Bundesgerichtshof Urteil, 17. Jan. 2001 - XII ZR 266/98
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Staatsanwaltschaft Stralsund klagt auf Nichtigerklärung der Ehe zwischen der Beklagten und Kurt S.. Dieser hatte am 17. Juli 1937 vor dem Standesamt Johanngeorgenstadt seine erste Ehefrau, Hanni Lotte F., geheiratet. Aus dieser Ehe gingen drei Kinder hervor. Nach Kriegsende kehrte er nicht zu ihr zurück. Am 21. September 1946 heiratete er vor dem Standesamt in Gützkow, Kreis Greifswald, seine zweite Ehefrau, die Beklagte. Im Aufgebotsverfahren versicherte er an Eides Statt, nicht verheiratet zu sein. Aus dieser zweiten Ehe gingen vier Kinder hervor. Auf Antrag seiner ersten Ehefrau wurde er durch seit 17. September 1952 rechtskräftigen Beschluß des Kreisgerichts Johanngeorgenstadt mit Wir-kung vom 31. Dezember 1951 für tot erklärt. Danach heiratete seine erste Ehefrau am 24. Januar 1953 erneut, wurde aber am 23. Oktober 1956 wieder geschieden. Kurt S. verstarb am 2. September 1985. Seine erste Ehefrau bezog vom Versorgungsamt eine Witwenversorgung nach Kurt S., deren Zahlung aber nach Bekanntwerden des Sachverhalts eingestellt wurde. Die Beklagte bezog aus den Rentenanwartschaften des Kurt S. eine Hinterbliebenenrente, die nunmehr nach dem Vorschlag des gesetzlichen Rentenversicherungsträgers nach dem Verhältnis der jeweils verbrachten Ehejahre zwischen den beiden Frauen aufgeteilt werden soll. Das Amtsgericht hat dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die am 21. September 1946 geschlossene zweite Ehe des Kurt S. mit der Beklagten für nichtig zu erklären, stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich ihre zugelassene Revision , mit der sie die Abweisung der Nichtigkeitsklage weiterbegehrt.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg. 1. Das Oberlandesgericht hat die Ehe der Beklagten mit Kurt S. gemäß §§ 5, 20 Abs. 1 EheG in der Fassung vor der Neufassung durch das Eheschließungsrechtsgesetz vom 4. Mai 1998 für nichtig erklärt, weil Kurt S. zum Zeitpunkt der Eheschließung 1946 noch rechtsgültig mit seiner ersten Ehefrauverheiratet gewesen sei. Es hat dazu ausgeführt, daß auch die rechtskräftige Todeserklärung des Kurt S. 1952 und die anschließende Wiederheirat seiner ersten Ehefrau 1953 nicht zu einer rückwirkenden Heilung seiner zweiten Ehe haben führen können, weil die bigamisch geschlossene Ehe nichtig bleibe, auch wenn die erste Ehe später durch Tod, Scheidung oder ähnliches aufgelöst werde. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision greifen im Ergebnis nicht durch.
a) Zutreffend und von der Revision insoweit auch nicht beanstandet ist, daß nach der Übergangsregelung des Art. 15 des zum 1. Juli 1998 in Kraft getretenen Gesetzes zur Neuordnung des Eheschließungsrechts vom 4. Mai 1998 (BGBl. I S. 833) für die bereits vor dem 1. Juli 1998 erhobene Nichtigkeitsklage weiterhin das bis zu diesem Zeitpunkt geltende materielle Recht sowie das Verfahrensrecht anzuwenden ist (Art. 226 Abs. 2 EGBGB). Die Neuregelung der §§ 1306, 1313, 1314 Abs. 1 BGB, nach der eine Doppelehe nicht mehr nichtig, sondern nur aufhebbar und die Antragsberechtigung der Staatsanwaltschaft entfallen ist, ist somit auf vorliegenden Fall nicht anzuwenden.
