dafür, dass sich allein aus der Größe der ursprünglich innegehabten Wohnung eine Erforderlichkeit zum Umzug ergibt. Es handelte sich nach den Feststellungen des LSG um eine Zwei-Zimmer-Wohnung, die eine Trennung in Schlaf- und Wohnbereich ermöglichte und die damit allein im Hinblick auf ihre Größe einen Umzug einer alleinstehenden Erwachsenen und ihrem Kleinkind nicht erforderlich macht. Allein die Unterschreitung der Höchstfläche nach den landesrechtlichen Förderbestimmungen um eine bestimmte Quadratmeterzahl lässt jedenfalls keinen generellen Rückschluss auf die Erforderlichkeit eines Umzugs zu.

20

c) Selbst wenn man aber mit den Klägerinnen davon ausgeht, der Umzug einer Alleinerziehenden mit einem Kleinkind aus einer Wohnung im vierten Stock ohne Aufzug sei bei vorhandenen Wirbelsäulen- und Handgelenksbeschwerden auch aus der Sicht eines Nichthilfeempfängers plausibel, nachvollziehbar und verständlich, setzt die Verpflichtung des Grundsicherungsträgers zur Übernahme von Mehrkosten voraus, dass sich der Einzug gerade in die von den Hilfebedürftigen gewählte neue Wohnung als erforderlich und geeignet zur Abwendung von nicht mehr weiter hinzunehmenden Nachteilen der bisherigen Wohnung erweist und die Kosten der neuen Wohnung auch unter Ansehung eines nachvollziehbaren und plausiblen Veränderungswunsches als angemessen anzusehen sind. Dies entspricht der Rechtsprechung zu § 22 BSHG iVm § 3 Abs 1 Satz 1 Regelsatzverordnung(vgl Bundesverwaltungsgericht Urteil vom 17.11.1994 - 5 C 11/93 - BVerwGE 97, 110, 115).

21

Vor diesem Hintergrund erscheint es nach dem bisherigen Sachstand bei dem Ausmaß einer Kostensteigerung um rund 170 % wenig plausibel, dass der Umzug in die neue Wohnung erforderlich war. Es können im Anwendungsbereich des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II lediglich Veränderungen privilegiert sein, die sich zum einen innerhalb des Marktsegments realisieren lassen, auf dass der Hilfebedürftige nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II zu verweisen ist. Zum anderen muss die Überschreitung der Höhe der bisherigen KdU in einem angemessenen Verhältnis zur Ursache des (nicht zwingend erforderlichen) Umzugs in die neue Wohnung stehen; dh der durch den Umzug erzielbare Gewinn an Lebensqualität lässt auch unterhalb der Angemessenheitsgrenze allenfalls eine geringfügige Kostensteigerung zu. Das Regelungsgefüge von § 22 Abs 1 Satz 1 und 2 und Abs 2 SGB II schließt es bei der vorgegebenen Einzelfallprüfung nicht aus, den Gesichtspunkt der verursachten Mehrkosten zu berücksichtigen(vgl Berlit in LPK-SGB II, 4. Aufl 2011, § 22 RdNr 66; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, § 22 RdNr 97 und 100). Ein entsprechender Vergleich der Kosten wird schließlich auch von Nichthilfebedürftigen bei einer entsprechenden Entscheidung hinsichtlich eines Umzugs angestellt.

22

5. Eine abschließende Entscheidung kann der Senat allerdings deshalb nicht treffen, weil das LSG - ausgehend von seiner Rechtsauffassung - Feststellungen zur allgemeinen Angemessenheitsgrenze der KdU und Heizung nicht getroffen hat. Die entsprechende Prüfung für den Wohnort der Klägerinnen wird das LSG nachzuholen haben (vgl dazu BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46).

23

Sollte sich als Rechtsfolge eines nicht erforderlichen Umzugs ergeben, dass der Beklagte Leistungen für KdU und Heizung nur in Höhe der bis dahin zu tragenden Aufwendungen zu erbringen hat (§ 22 Abs 1 Satz 2, 2. Halbs SGB II), so ist dazu der bisherige Bedarf durch das LSG zu ermitteln. § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II soll keine rechtswidrige Entscheidung zu den bisherigen KdU und Heizung perpetuieren. So wird etwa zu prüfen sein, ob die Abfallgebühren in einer Summe zu zahlen waren oder - soweit Teilzahlungen festgesetzt waren - in welchem betreffenden Monat sie bedarfserhöhend zu berücksichtigen waren (vgl BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 36). Soweit Kosten für den Kabelanschluss und die Kabelnutzung vom Vermieter auf die Klägerinnen umgelegt wurden, ist zu klären, ob sich die Klägerinnen diesen Kosten entziehen konnten (vgl BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18 RdNr 16 ff).

