Bundesgerichtshof Urteil, 2. März 2022 - XII ZR 36/21

erstmalig veröffentlicht: 01.09.2022, letzte Fassung: 19.10.2022

Eingereicht durch

Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

Amtliche Leitsätze

Amtliche Leitsätze
1. Kann eine Hochzeitsfeier aufgrund der zu diesem Zeitpunkt zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie geltenden Maßnahmen nicht wie geplant durchgeführt werden, wird dem Vermieter der hierfür gemieteten Räumlichkeiten die von ihm geschuldete Leistung nicht unmöglich (im Anschluss an Senatsurteil vom 12. Januar 2022 - XII ZR 8/21, NZM 2022, 99, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).

2. Der Umstand, dass die Durchführung einer Hochzeitsfeier mit der geplanten Bewirtung von 70 Personen aufgrund verschiedener Regelungen in der zu diesem Zeitpunkt geltenden Corona-Schutzverordnung nicht zulässig war, führt nicht zu einem Mangel des Mietgegenstands im Sinne von § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB.

3. Für einen Mieter, der Räume zur Durchführung einer Veranstaltung gemietet hat, kommt grundsätzlich ein Anspruch auf Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB in Betracht, wenn die Veranstaltung aufgrund von hoheitlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie nicht in der geplanten Form stattfinden kann (im Anschluss an Senatsurteil vom 12. Januar 2022 - XII ZR 8/21, NZM 2022, 99, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).

4. Bei der Prüfung, ob dem Mieter ein Festhalten an dem unveränderten Vertrag unzumutbar und wie dem gegebenenfalls zu begegnen ist, verbietet sich eine pauschale Betrachtungsweise. Maßgeblich sind vielmehr sämtliche Umstände des Einzelfalls.

BUNDESGERICHTSHOF

Urteil. von. 02.03.2022

Az.: XII ZR 36/21

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Essen vom 16. März 2021 aufgehoben.

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Amtsgerichts Gelsenkirchen vom 9. November 2020 wird zurückgewiesen.

Die Anschlussrevision der Kläger wird zurückgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Kläger begehren die Rückzahlung bereits geleisteter Miete für Räumlichkeiten, welche sie für eine Hochzeitsfeier von der Beklagten gemietet hatten. Die Feier konnte aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht stattfinden.

Die Kläger, die am 11. Dezember 2018 standesamtlich geheiratet hatten, mieteten bei der Beklagten für eine am 1. Mai 2020 geplante Hochzeitsfeier mit rund 70 Personen Räumlichkeiten an. Nachdem die Vertragsverhandlungen zunächst mündlich geführt worden waren, übersandte die Beklagte den Klägern eine auf den 5. April 2019 datierte Rechnung über die vereinbarte Miete von 2.600 €, die von den Klägern bezahlt wurde.

Die geplante Hochzeitsfeier konnte nicht durchgeführt werden, weil aufgrund der §§ 11, 12 der Verordnung der nordrhein-westfälischen Landesregierung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-Cov-2 (Coronaschutzverordnung - CoronaSchVO) in der ab dem 27. April 2020 gültigen Fassung Veranstaltungen sowie Zusammenkünfte und Ansammlungen im öffentlichen Raum von mehr als zwei Personen untersagt wurden.

Mit Schreiben vom 24. April 2020 baten die Kläger um Rückzahlung der bereits gezahlten Miete und erklärten gleichzeitig, dass sie vom Vertrag zurücktreten. Dies lehnte die Beklagte ab und wies darauf hin, dass sie den Klägern bereits am 23. März 2020 unter Angabe von Alternativterminen angeboten habe, die Hochzeit zu verschieben.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das Landgericht das Urteil abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Kläger 1.300 € nebst Zinsen zu zahlen sowie diese von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 242,76 € freizustellen. Im Übrigen hat es die Klageabweisung bestätigt und die weitergehende Berufung zurückgewiesen. Hiergegen wenden sich die Beklagte mit der vom Landgericht zugelassenen Revision und die Kläger mit ihrer Anschlussrevision.

Gründe

Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Anschlussrevision der Kläger ist unbegründet.

I.

Das Landgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

Die Kläger hätten gegen die Beklagte gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB einen Anspruch auf Rückzahlung der hälftigen Miete von 1.300 €. Denn der Rechtsgrund für die Zahlung der Miete durch die Kläger sei in Höhe des hälftigen Betrags weggefallen. Die Kläger hätten gemäß Art. 240 § 7 Abs. 1 EGBGB iVm § 313 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf eine Vertragsanpassung dahingehend, dass sie nur noch die Hälfte der Miete zahlen müssten.

Art. 240 § 7 EGBGB, der auf den vorliegenden Vertrag anwendbar sei, erfasse auch eine nichtgewerbliche Nutzung, weshalb auch die Miete von Räumlichkeiten zur Durchführung von Hochzeitsfeierlichkeiten unter die Regelung falle.

Die von den Klägern angemieteten Räume seien infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den vorgesehenen Zweck nicht verwendbar gewesen. Denn aufgrund verschiedener Regelungen in der zum Zeitpunkt des vereinbarten Termins geltenden Corona-Schutzverordnung sei eine Hochzeit mit der üblichen und auch geplanten Bewirtung von 70 Personen aus mehreren Gründen nicht zulässig gewesen.

Den Klägern sei ein Festhalten am Vertrag nicht zuzumuten. Durch die COVID-19-Pandemie sei eine derart gravierende Änderung der Verhältnisse eingetreten, dass es unbillig erscheine, dem Mieter das volle Verwendungsrisiko aufzuerlegen. Eine Vertragsanpassung sei im vorliegenden Fall unter Abwägung der Umstände des Einzelfalls sachgerecht. Der Nichteintritt des Risikos "Pandemie" sei Geschäftsgrundlage des Vertrags gewesen. Keine der Parteien habe damit gerechnet, dass die Verwendbarkeit der Räume zur Durchführung einer Hochzeitsfeierlichkeit daran scheitern könnte. Hätten die Parteien dies bedacht, hätten sie sich auf eine beiderseits interessengerechte Verteilung des Risikos geeinigt. Wegen der Zufälligkeit und der Unvorhersehbarkeit - auch des Ausmaßes einer Verwendungseinschränkung gerade am 1. Mai 2020 - sei davon auszugehen, dass die Parteien sich auf eine hälftige Teilung dieses Risikos geeinigt hätten, wenn sie dies in ihre Überlegungen bei Vertragsschluss einbezogen hätten.

Die von der Beklagten vorgeschlagene Anpassung des Vertrags dergestalt, dass die Feier nachgeholt werden könne oder ein übertragbarer Gutschein ausgestellt werde, sei nicht interessengerecht. Es sei nach wie vor nicht absehbar, ob eine Veranstaltung mit 70 Personen in nächster Zeit durchgeführt werden könne. Die Kläger könnten nicht planen und es könne ihnen nicht zugemutet werden, Einladungen auszusprechen, mit dem Risiko, diese wieder zurücknehmen zu müssen. Aus diesem Grund hätten sie sich auch nicht auf einen Alternativtermin noch im Jahr 2020 verweisen lassen müssen.

Eine höhere Zahlung als 1.300 € sei nicht gerechtfertigt. Denn es könne nicht festgestellt werden, dass die Beklagte durch die Nichtdurchführung der Veranstaltung Kosten erspart habe, die sie sich im Verhältnis zu den Klägern anrechnen lassen müsse.

Weitergehende Ansprüche aus dem Gesichtspunkt der Unmöglichkeit, § 275 Abs. 1 Alt. 2 BGB, oder einer Mietminderung auf "Null" nach § 536 Abs. 1 BGB stünden den Klägern nicht zu. Beide Ansprüche scheiterten daran, dass der Vermieter gemäß § 535 Abs. 1 Satz 1 BGB dem Mieter lediglich den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit schulde. Die Räume, die die Kläger gemietet hätten, seien aber hierzu geeignet gewesen. Das Risiko, ob die Räume auch tatsächlich genutzt werden könnten, liege beim Mieter. Die hoheitlichen Maßnahmen, die der Verordnungsgeber zur Bekämpfung der Pandemie ergriffen habe, knüpften weder an die Beschaffenheit oder die Lage noch an die generelle Benutzbarkeit der gemieteten Räumlichkeiten an.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Miete. Sie sind weder nach § 326 Abs. 1 BGB wegen Unmöglichkeit der von der Beklagten geschuldeten Leistung (§ 275 Abs. 1 BGB) von ihrer Zahlungsverpflichtung frei geworden noch war die Miete nach § 536 Abs. 1 BGB gemindert. Sie waren auch nicht berechtigt, den Mietvertrag gemäß § 543 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB oder wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 und 3 BGB zu kündigen. Schließlich steht ihnen auch kein Anspruch aus § 313 Abs. 1 BGB auf eine Anpassung des Mietvertrags dahingehend zu, dass sie von ihrer Verpflichtung zur Zahlung der vereinbarten Miete vollständig oder zur Hälfte befreit sind.

1. Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag rechtlich als Mietvertrag im Sinne von § 535 BGB zu qualifizieren ist. Soweit die Kläger in der Revision (erstmals) die Auffassung vertreten, der Vertrag sei nicht darauf beschränkt gewesen, Räumlichkeiten zur Durchführung der Hochzeitsfeier zur Verfügung zu stellen, sondern habe auch werk- und dienstvertragliche Leistungen der Beklagten umfasst, wird dies von den getroffenen Feststellungen nicht gedeckt. Das Berufungsgericht ist aufgrund der von den Klägern vorgelegten Rechnung vom 5. April 2019 davon ausgegangen, dass sich die Beklagte allein zur entgeltlichen Überlassung der dort näher bezeichneten Räume verpflichtet hat und sich der Vertrag damit auf die für einen Mietvertrag kennzeichnenden Hauptleistungspflichten nach § 535 Abs. 1 BGB beschränkt. Hiergegen ist aus Rechtsgründen nichts zu erinnern. Weder aus dem Inhalt der Rechnung vom 5. April 2019 noch aus dem bisherigen Vortrag der Parteien ergeben sich tragfähige Hinweise darauf, dass die Parteien zusätzlich noch eine bindende vertragliche Abrede über weitere von der Beklagten zu erbringende Leistungen für die geplante Hochzeitsfeier getroffen haben.

Etwas Anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagte auf die in einem gerichtlichen Hinweis des Berufungsgerichts aufgeworfene Frage, ob sie Aufwendungen, die bei Durchführung der Hochzeit angefallen wären, erspart habe, vorgetragen hat, dass es sich bei der Zahlung der Kläger um eine Anzahlung für die Miete der Räumlichkeiten gehandelt habe und Reinigungskosten, Kosten für das Catering sowie weitere Kosten zusätzlich in Rechnung gestellt worden wären. Hieraus lässt sich nicht schließen, dass es tatsächlich schon zu einer vertraglichen Vereinbarung über weitere Leistungen für die Hochzeitsfeier gekommen ist, die über die bloße Anmietung der Räume hinausgehen. In der Rechnung vom 5. April 2019 findet sich kein Hinweis auf die nunmehr aufgestellte Behauptung der Kläger, es habe sich bei der von ihnen geleisteten Zahlung lediglich um eine "Anzahlung" gehandelt. Im Übrigen sind die Kläger selbst in ihrem erst- und zweitinstanzlichen Vorbringen vom Vorliegen eines Mietvertrags ausgegangen. Da somit der als übergangen gerügte Vortrag nicht geeignet war, das vom Berufungsgericht gefundene Ergebnis, zwischen den Parteien sei ein Mietvertrag zustande gekommen, in Frage zu stellen, hat das Berufungsgericht entgegen der Auffassung der Anschlussrevision auch nicht die sich aus Art. 103 Abs. 1 GG ergebende Verpflichtung verletzt, wonach das Gericht entscheidungserhebliches Parteivorbringen zur Kenntnis zu nehmen und bei der Entscheidung in Erwägung zu ziehen hat.

2. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Kläger nicht gemäß §§ 326 Abs. 1, 275 Abs. 1 BGB von ihrer Verpflichtung zur Mietzahlung befreit sind.

Nach § 326 Abs. 5 BGB kann der Gläubiger vom Vertrag zurücktreten, falls der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 BGB die geschuldete Leistung nicht erbringen muss. Gemäß § 275 Abs. 1 BGB ist der Anspruch auf Leistung ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist. Diese Voraussetzung für das Rücktrittsrecht aus § 326 Abs. 5 BGB ist vorliegend nicht erfüllt. Denn der Beklagten war es trotz des zum Zeitpunkt der geplanten Hochzeitsfeier in Nordrhein-Westfalen geltenden Veranstaltungsverbots und der angeordneten Kontaktbeschränkungen nicht unmöglich, den Klägern den Gebrauch der Mietsache entsprechend dem vereinbarten Mietzweck zu gewähren.

Die von den Klägern für den 1. Mai 2020 geplante Hochzeitsfeier konnte deshalb nicht in der beabsichtigten Weise stattfinden, weil nach § 11 Abs. 1 Satz 1 CoronaSchVO in der zu diesem Zeitpunkt maßgeblichen Fassung Veranstaltungen und Versammlungen sowie nach § 12 Abs. 1 CoronaSchVO Zusammenkünfte und Ansammlungen im öffentlichen Raum von mehr als zwei Personen mit Ausnahme von Verwandten in gerader Linie, Geschwistern, Ehegatten, Lebenspartnerinnen und Lebenspartnern sowie in häuslicher Gemeinschaft lebenden Personen untersagt waren. Regelungen, die eine gewerbliche Überlassung von Mieträumen an Privatpersonen untersagt hätten, enthielt die Corona-Schutzverordnung nicht. Da sich die Verpflichtung der Beklagten auf die Gebrauchsüberlassung der Räumlichkeiten beschränkt und sie nicht die Durchführung einer Hochzeitsfeier geschuldet hat, kann sie auch nicht als Veranstalter der geplanten Hochzeitsfeier angesehen werden.

Darüber hinaus war der Beklagten die Leistungserbringung auch nicht im Hinblick auf die Regelung in § 9 Abs. 1 Satz 1 CoronaSchVO unmöglich. Danach musste zwar zum maßgeblichen Zeitpunkt auch der Betrieb von Restaurants, Gaststätten, Imbissen, Mensen, Kantinen, Kneipen, (Eis-)Cafés und anderen gastronomischen Einrichtungen eingestellt werden. Die Beklagte hatte sich nach den getroffenen Feststellungen jedoch nur zur Überlassung von Räumlichkeiten für die Hochzeitsfeier und nicht zur Erbringung zusätzlicher gastronomischer Leistungen verpflichtet. Deshalb wurde die von der Beklagten geschuldete Leistung von diesem Verbot nicht erfasst. Ihr wäre es trotz der in der Corona-Schutzverordnung enthaltenen umfangreichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie möglich gewesen, den Klägern die gemieteten Räumlichkeiten zu dem vorgesehenen Zeitpunkt zu überlassen. Dass die geplante Hochzeitsfeier nicht in der Form durchgeführt werden konnte, wie sie von den Klägern beabsichtigt war, beruhte somit auf Regelungen der Corona-Schutzverordnung, deren Adressat die Kläger als Veranstalter der Hochzeitsfeier waren, die aber der Beklagten die Erbringung der von ihr geschuldeten Leistung nicht unmöglich machten.

Daher kann die Frage, ob es sich bei der Anmietung von Räumlichkeiten für eine Hochzeitsfeier um ein absolutes Fixgeschäft handelt, bei dem die Nichteinhaltung der Leistungszeit die Unmöglichkeit der geschuldeten Leistung begründet (vgl. BGH Urteil vom 28. Mai 2009 - Xa ZR 113/08 - NJW 2009, 2743 Rn. 12 mwN), im vorliegenden Fall dahinstehen.

3. Ebenfalls zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Miete in dem streitgegenständlichen Zeitraum nicht nach § 536 Abs. 1 BGB gemindert war. Denn der Umstand, dass aufgrund verschiedener Regelungen in der zum Zeitpunkt des vereinbarten Termins geltenden Corona-Schutzverordnung die Durchführung einer Hochzeitsfeier mit der geplanten Bewirtung von 70 Personen nicht zulässig war, hat nicht zu einem Mangel des Mietgegenstands im Sinne von § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB geführt.

a) Wie der Senat entschieden hat, stellt eine Geschäftsschließung, die auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie erfolgt, keinen Mangel der Mietsache im Sinne von § 536 Abs. 1 BGB dar (Senatsurteil vom 12. Januar 2022 - XII ZR 8/21 - NZM 2022, 99 Rn. 26 ff., zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Gleiches gilt, wenn aus diesem Grund in Räumlichkeiten, die von Privatpersonen bei einem gewerblichen Anbieter angemietet wurden, eine dort geplante Veranstaltung nicht stattfinden konnte.

