Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 4. November 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger auch im Revisionsverfahren seine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig sind die Rücknahme der Bewilligung und die Rückforderung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) und von Unterhaltsgeld (Uhg) für die Zeit vom 23.7.2003 bis 31.5.2004.

2

Der Kläger bezog im Anschluss an Arbeitslosengeld (Alg) und Uhg ab 23.7.2003 Alhi (Bescheid vom 12.8.2003). Im Zusatzblatt "Bedürftigkeitsprüfung" hatte er angegeben, einen Freistellungsauftrag erteilt zu haben und über ein Girokonto mit 2,00 Euro Guthaben zu verfügen. Im Übrigen verneinte er die Fragen nach vorhandenem Vermögen. Nach Wiederaufnahme seiner Umschulungsmaßnahme erhielt er ab 1.9.2003 erneut Uhg (Verfügung vom 7.10.2003).

3

Im Mai 2004 erfuhr die Beklagte, dass der Freistellungsauftrag der C. (nachfolgend C-Bank) erteilt worden war. Auf Anfrage legte der Kläger einen Kontoauszug ("Finanzreport") per 2.6.2003 vor, der ein Guthaben von insgesamt 7108,55 Euro auswies, und teilte mit, es handele sich um ein Tagesgeldkonto mit Onlinedepot, das er vor Jahren eingerichtet habe, weil allein für die Einrichtung WEB.DE-Aktien im Wert von 100,00 DM gutgeschrieben worden seien. Danach sei es nur von seinem Vater verwendet worden, dem er auch alle Online-Zugangsdaten überlassen habe. In der Folgezeit legte er eine eidesstattliche Versicherung seines Vaters vor, welcher die Angaben des Klägers bestätigte.

4

Die Beklagte hob die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 23.7. bis 31.8.2003 und von Uhg für die Zeit vom 1.9.2003 bis 31.5.2004 auf und forderte die Erstattung der gewährten Leistungen sowie der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 7784,76 Euro (Bescheid vom 1.7.2004). Den Widerspruch, den der Kläger mit zwei größeren Einzahlungen seiner Großmutter und des Käufers einer Küchenzeile zugunsten seines Vaters begründete, wies die Beklagte zurück. Der Kläger habe mangels Bedürftigkeit keinen Anspruch auf Leistungen gehabt. Die Ausführungen, wonach es sich um Vermögen seines Vaters gehandelt habe, seien nicht überzeugend (Widerspruchsbescheid vom 28.10.2005).

5

Das Sozialgericht (SG) hat der Klage stattgegeben (Urteil vom 21.11.2006). Das Landessozialgericht (LSG) hat nach Anhörung des Klägers und erneuter Beweiserhebung die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es sei nach seiner Überzeugung nicht nachgewiesen, dass das auf dem Konto bei der C-Bank vorhandene Vermögen dem Kläger zuzuordnen sei. Soweit letzte Zweifel an der Zuordnung des Geldes bestünden, gingen diese zu Lasten der Beklagten. Für eine Beweislastumkehr sei kein Raum (Urteil vom 4.11.2009).

6

Mit der Revision rügt die Beklagte einen Verstoß gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung und eine Verletzung materiellen Rechts, indem das LSG sie als beweisbelastet angesehen habe. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) gehe es zu Lasten des Arbeitslosen, wenn seiner Sphäre zuzuordnende Vorgänge nicht aufklärbar seien. Davon sei auch auszugehen, wenn nach Ausschöpfung aller Beweismittel Restzweifel an der Zuordnung von Vermögenswerten verblieben. Da beim LSG trotz der für die Darstellung des Klägers sprechenden Umstände letzte Zweifel verblieben seien, habe es eine Beweislast des Klägers annehmen müssen.

7

Die Beklagte beantragt,
die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

9

Er hält das angefochtene Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten ist nicht begründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz). Das angefochtene Urteil verletzt die Beklagte nicht in ihren Rechten. Nach den für das Revisionsgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz ist das LSG rechtsfehlerfrei im Rahmen seiner Beweiswürdigung zu dem Ergebnis gekommen, es sei nicht nachgewiesen, dass der Kläger bei Bewilligung der Alhi über ein den Freibetrag übersteigendes Vermögen verfügt hat. Die Rücknahme der Bewilligung von Alhi (unter 1.) und Uhg (unter 2.) ist aus diesem Grund rechtswidrig.

11

1. Rechtsgrundlage der zutreffend mit der Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG) angegriffenen Rücknahme der Alhi-Bewilligung durch den Bescheid vom 1.7.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.10.2005 ist § 45 Abs 1 und Abs 2 Satz 3 Nr 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) iVm § 330 Abs 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III). Rechtsgrundlage der daran anknüpfenden Rückforderung ist im Hinblick auf zu Unrecht erbrachte Leistungen § 50 Abs 1 Satz 1 SGB X und bezogen auf die gezahlten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge § 335 Abs 1 Satz 1 und Abs 5 SGB III idF des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003, BGBl I 2848 (zum insoweit geltenden Recht, wenn der Widerspruchsbescheid aus der Zeit nach dem 1.1.2005 datiert und der Ersatzanspruch vor dem 1.1.2005 entstanden ist: vgl BSG SozR 4-4300 § 335 Nr 1).

12

Für die vorrangige Frage der Rechtmäßigkeit der Rücknahmeentscheidung kommt es in erster Linie darauf an, ob der Bescheid über die Bewilligung der Alhi vom 12.8.2003 als den Kläger begünstigender Verwaltungsakt von Anfang an rechtswidrig ist. Die anfängliche Rechtswidrigkeit der Leistungsgewährung wiederum hängt nach den Umständen des Falles davon ab, ob bei der Bewilligung von Alhi ab 23.7.2003 die Voraussetzungen eines Alhi-Anspruchs gegeben waren. Das richtet sich nach § 190 Abs 1 Nr 1 bis 5 SGB III idF des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes (AFRG) vom 24.3.1997 (BGBl I 594); fraglich ist hier insbesondere, ob der Kläger bedürftig war (Abs 1 Nr 5). Nicht bedürftig ist ein Arbeitsloser, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen die Gewährung von Alhi nicht gerechtfertigt ist ( § 193 Abs 2 SGB III idF des Gesetzes zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften; Lebenspartnerschaften vom 16.2.2001, BGBl I 266).

13

Nähere Bestimmungen zur Berücksichtigung von Vermögen trifft die insoweit auf der Verordnungsermächtigung nach § 206 Nr 1 SGB III idF des AFRG beruhende Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV 2002) vom 13.12.2001 (BGBl I 3734). Danach ist das gesamte verwertbare Vermögen des Arbeitslosen zu berücksichtigen, soweit der Wert des Vermögens den Freibetrag übersteigt (§ 1 Abs 1 Nr 1 AlhiV 2002). Freibetrag ist, soweit hier von Bedeutung, ein Betrag von 200,00 Euro je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen, der jedoch 13 000,00 Euro nicht übersteigen darf (§ 1 Abs 2 Satz 1 AlhiV 2002 idF des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002, BGBl I 4607, mit Wirkung vom 1.1.2003). Für den am 23.12.1975 geborenen Kläger ergab sich demnach zu Beginn des streitigen Zeitraums (Alhi-Bezug ab 23.7.2003) ein Freibetrag von 5400,00 Euro (200,00 Euro x 27), weil er am 23.12.2002 das 27. Lebensjahr vollendet hatte.

14

Das zu Beginn des streitigen Zeitraums vorhandene Guthaben auf dem Konto bei der C-Bank überstieg damit zwar den persönlichen Freibetrag. Die Vorinstanzen sind aber zu Recht davon ausgegangen, dass nicht allein deswegen eigenes Vermögen vorhanden war und die Bedürftigkeit des Klägers fehlte. Durch die Einrichtung und Unterhaltung des Kontos im eigenen Namen hat zwar der Kläger den vor allem für seine Rechtsbeziehungen zur Bank bedeutsamen Eindruck hervorgerufen, dass er als Kontoinhaber Vertragspartner der Bank ist und damit auch Gläubiger von Kontoguthaben (vgl Gößmann in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 3. Aufl 2007, § 29 RdNr 9 ff). Der dadurch gesetzte Rechtsschein allein genügt aber nach der Rechtsprechung des Senats nicht, um das Kontoguthaben zu Lasten des Klägers als ein die Bedürftigkeit ausschließendes Vermögen zu behandeln. Denn bei der Bedürftigkeitsprüfung ist nur Vermögen zu berücksichtigen, das dem Arbeitslosen nicht nur dem äußeren Schein nach, sondern auch nach Maßgabe des bürgerlichen Rechts als ihm gehörend zuzuordnen ist.

15

Diesen Grundsatz hat der Senat mit Urteil vom 24.5.2006 ( B 11a AL 7/05 R , BSGE 96, 238 = SozR 4-4220 § 6 Nr 4) anhand der behaupteten stillen Zession des Anspruchs auf ein Sparguthaben herausgearbeitet sowie in einer Parallelentscheidung vom selben Tag für den Fall einer verdeckten Treuhand hinsichtlich eines Sparguthabens ( B 11a AL 49/05 R ). In weiteren Entscheidungen zu angeblich verdeckten Treuhandverhältnissen vom 13.9.2006 ( B 11a AL 13/06 R und B 11a AL 19/06 R ), vom 21.3.2007 (B 11a AL 21/06 R) und vom 28.8.2007 (B 7/7a AL 10/06 R) haben die in Angelegenheiten der Arbeitsförderung zuständigen Senate diese Rechtsprechung fortgeführt und bestätigt. Der vorliegende Fall bietet keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung, auch wenn der vom LSG festgestellte Sachverhalt einer verdeckten Überlassung der Verfügung über ein Bankkonto ("Kontenüberlassung") teilweise anders gelagert ist als die Tatbestände, mit denen sich das BSG bereits befasst hat. Denn entscheidend ist, dass der durch die Vorinstanz festgestellte Sachverhalt eine mit dem äußeren Anschein übereinstimmende rechtliche Zuordnung des Vermögens ausschließt.

16

a) Hiernach hat der Kläger das Konto zwar ursprünglich zur Erlangung einer Werbeprämie (Gutschrift von Aktien) eigennützig eingerichtet, aber dann nicht mehr selbst verwendet, sondern intern seinem Vater für Bankgeschäfte auf dessen eigene Rechnung überlassen. Für das Innenverhältnis zwischen dem Kläger und seinem Vater ist insoweit auf eine Rechtsbeziehung zu schließen, die im Hinblick auf die Frage der Vermögenszuordnung nicht anders zu behandeln ist als eine verdeckte Treuhand. Da es keinen gesetzlich typisierten Treuhandvertrag gibt, richten sich die Rechtsbeziehungen innerhalb eines als Treuhand bezeichneten Vertragsverhältnisses nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach den jeweiligen Absprachen (vgl BGH WM 1969, 935). Gemeinsames Merkmal rechtsgeschäftlicher Treuhandverhältnisse ist aber jedenfalls, dass dem Treuhänder nach außen hin eine Rechtsmacht eingeräumt ist, in deren Ausübung er im Innenverhältnis zum Treugeber als dem wirtschaftlichen Eigentümer durch eine schuldrechtliche Treuhandabrede beschränkt ist (vgl BGHZ 157, 178; Palandt/Bassenge, BGB, 69. Aufl 2010, § 903 RdNr 33; Palandt/Ellenberger, aaO, Überblick vor § 104 RdNr 25).

