Bundessozialgericht Beschluss, 01. Juli 2010 - B 13 R 561/09 B

bei uns veröffentlicht am01.07.2010

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 26. März 2009 wird das Urteil aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Der 1939 geborene Kläger erhält seit 2004 Regelaltersrente mit einem monatlichen Zahlbetrag von anfangs 201,89 Euro. Widerspruch und Klage, mit denen er weitere rentenrechtliche Zeiten geltend machte, blieben erfolglos (Rentenbescheid vom 13.4.2004, Widerspruchsbescheid vom 24.3.2005, Urteil des SG Gelsenkirchen vom 21.6.2006).

2

In einem Erörterungstermin vor dem SG im Dezember 2005 hatte sich der Kläger nicht in der Lage gesehen anzugeben, welche Zeiten bei seiner Altersrente fehlten. Eine Erinnerung des SG vom Februar 2006 blieb erfolglos. Am Terminstag (21.6.2006) bat der Kläger per Fax um Terminsverlegung aus gesundheitlichen Gründen. Im Verfahren über die Berufung gegen das gleichwohl am 21.6.2009 ergangene SG-Urteil machte der Kläger mit Schriftsatz vom 15.10.2006 unter teilweiser Angabe von Arbeitgebern (Reedereien) Beschäftigungszeiten im Zeitraum seit 1958 sowie zeitlich nicht näher eingeordnete Arbeitsunfähigkeits- und Arbeitslosigkeits-, Kindererziehungs- und Pflegezeiten für seinen Sohn geltend. In einem Erörterungstermin mit dem Berichterstatter im November 2007 erklärte der Kläger, er werde bis spätestens Mitte Dezember eine genaue Aufstellung mit zeitlicher Einordnung der geltend gemachten Zeiten sowie eventueller Zeugenbenennung einreichen. Dies führte ua zu einer Benennung von acht ehemaligen Arbeitskollegen des Klägers zur See und an Land ohne Nennung von Anschriften; von drei Zeugen wurde nur der Nachname und nur von zweien der ungefähre Aufenthaltsort ("Raum Stuttgart"/"Norderney oder Wangerooge") angegeben. Ferner machte der Kläger geltend, sein am 18.9.1984 geborener Sohn sei zu 100 % schwerstbehindert, wofür er sich im weiteren Verlauf auf von ihm eingereichte Unterlagen über die Gewährung von Pflegegeld des Sozialhilfeträgers an den durch ihn vertretenen Sohn bezog. Nach einem - erfolglosen - Befangenheitsantrag des Klägers gegen den Berichterstatter lud ihn das LSG am 3.3.2009 zur mündlichen Verhandlung vom 26.3.2009. Gegen die Terminierung legte der Kläger unter dem 17.3.2009 "sofortige Beschwerde" unter Stellung weiterer Befangenheitsanträge ein; ferner beantragte er, den Termin auch aus gesundheitlichen Gründen zu verlegen. Zurzeit sei er gesundheitlich nicht in der Lage, den Gerichtstermin wahrzunehmen, es stehe eine Krankenhauseinweisung bevor. Das am Abend des 17.3.2009 eingegangene Fax wurde dem Berichterstatter am 18.3.2009 vorgelegt, der (intern) insoweit vermerkte: "Von einer Vertagung sollte abgesehen werden. Weder ist das p.E. angeordnet noch hat der Kl. gesundheitl. Gründe subst. benannt oder gar nachgewiesen." Mit Fax vom 25.3.2009 legte der Kläger schließlich die Kopie einer Krankenhauseinweisung wegen "Lumboischialgie" vom selben Tage vor und beantragte, den Termin zu verlegen; er wolle persönlich anwesend sein. Er bestehe ferner darauf, juristisch vertreten zu sein, und stelle dies gleichzeitig als Antrag. In Abwesenheit des Klägers hat das LSG seine Berufung auf die mündliche Verhandlung vom 26.3.2009 zurückgewiesen.

3

Zur Begründung führt es im Wesentlichen aus, es habe trotz des Schreibens des Klägers vom 25.3.2009 in dessen Abwesenheit entscheiden können. Die Gesamtwürdigung des bisherigen Verfahrensablaufs lege es nahe, dass dieses Schreiben lediglich der beabsichtigten weiteren Verfahrensverschleppung durch den Kläger diene. Dieser habe keine seine persönliche Anwesenheit unmöglich machende Erkrankung durch Vorlage eines ärztlichen Attests nachgewiesen. Lediglich das Begehren, juristisch vertreten zu sein, reiche für eine Terminsverlegung nicht aus. Einen Antrag auf Prozesskostenhilfe habe der Kläger nicht gestellt. Die Ablehnungsgesuche seien offenkundig nur in Verfahrensverschleppungsabsicht gestellt worden. Im Übrigen sei die zulässige Berufung nicht begründet. Nachweise über eine versicherungspflichtige Pflege iS des § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI habe der Kläger nicht vorgelegt; ebenso fehle es am Nachweis, dass der Kläger ein Kind in dessen ersten drei Lebensjahren erzogen habe (§ 3 Satz 1 Nr 1 iVm § 56 SGB VI). Zu den weiteren rentenrechtlichen Zeiten hätten keinerlei Erkenntnismöglichkeiten zur Verfügung gestanden, aus denen - im Rahmen der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) - tatsächliche Feststellungen hinsichtlich etwaiger rentenrechtlicher Zeiten getroffen hätten werden können. Hinsichtlich der vom Kläger benannten Zeugen liege kein ordnungsgemäßer Beweisantritt vor. Weder seien ladungsfähige Personalien noch Anschriften benannt oder hinreichende Beweisthemen; der pauschale Hinweis des Kläger, der Senat könne die erforderlichen Tatsachen durch die Befragung der von ihm benannten ehemaligen Arbeitskollegen ermitteln, diene letztlich der Ausforschung möglicherweise vorhandener weiterer Versicherungszeiten. Ein Ausforschungsbeweis sei jedoch unzulässig.

4

Mit seiner Beschwerde rügt der Kläger Verfahrensfehler in Form der Verletzung rechtlichen Gehörs wegen der unterbliebenen Terminsverlegung sowie die Verletzung der Sachaufklärungspflicht durch Nichtberücksichtigung vom Kläger gestellter Beweisanträge.

5

II. Auf die Beschwerde des Klägers war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

6

Der gerügte Verfahrensfehler der Verletzung rechtlichen Gehörs liegt vor.

7

Der Kläger hat die Verletzung des § 62 SGG hinreichend bezeichnet; die Rüge trifft auch zu. Der Anspruch auf rechtliches Gehör gebietet, den an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligten Gelegenheit zu geben, sich zu dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern. Wird aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden, muss den Beteiligten unabhängig davon, ob sie die Möglichkeit zur schriftlichen Vorbereitung des Verfahrens genutzt haben, Gelegenheit gegeben werden, ihren Standpunkt in der Verhandlung darzulegen. Dabei ist dem Anspruch auf rechtliches Gehör in der Regel dadurch genügt, dass das Gericht die mündliche Verhandlung anberaumt (§ 110 Abs 1 Satz 1 SGG), der Beteiligte bzw sein Prozessbevollmächtigter ordnungsgemäß geladen und die mündliche Verhandlung zu dem festgesetzten Zeitpunkt eröffnet wird.

8

Grundsätzlich stellt zwar allein der Umstand, dass ein Beteiligter außer Stande ist, zur mündlichen Verhandlung zu erscheinen, und dies vorher mitteilt, noch keinen zwingenden Grund für eine Terminsverlegung dar. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Gericht auf die Möglichkeit hingewiesen hat, dass bei Fernbleiben eines Beteiligten nach Lage der Akten entschieden werden kann (vgl dazu § 110 Abs 1 Satz 2 SGG).

9

Ein Termin zur mündlichen Verhandlung kann - und muss ggf - jedoch gemäß § 202 SGG iVm dem entsprechend anwendbaren § 227 Abs 1 Satz 1 ZPO nach Glaubhaftmachung(§ 227 Abs 2 ZPO) erheblicher Gründe aufgehoben werden, auch wenn - wie vorliegend - das persönliche Erscheinen des Klägers nicht angeordnet worden ist. Ein iS des § 227 Abs 1 Satz 1 ZPO ordnungsgemäß gestellter Verlegungsantrag mit einem hinreichend substantiiert geltend und ggf glaubhaft gemachten Terminsverlegungsgrund begründet grundsätzlich eine entsprechende Pflicht des Gerichts zur Terminsverlegung. Die Behandlung von Anträgen auf Terminsverlegung hat dabei der zentralen Gewährleistungsfunktion der mündlichen Verhandlung für den Anspruch der Beteiligten auf rechtliches Gehör zu genügen (zum Ganzen mwN Senatsbeschluss vom 13.11.2008 - B 13 R 277/08 B - RdNr 13 bis 15).

10

Das LSG hätte den Terminsverlegungsantrag des Klägers vom 17.3.2009 nicht ablehnen dürfen, ohne ihn zuvor über die beabsichtigte Durchführung des Termins zu informieren und darüber, unter welchen Voraussetzungen es seinem Antrag stattgeben würde.

11

Zwar enthält der dem LSG noch am Abend desselben Tages per Fax übermittelte Schriftsatz vom 17.3.2009 keine Angaben, die einen erheblichen Grund iS des § 227 Abs 1 ZPO glaubhaft gemacht hätten. Denn eine Terminsverlegung ist nur dann geboten, wenn eine Erkrankung so schwer ist, dass von dem Beteiligten die Wahrnehmung des Termins nicht erwartet werden kann. Weder aus dem pauschalen Vortrag von "gesundheitlichen Gründen" noch aus einem Hinweis auf eine bevorstehende Krankenhauseinweisung folgt mit der erforderlichen Sicherheit eine Verhandlungsunfähigkeit.

12

Die Grundsätze des rechtlichen Gehörs und des fairen Verfahrens erfordern jedoch, dem Beteiligten jedenfalls die Möglichkeit zu geben, die entsprechenden Angaben zu machen und die erforderlichen Unterlagen einzureichen, wenn dem Gericht ein Verhinderungsgrund nicht hinreichend substantiiert erscheint (hierzu neuestens BSG vom 17.2.2010 - B 1 KR 112/09 B - BeckRS 2010, 70756 RdNr 7 mwN). Hiervon mag zwar dann eine Ausnahme zu machen sein, wenn der Beteiligte bereits - ggf im Rahmen früherer Verfahren - zur Genüge über die Voraussetzungen einer Terminsverlegung informiert ist und diese nicht erfüllen kann oder will, sondern lediglich eine Prozessverschleppung beabsichtigt (in diesem Sinne bereits der Senatsbeschluss aaO RdNr 17; ferner BSG vom 28.4.1999 - B 6 KA 40/98 R - Juris RdNr 17 f; BSG vom 21.7.2009 - B 7 AL 9/09 B - RdNr 5; BFH vom 12.1.2004, BFH/NV 2004, 654, 655).

13

Ein derartiger Grund, von einer Kontaktnahme mit dem Kläger abzusehen, lag jedoch im vorliegenden Fall nicht vor.

14

Es bestand kein Hinderungsgrund, die vom Berichterstatter in seinem Vermerk vom 18.3.2009 festgehaltenen Erwägungen nicht auch gleichzeitig dem Kläger mitzuteilen und um Substantiierung oder Nachweis zu bitten; ein entsprechendes Schreiben hätte er bereits am 19.3.2009, also eine Woche vor dem anberaumten Termin, erhalten können. Dann aber hätte ihm genügend Zeit zur Verfügung gestanden, dem LSG entsprechende Angaben und Unterlagen noch rechtzeitig zu übermitteln. Hieran ändert nichts, dass das LSG dem Kläger im Berufungsurteil eine Verschleppungsabsicht unterstellt. Denn auch jemand, der - aus welchen Gründen auch immer - den Abschluss seines Gerichtsverfahrens verzögern will, kann verhandlungsunfähig erkranken. Dann aber muss ihm Gelegenheit gegeben werden, dies glaubhaft zu machen. Das LSG hat jedenfalls nicht festgestellt, dass der Kläger anderweitig bereits hinreichend über die Substantiierungsanforderungen informiert war.

15

Die angefochtene Entscheidung kann auf diesem Verfahrensmangel beruhen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger damals in der Tat verhandlungsunfähig war. Im Übrigen ist grundsätzlich davon auszugehen, dass eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, die einen Verfahrensbeteiligten daran gehindert hat, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen, die daraufhin ergangene Entscheidung beeinflusst hat; einer Angabe, welches Vorbringen durch das beanstandete Verfahren verhindert worden ist, bedarf es nicht (Senatsbeschluss vom 13.11.2008 - B 13 R 277/08 B - RdNr 18 mwN).

16

Zur Vermeidung weiterer Verfahrensverzögerung hat der Senat die Sache im Beschlusswege nach § 160a Abs 5 SGG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen.