Ergeben sich aufgrund von gesetzgeberischen Maßnahmen während eines laufenden Mietverhältnisses Beeinträchtigungen des vertragsgemäßen Gebrauchs eines gewerblichen Mietobjekts, kann dies zwar einen Mangel im Sinne von § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB begründen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die durch die gesetzgeberische Maßnahme bewirkte Gebrauchsbeschränkung unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage des Mietobjekts in Zusammenhang steht. Danach führen die in § 12 Abs. 1 CoronaSchVO angeordneten Kontaktbeschränkungen und das in § 11 Abs. 1 CoronaSchVO geregelte Veranstaltungsverbot nicht zu einem Mangel der Mietsache im Sinne von § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB, weil die damit zusammenhängende Gebrauchsbeschränkung nicht auf der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der Mietsache beruht, sondern daran anknüpft, dass Veranstaltungen und der damit verbundene enge Kontakt zwischen Menschen die Gefahr einer verstärkten Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus begünstigt und dies aus Gründen des Infektionsschutzes untersagt werden sollte. Durch die Corona-Schutzverordnung wurde jedoch weder den Klägern die Nutzung der angemieteten Räume noch der Beklagten tatsächlich oder rechtlich die Überlassung der Mieträumlichkeiten verboten. Das Mietobjekt stand daher trotz der Regelungen in der Coronaschutzverordnung, die die Durchführung der geplanten Hochzeitsfeier untersagten, weiterhin für den vereinbarten Mietzweck zur Verfügung (vgl. Senatsurteil vom 12. Januar 2022 - XII ZR 8/21 - NZM 2022, 99 Rn. 34, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).

b) Das Vorliegen eines Mangels im Sinne von § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt sich auch nicht aus dem im vorliegenden Fall vereinbarten Mietzweck. Denn ohne besondere Umstände, die hier nicht vorgetragen wurden, gehören nur rechtliche Umstände, die die körperliche Beschaffenheit, den Zustand oder die Lage der Mietsache betreffen oder Einfluss auf sie haben, zu der vom Vermieter geschuldeten Leistung. Für öffentlich-rechtliche Gebrauchsbeschränkungen, Verbote oder Gebrauchshindernisse, die sich aus sonstigen Umständen ergeben oder in der Person des Mieters ihre Ursache haben, hat der Vermieter hingegen ohne eine anderslautende Vereinbarung nicht einzustehen. Ein redlicher Mieter darf daher das Leistungsversprechen seines Vermieters im Zweifel nicht dahin verstehen, dieser wolle ihm die vereinbarte Nutzung unter allen erdenklichen Umständen gewährleisten. Deshalb konnten im vorliegenden Fall die Kläger nicht davon ausgehen, dass die Beklagte mit der Vereinbarung des konkreten Mietzwecks eine unbedingte Einstandspflicht auch für den Fall eines hoheitlich angeordneten Verbots von Veranstaltungen zur Bekämpfung einer Pandemie übernehmen wollte (vgl. Senatsurteil vom 12. Januar 2022 - XII ZR 8/21 - NZM 2022, 99 Rn. 36, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).

4. Da der Beklagten die Überlassung der Mietsache trotz der zum maßgeblichen Zeitpunkt hoheitlich angeordneten Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie nicht unmöglich war und die Mietsache keinen Mangel im Sinne von § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB aufwies, stand den Klägern auch kein Recht zur außerordentlichen Kündigung des Mietvertrags nach § 543 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB zu.

5. Ebenfalls zutreffend ist die Auffassung des Berufungsgerichts, für einen Mieter, der Räume zur Durchführung einer Veranstaltung gemietet hat, komme ein Anspruch auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB grundsätzlich in Betracht. Allerdings sind seine Erwägungen zu einer Vertragsanpassung dahingehend, dass die Kläger nur die Hälfte der vereinbarten Miete zahlen müssen, nicht frei von Rechtsfehlern.

a) Für den Fall einer Geschäftsschließung, die auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie erfolgt, hat der Senat zwischenzeitlich entschieden, dass ein Anspruch des Mieters von gewerblich genutzten Räumen auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB grundsätzlich in Betracht kommt (Senatsurteil vom 12. Januar 2022 - XII ZR 8/21 - NZM 2022, 99 Rn. 41, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Dies gilt auch für den Mieter, der bei einem gewerblichen Vermieter Räumlichkeiten zur Durchführung einer Veranstaltung gemietet hat, die aufgrund von hoheitlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie nicht stattfinden konnte.

Durch die COVID-19-Pandemie und die damit verbundenen weitreichenden Beschränkungen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens hat sich die sog. große Geschäftsgrundlage für den zwischen den Parteien abgeschlossenen Mietvertrag schwerwiegend geändert (vgl. Senatsurteil vom 12. Januar 2022 - XII ZR 8/21 - NZM 2022, 99 Rn. 43 ff., zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Nach den getroffenen Feststellungen hatte auch keine der Parteien bei Abschluss des Mietvertrags die Vorstellung, dass es zu einer Pandemie und damit verbundenen erheblichen hoheitlichen Einschränkungen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens kommen würde, durch die die beabsichtigte Nutzung der Mieträume eingeschränkt wird. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte kann zudem davon ausgegangen werden, dass die Parteien den Mietvertrag mit einem anderen Inhalt abgeschlossen hätten, wenn sie bei Vertragsschluss die Möglichkeit einer Pandemie und die damit verbundene Gefahr, dass aufgrund hoheitlicher Beschränkungen die Hochzeitsfeier nicht stattfinden kann, vorausgesehen hätten. Denn es ist anzunehmen, dass redliche Mietvertragsparteien für diesen Fall das damit verbundene wirtschaftliche Risiko nicht einseitig zu Lasten des Mieters geregelt, sondern in dem Vertrag für diesen Fall eine Möglichkeit zur Anpassung vorgesehen hätten (vgl. Senatsurteil vom 12. Januar 2022 - XII ZR 8/21 - NZM 2022, 99 Rn. 52 mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).

b) Allerdings muss - wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat - neben den hier gegebenen realen und hypothetischen Elementen auch das normative Element erfüllt sein. Denn die Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB berechtigt für sich genommen noch nicht zu einer Vertragsanpassung. Vielmehr verlangt die Vorschrift als weitere Voraussetzung, dass dem betroffenen Vertragspartner unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Durch diese Formulierung kommt zum Ausdruck, dass nicht jede einschneidende Veränderung der bei Vertragsschluss bestehenden oder gemeinsam erwarteten Verhältnisse eine Vertragsanpassung oder eine Kündigung (§ 313 Abs. 3 BGB) rechtfertigt. Hierfür ist vielmehr erforderlich, dass ein Festhalten an der vereinbarten Regelung für die betroffene Partei zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis führt (Senatsurteil vom 12. Januar 2022 - XII ZR 8/21 - NZM 2022, 99 Rn. 53, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).

Im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter trägt grundsätzlich der Mieter das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache. Kann ein Mieter eine konkrete Veranstaltung, für die er Räumlichkeiten gemietet hat, aufgrund hoheitlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie nicht durchführen, geht dies jedoch über das gewöhnliche Verwendungsrisiko des Mieters hinaus (vgl. Senatsurteil vom 12. Januar 2022 - XII ZR 8/21 - NZM 2022, 99 Rn. 55 mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Die Gebrauchsbeschränkung an der Mietsache ist in diesem Fall Folge der umfangreichen staatlichen Eingriffe in das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie, für die keine der beiden Mietvertragsparteien verantwortlich gemacht werden kann. Durch die COVID-19-Pandemie hat sich letztlich ein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht, das von der mietvertraglichen Risikoverteilung ohne eine entsprechende vertragliche Regelung nicht erfasst wird. Diese Systemkrise mit ihren weitreichenden Folgen hat vielmehr zu einer Störung der großen Geschäftsgrundlage geführt. Das damit verbundene Risiko kann regelmäßig keiner Vertragspartei allein zugewiesen werden (Senatsurteil vom 12. Januar 2022 - XII ZR 8/21 - NZM 2022, 99 Rn. 55 mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).

c) Auch wenn die mit einem pandemiebedingten Veranstaltungsverbot verbundene Gebrauchsbeeinträchtigung der Mietsache nicht allein dem Verwendungsrisiko des Mieters zugeordnet werden kann, bedeutet dies aber nicht, dass der Mieter stets eine Anpassung des Vertrags hinsichtlich der Miete verlangen kann.

aa) Ob dem Mieter ein Festhalten an dem unveränderten Vertrag unzumutbar ist, bedarf auch in diesem Fall einer umfassenden Abwägung, bei der sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind (§ 313 Abs. 1 BGB). Dabei kann eine Anpassung nur insoweit verlangt werden, als dem einen Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Das Gericht muss daher nach § 313 Abs. 1 BGB diejenigen Rechtsfolgen wählen, die den Parteien unter Berücksichtigung der Risikoverteilung zumutbar sind (MünchKommBGB/Finkenauer 8. Aufl. § 313 Rn. 89) und durch die eine interessengerechte Verteilung des verwirklichten Risikos bei einem möglichst geringen Eingriff in die ursprüngliche Regelung hergestellt wird (BGH Urteil vom 21. September 1995 - VII ZR 80/94 - ZIP 1995, 1935, 1939 mwN). Die Anpassung darf in die Vereinbarung der Parteien nicht weiter eingreifen, als es durch die veränderten Umstände geboten ist (vgl. BAG NJW 2003, 3005, 3006).

Die Anwendung der Grundsätze über die Störung der Geschäftsgrundlage führt nur ausnahmsweise zur völligen Beseitigung des Vertragsverhältnisses; in aller Regel ist der Vertrag aufrechtzuerhalten und lediglich in einer den berechtigten Interessen beider Parteien Rechnung tragenden Form der veränderten Sachlage anzupassen (BGH Urteil vom 8. Februar 1984 - VIII ZR 254/82 - NJW 1984, 1746, 1747). Deshalb ist nicht nur bei der Prüfung des normativen Tatbestandsmerkmals des § 313 Abs. 1 BGB, sondern auch bei der Frage, welche Form der Vertragsanpassung im konkreten Fall angemessen ist, von besonderer Bedeutung, welche Regelung die Parteien gewählt hätten, wenn sie das Ereignis, das zur Störung der Geschäftsgrundlage geführt hat, bei Vertragsschluss bedacht hätten (vgl. BeckOGK/Martens [Stand: 1. Januar 2022] BGB § 313 Rn. 140). Unzumutbar ist eine Vertragsanpassung dann, wenn sie gegenüber dem ursprünglichen Vertrag zu einer Mehrbelastung einer Partei führen würde, der diese nicht wenigstens hypothetisch bei Vertragsschluss zugestimmt hätte, wenn sie die Grundlagenstörung vorausgesehen hätte (BeckOGK/Martens [Stand: 1. Januar 2022] BGB § 313 Rn. 145).