24

Schließlich wird das LSG noch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden haben.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Auf die Revisionen der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 4. Dezember 2013 (L 10 AS 285/11) aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Umstritten ist die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für den Zeitraum vom 1.6.2007 bis zum 30.4.2009. Die Kläger wenden sich gegen die sogenannte "Deckelung" der Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aufgrund eines nach Ansicht des beklagten Jobcenters nicht erforderlichen Umzugs.

2

Die im Jahr 1971 geborene Klägerin zu 1 lebte vor dem streitigen Zeitraum mit ihrem im April 1994 geborenen Sohn, dem Kläger zu 2, in einer Bedarfsgemeinschaft in einer 58 qm großen Wohnung in der P Straße in S, für die ab dem 1.11.2006 monatlich insgesamt 305,31 Euro zu entrichten waren (Nettokaltmiete 219,94 Euro, Betriebskosten 36,07 Euro, Heizkosten/Warmwasser 44,73 Euro, Wasser/Abwasser 4,57 Euro). Auf ihren Fortzahlungsantrag vom 11.1.2007 bewilligte der Beklagte den Klägern für März bis August 2007 Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung eines Gesamtbedarfs für Unterkunft und Heizung in Höhe von 298,60 Euro. Den am selben Tag gestellten Antrag auf Zusicherung für einen Umzug lehnte der Beklagte bestandskräftig ab. Zugleich wurde darauf hingewiesen, dass im Falle des Umzugs die Leistungen für Unterkunft und Heizung nur noch in der bisherigen Höhe übernommen würden.

3

Am 22.3.2007 stellte die Klägerin zu 1 erneut einen Antrag auf Zusicherung zum Umzug in eine 58 qm große Wohnung in der G straße in S Als Umzugsgrund gab die Klägerin zu 1 insbesondere die Möglichkeit der Betreuung ihres Kindes durch ihre Mutter an, die im selben Haus wohne. Mit Bescheid vom 27.3.2007 lehnte der Beklagte den Antrag mangels Erforderlichkeit des Umzugs ab, der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 14.5.2007).

4

Zum 1.6.2007 zogen die Kläger in die Wohnung in der G straße, für die eine Gesamtmiete von 327,59 Euro (Nettokaltmiete 226,59 Euro, Betriebskosten 36 Euro, Heizkosten/Warmwasser 50 Euro, Wasser/Abwasser 15 Euro) zu entrichten war. Mit Änderungsbescheid vom 6.6.2007 und sodann, jeweils auf Fortzahlungsanträge hin sowie aufgrund weiterer Änderungsbescheide, bewilligte der Beklagte den Klägern als Leistungen für Unterkunft und Heizung bis April 2009 weiterhin 298,60 Euro und übernahm Nachzahlungen wegen Nebenkostenabrechnungen sowohl für die Wohnung in der P Straße für die Jahre 2006 und 2007 sowie für die G straße für die Jahre 2007, 2008 und 2009. Die Miete in dieser Wohnung erhöhte sich bis auf insgesamt 387,70 Euro ab dem 1.12.2008 (Nettokaltmiete 226,59 Euro, Betriebskosten 36,21 Euro, Heizkosten 118,19 Euro, Wasser/Abwasser 6,71 Euro).

5

Am 26.1.2009 stellte die Klägerin zu 1 einen Überprüfungsantrag, mit welchem sie die Übernahme der vollständigen tatsächlichen Unterkunftskosten für die Wohnung in der G straße ab dem 1.6.2007 begehrte. Der Beklagte lehnte den Überprüfungsantrag unter Hinweis auf die mangelnde Zusicherung zum Umzug ab (Bescheid vom 3.2.2009, Widerspruchsbescheid vom 12.3.2009).

