Bundesgerichtshof Urteil, 21. Feb. 2017 - XI ZR 185/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:210217UXIZR185.16.0
21.02.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 30. März 2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als auf die Berufung der Klägerin das Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 15. September 2015 zum Nachteil der Beklagten abgeändert worden ist.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 15. September 2015 wird insgesamt zurückgewiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt die Klägerin.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt in der Hauptsache die Feststellung des Fortbestehens ihres Bausparvertrages.

2

Am 13. September 1978 schloss die Klägerin mit der Beklagten einen Bausparvertrag (Vertragsnummer:        ) über eine Bausparsumme von 40.000 DM (= 20.451,68 €). In den dem Bausparvertrag zugrundeliegenden Allgemeinen Bausparbedingungen (im Folgenden: ABB) heißt es auszugsweise wie folgt:

"§ 1 Vertragszweck

(1) Zweck des Bausparvertrages ist die Erlangung eines unkündbaren, in der Regel zweitstellig zu sichernden Tilgungsdarlehens (Bauspardarlehen) aufgrund planmäßiger Sparleistungen nach Maßgabe dieser Allgemeinen Bedingungen.

§ 5 Sparzahlungen

(1) Der monatliche Bausparbeitrag beträgt 4,2 vom Tausend der Bausparsumme (Regelsparbeitrag). Er ist bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme am Ersten jeden Monats kostenfrei an die Bausparkasse zu entrichten.

(2) Sonderzahlungen sind grundsätzlich zulässig. Die Bausparkasse kann deren Annahme von ihrer Zustimmung abhängig machen.

(3) Ist der Bausparer unter Anrechnung von Sonderzahlungen mit mehr als 6 Regelsparbeiträgen rückständig und hat er der schriftlichen Aufforderung der Bausparkasse, nicht geleistete Bausparbeiträge zu entrichten, länger als 2 Monate nach Zugang der Aufforderung nicht entsprochen, so kann die Bausparkasse den Bausparvertrag kündigen. …

(4) Ist der Bausparvertrag zugeteilt, so tritt an die Stelle des Rechtes der Bausparkasse, den Bausparvertrag zu kündigen, das Recht, das dem Bausparer bereitgestellte (§ 13) oder bereitzustellende (§ 14) Bauspardarlehen um die rückständigen Bausparbeiträge samt deren Zinsen zu kürzen.

§ 12 Zuteilungsnachricht

(1) Die Zuteilung wird dem Bausparer unverzüglich schriftlich mitgeteilt mit der Aufforderung, binnen 4 Wochen ab Datum der Zuteilung zu erklären, ob er die Zuteilung annimmt.

(2) Der Bausparer kann die Annahme der Zuteilung widerrufen, solange die Auszahlung der Bausparsumme noch nicht begonnen hat.

§ 13 Bereithaltung der Bausparsumme

(1) Mit Annahme der Zuteilung stellt die Bausparkasse dem Bausparer sein Bausparguthaben und ein Bauspardarlehen in Höhe des das Bausparguthaben übersteigenden Teiles der Bausparsumme bereit.

(2) …

§ 14 Vertragsfortsetzung

(1) Nimmt der Bausparer die Zuteilung nicht an oder gibt er die Annahmeerklärung nicht fristgemäß ab oder wird die Annahme der Zuteilung widerrufen, so wird der Bausparvertrag fortgesetzt.

(2) Setzt der Bausparer seinen Bausparvertrag fort, so kann er seine Rechte aus der Zuteilung jederzeit wieder geltend machen. …"

3

Gemäß § 6 Abs. 1 ABB ist das Bausparguthaben mit 3% p.a. zu verzinsen, gemäß § 20 Abs. 1 ABB ist das Bauspardarlehen mit einem Zinssatz von 5% p.a. zu gewähren.

4

Der seit dem 1. April 1993 zuteilungsreife Bausparvertrag wies am 1. Januar 2015 ein Bausparguthaben in Höhe von 15.772 € auf. Am 12. Januar 2015 erklärte die Beklagte unter Berufung auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB die Kündigung des Bausparvertrages zum 24. Juli 2015.

5

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Kündigung unwirksam sei, weil der Beklagten kein Kündigungsrecht zugestanden habe. Sie hat in der Hauptsache die Feststellung des Fortbestehens ihres Bausparvertrages begehrt. Ferner hat sie - nach teilweiser Klagerücknahme - die Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 571,44 € verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht der Klage mit Ausnahme eines Teils der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten stattgegeben und im Übrigen die Berufung zurückgewiesen. Mit ihrer - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision ist begründet.

I.

7

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung (OLG Stuttgart, WM 2016, 742) im Wesentlichen ausgeführt:

8

Die Kündigung des Bausparvertrages sei unwirksam, weil der Beklagten kein Kündigungsrecht zugestanden habe.

9

Auf das Vertragsverhältnis finde gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB seit dem 1. Januar 2003 das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 Anwendung. Ein Kündigungsrecht ergebe sich aber weder aus § 488 Abs. 3 BGB oder aus § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB noch aus § 490 Abs. 3, § 314 BGB oder aus § 490 Abs. 3, § 313 Abs. 3 BGB.

10

Die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung gemäß § 488 Abs. 3 BGB seien nicht gegeben. Zwar handele es sich bei einem Bausparvertrag in der Ansparphase um einen Darlehensvertrag, bei dem der Bausparer der Darlehensgeber und die Bausparkasse die Darlehensnehmerin seien. Jedoch könne der Bausparvertrag gemäß § 488 Abs. 3 BGB erst ab vollständiger Besparung gekündigt werden. Denn der Vertragszweck des Bausparvertrages, der in der Erlangung eines Bauspardarlehens bestehe, könne erst ab der vollständigen Ansparung nicht mehr erreicht werden. Entgegen der Auffassung der Beklagten liege keine der Vollbesparung vergleichbare Situation vor, selbst wenn die rückständigen Sparbeiträge der Klägerin die Differenz zwischen dem Bausparguthaben und der Bausparsumme überstiegen. § 5 Abs. 4 ABB führe nicht dazu, dass die Bausparsumme erreicht sei, da diese Norm nur auf zugeteilte Bausparverträge Anwendung finde und an die Stelle des Kündigungsrechts aus § 5 Abs. 3 ABB trete. Dass deren Voraussetzungen vorlägen, behaupte die Beklagte nicht, zumal sie ihre Kündigung auch nicht auf dieses Recht stütze.

11

Ein Kündigungsrecht stehe der Beklagten auch nicht auf Grund eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Klägerin zu. Diese verhalte sich nicht rechtsmissbräuchlich, wenn sie in der gegenwärtigen Niedrigzinsphase kein Bauspardarlehen in Anspruch nehme.

12

Die Beklagte könne die Kündigung des Bausparvertrags auch nicht auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB stützen. Dabei könne dahinstehen, ob diese Vorschrift überhaupt auf Sparverträge Anwendung finde. Es lägen nämlich bereits die Voraussetzungen des Kündigungsrechts nicht vor, weil der erstmalige Eintritt der Zuteilungsreife nicht der "vollständige Empfang" des an die Bausparkasse zu gewährenden Darlehens sei. Ein Darlehen sei vollständig empfangen, wenn es der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer entsprechend der vertraglichen Vereinbarungen vollständig zur Verfügung gestellt habe. Beim Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife liege ein vollständiger Empfang des Darlehens nicht vor, weil dies auf die Verpflichtung des Bausparers zur Erbringung der Regelsparbeiträge keinen Einfluss habe. Denn der Vertrag werde bei der Nichtannahme fortgesetzt, so dass auch die Verpflichtung zur Zahlung des Regelsparbeitrages fortbestehe. Zudem habe der Bausparer keinen Einfluss auf den Zeitpunkt des Eintritts der Zuteilungsreife. Die Verpflichtung zur Zahlung der Regelsparbeiträge werde allein durch die Bausparsumme begrenzt.

13

Auch Sinn und Zweck von § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforderten es nicht, die Norm unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Bausparvertrages dahingehend auszulegen, dass der vollständige Empfang den Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife umfasse. Eine solche Auslegung widerspreche dem Wesen des Bausparvertrages, weil die Bausparkasse ein Interesse habe, durch einen stetigen Zufluss von Sparbeiträgen die Zuteilungsmasse zu vergrößern, um die Zuteilung von Bauspardarlehen zu beschleunigen.

14

Eine analoge Anwendung von § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB komme nicht in Betracht. Voraussetzung für eine Analogie sei eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit. Zudem müsse der zu beurteilende Sachverhalt mit dem gesetzlich geregelten Tatbestand vergleichbar sein, so dass angenommen werden könne, dass der Gesetzgeber bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen wäre. Beides liege nicht vor.

15

Der Beklagten habe auch kein Kündigungsrecht gemäß § 490 Abs. 3, § 314 Abs. 1 BGB zugestanden. Die Nichtabnahme des Darlehens stelle kein vertragswidriges Verhalten des Bausparers dar, sondern sei im Bausparvertrag ausdrücklich vorgesehen. Hinsichtlich der Nichtzahlung der Regelsparbeiträge habe die Beklagte ein spezielleres Kündigungsrecht aus § 5 Abs. 3 ABB. Insoweit sei ihr zuzumuten, dessen Voraussetzungen herbeizuführen.

16

Eine Kündigung könne schließlich auch nicht auf § 490 Abs. 3, § 313 Abs. 3 BGB gestützt werden. Die Geschäftsgrundlage des Bausparvertrags wäre selbst dann nicht entfallen, wenn die Klägerin ihre Absicht zur Inanspruchnahme des Darlehens endgültig aufgegeben hätte. Abgesehen davon, dass die Beklagte hinsichtlich dieses Vorbringens beweisfällig geblieben sei, sei der Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht allein aus der über zehn Jahre dauernden Nichtinanspruchnahme des Darlehens abzuleiten, weil die vertraglichen Vereinbarungen auch für diesen Fall eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses vorsehen. Die Geschäftsgrundlage wäre aber auch dann nicht entfallen, wenn das Gleichgewicht zwischen Bauspareinlagen und Bauspardarlehen dergestalt gestört wäre, dass die Beklagte ihre Verpflichtungen nicht mehr erfüllen könnte. Die Beklagte habe dieses vertragsspezifische Risiko übernommen. Es hätte ihr oblegen, von der bestehenden Möglichkeit Gebrauch zu machen, das Risiko der Zinsentwicklung durch eine geeignete Vertragsgestaltung anders zu gewichten oder ihre vereinbarten Rechte anders auszuüben.

II.

17

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Beklagte den mit der Klägerin geschlossenen Bausparvertrag gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB in der vom 1. Januar 2002 bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung (nunmehr § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB) wirksam gekündigt.

18

1. In zeitlicher Hinsicht ist auf den am 13. September 1978 abgeschlossenen Bausparvertrag, bei dem es sich um ein Dauerschuldverhältnis handelt, gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB seit dem 1. Januar 2003 das Bürgerliche Gesetzbuch in der dann geltenden Fassung anzuwenden (vgl. OLG Hamm, ZIP 2016, 1475; OLG Köln, WM 2016, 740; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1259; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3). Die durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2355) erfolgten Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden - was das Berufungsgericht unberücksichtigt gelassen hat - gemäß Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB auf den vorliegenden Bausparvertrag mit Ausnahme der in Art. 229 § 22 Abs. 3 EGBGB genannten - hier nicht einschlägigen - Vorschriften keine Anwendung, weswegen insoweit das Darlehensrecht der §§ 488 ff. BGB in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) maßgeblich ist (vgl. Senatsurteil vom 19. Januar 2016 - XI ZR 103/15, BGHZ 208, 278 Rn. 15; OLG Köln, aaO).

19

Die durch das Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften vom 11. März 2016 (BGBl. I S. 396) erfolgten Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des Darlehensrechts sind gemäß Art. 229 § 38 Abs. 1 EGBGB mit Ausnahme der in Art. 229 § 38 Abs. 2 EGBGB genannten - hier nicht einschlägigen - Vorschriften nicht zu berücksichtigen.

20

2. Rechtsfehlerfrei ist die Annahme des Berufungsgerichts, dass auf einen Bausparvertrag Darlehensrecht anzuwenden ist.

21

Gemäß § 1 Abs. 2 BauSparkG erwirbt der Bausparer zwar durch die Leistung von Bauspareinlagen in der Ansparphase einen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens, mit dessen Inanspruchnahme nach Zuteilungsreife der Bausparvertrag in die Darlehensphase übergeht. Im Hinblick auf die Verknüpfung von Ansparphase und Darlehensphase gehen aber die Ansichten darüber auseinander, ob der Bausparer bei Abschluss des Bausparvertrages einen bedingten Anspruch auf Valutierung eines Bauspardarlehens erwirbt und es sich somit bei dem Bausparvertrag um einen einheitlichen Darlehensvertrag mit der Besonderheit handelt, dass Bausparer und Bausparkasse bei Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer tauschen (vgl. MünchKommBGB/Berger, 7. Aufl., Vor § 488 Rn. 28; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rn. 539 und Rn. 543; Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 778; Schäfer/Cirpka/Zehnder, Bausparkassengesetz und Bausparkassenverordnung, 5. Aufl., § 1 Anm. 12 f.; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3; Schultheiß, WuB 2015, 139, 140 f.; Yildirim, VuR 2015, 258, 259), oder ob der Bausparer lediglich einen Vorvertrag über die spätere Gewährung eines Bauspardarlehens schließt (vgl. Fandrich in Graf von Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Stand: 30. Dezember 2011, Bausparbedingungen Rn. 5; Haertlein/Thümmler, ZIP 2009, 1197, 1198 f.; Kronenburg in Derleder/Knops/Bamberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, 2. Aufl., § 17 Bauspardarlehen Rn. 4; Erman/Saenger, BGB, 14. Aufl., Vorbem. §§ 488-490 Rn. 27).

22

Der Senat hat diese Frage bislang offen gelassen (vgl. Senatsurteile vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 Rn. 32 und vom 8. November 2016 - XI ZR 552/15, WM 2017, 87 Rn. 37, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Sie bedarf auch vorliegend keiner Entscheidung. Denn unabhängig von der rechtlichen Konstruktion besteht sowohl in der Ansparphase als auch in der Darlehensphase zwischen den Vertragsparteien ein Darlehensverhältnis, wobei der Bausparer in der Ansparphase der Darlehensgeber und die Bausparkasse die Darlehensnehmerin ist (vgl. OLG Bamberg, WM 2016, 2067, 2068; OLG Celle, WM 2016, 738; OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2071; OLG Hamm, ZIP 2016, 1475; OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 12; OLG Köln, WM 2016, 740, 741; OLG Stuttgart, WM 2013, 508, 509; MünchKommBGB/Berger, 7. Aufl., Vor § 488 Rn. 28; Bergmann, WM 2016, 2153, 2154; Buhl/Münder, NJW 2016, 1991; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1801; Fandrich in Graf von Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Stand: 30. Dezember 2011, Bausparbedingungen Rn. 5; Haertlein/Thümmler, ZIP 2009, 1197, 1198; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1258 und 1260; Kronenburg in Derleder/Knops/Bamberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, 2. Aufl., § 17 Bauspardarlehen Rn. 4; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rn. 539 und Rn. 549; Omlor/Meier, EWiR 2016, 323, 324; Rollberg, EWiR 2016, 3; Schäfer/Cirpka/Zehnder, Bausparkassengesetz und Bausparkassenverordnung, 5. Aufl., § 1 Anm. 12; Schultheiß, WuB 2015, 139, 141; Servatius, ZfIR 2016, 649, 651; von Stumm, GWR 2015, 357; Weber, ZIP 2015, 961, 962).

23

Die von der Revisionserwiderung gegen eine Anwendbarkeit der darlehensrechtlichen Vorschriften vorgebrachten Bedenken greifen nicht durch. Soweit sie darauf hinweist, dass auf Namensschuldverschreibungen wie Sparkassenbriefe das Darlehensrecht keine Anwendung finde (so OLG München, WM 2012, 1535), ist dies - die Richtigkeit dieser These unterstellt - unbehelflich, weil Sparkassenbriefe und Bausparverträge ihrer Rechtsnatur nach nicht vergleichbar sind. Soweit sie des Weiteren meint, in der Ansparphase bestehe deshalb kein Darlehensverhältnis, weil die Allgemeinen Bausparbedingungen der Beklagten nur für den Ausnahmefall der Kündigung durch den Bausparer eine Rückzahlungsverpflichtung vorsehen, das angesparte Geld im Regelfall aber in dem Bauspardarlehen aufgehe und nicht die Bausparkasse, sondern der Bausparer im Grundsatz einen bestimmten Geldbetrag zurückzuzahlen habe, verkennt sie, dass eine Rückzahlungsverpflichtung des Bausparers erst mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens in der Darlehensphase und nur in Höhe des Differenzbetrages zwischen Bausparsumme und Bausparguthaben entsteht, während die Ansparleistungen dem Bausparer als Bausparguthaben zurückgewährt werden (§ 13 Abs. 1 ABB).

24

3. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht zu Recht eine Kündigungsmöglichkeit der Beklagten gemäß § 488 Abs. 3 BGB aF verneint. Ein solches Kündigungsrecht haben die Parteien zumindest stillschweigend abbedungen.

25

a) Gemäß § 5 Abs. 3 Nr. 7 BauSparkG haben die Allgemeinen Bausparbedingungen Bestimmungen darüber zu enthalten, unter welchen Voraussetzungen ein Bausparvertrag gekündigt werden kann. Die Allgemeinen Bausparbedingungen der Beklagten sehen ein Kündigungsrecht der Beklagten während der Ansparphase nur unter den - vorliegend nicht erfüllten - Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 ABB vor. Hieraus folgt, dass einem Bausparer bei vertragsgemäßer Erbringung der Ansparleistungen grundsätzlich ein Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens zusteht. Dies bedingt einen stillschweigend vereinbarten Ausschluss des gesetzlichen Kündigungsrechts aus § 488 Abs. 3 BGB aF, weil anderenfalls die Bausparkasse dem Bausparer jederzeit den bedingungsgemäßen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens entziehen könnte (vgl. OLG Stuttgart, WM 2013, 508, 509; OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 2. Oktober 2013 - 19 U 106/13, juris Rn. 11; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1805; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl., (10) Bausparbedingungen Rn. 9; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1264; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rn. 548; Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 782 f.; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3; Schäfer/Cirpka/Zehnder, Bausparkassengesetz und Bausparkassenverordnung, 5. Aufl., § 5 Anm. 37; Servatius, ZfIR 2016, 649, 652; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2840; Weber, ZIP 2015, 961, 962; Yildirim, VuR 2015, 258, 260).

26

b) Etwas anderes gilt hingegen, wenn die Bausparsumme - was hier nicht der Fall ist - voll angespart worden ist. Denn ab diesem Zeitpunkt kann ein Bauspardarlehen nicht mehr beansprucht werden (vgl. OLG Bamberg, WM 2016, 2067, 2068; OLG Celle, BKR 2016, 509 Rn. 24; OLG Stuttgart, WM 2013, 508, 509; OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 14; Bergmann, WM 2016, 2153, 2155; Buhl/Münder, NJW 2016, 1991, 1995; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079, 3083 f.; Flick, jurisPR-BKR 5/2016 Anm. 5; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 199; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl., (10) Bausparbedingungen Rn. 9; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1264; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rn. 548; Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 782 f.; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3; Servatius, ZfIR 2016, 649, 651; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2840; Weber, ZIP 2015, 961, 962; Yildirim, VuR 2015, 258, 260 f.).

27

c) Anders als die Revision meint, steht der Beklagten ein Kündigungsrecht gemäß § 488 Abs. 3 BGB aF auch nicht deshalb zu, weil die Klägerin sich so behandeln lassen muss, als hätte sie die Bausparsumme vollständig angespart. Auch wenn die von der Klägerin in der Vergangenheit nicht erbrachten Regelsparbeiträge die Differenz zwischen ihrem Bausparguthaben und der Bausparsumme übersteigen, sieht § 5 Abs. 3 ABB für den Fall des Rückstandes mit der Zahlung von Regelsparbeiträgen eine spezielle Regelung vor, die den allgemeinen Kündigungstatbestand des § 488 Abs. 3 BGB aF verdrängt. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 ABB, insbesondere die Aufforderung zur Erbringung der rückständigen Regelsparbeiträge, können nicht durch einen Rückgriff auf den allgemeinen Kündigungstatbestand aus § 488 Abs. 3 BGB aF unterlaufen werden. Deren Einhaltung stellt entgegen der Ansicht der Revision keine überflüssige Förmelei dar.

28

d) Entgegen einer vereinzelten Auffassung im Schrifttum ist einer Bausparkasse eine Kündigungsmöglichkeit nach § 488 Abs. 3 BGB aF auch nicht dann eröffnet, wenn der Bausparer trotz erstmaliger Zuteilungsreife kein Bauspardarlehen in Anspruch nimmt. Dies wird damit begründet, dass der Bausparer mit der Nichtannahme zum Ausdruck bringe, von seiner Option auf Gewährung eines Bauspardarlehens keinen Gebrauch machen zu wollen (vgl. Schultheiß, WuB 2015, 139, 141). Dem ist nicht zu folgen.

29

Bausparen ist zwar, wie aus § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 und 3 BauSparkG sowie § 1 ABB folgt, ein zielgerichtetes Sparen, um für wohnungswirtschaftliche Maßnahmen ein Darlehen beanspruchen zu können (vgl. Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1803; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1258; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rn. 550; Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 782 und 786). Hiermit geht aber, was die Bestimmungen über die Fortsetzung des Vertrages bei Nichtannahme der Zuteilung (§ 14 Abs. 1 ABB) zeigen, keine Pflicht einher, ein Bauspardarlehen tatsächlich in Anspruch zu nehmen (vgl. OLG Celle, WM 2016, 738, 739; OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2072; OLG Hamm, ZIP 2016, 306, 307 und NJW-RR 2016, 747 Rn. 17; Batereau, WuB 2016, 76, 77; Edelmann/Suchowerskyj, aaO; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 203; Herresthal, aaO; Yildirim, VuR 2015, 258, 260 f.).

30

Aus diesem Grunde besteht, anders als das Berufungsgericht meint, der Vertragszweck in der Erlangung eines Anspruchs auf Gewährung eines Bauspardarlehens (§ 1 Abs. 2 Satz 1 BauSparkG) und nicht in der tatsächlichen Inanspruchnahme des Bauspardarlehens. Gegenteiliges folgt auch nicht aus dem Wortlaut von § 1 ABB, weil diese Bestimmung ein Darlehen nach Maßgabe der Allgemeinen Bausparbedingungen vorsieht, welches aber von dem Bausparer gerade nicht in Anspruch zu nehmen ist. Der Bausparer erwirbt vielmehr die Option, ein Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen (vgl. LG Stuttgart, ZIP 2015, 2363, 2367; Bergmann, WM 2016, 2153, 2154; Schäfer/Cirpka/Zehnder, Bausparkassengesetz und Bausparkassenverordnung, 5. Aufl., § 1 Anm. 13), hinsichtlich derer ihm aber eine flexible Handhabung zuzubilligen ist, weil er nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt mit der Darlehensgewährung rechnen kann (vgl. Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 204 und 206; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1258). Denn die Bausparkasse kann gemäß § 4 Abs. 5 BauSparkG bei Vertragsschluss keinen festen Termin für die Auszahlung des Bauspardarlehens zusagen. Zudem kann der Bausparer auch bei einer kontinuierlichen Erbringung der Regelsparbeiträge unter Beachtung der Mindestspardauer den genauen Zeitpunkt der Zuteilung nicht selbst bestimmen, weil dieser unter anderem von dem Vorhandensein einer ausreichenden Zuteilungsmasse abhängt (vgl. BGH, Urteil vom 23. Oktober 1975 - III ZR 95/73, WM 1976, 50, 51).

31

e) Entgegen einer weiteren Auffassung im Schrifttum steht einer Bausparkasse das Kündigungsrecht aus § 488 Abs. 3 BGB aF auch nicht dann zu, wenn der Bausparer - wie im vorliegenden Fall die Klägerin - länger als zehn Jahre ab erstmaliger Zuteilungsreife das Bauspardarlehen nicht in Anspruch nimmt. Dies wird damit begründet, dass der Bausparer mit einem solchen Verhalten auf sein Recht auf Gewährung des Bauspardarlehens verzichte oder dieses Recht verwirke und deshalb von einer der vollständigen Besparung eines Bausparvertrages gleichstehenden Zweckerreichung auszugehen sei (vgl. Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1805, die sich zu Unrecht auf OLG Stuttgart, WM 2013, 508 berufen). Auch dieser Ansicht ist nicht zu folgen (ebenso Bergmann, WM 2016, 2153, 2155; Buhl/Münder, NJW 2016, 1991, 1995; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1264 f.; Servatius, ZfIR 2016, 649, 654; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2840).

32

Dem in der Nichtannahme der Zuteilung liegenden Schweigen des Bausparers - hier der Klägerin - kommt bereits nach allgemeinen rechtsgeschäftlichen Grundsätzen kein Erklärungsgehalt zu (vgl. dazu Palandt/Ellenberger, BGB, 76. Aufl., Einf. v. § 116 Rn. 7). Es beinhaltet schon aus diesem Grunde kein an die Bausparkasse gerichtetes Angebot auf Abschluss eines entsprechenden Erlassvertrages (§ 397 Abs. 1 BGB).

33

Die Nichtannahme des Bauspardarlehens mehr als zehn Jahre nach Zuteilungsreife füllt auch den Tatbestand der Verwirkung nicht aus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (vgl. nur Senatsurteile vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, WM 2016, 1835 Rn. 40 mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen, und vom 11. Oktober 2016 - XI ZR 482/15, WM 2016, 2295 Rn. 30 mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Dafür, dass die Beklagte auf die Nichtannahme des Bauspardarlehens vertraut und infolgedessen Dispositionen getroffen hätte, ist nichts vorgetragen oder sonst erkennbar.

34

4. Dagegen hält die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte könne sich nicht auf das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB - zutreffend: der nahezu wortgleiche § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF - stützen, den Angriffen der Revision nicht stand. Das Gegenteil ist richtig. § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF ist auch auf das Einlagengeschäft von Bausparkassen anzuwenden und unterliegt insoweit keiner teleologischen Reduktion (dazu unter a). Es sind auch die Voraussetzungen des Kündigungsrechts aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF in direkter Anwendung der Norm erfüllt, ohne dass es eines Analogieschlusses bedarf (dazu unter b).

35

a) Nach der ganz herrschenden Ansicht in der Instanzrechtsprechung und Literatur steht das ordentliche Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF auch einer Bausparkasse - wie hier der Beklagten - zu (vgl. OLG Celle, WM 2016, 738 und BKR 2016, 509 Rn. 39; OLG Düsseldorf, Urteil vom 1. Dezember 2016 - 6 U 124/16, juris Rn. 25; OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2071; OLG Hamm, ZIP 2016, 306, 307; NJW-RR 2016, 747 Rn. 14 und ZIP 2016, 1475 f.; OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 15 ff.; OLG Köln, WM 2016, 740, 741; OLG München, Urteile vom 27. September 2016 - 5 U 1637/16, juris Rn. 30 und vom 17. Oktober 2016 - 17 U 2643/16, juris Rn. 15; LG Aachen, Urteil vom 29. Mai 2015 - 10 O 404/14, juris Rn. 16; LG Bremen, Urteil vom 12. August 2016 - 4 S 47/16, juris Rn. 18; LG Düsseldorf, Urteil vom 8. April 2016 - 8 O 109/15, juris Rn. 15; LG Hamburg, Urteil vom 24. März 2016 - 330 O 314/15, juris Rn. 18; LG Hannover, Urteil vom 10. September 2015 - 3 O 59/15, juris Rn. 24; LG Mainz, WM 2015, 181 f.; LG München I, ZIP 2015, 2360, 2361 f.; LG Münster, Urteil vom 25. August 2015 - 14 O 183/15, juris Rn. 20 f.; LG Nürnberg-Fürth, ZIP 2015, 1870 f.; LG Osnabrück, Urteil vom 21. August 2015 - 7 O 545/15, juris Rn. 18 f.; LG Stralsund, Urteil vom 3. Februar 2016 - 7 O 264/15, juris Rn. 14; LG Stuttgart, ZIP 2015, 2363, 2364 f.; Batereau, WuB 2016, 76, 77; Bergmann, WM 2016, 2153, 2156; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1801 und BB 2015, 3079, 3080; Flick, jurisPR-BKR 5/2016 Anm. 5; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 200; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1259 f.; Kruis ZIP 2017, 270 f.; Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 783; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 489 Rn. 51; Omlor/Meier, EWiR 2016, 323 f.; Rollberg, EWiR 2016, 3; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3; Schultheiß, WuB 2015, 139, 142; Servatius, ZfIR 2016, 649, 657 f.; Simon, EWiR 2016, 723, 724; von Stumm, GWR 2015, 357, 358; Welter, WuB 2016, 597, 601 ff. und WuB 2017, 9, 12; Yildirim, VuR 2015, 258, 259 f.).

36

Demgegenüber gehen lediglich vereinzelte Stimmen in der Instanzrechtsprechung und Literatur davon aus, dass das Kündigungsrecht zugunsten einer Bausparkasse keine Anwendung findet (so das Berufungsgericht, WM 2016, 1440, 1442; ferner AG Ludwigsburg, Urteil vom 7. August 2015 - 10 C 1154/15, juris Rn. 40 ff.; MünchKommBGB/Berger, 7. Aufl., § 489 Rn. 2; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2843; Weber, ZIP 2016, 961; BB 2015, 2185, 2186 und BB 2016, 584, 586 f.; BeckOGK/C. Weber BGB, Stand: 1. Juli 2016, § 489 Rn. 15).

37

Die herrschende Ansicht ist zutreffend. Für sie spricht das Ergebnis einer grammatikalischen, systematischen, historischen und teleologischen Auslegung von § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF, was zugleich einer teleologischen Reduktion der Norm entgegensteht.

38

aa) Der Wortlaut des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF gewährt dem Darlehensnehmer bei einem Darlehensvertrag mit einem festen Zinssatz ein Kündigungsrecht, und zwar in jedem Fall zehn Jahre nach dem vollständigen Empfang der Darlehensvaluta unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten. In persönlicher Hinsicht wird dabei nicht danach unterschieden, ob es sich bei dem Darlehensnehmer um eine natürliche oder juristische Person handelt und ob dieser Verbraucher oder Unternehmer ist. Danach kann auch eine Bausparkasse Darlehensnehmer im Sinne dieser Vorschrift sein (so auch OLG Celle, WM 2016, 738 und BKR 2016, 509 Rn. 40; OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2071; OLG Hamm, NJW-RR 2016, 747 Rn. 14 und ZIP 2016, 1475, 1476; OLG Köln, WM 2016, 740, 741; LG Mainz, WM 2015, 181 f.; LG Nürnberg-Fürth, ZIP 2015, 1870 f.; LG München I, ZIP 2015, 2360, 2361 f.; LG Stuttgart, ZIP 2015, 2363, 2364 f.; Bergmann, WM 2016, 2153, 2156; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1801 und BB 2015, 3079, 3080; Flick, jurisPR-BKR 5/2016 Anm. 5; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 200; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1260; Rollberg, EWiR 2016, 3; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2841).

39

bb) Die Gesetzessystematik bestätigt die Auslegung nach dem Wortlaut, d.h. eine Anwendbarkeit der Norm auch zugunsten einer Bausparkasse.

40

§ 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF gewährt allen Darlehensnehmern ein Kündigungsrecht, während ein spezielles Kündigungsrecht nur für Verbraucher in § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB aF - bzw. nach dem intertemporal gemäß Art. 229 § 22 Abs. 3 EGBGB maßgeblichen Recht in § 500 Abs. 1 BGB - geregelt worden ist. Nach der gesetzlichen Systematik kann sich daher eine Bausparkasse auf das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF berufen (so auch OLG Celle, WM 2016, 738 und BKR 2016, 509 Rn. 41; OLG Hamm, NJW-RR 2016, 747 Rn. 14 und ZIP 2016, 1475, 1476; OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 33; OLG Köln, WM 2016, 740, 741; LG Nürnberg-Fürth, ZIP 2015, 1870 f.; LG München I, ZIP 2015, 2360, 2361; LG Stuttgart, ZIP 2015, 2363, 2364 f.; Bergmann, WM 2016, 2153, 2156; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1801 und BB 2015, 3079, 3080; Flick, jurisPR-BKR 5/2016 Anm. 5; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 200; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1260; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3; Omlor/Meier, EWiR 2016, 323, 324; Rollberg, EWiR 2016, 3; Servatius, ZfIR 2016, 649, 656; Simon, EWiR 2015, 723, 724; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2841; Yildirim, VuR 2015, 258, 259 f.).

41

Gegen eine Beschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs der Norm spricht in gesetzessystematischer Hinsicht ferner, dass § 489 Abs. 4 Satz 2 BGB aF eine Ausnahmeregelung hinsichtlich der Abdingbarkeit des Kündigungsrechts aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF vorsieht, welche sich ausschließlich auf Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften bezieht. Hieraus folgt zum einen, dass das Kündigungsrecht grundsätzlich auch öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaften zusteht und dessen Anwendungsbereich damit insbesondere nicht auf Verbraucher beschränkt ist (vgl. OLG Hamm, ZIP 2016, 1475, 1476; LG München I, ZIP 2015, 2360, 2361; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1801 und BB 2015, 3079, 3080 f.; Flick, jurisPR-BKR 5/2016 Anm. 5; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1260; Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 783; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3; Simon, EWiR 2016, 723, 724). Zum anderen kann danach das Kündigungsrecht allen anderen Darlehensnehmern gegenüber nicht abbedungen werden. Nach seiner Regelungssystematik schließt das Gesetz damit bestimmte Darlehensnehmer, die bei einer typisierenden Betrachtungsweise weniger schutzbedürftig erscheinen - wie insbesondere öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaften - nicht von vornherein aus dem Anwendungsbereich der Norm aus, sondern gestaltet sie diesen gegenüber nur disponibel aus. Dagegen ist dies im Hinblick auf Kaufleute und Unternehmer, die bei einer typisierenden Betrachtungsweise ebenfalls weniger schutzbedürftig erscheinen könnten, gerade nicht geschehen (vgl. Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079, 3080 f.).

42

cc) Die Entstehungsgeschichte des in § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF normierten Kündigungsrechts belegt ebenfalls, dass dieses Recht auch Kaufleuten und Unternehmern und damit auch Kreditinstituten wie Bausparkassen zusteht.

43

(1) Das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF ist über die früheren Regelungen in § 609a BGB in der Fassung vom 25. Juli 1986 (BGBl. I S. 1169; künftig: aF) und in § 247 BGB in der Fassung von 1. Januar 1900 (künftig: aF), eingeführt durch das Bürgerliche Gesetzbuch vom 18. August 1896 (RGBl. 1896, S. 195), auf das "Gesetz, betreffend die vertragsgemäßen Zinsen" vom 14. November 1867 (Bundes-Gesetzblatt des Norddeutschen Bundes, 1867, S. 159, 160) zurückzuführen (vgl. "Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§ 247 BGB)" (künftig: RefE), ZIP 1985, 1291, 1292; Weber, BB 2015, 2185, 2186). Während § 1 dieses Gesetzes jede Beschränkung von Zinsvereinbarungen aufhob, gewährte § 2 Abs. 1 des Gesetzes dem Schuldner bei einem Zinssatz von mehr als 6% p.a. gleichsam als Kompensation für die Aufhebung gesetzlicher Beschränkungen hinsichtlich der Zinshöhe das Recht, nach Ablauf eines halben Jahres mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten den Vertrag zu kündigen (vgl. Bergmann, WM 2016, 2153, 2156; Landau in Gedächtnisschrift Conrad, 1979, S. 385, 399; Welter, WuB 2016, 597, 601). Dieses Kündigungsrecht bestand jedoch gemäß § 2 Abs. 3 des Gesetzes nicht bei Inhaberschuldverschreibungen und Darlehen, die einem Kaufmann gewährt wurden.

44

(2) Das Kündigungsrecht aus § 2 Abs. 1 des Gesetzes, betreffend die vertragsgemäßen Zinsen wurde zum 1. Januar 1900 als § 247 BGB aF in das Bürgerliche Gesetzbuch übernommen (vgl. Schubert/Schmiedel/Krampe, Quellen zum Handelsgesetzbuch von 1897, Bd. II, S. 1347) und damit als eine Regelung im Allgemeinen Teil des Schuldrechts gefasst, die nicht nur auf Darlehensverträge Anwendung fand. § 247 Abs. 1 BGB aF bestimmte, dass in den Fällen, in denen ein höherer Zinssatz als 6% p.a. vereinbart war, der Schuldner nach Ablauf von sechs Monaten das Kapital unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten kündigen konnte. Das Kündigungsrecht galt gemäß § 247 Abs. 2 BGB aF nur nicht bei Schuldverschreibungen auf den Inhaber. Der ursprüngliche Ausnahmetatbestand, wonach das Kündigungsrecht nicht für Kaufleute galt, wurde vom Gesetzgeber bewusst nicht fortgeschrieben (vgl. Bergmann, WM 2016, 2153, 2157; Landau in Gedächtnisschrift Conrad, 1979, S. 385, 403; Weber, ZIP 2015, 961, 965 und BB 2015, 2185, 2187).

45

Zwar wird in den Materialien zu § 247 BGB aF ausgeführt, dass das Kündigungsrecht des Schuldners bei hohen Zinsen, jedenfalls seiner Wirkung nach, ein Mittel gegen den Missbrauch der wirtschaftlichen Übermacht des Gläubigers gegenüber dem Schuldner sei und es sich bei der herrschenden starken Strömung, welche auf eine Verstärkung des Schutzes des wirtschaftlich Schwächeren gehe, nicht empfehle, dieses bestehende Schutzmittel für den Schuldner fallen zu lassen (vgl. Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, Bd. II, Recht der Schuldverhältnisse, S. 628 f.). Hieraus folgt aber nicht, dass das Kündigungsrecht nur solchen Personen zustehen sollte, die hinsichtlich ihrer persönlichen Eigenschaften bei einer typisierenden Betrachtungsweise schutzbedürftig sind (vgl. Landau in Gedächtnisschrift Conrad, 1979, S. 385, 403).

46

Denn zu dem Kreis der durch § 247 BGB aF zu schützenden Personen sollten auch Kaufleute gehören, wie der "Kommissionsbericht über den Entwurf eines H.G.B." belegt (siehe dazu Schubert/Schmiedel/Krampe, Quellen zum Handelsgesetzbuch von 1897, Bd. II, S. 1343 ff.). Der Entwurf sah in § 342 vor, dass einem Kaufmann bei Schulden aus seinen Handelsgeschäften trotz eines Zinssatzes von mehr als 6% p.a. - ein Zinssatz von 6% p.a. lag zur Zeit des Inkrafttretens des BGB etwa um das Eineinhalbfache über dem Marktniveau (vgl. RefE, ZIP 1985, 1291, 1292; Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP (künftig: FraktionsE), BT-Drucks. 10/4741, S. 20 re. Sp.) - kein Kündigungsrecht zustehen sollte (vgl. Bergmann, WM 2016, 2153, 2157; Landau in Gedächtnisschrift Conrad, 1979, S. 385, 403; Schubert/Schmiedel/Krampe, aaO, S. 1343). Diese Ausnahmeregelung zu § 247 BGB aF wurde jedoch nicht Gesetz, nachdem darauf hingewiesen worden war, dass die Kündigungsbefugnis im Bürgerlichen Gesetzbuch als geeignetes Mittel anerkannt worden sei, dem Schuldner gegen die Übermacht des Gläubigers Schutz zu gewähren, und dies auch im kaufmännischen Verkehr angebracht sei (vgl. Bergmann, aaO; Landau, aaO; Schubert/Schmiedel/Krampe, aaO, S. 1347). Als schutzbedürftig wurde demnach derjenige angesehen, der gegenüber einem Gläubiger eine hochverzinste Schuld übernahm, weswegen es in persönlicher Hinsicht allein auf die Stellung als Schuldner, nicht aber auf sonstige persönliche Eigenschaften ankam.

47

(3) An diesem Befund, wonach das Kündigungsrecht aus § 247 Abs. 1 Satz 1 BGB aF als reine Schuldnerschutzbestimmung in persönlicher Hinsicht keiner weiteren Beschränkung unterlag, hat sich in der Folgezeit nichts geändert. Durch das Gesetz zur Wiederherstellung der Gesetzeseinheit auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts vom 5. März 1953 (BGBl. I S. 33) wurde lediglich der Ausnahmetatbestand des § 247 Abs. 2 BGB aF auf Orderschuldverschreibungen erweitert. Durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Hypothekenbankgesetzes vom 14. Januar 1963 (BGBl. I S. 9) wurde § 247 Abs. 2 BGB aF dahingehend ergänzt, dass das Kündigungsrecht aus § 247 Abs. 1 Satz 1 BGB aF bei Darlehen, die zu einer auf Grund gesetzlicher Vorschriften gebildeten Deckungsmasse für Schuldverschreibungen gehörten, abdingbar sein sollte.

48

(4) § 247 BGB aF wurde sodann durch das Gesetz zur Änderung wirtschafts-, verbraucher-, arbeits- und sozialrechtlicher Vorschriften vom 25. Juli 1986 (BGBl. I S. 1169) zum 31. Dezember 1986 aufgehoben und zugleich für das Darlehensrecht mit Wirkung ab dem 1. Januar 1987 durch die neue, inhaltlich geänderte Vorschrift des § 609a BGB aF ersetzt.

49

Mit der Verlagerung des Kündigungsrechts in das Darlehensrecht wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass die Vorschrift für andere verzinsliche Geldschulden keine praktische Bedeutung erlangt hatte (vgl. RefE, ZIP 1985, 1291, 1294; FraktionsE, BT-Drucks. 10/4741, S. 22 re. Sp.). Anlass für die Aufhebung von § 247 BGB aF war, dass das Kündigungsrecht auf Grund der zwischenzeitlichen Entwicklungen des Zinsniveaus seit Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs von einem Ausnahmerechtsbehelf zu einem weitgehend voraussetzungslosen Kündigungsrecht geworden war, was mit dem Wesen einer Festzinsabrede bei längerfristigen Krediten nicht zu vereinbaren war und in größerem Umfang zur Kündigung von Darlehen gegenüber Kreditinstituten geführt hatte (vgl. RefE, ZIP 1985, 1291, 1292; FraktionsE, BT-Drucks. 10/4741, S. 1 und S. 20). Die mit einer Kündigung einhergehende einseitige Verlagerung des Zinsänderungsrisikos auf den Darlehensgeber wurde als gesamtwirtschaftlich nachteilig angesehen, weil professionellen Kreditgebern eine laufzeit- und zinskongruente Refinanzierung erschwert wurde und zudem das Risiko gesehen wurde, dass vermehrt Kredite nur mit kurzen Zinsbindungsfristen oder Kredite mit langfristiger Zinsbindung nur gegen Kostenaufschläge herausgegeben würden (vgl. RefE, aaO; FraktionsE, aaO, S. 20 re. Sp.).

50

Gleichwohl sollte das Kündigungsrecht aus § 247 BGB aF nicht ersatzlos gestrichen werden. Vielmehr sollte der Schuldnerschutz gerade bei festverzinslichen Krediten nur auf ein angemessenes Maß zurückgeführt werden (vgl. RefE, ZIP 1985, 1291, 1293; FraktionsE, BT-Drucks. 10/4741, S. 21 re. Sp.). Aus diesem Grunde sollte bei Auslaufen einer beiderseitigen Zinsbindung der Schuldner nicht einem einseitigen Zinsbestimmungsrecht des Gläubigers unterliegen (§ 609a Abs. 1 Nr. 1 BGB aF). Nach einer Laufzeit von zehn Jahren sollte ein Schuldner in jedem Fall kündigen können (§ 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF). Ferner sollte bei Verbraucherdarlehen im engeren Sinne aus sozialen Gründen ein kurzfristiges Kündigungsrecht (§ 609a Abs. 1 Nr. 2 BGB aF) bestehen (vgl. RefE, aaO; FraktionsE, aaO, S. 21 re. Sp. und S. 22 li. Sp.). Die Höhe des vereinbarten Zinssatzes, die ursprünglich für die Einführung des Kündigungsrechts von Bedeutung war, sollte hingegen für die Frage der Kündbarkeit des Darlehens keine Bedeutung mehr haben (RefE, ZIP 1985, 1291, 1294).

51

Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs sollte das Kündigungsrecht aus § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF dem Schuldner bei allen festverzinslichen Darlehen nach Ablauf von zehn Jahren nach dessen Auszahlung zustehen, um ihm spätestens dann die Möglichkeit zu geben, sich von dem Darlehensvertrag und damit von der weiteren Bindung an einen nicht mehr zeitgemäßen Zinssatz zu lösen (vgl. RefE, ZIP 1985, 1291, 1294 f.; FraktionsE, BT-Drucks. 10/4741, S. 23 li. Sp.).

52

Aufgrund dessen galt die Neuregelung des Kündigungsrechts in § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF nicht nur für das Aktivgeschäft, sondern auch für das Passivgeschäft von Kreditinstituten. Zwar waren die negativen Auswirkungen des Kündigungsrechts aus § 247 BGB aF auf das Aktivgeschäft der Kreditinstitute der Anlass für die Neuregelung des Kündigungsrechts. Zudem sind sowohl die Ausführungen in der Begründung des Referentenentwurfs als auch des Fraktionsentwurfs zu § 609a BGB aF auf die Gewährung von Darlehen durch Kreditinstitute zugeschnitten (vgl. Bergmann, WM 2016, 2153, 2157). Allein daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass der Gesetzgeber eine Regelung schaffen wollte, die nur für das Aktiv-, nicht aber auch für das Passivgeschäft von Kreditinstituten gelten sollte (so aber das Berufungsgericht, WM 2016, 1440, 1443 f.; ähnlich AG Ludwigsburg, Urteil vom 7. August 2015 - 10 C 1154/15, juris Rn. 43 ff.). Dagegen spricht bereits, dass sich hierzu weder im Referentenentwurf (ZIP 1985, 1291) noch in der Begründung zum Fraktionsentwurf (BT-Drucks. 10/4741) entsprechende Erwägungen finden (zutreffend OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 24; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 200 und 201) noch im Wortlaut des § 609a BGB aF Anhaltspunkte dafür zu erkennen sind.

53

In diesem Zusammenhang kann eine einschränkende Auslegung des Kündigungsrechts aus § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF nicht damit begründet werden, dieses sollte ein Gegengewicht zu dem den Kreditinstituten zustehenden Zinsbestimmungsrecht bilden (so aber das Berufungsgericht, WM 2016, 1440, 1444; ferner AG Ludwigsburg, Urteil vom 7. August 2015 - 10 C 1154/15, juris Rn. 47; Weber, BB 2015, 2185, 2187). Denn das Bestehen eines Zinsbestimmungsrechts des Gläubigers wird in den Materialien zu § 609a BGB aF allein im Zusammenhang mit dem Kündigungsrecht aus § 609a Abs. 1 Nr. 1 BGB aF, betreffend die Kündigungsmöglichkeit bei Auslaufen einer vereinbarten Zinsbindung bei festverzinslichen Darlehen, und dem Kündigungsrecht aus § 609a Abs. 2 BGB aF, betreffend die Kündigung von Darlehen mit einem veränderlichen Zinssatz, nicht aber im Zusammenhang mit dem Kündigungsrecht aus § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF erörtert (vgl. BT-Drucks. 10/4741, S. 22 re. Sp. und S. 23 li. Sp.; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079, 3082; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1261; Welter, WuB 2016, 597, 602).

54

Für eine in personeller und sachlicher Hinsicht uneingeschränkte Geltung des § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF sprechen auch weitere Erwägungen. Das für alle Schuldner geltende Kündigungsrecht aus § 247 BGB aF wurde vom Gesetzgeber gerade nicht ersatzlos gestrichen, sondern durch allgemeine Regelungen zur Kündigung von Darlehensverträgen ersetzt. Während in § 609a Abs. 1 Nr. 2 BGB aF ein besonderes Kündigungsrecht für natürliche Personen normiert wurde, sollte das Kündigungsrecht aus § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF ausdrücklich für alle festverzinslichen Darlehen gelten (vgl. BT-Drucks. 10/4741, S. 23 li. Sp.; OLG Celle, WM 2016, 738 f.; OLG Hamm, NJW-RR 2016, 747 Rn. 13 und ZIP 2016, 1475 f.; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079, 3082; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 200). Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber Kreditinstitute als Darlehensnehmer nicht im Blick hatte (vgl. OLG Köln, WM 2016, 740, 741; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 201; aA Weber, ZIP 2015, 961, 965 Fn. 50 und BB 2015, 2185, 2187). Dagegen spricht, dass mit § 247 Abs. 2 Satz 1 BGB aF ein gesetzlich verankerter Ausnahmetatbestand für Inhaber- und Orderschuldverschreibungen aufgehoben wurde, bei dem ausweislich der Begründung des Referentenentwurfs gerade Kreditinstitute als Schuldner im Blickpunkt standen (vgl. Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079, 3081 Fn. 19). Zudem wurde die Neuregelung nur in einem eng umgrenzten Rahmen disponibel ausgestaltet, ohne dass Anhaltspunkte dafür bestehen, dass diese Regelung nur versehentlich auf öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaften beschränkt wurde (vgl. LG München I, ZIP 2015, 2360, 2363; LG Nürnberg-Fürth, ZIP 2015, 1870, 1871).

55

(5) Durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) wurde das Kündigungsrecht aus § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF in § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF normiert. Eine Einschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs des Kündigungsrechts war damit nicht verbunden. Vielmehr erfolgte nur eine sprachliche Anpassung an die durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts neu gefasste Diktion des Darlehensrechts, ohne dass hiermit sachliche Änderungen einhergingen (BT-Drucks. 14/6040, S. 253; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1260).

56

(6) Auch die nachfolgenden Gesetzesänderungen, welche in zeitlicher Hinsicht, wie bereits ausgeführt, für die Anwendbarkeit von § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF auf den vorliegenden Fall ohne Bedeutung sind, belegen, dass keine Änderung des persönlichen Anwendungsbereichs in Betracht kommt.

57

Durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2355) wurde das - vorliegend streitgegenständliche - Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF ohne wesentliche inhaltliche Änderung nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB verschoben. Dies hatte allein gesetzestechnische Gründe, weil das bisherige Kündigungsrecht des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB aF aus systematischen Gründen in § 500 Abs. 1 BGB einen neuen Standort fand (vgl. BT-Drucks. 16/11643, S. 74 re. Sp.).

58

In der Folgezeit bis heute hat die Kündigungsvorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB keine Änderungen mehr erfahren.

59

dd) Dass das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF (auch) Bausparkassen zusteht, wird durch eine teleologische Auslegung der Norm bestätigt.

60

Ebenso wie § 247 BGB aF als reine Schuldnerschutzbestimmung ausgelegt war, lag auch dem Kündigungsrecht aus § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF die für § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF fortgeltende Erwägung zugrunde, dass ein Schuldner bei allen festverzinslichen Darlehen spätestens nach Ablauf von zehn Jahren die Möglichkeit haben soll, sich durch Kündigung von dem Vertrag und damit von einer Bindung an einen nicht mehr marktgerechten Zinssatz zu lösen. Dies gilt auch für das Einlagengeschäft der Bausparkassen (so auch OLG Celle, WM 2016, 738 f. und BKR 2016, 509 Rn. 42; OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2071; OLG Hamm, NJW-RR 2016, 747 Rn. 13; OLG Köln, WM 2016, 740, 741; LG München I, ZIP 2015, 2360, 2361 f.; LG Stuttgart, ZIP 2015, 2363, 2364; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1801 und BB 2015, 3079, 3081; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 200; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1259; Kruis, ZIP 2017, 270 f.; Rollberg, EWiR 2016, 3; Servatius, ZfIR 2016, 649, 657; aA AG Ludwigsburg, Urteil vom 7. August 2015 - 10 C 1154/15, juris Rn. 40 ff.; Weber, ZIP 2015, 961, 965, BB 2015, 2185, 2187 f. und BB 2016, 584, 586).

61

(1) Es liegt im Interesse der Bausparkasse, Bausparverträge kündigen zu können, bei denen nicht mehr marktgerechte Einlagenzinsen vereinbart sind (vgl. OLG Celle, WM 2016, 738 f.; OLG Hamm, ZIP 2016, 1475, 1476; OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 25; LG München I, ZIP 2015, 2360, 2361 f.; Bergmann, WM 2016, 2153; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079, 3081; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 200 f.; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3). Bei Abschluss des Bausparvertrages kann eine künftige Zinsentwicklung nicht sicher prognostiziert werden, so dass Fehleinschätzungen die Bausparkassen nachteilig betreffen (vgl. Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 784; dies konzediert auch Weber, ZIP 2015, 961, 965 und BB 2015, 2185, 2187). Gerade dieses Interesse des Darlehensnehmers an der Möglichkeit, sich von einer langfristigen Zinsbindung spätestens nach zehn Jahren lösen zu können, soll durch das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF befriedigt werden.

62

(2) Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass ein Schutz der Bausparkassen nicht bezweckt sei, weil diese gemäß § 5 Abs. 3 Nr. 7 BauSparkG ein entsprechendes Kündigungsrecht in ihren Allgemeinen Bausparbedingungen hätten vorsehen können (so das Berufungsgericht, WM 2016, 1440, 1446; Weber, ZIP 2015, 961, 964 und BB 2015, 2185, 2187). Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber Bausparkassen auf einen Selbstschutz durch Ausbedingung eines Kündigungsrechts hat verweisen wollen (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 30). Ganz im Gegenteil ist das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF gemäß § 489 Abs. 4 Satz 1 BGB aF zwingend ausgestaltet und bedarf damit keiner Vereinbarung.

63

(3) Vor diesem Hintergrund kommt es nicht darauf an, inwieweit die Beklagte die Möglichkeit hat, gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 BauSparkG ihre Allgemeinen Bausparbedingungen mit aufsichtsrechtlicher Genehmigung auch mit Wirkung für bestehende Verträge zu ändern, ungeachtet des Umstandes, dass es sich insoweit ausweislich der Begründung des Regierungsentwurfs zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Bausparkassen um eine subsidiäre Maßnahme handelt (vgl. BT-Drucks. 11/8089, S. 19 li. Sp.; OLG Celle, Beschluss vom 3. März 2016 - 3 U 202/15, juris Rn. 37; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 198; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1261 f.). Von daher ist eine Bausparkasse auch nicht gehalten, vorrangig eine aufsichtsrechtlich genehmigte Herabsetzung des Guthabenzinses herbeizuführen (vgl. Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 205).

64

ee) Entgegen einer von Teilen in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Ansicht kommt eine teleologische Reduktion von § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF dahin, Kreditinstitute wie Bausparkassen aus dem Anwendungsbereich der Norm herauszunehmen, nicht in Betracht (so aber das Berufungsgericht, WM 2016, 1440, 1442; Weber, ZIP 2015, 961, 965, BB 2015, 2185, 2188 und BB 2016, 584, 586; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2843).

65

Eine Rechtsfortbildung im Wege der teleologischen Reduktion setzt eine verdeckte Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus (vgl. nur BGH, Urteil vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27 Rn. 22). Von dem planwidrigen Fehlen eines Ausnahmetatbestandes für Bausparkassen in der Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF kann indes nicht ausgegangen werden (so auch OLG Hamm, ZIP 2016, 1475, 1476; OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 17; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1803 und BB 2015, 3079; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 201; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1261).

66

(1) Aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift und ihrem Regelungszweck kann entgegen der Ansicht der Befürworter einer teleologischen Reduktion der Norm nicht abgeleitet werden, dass der Gesetzgeber mit dem Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF nur den Schutz eines wirtschaftlich schwächeren Darlehensnehmers gegenüber einem wirtschaftlich stärkeren Darlehensgeber bezweckt habe (so aber das Berufungsgericht, WM 2016, 1440, 1444 f.; Weber, ZIP 2015, 961, 965, BB 2015, 2185, 2186 f. und BB 2016, 584, 586). Das Gegenteil ist der Fall. Wie oben zu Sinn und Zweck des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF und seiner Vorgängernormen im Einzelnen dargelegt worden ist, soll das Kündigungsrecht auch Bausparkassen zustehen.

67

(2) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung und einer vereinzelt in der Rechtsprechung vertretenen Ansicht (vgl. LG Karlsruhe, Urteil vom 9. Oktober 2015 - 7 O 126/15, juris Rn. 25) steht einer Anwendbarkeit des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF auch nicht entgegen, dass sich eine Bausparkasse mit einer auf diese Norm gestützten Kündigung des Bausparvertrages ihrer Rolle als Darlehensgeberin des Bausparers entzieht. Dabei wird übersehen, dass - was bereits oben dargelegt worden ist - die Bausparkasse in der Ansparphase nur Darlehensnehmerin des Bausparers ist. Der weitere Einwand, dass eine Teilkündigung von Vertragsverhältnissen nur in Betracht komme, wenn das Gesetz dies vorsehe (vgl. LG Karlsruhe, aaO), trifft ebenfalls nicht zu; denn mit der Anwendung des Kündigungsrechts aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF auf den Bausparvertrag wird das Vertragsverhältnis - wie unten näher ausgeführt - insgesamt beendet.

68

ff) Das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF ist auch nicht auf Grund einer - hier ohnehin nicht gegebenen - abschließenden Regelung der Kündigungsrechte in den Allgemeinen Bausparbedingungen ausgeschlossen (so aber Buhl/Münder, NJW 2016, 1991, 1992). Gemäß § 489 Abs. 4 Satz 1 BGB aF ist es zwingendes Recht (vgl. OLG Celle, WM 2016, 738, 739; OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2072; OLG Hamm, NJW-RR 2016, 747 Rn. 15 und ZIP 2016, 1475, 1476; OLG Köln, WM 2016, 740, 741 f.). Erst recht scheidet aufgrund des Normzwecks des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF eine analoge Anwendung des Ausnahmetatbestands des § 489 Abs. 4 Satz 2 BGB aF auf Bausparkassen aus (vgl. LG München I, ZIP 2016, 2360, 2363; LG Nürnberg-Fürth, ZIP 2015, 1870, 1871 f.).

69

b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des Kündigungsrechts aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF erfüllt.

70

aa) Das der Bausparkasse gewährte Darlehen weist einen festen Zinssatz auf, weil bereits bei Vertragsschluss der Guthabenzins für die Dauer der Ansparphase in Höhe von 3% p.a. fest vereinbart worden ist (vgl. OLG Celle, WM 2016, 738, 739; LG Stuttgart, ZIP 2015, 2363, 2365; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1263).

71

bb) Auch die weitere Voraussetzung des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF, der Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens, ist erfüllt, weil der Bausparvertrag der Klägerin zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung im Januar 2015 seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif war, nachdem die erstmalige Zuteilungsreife am 1. April 1993 eingetreten war.

72

(1) Nach fast einhelliger Meinung in der Instanzrechtsprechung und Literatur ist bei Bausparverträgen von einem vollständigen Empfang des Darlehens im Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife auszugehen (vgl. OLG Celle, WM 2016, 738, 739 und BKR 2016, 509, 512; OLG Düsseldorf, Urteil vom 1. Dezember 2016 - 6 U 124/16, juris Rn. 37; OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2072 f.; OLG Hamm, ZIP 2016, 306, 307, NJW-RR 2016, 747 Rn. 17 und ZIP 2016, 1475, 1476; OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 45; OLG Köln, WM 2016, 740, 741; OLG München, Urteile vom 27. September 2016 - 5 U 1637/16, juris Rn. 35 und vom 17. Oktober 2016 - 17 U 2643/16, juris Rn. 20; LG Aachen, Urteil vom 29. Mai 2015 - 10 O 404/14, juris Rn. 20; LG Bremen, Urteil vom 12. August 2016 - 4 S 47/16, juris Rn. 22; LG Düsseldorf, Urteil vom 8. April 2016 - 8 O 109/15, juris Rn. 25; LG Hamburg, Urteil vom 24. März 2016 - 330 O 314/15, juris Rn. 27; LG Hannover, Urteil vom 10. September 2015 - 3 O 59/15, juris Rn. 29; LG Mainz, WM 2015, 181 f.; LG München I, ZIP 2015, 2360, 2362; LG Münster, Urteil vom 25. August 2015 - 14 O 183/15, juris Rn. 28; LG Nürnberg-Fürth, ZIP 2015, 1870, 1871; LG Osnabrück, Urteil vom 21. August 2015 - 7 O 545/15, juris Rn. 21; LG Stralsund, Urteil vom 3. Februar 2016 - 7 O 264/15, juris Rn. 16; Batereau, WuB 2016, 76, 78; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1803 und BB 2015, 3079, 3083; Flick, jurisPR-BKR 5/2016 Anm. 5; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 203; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1262 ff.; Kruis, ZIP 2017, 270, 271 f.; Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 785 f.; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rn. 550; Rollberg, EWiR 2016, 3, 4; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3; Schultheiß, WuB 2015, 139, 142; Servatius, ZfIR 2016, 649, 658; Simon, EWiR 2015, 723, 724; Welter, WuB 2016, 592, 596 und WuB 2017, 11, 13).

73

(2) Demgegenüber geht eine Mindermeinung, der im Ergebnis auch das Berufungsgericht folgt, davon aus, dass das Darlehen von der Bausparkasse erst dann vollständig empfangen sei, wenn der Bausparer die volle Bausparsumme angespart hat (vgl. OLG Bamberg, WM 2016, 2067, 2069; OLG Karlsruhe, Urteil vom 8. November 2016 - 17 U 185/15, juris Rn. 48; LG Stuttgart, ZIP 2015, 2363, 2366; von Stumm, GWR 2015, 357, 359).

74

(3) Eine dritte Meinung geht davon aus, es fehle bei einem Bausparvertrag an einer Vereinbarung über die Höhe der zu gewährenden Darlehensvaluta; dieser könne daher sogar "überspart" werden (vgl. AG Ludwigsburg, Urteil vom 7. August 2015 - 10 C 1154/15, juris Rn. 85 ff.; BeckOGK/C. Weber BGB, Stand: 1. Juli 2016, § 489 Rn. 49.1; ders., ZIP 2015, 961, 964 f.; im Ergebnis zustimmend: Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl., (10) Bausparbedingungen Rn. 9).

75

(4) Nach einer vierten Ansicht sei - jedenfalls der Sache nach - jeder einzelne Regelsparbeitrag als vollständig empfangenes Darlehen zu behandeln, so dass für jeden einzelnen gezahlten Beitrag die zehnjährige Frist des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF zu laufen beginne (vgl. Bergmann, WM 2016, 2153, 2168 f.).

76

(5) Der Senat hält jedenfalls für den Regelfall die fast einhellig vertretene Auffassung für richtig.

77

(a) Der vollständige Empfang eines Darlehens im Sinne von § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF setzt die Auszahlung der Darlehensvaluta und damit die Erfüllung des Anspruchs auf Darlehensvalutierung voraus. Sind Teilzahlungen vereinbart, ist der Erhalt der letzten Rate maßgeblich (vgl. MünchKommBGB/Berger, 7. Aufl., § 489 Rn. 12; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 489 Rn. 43; BeckOGK/C. Weber BGB, Stand: 1. Juli 2016, § 489 Rn. 47; Palandt/Weidenkaff, BGB, 76. Aufl., § 489 Rn. 5).

78

Zur Beurteilung der Frage, wann die geschuldete Darlehensvaluta vollständig ausgezahlt worden ist, kommt es auf die vertraglichen Vereinbarungen über die Pflicht des Bausparers zur Darlehensgewährung und den Vertragszweck an. Danach ist ein vollständiger Empfang des Darlehens im Sinne des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF im Regelfall im Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife des Bauspardarlehens anzunehmen.

79

Zu diesem Zeitpunkt hat der Bausparer der Bausparkasse durch die Zahlung der Regelsparbeiträge einschließlich der Gutschrift von Zinserträgen vereinbarungsgemäß ein Darlehen vollständig gewährt und seine entsprechende vertragliche Verpflichtung erfüllt. Beim Bausparvertrag ist typischerweise zwischen zwei Phasen zu unterscheiden, nämlich zwischen der Zeit bis zur Erreichung der erstmaligen Zuteilungsreife und der Zeit danach. Gemäß § 1 Abs. 2 BauSparkG ist Bausparer, wer mit einer Bausparkasse einen Vertrag schließt, durch den er nach Leistung von Bauspareinlagen einen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens erwirbt. Die vom Bausparer zu erbringenden Sparleistungen sind demnach - was auch § 1 ABB deutlich belegt - zweckgebunden, um einen Anspruch auf Darlehensgewährung zu erlangen (vgl. OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2072 f.). Hiermit einher geht die Gewährung eines entsprechenden Zweckdarlehens an die Bausparkasse. Da nach dem Bausparvertrag - was oben bereits ausgeführt worden ist - lediglich ein Anspruch auf Gewährung eines Darlehens und nicht der Abschluss des Darlehensvertrags selbst erlangt wird, ist es für die Frage der Zweckerreichung unerheblich, ob der Bausparer ein Bauspardarlehen tatsächlich in Anspruch nimmt.

80

Maßgeblich ist vielmehr im Regelfall die erstmalige Zuteilungsreife, denn (nur) zu diesem Zeitpunkt kann auch der maximal mögliche Darlehensbetrag - die Differenz zwischen Bausparguthaben und Bausparsumme - beansprucht werden. Sie bildet den Dreh- und Angelpunkt des Bausparvertrages (vgl. Laux, Der Bausparvertrag als Kapitalanlage und Finanzierungsinstrument in Frankfurter Vorträge zum Versicherungswesen Bd. 23, S. 8; Zink, Der Bausparvertrag, 3. Aufl., S. 45) und ermöglicht dem Bausparer, von der Rolle des Darlehensgebers in diejenige des Darlehensnehmers zu wechseln. Die erstmalige Zuteilungsreife stellt daher bestimmungsgemäß eine Zäsur im typischen Ablauf eines Bausparvertrags dar. Dies unterstreicht die Regelung in § 14 Abs. 1 ABB, wonach der Vertrag mit der Nichtannahme der Zuteilung ausdrücklich fortgesetzt wird, obwohl an sich ein Endzeitpunkt erreicht ist.

81

Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn nach den vertraglichen Vereinbarungen der Bausparer z.B. im Falle eines (zeitlich begrenzten) Verzichts auf das zugeteilte Bauspardarlehen und nach Ablauf einer bestimmten Treuezeit einen (Zins-)Bonus erhält. In einem solchen Fall ist der Vertragszweck von den Vertragsparteien dahingehend modifiziert, dass er erst mit Erlangung des Bonus erreicht ist, so dass auch erst zu diesem Zeitpunkt ein vollständiger Empfang des Darlehens im Sinne des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF anzunehmen ist.

82

(b) Der Schutzzweck des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF spricht ebenfalls dafür, den vollständigen Empfang des Darlehens im Regelfall im Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife des Bauspardarlehens anzunehmen.

83

(aa) Im Hinblick darauf, dass die Bausparkasse hinsichtlich des Zweckdarlehens einer langfristigen Zinsbindung unterliegt und der zu entrichtende Guthabenzins zwischenzeitlich nicht mehr marktgerecht sein kann, soll ihr als Darlehensnehmerin des "Anspardarlehens" das Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF eine Beendigung des Darlehensvertrages ermöglichen, um sich von einem nicht mehr marktgerechten Zinssatz zu lösen. Aufgrund dessen ist es geboten, den in dieser Vorschrift normierten 10-Jahres-Zeitraum mit dem Ende der Ansparphase beginnen zu lassen.

84

Berechtigte Interessen des Bausparers stehen dem nicht entgegen, insbesondere nicht der Umstand, dass er durch die Kündigung seinen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens verliert (so aber von Stumm, GWR 2015, 357, 359; Yildirim, VuR 2015, 257, 260). Zwar steht dem Bausparer - wie zu § 488 Abs. 3 BGB aF ausgeführt - ausweislich der ABB bei vertragsgemäßer Erbringung der Ansparleistungen grundsätzlich ein Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens zu, der einen stillschweigend vereinbarten Ausschluss des gesetzlichen Kündigungsrechts aus § 488 Abs. 3 BGB aF bedingt, weil anderenfalls die Bausparkasse dem Bausparer jederzeit den bedingungsgemäßen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens entziehen könnte. Sind seit der erstmaligen Zuteilungsreife aber zehn Jahre vergangen, hat der Bausparer - ungeachtet der ebenfalls einzuhaltenden Kündigungsfrist von sechs Monaten - eine dem Zweck des Bausparvertrags entsprechende ausreichend lange Überlegungsfrist, um zu entscheiden, ob er das Bauspardarlehen in Anspruch nehmen will, und insoweit zu disponieren (vgl. Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 205). Eine jederzeitige Kündigungsmöglichkeit der Bausparkasse besteht - anders als bei § 488 Abs. 3 BGB aF - gerade nicht.

