Bundesgerichtshof Urteil, 09. Jan. 2002 - XII ZR 58/00

bei uns veröffentlicht am09.01.2002

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 58/00 Verkündet am:
9. Januar 2002
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
Zur Antragsberechtigung der dritten Person nach § 1316 Abs. 1 Nr. 1 i.V. mit § 1306
BGH, Urteil vom 9. Januar 2002 - XII ZR 58/00 - OLG Oldenburg
AG Jever
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Januar 2001 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz, Dr. Ahlt und Dr. Vézina

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Antragsgegner werden das Urteil des 14. Zivilsenats - 5. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 13. Januar 2000 und das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Jever vom 11. August 1999 aufgehoben. Der Antrag wird zurückgewiesen. Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Antragsteller begehrt die Aufhebung der von den Antragsgegnern geschlossenen Ehe. Der Antragsteller und die Antragsgegnerin zu 1 sind russische Staatsangehörige. Ihre 1984 im heutigen Rußland geschlossene Ehe wurde auf Antrag der Antragsgegnerin zu 1 am 20. Juli 1995 vom Bezirksvolksgericht O. von Moskau in Abwesenheit des Antragstellers geschieden. Das hiergegen gerichtete Rechtsmittel des Antragstellers wurde am 6. September 1995 vom Gerichtskollegium des Moskauer Stadtgerichtshofs zurückgewiesen; die
Scheidung wurde standesamtlich eingetragen. Am 24. November 1995 schlossen die Antragsgegnerin zu 1 und der deutsche Antragsgegner zu 2 vor dem Standesamt S. die Ehe. 1996 hob das Präsidium des Moskauer Stadtgerichtshofs das Urteil des Bezirksvolksgerichts O. auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung an das Bezirksvolksgericht B. von Moskau zurück. Durch Entscheidung des BezirksvolksgerichtsB. von Moskau vom 12. November 1996 wurde die Ehe des Antragstellers mit der Antragsgegnerin zu 1 erneut geschieden. Das hiergegen eingelegte Rechtsmittel des Antragstellers wurde vom Gerichtskollegium für Zivilsachen des Moskauer Stadtgerichtshofs mit Entscheidung vom 24. Dezember 1996 zurückgewiesen. Die standesamtliche Eintragung über die frühere, vom Bezirksvolksgericht O. von Moskau am 20. Juli 1995 ausgesprochene und vom Gerichtskollegium des Moskauer Stadtgerichtshofs am 6. September 1995 bestätigte Scheidung der Ehe des Antragstellers mit der Antragsgegnerin zu 1 wurde vom Bezirksvolksgericht B. von Moskau mit Entscheidung vom 17. März 1997 für unwirksam erklärt. Das Familiengericht hat die Ehe der Antragsgegner aufgehoben, weil die Antragsgegnerin zu 1 im Zeitpunkt ihrer Eheschließung mit dem Antragsgegner zu 2 noch mit dem Antragsteller verheiratet war. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Antragsgegner zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die zugelassene Revision, mit der die Antragsgegner die Zurückweisung des Antrags auf Aufhebung ihrer Ehe weiterverfolgen.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel hat Erfolg. 1. Die Frage, ob eine Ehe fehlerhaft geschlossen worden ist und welche Rechtsfolgen sich an den Fehler knüpfen, beurteilt sich, wie auch das Oberlandesgericht zu Recht annimmt, für jeden der Ehegatten nach seinem Heimatrecht (Art. 13 Abs. 1 EGBGB). 2. Das danach für die Antragsgegnerin zu 1 maßgebende russische Recht verbietet nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts zwar die Eheschließung, wenn ein Partner der zu schließenden Ehe noch durch eine frühere Ehe gebunden ist. Eine gleichwohl geschlossene Ehe könne jedoch als von dem Zeitpunkt an gültig festgestellt werden, in dem der die Eheschließung hindernde Umstand fortgefallen ist. Diese Voraussetzung hat das Oberlandesgericht bejaht und gefolgert, daß die Ehe der Antragsgegner nach russischem Recht nicht mehr für ungültig erklärt werden kann, nachdem die Ehe des Antragstellers mit der Antragsgegnerin zu 1 durch die Entscheidung des Bezirksvolksgerichts B. von Moskau vom 12. November 1996 geschieden und das hiergegen gerichtete Rechtsmittel des Antragstellers vom Gerichtskollegium für Zivilsachen des Moskauer Stadtgerichtshofs mit Entscheidung vom 24. Dezember 1996 zurückgewiesen worden ist. Die Revision nimmt dies als ihr günstig hin. 3. Hinsichtlich des Antragsgegners zu 2 geht das Berufungsgericht davon aus, daß dessen Ehe mit der Antragsgegnerin zu 1 nach dem insoweit maßgebenden deutschen Recht gegen das zweiseitig wirkende Verbot der Doppelehe verstößt, deshalb nach den zur Zeit der Eheschließung geltenden
§§ 20, 23 EheG hätte für nichtig erklärt werden können und nunmehr - gemäû dem nach Art. 226 Abs. 1, 3 EGBGB anwendbaren § 1314 Abs. 1 i.V. mit § 1306 BGB - auf den Antrag des Antragstellers hin aufzuheben ist. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