b) Die Revision rügt allerdings zu Recht, daß das Oberlandesgericht die Nichtigkeit der 1946 im damaligen Gebiet der sowjetischen Besatzungszone geschlossenen Doppelehe lediglich nach dem bundesdeutschen Recht (§§ 5, 20 EheG in der Fassung vor 1998) beurteilt hat. Das ist rechtsfehlerhaft, führt indessen nicht zu einer anderen Entscheidung. Nach Anlage I Kap. III Sachgebiet B Abschnitt III Nr. 11 a des Einigungsvertrages gelten die §§ 1 bis 21 EheG nicht für Ehen, die - wie hier die Ehe der Beklagten - vor dem Wirksamwerden des Beitritts (3. Oktober 1990) geschlossen wurden. Die Wirksamkeit solcher Ehen bestimmt sich nach dem bisherigen Recht. Die Bestimmung ver-
weist somit auf das zum Zeitpunkt und am Ort der Eheschließung geltende Recht. Zu diesem Zeitpunkt bestand das Staatswesen der ehemaligen DDR noch nicht, so daß es auf dessen spätere Gesetze nicht ankommt. Maßgebend für die Beurteilung der Nichtigkeit der 1946 geschlossenen zweiten Ehe des Kurt S. ist vielmehr das Ehegesetz in der Fassung des Kontrollratsgesetzes Nr. 16 vom 20. Februar 1946 (KRABl. S. 77 und 294), welches seit 1. März 1946 in allen vier Besatzungszonen und in Berlin galt (vgl. MünchKomm/Müller-Gindullis 3. Aufl. BGB EheG vor § 1 Rdn. 3 und 4; BGB RGRK/Wüstenberg 10./11. Aufl. EheG Einleitung Anm. 7). Dieses Kontrollratsgesetz ließ das Ehegesetz von 1938 - bereinigt um nationalsozialistisches Unrecht - im wesentlichen inhaltlich weitergelten, mithin auch die §§ 5, 20 EheG mit dem Nichtigkeitsgrund der Doppelehe. Danach war die am 21. September 1946 geschlossene Ehe des Kurt S. mit der Beklagten nichtig, weil er zu dieser Zeit noch in gültiger Ehe mit seiner ersten Ehefrau lebte. Nichts anderes ergäbe sich im übrigen, wenn es auf die späteren Rechtsvorschriften der ehemaligen DDR ankäme. Die Nichtigkeit einer Doppelehe ergab sich sowohl nach §§ 3 Nr. 1, 6 Abs. 1 der Verordnung über Eheschließung und Eheauflösung vom 24. November 1955 (GBl-DDR I S. 849 f.), die auf dem Gebiet der DDR das Kontrollratsgesetz Nr. 16 ablöste, als auch nach §§ 8 Nr. 1, 35 Abs. 1 des Familiengesetzbuches der DDR vom 20. Dezember 1965, das am 1. April 1966 in Kraft trat und bis zum Beitritt galt (GBl-DDR I 1966, S. 1 ff.).