85

(bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts folgt nichts anderes daraus, dass eine Bausparkasse grundsätzlich ein Interesse daran hat, langfristig Einlagen von Bausparern entgegenzunehmen, um diese an andere Bausparer als Bauspardarlehen wieder auszureichen. Denn eine Kündigung durch die Bausparkasse läuft entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht dem Wesen des Bausparens zuwider, weil Einlagen nicht zu jedem Preis entgegengenommen werden können. Es liegt vielmehr, wie bereits oben ausgeführt worden ist, im Ertragsinteresse der Bausparkasse, Verträge mit einem nicht mehr marktgerechten Einlagenzins zu kündigen. Das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF soll der Bausparkasse gerade die Entscheidung in die Hand geben, ob sie das Darlehen des Bausparers kündigen oder dessen Einlagen weiter verzinsen will.

86

Anders als das Berufungsgericht meint, ist es auch nicht von Belang, dass die Voraussetzungen des Kündigungsrechts nach § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF nicht hätten eintreten können, wenn die Bausparkasse die Erbringung der nach Zuteilungsreife fälligen Regelsparbeiträge verlangt und gegebenenfalls den Vertrag nach § 488 Abs. 3 BGB aF oder gemäß § 5 Abs. 3 ABB wegen Zahlungsverzuges gekündigt hätte. Das mögliche Bestehen dieser Kündigungsrechte schließt das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF nicht aus. Dagegen spricht bereits, dass dieses Recht gemäß § 489 Abs. 4 Satz 1 BGB aF nicht zur Disposition der Vertragsparteien steht. Zudem kann der Umstand, dass die Klägerin die monatlichen Sparraten entgegen § 5 Abs. 1 ABB nicht mehr gezahlt hat, nicht dazu führen, dass das Kündigungsrecht der Beklagten entfällt (OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2072; OLG Hamm, NJW-RR 2016, 747 Rn. 20).

87

(c) Einer Gleichsetzung der erstmaligen Zuteilungsreife mit einer vollständigen Darlehensgewährung steht nicht entgegen, dass die genaue Höhe des zu gewährenden Zweckdarlehens im Vorfeld nicht betragsmäßig bestimmt ist (vgl. Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3; aA AG Ludwigsburg, Urteil vom 7. August 2015 - 10 C 1154/15, juris Rn. 86 f.; BeckOGK/C. Weber BGB, Stand: 1. Juli 2016, § 489 Rn. 49.1 f.; ders., ZIP 2015, 961, 964 f.). Ein fester Darlehensbetrag kann nicht vereinbart werden, weil es der Bausparkasse gemäß § 4 Abs. 5 BauSparkG untersagt ist, die Bausparsumme vor der Zuteilung zu einem bestimmten Zeitpunkt zuzusagen. Aus dem gleichen Grunde kommt es nicht darauf an, dass der Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife nicht kalendarisch bestimmt ist (vgl. Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1263; Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 787 f.). Trotz dieser Ungewissheit fehlt es nicht an einer hinreichend bestimmten Leistungspflicht des Bausparers zur Darlehensgewährung, weil deren Umfang anhand der Bestimmungen der Regelungen in den Allgemeinen Bausparbedingungen über die Zuteilungsreife bestimmt werden kann.

88

c) Die Kündigung ist am 12. Januar 2015 mit Wirkung zum 24. Juli 2015 erklärt worden, so dass auch die sechsmonatige Kündigungsfrist des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF gewahrt worden ist. Der Kündigung kommt nach dem Rechtsgedanken des § 139 BGB Gesamtwirkung zu, weil die Fortführung des Bausparvertrages ohne das Zweckdarlehen nicht sinnvoll möglich ist. Denn der Anspruch des Bausparers auf Gewährung eines Bauspardarlehens ist an die Höhe des Differenzbetrages zwischen Bausparguthaben und Bausparsumme geknüpft (vgl. Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1263).

89

Die Kündigung des Bausparvertrages gilt auch nicht gemäß § 489 Abs. 3 BGB aF als nicht erfolgt. Da die Parteien gerade um die Wirksamkeit der Kündigung streiten, kann sich die Klägerin - was sie im Übrigen auch nicht getan hat - auf diese Vorschrift nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auf Grund eines widersprüchlichen Verhaltens nicht berufen.

90

5. Der Beklagten steht - was das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - dagegen kein Kündigungsrecht gemäß § 490 Abs. 3 BGB aF, § 314 Abs. 1 BGB zu. Ein die Kündigung rechtfertigender wichtiger Grund liegt nur vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertrages nicht zugemutet werden kann. Dies ist hier nicht der Fall.

91

a) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein wichtiger Grund für die Kündigung des Bausparvertrages nicht darin gesehen werden kann, dass die Klägerin trotz mehr als zehnjähriger Zuteilungsreife kein Bauspardarlehen in Anspruch genommen hat. Dafür fehlt es bereits an einer entsprechenden vertraglichen Verpflichtung (Buhl/Münder, NJW 2016, 1991, 1995; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2845). Ein Bausparer verhält sich auch nicht vertragszweckwidrig, wenn er das Darlehen (noch) nicht in Anspruch nimmt und den Bausparvertrag weiter bespart (Buhl/Münder, aaO; Tröger/Kelm, aaO; aA LG Mainz, WM 2015, 181, 182; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1806). Der Zweck des Bausparvertrages besteht - was bereits oben ausgeführt worden ist - aus der Sicht des Bausparers nur in der Erlangung eines Anspruchs auf Gewährung eines Bauspardarlehens. Dieser Zweck wird indes nicht in Frage gestellt, wenn der erlangte Anspruch nicht geltend gemacht wird. Es kann in diesem Zusammenhang auch nicht darauf abgestellt werden, dass das Prinzip des kollektiven Bausparens auf dem Gedanken beruht, dass dieselbe Personengruppe zunächst als Darlehensgeber und später als Darlehensnehmer agiert (vgl BT-Drucks. IV/2747 S. 9 und BT-Drucks. VI/1900, S. 10) und der Bausparer gemäß § 1 Abs. 2 Satz 3 BauSparkG Mitglied des Bausparerkollektivs ist. Denn hieraus kann keine Pflicht abgeleitet werden, ein Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen, weil dies § 14 Abs. 1 ABB zuwiderliefe, der gerade die Fortsetzung des Vertrages bei Nichtannahme der Zuteilung regelt.

92

b) Ein wichtiger Grund liegt auch nicht in der Änderung des allgemeinen Zinsniveaus seit dem Abschluss des Bausparvertrags im Jahr 1978. Im Allgemeinen müssen die Gründe, auf die die Kündigung gestützt wird, im Risikobereich des Kündigungsgegners liegen; andernfalls ist eine fristlose Kündigung nur ausnahmsweise gerechtfertigt (vgl. BGH, Urteile vom 31. Mai 2016 - XI ZR 370/15, WM 2016, 1293 Rn. 35 und vom 4. Mai 2016 - XII ZR 62/15, WM 2016, 1360 Rn. 12; Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 314 Rn. 7). Das Risiko von Änderungen des allgemeinen Zinsniveaus übernimmt bei Darlehensverträgen mit einer Festzinsvereinbarung jeweils der Vertragspartner, zu dessen Lasten die Zinsänderung geht. Dies ist vorliegend die Bausparkasse (vgl. Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1806; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1265; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2845, aA Bergmann, WM 2016, 2153, 2159).

93

6. Ein Recht zur Kündigung des Bausparvertrages folgt auch nicht aus § 490 Abs. 3 BGB aF, § 313 Abs. 1 und 3 BGB.

94

Es kann dahinstehen, ob - was das Berufungsgericht in Erwägung gezogen hat - die Absicht der Klägerin, ein Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen, oder das Gleichgewicht zwischen Bauspareinlagen und Bauspardarlehen überhaupt zur Geschäftsgrundlage des zwischen den Parteien geschlossenen Bausparvertrags geworden ist. Auch kommt es nicht darauf an, ob das allgemeine Zinsniveau am Kapitalmarkt Geschäftsgrundlage des Vertrages war (vgl. Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1265 f.; von Stumm, GWR 2015, 357, 359) und ob diese durch die gegenwärtige Niedrigzinsphase gestört worden ist oder ob dem nicht die vertragliche Risikoverteilung auf Grund der festen Zusage eines Guthabenzinses für die Ansparphase gemäß § 6 Abs. 1 ABB entgegensteht (vgl. Buhl/Münder, NJW 2016, 1991, 1995; Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 313 Rn. 36; Herresthal, aaO; von Stumm, aaO; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2844). Denn vor einer Kündigung wäre gemäß § 490 Abs. 3 BGB aF, § 313 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 BGB vorrangig eine Anpassung des Vertrages durch eine Herabsetzung des Guthabenzinssatzes vorzunehmen (aA Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1806). Dass eine solche Anpassung des Guthabenzinses nicht möglich oder der Beklagten nicht zumutbar wäre, was Voraussetzung für ein Recht zur Kündigung nach § 313 Abs. 3 BGB ist, zeigt die Revision nicht auf und ist auch im Übrigen nicht erkennbar.

III.

95

Das Berufungsurteil ist demnach im ausgeurteilten Umfang aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts insgesamt zurückzuweisen. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil die Sache entscheidungsreif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das Berufungsgericht hat die erforderlichen Feststellungen getroffen.

96

Dem steht nicht entgegen, dass das Berufungsgericht keine Feststellungen zu dem unter Beweis gestellten Vortrag der Klägerin getroffen hat, dass der von ihr abgeschlossene Bausparvertrag von der Beklagten alternativ zum Bauspardarlehen auch als "Altersvorsorge" angepriesen worden sei. Dieser Vortrag als wahr unterstellt führt nicht dazu, dass das Feststellungsbegehren der Klägerin begründet ist. Vielmehr ist der mit der Beklagten geschlossene Bausparvertrag auch dann durch die am 12. Januar 2015 erklärte Kündigung mit Wirkung zum 24. Juli 2015 beendet worden. Die Anpreisung des Bausparvertrages als Altersvorsorge alternativ zur Inanspruchnahme des Bauspardarlehens bedeutet nicht, dass das - ohnehin unabdingbare - Kündigungsrecht der Beklagten gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF ausgeschlossen ist. Denn die Anpreisung als Altersvorsorge ändert ungeachtet ihres ohnehin nur werbenden Charakters nichts daran, dass die Klägerin der Beklagten mit der Erbringung ihrer Sparbeiträge ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife ein Zweckdarlehen vollständig gewährt hat, um einen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens zu erlangen. Da bedingungsgemäß keine Verpflichtung besteht, das Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen, geht mit dem Ansparvorgang zwangsläufig die Bildung eines Kapitalstocks einher, welcher als Rücklage der Altersvorsorge dienen kann. Zur Erreichung dieses Zwecks ist die unbefristete und von Seiten der Bausparkasse unkündbare Fortsetzung des Ansparvorgangs aber nicht erforderlich.

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 397 Erlassvertrag, negatives Schuldanerkenntnis


(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn der Gläubiger dem Schuldner durch Vertrag die Schuld erlässt. (2) Das Gleiche gilt, wenn der Gläubiger durch Vertrag mit dem Schuldner anerkennt, dass das Schuldverhältnis nicht bestehe.

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(1) Wenn in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers oder in der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit eine wesentliche Verschlechterung eintritt oder einzutreten droht, durch die die Rückzahlung des Darlehens, auch unter

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(1) Bausparkassen sind Kreditinstitute, deren Geschäftsbetrieb darauf gerichtet ist, Einlagen von Bausparern (Bauspareinlagen) entgegenzunehmen und aus den angesammelten Beträgen den Bausparern für wohnungswirtschaftliche Maßnahmen Gelddarlehen (Baus

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(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.

(2) Die vereinbarten Zinsen sind, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nach dem Ablauf je eines Jahres und, wenn das Darlehen vor dem Ablauf eines Jahres zurückzuzahlen ist, bei der Rückzahlung zu entrichten.

(3) Ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, dass der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer kündigt. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. Sind Zinsen nicht geschuldet, so ist der Darlehensnehmer auch ohne Kündigung zur Rückzahlung berechtigt.

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

(1) Wenn in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers oder in der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit eine wesentliche Verschlechterung eintritt oder einzutreten droht, durch die die Rückzahlung des Darlehens, auch unter Verwertung der Sicherheit, gefährdet wird, kann der Darlehensgeber den Darlehensvertrag vor Auszahlung des Darlehens im Zweifel stets, nach Auszahlung nur in der Regel fristlos kündigen.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag, bei dem der Sollzinssatz gebunden und das Darlehen durch ein Grund- oder Schiffspfandrecht gesichert ist, unter Einhaltung der Fristen des § 488 Abs. 3 Satz 2 vorzeitig kündigen, wenn seine berechtigten Interessen dies gebieten und seit dem vollständigen Empfang des Darlehens sechs Monate abgelaufen sind. Ein solches Interesse liegt insbesondere vor, wenn der Darlehensnehmer ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung der zur Sicherung des Darlehens beliehenen Sache hat. Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber denjenigen Schaden zu ersetzen, der diesem aus der vorzeitigen Kündigung entsteht (Vorfälligkeitsentschädigung).

(3) Die Vorschriften der §§ 313 und 314 bleiben unberührt.

(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.

(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

(1) Wenn in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers oder in der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit eine wesentliche Verschlechterung eintritt oder einzutreten droht, durch die die Rückzahlung des Darlehens, auch unter Verwertung der Sicherheit, gefährdet wird, kann der Darlehensgeber den Darlehensvertrag vor Auszahlung des Darlehens im Zweifel stets, nach Auszahlung nur in der Regel fristlos kündigen.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag, bei dem der Sollzinssatz gebunden und das Darlehen durch ein Grund- oder Schiffspfandrecht gesichert ist, unter Einhaltung der Fristen des § 488 Abs. 3 Satz 2 vorzeitig kündigen, wenn seine berechtigten Interessen dies gebieten und seit dem vollständigen Empfang des Darlehens sechs Monate abgelaufen sind. Ein solches Interesse liegt insbesondere vor, wenn der Darlehensnehmer ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung der zur Sicherung des Darlehens beliehenen Sache hat. Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber denjenigen Schaden zu ersetzen, der diesem aus der vorzeitigen Kündigung entsteht (Vorfälligkeitsentschädigung).

(3) Die Vorschriften der §§ 313 und 314 bleiben unberührt.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.

(2) Die vereinbarten Zinsen sind, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nach dem Ablauf je eines Jahres und, wenn das Darlehen vor dem Ablauf eines Jahres zurückzuzahlen ist, bei der Rückzahlung zu entrichten.

(3) Ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, dass der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer kündigt. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. Sind Zinsen nicht geschuldet, so ist der Darlehensnehmer auch ohne Kündigung zur Rückzahlung berechtigt.

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

(1) Wenn in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers oder in der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit eine wesentliche Verschlechterung eintritt oder einzutreten droht, durch die die Rückzahlung des Darlehens, auch unter Verwertung der Sicherheit, gefährdet wird, kann der Darlehensgeber den Darlehensvertrag vor Auszahlung des Darlehens im Zweifel stets, nach Auszahlung nur in der Regel fristlos kündigen.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag, bei dem der Sollzinssatz gebunden und das Darlehen durch ein Grund- oder Schiffspfandrecht gesichert ist, unter Einhaltung der Fristen des § 488 Abs. 3 Satz 2 vorzeitig kündigen, wenn seine berechtigten Interessen dies gebieten und seit dem vollständigen Empfang des Darlehens sechs Monate abgelaufen sind. Ein solches Interesse liegt insbesondere vor, wenn der Darlehensnehmer ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung der zur Sicherung des Darlehens beliehenen Sache hat. Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber denjenigen Schaden zu ersetzen, der diesem aus der vorzeitigen Kündigung entsteht (Vorfälligkeitsentschädigung).

(3) Die Vorschriften der §§ 313 und 314 bleiben unberührt.

(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.

(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

(1) Wenn in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers oder in der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit eine wesentliche Verschlechterung eintritt oder einzutreten droht, durch die die Rückzahlung des Darlehens, auch unter Verwertung der Sicherheit, gefährdet wird, kann der Darlehensgeber den Darlehensvertrag vor Auszahlung des Darlehens im Zweifel stets, nach Auszahlung nur in der Regel fristlos kündigen.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag, bei dem der Sollzinssatz gebunden und das Darlehen durch ein Grund- oder Schiffspfandrecht gesichert ist, unter Einhaltung der Fristen des § 488 Abs. 3 Satz 2 vorzeitig kündigen, wenn seine berechtigten Interessen dies gebieten und seit dem vollständigen Empfang des Darlehens sechs Monate abgelaufen sind. Ein solches Interesse liegt insbesondere vor, wenn der Darlehensnehmer ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung der zur Sicherung des Darlehens beliehenen Sache hat. Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber denjenigen Schaden zu ersetzen, der diesem aus der vorzeitigen Kündigung entsteht (Vorfälligkeitsentschädigung).

(3) Die Vorschriften der §§ 313 und 314 bleiben unberührt.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

15
a) Das Berufungsgericht ist allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass auf das Rechtsverhältnis der Parteien die §§ 488 ff. BGB in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung (BGBl. 2002 I, S. 2850, 2856 ff.; im Folgenden : aF) anwendbar sind, soweit nicht gemäß Art. 229 § 22 Abs. 3 EGBGB die in dieser Vorschrift genannten Regelungen anzuwenden sind. Dies ergibt sich - soweit hierfür die im Jahr 1994 geschlossenen Darlehensverträge maßgeblich sind - aus der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB, wonach das Bürgerliche Gesetzbuch in der seit dem 1. Januar 2003 geltenden Fassung anzuwenden ist. Bei den zwischen den Darlehensnehmern und der Beklagten vereinbarten Darlehensverträgen handelt es sich jeweils um ein Dauerschuldverhältnis im Sinne dieser Vorschrift (vgl. Senatsurteil vom 24. November 2009 - XI ZR 260/08, WM 2010, 34 Rn. 16). Die vorgenannten Vorschriften sind erst recht anwendbar, wenn es hierfür auf die im Dezember 2004 geschlossenen Darlehensverträge ankommen sollte.

(1) Bausparkassen sind Kreditinstitute, deren Geschäftsbetrieb darauf gerichtet ist, Einlagen von Bausparern (Bauspareinlagen) entgegenzunehmen und aus den angesammelten Beträgen den Bausparern für wohnungswirtschaftliche Maßnahmen Gelddarlehen (Bauspardarlehen) zu gewähren (Bauspargeschäft). Das Bauspargeschäft darf nur von Bausparkassen betrieben werden.

(2) Bausparer ist, wer mit einer Bausparkasse einen Vertrag schließt, durch den er nach Leistung von Bauspareinlagen einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens erwirbt (Bausparvertrag). Ein Bausparvertrag kann auch als Altersvorsorgevertrag im Sinne des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1310, 1322), zuletzt geändert durch Artikel 2 Absatz 8 des Gesetzes vom 1. April 2015 (BGBl. I S. 434), in der jeweils geltenden Fassung abgeschlossen werden. Jeder Bausparer einer Bausparkasse ist Mitglied einer Zweckspargemeinschaft (Kollektiv).

(3) Wohnungswirtschaftliche Maßnahmen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die Errichtung, Beschaffung, Erhaltung und Verbesserung von überwiegend zu Wohnzwecken bestimmten Gebäuden und von Wohnungen, insbesondere von Eigenheimen und Eigentumswohnungen, sowie der Erwerb von Rechten zur dauernden Nutzung von Wohnraum,
2.
die Errichtung, Beschaffung, Erhaltung und Verbesserung von anderen Gebäuden, soweit sie Wohnzwecken dienen,
3.
der Erwerb von Bauland und Erbbaurechten zur Errichtung von überwiegend zu Wohnzwecken bestimmten Gebäuden,
4.
der Erwerb von Bauland und Erbbaurechten zur Errichtung anderer Gebäude hinsichtlich des Anteils, der dem Verhältnis des zu Wohnzwecken bestimmten Teils des auf dem Grundstück zu errichtenden Gebäudes zum Gesamtgebäude entspricht,
5.
Maßnahmen zur Erschließung und zur Förderung von Wohngebieten,
6.
die Ablösung von Verbindlichkeiten, die zur Durchführung von Maßnahmen nach den Nummern 1 bis 5 eingegangen worden sind,
7.
die Ablösung von Verbindlichkeiten, die auf einem überwiegend Wohnzwecken dienenden Grundstück ruhen.
Als wohnungswirtschaftliche Maßnahmen gelten die Ablösung von Verbindlichkeiten, die zur Leistung von Bauspareinlagen eingegangen worden sind, sowie gewerbliche Bauvorhaben und der Erwerb gewerblicher Bauwerke, wenn sie dazu bestimmt sind, zur Versorgung von Wohngebieten beizutragen.

(4) Die kollektiv bedingte Zinsspanne ist der Quotient aus dem kollektiv bedingten Zinsüberschuss und dem Jahresdurchschnittsbestand an Bauspareinlagen. Der kollektiv bedingte Zinsüberschuss ist die Summe der Erträge aus Bauspardarlehen und der nicht in Bauspardarlehen angelegten Bauspareinlagen abzüglich des Zinsaufwands für Bauspareinlagen.

(5) Zuteilung ist die Bereitstellung des Bausparguthabens und des Bauspardarlehens aus der zur Verfügung stehenden Zuteilungsmasse nach Erreichen der vertraglich vereinbarten Zuteilungsvoraussetzungen.

(6) Zuteilungsmasse ist die Summe aus den Bauspareinlagen, den Mitteln, die zur Gewährung von Bauspardarlehen zugeführt worden sind, und dem Fonds zur bauspartechnischen Absicherung im Sinne des § 6 Absatz 2, abzüglich der Summe der gewährten Bauspardarlehen.

(7) Kollektivmittel sind die Summe aus Bauspareinlagen und dem Fonds zur bauspartechnischen Absicherung im Sinne des § 6 Absatz 2.

(8) Wartezeit ist der Zeitraum vom Beginn des Bausparvertrages bis zur Zuteilung.

(9) Aufsichtsbehörde ist die Behörde im Sinne des § 1 Absatz 5 des Kreditwesengesetzes.

(10) Das Recht der Länder, den öffentlich-rechtlichen Bausparkassen besondere Aufgaben für den Wohnungsbau oder sonstige öffentliche Aufgaben zu übertragen, bleibt unberührt.

32
Anders als die Revision meint, verbietet sich ein solches Verständnis nicht deshalb, weil die Abschlussgebühr unabhängig davon anfällt, ob der Bausparer im weiteren Verlauf des Vertragsverhältnisses die Zuteilungsvoraussetzungen des Bauspardarlehens überhaupt erfüllt. Nach dieser - möglichen - Auslegung zahlt der Bausparer die Abschlussgebühr nämlich dafür, dass die Beklagte sich bereits mit dem Vertragsabschluss endgültig gebunden hat, ihm - wenn auch im Hinblick auf einen zu diesem Zeitpunkt noch nicht bestimmten Zuteilungstermin (vgl. § 4 Abs. 5 BSpkG) - ein Bauspardarlehen zu feststehenden Konditionen auszuzahlen. Unabhängig davon, ob man hinsichtlich der rechtlichen Konstruktion davon ausgeht, dass der Darlehensvertrag bereits mit dem Bausparvertrag aufschiebend bedingt geschlossen wird (Mülbert/Schmitz in FS Horn (2006), S. 777, 778 f.; MünchKommBGB/K. P. Berger, 5. Aufl., Vor § 488 Rn. 28; Schäfer/Cirpka/Zehnder, Bausparkassengesetz und Bausparkassenverordnung , 5. Aufl., § 1 Anm. 13), oder ob man annimmt, dass der Bausparvertrag im Sinne eines Vorvertrages nur einen Anspruch auf Abschluss eines späteren Darlehensvertrages begründet (Haertlein/Thümmler, ZIP 2009, 1197, 1198 f.; Pfeiffer in Graf von Westphalen, Vertragsrecht und AGBKlauselwerke , Allgemeine Bausparbedingungen (Stand: April 2001) Rn. 10), hat die Beklagte ihren Kunden jedenfalls bereits bei Abschluss des Bausparvertra- ges eine entsprechende Anwartschaft verschafft. Damit hat sie ihre vertraglich geschuldete Leistung, die nach diesem Klauselverständnis mit der Abschlussgebühr abgegolten werden soll, unabhängig davon erbracht, ob der Bausparkunde von dieser Option im weiteren Verlauf des Vertragsverhältnisses Gebrauch macht.
37
(2) Keine der Besonderheiten eines Bausparvertrags, etwa die Zuteilung der im Rahmen von Bauspardarlehen durch die Bausparkassen bereitgestellten Finanzmittel aus Bauspareinlagen und Tilgungsleistungen der Bausparer oder die zweckgebundene Gewährung von Bauspardarlehen nur für wohnungswirtschaftliche Maßnahmen im Sinne des § 1 Abs. 3 BSpkG, begründen für das Bauspardarlehen ein vom allgemeinen Darlehensrecht abweichendes gesetzliches Leitbild. Ebenso führt die einen Bausparvertrag kennzeichnende Verknüpfung von Bauspareinlagen und Bauspardarlehen (vgl. § 1 Abs. 1 und 2 BSpkG) unabhängig davon, ob man den Bauspardarlehensvertrag bereits mit dem Bausparvertrag als (aufschiebend bedingt) abgeschlossen ansieht (so Mülbert/ Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 778 f.; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rn. 539; MünchKommBGB/Berger, 6. Aufl., Vor § 488 Rn. 29; Schäfer/Cirpka/Zehnder, Bausparkassengesetz und Bausparkassenverordnung , 5. Aufl., § 1 Anm. 13) oder ob man von einem separaten (späteren) Abschluss des Bauspardarlehensvertrags ausgeht (so Erman/Saenger, BGB, 14. Aufl., Vor §§ 488-490 Rn. 27; Haertlein/Thümmler, ZIP 2009, 1197, 1198 f.; Kronenburg in Derleder/Knops/Bamberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, 2. Aufl., § 17 Rn. 4; Fandrich in Graf von Westphalen, aaO), nicht zu einem bausparspezifisch geprägten gesetzlichen Leitbild für Bauspardarlehen (zutreffend AG Stuttgart, Urteil vom 30. Juni 2015 - 1 C 714/15, juris Rn. 24; AG Ludwigsburg, Urteil vom 17. April 2015 - 10 C 133/15, juris Rn. 47 ff.; zweifelnd LG Heilbronn, WM 2015, 1715, 1718; aA LG Hamburg , WM 2009, 1315, 1318; Haertlein, BKR 2015, 505, 508; ders., WM 2014, 189, 195; Servatius, ZfIR 2016, 12, 20 f.; Edelmann, WuB 2015, 653, 655). Denn die mit einem Bauspardarlehen verbundenen charakteristischen Hauptleistungspflichten - die Bereitstellung der Darlehensvaluta einerseits sowie die Erbringung von Zins- und Tilgungsleistungen andererseits - ergeben sich in beiden Fällen nicht aus speziellen Regelungen des Bausparkassengesetzes, sondern aus § 488 Abs. 1 BGB. Das allgemeine gesetzliche Programm der Hauptleistungspflichten im Darlehensrecht erfährt durch die bausparvertragliche Verknüpfung von Bauspardarlehen und Bauspareinlagen weder eine Einschränkung noch eine Erweiterung.

(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.

(2) Die vereinbarten Zinsen sind, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nach dem Ablauf je eines Jahres und, wenn das Darlehen vor dem Ablauf eines Jahres zurückzuzahlen ist, bei der Rückzahlung zu entrichten.

(3) Ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, dass der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer kündigt. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. Sind Zinsen nicht geschuldet, so ist der Darlehensnehmer auch ohne Kündigung zur Rückzahlung berechtigt.

(1) Bausparkassen haben ihrem Geschäftsbetrieb Allgemeine Geschäftsgrundsätze und Allgemeine Bedingungen für Bausparverträge zugrunde zu legen.

(2) Die Allgemeinen Geschäftsgrundsätze müssen Bestimmungen enthalten über

1.
die Berechnungen für die Abwicklung der Bausparverträge unter Angabe der individuellen Sparer-Kassen-Leistungsverhältnisse (§ 5 Absatz 4 Nummer 1) und der zugehörigen Wartezeiten;
2.
die Zusammensetzung der Zuteilungsmasse, die Zuteilungstermine sowie die Voraussetzungen und die Ermittlung der Reihenfolge für die Zuteilung (Zuteilungsverfahren);
2a.
die Berechnung der Mehrerträge aus der Anlage der Kollektivmittel nach § 1 Absatz 7 sowie die Verwendung des daraus gebildeten Sonderpostens "Fonds zur bauspartechnischen Absicherung";
3.
die Berechnung des Beleihungswertes der zu beleihenden Grundstücke;
4.
die Finanzierung von Maßnahmen zur Erschließung und zur Förderung von Wohngebieten;
5.
die Finanzierung von Gebäuden, die überwiegend oder ausschließlich gewerblichen Zwecken dienen, soweit dies nach § 1 zulässig ist;
6.
das Verfahren bei Rückzahlung der Einlagen gekündigter Bausparverträge;
7.
eine die Belange der Bausparer wahrende vereinfachte Abwicklung der Bausparverträge im Falle der Einstellung des Geschäftsbetriebes der Bausparkasse oder der Rücknahme der Erlaubnis zum Betrieb einer Bausparkasse durch die Aufsichtsbehörde.

(3) Die Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge müssen Bestimmungen enthalten über

1.
die Höhe und Fälligkeit der Leistungen des Bausparers und der Bausparkasse sowie über die Rechtsfolgen, die bei Leistungsverzug eintreten;
2.
die Verzinsung der Bauspareinlagen und der Bauspardarlehen;
3.
die Höhe der Kosten und Gebühren, die den Bausparern berechnet werden;
4.
die Voraussetzungen und die Ermittlung der Reihenfolge für die Zuteilung und die Bedingungen für die Auszahlung der Bausparsumme;
5.
die Sicherung der Forderungen aus Bauspardarlehen;
6.
die Bedingungen, nach denen ein Bausparvertrag geteilt oder mit einem anderen Bausparvertrag zusammengelegt oder die Bausparsumme erhöht oder ermäßigt werden kann;
7.
die Bedingungen, nach denen Ansprüche aus dem Bausparvertrag abgetreten oder verpfändet werden können oder ein Bausparvertrag gekündigt werden kann, sowie die Rechtsfolgen, die sich aus der Kündigung des Bausparvertrages oder aus einer vereinfachten Abwicklung der Bausparverträge ergeben;
8.
das zuständige Gericht oder einen Schiedsvertrag;
9.
den Abschluß von Lebensversicherungen auf den Todesfall, die Höhe der Versicherungssumme und die vom Bausparer hierfür zu zahlenden Versicherungsbeiträge sowie die Möglichkeit der Anrechnung bereits bestehender Lebensversicherungen, wenn der Bausparer zum Abschluß einer solchen Versicherung verpflichtet ist.

(4) Die Allgemeinen Geschäftsgrundsätze und die Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge

1.
müssen die Erfüllbarkeit der von der Bausparkasse übernommenen Verpflichtungen dauerhaft gewährleistet erscheinen lassen, insbesondere bezogen auf ihre gesamte Laufzeit ein angemessenes Verhältnis zwischen den Leistungen der Bausparer und denen der Bausparkasse (individuelles Sparer-Kassen-Leistungsverhältnis) aufweisen und
2.
dürfen keine Bestimmungen vorsehen, die die Zuteilung unangemessen hinausschieben, zu unangemessen langen Vertragslaufzeiten führen oder sonstige Belange der Bausparer nicht ausreichend wahren.

(5) Legt eine Bausparkasse für die gleiche Zuteilungsmasse Allgemeine Geschäftsgrundsätze und Allgemeine Bedingungen für Bausparverträge unterschiedlichen Inhalts zugrunde, sind diese so zu gestalten, dass zwischen ihnen eine weitgehende Ausgewogenheit gewährleistet ist. Bei Tarifen, die eine Bausparkasse nicht mehr anbietet, kann hiervon in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.

(2) Die vereinbarten Zinsen sind, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nach dem Ablauf je eines Jahres und, wenn das Darlehen vor dem Ablauf eines Jahres zurückzuzahlen ist, bei der Rückzahlung zu entrichten.

(3) Ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, dass der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer kündigt. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. Sind Zinsen nicht geschuldet, so ist der Darlehensnehmer auch ohne Kündigung zur Rückzahlung berechtigt.

(1) Bausparkassen sind Kreditinstitute, deren Geschäftsbetrieb darauf gerichtet ist, Einlagen von Bausparern (Bauspareinlagen) entgegenzunehmen und aus den angesammelten Beträgen den Bausparern für wohnungswirtschaftliche Maßnahmen Gelddarlehen (Bauspardarlehen) zu gewähren (Bauspargeschäft). Das Bauspargeschäft darf nur von Bausparkassen betrieben werden.

(2) Bausparer ist, wer mit einer Bausparkasse einen Vertrag schließt, durch den er nach Leistung von Bauspareinlagen einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens erwirbt (Bausparvertrag). Ein Bausparvertrag kann auch als Altersvorsorgevertrag im Sinne des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1310, 1322), zuletzt geändert durch Artikel 2 Absatz 8 des Gesetzes vom 1. April 2015 (BGBl. I S. 434), in der jeweils geltenden Fassung abgeschlossen werden. Jeder Bausparer einer Bausparkasse ist Mitglied einer Zweckspargemeinschaft (Kollektiv).

(3) Wohnungswirtschaftliche Maßnahmen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die Errichtung, Beschaffung, Erhaltung und Verbesserung von überwiegend zu Wohnzwecken bestimmten Gebäuden und von Wohnungen, insbesondere von Eigenheimen und Eigentumswohnungen, sowie der Erwerb von Rechten zur dauernden Nutzung von Wohnraum,
2.
die Errichtung, Beschaffung, Erhaltung und Verbesserung von anderen Gebäuden, soweit sie Wohnzwecken dienen,
3.
der Erwerb von Bauland und Erbbaurechten zur Errichtung von überwiegend zu Wohnzwecken bestimmten Gebäuden,
4.
der Erwerb von Bauland und Erbbaurechten zur Errichtung anderer Gebäude hinsichtlich des Anteils, der dem Verhältnis des zu Wohnzwecken bestimmten Teils des auf dem Grundstück zu errichtenden Gebäudes zum Gesamtgebäude entspricht,
5.
Maßnahmen zur Erschließung und zur Förderung von Wohngebieten,
6.
die Ablösung von Verbindlichkeiten, die zur Durchführung von Maßnahmen nach den Nummern 1 bis 5 eingegangen worden sind,
7.
die Ablösung von Verbindlichkeiten, die auf einem überwiegend Wohnzwecken dienenden Grundstück ruhen.
Als wohnungswirtschaftliche Maßnahmen gelten die Ablösung von Verbindlichkeiten, die zur Leistung von Bauspareinlagen eingegangen worden sind, sowie gewerbliche Bauvorhaben und der Erwerb gewerblicher Bauwerke, wenn sie dazu bestimmt sind, zur Versorgung von Wohngebieten beizutragen.

(4) Die kollektiv bedingte Zinsspanne ist der Quotient aus dem kollektiv bedingten Zinsüberschuss und dem Jahresdurchschnittsbestand an Bauspareinlagen. Der kollektiv bedingte Zinsüberschuss ist die Summe der Erträge aus Bauspardarlehen und der nicht in Bauspardarlehen angelegten Bauspareinlagen abzüglich des Zinsaufwands für Bauspareinlagen.

(5) Zuteilung ist die Bereitstellung des Bausparguthabens und des Bauspardarlehens aus der zur Verfügung stehenden Zuteilungsmasse nach Erreichen der vertraglich vereinbarten Zuteilungsvoraussetzungen.

(6) Zuteilungsmasse ist die Summe aus den Bauspareinlagen, den Mitteln, die zur Gewährung von Bauspardarlehen zugeführt worden sind, und dem Fonds zur bauspartechnischen Absicherung im Sinne des § 6 Absatz 2, abzüglich der Summe der gewährten Bauspardarlehen.

(7) Kollektivmittel sind die Summe aus Bauspareinlagen und dem Fonds zur bauspartechnischen Absicherung im Sinne des § 6 Absatz 2.

(8) Wartezeit ist der Zeitraum vom Beginn des Bausparvertrages bis zur Zuteilung.

(9) Aufsichtsbehörde ist die Behörde im Sinne des § 1 Absatz 5 des Kreditwesengesetzes.

(10) Das Recht der Länder, den öffentlich-rechtlichen Bausparkassen besondere Aufgaben für den Wohnungsbau oder sonstige öffentliche Aufgaben zu übertragen, bleibt unberührt.

(1) Bausparkassen dürfen außer dem Bauspargeschäft nur folgende Geschäfte betreiben:

1.
Gelddarlehen gewähren, die der Vorfinanzierung oder der Zwischenfinanzierung von Leistungen der Bausparkasse auf Bausparverträge ihrer Bausparer dienen (Vorfinanzierungskredite oder Zwischenfinanzierungskredite);
2.
für wohnungswirtschaftliche Maßnahmen sonstige Gelddarlehen nach Maßgabe des Absatzes 2 gewähren (sonstige Baudarlehen);
3.
Gelddarlehen Dritter verwalten, vermitteln und im eigenen oder fremden Namen und für Rechnung Dritter bewilligen, wenn die Darlehen der Finanzierung wohnungswirtschaftlicher Maßnahmen dienen;
4.
nach Maßgabe des Absatzes 2 Gewährleistungen für Gelddarlehen Dritter übernehmen, welche die Bausparkasse selbst zu geben befugt wäre und die in der in § 7 vorgeschriebenen Weise gesichert sind;
5.
zur Gewährung von Bauspardarlehen und von Darlehen nach den Nummern 1 und 2, zur Erfüllung von Verpflichtungen aus Verträgen nach § 1 Abs. 2 Satz 2 sowie zur Beschaffung der darüber hinaus für den Geschäftsbetrieb erforderlichen Mittel
a)
fremde Gelder von Kreditinstituten und sonstigen Kapitalsammelstellen aufnehmen,
b)
fremde Gelder von sonstigen Gläubigern entgegennehmen,
c)
vorbehaltlich einer Erlaubnis nach § 2 Absatz 1 Satz 1 des Pfandbriefgesetzes Hypothekenpfandbriefe im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 des Pfandbriefgesetzes nach den Bestimmungen des Pfandbriefgesetzes ausgeben,
d)
sonstige Schuldverschreibungen ausgeben;
6.
sich an Unternehmen beteiligen, wenn die Beteiligungen dazu dienen, die nach § 1 betriebenen Geschäfte zu fördern, und die Haftung der Bausparkasse aus den Beteiligungen durch die Rechtsform des Unternehmens beschränkt ist, mit der Maßgabe, daß die einzelne Beteiligung insgesamt den dritten Teil des Kapitals (Nennkapital, Summe der Kapitalanteile) des Unternehmens nicht übersteigen darf. Eine höhere Beteiligung ist zulässig, sofern der Geschäftszweck des Unternehmens gesetzlich oder satzungsmäßig im wesentlichen auf solche Geschäfte ausgerichtet ist, welche die Bausparkasse selbst betreiben darf; der Gesamtbetrag dieser Beteiligungen darf zwanzig vom Hundert des haftenden Eigenkapitals der Bausparkasse nicht übersteigen; die Regelungen des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 8, Satz 2 und 3 bleiben hiervon unberührt;
7.
Gelddarlehen an Unternehmen gewähren, an denen die Bausparkasse beteiligt ist;
8.
die Gelegenheit zum Abschluss von Verträgen über den Erwerb, die Veräußerung oder die Nutzung von Grundstücken und Räumen nachweisen;
9.
Wertermittlungen und Standortanalysen sowie Finanzierungsberatungen auch unabhängig von der Gewährung von eigenen Darlehen durchführen;
10.
verfügbares Geld nach Maßgabe des Absatzes 3 anlegen;
11.
sonstige Geschäfte betreiben, die mit dem Bauspargeschäft oder mit den nach den Nummern 1 bis 10 zulässigen Geschäften in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen, diesem nützlich und allenfalls mit einem geringen Risiko verbunden sind sowie keine neuen Geschäftskreise eröffnen.

(2) Der Gesamtbetrag der Forderungen aus Darlehen nach Absatz 1 Nr. 2 und der Gewährleistungen nach Absatz 1 Nr. 4 darf den Gesamtbetrag der Bauspardarlehen und der Darlehen nach Absatz 1 Nr. 1 nicht übersteigen.

(3) Verfügbares Geld dürfen die Bausparkassen anlegen in

1.
Guthaben bei dem einheitlichen Aufsichtsmechanismus nach Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 oder einer staatlichen Aufsicht unterliegenden Kreditinstituten in der Europäischen Union, in anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweiz,
2.
Namensschuldverschreibungen, die von den in Nummer 1 genannten Kreditinstituten ausgegeben werden,
3.
Einlagenzertifikate von den in Nummer 1 genannten Kreditinstituten, sofern diese Papiere eine restliche Laufzeit von höchstens zwölf Monaten haben,
4.
Schuldbuchforderungen, unverzinslichen Schatzanweisungen und Schatzwechseln des Bundes, seiner Sondervermögen und der Länder sowie vergleichbaren Schuldtiteln der Europäischen Union, ihrer Mitgliedstaaten oder anderer Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sowie der Schweiz,
5.
Schuldverschreibungen,
a)
die von einer der in Nummer 4 bezeichneten Stellen ausgegeben wurden,
b)
für deren Verzinsung und Rückzahlung eine der in Nummer 4 bezeichneten Stellen die Gewährleistung übernommen hat oder
c)
die zum Handel an einem organisierten Markt nach § 2 Absatz 11 des Wertpapierhandelsgesetzes zugelassen sind und bei denen die Erfüllung der Leistungspflichten aus der Schuldverschreibung während der gesamten Laufzeit gewährleistet erscheint,
6.
Forderungen aus Gelddarlehen, über die ein Schuldschein ausgestellt wurde, sofern diese Forderungen nach dem Erwerb durch die Bausparkasse mindestens zweimal abgetreten werden können und das Darlehen gewährt wurde,
a)
einer der in Nummer 4 bezeichneten Stellen, einer anderen regionalen oder lokalen Gebietskörperschaft im Sinne des Artikels 115 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz,
b)
geeigneten sonstigen Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweiz,
c)
Unternehmen, die Wertpapiere ausgegeben haben, die zum Handel an einem organisierten Markt nach § 2 Absatz 11 des Wertpapierhandelsgesetzes zugelassen sind, oder
d)
gegen Übernahme der Gewährleistung für die Verzinsung und Rückzahlung durch eine der in Nummer 4 bezeichneten Stellen;
der Gesamtbetrag dieser Forderungen der Bausparkasse darf ihr haftendes Eigenkapital nicht übersteigen;
7.
Investmentanteilen an einem nach dem Grundsatz der Risikomischung angelegten Vermögen, die von einer Kapitalverwaltungsgesellschaft oder von einer ausländischen Investmentgesellschaft, die jeweils zum Schutz der Anteilinhaber einer besonderen öffentlichen Aufsicht unterliegt, ausgegeben wurden, wenn nach den Vertragsbedingungen oder der Satzung der Kapitalverwaltungsgesellschaft oder der Investmentgesellschaft das Vermögen nur in den Schuldtiteln nach den Nummern 1 bis 6 und 8 sowie in Bankguthaben angelegt werden darf,
8.
Aktien,
a)
die voll eingezahlt sind und
b)
die zum Handel zugelassen oder an einem anderen organisierten Markt zugelassen oder in diesen einbezogen oder an einer Börse in einem Staat außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums zum Handel zugelassen oder dort an einem anderen organisierten Markt zugelassen oder in diesen einbezogen sind.
Die Anlagen nach Satz 1 Nummer 8 dürfen unter Berücksichtigung von Investmentanteilen nach Satz 1 Nummer 7 insgesamt 5 Prozent der Summe der Zuteilungsmasse gemäß § 1 Absatz 6 nicht übersteigen. Die Anlagen nach Satz 1 Nummer 8 bei demselben Unternehmen dürfen unter Berücksichtigung von Investmentanteilen nach Satz 1 Nummer 7 0,2 Prozent der Summe der Zuteilungsmasse gemäß § 1 Absatz 6 nicht übersteigen.

(3a) Soweit eine Bausparkasse im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung in zulässiger Art und Weise sowie in zulässigem Umfang zur Erfüllung von Ansprüchen aus betrieblicher Altersversorgung einem Dritten Vermögensgegenstände überlässt, die ausschließlich der Erfüllung von Verbindlichkeiten aus Altersversorgungsverpflichtungen dienen und dem Zugriff aller übrigen Gläubiger entzogen sind, unterliegt der Dritte bei der Anlage dieser Vermögensgegenstände nicht den Beschränkungen des Absatzes 3. Die Vermögensgegenstände sind unter Berücksichtigung der Art und Dauer der Altersversorgungsverpflichtungen so anzulegen, dass möglichst große Sicherheit und Rentabilität unter Wahrung angemessener Mischung und Streuung sowie der Liquidität zur Erfüllung der Verbindlichkeiten erreicht wird.

(4) Bausparkassen ist der Erwerb von Grundstücken, Erbbaurechten, Rechten in der Form des Wohnungseigentums, Teileigentums, Wohnungserbbaurechts und Teilerbbaurechts nur zur Verhütung von Ausfällen an Forderungen und zur Beschaffung von Geschäftsräumen sowie von Wohnräumen für ihre Betriebsangehörigen gestattet.

(5) Bausparkassen können sich vor Zuteilung eines Bausparvertrages nicht verpflichten, die Bausparsumme zu einem bestimmten Zeitpunkt auszuzahlen.

(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.

(2) Die vereinbarten Zinsen sind, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nach dem Ablauf je eines Jahres und, wenn das Darlehen vor dem Ablauf eines Jahres zurückzuzahlen ist, bei der Rückzahlung zu entrichten.

(3) Ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, dass der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer kündigt. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. Sind Zinsen nicht geschuldet, so ist der Darlehensnehmer auch ohne Kündigung zur Rückzahlung berechtigt.

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn der Gläubiger dem Schuldner durch Vertrag die Schuld erlässt.

(2) Das Gleiche gilt, wenn der Gläubiger durch Vertrag mit dem Schuldner anerkennt, dass das Schuldverhältnis nicht bestehe.

40
b) Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten (BGH, Urteil vom 27. Juni 1957 - II ZR 15/56, BGHZ 25, 47, 51 f.; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 242 Rn. 87) setzt neben einem Zeitmoment, für das die maßgebliche Frist mit dem Zustandekommen des Verbrauchervertrags zu laufen beginnt, ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 28. März 2006 - XI ZR 425/04, BGHZ 167, 25 Rn. 35, vom 13. Juli 2004 - XI ZR 12/03, WM 2004, 1680, 1682 und vom 25. November 2008 - XI ZR 426/07, juris Rn. 22; BGH, Urteile vom 27. Juni 1957 aaO, vom 16. Juni 1982 - IVb ZR 709/80, BGHZ 84, 280, 281, vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 39, vom 14. Juni 2004 - II ZR 392/01, WM 2004, 1518, 1520, vom 18. Oktober 2004 - II ZR 352/02, WM 2004, 2491, 2494 und vom 23. Januar 2014 - VII ZR 177/13, WM 2014, 905 Rn. 13). Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalles (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2013 - XII ZR 59/12, WM 2014, 82 Rn. 7 mwN).
30
a) Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten setzt, was der Senat nach Erlass des Berufungsurteils für die Verwirkung des Verbraucherwiderrufsrechts verdeutlicht und präzisiert hat (Senatsurteile vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, WM 2016, 1835 Rn. 40 und - XI ZR 564/15, WM 2016, 1930 Rn. 37, jeweils mwN), neben einem Zeitmoment, für das die maßgebliche Frist mit dem Zustandekommen des Verbrauchervertrags zu laufen beginnt, ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untä- tigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen. Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalls (Senatsurteile vom 12. Juli 2016 aaO), ohne dass insofern auf Vermutungen zurückgegriffen werden kann. Gerade bei wie hier beendeten Verbraucherdarlehensverträgen kann, was der Senat in seinem Urteil vom 12. Juli 2016 (XI ZR 501/15, aaO Rn. 41) näher dargelegt hat, das Vertrauen des Unternehmers auf ein Unterbleiben des Widerrufs nach diesen Maßgaben schutzwürdig sein, auch wenn die von ihm erteilte Widerrufsbelehrung ursprünglich den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprach und er es in der Folgezeit versäumt hat, den Verbraucher nachzubelehren. Das gilt in besonderem Maße, wenn die Beendigung des Darlehensvertrags auf einen Wunsch des Verbrauchers zurückgeht.

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten aus dem Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte Sicherheiten in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um den Fortbestand eines Bausparvertrags nach erfolgter Kündigung durch die Beklagte.

2

Der Kläger übernahm im Jahr 1997 im Wege der Vertragsübernahme einen von seiner Mutter mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Ö. B. H., geschlossenen Bausparvertrag, der am 2. Dezember 1981 zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien zu wirken begann.

3

Die Bausparsumme betrug DM 50.000,-- (€ 25.564,59). Vereinbart war ein sog. Standardtarif bei einem monatlichen Regelsparbeitrag von DM 200,00 (€ 102,25). Die Verzinsung des Bausparguthabens des Klägers belief sich auf 2,5 % pro Jahr. Seit dem 31. Mai 1995 ist der Vertrag zuteilungsreif, ohne dass der Kläger den Bausparvertrag als Darlehen in der Folge abgerufen hätte. Seine Spareinzahlungen stellte der Kläger Anfang 2002 ein. Das Bausparguthaben des Klägers belief sich am 31. Dezember 2014 auf € 17.145,70.

4

Mit Schreiben vom 6. Januar 1997 wurden dem Kläger die als Anlage K2 vorgelegten Allgemeinen Bausparbedingungen (im Folgenden: ABB) übersandt.

5

§ 9 Abs. 1 der ABB sah vor, dass die Bausparkasse den Bausparvertrag nicht kündigen kann, solange der Bausparer seine vertraglichen Verpflichtungen erfüllt.

6

Mit Schreiben vom 19. Mai 2015 kündigte die Beklagte den Bausparvertrag des Klägers zum 30. November 2015. Einzelheiten des Kündigungsschreibens ergeben sich aus Anlage K4.

7

Der Kläger ist der Meinung, dass die Beklagte zur Kündigung nicht berechtigt gewesen sei.

8

Bereits § 9 Abs. 1 ABB schließe ein Kündigungsrecht der Beklagten aus. Darüber hinaus lägen auch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB im konkreten Fall nicht vor. Da die volle Bausparsumme noch nicht erreicht sei, könne von einem vollständigen Empfang der Darlehenssumme auf Seiten der Beklagten nicht die Rede sein. Im Übrigen dürfe sich die Beklagte nicht einseitig von der von ihr zugesagten Möglichkeit der Inanspruchnahme eines Bauspardarlehens lösen.

9

Der Kläger beantragt,

10

festzustellen, dass der bei der Beklagten bestehende Bausparvertrag Nr. 4... über den 30. November 2015 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.

11

Die Beklagte beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Sie meint, dass die Voraussetzungen des nicht dispositiven Kündigungsrechts nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gegeben seien. Zweck dieser Norm sei es, eine überlange Bindung eines Darlehensnehmers an ein Darlehen mit festem Sollzinssatz zu vermeiden. Eine solche unverhältnismäßige Bindung würde bei der Beklagten eintreten, wenn sie sich nicht jedenfalls zehn Jahr nach Zuteilungsreife des Bausparvertrags vom Vertrag lösen könne, sofern der Bausparer diesen lediglich aus Sparvertrag nutze.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll vom 8. März 2016 verwiesen sowie auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.

Entscheidungsgründe

15

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet, denn die Kündigung durch die Beklagte ist wirksam.

I.

1.

16

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das für die Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse an der Feststellung des Rechtsverhältnisses gegeben. Bei Beendigung des Bausparvertrags würden dem Kläger Zinseinbußen durch Beendigung der in der anhaltenden Niedrigzinsphase mit 2,5% p.a. verhältnismäßig hohen Verzinsung seines Bausparguthabens drohen.

2.

17

Die Klage ist jedoch nicht begründet, der Bausparvertrag des Klägers wurde durch die Beklagte mit Schreiben vom 19. Mai 2015 wirksam gekündigt.

18

Der beklagten Bausparkasse steht das gesetzliche Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu, denn diese Vorschrift ist grundsätzlich auch auf Bausparverträge anwendbar (dazuunten 2.1); sie stellt keine spezifische Verbraucherschutznorm dar, auf die sich die Beklagte als Bausparkasse nicht berufen könnte (dazu unten 2.2). Mit dem Eintritt der Zuteilungsreife des Bausparvertrags liegt auch ein „vollständiges Empfangen“ des Darlehens im Sinne des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB vor (vgl. unten 2.3). Schließlich sind und die sonstigen Voraussetzungen des Kündigungsrechts gegeben (siehe unten 2.4).

2.1

19

Bei einem Bausparvertrag handelt es sich um einen Darlehensvertrag im Sinne des § 489 BGB in besonderer Ausprägung, wobei der beklagten Bausparkasse im Zeitpunkt der Kündigung die Rolle des Darlehensnehmers zukam. Gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über Bausparkassen (BauSparkG) ist ein Bausparvertrag definiert als Vertrag, durch den der Bausparer nach Leistung von Bauspareinlagen einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens erwirkt. Damit ergibt sich bereits gesetzlich ein enger Bezug zum Darlehensrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Die besondere Eigenart des Bausparvertrags wiederum liegt im Wechsel der Rollen der Vertragspartner als Darlehensgeber und Darlehensnehmer im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens. Denn der Bausparer leistet in der sogenannten Ansparphase zunächst Bauspareinlagen als Darlehen an die Bausparkasse. Ist das im Vertrag vereinbarte Mindestguthaben und die Zuteilungsreife, die noch von anderen Faktoren abhängt (vgl. §§ 10 ff. ABB), erreicht und nimmt der Bausparer seinerseits das Bauspardarlehen, worauf er ab diesem Zeitpunkt nach § 1 Abs. 2 BauSparkG einen Rechtsanspruch hat, in Anspruch, tauschen sich die Rollen; in der folgenden Darlehensphase übernimmt der Bausparer die Rolle des Darlehensnehmers, die Bausparkasse die Rolle des Darlehensgebers (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 26. Oktober 2015 – I-31 U 182/15, juris; OLG Köln, Beschl. v. 23. März 2015 - 13 U 104/14; OLG Stuttgart, Beschl. v. 14. Oktober 2011 - 9 U 151/11 – juris, Rn. 7; OLG Karlsruhe, Urt. v. 16. Juni 2015 - 17 U 5/14 – juris, Rn. 37).

2.2

20

§ 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist in seiner Anwendung nicht auf Verbraucher beschränkt. Anlass für eine teleologische Reduktion dieser Vorschrift besteht nicht. Die Auslegung der Norm führt zu einer uneingeschränkten Anwendbarkeit auch für den unternehmerischen Vertragspartner (vgl. hierzu auch OLG Koblenz, Beschl. v. 18. Januar 2016 - 8 U 1064/15; OLG Celle, Beschl. v. 3. Februar 2016, 3 U 192/15).

2.2.1

21

Der Wortlaut „Darlehensnehmer“ in § 489 Abs. 1 BGB unterscheidet nicht zwischen Verbraucher und Unternehmer, denn „Darlehensnehmer“ kann sprachlich sowohl ein Verbraucher als auch ein Kreditinstitut bzw. eine Bausparkasse sein. Somit spricht die grammatische Auslegung für die Ansicht der Beklagten.

2.2.2

22

Auch aus der Entstehungsgeschichte des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ergibt sich nichts anderes. Denn bereits durch die Vorgängernorm des § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F. wollte der Gesetzgeber eine unangemessene Benachteiligung durch die Marktzinsentwicklung über zehn Jahre nach dem vollständigen Empfang eines Darlehens verhindern (siehe hierzu BT-Drs. 10/4741, 21, 22). Verbraucherschützenden Charakter hatte hierbei nur die Regelung des § 609a Abs. 1 Nr. 2 BGB a.F., die alleine den Verbraucher als Darlehensnehmer betraf und die sich nach der Gesetzesbegründung allein auf den Verbraucherschutz bezog (BT-Drs. 16/11643, 74). Alle weiteren Kündigungsgründe des § 609a BGB a.F. richteten sich allgemein gegen den Schuldner. Diese bewusste Entscheidung durch den Gesetzgeber wird auch insoweit deutlich, als bei der Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie lediglich die Nachfolgebestimmung des § 609 Abs. 1 Nr. 2 BGB a.F. wegen ihres verbraucherschützenden Charakters in die Verbraucherkreditvorschrift des § 500 BGB übernommen wurde. Demgegenüber wurde § 489 Abs. 1 Nr. 2 n.F. BGB in das allgemeinen Darlehensregime des BGB implementiert (hierzu Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800).

2.2.3

23

Dieses Auslegungsergebnis wird weiter durch einen Umkehrschluss zu § 489 Abs. 4 Satz 2 BGB gestützt. Danach ist das Kündigungsrecht nur für die dort aufgezählten Gebietskörperschaften ausgeschlossen und eben gerade nicht für die beklagte Bausparkasse.

2.2.4

24

Schließlich sprechen auch teleologische Gesichtspunkte für die Anwendung des Kündigungsrechts in § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf die beklagte Bausparkasse. Ziel der streitgegenständlichen Norm ist es, den Darlehensnehmer bei einem festverzinslichen Darlehen wie dem vorliegenden Bausparvertrag nach Ablauf von zehn Jahren von der weiteren Bindung an einen Zinssatz zu bewahren, der sich angesichts wandelnder Marktverhältnisse als nicht mehr zeitgemäß darstellt (BT-Drs. 10/4741, 22 zu § 609a aF; vgl. auch Mülbert, in: Staudinger, BGB, Stand 2015, § 489 Rn. 7). Dem Gesetzgeber ging es dabei darum, das Dauerschuldverhältnis in einen überschaubaren Zeitraum als bindend anzusehen, dann jedoch dem zinspflichtigen Darlehensnehmer die einseitige Beendigung zu ermöglichen. Damit erscheint die Norm letztlich als besondere gesetzlich ausgeprägte Formulierung des Grundsatzes der Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage. Denn die Zinsbindung über einen längeren Zeitraum als zehn Jahre ist nicht abschätzbar und daher nicht allein in der Risikosphäre des Darlehensgebers.

25

Eine teleologische Reduktion der Vorschrift mit dem Ziel, die Norm lediglich zugunsten eines Verbrauchers als Darlehensnehmer anzuwenden, ist entgegen der abweichenden Ansicht des AG Ludwigsburg (Urt. v. 7. August 2015, 10 C 1154/15, juris) nicht geboten, denn sie wäre nur dann vorzunehmen, wenn die auszulegende Vorschrift auf einen Teil der gleichsam versehentlich vom Wortlaut erfassten Fälle nicht angewendet werden soll, weil Sinn und Zweck der Norm, ihre Entstehungsgeschichte und der Gesetzeszusammenhang der einschlägigen Regelung gegen eine solche Anwendung sprechen. Dies ist nach den obigen Ausführungen aber nicht der Fall.

2.3

26

Das Darlehen ist durch die Beklagte mit erstmaligem Eintritt der Zuteilungsreife des Bausparvertrags „vollständig empfangen“ im Sinne der gesetzlichen Bestimmung. Zwischen der Kündigung im Jahr 2015 und dem vollständigen Empfang im Jahr 1995 liegen mehr als zehn Jahre.

27

Mit „vollständigem Empfang“ könnte im Fall des Bauspardarlehens zwar grundsätzlich auch gemeint sein, dass die Bausparsumme vollständig eingezahlt sein muss. Diese Deutung ist jedoch abzulehnen (so auch OLG Celle, Beschl. v. 3. Februar 2016, 3 U 192/15; OLG Hamm, Beschl. v. 30. Dezember 2015, 31 U 191/15, juris, Rn. 24; OLG Koblenz, Beschl. v. 18. Januar 2016, 8 U 1064/15; Mülbert, in: Staudinger, BGB, Stand 2015, § 488, Rn. 550, § 489 Rn. 51, aA Weber, ZIP 2015, 961, 964 f.). Vielmehr ist von einem vollständigen Empfang bereits dann auszugehen, wenn der Bausparer nach Eintritt der Zuteilungsreife das Darlehen nicht in Anspruch nimmt und den Vertrag fortsetzt. Dafür spricht, dass bereits zu diesem Zeitpunkt der eigentliche Zweck des Bausparvertrags erreicht ist, einen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens zu erhalten. Die Anknüpfung an den Zeitpunkt der Zuteilungsreife ist auch interessengerecht, weil bei Bausparverträgen mangels Pflicht des Bausparers zum Abruf des Darlehens ein an die Bausparkasse zu entrichtender konkreter „Darlehensbetrag“ gar nicht feststeht, an dem man sich für die Bestimmung des Fristbeginns jenseits der Zuteilungsreife orientieren könnte. Zwar ist der Bausparer in der Ansparphase, mithin auch nach Zuteilungsreife und vor Abruf des Darlehens, zur Zahlung der Spareinlagen gegenüber der Beklagten verpflichtet (vgl. § 5 ABB, hierzuMülbert, in: Staudinger, BGB, Stand 2015, § 488 Rn. 542), doch folgt daraus nur, dass vor Zuteilungsreife noch kein vollständiger Empfang des Darlehens vorliegt, zwingt indes nicht zur Annahme, in der Ansparphase erst mit Erreichen der vollständigen Bausparsummen von einem „vollständigen Empfang“ auszugehen. Denn, wie bereits ausgeführt, hat es der Bausparer ab Zuteilungsreife in der Hand, den weiteren Umfang seiner Spareinlagen durch Entscheidung über den Abruf zu bestimmen.

28

Gegen die Annahme eines „vollständigen Empfangs“ bereits mit Zuteilungsreife spricht auch nicht, dass der Kläger als Bausparer seinen Bausparvertrag trotz Zuteilungsreife fortsetzen kann und weitere ansparen darf. Denn diese besondere Flexibilität, die den Bausparvertrag besonders attraktiv macht, bleibt dem Bausparer innerhalb der Grenze des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB unbenommen. Innerhalb dieser zeitlichen Grenze ist es dem Bausparer jederzeit möglich, seinen Anspruch auf Erhalt des Bauspardarlehens geltend zu machen. Der Bausparer wird durch die Festlegung des Beginns der 10-Jahres-Frist mit erstmaliger Zuteilungsreife auch nicht für die Nichtannahme der Zuteilung sanktioniert, weil diese Festlegung dem Schutz berechtigter Interessen der Bausparkasse dient. Die bloße im Vertrag angelegte Möglichkeit, dass die Beklagte bei einem entsprechenden Verhalten des Klägers Darlehensnehmer wird, steht der Annahme eines Kündigungsrechts aus § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB während der Ansparphase nicht entgegen (OLG Celle, Beschl. v. 3. Februar 2016, 3 U 192/15).

29

Zu beachten ist schließlich, dass die Bausparkasse im Fall des Erreichens der vollen Bausparsumme bereits ein Kündigungsrecht aus § 488 Abs. 3 BGB hat (OLG Stuttgart, Beschluss vom 14. Oktober 2011 - 9 U 151/11). Würde man für den Tatbestand des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ebenfalls das Erreichen der vollen Bausparsumme verlangen, würde das besondere Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB leerlaufen und die Bausparkasse wäre auf das Recht aus § 488 Abs. 3 BGB begrenzt.

30

Im Übrigen ist in der vorliegenden Konstellation zu berücksichtigen, dass der Kläger seit knapp fünfzehn Jahren keine Spareinlagen mehr erbracht hat, so dass der Empfang der letzten Einlage durch die Beklagte auch tatsächlich mehr als zehn Jahre vor der Kündigung liegt.

31

Ob von dieser Auslegung bei atypischen Bausparverträgen, deren primäres Ziel nicht in einer späteren Darlehensaufnahme liegt, sondern die primären Sparcharakter aufweisen, eine Ausnahme zu machen ist, muss nicht entschieden werden (vgl. zu dieser Differenzierung auch LG Karlsruhe, Urteil vom 11. November 2015 - 10 O 349/15). Denn nach dem Parteivorbringen handelt es sich hier um einen Standardvertrag.

2.4

32

Auch die weiteren Voraussetzungen des Kündigungsrechts liegen vor. Ein gebundener Sollzinssatz im Sinne von § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist vorliegend vereinbart worden. Ebenfalls hat die Beklagte die Kündigungsfrist von sechs Monaten eingehalten.

33

Das Kündigungsrecht wurde auch nicht durch die ABB ausgeschlossen. Weder die Möglichkeit des Bausparers, den Vertrag nach dem Zeitraum der Zuteilungsreife fortzusetzen, noch die Regelung in § 9 Abs. 1 ABB, wonach der Vertrag nicht gekündigt werden darf, solange der Bausparer seine Pflichten erfüllt, steht der Kündigung nicht entgegen. Denn die gesetzlichen Kündigungsrechte des § 489 Abs. 1 BGB sind nach § 489 Abs. 4 Satz 1 BGB unabdingbar (so auch OLG Celle, Beschl. v. 3. Februar 2016, 3 U 192/15). § 489 Abs. 4 BGB enthält auch keine einseitigen Öffnungsklausel zugunsten von Verbrauchern und zu Lasten von Unternehmern.

34

Schließlich ist die Ausübung des Kündigungsrechts durch die Beklagte auch nicht treuwidrig. Im Gegenteil: Im vorliegenden Fall widerspricht die Nutzung des Bausparvertrags als reiner Sparvertrag letztlich dem Sinn § 1 Abs. 1 ABB, wonach Zweck des Bausparvertrags die Erlangung des Bauspardarlehens ist. Auch im Hinblick auf den Kollektivcharakter des Bausparens muss beachtet werden, dass die Dateien des Vertrags stets gehalten sind, den Interessen der Gemeinschaft Rechnung zu tragen, um möglichst vielen Sparern die Aufnahme von günstigen festverzinslichen Darlehen für wohnungswirtschaftliche Maßnahmen staatlich gefördert zu ermöglichen. Hierfür besteht aber eine Gefahr, wenn ein Ungleichgewicht zwischen Darlehensnehmern und Darlehensgebern auf Seite der Bausparer entsteht, weil Bausparverträge als dauerhafte Sparverträge benutzt würden.

II.

35

Die Kostenentscheidung basiert auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.

36

Beschluss

37

Der Streitwert wird auf € 1.500,-- festgesetzt (3,5 x jährlicher Vertragszins auf eingezahlte Bausparsumme). Bei der vorliegenden Klage auf Feststellung des Fortbestehens eines Bausparvertrages kommt es maßgeblich auf den Wert der Leistungen an, welche die Kläger damit erhalten wollen. Dies ist bei objektiver Betrachtung unter Berücksichtigung des Klagevorbringens vorliegend die Verzinsung des Bausparguthabens (hierzu OLG Koblenz, Beschl. v. 18. Januar 2016 - 8 U 1064/15; OLG Hamm, Beschl. v. 26. Oktober 2015 - I 31 U 182/15, juris, Rn. 22). Bei der jährlichen Verzinsung handelt es sich um wiederkehrende Leistungen im Sinne von § 9 S. 1 ZPO.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um den Fortbestand eines seitens der Bausparkasse gekündigten Bausparvertrages.

2

Mit Vertragsbeginn zum 24.06.1991 schlossen die Parteien einen Bausparvertrag über eine Bausparsumme von 15.000,00 DM ab. Der Vertrag wurde bei der Sparkasse V. in G., der für den Kläger zuständigen Geschäftsstelle der Beklagten, abgeschlossen. Die Bausparsumme wurde am 05.09.1991 auf 25.000,00 DM erhöht. Als Zinssatz für das Bauspardarlehen wurden 5 % p.a. gewählt. Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB) zugrunde. Nach § 21 dieser Bedingungen durfte die Bausparkasse den Vertrag insbesondere nicht kündigen, solange der Bausparer seine vertraglichen Pflichten erfüllt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage B 1 (Bl. 44 ff. d.A.) Bezug genommen. Der Bausparvertrag wurde zum 01.04.2004 zuteilungsreif, worüber die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom Januar 2004 unterrichtete. Der Kläger nahm die Zuteilung nicht an und entrichtete spätestens seit 1999 mit Ausnahme von Dezember 2003 keine weiteren Sparleistungen bzw. vermögenswirksamen Leistungen auf den Bausparvertrag mehr. Eine Auszahlung des Bausparguthabens (brutto) des Bauspardarlehens hat der Kläger nicht beantragt. Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 18.12.2014 mit einer Frist von 6 Monaten zum 30.06.2015 den Vertrag. Der Bausparvertrag wies zum 01.07.2015 ein Bausparguthaben von 10.143,30 EUR aus. Der Kläger widersprach der Kündigung und beauftragte seinen Prozessbevollmächtigten mit der Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen. Diese wandten sich an die Beklagte und forderten eine Erklärung dahingehend, dass der Vertrag fortbestehe unter Fristsetzung bis zum 12.02.2015.