a) Richtig ist der Ausgangspunkt des Oberlandesgerichts. Danach bestimmt sich die Vorfrage, ob die Antragsgegnerin zu 1 im Zeitpunkt ihrer Eheschlieûung mit dem Antragsgegner zu 2 bereits von dem Antragsteller wirksam geschieden und der Antragsgegner zu 2 deshalb aus der Sicht des deutschen Rechts an einer Eheschlieûung mit der Antragsgegnerin zu 1 nicht gehindert war, gemäû Art. 17 Abs. 1 Satz 1 EGBGB nach russischem Recht.
b) Die Revision rügt im wesentlichen eine fehlerhafte Ermittlung des russischen Rechts (§ 293 ZPO): Nach dem für den vorliegenden Fall maûgebenden Art. 40 des Ehe- und Familiengesetzbuchs der Russischen Sowjetrepublik (EFGB von 1969; hier anwendbar gemäû Art. 169 Punkt 1 des Familiengesetzbuchs der Russischen Föderation von 1995) wirke die Eintragung der Ehescheidung im Zivilstandsregister konstitutiv. Auûerdem kenne das russische Zivilverfahrensrecht einen zweizügigen ordentlichen Verfahrensaufbau, wobei den Parteien gegen die erstinstanzliche Entscheidung der Bezirksvolksgerichte die Kassationsbeschwerde als ordentliches Rechtsmittel mit Devolutiv- und Suspensiveffekt offenstehe. Im Gegensatz dazu stelle das sogenannte Aufsichtsverfahren der Staatsanwaltschaft nach (sowjet-) russischer Tradition ein auûerordentliches Rechtsmittel dar, das gegen rechtskräftige Entscheidungen eingelegt werde und nicht nur der Beseitigung eines Präjudizes diene, sondern auch Rechtswirkungen inter partes entfalte und damit rechtskräftige Entscheidungen beseitige. Für den vorliegenden Fall sei deshalb davon auszugehen, daû die Ehe des Antragstellers mit der Antragsgegnerin zu 1 durch die Ent-
scheidung des BezirksvolksgerichtsO. von Moskau vom 20. Juli 1995 und die am 3. August 1995 erfolgte Registrierung dieser Entscheidung rechtskräftig geschieden worden sei.
c) Es kann dahinstehen, ob diese Ausführungen der Revision zum russischen Recht zutreffen (vgl. Piekenbrock IPRax 2001, 119, der - ebenso wie auch die Revision - die Anwendbarkeit des russischen EFGB von 1969 aus Art. 169. Abs. 1, nicht aus der spezielleren Norm des Art. 169 Abs. 3 des russischen FGB von 1995 herleitet) und revisionsrechtlich beachtlich sind (vgl. dazu etwa BGHZ 118, 151, 162 f.). Auch wenn, wie das Oberlandesgericht meint, die Ehe des Antragstellers mit der Antragsgegnerin zu 1 im Zeitpunkt der neuen Eheschlieûung der Antragsgegnerin zu 1 nach russischem Recht noch nicht rechtskräftig geschieden war, der Antragsgegner zu 2 deshalb aus der Sicht des für ihn maûgebenden deutschen Rechts an der Eingehung einer Ehe mit der Antragsgegnerin zu 1 gehindert war und die gleichwohl geschlossene Ehe der Antragsgegner deshalb an sich nach deutschem Recht aufhebbar wäre, ist der Antragsteller dennoch nicht befugt, die Aufhebung der von seiner früheren Ehefrau eingegangenen neuen Ehe zu begehren. Auch bei Vorliegen eines Aufhebungsgrundes kann sich ein Aufhebungsantrag im Einzelfall als unzulässige Rechtsausübung darstellen. Das ist hier der Fall. aa) Dabei schlieût, wie das Berufungsgericht zu Recht erkennt, der Umstand , daû der Antragsteller aufgrund der zwischenzeitlichen Scheidung seiner Ehe mit der Antragsgegnerin zu 1 nicht mehr deren Ehegatte ist, für sich genommen die Antragsbefugnis des Antragstellers nicht grundsätzlich aus. Schon unter der Geltung des Ehegesetzes war anerkannt, daû die Befugnis zur Klage auf Nichtigerklärung einer bigamischen Ehe zwar ausdrücklich nur dem "Ehegatten" der vorangehenden Ehe zustand, diesem aber nicht deshalb verloren
ging, weil seine Ehe inzwischen aufgelöst war (Senatsurteil vom 18. Juni 1986 - IVb ZR 41/85 - FamRZ 1986, 879, 880). Der Gesetzgeber des Eheschlieûungsrechtsgesetzes hat diesen Gedanken verdeutlicht: Gehen zwei Personen miteinander die Ehe ein, obwohl zwischen einer dieser beiden Personen und einer dritten Person bereits eine Ehe besteht, so kann "die dritte Person" auf Aufhebung der späteren Ehe antragen (§ 1316 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 BGB); auf die Frage, ob die frühere Ehe noch besteht und die "dritte Person" folglich noch Ehegatte eines Partners der späteren Ehe ist, kommt es für die Antragsbefugnis also schon nach dem Gesetzeswortlaut nicht an (vgl. auch MünchKomm/Gindullis BGB 4. Aufl., § 1316 Rdn. 2). bb) Richtig ist auch die Erkenntnis des Berufungsgerichts, daû das Gesetz das Recht des Ehegatten der Vorehe, die Aufhebung der von seinem Ehegatten eingegangenen bigamischen Ehe zu beantragen, grundsätzlich nicht an ein im Einzelfall darzulegendes besonderes Rechtsschutzinteresse knüpft. § 1316 BGB entspricht insoweit dem