c) Eine rückwirkende Heilung der bigamisch geschlossenen zweiten Ehe des Kurt S. durch seine Todeserklärung und die Wiederheirat der ersten Ehefrau hat das Oberlandesgericht zu Recht verneint. Zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Todeserklärung 1952 und der Wiederheirat der ersten Ehefrau 1953 galt in der 1949 gegründeten ehemaligen DDR bis zum 24. November 1955 (dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Eheschließungsverordnung) ebenfalls
noch das Ehegesetz in der Fassung des Kontrollratsgesetzes Nr. 16. Nach § 38 EheG wurde zugunsten des gutgläubigen Ehegatten, der seinen anderen Ehegatten für tot hat erklären lassen und im Vertrauen auf die Richtigkeit der Todeserklärung eine neue Ehe eingegangen ist, seine frühere Ehe mit Schließung der neuen Ehe aufgelöst (§ 38 Abs. 2 Satz 1 EheG). Das Gesetz wollte ihn davor schützen, daß seine zweite Ehe deshalb nichtig ist, weil der für tot Erklärte tatsächlich noch lebt. Nach Wortlaut und Zweck diente diese Sonderregelung nur dem Schutz desjenigen gutgläubigen Ehegatten, der auf die durch die amtliche Todeserklärung begründete Vermutung des Todes seines bisherigen Ehegatten vertraute, sich für verwitwet halten durfte und daher eine neue Ehe einging. Eine analoge Anwendung dieser Regelung auf den für tot erklärten Ehegatten, der in Kenntnis seiner ersten Ehe eine neue Ehe schließt, verbietet sich aus dem Ausnahmecharakter der Bestimmung (Senatsurteil vom 27. Oktober 1993 - XII ZR 140/92 - FamRZ 1994, 498, 499). Zwar wirkte die Auflösung der ersten Ehe, die aufgrund der Wiederheirat des die Todeserklärung betreibenden Ehegatten eintrat, auch zugunsten des für tot Erklärten; denn er unterlag von diesem Zeitpunkt an für eine neue Eheschließung nicht mehr dem Verbot der Doppelehe, da auch für ihn eine solche nicht mehr existierte (Senatsurteil aaO S. 498). Das besagt aber andererseits nicht, daß eine von ihm schon zuvor bigamisch geschlossene Ehe geheilt wurde , und zwar weder ex tunc noch ex nunc. Denn die Regelung des § 38 EheG beruhte auf der Wertvorstellung, daß bereits in der Eingehung der Doppelehe ein mindestens objektiver Verstoß lag, der die zweite Ehe mit einem dauernden , grundsätzlich unheilbaren Mangel behaftete. Dieser Mangel sollte nicht durch Auflösung der ersten Ehe (sei es durch Scheidung, Tod oder Auflösung nach § 38 Abs. 2 Satz 1 EheG) geheilt werden können, selbst wenn dadurch der Zustand der Doppelehe beseitigt wurde (BGHZ 37, 51, 55, 56; BGH, Urteil
vom 22. April 1964 - IV ZR 189/63 - FamRZ 1964, 418, 419). Die von der Revision dagegen vorgetragenen Gründe geben dem Senat keine Veranlassung, für den vorliegenden Fall von dieser Rechtsprechung abzuweichen. 2. Trotz Vorliegens der Nichtigkeit kann im Einzelfall die Erhebung der Nichtigkeitsklage durch die - hier allein antragsberechtigte (§ 24 Abs. 1 Satz 2 EheG, §§ 631, 632 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F.) - Staatsanwaltschaft objektiv rechtsmißbräuchlich und damit unzulässig sein, wenn bei verantwortlicher Würdigung der durch die Doppelehe geschaffenen Umstände und der Belange der Beklagten dem öffentlichen Interesse an der Nichtigerklärung der Ehe kein wesentliches Gewicht mehr beigemessen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 26. Februar 1975 - IV ZR 33/74 - FamRZ 1975, 332, 333). Das Oberlandesgericht hat ein solches öffentliches Interesse hier indes zu Recht bejaht. Es hat ausgeführt, daß