17

Er kann offen lassen, ob der gerügte weitere Verfahrensfehler (Verletzung der Sachaufklärungspflicht durch Nichtbefolgen eines Beweisantrags) vorliegt. Er weist jedoch darauf hin, dass jedenfalls hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten Kindererziehungs- und Pflegezeiten die vom LSG angeführten Ermittlungsschwierigkeiten in weit geringerem Maße bestehen dürften als hinsichtlich der von ihm behaupteten weiter zurückliegenden Beschäftigungs- und Arbeitsunfähigkeitszeiten. Zu den Pflegezeiten weist er auf die Urteile des BSG vom 5.5.2010 (B 12 R 6/09 R und B 12 R 9/09 R; s Terminbericht Nr 23/10, Nr 4 bis 5) hin.

18

Das LSG wird auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

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Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

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Versicherungspflichtig sind Personen in der Zeit,1.für die ihnen Kindererziehungszeiten anzurechnen sind (§ 56),1a.in der sie eine oder mehrere pflegebedürftige Personen mit mindestens Pflegegrad 2 wenigstens zehn Stunden wöchentlich, verteilt auf re

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Versicherungspflichtig sind Personen in der Zeit,

1.
für die ihnen Kindererziehungszeiten anzurechnen sind (§ 56),
1a.
in der sie eine oder mehrere pflegebedürftige Personen mit mindestens Pflegegrad 2 wenigstens zehn Stunden wöchentlich, verteilt auf regelmäßig mindestens zwei Tage in der Woche, in ihrer häuslichen Umgebung nicht erwerbsmäßig pflegen (nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen), wenn der Pflegebedürftige Anspruch auf Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung oder einer privaten Pflege-Pflichtversicherung hat,
2.
in der sie aufgrund gesetzlicher Pflicht Wehrdienst oder Zivildienst leisten,
2a.
in der sie sich in einem Wehrdienstverhältnis besonderer Art nach § 6 des Einsatz-Weiterverwendungsgesetzes befinden, wenn sich der Einsatzunfall während einer Zeit ereignet hat, in der sie nach Nummer 2 versicherungspflichtig waren; sind zwischen dem Einsatzunfall und der Einstellung in ein Wehrdienstverhältnis besonderer Art nicht mehr als sechs Wochen vergangen, gilt das Wehrdienstverhältnis besonderer Art als mit dem Tag nach Ende einer Versicherungspflicht nach Nummer 2 begonnen,
2b.
in der sie als ehemalige Soldaten auf Zeit Übergangsgebührnisse beziehen, es sei denn, sie sind für die Zeiten als Soldaten auf Zeit nach § 186 nachversichert worden,
3.
für die sie von einem Leistungsträger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Arbeitslosengeld oder von der sozialen oder einer privaten Pflegeversicherung Pflegeunterstützungsgeld beziehen, wenn sie im letzten Jahr vor Beginn der Leistung zuletzt versicherungspflichtig waren; der Zeitraum von einem Jahr verlängert sich um Anrechnungszeiten wegen des Bezugs von Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches,
3a.
für die sie von einem privaten Krankenversicherungsunternehmen, von einem Beihilfeträger des Bundes, von einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Träger von Kosten in Krankheitsfällen auf Bundesebene, von dem Träger der Heilfürsorge im Bereich des Bundes, von dem Träger der truppenärztlichen Versorgung oder von einem öffentlich-rechtlichen Träger von Kosten in Krankheitsfällen auf Landesebene, soweit das Landesrecht dies vorsieht, Leistungen für den Ausfall von Arbeitseinkünften im Zusammenhang mit einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen beziehen, wenn sie im letzten Jahr vor Beginn dieser Zahlung zuletzt versicherungspflichtig waren; der Zeitraum von einem Jahr verlängert sich um Anrechnungszeiten wegen des Bezugs von Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches,
4.
für die sie Vorruhestandsgeld beziehen, wenn sie unmittelbar vor Beginn der Leistung versicherungspflichtig waren.
Pflegepersonen, die für ihre Tätigkeit von dem oder den Pflegebedürftigen ein Arbeitsentgelt erhalten, das das dem Umfang der jeweiligen Pflegetätigkeit entsprechende Pflegegeld im Sinne des § 37 des Elften Buches nicht übersteigt, gelten als nicht erwerbsmäßig tätig; sie sind insoweit nicht nach § 1 Satz 1 Nr. 1 versicherungspflichtig. Nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen, die daneben regelmäßig mehr als 30 Stunden wöchentlich beschäftigt oder selbständig tätig sind, sind nicht nach Satz 1 Nr. 1a versicherungspflichtig. Wehrdienstleistende oder Zivildienstleistende, die für die Zeit ihres Dienstes Arbeitsentgelt weitererhalten oder Leistungen an Selbständige nach § 6 des Unterhaltssicherungsgesetzes erhalten, sind nicht nach Satz 1 Nr. 2 versicherungspflichtig; die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit gilt in diesen Fällen als nicht unterbrochen. Trifft eine Versicherungspflicht nach Satz 1 Nr. 3 im Rahmen von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit einer Versicherungspflicht nach § 1 Satz 1 Nr. 2 oder 3 zusammen, geht die Versicherungspflicht vor, nach der die höheren Beiträge zu zahlen sind. Die Versicherungspflicht nach Satz 1 Nummer 2b bis 4 erstreckt sich auch auf Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben.

(1) Kindererziehungszeiten sind Zeiten der Erziehung eines Kindes in dessen ersten drei Lebensjahren. Für einen Elternteil (§ 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 Nr. 2 und 3 Erstes Buch) wird eine Kindererziehungszeit angerechnet, wenn

1.
die Erziehungszeit diesem Elternteil zuzuordnen ist,
2.
die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist oder einer solchen gleichsteht und
3.
der Elternteil nicht von der Anrechnung ausgeschlossen ist.

(2) Eine Erziehungszeit ist dem Elternteil zuzuordnen, der sein Kind erzogen hat. Haben mehrere Elternteile das Kind gemeinsam erzogen, wird die Erziehungszeit einem Elternteil zugeordnet. Haben die Eltern ihr Kind gemeinsam erzogen, können sie durch eine übereinstimmende Erklärung bestimmen, welchem Elternteil sie zuzuordnen ist. Die Zuordnung kann auf einen Teil der Erziehungszeit beschränkt werden. Die übereinstimmende Erklärung der Eltern ist mit Wirkung für künftige Kalendermonate abzugeben. Die Zuordnung kann rückwirkend für bis zu zwei Kalendermonate vor Abgabe der Erklärung erfolgen, es sei denn, für einen Elternteil ist unter Berücksichtigung dieser Zeiten eine Leistung bindend festgestellt, ein Versorgungsausgleich oder ein Rentensplitting durchgeführt. Für die Abgabe der Erklärung gilt § 16 des Ersten Buches über die Antragstellung entsprechend. Haben die Eltern eine übereinstimmende Erklärung nicht abgegeben, wird die Erziehungszeit dem Elternteil zugeordnet, der das Kind überwiegend erzogen hat. Liegt eine überwiegende Erziehung durch einen Elternteil nicht vor, erfolgt die Zuordnung zur Mutter, bei gleichgeschlechtlichen Elternteilen zum Elternteil nach den §§ 1591 oder 1592 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, oder wenn es einen solchen nicht gibt, zu demjenigen Elternteil, der seine Elternstellung zuerst erlangt hat. Ist eine Zuordnung nach den Sätzen 8 und 9 nicht möglich, werden die Erziehungszeiten zu gleichen Teilen im kalendermonatlichen Wechsel zwischen den Elternteilen aufgeteilt, wobei der erste Kalendermonat dem älteren Elternteil zuzuordnen ist.

(3) Eine Erziehung ist im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt, wenn der erziehende Elternteil sich mit dem Kind dort gewöhnlich aufgehalten hat. Einer Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland steht gleich, wenn der erziehende Elternteil sich mit seinem Kind im Ausland gewöhnlich aufgehalten hat und während der Erziehung oder unmittelbar vor der Geburt des Kindes wegen einer dort ausgeübten Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit Pflichtbeitragszeiten hat. Dies gilt bei einem gemeinsamen Aufenthalt von Ehegatten oder Lebenspartnern im Ausland auch, wenn der Ehegatte oder Lebenspartner des erziehenden Elternteils solche Pflichtbeitragszeiten hat oder nur deshalb nicht hat, weil er zu den in § 5 Abs. 1 und 4 genannten Personen gehörte oder von der Versicherungspflicht befreit war.

(4) Elternteile sind von der Anrechnung ausgeschlossen, wenn sie

1.
während der Erziehungszeit oder unmittelbar vor der Geburt des Kindes eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ausgeübt haben, die aufgrund
a)
einer zeitlich begrenzten Entsendung in dieses Gebiet (§ 5 Viertes Buch) oder
b)
einer Regelung des zwischen- oder überstaatlichen Rechts oder einer für Bedienstete internationaler Organisationen getroffenen Regelung (§ 6 Viertes Buch)
den Vorschriften über die Versicherungspflicht nicht unterliegt,
2.
während der Erziehungszeit zu den in § 5 Absatz 4 genannten Personen gehören oder
3.
während der Erziehungszeit Anwartschaften auf Versorgung im Alter aufgrund der Erziehung erworben haben, wenn diese nach den für sie geltenden besonderen Versorgungsregelungen systembezogen annähernd gleichwertig berücksichtigt wird wie die Kindererziehung nach diesem Buch; als in diesem Sinne systembezogen annähernd gleichwertig gilt eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen.

(5) Die Kindererziehungszeit beginnt nach Ablauf des Monats der Geburt und endet nach 36 Kalendermonaten. Wird während dieses Zeitraums vom erziehenden Elternteil ein weiteres Kind erzogen, für das ihm eine Kindererziehungszeit anzurechnen ist, wird die Kindererziehungszeit für dieses und jedes weitere Kind um die Anzahl an Kalendermonaten der gleichzeitigen Erziehung verlängert.

Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

Vor jeder Entscheidung ist den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren; die Anhörung kann schriftlich oder elektronisch geschehen.

(1) Der Vorsitzende bestimmt Ort und Zeit der mündlichen Verhandlung und teilt sie den Beteiligten in der Regel zwei Wochen vorher mit. Die Beteiligten sind darauf hinzuweisen, daß im Falle ihres Ausbleibens nach Lage der Akten entschieden werden kann.

(2) Das Gericht kann Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(3) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

(1) Aus erheblichen Gründen kann ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Erhebliche Gründe sind insbesondere nicht

1.
das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist;
2.
die mangelnde Vorbereitung einer Partei, wenn nicht die Partei dies genügend entschuldigt;
3.
das Einvernehmen der Parteien allein.

(2) Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden, für eine Vertagung auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(3) Ein für die Zeit vom 1. Juli bis 31. August bestimmter Termin, mit Ausnahme eines Termins zur Verkündung einer Entscheidung, ist auf Antrag innerhalb einer Woche nach Zugang der Ladung oder Terminsbestimmung zu verlegen. Dies gilt nicht für

1.
Arrestsachen oder die eine einstweilige Verfügung oder einstweilige Anordnung betreffenden Sachen,
2.
Streitigkeiten wegen Überlassung, Benutzung, Räumung oder Herausgabe von Räumen oder wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
3.
(weggefallen)
4.
Wechsel- oder Scheckprozesse,
5.
Bausachen, wenn über die Fortsetzung eines angefangenen Baues gestritten wird,
6.
Streitigkeiten wegen Überlassung oder Herausgabe einer Sache an eine Person, bei der die Sache nicht der Pfändung unterworfen ist,
7.
Zwangsvollstreckungsverfahren oder
8.
Verfahren der Vollstreckbarerklärung oder zur Vornahme richterlicher Handlungen im Schiedsverfahren;
dabei genügt es, wenn nur einer von mehreren Ansprüchen die Voraussetzungen erfüllt. Wenn das Verfahren besonderer Beschleunigung bedarf, ist dem Verlegungsantrag nicht zu entsprechen.

(4) Über die Aufhebung sowie Verlegung eines Termins entscheidet der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung; über die Vertagung einer Verhandlung entscheidet das Gericht. Die Entscheidung ist kurz zu begründen. Sie ist unanfechtbar.

Tatbestand

1

Der bei der beklagten Ersatzkasse versicherte Kläger, der - wie aus den Akten eines Vorprozesses hervorgeht - an den Folgen von HIV leidet, ist mit seinem (von den Vorinstanzen so ausgelegten) Begehren, die Beklagte zu verpflichten, über Leistungs- und Akteneinsichtsanträge sowie Auskunftsersuchen der Jahre 1994 bis 2002 zu entscheiden und ihm Ablichtungen der Verwaltungsakten herauszugeben, bislang ohne Erfolg geblieben. Das Landessozialgericht (LSG) hat seine Berufung gegen den in erster Instanz ergangenen klageabweisenden Gerichtsbescheid zurückgewiesen, weil die Klage unzulässig sei: Der Kläger habe nicht schlüssig vorgetragen, dass die Voraussetzungen des § 88 Abs 1 Satz 1 SGG gegeben seien; es werde nicht deutlich, welche Anträge er gestellt haben wolle (Urteil vom 13.2.2009).