früheren § 24 EheG, der ein solches schützenswertes Interesse des Ehegatten der ersten Ehe an der Beseitigung der bigamischen Ehe generalisierend unterstellte. Dies erschien unter dem früheren Recht, das eine Nichtigerklärung der bigamischen Ehe erlaubte, selbstverständlich: Mit der Nichtigerklärung wurde die bigamische Ehe rückwirkend beseitigt; dadurch wurde die ausschlieûliche Geltung der ersten Ehe wiederhergestellt , der Grundsatz der Einehe durchgesetzt und der vorrangig der ersten Ehe zukommende Schutz des Art. 6 GG verwirklicht (Senatsurteil vom 18. Juni 1986 aaO und vom 17. Januar 2001 - XII ZR 266/98 - FamRZ 2001, 685, 686). Mit dem Eheschlieûungsrechtsgesetz hat sich diese Ausgangslage jedoch verändert: an die Stelle der bisher möglichen Nichtigerklärung einer bi-
gamischen Ehe ist die bloû ex nunc wirkende Aufhebung einer solchen Ehe getreten (vgl. Senatsurteil vom 17. Januar 2001 aaO). Dieses gewandelte Rechtsverständnis hat zwar nicht dazu geführt, einem Ehegatten generell ein schutzwürdiges Interesse an der Beseitigung der von seinem Ehegatten eingegangenen bigamischen Ehe abzusprechen. Auch mit der nur ex nunc wirkenden Aufhebung der bigamischen Ehe wird nämlich das Spannungsverhältnis zwischen der bigamischen Ehe und der vorrangig den Schutz des Art. 6 GG genieûenden Erstehe aufgehoben und dem Grundsatz der Einehe Geltung verschafft. Dies gilt uneingeschränkt aber nur noch dann, wenn die erste Ehe im Zeitpunkt der Aufhebung der bigamischen Ehe noch besteht; denn nur in diesem Falle wird mit der begehrten Aufhebung verhindert, daû die bigamische Ehe neben der Erstehe fortbesteht und die Rechte des Ehegatten aus der Erstehe schmälert. Ist die erste Ehe dagegen im Zeitpunkt der Entscheidung über die Aufhebung der bigamischen Ehe bereits aufgelöst, kann ein in die Zukunft weisendes Ziel nicht mehr erreicht werden. Auch an der für die Vergangenheit bestehenden Konkurrenz zur Erstehe vermag die nur noch ex nunc wirkende Aufhebung der bigamischen Ehe nichts mehr zu ändern; dem vom früheren Recht anerkannten Interesse des Ehegatten der ersten Ehe an der verbindlichen Feststellung, daû die während seiner Ehe geschlossene Zweitehe nichtig ist und seine eigene Ehe damit die allein gültige Ehe war (Senatsurteil vom 18. Juni 1986 aaO), bietet das neue Recht nicht länger Raum. Die nur in die Zukunft reichende Wirkung der Aufhebung hindert zwar nicht generell die Möglichkeit, eine bigamische Ehe auch dann noch aufzuheben , wenn die Erstehe bereits aufgelöst ist. Ein Aufhebungsantrag des Ehegatten der Erstehe kann sich in solchem Falle aber nicht allein auf das - in erster Linie von der zuständigen Verwaltungsbehörde unter Abwägung der in § 1316 Abs. 3 BGB genannten Belange zu wahrende - öffentliche Interesse an
der Sanktionierung von Verstöûen gegen das Verbot der Mehrehe stützen. Er setzt vielmehr die Geltendmachung eigener Belange des früheren Ehegatten voraus, die sein objektives Interesse an der Aufhebung der bigamischen Ehe begründen und sich auch gegenüber Belangen der Ehegatten der bigamischen Ehe und etwaiger aus ihr hervorgegangener Kinder als schutzwürdig erweisen. Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Der Antragsteller, der sich offenbar vehement gegen die Scheidung seiner Ehe mit der Antragsgegnerin zu 1 zur Wehr gesetzt hat, hat keine eigenen objektiven Interessen vorgetragen, die auch noch nach der von ihm letztlich erfolglos bekämpften Scheidung seiner eigenen Ehe nunmehr eine Aufhebung der Ehe der Antragsgegner erfordern. Vermögensrechtliche , insbesondere renten- und versorgungsrechtliche Rechtsverhältnisse , deren verbindliche Klärung sogar im öffentlichen Interesse liegt und die Beseitigung einer bigamischen Ehe auch nach Scheidung der Erstehe rechtfertigen kann (Senatsurteil vom 17. Januar 2001 aaO S. 686 f.), sind unter den Beteiligten nicht im Streit und würden durch eine Aufhebung der bigamischen Ehe - soweit ersichtlich - auch nicht berührt. Die Wahrung der staatlichen Ordnung und ihrer Eheverbote begründet, wie ausgeführt, für sich genommen ein eigenes Aufhebungsinteresse des Antragstellers nicht. 4. Das Berufungsurteil kann danach keinen Bestand haben. Der Senat ist in der Lage, selbst abschlieûend zu entscheiden (§ 565 Abs. 3 ZPO), da weitere tatsächliche Feststellungen weder zu erwarten noch erforderlich sind. Da sich der Antrag auf Aufhebung der Ehe der Antragsgegner als unzulässige Rechtsausübung darstellt und deshalb unzulässig ist, waren sowohl das Berufungsurteil wie auch das die Eheaufhebung aussprechende Urteil des Familiengerichts aufzuheben und der Antrag auf Eheaufhebung zurückzuweisen. Hahne Weber-Monecke Wagenitz
Ahlt Vézina