3

Der Kläger meint, das Vertragsverhältnis sei nicht durch die ausgesprochene Kündigung beendet worden, da sich die Beklagte auf die Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht berufen könne. Diese Norm beziehe sich nur auf den Darlehensnehmer und räume demzufolge auch nur dem Darlehensnehmer ein Kündigungsrecht ein, nicht aber dem Darlehensgeber. Zudem sei die Vorschrift überhaupt nicht anwendbar, da es sich nicht um einen gewöhnlichen Darlehensvertrag handele. Es komme daher allein auf die Bausparbedingungen und die darin geregelten Kündigungsrechte an. Aus diesen, insbesondere aus § 21 der ABB, ergebe sich jedoch kein Kündigungsrecht. Die Klägerin behauptet für die vorgerichtliche Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten seien Kosten i.H.v. 887,03 EUR angefallen. Wegen der Berechnung im Einzelnen wird auf Seite 4 der Klageschrift Bezug genommen.

4

Der Kläger beantragt,

5

1. es wird festgestellt, dass der zwischen den Parteien bestehende Bausparvertrag zur Vertragsnummer 4... nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 18.12.2014 zum 01.07.2015 beendet wurde, sondern darüber hinaus fortbesteht;

6

2. die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von einer Inanspruchnahme durch die Rechtsanwälte H...., für vorgerichtliche Kosten i.H.v. 887,03 EUR durch Zahlung an diese freizustellen.

7

Die Beklagte beantragt,

8

die Klage abzuweisen.

9

Die Beklagte ist der Auffassung, der Bausparvertrag sei wirksam gem. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gekündigt wurde. Diese Norm gelte auch für die Beklagte, insbesondere sei die Bausparkasse in der Ansparphase Darlehensnehmer und der Bausparer Darlehensgeber. Erst in der Darlehensphase würden diese Rollen getauscht. Es sei ein fester Sollzinssatz vereinbart, und die Beklagte habe die Darlehen auch vollständig empfangen. Die Kündigung habe daher den Bausparvertrag mit Wirkung zum 01.07.2015 wirksam beendet.

10

Der Kläger wendet dagegen ein, dass die bloße Zuteilungsreife noch nicht dem vollständigen Empfang des Darlehens entspreche, denn diese sei bereits nach 18 Monaten Vertragsdauer bzw. Einzahlung von 40 % der vereinbarten Bausparsumme erreicht. Räume man den Bausparkassen ein Kündigungsrecht eines vor der vollständigen Besparung zuteilungsreifen Vertrages ein, so nähme man dem Sparer die Anwartschaft auf Darlehensgewährung.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

12

Der zwischen den Parteien geschlossene Bausparvertrag wurde wirksam durch die Kündigung der Beklagten vom 18.12.2014 zum 30.06.2015 beendet.

13

a) Die Voraussetzung des § 489 Abs. 1 Ziffer 2 BGB liegen vor. Die Beklagte ist Darlehensnehmer i.S.d. Vorschrift (1.), es ist ein fester Sollzinssatz vereinbart (2.) und es sind 10 Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehen verstrichen (3.).

14

(1.) Der Bausparvertrag ist ein Vertrag zwischen dem Bausparer und einer Bausparkasse, durch den der Bausparer nach Leistung von Bauspareinlagen einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens erwirkt (§ 1 Abs. 2 BausparkG). Der Bausparvertrag lautet über eine bestimmte Bausparsumme, die das aus Bausparbeträgen, Zinsen und sonstigen Gutschriften bestehende Bausparguthaben und ein Bauspardarlehen i.H.d. Differenz zwischen Bausparsumme und Bausparguthaben umfasst. Zweck des Bausparvertrages ist die Erlangung eines Bauspardarlehens aufgrund planmäßiger Sparleistungen. In der Ansparphase besteht die Hauptpflicht des Bausparers als dem Darlehensgeber in der Erbringung der jeweils vereinbarten Regelsparleistung bis zu dem Zeitpunkt, in dem das der Bausparkasse gewährte Darlehen zur Rückzahlung fällig ist, weil der Bausparer eine Teilkündigung in Form der Beantragung bzw. der Annahme der Zuteilung des Bausparvertrages ausgesprochen hat (vgl. Staudinger/Mülbert, Neubearbeitung 2015, § 488 Rn 542 [m.w.N.]). Das ordentliche Kündigungsrecht gem. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB steht während der Ansparphase der Bausparkasse als Darlehensnehmerin zu (vgl. Staudinger/Mülbert, Neubearbeitung 2015, § 489 Rn 51 [m.w.N.]).

15

(2.) Es handelt sich auch um ein Darlehensverhältnis mit einem festen Sollzinssatz. Gem. § 6 Abs. 1 ABB sind die Bausparguthaben abhängig von der Wahl des Kunden bei Abschluss des Bausparvertrages fest über die gesamte Laufzeit mit einem Zins von - hier 5 % - zu verzinsen.

16

(3.) Die Beklagte hat das Darlehen auch vollständig empfangen i.S.d. Vorschrift des § 489 Abs. 1 Ziffer 2 BGB. Ein vollständiger Empfang i.S.d. Vorschrift ist aufgrund der strukturellen Eigenart des Bausparvertrages mit dem Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife anzunehmen. Mit dem Eintritt der Zuteilungsreife liegt es allein beim Bausparer, seinen Anspruch auf Erhalt der Bausparsumme zu begründen, indem er in Form der „Annahme“ oder - je nach Zuteilungsverfahren - der Beantragung der Zuteilung das der Bausparkasse gewährte Darlehen kündigt und zugleich die Potestativbedingung setzt, unter der sein Anspruch auf Valutierung des Bauspardarlehens steht. Die Zuteilung bzw. deren Bekanntgabe an den Bausparer ist als bloße Wissenserklärung hierfür nicht erforderlich (vgl. Staudinger/Mülbert, Neubearbeitung 2015, § 488 BGB Rn 550 [m.w.N.]).

17

(4.) Diese Zuteilungsreife lag hier am 01.04.2004 vor, so dass die 10 Jahres-Frist seit dem 01.04.2014 abgelaufen und der Bausparvertrag mit einer Frist von 6 Monaten kündbar war. Die Kündigungserklärung der Beklagten im Schreiben vom 18.12.2014 ist somit fristgemäß gewesen und hat den Bausparvertrag mit Wirkung zum 01.07.2015 beendet.

18

b) Die Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist nicht abdingbar, wie sich aus § 489 Abs. 4 Satz 1 BGB ergibt. Zudem greift § 21 der ABB nicht ein, da die Beklagte dem Kläger noch kein Bauspardarlehen gewährt hatte.

19

c) Die Kündigung verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben. Zwar ist der Bausparvertrag ein gegenseitiger Vertrag, der auf eine langfristige Bindung der Vertragspartner abstellt und ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis mit besonderen Pflichtenbindung nach § 242 BGB begründet (vgl. BGH, NJW 1976, 892). Der Kläger hatte jedoch 10 Jahre Zeit, das Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen. Selbst nach Kenntnis der Kündigungserklärung hatte er noch über 6 Monate Zeit gehabt, sein Recht auf Zuteilung des Bausparvertrages aus § 14 Abs. 2 ABB geltend zu machen. Die Anwendbarkeit der Kündigungsvorschriften entspricht auch dem Sinn und Zweck des BausparkG, mit dem wohnungswirtschaftliche Maßnahmen gefördert werden sollen (vgl. § 1 Abs. 3 BausparkG). Die gesetzgeberische Vorstellung ging dahin, dass der Bausparer nach der Ansparphase das Bauspardarlehen in Anspruch nimmt, um wohnungswirtschaftliche Maßnahmen zu ergreifen. Nicht gewollt war, dass er von einem über dem Marktniveau liegenden Einlagezins quasi endlos profitiert, weil er das Bauspardarlehen nicht abnimmt.

II.

20

Die geltend gemachte Nebenforderung trägt das Schicksal der Hauptforderung und ist daher unbegründet.

III.

21

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 Satz 1 und 2 ZPO.

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass der mit der Beklagten abgeschlossene Bausparvertrag des Klägers mit der Vertragsnummer 28 076 8340 vom 19.05.1988 über den 24.07.2015 hinaus fortbesteht.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 1.947,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass ein mit der Beklagten bestehender Bausparvertrag nicht aufgrund der Kündigung der Beklagten vom 12.01.2015 (Bl. 35 d.A.) beendet wurde sondern fortbesteht.
Mit Antrag vom 09.05.1988 begehrte der Kläger den Abschluss eines Bausparvertrages nach Tarif (ABB) 7 (K1/Bl. 12 d.A.). Die Beklagte nahm den Antrag an und bestätigte das Bestehen eines Bausparvertrages mit der Vertragsnummer 28 076 8340, Tarif 7 mit Vertragsbeginn 19.05.1988 und einer Bausparsumme von 50.000 DM (K2/Bl. 14 d.A.).
In der Folge (17.02.1993, Bl. 15/K3) wurde der Bausparvertrag in zwei Teilverträge aufgeteilt mit den Bausparsummen 40.000 DM und 10.000 DM. Der Bausparvertrag über die Summe von 10.000 DM (Vertragsnummer 41 047 9923) wurde zum 01.07.1993 abgerechnet und an den Kläger ausbezahlt.
Dem Bausparvertrag lagen die Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB 7) für Abschlüsse bis 31.12.1988 zu Grunde (Anlage K15/Bl. 17-29 d.A.). Darin finden sich u.a. folgende Bedingungen:
§1 Abs. 1
Der Abschluss des Bausparvertrages dient der Erlangung eines unkündbaren, in der Regel zweitstellig zu sichernden Tilgungsdarlehens (Bauspardarlehen) aufgrund planmäßiger Sparleistungen nach Maßgabe dieser allgemeinen Bedingungen.
§ 2 Abs. 3
Beträge, die die Bausparsumme übersteigen, werden für die Verzinsung zunächst wie das Bausparguthaben behandelt.....
§ 5 Abs. 1
Der monatliche Bausparbeitrag beträgt 5 vom Tausend der Bausparsumme (Regelsparbeitrag), er ist bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme zum 1. jeden Monats kostenfrei an die Bausparkasse zu entrichten.
§ 6 Abs. 1
Das Bausparguthaben wird mit 2,5 vom Hundert jährlich verzinst. Die Verzinsung des Bausparguthabens erhöht sich um einen Zinsbonus von 80 vom Hundert der Guthabenzinsen.
§ 6 Abs. 2
Die Verzinsung beginnt für Sparzahlungen mit dem auf den Zahlungseingang folgenden Monatsersten. Die Verzinsung des Bausparguthabens endet mit der ersten Auszahlung nach der Zuteilung.
10 
§ 12 Abs. 1
Die Zuteilung wird dem Bausparer unverzüglich schriftlich mitgeteilt mit der Aufforderung, binnen 4 Wochen ab Datum der Zuteilung zu erklären, ob er die Zuteilung annimmt.
11 
§ 14 Abs. 1
Nimmt der Bausparer die Zuteilung nicht an oder gibt er die Annahmeerklärung nicht fristgemäß ab oder wird die Annahme der Zuteilung widerrufen, so wird der Bausparvertrag fortgesetzt.
12 
Mit einem Schreiben ohne Datum teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sein Bausparvertrag - 28 076 8340 - am 01.07.2002 zugeteilt werde (K6/Bl. 32 d.A.). Mit Schreiben vom 15.07.2013 (Anlage K7/Bl. 33 d.A.) erklärte die Beklagte u.a. „selbstverständlich können Sie Ihren Bausparvertrag auch bestehen lassen, jedoch weisen wir Sie darauf hin, dass sich mit jeder weiteren Einzahlung Ihr Darlehensanspruch verringert“.
13 
Das Bausparguthaben belief sich, Stand 31.12.2014, auf 15.457,78 EUR (K8/Bl. 34 d.A.).
14 
Mit Schreiben vom 12.01.2015 (K9/Bl. 35 d.A.) kündigte die Beklagte unter Hinweis auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB den Bausparvertrag zum 24.07.2015.
15 
Der Kläger trägt vor, die Beklagte habe kein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, da Bausparverträge im Sinn des Bausparkassengesetzes keine Darlehen im Sinn des § 488 BGB seien.
16 
Im Übrigen sei diese Norm schuldnerschützend, als Ausgleich zum Zinsbestimmungsrecht des Darlehensgebers. Dieses Zinsbestimmungsrecht obliege vorliegend aber der Beklagten und nicht dem Kläger.
17 
Überdies sei ein eventuelles Kündigungsrecht verwirkt, da die Beklagte von der Zuteilung im Jahr 2012 bis zum Jahr 2015 mit der Kündigung abgewartet habe.
18 
Schließlich habe die Beklagte mit Schreiben vom 15.07.2013 auch erklärt, der Kläger könne seinen Bausparvertrag selbstverständlich bestehen lassen. Mit der jetzigen Kündigung verhalte sich die Beklagte treuwidrig im Hinblick auf die zuvor übersandte Äußerung.
19 
Zudem bestehe keine Verpflichtung zur Inanspruchnahme des Bauspardarlehens.
20 
Überdies gebiete § 5 Abs. 3 Nr. 7 des Bausparkassengesetzes, dass die allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge Bestimmungen enthalten müssten, über die Bedingungen, nach denen ein Bausparvertrag gekündigt werden könne.
21 
Die ABB hätten gegenüber den gesetzlichen Regelungen Vorrang. Für den vorliegenden Fall sei in den ABB keine Bestimmung enthalten.
22 
Der Kläger stellt folgende Anträge:
23 
1. Es ist festzustellen, dass der mit der Beklagten abgeschlossene Bausparvertrag des Klägers mit der Vertragsnummer 28 076 8340 vom 19.05.1988 über den 24.07.2015 fortbesteht;
24 
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 564,66 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
25 
Die Beklagte beantragt Klagabweisung.
26 
Sie stellt darauf ab, dass Vertragszweck des Bausparvertrages die Erlangung eines Bauspardarlehens sei. Zweck des Bausparvertrages sei nicht die dauerhaft zinsgünstige Anlage von Geld. Der Bausparvertrag sei ein einheitlicher Darlehensvertrag mit vertauschten Rollen nach Inanspruchnahme des Bauspardarlehens. Während der Ansparphase sei die Beklagte Darlehensnehmerin. Der Bausparvertrag sei ein normaler Darlehensvertrag und unterliege den darlehensvertraglichen Bestimmungen der §§ 488 ff. BGB. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB sei daher auch für die Beklagte anwendbar, da er nicht nur beschränkt sei auf Verbraucher. Der Schutzgedanke dieser Vorschrift, den Darlehensnehmer nicht an Zinsen zu binden, die nicht mehr den Marktbedingungen entsprechen, gelte auch und gerade für Kreditinstitute, was sich der Gesetzesbegründung zu § 609a BGB - alte Fassung - entnehmen lasse. Soweit § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB den „vollständigen Empfang“ des Darlehens voraussetze, sei aufgrund der strukturellen Eigenheiten des Bausparvertrages davon auszugehen, dass mit Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife des Bausparvertrages die Bausparkasse das Darlehen des Bausparers vollständig empfangen habe.
27 
Bezüglich des weiteren Partei- und Sachvortrags wird auf die Akte und die darin befindlichen Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
28 
Die zulässige Klage ist begründet.
1.
29 
Die Klage ist gem. § 256 Abs. 1 ZPO zulässig.
30 
Die Parteien streiten sich um den Fortbestand des am 19.05.1988 geschlossenen Bausparvertrages.
31 
Gem. § 256 Abs. 1 ZPO kann die Feststellungsklage auf Bestehen eines Rechtsverhältnisses gerichtet werden. Rechtsverhältnis ist jedes Schuldverhältnis zwischen den Parteien, insbesondere die Frage der Wirksamkeit, Auslegung oder Beendigung eines Vertrages (Zöller-Greger, ZPO Kommentar, § 256 RZ 4). Nachdem vorliegend die Beklagte die Beendigung des Vertrages behauptet und dem Kläger die Durchsetzung seiner subjektiven Rechte durch Leistungsurteil oder eine Rechtsänderung durch Gestaltungsurteil nicht möglich ist, ist die positive Feststellungsklage zulässig.
2.
32 
Die Klage ist begründet.
33 
Der Bausparvertrag besteht zwischen den Parteien fort.
34 
Die Kündigung der Beklagten vom 12.01.2015 vermochte das Vertragsverhältnis nicht zu beenden, da der Beklagten ein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht zur Seite steht.
35 
Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmer nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist weder nach Sinn und Zweck der Vorschrift auf eine Kündigung durch die Bausparkasse anwendbar (a), noch sind die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm im vorliegenden Fall gegeben (b).
36 
Der Entscheidung des OLG Stuttgart vom 14.10.2011 (Beschluss AZ 9 U 151/11, WM 2013, 508 ff., zitiert nach Juris) folgend schließt sich das Gericht der Rechtsauffassung der Beklagten an, wonach es sich bei dem Bausparvertrag um einen einheitlichen Darlehensvertrag handelt mit der Besonderheit, dass Bausparkasse und Bausparer mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre jeweiligen Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer tauschen. Die Einlagen des Bausparers stellen daher ein Darlehen an die Bausparkasse dar, für dessen Rückerstattung eine Zeit nicht bestimmt ist.
37 
Der Ansicht, dass der Bausparvertrag als Darlehensvertrag einzuordnen sei, folgt die Beklagte allerdings nicht konsequent.
38 
So lässt sie in den Fällen, in dem die Bausparer sich auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung einer Darlehensgebühr in den ABB berufen und einen Rückzahlungsanspruch nach § 812 BGB geltend machen, vortragen, der Bausparvertrag sei kein Darlehensvertrag, insbesondere sei das gesetzliche Leitbild der §§ 488 ff. BGB auf den Bausparvertrag nicht anzuwenden.
39 
Die Ansicht der Beklagten, wie der Bausparvertrag rechtlich einzuordnen sei, ist daher schwankend, je nachdem, ob sie Ansprüche abwehrt oder wie im vorliegenden Fall das Kündigungsrecht geltend macht.
a)
40 
Obwohl das Darlehensrecht grundsätzlich auf den Bausparvertrag Anwendung findet, kann sich die Beklagte in Fällen der vorliegenden Art nicht auf ein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen. Dies entspräche nach Auffassung des Gerichts nicht der Intention des Gesetzgebers, die der Schaffung der vorliegenden Norm zugrunde lag.
41 
Mit dem Gesetz zur Änderung, wirtschafts-, verbraucher-, arbeits- und sozialrechtlicher Vorschriften vom 25.07.1986 (Bundesgesetzblatt Teil 1 1986, 1169) hob der Gesetzgeber den bis dahin geltenden § 247 BGB auf und fügte § 609a BGB neu ins BGB ein. § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB bestimmte, wortgleich mit dem nun geltenden § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, dass der Schuldner ein Darlehen „in jedem Fall nach Ablauf von 10 Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Monaten“ kündigen kann.
42 
Der Gesetzesänderung zugrunde lag der Gesetzesentwurf (Drucksache 10/4741 vom 29.01.1986). Daraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber § 247 Abs. 1 BGB alte Fassung abschaffen wollte, weil eine wirtschaftlich sinnvolle, im Streitfall bestandskräftige Kündigung aufgrund dieser Norm, nach den geänderten wirtschaftlichen Verhältnissen und insbesondere der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht mehr möglich sei. Der Begründung des Entwurfes des Gesetzes zur Änderung wirtschafts- und verbraucherrechtlicher Vorschriften lässt sich entnehmen, dass nach Auffassung des Gesetzgebers § 247 Abs. 1 BGB alte Fassung dem Darlehensnehmer ein zu weitreichendes Kündigungsrecht gewährte, insbesondere wenn nach einer Phase ausgesprochen hoher Zinsen der Kapitalzins so stark abfiel, dass eine Umschuldung auf geringer verzinsliche Kredite für die Kreditnehmer rentabel wurde. Konsequenz dieses weitgehenden Kündigungsrechtes war, dass der Versicherungswirtschaft durch vorzeitig gekündigte Kredite ein Verlust von rund 1 Milliarde DM entstand.
43 
Nach der Begründung des Entwurfs war das Kündigungsrecht des Schuldners von einem Ausnahmebehelf zu einem voraussetzungslosen allgemeinen Kündigungsrecht geworden. Dies sei mit dem Wesen einer Festzinsabrede bei längerfristigen Krediten nicht zu vereinbaren. Der Entwurf bemängelte, dass der Kreditgeber bei steigenden Zinsen an einen niedrigen Vertragszins gebunden bleibe, während der Kreditnehmer bei fallenden Zinsen nach der Vorlaufzeit von 6 Monaten mit 6-monatiger Frist kündigen könne. Das Zinsänderungsrisiko sei einseitig auf den Kreditgeber verlagert und habe gesamtwirtschaftlich nachteilige Auswirkungen. Sie erschwere den professionellen Kreditgebern eine laufzeit- und zinskongruente Refinanzierung mittel- und längerfristig verzinslicher Kredite, deren Angebot zur Förderung und Finanzierung von Investitionen erwünscht sei. Die Kreditgeber müssten bei längerfristiger Vereinbarung fester Darlehenszinsen danach trachten, das sich aus § 247 BGB a.F. ergebende Risiko durch Kostenzuschläge (Disagio, Zinsen) aufzufangen.
44 
Bereits aus diesem Passus der Begründung des Gesetzesentwurfes ergibt sich, dass die Änderung im Interesse der „professionellen Kreditgeber“ zur Vermeidung gesamtwirtschaftlich nachteiliger Auswirkungen beabsichtigt war.
45 
Der Gesetzgeber hatte keinesfalls eine Darlehenskonstruktion der vorliegenden Art im Auge, wonach beim Bausparvertrag zunächst der Bausparer in der Ansparphase der Darlehensgeber und die Bausparkasse die Darlehensnehmerin ist.
46 
Die Gesetzesänderung sollte die „professionellen Kreditgeber“ stärken und keinesfalls den privaten Darlehensgeber im Bereich der Bausparverträge.
47 
Weiter ergibt sich aus der Begründung (Seite 22), dass mit der künftigen Regelung ein „maßvoll ausgestaltetes allgemeines Kündigungsrecht des Schuldners als ein wesentliches und wirksames Gegengewicht gegen das Zinsbestimmungsrecht des Gläubigers“ geschaffen werden soll. Auch aus diesem Begründungsteil ist zu erkennen, dass das Kündigungsrecht des § 609a BGB a.F. jetzt § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, nicht auf die Konstruktion des Bausparvertrages Anwendung finden kann.
48 
Zwar ist der Bausparer Darlehensgeber während der Ansparphase, im steht aber keinerlei „Zinsbestimmungsrecht“ zu. Dies liegt allein bei der Bausparkasse.
49 
Daraus lässt sich nach Auffassung des Gerichts zwanglos erkennen, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung der Norm, den „normalen“ Darlehensfall im Auge hatte, bei dem der Darlehensgeber der wirtschaftlich stärkere, „zinsbestimmende“ Vertragsteil und der Darlehensnehmer der wirtschaftlich schwächere ist. Diese Voraussetzungen sind beim Bausparvertrag gerade nicht gegeben.
50 
Weiter wird in der Begründung ausgeführt, dass nach dem Entwurf der Markt für längerfristige festverzinsliche Kredite auch solchen Geldgebern eröffnet werden solle, denen er bisher aufgrund der durch das Kündigungsrecht erschwerten „Refinanzierung“ verschlossen war. Deshalb müssten Zinsänderungsrisiken nach der vorgeschlagenen Regelung nicht mehr in die Konditionen längerfristiger, festverzinslicher Kredite einkalkuliert zu werden. Für Kreditnehmer sei daher mit einem verbesserten und breiter gefächerten Angebot insbesondere im Bereich der festverzinslichen Kredite zu rechnen.
51 
Auch diese Erklärungen weisen eindeutig darauf hin, dass der Gesetzgeber unter Kreditgeber eine Bank oder eine Versicherung verstand und unter Kreditnehmer den, so der heutige Terminus, Verbraucher.
52 
Beim Bausparvertrag ist es nicht der Bausparer, der „Konditionen längerfristiger, festverzinslicher Kredite“ zu schaffen vermag, sondern es ist die Bausparkasse. Das „breiter gefächerte Angebot, insbesondere im Bereich der festverzinslichen Kredite“ stellt nicht der Bausparer, sondern die Bausparkasse. Damit kann nach Auffassung des Gerichts kein Zweifel daran bestehen, dass der Gesetzgeber bei Schaffung der Kündigungsvorschrift des § 609a BGB a.F. nicht das Bausparvertragsverhältnis im Blick hatte.
53 
Dies ergibt sich aus einer weiteren Bemerkung im Rahmen der Begründung dieses Gesetzesentwurfes (Seite 22 vorletzter Absatz), in dem ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass es „den Geschäftsbedingungen des Kreditinstitutes vorbehalten bleibe, unter Wahrung des Grundgedankens der vorgeschlagenen Regelung zu treffen, die eine zeitliche Eingrenzung der Kündigungsbefugnis des Darlehensnehmers ermöglichen“. Hier wird sogar aus der Wortwahl des Gesetzgebers deutlich, auf welcher Seite er das „Kreditinstitut“ und auf welcher Seite den Darlehensnehmer sieht. Nach dem Grundgedanken des Gesetzes ist der “zinsbestimmende Teil“ das Kreditinstitut, welches mit den Geschäftsbedingungen das neu geschaffene Kündigungsrecht des Darlehensnehmers solle eingrenzen können.
54 
Damit steht, nach Auffassung des Gerichts, außer Frage, dass sich die Bausparkasse nicht auf das Kündigungsrecht des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen kann, weil dies den Intentionen des Gesetzgebers bei Schaffung der Vorgängernorm nicht gerecht wird.
55 
Soweit die Beklagte darauf abstellt, dass sich aus der Begründung des Gesetzesentwurfes (Seite 23) ergebe, dass die Norm auch für die Bausparkasse Anwendung finden soll, ist diese Auffassung, wie oben dargelegt, der Begründung keinesfalls zu entnehmen.
56 
Im Gegenteil lässt sich aus einem weiteren Satz in der Begründung die oben vertretene Auffassung des erkennenden Gerichtes bestärken, wonach das Kreditinstitut sich gerade nicht auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen können soll.
57 
Die beiden Sätze, die die Auffassung des genannten Gerichtes stärken, lauten wie folgt:
58 
„Der Schuldner kann die Kündigung frühestens nach Ablauf von 10 Jahren nach der Auszahlung des Darlehens und danach in jedem Zeitpunkt erklären. Um die technische Abwicklung des Vertrages und die Vorbereitung eines neuen Geschäfts zu erleichtern, hat der Schuldner eine Kündigungsfrist von 6 Monaten einzuhalten“.
59 
Wird wie vorliegend dem Bausparer von der Bausparkasse die Kündigung erklärt, gibt es für den Bausparer keine „technische Abwicklung des Vertrages“ und er vermag gegenüber dem bisherigen Darlehensnehmer auch keinesfalls die „Vorbereitung eines neuen Geschäftes“ vorzunehmen.
60 
Damit steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass nach dem Willen des Gesetzgebers bei Schaffung der Norm des § 609a BGB a.F. der Bausparvertrag und die darin zum Ausdruck kommenden Parteirollen, Darlehensnehmer (Bausparkasse) und Darlehensgeber (Bausparer) nicht erfasst werden sollte.
61 
Bereits diese Überlegungen führen dazu, die Kündigung der Beklagten vom 12.01.2015 als unwirksam zu betrachten.
b)
62 
Darüberhinaus ist jedoch, selbst wenn man § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu Gunsten der Bausparkasse für anwendbar halten wollte, im vorliegenden Fall ein Tatbestandsmerkmal der Norm nicht erfüllt.
63 
Vorab sei nochmal auf die oben erwähnte Begründung zum Gesetzesentwurf (Seite 23) verwiesen. Der Gesetzgeber wollte das Kündigungsrecht dem Darlehensschuldner nach Ablauf von 10 Jahren nach der Auszahlung des Darlehens gewähren.
64 
In § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist dies so formuliert, dass dem Darlehensnehmer nach „dem vollständigen Empfang“ das Kündigungsrecht zustehen soll.
65 
Sowohl nach dem Wortlaut des Gesetzes als auch nach der oben angeführten Begründung des Gesetzentwurfes ist nach Auffassung des Gerichts der vollständige Empfang im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB keinesfalls mit der Zuteilungsreife des Darlehensvertrages gleichzusetzen, wie dies bisher in der Rechtsprechung geschehen ist.
66 
So haben das Landgericht Mainz (WM 2015, 181 ff., zitiert nach Juris), das Landgericht Hannover (Urteil vom 30.06.2015, AZ 14 O 55/15, zitiert nach Juris) und das Landgericht Aachen (Urteil vom 19.05.2015, AZ 10 O 404/14, zitiert nach Juris) jeweils ausgeführt, dass „in einem Bausparfall der vollständige Empfang der Darlehensvaluta im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB der eintretenden Zuteilungsreife“ gleichzusetzen sei.
67 
Das Landgericht Aachen führte aus, dass sich die Anwendung der Norm aus ihrem Sinn und Zweck ergebe, weil § 489 BGB einen Interesseausgleich schaffen solle und den Darlehensnehmer vor überlangen Bindungen an festgelegte Zinssätze schützen wolle. Es sollten marktgerechte Zinsen ermöglicht werden.
68 
Abgesehen davon, dass, wie oben ausgeführt, Sinn und Zweck der Norm gerade nicht die Bausparkasse umfasst, ist dies nach Auffassung des Gerichts keine tragfähige Begründung dafür, dass der vollständige Empfang eines Darlehens gleichgesetzt werden kann mit der Zuteilungsreife des Bausparvertrags.
69 
Das Landgericht Mainz bemüht die „strukturellen Eigenheiten des Bausparvertrages“, um den Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife mit dem vollständigen Empfang im Sinn der Vorschrift gleichzusetzen.
70 
Wenn schon das Darlehensrecht direkt auf den Bausparvertrag Anwendung finden soll, dann ist es nicht zu begründen, dass einseitig zu Gunsten eines Vertragspartners, nämlich der Bausparkasse, der eindeutige Wortlaut der Gesetzesnorm zu Lasten des anderen Vertragsteiles ausgehöhlt wird.
71 
Soweit das Landgericht Mainz in diesem Zusammenhang noch ausführt, dass sich der Bausparer nicht auf den Grundsatz berufen könne, Verträge seien grundsätzlich einzuhalten, da er selbst durch die Nichtannahme der Zuteilung dem Vertragszweck zuwider gehandelt habe, ist dies unverständlich und mit Sicherheit nicht mit den „strukturellen Eigenheiten des Bausparvertrages“ in Einklang zu bringen.
72 
Es besteht zwischen den Parteien Einigkeit, dass der Bausparer niemals verpflichtet ist, ein Darlehen in Anspruch zu nehmen, wenn auch § 1 der ABB 7 den Vertragszweck in der Erlangung eines Bauspardarlehens sieht.
73 
Die Nichtannahme der Zuteilung kann daher keinesfalls als vertragswidriges Verhalten des Bausparers gewertet werden.
74 
Soweit das Landgericht Hannover die Gleichsetzung des vollständigen Empfangs der Darlehensvaluta mit der Zuteilungsreife annimmt, begründet es dies ebenfalls mit der „besonderen Konstruktion des Bausparvertrages“.
75 
Zwar hebt im Unterschied zum Landgericht Mainz das Landgericht Hannover hervor, dass es dem Bausparer grundsätzlich frei stehe, das Darlehens nach Zuteilungsreife abzurufen, hält aber gleichwohl aufgrund Sinn und Zweck der Norm ihre Anwendung für gerechtfertigt.
76 
Das Landgericht Hannover bezieht sich auf Systematik und Entstehungsgeschichte sowie Ratio der Vorschrift und nimmt zur Begründung Bezug auf die Bundestagsdrucksache 16/11 643 Seite 74.
77 
Hierbei handelt es sich um die Begründung der Bundesregierung zudem Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 21.01.2009.
78 
In der Begründung wird auf Seite 74 ausgeführt, dass die Änderungen des § 489 BGB lediglich redaktionellen und systematischen Anpassungen der Zinsregelungen dienen sollen.
79 
Ferner wird in der Begründung ausgeführt, dass für „Verbraucherdarlehen“ die Kündigungsmöglichkeiten des Darlehensnehmers in § 500 BGB geregelt würden.
80 
Gleichzeitig werde das Wort „Auszahlung“ durch das Wort „Empfang“ ersetzt.
81 
Zwar wird in den §§ 491 ff. BGB der Verbraucherdarlehensvertrag speziell geregelt, jedoch übersieht das Landgericht Hannover, dass § 500 BGB nicht auf Immobiliardarlehensverträge anzuwenden ist (§ 503 BGB).
82 
Der Bausparvertrag ist aber unstreitig ein Immobiliardarlehensvertrag im Sinn des § 503 BGB, sodass nach wie vor die oben zitierte Gesetzesbegründung zu § 609a BGB a.F. für die Auslegung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB heranzuziehen ist.
83 
Die Bundestagsdrucksache 16/11 643, Seite 74 enthält keinesfalls eine neue Begründung für Sinn und Zweck dieser Kündigungsvorschrift.
84 
Damit ist, wenn man so weit gehen wollte und § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB für Bausparverträge für anwendbar hält, festzustellen, was unter „vollständigem Empfang“ im Sinn dieser Norm gemeint ist.
85 
Es ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, dass damit nur die vollständige Valutierung, also Auszahlung des vereinbarten Darlehens gemeint sein kann. Gestützt wird dies durch die Begründung des Gesetzesentwurfes (Bundestagsdrucksache 10/4741, Seite 23), wie oben ausgeführt.
86 
Nachdem der Gesetzgeber bei Schaffung dieser Norm vom „normalen“ Darlehensvertrag ausging, ergibt es sich von selbst, dass die Darlehenssumme, die der Kreditgeber gewähren soll, vertraglich festgelegt ist. Dieser „Normalfall“ des Darlehens ist beim Bausparvertrag gerade nicht gegeben. Zwar ist der Bausparer in der Ansparphase Darlehensgeber und die Bausparkasse Darlehensnehmerin, jedoch ist im Bausparvertrag die vom Darlehensgeber „geschuldete“ Darlehenssumme mit keinem Wort festgelegt. Im Bausparvertrag geregelt ist lediglich die Bausparsumme und ermittelbar ist festgelegt die Zuteilungsreife. Die Zuteilungsreife ist der Zeitpunkt, zu dem der bisherige Darlehensgeber den „Rollentausch“ vornehmen kann, um sich in die Darlehensnehmerrolle zu begeben.
87 
Damit ist vertraglich eine bestimmte Darlehenssumme, die der Darlehensgeber der Ansparphase, also der Bausparer, an die Bausparkasse zu zahlen hat, nicht ausgewiesen.
88 
Auch daraus ergibt sich, dass die Gesetzesnorm des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gerade nicht auf den Bausparvertrag zugeschnitten wurde.
89 
Soweit in diesem Zusammenhang die Beklagte darauf hinweist, dass mit Eintritt der Zuteilungsreife es allein beim Bausparer liege, seinen Anspruch auf Erhalt der Bausparsumme zu begründen, ist dies, betrachtet man die ABB 7, keinesfalls zutreffend.
90 
Auch nach der Zuteilungsreife liegt es in der Entscheidungsfreiheit der Bausparkasse, das Darlehen zu gewähren. Dies folgt aus § 13 Abs. 4, 15 ABB. Vor Gewährung des Darlehens hat die Bausparkasse das Recht, eine Bonitätsprüfung durchzuführen, sowie weitere Darlehenssicherheiten zu verlangen. Kommt der Bausparer dem nicht nach, wird das zugeteilte Bauspardarlehen nicht ausgezahlt.
91 
Auch stehen weitere Regelungen der ABB 7 der Auffassung entgegen, Zuteilungsreife sei mit vollständigem Empfang gleichzusetzen:
92 
Aus § 2 Abs. 3 ABB ergibt sich, dass sogar der Fall, dass die Zahlungen des Bausparers die Bausparsumme übersteigen zur Regelung vorgesehen ist. Auch diese Beiträge, die überobligationsmäßig über die vereinbarte Bausparsumme eingezahlt werden, sind von der Bausparkasse zu verzinsen.
93 
In § 5 Abs. 1 ABB legt die Beklagte Regelsparbeiträge fest. Auch diese sind keinesfalls limitiert bis zur Zeit der Zuteilungsreife, sondern in dieser Regelung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bis zur ersten Auszahlung der zugeteilten Bausparsumme die Regelsparbeiträge monatlich zu leisten sind. Das heißt, die Beklagte fordert geradezu über den Zuteilungszeitpunkt hinaus die Einzahlung von Sparbeiträgen. Wäre sie bei Abfassung des Vertrages im Jahr 1988 der Auffassung gewesen, die Zuteilungsreife entspräche dem vollständigen Empfang im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, hätte es nahegelegen, eine Regelung einzufügen, wonach das weitere Besparen ab der Zuteilungsreife nicht mehr möglich ist. Die Beklagte hat nicht nur diesen Weg nicht gewählt, sondern im Gegenteil, den weiteren Regelsparbeitrag eingefordert.
94 
Darüberhinaus gewährt § 5 Abs. 3 ABB der Bausparkasse sogar das Recht zur Kündigung, wenn der Bausparer mit mehr als 6 Regelsparbeiträgen rückständig ist.
95 
Aus § 14 ABB ergibt sich, dass die Beklagte bei Vertragsschluss im Jahr 1988 keinesfalls davon ausging, dass der vollständige Empfang im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 mit der Zuteilungsreife gleichzusetzen sei. § 14 Abs. 1 ABB gewährt dem Bausparer nicht nur das Recht, die Zuteilung nicht anzunehmen, sondern regelt ausdrücklich die Fortsetzung des Bausparvertrages für den Fall, dass der Bausparer die Annahmeerklärung nicht fristgemäß abgibt.
96 
Aus dieser Norm ergibt sich, dass es im Interesse der Beklagten lag, nach Zuteilungsreife den Bausparvertrag fortzusetzen und der Bausparer diesen regelmäßig bespart. Dass die nun eingetretene wirtschaftliche Veränderung, wonach der Kapitalzins ins „Bodenlose“ fiel, zu einer anderen Auslegung des Vertrages oder der Norm führen könnte, ist nicht ersichtlich.
97 
Letztlich sei noch anzufügen, dass die Beklagte in der Vergangenheit die Nichtannahme der Zuteilung, also das Unterlassen der Darlehensaufnahme, durch Zahlung eines erheblichen Bonuszinses honorierte.
98 
Abgesehen von dem eindeutigen Wortlaut der Norm des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB stützen diese Erwägungen und die von der Beklagten selbst geschaffenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Auffassung, dass vollständiger Empfang und Zuteilungsreife nicht ein und dasselbe sein können.
99 
Damit ist nach Auffassung des Gericht die Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB für den vorliegenden Fall nicht möglich, mit der Folge, dass die Kündigung vom 12.01.2015, die sich ausschließlich auf diese Norm stützte, unwirksam ist.
100 
Diese Auffassung ist im Übrigen auch in Einklang zu bringen mit der eingangs zitierten Entscheidung des OLG Stuttgart vom 14.10.2011, worin ausgeführt wurde, dass die Bausparkasse den Bausparvertrag nicht kündigen dürfe, wenn sie dadurch dem Bausparer den Anspruch auf das Tilgungsdarlehen entziehe (OLG Stgt. Beschluss vom 14.10.2011, 9 U 151/11, RZ 10, zitiert nach Juris).
101 
Das OLG Stuttgart sah das Kündigungsrecht der Bausparkasse allerdings nach § 488 Abs. 3 BGB dann als gegeben an, wenn die vereinbarte Bausparsumme vollständig erreicht ist.
102 
Vorliegend ist die Bausparsumme von 20.451,68 EUR zum Zeitpunkt der Kündigung am 12.01.2015 nicht gegeben gewesen, sodass die Bausparkasse nicht zur Kündigung berechtigt war.
103 
Der Klage war daher bezüglich der Hauptsache in vollem Umfang stattzugeben.
104 
Bezüglich der geltend gemachten Nebenforderungen, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, war die Klage allerdings abzuweisen, da es diesbezüglich an einer Anspruchsgrundlage mangelt.
105 
Der Kläger begründet seinen Anspruch mit einem pflichtwidrigen Verhalten der Beklagten bei Ausspruch der Kündigung und nimmt Bezug auf die Rechtsprechung des BGH, zitiert bei Palandt-Grüneberg, § 280 RZ 26.
106 
Dazu hat der BGH ausgeführt, dass ein Vermieter, der schuldhaft eine materiell unbegründete Kündigung ausspreche, und auf diese Weise dem Mieter sein Besitzrecht grundlos streitig mache, vertragliche Nebenpflichten aus dem Mietvertrag verletze. Der vom BGH entschiedene Fall ist keinesfalls mit dem vorliegenden zu vergleichen.
107 
Heranzuziehen für die Frage, ob ein materiell rechtlicher Kostenerstattungsanspruch eines in Anspruch genommenen hinsichtlich der für die außergerichtliche Abwehr des Anspruchs aufgewendeten Anwaltskosten bestehe, ist vielmehr die Entscheidung des BGH vom 12.12.2006 (Az: VI ZR 224/05 in NJW 2007, 1458 ff., zitiert nach Juris).
108 
Dort führt der BGH aus, dass der materielle Kostenerstattungsanspruch voraussetzt, dass eine materiell rechtliche Anspruchsgrundlage erfüllt sei. Dabei könne ein materiell rechtlicher Kostenerstattungsanspruch sich aus Vertrag, Verzug, positiver Vertragsverletzung, Culpa in Contrahendo oder Geschäftsführung ohne Auftrag bzw. Delikt ergeben.
109 
Nachdem die Beklagte ihren Anspruch auf Bestehen eines Kündigungsrechtes nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf mehrere landgerichtliche Urteile stützen kann, kann selbstredend nicht davon gesprochen werden, dass sie sich bei Ausübung der Kündigung einer positiven Vertragsverletzung schuldig gemacht habe.
110 
Wie der BGH ausführt, gehört es zum allgemeinen Lebensrisiko mit unberechtigten Ansprüche konfrontiert zu werden. Es gebe keinen generellen Kostenerstattungsanspruch gegen denjenigen, der sich unberechtigt eines Rechtes berühmt. Es müssten die Voraussetzungen einer speziellen Haftungsnorm vorliegen. Diese, insbesondere § 280 BGB ist nach Auffassung des Gerichts vorliegend nicht gegeben. Ein materiell rechtlicher Kostenerstattungsanspruch des Klägers auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten besteht nicht.
111 
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
112 
Gem. dem Beschluss des LG Stuttgart vom 29.05.2015 (AZ 12 O 150/15) richtet sich der Streitwert nach §§ 48 I GKG, 3, 9 ZPO.
113 
Es ist der 3,5-fache Wert des Jahresbetrags zuzüglich Bonuszins (hier 80 %) zugrunde zu legen, abzüglich 20 % (Feststellungsklage).

Gründe

 
28 
Die zulässige Klage ist begründet.
1.
29 
Die Klage ist gem. § 256 Abs. 1 ZPO zulässig.
30 
Die Parteien streiten sich um den Fortbestand des am 19.05.1988 geschlossenen Bausparvertrages.
31 
Gem. § 256 Abs. 1 ZPO kann die Feststellungsklage auf Bestehen eines Rechtsverhältnisses gerichtet werden. Rechtsverhältnis ist jedes Schuldverhältnis zwischen den Parteien, insbesondere die Frage der Wirksamkeit, Auslegung oder Beendigung eines Vertrages (Zöller-Greger, ZPO Kommentar, § 256 RZ 4). Nachdem vorliegend die Beklagte die Beendigung des Vertrages behauptet und dem Kläger die Durchsetzung seiner subjektiven Rechte durch Leistungsurteil oder eine Rechtsänderung durch Gestaltungsurteil nicht möglich ist, ist die positive Feststellungsklage zulässig.
2.
32 
Die Klage ist begründet.
33 
Der Bausparvertrag besteht zwischen den Parteien fort.
34 
Die Kündigung der Beklagten vom 12.01.2015 vermochte das Vertragsverhältnis nicht zu beenden, da der Beklagten ein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht zur Seite steht.
35 
Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmer nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist weder nach Sinn und Zweck der Vorschrift auf eine Kündigung durch die Bausparkasse anwendbar (a), noch sind die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm im vorliegenden Fall gegeben (b).
36 
Der Entscheidung des OLG Stuttgart vom 14.10.2011 (Beschluss AZ 9 U 151/11, WM 2013, 508 ff., zitiert nach Juris) folgend schließt sich das Gericht der Rechtsauffassung der Beklagten an, wonach es sich bei dem Bausparvertrag um einen einheitlichen Darlehensvertrag handelt mit der Besonderheit, dass Bausparkasse und Bausparer mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre jeweiligen Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer tauschen. Die Einlagen des Bausparers stellen daher ein Darlehen an die Bausparkasse dar, für dessen Rückerstattung eine Zeit nicht bestimmt ist.
37 
Der Ansicht, dass der Bausparvertrag als Darlehensvertrag einzuordnen sei, folgt die Beklagte allerdings nicht konsequent.
38 
So lässt sie in den Fällen, in dem die Bausparer sich auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung einer Darlehensgebühr in den ABB berufen und einen Rückzahlungsanspruch nach § 812 BGB geltend machen, vortragen, der Bausparvertrag sei kein Darlehensvertrag, insbesondere sei das gesetzliche Leitbild der §§ 488 ff. BGB auf den Bausparvertrag nicht anzuwenden.
39 
Die Ansicht der Beklagten, wie der Bausparvertrag rechtlich einzuordnen sei, ist daher schwankend, je nachdem, ob sie Ansprüche abwehrt oder wie im vorliegenden Fall das Kündigungsrecht geltend macht.
a)
40 
Obwohl das Darlehensrecht grundsätzlich auf den Bausparvertrag Anwendung findet, kann sich die Beklagte in Fällen der vorliegenden Art nicht auf ein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen. Dies entspräche nach Auffassung des Gerichts nicht der Intention des Gesetzgebers, die der Schaffung der vorliegenden Norm zugrunde lag.
41 
Mit dem Gesetz zur Änderung, wirtschafts-, verbraucher-, arbeits- und sozialrechtlicher Vorschriften vom 25.07.1986 (Bundesgesetzblatt Teil 1 1986, 1169) hob der Gesetzgeber den bis dahin geltenden § 247 BGB auf und fügte § 609a BGB neu ins BGB ein. § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB bestimmte, wortgleich mit dem nun geltenden § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, dass der Schuldner ein Darlehen „in jedem Fall nach Ablauf von 10 Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Monaten“ kündigen kann.
42 
Der Gesetzesänderung zugrunde lag der Gesetzesentwurf (Drucksache 10/4741 vom 29.01.1986). Daraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber § 247 Abs. 1 BGB alte Fassung abschaffen wollte, weil eine wirtschaftlich sinnvolle, im Streitfall bestandskräftige Kündigung aufgrund dieser Norm, nach den geänderten wirtschaftlichen Verhältnissen und insbesondere der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht mehr möglich sei. Der Begründung des Entwurfes des Gesetzes zur Änderung wirtschafts- und verbraucherrechtlicher Vorschriften lässt sich entnehmen, dass nach Auffassung des Gesetzgebers § 247 Abs. 1 BGB alte Fassung dem Darlehensnehmer ein zu weitreichendes Kündigungsrecht gewährte, insbesondere wenn nach einer Phase ausgesprochen hoher Zinsen der Kapitalzins so stark abfiel, dass eine Umschuldung auf geringer verzinsliche Kredite für die Kreditnehmer rentabel wurde. Konsequenz dieses weitgehenden Kündigungsrechtes war, dass der Versicherungswirtschaft durch vorzeitig gekündigte Kredite ein Verlust von rund 1 Milliarde DM entstand.
43 
Nach der Begründung des Entwurfs war das Kündigungsrecht des Schuldners von einem Ausnahmebehelf zu einem voraussetzungslosen allgemeinen Kündigungsrecht geworden. Dies sei mit dem Wesen einer Festzinsabrede bei längerfristigen Krediten nicht zu vereinbaren. Der Entwurf bemängelte, dass der Kreditgeber bei steigenden Zinsen an einen niedrigen Vertragszins gebunden bleibe, während der Kreditnehmer bei fallenden Zinsen nach der Vorlaufzeit von 6 Monaten mit 6-monatiger Frist kündigen könne. Das Zinsänderungsrisiko sei einseitig auf den Kreditgeber verlagert und habe gesamtwirtschaftlich nachteilige Auswirkungen. Sie erschwere den professionellen Kreditgebern eine laufzeit- und zinskongruente Refinanzierung mittel- und längerfristig verzinslicher Kredite, deren Angebot zur Förderung und Finanzierung von Investitionen erwünscht sei. Die Kreditgeber müssten bei längerfristiger Vereinbarung fester Darlehenszinsen danach trachten, das sich aus § 247 BGB a.F. ergebende Risiko durch Kostenzuschläge (Disagio, Zinsen) aufzufangen.
44 
Bereits aus diesem Passus der Begründung des Gesetzesentwurfes ergibt sich, dass die Änderung im Interesse der „professionellen Kreditgeber“ zur Vermeidung gesamtwirtschaftlich nachteiliger Auswirkungen beabsichtigt war.
45 
Der Gesetzgeber hatte keinesfalls eine Darlehenskonstruktion der vorliegenden Art im Auge, wonach beim Bausparvertrag zunächst der Bausparer in der Ansparphase der Darlehensgeber und die Bausparkasse die Darlehensnehmerin ist.
46 
Die Gesetzesänderung sollte die „professionellen Kreditgeber“ stärken und keinesfalls den privaten Darlehensgeber im Bereich der Bausparverträge.
47 
Weiter ergibt sich aus der Begründung (Seite 22), dass mit der künftigen Regelung ein „maßvoll ausgestaltetes allgemeines Kündigungsrecht des Schuldners als ein wesentliches und wirksames Gegengewicht gegen das Zinsbestimmungsrecht des Gläubigers“ geschaffen werden soll. Auch aus diesem Begründungsteil ist zu erkennen, dass das Kündigungsrecht des § 609a BGB a.F. jetzt § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, nicht auf die Konstruktion des Bausparvertrages Anwendung finden kann.
48 
Zwar ist der Bausparer Darlehensgeber während der Ansparphase, im steht aber keinerlei „Zinsbestimmungsrecht“ zu. Dies liegt allein bei der Bausparkasse.
49 
Daraus lässt sich nach Auffassung des Gerichts zwanglos erkennen, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung der Norm, den „normalen“ Darlehensfall im Auge hatte, bei dem der Darlehensgeber der wirtschaftlich stärkere, „zinsbestimmende“ Vertragsteil und der Darlehensnehmer der wirtschaftlich schwächere ist. Diese Voraussetzungen sind beim Bausparvertrag gerade nicht gegeben.
50 
Weiter wird in der Begründung ausgeführt, dass nach dem Entwurf der Markt für längerfristige festverzinsliche Kredite auch solchen Geldgebern eröffnet werden solle, denen er bisher aufgrund der durch das Kündigungsrecht erschwerten „Refinanzierung“ verschlossen war. Deshalb müssten Zinsänderungsrisiken nach der vorgeschlagenen Regelung nicht mehr in die Konditionen längerfristiger, festverzinslicher Kredite einkalkuliert zu werden. Für Kreditnehmer sei daher mit einem verbesserten und breiter gefächerten Angebot insbesondere im Bereich der festverzinslichen Kredite zu rechnen.
51 
Auch diese Erklärungen weisen eindeutig darauf hin, dass der Gesetzgeber unter Kreditgeber eine Bank oder eine Versicherung verstand und unter Kreditnehmer den, so der heutige Terminus, Verbraucher.
52 
Beim Bausparvertrag ist es nicht der Bausparer, der „Konditionen längerfristiger, festverzinslicher Kredite“ zu schaffen vermag, sondern es ist die Bausparkasse. Das „breiter gefächerte Angebot, insbesondere im Bereich der festverzinslichen Kredite“ stellt nicht der Bausparer, sondern die Bausparkasse. Damit kann nach Auffassung des Gerichts kein Zweifel daran bestehen, dass der Gesetzgeber bei Schaffung der Kündigungsvorschrift des § 609a BGB a.F. nicht das Bausparvertragsverhältnis im Blick hatte.
53 
Dies ergibt sich aus einer weiteren Bemerkung im Rahmen der Begründung dieses Gesetzesentwurfes (Seite 22 vorletzter Absatz), in dem ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass es „den Geschäftsbedingungen des Kreditinstitutes vorbehalten bleibe, unter Wahrung des Grundgedankens der vorgeschlagenen Regelung zu treffen, die eine zeitliche Eingrenzung der Kündigungsbefugnis des Darlehensnehmers ermöglichen“. Hier wird sogar aus der Wortwahl des Gesetzgebers deutlich, auf welcher Seite er das „Kreditinstitut“ und auf welcher Seite den Darlehensnehmer sieht. Nach dem Grundgedanken des Gesetzes ist der “zinsbestimmende Teil“ das Kreditinstitut, welches mit den Geschäftsbedingungen das neu geschaffene Kündigungsrecht des Darlehensnehmers solle eingrenzen können.
54 
Damit steht, nach Auffassung des Gerichts, außer Frage, dass sich die Bausparkasse nicht auf das Kündigungsrecht des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen kann, weil dies den Intentionen des Gesetzgebers bei Schaffung der Vorgängernorm nicht gerecht wird.
55 
Soweit die Beklagte darauf abstellt, dass sich aus der Begründung des Gesetzesentwurfes (Seite 23) ergebe, dass die Norm auch für die Bausparkasse Anwendung finden soll, ist diese Auffassung, wie oben dargelegt, der Begründung keinesfalls zu entnehmen.
56 
Im Gegenteil lässt sich aus einem weiteren Satz in der Begründung die oben vertretene Auffassung des erkennenden Gerichtes bestärken, wonach das Kreditinstitut sich gerade nicht auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen können soll.
57 
Die beiden Sätze, die die Auffassung des genannten Gerichtes stärken, lauten wie folgt:
58 
„Der Schuldner kann die Kündigung frühestens nach Ablauf von 10 Jahren nach der Auszahlung des Darlehens und danach in jedem Zeitpunkt erklären. Um die technische Abwicklung des Vertrages und die Vorbereitung eines neuen Geschäfts zu erleichtern, hat der Schuldner eine Kündigungsfrist von 6 Monaten einzuhalten“.
59 
Wird wie vorliegend dem Bausparer von der Bausparkasse die Kündigung erklärt, gibt es für den Bausparer keine „technische Abwicklung des Vertrages“ und er vermag gegenüber dem bisherigen Darlehensnehmer auch keinesfalls die „Vorbereitung eines neuen Geschäftes“ vorzunehmen.
60 
Damit steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass nach dem Willen des Gesetzgebers bei Schaffung der Norm des § 609a BGB a.F. der Bausparvertrag und die darin zum Ausdruck kommenden Parteirollen, Darlehensnehmer (Bausparkasse) und Darlehensgeber (Bausparer) nicht erfasst werden sollte.
61 
Bereits diese Überlegungen führen dazu, die Kündigung der Beklagten vom 12.01.2015 als unwirksam zu betrachten.
b)
62 
Darüberhinaus ist jedoch, selbst wenn man § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu Gunsten der Bausparkasse für anwendbar halten wollte, im vorliegenden Fall ein Tatbestandsmerkmal der Norm nicht erfüllt.
63 
Vorab sei nochmal auf die oben erwähnte Begründung zum Gesetzesentwurf (Seite 23) verwiesen. Der Gesetzgeber wollte das Kündigungsrecht dem Darlehensschuldner nach Ablauf von 10 Jahren nach der Auszahlung des Darlehens gewähren.
64 
In § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist dies so formuliert, dass dem Darlehensnehmer nach „dem vollständigen Empfang“ das Kündigungsrecht zustehen soll.
65 
Sowohl nach dem Wortlaut des Gesetzes als auch nach der oben angeführten Begründung des Gesetzentwurfes ist nach Auffassung des Gerichts der vollständige Empfang im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB keinesfalls mit der Zuteilungsreife des Darlehensvertrages gleichzusetzen, wie dies bisher in der Rechtsprechung geschehen ist.
66 
So haben das Landgericht Mainz (WM 2015, 181 ff., zitiert nach Juris), das Landgericht Hannover (Urteil vom 30.06.2015, AZ 14 O 55/15, zitiert nach Juris) und das Landgericht Aachen (Urteil vom 19.05.2015, AZ 10 O 404/14, zitiert nach Juris) jeweils ausgeführt, dass „in einem Bausparfall der vollständige Empfang der Darlehensvaluta im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB der eintretenden Zuteilungsreife“ gleichzusetzen sei.
67 
Das Landgericht Aachen führte aus, dass sich die Anwendung der Norm aus ihrem Sinn und Zweck ergebe, weil § 489 BGB einen Interesseausgleich schaffen solle und den Darlehensnehmer vor überlangen Bindungen an festgelegte Zinssätze schützen wolle. Es sollten marktgerechte Zinsen ermöglicht werden.
68 
Abgesehen davon, dass, wie oben ausgeführt, Sinn und Zweck der Norm gerade nicht die Bausparkasse umfasst, ist dies nach Auffassung des Gerichts keine tragfähige Begründung dafür, dass der vollständige Empfang eines Darlehens gleichgesetzt werden kann mit der Zuteilungsreife des Bausparvertrags.
69 
Das Landgericht Mainz bemüht die „strukturellen Eigenheiten des Bausparvertrages“, um den Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife mit dem vollständigen Empfang im Sinn der Vorschrift gleichzusetzen.
70 
Wenn schon das Darlehensrecht direkt auf den Bausparvertrag Anwendung finden soll, dann ist es nicht zu begründen, dass einseitig zu Gunsten eines Vertragspartners, nämlich der Bausparkasse, der eindeutige Wortlaut der Gesetzesnorm zu Lasten des anderen Vertragsteiles ausgehöhlt wird.
71 
Soweit das Landgericht Mainz in diesem Zusammenhang noch ausführt, dass sich der Bausparer nicht auf den Grundsatz berufen könne, Verträge seien grundsätzlich einzuhalten, da er selbst durch die Nichtannahme der Zuteilung dem Vertragszweck zuwider gehandelt habe, ist dies unverständlich und mit Sicherheit nicht mit den „strukturellen Eigenheiten des Bausparvertrages“ in Einklang zu bringen.
72 
Es besteht zwischen den Parteien Einigkeit, dass der Bausparer niemals verpflichtet ist, ein Darlehen in Anspruch zu nehmen, wenn auch § 1 der ABB 7 den Vertragszweck in der Erlangung eines Bauspardarlehens sieht.
73 
Die Nichtannahme der Zuteilung kann daher keinesfalls als vertragswidriges Verhalten des Bausparers gewertet werden.
74 
Soweit das Landgericht Hannover die Gleichsetzung des vollständigen Empfangs der Darlehensvaluta mit der Zuteilungsreife annimmt, begründet es dies ebenfalls mit der „besonderen Konstruktion des Bausparvertrages“.
75 
Zwar hebt im Unterschied zum Landgericht Mainz das Landgericht Hannover hervor, dass es dem Bausparer grundsätzlich frei stehe, das Darlehens nach Zuteilungsreife abzurufen, hält aber gleichwohl aufgrund Sinn und Zweck der Norm ihre Anwendung für gerechtfertigt.
76 
Das Landgericht Hannover bezieht sich auf Systematik und Entstehungsgeschichte sowie Ratio der Vorschrift und nimmt zur Begründung Bezug auf die Bundestagsdrucksache 16/11 643 Seite 74.
77 
Hierbei handelt es sich um die Begründung der Bundesregierung zudem Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 21.01.2009.
78 
In der Begründung wird auf Seite 74 ausgeführt, dass die Änderungen des § 489 BGB lediglich redaktionellen und systematischen Anpassungen der Zinsregelungen dienen sollen.
79 
Ferner wird in der Begründung ausgeführt, dass für „Verbraucherdarlehen“ die Kündigungsmöglichkeiten des Darlehensnehmers in § 500 BGB geregelt würden.
80 
Gleichzeitig werde das Wort „Auszahlung“ durch das Wort „Empfang“ ersetzt.
81 
Zwar wird in den §§ 491 ff. BGB der Verbraucherdarlehensvertrag speziell geregelt, jedoch übersieht das Landgericht Hannover, dass § 500 BGB nicht auf Immobiliardarlehensverträge anzuwenden ist (§ 503 BGB).
82 
Der Bausparvertrag ist aber unstreitig ein Immobiliardarlehensvertrag im Sinn des § 503 BGB, sodass nach wie vor die oben zitierte Gesetzesbegründung zu § 609a BGB a.F. für die Auslegung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB heranzuziehen ist.
83 
Die Bundestagsdrucksache 16/11 643, Seite 74 enthält keinesfalls eine neue Begründung für Sinn und Zweck dieser Kündigungsvorschrift.
84 
Damit ist, wenn man so weit gehen wollte und § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB für Bausparverträge für anwendbar hält, festzustellen, was unter „vollständigem Empfang“ im Sinn dieser Norm gemeint ist.
85 
Es ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, dass damit nur die vollständige Valutierung, also Auszahlung des vereinbarten Darlehens gemeint sein kann. Gestützt wird dies durch die Begründung des Gesetzesentwurfes (Bundestagsdrucksache 10/4741, Seite 23), wie oben ausgeführt.
86 
Nachdem der Gesetzgeber bei Schaffung dieser Norm vom „normalen“ Darlehensvertrag ausging, ergibt es sich von selbst, dass die Darlehenssumme, die der Kreditgeber gewähren soll, vertraglich festgelegt ist. Dieser „Normalfall“ des Darlehens ist beim Bausparvertrag gerade nicht gegeben. Zwar ist der Bausparer in der Ansparphase Darlehensgeber und die Bausparkasse Darlehensnehmerin, jedoch ist im Bausparvertrag die vom Darlehensgeber „geschuldete“ Darlehenssumme mit keinem Wort festgelegt. Im Bausparvertrag geregelt ist lediglich die Bausparsumme und ermittelbar ist festgelegt die Zuteilungsreife. Die Zuteilungsreife ist der Zeitpunkt, zu dem der bisherige Darlehensgeber den „Rollentausch“ vornehmen kann, um sich in die Darlehensnehmerrolle zu begeben.
87 
Damit ist vertraglich eine bestimmte Darlehenssumme, die der Darlehensgeber der Ansparphase, also der Bausparer, an die Bausparkasse zu zahlen hat, nicht ausgewiesen.
88 
Auch daraus ergibt sich, dass die Gesetzesnorm des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gerade nicht auf den Bausparvertrag zugeschnitten wurde.
89 
Soweit in diesem Zusammenhang die Beklagte darauf hinweist, dass mit Eintritt der Zuteilungsreife es allein beim Bausparer liege, seinen Anspruch auf Erhalt der Bausparsumme zu begründen, ist dies, betrachtet man die ABB 7, keinesfalls zutreffend.
90 
Auch nach der Zuteilungsreife liegt es in der Entscheidungsfreiheit der Bausparkasse, das Darlehen zu gewähren. Dies folgt aus § 13 Abs. 4, 15 ABB. Vor Gewährung des Darlehens hat die Bausparkasse das Recht, eine Bonitätsprüfung durchzuführen, sowie weitere Darlehenssicherheiten zu verlangen. Kommt der Bausparer dem nicht nach, wird das zugeteilte Bauspardarlehen nicht ausgezahlt.
91 
Auch stehen weitere Regelungen der ABB 7 der Auffassung entgegen, Zuteilungsreife sei mit vollständigem Empfang gleichzusetzen:
92 
Aus § 2 Abs. 3 ABB ergibt sich, dass sogar der Fall, dass die Zahlungen des Bausparers die Bausparsumme übersteigen zur Regelung vorgesehen ist. Auch diese Beiträge, die überobligationsmäßig über die vereinbarte Bausparsumme eingezahlt werden, sind von der Bausparkasse zu verzinsen.
93 
In § 5 Abs. 1 ABB legt die Beklagte Regelsparbeiträge fest. Auch diese sind keinesfalls limitiert bis zur Zeit der Zuteilungsreife, sondern in dieser Regelung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bis zur ersten Auszahlung der zugeteilten Bausparsumme die Regelsparbeiträge monatlich zu leisten sind. Das heißt, die Beklagte fordert geradezu über den Zuteilungszeitpunkt hinaus die Einzahlung von Sparbeiträgen. Wäre sie bei Abfassung des Vertrages im Jahr 1988 der Auffassung gewesen, die Zuteilungsreife entspräche dem vollständigen Empfang im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, hätte es nahegelegen, eine Regelung einzufügen, wonach das weitere Besparen ab der Zuteilungsreife nicht mehr möglich ist. Die Beklagte hat nicht nur diesen Weg nicht gewählt, sondern im Gegenteil, den weiteren Regelsparbeitrag eingefordert.
94 
Darüberhinaus gewährt § 5 Abs. 3 ABB der Bausparkasse sogar das Recht zur Kündigung, wenn der Bausparer mit mehr als 6 Regelsparbeiträgen rückständig ist.
95 
Aus § 14 ABB ergibt sich, dass die Beklagte bei Vertragsschluss im Jahr 1988 keinesfalls davon ausging, dass der vollständige Empfang im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 mit der Zuteilungsreife gleichzusetzen sei. § 14 Abs. 1 ABB gewährt dem Bausparer nicht nur das Recht, die Zuteilung nicht anzunehmen, sondern regelt ausdrücklich die Fortsetzung des Bausparvertrages für den Fall, dass der Bausparer die Annahmeerklärung nicht fristgemäß abgibt.
96 
Aus dieser Norm ergibt sich, dass es im Interesse der Beklagten lag, nach Zuteilungsreife den Bausparvertrag fortzusetzen und der Bausparer diesen regelmäßig bespart. Dass die nun eingetretene wirtschaftliche Veränderung, wonach der Kapitalzins ins „Bodenlose“ fiel, zu einer anderen Auslegung des Vertrages oder der Norm führen könnte, ist nicht ersichtlich.
97 
Letztlich sei noch anzufügen, dass die Beklagte in der Vergangenheit die Nichtannahme der Zuteilung, also das Unterlassen der Darlehensaufnahme, durch Zahlung eines erheblichen Bonuszinses honorierte.
98 
Abgesehen von dem eindeutigen Wortlaut der Norm des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB stützen diese Erwägungen und die von der Beklagten selbst geschaffenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Auffassung, dass vollständiger Empfang und Zuteilungsreife nicht ein und dasselbe sein können.
99 
Damit ist nach Auffassung des Gericht die Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB für den vorliegenden Fall nicht möglich, mit der Folge, dass die Kündigung vom 12.01.2015, die sich ausschließlich auf diese Norm stützte, unwirksam ist.
100 
Diese Auffassung ist im Übrigen auch in Einklang zu bringen mit der eingangs zitierten Entscheidung des OLG Stuttgart vom 14.10.2011, worin ausgeführt wurde, dass die Bausparkasse den Bausparvertrag nicht kündigen dürfe, wenn sie dadurch dem Bausparer den Anspruch auf das Tilgungsdarlehen entziehe (OLG Stgt. Beschluss vom 14.10.2011, 9 U 151/11, RZ 10, zitiert nach Juris).
101 
Das OLG Stuttgart sah das Kündigungsrecht der Bausparkasse allerdings nach § 488 Abs. 3 BGB dann als gegeben an, wenn die vereinbarte Bausparsumme vollständig erreicht ist.
102 
Vorliegend ist die Bausparsumme von 20.451,68 EUR zum Zeitpunkt der Kündigung am 12.01.2015 nicht gegeben gewesen, sodass die Bausparkasse nicht zur Kündigung berechtigt war.
103 
Der Klage war daher bezüglich der Hauptsache in vollem Umfang stattzugeben.
104 
Bezüglich der geltend gemachten Nebenforderungen, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, war die Klage allerdings abzuweisen, da es diesbezüglich an einer Anspruchsgrundlage mangelt.
105 
Der Kläger begründet seinen Anspruch mit einem pflichtwidrigen Verhalten der Beklagten bei Ausspruch der Kündigung und nimmt Bezug auf die Rechtsprechung des BGH, zitiert bei Palandt-Grüneberg, § 280 RZ 26.
106 
Dazu hat der BGH ausgeführt, dass ein Vermieter, der schuldhaft eine materiell unbegründete Kündigung ausspreche, und auf diese Weise dem Mieter sein Besitzrecht grundlos streitig mache, vertragliche Nebenpflichten aus dem Mietvertrag verletze. Der vom BGH entschiedene Fall ist keinesfalls mit dem vorliegenden zu vergleichen.
107 
Heranzuziehen für die Frage, ob ein materiell rechtlicher Kostenerstattungsanspruch eines in Anspruch genommenen hinsichtlich der für die außergerichtliche Abwehr des Anspruchs aufgewendeten Anwaltskosten bestehe, ist vielmehr die Entscheidung des BGH vom 12.12.2006 (Az: VI ZR 224/05 in NJW 2007, 1458 ff., zitiert nach Juris).
108 
Dort führt der BGH aus, dass der materielle Kostenerstattungsanspruch voraussetzt, dass eine materiell rechtliche Anspruchsgrundlage erfüllt sei. Dabei könne ein materiell rechtlicher Kostenerstattungsanspruch sich aus Vertrag, Verzug, positiver Vertragsverletzung, Culpa in Contrahendo oder Geschäftsführung ohne Auftrag bzw. Delikt ergeben.
109 
Nachdem die Beklagte ihren Anspruch auf Bestehen eines Kündigungsrechtes nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf mehrere landgerichtliche Urteile stützen kann, kann selbstredend nicht davon gesprochen werden, dass sie sich bei Ausübung der Kündigung einer positiven Vertragsverletzung schuldig gemacht habe.
110 
Wie der BGH ausführt, gehört es zum allgemeinen Lebensrisiko mit unberechtigten Ansprüche konfrontiert zu werden. Es gebe keinen generellen Kostenerstattungsanspruch gegen denjenigen, der sich unberechtigt eines Rechtes berühmt. Es müssten die Voraussetzungen einer speziellen Haftungsnorm vorliegen. Diese, insbesondere § 280 BGB ist nach Auffassung des Gerichts vorliegend nicht gegeben. Ein materiell rechtlicher Kostenerstattungsanspruch des Klägers auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten besteht nicht.
111 
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
112 
Gem. dem Beschluss des LG Stuttgart vom 29.05.2015 (AZ 12 O 150/15) richtet sich der Streitwert nach §§ 48 I GKG, 3, 9 ZPO.
113 
Es ist der 3,5-fache Wert des Jahresbetrags zuzüglich Bonuszins (hier 80 %) zugrunde zu legen, abzüglich 20 % (Feststellungsklage).