Nur wenn eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar ist, kann nach § 313 Abs. 3 BGB der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten oder bei Dauerschuldverhältnissen den Vertrag kündigen.

bb) Eine pauschale Betrachtungsweise wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Deshalb kommt eine Vertragsanpassung dahingehend, dass ohne Berücksichtigung der konkreten Umstände die Miete grundsätzlich um die Hälfte herabgesetzt wird, weil das Risiko einer pandemiebedingten Gebrauchsbeschränkung der Mietsache keine der beiden Mietvertragsparteien allein trifft, nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 12. Januar 2022 - XII ZR 8/21 - NZM 2022, 99 Rn. 57, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).

cc) Auf dieser Grundlage hat das Gericht in tatrichterlicher Verantwortung für den konkreten Einzelfall die Voraussetzungen des § 313 BGB festzustellen und gegebenenfalls eine Vertragsanpassung vorzunehmen, bei der ein weiter Ermessensspielraum des Tatgerichts besteht (vgl. MünchKommBGB/Finkenauer 8. Aufl. § 313 Rn. 89). Dessen Entscheidung ist vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüfbar, ob das Ermessen ausgeübt worden ist, dabei alle wesentlichen Umstände rechtsfehlerfrei ermittelt und berücksichtigt sowie die Grenzen des tatrichterlichen Ermessens richtig bestimmt und eingehalten worden sind (Senatsurteil BGHZ 209, 105 = NJW 2016, 1441 Rn. 22).

d) Danach ist die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, im vorliegenden Fall sei der Mietvertrag dahingehend anzupassen, dass die Kläger nur die Hälfte der vereinbarten Miete zu zahlen haben, nicht frei von Rechtsfehlern.

aa) Keinen rechtlichen Bedenken begegnet allerdings, dass das Berufungsgericht der Frage nicht weiter nachgegangen ist, ob den Klägern wegen der pandemiebedingten Störung der Geschäftsgrundlage ein Rücktrittsrecht zustand. Nach den getroffenen Feststellungen haben die Kläger keine tragfähigen Umstände dafür vorgetragen, dass eine andere Form der Vertragsanpassung unmöglich oder ihnen nicht zumutbar sei (vgl. § 313 Abs. 3 BGB). Allein die nicht näher begründete Behauptung, eine Verschiebung der Hochzeitsfeier auf einen späteren Termin komme für sie nicht in Betracht, reicht hierfür nicht aus. Daher war der von ihnen mit Schreiben vom 24. April 2020 erklärte Rücktritt unwirksam und die Zahlungsverpflichtung der Kläger ist hierdurch nicht vollständig entfallen.

bb) Rechtsfehlerhaft ist dagegen, dass das Berufungsgericht nicht ausreichend in den Blick genommen hat, ob sich der Anspruch der Kläger nach § 313 Abs. 1 BGB auf Vertragsanpassung auf die von der Beklagten angebotene Verlegung der Hochzeitsfeier beschränkt, weil bereits dadurch eine interessengerechte Verteilung des Pandemierisikos bei einem möglichst geringen Eingriff in die ursprüngliche Regelung hergestellt werden kann. Das Berufungsgericht hat zwar eine Verlegung der Feier für nicht interessengerecht gehalten, weil zum Zeitpunkt der Entscheidung aufgrund der anhaltenden COVID-19-Pandemie nicht absehbar sei, ob eine Veranstaltung mit 70 Personen in nächster Zeit durchgeführt werden könne, und es deshalb den Klägern nicht zugemutet werden könne, erneut eine Hochzeitsfeier zu planen, die letztlich wieder abgesagt werden müsse. Dabei hat es jedoch nicht angemessen berücksichtigt, dass die Beklagte den Klägern bereits am 26. März 2020 eine Vielzahl von Ausweichterminen, auch für das Jahr 2021, angeboten hat, die den Klägern eine langfristige Planung auch unter Berücksichtigung der weiteren Entwicklung des Pandemiegeschehens ermöglicht hätte. Dieses Angebot zu einer kostenlosen Umbuchung des Termins hat die Beklagte am 25. April 2020 wiederholt. Die Kläger waren jedoch zu weiteren Verhandlungen mit der Beklagten über eine angemessene Vertragsanpassung nicht bereit und haben das Angebot auf Verlegung des Termins pauschal abgelehnt. Dies zeigt, dass die Kläger an einer interessengerechten Lösung nicht interessiert waren, sondern allein eine Aufhebung des Mietvertrags erreichen und damit das Risiko der Absage der Feier einseitig auf die Beklagte verlagern wollten.

Den Klägern wäre zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung eine Verlegung der Hochzeitsfeier auch zumutbar gewesen. Die standesamtliche Trauung der Kläger hatte bereits im Dezember 2018 stattgefunden. Die Hochzeitsfeier stand daher nicht, wie regelmäßig, im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit einer standesamtlichen oder kirchlichen Trauung. Die Kläger haben auch keine anderen Gründe dafür vorgetragen, dass die Feier ausschließlich am 1. Mai 2020 und nicht auch zu einem späteren Termin hätte stattfinden können. Soweit das Berufungsgericht meint, die Kläger müssten sich nicht auf eine Terminsverschiebung einlassen, weil ihnen eine erneute Planung der Hochzeitsfeier nicht zumutbar sei, hat es nicht angemessen berücksichtigt, dass am 1. Mai 2020 aufgrund der zu diesem Zeitpunkt geltenden weitreichenden hoheitlichen Beschränkungen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie die Durchführung einer Hochzeitsfeier mit 70 Personen in ganz Deutschland nicht möglich war. Die Kläger hätten daher, unabhängig von den konkret angemieteten Räumlichkeiten, die geplante Hochzeitsfeier an diesem Tag nicht durchführen können und den Termin mit den damit verbundenen Planungs- und Vorbereitungsarbeiten verlegen müssen. Dass die Kläger endgültig auf eine nachträgliche Hochzeitsfeier verzichten wollten und daher für sie auch zu einem späteren Zeitpunkt kein Bedarf an Räumlichkeiten bestand, die für eine solche Veranstaltung geeignet sind, ergibt sich aus ihrem Vortrag nicht. Sollten sich die Kläger aber tatsächlich hierzu entschlossen haben, fiele diese Entscheidung allein in ihren Risikobereich und hätte daher auf die vorzunehmende Vertragsanpassung keine Auswirkung. Denn sie beträfe das allgemeine Verwendungsrisiko eines Mieters und stünde nicht mehr in unmittelbarem Zusammenhang mit der pandemiebedingten Störung der Geschäftsgrundlage.

cc) Die von den Klägern angestrebte Vertragsanpassung dahingehend, dass sie von ihrer Verpflichtung zur Mietzahlung ganz oder teilweise befreit werden, kommt somit nicht in Betracht, weil ihnen die Annahme des Angebots der Beklagten auf Verlegung des Termins für die geplante Hochzeitsfeier unter Abwägung aller Umstände einschließlich der vertraglichen Risikoverteilung (§ 313 Abs. 1 BGB) zumutbar ist. Dies kann der Senat selbst beurteilen, weil die zu berücksichtigenden Umstände festgestellt und weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind.

III.

Da die Aufhebung des Urteils nur wegen einer Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat gemäß § 563 Abs. 3 ZPO auch in der Sache zu entscheiden. Im Ergebnis ist die amtsgerichtliche Entscheidung wiederherzustellen.

Dose

Schilling

Günter

Nedden-Boeger

Guhling

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Bundesgerichtshof Urteil, 2. März 2022 - XII ZR 36/21 zitiert 10 §§.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 812 Herausgabeanspruch


(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mi

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 313 Störung der Geschäftsgrundlage


(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kan

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 535 Inhalt und Hauptpflichten des Mietvertrags


(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und s

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 275 Ausschluss der Leistungspflicht


#BJNR001950896BJNE026802377 (1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist. (2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtu

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 543 Außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund


(1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vert

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 326 Befreiung von der Gegenleistung und Rücktritt beim Ausschluss der Leistungspflicht


#BJNR001950896BJNE031902377 (1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner im

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 536 Mietminderung bei Sach- und Rechtsmängeln


(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufg

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Bundesgerichtshof Urteil, 2. März 2022 - XII ZR 36/21 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 2. März 2022 - XII ZR 36/21 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 2. März 2022 - XII ZR 36/21

bei uns veröffentlicht am 01.09.2022

Amtliche Leitsätze1. Kann eine Hochzeitsfeier aufgrund der zu diesem Zeitpunkt zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie geltenden Maßnahmen nicht wie geplant durchgeführt werden, wird dem Vermieter der hierfür gemieteten Rä

Bundesgerichtshof Urteil, 12. Jan. 2022 - XII ZR 8/21

bei uns veröffentlicht am 19.01.2022

Der BGH hat entschieden, dass eine Anpassung der Höhe des Mietvertrages während der Zeit des Lockdowns auf Grundlage des § 313 Abs. 1 BGB möglich ist. Erforderlich ist, dass das Festhalten am ursprünglichen Mietvertrag fü
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 2. März 2022 - XII ZR 36/21.