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(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

Zivilprozessordnung - ZPO | § 565 Anzuwendende Vorschriften des Berufungsverfahrens


Die für die Berufung geltenden Vorschriften über die Anfechtbarkeit der Versäumnisurteile, über die Verzichtsleistung auf das Rechtsmittel und seine Zurücknahme, über die Rügen der Unzulässigkeit der Klage und über die Einforderung, Übersendung und Z

Zivilprozessordnung - ZPO | § 293 Fremdes Recht; Gewohnheitsrecht; Statuten


Das in einem anderen Staat geltende Recht, die Gewohnheitsrechte und Statuten bedürfen des Beweises nur insofern, als sie dem Gericht unbekannt sind. Bei Ermittlung dieser Rechtsnormen ist das Gericht auf die von den Parteien beigebrachten Nachweise

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1306 Bestehende Ehe oder Lebenspartnerschaft


Eine Ehe darf nicht geschlossen werden, wenn zwischen einer der Personen, die die Ehe miteinander eingehen wollen, und einer dritten Person eine Ehe oder eine Lebenspartnerschaft besteht.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1316 Antragsberechtigung


(1) Antragsberechtigt1.sind bei Verstoß gegen § 1303 Satz 1, die §§ 1304, 1306, 1307, 1311 sowie in den Fällen des § 1314 Abs. 2 Nr. 1 und 5 jeder Ehegatte, die zuständige Verwaltungsbehörde und in den Fällen des § 1306 auch die dritte Person. Die zu

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Tenor Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 16. Februar 2004 - 16 K 4107/03 - wird abgelehnt. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Streitwert des Zulassu

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(1) Antragsberechtigt

1.
sind bei Verstoß gegen § 1303 Satz 1, die §§ 1304, 1306, 1307, 1311 sowie in den Fällen des § 1314 Abs. 2 Nr. 1 und 5 jeder Ehegatte, die zuständige Verwaltungsbehörde und in den Fällen des § 1306 auch die dritte Person. Die zuständige Verwaltungsbehörde wird durch Rechtsverordnung der Landesregierungen bestimmt. Die Landesregierungen können die Ermächtigung nach Satz 2 durch Rechtsverordnung auf die zuständigen obersten Landesbehörden übertragen;
2.
ist in den Fällen des § 1314 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 der dort genannte Ehegatte.

(2) Der Antrag kann für einen geschäftsunfähigen Ehegatten nur von seinem gesetzlichen Vertreter gestellt werden. Bei einem Verstoß gegen § 1303 Satz 1 kann ein minderjähriger Ehegatte den Antrag nur selbst stellen; er bedarf dazu nicht der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters.

(3) Bei Verstoß gegen die §§ 1304, 1306, 1307 sowie in den Fällen des § 1314 Abs. 2 Nr. 1 und 5 soll die zuständige Verwaltungsbehörde den Antrag stellen, wenn nicht die Aufhebung der Ehe für einen Ehegatten oder für die aus der Ehe hervorgegangenen Kinder eine so schwere Härte darstellen würde, dass die Aufrechterhaltung der Ehe ausnahmsweise geboten erscheint. Bei einem Verstoß gegen § 1303 Satz 1 muss die zuständige Behörde den Antrag stellen, es sei denn, der minderjährige Ehegatte ist zwischenzeitlich volljährig geworden und hat zu erkennen gegeben, dass er die Ehe fortsetzen will.

Eine Ehe darf nicht geschlossen werden, wenn zwischen einer der Personen, die die Ehe miteinander eingehen wollen, und einer dritten Person eine Ehe oder eine Lebenspartnerschaft besteht.

Das in einem anderen Staat geltende Recht, die Gewohnheitsrechte und Statuten bedürfen des Beweises nur insofern, als sie dem Gericht unbekannt sind. Bei Ermittlung dieser Rechtsnormen ist das Gericht auf die von den Parteien beigebrachten Nachweise nicht beschränkt; es ist befugt, auch andere Erkenntnisquellen zu benutzen und zum Zwecke einer solchen Benutzung das Erforderliche anzuordnen.

(1) Antragsberechtigt

1.
sind bei Verstoß gegen § 1303 Satz 1, die §§ 1304, 1306, 1307, 1311 sowie in den Fällen des § 1314 Abs. 2 Nr. 1 und 5 jeder Ehegatte, die zuständige Verwaltungsbehörde und in den Fällen des § 1306 auch die dritte Person. Die zuständige Verwaltungsbehörde wird durch Rechtsverordnung der Landesregierungen bestimmt. Die Landesregierungen können die Ermächtigung nach Satz 2 durch Rechtsverordnung auf die zuständigen obersten Landesbehörden übertragen;
2.
ist in den Fällen des § 1314 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 der dort genannte Ehegatte.

(2) Der Antrag kann für einen geschäftsunfähigen Ehegatten nur von seinem gesetzlichen Vertreter gestellt werden. Bei einem Verstoß gegen § 1303 Satz 1 kann ein minderjähriger Ehegatte den Antrag nur selbst stellen; er bedarf dazu nicht der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters.

(3) Bei Verstoß gegen die §§ 1304, 1306, 1307 sowie in den Fällen des § 1314 Abs. 2 Nr. 1 und 5 soll die zuständige Verwaltungsbehörde den Antrag stellen, wenn nicht die Aufhebung der Ehe für einen Ehegatten oder für die aus der Ehe hervorgegangenen Kinder eine so schwere Härte darstellen würde, dass die Aufrechterhaltung der Ehe ausnahmsweise geboten erscheint. Bei einem Verstoß gegen § 1303 Satz 1 muss die zuständige Behörde den Antrag stellen, es sei denn, der minderjährige Ehegatte ist zwischenzeitlich volljährig geworden und hat zu erkennen gegeben, dass er die Ehe fortsetzen will.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 266/98 Verkündet am:
17. Januar 2001
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
EheG §§ 5, 20 (a.F. vor dem 1. Juli 1998)
EGBGB Art. 226 Abs. 2

a) Zur Nichtigerklärung einer 1946 auf dem Gebiet der ehemaligen DDR
geschlossenen bigamischen Ehe.

b) Zur Frage des öffentlichen Interesses der Staatsanwaltschaft an der
Durchführung der Nichtigkeitsklage gegen den gutgläubigen zweiten
Ehegatten.
BGH, Urteil vom 17. Januar 2001 - XII ZR 266/98 - OLG Rostock
LG Greifswald
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Januar 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die
Richter Dr. Hahne, Gerber, Sprick und Weber-Monecke