6

Die von den Klägern erhobenen Klagen zum Sozialgericht (SG) wurden mit Urteil vom 17.5.2011 abgewiesen, die eingelegten Berufungen zum Landessozialgericht (LSG) wurden zurückgewiesen (Urteil vom 4.12.2013). Das LSG hat in seinem Urteil ausgeführt, die Kläger hätten wegen § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II keinen Anspruch auf teilweise Rücknahme der bestandskräftigen Bewilligungsbescheide nach § 44 Abs 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) und Gewährung höherer Leistungen für Unterkunft und Heizung als die ursprünglich für die Wohnung in der P Straße bewilligten 298,60 Euro. Eine Zusicherung zum Umzug hätten die Kläger nicht gehabt, der Umzug in die G straße sei auch nicht erforderlich gewesen. Es gebe keine objektiven Anhaltspunkte dafür, dass der Wohnungszustand der Wohnung in der P Straße einen Umzug in eine andere Wohnung erforderlich gemacht habe. Auch im Hinblick auf die Mitbetreuung des Klägers zu 2 durch die Mutter der Klägerin zu 1 sei der Umzug nicht erforderlich gewesen, Hausaufgabenbetreuung und Mittagessen hätten auch im Haushalt der Mutter der Klägerin zu 1 erbracht werden können, dem Kläger zu 2 selbst sei die Wegstrecke angesichts seines Alters von 13 Jahren ohne Weiteres zumutbar. Soweit die Klägerin zu 1 auf ihre Hilfe bei der Pflege ihrer Großeltern verweise, sei diese Pflege zum einen überwiegend durch die Mutter der Klägerin zu 1 realisiert worden, zum anderen habe die Entfernung der Wohnung der Klägerin zu 1 zu der der Großeltern lediglich 1 km betragen, die Verkürzung der einfachen Wegstrecke auf ca 300 m sei nicht so erheblich, dass sie einen Umzug erforderlich erscheinen ließe. Rechtsfolge sei die Deckelung der Leistungen für Unterkunft und Heizung auf die bis dahin zu tragenden Aufwendungen. Dies sei vorliegend die von den Klägern bis zum 31.5.2007 gezahlte Bruttowarmmiete von 305,31 Euro abzüglich der Kosten der Warmwasserbereitung von 10,11 Euro, mithin eine monatliche Leistung für Unterkunft und Heizung von 295,20 Euro. Der Beklagte habe jedoch bereits monatlich 298,60 Euro gewährt und zudem für die Zeit ab Juni 2007 die sich ergebenden Nachzahlungsbeträge auf die Heiz- und Betriebskosten übernommen. Soweit die Kläger geltend machten, bei der gesetzlichen Regelung würden umzugsunabhängige Kostensteigerungen, insbesondere bei den Heizkosten, nicht berücksichtigt, führe dies zu keinem anderen Ergebnis. Eine Dynamisierung des Deckelungsbetrags anhand von Entwicklungsdaten des allgemeinen Wohnungsmarkts sei vom Wortlaut der Norm nicht gedeckt. Man teile auch nicht die verfassungsrechtlichen Bedenken der Kläger, denn es sei zu berücksichtigen, dass § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nur eingreife, wenn der Leistungsempfänger gleichsam ohne Not höhere Kosten auslöse und somit seine Situation selbst verschuldet sei. Im Übrigen könne durch einen weiteren Umzug die Deckelung beendet werden.

7

Dagegen wenden sich die Kläger mit den vom LSG zugelassenen Revisionen. Sie rügen eine Verletzung von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II, soweit darin eine zeitlich unbefristete und starre Vorschrift zur Deckelung der Kosten der Unterkunft und Heizung gesehen werde. Zumindest sei eine Dynamisierung der individuellen Angemessenheitsgrenze aufgrund allgemeiner Kostensteigerungen notwendig. Abgesehen davon, dass die Zusicherung zum Umzug hier nicht habe verweigert werden dürfen, entspreche die dauerhafte Deckelung auch eher einer Sanktionierung sozialwidrigen Verhaltens. Sie berücksichtige weder die Kostenentwicklung in der bisherigen Unterkunft, noch die fehlende Kausalität zwischen dem Umzug und der Mehrkosten, bezogen auf die Kosten für Heizung und Wasser, da diese auf Witterungseinflüssen und steigenden Energiekosten beruhten.