17

Von einer damit wenigstens vergleichbaren rechtlichen Konstellation ist auch nach den insoweit von der Beklagten nicht angegriffenen und demgemäß bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG auszugehen. Danach sind sich der Kläger und sein Vater stillschweigend darüber einig gewesen, dass der Kläger ungeachtet der Rechtsmacht, die er im Verhältnis zur Bank aufgrund seiner Stellung als deren Vertragspartner sowie formaler Kontoinhaber und Gläubiger von Guthaben inne hatte, nicht zu eigennützigen Verfügungen über das auf Rechnung des Vaters angelegte Geld befugt war. Das gilt insbesondere für die Zahlungen der Großmutter des Klägers und des Käufers einer Küchenzeile, ohne die sich gar kein den Freibetrag übersteigendes Guthaben ergeben hätte. Denn dabei handelte es sich um Leistungen, mit denen diese Personen bewusst und zielgerichtet das Vermögen des Vaters mehren wollten, so dass sich der außerhalb dieser Leistungsbeziehungen stehende Kläger ohne rechtlichen Grund bereichert hätte (§ 812 Abs 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch), falls er unter Ausnutzung der ihm als Kontoinhaber im Außenverhältnis zur Bank zukommenden Rechtsstellung auf eigene Rechnung über die seinem Vater zugedachten Geldbeträge verfügt hätte.

18

b) Das LSG durfte sich auf der Grundlage erschöpfender Ermittlungen rechtsfehlerfrei auch davon überzeugen, es sei nicht nachgewiesen, das am 23.7.2003 und in der Folgezeit auf dem Konto bei der C-Bank vorhandene Vermögen sei dem Kläger zuzuordnen. Im Rahmen der Amtsermittlung (§ 103 SGG) hat es - was von der Beklagten nicht beanstandet wird - alle verfügbaren Erkenntnisquellen durch Einholung von Auskünften und Befragung von Zeugen ausgeschöpft, um die nötigen Feststellungen treffen zu können, und entsprechend dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG) alle Besonderheiten des konkreten Falles in tatsächlicher Hinsicht erfasst und gewürdigt. Die Beklagte rügt (zu Recht) weder die Verletzung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 117 SGG ) durch die ergänzende Übernahme von Ergebnissen der erstinstanzlichen Ermittlungen (zu den Grenzen vgl BSG SozR 4-1500 § 128 Nr 7; BSG Urteil vom 8.9.2010 - B 11 AL 4/09 R) noch die Überschreitung der Grenzen der freien Beweiswürdigung durch einen Verstoß gegen Erfahrungssätze oder Denkgesetze (hierzu BSG SozR 3-2200 § 581 Nr 8; BSGE 95, 244, 254 = SozR 4-3100 § 1a Nr 1, jeweils RdNr 53 f).

19

Soweit die Beklagte demgegenüber eine Verletzung des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung ausdrücklich damit rügt, dass nach Ausschöpfung aller Beweismittel beim LSG Restzweifel verblieben seien, die nicht zu ihren Lasten gehen könnten, macht sie inhaltlich keinen Verfahrensmangel geltend. Denn die Revision beanstandet der Sache nach gar nicht, dass sich das LSG keine tatsächliche Überzeugung vom Vorhandensein eines die Bedürftigkeit ausschließenden Vermögens des Klägers bilden konnte. Die Rüge der Beklagten beschränkt sich im Kern vielmehr darauf, dass "letzte Zweifel an der Zuordnung des Geldes" das LSG nicht zu einer Entscheidung nach Beweislastgrundsätzen zu ihren Gunsten veranlasst haben. Dieser Angriff betrifft indessen keinen Fehler bei der Beweiswürdigung, sondern die Beurteilung der Voraussetzungen für eine Entscheidung aufgrund der objektiven Beweislast (Feststellungslast).

20

Die Grundsätze der objektiven Beweislast (Feststellungslast) greifen ein, wenn der Tatrichter keine Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit einer streitigen und entscheidungserheblichen Tatsachenbehauptung gewinnen kann ("non liquet"), und sie bestimmen, zu wessen Lasten diese Unaufklärbarkeit geht (vgl zB BSGE 71, 256 = SozR 3-4100 § 119 Nr 7). Die objektive Beweislast kennzeichnet mit anderen Worten das Risiko, wegen der Nichterweislichkeit rechtlich erheblicher Tatsachen im Prozess zu unterliegen. Welchen Beteiligten dieses Risiko trifft, ist grundsätzlich eine Frage des materiellen Rechts, weil sich die Beweislastverteilung nach dem Regelungsgefüge der jeweils maßgebenden Norm richtet (vgl zB BSGE 71, 256 = SozR 3-4100 § 119 Nr 7; Schmidt-Aßmann in Maunz/Dürig, GG, Art 19 Abs 4 RdNr 228, Stand 2003; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 103 RdNr 19a jeweils mwN). Eine Entscheidung nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast darf allerdings - wie ausgeführt - erst getroffen werden, wenn alle verfügbaren Erkenntnisquellen ausgeschöpft sind und sich das Gericht dennoch keine Überzeugung in der einen oder anderen Richtung bilden konnte. Im sozialgerichtlichen Verfahren stellt sich die Frage der Beweislastverteilung daher nur, wenn es dem Tatrichter trotz Erfüllung seiner insbesondere durch § 103 SGG und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG begründeten Pflicht zur eingehenden Erforschung des Sachverhalts und zur sorgfältigen Würdigung der erhobenen Beweise nicht gelungen ist, eine in tatsächlicher Hinsicht bestehende Ungewissheit zu beseitigen(stRspr, vgl zB BSGE 71, 256 = SozR 3-4100 § 119 Nr 7 mwN; BSGE 96, 238, 245 = SozR 4-4220 § 6 Nr 4; zuletzt Urteil des erkennenden Senats vom 8.9.2010, B 11 AL 4/09 R).

21

Beweismaßstab ist im sozialgerichtlichen Verfahren insoweit grundsätzlich der Vollbeweis. Das Gericht muss sich die volle Überzeugung vom Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Tatsache verschaffen. Die Maßstäbe der Wahrscheinlichkeit und Glaubhaftmachung reichen nicht aus (vgl BSG SozR 3-3900 § 15 Nr 4). Allerdings verlangt auch der Vollbeweis keine absolute Gewissheit, sondern lässt eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit ausreichen. Denn ein darüber hinausgehender Grad an Gewissheit ist so gut wie nie zu erlangen (vgl Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 128 RdNr 3b mwN). Daraus folgt, dass auch dem Vollbeweis gewisse Zweifel innewohnen können, verbleibende Restzweifel mit anderen Worten bei der Überzeugungsbildung unschädlich sind, solange sie sich nicht zu gewichtigen Zweifeln verdichten. Übertragen auf den vorliegenden Fall hindern deshalb auch die vom LSG parallel zur Überzeugung des fehlenden Nachweises der mangelnden Bedürftigkeit des Klägers geäußerten letzten Zweifel an der Zuordnung des Geldes den Vollbeweis nicht. Es steht daher mit der nötigen wie auch ausreichenden Gewissheit fest, dass die maßgeblichen aus Überweisungen zugunsten des Vaters stammenden Gelder auf dem Konto der C-Bank nicht dem Vermögen des Klägers zuzurechnen sind. Ist somit bereits nach allgemeinen Grundsätzen des Beweisrechts der Vollbeweis erbracht, lösen die erwähnten Restzweifel entgegen der Auffassung der Revision keine Entscheidung nach der objektiven Beweislast und erst recht keine Beweislastumkehr aus.

22

Selbst wenn indes mit der Beklagten in tatsächlicher Hinsicht von einem "non liquet" ausgegangen würde, ergäbe sich hieraus keine Entscheidung zu ihren Gunsten. Im Rahmen der Rücknahme einer Leistungsbewilligung obliegt grundsätzlich der Beklagten die objektive Beweislast für das Vorhandensein der Rücknahmevoraussetzungen, hier mithin für die Rechtswidrigkeit der Bewilligung, konkret für das Fehlen der Bedürftigkeit als Voraussetzung des Alhi-Anspruchs (vgl zur Beweislast bei Aufhebung von Bewilligungsentscheidungen zuletzt Urteil des erkennenden Senats vom 8.9.2010, B 11 AL 4/09 R). Die Unerweislichkeit einer Tatsache geht grundsätzlich zu Lasten des Beteiligten, der aus ihr eine ihm günstige Rechtsfolge herleiten will. Die in arbeitsförderungsrechtlichen Angelegenheiten zuständigen Senate haben allerdings ausgesprochen, dass unter dem Gesichtspunkt einer besonderen Beweisnähe des Arbeitslosen eine Umkehr der Beweislast gerechtfertigt sein kann, wenn in seiner Sphäre wurzelnde Vorgänge nicht mehr aufklärbar sind (BSGE 96, 238, 245 f = SozR 4-4220 § 6 Nr 4; BSG Urteil vom 24.5.2006, B 11a AL 49/05 R; BSG Urteile vom 13.9.2006, B 11a AL 13/06 R und B 11a AL 19/06 R; BSG Urteil vom 21.3.2007, B 11a AL 21/06 R; BSG Urteil vom 28.8.2007, B 7a AL 10/06 R). Das bedeutet aber keineswegs eine Beweislastumkehr stets und in allen Fällen, in denen nicht zweifelsfrei geklärte Tatsachen die persönliche Sphäre des Arbeitslosen betreffen. Die Grundsätze der Beweislastumkehr können jedoch dann eingreifen, wenn es um in der Sphäre des Arbeitslosen liegende Tatsachen geht, die die Beklagte in Ermangelung entsprechender Angaben des Arbeitslosen nicht kennt und nicht kennen muss (vgl BSG SozR 4-1500 § 128 Nr 5 RdNr 17 unter Hinweis auf BSGE 71, 256, 263 = SozR 3-4100 § 119 Nr 7). Auf dieser Linie liegt es, dass das BSG im Urteil vom 24.5.2006 und in den nachfolgenden Entscheidungen (aaO) als Beispiele für eine dem Arbeitslosen anzulastende Beweisnähe, die eine Umkehr der Beweislast rechtfertigen kann, Verhaltensweisen des Arbeitslosen genannt hat, welche zu einer Erschwerung oder Verhinderung der entscheidungserheblichen Tatsachenfeststellungen führen. Anhaltspunkte für ein solches Verhalten des Klägers sind nicht ersichtlich und von der Beklagten nicht behauptet. Insoweit bedarf hier keiner näheren Vertiefung, dass - wie bereits vom LSG ausgeführt - der Kläger selbst beim Antrag auf Alhi angegeben hat, einen Freistellungsauftrag erteilt zu haben.