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag, bei dem eine Zeit für die Rückzahlung nicht bestimmt ist, ganz oder teilweise kündigen, ohne eine Frist einzuhalten. Eine Vereinbarung über eine Kündigungsfrist von mehr als einem Monat ist unwirksam.

(2) Der Darlehensnehmer kann seine Verbindlichkeiten aus einem Verbraucherdarlehensvertrag jederzeit ganz oder teilweise vorzeitig erfüllen. Abweichend von Satz 1 kann der Darlehensnehmer eines Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrags, für den ein gebundener Sollzinssatz vereinbart wurde, seine Verbindlichkeiten im Zeitraum der Sollzinsbindung nur dann ganz oder teilweise vorzeitig erfüllen, wenn hierfür ein berechtigtes Interesse des Darlehensnehmers besteht.

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

*

(1) Der Basiszinssatz beträgt 3,62 Prozent. Er verändert sich zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres um die Prozentpunkte, um welche die Bezugsgröße seit der letzten Veränderung des Basiszinssatzes gestiegen oder gefallen ist. Bezugsgröße ist der Zinssatz für die jüngste Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahrs.

(2) Die Deutsche Bundesbank gibt den geltenden Basiszinssatz unverzüglich nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Zeitpunkten im Bundesanzeiger bekannt.

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass der mit der Beklagten abgeschlossene Bausparvertrag des Klägers mit der Vertragsnummer 28 076 8340 vom 19.05.1988 über den 24.07.2015 hinaus fortbesteht.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 1.947,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass ein mit der Beklagten bestehender Bausparvertrag nicht aufgrund der Kündigung der Beklagten vom 12.01.2015 (Bl. 35 d.A.) beendet wurde sondern fortbesteht.
Mit Antrag vom 09.05.1988 begehrte der Kläger den Abschluss eines Bausparvertrages nach Tarif (ABB) 7 (K1/Bl. 12 d.A.). Die Beklagte nahm den Antrag an und bestätigte das Bestehen eines Bausparvertrages mit der Vertragsnummer 28 076 8340, Tarif 7 mit Vertragsbeginn 19.05.1988 und einer Bausparsumme von 50.000 DM (K2/Bl. 14 d.A.).
In der Folge (17.02.1993, Bl. 15/K3) wurde der Bausparvertrag in zwei Teilverträge aufgeteilt mit den Bausparsummen 40.000 DM und 10.000 DM. Der Bausparvertrag über die Summe von 10.000 DM (Vertragsnummer 41 047 9923) wurde zum 01.07.1993 abgerechnet und an den Kläger ausbezahlt.
Dem Bausparvertrag lagen die Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB 7) für Abschlüsse bis 31.12.1988 zu Grunde (Anlage K15/Bl. 17-29 d.A.). Darin finden sich u.a. folgende Bedingungen:
§1 Abs. 1
Der Abschluss des Bausparvertrages dient der Erlangung eines unkündbaren, in der Regel zweitstellig zu sichernden Tilgungsdarlehens (Bauspardarlehen) aufgrund planmäßiger Sparleistungen nach Maßgabe dieser allgemeinen Bedingungen.
§ 2 Abs. 3
Beträge, die die Bausparsumme übersteigen, werden für die Verzinsung zunächst wie das Bausparguthaben behandelt.....
§ 5 Abs. 1
Der monatliche Bausparbeitrag beträgt 5 vom Tausend der Bausparsumme (Regelsparbeitrag), er ist bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme zum 1. jeden Monats kostenfrei an die Bausparkasse zu entrichten.
§ 6 Abs. 1
Das Bausparguthaben wird mit 2,5 vom Hundert jährlich verzinst. Die Verzinsung des Bausparguthabens erhöht sich um einen Zinsbonus von 80 vom Hundert der Guthabenzinsen.
§ 6 Abs. 2
Die Verzinsung beginnt für Sparzahlungen mit dem auf den Zahlungseingang folgenden Monatsersten. Die Verzinsung des Bausparguthabens endet mit der ersten Auszahlung nach der Zuteilung.
10 
§ 12 Abs. 1
Die Zuteilung wird dem Bausparer unverzüglich schriftlich mitgeteilt mit der Aufforderung, binnen 4 Wochen ab Datum der Zuteilung zu erklären, ob er die Zuteilung annimmt.
11 
§ 14 Abs. 1
Nimmt der Bausparer die Zuteilung nicht an oder gibt er die Annahmeerklärung nicht fristgemäß ab oder wird die Annahme der Zuteilung widerrufen, so wird der Bausparvertrag fortgesetzt.
12 
Mit einem Schreiben ohne Datum teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sein Bausparvertrag - 28 076 8340 - am 01.07.2002 zugeteilt werde (K6/Bl. 32 d.A.). Mit Schreiben vom 15.07.2013 (Anlage K7/Bl. 33 d.A.) erklärte die Beklagte u.a. „selbstverständlich können Sie Ihren Bausparvertrag auch bestehen lassen, jedoch weisen wir Sie darauf hin, dass sich mit jeder weiteren Einzahlung Ihr Darlehensanspruch verringert“.
13 
Das Bausparguthaben belief sich, Stand 31.12.2014, auf 15.457,78 EUR (K8/Bl. 34 d.A.).
14 
Mit Schreiben vom 12.01.2015 (K9/Bl. 35 d.A.) kündigte die Beklagte unter Hinweis auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB den Bausparvertrag zum 24.07.2015.
15 
Der Kläger trägt vor, die Beklagte habe kein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, da Bausparverträge im Sinn des Bausparkassengesetzes keine Darlehen im Sinn des § 488 BGB seien.
16 
Im Übrigen sei diese Norm schuldnerschützend, als Ausgleich zum Zinsbestimmungsrecht des Darlehensgebers. Dieses Zinsbestimmungsrecht obliege vorliegend aber der Beklagten und nicht dem Kläger.
17 
Überdies sei ein eventuelles Kündigungsrecht verwirkt, da die Beklagte von der Zuteilung im Jahr 2012 bis zum Jahr 2015 mit der Kündigung abgewartet habe.
18 
Schließlich habe die Beklagte mit Schreiben vom 15.07.2013 auch erklärt, der Kläger könne seinen Bausparvertrag selbstverständlich bestehen lassen. Mit der jetzigen Kündigung verhalte sich die Beklagte treuwidrig im Hinblick auf die zuvor übersandte Äußerung.
19 
Zudem bestehe keine Verpflichtung zur Inanspruchnahme des Bauspardarlehens.
20 
Überdies gebiete § 5 Abs. 3 Nr. 7 des Bausparkassengesetzes, dass die allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge Bestimmungen enthalten müssten, über die Bedingungen, nach denen ein Bausparvertrag gekündigt werden könne.
21 
Die ABB hätten gegenüber den gesetzlichen Regelungen Vorrang. Für den vorliegenden Fall sei in den ABB keine Bestimmung enthalten.
22 
Der Kläger stellt folgende Anträge:
23 
1. Es ist festzustellen, dass der mit der Beklagten abgeschlossene Bausparvertrag des Klägers mit der Vertragsnummer 28 076 8340 vom 19.05.1988 über den 24.07.2015 fortbesteht;
24 
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 564,66 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
25 
Die Beklagte beantragt Klagabweisung.
26 
Sie stellt darauf ab, dass Vertragszweck des Bausparvertrages die Erlangung eines Bauspardarlehens sei. Zweck des Bausparvertrages sei nicht die dauerhaft zinsgünstige Anlage von Geld. Der Bausparvertrag sei ein einheitlicher Darlehensvertrag mit vertauschten Rollen nach Inanspruchnahme des Bauspardarlehens. Während der Ansparphase sei die Beklagte Darlehensnehmerin. Der Bausparvertrag sei ein normaler Darlehensvertrag und unterliege den darlehensvertraglichen Bestimmungen der §§ 488 ff. BGB. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB sei daher auch für die Beklagte anwendbar, da er nicht nur beschränkt sei auf Verbraucher. Der Schutzgedanke dieser Vorschrift, den Darlehensnehmer nicht an Zinsen zu binden, die nicht mehr den Marktbedingungen entsprechen, gelte auch und gerade für Kreditinstitute, was sich der Gesetzesbegründung zu § 609a BGB - alte Fassung - entnehmen lasse. Soweit § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB den „vollständigen Empfang“ des Darlehens voraussetze, sei aufgrund der strukturellen Eigenheiten des Bausparvertrages davon auszugehen, dass mit Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife des Bausparvertrages die Bausparkasse das Darlehen des Bausparers vollständig empfangen habe.
27 
Bezüglich des weiteren Partei- und Sachvortrags wird auf die Akte und die darin befindlichen Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
28 
Die zulässige Klage ist begründet.
1.
29 
Die Klage ist gem. § 256 Abs. 1 ZPO zulässig.
30 
Die Parteien streiten sich um den Fortbestand des am 19.05.1988 geschlossenen Bausparvertrages.
31 
Gem. § 256 Abs. 1 ZPO kann die Feststellungsklage auf Bestehen eines Rechtsverhältnisses gerichtet werden. Rechtsverhältnis ist jedes Schuldverhältnis zwischen den Parteien, insbesondere die Frage der Wirksamkeit, Auslegung oder Beendigung eines Vertrages (Zöller-Greger, ZPO Kommentar, § 256 RZ 4). Nachdem vorliegend die Beklagte die Beendigung des Vertrages behauptet und dem Kläger die Durchsetzung seiner subjektiven Rechte durch Leistungsurteil oder eine Rechtsänderung durch Gestaltungsurteil nicht möglich ist, ist die positive Feststellungsklage zulässig.
2.
32 
Die Klage ist begründet.
33 
Der Bausparvertrag besteht zwischen den Parteien fort.
34 
Die Kündigung der Beklagten vom 12.01.2015 vermochte das Vertragsverhältnis nicht zu beenden, da der Beklagten ein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht zur Seite steht.
35 
Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmer nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist weder nach Sinn und Zweck der Vorschrift auf eine Kündigung durch die Bausparkasse anwendbar (a), noch sind die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm im vorliegenden Fall gegeben (b).
36 
Der Entscheidung des OLG Stuttgart vom 14.10.2011 (Beschluss AZ 9 U 151/11, WM 2013, 508 ff., zitiert nach Juris) folgend schließt sich das Gericht der Rechtsauffassung der Beklagten an, wonach es sich bei dem Bausparvertrag um einen einheitlichen Darlehensvertrag handelt mit der Besonderheit, dass Bausparkasse und Bausparer mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre jeweiligen Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer tauschen. Die Einlagen des Bausparers stellen daher ein Darlehen an die Bausparkasse dar, für dessen Rückerstattung eine Zeit nicht bestimmt ist.
37 
Der Ansicht, dass der Bausparvertrag als Darlehensvertrag einzuordnen sei, folgt die Beklagte allerdings nicht konsequent.
38 
So lässt sie in den Fällen, in dem die Bausparer sich auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung einer Darlehensgebühr in den ABB berufen und einen Rückzahlungsanspruch nach § 812 BGB geltend machen, vortragen, der Bausparvertrag sei kein Darlehensvertrag, insbesondere sei das gesetzliche Leitbild der §§ 488 ff. BGB auf den Bausparvertrag nicht anzuwenden.
39 
Die Ansicht der Beklagten, wie der Bausparvertrag rechtlich einzuordnen sei, ist daher schwankend, je nachdem, ob sie Ansprüche abwehrt oder wie im vorliegenden Fall das Kündigungsrecht geltend macht.
a)
40 
Obwohl das Darlehensrecht grundsätzlich auf den Bausparvertrag Anwendung findet, kann sich die Beklagte in Fällen der vorliegenden Art nicht auf ein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen. Dies entspräche nach Auffassung des Gerichts nicht der Intention des Gesetzgebers, die der Schaffung der vorliegenden Norm zugrunde lag.
41 
Mit dem Gesetz zur Änderung, wirtschafts-, verbraucher-, arbeits- und sozialrechtlicher Vorschriften vom 25.07.1986 (Bundesgesetzblatt Teil 1 1986, 1169) hob der Gesetzgeber den bis dahin geltenden § 247 BGB auf und fügte § 609a BGB neu ins BGB ein. § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB bestimmte, wortgleich mit dem nun geltenden § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, dass der Schuldner ein Darlehen „in jedem Fall nach Ablauf von 10 Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Monaten“ kündigen kann.
42 
Der Gesetzesänderung zugrunde lag der Gesetzesentwurf (Drucksache 10/4741 vom 29.01.1986). Daraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber § 247 Abs. 1 BGB alte Fassung abschaffen wollte, weil eine wirtschaftlich sinnvolle, im Streitfall bestandskräftige Kündigung aufgrund dieser Norm, nach den geänderten wirtschaftlichen Verhältnissen und insbesondere der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht mehr möglich sei. Der Begründung des Entwurfes des Gesetzes zur Änderung wirtschafts- und verbraucherrechtlicher Vorschriften lässt sich entnehmen, dass nach Auffassung des Gesetzgebers § 247 Abs. 1 BGB alte Fassung dem Darlehensnehmer ein zu weitreichendes Kündigungsrecht gewährte, insbesondere wenn nach einer Phase ausgesprochen hoher Zinsen der Kapitalzins so stark abfiel, dass eine Umschuldung auf geringer verzinsliche Kredite für die Kreditnehmer rentabel wurde. Konsequenz dieses weitgehenden Kündigungsrechtes war, dass der Versicherungswirtschaft durch vorzeitig gekündigte Kredite ein Verlust von rund 1 Milliarde DM entstand.
43 
Nach der Begründung des Entwurfs war das Kündigungsrecht des Schuldners von einem Ausnahmebehelf zu einem voraussetzungslosen allgemeinen Kündigungsrecht geworden. Dies sei mit dem Wesen einer Festzinsabrede bei längerfristigen Krediten nicht zu vereinbaren. Der Entwurf bemängelte, dass der Kreditgeber bei steigenden Zinsen an einen niedrigen Vertragszins gebunden bleibe, während der Kreditnehmer bei fallenden Zinsen nach der Vorlaufzeit von 6 Monaten mit 6-monatiger Frist kündigen könne. Das Zinsänderungsrisiko sei einseitig auf den Kreditgeber verlagert und habe gesamtwirtschaftlich nachteilige Auswirkungen. Sie erschwere den professionellen Kreditgebern eine laufzeit- und zinskongruente Refinanzierung mittel- und längerfristig verzinslicher Kredite, deren Angebot zur Förderung und Finanzierung von Investitionen erwünscht sei. Die Kreditgeber müssten bei längerfristiger Vereinbarung fester Darlehenszinsen danach trachten, das sich aus § 247 BGB a.F. ergebende Risiko durch Kostenzuschläge (Disagio, Zinsen) aufzufangen.
44 
Bereits aus diesem Passus der Begründung des Gesetzesentwurfes ergibt sich, dass die Änderung im Interesse der „professionellen Kreditgeber“ zur Vermeidung gesamtwirtschaftlich nachteiliger Auswirkungen beabsichtigt war.
45 
Der Gesetzgeber hatte keinesfalls eine Darlehenskonstruktion der vorliegenden Art im Auge, wonach beim Bausparvertrag zunächst der Bausparer in der Ansparphase der Darlehensgeber und die Bausparkasse die Darlehensnehmerin ist.
46 
Die Gesetzesänderung sollte die „professionellen Kreditgeber“ stärken und keinesfalls den privaten Darlehensgeber im Bereich der Bausparverträge.
47 
Weiter ergibt sich aus der Begründung (Seite 22), dass mit der künftigen Regelung ein „maßvoll ausgestaltetes allgemeines Kündigungsrecht des Schuldners als ein wesentliches und wirksames Gegengewicht gegen das Zinsbestimmungsrecht des Gläubigers“ geschaffen werden soll. Auch aus diesem Begründungsteil ist zu erkennen, dass das Kündigungsrecht des § 609a BGB a.F. jetzt § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, nicht auf die Konstruktion des Bausparvertrages Anwendung finden kann.
48 
Zwar ist der Bausparer Darlehensgeber während der Ansparphase, im steht aber keinerlei „Zinsbestimmungsrecht“ zu. Dies liegt allein bei der Bausparkasse.
49 
Daraus lässt sich nach Auffassung des Gerichts zwanglos erkennen, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung der Norm, den „normalen“ Darlehensfall im Auge hatte, bei dem der Darlehensgeber der wirtschaftlich stärkere, „zinsbestimmende“ Vertragsteil und der Darlehensnehmer der wirtschaftlich schwächere ist. Diese Voraussetzungen sind beim Bausparvertrag gerade nicht gegeben.
50 
Weiter wird in der Begründung ausgeführt, dass nach dem Entwurf der Markt für längerfristige festverzinsliche Kredite auch solchen Geldgebern eröffnet werden solle, denen er bisher aufgrund der durch das Kündigungsrecht erschwerten „Refinanzierung“ verschlossen war. Deshalb müssten Zinsänderungsrisiken nach der vorgeschlagenen Regelung nicht mehr in die Konditionen längerfristiger, festverzinslicher Kredite einkalkuliert zu werden. Für Kreditnehmer sei daher mit einem verbesserten und breiter gefächerten Angebot insbesondere im Bereich der festverzinslichen Kredite zu rechnen.
51 
Auch diese Erklärungen weisen eindeutig darauf hin, dass der Gesetzgeber unter Kreditgeber eine Bank oder eine Versicherung verstand und unter Kreditnehmer den, so der heutige Terminus, Verbraucher.
52 
Beim Bausparvertrag ist es nicht der Bausparer, der „Konditionen längerfristiger, festverzinslicher Kredite“ zu schaffen vermag, sondern es ist die Bausparkasse. Das „breiter gefächerte Angebot, insbesondere im Bereich der festverzinslichen Kredite“ stellt nicht der Bausparer, sondern die Bausparkasse. Damit kann nach Auffassung des Gerichts kein Zweifel daran bestehen, dass der Gesetzgeber bei Schaffung der Kündigungsvorschrift des § 609a BGB a.F. nicht das Bausparvertragsverhältnis im Blick hatte.
53 
Dies ergibt sich aus einer weiteren Bemerkung im Rahmen der Begründung dieses Gesetzesentwurfes (Seite 22 vorletzter Absatz), in dem ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass es „den Geschäftsbedingungen des Kreditinstitutes vorbehalten bleibe, unter Wahrung des Grundgedankens der vorgeschlagenen Regelung zu treffen, die eine zeitliche Eingrenzung der Kündigungsbefugnis des Darlehensnehmers ermöglichen“. Hier wird sogar aus der Wortwahl des Gesetzgebers deutlich, auf welcher Seite er das „Kreditinstitut“ und auf welcher Seite den Darlehensnehmer sieht. Nach dem Grundgedanken des Gesetzes ist der “zinsbestimmende Teil“ das Kreditinstitut, welches mit den Geschäftsbedingungen das neu geschaffene Kündigungsrecht des Darlehensnehmers solle eingrenzen können.
54 
Damit steht, nach Auffassung des Gerichts, außer Frage, dass sich die Bausparkasse nicht auf das Kündigungsrecht des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen kann, weil dies den Intentionen des Gesetzgebers bei Schaffung der Vorgängernorm nicht gerecht wird.
55 
Soweit die Beklagte darauf abstellt, dass sich aus der Begründung des Gesetzesentwurfes (Seite 23) ergebe, dass die Norm auch für die Bausparkasse Anwendung finden soll, ist diese Auffassung, wie oben dargelegt, der Begründung keinesfalls zu entnehmen.
56 
Im Gegenteil lässt sich aus einem weiteren Satz in der Begründung die oben vertretene Auffassung des erkennenden Gerichtes bestärken, wonach das Kreditinstitut sich gerade nicht auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen können soll.
57 
Die beiden Sätze, die die Auffassung des genannten Gerichtes stärken, lauten wie folgt:
58 
„Der Schuldner kann die Kündigung frühestens nach Ablauf von 10 Jahren nach der Auszahlung des Darlehens und danach in jedem Zeitpunkt erklären. Um die technische Abwicklung des Vertrages und die Vorbereitung eines neuen Geschäfts zu erleichtern, hat der Schuldner eine Kündigungsfrist von 6 Monaten einzuhalten“.
59 
Wird wie vorliegend dem Bausparer von der Bausparkasse die Kündigung erklärt, gibt es für den Bausparer keine „technische Abwicklung des Vertrages“ und er vermag gegenüber dem bisherigen Darlehensnehmer auch keinesfalls die „Vorbereitung eines neuen Geschäftes“ vorzunehmen.
60 
Damit steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass nach dem Willen des Gesetzgebers bei Schaffung der Norm des § 609a BGB a.F. der Bausparvertrag und die darin zum Ausdruck kommenden Parteirollen, Darlehensnehmer (Bausparkasse) und Darlehensgeber (Bausparer) nicht erfasst werden sollte.
61 
Bereits diese Überlegungen führen dazu, die Kündigung der Beklagten vom 12.01.2015 als unwirksam zu betrachten.
b)
62 
Darüberhinaus ist jedoch, selbst wenn man § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu Gunsten der Bausparkasse für anwendbar halten wollte, im vorliegenden Fall ein Tatbestandsmerkmal der Norm nicht erfüllt.
63 
Vorab sei nochmal auf die oben erwähnte Begründung zum Gesetzesentwurf (Seite 23) verwiesen. Der Gesetzgeber wollte das Kündigungsrecht dem Darlehensschuldner nach Ablauf von 10 Jahren nach der Auszahlung des Darlehens gewähren.
64 
In § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist dies so formuliert, dass dem Darlehensnehmer nach „dem vollständigen Empfang“ das Kündigungsrecht zustehen soll.
65 
Sowohl nach dem Wortlaut des Gesetzes als auch nach der oben angeführten Begründung des Gesetzentwurfes ist nach Auffassung des Gerichts der vollständige Empfang im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB keinesfalls mit der Zuteilungsreife des Darlehensvertrages gleichzusetzen, wie dies bisher in der Rechtsprechung geschehen ist.
66 
So haben das Landgericht Mainz (WM 2015, 181 ff., zitiert nach Juris), das Landgericht Hannover (Urteil vom 30.06.2015, AZ 14 O 55/15, zitiert nach Juris) und das Landgericht Aachen (Urteil vom 19.05.2015, AZ 10 O 404/14, zitiert nach Juris) jeweils ausgeführt, dass „in einem Bausparfall der vollständige Empfang der Darlehensvaluta im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB der eintretenden Zuteilungsreife“ gleichzusetzen sei.
67 
Das Landgericht Aachen führte aus, dass sich die Anwendung der Norm aus ihrem Sinn und Zweck ergebe, weil § 489 BGB einen Interesseausgleich schaffen solle und den Darlehensnehmer vor überlangen Bindungen an festgelegte Zinssätze schützen wolle. Es sollten marktgerechte Zinsen ermöglicht werden.
68 
Abgesehen davon, dass, wie oben ausgeführt, Sinn und Zweck der Norm gerade nicht die Bausparkasse umfasst, ist dies nach Auffassung des Gerichts keine tragfähige Begründung dafür, dass der vollständige Empfang eines Darlehens gleichgesetzt werden kann mit der Zuteilungsreife des Bausparvertrags.
69 
Das Landgericht Mainz bemüht die „strukturellen Eigenheiten des Bausparvertrages“, um den Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife mit dem vollständigen Empfang im Sinn der Vorschrift gleichzusetzen.
70 
Wenn schon das Darlehensrecht direkt auf den Bausparvertrag Anwendung finden soll, dann ist es nicht zu begründen, dass einseitig zu Gunsten eines Vertragspartners, nämlich der Bausparkasse, der eindeutige Wortlaut der Gesetzesnorm zu Lasten des anderen Vertragsteiles ausgehöhlt wird.
71 
Soweit das Landgericht Mainz in diesem Zusammenhang noch ausführt, dass sich der Bausparer nicht auf den Grundsatz berufen könne, Verträge seien grundsätzlich einzuhalten, da er selbst durch die Nichtannahme der Zuteilung dem Vertragszweck zuwider gehandelt habe, ist dies unverständlich und mit Sicherheit nicht mit den „strukturellen Eigenheiten des Bausparvertrages“ in Einklang zu bringen.
72 
Es besteht zwischen den Parteien Einigkeit, dass der Bausparer niemals verpflichtet ist, ein Darlehen in Anspruch zu nehmen, wenn auch § 1 der ABB 7 den Vertragszweck in der Erlangung eines Bauspardarlehens sieht.
73 
Die Nichtannahme der Zuteilung kann daher keinesfalls als vertragswidriges Verhalten des Bausparers gewertet werden.
74 
Soweit das Landgericht Hannover die Gleichsetzung des vollständigen Empfangs der Darlehensvaluta mit der Zuteilungsreife annimmt, begründet es dies ebenfalls mit der „besonderen Konstruktion des Bausparvertrages“.
75 
Zwar hebt im Unterschied zum Landgericht Mainz das Landgericht Hannover hervor, dass es dem Bausparer grundsätzlich frei stehe, das Darlehens nach Zuteilungsreife abzurufen, hält aber gleichwohl aufgrund Sinn und Zweck der Norm ihre Anwendung für gerechtfertigt.
76 
Das Landgericht Hannover bezieht sich auf Systematik und Entstehungsgeschichte sowie Ratio der Vorschrift und nimmt zur Begründung Bezug auf die Bundestagsdrucksache 16/11 643 Seite 74.
77 
Hierbei handelt es sich um die Begründung der Bundesregierung zudem Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 21.01.2009.
78 
In der Begründung wird auf Seite 74 ausgeführt, dass die Änderungen des § 489 BGB lediglich redaktionellen und systematischen Anpassungen der Zinsregelungen dienen sollen.
79 
Ferner wird in der Begründung ausgeführt, dass für „Verbraucherdarlehen“ die Kündigungsmöglichkeiten des Darlehensnehmers in § 500 BGB geregelt würden.
80 
Gleichzeitig werde das Wort „Auszahlung“ durch das Wort „Empfang“ ersetzt.
81 
Zwar wird in den §§ 491 ff. BGB der Verbraucherdarlehensvertrag speziell geregelt, jedoch übersieht das Landgericht Hannover, dass § 500 BGB nicht auf Immobiliardarlehensverträge anzuwenden ist (§ 503 BGB).
82 
Der Bausparvertrag ist aber unstreitig ein Immobiliardarlehensvertrag im Sinn des § 503 BGB, sodass nach wie vor die oben zitierte Gesetzesbegründung zu § 609a BGB a.F. für die Auslegung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB heranzuziehen ist.
83 
Die Bundestagsdrucksache 16/11 643, Seite 74 enthält keinesfalls eine neue Begründung für Sinn und Zweck dieser Kündigungsvorschrift.
84 
Damit ist, wenn man so weit gehen wollte und § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB für Bausparverträge für anwendbar hält, festzustellen, was unter „vollständigem Empfang“ im Sinn dieser Norm gemeint ist.
85 
Es ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, dass damit nur die vollständige Valutierung, also Auszahlung des vereinbarten Darlehens gemeint sein kann. Gestützt wird dies durch die Begründung des Gesetzesentwurfes (Bundestagsdrucksache 10/4741, Seite 23), wie oben ausgeführt.
86 
Nachdem der Gesetzgeber bei Schaffung dieser Norm vom „normalen“ Darlehensvertrag ausging, ergibt es sich von selbst, dass die Darlehenssumme, die der Kreditgeber gewähren soll, vertraglich festgelegt ist. Dieser „Normalfall“ des Darlehens ist beim Bausparvertrag gerade nicht gegeben. Zwar ist der Bausparer in der Ansparphase Darlehensgeber und die Bausparkasse Darlehensnehmerin, jedoch ist im Bausparvertrag die vom Darlehensgeber „geschuldete“ Darlehenssumme mit keinem Wort festgelegt. Im Bausparvertrag geregelt ist lediglich die Bausparsumme und ermittelbar ist festgelegt die Zuteilungsreife. Die Zuteilungsreife ist der Zeitpunkt, zu dem der bisherige Darlehensgeber den „Rollentausch“ vornehmen kann, um sich in die Darlehensnehmerrolle zu begeben.
87 
Damit ist vertraglich eine bestimmte Darlehenssumme, die der Darlehensgeber der Ansparphase, also der Bausparer, an die Bausparkasse zu zahlen hat, nicht ausgewiesen.
88 
Auch daraus ergibt sich, dass die Gesetzesnorm des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gerade nicht auf den Bausparvertrag zugeschnitten wurde.
89 
Soweit in diesem Zusammenhang die Beklagte darauf hinweist, dass mit Eintritt der Zuteilungsreife es allein beim Bausparer liege, seinen Anspruch auf Erhalt der Bausparsumme zu begründen, ist dies, betrachtet man die ABB 7, keinesfalls zutreffend.
90 
Auch nach der Zuteilungsreife liegt es in der Entscheidungsfreiheit der Bausparkasse, das Darlehen zu gewähren. Dies folgt aus § 13 Abs. 4, 15 ABB. Vor Gewährung des Darlehens hat die Bausparkasse das Recht, eine Bonitätsprüfung durchzuführen, sowie weitere Darlehenssicherheiten zu verlangen. Kommt der Bausparer dem nicht nach, wird das zugeteilte Bauspardarlehen nicht ausgezahlt.
91 
Auch stehen weitere Regelungen der ABB 7 der Auffassung entgegen, Zuteilungsreife sei mit vollständigem Empfang gleichzusetzen:
92 
Aus § 2 Abs. 3 ABB ergibt sich, dass sogar der Fall, dass die Zahlungen des Bausparers die Bausparsumme übersteigen zur Regelung vorgesehen ist. Auch diese Beiträge, die überobligationsmäßig über die vereinbarte Bausparsumme eingezahlt werden, sind von der Bausparkasse zu verzinsen.
93 
In § 5 Abs. 1 ABB legt die Beklagte Regelsparbeiträge fest. Auch diese sind keinesfalls limitiert bis zur Zeit der Zuteilungsreife, sondern in dieser Regelung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bis zur ersten Auszahlung der zugeteilten Bausparsumme die Regelsparbeiträge monatlich zu leisten sind. Das heißt, die Beklagte fordert geradezu über den Zuteilungszeitpunkt hinaus die Einzahlung von Sparbeiträgen. Wäre sie bei Abfassung des Vertrages im Jahr 1988 der Auffassung gewesen, die Zuteilungsreife entspräche dem vollständigen Empfang im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, hätte es nahegelegen, eine Regelung einzufügen, wonach das weitere Besparen ab der Zuteilungsreife nicht mehr möglich ist. Die Beklagte hat nicht nur diesen Weg nicht gewählt, sondern im Gegenteil, den weiteren Regelsparbeitrag eingefordert.
94 
Darüberhinaus gewährt § 5 Abs. 3 ABB der Bausparkasse sogar das Recht zur Kündigung, wenn der Bausparer mit mehr als 6 Regelsparbeiträgen rückständig ist.
95 
Aus § 14 ABB ergibt sich, dass die Beklagte bei Vertragsschluss im Jahr 1988 keinesfalls davon ausging, dass der vollständige Empfang im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 mit der Zuteilungsreife gleichzusetzen sei. § 14 Abs. 1 ABB gewährt dem Bausparer nicht nur das Recht, die Zuteilung nicht anzunehmen, sondern regelt ausdrücklich die Fortsetzung des Bausparvertrages für den Fall, dass der Bausparer die Annahmeerklärung nicht fristgemäß abgibt.
96 
Aus dieser Norm ergibt sich, dass es im Interesse der Beklagten lag, nach Zuteilungsreife den Bausparvertrag fortzusetzen und der Bausparer diesen regelmäßig bespart. Dass die nun eingetretene wirtschaftliche Veränderung, wonach der Kapitalzins ins „Bodenlose“ fiel, zu einer anderen Auslegung des Vertrages oder der Norm führen könnte, ist nicht ersichtlich.
97 
Letztlich sei noch anzufügen, dass die Beklagte in der Vergangenheit die Nichtannahme der Zuteilung, also das Unterlassen der Darlehensaufnahme, durch Zahlung eines erheblichen Bonuszinses honorierte.
98 
Abgesehen von dem eindeutigen Wortlaut der Norm des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB stützen diese Erwägungen und die von der Beklagten selbst geschaffenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Auffassung, dass vollständiger Empfang und Zuteilungsreife nicht ein und dasselbe sein können.
99 
Damit ist nach Auffassung des Gericht die Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB für den vorliegenden Fall nicht möglich, mit der Folge, dass die Kündigung vom 12.01.2015, die sich ausschließlich auf diese Norm stützte, unwirksam ist.
100 
Diese Auffassung ist im Übrigen auch in Einklang zu bringen mit der eingangs zitierten Entscheidung des OLG Stuttgart vom 14.10.2011, worin ausgeführt wurde, dass die Bausparkasse den Bausparvertrag nicht kündigen dürfe, wenn sie dadurch dem Bausparer den Anspruch auf das Tilgungsdarlehen entziehe (OLG Stgt. Beschluss vom 14.10.2011, 9 U 151/11, RZ 10, zitiert nach Juris).
101 
Das OLG Stuttgart sah das Kündigungsrecht der Bausparkasse allerdings nach § 488 Abs. 3 BGB dann als gegeben an, wenn die vereinbarte Bausparsumme vollständig erreicht ist.
102 
Vorliegend ist die Bausparsumme von 20.451,68 EUR zum Zeitpunkt der Kündigung am 12.01.2015 nicht gegeben gewesen, sodass die Bausparkasse nicht zur Kündigung berechtigt war.
103 
Der Klage war daher bezüglich der Hauptsache in vollem Umfang stattzugeben.
104 
Bezüglich der geltend gemachten Nebenforderungen, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, war die Klage allerdings abzuweisen, da es diesbezüglich an einer Anspruchsgrundlage mangelt.
105 
Der Kläger begründet seinen Anspruch mit einem pflichtwidrigen Verhalten der Beklagten bei Ausspruch der Kündigung und nimmt Bezug auf die Rechtsprechung des BGH, zitiert bei Palandt-Grüneberg, § 280 RZ 26.
106 
Dazu hat der BGH ausgeführt, dass ein Vermieter, der schuldhaft eine materiell unbegründete Kündigung ausspreche, und auf diese Weise dem Mieter sein Besitzrecht grundlos streitig mache, vertragliche Nebenpflichten aus dem Mietvertrag verletze. Der vom BGH entschiedene Fall ist keinesfalls mit dem vorliegenden zu vergleichen.
107 
Heranzuziehen für die Frage, ob ein materiell rechtlicher Kostenerstattungsanspruch eines in Anspruch genommenen hinsichtlich der für die außergerichtliche Abwehr des Anspruchs aufgewendeten Anwaltskosten bestehe, ist vielmehr die Entscheidung des BGH vom 12.12.2006 (Az: VI ZR 224/05 in NJW 2007, 1458 ff., zitiert nach Juris).
108 
Dort führt der BGH aus, dass der materielle Kostenerstattungsanspruch voraussetzt, dass eine materiell rechtliche Anspruchsgrundlage erfüllt sei. Dabei könne ein materiell rechtlicher Kostenerstattungsanspruch sich aus Vertrag, Verzug, positiver Vertragsverletzung, Culpa in Contrahendo oder Geschäftsführung ohne Auftrag bzw. Delikt ergeben.
109 
Nachdem die Beklagte ihren Anspruch auf Bestehen eines Kündigungsrechtes nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf mehrere landgerichtliche Urteile stützen kann, kann selbstredend nicht davon gesprochen werden, dass sie sich bei Ausübung der Kündigung einer positiven Vertragsverletzung schuldig gemacht habe.
110 
Wie der BGH ausführt, gehört es zum allgemeinen Lebensrisiko mit unberechtigten Ansprüche konfrontiert zu werden. Es gebe keinen generellen Kostenerstattungsanspruch gegen denjenigen, der sich unberechtigt eines Rechtes berühmt. Es müssten die Voraussetzungen einer speziellen Haftungsnorm vorliegen. Diese, insbesondere § 280 BGB ist nach Auffassung des Gerichts vorliegend nicht gegeben. Ein materiell rechtlicher Kostenerstattungsanspruch des Klägers auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten besteht nicht.
111 
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
112 
Gem. dem Beschluss des LG Stuttgart vom 29.05.2015 (AZ 12 O 150/15) richtet sich der Streitwert nach §§ 48 I GKG, 3, 9 ZPO.
113 
Es ist der 3,5-fache Wert des Jahresbetrags zuzüglich Bonuszins (hier 80 %) zugrunde zu legen, abzüglich 20 % (Feststellungsklage).

Gründe

 
28 
Die zulässige Klage ist begründet.
1.
29 
Die Klage ist gem. § 256 Abs. 1 ZPO zulässig.
30 
Die Parteien streiten sich um den Fortbestand des am 19.05.1988 geschlossenen Bausparvertrages.
31 
Gem. § 256 Abs. 1 ZPO kann die Feststellungsklage auf Bestehen eines Rechtsverhältnisses gerichtet werden. Rechtsverhältnis ist jedes Schuldverhältnis zwischen den Parteien, insbesondere die Frage der Wirksamkeit, Auslegung oder Beendigung eines Vertrages (Zöller-Greger, ZPO Kommentar, § 256 RZ 4). Nachdem vorliegend die Beklagte die Beendigung des Vertrages behauptet und dem Kläger die Durchsetzung seiner subjektiven Rechte durch Leistungsurteil oder eine Rechtsänderung durch Gestaltungsurteil nicht möglich ist, ist die positive Feststellungsklage zulässig.
2.
32 
Die Klage ist begründet.
33 
Der Bausparvertrag besteht zwischen den Parteien fort.
34 
Die Kündigung der Beklagten vom 12.01.2015 vermochte das Vertragsverhältnis nicht zu beenden, da der Beklagten ein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht zur Seite steht.
35 
Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmer nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist weder nach Sinn und Zweck der Vorschrift auf eine Kündigung durch die Bausparkasse anwendbar (a), noch sind die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm im vorliegenden Fall gegeben (b).
36 
Der Entscheidung des OLG Stuttgart vom 14.10.2011 (Beschluss AZ 9 U 151/11, WM 2013, 508 ff., zitiert nach Juris) folgend schließt sich das Gericht der Rechtsauffassung der Beklagten an, wonach es sich bei dem Bausparvertrag um einen einheitlichen Darlehensvertrag handelt mit der Besonderheit, dass Bausparkasse und Bausparer mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre jeweiligen Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer tauschen. Die Einlagen des Bausparers stellen daher ein Darlehen an die Bausparkasse dar, für dessen Rückerstattung eine Zeit nicht bestimmt ist.
37 
Der Ansicht, dass der Bausparvertrag als Darlehensvertrag einzuordnen sei, folgt die Beklagte allerdings nicht konsequent.
38 
So lässt sie in den Fällen, in dem die Bausparer sich auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung einer Darlehensgebühr in den ABB berufen und einen Rückzahlungsanspruch nach § 812 BGB geltend machen, vortragen, der Bausparvertrag sei kein Darlehensvertrag, insbesondere sei das gesetzliche Leitbild der §§ 488 ff. BGB auf den Bausparvertrag nicht anzuwenden.
39 
Die Ansicht der Beklagten, wie der Bausparvertrag rechtlich einzuordnen sei, ist daher schwankend, je nachdem, ob sie Ansprüche abwehrt oder wie im vorliegenden Fall das Kündigungsrecht geltend macht.
a)
40 
Obwohl das Darlehensrecht grundsätzlich auf den Bausparvertrag Anwendung findet, kann sich die Beklagte in Fällen der vorliegenden Art nicht auf ein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen. Dies entspräche nach Auffassung des Gerichts nicht der Intention des Gesetzgebers, die der Schaffung der vorliegenden Norm zugrunde lag.
41 
Mit dem Gesetz zur Änderung, wirtschafts-, verbraucher-, arbeits- und sozialrechtlicher Vorschriften vom 25.07.1986 (Bundesgesetzblatt Teil 1 1986, 1169) hob der Gesetzgeber den bis dahin geltenden § 247 BGB auf und fügte § 609a BGB neu ins BGB ein. § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB bestimmte, wortgleich mit dem nun geltenden § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, dass der Schuldner ein Darlehen „in jedem Fall nach Ablauf von 10 Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Monaten“ kündigen kann.
42 
Der Gesetzesänderung zugrunde lag der Gesetzesentwurf (Drucksache 10/4741 vom 29.01.1986). Daraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber § 247 Abs. 1 BGB alte Fassung abschaffen wollte, weil eine wirtschaftlich sinnvolle, im Streitfall bestandskräftige Kündigung aufgrund dieser Norm, nach den geänderten wirtschaftlichen Verhältnissen und insbesondere der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht mehr möglich sei. Der Begründung des Entwurfes des Gesetzes zur Änderung wirtschafts- und verbraucherrechtlicher Vorschriften lässt sich entnehmen, dass nach Auffassung des Gesetzgebers § 247 Abs. 1 BGB alte Fassung dem Darlehensnehmer ein zu weitreichendes Kündigungsrecht gewährte, insbesondere wenn nach einer Phase ausgesprochen hoher Zinsen der Kapitalzins so stark abfiel, dass eine Umschuldung auf geringer verzinsliche Kredite für die Kreditnehmer rentabel wurde. Konsequenz dieses weitgehenden Kündigungsrechtes war, dass der Versicherungswirtschaft durch vorzeitig gekündigte Kredite ein Verlust von rund 1 Milliarde DM entstand.
43 
Nach der Begründung des Entwurfs war das Kündigungsrecht des Schuldners von einem Ausnahmebehelf zu einem voraussetzungslosen allgemeinen Kündigungsrecht geworden. Dies sei mit dem Wesen einer Festzinsabrede bei längerfristigen Krediten nicht zu vereinbaren. Der Entwurf bemängelte, dass der Kreditgeber bei steigenden Zinsen an einen niedrigen Vertragszins gebunden bleibe, während der Kreditnehmer bei fallenden Zinsen nach der Vorlaufzeit von 6 Monaten mit 6-monatiger Frist kündigen könne. Das Zinsänderungsrisiko sei einseitig auf den Kreditgeber verlagert und habe gesamtwirtschaftlich nachteilige Auswirkungen. Sie erschwere den professionellen Kreditgebern eine laufzeit- und zinskongruente Refinanzierung mittel- und längerfristig verzinslicher Kredite, deren Angebot zur Förderung und Finanzierung von Investitionen erwünscht sei. Die Kreditgeber müssten bei längerfristiger Vereinbarung fester Darlehenszinsen danach trachten, das sich aus § 247 BGB a.F. ergebende Risiko durch Kostenzuschläge (Disagio, Zinsen) aufzufangen.
44 
Bereits aus diesem Passus der Begründung des Gesetzesentwurfes ergibt sich, dass die Änderung im Interesse der „professionellen Kreditgeber“ zur Vermeidung gesamtwirtschaftlich nachteiliger Auswirkungen beabsichtigt war.
45 
Der Gesetzgeber hatte keinesfalls eine Darlehenskonstruktion der vorliegenden Art im Auge, wonach beim Bausparvertrag zunächst der Bausparer in der Ansparphase der Darlehensgeber und die Bausparkasse die Darlehensnehmerin ist.
46 
Die Gesetzesänderung sollte die „professionellen Kreditgeber“ stärken und keinesfalls den privaten Darlehensgeber im Bereich der Bausparverträge.
47 
Weiter ergibt sich aus der Begründung (Seite 22), dass mit der künftigen Regelung ein „maßvoll ausgestaltetes allgemeines Kündigungsrecht des Schuldners als ein wesentliches und wirksames Gegengewicht gegen das Zinsbestimmungsrecht des Gläubigers“ geschaffen werden soll. Auch aus diesem Begründungsteil ist zu erkennen, dass das Kündigungsrecht des § 609a BGB a.F. jetzt § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, nicht auf die Konstruktion des Bausparvertrages Anwendung finden kann.
48 
Zwar ist der Bausparer Darlehensgeber während der Ansparphase, im steht aber keinerlei „Zinsbestimmungsrecht“ zu. Dies liegt allein bei der Bausparkasse.
49 
Daraus lässt sich nach Auffassung des Gerichts zwanglos erkennen, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung der Norm, den „normalen“ Darlehensfall im Auge hatte, bei dem der Darlehensgeber der wirtschaftlich stärkere, „zinsbestimmende“ Vertragsteil und der Darlehensnehmer der wirtschaftlich schwächere ist. Diese Voraussetzungen sind beim Bausparvertrag gerade nicht gegeben.
50 
Weiter wird in der Begründung ausgeführt, dass nach dem Entwurf der Markt für längerfristige festverzinsliche Kredite auch solchen Geldgebern eröffnet werden solle, denen er bisher aufgrund der durch das Kündigungsrecht erschwerten „Refinanzierung“ verschlossen war. Deshalb müssten Zinsänderungsrisiken nach der vorgeschlagenen Regelung nicht mehr in die Konditionen längerfristiger, festverzinslicher Kredite einkalkuliert zu werden. Für Kreditnehmer sei daher mit einem verbesserten und breiter gefächerten Angebot insbesondere im Bereich der festverzinslichen Kredite zu rechnen.
51 
Auch diese Erklärungen weisen eindeutig darauf hin, dass der Gesetzgeber unter Kreditgeber eine Bank oder eine Versicherung verstand und unter Kreditnehmer den, so der heutige Terminus, Verbraucher.
52 
Beim Bausparvertrag ist es nicht der Bausparer, der „Konditionen längerfristiger, festverzinslicher Kredite“ zu schaffen vermag, sondern es ist die Bausparkasse. Das „breiter gefächerte Angebot, insbesondere im Bereich der festverzinslichen Kredite“ stellt nicht der Bausparer, sondern die Bausparkasse. Damit kann nach Auffassung des Gerichts kein Zweifel daran bestehen, dass der Gesetzgeber bei Schaffung der Kündigungsvorschrift des § 609a BGB a.F. nicht das Bausparvertragsverhältnis im Blick hatte.
53 
Dies ergibt sich aus einer weiteren Bemerkung im Rahmen der Begründung dieses Gesetzesentwurfes (Seite 22 vorletzter Absatz), in dem ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass es „den Geschäftsbedingungen des Kreditinstitutes vorbehalten bleibe, unter Wahrung des Grundgedankens der vorgeschlagenen Regelung zu treffen, die eine zeitliche Eingrenzung der Kündigungsbefugnis des Darlehensnehmers ermöglichen“. Hier wird sogar aus der Wortwahl des Gesetzgebers deutlich, auf welcher Seite er das „Kreditinstitut“ und auf welcher Seite den Darlehensnehmer sieht. Nach dem Grundgedanken des Gesetzes ist der “zinsbestimmende Teil“ das Kreditinstitut, welches mit den Geschäftsbedingungen das neu geschaffene Kündigungsrecht des Darlehensnehmers solle eingrenzen können.
54 
Damit steht, nach Auffassung des Gerichts, außer Frage, dass sich die Bausparkasse nicht auf das Kündigungsrecht des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen kann, weil dies den Intentionen des Gesetzgebers bei Schaffung der Vorgängernorm nicht gerecht wird.
55 
Soweit die Beklagte darauf abstellt, dass sich aus der Begründung des Gesetzesentwurfes (Seite 23) ergebe, dass die Norm auch für die Bausparkasse Anwendung finden soll, ist diese Auffassung, wie oben dargelegt, der Begründung keinesfalls zu entnehmen.
56 
Im Gegenteil lässt sich aus einem weiteren Satz in der Begründung die oben vertretene Auffassung des erkennenden Gerichtes bestärken, wonach das Kreditinstitut sich gerade nicht auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen können soll.
57 
Die beiden Sätze, die die Auffassung des genannten Gerichtes stärken, lauten wie folgt:
58 
„Der Schuldner kann die Kündigung frühestens nach Ablauf von 10 Jahren nach der Auszahlung des Darlehens und danach in jedem Zeitpunkt erklären. Um die technische Abwicklung des Vertrages und die Vorbereitung eines neuen Geschäfts zu erleichtern, hat der Schuldner eine Kündigungsfrist von 6 Monaten einzuhalten“.
59 
Wird wie vorliegend dem Bausparer von der Bausparkasse die Kündigung erklärt, gibt es für den Bausparer keine „technische Abwicklung des Vertrages“ und er vermag gegenüber dem bisherigen Darlehensnehmer auch keinesfalls die „Vorbereitung eines neuen Geschäftes“ vorzunehmen.
60 
Damit steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass nach dem Willen des Gesetzgebers bei Schaffung der Norm des § 609a BGB a.F. der Bausparvertrag und die darin zum Ausdruck kommenden Parteirollen, Darlehensnehmer (Bausparkasse) und Darlehensgeber (Bausparer) nicht erfasst werden sollte.
61 
Bereits diese Überlegungen führen dazu, die Kündigung der Beklagten vom 12.01.2015 als unwirksam zu betrachten.
b)
62 
Darüberhinaus ist jedoch, selbst wenn man § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu Gunsten der Bausparkasse für anwendbar halten wollte, im vorliegenden Fall ein Tatbestandsmerkmal der Norm nicht erfüllt.
63 
Vorab sei nochmal auf die oben erwähnte Begründung zum Gesetzesentwurf (Seite 23) verwiesen. Der Gesetzgeber wollte das Kündigungsrecht dem Darlehensschuldner nach Ablauf von 10 Jahren nach der Auszahlung des Darlehens gewähren.
64 
In § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist dies so formuliert, dass dem Darlehensnehmer nach „dem vollständigen Empfang“ das Kündigungsrecht zustehen soll.
65 
Sowohl nach dem Wortlaut des Gesetzes als auch nach der oben angeführten Begründung des Gesetzentwurfes ist nach Auffassung des Gerichts der vollständige Empfang im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB keinesfalls mit der Zuteilungsreife des Darlehensvertrages gleichzusetzen, wie dies bisher in der Rechtsprechung geschehen ist.
66 
So haben das Landgericht Mainz (WM 2015, 181 ff., zitiert nach Juris), das Landgericht Hannover (Urteil vom 30.06.2015, AZ 14 O 55/15, zitiert nach Juris) und das Landgericht Aachen (Urteil vom 19.05.2015, AZ 10 O 404/14, zitiert nach Juris) jeweils ausgeführt, dass „in einem Bausparfall der vollständige Empfang der Darlehensvaluta im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB der eintretenden Zuteilungsreife“ gleichzusetzen sei.
67 
Das Landgericht Aachen führte aus, dass sich die Anwendung der Norm aus ihrem Sinn und Zweck ergebe, weil § 489 BGB einen Interesseausgleich schaffen solle und den Darlehensnehmer vor überlangen Bindungen an festgelegte Zinssätze schützen wolle. Es sollten marktgerechte Zinsen ermöglicht werden.
68 
Abgesehen davon, dass, wie oben ausgeführt, Sinn und Zweck der Norm gerade nicht die Bausparkasse umfasst, ist dies nach Auffassung des Gerichts keine tragfähige Begründung dafür, dass der vollständige Empfang eines Darlehens gleichgesetzt werden kann mit der Zuteilungsreife des Bausparvertrags.
69 
Das Landgericht Mainz bemüht die „strukturellen Eigenheiten des Bausparvertrages“, um den Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife mit dem vollständigen Empfang im Sinn der Vorschrift gleichzusetzen.
70 
Wenn schon das Darlehensrecht direkt auf den Bausparvertrag Anwendung finden soll, dann ist es nicht zu begründen, dass einseitig zu Gunsten eines Vertragspartners, nämlich der Bausparkasse, der eindeutige Wortlaut der Gesetzesnorm zu Lasten des anderen Vertragsteiles ausgehöhlt wird.
71 
Soweit das Landgericht Mainz in diesem Zusammenhang noch ausführt, dass sich der Bausparer nicht auf den Grundsatz berufen könne, Verträge seien grundsätzlich einzuhalten, da er selbst durch die Nichtannahme der Zuteilung dem Vertragszweck zuwider gehandelt habe, ist dies unverständlich und mit Sicherheit nicht mit den „strukturellen Eigenheiten des Bausparvertrages“ in Einklang zu bringen.
72 
Es besteht zwischen den Parteien Einigkeit, dass der Bausparer niemals verpflichtet ist, ein Darlehen in Anspruch zu nehmen, wenn auch § 1 der ABB 7 den Vertragszweck in der Erlangung eines Bauspardarlehens sieht.
73 
Die Nichtannahme der Zuteilung kann daher keinesfalls als vertragswidriges Verhalten des Bausparers gewertet werden.
74 
Soweit das Landgericht Hannover die Gleichsetzung des vollständigen Empfangs der Darlehensvaluta mit der Zuteilungsreife annimmt, begründet es dies ebenfalls mit der „besonderen Konstruktion des Bausparvertrages“.
75 
Zwar hebt im Unterschied zum Landgericht Mainz das Landgericht Hannover hervor, dass es dem Bausparer grundsätzlich frei stehe, das Darlehens nach Zuteilungsreife abzurufen, hält aber gleichwohl aufgrund Sinn und Zweck der Norm ihre Anwendung für gerechtfertigt.
76 
Das Landgericht Hannover bezieht sich auf Systematik und Entstehungsgeschichte sowie Ratio der Vorschrift und nimmt zur Begründung Bezug auf die Bundestagsdrucksache 16/11 643 Seite 74.
77 
Hierbei handelt es sich um die Begründung der Bundesregierung zudem Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 21.01.2009.
78 
In der Begründung wird auf Seite 74 ausgeführt, dass die Änderungen des § 489 BGB lediglich redaktionellen und systematischen Anpassungen der Zinsregelungen dienen sollen.
79 
Ferner wird in der Begründung ausgeführt, dass für „Verbraucherdarlehen“ die Kündigungsmöglichkeiten des Darlehensnehmers in § 500 BGB geregelt würden.
80 
Gleichzeitig werde das Wort „Auszahlung“ durch das Wort „Empfang“ ersetzt.
81 
Zwar wird in den §§ 491 ff. BGB der Verbraucherdarlehensvertrag speziell geregelt, jedoch übersieht das Landgericht Hannover, dass § 500 BGB nicht auf Immobiliardarlehensverträge anzuwenden ist (§ 503 BGB).
82 
Der Bausparvertrag ist aber unstreitig ein Immobiliardarlehensvertrag im Sinn des § 503 BGB, sodass nach wie vor die oben zitierte Gesetzesbegründung zu § 609a BGB a.F. für die Auslegung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB heranzuziehen ist.
83 
Die Bundestagsdrucksache 16/11 643, Seite 74 enthält keinesfalls eine neue Begründung für Sinn und Zweck dieser Kündigungsvorschrift.
84 
Damit ist, wenn man so weit gehen wollte und § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB für Bausparverträge für anwendbar hält, festzustellen, was unter „vollständigem Empfang“ im Sinn dieser Norm gemeint ist.
85 
Es ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, dass damit nur die vollständige Valutierung, also Auszahlung des vereinbarten Darlehens gemeint sein kann. Gestützt wird dies durch die Begründung des Gesetzesentwurfes (Bundestagsdrucksache 10/4741, Seite 23), wie oben ausgeführt.
86 
Nachdem der Gesetzgeber bei Schaffung dieser Norm vom „normalen“ Darlehensvertrag ausging, ergibt es sich von selbst, dass die Darlehenssumme, die der Kreditgeber gewähren soll, vertraglich festgelegt ist. Dieser „Normalfall“ des Darlehens ist beim Bausparvertrag gerade nicht gegeben. Zwar ist der Bausparer in der Ansparphase Darlehensgeber und die Bausparkasse Darlehensnehmerin, jedoch ist im Bausparvertrag die vom Darlehensgeber „geschuldete“ Darlehenssumme mit keinem Wort festgelegt. Im Bausparvertrag geregelt ist lediglich die Bausparsumme und ermittelbar ist festgelegt die Zuteilungsreife. Die Zuteilungsreife ist der Zeitpunkt, zu dem der bisherige Darlehensgeber den „Rollentausch“ vornehmen kann, um sich in die Darlehensnehmerrolle zu begeben.
87 
Damit ist vertraglich eine bestimmte Darlehenssumme, die der Darlehensgeber der Ansparphase, also der Bausparer, an die Bausparkasse zu zahlen hat, nicht ausgewiesen.
88 
Auch daraus ergibt sich, dass die Gesetzesnorm des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gerade nicht auf den Bausparvertrag zugeschnitten wurde.
89 
Soweit in diesem Zusammenhang die Beklagte darauf hinweist, dass mit Eintritt der Zuteilungsreife es allein beim Bausparer liege, seinen Anspruch auf Erhalt der Bausparsumme zu begründen, ist dies, betrachtet man die ABB 7, keinesfalls zutreffend.
90 
Auch nach der Zuteilungsreife liegt es in der Entscheidungsfreiheit der Bausparkasse, das Darlehen zu gewähren. Dies folgt aus § 13 Abs. 4, 15 ABB. Vor Gewährung des Darlehens hat die Bausparkasse das Recht, eine Bonitätsprüfung durchzuführen, sowie weitere Darlehenssicherheiten zu verlangen. Kommt der Bausparer dem nicht nach, wird das zugeteilte Bauspardarlehen nicht ausgezahlt.
91 
Auch stehen weitere Regelungen der ABB 7 der Auffassung entgegen, Zuteilungsreife sei mit vollständigem Empfang gleichzusetzen:
92 
Aus § 2 Abs. 3 ABB ergibt sich, dass sogar der Fall, dass die Zahlungen des Bausparers die Bausparsumme übersteigen zur Regelung vorgesehen ist. Auch diese Beiträge, die überobligationsmäßig über die vereinbarte Bausparsumme eingezahlt werden, sind von der Bausparkasse zu verzinsen.
93 
In § 5 Abs. 1 ABB legt die Beklagte Regelsparbeiträge fest. Auch diese sind keinesfalls limitiert bis zur Zeit der Zuteilungsreife, sondern in dieser Regelung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bis zur ersten Auszahlung der zugeteilten Bausparsumme die Regelsparbeiträge monatlich zu leisten sind. Das heißt, die Beklagte fordert geradezu über den Zuteilungszeitpunkt hinaus die Einzahlung von Sparbeiträgen. Wäre sie bei Abfassung des Vertrages im Jahr 1988 der Auffassung gewesen, die Zuteilungsreife entspräche dem vollständigen Empfang im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, hätte es nahegelegen, eine Regelung einzufügen, wonach das weitere Besparen ab der Zuteilungsreife nicht mehr möglich ist. Die Beklagte hat nicht nur diesen Weg nicht gewählt, sondern im Gegenteil, den weiteren Regelsparbeitrag eingefordert.
94 
Darüberhinaus gewährt § 5 Abs. 3 ABB der Bausparkasse sogar das Recht zur Kündigung, wenn der Bausparer mit mehr als 6 Regelsparbeiträgen rückständig ist.
95 
Aus § 14 ABB ergibt sich, dass die Beklagte bei Vertragsschluss im Jahr 1988 keinesfalls davon ausging, dass der vollständige Empfang im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 mit der Zuteilungsreife gleichzusetzen sei. § 14 Abs. 1 ABB gewährt dem Bausparer nicht nur das Recht, die Zuteilung nicht anzunehmen, sondern regelt ausdrücklich die Fortsetzung des Bausparvertrages für den Fall, dass der Bausparer die Annahmeerklärung nicht fristgemäß abgibt.
96 
Aus dieser Norm ergibt sich, dass es im Interesse der Beklagten lag, nach Zuteilungsreife den Bausparvertrag fortzusetzen und der Bausparer diesen regelmäßig bespart. Dass die nun eingetretene wirtschaftliche Veränderung, wonach der Kapitalzins ins „Bodenlose“ fiel, zu einer anderen Auslegung des Vertrages oder der Norm führen könnte, ist nicht ersichtlich.
97 
Letztlich sei noch anzufügen, dass die Beklagte in der Vergangenheit die Nichtannahme der Zuteilung, also das Unterlassen der Darlehensaufnahme, durch Zahlung eines erheblichen Bonuszinses honorierte.
98 
Abgesehen von dem eindeutigen Wortlaut der Norm des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB stützen diese Erwägungen und die von der Beklagten selbst geschaffenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Auffassung, dass vollständiger Empfang und Zuteilungsreife nicht ein und dasselbe sein können.
99 
Damit ist nach Auffassung des Gericht die Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB für den vorliegenden Fall nicht möglich, mit der Folge, dass die Kündigung vom 12.01.2015, die sich ausschließlich auf diese Norm stützte, unwirksam ist.
100 
Diese Auffassung ist im Übrigen auch in Einklang zu bringen mit der eingangs zitierten Entscheidung des OLG Stuttgart vom 14.10.2011, worin ausgeführt wurde, dass die Bausparkasse den Bausparvertrag nicht kündigen dürfe, wenn sie dadurch dem Bausparer den Anspruch auf das Tilgungsdarlehen entziehe (OLG Stgt. Beschluss vom 14.10.2011, 9 U 151/11, RZ 10, zitiert nach Juris).
101 
Das OLG Stuttgart sah das Kündigungsrecht der Bausparkasse allerdings nach § 488 Abs. 3 BGB dann als gegeben an, wenn die vereinbarte Bausparsumme vollständig erreicht ist.
102 
Vorliegend ist die Bausparsumme von 20.451,68 EUR zum Zeitpunkt der Kündigung am 12.01.2015 nicht gegeben gewesen, sodass die Bausparkasse nicht zur Kündigung berechtigt war.
103 
Der Klage war daher bezüglich der Hauptsache in vollem Umfang stattzugeben.
104 
Bezüglich der geltend gemachten Nebenforderungen, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, war die Klage allerdings abzuweisen, da es diesbezüglich an einer Anspruchsgrundlage mangelt.
105 
Der Kläger begründet seinen Anspruch mit einem pflichtwidrigen Verhalten der Beklagten bei Ausspruch der Kündigung und nimmt Bezug auf die Rechtsprechung des BGH, zitiert bei Palandt-Grüneberg, § 280 RZ 26.
106 
Dazu hat der BGH ausgeführt, dass ein Vermieter, der schuldhaft eine materiell unbegründete Kündigung ausspreche, und auf diese Weise dem Mieter sein Besitzrecht grundlos streitig mache, vertragliche Nebenpflichten aus dem Mietvertrag verletze. Der vom BGH entschiedene Fall ist keinesfalls mit dem vorliegenden zu vergleichen.
107 
Heranzuziehen für die Frage, ob ein materiell rechtlicher Kostenerstattungsanspruch eines in Anspruch genommenen hinsichtlich der für die außergerichtliche Abwehr des Anspruchs aufgewendeten Anwaltskosten bestehe, ist vielmehr die Entscheidung des BGH vom 12.12.2006 (Az: VI ZR 224/05 in NJW 2007, 1458 ff., zitiert nach Juris).
108 
Dort führt der BGH aus, dass der materielle Kostenerstattungsanspruch voraussetzt, dass eine materiell rechtliche Anspruchsgrundlage erfüllt sei. Dabei könne ein materiell rechtlicher Kostenerstattungsanspruch sich aus Vertrag, Verzug, positiver Vertragsverletzung, Culpa in Contrahendo oder Geschäftsführung ohne Auftrag bzw. Delikt ergeben.
109 
Nachdem die Beklagte ihren Anspruch auf Bestehen eines Kündigungsrechtes nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf mehrere landgerichtliche Urteile stützen kann, kann selbstredend nicht davon gesprochen werden, dass sie sich bei Ausübung der Kündigung einer positiven Vertragsverletzung schuldig gemacht habe.
110 
Wie der BGH ausführt, gehört es zum allgemeinen Lebensrisiko mit unberechtigten Ansprüche konfrontiert zu werden. Es gebe keinen generellen Kostenerstattungsanspruch gegen denjenigen, der sich unberechtigt eines Rechtes berühmt. Es müssten die Voraussetzungen einer speziellen Haftungsnorm vorliegen. Diese, insbesondere § 280 BGB ist nach Auffassung des Gerichts vorliegend nicht gegeben. Ein materiell rechtlicher Kostenerstattungsanspruch des Klägers auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten besteht nicht.
111 
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
112 
Gem. dem Beschluss des LG Stuttgart vom 29.05.2015 (AZ 12 O 150/15) richtet sich der Streitwert nach §§ 48 I GKG, 3, 9 ZPO.
113 
Es ist der 3,5-fache Wert des Jahresbetrags zuzüglich Bonuszins (hier 80 %) zugrunde zu legen, abzüglich 20 % (Feststellungsklage).

*

(1) Der Basiszinssatz beträgt 3,62 Prozent. Er verändert sich zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres um die Prozentpunkte, um welche die Bezugsgröße seit der letzten Veränderung des Basiszinssatzes gestiegen oder gefallen ist. Bezugsgröße ist der Zinssatz für die jüngste Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahrs.

(2) Die Deutsche Bundesbank gibt den geltenden Basiszinssatz unverzüglich nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Zeitpunkten im Bundesanzeiger bekannt.

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag, bei dem eine Zeit für die Rückzahlung nicht bestimmt ist, ganz oder teilweise kündigen, ohne eine Frist einzuhalten. Eine Vereinbarung über eine Kündigungsfrist von mehr als einem Monat ist unwirksam.

(2) Der Darlehensnehmer kann seine Verbindlichkeiten aus einem Verbraucherdarlehensvertrag jederzeit ganz oder teilweise vorzeitig erfüllen. Abweichend von Satz 1 kann der Darlehensnehmer eines Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrags, für den ein gebundener Sollzinssatz vereinbart wurde, seine Verbindlichkeiten im Zeitraum der Sollzinsbindung nur dann ganz oder teilweise vorzeitig erfüllen, wenn hierfür ein berechtigtes Interesse des Darlehensnehmers besteht.

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

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(1) Der Basiszinssatz beträgt 3,62 Prozent. Er verändert sich zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres um die Prozentpunkte, um welche die Bezugsgröße seit der letzten Veränderung des Basiszinssatzes gestiegen oder gefallen ist. Bezugsgröße ist der Zinssatz für die jüngste Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahrs.

(2) Die Deutsche Bundesbank gibt den geltenden Basiszinssatz unverzüglich nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Zeitpunkten im Bundesanzeiger bekannt.