8

Die Kläger beantragen,
die Urteile des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 4. Dezember 2013 - L 10 AS 285/11 - und des Sozialgerichts Schwerin vom 17. Mai 2011 - S 22 AS 672/09 - sowie den Bescheid des Beklagten vom 3. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. März 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihnen unter Änderung des Bescheides vom 6. Juni 2007 (Bewilligungsabschnitt 1. Juni bis 31. August 2007), des Bescheides vom 31. Juli 2007 (Bewilligungsabschnitt 1. September 2007 bis 29. Februar 2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 21. Januar 2008, des Bescheides vom 31. Juli 2007 (Bewilligungsabschnitt 1. März 2008 bis 30. April 2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 22. April 2008, des Bescheides vom 26. März 2008 (Bewilligungsabschnitt 1. Mai 2008 bis 31. Oktober 2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 22. April 2008, sowie des Bescheides vom 25. September 2008 (Bewilligungsabschnitt 1. November 2008 bis 30. April 2009) Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe ihrer tatsächlichen Aufwendungen, abzüglich der Warmwasserkostenpauschale, vom 1. Juni 2007 bis zum 30. April 2009 zu zahlen.

9

Der Beklagte beantragt,
die Revisionen der Kläger zurückzuweisen.

10

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässigen Revisionen der Kläger sind im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz). Es konnte nicht abschließend entschieden werden, ob den Klägern für den streitgegenständlichen Zeitraum höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zustehen, denn es fehlt insofern an ausreichenden Feststellungen des LSG.

12

1. Gegenstand der Revisionsverfahren sind neben der Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidungen die Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 3.2.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.3.2009, mit dem die Überprüfungsanträge der Kläger mit dem Ziel, vom 1.6.2007 bis zum 30.4.2009 die vollen tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung zu erlangen, abgelehnt worden sind. Mithin sind streitgegenständlich auch die jeweiligen Leistungsbescheide, mit denen Leistungen für Unterkunft und Heizung in dem von den Klägern durch ihre Überprüfungsanträge vorgegebenen Zeitraum bewilligt worden sind. Dies sind - neben den von den Klägern selbst aufgeführten Bescheiden - auch die zur Ermittlung des "wirklich Gewollten" (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 95 RdNr 5) einzubeziehenden Bescheide vom 6.6.2007 (Bewilligungsabschnitt 1.6. bis 31.8.2007), des Bescheids vom 31.7.2007 (Bewilligungsabschnitt 1.9.2007 bis 29.2.2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 21.1.2008, des Bescheids vom 31.7.2007 (Bewilligungsabschnitt 1.3.2008 bis 30.4.2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 22.4.2008, des Bescheids vom 26.3.2008 (Bewilligungsabschnitt 1.5.2008 bis 31.10.2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 22.4.2008, sowie des Bescheids vom 25.9.2008 (Bewilligungsabschnitt 1.11.2008 bis 30.4.2009).

13

Die vorgenommene Beschränkung auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung ist zulässig (stRspr, siehe BSG Urteil vom 23.5.2013 - B 4 AS 67/12 R - BSGE 113, 270 = SozR 4-4200 § 22 Nr 68, RdNr 12 mwN). Ihr Begehren haben die Kläger zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage geltend gemacht (§ 54 Abs 1 und Abs 4 SGG).

14

2. Als Rechtsgrundlage für den Antrag der Kläger auf Überprüfung der Leistungsbescheide für die Zeit vom 1.6.2007 bis zum 30.4.2009 hinsichtlich der Leistungen für Unterkunft und Heizung kommt nur § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X in Betracht. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.

15

Der Antrag der Kläger genügt den Anforderungen für einen Überprüfungsantrag eines Leistungsberechtigten nach § 44 SGB X. Dazu gehört nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ( Urteil vom 13.2.2014 - B 4 AS 22/13 R - BSGE 115, 126 = SozR 4-1300 § 44 Nr 28 mwN), dass der Antrag konkretisierbar ist und entweder aus dem Antrag selbst - ggf nach Auslegung - oder aus einer Antwort des Antragstellers auf eine Nachfrage des Leistungsträgers der Umfang der Prüfpflicht für die Verwaltung bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens erkennbar ist. Dazu muss der Leistungsberechtigte in der Regel in seinem Überprüfungsantrag einen oder ggf mehrere zu überprüfende Verwaltungsakte konkret aufführen. Dies ist nur dann entbehrlich, wenn bei objektiver Betrachtung aus dem Vorbringen des Antragstellers der zu überprüfende Verwaltungsakt ohne Weiteres zu ermitteln ist (siehe dazu auch BSG Urteil vom 28.10.2014 - B 14 AS 39/13 R - SozR 4-1300 § 44 Nr 31 RdNr 15).