weder der Umstand, daß die erste Ehe des Kurt S. durch die Wiederheirat seiner ersten Ehefrau nach seiner Todeserklärung aufgelöst, noch die Tatsache, daß auch seine zweite Ehe mit der Beklagen mittlerweile durch seinen Tod beendet worden sei, das öffentliche Interesse an der Nichtigkeit der Ehe entfallen lasse. Denn die Nichtigkeitsklage verfolge nicht allein den Zweck, durch Auflösung der zweiten bigamischen Ehe die erste Ehe wieder herzustellen, sondern auch das Ziel, den Grundsatz der Einehe durchzusetzen. Dabei komme nur der wirksam zustande gekommenen Erstehe der Schutz des Art. 6 GG zu. Auch die lange Dauer der Zweitehe von 39 Jahren, aus der vier Kinder hervorgegangen seien, rechtfertige keine andere Beurteilung , zumal auch die erste Ehe mit ca. 15 1/2 Jahren, in der die Ehegatten zumindest rund 6 Jahre zusammengelebt hätten und aus der drei Kinder hervorgegangen seien, nicht als kurz bezeichnet werden könne. Ein besonderes öffentliches Interesse folge schließlich aus der notwendigen Klärung der vermögens -, renten- und versorgungsrechtlichen Verhältnisse, die durch die Doppe-
lehe entstanden seien. Hierfür sei entscheidend, ob die zweite Ehe des Kurt S. von Bestand sei oder nicht, da für die Rentenversicherungsträger die Berechnung der Rentenansprüche der beiden Ehefrauen aus der Hinterbliebenenrente des Kurt S. auf einer sicheren rechtlichen Grundlage erfolgen müsse. Die bei Eingehung der Ehe gutgläubige Beklagte werde hierdurch nicht unangemessen benachteiligt, weil sie gemäß §§ 26 EheG, 1587 ff. BGB durch den durchzuführenden Versorgungsausgleich an den Rentenanwartschaften des Kurt S. weiter teilhabe. Die Revision hebt demgegenüber im wesentlichen darauf ab, daß zum Zeitpunkt der Erhebung der Nichtigkeitsklage sowohl die erste als auch die zweite Ehe bereits aufgelöst waren, so daß die Nichtigkeitsklage weder dazu dienen könne, den Fortbestand der ersten Ehe rechtlich zu dokumentieren, noch dazu, einen gegenwärtigen rechtswidrigen Zustand der Doppelehe zu beseitigen. Die gutgläubige, nunmehr über 80-jährige Beklagte treffe die Nichtigerklärung besonders hart, da sie wegen des Todes des Kurt S. nicht mehr die Möglichkeit habe, mit ihm - erneut - eine nunmehr gültige Ehe zu schließen. Auch der lange Bestand der Ehe und der Umstand, daß aus ihr vier Kinder stammen, ließen den Makel der Doppelehe zurücktreten. 3. Der Revision ist einzuräumen, daß der vorliegende Sachverhalt sich von den bisherigen Fällen, in denen der Bundesgerichtshof über eine Nichtigkeitsklage der Staatsanwaltschaft zu befinden hatte, insofern unterscheidet, als dort die ersten Ehen zum Zeitpunkt der Erhebung der Nichtigkeitsklage noch Bestand hatten und zum Teil erst danach durch Scheidung aufgelöst wurden (vgl. BGH, Urteil vom 26. Februar 1975 aaO S. 332; Senatsurteil vom 18. Juni 1986 - IVb ZR 41/85 - FamRZ 1986 S. 879 f.; Senatsurteil vom 27. Oktober 1993 aaO), während hier die erste Ehe bereits durch die 1953 erfolgte Wieder-