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Familiensenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 22. September 1998 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Staatsanwaltschaft Stralsund klagt auf Nichtigerklärung der Ehe zwischen der Beklagten und Kurt S.. Dieser hatte am 17. Juli 1937 vor dem Standesamt Johanngeorgenstadt seine erste Ehefrau, Hanni Lotte F., geheiratet. Aus dieser Ehe gingen drei Kinder hervor. Nach Kriegsende kehrte er nicht zu ihr zurück. Am 21. September 1946 heiratete er vor dem Standesamt in Gützkow, Kreis Greifswald, seine zweite Ehefrau, die Beklagte. Im Aufgebotsverfahren versicherte er an Eides Statt, nicht verheiratet zu sein. Aus dieser zweiten Ehe gingen vier Kinder hervor. Auf Antrag seiner ersten Ehefrau wurde er durch seit 17. September 1952 rechtskräftigen Beschluß des Kreisgerichts Johanngeorgenstadt mit Wir-
kung vom 31. Dezember 1951 für tot erklärt. Danach heiratete seine erste Ehefrau am 24. Januar 1953 erneut, wurde aber am 23. Oktober 1956 wieder geschieden. Kurt S. verstarb am 2. September 1985. Seine erste Ehefrau bezog vom Versorgungsamt eine Witwenversorgung nach Kurt S., deren Zahlung aber nach Bekanntwerden des Sachverhalts eingestellt wurde. Die Beklagte bezog aus den Rentenanwartschaften des Kurt S. eine Hinterbliebenenrente, die nunmehr nach dem Vorschlag des gesetzlichen Rentenversicherungsträgers nach dem Verhältnis der jeweils verbrachten Ehejahre zwischen den beiden Frauen aufgeteilt werden soll. Das Amtsgericht hat dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die am 21. September 1946 geschlossene zweite Ehe des Kurt S. mit der Beklagten für nichtig zu erklären, stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich ihre zugelassene Revision , mit der sie die Abweisung der Nichtigkeitsklage weiterbegehrt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg. 1. Das Oberlandesgericht hat die Ehe der Beklagten mit Kurt S. gemäß §§ 5, 20 Abs. 1 EheG in der Fassung vor der Neufassung durch das Eheschließungsrechtsgesetz vom 4. Mai 1998 für nichtig erklärt, weil Kurt S. zum Zeitpunkt der Eheschließung 1946 noch rechtsgültig mit seiner ersten Ehefrau
verheiratet gewesen sei. Es hat dazu ausgeführt, daß auch die rechtskräftige Todeserklärung des Kurt S. 1952 und die anschließende Wiederheirat seiner ersten Ehefrau 1953 nicht zu einer rückwirkenden Heilung seiner zweiten Ehe haben führen können, weil die bigamisch geschlossene Ehe nichtig bleibe, auch wenn die erste Ehe später durch Tod, Scheidung oder ähnliches aufgelöst werde. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision greifen im Ergebnis nicht durch.
a) Zutreffend und von der Revision insoweit auch nicht beanstandet ist, daß nach der Übergangsregelung des Art. 15 des zum 1. Juli 1998 in Kraft getretenen Gesetzes zur Neuordnung des Eheschließungsrechts vom 4. Mai 1998 (BGBl. I S. 833) für die bereits vor dem 1. Juli 1998 erhobene Nichtigkeitsklage weiterhin das bis zu diesem Zeitpunkt geltende materielle Recht sowie das Verfahrensrecht anzuwenden ist (Art. 226 Abs. 2 EGBGB). Die Neuregelung der §§ 1306, 1313, 1314 Abs. 1 BGB, nach der eine Doppelehe nicht mehr nichtig, sondern nur aufhebbar und die Antragsberechtigung der Staatsanwaltschaft entfallen ist, ist somit auf vorliegenden Fall nicht anzuwenden.
b) Die Revision rügt allerdings zu Recht, daß das Oberlandesgericht die Nichtigkeit der 1946 im damaligen Gebiet der sowjetischen Besatzungszone geschlossenen Doppelehe lediglich nach dem bundesdeutschen Recht (§§ 5, 20 EheG in der Fassung vor 1998) beurteilt hat. Das ist rechtsfehlerhaft, führt indessen nicht zu einer anderen Entscheidung. Nach Anlage I Kap. III Sachgebiet B Abschnitt III Nr. 11 a des Einigungsvertrages gelten die §§ 1 bis 21 EheG nicht für Ehen, die - wie hier die Ehe der Beklagten - vor dem Wirksamwerden des Beitritts (3. Oktober 1990) geschlossen wurden. Die Wirksamkeit solcher Ehen bestimmt sich nach dem bisherigen Recht. Die Bestimmung ver-
weist somit auf das zum Zeitpunkt und am Ort der Eheschließung geltende Recht. Zu diesem Zeitpunkt bestand das Staatswesen der ehemaligen DDR noch nicht, so daß es auf dessen spätere Gesetze nicht ankommt. Maßgebend für die Beurteilung der Nichtigkeit der 1946 geschlossenen zweiten Ehe des Kurt S. ist vielmehr das Ehegesetz in der Fassung des Kontrollratsgesetzes Nr. 16 vom 20. Februar 1946 (KRABl. S. 77 und 294), welches seit 1. März 1946 in allen vier Besatzungszonen und in Berlin galt (vgl. MünchKomm/Müller-Gindullis 3. Aufl. BGB EheG vor § 1 Rdn. 3 und 4; BGB RGRK/Wüstenberg 10./11. Aufl. EheG Einleitung Anm. 7). Dieses Kontrollratsgesetz ließ das Ehegesetz von 1938 - bereinigt um nationalsozialistisches Unrecht - im wesentlichen inhaltlich weitergelten, mithin auch die §§ 5, 20 EheG mit dem Nichtigkeitsgrund der Doppelehe. Danach war die am 21. September 1946 geschlossene Ehe des Kurt S. mit der Beklagten nichtig, weil er zu dieser Zeit noch in gültiger Ehe mit seiner ersten Ehefrau lebte. Nichts anderes ergäbe sich im übrigen, wenn es auf die späteren Rechtsvorschriften der ehemaligen DDR ankäme. Die Nichtigkeit einer Doppelehe ergab sich sowohl nach §§ 3 Nr. 1, 6 Abs. 1 der Verordnung über Eheschließung und Eheauflösung vom 24. November 1955 (GBl-DDR I S. 849 f.), die auf dem Gebiet der DDR das Kontrollratsgesetz Nr. 16 ablöste, als auch nach §§ 8 Nr. 1, 35 Abs. 1 des Familiengesetzbuches der DDR vom 20. Dezember 1965, das am 1. April 1966 in Kraft trat und bis zum Beitritt galt (GBl-DDR I 1966, S. 1 ff.).