16

Die Klägerin zu 1 hatte vorliegend - wie bereits vom SG und vom LSG ausgeführt - erkennbar auch für den mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Sohn, den Kläger zu 2, mit Schreiben vom 26.1.2009 die Überprüfung "von Leistungsbescheiden ab 1.6.2007 im Hinblick auf die Übernahme der Unterkunftskosten" beantragt und dem einen Antrag auf Übernahme der vollständigen Unterkunftskosten der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 387,70 Euro beigefügt. Dies reicht bei objektiver Betrachtung als Anknüpfungspunkt für eine Überprüfung aus, denn es ist bei verständiger Würdigung der Sachlage klar zu erkennen gewesen, dass die Klägerin zu 1 nach dem Umzug in die G straße zum 1.6.2007 die dort zu zahlenden tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung für sich und den Kläger zu 2 begehrt.

17

3. Es kann aber vorliegend nicht abschließend entschieden werden, ob iS des § 44 Abs 1 SGB X das Recht unrichtig angewandt worden ist und deshalb durch die vorgenommene "Deckelung" zu niedrige Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht worden sind. Zwar hat das LSG zutreffend angenommen, dass der Umzug der Kläger nicht erforderlich gewesen ist (dazu unter 3.c). Es fehlen aber Feststellungen dazu, ob und ggf inwieweit für den streitbefangenen Zeitraum zutreffend ermittelte abstrakte kommunale Angemessenheitsgrenzen als weitere Voraussetzung für die Anwendung von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II bestanden haben(dazu unter 4.).

18

a) Die Kläger erfüllen aus dem Gesamtzusammenhang der vom LSG zugrunde gelegten Tatsachen die Voraussetzungen des § 7 SGB II für Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende im Hinblick auf das Alter, die Erwerbsfähigkeit, die Hilfebedürftigkeit und des gewöhnlichen Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland. Der Anspruch umfasst dem Grunde nach auch Leistungen für Unterkunft und Heizung. Es ist dabei auf die tatsächlichen Unterkunftskosten abzustellen, soweit sie angemessen sind (vgl § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II; siehe auch zB BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 20 ff).

19

b) Die Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung für die Wohnung in der G straße scheitert nicht an der fehlenden Zusicherung des Beklagten für einen Umzug (vgl § 22 Abs 2 SGB II in der in der streitigen Zeit geltenden Fassung, heute: § 22 Abs 4 SGB II). Die vom Beklagten bestandskräftig abgelehnten Anträge auf Zusicherung zur Tragung von Unterkunftskosten nach einem Umzug stellen jeweils nur eine Entscheidung für diesen konkreten Antrag dar und entfalten keine Dauerwirkung für die Zukunft. Der Bescheid erschöpft sich in der Ablehnung der Zusicherung für den Einzelfall. Dass die Kläger somit für ihren Umzug in die G straße keine Zusicherung nach § 22 Abs 2 SGB II aF eingeholt haben, ist insofern ohne Belang, als die Zusicherung keine Anspruchsvoraussetzung darstellt(BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, RdNr 27).

20

c) Ungeachtet der Frage der Zusicherung liegen die Voraussetzungen von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II für eine mögliche "Deckelung" im hiesigen Fall jedenfalls insoweit vor, als der Umzug der Kläger in die G straße nicht erforderlich war.

21

Der Prüfung zugrunde zu legen ist § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II in der im streitigen Zeitraum vom 1.6.2007 bis 30.4.2009 anzuwendenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706), der unwesentlich mit Wirkung vom 1.1.2009 durch das Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008 (BGBl I 2917) geändert wurde. Danach werden für den Fall, dass sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung erhöhen, die Leistungen weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden (angemessenen) Aufwendungen erbracht. Die Prüfung der Erforderlichkeit eines Umzugs ist in zwei Schritten daran zu messen, ob der Auszug aus der bisherigen Wohnung notwendig oder aus sonstigen Gründen erforderlich ist. In einem weiteren Schritt ist zu prüfen, ob sich die Kosten gerade der von dem Hilfebedürftigen gewählten neuen Wohnung in Ansehung der Erforderlichkeit eines Umzugs als angemessen darstellen (siehe grundlegend BSG Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 107/10 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 52 RdNr 18).