23

2. Sind damit die Voraussetzungen für eine Rücknahme der Alhi nicht gegeben, ist zugleich die Rücknahmeentscheidung hinsichtlich der Bewilligung des Uhg hinfällig. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob die Bewilligung des Uhg nach Maßgabe der §§ 153 ff SGB III idF des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl I 4607) überhaupt von einer Bedürftigkeitsprüfung abhängig war (vgl § 158 Abs 1 Satz 2 SGB III) oder nach Wiederaufnahme der Umschulung zum 1.9.2003 wegen der Klammerwirkung der zum 21.7.2003 abgebrochenen Weiterbildung und des dann entscheidenden Vorbezugs von Alg das Uhg nach dieser Leistung (vgl § 158 Abs 1 Satz 1 SGB III) zu bemessen war (hierzu BSG SozR 4-4300 § 158 Nr 3, BSG SozR 4-4300 § 158 Nr 4).

24

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

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(2) Das Dienstverhältnis endet ferner durch

1.
Entlassung,
2.
Verlust der Rechtsstellung eines Soldaten auf Zeit entsprechend dem § 48,
3.
Entfernung aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit.

(3) Wenn zwingende Gründe der Verteidigung es erfordern, kann die für das Dienstverhältnis festgesetzte Zeit

1.
allgemein durch Rechtsverordnung oder
2.
in Einzelfällen durch das Bundesministerium der Verteidigung
um einen Zeitraum von bis zu drei Monaten verlängert werden.

(4) Ein Soldat auf Zeit, dessen Rechte und Pflichten auf Grund der §§ 5, 6, 8 und 36 des Abgeordnetengesetzes oder entsprechender Rechtsvorschriften ruhen, kann auf seinen Antrag zu Dienstleistungen nach § 60 bis zu drei Monaten Dauer herangezogen werden.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten.

(2) Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie zu erstatten. §§ 45 und 48 gelten entsprechend.

(2a) Der zu erstattende Betrag ist vom Eintritt der Unwirksamkeit eines Verwaltungsaktes, auf Grund dessen Leistungen zur Förderung von Einrichtungen oder ähnliche Leistungen erbracht worden sind, mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. Von der Geltendmachung des Zinsanspruchs kann insbesondere dann abgesehen werden, wenn der Begünstigte die Umstände, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben, nicht zu vertreten hat und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist leistet. Wird eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet, können für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen nach Satz 1 verlangt werden; Entsprechendes gilt, soweit eine Leistung in Anspruch genommen wird, obwohl andere Mittel anteilig oder vorrangig einzusetzen sind; § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bleibt unberührt.

(3) Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Die Festsetzung soll, sofern die Leistung auf Grund eines Verwaltungsakts erbracht worden ist, mit der Aufhebung des Verwaltungsaktes verbunden werden.

(4) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt nach Absatz 3 unanfechtbar geworden ist. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. § 52 bleibt unberührt.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten bei Berichtigungen nach § 38 entsprechend.

(1) Wurden von der Bundesagentur für eine Bezieherin oder für einen Bezieher von Arbeitslosengeld Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung gezahlt, so hat die Bezieherin oder der Bezieher dieser Leistungen der Bundesagentur die Beiträge zu ersetzen, soweit die Entscheidung über die Leistung rückwirkend aufgehoben und die Leistung zurückgefordert worden ist. Hat für den Zeitraum, für den die Leistung zurückgefordert worden ist, ein weiteres Krankenversicherungsverhältnis bestanden, so erstattet diejenige Stelle, an die die Beiträge aufgrund der Versicherungspflicht nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 des Fünften Buches gezahlt wurden, der Bundesagentur die für diesen Zeitraum entrichteten Beiträge; die Bezieherin oder der Bezieher wird insoweit von der Ersatzpflicht nach Satz 1 befreit; § 5 Absatz 1 Nummer 2 zweiter Halbsatz des Fünften Buches gilt nicht. Werden die beiden Versicherungsverhältnisse bei verschiedenen Krankenkassen durchgeführt und wurden in dem Zeitraum, in dem die Versicherungsverhältnisse nebeneinander bestanden, Leistungen von der Krankenkasse erbracht, bei der die Bezieherin oder der Bezieher nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 des Fünften Buches versicherungspflichtig war, so besteht kein Beitragserstattungsanspruch nach Satz 2. Die Bundesagentur, der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (§ 217a des Fünften Buches) und das Bundesamt für Soziale Sicherung in seiner Funktion als Verwalter des Gesundheitsfonds können das Nähere über die Erstattung der Beiträge nach den Sätzen 2 und 3 durch Vereinbarung regeln. Satz 1 gilt entsprechend, soweit die Bundesagentur Beiträge, die für die Dauer des Leistungsbezuges an ein privates Versicherungsunternehmen zu zahlen sind, übernommen hat.

(2) Beiträge für Versicherungspflichtige nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 des Fünften Buches, denen eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder Übergangsgeld von einem nach § 251 Absatz 1 des Fünften Buches beitragspflichtigen Rehabilitationsträger gewährt worden ist, sind der Bundesagentur vom Träger der Rentenversicherung oder vom Rehabilitationsträger zu ersetzen, wenn und soweit wegen der Gewährung von Arbeitslosengeld ein Erstattungsanspruch der Bundesagentur gegen den Träger der Rentenversicherung oder den Rehabilitationsträger besteht. Satz 1 ist entsprechend anzuwenden in den Fällen, in denen der oder dem Arbeitslosen von einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung wegen einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben Übergangsgeld oder eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zuerkannt wurde (§ 145 Absatz 3). Zu ersetzen sind

1.
vom Rentenversicherungsträger die Beitragsanteile der versicherten Rentnerin oder des versicherten Rentners und des Trägers der Rentenversicherung, die diese ohne die Regelung dieses Absatzes für dieselbe Zeit aus der Rente zu entrichten gehabt hätten,
2.
vom Rehabilitationsträger der Betrag, den er als Krankenversicherungsbeitrag hätte leisten müssen, wenn die versicherte Person nicht nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 des Fünften Buches versichert gewesen wäre.
Der Träger der Rentenversicherung und der Rehabilitationsträger sind nicht verpflichtet, für dieselbe Zeit Beiträge zur Krankenversicherung zu entrichten. Die versicherte Person ist abgesehen von Satz 3 Nummer 1 nicht verpflichtet, für dieselbe Zeit Beiträge aus der Rente zur Krankenversicherung zu entrichten.

(3) Der Arbeitgeber hat der Bundesagentur die im Falle des § 157 Absatz 3 geleisteten Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung zu ersetzen, soweit er für dieselbe Zeit Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers zu entrichten hat. Er wird insoweit von seiner Verpflichtung befreit, Beiträge an die Kranken- und Rentenversicherung zu entrichten. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für den Zuschuss nach § 257 des Fünften Buches.

(4) Hat auf Grund des Bezuges von Arbeitslosengeld nach § 157 Absatz 3 eine andere Krankenkasse die Krankenversicherung durchgeführt als diejenige Kasse, die für das Beschäftigungsverhältnis zuständig ist, aus dem die Leistungsempfängerin oder der Leistungsempfänger Arbeitsentgelt bezieht oder zu beanspruchen hat, so erstatten die Krankenkassen einander Beiträge und Leistungen wechselseitig.

(5) Für die Beiträge der Bundesagentur zur sozialen Pflegeversicherung für Versicherungspflichtige nach § 20 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 des Elften Buches sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.

Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten.

Das Gericht erhebt Beweis in der mündlichen Verhandlung, soweit die Beweiserhebung nicht einen besonderen Termin erfordert.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des hessischen Landessozialgerichts vom 19. Dezember 2008 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) und die Erstattung der überzahlten Leistungen (einschließlich Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen) im Zeitraum vom 1.3.1998 bis 17.1.1999 in Höhe von insgesamt 23 446,35 DM = 11 987,93 Euro.

2

Die 1941 geborene Klägerin stand bei der Beklagten seit 4.8.1997 im Alg-Bezug (Bescheid vom 1.10.1997). In ihrem Antrag auf Alg vom 4.8.1997 hatte sie als Wohnanschrift die Adresse "H.-Straße “ in O. angegeben.

3

Ein Änderungsbescheid und ein Leistungsnachweis vom 8.1.1999 gelangten bei der Beklagten am 18.1.1999 mit dem Postvermerk "unbekannt verzogen" in den Postrücklauf. Die Beklagte stellte daraufhin die Zahlung von Alg ein. Der Bescheid vom 22.1.1999 über die Aufhebung der Bewilligung ab 18.1.1999 sowie ein weiterer Leistungsnachweis vom 26.1.1999 kamen ebenfalls mit dem Postvermerk "unbekannt verzogen" in den Postrücklauf (Retourpost vom 26.1.1999 und vom 5.2.1999).

4

Am 2.2.1999 meldete sich die Klägerin unter der Wohnanschrift "W. straße “ in O. erneut arbeitslos und beantragte die Fortzahlung von Alg, welches die Beklagte ab diesem Tag wiederbewilligte (Bescheid vom 16.2.1999). An diese Anschrift versandte die Beklagte erneut den Aufhebungsbescheid vom 22.1.1999 und den Leistungsnachweis vom 26.1.1999. Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie sei bereits zum 1.3.1998 von der H.-Straße in die W. straße umgezogen und habe dies dem zuständigen Sachbearbeiter L. mitgeteilt. Nachdem dieser die Angaben der Klägerin auf telefonische Nachfrage der Beklagten nicht bestätigte, hob die Beklagte die Bewilligung von Alg ab 1.3.1998 mit der Begründung auf, die Klägerin sei postalisch nicht erreichbar gewesen, und verfügte die Erstattung der überzahlten Leistungen in Höhe von 23 446,35 DM (Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 31.1.2000, Widerspruchsbescheid vom 8.5.2000).

5

Die Klage mit der Begründung, die neue Anschrift sei dem Sachbearbeiter L. bei der Meldung am 9.4.1998 mitgeteilt worden, blieb erfolglos (Gerichtsbescheid des Sozialgerichts vom 26.9.2005). Die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Auf der Grundlage des § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) habe die Beklagte die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung von Alg zu Recht verfügt, da die Klägerin unter der von ihr benannten Anschrift "H.-Straße “ in O. ab dem 1.3.1998 nicht mehr erreichbar gewesen sei. Die Klägerin sei daher ab 1.3.1998 nicht verfügbar gewesen. Unerheblich sei, ob die Klägerin, wie sie behauptet habe, einen Postnachsendeauftrag gestellt habe. Dass sie ihren Umzug der Beklagten rechtzeitig persönlich mitgeteilt habe, lasse sich nicht feststellen. Die Zeugin P., die tatsächlich den Beratungstermin am 9.4.1998 betreut habe, habe keine Erinnerung an die Klägerin. Der von der Klägerin als Zeuge benannte Arbeitsvermittler L. habe mangels Verhandlungsfähigkeit nicht befragt werden können. Seine Vernehmung sei darüber hinaus auch entbehrlich gewesen, weil er sich, wie die Klägerin im Verhandlungstermin am 8.8.2008 angegeben habe, nach seiner Erklärung ihr gegenüber im Sommer 2007 an die damaligen Vorgänge nicht mehr habe erinnern können. Da die Pflicht zur Unterrichtung über einen Umzug allein in die Sphäre des Arbeitslosen falle, komme eine Umkehr der Beweislast in Betracht, sodass dieser eine nicht aktenkundige Unterrichtung nachweisen müsse. Dies gelte jedenfalls in den Fällen, in denen sich - wie vorliegend - über die reine Behauptung des Arbeitslosen, eine mündliche Mitteilung gemacht zu haben hinaus, keinerlei weitere Anhaltspunkte aus den Akten ergeben würden (Urteil vom 19.12.2008).