c) Eine rückwirkende Heilung der bigamisch geschlossenen zweiten Ehe des Kurt S. durch seine Todeserklärung und die Wiederheirat der ersten Ehefrau hat das Oberlandesgericht zu Recht verneint. Zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Todeserklärung 1952 und der Wiederheirat der ersten Ehefrau 1953 galt in der 1949 gegründeten ehemaligen DDR bis zum 24. November 1955 (dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Eheschließungsverordnung) ebenfalls
noch das Ehegesetz in der Fassung des Kontrollratsgesetzes Nr. 16. Nach § 38 EheG wurde zugunsten des gutgläubigen Ehegatten, der seinen anderen Ehegatten für tot hat erklären lassen und im Vertrauen auf die Richtigkeit der Todeserklärung eine neue Ehe eingegangen ist, seine frühere Ehe mit Schließung der neuen Ehe aufgelöst (§ 38 Abs. 2 Satz 1 EheG). Das Gesetz wollte ihn davor schützen, daß seine zweite Ehe deshalb nichtig ist, weil der für tot Erklärte tatsächlich noch lebt. Nach Wortlaut und Zweck diente diese Sonderregelung nur dem Schutz desjenigen gutgläubigen Ehegatten, der auf die durch die amtliche Todeserklärung begründete Vermutung des Todes seines bisherigen Ehegatten vertraute, sich für verwitwet halten durfte und daher eine neue Ehe einging. Eine analoge Anwendung dieser Regelung auf den für tot erklärten Ehegatten, der in Kenntnis seiner ersten Ehe eine neue Ehe schließt, verbietet sich aus dem Ausnahmecharakter der Bestimmung (Senatsurteil vom 27. Oktober 1993 - XII ZR 140/92 - FamRZ 1994, 498, 499). Zwar wirkte die Auflösung der ersten Ehe, die aufgrund der Wiederheirat des die Todeserklärung betreibenden Ehegatten eintrat, auch zugunsten des für tot Erklärten; denn er unterlag von diesem Zeitpunkt an für eine neue Eheschließung nicht mehr dem Verbot der Doppelehe, da auch für ihn eine solche nicht mehr existierte (Senatsurteil aaO S. 498). Das besagt aber andererseits nicht, daß eine von ihm schon zuvor bigamisch geschlossene Ehe geheilt wurde , und zwar weder ex tunc noch ex nunc. Denn die Regelung des § 38 EheG beruhte auf der Wertvorstellung, daß bereits in der Eingehung der Doppelehe ein mindestens objektiver Verstoß lag, der die zweite Ehe mit einem dauernden , grundsätzlich unheilbaren Mangel behaftete. Dieser Mangel sollte nicht durch Auflösung der ersten Ehe (sei es durch Scheidung, Tod oder Auflösung nach § 38 Abs. 2 Satz 1 EheG) geheilt werden können, selbst wenn dadurch der Zustand der Doppelehe beseitigt wurde (BGHZ 37, 51, 55, 56; BGH, Urteil
vom 22. April 1964 - IV ZR 189/63 - FamRZ 1964, 418, 419). Die von der Revision dagegen vorgetragenen Gründe geben dem Senat keine Veranlassung, für den vorliegenden Fall von dieser Rechtsprechung abzuweichen. 2. Trotz Vorliegens der Nichtigkeit kann im Einzelfall die Erhebung der Nichtigkeitsklage durch die - hier allein antragsberechtigte (§ 24 Abs. 1 Satz 2 EheG, §§ 631, 632 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F.) - Staatsanwaltschaft objektiv rechtsmißbräuchlich und damit unzulässig sein, wenn bei verantwortlicher Würdigung der durch die Doppelehe geschaffenen Umstände und der Belange der Beklagten dem öffentlichen Interesse an der Nichtigerklärung der Ehe kein wesentliches Gewicht mehr beigemessen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 26. Februar 1975 - IV ZR 33/74 - FamRZ 1975, 332, 333). Das Oberlandesgericht hat ein solches öffentliches Interesse hier indes zu Recht bejaht. Es hat ausgeführt, daß weder der Umstand, daß die erste Ehe des Kurt S. durch die Wiederheirat seiner ersten Ehefrau nach seiner Todeserklärung aufgelöst, noch die Tatsache, daß auch seine zweite Ehe mit der Beklagen mittlerweile durch seinen Tod beendet worden sei, das öffentliche Interesse an der Nichtigkeit der Ehe entfallen lasse. Denn die Nichtigkeitsklage verfolge nicht allein den Zweck, durch Auflösung der zweiten bigamischen Ehe die erste Ehe wieder herzustellen, sondern auch das Ziel, den Grundsatz der Einehe durchzusetzen. Dabei komme nur der wirksam zustande gekommenen Erstehe der Schutz des Art. 6 GG zu. Auch die lange Dauer der Zweitehe von 39 Jahren, aus der vier Kinder hervorgegangen seien, rechtfertige keine andere Beurteilung , zumal auch die erste Ehe mit ca. 15 1/2 Jahren, in der die Ehegatten zumindest rund 6 Jahre zusammengelebt hätten und aus der drei Kinder hervorgegangen seien, nicht als kurz bezeichnet werden könne. Ein besonderes öffentliches Interesse folge schließlich aus der notwendigen Klärung der vermögens -, renten- und versorgungsrechtlichen Verhältnisse, die durch die Doppe-
lehe entstanden seien. Hierfür sei entscheidend, ob die zweite Ehe des Kurt S. von Bestand sei oder nicht, da für die Rentenversicherungsträger die Berechnung der Rentenansprüche der beiden Ehefrauen aus der Hinterbliebenenrente des Kurt S. auf einer sicheren rechtlichen Grundlage erfolgen müsse. Die bei Eingehung der Ehe gutgläubige Beklagte werde hierdurch nicht unangemessen benachteiligt, weil sie gemäß §§ 26 EheG, 1587 ff. BGB durch den durchzuführenden Versorgungsausgleich an den Rentenanwartschaften des Kurt S. weiter teilhabe. Die Revision hebt demgegenüber im wesentlichen darauf ab, daß zum Zeitpunkt der Erhebung der Nichtigkeitsklage sowohl die erste als auch die zweite Ehe bereits aufgelöst waren, so daß die Nichtigkeitsklage weder dazu dienen könne, den Fortbestand der ersten Ehe rechtlich zu dokumentieren, noch dazu, einen gegenwärtigen rechtswidrigen Zustand der Doppelehe zu beseitigen. Die gutgläubige, nunmehr über 80-jährige Beklagte treffe die Nichtigerklärung besonders hart, da sie wegen des Todes des Kurt S. nicht mehr die Möglichkeit habe, mit ihm - erneut - eine nunmehr gültige Ehe zu schließen. Auch der lange Bestand der Ehe und der Umstand, daß aus ihr vier Kinder stammen, ließen den Makel der Doppelehe zurücktreten. 