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass der mit der Beklagten abgeschlossene Bausparvertrag des Klägers mit der Vertragsnummer 28 076 8340 vom 19.05.1988 über den 24.07.2015 hinaus fortbesteht.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 1.947,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass ein mit der Beklagten bestehender Bausparvertrag nicht aufgrund der Kündigung der Beklagten vom 12.01.2015 (Bl. 35 d.A.) beendet wurde sondern fortbesteht.
Mit Antrag vom 09.05.1988 begehrte der Kläger den Abschluss eines Bausparvertrages nach Tarif (ABB) 7 (K1/Bl. 12 d.A.). Die Beklagte nahm den Antrag an und bestätigte das Bestehen eines Bausparvertrages mit der Vertragsnummer 28 076 8340, Tarif 7 mit Vertragsbeginn 19.05.1988 und einer Bausparsumme von 50.000 DM (K2/Bl. 14 d.A.).
In der Folge (17.02.1993, Bl. 15/K3) wurde der Bausparvertrag in zwei Teilverträge aufgeteilt mit den Bausparsummen 40.000 DM und 10.000 DM. Der Bausparvertrag über die Summe von 10.000 DM (Vertragsnummer 41 047 9923) wurde zum 01.07.1993 abgerechnet und an den Kläger ausbezahlt.
Dem Bausparvertrag lagen die Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB 7) für Abschlüsse bis 31.12.1988 zu Grunde (Anlage K15/Bl. 17-29 d.A.). Darin finden sich u.a. folgende Bedingungen:
§1 Abs. 1
Der Abschluss des Bausparvertrages dient der Erlangung eines unkündbaren, in der Regel zweitstellig zu sichernden Tilgungsdarlehens (Bauspardarlehen) aufgrund planmäßiger Sparleistungen nach Maßgabe dieser allgemeinen Bedingungen.
§ 2 Abs. 3
Beträge, die die Bausparsumme übersteigen, werden für die Verzinsung zunächst wie das Bausparguthaben behandelt.....
§ 5 Abs. 1
Der monatliche Bausparbeitrag beträgt 5 vom Tausend der Bausparsumme (Regelsparbeitrag), er ist bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme zum 1. jeden Monats kostenfrei an die Bausparkasse zu entrichten.
§ 6 Abs. 1
Das Bausparguthaben wird mit 2,5 vom Hundert jährlich verzinst. Die Verzinsung des Bausparguthabens erhöht sich um einen Zinsbonus von 80 vom Hundert der Guthabenzinsen.
§ 6 Abs. 2
Die Verzinsung beginnt für Sparzahlungen mit dem auf den Zahlungseingang folgenden Monatsersten. Die Verzinsung des Bausparguthabens endet mit der ersten Auszahlung nach der Zuteilung.
10 
§ 12 Abs. 1
Die Zuteilung wird dem Bausparer unverzüglich schriftlich mitgeteilt mit der Aufforderung, binnen 4 Wochen ab Datum der Zuteilung zu erklären, ob er die Zuteilung annimmt.
11 
§ 14 Abs. 1
Nimmt der Bausparer die Zuteilung nicht an oder gibt er die Annahmeerklärung nicht fristgemäß ab oder wird die Annahme der Zuteilung widerrufen, so wird der Bausparvertrag fortgesetzt.
12 
Mit einem Schreiben ohne Datum teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sein Bausparvertrag - 28 076 8340 - am 01.07.2002 zugeteilt werde (K6/Bl. 32 d.A.). Mit Schreiben vom 15.07.2013 (Anlage K7/Bl. 33 d.A.) erklärte die Beklagte u.a. „selbstverständlich können Sie Ihren Bausparvertrag auch bestehen lassen, jedoch weisen wir Sie darauf hin, dass sich mit jeder weiteren Einzahlung Ihr Darlehensanspruch verringert“.
13 
Das Bausparguthaben belief sich, Stand 31.12.2014, auf 15.457,78 EUR (K8/Bl. 34 d.A.).
14 
Mit Schreiben vom 12.01.2015 (K9/Bl. 35 d.A.) kündigte die Beklagte unter Hinweis auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB den Bausparvertrag zum 24.07.2015.
15 
Der Kläger trägt vor, die Beklagte habe kein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, da Bausparverträge im Sinn des Bausparkassengesetzes keine Darlehen im Sinn des § 488 BGB seien.
16 
Im Übrigen sei diese Norm schuldnerschützend, als Ausgleich zum Zinsbestimmungsrecht des Darlehensgebers. Dieses Zinsbestimmungsrecht obliege vorliegend aber der Beklagten und nicht dem Kläger.
17 
Überdies sei ein eventuelles Kündigungsrecht verwirkt, da die Beklagte von der Zuteilung im Jahr 2012 bis zum Jahr 2015 mit der Kündigung abgewartet habe.
18 
Schließlich habe die Beklagte mit Schreiben vom 15.07.2013 auch erklärt, der Kläger könne seinen Bausparvertrag selbstverständlich bestehen lassen. Mit der jetzigen Kündigung verhalte sich die Beklagte treuwidrig im Hinblick auf die zuvor übersandte Äußerung.
19 
Zudem bestehe keine Verpflichtung zur Inanspruchnahme des Bauspardarlehens.
20 
Überdies gebiete § 5 Abs. 3 Nr. 7 des Bausparkassengesetzes, dass die allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge Bestimmungen enthalten müssten, über die Bedingungen, nach denen ein Bausparvertrag gekündigt werden könne.
21 
Die ABB hätten gegenüber den gesetzlichen Regelungen Vorrang. Für den vorliegenden Fall sei in den ABB keine Bestimmung enthalten.
22 
Der Kläger stellt folgende Anträge:
23 
1. Es ist festzustellen, dass der mit der Beklagten abgeschlossene Bausparvertrag des Klägers mit der Vertragsnummer 28 076 8340 vom 19.05.1988 über den 24.07.2015 fortbesteht;
24 
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 564,66 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
25 
Die Beklagte beantragt Klagabweisung.
26 
Sie stellt darauf ab, dass Vertragszweck des Bausparvertrages die Erlangung eines Bauspardarlehens sei. Zweck des Bausparvertrages sei nicht die dauerhaft zinsgünstige Anlage von Geld. Der Bausparvertrag sei ein einheitlicher Darlehensvertrag mit vertauschten Rollen nach Inanspruchnahme des Bauspardarlehens. Während der Ansparphase sei die Beklagte Darlehensnehmerin. Der Bausparvertrag sei ein normaler Darlehensvertrag und unterliege den darlehensvertraglichen Bestimmungen der §§ 488 ff. BGB. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB sei daher auch für die Beklagte anwendbar, da er nicht nur beschränkt sei auf Verbraucher. Der Schutzgedanke dieser Vorschrift, den Darlehensnehmer nicht an Zinsen zu binden, die nicht mehr den Marktbedingungen entsprechen, gelte auch und gerade für Kreditinstitute, was sich der Gesetzesbegründung zu § 609a BGB - alte Fassung - entnehmen lasse. Soweit § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB den „vollständigen Empfang“ des Darlehens voraussetze, sei aufgrund der strukturellen Eigenheiten des Bausparvertrages davon auszugehen, dass mit Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife des Bausparvertrages die Bausparkasse das Darlehen des Bausparers vollständig empfangen habe.
27 
Bezüglich des weiteren Partei- und Sachvortrags wird auf die Akte und die darin befindlichen Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
28 
Die zulässige Klage ist begründet.
1.
29 
Die Klage ist gem. § 256 Abs. 1 ZPO zulässig.
30 
Die Parteien streiten sich um den Fortbestand des am 19.05.1988 geschlossenen Bausparvertrages.
31 
Gem. § 256 Abs. 1 ZPO kann die Feststellungsklage auf Bestehen eines Rechtsverhältnisses gerichtet werden. Rechtsverhältnis ist jedes Schuldverhältnis zwischen den Parteien, insbesondere die Frage der Wirksamkeit, Auslegung oder Beendigung eines Vertrages (Zöller-Greger, ZPO Kommentar, § 256 RZ 4). Nachdem vorliegend die Beklagte die Beendigung des Vertrages behauptet und dem Kläger die Durchsetzung seiner subjektiven Rechte durch Leistungsurteil oder eine Rechtsänderung durch Gestaltungsurteil nicht möglich ist, ist die positive Feststellungsklage zulässig.
2.
32 
Die Klage ist begründet.
33 
Der Bausparvertrag besteht zwischen den Parteien fort.
34 
Die Kündigung der Beklagten vom 12.01.2015 vermochte das Vertragsverhältnis nicht zu beenden, da der Beklagten ein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht zur Seite steht.
35 
Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmer nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist weder nach Sinn und Zweck der Vorschrift auf eine Kündigung durch die Bausparkasse anwendbar (a), noch sind die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm im vorliegenden Fall gegeben (b).
36 
Der Entscheidung des OLG Stuttgart vom 14.10.2011 (Beschluss AZ 9 U 151/11, WM 2013, 508 ff., zitiert nach Juris) folgend schließt sich das Gericht der Rechtsauffassung der Beklagten an, wonach es sich bei dem Bausparvertrag um einen einheitlichen Darlehensvertrag handelt mit der Besonderheit, dass Bausparkasse und Bausparer mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre jeweiligen Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer tauschen. Die Einlagen des Bausparers stellen daher ein Darlehen an die Bausparkasse dar, für dessen Rückerstattung eine Zeit nicht bestimmt ist.
37 
Der Ansicht, dass der Bausparvertrag als Darlehensvertrag einzuordnen sei, folgt die Beklagte allerdings nicht konsequent.
38 
So lässt sie in den Fällen, in dem die Bausparer sich auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung einer Darlehensgebühr in den ABB berufen und einen Rückzahlungsanspruch nach § 812 BGB geltend machen, vortragen, der Bausparvertrag sei kein Darlehensvertrag, insbesondere sei das gesetzliche Leitbild der §§ 488 ff. BGB auf den Bausparvertrag nicht anzuwenden.
39 
Die Ansicht der Beklagten, wie der Bausparvertrag rechtlich einzuordnen sei, ist daher schwankend, je nachdem, ob sie Ansprüche abwehrt oder wie im vorliegenden Fall das Kündigungsrecht geltend macht.
a)
40 
Obwohl das Darlehensrecht grundsätzlich auf den Bausparvertrag Anwendung findet, kann sich die Beklagte in Fällen der vorliegenden Art nicht auf ein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen. Dies entspräche nach Auffassung des Gerichts nicht der Intention des Gesetzgebers, die der Schaffung der vorliegenden Norm zugrunde lag.
41 
Mit dem Gesetz zur Änderung, wirtschafts-, verbraucher-, arbeits- und sozialrechtlicher Vorschriften vom 25.07.1986 (Bundesgesetzblatt Teil 1 1986, 1169) hob der Gesetzgeber den bis dahin geltenden § 247 BGB auf und fügte § 609a BGB neu ins BGB ein. § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB bestimmte, wortgleich mit dem nun geltenden § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, dass der Schuldner ein Darlehen „in jedem Fall nach Ablauf von 10 Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Monaten“ kündigen kann.
42 
Der Gesetzesänderung zugrunde lag der Gesetzesentwurf (Drucksache 10/4741 vom 29.01.1986). Daraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber § 247 Abs. 1 BGB alte Fassung abschaffen wollte, weil eine wirtschaftlich sinnvolle, im Streitfall bestandskräftige Kündigung aufgrund dieser Norm, nach den geänderten wirtschaftlichen Verhältnissen und insbesondere der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht mehr möglich sei. Der Begründung des Entwurfes des Gesetzes zur Änderung wirtschafts- und verbraucherrechtlicher Vorschriften lässt sich entnehmen, dass nach Auffassung des Gesetzgebers § 247 Abs. 1 BGB alte Fassung dem Darlehensnehmer ein zu weitreichendes Kündigungsrecht gewährte, insbesondere wenn nach einer Phase ausgesprochen hoher Zinsen der Kapitalzins so stark abfiel, dass eine Umschuldung auf geringer verzinsliche Kredite für die Kreditnehmer rentabel wurde. Konsequenz dieses weitgehenden Kündigungsrechtes war, dass der Versicherungswirtschaft durch vorzeitig gekündigte Kredite ein Verlust von rund 1 Milliarde DM entstand.
43 
Nach der Begründung des Entwurfs war das Kündigungsrecht des Schuldners von einem Ausnahmebehelf zu einem voraussetzungslosen allgemeinen Kündigungsrecht geworden. Dies sei mit dem Wesen einer Festzinsabrede bei längerfristigen Krediten nicht zu vereinbaren. Der Entwurf bemängelte, dass der Kreditgeber bei steigenden Zinsen an einen niedrigen Vertragszins gebunden bleibe, während der Kreditnehmer bei fallenden Zinsen nach der Vorlaufzeit von 6 Monaten mit 6-monatiger Frist kündigen könne. Das Zinsänderungsrisiko sei einseitig auf den Kreditgeber verlagert und habe gesamtwirtschaftlich nachteilige Auswirkungen. Sie erschwere den professionellen Kreditgebern eine laufzeit- und zinskongruente Refinanzierung mittel- und längerfristig verzinslicher Kredite, deren Angebot zur Förderung und Finanzierung von Investitionen erwünscht sei. Die Kreditgeber müssten bei längerfristiger Vereinbarung fester Darlehenszinsen danach trachten, das sich aus § 247 BGB a.F. ergebende Risiko durch Kostenzuschläge (Disagio, Zinsen) aufzufangen.
44 
Bereits aus diesem Passus der Begründung des Gesetzesentwurfes ergibt sich, dass die Änderung im Interesse der „professionellen Kreditgeber“ zur Vermeidung gesamtwirtschaftlich nachteiliger Auswirkungen beabsichtigt war.
45 
Der Gesetzgeber hatte keinesfalls eine Darlehenskonstruktion der vorliegenden Art im Auge, wonach beim Bausparvertrag zunächst der Bausparer in der Ansparphase der Darlehensgeber und die Bausparkasse die Darlehensnehmerin ist.
46 
Die Gesetzesänderung sollte die „professionellen Kreditgeber“ stärken und keinesfalls den privaten Darlehensgeber im Bereich der Bausparverträge.
47 
Weiter ergibt sich aus der Begründung (Seite 22), dass mit der künftigen Regelung ein „maßvoll ausgestaltetes allgemeines Kündigungsrecht des Schuldners als ein wesentliches und wirksames Gegengewicht gegen das Zinsbestimmungsrecht des Gläubigers“ geschaffen werden soll. Auch aus diesem Begründungsteil ist zu erkennen, dass das Kündigungsrecht des § 609a BGB a.F. jetzt § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, nicht auf die Konstruktion des Bausparvertrages Anwendung finden kann.
48 
Zwar ist der Bausparer Darlehensgeber während der Ansparphase, im steht aber keinerlei „Zinsbestimmungsrecht“ zu. Dies liegt allein bei der Bausparkasse.
49 
Daraus lässt sich nach Auffassung des Gerichts zwanglos erkennen, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung der Norm, den „normalen“ Darlehensfall im Auge hatte, bei dem der Darlehensgeber der wirtschaftlich stärkere, „zinsbestimmende“ Vertragsteil und der Darlehensnehmer der wirtschaftlich schwächere ist. Diese Voraussetzungen sind beim Bausparvertrag gerade nicht gegeben.
50 
Weiter wird in der Begründung ausgeführt, dass nach dem Entwurf der Markt für längerfristige festverzinsliche Kredite auch solchen Geldgebern eröffnet werden solle, denen er bisher aufgrund der durch das Kündigungsrecht erschwerten „Refinanzierung“ verschlossen war. Deshalb müssten Zinsänderungsrisiken nach der vorgeschlagenen Regelung nicht mehr in die Konditionen längerfristiger, festverzinslicher Kredite einkalkuliert zu werden. Für Kreditnehmer sei daher mit einem verbesserten und breiter gefächerten Angebot insbesondere im Bereich der festverzinslichen Kredite zu rechnen.
51 
Auch diese Erklärungen weisen eindeutig darauf hin, dass der Gesetzgeber unter Kreditgeber eine Bank oder eine Versicherung verstand und unter Kreditnehmer den, so der heutige Terminus, Verbraucher.
52 
Beim Bausparvertrag ist es nicht der Bausparer, der „Konditionen längerfristiger, festverzinslicher Kredite“ zu schaffen vermag, sondern es ist die Bausparkasse. Das „breiter gefächerte Angebot, insbesondere im Bereich der festverzinslichen Kredite“ stellt nicht der Bausparer, sondern die Bausparkasse. Damit kann nach Auffassung des Gerichts kein Zweifel daran bestehen, dass der Gesetzgeber bei Schaffung der Kündigungsvorschrift des § 609a BGB a.F. nicht das Bausparvertragsverhältnis im Blick hatte.
53 
Dies ergibt sich aus einer weiteren Bemerkung im Rahmen der Begründung dieses Gesetzesentwurfes (Seite 22 vorletzter Absatz), in dem ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass es „den Geschäftsbedingungen des Kreditinstitutes vorbehalten bleibe, unter Wahrung des Grundgedankens der vorgeschlagenen Regelung zu treffen, die eine zeitliche Eingrenzung der Kündigungsbefugnis des Darlehensnehmers ermöglichen“. Hier wird sogar aus der Wortwahl des Gesetzgebers deutlich, auf welcher Seite er das „Kreditinstitut“ und auf welcher Seite den Darlehensnehmer sieht. Nach dem Grundgedanken des Gesetzes ist der “zinsbestimmende Teil“ das Kreditinstitut, welches mit den Geschäftsbedingungen das neu geschaffene Kündigungsrecht des Darlehensnehmers solle eingrenzen können.
54 
Damit steht, nach Auffassung des Gerichts, außer Frage, dass sich die Bausparkasse nicht auf das Kündigungsrecht des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen kann, weil dies den Intentionen des Gesetzgebers bei Schaffung der Vorgängernorm nicht gerecht wird.
55 
Soweit die Beklagte darauf abstellt, dass sich aus der Begründung des Gesetzesentwurfes (Seite 23) ergebe, dass die Norm auch für die Bausparkasse Anwendung finden soll, ist diese Auffassung, wie oben dargelegt, der Begründung keinesfalls zu entnehmen.
56 
Im Gegenteil lässt sich aus einem weiteren Satz in der Begründung die oben vertretene Auffassung des erkennenden Gerichtes bestärken, wonach das Kreditinstitut sich gerade nicht auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen können soll.
57 
Die beiden Sätze, die die Auffassung des genannten Gerichtes stärken, lauten wie folgt:
58 
„Der Schuldner kann die Kündigung frühestens nach Ablauf von 10 Jahren nach der Auszahlung des Darlehens und danach in jedem Zeitpunkt erklären. Um die technische Abwicklung des Vertrages und die Vorbereitung eines neuen Geschäfts zu erleichtern, hat der Schuldner eine Kündigungsfrist von 6 Monaten einzuhalten“.
59 
Wird wie vorliegend dem Bausparer von der Bausparkasse die Kündigung erklärt, gibt es für den Bausparer keine „technische Abwicklung des Vertrages“ und er vermag gegenüber dem bisherigen Darlehensnehmer auch keinesfalls die „Vorbereitung eines neuen Geschäftes“ vorzunehmen.
60 
Damit steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass nach dem Willen des Gesetzgebers bei Schaffung der Norm des § 609a BGB a.F. der Bausparvertrag und die darin zum Ausdruck kommenden Parteirollen, Darlehensnehmer (Bausparkasse) und Darlehensgeber (Bausparer) nicht erfasst werden sollte.
61 
Bereits diese Überlegungen führen dazu, die Kündigung der Beklagten vom 12.01.2015 als unwirksam zu betrachten.
b)
62 
Darüberhinaus ist jedoch, selbst wenn man § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu Gunsten der Bausparkasse für anwendbar halten wollte, im vorliegenden Fall ein Tatbestandsmerkmal der Norm nicht erfüllt.
63 
Vorab sei nochmal auf die oben erwähnte Begründung zum Gesetzesentwurf (Seite 23) verwiesen. Der Gesetzgeber wollte das Kündigungsrecht dem Darlehensschuldner nach Ablauf von 10 Jahren nach der Auszahlung des Darlehens gewähren.
64 
In § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist dies so formuliert, dass dem Darlehensnehmer nach „dem vollständigen Empfang“ das Kündigungsrecht zustehen soll.
65 
Sowohl nach dem Wortlaut des Gesetzes als auch nach der oben angeführten Begründung des Gesetzentwurfes ist nach Auffassung des Gerichts der vollständige Empfang im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB keinesfalls mit der Zuteilungsreife des Darlehensvertrages gleichzusetzen, wie dies bisher in der Rechtsprechung geschehen ist.
66 
So haben das Landgericht Mainz (WM 2015, 181 ff., zitiert nach Juris), das Landgericht Hannover (Urteil vom 30.06.2015, AZ 14 O 55/15, zitiert nach Juris) und das Landgericht Aachen (Urteil vom 19.05.2015, AZ 10 O 404/14, zitiert nach Juris) jeweils ausgeführt, dass „in einem Bausparfall der vollständige Empfang der Darlehensvaluta im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB der eintretenden Zuteilungsreife“ gleichzusetzen sei.
67 
Das Landgericht Aachen führte aus, dass sich die Anwendung der Norm aus ihrem Sinn und Zweck ergebe, weil § 489 BGB einen Interesseausgleich schaffen solle und den Darlehensnehmer vor überlangen Bindungen an festgelegte Zinssätze schützen wolle. Es sollten marktgerechte Zinsen ermöglicht werden.
68 
Abgesehen davon, dass, wie oben ausgeführt, Sinn und Zweck der Norm gerade nicht die Bausparkasse umfasst, ist dies nach Auffassung des Gerichts keine tragfähige Begründung dafür, dass der vollständige Empfang eines Darlehens gleichgesetzt werden kann mit der Zuteilungsreife des Bausparvertrags.
69 
Das Landgericht Mainz bemüht die „strukturellen Eigenheiten des Bausparvertrages“, um den Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife mit dem vollständigen Empfang im Sinn der Vorschrift gleichzusetzen.
70 
Wenn schon das Darlehensrecht direkt auf den Bausparvertrag Anwendung finden soll, dann ist es nicht zu begründen, dass einseitig zu Gunsten eines Vertragspartners, nämlich der Bausparkasse, der eindeutige Wortlaut der Gesetzesnorm zu Lasten des anderen Vertragsteiles ausgehöhlt wird.
71 
Soweit das Landgericht Mainz in diesem Zusammenhang noch ausführt, dass sich der Bausparer nicht auf den Grundsatz berufen könne, Verträge seien grundsätzlich einzuhalten, da er selbst durch die Nichtannahme der Zuteilung dem Vertragszweck zuwider gehandelt habe, ist dies unverständlich und mit Sicherheit nicht mit den „strukturellen Eigenheiten des Bausparvertrages“ in Einklang zu bringen.
72 
Es besteht zwischen den Parteien Einigkeit, dass der Bausparer niemals verpflichtet ist, ein Darlehen in Anspruch zu nehmen, wenn auch § 1 der ABB 7 den Vertragszweck in der Erlangung eines Bauspardarlehens sieht.
73 
Die Nichtannahme der Zuteilung kann daher keinesfalls als vertragswidriges Verhalten des Bausparers gewertet werden.
74 
Soweit das Landgericht Hannover die Gleichsetzung des vollständigen Empfangs der Darlehensvaluta mit der Zuteilungsreife annimmt, begründet es dies ebenfalls mit der „besonderen Konstruktion des Bausparvertrages“.
75 
Zwar hebt im Unterschied zum Landgericht Mainz das Landgericht Hannover hervor, dass es dem Bausparer grundsätzlich frei stehe, das Darlehens nach Zuteilungsreife abzurufen, hält aber gleichwohl aufgrund Sinn und Zweck der Norm ihre Anwendung für gerechtfertigt.
76 
Das Landgericht Hannover bezieht sich auf Systematik und Entstehungsgeschichte sowie Ratio der Vorschrift und nimmt zur Begründung Bezug auf die Bundestagsdrucksache 16/11 643 Seite 74.
77 
Hierbei handelt es sich um die Begründung der Bundesregierung zudem Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 21.01.2009.
78 
In der Begründung wird auf Seite 74 ausgeführt, dass die Änderungen des § 489 BGB lediglich redaktionellen und systematischen Anpassungen der Zinsregelungen dienen sollen.
79 
Ferner wird in der Begründung ausgeführt, dass für „Verbraucherdarlehen“ die Kündigungsmöglichkeiten des Darlehensnehmers in § 500 BGB geregelt würden.
80 
Gleichzeitig werde das Wort „Auszahlung“ durch das Wort „Empfang“ ersetzt.
81 
Zwar wird in den §§ 491 ff. BGB der Verbraucherdarlehensvertrag speziell geregelt, jedoch übersieht das Landgericht Hannover, dass § 500 BGB nicht auf Immobiliardarlehensverträge anzuwenden ist (§ 503 BGB).
82 
Der Bausparvertrag ist aber unstreitig ein Immobiliardarlehensvertrag im Sinn des § 503 BGB, sodass nach wie vor die oben zitierte Gesetzesbegründung zu § 609a BGB a.F. für die Auslegung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB heranzuziehen ist.
83 
Die Bundestagsdrucksache 16/11 643, Seite 74 enthält keinesfalls eine neue Begründung für Sinn und Zweck dieser Kündigungsvorschrift.
84 
Damit ist, wenn man so weit gehen wollte und § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB für Bausparverträge für anwendbar hält, festzustellen, was unter „vollständigem Empfang“ im Sinn dieser Norm gemeint ist.
85 
Es ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, dass damit nur die vollständige Valutierung, also Auszahlung des vereinbarten Darlehens gemeint sein kann. Gestützt wird dies durch die Begründung des Gesetzesentwurfes (Bundestagsdrucksache 10/4741, Seite 23), wie oben ausgeführt.
86 
Nachdem der Gesetzgeber bei Schaffung dieser Norm vom „normalen“ Darlehensvertrag ausging, ergibt es sich von selbst, dass die Darlehenssumme, die der Kreditgeber gewähren soll, vertraglich festgelegt ist. Dieser „Normalfall“ des Darlehens ist beim Bausparvertrag gerade nicht gegeben. Zwar ist der Bausparer in der Ansparphase Darlehensgeber und die Bausparkasse Darlehensnehmerin, jedoch ist im Bausparvertrag die vom Darlehensgeber „geschuldete“ Darlehenssumme mit keinem Wort festgelegt. Im Bausparvertrag geregelt ist lediglich die Bausparsumme und ermittelbar ist festgelegt die Zuteilungsreife. Die Zuteilungsreife ist der Zeitpunkt, zu dem der bisherige Darlehensgeber den „Rollentausch“ vornehmen kann, um sich in die Darlehensnehmerrolle zu begeben.
87 
Damit ist vertraglich eine bestimmte Darlehenssumme, die der Darlehensgeber der Ansparphase, also der Bausparer, an die Bausparkasse zu zahlen hat, nicht ausgewiesen.
88 
Auch daraus ergibt sich, dass die Gesetzesnorm des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gerade nicht auf den Bausparvertrag zugeschnitten wurde.
89 
Soweit in diesem Zusammenhang die Beklagte darauf hinweist, dass mit Eintritt der Zuteilungsreife es allein beim Bausparer liege, seinen Anspruch auf Erhalt der Bausparsumme zu begründen, ist dies, betrachtet man die ABB 7, keinesfalls zutreffend.
90 
Auch nach der Zuteilungsreife liegt es in der Entscheidungsfreiheit der Bausparkasse, das Darlehen zu gewähren. Dies folgt aus § 13 Abs. 4, 15 ABB. Vor Gewährung des Darlehens hat die Bausparkasse das Recht, eine Bonitätsprüfung durchzuführen, sowie weitere Darlehenssicherheiten zu verlangen. Kommt der Bausparer dem nicht nach, wird das zugeteilte Bauspardarlehen nicht ausgezahlt.
91 
Auch stehen weitere Regelungen der ABB 7 der Auffassung entgegen, Zuteilungsreife sei mit vollständigem Empfang gleichzusetzen:
92 
Aus § 2 Abs. 3 ABB ergibt sich, dass sogar der Fall, dass die Zahlungen des Bausparers die Bausparsumme übersteigen zur Regelung vorgesehen ist. Auch diese Beiträge, die überobligationsmäßig über die vereinbarte Bausparsumme eingezahlt werden, sind von der Bausparkasse zu verzinsen.
93 
In § 5 Abs. 1 ABB legt die Beklagte Regelsparbeiträge fest. Auch diese sind keinesfalls limitiert bis zur Zeit der Zuteilungsreife, sondern in dieser Regelung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bis zur ersten Auszahlung der zugeteilten Bausparsumme die Regelsparbeiträge monatlich zu leisten sind. Das heißt, die Beklagte fordert geradezu über den Zuteilungszeitpunkt hinaus die Einzahlung von Sparbeiträgen. Wäre sie bei Abfassung des Vertrages im Jahr 1988 der Auffassung gewesen, die Zuteilungsreife entspräche dem vollständigen Empfang im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, hätte es nahegelegen, eine Regelung einzufügen, wonach das weitere Besparen ab der Zuteilungsreife nicht mehr möglich ist. Die Beklagte hat nicht nur diesen Weg nicht gewählt, sondern im Gegenteil, den weiteren Regelsparbeitrag eingefordert.
94 
Darüberhinaus gewährt § 5 Abs. 3 ABB der Bausparkasse sogar das Recht zur Kündigung, wenn der Bausparer mit mehr als 6 Regelsparbeiträgen rückständig ist.
95 
Aus § 14 ABB ergibt sich, dass die Beklagte bei Vertragsschluss im Jahr 1988 keinesfalls davon ausging, dass der vollständige Empfang im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 mit der Zuteilungsreife gleichzusetzen sei. § 14 Abs. 1 ABB gewährt dem Bausparer nicht nur das Recht, die Zuteilung nicht anzunehmen, sondern regelt ausdrücklich die Fortsetzung des Bausparvertrages für den Fall, dass der Bausparer die Annahmeerklärung nicht fristgemäß abgibt.
96 
Aus dieser Norm ergibt sich, dass es im Interesse der Beklagten lag, nach Zuteilungsreife den Bausparvertrag fortzusetzen und der Bausparer diesen regelmäßig bespart. Dass die nun eingetretene wirtschaftliche Veränderung, wonach der Kapitalzins ins „Bodenlose“ fiel, zu einer anderen Auslegung des Vertrages oder der Norm führen könnte, ist nicht ersichtlich.
97 
Letztlich sei noch anzufügen, dass die Beklagte in der Vergangenheit die Nichtannahme der Zuteilung, also das Unterlassen der Darlehensaufnahme, durch Zahlung eines erheblichen Bonuszinses honorierte.
98 
Abgesehen von dem eindeutigen Wortlaut der Norm des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB stützen diese Erwägungen und die von der Beklagten selbst geschaffenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Auffassung, dass vollständiger Empfang und Zuteilungsreife nicht ein und dasselbe sein können.
99 
Damit ist nach Auffassung des Gericht die Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB für den vorliegenden Fall nicht möglich, mit der Folge, dass die Kündigung vom 12.01.2015, die sich ausschließlich auf diese Norm stützte, unwirksam ist.
100 
Diese Auffassung ist im Übrigen auch in Einklang zu bringen mit der eingangs zitierten Entscheidung des OLG Stuttgart vom 14.10.2011, worin ausgeführt wurde, dass die Bausparkasse den Bausparvertrag nicht kündigen dürfe, wenn sie dadurch dem Bausparer den Anspruch auf das Tilgungsdarlehen entziehe (OLG Stgt. Beschluss vom 14.10.2011, 9 U 151/11, RZ 10, zitiert nach Juris).
101 
Das OLG Stuttgart sah das Kündigungsrecht der Bausparkasse allerdings nach § 488 Abs. 3 BGB dann als gegeben an, wenn die vereinbarte Bausparsumme vollständig erreicht ist.
102 
Vorliegend ist die Bausparsumme von 20.451,68 EUR zum Zeitpunkt der Kündigung am 12.01.2015 nicht gegeben gewesen, sodass die Bausparkasse nicht zur Kündigung berechtigt war.
103 
Der Klage war daher bezüglich der Hauptsache in vollem Umfang stattzugeben.
104 
Bezüglich der geltend gemachten Nebenforderungen, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, war die Klage allerdings abzuweisen, da es diesbezüglich an einer Anspruchsgrundlage mangelt.
105 
Der Kläger begründet seinen Anspruch mit einem pflichtwidrigen Verhalten der Beklagten bei Ausspruch der Kündigung und nimmt Bezug auf die Rechtsprechung des BGH, zitiert bei Palandt-Grüneberg, § 280 RZ 26.
106 
Dazu hat der BGH ausgeführt, dass ein Vermieter, der schuldhaft eine materiell unbegründete Kündigung ausspreche, und auf diese Weise dem Mieter sein Besitzrecht grundlos streitig mache, vertragliche Nebenpflichten aus dem Mietvertrag verletze. Der vom BGH entschiedene Fall ist keinesfalls mit dem vorliegenden zu vergleichen.
107 
Heranzuziehen für die Frage, ob ein materiell rechtlicher Kostenerstattungsanspruch eines in Anspruch genommenen hinsichtlich der für die außergerichtliche Abwehr des Anspruchs aufgewendeten Anwaltskosten bestehe, ist vielmehr die Entscheidung des BGH vom 12.12.2006 (Az: VI ZR 224/05 in NJW 2007, 1458 ff., zitiert nach Juris).
108 
Dort führt der BGH aus, dass der materielle Kostenerstattungsanspruch voraussetzt, dass eine materiell rechtliche Anspruchsgrundlage erfüllt sei. Dabei könne ein materiell rechtlicher Kostenerstattungsanspruch sich aus Vertrag, Verzug, positiver Vertragsverletzung, Culpa in Contrahendo oder Geschäftsführung ohne Auftrag bzw. Delikt ergeben.
109 
Nachdem die Beklagte ihren Anspruch auf Bestehen eines Kündigungsrechtes nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf mehrere landgerichtliche Urteile stützen kann, kann selbstredend nicht davon gesprochen werden, dass sie sich bei Ausübung der Kündigung einer positiven Vertragsverletzung schuldig gemacht habe.
110 
Wie der BGH ausführt, gehört es zum allgemeinen Lebensrisiko mit unberechtigten Ansprüche konfrontiert zu werden. Es gebe keinen generellen Kostenerstattungsanspruch gegen denjenigen, der sich unberechtigt eines Rechtes berühmt. Es müssten die Voraussetzungen einer speziellen Haftungsnorm vorliegen. Diese, insbesondere § 280 BGB ist nach Auffassung des Gerichts vorliegend nicht gegeben. Ein materiell rechtlicher Kostenerstattungsanspruch des Klägers auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten besteht nicht.
111 
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
112 
Gem. dem Beschluss des LG Stuttgart vom 29.05.2015 (AZ 12 O 150/15) richtet sich der Streitwert nach §§ 48 I GKG, 3, 9 ZPO.
113 
Es ist der 3,5-fache Wert des Jahresbetrags zuzüglich Bonuszins (hier 80 %) zugrunde zu legen, abzüglich 20 % (Feststellungsklage).

Gründe

 
28 
Die zulässige Klage ist begründet.
1.
29 
Die Klage ist gem. § 256 Abs. 1 ZPO zulässig.
30 
Die Parteien streiten sich um den Fortbestand des am 19.05.1988 geschlossenen Bausparvertrages.
31 
Gem. § 256 Abs. 1 ZPO kann die Feststellungsklage auf Bestehen eines Rechtsverhältnisses gerichtet werden. Rechtsverhältnis ist jedes Schuldverhältnis zwischen den Parteien, insbesondere die Frage der Wirksamkeit, Auslegung oder Beendigung eines Vertrages (Zöller-Greger, ZPO Kommentar, § 256 RZ 4). Nachdem vorliegend die Beklagte die Beendigung des Vertrages behauptet und dem Kläger die Durchsetzung seiner subjektiven Rechte durch Leistungsurteil oder eine Rechtsänderung durch Gestaltungsurteil nicht möglich ist, ist die positive Feststellungsklage zulässig.
2.
32 
Die Klage ist begründet.
33 
Der Bausparvertrag besteht zwischen den Parteien fort.
34 
Die Kündigung der Beklagten vom 12.01.2015 vermochte das Vertragsverhältnis nicht zu beenden, da der Beklagten ein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht zur Seite steht.
35 
Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmer nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist weder nach Sinn und Zweck der Vorschrift auf eine Kündigung durch die Bausparkasse anwendbar (a), noch sind die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm im vorliegenden Fall gegeben (b).
36 
Der Entscheidung des OLG Stuttgart vom 14.10.2011 (Beschluss AZ 9 U 151/11, WM 2013, 508 ff., zitiert nach Juris) folgend schließt sich das Gericht der Rechtsauffassung der Beklagten an, wonach es sich bei dem Bausparvertrag um einen einheitlichen Darlehensvertrag handelt mit der Besonderheit, dass Bausparkasse und Bausparer mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre jeweiligen Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer tauschen. Die Einlagen des Bausparers stellen daher ein Darlehen an die Bausparkasse dar, für dessen Rückerstattung eine Zeit nicht bestimmt ist.
37 
Der Ansicht, dass der Bausparvertrag als Darlehensvertrag einzuordnen sei, folgt die Beklagte allerdings nicht konsequent.
38 
So lässt sie in den Fällen, in dem die Bausparer sich auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung einer Darlehensgebühr in den ABB berufen und einen Rückzahlungsanspruch nach § 812 BGB geltend machen, vortragen, der Bausparvertrag sei kein Darlehensvertrag, insbesondere sei das gesetzliche Leitbild der §§ 488 ff. BGB auf den Bausparvertrag nicht anzuwenden.
39 
Die Ansicht der Beklagten, wie der Bausparvertrag rechtlich einzuordnen sei, ist daher schwankend, je nachdem, ob sie Ansprüche abwehrt oder wie im vorliegenden Fall das Kündigungsrecht geltend macht.
a)
40 
Obwohl das Darlehensrecht grundsätzlich auf den Bausparvertrag Anwendung findet, kann sich die Beklagte in Fällen der vorliegenden Art nicht auf ein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen. Dies entspräche nach Auffassung des Gerichts nicht der Intention des Gesetzgebers, die der Schaffung der vorliegenden Norm zugrunde lag.
41 
Mit dem Gesetz zur Änderung, wirtschafts-, verbraucher-, arbeits- und sozialrechtlicher Vorschriften vom 25.07.1986 (Bundesgesetzblatt Teil 1 1986, 1169) hob der Gesetzgeber den bis dahin geltenden § 247 BGB auf und fügte § 609a BGB neu ins BGB ein. § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB bestimmte, wortgleich mit dem nun geltenden § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, dass der Schuldner ein Darlehen „in jedem Fall nach Ablauf von 10 Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Monaten“ kündigen kann.
42 
Der Gesetzesänderung zugrunde lag der Gesetzesentwurf (Drucksache 10/4741 vom 29.01.1986). Daraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber § 247 Abs. 1 BGB alte Fassung abschaffen wollte, weil eine wirtschaftlich sinnvolle, im Streitfall bestandskräftige Kündigung aufgrund dieser Norm, nach den geänderten wirtschaftlichen Verhältnissen und insbesondere der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht mehr möglich sei. Der Begründung des Entwurfes des Gesetzes zur Änderung wirtschafts- und verbraucherrechtlicher Vorschriften lässt sich entnehmen, dass nach Auffassung des Gesetzgebers § 247 Abs. 1 BGB alte Fassung dem Darlehensnehmer ein zu weitreichendes Kündigungsrecht gewährte, insbesondere wenn nach einer Phase ausgesprochen hoher Zinsen der Kapitalzins so stark abfiel, dass eine Umschuldung auf geringer verzinsliche Kredite für die Kreditnehmer rentabel wurde. Konsequenz dieses weitgehenden Kündigungsrechtes war, dass der Versicherungswirtschaft durch vorzeitig gekündigte Kredite ein Verlust von rund 1 Milliarde DM entstand.
43 
Nach der Begründung des Entwurfs war das Kündigungsrecht des Schuldners von einem Ausnahmebehelf zu einem voraussetzungslosen allgemeinen Kündigungsrecht geworden. Dies sei mit dem Wesen einer Festzinsabrede bei längerfristigen Krediten nicht zu vereinbaren. Der Entwurf bemängelte, dass der Kreditgeber bei steigenden Zinsen an einen niedrigen Vertragszins gebunden bleibe, während der Kreditnehmer bei fallenden Zinsen nach der Vorlaufzeit von 6 Monaten mit 6-monatiger Frist kündigen könne. Das Zinsänderungsrisiko sei einseitig auf den Kreditgeber verlagert und habe gesamtwirtschaftlich nachteilige Auswirkungen. Sie erschwere den professionellen Kreditgebern eine laufzeit- und zinskongruente Refinanzierung mittel- und längerfristig verzinslicher Kredite, deren Angebot zur Förderung und Finanzierung von Investitionen erwünscht sei. Die Kreditgeber müssten bei längerfristiger Vereinbarung fester Darlehenszinsen danach trachten, das sich aus § 247 BGB a.F. ergebende Risiko durch Kostenzuschläge (Disagio, Zinsen) aufzufangen.
44 
Bereits aus diesem Passus der Begründung des Gesetzesentwurfes ergibt sich, dass die Änderung im Interesse der „professionellen Kreditgeber“ zur Vermeidung gesamtwirtschaftlich nachteiliger Auswirkungen beabsichtigt war.
45 
Der Gesetzgeber hatte keinesfalls eine Darlehenskonstruktion der vorliegenden Art im Auge, wonach beim Bausparvertrag zunächst der Bausparer in der Ansparphase der Darlehensgeber und die Bausparkasse die Darlehensnehmerin ist.
46 
Die Gesetzesänderung sollte die „professionellen Kreditgeber“ stärken und keinesfalls den privaten Darlehensgeber im Bereich der Bausparverträge.
47 
Weiter ergibt sich aus der Begründung (Seite 22), dass mit der künftigen Regelung ein „maßvoll ausgestaltetes allgemeines Kündigungsrecht des Schuldners als ein wesentliches und wirksames Gegengewicht gegen das Zinsbestimmungsrecht des Gläubigers“ geschaffen werden soll. Auch aus diesem Begründungsteil ist zu erkennen, dass das Kündigungsrecht des § 609a BGB a.F. jetzt § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, nicht auf die Konstruktion des Bausparvertrages Anwendung finden kann.
48 
Zwar ist der Bausparer Darlehensgeber während der Ansparphase, im steht aber keinerlei „Zinsbestimmungsrecht“ zu. Dies liegt allein bei der Bausparkasse.
49 
Daraus lässt sich nach Auffassung des Gerichts zwanglos erkennen, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung der Norm, den „normalen“ Darlehensfall im Auge hatte, bei dem der Darlehensgeber der wirtschaftlich stärkere, „zinsbestimmende“ Vertragsteil und der Darlehensnehmer der wirtschaftlich schwächere ist. Diese Voraussetzungen sind beim Bausparvertrag gerade nicht gegeben.
50 
Weiter wird in der Begründung ausgeführt, dass nach dem Entwurf der Markt für längerfristige festverzinsliche Kredite auch solchen Geldgebern eröffnet werden solle, denen er bisher aufgrund der durch das Kündigungsrecht erschwerten „Refinanzierung“ verschlossen war. Deshalb müssten Zinsänderungsrisiken nach der vorgeschlagenen Regelung nicht mehr in die Konditionen längerfristiger, festverzinslicher Kredite einkalkuliert zu werden. Für Kreditnehmer sei daher mit einem verbesserten und breiter gefächerten Angebot insbesondere im Bereich der festverzinslichen Kredite zu rechnen.
51 
Auch diese Erklärungen weisen eindeutig darauf hin, dass der Gesetzgeber unter Kreditgeber eine Bank oder eine Versicherung verstand und unter Kreditnehmer den, so der heutige Terminus, Verbraucher.
52 
Beim Bausparvertrag ist es nicht der Bausparer, der „Konditionen längerfristiger, festverzinslicher Kredite“ zu schaffen vermag, sondern es ist die Bausparkasse. Das „breiter gefächerte Angebot, insbesondere im Bereich der festverzinslichen Kredite“ stellt nicht der Bausparer, sondern die Bausparkasse. Damit kann nach Auffassung des Gerichts kein Zweifel daran bestehen, dass der Gesetzgeber bei Schaffung der Kündigungsvorschrift des § 609a BGB a.F. nicht das Bausparvertragsverhältnis im Blick hatte.
53 
Dies ergibt sich aus einer weiteren Bemerkung im Rahmen der Begründung dieses Gesetzesentwurfes (Seite 22 vorletzter Absatz), in dem ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass es „den Geschäftsbedingungen des Kreditinstitutes vorbehalten bleibe, unter Wahrung des Grundgedankens der vorgeschlagenen Regelung zu treffen, die eine zeitliche Eingrenzung der Kündigungsbefugnis des Darlehensnehmers ermöglichen“. Hier wird sogar aus der Wortwahl des Gesetzgebers deutlich, auf welcher Seite er das „Kreditinstitut“ und auf welcher Seite den Darlehensnehmer sieht. Nach dem Grundgedanken des Gesetzes ist der “zinsbestimmende Teil“ das Kreditinstitut, welches mit den Geschäftsbedingungen das neu geschaffene Kündigungsrecht des Darlehensnehmers solle eingrenzen können.
54 
Damit steht, nach Auffassung des Gerichts, außer Frage, dass sich die Bausparkasse nicht auf das Kündigungsrecht des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen kann, weil dies den Intentionen des Gesetzgebers bei Schaffung der Vorgängernorm nicht gerecht wird.
55 
Soweit die Beklagte darauf abstellt, dass sich aus der Begründung des Gesetzesentwurfes (Seite 23) ergebe, dass die Norm auch für die Bausparkasse Anwendung finden soll, ist diese Auffassung, wie oben dargelegt, der Begründung keinesfalls zu entnehmen.
56 
Im Gegenteil lässt sich aus einem weiteren Satz in der Begründung die oben vertretene Auffassung des erkennenden Gerichtes bestärken, wonach das Kreditinstitut sich gerade nicht auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen können soll.
57 
Die beiden Sätze, die die Auffassung des genannten Gerichtes stärken, lauten wie folgt:
58 
„Der Schuldner kann die Kündigung frühestens nach Ablauf von 10 Jahren nach der Auszahlung des Darlehens und danach in jedem Zeitpunkt erklären. Um die technische Abwicklung des Vertrages und die Vorbereitung eines neuen Geschäfts zu erleichtern, hat der Schuldner eine Kündigungsfrist von 6 Monaten einzuhalten“.
59 
Wird wie vorliegend dem Bausparer von der Bausparkasse die Kündigung erklärt, gibt es für den Bausparer keine „technische Abwicklung des Vertrages“ und er vermag gegenüber dem bisherigen Darlehensnehmer auch keinesfalls die „Vorbereitung eines neuen Geschäftes“ vorzunehmen.
60 
Damit steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass nach dem Willen des Gesetzgebers bei Schaffung der Norm des § 609a BGB a.F. der Bausparvertrag und die darin zum Ausdruck kommenden Parteirollen, Darlehensnehmer (Bausparkasse) und Darlehensgeber (Bausparer) nicht erfasst werden sollte.
61 
Bereits diese Überlegungen führen dazu, die Kündigung der Beklagten vom 12.01.2015 als unwirksam zu betrachten.
b)
62 
Darüberhinaus ist jedoch, selbst wenn man § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu Gunsten der Bausparkasse für anwendbar halten wollte, im vorliegenden Fall ein Tatbestandsmerkmal der Norm nicht erfüllt.
63 
Vorab sei nochmal auf die oben erwähnte Begründung zum Gesetzesentwurf (Seite 23) verwiesen. Der Gesetzgeber wollte das Kündigungsrecht dem Darlehensschuldner nach Ablauf von 10 Jahren nach der Auszahlung des Darlehens gewähren.
64 
In § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist dies so formuliert, dass dem Darlehensnehmer nach „dem vollständigen Empfang“ das Kündigungsrecht zustehen soll.
65 
Sowohl nach dem Wortlaut des Gesetzes als auch nach der oben angeführten Begründung des Gesetzentwurfes ist nach Auffassung des Gerichts der vollständige Empfang im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB keinesfalls mit der Zuteilungsreife des Darlehensvertrages gleichzusetzen, wie dies bisher in der Rechtsprechung geschehen ist.
66 
So haben das Landgericht Mainz (WM 2015, 181 ff., zitiert nach Juris), das Landgericht Hannover (Urteil vom 30.06.2015, AZ 14 O 55/15, zitiert nach Juris) und das Landgericht Aachen (Urteil vom 19.05.2015, AZ 10 O 404/14, zitiert nach Juris) jeweils ausgeführt, dass „in einem Bausparfall der vollständige Empfang der Darlehensvaluta im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB der eintretenden Zuteilungsreife“ gleichzusetzen sei.
67 
Das Landgericht Aachen führte aus, dass sich die Anwendung der Norm aus ihrem Sinn und Zweck ergebe, weil § 489 BGB einen Interesseausgleich schaffen solle und den Darlehensnehmer vor überlangen Bindungen an festgelegte Zinssätze schützen wolle. Es sollten marktgerechte Zinsen ermöglicht werden.
68 
Abgesehen davon, dass, wie oben ausgeführt, Sinn und Zweck der Norm gerade nicht die Bausparkasse umfasst, ist dies nach Auffassung des Gerichts keine tragfähige Begründung dafür, dass der vollständige Empfang eines Darlehens gleichgesetzt werden kann mit der Zuteilungsreife des Bausparvertrags.
69 
Das Landgericht Mainz bemüht die „strukturellen Eigenheiten des Bausparvertrages“, um den Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife mit dem vollständigen Empfang im Sinn der Vorschrift gleichzusetzen.
70 
Wenn schon das Darlehensrecht direkt auf den Bausparvertrag Anwendung finden soll, dann ist es nicht zu begründen, dass einseitig zu Gunsten eines Vertragspartners, nämlich der Bausparkasse, der eindeutige Wortlaut der Gesetzesnorm zu Lasten des anderen Vertragsteiles ausgehöhlt wird.
71 
Soweit das Landgericht Mainz in diesem Zusammenhang noch ausführt, dass sich der Bausparer nicht auf den Grundsatz berufen könne, Verträge seien grundsätzlich einzuhalten, da er selbst durch die Nichtannahme der Zuteilung dem Vertragszweck zuwider gehandelt habe, ist dies unverständlich und mit Sicherheit nicht mit den „strukturellen Eigenheiten des Bausparvertrages“ in Einklang zu bringen.
72 
Es besteht zwischen den Parteien Einigkeit, dass der Bausparer niemals verpflichtet ist, ein Darlehen in Anspruch zu nehmen, wenn auch § 1 der ABB 7 den Vertragszweck in der Erlangung eines Bauspardarlehens sieht.
73 
Die Nichtannahme der Zuteilung kann daher keinesfalls als vertragswidriges Verhalten des Bausparers gewertet werden.
74 
Soweit das Landgericht Hannover die Gleichsetzung des vollständigen Empfangs der Darlehensvaluta mit der Zuteilungsreife annimmt, begründet es dies ebenfalls mit der „besonderen Konstruktion des Bausparvertrages“.
75 
Zwar hebt im Unterschied zum Landgericht Mainz das Landgericht Hannover hervor, dass es dem Bausparer grundsätzlich frei stehe, das Darlehens nach Zuteilungsreife abzurufen, hält aber gleichwohl aufgrund Sinn und Zweck der Norm ihre Anwendung für gerechtfertigt.
76 
Das Landgericht Hannover bezieht sich auf Systematik und Entstehungsgeschichte sowie Ratio der Vorschrift und nimmt zur Begründung Bezug auf die Bundestagsdrucksache 16/11 643 Seite 74.
77 
Hierbei handelt es sich um die Begründung der Bundesregierung zudem Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 21.01.2009.
78 
In der Begründung wird auf Seite 74 ausgeführt, dass die Änderungen des § 489 BGB lediglich redaktionellen und systematischen Anpassungen der Zinsregelungen dienen sollen.
79 
Ferner wird in der Begründung ausgeführt, dass für „Verbraucherdarlehen“ die Kündigungsmöglichkeiten des Darlehensnehmers in § 500 BGB geregelt würden.
80 
Gleichzeitig werde das Wort „Auszahlung“ durch das Wort „Empfang“ ersetzt.
81 
Zwar wird in den §§ 491 ff. BGB der Verbraucherdarlehensvertrag speziell geregelt, jedoch übersieht das Landgericht Hannover, dass § 500 BGB nicht auf Immobiliardarlehensverträge anzuwenden ist (§ 503 BGB).
82 
Der Bausparvertrag ist aber unstreitig ein Immobiliardarlehensvertrag im Sinn des § 503 BGB, sodass nach wie vor die oben zitierte Gesetzesbegründung zu § 609a BGB a.F. für die Auslegung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB heranzuziehen ist.
83 
Die Bundestagsdrucksache 16/11 643, Seite 74 enthält keinesfalls eine neue Begründung für Sinn und Zweck dieser Kündigungsvorschrift.
84 
Damit ist, wenn man so weit gehen wollte und § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB für Bausparverträge für anwendbar hält, festzustellen, was unter „vollständigem Empfang“ im Sinn dieser Norm gemeint ist.
85 
Es ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, dass damit nur die vollständige Valutierung, also Auszahlung des vereinbarten Darlehens gemeint sein kann. Gestützt wird dies durch die Begründung des Gesetzesentwurfes (Bundestagsdrucksache 10/4741, Seite 23), wie oben ausgeführt.
86 
Nachdem der Gesetzgeber bei Schaffung dieser Norm vom „normalen“ Darlehensvertrag ausging, ergibt es sich von selbst, dass die Darlehenssumme, die der Kreditgeber gewähren soll, vertraglich festgelegt ist. Dieser „Normalfall“ des Darlehens ist beim Bausparvertrag gerade nicht gegeben. Zwar ist der Bausparer in der Ansparphase Darlehensgeber und die Bausparkasse Darlehensnehmerin, jedoch ist im Bausparvertrag die vom Darlehensgeber „geschuldete“ Darlehenssumme mit keinem Wort festgelegt. Im Bausparvertrag geregelt ist lediglich die Bausparsumme und ermittelbar ist festgelegt die Zuteilungsreife. Die Zuteilungsreife ist der Zeitpunkt, zu dem der bisherige Darlehensgeber den „Rollentausch“ vornehmen kann, um sich in die Darlehensnehmerrolle zu begeben.
87 
Damit ist vertraglich eine bestimmte Darlehenssumme, die der Darlehensgeber der Ansparphase, also der Bausparer, an die Bausparkasse zu zahlen hat, nicht ausgewiesen.
88 
Auch daraus ergibt sich, dass die Gesetzesnorm des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gerade nicht auf den Bausparvertrag zugeschnitten wurde.
89 
Soweit in diesem Zusammenhang die Beklagte darauf hinweist, dass mit Eintritt der Zuteilungsreife es allein beim Bausparer liege, seinen Anspruch auf Erhalt der Bausparsumme zu begründen, ist dies, betrachtet man die ABB 7, keinesfalls zutreffend.
90 
Auch nach der Zuteilungsreife liegt es in der Entscheidungsfreiheit der Bausparkasse, das Darlehen zu gewähren. Dies folgt aus § 13 Abs. 4, 15 ABB. Vor Gewährung des Darlehens hat die Bausparkasse das Recht, eine Bonitätsprüfung durchzuführen, sowie weitere Darlehenssicherheiten zu verlangen. Kommt der Bausparer dem nicht nach, wird das zugeteilte Bauspardarlehen nicht ausgezahlt.
91 
Auch stehen weitere Regelungen der ABB 7 der Auffassung entgegen, Zuteilungsreife sei mit vollständigem Empfang gleichzusetzen:
92 
Aus § 2 Abs. 3 ABB ergibt sich, dass sogar der Fall, dass die Zahlungen des Bausparers die Bausparsumme übersteigen zur Regelung vorgesehen ist. Auch diese Beiträge, die überobligationsmäßig über die vereinbarte Bausparsumme eingezahlt werden, sind von der Bausparkasse zu verzinsen.
93 
In § 5 Abs. 1 ABB legt die Beklagte Regelsparbeiträge fest. Auch diese sind keinesfalls limitiert bis zur Zeit der Zuteilungsreife, sondern in dieser Regelung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bis zur ersten Auszahlung der zugeteilten Bausparsumme die Regelsparbeiträge monatlich zu leisten sind. Das heißt, die Beklagte fordert geradezu über den Zuteilungszeitpunkt hinaus die Einzahlung von Sparbeiträgen. Wäre sie bei Abfassung des Vertrages im Jahr 1988 der Auffassung gewesen, die Zuteilungsreife entspräche dem vollständigen Empfang im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, hätte es nahegelegen, eine Regelung einzufügen, wonach das weitere Besparen ab der Zuteilungsreife nicht mehr möglich ist. Die Beklagte hat nicht nur diesen Weg nicht gewählt, sondern im Gegenteil, den weiteren Regelsparbeitrag eingefordert.
94 
Darüberhinaus gewährt § 5 Abs. 3 ABB der Bausparkasse sogar das Recht zur Kündigung, wenn der Bausparer mit mehr als 6 Regelsparbeiträgen rückständig ist.
95 
Aus § 14 ABB ergibt sich, dass die Beklagte bei Vertragsschluss im Jahr 1988 keinesfalls davon ausging, dass der vollständige Empfang im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 mit der Zuteilungsreife gleichzusetzen sei. § 14 Abs. 1 ABB gewährt dem Bausparer nicht nur das Recht, die Zuteilung nicht anzunehmen, sondern regelt ausdrücklich die Fortsetzung des Bausparvertrages für den Fall, dass der Bausparer die Annahmeerklärung nicht fristgemäß abgibt.
96 
Aus dieser Norm ergibt sich, dass es im Interesse der Beklagten lag, nach Zuteilungsreife den Bausparvertrag fortzusetzen und der Bausparer diesen regelmäßig bespart. Dass die nun eingetretene wirtschaftliche Veränderung, wonach der Kapitalzins ins „Bodenlose“ fiel, zu einer anderen Auslegung des Vertrages oder der Norm führen könnte, ist nicht ersichtlich.
97 
Letztlich sei noch anzufügen, dass die Beklagte in der Vergangenheit die Nichtannahme der Zuteilung, also das Unterlassen der Darlehensaufnahme, durch Zahlung eines erheblichen Bonuszinses honorierte.
98 
Abgesehen von dem eindeutigen Wortlaut der Norm des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB stützen diese Erwägungen und die von der Beklagten selbst geschaffenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Auffassung, dass vollständiger Empfang und Zuteilungsreife nicht ein und dasselbe sein können.
99 
Damit ist nach Auffassung des Gericht die Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB für den vorliegenden Fall nicht möglich, mit der Folge, dass die Kündigung vom 12.01.2015, die sich ausschließlich auf diese Norm stützte, unwirksam ist.
100 
Diese Auffassung ist im Übrigen auch in Einklang zu bringen mit der eingangs zitierten Entscheidung des OLG Stuttgart vom 14.10.2011, worin ausgeführt wurde, dass die Bausparkasse den Bausparvertrag nicht kündigen dürfe, wenn sie dadurch dem Bausparer den Anspruch auf das Tilgungsdarlehen entziehe (OLG Stgt. Beschluss vom 14.10.2011, 9 U 151/11, RZ 10, zitiert nach Juris).
101 
Das OLG Stuttgart sah das Kündigungsrecht der Bausparkasse allerdings nach § 488 Abs. 3 BGB dann als gegeben an, wenn die vereinbarte Bausparsumme vollständig erreicht ist.
102 
Vorliegend ist die Bausparsumme von 20.451,68 EUR zum Zeitpunkt der Kündigung am 12.01.2015 nicht gegeben gewesen, sodass die Bausparkasse nicht zur Kündigung berechtigt war.
103 
Der Klage war daher bezüglich der Hauptsache in vollem Umfang stattzugeben.
104 
Bezüglich der geltend gemachten Nebenforderungen, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, war die Klage allerdings abzuweisen, da es diesbezüglich an einer Anspruchsgrundlage mangelt.
105 
Der Kläger begründet seinen Anspruch mit einem pflichtwidrigen Verhalten der Beklagten bei Ausspruch der Kündigung und nimmt Bezug auf die Rechtsprechung des BGH, zitiert bei Palandt-Grüneberg, § 280 RZ 26.
106 
Dazu hat der BGH ausgeführt, dass ein Vermieter, der schuldhaft eine materiell unbegründete Kündigung ausspreche, und auf diese Weise dem Mieter sein Besitzrecht grundlos streitig mache, vertragliche Nebenpflichten aus dem Mietvertrag verletze. Der vom BGH entschiedene Fall ist keinesfalls mit dem vorliegenden zu vergleichen.
107 
Heranzuziehen für die Frage, ob ein materiell rechtlicher Kostenerstattungsanspruch eines in Anspruch genommenen hinsichtlich der für die außergerichtliche Abwehr des Anspruchs aufgewendeten Anwaltskosten bestehe, ist vielmehr die Entscheidung des BGH vom 12.12.2006 (Az: VI ZR 224/05 in NJW 2007, 1458 ff., zitiert nach Juris).
108 
Dort führt der BGH aus, dass der materielle Kostenerstattungsanspruch voraussetzt, dass eine materiell rechtliche Anspruchsgrundlage erfüllt sei. Dabei könne ein materiell rechtlicher Kostenerstattungsanspruch sich aus Vertrag, Verzug, positiver Vertragsverletzung, Culpa in Contrahendo oder Geschäftsführung ohne Auftrag bzw. Delikt ergeben.
109 
Nachdem die Beklagte ihren Anspruch auf Bestehen eines Kündigungsrechtes nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf mehrere landgerichtliche Urteile stützen kann, kann selbstredend nicht davon gesprochen werden, dass sie sich bei Ausübung der Kündigung einer positiven Vertragsverletzung schuldig gemacht habe.
110 
Wie der BGH ausführt, gehört es zum allgemeinen Lebensrisiko mit unberechtigten Ansprüche konfrontiert zu werden. Es gebe keinen generellen Kostenerstattungsanspruch gegen denjenigen, der sich unberechtigt eines Rechtes berühmt. Es müssten die Voraussetzungen einer speziellen Haftungsnorm vorliegen. Diese, insbesondere § 280 BGB ist nach Auffassung des Gerichts vorliegend nicht gegeben. Ein materiell rechtlicher Kostenerstattungsanspruch des Klägers auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten besteht nicht.
111 
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
112 
Gem. dem Beschluss des LG Stuttgart vom 29.05.2015 (AZ 12 O 150/15) richtet sich der Streitwert nach §§ 48 I GKG, 3, 9 ZPO.
113 
Es ist der 3,5-fache Wert des Jahresbetrags zuzüglich Bonuszins (hier 80 %) zugrunde zu legen, abzüglich 20 % (Feststellungsklage).

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

(1) Bausparkassen haben ihrem Geschäftsbetrieb Allgemeine Geschäftsgrundsätze und Allgemeine Bedingungen für Bausparverträge zugrunde zu legen.

(2) Die Allgemeinen Geschäftsgrundsätze müssen Bestimmungen enthalten über

1.
die Berechnungen für die Abwicklung der Bausparverträge unter Angabe der individuellen Sparer-Kassen-Leistungsverhältnisse (§ 5 Absatz 4 Nummer 1) und der zugehörigen Wartezeiten;
2.
die Zusammensetzung der Zuteilungsmasse, die Zuteilungstermine sowie die Voraussetzungen und die Ermittlung der Reihenfolge für die Zuteilung (Zuteilungsverfahren);
2a.
die Berechnung der Mehrerträge aus der Anlage der Kollektivmittel nach § 1 Absatz 7 sowie die Verwendung des daraus gebildeten Sonderpostens "Fonds zur bauspartechnischen Absicherung";
3.
die Berechnung des Beleihungswertes der zu beleihenden Grundstücke;
4.
die Finanzierung von Maßnahmen zur Erschließung und zur Förderung von Wohngebieten;
5.
die Finanzierung von Gebäuden, die überwiegend oder ausschließlich gewerblichen Zwecken dienen, soweit dies nach § 1 zulässig ist;
6.
das Verfahren bei Rückzahlung der Einlagen gekündigter Bausparverträge;
7.
eine die Belange der Bausparer wahrende vereinfachte Abwicklung der Bausparverträge im Falle der Einstellung des Geschäftsbetriebes der Bausparkasse oder der Rücknahme der Erlaubnis zum Betrieb einer Bausparkasse durch die Aufsichtsbehörde.

(3) Die Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge müssen Bestimmungen enthalten über

1.
die Höhe und Fälligkeit der Leistungen des Bausparers und der Bausparkasse sowie über die Rechtsfolgen, die bei Leistungsverzug eintreten;
2.
die Verzinsung der Bauspareinlagen und der Bauspardarlehen;
3.
die Höhe der Kosten und Gebühren, die den Bausparern berechnet werden;
4.
die Voraussetzungen und die Ermittlung der Reihenfolge für die Zuteilung und die Bedingungen für die Auszahlung der Bausparsumme;
5.
die Sicherung der Forderungen aus Bauspardarlehen;
6.
die Bedingungen, nach denen ein Bausparvertrag geteilt oder mit einem anderen Bausparvertrag zusammengelegt oder die Bausparsumme erhöht oder ermäßigt werden kann;
7.
die Bedingungen, nach denen Ansprüche aus dem Bausparvertrag abgetreten oder verpfändet werden können oder ein Bausparvertrag gekündigt werden kann, sowie die Rechtsfolgen, die sich aus der Kündigung des Bausparvertrages oder aus einer vereinfachten Abwicklung der Bausparverträge ergeben;
8.
das zuständige Gericht oder einen Schiedsvertrag;
9.
den Abschluß von Lebensversicherungen auf den Todesfall, die Höhe der Versicherungssumme und die vom Bausparer hierfür zu zahlenden Versicherungsbeiträge sowie die Möglichkeit der Anrechnung bereits bestehender Lebensversicherungen, wenn der Bausparer zum Abschluß einer solchen Versicherung verpflichtet ist.

(4) Die Allgemeinen Geschäftsgrundsätze und die Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge

1.
müssen die Erfüllbarkeit der von der Bausparkasse übernommenen Verpflichtungen dauerhaft gewährleistet erscheinen lassen, insbesondere bezogen auf ihre gesamte Laufzeit ein angemessenes Verhältnis zwischen den Leistungen der Bausparer und denen der Bausparkasse (individuelles Sparer-Kassen-Leistungsverhältnis) aufweisen und
2.
dürfen keine Bestimmungen vorsehen, die die Zuteilung unangemessen hinausschieben, zu unangemessen langen Vertragslaufzeiten führen oder sonstige Belange der Bausparer nicht ausreichend wahren.

(5) Legt eine Bausparkasse für die gleiche Zuteilungsmasse Allgemeine Geschäftsgrundsätze und Allgemeine Bedingungen für Bausparverträge unterschiedlichen Inhalts zugrunde, sind diese so zu gestalten, dass zwischen ihnen eine weitgehende Ausgewogenheit gewährleistet ist. Bei Tarifen, die eine Bausparkasse nicht mehr anbietet, kann hiervon in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

(1) Änderungen und Ergänzungen der Allgemeinen Geschäftsgrundsätze und der Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge, welche die in § 5 Abs. 2 und 3 Nr. 1, 2, 4 bis 9 aufgeführten Bestimmungen betreffen, sowie die Allgemeinen Geschäftsgrundsätze und die Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge, die neuen Bauspartarifen zugrunde gelegt werden sollen, bedürfen der Genehmigung der Bundesanstalt; § 37 Abs. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes ist anzuwenden. Die Genehmigung kann auch mit Wirkung für bestehende Verträge erteilt werden, sofern die Änderungen und Ergänzungen zur hinreichenden Wahrung der Belange der Bausparer erforderlich erscheinen. Die Genehmigung kann insbesondere versagt werden, wenn die Voraussetzungen des § 5 oder der nach § 10 in Konkretisierung des § 5 zu erlassenden Rechtsverordnung nicht vorliegen. Sonstige Änderungen und Ergänzungen sind der Bundesanstalt mindestens drei Monate vor ihrem Inkrafttreten anzuzeigen.

(2) Erscheint die Erfüllung der von der Bausparkasse in den Bausparverträgen übernommenen Verpflichtungen nicht mehr gewährleistet, so kann die Bundesanstalt verlangen, daß die Bausparkasse die Allgemeinen Geschäftsgrundsätze und die Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge ändert. Unter der gleichen Voraussetzung kann die Bundesanstalt, unbeschadet ihrer Befugnisse nach § 46 Abs. 1 des Kreditwesengesetzes, der Bausparkasse den Abschluß neuer Verträge verbieten.

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

22
aa) Eine Rechtsfortbildung im Wege der teleologischen Reduktion setzt eine verdeckte Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus (vgl. BGHZ 149, 165, 174; BGH, Beschluss vom 20. Januar 2005 – IX ZB 134/04, NJW 2005, 1508, unter II 3 b aa (1), jeweils m.w.N.). Diese Voraussetzung ist erfüllt.

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten aus dem Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte Sicherheiten in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um den Fortbestand eines Bausparvertrags nach erfolgter Kündigung durch die Beklagte.

2

Der Kläger übernahm im Jahr 1997 im Wege der Vertragsübernahme einen von seiner Mutter mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Ö. B. H., geschlossenen Bausparvertrag, der am 2. Dezember 1981 zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien zu wirken begann.

3

Die Bausparsumme betrug DM 50.000,-- (€ 25.564,59). Vereinbart war ein sog. Standardtarif bei einem monatlichen Regelsparbeitrag von DM 200,00 (€ 102,25). Die Verzinsung des Bausparguthabens des Klägers belief sich auf 2,5 % pro Jahr. Seit dem 31. Mai 1995 ist der Vertrag zuteilungsreif, ohne dass der Kläger den Bausparvertrag als Darlehen in der Folge abgerufen hätte. Seine Spareinzahlungen stellte der Kläger Anfang 2002 ein. Das Bausparguthaben des Klägers belief sich am 31. Dezember 2014 auf € 17.145,70.