6

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes und von Beweislastregeln. Das LSG habe nicht auf die Vernehmung des benannten Zeugen L. verzichten dürfen. Es sei vorgetragen und unter Beweis gestellt worden, dass sie - die Klägerin - anlässlich ihrer Vorsprache am 9.4.1998 auf dem undatierten Meldeaufforderungsschreiben der Beklagten im Adressfeld handschriftlich die neue Adresse vermerkt und dieses Schreiben mit diesem Vermerk dem zuständigen Sachbearbeiter vorgelegt habe. Sie sei ihrer Verpflichtung zur Angabe vollständiger Angaben und Mitteilung ihrer Wohnsitzänderung nachgekommen. In welcher Form die Beklagte die Wohnanschriftenänderung zur Kenntnis nehme und in ihren Unterlagen vermerke, sei deren alleinige Angelegenheit und liege daher auch allein in deren Sphäre.

7

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG vom 19. Dezember 2008 und den Gerichtsbescheid des SG vom 26. September 2005 sowie die Bescheide der Beklagten vom 22. Januar 1999 und 31. Januar 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Mai 2000 aufzuheben.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz).

11

Ob die Beklagte zu Recht die Bewilligung des Alg wegen fehlender Erreichbarkeit (hierzu unter 2) aufgehoben und die überzahlten Leistungen zurückgefordert hat, lässt sich nach den bisherigen Feststellungen des LSG nicht abschließend beantworten. Insoweit hat die Klägerin in einer den Voraussetzungen des § 164 Abs 2 Satz 3 SGG noch entsprechenden Weise zutreffend gerügt, dass das LSG die zur Verfügung stehenden Ermittlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft und zuungunsten der Klägerin eine Beweislastumkehr angenommen hat (hierzu unter 3).

12

1. Gegenstand des Verfahrens sind der Aufhebungsbescheid der Beklagten vom 22.1.1999, der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 31.1.2000 sowie der Widerspruchsbescheid vom 8.5.2000. Bei verständiger Würdigung ihres Begehrens (vgl § 123 SGG) richtete sich der Widerspruch der Klägerin gegen den Leistungsnachweis vom 26.1.1999 unmissverständlich gegen die Leistungseinstellung, die die Beklagte mit dem Aufhebungsbescheid vom 22.1.1999 verfügt hatte. Demgemäß hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Termin vom 8.9.2010 seinen Sachantrag präzisiert. Das LSG wird nach der Zurückverweisung der Sache folglich zu beachten haben, dass der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 31.1.2000 über § 86 SGG idF bis zum Inkrafttreten des Gesetzes vom 17.8.2001 (BGBl I 2144) in das Vorverfahren gegen den Bescheid vom 22.1.1999 einbezogen ist (zur weiten Auslegung und entsprechenden Anwendung der korrespondierenden Vorschrift des § 96 SGG idF bis zum Inkrafttreten des Gesetzes vom 26.3.2008, BGBl I 444, auf weitere Aufhebungsbescheide, in denen "im Kern über dieselben Rechtsfragen" entschieden wurde vgl BSGE 77, 175 = SozR 3-4100 § 105 Nr 2). Die Klägerin wendet sich also mit ihrer Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG) sowohl gegen die von der Beklagten verfügte Aufhebung der Bewilligung ab dem 18.1.1999 als auch gegen die spätere Aufhebung ab dem 1.3.1998 (bis einschließlich 1.2.1999), die von der Beklagten geltend gemachte Erstattung betreffend den Zeitraum vom 1.3.1998 bis einschließlich 17.1.1999 und zudem die Nichtzahlung von Alg im Zeitraum vom 18.1.1999 bis 1.2.1999 (zur Möglichkeit der Beschränkung des Streitgegenstands vgl BSG, Urteil vom 17.11.2005 - B 11a/11 AL 55/04 R).

13

2. Dem LSG ist darin zu folgen, dass Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Alg-Bewilligung § 330 Abs 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) iVm § 48 Abs 1 SGB X ist. Da der angefochtene Bescheid vom 31.1.2000 lediglich weitere Leistungszeiträume betrifft und nicht etwa während des Widerspruchsverfahrens den Ausgangsbescheid zu Ungunsten der Klägerin abgeändert hat, kann offen bleiben, ob insoweit § 45 SGB X anzuwenden wäre(vgl BSGE 71, 274 = SozR 3-1500 § 85 Nr 1). Nach § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse ist der Verwaltungsakt nach § 330 Abs 3 Satz 1 SGB III iVm § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB X aufzuheben, wenn der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist. Maßgebend für die Dauerwirkung eines Verwaltungsaktes sind seine rechtlichen Wirkungen über den Zeitpunkt der Bekanntgabe bzw Bindungswirkung hinaus. Die Bewilligung von Alg enthält einen solchen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (BSGE 78, 109, 111 = SozR 3-1300 § 48 Nr 48 mwN). Wesentlich iS des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist jede für die bewilligte Leistung rechtserhebliche Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse, die dazu führt, dass die Behörde unter den nunmehr objektiv vorliegenden Verhältnissen den Verwaltungsakt nicht mehr erlassen dürfte(BSGE 59, 111, 112 = SozR 1300 § 48 Nr 19; BSGE 78, 109, 111 = SozR 3-1300 § 48 Nr 48). Die Feststellung einer wesentlichen Änderung in den Verhältnissen richtet sich damit nach dem für die Leistung maßgeblichen materiellen Recht.

14

a) Der Klägerin stand deshalb für die Zeit ab 1.3.1998 ein Anspruch auf Alg nicht mehr zu, wenn sie die Anspruchsvoraussetzung "arbeitslos" nach § 117 Abs 1 Nr 1 SGB III idF des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes (AFRG) vom 24.3.1997, BGBl I 594, nicht mehr erfüllte. Was unter "arbeitslos" im Sinne des Gesetzes zu verstehen ist, hat der Gesetzgeber in der "Begriffspyramide" der §§ 118, 119 SGB III idF des Ersten SGB III-Änderungsgesetzes vom 16.12.1997, BGBl I 2970, geregelt (BSGE 88, 172, 175 = SozR 3-4300 § 119 Nr 3). Arbeitslosigkeit setzt danach neben Beschäftigungslosigkeit auch eine Beschäftigungssuche des Arbeitslosen voraus (§ 118 Abs 1 SGB III). Eine Beschäftigung sucht nach § 119 Abs 1 SGB III, wer alle Möglichkeiten nutzt und nutzen will, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden, und den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung steht (Verfügbarkeit). Merkmal der Verfügbarkeit ist ua die Arbeitsfähigkeit des Arbeitslosen (§ 119 Abs 2 SGB III), die ua nur dann gegeben ist, wenn der Arbeitslose den Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann und darf (§ 119 Abs 3 Nr 3 SGB III). Diese Anspruchsvoraussetzung hat der Verwaltungsrat der Bundesanstalt für Arbeit (jetzt Bundesagentur für Arbeit, ) durch autonome Satzung aufgrund der gesetzlichen Ermächtigung der §§ 152 Nr 2, 376 Abs 1 Satz 1 SGB III idF des AFRG näher geregelt.

15

b) Nach § 1 Abs 1 Satz 1 Erreichbarkeitsanordnung vom 23.10.1997 (, ANBA 1997 S 1685) muss der Arbeitslose in der Lage sein, unverzüglich Mitteilungen des Arbeitsamtes persönlich zur Kenntnis zu nehmen, das Arbeitsamt aufzusuchen, mit möglichen Arbeitgebern oder Trägern einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme in Verbindung zu treten und eine vorgeschlagene Arbeit anzunehmen oder an einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme teilzunehmen. Dazu hat der Arbeitslose nach § 1 Abs 1 Satz 2 EAO sicherzustellen, dass das Arbeitsamt ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der ihm benannten Anschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichen kann. Das ist nicht gewährleistet, wenn der Arbeitslose seinen Wohnsitz verlegt, ohne dem Arbeitsamt den Wohnsitzwechsel mitzuteilen. Die Obliegenheit eines Arbeitslosen, den Wechsel des Wohnsitzes dem Arbeitsamt mitzuteilen, ergibt sich hiernach aus § 60 Abs 1 Satz 1 Nr 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I), wonach Leistungsbezieher für die Leistung erhebliche Änderungen in den Verhältnissen dem zuständigen Leistungsträger unverzüglich mitzuteilen haben.

16

c) Ob die Klägerin dieser Obliegenheit genügt hat, lässt sich nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen nicht hinreichend sicher beurteilen. Das LSG hat ausgeführt, dass die Klägerin unter der von ihr im Leistungsantrag angegebenen Anschrift "H-Straße“ in O. ab 1.3.1998 nicht mehr erreichbar war. Zutreffend hat es dabei zunächst klargestellt, dass ein bei der Post gestellter Nachsendeauftrag nicht ausreicht, weil arbeitslose Leistungsbezieher die Obliegenheit trifft, dem zuständigen Arbeitsamt einen Wohnsitzwechsel (auch innerhalb desselben Wohnortes) persönlich und unverzüglich anzuzeigen (vgl BSGE 88, 172, 178 = SozR 3-4300 § 119 Nr 3; BSG SozR 3-4300 § 119 Nr 4) und die Klägerin im Zeitpunkt ihres Umzuges nicht zum Personenkreis der älteren Arbeitslosen zählte, die Alg unter den erleichterten Bedingungen des § 428 SGB III beziehen(vgl zu den diesbezüglich abgesenkten Anforderungen an die Verfügbarkeit BSGE 95, 43, 45 ff = SozR 4-4300 § 428 Nr 2). In tatsächlicher Hinsicht durfte sich das LSG indessen nicht davon überzeugen (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG), dass die Klägerin ihren Umzug der Beklagten nicht rechtzeitig mitgeteilt hatte. Die vom LSG zugrunde gelegten Umstände, in der Leistungsakte und in den Datenbeständen der Beklagten sei die neue Anschrift erst nach der persönlichen Vorsprache am 2.2.1999 dokumentiert worden, die von der Beklagten versandten Bescheide und Leistungsnachweise seien mit dem Vermerk "unbekannt verzogen" in den Postrücklauf gelangt, das von der Klägerin vorgelegte Meldeaufforderungsschreiben sei von ihr selbst im Adressfeld abgeändert worden, die am 9.4.1998 zuständige Beraterin G. (nach Namensänderung P.) habe den Arbeitsablauf einer Beratungssituation nachvollziehbar geschildert, sich aber nicht an die Vorsprache der Klägerin erinnern können und der von der Klägerin benannte Zeuge L. sei nicht verhandlungsfähig, seine Vernehmung aber auch entbehrlich gewesen, weil er eine mündlich mitgeteilte Anschriftenänderung am 9.4.1998 nicht entgegen genommen haben könne und sich nach seinen Angaben der Klägerin gegenüber an die damaligen Vorgänge ohnehin nicht erinnern könne, tragen diese Überzeugung nicht. Das LSG hat nicht sämtliche Ermittlungsmöglichkeiten zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen ausgeschöpft, insbesondere den von der Klägerin benannten Zeugen L. nicht schriftlich vernommen.