Bundesgerichtshof Urteil, 2. März 2022 - XII ZR 36/21

bei uns veröffentlicht am 01.09.2022

Amtliche Leitsätze1. Kann eine Hochzeitsfeier aufgrund der zu diesem Zeitpunkt zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie geltenden Maßnahmen nicht wie geplant durchgeführt werden, wird dem Vermieter der hierfür gemieteten Rä

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(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.

(1a) Für die Dauer von drei Monaten bleibt eine Minderung der Tauglichkeit außer Betracht, soweit diese auf Grund einer Maßnahme eintritt, die einer energetischen Modernisierung nach § 555b Nummer 1 dient.

(2) Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt auch, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt.

(3) Wird dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch das Recht eines Dritten ganz oder zum Teil entzogen, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam.

(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Er hat die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen.

(2) Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten.

*

(1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner im Falle der nicht vertragsgemäßen Leistung die Nacherfüllung nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu erbringen braucht.

(2) Ist der Gläubiger für den Umstand, auf Grund dessen der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich oder tritt dieser vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit ein, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist, so behält der Schuldner den Anspruch auf die Gegenleistung. Er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Befreiung von der Leistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

(3) Verlangt der Gläubiger nach § 285 Herausgabe des für den geschuldeten Gegenstand erlangten Ersatzes oder Abtretung des Ersatzanspruchs, so bleibt er zur Gegenleistung verpflichtet. Diese mindert sich jedoch nach Maßgabe des § 441 Abs. 3 insoweit, als der Wert des Ersatzes oder des Ersatzanspruchs hinter dem Wert der geschuldeten Leistung zurückbleibt.

(4) Soweit die nach dieser Vorschrift nicht geschuldete Gegenleistung bewirkt ist, kann das Geleistete nach den §§ 346 bis 348 zurückgefordert werden.

(5) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger zurücktreten; auf den Rücktritt findet § 323 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass die Fristsetzung entbehrlich ist.

*

(1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.

(2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat.

(3) Der Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann.

(4) Die Rechte des Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326.

(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.

(1a) Für die Dauer von drei Monaten bleibt eine Minderung der Tauglichkeit außer Betracht, soweit diese auf Grund einer Maßnahme eintritt, die einer energetischen Modernisierung nach § 555b Nummer 1 dient.

(2) Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt auch, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt.

(3) Wird dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch das Recht eines Dritten ganz oder zum Teil entzogen, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam.

(1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn

1.
dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird,
2.
der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet oder sie unbefugt einem Dritten überlässt oder
3.
der Mieter
a)
für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder
b)
in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.
Im Falle des Satzes 1 Nr. 3 ist die Kündigung ausgeschlossen, wenn der Vermieter vorher befriedigt wird. Sie wird unwirksam, wenn sich der Mieter von seiner Schuld durch Aufrechnung befreien konnte und unverzüglich nach der Kündigung die Aufrechnung erklärt.

(3) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag, so ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Dies gilt nicht, wenn

1.
eine Frist oder Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht,
2.
die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist oder
3.
der Mieter mit der Entrichtung der Miete im Sinne des Absatzes 2 Nr. 3 in Verzug ist.

(4) Auf das dem Mieter nach Absatz 2 Nr. 1 zustehende Kündigungsrecht sind die §§ 536b und 536d entsprechend anzuwenden. Ist streitig, ob der Vermieter den Gebrauch der Mietsache rechtzeitig gewährt oder die Abhilfe vor Ablauf der hierzu bestimmten Frist bewirkt hat, so trifft ihn die Beweislast.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Er hat die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen.

(2) Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

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(1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner im Falle der nicht vertragsgemäßen Leistung die Nacherfüllung nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu erbringen braucht.

(2) Ist der Gläubiger für den Umstand, auf Grund dessen der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich oder tritt dieser vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit ein, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist, so behält der Schuldner den Anspruch auf die Gegenleistung. Er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Befreiung von der Leistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

(3) Verlangt der Gläubiger nach § 285 Herausgabe des für den geschuldeten Gegenstand erlangten Ersatzes oder Abtretung des Ersatzanspruchs, so bleibt er zur Gegenleistung verpflichtet. Diese mindert sich jedoch nach Maßgabe des § 441 Abs. 3 insoweit, als der Wert des Ersatzes oder des Ersatzanspruchs hinter dem Wert der geschuldeten Leistung zurückbleibt.

(4) Soweit die nach dieser Vorschrift nicht geschuldete Gegenleistung bewirkt ist, kann das Geleistete nach den §§ 346 bis 348 zurückgefordert werden.

(5) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger zurücktreten; auf den Rücktritt findet § 323 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass die Fristsetzung entbehrlich ist.

*

(1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.

(2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat.

(3) Der Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann.

(4) Die Rechte des Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326.

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(1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner im Falle der nicht vertragsgemäßen Leistung die Nacherfüllung nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu erbringen braucht.

(2) Ist der Gläubiger für den Umstand, auf Grund dessen der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich oder tritt dieser vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit ein, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist, so behält der Schuldner den Anspruch auf die Gegenleistung. Er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Befreiung von der Leistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

(3) Verlangt der Gläubiger nach § 285 Herausgabe des für den geschuldeten Gegenstand erlangten Ersatzes oder Abtretung des Ersatzanspruchs, so bleibt er zur Gegenleistung verpflichtet. Diese mindert sich jedoch nach Maßgabe des § 441 Abs. 3 insoweit, als der Wert des Ersatzes oder des Ersatzanspruchs hinter dem Wert der geschuldeten Leistung zurückbleibt.

(4) Soweit die nach dieser Vorschrift nicht geschuldete Gegenleistung bewirkt ist, kann das Geleistete nach den §§ 346 bis 348 zurückgefordert werden.

(5) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger zurücktreten; auf den Rücktritt findet § 323 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass die Fristsetzung entbehrlich ist.

(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.

(1a) Für die Dauer von drei Monaten bleibt eine Minderung der Tauglichkeit außer Betracht, soweit diese auf Grund einer Maßnahme eintritt, die einer energetischen Modernisierung nach § 555b Nummer 1 dient.

(2) Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt auch, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt.

(3) Wird dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch das Recht eines Dritten ganz oder zum Teil entzogen, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam.

Bundesgerichtshof

Urteil vom 12.01.2022

Az.: XII ZR 8/21

 

Tenor

Auf die Revisionen der Klägerin und der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 24. Februar 2021 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Zahlung von Gewerberaummiete für den Monat April 2020.

Die Parteien schlossen im September 2013 einen Mietvertrag über Gebäude und Parkplätze in S. Die Vermietung erfolgte "ausschließlich zu gewerblichen Zwecken zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts für Textilien aller Art, sowie Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs". Seit dem 1. Januar 2019 beträgt die monatliche Bruttomiete 7.854,00 €. Zusätzlich trägt die Beklagte als Mieterin im Vertrag näher beschriebene Nebenkosten. § 5 Nr. 3 des Mietvertrags enthält folgende Regelung: "Wenn die Gas-, Strom- und Wasserversorgung oder Entwässerung durch einen nicht von dem Vermieter zu vertretenden Umstand unterbrochen wurde oder wenn Überschwemmungen oder sonstige Katastrophen eintreten, steht dem Mieter ein Recht auf Mietminderung oder Schadensersatz nicht zu."

Aufgrund der sich verbreitenden Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19-Pandemie) erließ das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt am 18. März 2020 auf der Grundlage von § 28 Abs. 1 IfSG die "Allgemeinverfügung Vollzug des Infektionsschutzgesetzes Maßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie Verbot von Veranstaltungen", nach deren Ziffer 1 in Sachsen grundsätzlich alle Geschäfte geschlossen wurden, soweit sie nicht unter die in der Allgemeinverfügung ausdrücklich benannten - hier nicht relevanten - Ausnahmen fielen. Diese Allgemeinverfügung trat am 19. März 2020 um 0:00 Uhr in Kraft und wurde ab dem 22. März 2020, 0:00 Uhr von der "Allgemeinverfügung Vollzug des Infektionsschutzgesetzes Maßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie Verbot von Veranstaltungen" des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 20. März 2020 ersetzt, nach deren Ziffer 2, übereinstimmend mit der Allgemeinverfügung vom 18. März 2020, Geschäfte grundsätzlich geschlossen wurden, soweit nicht die in der Allgemeinverfügung vom 20. März 2020 formulierten Ausnahmen eingriffen. Aufgrund der genannten Allgemeinverfügungen war das Textileinzelhandelsgeschäft der Beklagten im Mietobjekt vom 19. März 2020 bis einschließlich 19. April 2020 geschlossen.