heirat der ersten Ehefrau nach Todeserklärung (§ 38 Abs. 2 Satz 1 EheG) und die zweite Ehe 1985 durch den Tod des Kurt S. aufgelöst war. Von Teilen der Literatur und Rechtsprechung wird ein öffentliches Interesse dann verneint, wenn die erste Ehe nach Schließung der zweiten Ehe rechtskräftig geschieden wird oder der bigamische Ehegatte verstorben ist, so daß die zweite Ehe nicht erneut geschlossen werden kann und die Nichtigerklärung dazu führt, daß der zweite überlebende Ehegatte erhebliche finanzielle Nachteile erleidet (vgl. OLG Karlsruhe IPrax 1986, 166, 167; MünchKomm ZPO/Walter 1. Aufl. § 631 a.F. Rdn. 5; Stein/Jonas/Schlosser ZPO 21. Aufl. § 632 a.F. Rdn. 2 und 4; Johannsen /Henrich/Sedemund-Treiber Eherecht 2. Aufl. § 632 a.F. ZPO Rdn. 5). Der Senat vermag dem indessen für den vorliegenden Fall nicht zu folgen. Zwar währte der Zustand der Doppelehe nur von September 1946 bis zur Wiederheirat der ersten Ehefrau Anfang 1953, also rund sechs Jahre. Wie der Senat aber in den genannten Entscheidungen dargelegt hat, geht es bei der Nichtigkeitsklage nicht nur darum, den noch andauernden Zustand einer Doppelehe zu beseitigen - ein solches Ziel könnte hier in der Tat nicht mehr erreicht werden -, sondern auch darum, den Akt der Eingehung der Doppelehe für nichtig zu erklären, um den Grundsatz der Einehe zu wahren und den vorrangig der Erstehe zukommenden verfassungsrechtlichen Schutz des Art. 6 GG zu verwirklichen (Senatsurteil vom 18. Juni 1986 aaO S. 880). Zwar enthält das neue Eheschließungsrecht gegenüber dem alten Recht insoweit ein gewandeltes Rechtsverständnis, als seit dem 1. Juli 1998 eine Doppelehe nur noch der Aufhebung ex nunc, und zwar unter eingeschränkten Voraussetzungen , unterliegt (§§ 1313, 1314, 1316 Abs. 3 BGB) und ein Aufhebungsantrag nicht mehr gestellt werden kann, wenn die Ehe bereits aufgelöst ist (§ 1317 Abs. 3 BGB). Für die Ermessensausübung des Staatsanwalts, der gemäß der Überleitungsvorschrift des Art. 226 Abs. 2 EGBGB das Verfahren auf Nichti-
gerklärung der Ehe weiterbetreibt, bedeutet dies indes noch nicht, daß nunmehr das öffentliche Interesse entfällt und die Klage als rechtsmißbräuchlich anzusehen ist. Der bloße Zeitablauf seit Eingehung der bigamisch geschlossenen Ehe reicht regelmäßig nicht aus, um der Aufrechterhaltung der bigamischen Ehe den Vorrang vor der wirksam zustande gekommenen Erstehe zuzubilligen. Im übrigen steht, wie das Oberlandesgericht zutreffend hervorgehoben hat, der 39-jährigen Ehe der Beklagten mit Kurt S. immerhin die nicht als kurz zu bewertende 15 1/2-jährige erste Ehe gegenüber, aus der ebenfalls mehrere Kinder hervorgegangen sind (vgl. Senatsurteil vom 27. Oktober 1993 aaO S. 499). Das öffentliche Interesse an der Nichtigkeitsklage rechtfertigt sich hier aber vor allem aus der notwendigen verbindlichen Klärung der vermögens-, insbesondere renten- und versorgungsrechtlichen Rechtsverhältnisse der Beteiligten (Senatsurteile vom 18. Juni 1986 und vom 27. Oktober 1993 jeweils aaO). Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts bezog die 1910 geborene erste Ehefrau vom Versorgungsamt der Stadt Ch. auf ihren Antrag vom Februar 1995 eine Witwenversorgung nach Kurt S., deren Zahlung aber im April 1996 im Hinblick auf den bekannt gewordenen Sachverhalt der Doppelehe zunächst eingestellt wurde. Auch die 1918 geborene Beklagte bezog nach dem Tod des Kurt S. 1985 Witwenrente, die nach einer vorläufigen Berechnung der Landesversicherungsanstalt nunmehr im Verhältnis der jeweiligen Ehejahre unter den beiden Witwen aufgeteilt werden soll. Ob und in welcher Höhe die erste Ehefrau und die Beklagte eine Hinterbliebenenversorgung beziehen können, hängt von der Feststellung der Nichtigkeit der zweiten Ehe ab. Im Falle der Nichtigkeit würde zwar ein Anspruch der Beklagten auf Hinterbliebenenversorgung entfallen. Sie hätte aber gegebenenfalls gemäß §§ 26 i.V.m.