17

3. Der in § 103 SGG festgelegte Untersuchungsgrundsatz verpflichtet die Tatsachengerichte, die entscheidungserheblichen Tatsachen von Amts wegen zu ermitteln, weil das sozialgerichtliche Verfahren weder eine subjektive Beweisführungslast, noch eine objektive Beibringungsfrist für Beweismittel kennt(vgl Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 5. Aufl. 2008, III. Kapitel, RdNr 26). Im Rahmen der Amtsermittlung sind alle verfügbaren Erkenntnisquellen auszuschöpfen, um tatsächliche Feststellungen zu dem nach den anzuwendenden Rechtsgrundlagen relevanten Tatsachenstoff treffen zu können. Im Rahmen der Pflicht zur eingehenden Erforschung des Sachverhalts und nach dem Grundsatz der freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens zu gewinnenden Überzeugung (§§ 103, 128 Abs 1 SGG) obliegt es den Tatsachengerichten, alle Besonderheiten des konkreten Falles in tatsächlicher Hinsicht zu erfassen und zu würdigen. Erst wenn sich nach Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten entscheidungserhebliche Tatsachen nicht mehr feststellen lassen, stellt sich die Frage der objektiven Beweis- bzw Feststellungslast (vgl BSGE 71, 256, 258 f = SozR 3-4100 § 119 Nr 7, S 28, S 31 mwN; BSGE 96, 238, 245 = SozR 4-4220 § 6 Nr 4; BSG, Urteil vom 21.3.2007 - B 11a AL 21/06 R). Beweisanträge binden das Gericht zwar nicht (§ 103 Satz 2 SGG), können die Amtsermittlung jedoch lenken und steuern. Erhebliche Beweisanträge dürfen deshalb nur unberücksichtigt bleiben, wenn die in Frage stehende Tatsache zugunsten des Beweisführenden als wahr unterstellt werden kann, wenn die Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist, wenn die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung oder schon erwiesen ist, wenn das Beweismittel unerreichbar ist oder wenn das Beweismittel unzulässig oder absolut untauglich ist (vgl BSG, Beschluss vom 16.3.2007 - B 11b AS 37/06 B; auch BFH, Urteil vom 27.7.2000 - V R 38/99; BFH, Urteil vom 4.4.2001 - VI R 209/98; BFH, Beschluss vom 19.8.2003 - IX B 36/03; BFH, Beschluss vom 4.4.2006 - VII B 196/05).

18

a) Hiernach hätte das LSG dem Beweisantrag der Klägerin nachkommen und den benannten Zeugen L. schriftlich vernehmen müssen (§ 118 SGG iVm § 373 Abs 3 Zivilprozessordnung). Denn der Zeuge war zum anberaumten mündlichen Verhandlungstermin am 19.12.2008 ausweislich des vorgelegten nervenärztliches Attests seiner ihn behandelnden Psychiaterin vom 17.11.2008 zwar bis auf weiteres verhandlungsunfähig. Es bestand aber wegen der attestierten Verhandlungsunfähigkeit keine Vernehmungsunfähigkeit im Übrigen. Zu Unrecht hat das LSG den Zeugen deshalb im Ergebnis als unerreichbares Beweismittel bewertet unabhängig davon, ob und mit welcher zeitlichen Prognose die Verhandlungsunfähigkeit durch amtsärztliches Attest hätte belegt werden müssen (vgl hierzu BGH NStZ 2003, 562) und die attestierte Dauer der Verhandlungsunfähigkeit von der Revision insoweit substanziiert angegriffen worden ist.

19

b) Das LSG durfte von der Vernehmung des Zeugen L. zu dem Beweisthema auch nicht deshalb Abstand nehmen, weil es sich um eine Ermittlung auf unzureichender Tatsachenbasis gehandelt hätte, zu der die Gerichte nicht verpflichtet sind. Die Ablehnung des Beweises für beweiserhebliche Tatsachen ist insoweit nur zulässig, wenn die Tatsachen so ungenau bezeichnet sind, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann oder wenn die Bezeichnung der Tatsachen zwar in das Gewand einer bestimmt aufgestellten Behauptung gekleidet, gleichwohl aber nur auf's Geratewohl gemacht sind. Bei solchen gleichsam "ins Blaue" aufgestellten Behauptungen ist ein Beweisantrag rechtsmissbräuchlich (vgl dazu BSGE 77, 140, 144 = SozR 3-2200 § 1248 Nr 12; BSGE 87, 132, 138 = SozR 3-4100 § 128 Nr 10). Nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen der Vorinstanz (§ 163 SGG) waren die näheren Angaben der Klägerin zum Beweisthema allerdings nicht frei von Widersprüchen im Detail. Im Kern blieb jedoch das Beweisthema erkennbar ausreichend bezeichnet, nämlich die Angabe der Wohnsitzänderung gegenüber dem Sachbearbeiter L. bei einem der wiederholten Besuche der Klägerin im Arbeitsamt während des laufenden Alg-Bezugs. Unabhängig davon, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin auf gerichtliche Anfrage mehrfach schriftsätzlich an der Vernehmung des Zeugen L. festgehalten hatte, konnte das LSG hiernach umso weniger von einer weiteren Beweiserhebung absehen, als die Sitzungsprotokolle nicht ausweisen, dass es, die im Termin anwesende Klägerin im Rahmen der Verpflichtung zur Aufklärung des Sachverhalts zu den näheren Einzelheiten persönlich befragt hätte.

20

c) Wegen des Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 117 SGG, hierzu zuletzt BSG SozR 4-1500 § 128 Nr 7) durfte das LSG die Vernehmung des Zeugen L. auch nicht durch die protokollierte Angabe der Klägerin ersetzen, im Sommer 2007 habe ihr der Sachbearbeiter L. mitgeteilt, sich an die Ereignisse in den Jahren 1998 und 1999 nicht mehr erinnern zu können. Ebenso verhält es sich mit der Verwertung der im Verwaltungsverfahren von der Beklagten beim Sachbearbeiter L. telefonisch eingeholten Auskunft. Gegen die Verwertung mittelbar erlangter Beweistatsachen bestehen in der Regel keine rechtlichen Bedenken, wenn nicht ein Beteiligter die unmittelbare Vernehmung des Zeugen beantragt (vgl zum Urkundenbeweis BSG, Urteil vom 17.2.1981 - 7 RAr 90/79 - nur gekürzt abgedruckt in SozR 4100 § 119 Nr 14). Das war hier indessen der Fall. Anhaltspunkte dafür, dass eine richterliche Vernehmung des Zeugen mit Hinweis auf die Wahrheitspflicht von vornherein völlig wertlos ist, bestehen nicht (vgl BSG, Urteil vom 19.11.1965 - 1 RA 101/63, nur gekürzt abgedruckt in SozR Nr 74 zu § 128 SGG). Dies gilt vor allem, weil ausweislich der vom LSG Bezug genommenen Verwaltungsakten der Beklagten zwar nicht unter dem 9.4.1998 (wie von der Klägerin angegeben), wohl aber am 12.1.1998 ein Beratungsgespräch mit L. stattgefunden hat.

21

d) Erst und nur dann, wenn sich das Tatsachengericht nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten zur Aufklärung des Sachverhalts vom Vorliegen einer entscheidungserheblichen Tatsache nicht zu überzeugen vermag, stellt sich die Frage der Beweislastverteilung (vgl BSGE 71, 256, 258 f = SozR 3-4100 § 119 Nr 7, S 28, S 31 mwN; BSGE 96, 238, 245 = SozR 4-4220 § 6 Nr 4 RdNr 33 mwN; BSG, Urteil vom 21.3.2007 - B 11a AL 21/06 R). Für den Fall der Nichterweislichkeit einer rechtzeitigen Umzugsmeldung der Klägerin weist der Senat vorsorglich daraufhin, dass entgegen der Rechtsansicht des LSG keine Umkehr der Beweislast unter Berücksichtigung der sog Sphärentheorie in Betracht zu ziehen ist.

22

Die Unerweislichkeit einer Tatsache geht grundsätzlich zu Lasten des Beteiligten, der aus ihr eine ihm günstige Rechtsfolge herleiten will. Während denjenigen, der sich auf einen Anspruch beruft, die Beweislast für die rechtsbegründenden Tatsachen trifft, ist derjenige, der das geltend gemachte Recht bestreitet, für die rechtsvernichtenden, rechtshindernden oder rechtshemmenden Tatsachen beweispflichtig. Die Verteilung der Beweislast bestimmt sich nach der für den Rechtsstreit maßgeblichen materiell-rechtlichen Norm (BSGE 6, 70, 72 f; BSGE 71, 256, 260 = SozR 3-4100 § 119 Nr 7, S 28, S 32 mwN).

23

Bezogen auf die hier streitentscheidende Norm des § 48 Abs 1 SGB X bedeutet dies, dass die Beweis- bzw Feststellungslast für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse gegenüber denjenigen Verhältnissen, die den ursprünglichen begünstigenden Verwaltungsakt rechtfertigten, grundsätzlich die Behörde trägt(vgl BSGE 95, 57, 64 = SozR 4-1300 § 48 Nr 6; BSG SozR 4-1500 § 103 Nr 5; BSG, Urteil vom 24.5.2006 - B 11a AL 49/05 R; Steinwedel in Kasseler Komm, SGB X, § 48 RdNr 22, Stand: Mai 2006; Schütze in v Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, § 48 RdNr 9), weil sie den Wegfall einer Anspruchsvoraussetzung geltend macht. Zu beachten ist aber, dass die Beklagte nach diesen Grundsätzen die Beweislast allein für die (negative) Tatsache der unterbliebenen Meldung zu tragen hätte.

24

Eine Beweislastumkehr ist für bestimmte Fallgestaltungen anerkannt, in denen etwa der Gegner der beweisbelasteten Partei den Beweis vereitelt oder erschwert oder die Beweisführung unmöglich ist, weil die zu beweisenden Tatsachen sich im Bereich des Gegners abgespielt haben und dieser an der ihm möglichen Sachverhaltsaufklärung nicht oder nicht rechtzeitig mitgewirkt hat (vgl insgesamt BSGE 95, 57, 64 = SozR 4-1300 § 48 Nr 6; auch BSG SozR 4-1500 § 128 Nr 5), also etwa in Konstellationen, in denen in der persönlichen Sphäre oder in der Verantwortungssphäre des Arbeitslosen wurzelnde Vorgänge nicht mehr aufklärbar sind, dh wenn eine besondere Beweisnähe des Betroffenen vorliegt. Die in arbeitsförderungsrechtlichen Angelegenheiten zuständigen Senate haben dies vor allem bei unterlassenen Angaben zu Vermögenswerten bei der Antragstellung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) angenommen (BSGE 96, 238, 245f = SozR 4-4220 § 6 Nr 4; BSG, Urteil vom 24.5.2006 - B 11a AL 49/05 R; BSG, Urteile vom 13.9.2006 - B 11a AL 13/06 R - und - B 11a AL 19/06 R; BSG, Urteil vom 21.3.2007 - B 11a AL 21/06 R; BSG, Urteil vom 28.8.2007 - B 7/7a AL 10/06 R). Diese Erwägungen sind auf die vorliegende Fallgestaltung indessen nicht übertragbar. Denn die Frage der (unterbliebenen) Meldung einer für den Alg-Anspruch wesentlichen Änderung des Wohnsitzes berührt die Verantwortungssphäre des Arbeitslosen wie die der BA gleichermaßen. Die Beklagte ist - wie der vorliegende Fall zeigt - durchaus in der Lage, die Behauptung des Arbeitslosen, er habe seinen Wohnsitzwechsel rechtzeitig angezeigt, zu überprüfen. Die Beklagte kann ihre Akten und Datenbestände auf die Stichhaltigkeit dieser Behauptung sichten und Nachfragen an die zuständig gewesenen Abteilungen oder Sachbearbeiter richten. Dagegen besteht darüber hinaus weder Anlass noch Grund, der Beklagten in diesem Zusammenhang eine lückenlose Dokumentation aller Gespräche und Erklärungen mit den Leistungsempfängern bindend abzuverlangen.