Nach entsprechender Ankündigung mit Schreiben vom 24. März 2020 zahlte die Beklagte die Miete für den Monat April 2020 nicht und rechnete gegen die Mietzahlungspflicht für die Zeit vom 20. bis 30. April 2020 mit der aus ihrer Sicht überzahlten Miete für die Zeit vom 19. bis 31. März 2020 auf. Die folgenden Mietzahlungen erbrachte die Beklagte vollständig.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung der Miete für den Monat April 2020 in Höhe von 7.854,00 € nebst Zinsen und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Beklagte - unter Abweisung der Klage im Übrigen - zur Zahlung von 3.720,09 € nebst Zinsen und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verurteilt. Hiergegen wenden sich die Klägerin, die ihr Klagebegehren vollständig weiterverfolgt, und die Beklagte, die nach wie vor Klageabweisung begehrt, mit ihren vom Oberlandesgericht zugelassenen Revisionen.

Gründe

Die Revisionen der Klägerin und der Beklagten sind begründet. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

I.

Das Oberlandesgericht hat seine in ZMR 2021, 476 veröffentlichte Entscheidung wie folgt begründet:

Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, der Anspruch auf Zahlung der Miete als Gegenleistung zur Verpflichtung der Klägerin als Vermieterin zur Überlassung des Gebrauchs der Mieträume sei gemäß § 326 Abs. 1 BGB entfallen. Soweit es um die Gebrauchsuntauglichkeit des Mietobjekts gehe, würden die Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts, zu denen auch diejenigen über die Unmöglichkeit gehörten, von den mietrechtlichen Gewährleistungsregelungen nach §§ 536 ff. BGB verdrängt, wenn das Mietobjekt - wie hier - bereits vom Vermieter an den Mieter überlassen worden sei.

Die Regelung in Art. 240 § 2 EGBGB entfalte keine Sperrwirkung, die eine Anwendung der mietrechtlichen Gewährleistungsvorschriften bei behördlichen Betriebsuntersagungen in Folge der COVID-19-Pandemie ausschließe.

Ein zur Minderung der Miete führender Mietmangel sei durch die staatlich angeordnete Schließung nicht begründet worden. Ohne die staatliche, nicht objektbezogene und von der Klägerin nicht zu beeinflussende Anordnung sei das Mietobjekt uneingeschränkt nutzbar und die Mieträume seien - im Rahmen der Beschränkungen der Corona-Schutzverordnung - frei zugänglich gewesen. Lediglich die von der Beklagten beabsichtigte Verwendung sei - vom Mietobjekt unabhängig - untersagt gewesen. Auch wenn Störungen, die außerhalb der Mietsache liegen, grundsätzlich einen Mangel begründen könnten und für den hier vereinbarten Betrieb eines Textileinzelhandelsgeschäfts die Möglichkeit des Zugangs des Publikums eine Voraussetzung sei, werde dem Vermieter damit nicht das Risiko der objekt- und lageunabhängigen Nutzbarkeit der Mieträume übertragen.

Infolge des Auftretens der COVID-19-Pandemie und der staatlichen Schließungsanordnung aus den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20. März 2020 sei jedoch eine Störung der Geschäftsgrundlage des Mietvertrags i.S.v. § 313 Abs. 1 BGB eingetreten, die eine Anpassung des Vertrags dahin auslöse, dass die Kaltmiete für die Dauer der angeordneten Schließung auf die Hälfte reduziert werde.

Zur Geschäftsgrundlage der Parteien als Vermieterin und Mieterin von Geschäftsräumen für die Nutzung als Textileinzelhandelsgeschäft habe die Vorstellung gehört, dass es nicht zu einer Pandemie mit weitgehender Stilllegung des öffentlichen Lebens infolge pandemiebedingter Nutzungsuntersagungen und -beeinträchtigungen kommen würde. Das Auftreten der Pandemie mit den entsprechenden weitreichenden staatlichen Eingriffen in das wirtschaftliche und soziale Leben bedeute eine schwerwiegende Änderung der für die Vertragslaufzeit vorgestellten Umstände. Damit sei das tatsächliche Element der Störung der Geschäftsgrundlage verwirklicht. Es liege eine Systemkrise und damit ein Fall der Störung der großen Geschäftsgrundlage vor, weil durch sie das allgemeine soziale und wirtschaftliche Gefüge nachhaltig erschüttert worden sei. Ohne dass es hierauf entscheidend ankommen würde, spreche für diese Annahme auch der Inhalt des mit Wirkung vom 31. Dezember 2020 neu geschaffenen Art. 240 § 7 Abs. 1 EGBGB.

Im Rahmen der Störung der großen Geschäftsgrundlage sei das hypothetische Element regelmäßig erfüllt, weil die Parteien den Vertrag dann nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten. Zudem sei zu beachten, dass es sich bei der Änderung der zur Geschäftsgrundlage gehörenden Umstände um sehr wesentliche Rahmenbedingungen für den Betrieb des Textileinzelhandelsgeschäfts der Beklagten gehandelt habe. Daher hätten im maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses verständige und wirtschaftlich denkende Vertragspartner dieses beide gleichermaßen betreffende und nicht zu beeinflussende Risiko nicht einseitig zu Lasten eines Vertragspartners verteilt.

Das normative Element des § 313 Abs. 1 BGB sei ebenfalls erfüllt. Es gehe hier nicht um ein "normales" Risiko der Gebrauchstauglichkeit bzw. der Verwendung des Mietobjekts durch den Mieter, sondern um weitgehende staatliche Eingriffe in das soziale und wirtschaftliche Leben aufgrund einer Pandemie, die als Systemkrise eine Störung der großen Geschäftsgrundlage sei. Das mit der Störung der großen Geschäftsgrundlage verbundene Risiko könne regelmäßig keiner Vertragspartei allein zugewiesen werden. Von der vertraglichen Risikozuweisung werde deshalb dieses von den Vertragsparteien nicht vorhergesehene und die Geschäftsgrundlage des Vertrags betreffende Geschehen nicht erfasst. Das Festhalten am unveränderten Mietvertrag sei der Beklagten nicht zumutbar, weshalb der Mietvertrag nach § 313 Abs. 1 BGB entsprechend anzupassen sei.

Vorliegend sei eine Absenkung der Kaltmiete um 50 % gerechtfertigt, weil keine der Vertragsparteien eine Ursache für die Störung der Geschäftsgrundlage gesetzt oder sie vorhergesehen habe. Es sei demzufolge angemessen, die damit verbundene Belastung gleichmäßig auf beide Parteien zu verteilen. Offenbleiben könne, ob die Zahlung staatlicher Hilfen an einen der Vertragspartner des Mietvertrags zu einer weiteren Anpassung der Höhe der Miete führen würde, weil nicht habe festgestellt werden können, dass die Klägerin oder die Beklagte solche staatlichen Hilfen erhalten habe. Der Klägerin sei auch keine Teilnutzung des Mietobjekts im Sinne eines "Außer-Haus-Verkaufs" bzw. eines entsprechenden Liefer- und Abholservice möglich, wie dies etwa bei Gaststätten erlaubt gewesen sei.

Dies führe dazu, dass die Beklagte für den Monat April 2020 anstelle der vertraglich vereinbarten Miete von 7.854,00 € nur 5.366,90 € zahlen müsse, während sie für den Monat März 2020 6.207,19 € zu zahlen gehabt hätte, also mit ihrer vollständigen Mietzahlung die Miete in Höhe von 1.646,81 € überzahlt habe. In dieser Höhe habe die Beklagte hilfsweise die Aufrechnung gegen die Forderung der Klägerin auf Zahlung der Miete für April 2020 erklärt, so dass sich im Ergebnis der Anspruch der Klägerin von 5.366,90 € auf 3.720,09 € reduziere.

II.