22

Eine Notwendigkeit des Umzugs in dem Sinne, dass zB gesundheitliche Gründe einen solchen unerlässlich machen, sind nach den Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht gegeben. Aber auch eine Erforderlichkeit des Umzugs im weiteren Sinne ist für den vorliegenden konkreten Fall zu verneinen. Zwar kann grundsätzlich gerade die Tatsache, dass der Hilfebedürftige alleinerziehend und damit uU besonderen Belastungen ausgesetzt ist, zu einer Bejahung der Erforderlichkeit führen. Vorliegend würde sich die Lebenssituation der Kläger aber nicht so verändern, dass diese Veränderung in den persönlichen Umständen eine Neubestimmung der für die Kläger angemessenen Wohnkosten gerechtfertigt erscheinen ließe. Es ist nicht erkennbar, dass der bereits 13 Jahre alte Kläger zu 2 einer engmaschigen Betreuung durch seine Großmutter bedurfte. Ebenso wenig ändert sich die Lebenssituation der Klägerin zu 1 wesentlich dadurch, dass sie wenige hundert Meter kürzere Wege zu bewältigen hat.

23

4. Ausgehend von der mangelnden Erforderlichkeit des Umzugs sind nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aF Leistungen für Unterkunft und Heizung nur in Höhe der bis dahin zu tragenden angemessenen Aufwendungen zu erbringen. Zeitlich ist als Bezugspunkt der Zeitpunkt des Umzugs maßgeblich, hier also der 1.6.2007. Die Gesamtmieten (Kaltmiete/Betriebskosten/Heizkosten) der alten und der neuen Wohnung zu diesem Zeitpunkt sind dabei zu vergleichen (hM siehe nur Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 22 RdNr 111; aA Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand Oktober 2012, K § 22 RdNr 233). Tatbestandsvoraussetzung dieser Deckelung ist aber, dass für den örtlichen Vergleichsraum überhaupt zutreffend ermittelte abstrakte Angemessenheitsgrenzen bestehen. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, scheidet eine Deckelung aus. Da es hierzu an Feststellungen seitens des LSG fehlt, kann über die Rechtmäßigkeit der hier streitbefangenen Deckelung nicht abschließend entschieden werden.

24

a) Normativer Anknüpfungspunkt für die Voraussetzung des Bestehens einer zutreffend ermittelten abstrakten Angemessenheitsgrenze ist, dass der Wortlaut der Regelung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II die Erhöhung der "angemessenen" Aufwendungen für Unterkunft und Heizung fordert. Damit ist nach dem Regelungszusammenhang auf § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II Bezug genommen, wonach Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, soweit diese "angemessen" sind. Zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit der Unterkunft muss der abstrakt als angemessen anzuerkennende Mietpreis unter Berücksichtigung der örtlichen Besonderheiten ermittelt werden ("Referenzmiete", vgl BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 23). Erforderlich dazu sind überprüfbare Erhebungen und Auswertungen, die eine hinreichende Gewähr dafür bieten, dass sie die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarkts wiedergeben ("schlüssiges Konzept", siehe nur BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 24). Die Ermittlung abstrakt angemessener Aufwendungen für Heizung begegnet zwar praktischen Schwierigkeiten (vgl BSG Urteil vom 12.6.2013 - B 14 AS 60/12 R - BSGE 114, 1 = SozR 4-4200 § 22 Nr 69, RdNr 21), die Möglichkeit ist jedoch vom Gesetzgeber mittlerweile ausdrücklich vorgesehen (§ 22b Abs 1 Satz 2 und 3 SGB II; vgl BSG Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 53/13 R - BSGE 116, 94 = SozR 4-4200 § 22a Nr 2, RdNr 30 ff).

25

b) Der so näher bestimmte Begriff der Angemessenheit in § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II wird in § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aufgegriffen und dazu in der Begründung des Gesetzentwurfs ausgeführt(BT-Drucks 16/1410 S 23), dass mit der Regelung die Kosten der Unterkunft und Heizung in den Fällen auf die bisherigen angemessenen Unterkunftskosten begrenzt werden, in denen Hilfebedürftige unter Ausschöpfung der durch den kommunalen Träger festgelegten Angemessenheitsgrenzen für Wohnraum in eine Wohnung mit höheren, gerade noch angemessenen Kosten ziehen. Dieser Intention nimmt die Änderung durch Einfügung des zweiten "angemessen" durch das Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008 (BGBl I 2917) nichts und fügt ihr auch nichts hinzu. Hierzu ist in der Begründung dieses Gesetzentwurfs ausgeführt (BT-Drucks 16/10810 S 49), dass die mit dem Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende eingeführte Begrenzung der Leistungen für Unterkunft und Heizung bei einem nicht erforderlichen Umzug auf Anregungen aus der Praxis dahingehend präzisiert werde, dass die Leistungen für die neue Unterkunft bei einem nicht erforderlichen Umzug auf die bisherigen angemessenen Kosten zu begrenzen seien.