2

Nach Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wendet sich der Kläger nunmehr gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil. Er rügt ua die Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör.

Entscheidungsgründe

3

Die zulässige Beschwerde des Klägers ist begründet.

4

1. Das LSG-Urteil beruht auf einem Verfahrensfehler (Revisionszulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG), der den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG genügend gerügt worden ist. Das LSG hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechtskonvention, § 62 SGG) verletzt, weil das Gericht am 13.2.2009 in der Sache entschieden hat, obwohl der Kläger annehmen durfte, eine instanzbeendende Entscheidung werde jedenfalls an diesem Tag nicht ergehen.

5

Nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Grundsätzlich bedarf es allerdings keines weiteren Vortrags zum "Beruhen" der angegriffenen Entscheidung auf dem Verfahrensfehler, wenn ein Beschwerdeführer behauptet, um sein Recht auf eine mündliche Verhandlung gebracht worden zu sein (vgl Bundessozialgericht SozR 4-1500 § 158 Nr 2 RdNr 4; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 33 S 62). Wird einem Beteiligten zB ein vom Gericht anberaumter Verhandlungstermin nicht mitgeteilt, reicht es wegen der besonderen Wertigkeit der mündlichen Verhandlung als Kernstück des sozialgerichtlichen Verfahrens vielmehr aus, dass eine andere Entscheidung nicht auszuschließen ist, wenn der Betroffene Gelegenheit gehabt hätte, in der mündlichen Verhandlung vorzutragen (BSGE 44, 292, 295 = SozR 1500 § 124 Nr 2; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 33; Beschluss des Senats vom 14.12.2006 - B 1 KR 113/06 B). Gleichermaßen wird einem Verfahrensbeteiligten das Recht auf mündliche Verhandlung versagt, wenn das Gericht mündlich verhandelt und in der Sache abschließend entscheidet, obwohl der Beteiligte zuvor gemäß § 227 Abs 1 ZPO iVm § 202 SGG einen Terminverlegungsantrag gestellt und dafür erhebliche Gründe geltend gemacht hat. Das Gericht ist in einem derartigen Fall bei ordnungsgemäßem Vorgehen verpflichtet, den anberaumten Verhandlungstermin zu verlegen oder zu vertagen (BSG SozR 3-1750 § 227 Nr 1 S 2; BSG, Beschluss vom 13.11.2008 - B 13 R 303/07 B). Nichts anderes kann gelten, wenn der Beteiligte vor der Verhandlung einen Terminverlegungsantrag gestellt hat und davon ausgehen durfte, dass auf die anberaumte mündliche Verhandlung hin wegen seiner Eingabe jedenfalls keine ihm nachteilige instanzabschließende Entscheidung ergehen würde. So verhält es sich hier.

6

Das LSG war zwar nach § 227 Abs 2 ZPO iVm § 202 SGG berechtigt, den (unvertretenen) Kläger auf die von ihm wegen seines "sehr schlechten Gesundheitszustandes" geltend gemachte Hinderung der Teilnahme am Verhandlungstermin vom 13.2.2009 und auf seinen Terminverlegungsantrag hin (Schreiben vom 9.2.2009) aufzufordern, seine krankheitsbedingte Verhinderung glaubhaft zu machen sowie zum Termin ein qualifiziertes ärztliches Attest einzureichen. Das ist auf eine richterliche Eilt-Verfügung vom 11.2.2009 hin geschehen, die einen Absendevermerk der Geschäftsstelle vom selben Tag trägt. In der Verhandlung am 13.2.2009 durfte allerdings - selbst bei unterstellten "normalen" postalischen Verhältnissen - nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass dem Kläger diese Mitteilung rechtzeitig vor dem Termin zugegangen war. Der Kläger macht geltend, er habe das Schreiben des LSG mit seiner werktäglichen Post erst am 13.2.2009 um 14.00 Uhr erhalten, also zu einem Zeitpunkt, als der für 11.30 Uhr angesetzte Termin bereits beendet gewesen sei. Diese Behauptung ist nicht zu widerlegen, insbesondere wird sie durch andere Indizien nicht erschüttert. Vielmehr ist nach den Umständen anzunehmen, dass er aus ihm nicht vorwerfbar zuzurechnenden Gründen gehindert war, zur mündlichen Verhandlung am 13.2.2009 zu erscheinen.

7

Wollte das LSG bei der gegebenen Sachlage am 13.2.2009 über die Berufung entscheiden, hätte es jedenfalls sicherstellen müssen, dass der Kläger die Auflage überhaupt rechtzeitig zur Kenntnis nehmen und sich entsprechend verhalten konnte. Da dies hier nicht der Fall war, hatte der Kläger berechtigten Grund zu der Annahme, dass er jedenfalls keine Rechtsnachteile aus seinem - noch nicht beschiedenen - Terminverlegungsantrag erleiden würde. Ein Gericht muss einen solchen Antrag förmlich (kurz) bescheiden, sofern dies noch technisch durchführbar und zeitlich zumutbar ist (zB OLG Karlsruhe MDR 1991, 1195; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 66. Aufl 2008, § 227 RdNr 56 mwN). Es muss zudem Sorge dafür tragen, dass dem Betroffenen die Entscheidung zumindest formlos mitgeteilt wird (vgl § 329 Abs 2 Satz 1 ZPO iVm § 202 SGG). Kann dagegen nicht gewährleistet werden, dass der Betroffene Kenntnis von den Voraussetzungen erlangt hatte, unter denen das Gericht von einer Verhinderung ausgehen würde, ist es gehalten, den Rechtsstreit zur Vermeidung eines Verfahrensfehlers zu vertagen. Das war hier der Fall.

8

Es fehlen Hinweise darauf, dass dem Kläger eine Mitteilung über die beabsichtigte Durchführung des Termins vom 13.2.2009 und die Voraussetzungen der Anerkennung seiner Verhinderung tatsächlich rechtzeitig zugänglich gemacht wurden, insbesondere befindet sich kein Zustellungs- oder Zugangsnachweis darüber in den Akten. Am 13.2.2009 hat das Gericht ausweislich der Sitzungsniederschrift eine ordnungsgemäße Bekanntgabe der vorangegangenen Verfügung nicht positiv feststellen können. In der Niederschrift heißt es lediglich, "dass dem Kläger mit Schreiben vom 11. Februar 2009 mitgeteilt worden ist, dass die durch Krankheit bedingte Verhinderung glaubhaft zu machen ist und zwar durch Vorlage eines Attestes". Sodann wird nur noch festgestellt, dass ein Attest bislang nicht bei Gericht eingegangen sei; anschließend ist die mündliche Verhandlung eröffnet, durchgeführt und auf sie hin über die Berufung durch das angegriffene Urteil entschieden worden.

9

Unter den dargestellten Gegebenheiten durfte das LSG indessen nicht über die Berufung entscheiden, sondern hätte eine Vertagung beschließen müssen. Dabei fällt besonders ins Gewicht, dass wegen des ergangenen Gerichtsbescheides schon in erster Instanz keine mündliche Verhandlung stattgefunden hatte und der Kläger in der Vorkorrespondenz mit dem LSG ausdrücklich die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hatte. Zudem sah das LSG nach den Entscheidungsgründen des Urteils selbst Klärungsbedarf dafür, welche Anträge der Kläger eigentlich stellen wollte. Obwohl die Mitteilung des LSG über die Voraussetzungen einer Terminverlegung nicht formgebunden war und keiner förmlichen Zustellung bedurfte, entband dies nicht von dem Erfordernis, entweder zu gewährleisten, dass der Kläger tatsächlich rechtzeitig vor der Verhandlung von der richterlichen Verfügung Kenntnis erlangte oder aber im Termin eine Vertagung des Rechtsstreits zu beschließen. Da beides nicht erfolgte, liegt die gerügte Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vor.

10

2. Nach § 160a Abs 5 SGG kann das BSG in dem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverweisen, wenn die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliegen, was - wie ausgeführt - hier der Fall ist. Der Senat macht von dieser Möglichkeit Gebrauch.

11

3. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt dem LSG vorbehalten.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin seit dem 10.2.2005 als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig ist.

2

Der 1984 geborene Sohn der Klägerin ist bei der beigeladenen Pflegekasse versichert und erhält seit Dezember 1997 als erheblich Pflegebedürftiger nach Pflegestufe I Pflegegeld. Er wird von der Klägerin in deren Haushalt gepflegt. Mit Unterbrechungen wegen einer Erwerbstätigkeit der Klägerin von regelmäßig mehr als 30 Stunden wöchentlich entrichtete die Beigeladene für die Klägerin als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson Rentenversicherungsbeiträge an die Beklagte, über den Eintritt von Arbeitslosigkeit der Klägerin am 1.7.2004 hinaus bis zum 9.2.2005. In dem zur Beurteilung der Pflegebedürftigkeit und zur Zuordnung zu den Pflegestufen für die Zeit ab 10.2.2005 eingeholten sozialmedizinischen Wiederholungsgutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) im Land Brandenburg vom 9.3.2005 nebst ergänzender Stellungnahme vom 3.5.2006 wurde weiterhin Pflegebedürftigkeit nach Pflegestufe I angenommen. Als täglicher Pflegebedarf wurden für die Grundpflege jedoch nur noch 48 Minuten und für die hauswirtschaftliche Versorgung nur noch 45 Minuten, mithin ein Pflegebedarf von 10,85 Stunden in der Woche angegeben.

3

Nachdem die Beigeladene der Klägerin im März 2005 ua mitgeteilt hatte, dass sie die Beitragszahlung zur gesetzlichen Rentenversicherung für diese ab 10.2.2005 eingestellt habe, die Klägerin sich hiergegen gewandt und die Beigeladene daraufhin den Vorgang an die Beklagte zur Prüfung der Rentenversicherungspflicht abgegeben hatte, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 18.5.2005 fest, dass die Klägerin seit dem 10.2.2005 der Rentenversicherungspflicht als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson nicht mehr unterliege, weil der Umfang der Pflegetätigkeit nach den Feststellungen der Pflegekasse unter 14 Stunden in der Woche liege. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.8.2005 zurück.

4

Die Klägerin hat Klage erhoben und die Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 18.5.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.8.2005 sowie die Feststellung begehrt, dass sie als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson für ihren Sohn in der gesetzlichen Rentenversicherung ab 10.2.2005 versicherungspflichtig ist. Während des Klageverfahrens hat das Sozialgericht (SG) ein Gutachten des MDK Berlin-Brandenburg vom 12.7.2007 beigezogen, in dem ua ausgeführt ist, dass die Verringerung des grundpflegerischen Hilfebedarfs in dem Vorgutachten plausibel und die Beurteilung des täglichen Hilfebedarfs mit 48 Minuten nicht zu beanstanden ist. In einem von der Klägerin veranlassten neurologisch-psychiatrischen Gutachten der Frau Dr. W. vom 16.5.2008 wird der zeitliche Umfang der von der Klägerin durchgeführten Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung mit 12,25 Stunden in zwei Wochen im Monat bzw mit 6,125 Stunden je Woche im Monat angegeben. Der allgemeine Betreuungsbedarf wird mit etwa 5 Stunden pro Tag angegeben. Mit Urteil vom 10.12.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe die Feststellung von Rentenversicherungspflicht für die Zeit ab 10.2.2005 zutreffend abgelehnt. Nach den Gutachten und Stellungnahmen des MDK werde die nach § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI erforderliche Mindestpflegezeit von 14 Stunden wöchentlich nicht erreicht, weil der Umfang der Pflegetätigkeit im Bereich Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung danach regelmäßig weniger als 11 Stunden in der Woche ausmache. Die angenommene Reduzierung des Pflegebedarfs sei schlüssig und überzeugend. Die angefochtenen Bescheide seien nicht etwa deshalb rechtswidrig, weil bei der Ermittlung der Mindeststundenzahl auch der erhebliche Bedarf an allgemeiner Betreuung und Beaufsichtigung zu berücksichtigen wäre. Das komme weder im Wortlaut des § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI noch in demjenigen des § 19 Satz 2 SGB XI zum Ausdruck. Im Gegenteil erscheine es widersinnig, die Einstandspflicht der Pflegekassen bei der Gewährung von Leistungen an den Pflegebedürftigen auf die Katalogverrichtungen zu begrenzen und bei der Gewährung von Leistungen zur sozialen Sicherung von Pflegepersonen auch aufgrund der familiären, nachbarschaftlichen oder sonstigen ehrenamtlichen Pflege und Betreuung auszulösen. Eine solche Auslegung des § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI stelle eine systemwidrige Gesetzesergänzung dar.