4

Mit Schreiben vom 6. Januar 1997 wurden dem Kläger die als Anlage K2 vorgelegten Allgemeinen Bausparbedingungen (im Folgenden: ABB) übersandt.

5

§ 9 Abs. 1 der ABB sah vor, dass die Bausparkasse den Bausparvertrag nicht kündigen kann, solange der Bausparer seine vertraglichen Verpflichtungen erfüllt.

6

Mit Schreiben vom 19. Mai 2015 kündigte die Beklagte den Bausparvertrag des Klägers zum 30. November 2015. Einzelheiten des Kündigungsschreibens ergeben sich aus Anlage K4.

7

Der Kläger ist der Meinung, dass die Beklagte zur Kündigung nicht berechtigt gewesen sei.

8

Bereits § 9 Abs. 1 ABB schließe ein Kündigungsrecht der Beklagten aus. Darüber hinaus lägen auch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB im konkreten Fall nicht vor. Da die volle Bausparsumme noch nicht erreicht sei, könne von einem vollständigen Empfang der Darlehenssumme auf Seiten der Beklagten nicht die Rede sein. Im Übrigen dürfe sich die Beklagte nicht einseitig von der von ihr zugesagten Möglichkeit der Inanspruchnahme eines Bauspardarlehens lösen.

9

Der Kläger beantragt,

10

festzustellen, dass der bei der Beklagten bestehende Bausparvertrag Nr. 4... über den 30. November 2015 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.

11

Die Beklagte beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Sie meint, dass die Voraussetzungen des nicht dispositiven Kündigungsrechts nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gegeben seien. Zweck dieser Norm sei es, eine überlange Bindung eines Darlehensnehmers an ein Darlehen mit festem Sollzinssatz zu vermeiden. Eine solche unverhältnismäßige Bindung würde bei der Beklagten eintreten, wenn sie sich nicht jedenfalls zehn Jahr nach Zuteilungsreife des Bausparvertrags vom Vertrag lösen könne, sofern der Bausparer diesen lediglich aus Sparvertrag nutze.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll vom 8. März 2016 verwiesen sowie auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.

Entscheidungsgründe

15

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet, denn die Kündigung durch die Beklagte ist wirksam.

I.

1.

16

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das für die Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse an der Feststellung des Rechtsverhältnisses gegeben. Bei Beendigung des Bausparvertrags würden dem Kläger Zinseinbußen durch Beendigung der in der anhaltenden Niedrigzinsphase mit 2,5% p.a. verhältnismäßig hohen Verzinsung seines Bausparguthabens drohen.

2.

17

Die Klage ist jedoch nicht begründet, der Bausparvertrag des Klägers wurde durch die Beklagte mit Schreiben vom 19. Mai 2015 wirksam gekündigt.

18

Der beklagten Bausparkasse steht das gesetzliche Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu, denn diese Vorschrift ist grundsätzlich auch auf Bausparverträge anwendbar (dazuunten 2.1); sie stellt keine spezifische Verbraucherschutznorm dar, auf die sich die Beklagte als Bausparkasse nicht berufen könnte (dazu unten 2.2). Mit dem Eintritt der Zuteilungsreife des Bausparvertrags liegt auch ein „vollständiges Empfangen“ des Darlehens im Sinne des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB vor (vgl. unten 2.3). Schließlich sind und die sonstigen Voraussetzungen des Kündigungsrechts gegeben (siehe unten 2.4).

2.1

19

Bei einem Bausparvertrag handelt es sich um einen Darlehensvertrag im Sinne des § 489 BGB in besonderer Ausprägung, wobei der beklagten Bausparkasse im Zeitpunkt der Kündigung die Rolle des Darlehensnehmers zukam. Gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über Bausparkassen (BauSparkG) ist ein Bausparvertrag definiert als Vertrag, durch den der Bausparer nach Leistung von Bauspareinlagen einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens erwirkt. Damit ergibt sich bereits gesetzlich ein enger Bezug zum Darlehensrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Die besondere Eigenart des Bausparvertrags wiederum liegt im Wechsel der Rollen der Vertragspartner als Darlehensgeber und Darlehensnehmer im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens. Denn der Bausparer leistet in der sogenannten Ansparphase zunächst Bauspareinlagen als Darlehen an die Bausparkasse. Ist das im Vertrag vereinbarte Mindestguthaben und die Zuteilungsreife, die noch von anderen Faktoren abhängt (vgl. §§ 10 ff. ABB), erreicht und nimmt der Bausparer seinerseits das Bauspardarlehen, worauf er ab diesem Zeitpunkt nach § 1 Abs. 2 BauSparkG einen Rechtsanspruch hat, in Anspruch, tauschen sich die Rollen; in der folgenden Darlehensphase übernimmt der Bausparer die Rolle des Darlehensnehmers, die Bausparkasse die Rolle des Darlehensgebers (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 26. Oktober 2015 – I-31 U 182/15, juris; OLG Köln, Beschl. v. 23. März 2015 - 13 U 104/14; OLG Stuttgart, Beschl. v. 14. Oktober 2011 - 9 U 151/11 – juris, Rn. 7; OLG Karlsruhe, Urt. v. 16. Juni 2015 - 17 U 5/14 – juris, Rn. 37).

2.2

20

§ 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist in seiner Anwendung nicht auf Verbraucher beschränkt. Anlass für eine teleologische Reduktion dieser Vorschrift besteht nicht. Die Auslegung der Norm führt zu einer uneingeschränkten Anwendbarkeit auch für den unternehmerischen Vertragspartner (vgl. hierzu auch OLG Koblenz, Beschl. v. 18. Januar 2016 - 8 U 1064/15; OLG Celle, Beschl. v. 3. Februar 2016, 3 U 192/15).

2.2.1

21

Der Wortlaut „Darlehensnehmer“ in § 489 Abs. 1 BGB unterscheidet nicht zwischen Verbraucher und Unternehmer, denn „Darlehensnehmer“ kann sprachlich sowohl ein Verbraucher als auch ein Kreditinstitut bzw. eine Bausparkasse sein. Somit spricht die grammatische Auslegung für die Ansicht der Beklagten.

2.2.2

22

Auch aus der Entstehungsgeschichte des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ergibt sich nichts anderes. Denn bereits durch die Vorgängernorm des § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F. wollte der Gesetzgeber eine unangemessene Benachteiligung durch die Marktzinsentwicklung über zehn Jahre nach dem vollständigen Empfang eines Darlehens verhindern (siehe hierzu BT-Drs. 10/4741, 21, 22). Verbraucherschützenden Charakter hatte hierbei nur die Regelung des § 609a Abs. 1 Nr. 2 BGB a.F., die alleine den Verbraucher als Darlehensnehmer betraf und die sich nach der Gesetzesbegründung allein auf den Verbraucherschutz bezog (BT-Drs. 16/11643, 74). Alle weiteren Kündigungsgründe des § 609a BGB a.F. richteten sich allgemein gegen den Schuldner. Diese bewusste Entscheidung durch den Gesetzgeber wird auch insoweit deutlich, als bei der Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie lediglich die Nachfolgebestimmung des § 609 Abs. 1 Nr. 2 BGB a.F. wegen ihres verbraucherschützenden Charakters in die Verbraucherkreditvorschrift des § 500 BGB übernommen wurde. Demgegenüber wurde § 489 Abs. 1 Nr. 2 n.F. BGB in das allgemeinen Darlehensregime des BGB implementiert (hierzu Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800).

2.2.3

23

Dieses Auslegungsergebnis wird weiter durch einen Umkehrschluss zu § 489 Abs. 4 Satz 2 BGB gestützt. Danach ist das Kündigungsrecht nur für die dort aufgezählten Gebietskörperschaften ausgeschlossen und eben gerade nicht für die beklagte Bausparkasse.

2.2.4

24

Schließlich sprechen auch teleologische Gesichtspunkte für die Anwendung des Kündigungsrechts in § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf die beklagte Bausparkasse. Ziel der streitgegenständlichen Norm ist es, den Darlehensnehmer bei einem festverzinslichen Darlehen wie dem vorliegenden Bausparvertrag nach Ablauf von zehn Jahren von der weiteren Bindung an einen Zinssatz zu bewahren, der sich angesichts wandelnder Marktverhältnisse als nicht mehr zeitgemäß darstellt (BT-Drs. 10/4741, 22 zu § 609a aF; vgl. auch Mülbert, in: Staudinger, BGB, Stand 2015, § 489 Rn. 7). Dem Gesetzgeber ging es dabei darum, das Dauerschuldverhältnis in einen überschaubaren Zeitraum als bindend anzusehen, dann jedoch dem zinspflichtigen Darlehensnehmer die einseitige Beendigung zu ermöglichen. Damit erscheint die Norm letztlich als besondere gesetzlich ausgeprägte Formulierung des Grundsatzes der Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage. Denn die Zinsbindung über einen längeren Zeitraum als zehn Jahre ist nicht abschätzbar und daher nicht allein in der Risikosphäre des Darlehensgebers.

25

Eine teleologische Reduktion der Vorschrift mit dem Ziel, die Norm lediglich zugunsten eines Verbrauchers als Darlehensnehmer anzuwenden, ist entgegen der abweichenden Ansicht des AG Ludwigsburg (Urt. v. 7. August 2015, 10 C 1154/15, juris) nicht geboten, denn sie wäre nur dann vorzunehmen, wenn die auszulegende Vorschrift auf einen Teil der gleichsam versehentlich vom Wortlaut erfassten Fälle nicht angewendet werden soll, weil Sinn und Zweck der Norm, ihre Entstehungsgeschichte und der Gesetzeszusammenhang der einschlägigen Regelung gegen eine solche Anwendung sprechen. Dies ist nach den obigen Ausführungen aber nicht der Fall.

2.3

26

Das Darlehen ist durch die Beklagte mit erstmaligem Eintritt der Zuteilungsreife des Bausparvertrags „vollständig empfangen“ im Sinne der gesetzlichen Bestimmung. Zwischen der Kündigung im Jahr 2015 und dem vollständigen Empfang im Jahr 1995 liegen mehr als zehn Jahre.

27

Mit „vollständigem Empfang“ könnte im Fall des Bauspardarlehens zwar grundsätzlich auch gemeint sein, dass die Bausparsumme vollständig eingezahlt sein muss. Diese Deutung ist jedoch abzulehnen (so auch OLG Celle, Beschl. v. 3. Februar 2016, 3 U 192/15; OLG Hamm, Beschl. v. 30. Dezember 2015, 31 U 191/15, juris, Rn. 24; OLG Koblenz, Beschl. v. 18. Januar 2016, 8 U 1064/15; Mülbert, in: Staudinger, BGB, Stand 2015, § 488, Rn. 550, § 489 Rn. 51, aA Weber, ZIP 2015, 961, 964 f.). Vielmehr ist von einem vollständigen Empfang bereits dann auszugehen, wenn der Bausparer nach Eintritt der Zuteilungsreife das Darlehen nicht in Anspruch nimmt und den Vertrag fortsetzt. Dafür spricht, dass bereits zu diesem Zeitpunkt der eigentliche Zweck des Bausparvertrags erreicht ist, einen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens zu erhalten. Die Anknüpfung an den Zeitpunkt der Zuteilungsreife ist auch interessengerecht, weil bei Bausparverträgen mangels Pflicht des Bausparers zum Abruf des Darlehens ein an die Bausparkasse zu entrichtender konkreter „Darlehensbetrag“ gar nicht feststeht, an dem man sich für die Bestimmung des Fristbeginns jenseits der Zuteilungsreife orientieren könnte. Zwar ist der Bausparer in der Ansparphase, mithin auch nach Zuteilungsreife und vor Abruf des Darlehens, zur Zahlung der Spareinlagen gegenüber der Beklagten verpflichtet (vgl. § 5 ABB, hierzuMülbert, in: Staudinger, BGB, Stand 2015, § 488 Rn. 542), doch folgt daraus nur, dass vor Zuteilungsreife noch kein vollständiger Empfang des Darlehens vorliegt, zwingt indes nicht zur Annahme, in der Ansparphase erst mit Erreichen der vollständigen Bausparsummen von einem „vollständigen Empfang“ auszugehen. Denn, wie bereits ausgeführt, hat es der Bausparer ab Zuteilungsreife in der Hand, den weiteren Umfang seiner Spareinlagen durch Entscheidung über den Abruf zu bestimmen.

28

Gegen die Annahme eines „vollständigen Empfangs“ bereits mit Zuteilungsreife spricht auch nicht, dass der Kläger als Bausparer seinen Bausparvertrag trotz Zuteilungsreife fortsetzen kann und weitere ansparen darf. Denn diese besondere Flexibilität, die den Bausparvertrag besonders attraktiv macht, bleibt dem Bausparer innerhalb der Grenze des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB unbenommen. Innerhalb dieser zeitlichen Grenze ist es dem Bausparer jederzeit möglich, seinen Anspruch auf Erhalt des Bauspardarlehens geltend zu machen. Der Bausparer wird durch die Festlegung des Beginns der 10-Jahres-Frist mit erstmaliger Zuteilungsreife auch nicht für die Nichtannahme der Zuteilung sanktioniert, weil diese Festlegung dem Schutz berechtigter Interessen der Bausparkasse dient. Die bloße im Vertrag angelegte Möglichkeit, dass die Beklagte bei einem entsprechenden Verhalten des Klägers Darlehensnehmer wird, steht der Annahme eines Kündigungsrechts aus § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB während der Ansparphase nicht entgegen (OLG Celle, Beschl. v. 3. Februar 2016, 3 U 192/15).

29

Zu beachten ist schließlich, dass die Bausparkasse im Fall des Erreichens der vollen Bausparsumme bereits ein Kündigungsrecht aus § 488 Abs. 3 BGB hat (OLG Stuttgart, Beschluss vom 14. Oktober 2011 - 9 U 151/11). Würde man für den Tatbestand des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ebenfalls das Erreichen der vollen Bausparsumme verlangen, würde das besondere Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB leerlaufen und die Bausparkasse wäre auf das Recht aus § 488 Abs. 3 BGB begrenzt.

30

Im Übrigen ist in der vorliegenden Konstellation zu berücksichtigen, dass der Kläger seit knapp fünfzehn Jahren keine Spareinlagen mehr erbracht hat, so dass der Empfang der letzten Einlage durch die Beklagte auch tatsächlich mehr als zehn Jahre vor der Kündigung liegt.

31

Ob von dieser Auslegung bei atypischen Bausparverträgen, deren primäres Ziel nicht in einer späteren Darlehensaufnahme liegt, sondern die primären Sparcharakter aufweisen, eine Ausnahme zu machen ist, muss nicht entschieden werden (vgl. zu dieser Differenzierung auch LG Karlsruhe, Urteil vom 11. November 2015 - 10 O 349/15). Denn nach dem Parteivorbringen handelt es sich hier um einen Standardvertrag.

2.4

32

Auch die weiteren Voraussetzungen des Kündigungsrechts liegen vor. Ein gebundener Sollzinssatz im Sinne von § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist vorliegend vereinbart worden. Ebenfalls hat die Beklagte die Kündigungsfrist von sechs Monaten eingehalten.

33

Das Kündigungsrecht wurde auch nicht durch die ABB ausgeschlossen. Weder die Möglichkeit des Bausparers, den Vertrag nach dem Zeitraum der Zuteilungsreife fortzusetzen, noch die Regelung in § 9 Abs. 1 ABB, wonach der Vertrag nicht gekündigt werden darf, solange der Bausparer seine Pflichten erfüllt, steht der Kündigung nicht entgegen. Denn die gesetzlichen Kündigungsrechte des § 489 Abs. 1 BGB sind nach § 489 Abs. 4 Satz 1 BGB unabdingbar (so auch OLG Celle, Beschl. v. 3. Februar 2016, 3 U 192/15). § 489 Abs. 4 BGB enthält auch keine einseitigen Öffnungsklausel zugunsten von Verbrauchern und zu Lasten von Unternehmern.

34

Schließlich ist die Ausübung des Kündigungsrechts durch die Beklagte auch nicht treuwidrig. Im Gegenteil: Im vorliegenden Fall widerspricht die Nutzung des Bausparvertrags als reiner Sparvertrag letztlich dem Sinn § 1 Abs. 1 ABB, wonach Zweck des Bausparvertrags die Erlangung des Bauspardarlehens ist. Auch im Hinblick auf den Kollektivcharakter des Bausparens muss beachtet werden, dass die Dateien des Vertrags stets gehalten sind, den Interessen der Gemeinschaft Rechnung zu tragen, um möglichst vielen Sparern die Aufnahme von günstigen festverzinslichen Darlehen für wohnungswirtschaftliche Maßnahmen staatlich gefördert zu ermöglichen. Hierfür besteht aber eine Gefahr, wenn ein Ungleichgewicht zwischen Darlehensnehmern und Darlehensgebern auf Seite der Bausparer entsteht, weil Bausparverträge als dauerhafte Sparverträge benutzt würden.

II.

35

Die Kostenentscheidung basiert auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.

36

Beschluss

37

Der Streitwert wird auf € 1.500,-- festgesetzt (3,5 x jährlicher Vertragszins auf eingezahlte Bausparsumme). Bei der vorliegenden Klage auf Feststellung des Fortbestehens eines Bausparvertrages kommt es maßgeblich auf den Wert der Leistungen an, welche die Kläger damit erhalten wollen. Dies ist bei objektiver Betrachtung unter Berücksichtigung des Klagevorbringens vorliegend die Verzinsung des Bausparguthabens (hierzu OLG Koblenz, Beschl. v. 18. Januar 2016 - 8 U 1064/15; OLG Hamm, Beschl. v. 26. Oktober 2015 - I 31 U 182/15, juris, Rn. 22). Bei der jährlichen Verzinsung handelt es sich um wiederkehrende Leistungen im Sinne von § 9 S. 1 ZPO.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um den Fortbestand eines seitens der Bausparkasse gekündigten Bausparvertrages.

2

Mit Vertragsbeginn zum 24.06.1991 schlossen die Parteien einen Bausparvertrag über eine Bausparsumme von 15.000,00 DM ab. Der Vertrag wurde bei der Sparkasse V. in G., der für den Kläger zuständigen Geschäftsstelle der Beklagten, abgeschlossen. Die Bausparsumme wurde am 05.09.1991 auf 25.000,00 DM erhöht. Als Zinssatz für das Bauspardarlehen wurden 5 % p.a. gewählt. Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB) zugrunde. Nach § 21 dieser Bedingungen durfte die Bausparkasse den Vertrag insbesondere nicht kündigen, solange der Bausparer seine vertraglichen Pflichten erfüllt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage B 1 (Bl. 44 ff. d.A.) Bezug genommen. Der Bausparvertrag wurde zum 01.04.2004 zuteilungsreif, worüber die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom Januar 2004 unterrichtete. Der Kläger nahm die Zuteilung nicht an und entrichtete spätestens seit 1999 mit Ausnahme von Dezember 2003 keine weiteren Sparleistungen bzw. vermögenswirksamen Leistungen auf den Bausparvertrag mehr. Eine Auszahlung des Bausparguthabens (brutto) des Bauspardarlehens hat der Kläger nicht beantragt. Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 18.12.2014 mit einer Frist von 6 Monaten zum 30.06.2015 den Vertrag. Der Bausparvertrag wies zum 01.07.2015 ein Bausparguthaben von 10.143,30 EUR aus. Der Kläger widersprach der Kündigung und beauftragte seinen Prozessbevollmächtigten mit der Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen. Diese wandten sich an die Beklagte und forderten eine Erklärung dahingehend, dass der Vertrag fortbestehe unter Fristsetzung bis zum 12.02.2015.

3

Der Kläger meint, das Vertragsverhältnis sei nicht durch die ausgesprochene Kündigung beendet worden, da sich die Beklagte auf die Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht berufen könne. Diese Norm beziehe sich nur auf den Darlehensnehmer und räume demzufolge auch nur dem Darlehensnehmer ein Kündigungsrecht ein, nicht aber dem Darlehensgeber. Zudem sei die Vorschrift überhaupt nicht anwendbar, da es sich nicht um einen gewöhnlichen Darlehensvertrag handele. Es komme daher allein auf die Bausparbedingungen und die darin geregelten Kündigungsrechte an. Aus diesen, insbesondere aus § 21 der ABB, ergebe sich jedoch kein Kündigungsrecht. Die Klägerin behauptet für die vorgerichtliche Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten seien Kosten i.H.v. 887,03 EUR angefallen. Wegen der Berechnung im Einzelnen wird auf Seite 4 der Klageschrift Bezug genommen.

4

Der Kläger beantragt,

5

1. es wird festgestellt, dass der zwischen den Parteien bestehende Bausparvertrag zur Vertragsnummer 4... nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 18.12.2014 zum 01.07.2015 beendet wurde, sondern darüber hinaus fortbesteht;

6

2. die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von einer Inanspruchnahme durch die Rechtsanwälte H...., für vorgerichtliche Kosten i.H.v. 887,03 EUR durch Zahlung an diese freizustellen.

7

Die Beklagte beantragt,

8

die Klage abzuweisen.

9

Die Beklagte ist der Auffassung, der Bausparvertrag sei wirksam gem. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gekündigt wurde. Diese Norm gelte auch für die Beklagte, insbesondere sei die Bausparkasse in der Ansparphase Darlehensnehmer und der Bausparer Darlehensgeber. Erst in der Darlehensphase würden diese Rollen getauscht. Es sei ein fester Sollzinssatz vereinbart, und die Beklagte habe die Darlehen auch vollständig empfangen. Die Kündigung habe daher den Bausparvertrag mit Wirkung zum 01.07.2015 wirksam beendet.

10

Der Kläger wendet dagegen ein, dass die bloße Zuteilungsreife noch nicht dem vollständigen Empfang des Darlehens entspreche, denn diese sei bereits nach 18 Monaten Vertragsdauer bzw. Einzahlung von 40 % der vereinbarten Bausparsumme erreicht. Räume man den Bausparkassen ein Kündigungsrecht eines vor der vollständigen Besparung zuteilungsreifen Vertrages ein, so nähme man dem Sparer die Anwartschaft auf Darlehensgewährung.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

12

Der zwischen den Parteien geschlossene Bausparvertrag wurde wirksam durch die Kündigung der Beklagten vom 18.12.2014 zum 30.06.2015 beendet.

13

a) Die Voraussetzung des § 489 Abs. 1 Ziffer 2 BGB liegen vor. Die Beklagte ist Darlehensnehmer i.S.d. Vorschrift (1.), es ist ein fester Sollzinssatz vereinbart (2.) und es sind 10 Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehen verstrichen (3.).

14

(1.) Der Bausparvertrag ist ein Vertrag zwischen dem Bausparer und einer Bausparkasse, durch den der Bausparer nach Leistung von Bauspareinlagen einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens erwirkt (§ 1 Abs. 2 BausparkG). Der Bausparvertrag lautet über eine bestimmte Bausparsumme, die das aus Bausparbeträgen, Zinsen und sonstigen Gutschriften bestehende Bausparguthaben und ein Bauspardarlehen i.H.d. Differenz zwischen Bausparsumme und Bausparguthaben umfasst. Zweck des Bausparvertrages ist die Erlangung eines Bauspardarlehens aufgrund planmäßiger Sparleistungen. In der Ansparphase besteht die Hauptpflicht des Bausparers als dem Darlehensgeber in der Erbringung der jeweils vereinbarten Regelsparleistung bis zu dem Zeitpunkt, in dem das der Bausparkasse gewährte Darlehen zur Rückzahlung fällig ist, weil der Bausparer eine Teilkündigung in Form der Beantragung bzw. der Annahme der Zuteilung des Bausparvertrages ausgesprochen hat (vgl. Staudinger/Mülbert, Neubearbeitung 2015, § 488 Rn 542 [m.w.N.]). Das ordentliche Kündigungsrecht gem. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB steht während der Ansparphase der Bausparkasse als Darlehensnehmerin zu (vgl. Staudinger/Mülbert, Neubearbeitung 2015, § 489 Rn 51 [m.w.N.]).

15

(2.) Es handelt sich auch um ein Darlehensverhältnis mit einem festen Sollzinssatz. Gem. § 6 Abs. 1 ABB sind die Bausparguthaben abhängig von der Wahl des Kunden bei Abschluss des Bausparvertrages fest über die gesamte Laufzeit mit einem Zins von - hier 5 % - zu verzinsen.

16

(3.) Die Beklagte hat das Darlehen auch vollständig empfangen i.S.d. Vorschrift des § 489 Abs. 1 Ziffer 2 BGB. Ein vollständiger Empfang i.S.d. Vorschrift ist aufgrund der strukturellen Eigenart des Bausparvertrages mit dem Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife anzunehmen. Mit dem Eintritt der Zuteilungsreife liegt es allein beim Bausparer, seinen Anspruch auf Erhalt der Bausparsumme zu begründen, indem er in Form der „Annahme“ oder - je nach Zuteilungsverfahren - der Beantragung der Zuteilung das der Bausparkasse gewährte Darlehen kündigt und zugleich die Potestativbedingung setzt, unter der sein Anspruch auf Valutierung des Bauspardarlehens steht. Die Zuteilung bzw. deren Bekanntgabe an den Bausparer ist als bloße Wissenserklärung hierfür nicht erforderlich (vgl. Staudinger/Mülbert, Neubearbeitung 2015, § 488 BGB Rn 550 [m.w.N.]).

17

(4.) Diese Zuteilungsreife lag hier am 01.04.2004 vor, so dass die 10 Jahres-Frist seit dem 01.04.2014 abgelaufen und der Bausparvertrag mit einer Frist von 6 Monaten kündbar war. Die Kündigungserklärung der Beklagten im Schreiben vom 18.12.2014 ist somit fristgemäß gewesen und hat den Bausparvertrag mit Wirkung zum 01.07.2015 beendet.

18

b) Die Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist nicht abdingbar, wie sich aus § 489 Abs. 4 Satz 1 BGB ergibt. Zudem greift § 21 der ABB nicht ein, da die Beklagte dem Kläger noch kein Bauspardarlehen gewährt hatte.

19

c) Die Kündigung verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben. Zwar ist der Bausparvertrag ein gegenseitiger Vertrag, der auf eine langfristige Bindung der Vertragspartner abstellt und ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis mit besonderen Pflichtenbindung nach § 242 BGB begründet (vgl. BGH, NJW 1976, 892). Der Kläger hatte jedoch 10 Jahre Zeit, das Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen. Selbst nach Kenntnis der Kündigungserklärung hatte er noch über 6 Monate Zeit gehabt, sein Recht auf Zuteilung des Bausparvertrages aus § 14 Abs. 2 ABB geltend zu machen. Die Anwendbarkeit der Kündigungsvorschriften entspricht auch dem Sinn und Zweck des BausparkG, mit dem wohnungswirtschaftliche Maßnahmen gefördert werden sollen (vgl. § 1 Abs. 3 BausparkG). Die gesetzgeberische Vorstellung ging dahin, dass der Bausparer nach der Ansparphase das Bauspardarlehen in Anspruch nimmt, um wohnungswirtschaftliche Maßnahmen zu ergreifen. Nicht gewollt war, dass er von einem über dem Marktniveau liegenden Einlagezins quasi endlos profitiert, weil er das Bauspardarlehen nicht abnimmt.

II.

20

Die geltend gemachte Nebenforderung trägt das Schicksal der Hauptforderung und ist daher unbegründet.

III.

21

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 Satz 1 und 2 ZPO.

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 09.10.2015, Az. 7 O 126/15, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsrechtszugs zu tragen.

3. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

5. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf EUR 680,88 festgesetzt. In Abänderung der Festsetzung durch das Landgericht vom 23.10.2015 wird der Streitwert für den ersten Rechtszug ebenfalls auf EUR 680,88 festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Kläger verlangen die Feststellung des Fortbestehens ihres von der Beklagten gekündigten Bausparvertrags (Anlage K 1), den die Parteien am 16.04.1991 über eine Bausparsumme von 23.000 DM (11.759,71 EUR) im Tarif T 1 auf der Grundlage der als Anlage B 3 vorgelegten Allgemeinen Bedingungen der Beklagten für Bausparverträge (ABB) abgeschlossen haben. Die Mindestansparung beträgt 40 % der Bausparsumme (=4.703,89 EUR) bei einem monatlichen Regelsparbeitrag von 95,91 DM (= 49,04 EUR).
Die dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Bedingungen der Beklagten für Bausparverträge (im Folgenden ABB) enthalten auszugsweise folgende Bestimmungen:
§ 1 Vertragszweck
Zweck des Bausparvertrages ist die Erlangung eines unkündbaren, in der Regel zweistellig zu sichernden Tilgungsdarlehens (Bauspardarlehen) aufgrund planmäßiger Sparleistungen nach Maßgabe dieser Allgemeinen Bedingungen ….
§ 5 Sparzahlungen
(1) Der monatliche Bausparbeitrag beträgt 4,17 vom Tausend der Bausparsumme (Regelsparbeitrag). Er ist bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme am Ersten jedes Monats kostenfrei an die Bausparkasse zu entrichten.
(2) Sonderzahlungen sind grundsätzlich zulässig. Die Bausparkasse kann deren Annahme von ihrer Zustimmung abhängig machen.
(3) Ist der Bausparer unter Anrechnung von Sonderzahlungen mit mehr als 12 Regelsparbeiträgen rückständig und hat er der schriftlichen Aufforderung der Bausparkasse, nicht geleistete Bausparverträge zu entrichten, länger als zwei Monate nach Zugang der Aufforderung nicht entsprochen, so kann die Bausparkasse den Bausparvertrag kündigen. Im Fall der Kündigung gilt § 9 Abs. 2 entsprechend.
(4) Ist der Bausparvertrag zugeteilt, so tritt an die Stelle des Rechts der Bausparkasse, den Vertrag zu kündigen, das Recht, das dem Bausparer bereitgestellte (§ 13) oder bereitzustellende (§ 14) Bauspardarlehen um die rückständigen Bausparbeiträge zu kürzen.
10 
§ 6 Verzinsung des Bausparguthabens
11 
(1) Das Bausparguthaben wird mit 2,5 vom Hundert jährlich verzinst.
12 
(2) Die Verzinsung beginnt für Sparzahlungen mit dem Tag nach Zahlungseingang. Sie endet mit Ablauf des Tages vor der 1. Auszahlung des Sparguthabens, spätestens jedoch mit Ablauf des Monats, in dem die Bausparsumme bereitgestellt wird…
13 
(3) Die Zinsen werden dem Bausparguthaben jeweils am Ende des Kalenderjahres gutgeschrieben. …
14 
(4) Die Zinsen werden nicht gesondert ausgezahlt.
15 
§ 10 Zuteilung
16 
(1) Die Sparzahlungen, die gutgeschriebenen Zinsen, die Tilgungszahlungen und die von der Bausparkasse zur beschleunigten Zuteilung etwa aufgenommenen Mittel fließen in die für alle Vertragsarten gemeinsame Zuteilungsmasse.
17 
§ 11 Voraussetzungen und Reihenfolge der Zuteilung
18 
(1) Die Bausparsumme eines Vertrages wird zugeteilt, wenn an dem jeweiligen Zuteilungstermin zugehörigen Bewertungsstichtag
19 
a) das Bausparguthaben des Vertrages mindestens 40 vom Hundert der Bausparsumme (Mindestsparguthaben) betragen hat
und wenn
b) die Bewertungszahl - auf drei Stellen nach dem Komma auf- bzw. abgerundet - mindestens 14,400 (Mindestbewertungszahl) beträgt. …
20 
§ 12 Zuteilungsnachricht
21 
(1) Die Zuteilung wird dem Bausparer unverzüglich schriftlich mitgeteilt mit der Aufforderung, binnen 4 Wochen ab Datum der Zuteilung zu erklären, ob er die Zuteilung annimmt.
22 
(2) Der Bausparer kann die Annahme der Zuteilung widerrufen, solange die Auszahlung der Bausparsumme noch nicht begonnen hat.
23 
§ 14 Vertragsfortsetzung
24 
(1) Nimmt der Bausparer die Zuteilung nicht an oder gibt er die Annahmeerklärung nicht fristgemäß ab oder wird die Annahme der Zuteilung widerrufen, so wird der Vertrag fortgesetzt.
25 
(2) Setzt der Bausparer seinen Vertrag fort, kann er seine Rechte aus der Zuteilung je-derzeit wieder geltend machen. …
26 
§ 32 Bedingungsänderungen
27 

(2) Ohne Einverständnis des Bausparers, aber mit Zustimmung des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen können die Bestimmungen der §§ 5 bis 11, 14, 20 und 33(2) mit Wirkung für bestehende Verträge geändert werden. Sonstige Änderungen bedürfen des Einverständnisses des Bausparers…
28 
Unstreitig ist die Bausparsumme aus dem Bausparvertrag der Kläger gemäß § 11 Abs. 1 lit.a) ABB seit dem 15.04.2002 zuteilungsreif. Die Kläger erhielten Zuteilungsnachricht, haben diese jedoch nicht angenommen, sondern den Vertrag fortgesetzt. Die vereinbarte Bausparsumme ist bislang nicht angespart worden.
29 
Mit Schreiben vom 16.02.2015 erklärte die Beklagte die Kündigung des Bausparvertrags zum 20.08.2015 unter Berufung auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB (Anlage K 2).
30 
Die Kläger sind der Auffassung, die Voraussetzungen für eine Kündigung nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB lägen nicht vor, da ein vollständiger Empfang des Darlehens auf Seiten der Beklagten nicht etwa schon mit Zuteilungsreife der Bausparsumme gegeben sei, sondern erst dann, wenn der Bausparer die vereinbarte Bausparsumme vollständig angespart habe. Durch die Kündigung würde der Bausparer in seinem vertraglichen Recht auf Erhalt eines Bauspardarlehens unzulässig beschnitten. Nach den von der Beklagten selbst vorgegebenen Vertragsbedingungen sei der Bausparer schließlich berechtigt, den Bausparvertrag auch nach Zuteilungsreife fortzusetzen. Ein Kündigungsrecht für die vorliegende Fallkonstellation habe die Beklagte in ihren ABB gerade nicht vorgesehen.
31 
Demgegenüber ist die Beklagte der Auffassung, sie sei nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zur Kündigung des Bausparvertrags berechtigt gewesen. Ab Zuteilungsreife liege ein vollständiger Empfang des Darlehens auf Seiten der Beklagten in ihrer Rolle als Darlehensnehmerin im Sinne dieser Vorschrift vor. Das Kündigungsrecht aus § 489 BGB könne den Bausparkassen auch deshalb nicht abgeschnitten werden, weil aufgrund des Kollektivcharakters des Bausparens die Gesamtinteressen der Bauspargemeinschaft zu berücksichtigen seien.
32 
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der Anträge wird auf die in dem angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
33 
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Ein Kündigungsrecht der Beklagten ergebe sich weder aus den dem Vertrag zu Grunde liegenden ABB - die gemäß § 1 Abs. 1 einen Rückgriff auf das dispositive gesetzliche Kündigungsrecht nach § 488 Abs. 3 BGB vor Vollansparung der Bausparsumme ausschlössen - noch aus der unabdingbaren Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB noch aus § 314 BGB. Der Anwendungsbereich von § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB sei nicht eröffnet, da die Bausparkasse vor der Zuteilung des Bauspardarlehens nicht nur Darlehensnehmerin, sondern zugleich Darlehensgeberin bezüglich des von ihr künftig zur Verfügung zu stellenden Bauspardarlehens sei, also eine vertragsimmanente „Doppelrolle“ innehabe. Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift sei nicht gerechtfertigt. Denn die Ausdehnung des Anwendungsbereichs von § 489 BGB zugunsten der Bausparkassen würde einen Eingriff in die vertragliche Risikoverteilung bedeuten, da nach den Bedingungen des Bausparvertrags jede Partei das Risiko einer ihr ungünstigen Zinsentwicklung trage. Der von der Beklagten angesprochene Schutz der Kollektivinteressen sei bereits dadurch gewährleistet, dass die vorgelegten ABB unter bestimmten Voraussetzungen eine Änderung der Bedingungen - z.B. die Senkung der Verzinsung des Bausparguthabens - auch für bestehende Verträge zulassen (§ 32 ABB). Dass die BaFin einer entsprechenden Bedingungsänderung gemäß § 9 BSpkG bisher nicht zugestimmt hat, lasse darauf schließen, dass eine Gefährdung der Belange des Bausparerkollektivs derzeit nicht vorliege.
34 
Wegen der weiteren Einzelheiten der Ausführungen des Landgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
35 
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ihren Klagabweisungsantrag weiterverfolgt.
36 
Die Kläger beantragen Zurückweisung der Berufung. Sie verteidigen das Urteil des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
37 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
38 
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen die nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).
39 
Die dem Vertrag zugrunde liegenden ABB stützen die Kündigungsbefugnis der Beklagten nicht. Auch ein gesetzliches Kündigungsrecht steht ihr nicht zu. Auf das Vertragsverhältnis findet gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) seit dem 1. Januar 2003 Anwendung. Die maßgebenden Vorschriften rechtfertigen nicht die von der Beklagten erklärte Kündigung.
40 
Ein Grund für die von der Beklagten erklärte Kündigung kann weder dem § 488 Abs. 3 BGB (a) noch der Regelung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB entnommen werden (b); auch aus §§ 490 Abs. 3, 314, 313 Abs. 3 S. 2 BGB ergibt sich ein Kündigungsrecht nicht (c).
41 
a) Auf das ordentliche Kündigungsrecht gemäß § 488 Abs. 3 BGB kann sich die Beklagte nicht berufen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.
42 
Zwar kann nach der herrschenden Meinung zu § 488 Abs. 3 BGB ein Bausparvertrag gekündigt werden, wenn er bis zur Bausparsumme vollständig angespart ist. Denn während der Ansparphase ist der Bausparvertrag ein Darlehensvertrag i. S. d. § 488 BGB, bei dem der Bausparer Darlehensgeber und die Bausparkasse Darlehensnehmerin ist. Nach § 1 Abs. 1 ABB ist im Einklang mit dem in § 1 BausparKG besonders definierten Zweck der Erlangung eines Bauspardarlehens eine Besparung des Bausparvertrages über die Bausparsumme hinaus ist nicht zulässig. Mit vollständiger Ansparung des Vertrages bis zur Bausparsumme kann dieser Zweck nicht mehr erreicht werden (OLG Stuttgart, Urteil vom 30.03.2016 - 9 U 171/15 Rn. 33 mit Hinweis auf OLG Köln, Beschluss vom 23.03.2015 - 13 U 104/14, juris; erneut OLG Stuttgart, Urteil vom 04.05.2016 - 9 U 230/15 Rn. 40; OLG Frankfurt, Beschluss vom 02.10.2013 - 19 U 106/13, juris; Staudinger/Mülbert, BGB 2015, § 488 548).
43 
Im Streitfall ist die Bausparsumme nach den Feststellungen des Landgerichts jedoch noch nicht vollständig angespart, lediglich Zuteilungsreife ist seit geraumer Zeit eingetreten. Eine sogenannte Vollbesparung liegt damit nicht vor.
44 
b) Einen Kündigungsgrund liefert entgegen der Auffassung der Berufung auch nicht die Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, auf welche die Beklagte die Kündigung primär stützt.
45 
Dabei braucht die Streitfrage, ob die Bestimmung von ihrem Sinn und Zweck her auf Sparverträge überhaupt Anwendung findet, bei denen Einlagen an sogenannte „professionelle Darlehensnehmer“ geleistet werden, nicht beantwortet zu werden (zum Meinungsstand OLG Stuttgart, Urteil vom 30.03.2016 - 9 U 171/15 Rn. 40 m.w.N.; OLG Stuttgart, Urteil vom 04.05.2016 - 9 U 230/15 Rn. 68 ff.). Denn es fehlt jedenfalls an der Voraussetzung des „vollständigen Empfangs“ des vom Bausparer an die Bausparkasse gegebenen Darlehens, dem der erstmalige Eintritt der Zuteilungsreife des Bauspardarlehens nicht gleichgestellt werden kann (aa). Auch eine analoge Anwendung der Vorschrift kommt nicht in Betracht (bb).
46 
aa) Nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kann der Darlehensnehmer einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten ganz oder teilweise kündigen.
47 
Das im Rahmen der Ansparphase eines Bausparvertrages vom Bausparer (Darlehensgeber) gewährte und von der Bausparkasse in Anspruch genommene Darlehen weist die Besonderheit auf, dass für die Rückerstattung der Spareinlagen eine Zeit nicht bestimmt und auch der Zeitpunkt für den vollständigen Darlehensempfang nicht festgelegt ist. Solange die Valutierungsphase andauert, ist das Darlehen vollständig erst mit der letzten vertragsgemäßen Teilzahlung des Darlehensgebers empfangen (näher OLG Stuttgart, Urteil vom 30.03.2016 - 9 U 171/15 Rn. 43 und OLG Bamberg, Urteil vom 10.08.2016 - 8 U 24/16 Rn. 60 f.; a.A. OLG Hamm, Urteil vom 22.06.2016 - 31 U 271/15 Rn. 32, OLG Köln, Urteil vom 11.01.2016 - 13 U 151/15 Rn. 7 und OLG Celle, Urteil vom 14.09.2016 - 3 U 230/15 Rn. 68; ).
48 
Dieser Zeitpunkt ist entgegen der Rechtsauffassung der Berufung im Streitfall nicht erreicht. Das Stadium der Zuteilungsreife ist hierfür ohne Bedeutung (Beck-Online-Großkommentar/Weber, Stand 01.02.2016, BGB, § 489 Rn. 49.1). Vielmehr kann der Bausparer nach dem hier maßgebenden § 12 Abs. 2 ABB sogar eine eventuell angenommene Zuteilung widerrufen, solange die Auszahlung der Bausparsumme noch nicht begonnen hat. Dann wird ebenso wie in dem Fall, dass der Bausparer die Zuteilung nicht fristgemäß angenommen hat, nach § 14 Abs. 1 ABB „der Vertrag fortgesetzt“, d.h. er wird in das Sparstadium zurückversetzt, wobei dem Bausparer die aus der Zuteilung eingeräumten Rechte prinzipiell aufrechterhalten werden (§ 14 Abs. 2 ABB). Nach Sinn und Zweck des Bausparvertrages ist lediglich eine Besparung über die Bausparsumme hinaus unzulässig. Wenn das Bausparguthaben die Bausparsumme erreicht, unterliegt der Bausparvertrag der ordentlichen Kündigung durch die Bausparkasse.
49 
Aus der Vereinbarung des Mindestsparguthabens für die Zuteilung (hier i.H.v. 40 % der Bausparsumme) folgt daher nicht eine Begrenzung des Nettodarlehensbetrags in der Ansparphase. Da der Bausparer unabhängig von dem Erreichen der Zuteilungsreife zur Fortführung der Teilvalutierung im Rahmen des Ansparmodus berechtigt ist, tritt nach dem Vertragsmechanismus eine immanente Limitierung des Darlehens erst durch die Bausparsumme selbst ein. Damit tragen die ABB der Beklagten auch den Interessen der Zweckgemeinschaft der Bausparer Rechnung, weil der stetige Zufluss von Spareinlagen die Zuteilungsmasse vergrößert. Schon mit Rücksicht hierauf verbietet sich, das Tatbestandsmerkmal des „vollständigen Empfangs“ gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB allein aus der Sicht der Beklagten auszulegen (OLG Stuttgart, Urteil vom 30.03.2016 - 9 U 171/15 Rn. 52).
50 
bb) Eine entsprechende Anwendung der Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu Gunsten der Beklagten kommt nicht in Betracht (so zutreffend OLG Stuttgart, Urteil vom 30.03.2016 - 9 U 171/15 Rn. 53 ff.; gegen OLG Celle, Beschluss vom 3. Februar 2016 - 3 U 192/15; OLG Koblenz, Beschluss vom 18. Januar 2016 - 5 O 38/15; OLG Köln, Beschluss vom 11. Januar 2016 - 13 U 151/15; OLG Hamm, Beschluss vom 30.12.2015 - 31 U 191/15).
51 
Eine planwidrige Gesetzeslücke in Bezug auf die von den gewöhnlichen Darlehensverträgen abweichenden Bausparverträge liegt nicht vor. Abgesehen von der Gesetzgebungsgeschichte (dazu ausführlich OLG Stuttgart, Urteil vom 30.03.2016 - 9 U 171/15 Rn. 55 - 57), fehlt es auch wegen der Besonderheiten bei Bausparverträgen an einem vergleichbaren Sachverhalt, der eine analoge Anwendung dieser Vorschrift mit Eintritt der bloßen Zuteilungsreife des Bausparvertrages rechtfertigen würde.
52 
Anders als in gewöhnlichen Darlehensrechtsbeziehungen erschöpft sich das Bauspargeschäft nicht in der Erlangung des Anspruchs auf Zuteilung eines zinsgünstigen (Bauspar-) Darlehens. Eine solche Betrachtungsweise greift zu kurz, weil sie die bausparvertragstypischen Ansparleistungen im Kontext mit den Sparleistungen des Kollektivs außer Acht lässt. Vielmehr handelt es sich hier um ein geschlossenes System der Bausparzweckgemeinschaft, bei der das einzelne Mitglied zunächst auf einen marktüblichen Anlagezins verzichtet, um später nach Zuteilung der Bausparsumme von einem günstigen - marktunabhängigen - Darlehenszins zu profitieren (Senat, Urteil vom 16.06.2015 - 17 U 5/14, WM 2015, 2039, Rn. 47). Dieser Vertragszweck kann nur erreicht werden, wenn dem Bausparkollektiv kontinuierlich neue Mittel zugeführt werden und die Bausparer zugleich auf einen marktgerechten Einlagezins verzichten.
53 
Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass die mit den Besonderheiten des Verfahrens verbundene Ungewissheit der Zuteilung eines Bausparvertrages und die Beschränkung des Darlehens auf den wohnungswirtschaftlichen Zweck dazu führen können, dass die Inanspruchnahme des Darlehens zu einem bestimmten Zeitpunkt den Interessen des Bausparers zuwiderlaufen kann, weil sich der Verwendungszweck (noch) nicht oder nicht (mehr) realisieren lässt oder bereits auf eine spätere Zeit verschoben wurde (oder verschoben werden musste).
54 
Außerdem ist zu berücksichtigen, dass eine übermäßig lange Zinsbindung der Bausparkasse von mehr als zehn Jahren, gerechnet ab dem Zeitpunkt der Zuteilungsreife, regelmäßig nur aufgrund einer Einstellung der Zahlung der Regelsparbeiträge durch den Bausparer entsteht. Das muss die Bausparkasse freilich nicht hinnehmen. Sie hat demgegenüber einen Anspruch auf Weiterzahlung der Einlagen bis zur Höhe der Bausparsumme. Ist diese erreicht, besteht, wie ausgeführt, in jedem Fall ein Kündigungsrecht der Beklagten gemäß § 488 Abs. 3 BGB (vgl. auch § 15 Abs. 4 b der Muster-ABB). Leistet der Bausparer den Regelsparbeitrag nicht (mehr), so kann die Beklagte ebenfalls ordentlich kündigen, § 5 Abs. 3 ABB. Damit verschafft der Eintritt der Zuteilungsreife dem Bausparer nicht etwa einen Vorteil dahingehend, dass er die Beklagte unangemessen lange an den vertraglichen Guthabenszins binden kann. Die Dauer der Ansparphase wird nämlich keineswegs in das „uneingeschränkte Belieben des Bausparers“ (so OLG Köln, Urteil vom 11.01.2016 - 13 U 151/15 Rn. 11) gestellt: Gemäß § 5 Abs. 1 ABB ist der Bausparer bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme - mithin auch im Fall der Vertragsfortsetzung nach Zuteilungsreife der Bausparsumme - verpflichtet, fortlaufend den vertraglich vereinbarten monatlichen Bausparbeitrag an die Bausparkasse zu entrichten. Kommt der Bausparer dieser vertraglichen Verpflichtung nach, so tritt zwangsläufig zu einem bestimmten Zeitpunkt Vollbesparung ein und ein Kündigungsrecht der Bausparkasse gemäß § 488 Abs. 3 BGB besteht. Kommt der Bausparer seiner vertraglichen Zahlungspflicht nicht nach, so besteht für die Bausparkasse ein Kündigungsrecht gemäß § 5 Abs. 3 ABB. Nach alledem ist eine analoge Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht gerechtfertigt.
55 
c) Der Beklagten steht auch kein außerordentliches Recht zur Kündigung gemäß § 490 Abs. 3, §§ 314, 313 Abs. 3 BGB zu.
56 
aa) Zu Recht beruft sich die Beklagte nicht auf ein Kündigungsrecht aus § 490 Abs. 3, § 314 Abs. 1 BGB. Nach § 314 BGB ist eine Kündigung aus wichtigem Grundzulässig, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Die Nichtabnahme des Bauspardarlehens stellt indes kein vertragswidriges Verhalten des Bausparers dar. Hinsichtlich der Nichtzahlung der Regelsparbeiträge steht der Beklagten vielmehr ein spezielleres Kündigungsrecht aus § 5 Abs. 3 ABB zu, dessen Voraussetzungen im Streitfall jedoch nicht vorliegen.
57 
bb) Auch aus § 490 Abs. 3, § 313 Abs. 3 Satz 2 BGB ergibt sich ein Recht der Beklagten zur Kündigung nicht. Nach diesen Bestimmungen kann eine Vertragsanpassung verlangt werden, wenn sich die Umstände, die Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert haben, die Parteien deshalb den Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten und das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zumutbar ist.
58 
Die Geschäftsgrundlage eines Vertrages wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gebildet durch die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut (statt aller BGH, Urteil vom 28.03.2006 - XI ZR 425/04, BGHZ 167, 25 Rn. 24). Diese Vorstellungen müssen sich als falsch herausgestellt haben. Die Parteien müssten, wenn sie dies vorausgesehen hätten, den Vertrag anders geschlossen haben. Eine Anpassung des Vertrages kann zudem nur gefordert werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann (BGHZ 167, 25 Rn. 30 m.w.N.). Bei der Auflösung eines Vertrags wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB handelt es sich um eine von vornherein auf besondere Ausnahmefälle beschränkte rechtliche Möglichkeit, die zur Vermeidung untragbarer, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin unvereinbarer Folgen unabweisbar erscheinen muss (OLG Stuttgart, 30.03.2016 - 9 U 171/15 Rn. 78). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
59 
Selbst wenn die Kläger ihre Absicht zur Inanspruchnahme des Bauspardarlehens endgültig aufgegeben hätten, wäre die Geschäftsgrundlage nicht entfallen. Nach seinem Sinn und Zweck dient der Bausparvertrag zwar der Erlangung von Mitteln zur wohnwirtschaftlichen Verwendung, vgl. § 1 BauSparkG und § 1 ABB des streitigen Bausparvertrages. Dennoch kann der Wegfall dieser Grundlage für den Abschluss des Bausparvertrages nicht allein daraus abgeleitet werden, dass der Kläger seit über zehn Jahre das Bauspardarlehen nicht abgerufen hat. Das kann angesichts der Notwendigkeit der wohnwirtschaftlichen Verwendung des Bauspardarlehens viele persönliche oder wirtschaftliche Gründe haben. Unabhängig von den hierfür maßgebenden Gründen im Einzelfall sehen die Vertragsbedingungen der ABB der Beklagten die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses vor, die damit eine verbindliche Risikoverteilung treffen.
60 
Mit Rücksicht auf diese Vertragsordnung kann vom Wegfall der Geschäftsgrundlage selbst dann keine Rede sein, wenn das Gleichgewicht zwischen Bauspareinlagen und Bauspardarlehen mit der Folge dauerhaft gestört wäre, dass die Beklagte ihre Verpflichtungen nicht mehr erfüllen könnte. Die Beklagte hat über den gesetzlich vorgegebenen Rahmen hinaus insoweit das vertragsspezifische Risiko übernommen, was ein weiteres Festhalten am Vertrag nicht als unzumutbar erscheinen lässt. Eine solche vertragliche Risikoübernahme schließt die Rechte aus § 313 BGB regelmäßig aus (BGH, Urteil vom 21.02.2014 - V ZR 176/12, NJW 2014, 2177). Eine Abweichung hiervon ist hier nicht geboten. Es hätte der Beklagten oblegen, von der bestehenden Möglichkeit Gebrauch zu machen, das Risiko der Zinsentwicklung durch eine geeignete Vertragsgestaltung anders zu gewichten oder ihre vereinbarten Rechte auszuüben. Zu diesen vertraglich vereinbarten Rechten gehört im Übrigen - worauf das Landgericht zutreffend hingewiesen hat - auch die Möglichkeit, gemäß § 32 ABB i. V. m. § 9 BSpkG die Genehmigung der Bundesaufsichtsbehörde zu einer Absenkung des Zinssatzes zu erwirken und somit über einen vertraglich vorgesehenen Mechanismus eine Vertragsanpassung zu erreichen.
III.
61 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
62 
Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung hat und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. In der obergerichtlichen Rechtsprechung besteht, wie ausgeführt, keine einheitliche Meinung zur Frage, ob § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB die Kündigung eines Bausparvertrages durch die Bausparkasse 10 Jahre nach Eintritt von Zuteilungsreife rechtfertigt.
63 
Gemäß § 63 Abs. 2 GKG war der Streitwert des Berufungsverfahrens festzusetzen. Bei der Klage auf Feststellung des Fortbestehens eines Bausparvertrages kommt es der Klagepartei hinsichtlich des Bausparguthabens nicht auf den Rückerhalt oder die eigene Nichtzahlung eines Kapitalbetrages in Höhe des Guthabens an, sondern auf den fortgesetzten Erhalt des vereinbarten Entgelts für die Kapitalüberlassung. Maßstab für die Festsetzung des Streitwerts ist folglich das objektive wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses der Parteien. Maß und Richtung des wirtschaftlichen Interesses des Klägers orientieren sich dabei grundsätzlich an den in der Klageschrift dargelegten objektiven Erwartungen des Klägers, wenn sich hierfür hinreichend objektive Anhaltspunkte ergeben (BGH NJW 2006, 3060, juris Rn. 8). Zu bewerten ist vorliegend daher das Interesse der Kläger, den Bausparvertrag weiterhin in der Ansparphase zu belassen und unter Inanspruchnahme der vereinbarten Guthabenverzinsung fortführen zu können. Das erklärte wirtschaftliche Interesse der Kläger besteht hier darin, sich auch für die Zukunft die - gegenüber dem aktuellen Markt höheren - vertraglich vereinbarten Guthabenzinsen auf das Bausparguthaben zu sichern (Senat, Beschluss vom 16.02.2016 - 17 W 3/16, juris; OLG Stuttgart, Beschluss vom 19.06.2015 - 9 W 25/15; OLG Koblenz, Beschluss vom 20.08.2015 - 8 W 536/15). Im Rahmen der Feststellungsklage ist zudem der Rechtsgedanke des § 9 S. 1 ZPO zu berücksichtigen, wonach sich das wirtschaftliche Interesse der Klagepartei aus dem dreieinhalbfachen Wert der einjährigen Zinserwartung berechnet (BGH NVwZ-RR 2008, 741; Münch-Komm/Wöstmann, ZPO, 4. Aufl., § 9 Rn. 2).
64 
Bei einem Bausparguthaben zum Zeitpunkt der Klageeinreichung von 9.726,79 EUR ist bei einem Zinssatz von 2,5 % von einem jährlichen Zinsertrag von 243,17 EUR auszugehen. Der dreieinhalbfache Betrag beläuft sich auf 851,09 EUR, der Wert des Feststellungsbegehrens damit - abzüglich 20 % - auf 680,88 EUR.
65 
Entgegen der Rechtsprechung des OLG Stuttgart (Urteil vom 30.03.2016 - 9 U 171/15, Rn. 85) sieht der Senat davon ab, zusätzlich den bestehenden Anspruch des Klägers auf Inanspruchnahme eines Bauspardarlehens zu berücksichtigen. Nach den maßgeblichen, in der Klageschrift dokumentierten und objektiv nachvollziehbaren Umständen des konkreten Falls erschöpft sich das wirtschaftliche Interesse der Kläger am Fortbestand des Bausparvertrages im Streitfall nämlich in der Guthabenverzinsung. Das Bauspardarlehen wollen sie dagegen gerade nicht in Anspruch nehmen. Eine schematische Einbeziehung des theoretisch bestehenden Anspruchs auf Ausreichung eines Bauspardarlehens gegen den erklärten Willen der Anspruchsberechtigten ist daher nicht vorzunehmen, zumal sich das wirtschaftliche Interesse des Bausparers am Fortbestand seines Bausparvertrages nicht für den gleichen Zeitraum sowohl auf die Guthabenverzinsung als auch auf die Ausreichung der Bauspardarlehens richten kann, beides in insoweit sich vielmehr in einem Alternativverhältnis befindet.
66 
Die Abänderung des erstinstanzlichen Streitwerts erfolgt gemäß § 63 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GKG.