25

Hiervon ausgehend steht es dem LSG im Rahmen seiner Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG) frei, ohne Umkehr der Beweislast eine Meldepflichtverletzung durch die Klägerin zu bejahen, wenn es sich nach Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten von einer rechtzeitigen Meldung nicht zu überzeugen vermag.

26

4. Für den Fall der Meldepflichtverletzung wird das LSG die weiteren Voraussetzungen einer Aufhebung wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse mit Wirkung für die Vergangenheit erneut zu prüfen haben, nämlich die mindestens grobe Fahrlässigkeit und die Einhaltung der Jahresfrist nach §§ 48 Abs 4 Satz 1, 45 Abs 4 Satz 2 SGB X.

27

5. Das LSG wird außerdem abschließend über die Kosten des Rechtsstreits zu befinden haben.

Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des hessischen Landessozialgerichts vom 19. Dezember 2008 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) und die Erstattung der überzahlten Leistungen (einschließlich Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen) im Zeitraum vom 1.3.1998 bis 17.1.1999 in Höhe von insgesamt 23 446,35 DM = 11 987,93 Euro.

2

Die 1941 geborene Klägerin stand bei der Beklagten seit 4.8.1997 im Alg-Bezug (Bescheid vom 1.10.1997). In ihrem Antrag auf Alg vom 4.8.1997 hatte sie als Wohnanschrift die Adresse "H.-Straße “ in O. angegeben.

3

Ein Änderungsbescheid und ein Leistungsnachweis vom 8.1.1999 gelangten bei der Beklagten am 18.1.1999 mit dem Postvermerk "unbekannt verzogen" in den Postrücklauf. Die Beklagte stellte daraufhin die Zahlung von Alg ein. Der Bescheid vom 22.1.1999 über die Aufhebung der Bewilligung ab 18.1.1999 sowie ein weiterer Leistungsnachweis vom 26.1.1999 kamen ebenfalls mit dem Postvermerk "unbekannt verzogen" in den Postrücklauf (Retourpost vom 26.1.1999 und vom 5.2.1999).

4

Am 2.2.1999 meldete sich die Klägerin unter der Wohnanschrift "W. straße “ in O. erneut arbeitslos und beantragte die Fortzahlung von Alg, welches die Beklagte ab diesem Tag wiederbewilligte (Bescheid vom 16.2.1999). An diese Anschrift versandte die Beklagte erneut den Aufhebungsbescheid vom 22.1.1999 und den Leistungsnachweis vom 26.1.1999. Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie sei bereits zum 1.3.1998 von der H.-Straße in die W. straße umgezogen und habe dies dem zuständigen Sachbearbeiter L. mitgeteilt. Nachdem dieser die Angaben der Klägerin auf telefonische Nachfrage der Beklagten nicht bestätigte, hob die Beklagte die Bewilligung von Alg ab 1.3.1998 mit der Begründung auf, die Klägerin sei postalisch nicht erreichbar gewesen, und verfügte die Erstattung der überzahlten Leistungen in Höhe von 23 446,35 DM (Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 31.1.2000, Widerspruchsbescheid vom 8.5.2000).

5

Die Klage mit der Begründung, die neue Anschrift sei dem Sachbearbeiter L. bei der Meldung am 9.4.1998 mitgeteilt worden, blieb erfolglos (Gerichtsbescheid des Sozialgerichts vom 26.9.2005). Die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Auf der Grundlage des § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) habe die Beklagte die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung von Alg zu Recht verfügt, da die Klägerin unter der von ihr benannten Anschrift "H.-Straße “ in O. ab dem 1.3.1998 nicht mehr erreichbar gewesen sei. Die Klägerin sei daher ab 1.3.1998 nicht verfügbar gewesen. Unerheblich sei, ob die Klägerin, wie sie behauptet habe, einen Postnachsendeauftrag gestellt habe. Dass sie ihren Umzug der Beklagten rechtzeitig persönlich mitgeteilt habe, lasse sich nicht feststellen. Die Zeugin P., die tatsächlich den Beratungstermin am 9.4.1998 betreut habe, habe keine Erinnerung an die Klägerin. Der von der Klägerin als Zeuge benannte Arbeitsvermittler L. habe mangels Verhandlungsfähigkeit nicht befragt werden können. Seine Vernehmung sei darüber hinaus auch entbehrlich gewesen, weil er sich, wie die Klägerin im Verhandlungstermin am 8.8.2008 angegeben habe, nach seiner Erklärung ihr gegenüber im Sommer 2007 an die damaligen Vorgänge nicht mehr habe erinnern können. Da die Pflicht zur Unterrichtung über einen Umzug allein in die Sphäre des Arbeitslosen falle, komme eine Umkehr der Beweislast in Betracht, sodass dieser eine nicht aktenkundige Unterrichtung nachweisen müsse. Dies gelte jedenfalls in den Fällen, in denen sich - wie vorliegend - über die reine Behauptung des Arbeitslosen, eine mündliche Mitteilung gemacht zu haben hinaus, keinerlei weitere Anhaltspunkte aus den Akten ergeben würden (Urteil vom 19.12.2008).

6

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes und von Beweislastregeln. Das LSG habe nicht auf die Vernehmung des benannten Zeugen L. verzichten dürfen. Es sei vorgetragen und unter Beweis gestellt worden, dass sie - die Klägerin - anlässlich ihrer Vorsprache am 9.4.1998 auf dem undatierten Meldeaufforderungsschreiben der Beklagten im Adressfeld handschriftlich die neue Adresse vermerkt und dieses Schreiben mit diesem Vermerk dem zuständigen Sachbearbeiter vorgelegt habe. Sie sei ihrer Verpflichtung zur Angabe vollständiger Angaben und Mitteilung ihrer Wohnsitzänderung nachgekommen. In welcher Form die Beklagte die Wohnanschriftenänderung zur Kenntnis nehme und in ihren Unterlagen vermerke, sei deren alleinige Angelegenheit und liege daher auch allein in deren Sphäre.

7

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG vom 19. Dezember 2008 und den Gerichtsbescheid des SG vom 26. September 2005 sowie die Bescheide der Beklagten vom 22. Januar 1999 und 31. Januar 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Mai 2000 aufzuheben.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz).

11

Ob die Beklagte zu Recht die Bewilligung des Alg wegen fehlender Erreichbarkeit (hierzu unter 2) aufgehoben und die überzahlten Leistungen zurückgefordert hat, lässt sich nach den bisherigen Feststellungen des LSG nicht abschließend beantworten. Insoweit hat die Klägerin in einer den Voraussetzungen des § 164 Abs 2 Satz 3 SGG noch entsprechenden Weise zutreffend gerügt, dass das LSG die zur Verfügung stehenden Ermittlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft und zuungunsten der Klägerin eine Beweislastumkehr angenommen hat (hierzu unter 3).

12

1. Gegenstand des Verfahrens sind der Aufhebungsbescheid der Beklagten vom 22.1.1999, der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 31.1.2000 sowie der Widerspruchsbescheid vom 8.5.2000. Bei verständiger Würdigung ihres Begehrens (vgl § 123 SGG) richtete sich der Widerspruch der Klägerin gegen den Leistungsnachweis vom 26.1.1999 unmissverständlich gegen die Leistungseinstellung, die die Beklagte mit dem Aufhebungsbescheid vom 22.1.1999 verfügt hatte. Demgemäß hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Termin vom 8.9.2010 seinen Sachantrag präzisiert. Das LSG wird nach der Zurückverweisung der Sache folglich zu beachten haben, dass der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 31.1.2000 über § 86 SGG idF bis zum Inkrafttreten des Gesetzes vom 17.8.2001 (BGBl I 2144) in das Vorverfahren gegen den Bescheid vom 22.1.1999 einbezogen ist (zur weiten Auslegung und entsprechenden Anwendung der korrespondierenden Vorschrift des § 96 SGG idF bis zum Inkrafttreten des Gesetzes vom 26.3.2008, BGBl I 444, auf weitere Aufhebungsbescheide, in denen "im Kern über dieselben Rechtsfragen" entschieden wurde vgl BSGE 77, 175 = SozR 3-4100 § 105 Nr 2). Die Klägerin wendet sich also mit ihrer Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG) sowohl gegen die von der Beklagten verfügte Aufhebung der Bewilligung ab dem 18.1.1999 als auch gegen die spätere Aufhebung ab dem 1.3.1998 (bis einschließlich 1.2.1999), die von der Beklagten geltend gemachte Erstattung betreffend den Zeitraum vom 1.3.1998 bis einschließlich 17.1.1999 und zudem die Nichtzahlung von Alg im Zeitraum vom 18.1.1999 bis 1.2.1999 (zur Möglichkeit der Beschränkung des Streitgegenstands vgl BSG, Urteil vom 17.11.2005 - B 11a/11 AL 55/04 R).

13

2. Dem LSG ist darin zu folgen, dass Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Alg-Bewilligung § 330 Abs 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) iVm § 48 Abs 1 SGB X ist. Da der angefochtene Bescheid vom 31.1.2000 lediglich weitere Leistungszeiträume betrifft und nicht etwa während des Widerspruchsverfahrens den Ausgangsbescheid zu Ungunsten der Klägerin abgeändert hat, kann offen bleiben, ob insoweit § 45 SGB X anzuwenden wäre(vgl BSGE 71, 274 = SozR 3-1500 § 85 Nr 1). Nach § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse ist der Verwaltungsakt nach § 330 Abs 3 Satz 1 SGB III iVm § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB X aufzuheben, wenn der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist. Maßgebend für die Dauerwirkung eines Verwaltungsaktes sind seine rechtlichen Wirkungen über den Zeitpunkt der Bekanntgabe bzw Bindungswirkung hinaus. Die Bewilligung von Alg enthält einen solchen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (BSGE 78, 109, 111 = SozR 3-1300 § 48 Nr 48 mwN). Wesentlich iS des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist jede für die bewilligte Leistung rechtserhebliche Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse, die dazu führt, dass die Behörde unter den nunmehr objektiv vorliegenden Verhältnissen den Verwaltungsakt nicht mehr erlassen dürfte(BSGE 59, 111, 112 = SozR 1300 § 48 Nr 19; BSGE 78, 109, 111 = SozR 3-1300 § 48 Nr 48). Die Feststellung einer wesentlichen Änderung in den Verhältnissen richtet sich damit nach dem für die Leistung maßgeblichen materiellen Recht.