5

Die Klägerin hat die vom SG zugelassene Revision eingelegt und rügt eine Verletzung von § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI. Der Begriff der Pflege im Sinne dieser Norm sei in einem ganzheitlichen Sinn aufzufassen mit der Folge, dass bei der Ermittlung der Mindeststundenzahl auch die auf die ergänzende Pflege und Betreuung iS von § 4 Abs 2 Satz 1 SGB XI entfallende Zeit mitzurechnen sei. Für diese weitergehende Auffassung des Begriffs Pflege stelle § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI selbst die Rechtsgrundlage dar. Zwar sei dessen Wortlaut hierfür nichts zu entnehmen. Bei Rückgriff auf die Gesetzesmaterialien zu § 19 Satz 2 SGB XI werde jedoch der Wille des Gesetzgebers deutlich, dass der Pflegebegriff nicht auf die in § 14 Abs 4 SGB XI genannten Verrichtungen eingegrenzt werden solle. Dies sei gleichermaßen bei der Auslegung des § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI zu beachten, ebenso, dass der Gesetzgeber allgemein die Pflegebereitschaft im häuslichen Bereich habe fördern und anerkennen wollen.

6

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Cottbus vom 10.12.2008 und unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 18.5.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.8.2005 festzustellen, dass sie als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson für ihren Sohn M. K., geboren am 1984, in der gesetzlichen Rentenversicherung ab 10.2.2005 versicherungspflichtig ist.

7

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

8

Sie hält das Urteil für zutreffend. Für die von der Klägerin vorgenommene Auslegung des § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI gebe es keine ausreichende Grundlage. Die Beklagte weist in diesem Zusammenhang auf die Ausführungen des Senats in seinem Urteil vom 23.9.2003 (B 12 P 2/02 R, SozR 4-2600 § 3 Nr 1)hin.

9

Die Beigeladene stellt keinen Antrag, schließt sich jedoch der Auffassung des SG und der Beklagten an.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Zu Recht hat das SG ihre Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 18.5.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.8.2005 ist rechtmäßig. Zutreffend hat die Beklagte darin festgestellt, dass die Klägerin in der Zeit ab 10.2.2005 wegen der Pflege ihres Sohnes der Rentenversicherungspflicht als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson nicht unterlag. Zur Entscheidung hierüber war der beklagte Rentenversicherungsträger befugt. Besteht Streit über die Versicherungs- und Beitragspflicht nicht erwerbsmäßig tätiger Pflegepersonen, so hat nicht die - hier beigeladene - Pflegekasse, sondern der zuständige Rentenversicherungsträger durch Verwaltungsakt zu entscheiden (vgl Urteile des Senats vom 22.3.2001, B 12 P 3/00 R, SozR 3-2600 § 3 Nr 5 S 6 f, und 23.9.2003, B 12 P 2/02 R, SozR 4-2600 § 3 Nr 1 RdNr 4).

11

Nach § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI, der in der hier streitigen Zeit und bis heute unverändert galt bzw gilt, sind Personen in der Rentenversicherung in der Zeit versicherungspflichtig, in der sie einen Pflegebedürftigen iS des § 14 SGB XI nicht erwerbsmäßig wenigstens 14 Stunden wöchentlich in seiner häuslichen Umgebung pflegen (nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen), wenn der Pflegebedürftige Anspruch auf Leistungen aus der sozialen oder einer privaten Pflegeversicherung hat. Nach Satz 3 des § 3 SGB VI unterliegen solche Personen der Rentenversicherungspflicht nach Satz 1 Nr 1a nicht, die daneben regelmäßig mehr als 30 Stunden wöchentlich beschäftigt oder selbstständig tätig sind. Diese Bestimmung übernimmt die bereits in Satz 1 der leistungsrechtlichen Vorschrift des § 44 Abs 1 SGB XI enthaltene Formulierung. Die Versicherungspflicht der Pflegepersonen in der Rentenversicherung konkretisiert diese Vorschrift (vgl Urteil des Senats vom 23.9.2003, aaO, RdNr 6). Nach deren Satz 1 entrichten die Pflegekassen und die privaten Versicherungsunternehmen, bei denen eine private Pflege-Pflichtversicherung durchgeführt wird, sowie die sonstigen in § 170 Abs 1 Nr 6 SGB VI genannten Stellen zur Verbesserung der sozialen Sicherung einer Pflegeperson iS des § 19 SGB XI Beiträge an den zuständigen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung. Näheres hierzu regeln nach § 44 Abs 1 Satz 2 SGB XI ua §§ 3, 166 und 170 SGB VI. § 166 Abs 2 SGB VI bestimmt die beitragspflichtigen Einnahmen der nicht erwerbsmäßig tätigen Pflegepersonen, § 170 Abs 1 Nr 6 SGB VI die Beitragstragung.

12

Das SG ist zunächst ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin ab 10.2.2005 als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson rentenversicherungspflichtig gewesen wäre, wenn sie in dieser Zeit die Voraussetzung einer (Mindest)Pflegezeit von wenigstens 14 Stunden wöchentlich erfüllt hätte. Die Feststellungen des SG zu den Verhältnissen der Klägerin als Pflegeperson und ihres Sohnes sowie den Umständen der Pflegetätigkeit tragen seine Annahme, dass die Klägerin mit ihrem Sohn einen Pflegebedürftigen iS des § 14 SGB XI mit Leistungsanspruch in seiner häuslichen Umgebung gepflegt hat, und zwar nicht im Rahmen einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit und mehr als geringfügig(vgl zu den Voraussetzungen § 5 Abs 2 Satz 1 Nr 3, Satz 4 SGB VI), und dass sie außerdem neben ihrer Pflegetätigkeit (anderweitig) weder beschäftigt noch selbstständig tätig gewesen ist. Zutreffend hat das SG aber auch entschieden, dass die Klägerin die geforderte (Mindest)Pflegezeit iS des § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI nicht aufgewendet hat.

13

Bei der Feststellung, ob die nach § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI notwendige Mindeststundenzahl der Pflege erreicht ist, ist nur der Hilfebedarf zu berücksichtigen, der für die in § 14 Abs 4 SGB XI genannten gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Bereich der Grundpflege (Körperpflege, Ernährung und Mobilität) und hauswirtschaftlichen Versorgung erforderlich ist. (Weitergehende bzw andere) Pflegeleistungen bei Tätigkeiten im Ablauf des täglichen Lebens, die nicht im Katalog des § 14 Abs 4 SGB XI enthalten sind, etwa die Zeit, die für Betreuungsleistungen aufgewendet wird, die in § 4 Abs 2 Satz 1 SGB XI als ergänzende Pflege und Betreuung bezeichnet werden, sind bei der Ermittlung des Umfangs der (Mindest)Pflegezeit nicht mitzurechnen. Diese Auslegung des § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI folgt aus dem Gesetzeszusammenhang, in den die Norm gestellt ist (dazu 2), und teleologischen Erwägungen (dazu 3). Der Wortlaut der Vorschrift gibt über die berücksichtigungsfähigen Pflegeleistungen indessen keinen Aufschluss (dazu 1).

14

1) Zutreffend gehen das SG und die Beteiligten davon aus, dass dem Wortlaut des § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI eine eindeutige Antwort darauf, ob bei der Feststellung der Mindeststundenzahl der Zeitaufwand für Betreuungsleistungen außerhalb der in § 14 Abs 4 SGB XI genannten Verrichtungen mit zu berücksichtigen ist, nicht entnommen werden kann. Soweit der Versicherungspflichttatbestand voraussetzt, dass nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen "pflegen", lassen sich hieraus weder Anhaltspunkte für eine einschränkende noch solche für eine erweiternde Auslegung, wie sie die Revision befürwortet, gewinnen. Auch unter Berücksichtigung der während des Gesetzgebungsverfahrens, das zum Pflegeversicherungsgesetz (PflegeVG) führte, hervorgetretenen Vorstellungen seiner Verfasser (vgl BT-Drucks 12/5262 S 82, 159; BT-Drucks 12/5952 S 52 f) ist der Wortlaut des § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI offen und lässt beide Ansichten gleichermaßen zu. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Pflegebegriff sprachlich-grammatikalisch auch im Kontext des SGB XI nicht eindeutig ist. Um ihn - im Sinne der Ziele der Pflegeversicherung - operationabel zu gestalten, tendiert das SGB XI - im Gegenteil - zu einer auf Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung eingeschränkten Verwendung des Pflegebegriffs (vgl nur § 4 Abs 1 Satz 1 und § 36 SGB XI). Insoweit wird im SGB XI das, was dort leistungsrechtlich unter Pflege zu verstehen ist, in § 14 SGB XI konkretisiert. Das Gesetz geht zwar allgemein davon aus, dass im Sprachgebrauch auch weitere Betreuungsleistungen als Pflege verstanden werden können, wenn in § 4 Abs 2 Satz 1 SGB XI von ergänzender Pflege und Betreuung gesprochen wird. Angesichts der leistungsrechtlichen Konkretisierung des Pflegebegriffs in § 14 SGB XI erschiene jedoch eine von dieser Konkretisierung abweichende Wortlautinterpretation rechtfertigungsbedürftig.

15

2) Eine Auslegung der Norm, die die Rentenversicherungspflicht nicht erwerbsmäßig tätiger Pflegepersonen auf solche beschränkt, die die notwendige Mindeststundenzahl mit Zeitaufwand für die Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung erreichen, ist zunächst schon aus Gründen der (Gesetzes)Systematik geboten.

16

Entscheidend ist, dass § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI die soziale Sicherung von Pflegepersonen in der Rentenversicherung mit dem Leistungsrecht der Pflegeversicherung(vgl BSG, Urteil vom 23.9.2003, aaO, RdNr 6) und hier insbesondere mit den Leistungen bei häuslicher Pflege verbindet. Die Entrichtung von Beiträgen an den Rentenversicherungsträger ist ausdrücklich als Leistung der - sozialen oder privaten - Pflegeversicherung konzipiert (vgl § 28 Abs 1 Nr 10 iVm § 44 SGB XI). Die Anordnung von Versicherungspflicht für nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen und die Verpflichtung zur Entrichtung von Rentenversicherungsbeiträgen dienen letztlich der Erfüllung der der Pflegeversicherung übertragenen Aufgabe, die in § 1 Abs 4 SGB XI als Hilfe für Pflegebedürftige umschrieben ist. Die soziale Sicherung von Pflegepersonen steht in diesem Kontext (vgl Berchtold, in: Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Komm SozR § 3 SGB VI RdNr 3). Im Hinblick darauf besteht eine Akzessorietät der Rentenversicherungspflicht und ihrer Voraussetzungen zu den Voraussetzungen für die Leistungen der Pflegeversicherung, angesichts derer nicht nachvollziehbar wäre, warum Leistungen, die der Pflegeperson zugute kommen sollen, an andere Bedingungen geknüpft sind als Leistungen, die Pflegebedürftigen gegenüber zu erbringen sind (ebenso Boecken, in: Ruland/Försterling, GK-Komm, SGB VI, Stand: April 2008, § 3 RdNr 22i; Berchtold, aaO, RdNr 4; Fichte, in: Hauck/Noftz, SGB VI, Stand: Juli 2007, § 3 RdNr 44; Knor, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, § 3 RdNr 58; Heberlein/Pick, in: Behr/Orlowski/Rau/Schermer/Wasem/Zipperer, SGB XI, Stand: März 2005, § 19 RdNr 29). In diesem Sinne liegt, wie die Beklagte zutreffend annimmt, zwischen den Leistungen der Pflegeversicherung an den Pflegebedürftigen und die pflegende Person eine "Kongruenz" vor.

17

Die vom Senat vorgenommene enge Auslegung des § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI wird durch die die Ermittlung der in der Rentenversicherung beitragspflichtigen Einnahmen nicht erwerbsmäßig tätiger Pflegepersonen betreffende Regelung in § 166 Abs 2 SGB VI bestätigt, auf die § 44 Abs 1 Satz 2 SGB XI verweist. Diese Bestimmung hat ihre Endfassung erst auf Anregung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung des Deutschen Bundestags (11. Ausschuss) erhalten. Danach wird - anders als noch im Gesetzentwurf (vgl BT-Drucks 12/5262 S 47, 160 f) - zur Bestimmung der beitragspflichtigen Einnahmen gestaffelt nicht nur auf die jeweilige Stufe der Pflegebedürftigkeit abgestellt, sondern zusätzlich auch innerhalb der Pflegestufe nach dem tatsächlichen Zeitaufwand differenziert (vgl zur Begründung BT-Drucks 12/5952 S 53). Die Auslegung des § 166 Abs 2 SGB VI ergibt, dass ergänzende Pflegeleistungen beitragsrechtlich nicht berücksichtigt werden. Dieser Bemessung der Rentenversicherungsbeiträge bei nicht erwerbsmäßig tätigen Pflegepersonen in Abhängigkeit von der Pflegestufe und der Dauer der Pflegetätigkeit widerspräche es, neben dem auf Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung entfallenden Zeitaufwand auch denjenigen für ergänzende Pflege und Betreuung iS des § 4 Abs 2 Satz 1 SGB XI zu berücksichtigen. Die Verknüpfung von Pflegebedarf und Dauer der Pflegeleistung nach § 166 Abs 2 SGB VI, der sich für die Beitragsbemessung allein an den Vorgaben der §§ 14, 15 SGB XI orientiert, spricht vielmehr für eine einheitliche Beurteilung pflegerischer Tätigkeit als Parameter der Beitragsbemessung und der (von ihr vorausgesetzten) Versicherungspflicht(vgl Boecken, aaO, RdNr 22i; Leube, SGb 1998, 97, 98 f).