20 EheG einen Anspruch auf Durchführung des Versorgungsausgleichs gemäß §§ 1587 ff. BGB, den sie - auch nach dem Tod des Kurt S. - gegen dessen Erben geltend machen kann (§ 1587 e Abs. 4 BGB). Er beläuft sich der Höhe nach auf die hälftige Differenz der beiderseits in der gesamten Ehezeit von 1946 bis 1985 erworbenen Versorgungsanwartschaften (vgl. Senatsbeschluß vom 9. Dezember 1981 - IVb ZB 569/80 - FamRZ 1982, 475 ff.). Daher stehen ihre Belange dem auf der anderen Seite gegebenen Interesse an der Klärung der rentenrechtlichen Fragen - auch im Hinblick auf die versorgungsrechtliche Situation der ersten Ehefrau - nicht in einer solchen Weise entgegen, daß die Nichtigkeitsklage der Staatsanwaltschaft als rechtsmißbräuchlich angesehen werden könnte. Blumenröhr Hahne Gerber Sprick Weber-Monecke
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Eine Ehe darf nicht geschlossen werden, wenn zwischen einer der Personen, die die Ehe miteinander eingehen wollen, und einer dritten Person eine Ehe oder eine Lebenspartnerschaft besteht.
Eine Ehe kann nur durch richterliche Entscheidung auf Antrag aufgehoben werden. Die Ehe ist mit der Rechtskraft der Entscheidung aufgelöst. Die Voraussetzungen, unter denen die Aufhebung begehrt werden kann, ergeben sich aus den folgenden Vorschriften.
(1) Eine Ehe kann aufgehoben werden, wenn sie
- 1.
entgegen § 1303 Satz 1 mit einem Minderjährigen geschlossen worden ist, der im Zeitpunkt der Eheschließung das 16. Lebensjahr vollendet hatte, oder - 2.
entgegen den §§ 1304, 1306, 1307, 1311 geschlossen worden ist.
(2) Eine Ehe kann ferner aufgehoben werden, wenn
- 1.
ein Ehegatte sich bei der Eheschließung im Zustand der Bewusstlosigkeit oder vorübergehender Störung der Geistestätigkeit befand; - 2.
ein Ehegatte bei der Eheschließung nicht gewusst hat, dass es sich um eine Eheschließung handelt; - 3.
ein Ehegatte zur Eingehung der Ehe durch arglistige Täuschung über solche Umstände bestimmt worden ist, die ihn bei Kenntnis der Sachlage und bei richtiger Würdigung des Wesens der Ehe von der Eingehung der Ehe abgehalten hätten; dies gilt nicht, wenn die Täuschung Vermögensverhältnisse betrifft oder von einem Dritten ohne Wissen des anderen Ehegatten verübt worden ist; - 4.
ein Ehegatte zur Eingehung der Ehe widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist; - 5.
beide Ehegatten sich bei der Eheschließung darüber einig waren, dass sie keine Verpflichtung gemäß § 1353 Abs. 1 begründen wollen.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
Eine Ehe kann nur durch richterliche Entscheidung auf Antrag aufgehoben werden. Die Ehe ist mit der Rechtskraft der Entscheidung aufgelöst. Die Voraussetzungen, unter denen die Aufhebung begehrt werden kann, ergeben sich aus den folgenden Vorschriften.
(1) Eine Ehe kann aufgehoben werden, wenn sie
- 1.
entgegen § 1303 Satz 1 mit einem Minderjährigen geschlossen worden ist, der im Zeitpunkt der Eheschließung das 16. Lebensjahr vollendet hatte, oder - 2.
entgegen den §§ 1304, 1306, 1307, 1311 geschlossen worden ist.