26

c) Vor diesem Hintergrund hat das BSG den Zweck von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II schon in der Vergangenheit darin gesehen, eine missbräuchliche Leistungsinanspruchnahme durch Ausschöpfung der abstrakten Angemessenheitsgrenzen zu verhindern und den Kommunen im Hinblick auf die Kostensteigerungen bei Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II eine Steuerungsfunktion zu belassen(BSG Urteil vom 9.4.2014 - B 14 AS 23/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 75 RdNr 21). Insbesondere hat es entschieden, dass die Vorschrift von vornherein keine Anwendung findet auf Fallgestaltungen, bei denen ein Umzug über die Grenzen des Vergleichsraums im Sinne der Rechtsprechung des BSG hinaus vorgenommen wird (vgl BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R - BSGE 106, 147 = SozR 4-4200 § 22 Nr 35, RdNr 19 ff). Im Hinblick auf diesen Schutzzweck kann die Norm auch bei einem Umzug innerhalb desselben Vergleichsraums Anwendung nur dann finden, wenn und soweit zutreffend ermittelte kommunale Angemessenheitsgrenzen bestehen. Vor der Ausschöpfung einer solchen Angemessenheitsgrenze durch nicht erforderliche Umzüge soll auch der örtliche Wohnungsmarkt geschützt werden (vgl BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R - BSGE 106, 147 = SozR 4-4200 § 22 Nr 35, RdNr 19 ff; BSG Urteil vom 9.4.2014 - B 14 AS 23/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 75 RdNr 21).

27

d) Das LSG wird demgemäß zu ermitteln haben, ob eine zutreffend ermittelte abstrakte kommunale Angemessenheitsgrenze für die Unterkunftskosten besteht. Ist dies nicht der Fall, scheidet eine Leistungsdeckelung nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aus. Dies schließt jedoch eine Prüfung der Unangemessenheit im Einzelfall im Rahmen des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II nicht aus. Es könnte dann für die Begrenzung der Nettokaltmiete und der kalten Nebenkosten auf die Werte der Wohngeldtabelle zuzüglich eines Zuschlags von 10 % abgestellt werden (siehe BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, RdNr 23; Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 27).

28

Wenn eine zutreffend ermittelte abstrakte kommunale Angemessenheitsgrenze für die Heizaufwendungen nicht besteht, scheidet auch insoweit eine Deckelung nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aus. Eine Prüfung der Unangemessenheit der Heizkosten im Einzelfall kann, wie auch bei den Unterkunftskosten, im Rahmen des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II stattfinden, wobei hierfür eine Orientierung an den Grenzwerten aus bundesweitem oder kommunalem Heizspiegel zu erfolgen hat(BSG Urteil vom 12.6.2013 - B 14 AS 60/12 R - BSGE 114, 1 = SozR 4-4200 § 22 Nr 69, RdNr 22).

29

5. Sollten die Ermittlungen des LSG zu dem Ergebnis führen, dass im vorliegenden Fall rechtmäßig ermittelte abstrakte kommunale Angemessenheitsgrenzen existieren, wäre die Deckelung durch die angefochtenen Bescheide rechtmäßig. Allerdings wäre dann zu beachten, dass sich zeitlich nachfolgende Anhebungen dieser Angemessenheitsgrenzen auf die Deckelung auswirken. Die durch die Anhebung der abstrakten kommunalen Angemessenheitsgrenzen anerkannten Kostensteigerungen auf dem örtlichen Wohnungsmarkt sind bei fortdauernder Deckelung zu berücksichtigen ("Dynamisierung"). Der Schutz des Leistungsträgers und des örtlichen Wohnungsmarkts vor der Ausschöpfung einer Angemessenheitsgrenze durch nicht erforderliche Umzüge ist insoweit von dem Regelungswillen des Gesetzgebers nicht umfasst, denn er bezieht sich nur auf die Ausschöpfung der Angemessenheitsgrenzen im Einzelfall und nicht auf Erhöhung der allgemeinen Angemessenheitsgrenzen durch wirtschaftliche Entwicklungen und dadurch bedingte anerkannte Kostensteigerungen.

30

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.