14

a) Der Klägerin stand deshalb für die Zeit ab 1.3.1998 ein Anspruch auf Alg nicht mehr zu, wenn sie die Anspruchsvoraussetzung "arbeitslos" nach § 117 Abs 1 Nr 1 SGB III idF des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes (AFRG) vom 24.3.1997, BGBl I 594, nicht mehr erfüllte. Was unter "arbeitslos" im Sinne des Gesetzes zu verstehen ist, hat der Gesetzgeber in der "Begriffspyramide" der §§ 118, 119 SGB III idF des Ersten SGB III-Änderungsgesetzes vom 16.12.1997, BGBl I 2970, geregelt (BSGE 88, 172, 175 = SozR 3-4300 § 119 Nr 3). Arbeitslosigkeit setzt danach neben Beschäftigungslosigkeit auch eine Beschäftigungssuche des Arbeitslosen voraus (§ 118 Abs 1 SGB III). Eine Beschäftigung sucht nach § 119 Abs 1 SGB III, wer alle Möglichkeiten nutzt und nutzen will, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden, und den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung steht (Verfügbarkeit). Merkmal der Verfügbarkeit ist ua die Arbeitsfähigkeit des Arbeitslosen (§ 119 Abs 2 SGB III), die ua nur dann gegeben ist, wenn der Arbeitslose den Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann und darf (§ 119 Abs 3 Nr 3 SGB III). Diese Anspruchsvoraussetzung hat der Verwaltungsrat der Bundesanstalt für Arbeit (jetzt Bundesagentur für Arbeit, ) durch autonome Satzung aufgrund der gesetzlichen Ermächtigung der §§ 152 Nr 2, 376 Abs 1 Satz 1 SGB III idF des AFRG näher geregelt.

15

b) Nach § 1 Abs 1 Satz 1 Erreichbarkeitsanordnung vom 23.10.1997 (, ANBA 1997 S 1685) muss der Arbeitslose in der Lage sein, unverzüglich Mitteilungen des Arbeitsamtes persönlich zur Kenntnis zu nehmen, das Arbeitsamt aufzusuchen, mit möglichen Arbeitgebern oder Trägern einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme in Verbindung zu treten und eine vorgeschlagene Arbeit anzunehmen oder an einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme teilzunehmen. Dazu hat der Arbeitslose nach § 1 Abs 1 Satz 2 EAO sicherzustellen, dass das Arbeitsamt ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der ihm benannten Anschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichen kann. Das ist nicht gewährleistet, wenn der Arbeitslose seinen Wohnsitz verlegt, ohne dem Arbeitsamt den Wohnsitzwechsel mitzuteilen. Die Obliegenheit eines Arbeitslosen, den Wechsel des Wohnsitzes dem Arbeitsamt mitzuteilen, ergibt sich hiernach aus § 60 Abs 1 Satz 1 Nr 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I), wonach Leistungsbezieher für die Leistung erhebliche Änderungen in den Verhältnissen dem zuständigen Leistungsträger unverzüglich mitzuteilen haben.

16

c) Ob die Klägerin dieser Obliegenheit genügt hat, lässt sich nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen nicht hinreichend sicher beurteilen. Das LSG hat ausgeführt, dass die Klägerin unter der von ihr im Leistungsantrag angegebenen Anschrift "H-Straße“ in O. ab 1.3.1998 nicht mehr erreichbar war. Zutreffend hat es dabei zunächst klargestellt, dass ein bei der Post gestellter Nachsendeauftrag nicht ausreicht, weil arbeitslose Leistungsbezieher die Obliegenheit trifft, dem zuständigen Arbeitsamt einen Wohnsitzwechsel (auch innerhalb desselben Wohnortes) persönlich und unverzüglich anzuzeigen (vgl BSGE 88, 172, 178 = SozR 3-4300 § 119 Nr 3; BSG SozR 3-4300 § 119 Nr 4) und die Klägerin im Zeitpunkt ihres Umzuges nicht zum Personenkreis der älteren Arbeitslosen zählte, die Alg unter den erleichterten Bedingungen des § 428 SGB III beziehen(vgl zu den diesbezüglich abgesenkten Anforderungen an die Verfügbarkeit BSGE 95, 43, 45 ff = SozR 4-4300 § 428 Nr 2). In tatsächlicher Hinsicht durfte sich das LSG indessen nicht davon überzeugen (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG), dass die Klägerin ihren Umzug der Beklagten nicht rechtzeitig mitgeteilt hatte. Die vom LSG zugrunde gelegten Umstände, in der Leistungsakte und in den Datenbeständen der Beklagten sei die neue Anschrift erst nach der persönlichen Vorsprache am 2.2.1999 dokumentiert worden, die von der Beklagten versandten Bescheide und Leistungsnachweise seien mit dem Vermerk "unbekannt verzogen" in den Postrücklauf gelangt, das von der Klägerin vorgelegte Meldeaufforderungsschreiben sei von ihr selbst im Adressfeld abgeändert worden, die am 9.4.1998 zuständige Beraterin G. (nach Namensänderung P.) habe den Arbeitsablauf einer Beratungssituation nachvollziehbar geschildert, sich aber nicht an die Vorsprache der Klägerin erinnern können und der von der Klägerin benannte Zeuge L. sei nicht verhandlungsfähig, seine Vernehmung aber auch entbehrlich gewesen, weil er eine mündlich mitgeteilte Anschriftenänderung am 9.4.1998 nicht entgegen genommen haben könne und sich nach seinen Angaben der Klägerin gegenüber an die damaligen Vorgänge ohnehin nicht erinnern könne, tragen diese Überzeugung nicht. Das LSG hat nicht sämtliche Ermittlungsmöglichkeiten zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen ausgeschöpft, insbesondere den von der Klägerin benannten Zeugen L. nicht schriftlich vernommen.

17

3. Der in § 103 SGG festgelegte Untersuchungsgrundsatz verpflichtet die Tatsachengerichte, die entscheidungserheblichen Tatsachen von Amts wegen zu ermitteln, weil das sozialgerichtliche Verfahren weder eine subjektive Beweisführungslast, noch eine objektive Beibringungsfrist für Beweismittel kennt(vgl Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 5. Aufl. 2008, III. Kapitel, RdNr 26). Im Rahmen der Amtsermittlung sind alle verfügbaren Erkenntnisquellen auszuschöpfen, um tatsächliche Feststellungen zu dem nach den anzuwendenden Rechtsgrundlagen relevanten Tatsachenstoff treffen zu können. Im Rahmen der Pflicht zur eingehenden Erforschung des Sachverhalts und nach dem Grundsatz der freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens zu gewinnenden Überzeugung (§§ 103, 128 Abs 1 SGG) obliegt es den Tatsachengerichten, alle Besonderheiten des konkreten Falles in tatsächlicher Hinsicht zu erfassen und zu würdigen. Erst wenn sich nach Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten entscheidungserhebliche Tatsachen nicht mehr feststellen lassen, stellt sich die Frage der objektiven Beweis- bzw Feststellungslast (vgl BSGE 71, 256, 258 f = SozR 3-4100 § 119 Nr 7, S 28, S 31 mwN; BSGE 96, 238, 245 = SozR 4-4220 § 6 Nr 4; BSG, Urteil vom 21.3.2007 - B 11a AL 21/06 R). Beweisanträge binden das Gericht zwar nicht (§ 103 Satz 2 SGG), können die Amtsermittlung jedoch lenken und steuern. Erhebliche Beweisanträge dürfen deshalb nur unberücksichtigt bleiben, wenn die in Frage stehende Tatsache zugunsten des Beweisführenden als wahr unterstellt werden kann, wenn die Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist, wenn die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung oder schon erwiesen ist, wenn das Beweismittel unerreichbar ist oder wenn das Beweismittel unzulässig oder absolut untauglich ist (vgl BSG, Beschluss vom 16.3.2007 - B 11b AS 37/06 B; auch BFH, Urteil vom 27.7.2000 - V R 38/99; BFH, Urteil vom 4.4.2001 - VI R 209/98; BFH, Beschluss vom 19.8.2003 - IX B 36/03; BFH, Beschluss vom 4.4.2006 - VII B 196/05).

18

a) Hiernach hätte das LSG dem Beweisantrag der Klägerin nachkommen und den benannten Zeugen L. schriftlich vernehmen müssen (§ 118 SGG iVm § 373 Abs 3 Zivilprozessordnung). Denn der Zeuge war zum anberaumten mündlichen Verhandlungstermin am 19.12.2008 ausweislich des vorgelegten nervenärztliches Attests seiner ihn behandelnden Psychiaterin vom 17.11.2008 zwar bis auf weiteres verhandlungsunfähig. Es bestand aber wegen der attestierten Verhandlungsunfähigkeit keine Vernehmungsunfähigkeit im Übrigen. Zu Unrecht hat das LSG den Zeugen deshalb im Ergebnis als unerreichbares Beweismittel bewertet unabhängig davon, ob und mit welcher zeitlichen Prognose die Verhandlungsunfähigkeit durch amtsärztliches Attest hätte belegt werden müssen (vgl hierzu BGH NStZ 2003, 562) und die attestierte Dauer der Verhandlungsunfähigkeit von der Revision insoweit substanziiert angegriffen worden ist.

19

b) Das LSG durfte von der Vernehmung des Zeugen L. zu dem Beweisthema auch nicht deshalb Abstand nehmen, weil es sich um eine Ermittlung auf unzureichender Tatsachenbasis gehandelt hätte, zu der die Gerichte nicht verpflichtet sind. Die Ablehnung des Beweises für beweiserhebliche Tatsachen ist insoweit nur zulässig, wenn die Tatsachen so ungenau bezeichnet sind, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann oder wenn die Bezeichnung der Tatsachen zwar in das Gewand einer bestimmt aufgestellten Behauptung gekleidet, gleichwohl aber nur auf's Geratewohl gemacht sind. Bei solchen gleichsam "ins Blaue" aufgestellten Behauptungen ist ein Beweisantrag rechtsmissbräuchlich (vgl dazu BSGE 77, 140, 144 = SozR 3-2200 § 1248 Nr 12; BSGE 87, 132, 138 = SozR 3-4100 § 128 Nr 10). Nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen der Vorinstanz (§ 163 SGG) waren die näheren Angaben der Klägerin zum Beweisthema allerdings nicht frei von Widersprüchen im Detail. Im Kern blieb jedoch das Beweisthema erkennbar ausreichend bezeichnet, nämlich die Angabe der Wohnsitzänderung gegenüber dem Sachbearbeiter L. bei einem der wiederholten Besuche der Klägerin im Arbeitsamt während des laufenden Alg-Bezugs. Unabhängig davon, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin auf gerichtliche Anfrage mehrfach schriftsätzlich an der Vernehmung des Zeugen L. festgehalten hatte, konnte das LSG hiernach umso weniger von einer weiteren Beweiserhebung absehen, als die Sitzungsprotokolle nicht ausweisen, dass es, die im Termin anwesende Klägerin im Rahmen der Verpflichtung zur Aufklärung des Sachverhalts zu den näheren Einzelheiten persönlich befragt hätte.