18

Dass der in § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI genannte Zeitraum von wenigstens 14 Stunden wöchentlich nur mit im Zusammenhang des SGB XI (leistungsrechtlich) relevanten Pflegeleistungen "ausgefüllt" werden kann, kann von der Revision nicht mit Erfolg unter Hinweis auf die in § 44 Abs 1 Satz 1 SGB XI in Bezug genommene Vorschrift des § 19 SGB XI über den Begriff der Pflegepersonen in Frage gestellt werden. Zutreffend ist allerdings, dass jedenfalls aus der in § 19 Satz 1 SGB XI enthaltenen Bezugnahme auf § 14 SGB XI, die sich auch in § 3 Satz 1 Nr 1a SGB XI findet, nicht zwingend abzuleiten ist, dass bei der Feststellung des Umfangs der (Mindest)Pflegezeit allein die für die Hilfe bei Verrichtungen nach § 14 Abs 4 SGB XI aufgewendete Zeit berücksichtigt werden kann. Denn Funktion dieses Verweises ist lediglich klarzustellen, dass als Pflegeperson nur in Betracht kommt, wer einen Pflegebedürftigen wenigstens der Pflegestufe I betreut. Zu Unrecht wird jedoch von der Revision § 19 Satz 2 SGB XI eine Aussage in ihrem Sinne entnommen, die dort geregelte (Mindest)Pflegezeit von wenigstens 14 Stunden wöchentlich könne auch mit ergänzender Pflege und Betreuung erreicht werden. Die Vorschrift, die nach ihrer ursprünglichen Fassung (§ 19 SGB XI aF) den Begriff der Pflegepersonen mitbestimmte, hat seit der Neufassung der Vorschrift durch das 1. SGB XI-ÄndG vom 14.6.1996 (BGBl I 830; Art 1 Nr 8) aus Gründen begrifflicher Klarstellung (vgl BT-Drucks 13/3696 S 12) nur noch Bedeutung für den Anspruch auf Leistungen zur sozialen Sicherung nach § 44 SGB XI. Die Revision meint, der Begriff der Pflege in § 19 Satz 2 SGB XI sei in einem ganzheitlichen Sinn zu verstehen mit der Folge, dass der einzubeziehende Pflegeaufwand damit sehr viel weitergehen könne als der für die Feststellung der Pflegebedürftigkeit und ihre Stufe maßgebliche Bedarf. Dieser Pflegebegriff sei auch bei der Auslegung des § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI zu beachten. Die Revision und ein großer Teil der Kommentarliteratur zu § 19 SGB XI(vgl etwa Gürtner, Kasseler Komm, Stand: September 2006, § 19 SGB XI RdNr 13; Wagner, in: Hauck/Wilde, SGB XI, Stand: Mai 2007, § 19 RdNr 27; Gallon in: Klie/Krahmer, LPK-SGB XI, § 19 RdNr 10; Trenk-Hinterberger, in: Wannagat, Komm, SGB XI, § 19 RdNr 12; Maschmann, SGb 1995, 325, 326; a.A. mittlerweile Udsching, in: SGB XI-Komm, 3. Aufl., § 44 RdNr 15) stützen sich hierbei auf die Begründung des Entwurfs zu § 19 SGB XI aF, in der es heißt, dass bei der Feststellung der Mindeststundenzahl nicht nur die Arbeitszeit gerechnet wird, die auf Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung entfällt und für die Feststellung des Grades der Pflegebedürftigkeit maßgeblich ist, sondern auch die Zeit, die benötigt wird für die ergänzende Pflege und Betreuung iS von § 4 Abs 2 Satz 1 SGB XI(BT-Drucks 12/5262 S 101). Entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung lassen sich hieraus Anhaltspunkte für eine erweiternde Auslegung des § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI nicht gewinnen. Zum einen haben die in der Gesetzesbegründung enthaltenen Vorstellungen der Entwurfsverfasser im (Gesetzes)Text des § 19 SGB XI (selbst) keinen Niederschlag gefunden und sind daher nicht geeignet, den für die Begründung von sozialen Rechten geltenden Gesetzesvorbehalt(§ 31 SGB I) zu derogieren (vgl Berchtold, aaO, RdNr 4). Zum anderen legt § 44 Abs 1 Satz 1 SGB XI iVm § 19 Satz 2 SGB XI als bloße Einweisungsvorschrift nicht selbst die Modalitäten der Versicherungspflicht von Pflegepersonen fest, sondern überlässt dies den spezialgesetzlichen Regelungen in den für die jeweilige Materie einschlägigen Büchern des SGB, hier also § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI.

19

Soweit verschiedentlich darauf hingewiesen wird, § 19 Satz 2 SGB XI und § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI seien "im Zusammenhang mit" § 4 Abs 2 Satz 1 SGB XI zu sehen(etwa Gallon, aaO, RdNr 10) und daraus der Schluss auf einen für die Zwecke der sozialen Absicherung heranzuziehenden "großzügigen Pflegebegriff" gezogen wird (so Wagner, aaO, RdNr 27), handelt es sich um eine nicht näher begründete Auffassung und erfolgt eine inhaltliche Auseinandersetzung etwa mit der systematischen Bedeutung des § 4 Abs 2 SGB XI - und vor allem dessen Satz 1 - nicht. Diese Auffassung ist auch nicht tragfähig. Zutreffend hebt die Beklagte hervor, dass § 4 Abs 2 SGB XI als Grundnorm (selbst im Zusammenhang mit § 3 SGB XI) - im Gegenteil - verdeutlicht, dass die Leistungen der Pflegeversicherung (lediglich) eine soziale Grundsicherung in Form von unterstützenden Hilfeleistungen darstellen sollen, eine Vollversorgung des Pflegebedürftigen indessen nicht angestrebt wird(vgl BT-Drucks 12/5262 S 90). Satz 1 des § 4 Abs 2 SGB XI umschreibt diese Ergänzungsfunktion der häuslichen und teilstationären Pflege für den typischen Fall, dass der Pflegebedürftige in häuslicher Umgebung von nichtprofessionellen Pflegepersonen gepflegt und betreut wird(vgl Wagner, in: Hauck/Wilde, SGB XI, Stand: Dezember 2005, § 4 RdNr 23). Warum für Zwecke der sozialen Absicherung in der Rentenversicherung aus Gründen der (Gesetzes)Systematik - von diesem Strukturprinzip abweichend - ein sog ganzheitlicher Pflegebegriff gelten soll, ist nicht erkennbar.

20

Ohne ausschlaggebende Bedeutung ist in diesem Zusammenhang schließlich der Hinweis auf § 2 Abs 1 Nr 17 SGB VII. Zwar trifft es zu, dass in dieser Bestimmung zur Versicherung kraft Gesetzes im Unfallversicherungsrecht - anders als in § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI - eine Einschränkung der versicherten Tätigkeiten auf "Pflegetätigkeiten im Bereich der Körperpflege und … Pflegetätigkeiten in den Bereichen der Ernährung, der Mobilität sowie der hauswirtschaftlichen Versorgung(§ 14 Abs 4 SGB XI)" vorgenommen ist. Aus dem Umstand, dass der Versicherungspflichttatbestand für nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen im Rentenversicherungsrecht eine solche Einschränkung nicht enthält, ist jedoch nicht zu entnehmen, dass dieser (zwingend) weit auszulegen und einer entsprechenden Einschränkung nach Maßgabe anderer Auslegungsgesichtspunkte nicht zugänglich wäre (so aber LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 3.6.2005, L 4 RJ 58/04, in juris veröffentlicht, RdNr 41). Die jeweiligen spezialgesetzlichen Versicherungspflichtregelungen für nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen sind nicht nur im Verhältnis zur Einweisungsvorschrift des § 44 Abs 1 Satz 1 SGB XI(iVm § 19 Satz 2 SGB XI), sondern auch im Verhältnis zueinander autonom auszulegen (zur eigenständigen Interpretation des § 2 Abs 1 Nr 17 SGB VII vgl BSG, Urteil vom 7.9.2004, B 2 U 46/03 R, SozR 4-2700 § 2 Nr 3 RdNr 16). Hier folgt vor allem aus § 166 Abs 2 SGB VI, also einer Vorschrift des Rentenversicherungsrechts selbst, dass sich der Gesetzgeber rentenversicherungsrechtlich bewusst gegen eine Beitragsrelevanz ergänzender Pflege und Betreuung und damit auch gegen deren Relevanz für die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung entschieden hat.

21

3) Das vom Senat unter Hinweis auf die (Gesetzes)Systematik gefundene Auslegungsergebnis ist auch im Hinblick auf teleologische Erwägungen geboten. Solche stehen ihm nicht etwa entgegen, wie einige Instanzgerichte meinen (etwa LSG Nordrhein-Westfalen, aaO, RdNr 41).

22

Soweit gegen ein enges Verständnis des § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI vorgebracht wird, mit diesem werde der mit der sozialen Sicherung von Pflegepersonen verfolgte Zweck außer Acht gelassen, die Pflegebereitschaft im häuslichen Bereich zu fördern und den hohen Einsatz der Pflegepersonen anzuerkennen, die wegen der Pflegetätigkeit oftmals auf eine eigene Berufstätigkeit ganz oder teilweise und eine hieran anknüpfende Alterssicherung verzichten(vgl BT-Drucks 12/5262 S 82), greift dieser Einwand nicht durch. Zwar trifft es zu, dass gerade durch die Absicherung von Pflegepersonen in der Rentenversicherung und die damit erreichbare Verbesserung ihrer Altersvorsorge die auch den Pflegebedürftigen günstige Bereitschaft zur häuslichen Pflege gefördert wird. Die Regelung dient damit zugleich dem Pflegebedürftigen selbst, dem ein Verbleiben in seiner vertrauten Umgebung und damit auch eine von seinem Standpunkt aus wünschenswerte Form der Befriedigung seiner Bedürfnisse ermöglicht wird (vgl Berchtold, aaO, RdNr 3). Indessen ist dieser Zweck durch das allgemeine Strukturprinzip der Pflegeversicherung, keine Vollversicherung durch die Leistungen der Pflegeversicherung zu gewährleisten, sondern lediglich eine soziale Grundsicherung, begrenzt. Wie die Beklagte zutreffend ausführt, entfaltet er sich nur innerhalb dieser (Gesamt)Konzeption der Pflegeversicherung. In deren Umsetzung hält die Pflegeversicherung Unterstützung konsequenterweise nur für solche Pflegefälle bereit, die eine gewisse Erheblichkeitsschwelle überschreiten. Die Pflegeversicherung soll, und zwar auch in Form der Zahlung von Beiträgen zur Rentenversicherung, nur in Bezug auf begrenzte Risiken in Anspruch genommen werden können. Wird der mit der Pflegeversicherung im allgemeinen und mit der sozialen Absicherung von Pflegepersonen im besonderen verfolgte Zweck einer Stärkung vorrangig häuslicher Pflege vor dem Hintergrund dieser (Gesamt)Konzeption verstanden, so widerspricht es diesem Zweck nicht, die Rentenversicherungspflicht nicht erwerbsmäßig tätiger Pflegepersonen auf solche zu begrenzen, die die (Mindest)Pflegezeit nur mit Hilfeleistungen bei Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung "ausfüllen". Im Gegenteil würde die Berücksichtigung auch anderer pflegerischer Leistungen als solcher für die in § 14 Abs 4 SGB XI genannten Verrichtungen diese (Gesamt)Konzeption ignorieren. Mit dem Ziel einer Förderung häuslicher Pflege ermöglicht § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI damit einen versorgungsrechtlichen Nachteilsausgleich und eine Lückenschließung in der Versicherungsbiografie für solche nicht erwerbsmäßig tätigen Pflegepersonen, die im Hinblick auf die (Gesamt)Konzeption der Pflegeversicherung relevante Pflegeleistungen (für Pflegebedürftige wenigstens der Pflegestufe I) in Abhängigkeit von einer bestimmten (wöchentlichen) Dauer dieser Leistungen und oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze(vgl § 5 Abs 2 Satz 1 Nr 3, Satz 4 SGB VI) erbringen und nicht schon wegen eines Zusammentreffens mit (anderweitiger) Erwerbstätigkeit in der Rentenversicherung ausreichend abgesichert sind (vgl § 3 Satz 3 SGB VI).