(2) Eine Ehe kann ferner aufgehoben werden, wenn
- 1.
ein Ehegatte sich bei der Eheschließung im Zustand der Bewusstlosigkeit oder vorübergehender Störung der Geistestätigkeit befand; - 2.
ein Ehegatte bei der Eheschließung nicht gewusst hat, dass es sich um eine Eheschließung handelt; - 3.
ein Ehegatte zur Eingehung der Ehe durch arglistige Täuschung über solche Umstände bestimmt worden ist, die ihn bei Kenntnis der Sachlage und bei richtiger Würdigung des Wesens der Ehe von der Eingehung der Ehe abgehalten hätten; dies gilt nicht, wenn die Täuschung Vermögensverhältnisse betrifft oder von einem Dritten ohne Wissen des anderen Ehegatten verübt worden ist; - 4.
ein Ehegatte zur Eingehung der Ehe widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist; - 5.
beide Ehegatten sich bei der Eheschließung darüber einig waren, dass sie keine Verpflichtung gemäß § 1353 Abs. 1 begründen wollen.
(1) Antragsberechtigt
- 1.
sind bei Verstoß gegen § 1303 Satz 1, die §§ 1304, 1306, 1307, 1311 sowie in den Fällen des § 1314 Abs. 2 Nr. 1 und 5 jeder Ehegatte, die zuständige Verwaltungsbehörde und in den Fällen des § 1306 auch die dritte Person. Die zuständige Verwaltungsbehörde wird durch Rechtsverordnung der Landesregierungen bestimmt. Die Landesregierungen können die Ermächtigung nach Satz 2 durch Rechtsverordnung auf die zuständigen obersten Landesbehörden übertragen; - 2.
ist in den Fällen des § 1314 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 der dort genannte Ehegatte.
(2) Der Antrag kann für einen geschäftsunfähigen Ehegatten nur von seinem gesetzlichen Vertreter gestellt werden. Bei einem Verstoß gegen § 1303 Satz 1 kann ein minderjähriger Ehegatte den Antrag nur selbst stellen; er bedarf dazu nicht der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters.
(3) Bei Verstoß gegen die §§ 1304, 1306, 1307 sowie in den Fällen des § 1314 Abs. 2 Nr. 1 und 5 soll die zuständige Verwaltungsbehörde den Antrag stellen, wenn nicht die Aufhebung der Ehe für einen Ehegatten oder für die aus der Ehe hervorgegangenen Kinder eine so schwere Härte darstellen würde, dass die Aufrechterhaltung der Ehe ausnahmsweise geboten erscheint. Bei einem Verstoß gegen § 1303 Satz 1 muss die zuständige Behörde den Antrag stellen, es sei denn, der minderjährige Ehegatte ist zwischenzeitlich volljährig geworden und hat zu erkennen gegeben, dass er die Ehe fortsetzen will.
(1) Der Antrag kann in den Fällen des § 1314 Absatz 2 Nummer 2 und 3 nur binnen eines Jahres, im Falle des § 1314 Absatz 2 Nummer 4 nur binnen drei Jahren gestellt werden. Die Frist beginnt mit der Entdeckung des Irrtums oder der Täuschung oder mit dem Aufhören der Zwangslage; für den gesetzlichen Vertreter eines geschäftsunfähigen Ehegatten beginnt die Frist jedoch nicht vor dem Zeitpunkt, in welchem ihm die den Fristbeginn begründenden Umstände bekannt werden. Auf den Lauf der Frist sind die §§ 206, 210 Abs. 1 Satz 1 entsprechend anzuwenden.
(2) Hat der gesetzliche Vertreter eines geschäftsunfähigen Ehegatten den Antrag nicht rechtzeitig gestellt, so kann der Ehegatte selbst innerhalb von sechs Monaten nach dem Wegfall der Geschäftsunfähigkeit den Antrag stellen.
(3) Ist die Ehe bereits aufgelöst, so kann der Antrag nicht mehr gestellt werden.