20

c) Wegen des Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 117 SGG, hierzu zuletzt BSG SozR 4-1500 § 128 Nr 7) durfte das LSG die Vernehmung des Zeugen L. auch nicht durch die protokollierte Angabe der Klägerin ersetzen, im Sommer 2007 habe ihr der Sachbearbeiter L. mitgeteilt, sich an die Ereignisse in den Jahren 1998 und 1999 nicht mehr erinnern zu können. Ebenso verhält es sich mit der Verwertung der im Verwaltungsverfahren von der Beklagten beim Sachbearbeiter L. telefonisch eingeholten Auskunft. Gegen die Verwertung mittelbar erlangter Beweistatsachen bestehen in der Regel keine rechtlichen Bedenken, wenn nicht ein Beteiligter die unmittelbare Vernehmung des Zeugen beantragt (vgl zum Urkundenbeweis BSG, Urteil vom 17.2.1981 - 7 RAr 90/79 - nur gekürzt abgedruckt in SozR 4100 § 119 Nr 14). Das war hier indessen der Fall. Anhaltspunkte dafür, dass eine richterliche Vernehmung des Zeugen mit Hinweis auf die Wahrheitspflicht von vornherein völlig wertlos ist, bestehen nicht (vgl BSG, Urteil vom 19.11.1965 - 1 RA 101/63, nur gekürzt abgedruckt in SozR Nr 74 zu § 128 SGG). Dies gilt vor allem, weil ausweislich der vom LSG Bezug genommenen Verwaltungsakten der Beklagten zwar nicht unter dem 9.4.1998 (wie von der Klägerin angegeben), wohl aber am 12.1.1998 ein Beratungsgespräch mit L. stattgefunden hat.

21

d) Erst und nur dann, wenn sich das Tatsachengericht nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten zur Aufklärung des Sachverhalts vom Vorliegen einer entscheidungserheblichen Tatsache nicht zu überzeugen vermag, stellt sich die Frage der Beweislastverteilung (vgl BSGE 71, 256, 258 f = SozR 3-4100 § 119 Nr 7, S 28, S 31 mwN; BSGE 96, 238, 245 = SozR 4-4220 § 6 Nr 4 RdNr 33 mwN; BSG, Urteil vom 21.3.2007 - B 11a AL 21/06 R). Für den Fall der Nichterweislichkeit einer rechtzeitigen Umzugsmeldung der Klägerin weist der Senat vorsorglich daraufhin, dass entgegen der Rechtsansicht des LSG keine Umkehr der Beweislast unter Berücksichtigung der sog Sphärentheorie in Betracht zu ziehen ist.

22

Die Unerweislichkeit einer Tatsache geht grundsätzlich zu Lasten des Beteiligten, der aus ihr eine ihm günstige Rechtsfolge herleiten will. Während denjenigen, der sich auf einen Anspruch beruft, die Beweislast für die rechtsbegründenden Tatsachen trifft, ist derjenige, der das geltend gemachte Recht bestreitet, für die rechtsvernichtenden, rechtshindernden oder rechtshemmenden Tatsachen beweispflichtig. Die Verteilung der Beweislast bestimmt sich nach der für den Rechtsstreit maßgeblichen materiell-rechtlichen Norm (BSGE 6, 70, 72 f; BSGE 71, 256, 260 = SozR 3-4100 § 119 Nr 7, S 28, S 32 mwN).

23

Bezogen auf die hier streitentscheidende Norm des § 48 Abs 1 SGB X bedeutet dies, dass die Beweis- bzw Feststellungslast für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse gegenüber denjenigen Verhältnissen, die den ursprünglichen begünstigenden Verwaltungsakt rechtfertigten, grundsätzlich die Behörde trägt(vgl BSGE 95, 57, 64 = SozR 4-1300 § 48 Nr 6; BSG SozR 4-1500 § 103 Nr 5; BSG, Urteil vom 24.5.2006 - B 11a AL 49/05 R; Steinwedel in Kasseler Komm, SGB X, § 48 RdNr 22, Stand: Mai 2006; Schütze in v Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, § 48 RdNr 9), weil sie den Wegfall einer Anspruchsvoraussetzung geltend macht. Zu beachten ist aber, dass die Beklagte nach diesen Grundsätzen die Beweislast allein für die (negative) Tatsache der unterbliebenen Meldung zu tragen hätte.

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Eine Beweislastumkehr ist für bestimmte Fallgestaltungen anerkannt, in denen etwa der Gegner der beweisbelasteten Partei den Beweis vereitelt oder erschwert oder die Beweisführung unmöglich ist, weil die zu beweisenden Tatsachen sich im Bereich des Gegners abgespielt haben und dieser an der ihm möglichen Sachverhaltsaufklärung nicht oder nicht rechtzeitig mitgewirkt hat (vgl insgesamt BSGE 95, 57, 64 = SozR 4-1300 § 48 Nr 6; auch BSG SozR 4-1500 § 128 Nr 5), also etwa in Konstellationen, in denen in der persönlichen Sphäre oder in der Verantwortungssphäre des Arbeitslosen wurzelnde Vorgänge nicht mehr aufklärbar sind, dh wenn eine besondere Beweisnähe des Betroffenen vorliegt. Die in arbeitsförderungsrechtlichen Angelegenheiten zuständigen Senate haben dies vor allem bei unterlassenen Angaben zu Vermögenswerten bei der Antragstellung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) angenommen (BSGE 96, 238, 245f = SozR 4-4220 § 6 Nr 4; BSG, Urteil vom 24.5.2006 - B 11a AL 49/05 R; BSG, Urteile vom 13.9.2006 - B 11a AL 13/06 R - und - B 11a AL 19/06 R; BSG, Urteil vom 21.3.2007 - B 11a AL 21/06 R; BSG, Urteil vom 28.8.2007 - B 7/7a AL 10/06 R). Diese Erwägungen sind auf die vorliegende Fallgestaltung indessen nicht übertragbar. Denn die Frage der (unterbliebenen) Meldung einer für den Alg-Anspruch wesentlichen Änderung des Wohnsitzes berührt die Verantwortungssphäre des Arbeitslosen wie die der BA gleichermaßen. Die Beklagte ist - wie der vorliegende Fall zeigt - durchaus in der Lage, die Behauptung des Arbeitslosen, er habe seinen Wohnsitzwechsel rechtzeitig angezeigt, zu überprüfen. Die Beklagte kann ihre Akten und Datenbestände auf die Stichhaltigkeit dieser Behauptung sichten und Nachfragen an die zuständig gewesenen Abteilungen oder Sachbearbeiter richten. Dagegen besteht darüber hinaus weder Anlass noch Grund, der Beklagten in diesem Zusammenhang eine lückenlose Dokumentation aller Gespräche und Erklärungen mit den Leistungsempfängern bindend abzuverlangen.

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Hiervon ausgehend steht es dem LSG im Rahmen seiner Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG) frei, ohne Umkehr der Beweislast eine Meldepflichtverletzung durch die Klägerin zu bejahen, wenn es sich nach Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten von einer rechtzeitigen Meldung nicht zu überzeugen vermag.

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4. Für den Fall der Meldepflichtverletzung wird das LSG die weiteren Voraussetzungen einer Aufhebung wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse mit Wirkung für die Vergangenheit erneut zu prüfen haben, nämlich die mindestens grobe Fahrlässigkeit und die Einhaltung der Jahresfrist nach §§ 48 Abs 4 Satz 1, 45 Abs 4 Satz 2 SGB X.

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5. Das LSG wird außerdem abschließend über die Kosten des Rechtsstreits zu befinden haben.

(1) Hat die oder der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung (Entlassungsentschädigung) erhalten oder zu beanspruchen und ist das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden, so ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld von dem Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung dieser Frist geendet hätte. Diese Frist beginnt mit der Kündigung, die der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorausgegangen ist, bei Fehlen einer solchen Kündigung mit dem Tag der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Ist die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber ausgeschlossen, so gilt bei

1.
zeitlich unbegrenztem Ausschluss eine Kündigungsfrist von 18 Monaten,
2.
zeitlich begrenztem Ausschluss oder Vorliegen der Voraussetzungen für eine fristgebundene Kündigung aus wichtigem Grund die Kündigungsfrist, die ohne den Ausschluss der ordentlichen Kündigung maßgebend gewesen wäre.
Kann der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer nur bei Zahlung einer Entlassungsentschädigung ordentlich gekündigt werden, so gilt eine Kündigungsfrist von einem Jahr. Hat die oder der Arbeitslose auch eine Urlaubsabgeltung (§ 157 Absatz 2) erhalten oder zu beanspruchen, verlängert sich der Ruhenszeitraum nach Satz 1 um die Zeit des abgegoltenen Urlaubs. Leistungen, die der Arbeitgeber für eine arbeitslose Person, deren Arbeitsverhältnis frühestens mit Vollendung des 50. Lebensjahres beendet wird, unmittelbar für deren Rentenversicherung nach § 187a Absatz 1 des Sechsten Buches aufwendet, bleiben unberücksichtigt. Satz 6 gilt entsprechend für Beiträge des Arbeitgebers zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung.

(2) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht nach Absatz 1 längstens ein Jahr. Er ruht nicht über den Tag hinaus,

1.
bis zu dem die oder der Arbeitslose bei Weiterzahlung des während der letzten Beschäftigungszeit kalendertäglich verdienten Arbeitsentgelts einen Betrag in Höhe von 60 Prozent der nach Absatz 1 zu berücksichtigenden Entlassungsentschädigung als Arbeitsentgelt verdient hätte,
2.
an dem das Arbeitsverhältnis infolge einer Befristung, die unabhängig von der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestanden hat, geendet hätte, oder
3.
an dem der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist hätte kündigen können.
Der nach Satz 2 Nummer 1 zu berücksichtigende Anteil der Entlassungsentschädigung vermindert sich sowohl für je fünf Jahre des Arbeitsverhältnisses in demselben Betrieb oder Unternehmen als auch für je fünf Lebensjahre nach Vollendung des 35. Lebensjahres um je 5 Prozent; er beträgt nicht weniger als 25 Prozent der nach Absatz 1 zu berücksichtigenden Entlassungsentschädigung. Letzte Beschäftigungszeit sind die am Tag des Ausscheidens aus dem Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der letzten zwölf Monate; § 150 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und Absatz 3 gilt entsprechend. Arbeitsentgeltkürzungen infolge von Krankheit, Kurzarbeit, Arbeitsausfall oder Arbeitsversäumnis bleiben außer Betracht.

(3) Hat die oder der Arbeitslose wegen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses unter Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses eine Entlassungsentschädigung erhalten oder zu beanspruchen, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Soweit die oder der Arbeitslose die Entlassungsentschädigung (Arbeitsentgelt im Sinne des § 115 des Zehnten Buches) tatsächlich nicht erhält, wird das Arbeitslosengeld auch für die Zeit geleistet, in der der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht. Hat der Verpflichtete die Entlassungsentschädigung trotz des Rechtsübergangs mit befreiender Wirkung an die Arbeitslose, den Arbeitslosen oder an eine dritte Person gezahlt, hat die Bezieherin oder der Bezieher des Arbeitslosengeldes dieses insoweit zu erstatten.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.