23

Die Gegenansicht verkennt zudem, dass es bei einer Ausweitung der im Rahmen von § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI zu berücksichtigenden Pflegetätigkeiten über Hilfeleistungen für die im Katalog des § 14 Abs 4 SGB XI erfassten Verrichtungen hinaus an klaren, nachvollziehbaren Kriterien für eine Abgrenzung pflegerischer Leistungen von sonstigen Betreuungsleistungen und vor allem auch von auf dem schlichten Zusammenleben mit dem Pflegebedürftigen beruhenden Tätigkeiten fehlte(so auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.1.2010, L 2 R 2922/08, Umdruck, S 12, unter Hinweis auf Pfitzner, BeckOK, SGB XI, § 19 RdNr 4a, b). Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass es für die Berücksichtigung ergänzender Pflege und Betreuung bei der Feststellung, ob die notwendige Mindeststundenzahl erreicht ist, fast ausschließlich oder jedenfalls wesentlich auf die Eigenangaben des Pflegebedürftigen oder der Pflegeperson ankäme, ohne dass eine Korrektur anhand objektivierender Maßstäbe erfolgen könnte, und diese es deshalb in der Hand hätten, über den Eintritt und das (Weiter)Bestehen von Rentenversicherungspflicht als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson zu bestimmen. Hier kann letztlich nichts anderes gelten als für die Zuordnung zu den Pflegestufen, bei der der Hilfebedarf ebenfalls - unter Beteiligung des MDK - objektivierbar zu ermitteln ist und (gerade) nicht von der subjektiven Einschätzung des Pflegebedürftigen oder der Pflegeperson abhängt.

24

4) Ist bei der Ermittlung der nach § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI erforderlichen wöchentlichen Mindeststundenzahl danach nur der Zeitaufwand zu berücksichtigen, der auf die Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung entfällt, so war die Klägerin ab 10.2.2005 wegen der Pflege ihres Sohnes nicht rentenversicherungspflichtig. Das SG hat den Sachverhalt insbesondere auf der Grundlage seiner Feststellungen zu dem Wiederholungsgutachten des MDK im Land Brandenburg vom 9.3.2005, seiner ergänzenden Stellungnahme vom 3.5.2006, dem Gutachten des MDK Berlin-Brandenburg vom 12.7.2007 und dem neurologisch-psychiatrischen Gutachten der Frau Dr. W. vom 16.5.2008 in nicht zu beanstandender Weise dahin gewürdigt, dass die Klägerin mit ihren Pflegeleistungen im Bereich der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung ab 10.2.2005 die (Mindest)Pflegezeit von wenigstens 14 Stunden wöchentlich nicht (mehr) erreichte.

25

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

                          

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Kläger in der Zeit vom 22.8.2001 bzw 27.11.2001 bis zum 30.9.2004 als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig waren.

2

Die Mutter der Klägerin zu 1. und Schwiegermutter des Klägers zu 2. ist bei der beigeladenen Pflegekasse versichert und bezieht seit dem 22.8.2001 als Schwerpflegebedürftige nach Pflegestufe II Kombinationsleistungen. Im streitigen Zeitraum wurde sie von einem Pflegedienst und im Übrigen von den Klägern, die beide daneben nicht anderweitig erwerbstätig waren, im wöchentlichen Wechsel in ihrer Wohnung gepflegt. In dem zur Beurteilung der Pflegebedürftigkeit und zur Zuordnung zu den Pflegestufen eingeholten sozialmedizinischen Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) Rheinland-Pfalz vom 22.10.2001 wurden als täglicher Pflegebedarf für die Grundpflege 135 Minuten und für die hauswirtschaftliche Versorgung 71 Minuten, insgesamt 206 Minuten angegeben. Von diesem wöchentlichen Pflegeaufwand von 24 Stunden leistete der Pflegedienst 3,5 Stunden wöchentlich. Die Beigeladene entrichtete für die Kläger als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen zunächst Rentenversicherungsbeiträge an die Beklagte, worüber sie die Kläger unter dem 16.11. und 10.12.2001 unterrichtete.

3

Nachdem die Beigeladene den Klägern im November 2004 mitgeteilt hatte, dass seinerzeit nicht berücksichtigt worden sei, dass beide die Pflege jeweils nur zum Teil im Umfang von etwa 10,5 Stunden wöchentlich geleistet hätten, Rentenversicherungspflicht deshalb irrtümlich angenommen worden sei und sie die Rentenversicherungsbeiträge zu Unrecht entrichtet habe, erhoben die Kläger hiergegen Einwände und gab die Beigeladene die Vorgänge an die Beklagte zur Prüfung der Rentenversicherungspflicht ab. Mit an den Kläger zu 2. gerichtetem Bescheid vom 20.12.2004 und an die Klägerin zu 1. gerichtetem Bescheid vom 6.1.2005 lehnte die Beklagte die bei der Beigeladenen gestellten Anträge auf Zahlung von Rentenversicherungsbeiträgen ab und stellte fest, dass diese in den maßgeblichen Zeiträumen der Rentenversicherungspflicht als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen nicht unterlegen hätten, weil der Umfang der Pflegetätigkeit nach den Feststellungen der Pflegekasse jeweils unter 14 Stunden in der Woche gelegen habe. Die Widersprüche wies die Beklagte mit zwei Widerspruchsbescheiden vom 15.4. (gegenüber dem Kläger zu 2.) und 11.5.2005 (gegenüber der Klägerin zu 1.) zurück.

4

Die Kläger haben Klage erhoben und die Aufhebung der Bescheide der Beklagten vom 20.12.2004 bzw 6.1.2005 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 15.4.2005 bzw 11.5.2005 sowie die Feststellung der Rentenversicherungspflicht als Pflegepersonen in den streitigen Zeiträumen begehrt. Das Sozialgericht (SG) hat die Klagen nach deren Verbindung zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung mit Urteil vom 29.11.2007 abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 21.5.2008 die vorinstanzliche Entscheidung und die angefochtenen Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass die Klägerin zu 1. im Zeitraum vom 22.8.2001 bis zum 30.9.2004 und der Kläger zu 2. im Zeitraum vom 27.11.2001 bis zum 30.9.2004 in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI versicherungspflichtig waren. Die Entscheidung ist im wesentlichen wie folgt begründet: Die Kläger seien in den streitigen Zeiträumen als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen rentenversicherungspflichtig gewesen. Der Begriff der Pflegeperson in § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI sei mit demjenigen in § 19 SGB XI identisch. Aus der in § 19 Satz 1 SGB XI erfolgten Bezugnahme auf § 14 SGB XI sei indessen nicht abzuleiten, dass die Mindestpflegezeit von 14 Stunden wöchentlich nur mit Hilfeleistungen bei den in § 14 Abs 4 SGB XI genannten Verrichtungen erfüllt werden könne. § 19 SGB XI sei vielmehr im Zusammenhang mit § 4 Abs 2 Satz 1 SGB XI zu betrachten, wonach die Leistungen der Pflegeversicherung lediglich ergänzenden Charakter hätten. Insoweit sei bei der Bemessung der Mindestpflegezeit auch der zeitliche Aufwand für ergänzende Pflegeleistungen einzubeziehen, die nicht aus Mitteln der Pflegeversicherung finanziert würden. Eine solche Auslegung könne sich auf die Gesetzesmaterialien zu § 19 Satz 2 SGB XI stützen und entspreche auch dem mit der Einführung der Rentenversicherungspflicht für nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen verfolgten Zweck, die Pflegebereitschaft im häuslichen Bereich zu fördern und anzuerkennen. Anders als im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung, in dem der Gesetzgeber mit § 2 Abs 1 Nr 17 SGB VII eine Einschränkung der versicherten Tätigkeiten auf solche nach § 14 Abs 4 SGB XI vorgenommen habe, seien Einschränkungen für die gesetzliche Rentenversicherung nicht formuliert. Komme es danach auf den im Gutachten vom 22.10.2001 mit 24 Stunden festgestellten wöchentlichen Pflegebedarf allein nicht an, so sei die von den Klägern erbrachte Hilfe zur Befriedigung der kommunikativen Bedürfnisse mit einzurechnen. Weil die Pflege von beiden im Wechsel vorgenommen worden sei, bedürfe es einer wöchentlichen Pflegezeit von insgesamt mindestens 28 Stunden. Diese werde von den Klägern erreicht. Nach richterlicher Überzeugung ua auf der Grundlage der glaubhaften Darlegungen der Kläger seien diese zusammen mehr als 32 bzw 34,5 Stunden in der Woche pflegerisch tätig gewesen, so dass die erforderliche Mindestpflegezeit von jedem von ihnen überschritten worden sei.

5

Die Beklagte hat die vom Senat zugelassene Revision eingelegt und rügt eine Verletzung von § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI. Ergänzende Pflege und Betreuung iS von § 4 Abs 2 Satz 1 SGB XI seien bei der Ermittlung der Mindestpflegezeit nicht zu berücksichtigen. Für eine solche Auslegung des § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI gebe es keine Grundlage. Nach der Konzeption der Pflegeversicherung und den einschlägigen Vorschriften solle eine Kongruenz zwischen Leistungen der Pflegeversicherung an den Pflegebedürftigen und solchen an die pflegende Person bestehen. Zwar scheine die Gesetzesbegründung zu § 19 SGB XI die Auffassung des LSG zu stützen. In der Gesetzesbegründung zu § 14 SGB XI komme jedoch zum Ausdruck, dass nicht alle Pflegeleistungen von der Solidargemeinschaft zu finanzieren seien. Ferner spreche der in § 44 Abs 1 Satz 2 SGB XI enthaltene Verweis auf § 166 Abs 2 SGB VI für eine Berücksichtigung nur der Grundpflege und der Hilfe bei hauswirtschaftlicher Versorgung. Denn danach orientiere sich die Bestimmung der beitragspflichtigen Einnahmen an der Zuordnung zu den Pflegestufen. Schließlich bedürfe es für die Feststellung der Rentenversicherungspflicht objektiver Maßstäbe. Es dürfe nicht in der Hand von Pflegepersonen liegen, jede noch so geringfügige Pflegeleistung sozial absichern zu lassen. Die Berücksichtigung weitergehenden Hilfebedarfs würde zu einer massiven Ausweitung des versicherungspflichtigen Personenkreises führen, für den Pflegekassen Beiträge zur Rentenversicherung zu zahlen hätten, sowie in vielen Fällen zu einer höheren Beitragsleistung. Bei dieser Auslegung des § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI ergebe sich auf der Grundlage des Gutachtens vom 22.10.2001 eine Pflegezeit von 10,3 Stunden wöchentlich für jeden der Kläger mit der Folge, dass Rentenversicherungspflicht nach dieser Vorschrift nicht begründet worden sei.

6

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 29.11.2007 zurückzuweisen.

7

Die Kläger beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

8

Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend. In § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI werde auf den Katalog der §§ 14, 15 SGB XI bzw die Pflegestufen nicht Bezug genommen. An den Inhalt des Pflegegutachtens sei die Beklagte als Rentenversicherungsträger nicht gebunden. Dieses sei überdies inhaltlich falsch.

9

Die Beigeladene schließt sich der von der Beklagten vertretenen Auffassung an.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten erweist sich im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG als begründet. Zu Unrecht ist das LSG davon ausgegangen, dass die für die Rentenversicherungspflicht nicht erwerbsmäßig tätiger Pflegepersonen geforderte (Mindest)Pflegezeit nicht nur mit Hilfeleistungen bei der Grundpflege (Körperpflege, Ernährung und Mobilität) und der hauswirtschaftlichen Versorgung erreicht werden kann, sondern auch (zusätzlich) mit Zeitaufwand für weitergehende bzw andere Pflegeleistungen im Ablauf des täglichen Lebens, und hat (bei dessen Berücksichtigung) das Vorliegen dieser Voraussetzung bejaht. Indessen kann mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des Berufungsgerichts nicht abschließend entschieden werden, ob die Kläger damit in den streitigen Zeiträumen wegen der Pflege ihrer Mutter bzw Schwiegermutter der Rentenversicherungspflicht nicht unterlagen oder gleichwohl Rentenversicherungspflicht der Kläger begründet war.