3. Der Revision ist einzuräumen, daß der vorliegende Sachverhalt sich von den bisherigen Fällen, in denen der Bundesgerichtshof über eine Nichtigkeitsklage der Staatsanwaltschaft zu befinden hatte, insofern unterscheidet, als dort die ersten Ehen zum Zeitpunkt der Erhebung der Nichtigkeitsklage noch Bestand hatten und zum Teil erst danach durch Scheidung aufgelöst wurden (vgl. BGH, Urteil vom 26. Februar 1975 aaO S. 332; Senatsurteil vom 18. Juni 1986 - IVb ZR 41/85 - FamRZ 1986 S. 879 f.; Senatsurteil vom 27. Oktober 1993 aaO), während hier die erste Ehe bereits durch die 1953 erfolgte Wieder-
heirat der ersten Ehefrau nach Todeserklärung (§ 38 Abs. 2 Satz 1 EheG) und die zweite Ehe 1985 durch den Tod des Kurt S. aufgelöst war. Von Teilen der Literatur und Rechtsprechung wird ein öffentliches Interesse dann verneint, wenn die erste Ehe nach Schließung der zweiten Ehe rechtskräftig geschieden wird oder der bigamische Ehegatte verstorben ist, so daß die zweite Ehe nicht erneut geschlossen werden kann und die Nichtigerklärung dazu führt, daß der zweite überlebende Ehegatte erhebliche finanzielle Nachteile erleidet (vgl. OLG Karlsruhe IPrax 1986, 166, 167; MünchKomm ZPO/Walter 1. Aufl. § 631 a.F. Rdn. 5; Stein/Jonas/Schlosser ZPO 21. Aufl. § 632 a.F. Rdn. 2 und 4; Johannsen /Henrich/Sedemund-Treiber Eherecht 2. Aufl. § 632 a.F. ZPO Rdn. 5). Der Senat vermag dem indessen für den vorliegenden Fall nicht zu folgen. Zwar währte der Zustand der Doppelehe nur von September 1946 bis zur Wiederheirat der ersten Ehefrau Anfang 1953, also rund sechs Jahre. Wie der Senat aber in den genannten Entscheidungen dargelegt hat, geht es bei der Nichtigkeitsklage nicht nur darum, den noch andauernden Zustand einer Doppelehe zu beseitigen - ein solches Ziel könnte hier in der Tat nicht mehr erreicht werden -, sondern auch darum, den Akt der Eingehung der Doppelehe für nichtig zu erklären, um den Grundsatz der Einehe zu wahren und den vorrangig der Erstehe zukommenden verfassungsrechtlichen Schutz des Art. 6 GG zu verwirklichen (Senatsurteil vom 18. Juni 1986 aaO S. 880). Zwar enthält das neue Eheschließungsrecht gegenüber dem alten Recht insoweit ein gewandeltes Rechtsverständnis, als seit dem 1. Juli 1998 eine Doppelehe nur noch der Aufhebung ex nunc, und zwar unter eingeschränkten Voraussetzungen , unterliegt (§§ 1313, 1314, 1316 Abs. 3 BGB) und ein Aufhebungsantrag nicht mehr gestellt werden kann, wenn die Ehe bereits aufgelöst ist (§ 1317 Abs. 3 BGB). Für die Ermessensausübung des Staatsanwalts, der gemäß der Überleitungsvorschrift des Art. 226 Abs. 2 EGBGB das Verfahren auf Nichti-
gerklärung der Ehe weiterbetreibt, bedeutet dies indes noch nicht, daß nunmehr das öffentliche Interesse entfällt und die Klage als rechtsmißbräuchlich anzusehen ist. Der bloße Zeitablauf seit Eingehung der bigamisch geschlossenen Ehe reicht regelmäßig nicht aus, um der Aufrechterhaltung der bigamischen Ehe den Vorrang vor der wirksam zustande gekommenen Erstehe zuzubilligen. Im übrigen steht, wie das Oberlandesgericht zutreffend hervorgehoben hat, der 39-jährigen Ehe der Beklagten mit Kurt S. immerhin die nicht als kurz zu bewertende 15 1/2-jährige erste Ehe gegenüber, aus der ebenfalls mehrere Kinder hervorgegangen sind (vgl. Senatsurteil vom 27. Oktober 1993 aaO S. 499). Das öffentliche Interesse an der Nichtigkeitsklage rechtfertigt sich hier aber vor allem aus der notwendigen verbindlichen Klärung der vermögens-, insbesondere renten- und versorgungsrechtlichen Rechtsverhältnisse der Beteiligten (Senatsurteile vom 18. Juni 1986 und vom 27. Oktober 1993 jeweils aaO). Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts bezog die 1910 geborene erste Ehefrau vom Versorgungsamt der Stadt Ch. auf ihren Antrag vom Februar 1995 eine Witwenversorgung nach Kurt S., deren Zahlung aber im April 1996 im Hinblick auf den bekannt gewordenen Sachverhalt der Doppelehe zunächst eingestellt wurde. Auch die 1918 geborene Beklagte bezog nach dem Tod des Kurt S. 1985 Witwenrente, die nach einer vorläufigen Berechnung der Landesversicherungsanstalt nunmehr im Verhältnis der jeweiligen Ehejahre unter den beiden Witwen aufgeteilt werden soll. Ob und in welcher Höhe die erste Ehefrau und die Beklagte eine Hinterbliebenenversorgung beziehen können, hängt von der Feststellung der Nichtigkeit der zweiten Ehe ab. Im Falle der Nichtigkeit würde zwar ein Anspruch der Beklagten auf Hinterbliebenenversorgung entfallen. Sie hätte aber gegebenenfalls gemäß §§ 26 i.V.m.
20 EheG einen Anspruch auf Durchführung des Versorgungsausgleichs gemäß §§ 1587 ff. BGB, den sie - auch nach dem Tod des Kurt S. - gegen dessen Erben geltend machen kann (§ 1587 e Abs. 4 BGB). Er beläuft sich der Höhe nach auf die hälftige Differenz der beiderseits in der gesamten Ehezeit von 1946 bis 1985 erworbenen Versorgungsanwartschaften (vgl. Senatsbeschluß vom 9. Dezember 1981 - IVb ZB 569/80 - FamRZ 1982, 475 ff.). Daher stehen ihre Belange dem auf der anderen Seite gegebenen Interesse an der Klärung der rentenrechtlichen Fragen - auch im Hinblick auf die versorgungsrechtliche Situation der ersten Ehefrau - nicht in einer solchen Weise entgegen, daß die Nichtigkeitsklage der Staatsanwaltschaft als rechtsmißbräuchlich angesehen werden könnte. Blumenröhr Hahne Gerber Sprick Weber-Monecke