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass der mit der Beklagten abgeschlossene Bausparvertrag des Klägers mit der Vertragsnummer 28 076 8340 vom 19.05.1988 über den 24.07.2015 hinaus fortbesteht.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 1.947,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass ein mit der Beklagten bestehender Bausparvertrag nicht aufgrund der Kündigung der Beklagten vom 12.01.2015 (Bl. 35 d.A.) beendet wurde sondern fortbesteht.
Mit Antrag vom 09.05.1988 begehrte der Kläger den Abschluss eines Bausparvertrages nach Tarif (ABB) 7 (K1/Bl. 12 d.A.). Die Beklagte nahm den Antrag an und bestätigte das Bestehen eines Bausparvertrages mit der Vertragsnummer 28 076 8340, Tarif 7 mit Vertragsbeginn 19.05.1988 und einer Bausparsumme von 50.000 DM (K2/Bl. 14 d.A.).
In der Folge (17.02.1993, Bl. 15/K3) wurde der Bausparvertrag in zwei Teilverträge aufgeteilt mit den Bausparsummen 40.000 DM und 10.000 DM. Der Bausparvertrag über die Summe von 10.000 DM (Vertragsnummer 41 047 9923) wurde zum 01.07.1993 abgerechnet und an den Kläger ausbezahlt.
Dem Bausparvertrag lagen die Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB 7) für Abschlüsse bis 31.12.1988 zu Grunde (Anlage K15/Bl. 17-29 d.A.). Darin finden sich u.a. folgende Bedingungen:
§1 Abs. 1
Der Abschluss des Bausparvertrages dient der Erlangung eines unkündbaren, in der Regel zweitstellig zu sichernden Tilgungsdarlehens (Bauspardarlehen) aufgrund planmäßiger Sparleistungen nach Maßgabe dieser allgemeinen Bedingungen.
§ 2 Abs. 3
Beträge, die die Bausparsumme übersteigen, werden für die Verzinsung zunächst wie das Bausparguthaben behandelt.....
§ 5 Abs. 1
Der monatliche Bausparbeitrag beträgt 5 vom Tausend der Bausparsumme (Regelsparbeitrag), er ist bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme zum 1. jeden Monats kostenfrei an die Bausparkasse zu entrichten.
§ 6 Abs. 1
Das Bausparguthaben wird mit 2,5 vom Hundert jährlich verzinst. Die Verzinsung des Bausparguthabens erhöht sich um einen Zinsbonus von 80 vom Hundert der Guthabenzinsen.
§ 6 Abs. 2
Die Verzinsung beginnt für Sparzahlungen mit dem auf den Zahlungseingang folgenden Monatsersten. Die Verzinsung des Bausparguthabens endet mit der ersten Auszahlung nach der Zuteilung.
10 
§ 12 Abs. 1
Die Zuteilung wird dem Bausparer unverzüglich schriftlich mitgeteilt mit der Aufforderung, binnen 4 Wochen ab Datum der Zuteilung zu erklären, ob er die Zuteilung annimmt.
11 
§ 14 Abs. 1
Nimmt der Bausparer die Zuteilung nicht an oder gibt er die Annahmeerklärung nicht fristgemäß ab oder wird die Annahme der Zuteilung widerrufen, so wird der Bausparvertrag fortgesetzt.
12 
Mit einem Schreiben ohne Datum teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sein Bausparvertrag - 28 076 8340 - am 01.07.2002 zugeteilt werde (K6/Bl. 32 d.A.). Mit Schreiben vom 15.07.2013 (Anlage K7/Bl. 33 d.A.) erklärte die Beklagte u.a. „selbstverständlich können Sie Ihren Bausparvertrag auch bestehen lassen, jedoch weisen wir Sie darauf hin, dass sich mit jeder weiteren Einzahlung Ihr Darlehensanspruch verringert“.
13 
Das Bausparguthaben belief sich, Stand 31.12.2014, auf 15.457,78 EUR (K8/Bl. 34 d.A.).
14 
Mit Schreiben vom 12.01.2015 (K9/Bl. 35 d.A.) kündigte die Beklagte unter Hinweis auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB den Bausparvertrag zum 24.07.2015.
15 
Der Kläger trägt vor, die Beklagte habe kein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, da Bausparverträge im Sinn des Bausparkassengesetzes keine Darlehen im Sinn des § 488 BGB seien.
16 
Im Übrigen sei diese Norm schuldnerschützend, als Ausgleich zum Zinsbestimmungsrecht des Darlehensgebers. Dieses Zinsbestimmungsrecht obliege vorliegend aber der Beklagten und nicht dem Kläger.
17 
Überdies sei ein eventuelles Kündigungsrecht verwirkt, da die Beklagte von der Zuteilung im Jahr 2012 bis zum Jahr 2015 mit der Kündigung abgewartet habe.
18 
Schließlich habe die Beklagte mit Schreiben vom 15.07.2013 auch erklärt, der Kläger könne seinen Bausparvertrag selbstverständlich bestehen lassen. Mit der jetzigen Kündigung verhalte sich die Beklagte treuwidrig im Hinblick auf die zuvor übersandte Äußerung.
19 
Zudem bestehe keine Verpflichtung zur Inanspruchnahme des Bauspardarlehens.
20 
Überdies gebiete § 5 Abs. 3 Nr. 7 des Bausparkassengesetzes, dass die allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge Bestimmungen enthalten müssten, über die Bedingungen, nach denen ein Bausparvertrag gekündigt werden könne.
21 
Die ABB hätten gegenüber den gesetzlichen Regelungen Vorrang. Für den vorliegenden Fall sei in den ABB keine Bestimmung enthalten.
22 
Der Kläger stellt folgende Anträge:
23 
1. Es ist festzustellen, dass der mit der Beklagten abgeschlossene Bausparvertrag des Klägers mit der Vertragsnummer 28 076 8340 vom 19.05.1988 über den 24.07.2015 fortbesteht;
24 
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 564,66 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
25 
Die Beklagte beantragt Klagabweisung.
26 
Sie stellt darauf ab, dass Vertragszweck des Bausparvertrages die Erlangung eines Bauspardarlehens sei. Zweck des Bausparvertrages sei nicht die dauerhaft zinsgünstige Anlage von Geld. Der Bausparvertrag sei ein einheitlicher Darlehensvertrag mit vertauschten Rollen nach Inanspruchnahme des Bauspardarlehens. Während der Ansparphase sei die Beklagte Darlehensnehmerin. Der Bausparvertrag sei ein normaler Darlehensvertrag und unterliege den darlehensvertraglichen Bestimmungen der §§ 488 ff. BGB. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB sei daher auch für die Beklagte anwendbar, da er nicht nur beschränkt sei auf Verbraucher. Der Schutzgedanke dieser Vorschrift, den Darlehensnehmer nicht an Zinsen zu binden, die nicht mehr den Marktbedingungen entsprechen, gelte auch und gerade für Kreditinstitute, was sich der Gesetzesbegründung zu § 609a BGB - alte Fassung - entnehmen lasse. Soweit § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB den „vollständigen Empfang“ des Darlehens voraussetze, sei aufgrund der strukturellen Eigenheiten des Bausparvertrages davon auszugehen, dass mit Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife des Bausparvertrages die Bausparkasse das Darlehen des Bausparers vollständig empfangen habe.
27 
Bezüglich des weiteren Partei- und Sachvortrags wird auf die Akte und die darin befindlichen Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
28 
Die zulässige Klage ist begründet.
1.
29 
Die Klage ist gem. § 256 Abs. 1 ZPO zulässig.
30 
Die Parteien streiten sich um den Fortbestand des am 19.05.1988 geschlossenen Bausparvertrages.
31 
Gem. § 256 Abs. 1 ZPO kann die Feststellungsklage auf Bestehen eines Rechtsverhältnisses gerichtet werden. Rechtsverhältnis ist jedes Schuldverhältnis zwischen den Parteien, insbesondere die Frage der Wirksamkeit, Auslegung oder Beendigung eines Vertrages (Zöller-Greger, ZPO Kommentar, § 256 RZ 4). Nachdem vorliegend die Beklagte die Beendigung des Vertrages behauptet und dem Kläger die Durchsetzung seiner subjektiven Rechte durch Leistungsurteil oder eine Rechtsänderung durch Gestaltungsurteil nicht möglich ist, ist die positive Feststellungsklage zulässig.
2.
32 
Die Klage ist begründet.
33 
Der Bausparvertrag besteht zwischen den Parteien fort.
34 
Die Kündigung der Beklagten vom 12.01.2015 vermochte das Vertragsverhältnis nicht zu beenden, da der Beklagten ein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht zur Seite steht.
35 
Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmer nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist weder nach Sinn und Zweck der Vorschrift auf eine Kündigung durch die Bausparkasse anwendbar (a), noch sind die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm im vorliegenden Fall gegeben (b).
36 
Der Entscheidung des OLG Stuttgart vom 14.10.2011 (Beschluss AZ 9 U 151/11, WM 2013, 508 ff., zitiert nach Juris) folgend schließt sich das Gericht der Rechtsauffassung der Beklagten an, wonach es sich bei dem Bausparvertrag um einen einheitlichen Darlehensvertrag handelt mit der Besonderheit, dass Bausparkasse und Bausparer mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre jeweiligen Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer tauschen. Die Einlagen des Bausparers stellen daher ein Darlehen an die Bausparkasse dar, für dessen Rückerstattung eine Zeit nicht bestimmt ist.
37 
Der Ansicht, dass der Bausparvertrag als Darlehensvertrag einzuordnen sei, folgt die Beklagte allerdings nicht konsequent.
38 
So lässt sie in den Fällen, in dem die Bausparer sich auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung einer Darlehensgebühr in den ABB berufen und einen Rückzahlungsanspruch nach § 812 BGB geltend machen, vortragen, der Bausparvertrag sei kein Darlehensvertrag, insbesondere sei das gesetzliche Leitbild der §§ 488 ff. BGB auf den Bausparvertrag nicht anzuwenden.
39 
Die Ansicht der Beklagten, wie der Bausparvertrag rechtlich einzuordnen sei, ist daher schwankend, je nachdem, ob sie Ansprüche abwehrt oder wie im vorliegenden Fall das Kündigungsrecht geltend macht.
a)
40 
Obwohl das Darlehensrecht grundsätzlich auf den Bausparvertrag Anwendung findet, kann sich die Beklagte in Fällen der vorliegenden Art nicht auf ein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen. Dies entspräche nach Auffassung des Gerichts nicht der Intention des Gesetzgebers, die der Schaffung der vorliegenden Norm zugrunde lag.
41 
Mit dem Gesetz zur Änderung, wirtschafts-, verbraucher-, arbeits- und sozialrechtlicher Vorschriften vom 25.07.1986 (Bundesgesetzblatt Teil 1 1986, 1169) hob der Gesetzgeber den bis dahin geltenden § 247 BGB auf und fügte § 609a BGB neu ins BGB ein. § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB bestimmte, wortgleich mit dem nun geltenden § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, dass der Schuldner ein Darlehen „in jedem Fall nach Ablauf von 10 Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Monaten“ kündigen kann.
42 
Der Gesetzesänderung zugrunde lag der Gesetzesentwurf (Drucksache 10/4741 vom 29.01.1986). Daraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber § 247 Abs. 1 BGB alte Fassung abschaffen wollte, weil eine wirtschaftlich sinnvolle, im Streitfall bestandskräftige Kündigung aufgrund dieser Norm, nach den geänderten wirtschaftlichen Verhältnissen und insbesondere der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht mehr möglich sei. Der Begründung des Entwurfes des Gesetzes zur Änderung wirtschafts- und verbraucherrechtlicher Vorschriften lässt sich entnehmen, dass nach Auffassung des Gesetzgebers § 247 Abs. 1 BGB alte Fassung dem Darlehensnehmer ein zu weitreichendes Kündigungsrecht gewährte, insbesondere wenn nach einer Phase ausgesprochen hoher Zinsen der Kapitalzins so stark abfiel, dass eine Umschuldung auf geringer verzinsliche Kredite für die Kreditnehmer rentabel wurde. Konsequenz dieses weitgehenden Kündigungsrechtes war, dass der Versicherungswirtschaft durch vorzeitig gekündigte Kredite ein Verlust von rund 1 Milliarde DM entstand.
43 
Nach der Begründung des Entwurfs war das Kündigungsrecht des Schuldners von einem Ausnahmebehelf zu einem voraussetzungslosen allgemeinen Kündigungsrecht geworden. Dies sei mit dem Wesen einer Festzinsabrede bei längerfristigen Krediten nicht zu vereinbaren. Der Entwurf bemängelte, dass der Kreditgeber bei steigenden Zinsen an einen niedrigen Vertragszins gebunden bleibe, während der Kreditnehmer bei fallenden Zinsen nach der Vorlaufzeit von 6 Monaten mit 6-monatiger Frist kündigen könne. Das Zinsänderungsrisiko sei einseitig auf den Kreditgeber verlagert und habe gesamtwirtschaftlich nachteilige Auswirkungen. Sie erschwere den professionellen Kreditgebern eine laufzeit- und zinskongruente Refinanzierung mittel- und längerfristig verzinslicher Kredite, deren Angebot zur Förderung und Finanzierung von Investitionen erwünscht sei. Die Kreditgeber müssten bei längerfristiger Vereinbarung fester Darlehenszinsen danach trachten, das sich aus § 247 BGB a.F. ergebende Risiko durch Kostenzuschläge (Disagio, Zinsen) aufzufangen.
44 
Bereits aus diesem Passus der Begründung des Gesetzesentwurfes ergibt sich, dass die Änderung im Interesse der „professionellen Kreditgeber“ zur Vermeidung gesamtwirtschaftlich nachteiliger Auswirkungen beabsichtigt war.
45 
Der Gesetzgeber hatte keinesfalls eine Darlehenskonstruktion der vorliegenden Art im Auge, wonach beim Bausparvertrag zunächst der Bausparer in der Ansparphase der Darlehensgeber und die Bausparkasse die Darlehensnehmerin ist.
46 
Die Gesetzesänderung sollte die „professionellen Kreditgeber“ stärken und keinesfalls den privaten Darlehensgeber im Bereich der Bausparverträge.
47 
Weiter ergibt sich aus der Begründung (Seite 22), dass mit der künftigen Regelung ein „maßvoll ausgestaltetes allgemeines Kündigungsrecht des Schuldners als ein wesentliches und wirksames Gegengewicht gegen das Zinsbestimmungsrecht des Gläubigers“ geschaffen werden soll. Auch aus diesem Begründungsteil ist zu erkennen, dass das Kündigungsrecht des § 609a BGB a.F. jetzt § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, nicht auf die Konstruktion des Bausparvertrages Anwendung finden kann.
48 
Zwar ist der Bausparer Darlehensgeber während der Ansparphase, im steht aber keinerlei „Zinsbestimmungsrecht“ zu. Dies liegt allein bei der Bausparkasse.
49 
Daraus lässt sich nach Auffassung des Gerichts zwanglos erkennen, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung der Norm, den „normalen“ Darlehensfall im Auge hatte, bei dem der Darlehensgeber der wirtschaftlich stärkere, „zinsbestimmende“ Vertragsteil und der Darlehensnehmer der wirtschaftlich schwächere ist. Diese Voraussetzungen sind beim Bausparvertrag gerade nicht gegeben.
50 
Weiter wird in der Begründung ausgeführt, dass nach dem Entwurf der Markt für längerfristige festverzinsliche Kredite auch solchen Geldgebern eröffnet werden solle, denen er bisher aufgrund der durch das Kündigungsrecht erschwerten „Refinanzierung“ verschlossen war. Deshalb müssten Zinsänderungsrisiken nach der vorgeschlagenen Regelung nicht mehr in die Konditionen längerfristiger, festverzinslicher Kredite einkalkuliert zu werden. Für Kreditnehmer sei daher mit einem verbesserten und breiter gefächerten Angebot insbesondere im Bereich der festverzinslichen Kredite zu rechnen.
51 
Auch diese Erklärungen weisen eindeutig darauf hin, dass der Gesetzgeber unter Kreditgeber eine Bank oder eine Versicherung verstand und unter Kreditnehmer den, so der heutige Terminus, Verbraucher.
52 
Beim Bausparvertrag ist es nicht der Bausparer, der „Konditionen längerfristiger, festverzinslicher Kredite“ zu schaffen vermag, sondern es ist die Bausparkasse. Das „breiter gefächerte Angebot, insbesondere im Bereich der festverzinslichen Kredite“ stellt nicht der Bausparer, sondern die Bausparkasse. Damit kann nach Auffassung des Gerichts kein Zweifel daran bestehen, dass der Gesetzgeber bei Schaffung der Kündigungsvorschrift des § 609a BGB a.F. nicht das Bausparvertragsverhältnis im Blick hatte.
53 
Dies ergibt sich aus einer weiteren Bemerkung im Rahmen der Begründung dieses Gesetzesentwurfes (Seite 22 vorletzter Absatz), in dem ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass es „den Geschäftsbedingungen des Kreditinstitutes vorbehalten bleibe, unter Wahrung des Grundgedankens der vorgeschlagenen Regelung zu treffen, die eine zeitliche Eingrenzung der Kündigungsbefugnis des Darlehensnehmers ermöglichen“. Hier wird sogar aus der Wortwahl des Gesetzgebers deutlich, auf welcher Seite er das „Kreditinstitut“ und auf welcher Seite den Darlehensnehmer sieht. Nach dem Grundgedanken des Gesetzes ist der “zinsbestimmende Teil“ das Kreditinstitut, welches mit den Geschäftsbedingungen das neu geschaffene Kündigungsrecht des Darlehensnehmers solle eingrenzen können.
54 
Damit steht, nach Auffassung des Gerichts, außer Frage, dass sich die Bausparkasse nicht auf das Kündigungsrecht des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen kann, weil dies den Intentionen des Gesetzgebers bei Schaffung der Vorgängernorm nicht gerecht wird.
55 
Soweit die Beklagte darauf abstellt, dass sich aus der Begründung des Gesetzesentwurfes (Seite 23) ergebe, dass die Norm auch für die Bausparkasse Anwendung finden soll, ist diese Auffassung, wie oben dargelegt, der Begründung keinesfalls zu entnehmen.
56 
Im Gegenteil lässt sich aus einem weiteren Satz in der Begründung die oben vertretene Auffassung des erkennenden Gerichtes bestärken, wonach das Kreditinstitut sich gerade nicht auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen können soll.
57 
Die beiden Sätze, die die Auffassung des genannten Gerichtes stärken, lauten wie folgt:
58 
„Der Schuldner kann die Kündigung frühestens nach Ablauf von 10 Jahren nach der Auszahlung des Darlehens und danach in jedem Zeitpunkt erklären. Um die technische Abwicklung des Vertrages und die Vorbereitung eines neuen Geschäfts zu erleichtern, hat der Schuldner eine Kündigungsfrist von 6 Monaten einzuhalten“.
59 
Wird wie vorliegend dem Bausparer von der Bausparkasse die Kündigung erklärt, gibt es für den Bausparer keine „technische Abwicklung des Vertrages“ und er vermag gegenüber dem bisherigen Darlehensnehmer auch keinesfalls die „Vorbereitung eines neuen Geschäftes“ vorzunehmen.
60 
Damit steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass nach dem Willen des Gesetzgebers bei Schaffung der Norm des § 609a BGB a.F. der Bausparvertrag und die darin zum Ausdruck kommenden Parteirollen, Darlehensnehmer (Bausparkasse) und Darlehensgeber (Bausparer) nicht erfasst werden sollte.
61 
Bereits diese Überlegungen führen dazu, die Kündigung der Beklagten vom 12.01.2015 als unwirksam zu betrachten.
b)
62 
Darüberhinaus ist jedoch, selbst wenn man § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu Gunsten der Bausparkasse für anwendbar halten wollte, im vorliegenden Fall ein Tatbestandsmerkmal der Norm nicht erfüllt.
63 
Vorab sei nochmal auf die oben erwähnte Begründung zum Gesetzesentwurf (Seite 23) verwiesen. Der Gesetzgeber wollte das Kündigungsrecht dem Darlehensschuldner nach Ablauf von 10 Jahren nach der Auszahlung des Darlehens gewähren.
64 
In § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist dies so formuliert, dass dem Darlehensnehmer nach „dem vollständigen Empfang“ das Kündigungsrecht zustehen soll.
65 
Sowohl nach dem Wortlaut des Gesetzes als auch nach der oben angeführten Begründung des Gesetzentwurfes ist nach Auffassung des Gerichts der vollständige Empfang im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB keinesfalls mit der Zuteilungsreife des Darlehensvertrages gleichzusetzen, wie dies bisher in der Rechtsprechung geschehen ist.
66 
So haben das Landgericht Mainz (WM 2015, 181 ff., zitiert nach Juris), das Landgericht Hannover (Urteil vom 30.06.2015, AZ 14 O 55/15, zitiert nach Juris) und das Landgericht Aachen (Urteil vom 19.05.2015, AZ 10 O 404/14, zitiert nach Juris) jeweils ausgeführt, dass „in einem Bausparfall der vollständige Empfang der Darlehensvaluta im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB der eintretenden Zuteilungsreife“ gleichzusetzen sei.
67 
Das Landgericht Aachen führte aus, dass sich die Anwendung der Norm aus ihrem Sinn und Zweck ergebe, weil § 489 BGB einen Interesseausgleich schaffen solle und den Darlehensnehmer vor überlangen Bindungen an festgelegte Zinssätze schützen wolle. Es sollten marktgerechte Zinsen ermöglicht werden.
68 
Abgesehen davon, dass, wie oben ausgeführt, Sinn und Zweck der Norm gerade nicht die Bausparkasse umfasst, ist dies nach Auffassung des Gerichts keine tragfähige Begründung dafür, dass der vollständige Empfang eines Darlehens gleichgesetzt werden kann mit der Zuteilungsreife des Bausparvertrags.
69 
Das Landgericht Mainz bemüht die „strukturellen Eigenheiten des Bausparvertrages“, um den Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife mit dem vollständigen Empfang im Sinn der Vorschrift gleichzusetzen.
70 
Wenn schon das Darlehensrecht direkt auf den Bausparvertrag Anwendung finden soll, dann ist es nicht zu begründen, dass einseitig zu Gunsten eines Vertragspartners, nämlich der Bausparkasse, der eindeutige Wortlaut der Gesetzesnorm zu Lasten des anderen Vertragsteiles ausgehöhlt wird.
71 
Soweit das Landgericht Mainz in diesem Zusammenhang noch ausführt, dass sich der Bausparer nicht auf den Grundsatz berufen könne, Verträge seien grundsätzlich einzuhalten, da er selbst durch die Nichtannahme der Zuteilung dem Vertragszweck zuwider gehandelt habe, ist dies unverständlich und mit Sicherheit nicht mit den „strukturellen Eigenheiten des Bausparvertrages“ in Einklang zu bringen.
72 
Es besteht zwischen den Parteien Einigkeit, dass der Bausparer niemals verpflichtet ist, ein Darlehen in Anspruch zu nehmen, wenn auch § 1 der ABB 7 den Vertragszweck in der Erlangung eines Bauspardarlehens sieht.
73 
Die Nichtannahme der Zuteilung kann daher keinesfalls als vertragswidriges Verhalten des Bausparers gewertet werden.
74 
Soweit das Landgericht Hannover die Gleichsetzung des vollständigen Empfangs der Darlehensvaluta mit der Zuteilungsreife annimmt, begründet es dies ebenfalls mit der „besonderen Konstruktion des Bausparvertrages“.
75 
Zwar hebt im Unterschied zum Landgericht Mainz das Landgericht Hannover hervor, dass es dem Bausparer grundsätzlich frei stehe, das Darlehens nach Zuteilungsreife abzurufen, hält aber gleichwohl aufgrund Sinn und Zweck der Norm ihre Anwendung für gerechtfertigt.
76 
Das Landgericht Hannover bezieht sich auf Systematik und Entstehungsgeschichte sowie Ratio der Vorschrift und nimmt zur Begründung Bezug auf die Bundestagsdrucksache 16/11 643 Seite 74.
77 
Hierbei handelt es sich um die Begründung der Bundesregierung zudem Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 21.01.2009.
78 
In der Begründung wird auf Seite 74 ausgeführt, dass die Änderungen des § 489 BGB lediglich redaktionellen und systematischen Anpassungen der Zinsregelungen dienen sollen.
79 
Ferner wird in der Begründung ausgeführt, dass für „Verbraucherdarlehen“ die Kündigungsmöglichkeiten des Darlehensnehmers in § 500 BGB geregelt würden.
80 
Gleichzeitig werde das Wort „Auszahlung“ durch das Wort „Empfang“ ersetzt.
81 
Zwar wird in den §§ 491 ff. BGB der Verbraucherdarlehensvertrag speziell geregelt, jedoch übersieht das Landgericht Hannover, dass § 500 BGB nicht auf Immobiliardarlehensverträge anzuwenden ist (§ 503 BGB).
82 
Der Bausparvertrag ist aber unstreitig ein Immobiliardarlehensvertrag im Sinn des § 503 BGB, sodass nach wie vor die oben zitierte Gesetzesbegründung zu § 609a BGB a.F. für die Auslegung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB heranzuziehen ist.
83 
Die Bundestagsdrucksache 16/11 643, Seite 74 enthält keinesfalls eine neue Begründung für Sinn und Zweck dieser Kündigungsvorschrift.
84 
Damit ist, wenn man so weit gehen wollte und § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB für Bausparverträge für anwendbar hält, festzustellen, was unter „vollständigem Empfang“ im Sinn dieser Norm gemeint ist.
85 
Es ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, dass damit nur die vollständige Valutierung, also Auszahlung des vereinbarten Darlehens gemeint sein kann. Gestützt wird dies durch die Begründung des Gesetzesentwurfes (Bundestagsdrucksache 10/4741, Seite 23), wie oben ausgeführt.
86 
Nachdem der Gesetzgeber bei Schaffung dieser Norm vom „normalen“ Darlehensvertrag ausging, ergibt es sich von selbst, dass die Darlehenssumme, die der Kreditgeber gewähren soll, vertraglich festgelegt ist. Dieser „Normalfall“ des Darlehens ist beim Bausparvertrag gerade nicht gegeben. Zwar ist der Bausparer in der Ansparphase Darlehensgeber und die Bausparkasse Darlehensnehmerin, jedoch ist im Bausparvertrag die vom Darlehensgeber „geschuldete“ Darlehenssumme mit keinem Wort festgelegt. Im Bausparvertrag geregelt ist lediglich die Bausparsumme und ermittelbar ist festgelegt die Zuteilungsreife. Die Zuteilungsreife ist der Zeitpunkt, zu dem der bisherige Darlehensgeber den „Rollentausch“ vornehmen kann, um sich in die Darlehensnehmerrolle zu begeben.
87 
Damit ist vertraglich eine bestimmte Darlehenssumme, die der Darlehensgeber der Ansparphase, also der Bausparer, an die Bausparkasse zu zahlen hat, nicht ausgewiesen.
88 
Auch daraus ergibt sich, dass die Gesetzesnorm des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gerade nicht auf den Bausparvertrag zugeschnitten wurde.
89 
Soweit in diesem Zusammenhang die Beklagte darauf hinweist, dass mit Eintritt der Zuteilungsreife es allein beim Bausparer liege, seinen Anspruch auf Erhalt der Bausparsumme zu begründen, ist dies, betrachtet man die ABB 7, keinesfalls zutreffend.
90 
Auch nach der Zuteilungsreife liegt es in der Entscheidungsfreiheit der Bausparkasse, das Darlehen zu gewähren. Dies folgt aus § 13 Abs. 4, 15 ABB. Vor Gewährung des Darlehens hat die Bausparkasse das Recht, eine Bonitätsprüfung durchzuführen, sowie weitere Darlehenssicherheiten zu verlangen. Kommt der Bausparer dem nicht nach, wird das zugeteilte Bauspardarlehen nicht ausgezahlt.
91 
Auch stehen weitere Regelungen der ABB 7 der Auffassung entgegen, Zuteilungsreife sei mit vollständigem Empfang gleichzusetzen:
92 
Aus § 2 Abs. 3 ABB ergibt sich, dass sogar der Fall, dass die Zahlungen des Bausparers die Bausparsumme übersteigen zur Regelung vorgesehen ist. Auch diese Beiträge, die überobligationsmäßig über die vereinbarte Bausparsumme eingezahlt werden, sind von der Bausparkasse zu verzinsen.
93 
In § 5 Abs. 1 ABB legt die Beklagte Regelsparbeiträge fest. Auch diese sind keinesfalls limitiert bis zur Zeit der Zuteilungsreife, sondern in dieser Regelung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bis zur ersten Auszahlung der zugeteilten Bausparsumme die Regelsparbeiträge monatlich zu leisten sind. Das heißt, die Beklagte fordert geradezu über den Zuteilungszeitpunkt hinaus die Einzahlung von Sparbeiträgen. Wäre sie bei Abfassung des Vertrages im Jahr 1988 der Auffassung gewesen, die Zuteilungsreife entspräche dem vollständigen Empfang im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, hätte es nahegelegen, eine Regelung einzufügen, wonach das weitere Besparen ab der Zuteilungsreife nicht mehr möglich ist. Die Beklagte hat nicht nur diesen Weg nicht gewählt, sondern im Gegenteil, den weiteren Regelsparbeitrag eingefordert.
94 
Darüberhinaus gewährt § 5 Abs. 3 ABB der Bausparkasse sogar das Recht zur Kündigung, wenn der Bausparer mit mehr als 6 Regelsparbeiträgen rückständig ist.
95 
Aus § 14 ABB ergibt sich, dass die Beklagte bei Vertragsschluss im Jahr 1988 keinesfalls davon ausging, dass der vollständige Empfang im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 mit der Zuteilungsreife gleichzusetzen sei. § 14 Abs. 1 ABB gewährt dem Bausparer nicht nur das Recht, die Zuteilung nicht anzunehmen, sondern regelt ausdrücklich die Fortsetzung des Bausparvertrages für den Fall, dass der Bausparer die Annahmeerklärung nicht fristgemäß abgibt.
96 
Aus dieser Norm ergibt sich, dass es im Interesse der Beklagten lag, nach Zuteilungsreife den Bausparvertrag fortzusetzen und der Bausparer diesen regelmäßig bespart. Dass die nun eingetretene wirtschaftliche Veränderung, wonach der Kapitalzins ins „Bodenlose“ fiel, zu einer anderen Auslegung des Vertrages oder der Norm führen könnte, ist nicht ersichtlich.
97 
Letztlich sei noch anzufügen, dass die Beklagte in der Vergangenheit die Nichtannahme der Zuteilung, also das Unterlassen der Darlehensaufnahme, durch Zahlung eines erheblichen Bonuszinses honorierte.
98 
Abgesehen von dem eindeutigen Wortlaut der Norm des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB stützen diese Erwägungen und die von der Beklagten selbst geschaffenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Auffassung, dass vollständiger Empfang und Zuteilungsreife nicht ein und dasselbe sein können.
99 
Damit ist nach Auffassung des Gericht die Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB für den vorliegenden Fall nicht möglich, mit der Folge, dass die Kündigung vom 12.01.2015, die sich ausschließlich auf diese Norm stützte, unwirksam ist.
100 
Diese Auffassung ist im Übrigen auch in Einklang zu bringen mit der eingangs zitierten Entscheidung des OLG Stuttgart vom 14.10.2011, worin ausgeführt wurde, dass die Bausparkasse den Bausparvertrag nicht kündigen dürfe, wenn sie dadurch dem Bausparer den Anspruch auf das Tilgungsdarlehen entziehe (OLG Stgt. Beschluss vom 14.10.2011, 9 U 151/11, RZ 10, zitiert nach Juris).
101 
Das OLG Stuttgart sah das Kündigungsrecht der Bausparkasse allerdings nach § 488 Abs. 3 BGB dann als gegeben an, wenn die vereinbarte Bausparsumme vollständig erreicht ist.
102 
Vorliegend ist die Bausparsumme von 20.451,68 EUR zum Zeitpunkt der Kündigung am 12.01.2015 nicht gegeben gewesen, sodass die Bausparkasse nicht zur Kündigung berechtigt war.
103 
Der Klage war daher bezüglich der Hauptsache in vollem Umfang stattzugeben.
104 
Bezüglich der geltend gemachten Nebenforderungen, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, war die Klage allerdings abzuweisen, da es diesbezüglich an einer Anspruchsgrundlage mangelt.
105 
Der Kläger begründet seinen Anspruch mit einem pflichtwidrigen Verhalten der Beklagten bei Ausspruch der Kündigung und nimmt Bezug auf die Rechtsprechung des BGH, zitiert bei Palandt-Grüneberg, § 280 RZ 26.
106 
Dazu hat der BGH ausgeführt, dass ein Vermieter, der schuldhaft eine materiell unbegründete Kündigung ausspreche, und auf diese Weise dem Mieter sein Besitzrecht grundlos streitig mache, vertragliche Nebenpflichten aus dem Mietvertrag verletze. Der vom BGH entschiedene Fall ist keinesfalls mit dem vorliegenden zu vergleichen.
107 
Heranzuziehen für die Frage, ob ein materiell rechtlicher Kostenerstattungsanspruch eines in Anspruch genommenen hinsichtlich der für die außergerichtliche Abwehr des Anspruchs aufgewendeten Anwaltskosten bestehe, ist vielmehr die Entscheidung des BGH vom 12.12.2006 (Az: VI ZR 224/05 in NJW 2007, 1458 ff., zitiert nach Juris).
108 
Dort führt der BGH aus, dass der materielle Kostenerstattungsanspruch voraussetzt, dass eine materiell rechtliche Anspruchsgrundlage erfüllt sei. Dabei könne ein materiell rechtlicher Kostenerstattungsanspruch sich aus Vertrag, Verzug, positiver Vertragsverletzung, Culpa in Contrahendo oder Geschäftsführung ohne Auftrag bzw. Delikt ergeben.
109 
Nachdem die Beklagte ihren Anspruch auf Bestehen eines Kündigungsrechtes nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf mehrere landgerichtliche Urteile stützen kann, kann selbstredend nicht davon gesprochen werden, dass sie sich bei Ausübung der Kündigung einer positiven Vertragsverletzung schuldig gemacht habe.
110 
Wie der BGH ausführt, gehört es zum allgemeinen Lebensrisiko mit unberechtigten Ansprüche konfrontiert zu werden. Es gebe keinen generellen Kostenerstattungsanspruch gegen denjenigen, der sich unberechtigt eines Rechtes berühmt. Es müssten die Voraussetzungen einer speziellen Haftungsnorm vorliegen. Diese, insbesondere § 280 BGB ist nach Auffassung des Gerichts vorliegend nicht gegeben. Ein materiell rechtlicher Kostenerstattungsanspruch des Klägers auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten besteht nicht.
111 
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
112 
Gem. dem Beschluss des LG Stuttgart vom 29.05.2015 (AZ 12 O 150/15) richtet sich der Streitwert nach §§ 48 I GKG, 3, 9 ZPO.
113 
Es ist der 3,5-fache Wert des Jahresbetrags zuzüglich Bonuszins (hier 80 %) zugrunde zu legen, abzüglich 20 % (Feststellungsklage).

Gründe

 
28 
Die zulässige Klage ist begründet.
1.
29 
Die Klage ist gem. § 256 Abs. 1 ZPO zulässig.
30 
Die Parteien streiten sich um den Fortbestand des am 19.05.1988 geschlossenen Bausparvertrages.
31 
Gem. § 256 Abs. 1 ZPO kann die Feststellungsklage auf Bestehen eines Rechtsverhältnisses gerichtet werden. Rechtsverhältnis ist jedes Schuldverhältnis zwischen den Parteien, insbesondere die Frage der Wirksamkeit, Auslegung oder Beendigung eines Vertrages (Zöller-Greger, ZPO Kommentar, § 256 RZ 4). Nachdem vorliegend die Beklagte die Beendigung des Vertrages behauptet und dem Kläger die Durchsetzung seiner subjektiven Rechte durch Leistungsurteil oder eine Rechtsänderung durch Gestaltungsurteil nicht möglich ist, ist die positive Feststellungsklage zulässig.
2.
32 
Die Klage ist begründet.
33 
Der Bausparvertrag besteht zwischen den Parteien fort.
34 
Die Kündigung der Beklagten vom 12.01.2015 vermochte das Vertragsverhältnis nicht zu beenden, da der Beklagten ein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht zur Seite steht.
35 
Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmer nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist weder nach Sinn und Zweck der Vorschrift auf eine Kündigung durch die Bausparkasse anwendbar (a), noch sind die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm im vorliegenden Fall gegeben (b).
36 
Der Entscheidung des OLG Stuttgart vom 14.10.2011 (Beschluss AZ 9 U 151/11, WM 2013, 508 ff., zitiert nach Juris) folgend schließt sich das Gericht der Rechtsauffassung der Beklagten an, wonach es sich bei dem Bausparvertrag um einen einheitlichen Darlehensvertrag handelt mit der Besonderheit, dass Bausparkasse und Bausparer mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre jeweiligen Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer tauschen. Die Einlagen des Bausparers stellen daher ein Darlehen an die Bausparkasse dar, für dessen Rückerstattung eine Zeit nicht bestimmt ist.
37 
Der Ansicht, dass der Bausparvertrag als Darlehensvertrag einzuordnen sei, folgt die Beklagte allerdings nicht konsequent.
38 
So lässt sie in den Fällen, in dem die Bausparer sich auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung einer Darlehensgebühr in den ABB berufen und einen Rückzahlungsanspruch nach § 812 BGB geltend machen, vortragen, der Bausparvertrag sei kein Darlehensvertrag, insbesondere sei das gesetzliche Leitbild der §§ 488 ff. BGB auf den Bausparvertrag nicht anzuwenden.
39 
Die Ansicht der Beklagten, wie der Bausparvertrag rechtlich einzuordnen sei, ist daher schwankend, je nachdem, ob sie Ansprüche abwehrt oder wie im vorliegenden Fall das Kündigungsrecht geltend macht.
a)
40 
Obwohl das Darlehensrecht grundsätzlich auf den Bausparvertrag Anwendung findet, kann sich die Beklagte in Fällen der vorliegenden Art nicht auf ein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen. Dies entspräche nach Auffassung des Gerichts nicht der Intention des Gesetzgebers, die der Schaffung der vorliegenden Norm zugrunde lag.
41 
Mit dem Gesetz zur Änderung, wirtschafts-, verbraucher-, arbeits- und sozialrechtlicher Vorschriften vom 25.07.1986 (Bundesgesetzblatt Teil 1 1986, 1169) hob der Gesetzgeber den bis dahin geltenden § 247 BGB auf und fügte § 609a BGB neu ins BGB ein. § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB bestimmte, wortgleich mit dem nun geltenden § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, dass der Schuldner ein Darlehen „in jedem Fall nach Ablauf von 10 Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Monaten“ kündigen kann.
42 
Der Gesetzesänderung zugrunde lag der Gesetzesentwurf (Drucksache 10/4741 vom 29.01.1986). Daraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber § 247 Abs. 1 BGB alte Fassung abschaffen wollte, weil eine wirtschaftlich sinnvolle, im Streitfall bestandskräftige Kündigung aufgrund dieser Norm, nach den geänderten wirtschaftlichen Verhältnissen und insbesondere der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht mehr möglich sei. Der Begründung des Entwurfes des Gesetzes zur Änderung wirtschafts- und verbraucherrechtlicher Vorschriften lässt sich entnehmen, dass nach Auffassung des Gesetzgebers § 247 Abs. 1 BGB alte Fassung dem Darlehensnehmer ein zu weitreichendes Kündigungsrecht gewährte, insbesondere wenn nach einer Phase ausgesprochen hoher Zinsen der Kapitalzins so stark abfiel, dass eine Umschuldung auf geringer verzinsliche Kredite für die Kreditnehmer rentabel wurde. Konsequenz dieses weitgehenden Kündigungsrechtes war, dass der Versicherungswirtschaft durch vorzeitig gekündigte Kredite ein Verlust von rund 1 Milliarde DM entstand.
43 
Nach der Begründung des Entwurfs war das Kündigungsrecht des Schuldners von einem Ausnahmebehelf zu einem voraussetzungslosen allgemeinen Kündigungsrecht geworden. Dies sei mit dem Wesen einer Festzinsabrede bei längerfristigen Krediten nicht zu vereinbaren. Der Entwurf bemängelte, dass der Kreditgeber bei steigenden Zinsen an einen niedrigen Vertragszins gebunden bleibe, während der Kreditnehmer bei fallenden Zinsen nach der Vorlaufzeit von 6 Monaten mit 6-monatiger Frist kündigen könne. Das Zinsänderungsrisiko sei einseitig auf den Kreditgeber verlagert und habe gesamtwirtschaftlich nachteilige Auswirkungen. Sie erschwere den professionellen Kreditgebern eine laufzeit- und zinskongruente Refinanzierung mittel- und längerfristig verzinslicher Kredite, deren Angebot zur Förderung und Finanzierung von Investitionen erwünscht sei. Die Kreditgeber müssten bei längerfristiger Vereinbarung fester Darlehenszinsen danach trachten, das sich aus § 247 BGB a.F. ergebende Risiko durch Kostenzuschläge (Disagio, Zinsen) aufzufangen.
44 
Bereits aus diesem Passus der Begründung des Gesetzesentwurfes ergibt sich, dass die Änderung im Interesse der „professionellen Kreditgeber“ zur Vermeidung gesamtwirtschaftlich nachteiliger Auswirkungen beabsichtigt war.
45 
Der Gesetzgeber hatte keinesfalls eine Darlehenskonstruktion der vorliegenden Art im Auge, wonach beim Bausparvertrag zunächst der Bausparer in der Ansparphase der Darlehensgeber und die Bausparkasse die Darlehensnehmerin ist.
46 
Die Gesetzesänderung sollte die „professionellen Kreditgeber“ stärken und keinesfalls den privaten Darlehensgeber im Bereich der Bausparverträge.
47 
Weiter ergibt sich aus der Begründung (Seite 22), dass mit der künftigen Regelung ein „maßvoll ausgestaltetes allgemeines Kündigungsrecht des Schuldners als ein wesentliches und wirksames Gegengewicht gegen das Zinsbestimmungsrecht des Gläubigers“ geschaffen werden soll. Auch aus diesem Begründungsteil ist zu erkennen, dass das Kündigungsrecht des § 609a BGB a.F. jetzt § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, nicht auf die Konstruktion des Bausparvertrages Anwendung finden kann.
48 
Zwar ist der Bausparer Darlehensgeber während der Ansparphase, im steht aber keinerlei „Zinsbestimmungsrecht“ zu. Dies liegt allein bei der Bausparkasse.
49 
Daraus lässt sich nach Auffassung des Gerichts zwanglos erkennen, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung der Norm, den „normalen“ Darlehensfall im Auge hatte, bei dem der Darlehensgeber der wirtschaftlich stärkere, „zinsbestimmende“ Vertragsteil und der Darlehensnehmer der wirtschaftlich schwächere ist. Diese Voraussetzungen sind beim Bausparvertrag gerade nicht gegeben.
50 
Weiter wird in der Begründung ausgeführt, dass nach dem Entwurf der Markt für längerfristige festverzinsliche Kredite auch solchen Geldgebern eröffnet werden solle, denen er bisher aufgrund der durch das Kündigungsrecht erschwerten „Refinanzierung“ verschlossen war. Deshalb müssten Zinsänderungsrisiken nach der vorgeschlagenen Regelung nicht mehr in die Konditionen längerfristiger, festverzinslicher Kredite einkalkuliert zu werden. Für Kreditnehmer sei daher mit einem verbesserten und breiter gefächerten Angebot insbesondere im Bereich der festverzinslichen Kredite zu rechnen.
51 
Auch diese Erklärungen weisen eindeutig darauf hin, dass der Gesetzgeber unter Kreditgeber eine Bank oder eine Versicherung verstand und unter Kreditnehmer den, so der heutige Terminus, Verbraucher.
52 
Beim Bausparvertrag ist es nicht der Bausparer, der „Konditionen längerfristiger, festverzinslicher Kredite“ zu schaffen vermag, sondern es ist die Bausparkasse. Das „breiter gefächerte Angebot, insbesondere im Bereich der festverzinslichen Kredite“ stellt nicht der Bausparer, sondern die Bausparkasse. Damit kann nach Auffassung des Gerichts kein Zweifel daran bestehen, dass der Gesetzgeber bei Schaffung der Kündigungsvorschrift des § 609a BGB a.F. nicht das Bausparvertragsverhältnis im Blick hatte.
53 
Dies ergibt sich aus einer weiteren Bemerkung im Rahmen der Begründung dieses Gesetzesentwurfes (Seite 22 vorletzter Absatz), in dem ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass es „den Geschäftsbedingungen des Kreditinstitutes vorbehalten bleibe, unter Wahrung des Grundgedankens der vorgeschlagenen Regelung zu treffen, die eine zeitliche Eingrenzung der Kündigungsbefugnis des Darlehensnehmers ermöglichen“. Hier wird sogar aus der Wortwahl des Gesetzgebers deutlich, auf welcher Seite er das „Kreditinstitut“ und auf welcher Seite den Darlehensnehmer sieht. Nach dem Grundgedanken des Gesetzes ist der “zinsbestimmende Teil“ das Kreditinstitut, welches mit den Geschäftsbedingungen das neu geschaffene Kündigungsrecht des Darlehensnehmers solle eingrenzen können.
54 
Damit steht, nach Auffassung des Gerichts, außer Frage, dass sich die Bausparkasse nicht auf das Kündigungsrecht des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen kann, weil dies den Intentionen des Gesetzgebers bei Schaffung der Vorgängernorm nicht gerecht wird.
55 
Soweit die Beklagte darauf abstellt, dass sich aus der Begründung des Gesetzesentwurfes (Seite 23) ergebe, dass die Norm auch für die Bausparkasse Anwendung finden soll, ist diese Auffassung, wie oben dargelegt, der Begründung keinesfalls zu entnehmen.
56 
Im Gegenteil lässt sich aus einem weiteren Satz in der Begründung die oben vertretene Auffassung des erkennenden Gerichtes bestärken, wonach das Kreditinstitut sich gerade nicht auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen können soll.
57 
Die beiden Sätze, die die Auffassung des genannten Gerichtes stärken, lauten wie folgt:
58 
„Der Schuldner kann die Kündigung frühestens nach Ablauf von 10 Jahren nach der Auszahlung des Darlehens und danach in jedem Zeitpunkt erklären. Um die technische Abwicklung des Vertrages und die Vorbereitung eines neuen Geschäfts zu erleichtern, hat der Schuldner eine Kündigungsfrist von 6 Monaten einzuhalten“.
59 
Wird wie vorliegend dem Bausparer von der Bausparkasse die Kündigung erklärt, gibt es für den Bausparer keine „technische Abwicklung des Vertrages“ und er vermag gegenüber dem bisherigen Darlehensnehmer auch keinesfalls die „Vorbereitung eines neuen Geschäftes“ vorzunehmen.
60 
Damit steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass nach dem Willen des Gesetzgebers bei Schaffung der Norm des § 609a BGB a.F. der Bausparvertrag und die darin zum Ausdruck kommenden Parteirollen, Darlehensnehmer (Bausparkasse) und Darlehensgeber (Bausparer) nicht erfasst werden sollte.
61 
Bereits diese Überlegungen führen dazu, die Kündigung der Beklagten vom 12.01.2015 als unwirksam zu betrachten.
b)
62 
Darüberhinaus ist jedoch, selbst wenn man § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu Gunsten der Bausparkasse für anwendbar halten wollte, im vorliegenden Fall ein Tatbestandsmerkmal der Norm nicht erfüllt.
63 
Vorab sei nochmal auf die oben erwähnte Begründung zum Gesetzesentwurf (Seite 23) verwiesen. Der Gesetzgeber wollte das Kündigungsrecht dem Darlehensschuldner nach Ablauf von 10 Jahren nach der Auszahlung des Darlehens gewähren.
64 
In § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist dies so formuliert, dass dem Darlehensnehmer nach „dem vollständigen Empfang“ das Kündigungsrecht zustehen soll.
65 
Sowohl nach dem Wortlaut des Gesetzes als auch nach der oben angeführten Begründung des Gesetzentwurfes ist nach Auffassung des Gerichts der vollständige Empfang im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB keinesfalls mit der Zuteilungsreife des Darlehensvertrages gleichzusetzen, wie dies bisher in der Rechtsprechung geschehen ist.
66 
So haben das Landgericht Mainz (WM 2015, 181 ff., zitiert nach Juris), das Landgericht Hannover (Urteil vom 30.06.2015, AZ 14 O 55/15, zitiert nach Juris) und das Landgericht Aachen (Urteil vom 19.05.2015, AZ 10 O 404/14, zitiert nach Juris) jeweils ausgeführt, dass „in einem Bausparfall der vollständige Empfang der Darlehensvaluta im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB der eintretenden Zuteilungsreife“ gleichzusetzen sei.
67 
Das Landgericht Aachen führte aus, dass sich die Anwendung der Norm aus ihrem Sinn und Zweck ergebe, weil § 489 BGB einen Interesseausgleich schaffen solle und den Darlehensnehmer vor überlangen Bindungen an festgelegte Zinssätze schützen wolle. Es sollten marktgerechte Zinsen ermöglicht werden.
68 
Abgesehen davon, dass, wie oben ausgeführt, Sinn und Zweck der Norm gerade nicht die Bausparkasse umfasst, ist dies nach Auffassung des Gerichts keine tragfähige Begründung dafür, dass der vollständige Empfang eines Darlehens gleichgesetzt werden kann mit der Zuteilungsreife des Bausparvertrags.
69 
Das Landgericht Mainz bemüht die „strukturellen Eigenheiten des Bausparvertrages“, um den Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife mit dem vollständigen Empfang im Sinn der Vorschrift gleichzusetzen.
70 
Wenn schon das Darlehensrecht direkt auf den Bausparvertrag Anwendung finden soll, dann ist es nicht zu begründen, dass einseitig zu Gunsten eines Vertragspartners, nämlich der Bausparkasse, der eindeutige Wortlaut der Gesetzesnorm zu Lasten des anderen Vertragsteiles ausgehöhlt wird.
71 
Soweit das Landgericht Mainz in diesem Zusammenhang noch ausführt, dass sich der Bausparer nicht auf den Grundsatz berufen könne, Verträge seien grundsätzlich einzuhalten, da er selbst durch die Nichtannahme der Zuteilung dem Vertragszweck zuwider gehandelt habe, ist dies unverständlich und mit Sicherheit nicht mit den „strukturellen Eigenheiten des Bausparvertrages“ in Einklang zu bringen.
72 
Es besteht zwischen den Parteien Einigkeit, dass der Bausparer niemals verpflichtet ist, ein Darlehen in Anspruch zu nehmen, wenn auch § 1 der ABB 7 den Vertragszweck in der Erlangung eines Bauspardarlehens sieht.
73 
Die Nichtannahme der Zuteilung kann daher keinesfalls als vertragswidriges Verhalten des Bausparers gewertet werden.
74 
Soweit das Landgericht Hannover die Gleichsetzung des vollständigen Empfangs der Darlehensvaluta mit der Zuteilungsreife annimmt, begründet es dies ebenfalls mit der „besonderen Konstruktion des Bausparvertrages“.
75 
Zwar hebt im Unterschied zum Landgericht Mainz das Landgericht Hannover hervor, dass es dem Bausparer grundsätzlich frei stehe, das Darlehens nach Zuteilungsreife abzurufen, hält aber gleichwohl aufgrund Sinn und Zweck der Norm ihre Anwendung für gerechtfertigt.
76 
Das Landgericht Hannover bezieht sich auf Systematik und Entstehungsgeschichte sowie Ratio der Vorschrift und nimmt zur Begründung Bezug auf die Bundestagsdrucksache 16/11 643 Seite 74.
77 
Hierbei handelt es sich um die Begründung der Bundesregierung zudem Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 21.01.2009.
78 
In der Begründung wird auf Seite 74 ausgeführt, dass die Änderungen des § 489 BGB lediglich redaktionellen und systematischen Anpassungen der Zinsregelungen dienen sollen.
79 
Ferner wird in der Begründung ausgeführt, dass für „Verbraucherdarlehen“ die Kündigungsmöglichkeiten des Darlehensnehmers in § 500 BGB geregelt würden.
80 
Gleichzeitig werde das Wort „Auszahlung“ durch das Wort „Empfang“ ersetzt.
81 
Zwar wird in den §§ 491 ff. BGB der Verbraucherdarlehensvertrag speziell geregelt, jedoch übersieht das Landgericht Hannover, dass § 500 BGB nicht auf Immobiliardarlehensverträge anzuwenden ist (§ 503 BGB).
82 
Der Bausparvertrag ist aber unstreitig ein Immobiliardarlehensvertrag im Sinn des § 503 BGB, sodass nach wie vor die oben zitierte Gesetzesbegründung zu § 609a BGB a.F. für die Auslegung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB heranzuziehen ist.
83 
Die Bundestagsdrucksache 16/11 643, Seite 74 enthält keinesfalls eine neue Begründung für Sinn und Zweck dieser Kündigungsvorschrift.
84 
Damit ist, wenn man so weit gehen wollte und § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB für Bausparverträge für anwendbar hält, festzustellen, was unter „vollständigem Empfang“ im Sinn dieser Norm gemeint ist.
85 
Es ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, dass damit nur die vollständige Valutierung, also Auszahlung des vereinbarten Darlehens gemeint sein kann. Gestützt wird dies durch die Begründung des Gesetzesentwurfes (Bundestagsdrucksache 10/4741, Seite 23), wie oben ausgeführt.
86 
Nachdem der Gesetzgeber bei Schaffung dieser Norm vom „normalen“ Darlehensvertrag ausging, ergibt es sich von selbst, dass die Darlehenssumme, die der Kreditgeber gewähren soll, vertraglich festgelegt ist. Dieser „Normalfall“ des Darlehens ist beim Bausparvertrag gerade nicht gegeben. Zwar ist der Bausparer in der Ansparphase Darlehensgeber und die Bausparkasse Darlehensnehmerin, jedoch ist im Bausparvertrag die vom Darlehensgeber „geschuldete“ Darlehenssumme mit keinem Wort festgelegt. Im Bausparvertrag geregelt ist lediglich die Bausparsumme und ermittelbar ist festgelegt die Zuteilungsreife. Die Zuteilungsreife ist der Zeitpunkt, zu dem der bisherige Darlehensgeber den „Rollentausch“ vornehmen kann, um sich in die Darlehensnehmerrolle zu begeben.
87 
Damit ist vertraglich eine bestimmte Darlehenssumme, die der Darlehensgeber der Ansparphase, also der Bausparer, an die Bausparkasse zu zahlen hat, nicht ausgewiesen.
88 
Auch daraus ergibt sich, dass die Gesetzesnorm des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gerade nicht auf den Bausparvertrag zugeschnitten wurde.
89 
Soweit in diesem Zusammenhang die Beklagte darauf hinweist, dass mit Eintritt der Zuteilungsreife es allein beim Bausparer liege, seinen Anspruch auf Erhalt der Bausparsumme zu begründen, ist dies, betrachtet man die ABB 7, keinesfalls zutreffend.
90 
Auch nach der Zuteilungsreife liegt es in der Entscheidungsfreiheit der Bausparkasse, das Darlehen zu gewähren. Dies folgt aus § 13 Abs. 4, 15 ABB. Vor Gewährung des Darlehens hat die Bausparkasse das Recht, eine Bonitätsprüfung durchzuführen, sowie weitere Darlehenssicherheiten zu verlangen. Kommt der Bausparer dem nicht nach, wird das zugeteilte Bauspardarlehen nicht ausgezahlt.
91 
Auch stehen weitere Regelungen der ABB 7 der Auffassung entgegen, Zuteilungsreife sei mit vollständigem Empfang gleichzusetzen:
92 
Aus § 2 Abs. 3 ABB ergibt sich, dass sogar der Fall, dass die Zahlungen des Bausparers die Bausparsumme übersteigen zur Regelung vorgesehen ist. Auch diese Beiträge, die überobligationsmäßig über die vereinbarte Bausparsumme eingezahlt werden, sind von der Bausparkasse zu verzinsen.
93 
In § 5 Abs. 1 ABB legt die Beklagte Regelsparbeiträge fest. Auch diese sind keinesfalls limitiert bis zur Zeit der Zuteilungsreife, sondern in dieser Regelung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bis zur ersten Auszahlung der zugeteilten Bausparsumme die Regelsparbeiträge monatlich zu leisten sind. Das heißt, die Beklagte fordert geradezu über den Zuteilungszeitpunkt hinaus die Einzahlung von Sparbeiträgen. Wäre sie bei Abfassung des Vertrages im Jahr 1988 der Auffassung gewesen, die Zuteilungsreife entspräche dem vollständigen Empfang im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, hätte es nahegelegen, eine Regelung einzufügen, wonach das weitere Besparen ab der Zuteilungsreife nicht mehr möglich ist. Die Beklagte hat nicht nur diesen Weg nicht gewählt, sondern im Gegenteil, den weiteren Regelsparbeitrag eingefordert.
94 
Darüberhinaus gewährt § 5 Abs. 3 ABB der Bausparkasse sogar das Recht zur Kündigung, wenn der Bausparer mit mehr als 6 Regelsparbeiträgen rückständig ist.
95 
Aus § 14 ABB ergibt sich, dass die Beklagte bei Vertragsschluss im Jahr 1988 keinesfalls davon ausging, dass der vollständige Empfang im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 mit der Zuteilungsreife gleichzusetzen sei. § 14 Abs. 1 ABB gewährt dem Bausparer nicht nur das Recht, die Zuteilung nicht anzunehmen, sondern regelt ausdrücklich die Fortsetzung des Bausparvertrages für den Fall, dass der Bausparer die Annahmeerklärung nicht fristgemäß abgibt.
96 
Aus dieser Norm ergibt sich, dass es im Interesse der Beklagten lag, nach Zuteilungsreife den Bausparvertrag fortzusetzen und der Bausparer diesen regelmäßig bespart. Dass die nun eingetretene wirtschaftliche Veränderung, wonach der Kapitalzins ins „Bodenlose“ fiel, zu einer anderen Auslegung des Vertrages oder der Norm führen könnte, ist nicht ersichtlich.
97 
Letztlich sei noch anzufügen, dass die Beklagte in der Vergangenheit die Nichtannahme der Zuteilung, also das Unterlassen der Darlehensaufnahme, durch Zahlung eines erheblichen Bonuszinses honorierte.
98 
Abgesehen von dem eindeutigen Wortlaut der Norm des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB stützen diese Erwägungen und die von der Beklagten selbst geschaffenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Auffassung, dass vollständiger Empfang und Zuteilungsreife nicht ein und dasselbe sein können.
99 
Damit ist nach Auffassung des Gericht die Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB für den vorliegenden Fall nicht möglich, mit der Folge, dass die Kündigung vom 12.01.2015, die sich ausschließlich auf diese Norm stützte, unwirksam ist.
100 
Diese Auffassung ist im Übrigen auch in Einklang zu bringen mit der eingangs zitierten Entscheidung des OLG Stuttgart vom 14.10.2011, worin ausgeführt wurde, dass die Bausparkasse den Bausparvertrag nicht kündigen dürfe, wenn sie dadurch dem Bausparer den Anspruch auf das Tilgungsdarlehen entziehe (OLG Stgt. Beschluss vom 14.10.2011, 9 U 151/11, RZ 10, zitiert nach Juris).
101 
Das OLG Stuttgart sah das Kündigungsrecht der Bausparkasse allerdings nach § 488 Abs. 3 BGB dann als gegeben an, wenn die vereinbarte Bausparsumme vollständig erreicht ist.
102 
Vorliegend ist die Bausparsumme von 20.451,68 EUR zum Zeitpunkt der Kündigung am 12.01.2015 nicht gegeben gewesen, sodass die Bausparkasse nicht zur Kündigung berechtigt war.
103 
Der Klage war daher bezüglich der Hauptsache in vollem Umfang stattzugeben.
104 
Bezüglich der geltend gemachten Nebenforderungen, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, war die Klage allerdings abzuweisen, da es diesbezüglich an einer Anspruchsgrundlage mangelt.
105 
Der Kläger begründet seinen Anspruch mit einem pflichtwidrigen Verhalten der Beklagten bei Ausspruch der Kündigung und nimmt Bezug auf die Rechtsprechung des BGH, zitiert bei Palandt-Grüneberg, § 280 RZ 26.
106 
Dazu hat der BGH ausgeführt, dass ein Vermieter, der schuldhaft eine materiell unbegründete Kündigung ausspreche, und auf diese Weise dem Mieter sein Besitzrecht grundlos streitig mache, vertragliche Nebenpflichten aus dem Mietvertrag verletze. Der vom BGH entschiedene Fall ist keinesfalls mit dem vorliegenden zu vergleichen.
107 
Heranzuziehen für die Frage, ob ein materiell rechtlicher Kostenerstattungsanspruch eines in Anspruch genommenen hinsichtlich der für die außergerichtliche Abwehr des Anspruchs aufgewendeten Anwaltskosten bestehe, ist vielmehr die Entscheidung des BGH vom 12.12.2006 (Az: VI ZR 224/05 in NJW 2007, 1458 ff., zitiert nach Juris).
108 
Dort führt der BGH aus, dass der materielle Kostenerstattungsanspruch voraussetzt, dass eine materiell rechtliche Anspruchsgrundlage erfüllt sei. Dabei könne ein materiell rechtlicher Kostenerstattungsanspruch sich aus Vertrag, Verzug, positiver Vertragsverletzung, Culpa in Contrahendo oder Geschäftsführung ohne Auftrag bzw. Delikt ergeben.
109 
Nachdem die Beklagte ihren Anspruch auf Bestehen eines Kündigungsrechtes nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf mehrere landgerichtliche Urteile stützen kann, kann selbstredend nicht davon gesprochen werden, dass sie sich bei Ausübung der Kündigung einer positiven Vertragsverletzung schuldig gemacht habe.
110 
Wie der BGH ausführt, gehört es zum allgemeinen Lebensrisiko mit unberechtigten Ansprüche konfrontiert zu werden. Es gebe keinen generellen Kostenerstattungsanspruch gegen denjenigen, der sich unberechtigt eines Rechtes berühmt. Es müssten die Voraussetzungen einer speziellen Haftungsnorm vorliegen. Diese, insbesondere § 280 BGB ist nach Auffassung des Gerichts vorliegend nicht gegeben. Ein materiell rechtlicher Kostenerstattungsanspruch des Klägers auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten besteht nicht.
111 
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
112 
Gem. dem Beschluss des LG Stuttgart vom 29.05.2015 (AZ 12 O 150/15) richtet sich der Streitwert nach §§ 48 I GKG, 3, 9 ZPO.
113 
Es ist der 3,5-fache Wert des Jahresbetrags zuzüglich Bonuszins (hier 80 %) zugrunde zu legen, abzüglich 20 % (Feststellungsklage).

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

(1) Bausparkassen sind Kreditinstitute, deren Geschäftsbetrieb darauf gerichtet ist, Einlagen von Bausparern (Bauspareinlagen) entgegenzunehmen und aus den angesammelten Beträgen den Bausparern für wohnungswirtschaftliche Maßnahmen Gelddarlehen (Bauspardarlehen) zu gewähren (Bauspargeschäft). Das Bauspargeschäft darf nur von Bausparkassen betrieben werden.

(2) Bausparer ist, wer mit einer Bausparkasse einen Vertrag schließt, durch den er nach Leistung von Bauspareinlagen einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens erwirbt (Bausparvertrag). Ein Bausparvertrag kann auch als Altersvorsorgevertrag im Sinne des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1310, 1322), zuletzt geändert durch Artikel 2 Absatz 8 des Gesetzes vom 1. April 2015 (BGBl. I S. 434), in der jeweils geltenden Fassung abgeschlossen werden. Jeder Bausparer einer Bausparkasse ist Mitglied einer Zweckspargemeinschaft (Kollektiv).

(3) Wohnungswirtschaftliche Maßnahmen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die Errichtung, Beschaffung, Erhaltung und Verbesserung von überwiegend zu Wohnzwecken bestimmten Gebäuden und von Wohnungen, insbesondere von Eigenheimen und Eigentumswohnungen, sowie der Erwerb von Rechten zur dauernden Nutzung von Wohnraum,
2.
die Errichtung, Beschaffung, Erhaltung und Verbesserung von anderen Gebäuden, soweit sie Wohnzwecken dienen,
3.
der Erwerb von Bauland und Erbbaurechten zur Errichtung von überwiegend zu Wohnzwecken bestimmten Gebäuden,
4.
der Erwerb von Bauland und Erbbaurechten zur Errichtung anderer Gebäude hinsichtlich des Anteils, der dem Verhältnis des zu Wohnzwecken bestimmten Teils des auf dem Grundstück zu errichtenden Gebäudes zum Gesamtgebäude entspricht,
5.
Maßnahmen zur Erschließung und zur Förderung von Wohngebieten,
6.
die Ablösung von Verbindlichkeiten, die zur Durchführung von Maßnahmen nach den Nummern 1 bis 5 eingegangen worden sind,
7.
die Ablösung von Verbindlichkeiten, die auf einem überwiegend Wohnzwecken dienenden Grundstück ruhen.
Als wohnungswirtschaftliche Maßnahmen gelten die Ablösung von Verbindlichkeiten, die zur Leistung von Bauspareinlagen eingegangen worden sind, sowie gewerbliche Bauvorhaben und der Erwerb gewerblicher Bauwerke, wenn sie dazu bestimmt sind, zur Versorgung von Wohngebieten beizutragen.

(4) Die kollektiv bedingte Zinsspanne ist der Quotient aus dem kollektiv bedingten Zinsüberschuss und dem Jahresdurchschnittsbestand an Bauspareinlagen. Der kollektiv bedingte Zinsüberschuss ist die Summe der Erträge aus Bauspardarlehen und der nicht in Bauspardarlehen angelegten Bauspareinlagen abzüglich des Zinsaufwands für Bauspareinlagen.

(5) Zuteilung ist die Bereitstellung des Bausparguthabens und des Bauspardarlehens aus der zur Verfügung stehenden Zuteilungsmasse nach Erreichen der vertraglich vereinbarten Zuteilungsvoraussetzungen.

(6) Zuteilungsmasse ist die Summe aus den Bauspareinlagen, den Mitteln, die zur Gewährung von Bauspardarlehen zugeführt worden sind, und dem Fonds zur bauspartechnischen Absicherung im Sinne des § 6 Absatz 2, abzüglich der Summe der gewährten Bauspardarlehen.

(7) Kollektivmittel sind die Summe aus Bauspareinlagen und dem Fonds zur bauspartechnischen Absicherung im Sinne des § 6 Absatz 2.

(8) Wartezeit ist der Zeitraum vom Beginn des Bausparvertrages bis zur Zuteilung.

(9) Aufsichtsbehörde ist die Behörde im Sinne des § 1 Absatz 5 des Kreditwesengesetzes.

(10) Das Recht der Länder, den öffentlich-rechtlichen Bausparkassen besondere Aufgaben für den Wohnungsbau oder sonstige öffentliche Aufgaben zu übertragen, bleibt unberührt.

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.

(2) Die vereinbarten Zinsen sind, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nach dem Ablauf je eines Jahres und, wenn das Darlehen vor dem Ablauf eines Jahres zurückzuzahlen ist, bei der Rückzahlung zu entrichten.

(3) Ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, dass der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer kündigt. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. Sind Zinsen nicht geschuldet, so ist der Darlehensnehmer auch ohne Kündigung zur Rückzahlung berechtigt.

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.

(2) Die vereinbarten Zinsen sind, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nach dem Ablauf je eines Jahres und, wenn das Darlehen vor dem Ablauf eines Jahres zurückzuzahlen ist, bei der Rückzahlung zu entrichten.

(3) Ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, dass der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer kündigt. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. Sind Zinsen nicht geschuldet, so ist der Darlehensnehmer auch ohne Kündigung zur Rückzahlung berechtigt.