11

Nach § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI, der in den Jahren 2001 bis 2004 unverändert galt, sind Personen in der Rentenversicherung in der Zeit versicherungspflichtig, in der sie einen Pflegebedürftigen iS des § 14 SGB XI nicht erwerbsmäßig wenigstens 14 Stunden wöchentlich in seiner häuslichen Umgebung pflegen (nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen), wenn der Pflegebedürftige Anspruch auf Leistungen aus der sozialen oder einer privaten Pflegeversicherung hat. Nach Satz 3 des § 3 SGB VI unterliegen solche Personen der Rentenversicherungspflicht nach Satz 1 Nr 1a nicht, die daneben regelmäßig mehr als 30 Stunden wöchentlich beschäftigt oder selbstständig tätig sind. Diese Bestimmung übernimmt die bereits in Satz 1 der leistungsrechtlichen Vorschrift des § 44 Abs 1 SGB XI enthaltene Formulierung. Die Versicherungspflicht der Pflegepersonen in der Rentenversicherung konkretisiert diese Vorschrift (vgl Urteil des Senats vom 23.9.2003 - B 12 P 2/02 R - SozR 4-2600 § 3 Nr 1 RdNr 6). Nach deren Satz 1 entrichten die Pflegekassen und die privaten Versicherungsunternehmen, bei denen eine private Pflege-Pflichtversicherung durchgeführt wird, sowie die sonstigen in § 170 Abs 1 Nr 6 SGB VI genannten Stellen zur Verbesserung der sozialen Sicherung einer Pflegeperson iS des § 19 SGB XI Beiträge an den zuständigen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung. Näheres hierzu regeln nach § 44 Abs 1 Satz 2 SGB XI ua §§ 3, 166 und 170 SGB VI. § 166 Abs 2 SGB VI bestimmt die beitragspflichtigen Einnahmen der nicht erwerbsmäßig tätigen Pflegepersonen, § 170 Abs 1 Nr 6 SGB VI die Beitragstragung.

12

Das LSG ist zunächst - auf der Grundlage seiner Feststellungen zu den Verhältnissen der Kläger als Pflegepersonen, den Verhältnissen der pflegebedürftigen Mutter bzw Schwiegermutter und den Umständen der Pflegetätigkeit - ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass die Kläger in den streitigen Zeiträumen mit ihrer Mutter bzw Schwiegermutter eine Pflegebedürftige iS des § 14 SGB XI mit Leistungsanspruch in ihrer häuslichen Umgebung gepflegt haben, und zwar nicht im Rahmen einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit und mehr als geringfügig(vgl zu den Voraussetzungen § 5 Abs 2 Satz 1 Nr 3, Satz 4 SGB VI),und dass sie außerdem neben ihrer Pflegetätigkeit (anderweitig) weder beschäftigt noch selbstständig tätig gewesen sind. Unzutreffend hat das Berufungsgericht aber entschieden, dass die nach § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI vorausgesetzte (Mindest)Pflegezeit nicht nur mit Hilfeleistungen bei der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung "ausgefüllt" werden kann, sondern auch mit Zeitaufwand für ergänzende Pflege und Betreuung, und hieraus den Schluss gezogen, dass die Mindeststundenzahl von wenigstens 14 Stunden wöchentlich (bei dessen Berücksichtigung) erreicht ist.

13

Bei der Feststellung, ob die nach § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI notwendige Mindeststundenzahl der Pflege erreicht ist, ist nur der Hilfebedarf zu berücksichtigen, der für die in § 14 Abs 4 SGB XI genannten gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Bereich der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung erforderlich ist. (Weitergehende bzw andere) Pflegeleistungen bei Tätigkeiten im Ablauf des täglichen Lebens, die nicht im Katalog des § 14 Abs 4 SGB XI enthalten sind, etwa die Zeit, die für Betreuungsleistungen aufgewendet wird, die in § 4 Abs 2 Satz 1 SGB XI als ergänzende Pflege und Betreuung bezeichnet werden, sind bei der Ermittlung des Umfangs der (Mindest)Pflegezeit nicht mitzurechnen. Diese Auslegung des § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI folgt aus dem Gesetzeszusammenhang, in den die Norm gestellt ist (dazu 2), und teleologischen Erwägungen (dazu 3). Der Wortlaut der Vorschrift gibt über die berücksichtigungsfähigen Pflegeleistungen indessen keinen Aufschluss (dazu 1).

14

1) Zutreffend gehen die Kläger davon aus, dass dem Wortlaut des § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI eine eindeutige Antwort darauf, ob bei der Feststellung der Mindeststundenzahl der Zeitaufwand für Betreuungsleistungen außerhalb der in § 14 Abs 4 SGB XI genannten Verrichtungen mit zu berücksichtigen ist, nicht entnommen werden kann. Soweit der Versicherungspflichttatbestand voraussetzt, dass nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen "pflegen", lassen sich hieraus weder Anhaltspunkte für eine einschränkende noch solche für eine erweiternde Auslegung, wie sie das LSG befürwortet, gewinnen. Auch unter Berücksichtigung der während des Gesetzgebungsverfahrens, das zum Pflegeversicherungsgesetz (PflegeVG) führte, hervorgetretenen Vorstellungen seiner Verfasser (vgl BT-Drucks 12/5262 S 82, 159; BT-Drucks 12/5952 S 52 f) ist der Wortlaut des § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI offen und lässt beide Ansichten gleichermaßen zu. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Pflegebegriff sprachlich-grammatikalisch auch im Kontext des SGB XI nicht eindeutig ist. Um ihn - im Sinne der Ziele der Pflegeversicherung - operationabel zu gestalten, tendiert das SGB XI - im Gegenteil - zu einer auf Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung eingeschränkten Verwendung des Pflegebegriffs (vgl nur § 4 Abs 1 Satz 1 und § 36 SGB XI). Insoweit wird im SGB XI das, was dort leistungsrechtlich unter Pflege zu verstehen ist, in § 14 SGB XI konkretisiert. Das Gesetz geht zwar allgemein davon aus, dass im Sprachgebrauch auch weitere Betreuungsleistungen als Pflege verstanden werden können, wenn in § 4 Abs 2 Satz 1 SGB XI von ergänzender Pflege und Betreuung gesprochen wird. Angesichts der leistungsrechtlichen Konkretisierung des Pflegebegriffs in § 14 SGB XI erschiene jedoch eine von dieser Konkretisierung abweichende Wortlautinterpretation rechtfertigungsbedürftig.

15

2) Eine Auslegung der Norm, die die Rentenversicherungspflicht nicht erwerbsmäßig tätiger Pflegepersonen auf solche beschränkt, die die notwendige Mindeststundenzahl mit Zeitaufwand für die Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung erreichen, ist zunächst schon aus Gründen der (Gesetzes)Systematik geboten.

16

Entscheidend ist, dass § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI die soziale Sicherung von Pflegepersonen in der Rentenversicherung mit dem Leistungsrecht der Pflegeversicherung(vgl BSG, Urteil vom 23.9.2003, aaO, RdNr 6) und hier insbesondere mit den Leistungen bei häuslicher Pflege verbindet. Die Entrichtung von Beiträgen an den Rentenversicherungsträger ist ausdrücklich als Leistung der - sozialen oder privaten - Pflegeversicherung konzipiert (vgl § 28 Abs 1 Nr 10 iVm § 44 SGB XI). Die Anordnung von Versicherungspflicht für nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen und die Verpflichtung zur Entrichtung von Rentenversicherungsbeiträgen dienen letztlich der Erfüllung der der Pflegeversicherung übertragenen Aufgabe, die in § 1 Abs 4 SGB XI als Hilfe für Pflegebedürftige umschrieben ist. Die soziale Sicherung von Pflegepersonen steht in diesem Kontext (vgl Berchtold, in: Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Komm SozR § 3 SGB VI RdNr 3). Im Hinblick darauf besteht eine Akzessorietät der Rentenversicherungspflicht und ihrer Voraussetzungen zu den Voraussetzungen für die Leistungen der Pflegeversicherung, angesichts derer nicht nachvollziehbar wäre, warum Leistungen, die der Pflegeperson zugute kommen sollen, an andere Bedingungen geknüpft sind als Leistungen, die Pflegebedürftigen gegenüber zu erbringen sind (ebenso Boecken, in: Ruland/Försterling, GK-Komm, SGB VI, Stand: April 2008, § 3 RdNr 22i; Berchtold, aaO, RdNr 4; Fichte, in: Hauck/Noftz, SGB VI, Stand: Juli 2007, § 3 RdNr 44; Knorr, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, § 3 RdNr 58; Heberlein/Pick, in: Behr/Orlowski/Rau/Schermer/Wasem/Zipperer, SGB XI, Stand: März 2005, § 19 RdNr 29). In diesem Sinne liegt, wie die Revision zutreffend annimmt, zwischen den Leistungen der Pflegeversicherung an den Pflegebedürftigen und die pflegende Person eine "Kongruenz" vor.

17

Die vom Senat vorgenommene enge Auslegung des § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI wird durch die die Ermittlung der in der Rentenversicherung beitragspflichtigen Einnahmen nicht erwerbsmäßig tätiger Pflegepersonen betreffende Regelung in § 166 Abs 2 SGB VI bestätigt, auf die § 44 Abs 1 Satz 2 SGB XI verweist. Diese Bestimmung hat ihre Endfassung erst auf Anregung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung des Deutschen Bundestags (11. Ausschuss) erhalten. Danach wird - anders als noch im Gesetzentwurf (vgl BT-Drucks 12/5262 S 47, 160 f) - zur Bestimmung der beitragspflichtigen Einnahmen gestaffelt nicht nur auf die jeweilige Stufe der Pflegebedürftigkeit abgestellt, sondern zusätzlich auch innerhalb der Pflegestufe nach dem tatsächlichen Zeitaufwand differenziert (vgl zur Begründung BT-Drucks 12/5952 S 53). Die Auslegung des § 166 Abs 2 SGB VI ergibt, dass ergänzende Pflegeleistungen beitragsrechtlich nicht berücksichtigt werden. Dieser Bemessung der Rentenversicherungsbeiträge bei nicht erwerbsmäßig tätigen Pflegepersonen in Abhängigkeit von der Pflegestufe und der Dauer der Pflegetätigkeit widerspräche es, neben dem auf Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung entfallenden Zeitaufwand auch denjenigen für ergänzende Pflege und Betreuung iS des § 4 Abs 2 Satz 1 SGB XI zu berücksichtigen. Die Verknüpfung von Pflegebedarf und Dauer der Pflegeleistung nach § 166 Abs 2 SGB VI, der sich für die Beitragsbemessung allein an den Vorgaben der §§ 14, 15 SGB XI orientiert, spricht vielmehr für eine einheitliche Beurteilung pflegerischer Tätigkeit als Parameter der Beitragsbemessung und der (von ihr vorausgesetzten) Versicherungspflicht(vgl Boecken, aaO, RdNr 22i; Leube, SGb 1998, 97, 98 f).

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Dass der in § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI genannte Zeitraum von wenigstens 14 Stunden wöchentlich nur mit im Zusammenhang des SGB XI (leistungsrechtlich) relevanten Pflegeleistungen "ausgefüllt" werden kann, kann vom LSG und den Klägern nicht unter Hinweis auf die(in § 44 Abs 1 Satz 1 SGB XI in Bezug genommene) Vorschrift des § 19 SGB XI über den Begriff der Pflegepersonen in Frage gestellt werden. Zutreffend ist allerdings, dass jedenfalls aus der in § 19 Satz 1 SGB XI enthaltenen Bezugnahme auf § 14 SGB XI, die sich auch in § 3 Satz 1 Nr 1a SGB XI findet, nicht zwingend abzuleiten ist, dass bei der Feststellung des Umfangs der (Mindest)Pflegezeit allein die für die Hilfe bei Verrichtungen nach § 14 Abs 4 SGB XI aufgewendete Zeit berücksichtigt werden kann. Denn Funktion dieses Verweises ist lediglich klarzustellen, dass als Pflegeperson nur in Betracht kommt, wer einen Pflegebedürftigen wenigstens der Pflegestufe I betreut. Zu Unrecht wird jedoch vom LSG § 19 Satz 2 SGB XI eine Aussage in seinem Sinne entnommen. Allgemein wird hierzu ausgeführt: Die dort geregelte (Mindest)Pflegezeit von wenigstens 14 Stunden wöchentlich, die nach der ursprünglichen Fassung des § 19 SGB XI(§ 19 SGB XI aF) den Begriff der Pflegepersonen mitbestimmte, seit der Neufassung der Vorschrift durch das 1. SGB XI-ÄndG vom 14.6.1996 (BGBl I 830; Art 1 Nr 8) aus Gründen begrifflicher Klarstellung (vgl BT-Drucks 13/3696 S 12) nur noch Bedeutung für den Anspruch auf Leistungen zur sozialen Sicherung nach § 44 SGB XI hat, könne auch mit ergänzender Pflege und Betreuung erreicht werden. Der Begriff der Pflege in § 19 Satz 2 SGB XI sei in einem ganzheitlichen Sinn zu verstehen mit der Folge, dass der einzubeziehende Pflegeaufwand damit sehr viel weitergehen könne als der für die Feststellung der Pflegebedürftigkeit und ihre Stufe maßgebliche Bedarf. Dieser Pflegebegriff sei auch bei der Auslegung des § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI zu beachten. Das LSG und ein großer Teil der Kommentarliteratur zu § 19 SGB XI(vgl etwa Gürtner, Kasseler Komm, Stand: September 2006, § 19 SGB XI RdNr 13; Wagner, in: Hauck/Wilde, SGB XI, Stand: Mai 2007, § 19 RdNr 27; Gallon in: Klie/Krahmer, LPK-SGB XI, § 19 RdNr 10; Trenk-Hinterberger, in: Wannagat, Komm, SGB XI, § 19 RdNr 12; Maschmann, SGb 1995, 325, 326; a.A. mittlerweile Udsching, in: SGB XI-Komm, 3. Aufl, § 44 RdNr 15) stützen sich hierbei auf die Begründung des Entwurfs zu § 19 SGB XI aF, in der es heißt, dass bei der Feststellung der Mindeststundenzahl nicht nur die Arbeitszeit gerechnet wird, die auf Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung entfällt und für die Feststellung des Grades der Pflegebedürftigkeit maßgeblich ist, sondern auch die Zeit, die benötigt wird für die ergänzende Pflege und Betreuung iS von § 4 Abs 2 Satz 1 SGB XI(BT-Drucks 12/5262 S 101). Entgegen der vom LSG vertretenen Auffassung lassen sich daraus Anhaltspunkte für eine erweiternde Auslegung des § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI nicht gewinnen. Zum einen haben die darin enthaltenen Vorstellungen der Entwurfsverfasser im (Gesetzes)Text des § 19 SGB XI (selbst) keinen Niederschlag gefunden und sind daher nicht geeignet, den für die Begründung von sozialen Rechten geltenden Gesetzesvorbehalt(§ 31 SGB I) zu derogieren (vgl Berchtold, aaO, RdNr 4). Zum anderen legt § 44 Abs 1 Satz 1 SGB XI iVm § 19 Satz 2 SGB XI als bloße Einweisungsvorschrift nicht selbst die Modalitäten der Versicherungspflicht von Pflegepersonen fest, sondern überlässt dies den spezialgesetzlichen Regelungen in den für die jeweilige Materie einschlägigen Büchern des SGB, hier also § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI.