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Antragsberechtigt

1.
sind bei Verstoß gegen § 1303 Satz 1, die §§ 1304, 1306, 1307, 1311 sowie in den Fällen des § 1314 Abs. 2 Nr. 1 und 5 jeder Ehegatte, die zuständige Verwaltungsbehörde und in den Fällen des § 1306 auch die dritte Person. Die zuständige Verwaltungsbehörde wird durch Rechtsverordnung der Landesregierungen bestimmt. Die Landesregierungen können die Ermächtigung nach Satz 2 durch Rechtsverordnung auf die zuständigen obersten Landesbehörden übertragen;
2.
ist in den Fällen des § 1314 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 der dort genannte Ehegatte.

(2) Der Antrag kann für einen geschäftsunfähigen Ehegatten nur von seinem gesetzlichen Vertreter gestellt werden. Bei einem Verstoß gegen § 1303 Satz 1 kann ein minderjähriger Ehegatte den Antrag nur selbst stellen; er bedarf dazu nicht der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters.

(3) Bei Verstoß gegen die §§ 1304, 1306, 1307 sowie in den Fällen des § 1314 Abs. 2 Nr. 1 und 5 soll die zuständige Verwaltungsbehörde den Antrag stellen, wenn nicht die Aufhebung der Ehe für einen Ehegatten oder für die aus der Ehe hervorgegangenen Kinder eine so schwere Härte darstellen würde, dass die Aufrechterhaltung der Ehe ausnahmsweise geboten erscheint. Bei einem Verstoß gegen § 1303 Satz 1 muss die zuständige Behörde den Antrag stellen, es sei denn, der minderjährige Ehegatte ist zwischenzeitlich volljährig geworden und hat zu erkennen gegeben, dass er die Ehe fortsetzen will.

Die für die Berufung geltenden Vorschriften über die Anfechtbarkeit der Versäumnisurteile, über die Verzichtsleistung auf das Rechtsmittel und seine Zurücknahme, über die Rügen der Unzulässigkeit der Klage und über die Einforderung, Übersendung und Zurücksendung der Prozessakten sind auf die Revision entsprechend anzuwenden. Die Revision kann ohne Einwilligung des Revisionsbeklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Revisionsbeklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.