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass der mit der Beklagten abgeschlossene Bausparvertrag des Klägers mit der Vertragsnummer 28 076 8340 vom 19.05.1988 über den 24.07.2015 hinaus fortbesteht.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 1.947,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass ein mit der Beklagten bestehender Bausparvertrag nicht aufgrund der Kündigung der Beklagten vom 12.01.2015 (Bl. 35 d.A.) beendet wurde sondern fortbesteht.
Mit Antrag vom 09.05.1988 begehrte der Kläger den Abschluss eines Bausparvertrages nach Tarif (ABB) 7 (K1/Bl. 12 d.A.). Die Beklagte nahm den Antrag an und bestätigte das Bestehen eines Bausparvertrages mit der Vertragsnummer 28 076 8340, Tarif 7 mit Vertragsbeginn 19.05.1988 und einer Bausparsumme von 50.000 DM (K2/Bl. 14 d.A.).
In der Folge (17.02.1993, Bl. 15/K3) wurde der Bausparvertrag in zwei Teilverträge aufgeteilt mit den Bausparsummen 40.000 DM und 10.000 DM. Der Bausparvertrag über die Summe von 10.000 DM (Vertragsnummer 41 047 9923) wurde zum 01.07.1993 abgerechnet und an den Kläger ausbezahlt.
Dem Bausparvertrag lagen die Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB 7) für Abschlüsse bis 31.12.1988 zu Grunde (Anlage K15/Bl. 17-29 d.A.). Darin finden sich u.a. folgende Bedingungen:
§1 Abs. 1
Der Abschluss des Bausparvertrages dient der Erlangung eines unkündbaren, in der Regel zweitstellig zu sichernden Tilgungsdarlehens (Bauspardarlehen) aufgrund planmäßiger Sparleistungen nach Maßgabe dieser allgemeinen Bedingungen.
§ 2 Abs. 3
Beträge, die die Bausparsumme übersteigen, werden für die Verzinsung zunächst wie das Bausparguthaben behandelt.....
§ 5 Abs. 1
Der monatliche Bausparbeitrag beträgt 5 vom Tausend der Bausparsumme (Regelsparbeitrag), er ist bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme zum 1. jeden Monats kostenfrei an die Bausparkasse zu entrichten.
§ 6 Abs. 1
Das Bausparguthaben wird mit 2,5 vom Hundert jährlich verzinst. Die Verzinsung des Bausparguthabens erhöht sich um einen Zinsbonus von 80 vom Hundert der Guthabenzinsen.
§ 6 Abs. 2
Die Verzinsung beginnt für Sparzahlungen mit dem auf den Zahlungseingang folgenden Monatsersten. Die Verzinsung des Bausparguthabens endet mit der ersten Auszahlung nach der Zuteilung.
10 
§ 12 Abs. 1
Die Zuteilung wird dem Bausparer unverzüglich schriftlich mitgeteilt mit der Aufforderung, binnen 4 Wochen ab Datum der Zuteilung zu erklären, ob er die Zuteilung annimmt.
11 
§ 14 Abs. 1
Nimmt der Bausparer die Zuteilung nicht an oder gibt er die Annahmeerklärung nicht fristgemäß ab oder wird die Annahme der Zuteilung widerrufen, so wird der Bausparvertrag fortgesetzt.
12 
Mit einem Schreiben ohne Datum teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sein Bausparvertrag - 28 076 8340 - am 01.07.2002 zugeteilt werde (K6/Bl. 32 d.A.). Mit Schreiben vom 15.07.2013 (Anlage K7/Bl. 33 d.A.) erklärte die Beklagte u.a. „selbstverständlich können Sie Ihren Bausparvertrag auch bestehen lassen, jedoch weisen wir Sie darauf hin, dass sich mit jeder weiteren Einzahlung Ihr Darlehensanspruch verringert“.
13 
Das Bausparguthaben belief sich, Stand 31.12.2014, auf 15.457,78 EUR (K8/Bl. 34 d.A.).
14 
Mit Schreiben vom 12.01.2015 (K9/Bl. 35 d.A.) kündigte die Beklagte unter Hinweis auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB den Bausparvertrag zum 24.07.2015.
15 
Der Kläger trägt vor, die Beklagte habe kein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, da Bausparverträge im Sinn des Bausparkassengesetzes keine Darlehen im Sinn des § 488 BGB seien.
16 
Im Übrigen sei diese Norm schuldnerschützend, als Ausgleich zum Zinsbestimmungsrecht des Darlehensgebers. Dieses Zinsbestimmungsrecht obliege vorliegend aber der Beklagten und nicht dem Kläger.
17 
Überdies sei ein eventuelles Kündigungsrecht verwirkt, da die Beklagte von der Zuteilung im Jahr 2012 bis zum Jahr 2015 mit der Kündigung abgewartet habe.
18 
Schließlich habe die Beklagte mit Schreiben vom 15.07.2013 auch erklärt, der Kläger könne seinen Bausparvertrag selbstverständlich bestehen lassen. Mit der jetzigen Kündigung verhalte sich die Beklagte treuwidrig im Hinblick auf die zuvor übersandte Äußerung.
19 
Zudem bestehe keine Verpflichtung zur Inanspruchnahme des Bauspardarlehens.
20 
Überdies gebiete § 5 Abs. 3 Nr. 7 des Bausparkassengesetzes, dass die allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge Bestimmungen enthalten müssten, über die Bedingungen, nach denen ein Bausparvertrag gekündigt werden könne.
21 
Die ABB hätten gegenüber den gesetzlichen Regelungen Vorrang. Für den vorliegenden Fall sei in den ABB keine Bestimmung enthalten.
22 
Der Kläger stellt folgende Anträge:
23 
1. Es ist festzustellen, dass der mit der Beklagten abgeschlossene Bausparvertrag des Klägers mit der Vertragsnummer 28 076 8340 vom 19.05.1988 über den 24.07.2015 fortbesteht;
24 
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 564,66 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
25 
Die Beklagte beantragt Klagabweisung.
26 
Sie stellt darauf ab, dass Vertragszweck des Bausparvertrages die Erlangung eines Bauspardarlehens sei. Zweck des Bausparvertrages sei nicht die dauerhaft zinsgünstige Anlage von Geld. Der Bausparvertrag sei ein einheitlicher Darlehensvertrag mit vertauschten Rollen nach Inanspruchnahme des Bauspardarlehens. Während der Ansparphase sei die Beklagte Darlehensnehmerin. Der Bausparvertrag sei ein normaler Darlehensvertrag und unterliege den darlehensvertraglichen Bestimmungen der §§ 488 ff. BGB. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB sei daher auch für die Beklagte anwendbar, da er nicht nur beschränkt sei auf Verbraucher. Der Schutzgedanke dieser Vorschrift, den Darlehensnehmer nicht an Zinsen zu binden, die nicht mehr den Marktbedingungen entsprechen, gelte auch und gerade für Kreditinstitute, was sich der Gesetzesbegründung zu § 609a BGB - alte Fassung - entnehmen lasse. Soweit § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB den „vollständigen Empfang“ des Darlehens voraussetze, sei aufgrund der strukturellen Eigenheiten des Bausparvertrages davon auszugehen, dass mit Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife des Bausparvertrages die Bausparkasse das Darlehen des Bausparers vollständig empfangen habe.
27 
Bezüglich des weiteren Partei- und Sachvortrags wird auf die Akte und die darin befindlichen Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
28 
Die zulässige Klage ist begründet.
1.
29 
Die Klage ist gem. § 256 Abs. 1 ZPO zulässig.
30 
Die Parteien streiten sich um den Fortbestand des am 19.05.1988 geschlossenen Bausparvertrages.
31 
Gem. § 256 Abs. 1 ZPO kann die Feststellungsklage auf Bestehen eines Rechtsverhältnisses gerichtet werden. Rechtsverhältnis ist jedes Schuldverhältnis zwischen den Parteien, insbesondere die Frage der Wirksamkeit, Auslegung oder Beendigung eines Vertrages (Zöller-Greger, ZPO Kommentar, § 256 RZ 4). Nachdem vorliegend die Beklagte die Beendigung des Vertrages behauptet und dem Kläger die Durchsetzung seiner subjektiven Rechte durch Leistungsurteil oder eine Rechtsänderung durch Gestaltungsurteil nicht möglich ist, ist die positive Feststellungsklage zulässig.
2.
32 
Die Klage ist begründet.
33 
Der Bausparvertrag besteht zwischen den Parteien fort.
34 
Die Kündigung der Beklagten vom 12.01.2015 vermochte das Vertragsverhältnis nicht zu beenden, da der Beklagten ein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht zur Seite steht.
35 
Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmer nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist weder nach Sinn und Zweck der Vorschrift auf eine Kündigung durch die Bausparkasse anwendbar (a), noch sind die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm im vorliegenden Fall gegeben (b).
36 
Der Entscheidung des OLG Stuttgart vom 14.10.2011 (Beschluss AZ 9 U 151/11, WM 2013, 508 ff., zitiert nach Juris) folgend schließt sich das Gericht der Rechtsauffassung der Beklagten an, wonach es sich bei dem Bausparvertrag um einen einheitlichen Darlehensvertrag handelt mit der Besonderheit, dass Bausparkasse und Bausparer mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre jeweiligen Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer tauschen. Die Einlagen des Bausparers stellen daher ein Darlehen an die Bausparkasse dar, für dessen Rückerstattung eine Zeit nicht bestimmt ist.
37 
Der Ansicht, dass der Bausparvertrag als Darlehensvertrag einzuordnen sei, folgt die Beklagte allerdings nicht konsequent.
38 
So lässt sie in den Fällen, in dem die Bausparer sich auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung einer Darlehensgebühr in den ABB berufen und einen Rückzahlungsanspruch nach § 812 BGB geltend machen, vortragen, der Bausparvertrag sei kein Darlehensvertrag, insbesondere sei das gesetzliche Leitbild der §§ 488 ff. BGB auf den Bausparvertrag nicht anzuwenden.
39 
Die Ansicht der Beklagten, wie der Bausparvertrag rechtlich einzuordnen sei, ist daher schwankend, je nachdem, ob sie Ansprüche abwehrt oder wie im vorliegenden Fall das Kündigungsrecht geltend macht.
a)
40 
Obwohl das Darlehensrecht grundsätzlich auf den Bausparvertrag Anwendung findet, kann sich die Beklagte in Fällen der vorliegenden Art nicht auf ein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen. Dies entspräche nach Auffassung des Gerichts nicht der Intention des Gesetzgebers, die der Schaffung der vorliegenden Norm zugrunde lag.
41 
Mit dem Gesetz zur Änderung, wirtschafts-, verbraucher-, arbeits- und sozialrechtlicher Vorschriften vom 25.07.1986 (Bundesgesetzblatt Teil 1 1986, 1169) hob der Gesetzgeber den bis dahin geltenden § 247 BGB auf und fügte § 609a BGB neu ins BGB ein. § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB bestimmte, wortgleich mit dem nun geltenden § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, dass der Schuldner ein Darlehen „in jedem Fall nach Ablauf von 10 Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Monaten“ kündigen kann.
42 
Der Gesetzesänderung zugrunde lag der Gesetzesentwurf (Drucksache 10/4741 vom 29.01.1986). Daraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber § 247 Abs. 1 BGB alte Fassung abschaffen wollte, weil eine wirtschaftlich sinnvolle, im Streitfall bestandskräftige Kündigung aufgrund dieser Norm, nach den geänderten wirtschaftlichen Verhältnissen und insbesondere der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht mehr möglich sei. Der Begründung des Entwurfes des Gesetzes zur Änderung wirtschafts- und verbraucherrechtlicher Vorschriften lässt sich entnehmen, dass nach Auffassung des Gesetzgebers § 247 Abs. 1 BGB alte Fassung dem Darlehensnehmer ein zu weitreichendes Kündigungsrecht gewährte, insbesondere wenn nach einer Phase ausgesprochen hoher Zinsen der Kapitalzins so stark abfiel, dass eine Umschuldung auf geringer verzinsliche Kredite für die Kreditnehmer rentabel wurde. Konsequenz dieses weitgehenden Kündigungsrechtes war, dass der Versicherungswirtschaft durch vorzeitig gekündigte Kredite ein Verlust von rund 1 Milliarde DM entstand.
43 
Nach der Begründung des Entwurfs war das Kündigungsrecht des Schuldners von einem Ausnahmebehelf zu einem voraussetzungslosen allgemeinen Kündigungsrecht geworden. Dies sei mit dem Wesen einer Festzinsabrede bei längerfristigen Krediten nicht zu vereinbaren. Der Entwurf bemängelte, dass der Kreditgeber bei steigenden Zinsen an einen niedrigen Vertragszins gebunden bleibe, während der Kreditnehmer bei fallenden Zinsen nach der Vorlaufzeit von 6 Monaten mit 6-monatiger Frist kündigen könne. Das Zinsänderungsrisiko sei einseitig auf den Kreditgeber verlagert und habe gesamtwirtschaftlich nachteilige Auswirkungen. Sie erschwere den professionellen Kreditgebern eine laufzeit- und zinskongruente Refinanzierung mittel- und längerfristig verzinslicher Kredite, deren Angebot zur Förderung und Finanzierung von Investitionen erwünscht sei. Die Kreditgeber müssten bei längerfristiger Vereinbarung fester Darlehenszinsen danach trachten, das sich aus § 247 BGB a.F. ergebende Risiko durch Kostenzuschläge (Disagio, Zinsen) aufzufangen.
44 
Bereits aus diesem Passus der Begründung des Gesetzesentwurfes ergibt sich, dass die Änderung im Interesse der „professionellen Kreditgeber“ zur Vermeidung gesamtwirtschaftlich nachteiliger Auswirkungen beabsichtigt war.
45 
Der Gesetzgeber hatte keinesfalls eine Darlehenskonstruktion der vorliegenden Art im Auge, wonach beim Bausparvertrag zunächst der Bausparer in der Ansparphase der Darlehensgeber und die Bausparkasse die Darlehensnehmerin ist.
46 
Die Gesetzesänderung sollte die „professionellen Kreditgeber“ stärken und keinesfalls den privaten Darlehensgeber im Bereich der Bausparverträge.
47 
Weiter ergibt sich aus der Begründung (Seite 22), dass mit der künftigen Regelung ein „maßvoll ausgestaltetes allgemeines Kündigungsrecht des Schuldners als ein wesentliches und wirksames Gegengewicht gegen das Zinsbestimmungsrecht des Gläubigers“ geschaffen werden soll. Auch aus diesem Begründungsteil ist zu erkennen, dass das Kündigungsrecht des § 609a BGB a.F. jetzt § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, nicht auf die Konstruktion des Bausparvertrages Anwendung finden kann.
48 
Zwar ist der Bausparer Darlehensgeber während der Ansparphase, im steht aber keinerlei „Zinsbestimmungsrecht“ zu. Dies liegt allein bei der Bausparkasse.
49 
Daraus lässt sich nach Auffassung des Gerichts zwanglos erkennen, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung der Norm, den „normalen“ Darlehensfall im Auge hatte, bei dem der Darlehensgeber der wirtschaftlich stärkere, „zinsbestimmende“ Vertragsteil und der Darlehensnehmer der wirtschaftlich schwächere ist. Diese Voraussetzungen sind beim Bausparvertrag gerade nicht gegeben.
50 
Weiter wird in der Begründung ausgeführt, dass nach dem Entwurf der Markt für längerfristige festverzinsliche Kredite auch solchen Geldgebern eröffnet werden solle, denen er bisher aufgrund der durch das Kündigungsrecht erschwerten „Refinanzierung“ verschlossen war. Deshalb müssten Zinsänderungsrisiken nach der vorgeschlagenen Regelung nicht mehr in die Konditionen längerfristiger, festverzinslicher Kredite einkalkuliert zu werden. Für Kreditnehmer sei daher mit einem verbesserten und breiter gefächerten Angebot insbesondere im Bereich der festverzinslichen Kredite zu rechnen.
51 
Auch diese Erklärungen weisen eindeutig darauf hin, dass der Gesetzgeber unter Kreditgeber eine Bank oder eine Versicherung verstand und unter Kreditnehmer den, so der heutige Terminus, Verbraucher.
52 
Beim Bausparvertrag ist es nicht der Bausparer, der „Konditionen längerfristiger, festverzinslicher Kredite“ zu schaffen vermag, sondern es ist die Bausparkasse. Das „breiter gefächerte Angebot, insbesondere im Bereich der festverzinslichen Kredite“ stellt nicht der Bausparer, sondern die Bausparkasse. Damit kann nach Auffassung des Gerichts kein Zweifel daran bestehen, dass der Gesetzgeber bei Schaffung der Kündigungsvorschrift des § 609a BGB a.F. nicht das Bausparvertragsverhältnis im Blick hatte.
53 
Dies ergibt sich aus einer weiteren Bemerkung im Rahmen der Begründung dieses Gesetzesentwurfes (Seite 22 vorletzter Absatz), in dem ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass es „den Geschäftsbedingungen des Kreditinstitutes vorbehalten bleibe, unter Wahrung des Grundgedankens der vorgeschlagenen Regelung zu treffen, die eine zeitliche Eingrenzung der Kündigungsbefugnis des Darlehensnehmers ermöglichen“. Hier wird sogar aus der Wortwahl des Gesetzgebers deutlich, auf welcher Seite er das „Kreditinstitut“ und auf welcher Seite den Darlehensnehmer sieht. Nach dem Grundgedanken des Gesetzes ist der “zinsbestimmende Teil“ das Kreditinstitut, welches mit den Geschäftsbedingungen das neu geschaffene Kündigungsrecht des Darlehensnehmers solle eingrenzen können.
54 
Damit steht, nach Auffassung des Gerichts, außer Frage, dass sich die Bausparkasse nicht auf das Kündigungsrecht des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen kann, weil dies den Intentionen des Gesetzgebers bei Schaffung der Vorgängernorm nicht gerecht wird.
55 
Soweit die Beklagte darauf abstellt, dass sich aus der Begründung des Gesetzesentwurfes (Seite 23) ergebe, dass die Norm auch für die Bausparkasse Anwendung finden soll, ist diese Auffassung, wie oben dargelegt, der Begründung keinesfalls zu entnehmen.
56 
Im Gegenteil lässt sich aus einem weiteren Satz in der Begründung die oben vertretene Auffassung des erkennenden Gerichtes bestärken, wonach das Kreditinstitut sich gerade nicht auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen können soll.
57 
Die beiden Sätze, die die Auffassung des genannten Gerichtes stärken, lauten wie folgt:
58 
„Der Schuldner kann die Kündigung frühestens nach Ablauf von 10 Jahren nach der Auszahlung des Darlehens und danach in jedem Zeitpunkt erklären. Um die technische Abwicklung des Vertrages und die Vorbereitung eines neuen Geschäfts zu erleichtern, hat der Schuldner eine Kündigungsfrist von 6 Monaten einzuhalten“.
59 
Wird wie vorliegend dem Bausparer von der Bausparkasse die Kündigung erklärt, gibt es für den Bausparer keine „technische Abwicklung des Vertrages“ und er vermag gegenüber dem bisherigen Darlehensnehmer auch keinesfalls die „Vorbereitung eines neuen Geschäftes“ vorzunehmen.
60 
Damit steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass nach dem Willen des Gesetzgebers bei Schaffung der Norm des § 609a BGB a.F. der Bausparvertrag und die darin zum Ausdruck kommenden Parteirollen, Darlehensnehmer (Bausparkasse) und Darlehensgeber (Bausparer) nicht erfasst werden sollte.
61 
Bereits diese Überlegungen führen dazu, die Kündigung der Beklagten vom 12.01.2015 als unwirksam zu betrachten.
b)
62 
Darüberhinaus ist jedoch, selbst wenn man § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu Gunsten der Bausparkasse für anwendbar halten wollte, im vorliegenden Fall ein Tatbestandsmerkmal der Norm nicht erfüllt.
63 
Vorab sei nochmal auf die oben erwähnte Begründung zum Gesetzesentwurf (Seite 23) verwiesen. Der Gesetzgeber wollte das Kündigungsrecht dem Darlehensschuldner nach Ablauf von 10 Jahren nach der Auszahlung des Darlehens gewähren.
64 
In § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist dies so formuliert, dass dem Darlehensnehmer nach „dem vollständigen Empfang“ das Kündigungsrecht zustehen soll.
65 
Sowohl nach dem Wortlaut des Gesetzes als auch nach der oben angeführten Begründung des Gesetzentwurfes ist nach Auffassung des Gerichts der vollständige Empfang im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB keinesfalls mit der Zuteilungsreife des Darlehensvertrages gleichzusetzen, wie dies bisher in der Rechtsprechung geschehen ist.
66 
So haben das Landgericht Mainz (WM 2015, 181 ff., zitiert nach Juris), das Landgericht Hannover (Urteil vom 30.06.2015, AZ 14 O 55/15, zitiert nach Juris) und das Landgericht Aachen (Urteil vom 19.05.2015, AZ 10 O 404/14, zitiert nach Juris) jeweils ausgeführt, dass „in einem Bausparfall der vollständige Empfang der Darlehensvaluta im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB der eintretenden Zuteilungsreife“ gleichzusetzen sei.
67 
Das Landgericht Aachen führte aus, dass sich die Anwendung der Norm aus ihrem Sinn und Zweck ergebe, weil § 489 BGB einen Interesseausgleich schaffen solle und den Darlehensnehmer vor überlangen Bindungen an festgelegte Zinssätze schützen wolle. Es sollten marktgerechte Zinsen ermöglicht werden.
68 
Abgesehen davon, dass, wie oben ausgeführt, Sinn und Zweck der Norm gerade nicht die Bausparkasse umfasst, ist dies nach Auffassung des Gerichts keine tragfähige Begründung dafür, dass der vollständige Empfang eines Darlehens gleichgesetzt werden kann mit der Zuteilungsreife des Bausparvertrags.
69 
Das Landgericht Mainz bemüht die „strukturellen Eigenheiten des Bausparvertrages“, um den Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife mit dem vollständigen Empfang im Sinn der Vorschrift gleichzusetzen.
70 
Wenn schon das Darlehensrecht direkt auf den Bausparvertrag Anwendung finden soll, dann ist es nicht zu begründen, dass einseitig zu Gunsten eines Vertragspartners, nämlich der Bausparkasse, der eindeutige Wortlaut der Gesetzesnorm zu Lasten des anderen Vertragsteiles ausgehöhlt wird.
71 
Soweit das Landgericht Mainz in diesem Zusammenhang noch ausführt, dass sich der Bausparer nicht auf den Grundsatz berufen könne, Verträge seien grundsätzlich einzuhalten, da er selbst durch die Nichtannahme der Zuteilung dem Vertragszweck zuwider gehandelt habe, ist dies unverständlich und mit Sicherheit nicht mit den „strukturellen Eigenheiten des Bausparvertrages“ in Einklang zu bringen.
72 
Es besteht zwischen den Parteien Einigkeit, dass der Bausparer niemals verpflichtet ist, ein Darlehen in Anspruch zu nehmen, wenn auch § 1 der ABB 7 den Vertragszweck in der Erlangung eines Bauspardarlehens sieht.
73 
Die Nichtannahme der Zuteilung kann daher keinesfalls als vertragswidriges Verhalten des Bausparers gewertet werden.
74 
Soweit das Landgericht Hannover die Gleichsetzung des vollständigen Empfangs der Darlehensvaluta mit der Zuteilungsreife annimmt, begründet es dies ebenfalls mit der „besonderen Konstruktion des Bausparvertrages“.
75 
Zwar hebt im Unterschied zum Landgericht Mainz das Landgericht Hannover hervor, dass es dem Bausparer grundsätzlich frei stehe, das Darlehens nach Zuteilungsreife abzurufen, hält aber gleichwohl aufgrund Sinn und Zweck der Norm ihre Anwendung für gerechtfertigt.
76 
Das Landgericht Hannover bezieht sich auf Systematik und Entstehungsgeschichte sowie Ratio der Vorschrift und nimmt zur Begründung Bezug auf die Bundestagsdrucksache 16/11 643 Seite 74.
77 
Hierbei handelt es sich um die Begründung der Bundesregierung zudem Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 21.01.2009.
78 
In der Begründung wird auf Seite 74 ausgeführt, dass die Änderungen des § 489 BGB lediglich redaktionellen und systematischen Anpassungen der Zinsregelungen dienen sollen.
79 
Ferner wird in der Begründung ausgeführt, dass für „Verbraucherdarlehen“ die Kündigungsmöglichkeiten des Darlehensnehmers in § 500 BGB geregelt würden.
80 
Gleichzeitig werde das Wort „Auszahlung“ durch das Wort „Empfang“ ersetzt.
81 
Zwar wird in den §§ 491 ff. BGB der Verbraucherdarlehensvertrag speziell geregelt, jedoch übersieht das Landgericht Hannover, dass § 500 BGB nicht auf Immobiliardarlehensverträge anzuwenden ist (§ 503 BGB).
82 
Der Bausparvertrag ist aber unstreitig ein Immobiliardarlehensvertrag im Sinn des § 503 BGB, sodass nach wie vor die oben zitierte Gesetzesbegründung zu § 609a BGB a.F. für die Auslegung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB heranzuziehen ist.
83 
Die Bundestagsdrucksache 16/11 643, Seite 74 enthält keinesfalls eine neue Begründung für Sinn und Zweck dieser Kündigungsvorschrift.
84 
Damit ist, wenn man so weit gehen wollte und § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB für Bausparverträge für anwendbar hält, festzustellen, was unter „vollständigem Empfang“ im Sinn dieser Norm gemeint ist.
85 
Es ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, dass damit nur die vollständige Valutierung, also Auszahlung des vereinbarten Darlehens gemeint sein kann. Gestützt wird dies durch die Begründung des Gesetzesentwurfes (Bundestagsdrucksache 10/4741, Seite 23), wie oben ausgeführt.
86 
Nachdem der Gesetzgeber bei Schaffung dieser Norm vom „normalen“ Darlehensvertrag ausging, ergibt es sich von selbst, dass die Darlehenssumme, die der Kreditgeber gewähren soll, vertraglich festgelegt ist. Dieser „Normalfall“ des Darlehens ist beim Bausparvertrag gerade nicht gegeben. Zwar ist der Bausparer in der Ansparphase Darlehensgeber und die Bausparkasse Darlehensnehmerin, jedoch ist im Bausparvertrag die vom Darlehensgeber „geschuldete“ Darlehenssumme mit keinem Wort festgelegt. Im Bausparvertrag geregelt ist lediglich die Bausparsumme und ermittelbar ist festgelegt die Zuteilungsreife. Die Zuteilungsreife ist der Zeitpunkt, zu dem der bisherige Darlehensgeber den „Rollentausch“ vornehmen kann, um sich in die Darlehensnehmerrolle zu begeben.
87 
Damit ist vertraglich eine bestimmte Darlehenssumme, die der Darlehensgeber der Ansparphase, also der Bausparer, an die Bausparkasse zu zahlen hat, nicht ausgewiesen.
88 
Auch daraus ergibt sich, dass die Gesetzesnorm des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gerade nicht auf den Bausparvertrag zugeschnitten wurde.
89 
Soweit in diesem Zusammenhang die Beklagte darauf hinweist, dass mit Eintritt der Zuteilungsreife es allein beim Bausparer liege, seinen Anspruch auf Erhalt der Bausparsumme zu begründen, ist dies, betrachtet man die ABB 7, keinesfalls zutreffend.
90 
Auch nach der Zuteilungsreife liegt es in der Entscheidungsfreiheit der Bausparkasse, das Darlehen zu gewähren. Dies folgt aus § 13 Abs. 4, 15 ABB. Vor Gewährung des Darlehens hat die Bausparkasse das Recht, eine Bonitätsprüfung durchzuführen, sowie weitere Darlehenssicherheiten zu verlangen. Kommt der Bausparer dem nicht nach, wird das zugeteilte Bauspardarlehen nicht ausgezahlt.
91 
Auch stehen weitere Regelungen der ABB 7 der Auffassung entgegen, Zuteilungsreife sei mit vollständigem Empfang gleichzusetzen:
92 
Aus § 2 Abs. 3 ABB ergibt sich, dass sogar der Fall, dass die Zahlungen des Bausparers die Bausparsumme übersteigen zur Regelung vorgesehen ist. Auch diese Beiträge, die überobligationsmäßig über die vereinbarte Bausparsumme eingezahlt werden, sind von der Bausparkasse zu verzinsen.
93 
In § 5 Abs. 1 ABB legt die Beklagte Regelsparbeiträge fest. Auch diese sind keinesfalls limitiert bis zur Zeit der Zuteilungsreife, sondern in dieser Regelung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bis zur ersten Auszahlung der zugeteilten Bausparsumme die Regelsparbeiträge monatlich zu leisten sind. Das heißt, die Beklagte fordert geradezu über den Zuteilungszeitpunkt hinaus die Einzahlung von Sparbeiträgen. Wäre sie bei Abfassung des Vertrages im Jahr 1988 der Auffassung gewesen, die Zuteilungsreife entspräche dem vollständigen Empfang im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, hätte es nahegelegen, eine Regelung einzufügen, wonach das weitere Besparen ab der Zuteilungsreife nicht mehr möglich ist. Die Beklagte hat nicht nur diesen Weg nicht gewählt, sondern im Gegenteil, den weiteren Regelsparbeitrag eingefordert.
94 
Darüberhinaus gewährt § 5 Abs. 3 ABB der Bausparkasse sogar das Recht zur Kündigung, wenn der Bausparer mit mehr als 6 Regelsparbeiträgen rückständig ist.
95 
Aus § 14 ABB ergibt sich, dass die Beklagte bei Vertragsschluss im Jahr 1988 keinesfalls davon ausging, dass der vollständige Empfang im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 mit der Zuteilungsreife gleichzusetzen sei. § 14 Abs. 1 ABB gewährt dem Bausparer nicht nur das Recht, die Zuteilung nicht anzunehmen, sondern regelt ausdrücklich die Fortsetzung des Bausparvertrages für den Fall, dass der Bausparer die Annahmeerklärung nicht fristgemäß abgibt.
96 
Aus dieser Norm ergibt sich, dass es im Interesse der Beklagten lag, nach Zuteilungsreife den Bausparvertrag fortzusetzen und der Bausparer diesen regelmäßig bespart. Dass die nun eingetretene wirtschaftliche Veränderung, wonach der Kapitalzins ins „Bodenlose“ fiel, zu einer anderen Auslegung des Vertrages oder der Norm führen könnte, ist nicht ersichtlich.
97 
Letztlich sei noch anzufügen, dass die Beklagte in der Vergangenheit die Nichtannahme der Zuteilung, also das Unterlassen der Darlehensaufnahme, durch Zahlung eines erheblichen Bonuszinses honorierte.
98 
Abgesehen von dem eindeutigen Wortlaut der Norm des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB stützen diese Erwägungen und die von der Beklagten selbst geschaffenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Auffassung, dass vollständiger Empfang und Zuteilungsreife nicht ein und dasselbe sein können.
99 
Damit ist nach Auffassung des Gericht die Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB für den vorliegenden Fall nicht möglich, mit der Folge, dass die Kündigung vom 12.01.2015, die sich ausschließlich auf diese Norm stützte, unwirksam ist.
100 
Diese Auffassung ist im Übrigen auch in Einklang zu bringen mit der eingangs zitierten Entscheidung des OLG Stuttgart vom 14.10.2011, worin ausgeführt wurde, dass die Bausparkasse den Bausparvertrag nicht kündigen dürfe, wenn sie dadurch dem Bausparer den Anspruch auf das Tilgungsdarlehen entziehe (OLG Stgt. Beschluss vom 14.10.2011, 9 U 151/11, RZ 10, zitiert nach Juris).
101 
Das OLG Stuttgart sah das Kündigungsrecht der Bausparkasse allerdings nach § 488 Abs. 3 BGB dann als gegeben an, wenn die vereinbarte Bausparsumme vollständig erreicht ist.
102 
Vorliegend ist die Bausparsumme von 20.451,68 EUR zum Zeitpunkt der Kündigung am 12.01.2015 nicht gegeben gewesen, sodass die Bausparkasse nicht zur Kündigung berechtigt war.
103 
Der Klage war daher bezüglich der Hauptsache in vollem Umfang stattzugeben.
104 
Bezüglich der geltend gemachten Nebenforderungen, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, war die Klage allerdings abzuweisen, da es diesbezüglich an einer Anspruchsgrundlage mangelt.
105 
Der Kläger begründet seinen Anspruch mit einem pflichtwidrigen Verhalten der Beklagten bei Ausspruch der Kündigung und nimmt Bezug auf die Rechtsprechung des BGH, zitiert bei Palandt-Grüneberg, § 280 RZ 26.
106 
Dazu hat der BGH ausgeführt, dass ein Vermieter, der schuldhaft eine materiell unbegründete Kündigung ausspreche, und auf diese Weise dem Mieter sein Besitzrecht grundlos streitig mache, vertragliche Nebenpflichten aus dem Mietvertrag verletze. Der vom BGH entschiedene Fall ist keinesfalls mit dem vorliegenden zu vergleichen.
107 
Heranzuziehen für die Frage, ob ein materiell rechtlicher Kostenerstattungsanspruch eines in Anspruch genommenen hinsichtlich der für die außergerichtliche Abwehr des Anspruchs aufgewendeten Anwaltskosten bestehe, ist vielmehr die Entscheidung des BGH vom 12.12.2006 (Az: VI ZR 224/05 in NJW 2007, 1458 ff., zitiert nach Juris).
108 
Dort führt der BGH aus, dass der materielle Kostenerstattungsanspruch voraussetzt, dass eine materiell rechtliche Anspruchsgrundlage erfüllt sei. Dabei könne ein materiell rechtlicher Kostenerstattungsanspruch sich aus Vertrag, Verzug, positiver Vertragsverletzung, Culpa in Contrahendo oder Geschäftsführung ohne Auftrag bzw. Delikt ergeben.
109 
Nachdem die Beklagte ihren Anspruch auf Bestehen eines Kündigungsrechtes nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf mehrere landgerichtliche Urteile stützen kann, kann selbstredend nicht davon gesprochen werden, dass sie sich bei Ausübung der Kündigung einer positiven Vertragsverletzung schuldig gemacht habe.
110 
Wie der BGH ausführt, gehört es zum allgemeinen Lebensrisiko mit unberechtigten Ansprüche konfrontiert zu werden. Es gebe keinen generellen Kostenerstattungsanspruch gegen denjenigen, der sich unberechtigt eines Rechtes berühmt. Es müssten die Voraussetzungen einer speziellen Haftungsnorm vorliegen. Diese, insbesondere § 280 BGB ist nach Auffassung des Gerichts vorliegend nicht gegeben. Ein materiell rechtlicher Kostenerstattungsanspruch des Klägers auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten besteht nicht.
111 
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
112 
Gem. dem Beschluss des LG Stuttgart vom 29.05.2015 (AZ 12 O 150/15) richtet sich der Streitwert nach §§ 48 I GKG, 3, 9 ZPO.
113 
Es ist der 3,5-fache Wert des Jahresbetrags zuzüglich Bonuszins (hier 80 %) zugrunde zu legen, abzüglich 20 % (Feststellungsklage).

Gründe

 
28 
Die zulässige Klage ist begründet.
1.
29 
Die Klage ist gem. § 256 Abs. 1 ZPO zulässig.
30 
Die Parteien streiten sich um den Fortbestand des am 19.05.1988 geschlossenen Bausparvertrages.
31 
Gem. § 256 Abs. 1 ZPO kann die Feststellungsklage auf Bestehen eines Rechtsverhältnisses gerichtet werden. Rechtsverhältnis ist jedes Schuldverhältnis zwischen den Parteien, insbesondere die Frage der Wirksamkeit, Auslegung oder Beendigung eines Vertrages (Zöller-Greger, ZPO Kommentar, § 256 RZ 4). Nachdem vorliegend die Beklagte die Beendigung des Vertrages behauptet und dem Kläger die Durchsetzung seiner subjektiven Rechte durch Leistungsurteil oder eine Rechtsänderung durch Gestaltungsurteil nicht möglich ist, ist die positive Feststellungsklage zulässig.
2.
32 
Die Klage ist begründet.
33 
Der Bausparvertrag besteht zwischen den Parteien fort.
34 
Die Kündigung der Beklagten vom 12.01.2015 vermochte das Vertragsverhältnis nicht zu beenden, da der Beklagten ein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht zur Seite steht.
35 
Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmer nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist weder nach Sinn und Zweck der Vorschrift auf eine Kündigung durch die Bausparkasse anwendbar (a), noch sind die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm im vorliegenden Fall gegeben (b).
36 
Der Entscheidung des OLG Stuttgart vom 14.10.2011 (Beschluss AZ 9 U 151/11, WM 2013, 508 ff., zitiert nach Juris) folgend schließt sich das Gericht der Rechtsauffassung der Beklagten an, wonach es sich bei dem Bausparvertrag um einen einheitlichen Darlehensvertrag handelt mit der Besonderheit, dass Bausparkasse und Bausparer mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre jeweiligen Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer tauschen. Die Einlagen des Bausparers stellen daher ein Darlehen an die Bausparkasse dar, für dessen Rückerstattung eine Zeit nicht bestimmt ist.
37 
Der Ansicht, dass der Bausparvertrag als Darlehensvertrag einzuordnen sei, folgt die Beklagte allerdings nicht konsequent.
38 
So lässt sie in den Fällen, in dem die Bausparer sich auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung einer Darlehensgebühr in den ABB berufen und einen Rückzahlungsanspruch nach § 812 BGB geltend machen, vortragen, der Bausparvertrag sei kein Darlehensvertrag, insbesondere sei das gesetzliche Leitbild der §§ 488 ff. BGB auf den Bausparvertrag nicht anzuwenden.
39 
Die Ansicht der Beklagten, wie der Bausparvertrag rechtlich einzuordnen sei, ist daher schwankend, je nachdem, ob sie Ansprüche abwehrt oder wie im vorliegenden Fall das Kündigungsrecht geltend macht.
a)
40 
Obwohl das Darlehensrecht grundsätzlich auf den Bausparvertrag Anwendung findet, kann sich die Beklagte in Fällen der vorliegenden Art nicht auf ein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen. Dies entspräche nach Auffassung des Gerichts nicht der Intention des Gesetzgebers, die der Schaffung der vorliegenden Norm zugrunde lag.
41 
Mit dem Gesetz zur Änderung, wirtschafts-, verbraucher-, arbeits- und sozialrechtlicher Vorschriften vom 25.07.1986 (Bundesgesetzblatt Teil 1 1986, 1169) hob der Gesetzgeber den bis dahin geltenden § 247 BGB auf und fügte § 609a BGB neu ins BGB ein. § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB bestimmte, wortgleich mit dem nun geltenden § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, dass der Schuldner ein Darlehen „in jedem Fall nach Ablauf von 10 Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Monaten“ kündigen kann.
42 
Der Gesetzesänderung zugrunde lag der Gesetzesentwurf (Drucksache 10/4741 vom 29.01.1986). Daraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber § 247 Abs. 1 BGB alte Fassung abschaffen wollte, weil eine wirtschaftlich sinnvolle, im Streitfall bestandskräftige Kündigung aufgrund dieser Norm, nach den geänderten wirtschaftlichen Verhältnissen und insbesondere der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht mehr möglich sei. Der Begründung des Entwurfes des Gesetzes zur Änderung wirtschafts- und verbraucherrechtlicher Vorschriften lässt sich entnehmen, dass nach Auffassung des Gesetzgebers § 247 Abs. 1 BGB alte Fassung dem Darlehensnehmer ein zu weitreichendes Kündigungsrecht gewährte, insbesondere wenn nach einer Phase ausgesprochen hoher Zinsen der Kapitalzins so stark abfiel, dass eine Umschuldung auf geringer verzinsliche Kredite für die Kreditnehmer rentabel wurde. Konsequenz dieses weitgehenden Kündigungsrechtes war, dass der Versicherungswirtschaft durch vorzeitig gekündigte Kredite ein Verlust von rund 1 Milliarde DM entstand.
43 
Nach der Begründung des Entwurfs war das Kündigungsrecht des Schuldners von einem Ausnahmebehelf zu einem voraussetzungslosen allgemeinen Kündigungsrecht geworden. Dies sei mit dem Wesen einer Festzinsabrede bei längerfristigen Krediten nicht zu vereinbaren. Der Entwurf bemängelte, dass der Kreditgeber bei steigenden Zinsen an einen niedrigen Vertragszins gebunden bleibe, während der Kreditnehmer bei fallenden Zinsen nach der Vorlaufzeit von 6 Monaten mit 6-monatiger Frist kündigen könne. Das Zinsänderungsrisiko sei einseitig auf den Kreditgeber verlagert und habe gesamtwirtschaftlich nachteilige Auswirkungen. Sie erschwere den professionellen Kreditgebern eine laufzeit- und zinskongruente Refinanzierung mittel- und längerfristig verzinslicher Kredite, deren Angebot zur Förderung und Finanzierung von Investitionen erwünscht sei. Die Kreditgeber müssten bei längerfristiger Vereinbarung fester Darlehenszinsen danach trachten, das sich aus § 247 BGB a.F. ergebende Risiko durch Kostenzuschläge (Disagio, Zinsen) aufzufangen.
44 
Bereits aus diesem Passus der Begründung des Gesetzesentwurfes ergibt sich, dass die Änderung im Interesse der „professionellen Kreditgeber“ zur Vermeidung gesamtwirtschaftlich nachteiliger Auswirkungen beabsichtigt war.
45 
Der Gesetzgeber hatte keinesfalls eine Darlehenskonstruktion der vorliegenden Art im Auge, wonach beim Bausparvertrag zunächst der Bausparer in der Ansparphase der Darlehensgeber und die Bausparkasse die Darlehensnehmerin ist.
46 
Die Gesetzesänderung sollte die „professionellen Kreditgeber“ stärken und keinesfalls den privaten Darlehensgeber im Bereich der Bausparverträge.
47 
Weiter ergibt sich aus der Begründung (Seite 22), dass mit der künftigen Regelung ein „maßvoll ausgestaltetes allgemeines Kündigungsrecht des Schuldners als ein wesentliches und wirksames Gegengewicht gegen das Zinsbestimmungsrecht des Gläubigers“ geschaffen werden soll. Auch aus diesem Begründungsteil ist zu erkennen, dass das Kündigungsrecht des § 609a BGB a.F. jetzt § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, nicht auf die Konstruktion des Bausparvertrages Anwendung finden kann.
48 
Zwar ist der Bausparer Darlehensgeber während der Ansparphase, im steht aber keinerlei „Zinsbestimmungsrecht“ zu. Dies liegt allein bei der Bausparkasse.
49 
Daraus lässt sich nach Auffassung des Gerichts zwanglos erkennen, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung der Norm, den „normalen“ Darlehensfall im Auge hatte, bei dem der Darlehensgeber der wirtschaftlich stärkere, „zinsbestimmende“ Vertragsteil und der Darlehensnehmer der wirtschaftlich schwächere ist. Diese Voraussetzungen sind beim Bausparvertrag gerade nicht gegeben.
50 
Weiter wird in der Begründung ausgeführt, dass nach dem Entwurf der Markt für längerfristige festverzinsliche Kredite auch solchen Geldgebern eröffnet werden solle, denen er bisher aufgrund der durch das Kündigungsrecht erschwerten „Refinanzierung“ verschlossen war. Deshalb müssten Zinsänderungsrisiken nach der vorgeschlagenen Regelung nicht mehr in die Konditionen längerfristiger, festverzinslicher Kredite einkalkuliert zu werden. Für Kreditnehmer sei daher mit einem verbesserten und breiter gefächerten Angebot insbesondere im Bereich der festverzinslichen Kredite zu rechnen.
51 
Auch diese Erklärungen weisen eindeutig darauf hin, dass der Gesetzgeber unter Kreditgeber eine Bank oder eine Versicherung verstand und unter Kreditnehmer den, so der heutige Terminus, Verbraucher.
52 
Beim Bausparvertrag ist es nicht der Bausparer, der „Konditionen längerfristiger, festverzinslicher Kredite“ zu schaffen vermag, sondern es ist die Bausparkasse. Das „breiter gefächerte Angebot, insbesondere im Bereich der festverzinslichen Kredite“ stellt nicht der Bausparer, sondern die Bausparkasse. Damit kann nach Auffassung des Gerichts kein Zweifel daran bestehen, dass der Gesetzgeber bei Schaffung der Kündigungsvorschrift des § 609a BGB a.F. nicht das Bausparvertragsverhältnis im Blick hatte.
53 
Dies ergibt sich aus einer weiteren Bemerkung im Rahmen der Begründung dieses Gesetzesentwurfes (Seite 22 vorletzter Absatz), in dem ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass es „den Geschäftsbedingungen des Kreditinstitutes vorbehalten bleibe, unter Wahrung des Grundgedankens der vorgeschlagenen Regelung zu treffen, die eine zeitliche Eingrenzung der Kündigungsbefugnis des Darlehensnehmers ermöglichen“. Hier wird sogar aus der Wortwahl des Gesetzgebers deutlich, auf welcher Seite er das „Kreditinstitut“ und auf welcher Seite den Darlehensnehmer sieht. Nach dem Grundgedanken des Gesetzes ist der “zinsbestimmende Teil“ das Kreditinstitut, welches mit den Geschäftsbedingungen das neu geschaffene Kündigungsrecht des Darlehensnehmers solle eingrenzen können.
54 
Damit steht, nach Auffassung des Gerichts, außer Frage, dass sich die Bausparkasse nicht auf das Kündigungsrecht des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen kann, weil dies den Intentionen des Gesetzgebers bei Schaffung der Vorgängernorm nicht gerecht wird.
55 
Soweit die Beklagte darauf abstellt, dass sich aus der Begründung des Gesetzesentwurfes (Seite 23) ergebe, dass die Norm auch für die Bausparkasse Anwendung finden soll, ist diese Auffassung, wie oben dargelegt, der Begründung keinesfalls zu entnehmen.
56 
Im Gegenteil lässt sich aus einem weiteren Satz in der Begründung die oben vertretene Auffassung des erkennenden Gerichtes bestärken, wonach das Kreditinstitut sich gerade nicht auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen können soll.
57 
Die beiden Sätze, die die Auffassung des genannten Gerichtes stärken, lauten wie folgt:
58 
„Der Schuldner kann die Kündigung frühestens nach Ablauf von 10 Jahren nach der Auszahlung des Darlehens und danach in jedem Zeitpunkt erklären. Um die technische Abwicklung des Vertrages und die Vorbereitung eines neuen Geschäfts zu erleichtern, hat der Schuldner eine Kündigungsfrist von 6 Monaten einzuhalten“.
59 
Wird wie vorliegend dem Bausparer von der Bausparkasse die Kündigung erklärt, gibt es für den Bausparer keine „technische Abwicklung des Vertrages“ und er vermag gegenüber dem bisherigen Darlehensnehmer auch keinesfalls die „Vorbereitung eines neuen Geschäftes“ vorzunehmen.
60 
Damit steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass nach dem Willen des Gesetzgebers bei Schaffung der Norm des § 609a BGB a.F. der Bausparvertrag und die darin zum Ausdruck kommenden Parteirollen, Darlehensnehmer (Bausparkasse) und Darlehensgeber (Bausparer) nicht erfasst werden sollte.
61 
Bereits diese Überlegungen führen dazu, die Kündigung der Beklagten vom 12.01.2015 als unwirksam zu betrachten.
b)
62 
Darüberhinaus ist jedoch, selbst wenn man § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu Gunsten der Bausparkasse für anwendbar halten wollte, im vorliegenden Fall ein Tatbestandsmerkmal der Norm nicht erfüllt.
63 
Vorab sei nochmal auf die oben erwähnte Begründung zum Gesetzesentwurf (Seite 23) verwiesen. Der Gesetzgeber wollte das Kündigungsrecht dem Darlehensschuldner nach Ablauf von 10 Jahren nach der Auszahlung des Darlehens gewähren.
64 
In § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist dies so formuliert, dass dem Darlehensnehmer nach „dem vollständigen Empfang“ das Kündigungsrecht zustehen soll.
65 
Sowohl nach dem Wortlaut des Gesetzes als auch nach der oben angeführten Begründung des Gesetzentwurfes ist nach Auffassung des Gerichts der vollständige Empfang im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB keinesfalls mit der Zuteilungsreife des Darlehensvertrages gleichzusetzen, wie dies bisher in der Rechtsprechung geschehen ist.
66 
So haben das Landgericht Mainz (WM 2015, 181 ff., zitiert nach Juris), das Landgericht Hannover (Urteil vom 30.06.2015, AZ 14 O 55/15, zitiert nach Juris) und das Landgericht Aachen (Urteil vom 19.05.2015, AZ 10 O 404/14, zitiert nach Juris) jeweils ausgeführt, dass „in einem Bausparfall der vollständige Empfang der Darlehensvaluta im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB der eintretenden Zuteilungsreife“ gleichzusetzen sei.
67 
Das Landgericht Aachen führte aus, dass sich die Anwendung der Norm aus ihrem Sinn und Zweck ergebe, weil § 489 BGB einen Interesseausgleich schaffen solle und den Darlehensnehmer vor überlangen Bindungen an festgelegte Zinssätze schützen wolle. Es sollten marktgerechte Zinsen ermöglicht werden.
68 
Abgesehen davon, dass, wie oben ausgeführt, Sinn und Zweck der Norm gerade nicht die Bausparkasse umfasst, ist dies nach Auffassung des Gerichts keine tragfähige Begründung dafür, dass der vollständige Empfang eines Darlehens gleichgesetzt werden kann mit der Zuteilungsreife des Bausparvertrags.
69 
Das Landgericht Mainz bemüht die „strukturellen Eigenheiten des Bausparvertrages“, um den Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife mit dem vollständigen Empfang im Sinn der Vorschrift gleichzusetzen.
70 
Wenn schon das Darlehensrecht direkt auf den Bausparvertrag Anwendung finden soll, dann ist es nicht zu begründen, dass einseitig zu Gunsten eines Vertragspartners, nämlich der Bausparkasse, der eindeutige Wortlaut der Gesetzesnorm zu Lasten des anderen Vertragsteiles ausgehöhlt wird.
71 
Soweit das Landgericht Mainz in diesem Zusammenhang noch ausführt, dass sich der Bausparer nicht auf den Grundsatz berufen könne, Verträge seien grundsätzlich einzuhalten, da er selbst durch die Nichtannahme der Zuteilung dem Vertragszweck zuwider gehandelt habe, ist dies unverständlich und mit Sicherheit nicht mit den „strukturellen Eigenheiten des Bausparvertrages“ in Einklang zu bringen.
72 
Es besteht zwischen den Parteien Einigkeit, dass der Bausparer niemals verpflichtet ist, ein Darlehen in Anspruch zu nehmen, wenn auch § 1 der ABB 7 den Vertragszweck in der Erlangung eines Bauspardarlehens sieht.
73 
Die Nichtannahme der Zuteilung kann daher keinesfalls als vertragswidriges Verhalten des Bausparers gewertet werden.
74 
Soweit das Landgericht Hannover die Gleichsetzung des vollständigen Empfangs der Darlehensvaluta mit der Zuteilungsreife annimmt, begründet es dies ebenfalls mit der „besonderen Konstruktion des Bausparvertrages“.
75 
Zwar hebt im Unterschied zum Landgericht Mainz das Landgericht Hannover hervor, dass es dem Bausparer grundsätzlich frei stehe, das Darlehens nach Zuteilungsreife abzurufen, hält aber gleichwohl aufgrund Sinn und Zweck der Norm ihre Anwendung für gerechtfertigt.
76 
Das Landgericht Hannover bezieht sich auf Systematik und Entstehungsgeschichte sowie Ratio der Vorschrift und nimmt zur Begründung Bezug auf die Bundestagsdrucksache 16/11 643 Seite 74.
77 
Hierbei handelt es sich um die Begründung der Bundesregierung zudem Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 21.01.2009.
78 
In der Begründung wird auf Seite 74 ausgeführt, dass die Änderungen des § 489 BGB lediglich redaktionellen und systematischen Anpassungen der Zinsregelungen dienen sollen.
79 
Ferner wird in der Begründung ausgeführt, dass für „Verbraucherdarlehen“ die Kündigungsmöglichkeiten des Darlehensnehmers in § 500 BGB geregelt würden.
80 
Gleichzeitig werde das Wort „Auszahlung“ durch das Wort „Empfang“ ersetzt.
81 
Zwar wird in den §§ 491 ff. BGB der Verbraucherdarlehensvertrag speziell geregelt, jedoch übersieht das Landgericht Hannover, dass § 500 BGB nicht auf Immobiliardarlehensverträge anzuwenden ist (§ 503 BGB).
82 
Der Bausparvertrag ist aber unstreitig ein Immobiliardarlehensvertrag im Sinn des § 503 BGB, sodass nach wie vor die oben zitierte Gesetzesbegründung zu § 609a BGB a.F. für die Auslegung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB heranzuziehen ist.
83 
Die Bundestagsdrucksache 16/11 643, Seite 74 enthält keinesfalls eine neue Begründung für Sinn und Zweck dieser Kündigungsvorschrift.
84 
Damit ist, wenn man so weit gehen wollte und § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB für Bausparverträge für anwendbar hält, festzustellen, was unter „vollständigem Empfang“ im Sinn dieser Norm gemeint ist.
85 
Es ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, dass damit nur die vollständige Valutierung, also Auszahlung des vereinbarten Darlehens gemeint sein kann. Gestützt wird dies durch die Begründung des Gesetzesentwurfes (Bundestagsdrucksache 10/4741, Seite 23), wie oben ausgeführt.
86 
Nachdem der Gesetzgeber bei Schaffung dieser Norm vom „normalen“ Darlehensvertrag ausging, ergibt es sich von selbst, dass die Darlehenssumme, die der Kreditgeber gewähren soll, vertraglich festgelegt ist. Dieser „Normalfall“ des Darlehens ist beim Bausparvertrag gerade nicht gegeben. Zwar ist der Bausparer in der Ansparphase Darlehensgeber und die Bausparkasse Darlehensnehmerin, jedoch ist im Bausparvertrag die vom Darlehensgeber „geschuldete“ Darlehenssumme mit keinem Wort festgelegt. Im Bausparvertrag geregelt ist lediglich die Bausparsumme und ermittelbar ist festgelegt die Zuteilungsreife. Die Zuteilungsreife ist der Zeitpunkt, zu dem der bisherige Darlehensgeber den „Rollentausch“ vornehmen kann, um sich in die Darlehensnehmerrolle zu begeben.
87 
Damit ist vertraglich eine bestimmte Darlehenssumme, die der Darlehensgeber der Ansparphase, also der Bausparer, an die Bausparkasse zu zahlen hat, nicht ausgewiesen.
88 
Auch daraus ergibt sich, dass die Gesetzesnorm des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gerade nicht auf den Bausparvertrag zugeschnitten wurde.
89 
Soweit in diesem Zusammenhang die Beklagte darauf hinweist, dass mit Eintritt der Zuteilungsreife es allein beim Bausparer liege, seinen Anspruch auf Erhalt der Bausparsumme zu begründen, ist dies, betrachtet man die ABB 7, keinesfalls zutreffend.
90 
Auch nach der Zuteilungsreife liegt es in der Entscheidungsfreiheit der Bausparkasse, das Darlehen zu gewähren. Dies folgt aus § 13 Abs. 4, 15 ABB. Vor Gewährung des Darlehens hat die Bausparkasse das Recht, eine Bonitätsprüfung durchzuführen, sowie weitere Darlehenssicherheiten zu verlangen. Kommt der Bausparer dem nicht nach, wird das zugeteilte Bauspardarlehen nicht ausgezahlt.
91 
Auch stehen weitere Regelungen der ABB 7 der Auffassung entgegen, Zuteilungsreife sei mit vollständigem Empfang gleichzusetzen:
92 
Aus § 2 Abs. 3 ABB ergibt sich, dass sogar der Fall, dass die Zahlungen des Bausparers die Bausparsumme übersteigen zur Regelung vorgesehen ist. Auch diese Beiträge, die überobligationsmäßig über die vereinbarte Bausparsumme eingezahlt werden, sind von der Bausparkasse zu verzinsen.
93 
In § 5 Abs. 1 ABB legt die Beklagte Regelsparbeiträge fest. Auch diese sind keinesfalls limitiert bis zur Zeit der Zuteilungsreife, sondern in dieser Regelung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bis zur ersten Auszahlung der zugeteilten Bausparsumme die Regelsparbeiträge monatlich zu leisten sind. Das heißt, die Beklagte fordert geradezu über den Zuteilungszeitpunkt hinaus die Einzahlung von Sparbeiträgen. Wäre sie bei Abfassung des Vertrages im Jahr 1988 der Auffassung gewesen, die Zuteilungsreife entspräche dem vollständigen Empfang im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, hätte es nahegelegen, eine Regelung einzufügen, wonach das weitere Besparen ab der Zuteilungsreife nicht mehr möglich ist. Die Beklagte hat nicht nur diesen Weg nicht gewählt, sondern im Gegenteil, den weiteren Regelsparbeitrag eingefordert.
94 
Darüberhinaus gewährt § 5 Abs. 3 ABB der Bausparkasse sogar das Recht zur Kündigung, wenn der Bausparer mit mehr als 6 Regelsparbeiträgen rückständig ist.
95 
Aus § 14 ABB ergibt sich, dass die Beklagte bei Vertragsschluss im Jahr 1988 keinesfalls davon ausging, dass der vollständige Empfang im Sinn des § 489 Abs. 1 Nr. 2 mit der Zuteilungsreife gleichzusetzen sei. § 14 Abs. 1 ABB gewährt dem Bausparer nicht nur das Recht, die Zuteilung nicht anzunehmen, sondern regelt ausdrücklich die Fortsetzung des Bausparvertrages für den Fall, dass der Bausparer die Annahmeerklärung nicht fristgemäß abgibt.
96 
Aus dieser Norm ergibt sich, dass es im Interesse der Beklagten lag, nach Zuteilungsreife den Bausparvertrag fortzusetzen und der Bausparer diesen regelmäßig bespart. Dass die nun eingetretene wirtschaftliche Veränderung, wonach der Kapitalzins ins „Bodenlose“ fiel, zu einer anderen Auslegung des Vertrages oder der Norm führen könnte, ist nicht ersichtlich.
97 
Letztlich sei noch anzufügen, dass die Beklagte in der Vergangenheit die Nichtannahme der Zuteilung, also das Unterlassen der Darlehensaufnahme, durch Zahlung eines erheblichen Bonuszinses honorierte.
98 
Abgesehen von dem eindeutigen Wortlaut der Norm des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB stützen diese Erwägungen und die von der Beklagten selbst geschaffenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Auffassung, dass vollständiger Empfang und Zuteilungsreife nicht ein und dasselbe sein können.
99 
Damit ist nach Auffassung des Gericht die Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB für den vorliegenden Fall nicht möglich, mit der Folge, dass die Kündigung vom 12.01.2015, die sich ausschließlich auf diese Norm stützte, unwirksam ist.
100 
Diese Auffassung ist im Übrigen auch in Einklang zu bringen mit der eingangs zitierten Entscheidung des OLG Stuttgart vom 14.10.2011, worin ausgeführt wurde, dass die Bausparkasse den Bausparvertrag nicht kündigen dürfe, wenn sie dadurch dem Bausparer den Anspruch auf das Tilgungsdarlehen entziehe (OLG Stgt. Beschluss vom 14.10.2011, 9 U 151/11, RZ 10, zitiert nach Juris).
101 
Das OLG Stuttgart sah das Kündigungsrecht der Bausparkasse allerdings nach § 488 Abs. 3 BGB dann als gegeben an, wenn die vereinbarte Bausparsumme vollständig erreicht ist.
102 
Vorliegend ist die Bausparsumme von 20.451,68 EUR zum Zeitpunkt der Kündigung am 12.01.2015 nicht gegeben gewesen, sodass die Bausparkasse nicht zur Kündigung berechtigt war.
103 
Der Klage war daher bezüglich der Hauptsache in vollem Umfang stattzugeben.
104 
Bezüglich der geltend gemachten Nebenforderungen, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, war die Klage allerdings abzuweisen, da es diesbezüglich an einer Anspruchsgrundlage mangelt.
105 
Der Kläger begründet seinen Anspruch mit einem pflichtwidrigen Verhalten der Beklagten bei Ausspruch der Kündigung und nimmt Bezug auf die Rechtsprechung des BGH, zitiert bei Palandt-Grüneberg, § 280 RZ 26.
106 
Dazu hat der BGH ausgeführt, dass ein Vermieter, der schuldhaft eine materiell unbegründete Kündigung ausspreche, und auf diese Weise dem Mieter sein Besitzrecht grundlos streitig mache, vertragliche Nebenpflichten aus dem Mietvertrag verletze. Der vom BGH entschiedene Fall ist keinesfalls mit dem vorliegenden zu vergleichen.
107 
Heranzuziehen für die Frage, ob ein materiell rechtlicher Kostenerstattungsanspruch eines in Anspruch genommenen hinsichtlich der für die außergerichtliche Abwehr des Anspruchs aufgewendeten Anwaltskosten bestehe, ist vielmehr die Entscheidung des BGH vom 12.12.2006 (Az: VI ZR 224/05 in NJW 2007, 1458 ff., zitiert nach Juris).
108 
Dort führt der BGH aus, dass der materielle Kostenerstattungsanspruch voraussetzt, dass eine materiell rechtliche Anspruchsgrundlage erfüllt sei. Dabei könne ein materiell rechtlicher Kostenerstattungsanspruch sich aus Vertrag, Verzug, positiver Vertragsverletzung, Culpa in Contrahendo oder Geschäftsführung ohne Auftrag bzw. Delikt ergeben.
109 
Nachdem die Beklagte ihren Anspruch auf Bestehen eines Kündigungsrechtes nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf mehrere landgerichtliche Urteile stützen kann, kann selbstredend nicht davon gesprochen werden, dass sie sich bei Ausübung der Kündigung einer positiven Vertragsverletzung schuldig gemacht habe.
110 
Wie der BGH ausführt, gehört es zum allgemeinen Lebensrisiko mit unberechtigten Ansprüche konfrontiert zu werden. Es gebe keinen generellen Kostenerstattungsanspruch gegen denjenigen, der sich unberechtigt eines Rechtes berühmt. Es müssten die Voraussetzungen einer speziellen Haftungsnorm vorliegen. Diese, insbesondere § 280 BGB ist nach Auffassung des Gerichts vorliegend nicht gegeben. Ein materiell rechtlicher Kostenerstattungsanspruch des Klägers auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten besteht nicht.
111 
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
112 
Gem. dem Beschluss des LG Stuttgart vom 29.05.2015 (AZ 12 O 150/15) richtet sich der Streitwert nach §§ 48 I GKG, 3, 9 ZPO.
113 
Es ist der 3,5-fache Wert des Jahresbetrags zuzüglich Bonuszins (hier 80 %) zugrunde zu legen, abzüglich 20 % (Feststellungsklage).

(1) Bausparkassen dürfen außer dem Bauspargeschäft nur folgende Geschäfte betreiben:

1.
Gelddarlehen gewähren, die der Vorfinanzierung oder der Zwischenfinanzierung von Leistungen der Bausparkasse auf Bausparverträge ihrer Bausparer dienen (Vorfinanzierungskredite oder Zwischenfinanzierungskredite);
2.
für wohnungswirtschaftliche Maßnahmen sonstige Gelddarlehen nach Maßgabe des Absatzes 2 gewähren (sonstige Baudarlehen);
3.
Gelddarlehen Dritter verwalten, vermitteln und im eigenen oder fremden Namen und für Rechnung Dritter bewilligen, wenn die Darlehen der Finanzierung wohnungswirtschaftlicher Maßnahmen dienen;
4.
nach Maßgabe des Absatzes 2 Gewährleistungen für Gelddarlehen Dritter übernehmen, welche die Bausparkasse selbst zu geben befugt wäre und die in der in § 7 vorgeschriebenen Weise gesichert sind;
5.
zur Gewährung von Bauspardarlehen und von Darlehen nach den Nummern 1 und 2, zur Erfüllung von Verpflichtungen aus Verträgen nach § 1 Abs. 2 Satz 2 sowie zur Beschaffung der darüber hinaus für den Geschäftsbetrieb erforderlichen Mittel
a)
fremde Gelder von Kreditinstituten und sonstigen Kapitalsammelstellen aufnehmen,
b)
fremde Gelder von sonstigen Gläubigern entgegennehmen,
c)
vorbehaltlich einer Erlaubnis nach § 2 Absatz 1 Satz 1 des Pfandbriefgesetzes Hypothekenpfandbriefe im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 des Pfandbriefgesetzes nach den Bestimmungen des Pfandbriefgesetzes ausgeben,
d)
sonstige Schuldverschreibungen ausgeben;
6.
sich an Unternehmen beteiligen, wenn die Beteiligungen dazu dienen, die nach § 1 betriebenen Geschäfte zu fördern, und die Haftung der Bausparkasse aus den Beteiligungen durch die Rechtsform des Unternehmens beschränkt ist, mit der Maßgabe, daß die einzelne Beteiligung insgesamt den dritten Teil des Kapitals (Nennkapital, Summe der Kapitalanteile) des Unternehmens nicht übersteigen darf. Eine höhere Beteiligung ist zulässig, sofern der Geschäftszweck des Unternehmens gesetzlich oder satzungsmäßig im wesentlichen auf solche Geschäfte ausgerichtet ist, welche die Bausparkasse selbst betreiben darf; der Gesamtbetrag dieser Beteiligungen darf zwanzig vom Hundert des haftenden Eigenkapitals der Bausparkasse nicht übersteigen; die Regelungen des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 8, Satz 2 und 3 bleiben hiervon unberührt;
7.
Gelddarlehen an Unternehmen gewähren, an denen die Bausparkasse beteiligt ist;
8.
die Gelegenheit zum Abschluss von Verträgen über den Erwerb, die Veräußerung oder die Nutzung von Grundstücken und Räumen nachweisen;
9.
Wertermittlungen und Standortanalysen sowie Finanzierungsberatungen auch unabhängig von der Gewährung von eigenen Darlehen durchführen;
10.
verfügbares Geld nach Maßgabe des Absatzes 3 anlegen;
11.
sonstige Geschäfte betreiben, die mit dem Bauspargeschäft oder mit den nach den Nummern 1 bis 10 zulässigen Geschäften in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen, diesem nützlich und allenfalls mit einem geringen Risiko verbunden sind sowie keine neuen Geschäftskreise eröffnen.

(2) Der Gesamtbetrag der Forderungen aus Darlehen nach Absatz 1 Nr. 2 und der Gewährleistungen nach Absatz 1 Nr. 4 darf den Gesamtbetrag der Bauspardarlehen und der Darlehen nach Absatz 1 Nr. 1 nicht übersteigen.

(3) Verfügbares Geld dürfen die Bausparkassen anlegen in

1.
Guthaben bei dem einheitlichen Aufsichtsmechanismus nach Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 oder einer staatlichen Aufsicht unterliegenden Kreditinstituten in der Europäischen Union, in anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweiz,
2.
Namensschuldverschreibungen, die von den in Nummer 1 genannten Kreditinstituten ausgegeben werden,
3.
Einlagenzertifikate von den in Nummer 1 genannten Kreditinstituten, sofern diese Papiere eine restliche Laufzeit von höchstens zwölf Monaten haben,
4.
Schuldbuchforderungen, unverzinslichen Schatzanweisungen und Schatzwechseln des Bundes, seiner Sondervermögen und der Länder sowie vergleichbaren Schuldtiteln der Europäischen Union, ihrer Mitgliedstaaten oder anderer Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sowie der Schweiz,
5.
Schuldverschreibungen,
a)
die von einer der in Nummer 4 bezeichneten Stellen ausgegeben wurden,
b)
für deren Verzinsung und Rückzahlung eine der in Nummer 4 bezeichneten Stellen die Gewährleistung übernommen hat oder
c)
die zum Handel an einem organisierten Markt nach § 2 Absatz 11 des Wertpapierhandelsgesetzes zugelassen sind und bei denen die Erfüllung der Leistungspflichten aus der Schuldverschreibung während der gesamten Laufzeit gewährleistet erscheint,
6.
Forderungen aus Gelddarlehen, über die ein Schuldschein ausgestellt wurde, sofern diese Forderungen nach dem Erwerb durch die Bausparkasse mindestens zweimal abgetreten werden können und das Darlehen gewährt wurde,
a)
einer der in Nummer 4 bezeichneten Stellen, einer anderen regionalen oder lokalen Gebietskörperschaft im Sinne des Artikels 115 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz,
b)
geeigneten sonstigen Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweiz,
c)
Unternehmen, die Wertpapiere ausgegeben haben, die zum Handel an einem organisierten Markt nach § 2 Absatz 11 des Wertpapierhandelsgesetzes zugelassen sind, oder
d)
gegen Übernahme der Gewährleistung für die Verzinsung und Rückzahlung durch eine der in Nummer 4 bezeichneten Stellen;
der Gesamtbetrag dieser Forderungen der Bausparkasse darf ihr haftendes Eigenkapital nicht übersteigen;
7.
Investmentanteilen an einem nach dem Grundsatz der Risikomischung angelegten Vermögen, die von einer Kapitalverwaltungsgesellschaft oder von einer ausländischen Investmentgesellschaft, die jeweils zum Schutz der Anteilinhaber einer besonderen öffentlichen Aufsicht unterliegt, ausgegeben wurden, wenn nach den Vertragsbedingungen oder der Satzung der Kapitalverwaltungsgesellschaft oder der Investmentgesellschaft das Vermögen nur in den Schuldtiteln nach den Nummern 1 bis 6 und 8 sowie in Bankguthaben angelegt werden darf,
8.
Aktien,
a)
die voll eingezahlt sind und
b)
die zum Handel zugelassen oder an einem anderen organisierten Markt zugelassen oder in diesen einbezogen oder an einer Börse in einem Staat außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums zum Handel zugelassen oder dort an einem anderen organisierten Markt zugelassen oder in diesen einbezogen sind.
Die Anlagen nach Satz 1 Nummer 8 dürfen unter Berücksichtigung von Investmentanteilen nach Satz 1 Nummer 7 insgesamt 5 Prozent der Summe der Zuteilungsmasse gemäß § 1 Absatz 6 nicht übersteigen. Die Anlagen nach Satz 1 Nummer 8 bei demselben Unternehmen dürfen unter Berücksichtigung von Investmentanteilen nach Satz 1 Nummer 7 0,2 Prozent der Summe der Zuteilungsmasse gemäß § 1 Absatz 6 nicht übersteigen.

(3a) Soweit eine Bausparkasse im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung in zulässiger Art und Weise sowie in zulässigem Umfang zur Erfüllung von Ansprüchen aus betrieblicher Altersversorgung einem Dritten Vermögensgegenstände überlässt, die ausschließlich der Erfüllung von Verbindlichkeiten aus Altersversorgungsverpflichtungen dienen und dem Zugriff aller übrigen Gläubiger entzogen sind, unterliegt der Dritte bei der Anlage dieser Vermögensgegenstände nicht den Beschränkungen des Absatzes 3. Die Vermögensgegenstände sind unter Berücksichtigung der Art und Dauer der Altersversorgungsverpflichtungen so anzulegen, dass möglichst große Sicherheit und Rentabilität unter Wahrung angemessener Mischung und Streuung sowie der Liquidität zur Erfüllung der Verbindlichkeiten erreicht wird.

(4) Bausparkassen ist der Erwerb von Grundstücken, Erbbaurechten, Rechten in der Form des Wohnungseigentums, Teileigentums, Wohnungserbbaurechts und Teilerbbaurechts nur zur Verhütung von Ausfällen an Forderungen und zur Beschaffung von Geschäftsräumen sowie von Wohnräumen für ihre Betriebsangehörigen gestattet.

(5) Bausparkassen können sich vor Zuteilung eines Bausparvertrages nicht verpflichten, die Bausparsumme zu einem bestimmten Zeitpunkt auszuzahlen.

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Wenn in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers oder in der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit eine wesentliche Verschlechterung eintritt oder einzutreten droht, durch die die Rückzahlung des Darlehens, auch unter Verwertung der Sicherheit, gefährdet wird, kann der Darlehensgeber den Darlehensvertrag vor Auszahlung des Darlehens im Zweifel stets, nach Auszahlung nur in der Regel fristlos kündigen.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag, bei dem der Sollzinssatz gebunden und das Darlehen durch ein Grund- oder Schiffspfandrecht gesichert ist, unter Einhaltung der Fristen des § 488 Abs. 3 Satz 2 vorzeitig kündigen, wenn seine berechtigten Interessen dies gebieten und seit dem vollständigen Empfang des Darlehens sechs Monate abgelaufen sind. Ein solches Interesse liegt insbesondere vor, wenn der Darlehensnehmer ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung der zur Sicherung des Darlehens beliehenen Sache hat. Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber denjenigen Schaden zu ersetzen, der diesem aus der vorzeitigen Kündigung entsteht (Vorfälligkeitsentschädigung).

(3) Die Vorschriften der §§ 313 und 314 bleiben unberührt.

(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.

(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

(1) Bausparkassen sind Kreditinstitute, deren Geschäftsbetrieb darauf gerichtet ist, Einlagen von Bausparern (Bauspareinlagen) entgegenzunehmen und aus den angesammelten Beträgen den Bausparern für wohnungswirtschaftliche Maßnahmen Gelddarlehen (Bauspardarlehen) zu gewähren (Bauspargeschäft). Das Bauspargeschäft darf nur von Bausparkassen betrieben werden.

(2) Bausparer ist, wer mit einer Bausparkasse einen Vertrag schließt, durch den er nach Leistung von Bauspareinlagen einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens erwirbt (Bausparvertrag). Ein Bausparvertrag kann auch als Altersvorsorgevertrag im Sinne des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1310, 1322), zuletzt geändert durch Artikel 2 Absatz 8 des Gesetzes vom 1. April 2015 (BGBl. I S. 434), in der jeweils geltenden Fassung abgeschlossen werden. Jeder Bausparer einer Bausparkasse ist Mitglied einer Zweckspargemeinschaft (Kollektiv).

(3) Wohnungswirtschaftliche Maßnahmen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die Errichtung, Beschaffung, Erhaltung und Verbesserung von überwiegend zu Wohnzwecken bestimmten Gebäuden und von Wohnungen, insbesondere von Eigenheimen und Eigentumswohnungen, sowie der Erwerb von Rechten zur dauernden Nutzung von Wohnraum,
2.
die Errichtung, Beschaffung, Erhaltung und Verbesserung von anderen Gebäuden, soweit sie Wohnzwecken dienen,
3.
der Erwerb von Bauland und Erbbaurechten zur Errichtung von überwiegend zu Wohnzwecken bestimmten Gebäuden,
4.
der Erwerb von Bauland und Erbbaurechten zur Errichtung anderer Gebäude hinsichtlich des Anteils, der dem Verhältnis des zu Wohnzwecken bestimmten Teils des auf dem Grundstück zu errichtenden Gebäudes zum Gesamtgebäude entspricht,
5.
Maßnahmen zur Erschließung und zur Förderung von Wohngebieten,
6.
die Ablösung von Verbindlichkeiten, die zur Durchführung von Maßnahmen nach den Nummern 1 bis 5 eingegangen worden sind,
7.
die Ablösung von Verbindlichkeiten, die auf einem überwiegend Wohnzwecken dienenden Grundstück ruhen.
Als wohnungswirtschaftliche Maßnahmen gelten die Ablösung von Verbindlichkeiten, die zur Leistung von Bauspareinlagen eingegangen worden sind, sowie gewerbliche Bauvorhaben und der Erwerb gewerblicher Bauwerke, wenn sie dazu bestimmt sind, zur Versorgung von Wohngebieten beizutragen.

(4) Die kollektiv bedingte Zinsspanne ist der Quotient aus dem kollektiv bedingten Zinsüberschuss und dem Jahresdurchschnittsbestand an Bauspareinlagen. Der kollektiv bedingte Zinsüberschuss ist die Summe der Erträge aus Bauspardarlehen und der nicht in Bauspardarlehen angelegten Bauspareinlagen abzüglich des Zinsaufwands für Bauspareinlagen.

(5) Zuteilung ist die Bereitstellung des Bausparguthabens und des Bauspardarlehens aus der zur Verfügung stehenden Zuteilungsmasse nach Erreichen der vertraglich vereinbarten Zuteilungsvoraussetzungen.

(6) Zuteilungsmasse ist die Summe aus den Bauspareinlagen, den Mitteln, die zur Gewährung von Bauspardarlehen zugeführt worden sind, und dem Fonds zur bauspartechnischen Absicherung im Sinne des § 6 Absatz 2, abzüglich der Summe der gewährten Bauspardarlehen.

(7) Kollektivmittel sind die Summe aus Bauspareinlagen und dem Fonds zur bauspartechnischen Absicherung im Sinne des § 6 Absatz 2.

(8) Wartezeit ist der Zeitraum vom Beginn des Bausparvertrages bis zur Zuteilung.

(9) Aufsichtsbehörde ist die Behörde im Sinne des § 1 Absatz 5 des Kreditwesengesetzes.

(10) Das Recht der Länder, den öffentlich-rechtlichen Bausparkassen besondere Aufgaben für den Wohnungsbau oder sonstige öffentliche Aufgaben zu übertragen, bleibt unberührt.

35
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist Voraussetzung für eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund, dass dem Kündigenden die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht zugemutet werden kann (vgl. nur BGH, Urteil vom 7. März 2013 - III ZR 231/12, BGHZ 196, 285 Rn. 17 mwN). Dies ist im Allgemeinen nur dann anzunehmen , wenn die Gründe, auf die die Kündigung gestützt wird, im Risikobereich des Kündigungsgegners liegen. Wird der Kündigungsgrund hingegen aus Vorgängen hergeleitet, die dem Einfluss des Kündigungsgegners entzogen sind und aus der eigenen Interessensphäre des Kündigenden herrühren, rechtfertigt dies nur in Ausnahmefällen die fristlose Kündigung. Die Abgrenzung der Risikobereiche ergibt sich dabei aus dem Vertrag, dem Vertragszweck und den anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2013, aaO).
12
a) Ein wichtiger Grund zur Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann (so etwa § 314 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dabei trägt allerdings der Kunde, der einen längerfristigen Vertrag über die Erbringung einer Leistung abschließt, grundsätzlich das Risiko, diese aufgrund einer Veränderung seiner persönlichen Verhältnisse nicht mehr nutzen zu können (BGH Urteil vom 11. November 2010 - III ZR 57/10 - NJW-RR 2011, 916 Rn. 12; vgl. auch § 537 Abs. 1 BGB). Etwas anderes gilt nur, wenn ihm aus Gründen, die er nicht beeinflussen kann, eine weitere Inanspruchnahme der Leistungen des anderen Vertragspartners nicht mehr zumutbar ist (vgl. Senatsurteile vom 8. Februar 2012 - XII ZR 42/10 - NJW 2012, 1431 Rn. 31 mwN und vom 23. Oktober 1996 - XII ZR 55/95 - NJW 1997, 193, 195 mwN). Bei einem Vertrag über die Nutzung eines Fitnessstudios kann ein solcher - nicht in seinen Verantwortungsbereich fallender - Umstand etwa in einer Erkrankung des Kunden gesehen werden. Ebenso kann eine Schwangerschaft die weitere Nutzung bis zum Ende der vereinbarten Vertragslaufzeit unzumutbar machen; der besondere Schutz des Art. 6 Abs. 4 GG und dessen wertsetzende Bedeutung wirken sich insoweit auch auf die Frage der Zurechenbarkeit des Kündigungsgrundes aus (vgl. BVerfG NJW 2005, 2383; s. auch Senatsurteil vom 8. Februar 2012 - XII ZR 42/10 - NJW 2012, 1431 Rn. 31 mwN).

(1) Wenn in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers oder in der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit eine wesentliche Verschlechterung eintritt oder einzutreten droht, durch die die Rückzahlung des Darlehens, auch unter Verwertung der Sicherheit, gefährdet wird, kann der Darlehensgeber den Darlehensvertrag vor Auszahlung des Darlehens im Zweifel stets, nach Auszahlung nur in der Regel fristlos kündigen.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag, bei dem der Sollzinssatz gebunden und das Darlehen durch ein Grund- oder Schiffspfandrecht gesichert ist, unter Einhaltung der Fristen des § 488 Abs. 3 Satz 2 vorzeitig kündigen, wenn seine berechtigten Interessen dies gebieten und seit dem vollständigen Empfang des Darlehens sechs Monate abgelaufen sind. Ein solches Interesse liegt insbesondere vor, wenn der Darlehensnehmer ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung der zur Sicherung des Darlehens beliehenen Sache hat. Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber denjenigen Schaden zu ersetzen, der diesem aus der vorzeitigen Kündigung entsteht (Vorfälligkeitsentschädigung).

(3) Die Vorschriften der §§ 313 und 314 bleiben unberührt.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Wenn in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers oder in der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit eine wesentliche Verschlechterung eintritt oder einzutreten droht, durch die die Rückzahlung des Darlehens, auch unter Verwertung der Sicherheit, gefährdet wird, kann der Darlehensgeber den Darlehensvertrag vor Auszahlung des Darlehens im Zweifel stets, nach Auszahlung nur in der Regel fristlos kündigen.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag, bei dem der Sollzinssatz gebunden und das Darlehen durch ein Grund- oder Schiffspfandrecht gesichert ist, unter Einhaltung der Fristen des § 488 Abs. 3 Satz 2 vorzeitig kündigen, wenn seine berechtigten Interessen dies gebieten und seit dem vollständigen Empfang des Darlehens sechs Monate abgelaufen sind. Ein solches Interesse liegt insbesondere vor, wenn der Darlehensnehmer ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung der zur Sicherung des Darlehens beliehenen Sache hat. Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber denjenigen Schaden zu ersetzen, der diesem aus der vorzeitigen Kündigung entsteht (Vorfälligkeitsentschädigung).

(3) Die Vorschriften der §§ 313 und 314 bleiben unberührt.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.