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Soweit verschiedentlich - auch vom Berufungsgericht - darauf hingewiesen wird, § 19 Satz 2 SGB XI und § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI seien "im Zusammenhang mit" § 4 Abs 2 Satz 1 SGB XI zu sehen(etwa Gallon, aaO, RdNr 10) und daraus der Schluss auf einen für die Zwecke der sozialen Absicherung heranzuziehenden "großzügigen Pflegebegriff" gezogen wird (so Wagner, aaO, RdNr 27), handelt es sich um eine nicht näher begründete Auffassung und erfolgt eine inhaltliche Auseinandersetzung etwa mit der systematischen Bedeutung des § 4 Abs 2 SGB XI - und vor allem dessen Satz 1 - nicht. Diese Auffassung ist auch nicht tragfähig. Zutreffend hebt die Revision hervor, dass § 4 Abs 2 SGB XI als Grundnorm (selbst im Zusammenhang mit § 3 SGB XI) - im Gegenteil - verdeutlicht, dass die Leistungen der Pflegeversicherung (lediglich) eine soziale Grundsicherung in Form von unterstützenden Hilfeleistungen darstellen sollen, eine Vollversorgung des Pflegebedürftigen indessen nicht angestrebt wird(vgl BT-Drucks 12/5262 S 90). Satz 1 des § 4 Abs 2 SGB XI umschreibt diese Ergänzungsfunktion der häuslichen und teilstationären Pflege für den typischen Fall, dass der Pflegebedürftige in häuslicher Umgebung von nichtprofessionellen Pflegepersonen gepflegt und betreut wird(vgl Wagner, in: Hauck/Wilde, SGB XI, Stand: Dezember 2005, § 4 RdNr 23). Warum für Zwecke der sozialen Absicherung in der Rentenversicherung aus Gründen der (Gesetzes)Systematik - von diesem Strukturprinzip abweichend - ein sog ganzheitlicher Pflegebegriff gelten soll, ist nicht erkennbar.

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Ohne ausschlaggebende Bedeutung ist in diesem Zusammenhang schließlich der Hinweis des LSG auf § 2 Abs 1 Nr 17 SGB VII. Zwar trifft es zu, dass in dieser Bestimmung zur Versicherung kraft Gesetzes im Unfallversicherungsrecht - anders als in § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI - eine Einschränkung der versicherten Tätigkeiten auf "Pflegetätigkeiten im Bereich der Körperpflege und … Pflegetätigkeiten in den Bereichen der Ernährung, der Mobilität sowie der hauswirtschaftlichen Versorgung(§ 14 Abs 4 SGB XI)" vorgenommen ist. Aus dem Umstand, dass der Versicherungspflichttatbestand für nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen im Rentenversicherungsrecht eine solche Einschränkung nicht enthält, ist jedoch nicht zu entnehmen, dass dieser (zwingend) weit auszulegen und einer entsprechenden Einschränkung nach Maßgabe anderer Auslegungsgesichtspunkte nicht zugänglich wäre (so aber LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 3.6.2005 - L 4 RJ 58/04 - in juris veröffentlicht, RdNr 41). Die jeweiligen spezialgesetzlichen Versicherungspflichtregelungen für nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen sind nicht nur im Verhältnis zur Einweisungsvorschrift des § 44 Abs 1 Satz 1 SGB XI(iVm § 19 Satz 2 SGB XI), sondern auch im Verhältnis zueinander autonom auszulegen (zur eigenständigen Interpretation des § 2 Abs 1 Nr 17 SGB VII vgl BSG, Urteil vom 7.9.2004 - B 2 U 46/03 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 3 RdNr 16). Hier folgt vor allem aus § 166 Abs 2 SGB VI, also einer Vorschrift des Rentenversicherungsrechts selbst, dass sich der Gesetzgeber rentenversicherungsrechtlich bewusst gegen eine Beitragsrelevanz ergänzender Pflege und Betreuung und damit auch gegen deren Relevanz für die Rentenversicherungspflicht entschieden hat.

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3) Das vom Senat unter Hinweis auf die (Gesetzes)Systematik gefundene Auslegungsergebnis ist auch im Hinblick auf teleologische Erwägungen geboten. Solche stehen ihm nicht etwa entgegen, wie einige Instanzgerichte meinen (etwa LSG Nordrhein-Westfalen, aaO, RdNr 41).

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Soweit gegen ein enges Verständnis des § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI vom Berufungsgericht vorgebracht wird, mit diesem werde der mit der sozialen Sicherung von Pflegepersonen verfolgte Zweck außer Acht gelassen, die Pflegebereitschaft im häuslichen Bereich zu fördern und den hohen Einsatz der Pflegepersonen anzuerkennen, die wegen der Pflegetätigkeit oftmals auf eine eigene Berufstätigkeit ganz oder teilweise und eine hieran anknüpfende Alterssicherung verzichten(vgl BT-Drucks 12/5262 S 82), greift dieser Einwand nicht durch. Zwar trifft es zu, dass gerade durch die Absicherung von Pflegepersonen in der Rentenversicherung und die damit erreichbare Verbesserung ihrer Altersvorsorge die auch den Pflegebedürftigen günstige Bereitschaft zur häuslichen Pflege gefördert wird. Die Regelung dient damit zugleich dem Pflegebedürftigen selbst, dem ein Verbleiben in seiner vertrauten Umgebung und damit auch eine von seinem Standpunkt aus wünschenswerte Form der Befriedigung seiner Bedürfnisse ermöglicht wird (vgl Berchtold, aaO, RdNr 3). Indessen ist dieser Zweck durch das allgemeine Strukturprinzip der Pflegeversicherung, keine Vollversicherung durch die Leistungen der Pflegeversicherung zu gewährleisten, sondern lediglich eine soziale Grundsicherung, begrenzt. Wie die Revision zutreffend ausführt, entfaltet er sich nur innerhalb dieser (Gesamt)Konzeption der Pflegeversicherung. In deren Umsetzung hält die Pflegeversicherung Unterstützung konsequenterweise nur für solche Pflegefälle bereit, die eine gewisse Erheblichkeitsschwelle überschreiten. Die Pflegeversicherung soll, und zwar auch in Form der Zahlung von Beiträgen zur Rentenversicherung, nur in Bezug auf begrenzte Risiken in Anspruch genommen werden können. Wird der mit der Pflegeversicherung im allgemeinen und mit der sozialen Absicherung von Pflegepersonen im besonderen verfolgte Zweck einer Stärkung vorrangig häuslicher Pflege vor dem Hintergrund dieser (Gesamt)Konzeption verstanden, so widerspricht es diesem Zweck nicht, die Rentenversicherungspflicht nicht erwerbsmäßig tätiger Pflegepersonen auf solche zu begrenzen, die die (Mindest)Pflegezeit nur mit Hilfeleistungen bei Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung "ausfüllen". Im Gegenteil würde die Berücksichtigung auch anderer pflegerischer Leistungen als solcher für die in § 14 Abs 4 SGB XI genannten Verrichtungen diese (Gesamt)Konzeption ignorieren. Mit dem Ziel einer Förderung häuslicher Pflege ermöglicht § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI damit einen versorgungsrechtlichen Nachteilsausgleich und eine Lückenschließung in der Versicherungsbiografie für solche nicht erwerbsmäßig tätigen Pflegepersonen, die im Hinblick auf die (Gesamt)Konzeption der Pflegeversicherung relevante Pflegeleistungen (für Pflegebedürftige wenigstens der Pflegestufe I) in Abhängigkeit von einer bestimmten (wöchentlichen) Dauer dieser Leistungen und oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze(vgl § 5 Abs 2 Satz 1 Nr 3, Satz 4 SGB VI) erbringen und nicht schon wegen eines Zusammentreffens mit (anderweitiger) Erwerbstätigkeit in der Rentenversicherung ausreichend abgesichert sind (vgl § 3 Satz 3 SGB VI).

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Die Gegenansicht verkennt zudem, dass es bei einer Ausweitung der im Rahmen von § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI zu berücksichtigen Pflegetätigkeiten über Hilfeleistungen für die im Katalog des § 14 Abs 4 SGB XI erfassten Verrichtungen hinaus an klaren, nachvollziehbaren Kriterien für eine Abgrenzung pflegerischer Leistungen von sonstigen Betreuungsleistungen und vor allem auch von auf dem schlichten Zusammenleben mit dem Pflegebedürftigen beruhenden Tätigkeiten fehlte(so auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.1.2010 - L 2 R 2922/08 - Umdruck, S 12, unter Hinweis auf Pfitzner, BeckOK, SGB XI, § 19 RdNr 4a, b). Zutreffend weist die Revision darauf hin, dass es für die Berücksichtigung ergänzender Pflege und Betreuung bei der Feststellung, ob die notwendige Mindeststundenzahl erreicht ist, fast ausschließlich auf die Eigenangaben des Pflegebedürftigen oder der Pflegeperson ankäme, ohne dass eine Korrektur anhand objektivierender Maßstäbe erfolgen könnte, und diese es deshalb in der Hand hätten, über den Eintritt und das (Weiter)Bestehen von Rentenversicherungspflicht als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson zu bestimmen. Hier kann letztlich nichts anderes gelten als für die Zuordnung zu den Pflegestufen, bei der der Hilfebedarf ebenfalls - unter Beteiligung des MDK - objektivierbar zu ermitteln ist und (gerade) nicht von der subjektiven Einschätzung des Pflegebedürftigen oder der Pflegeperson abhängt.

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4) Ob die Kläger unter Berücksichtigung dieser vom Senat für zutreffend gehaltenen, engen Auslegung des § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI in der Zeit vom 22.8.2001 bzw 27.11.2001 bis zum 30.9.2004 der Rentenversicherungspflicht unterlagen, kann noch nicht abschließend geklärt werden. Das LSG wird hierzu insbesondere noch positiv festzustellen haben, ob die Kläger die geforderte (Mindest)Pflegezeit nur mit dem Zeitaufwand für Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung erreicht haben. Hierbei wird es (weitere) Feststellungen zum Inhalt des Gutachtens des MDK vom 22.10.2001 treffen, dieses auf seine Schlüssigkeit prüfen und sich zu diesem Punkt - gegebenenfalls unter Verwendung von Beweismitteln - eine Überzeugung bilden müssen. Zu einer (nochmaligen) Befassung hiermit besteht auch deshalb Anlass, weil die Kläger durchgehend vorgetragen haben, die Mindeststundenzahl sei (im Übrigen) auch dann erreicht, wenn nur der Zeitaufwand berücksichtigt werde, der für die Einstufung der Pflegebedürftigen relevant (gewesen) sei.

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Die Kostenentscheidung bleibt dem Urteil des Berufungsgerichts vorbehalten.