Diese Ausführungen halten in einem wesentlichen Punkt der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass die Anwendbarkeit der mietrechtlichen Gewährleistungsvorschriften und der Regelungen des allgemeinen schuldrechtlichen Leistungsstörungsrechts, insbesondere des § 313 Abs. 1 BGB, nicht durch Art. 240 § 2 EGBGB, mit dem die Kündigungsmöglichkeit des Vermieters wegen eines coronabedingten Zahlungsverzugs des Mieters ausgesetzt wurde, ausgeschlossen ist.

a) Zwar wird in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum teilweise die Auffassung vertreten, der Gesetzgeber habe mit Einführung dieser Vorschrift durch Art. 5 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27. März 2020 (BGBl. I S. 569) eine Sonderregelung getroffen, mit der die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Rechte und Pflichten von Mietvertragsparteien abschließend geregelt werden sollten (vgl. Jung BB 2021, 329, 331 f.; Klimesch/Walther ZMR 2020, 556, 557; LG München II Urteil vom 6. Oktober 2020 - 13 O 2044/20 - BeckRS 2020, 34263). Die überwiegende Auffassung lehnt mit dem Berufungsgericht eine entsprechende Sperrwirkung des Art. 240 § 2 EGBGB hingegen ab (ebenso OLG München NJW 2021, 948, 950; KG GE 2021, 570, 572; OLG Frankfurt NZM 2021, 395, 396 f.; LG Mönchengladbach Urteil vom 2. November 2020 - 12 O 154/20 - BeckRS 2020, 30731 Rn. 39; LG München I Urteil vom 25. Januar 2021 - 31 O 7743/20 - BeckRS 2021, 453 Rn. 53 ff.; MünchKommBGB/Häublein 8. Aufl. EGBGB Art. 240 § 2 Rn. 6; BeckOGK/Martens [Stand: 1. Oktober 2021] BGB § 313 Rn. 239; BeckOGK/Geib [Stand: 1. Oktober 2021] EGBGB Art. 240 § 2 Rn. 18 und 20; BeckOK BGB/Wiederhold [Stand: 1. August 2021] EGBGB Art. 240 § 2 Rn. 10; Brinkmann/Thüsing NZM 2021, 5, 9 f.; Herlitz NJ 2021, 56, 58; Zehelein NZM 2020, 390, 401; Streyl NZM 2020, 817, 823; Warmuth COVuR 2020, 16, 17; Klose NZM 2021, 832 f.).

b) Die letztgenannte Auffassung trifft zu. Entgegen der Ansicht der Klägerin lässt sich weder aus dem Wortlaut der Vorschrift noch aus der Gesetzesbegründung schließen, dass der Gesetzgeber mit Einführung des Art. 240 § 2 EGBGB die Folgen, die sich aus den umfangreichen hoheitlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie insbesondere für gewerbliche Mietverhältnisse ergeben können, abschließend regeln wollte.

aa) Nach seinem eindeutigen Wortlaut enthält Art. 240 § 2 Abs. 1 Satz 1 EGBGB nur eine Beschränkung des Kündigungsrechts des Vermieters, sofern die Nichtleistung der vom Mieter geschuldeten Mietzahlung allein auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Die Vorschrift geht daher davon aus, dass - anders als bei den in Art. 240 § 1 EGBGB genannten Dauerschuldverhältnissen - die Verpflichtung des Mieters zur Mietzahlung grundsätzlich weiter bestehen bleibt. Regelungen zur Höhe der Miete oder zu sonstigen Auswirkungen der Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung auf die Verpflichtung des Mieters zur Mietzahlung enthält die Vorschrift jedoch nicht. Auch aus der zeitlichen Beschränkung des Kündigungsausschlusses bis zum 30. Juni 2022 in Art. 240 § 2 Abs. 4 EGBGB kann nicht darauf geschlossen werden, dass der Gesetzgeber für die Zahlungspflicht des Mieters eine abschließende Regelung treffen wollte. Die Vorschrift zeigt zwar ebenfalls, dass das Gesetz grundsätzlich von einer fortbestehenden Zahlungspflicht des Mieters ausgeht. Ob der Mieter in dem maßgeblichen Zeitraum jedoch die volle vereinbarte Miete schuldet, folgt daraus nicht.

bb) Auch der Gesetzeszweck lässt nicht darauf schließen, dass Art. 240 § 2 EGBGB eine abschließende Sonderregelung darstellt, die der Anwendbarkeit der mietrechtlichen Gewährleistungsvorschriften und der Regelungen des allgemeinen schuldrechtlichen Leistungsstörungsrechts entgegensteht.

Zum Zeitpunkt des Erlasses des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27. März 2020 (BGBl. I S. 569) sah der Gesetzgeber die Gefahr, dass es aufgrund der umfangreichen behördlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus im März 2020 zu erheblichen Einkommensverlusten bei einer Vielzahl von Menschen kommt, wodurch diese bis zur Aufhebung der Maßnahmen nicht oder nur eingeschränkt in der Lage sein könnten, ihre laufenden Verbindlichkeiten zu begleichen. Dieses Problem sollte dadurch gelöst werden, dass für den Bereich des Zivilrechts ein Moratorium für die Erfüllung bestimmter vertraglicher Ansprüche aus Dauerschuldverhältnissen eingeführt werden sollte, das betroffenen Verbrauchern und Kleinstunternehmern, die wegen der COVID-19-Pandemie ihre vertraglich geschuldeten Leistungen nicht erbringen können, im Zeitraum bis zum 30. Juni 2020 einen Zahlungsaufschub gewährt (BT-Drucks. 19/18110 S. 1). Entgegen diesem in Art. 240 § 1 EGBGB niedergelegten Grundsatz hat der Gesetzgeber im Bereich des Mietrechts hingegen von einem Leistungsverweigerungsrecht des Mieters abgesehen und nur das Recht des Vermieters zur Kündigung von Mietverhältnissen wegen Zahlungsverzugs eingeschränkt, sofern Mietschulden aus dem Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruhen. Die Verpflichtung der Mieter zur Zahlung der Miete sollte jedoch im Grundsatz bestehen bleiben (BT-Drucks. 19/18119 S. 35).

Zweck der gesetzlichen Regelung war es, Mieter und Pächter vor dem Verlust ihres Lebensmittelpunkts und ihrer Existenzgrundlage zu schützen, wenn diese unverschuldet durch die Pandemie in Zahlungsverzug geraten sollten. Hätte der Gesetzgeber mit der Einführung von Art. 240 § 2 EGBGB tatsächlich eine abschließende Regelung im Hinblick auf die Auswirkungen der Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung treffen wollen, würde sich die Vorschrift jedoch zum Nachteil des gewerblichen Mieters auswirken. Denn dieser wäre auch dann, wenn er die von ihm angemieteten Gewerberäume aufgrund einer hoheitlichen Betriebsschließungsanordnung nicht entsprechend seinem Geschäftszweck nutzen kann, stets zur Zahlung der vollständigen Miete verpflichtet. Das Risiko, während der Pandemie die Mietsache nicht oder nur eingeschränkt nutzen zu können, wäre damit vollständig auf den Mieter verlagert. Art. 240 § 2 EGBGB, der erkennbar dem Mieterschutz dienen sollte, würde dadurch zu einer Vorschrift, die letztlich dem Schutz des Vermieters dient, dem unabhängig von den Auswirkungen der Pandemiebekämpfungsmaßnahmen auf die Nutzbarkeit des Mietobjekts der Anspruch auf vollständige Miete erhalten bliebe (ähnlich auch BeckOK BGB/Wiederhold [Stand: 1. August 2021] EGBGB Art. 240 § 2 Rn. 10; BeckOGK/Martens [Stand: 1. Oktober 2021] BGB § 313 Rn. 240). Dafür, dass der Gesetzgeber eine solche weitreichende Regelung dahin, dass der Mieter während der COVID-19-Pandemie das Verwendungsrisiko allein zu tragen hat, treffen wollte, bestehen keine Anhaltspunkte. Dagegen spricht auch die Kürze der Zeit, in der dieses Gesetzgebungsvorhaben umgesetzt worden ist (vgl. OLG Frankfurt NZM 2021, 395, 397; MünchKommBGB/Häublein 8. Aufl. Art. 240 § 2 EGBGB Rn. 6; Zehelein NJW 2020, 1169, 1172). Mithin hat der Gesetzgeber nur das von ihm als dringlich identifizierte Problem, dass Mieter von Wohn- und Geschäftsräumen aufgrund der zu erwartenden negativen wirtschaftlichen Auswirkungen ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen und deshalb die angemieteten Räumlichkeiten verlieren könnten, schnell einer vorübergehenden Lösung zuführen und die Stellung der Mieter im Hinblick auf die Kündbarkeit des Mietverhältnisses verbessern wollen.

cc) Schließlich lassen sich auch der Gesetzesbegründung keine ausreichenden Hinweise dafür entnehmen, dass der Gesetzgeber die Auswirkung der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie auf Mietverhältnisse abschließend regeln wollte. Zwar ist an mehreren Stellen der Gesetzesbegründung ausgeführt, dass der Mieter grundsätzlich zur Leistung der Miete verpflichtet bleibt (vgl. BT-Drucks. 19/18110 S. 4, 35 f.). Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass ihm damit jede Möglichkeit genommen werden sollte, Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf sein Mietverhältnis und insbesondere auf die Höhe der geschuldeten Miete nach allgemeinen Grundsätzen geltend machen zu können (vgl. Streyl NZM 2020, 817, 823; BeckOGK/Martens [Stand: 1. Oktober 2021] BGB § 313 Rn. 240.2). Zum einen enthält die Gesetzesbegründung den Hinweis, dass die Mieter "nach allgemeinen Grundsätzen zur Leistung verpflichtet" bleiben (BT-Drucks. 19/18110 S. 35). Dies deutet bereits darauf hin, dass die allgemeinen Regelungen des mietrechtlichen Gewährleistungsrechts und des allgemeinen Schuldrechts weiterhin Anwendung finden sollen (a.A. Jung BB 2021, 329, 331). Zum anderen lassen sich diese Formulierungen auch mit der unterschiedlichen Behandlung von Miet- und Pachtverhältnissen gegenüber anderen Dauerschuldverhältnissen im Gesetz erklären. Denn mit dem Hinweis, dass die Verpflichtung des Mieters zur Mietzahlung bestehen bleibt, wird in der Gesetzesbegründung deutlich gemacht, dass dem Mieter, abweichend von der Grundregel des Art. 240 § 1 EGBGB für andere Dauerschuldverhältnisse, kein zeitlich begrenztes Leistungsverweigerungsrecht eingeräumt, sondern nur die Kündigungsmöglichkeit des Vermieters wegen Zahlungsverzugs eingeschränkt wird (BT-Drucks. 19/18110 S. 35 f.). Zur Höhe der geschuldeten Miete verhält sich die Gesetzesbegründung jedoch ebenso wenig wie zu der Frage, welche sonstigen rechtlichen Auswirkungen die pandemiebedingten Beschränkungen des Wirtschaftslebens insbesondere auf gewerbliche Mietverhältnisse haben sollen. Letztlich wird in der Gesetzesbegründung als Gesetzeszweck allein die Bestandssicherung des Mietverhältnisses genannt.

2. Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Miete in dem streitgegenständlichen Zeitraum nicht nach § 536 Abs. 1 BGB gemindert war, weil die auf den Allgemeinverfügungen des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. und 20. März 2020 beruhende Betriebsschließung nicht zu einem Mangel des Mietgegenstands i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB geführt hat.

a) Ob eine staatlich angeordnete Geschäftsschließung wegen der COVID-19-Pandemie einen Mangel der Mietsache darstellt, ist umstritten. Teilweise wird dies mit der Begründung bejaht, die Schließungsanordnung knüpfe unmittelbar an das Mietobjekt und dessen Lage im Epidemiegebiet an und beziehe sich daher nicht auf die persönlichen oder betrieblichen Umstände des Mieters (vgl. OLG Nürnberg MDR 2021, 56; LG Kaiserlautern Urteil vom 13. April 2021 - 4 O 284/20 - juris; Jauernig/Teichmann BGB 18. Aufl. § 536 Rn. 12a; BeckOGK/Geib [Stand: 1. Oktober 2021] EGBGB Art. 240 § 2 Rn. 16; Selk NZM 2021, 369, 374 ff.; Sentek/Ludley NZM 2020, 406, 410; Krepold WM 2020, 726, 729 ff.; Säcker/Schubert BB 2020, 2563).

Die überwiegende Auffassung in der Rechtsprechung und im Schrifttum lehnt hingegen das Vorliegen eines Mangels i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB ab (vgl. OLG München NJW 2021, 948, 949; OLG Karlsruhe NJW 2021, 945 f.; KG GE 2021, 570, 571; OLG Schleswig NZM 2021, 605, 607; OLG Frankfurt NZM 2021, 395, 397 f.; Butenberg/Drasdo/Först/Hannemann/Heilmann NZM 2020, 493, 497; Häublein/Müller NZM 2020, 481, 484 f.; Leo/Götz NZM 2020, 402, 403; Zehelein NZM 2020, 390, 392 ff.; Sittner NJW 2020, 1169, 1171; Sachsinger ZMR 2020, 1002 ff.; Gerlach/Manzke ZMR 2020, 551, 554; Klimesch/Walther ZMR 2020, 353, 354; Both in Zehelein Miete in Zeiten von Corona § 3 Rn. 18 ff.; Klose NZM 2021, 832, 833 f.). Zur Begründung wird überwiegend darauf abgestellt, dass eine pandemiebedingte Betriebsuntersagung ein Gebrauchshindernis darstelle, das nicht auf Beschaffenheit, Zustand oder Lage der Mietsache beruhe, sondern allein das Verwendungsrisiko des Mieters betreffe.

b) Die letztgenannte Meinung trifft im Ergebnis zu. Die behördliche Untersagung der Öffnung der Filiale der Beklagten stellt keinen Mangel der Mietsache i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB dar.

aa) Unter einem Mangel i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustands der Mietsache von dem vertraglich geschuldeten zu verstehen, wobei sowohl tatsächliche Umstände als auch rechtliche Verhältnisse in Bezug auf die Mietsache als Mangel in Betracht kommen können. Öffentlich-rechtliche Gebrauchshindernisse und Gebrauchsbeschränkungen, die dem vertragsgemäßen Gebrauch eines Mietobjekts entgegenstehen, begründen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allerdings nur dann einen Sachmangel im Sinne der §§ 536 ff. BGB, wenn sie auf der konkreten Beschaffenheit der Mietsache beruhen und nicht in persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters ihre Ursache haben (Senatsurteil vom 2. November 2016 - XII ZR 153/15 - NJW 2017, 1104 Rn. 15 mwN).

Ergeben sich aufgrund von gesetzgeberischen Maßnahmen erst während eines laufenden Mietverhältnisses Beeinträchtigungen des vertragsmäßigen Gebrauchs eines gewerblichen Mietobjekts, kann auch dies einen Mangel i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB begründen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die durch die gesetzgeberische Maßnahme bewirkte Gebrauchsbeschränkung unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage des Mietobjekts in Zusammenhang steht. Andere gesetzgeberische Maßnahmen, die den geschäftlichen Erfolg beeinträchtigen, fallen dagegen in den Risikobereich des Mieters. Denn der Vermieter von Gewerberäumen ist gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB lediglich verpflichtet, den Mietgegenstand während der Vertragslaufzeit in einem Zustand zu erhalten, der dem Mieter die vertraglich vorgesehene Nutzung ermöglicht. Das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache trägt bei der Gewerberaummiete dagegen grundsätzlich der Mieter. Dazu gehört vor allem das Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können. Erfüllt sich die Gewinnerwartung des Mieters aufgrund eines nachträglich eintretenden Umstandes nicht, so verwirklicht sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters. Das gilt auch in Fällen, in denen es durch nachträgliche gesetzgeberische oder behördliche Maßnahmen zu einer Beeinträchtigung des Gewerbebetriebs des Mieters kommt (Senatsurteil vom 13. Juli 2011 - XII ZR 189/09 - NJW 2011, 3151 Rn. 8 f. mwN).

bb) Auf dieser rechtlichen Grundlage führt die auf den Allgemeinverfügungen des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. und 20. März 2020 beruhende Schließung des Einzelhandelsgeschäfts der Beklagten nicht zu einem Mangel der Mietsache i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB, weil die mit der Schließungsanordnung zusammenhängende Gebrauchsbeschränkung nicht auf der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der Mietsache beruht, sondern an den Geschäftsbetrieb der Beklagten als Mieterin anknüpft.

(1) Durch Ziffer 1 der Allgemeinverfügung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. März 2020 wurde mit Wirkung zum 19. März 2020 im gesamten Freistaat Sachsen die Schließung aller Geschäfte und Einrichtungen angeordnet, die nicht der Grundversorgung der Bevölkerung dienen. Damit sollte die dynamische Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus eingedämmt werden, um die besonders vulnerablen Personengruppen vor einer Ansteckung mit dem neuartigen Virus zu schützen und eine Überlastung des Gesundheitswesens zu verhindern. Da eine besonders hohe Ansteckungsgefahr dort gesehen wurde, wo es zu einem Zusammentreffen einer Vielzahl von Menschen kommt, sollte durch die Schließung aller Geschäfte und Einrichtungen, die nicht der täglichen Daseinsvorsorge dienen, eine deutliche Reduzierung menschlicher Kontakte erreicht werden (vgl. Allgemeinverfügung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. März 2020, S. 4).

Die mit der Schließungsanordnung verbundene Gebrauchsbeschränkung der Beklagten beruhte damit nicht auf der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage des Mietobjekts. Die behördlich angeordnete Geschäftsschließung knüpft allein an die Nutzungsart und den sich daraus ergebenden Publikumsverkehr an, der die Gefahr einer verstärkten Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus begünstigt und der aus Gründen des Infektionsschutzes untersagt werden sollte. Durch die Allgemeinverfügung wird jedoch weder der Beklagten die Nutzung der angemieteten Geschäftsräume im Übrigen noch der Klägerin tatsächlich oder rechtlich die Überlassung der Mieträumlichkeiten verboten. Das Mietobjekt stand daher trotz der Schließungsanordnung weiterhin für den vereinbarten Mietzweck zur Verfügung.

(2) Eine Mangelhaftigkeit der Mietsache lässt sich auch nicht damit begründen, dass durch die behördliche Schließungsanordnung faktisch der Zugang zu den Mieträumen für potentielle Kunden der Beklagten verhindert oder beschränkt war. Zwar ist der ungehinderte Zugang zu den Mieträumen gerade bei der Vermietung von Gewerberäumen Voraussetzung für eine vertragsgemäße Nutzung des Mietobjekts, wenn das dort betriebene Gewerbe auf Kundenverkehr angewiesen ist. Eine Zugangsbehinderung kann daher einen Mangel i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB darstellen (vgl. Schmidt-Futterer/Eisenschmid Mietrecht 15. Aufl. § 536 BGB Rn. 210 mwN). Um eine Ausuferung des Mangelbegriffs zu verhindern, ist aber Voraussetzung hierfür, dass die Zugangsbeschränkung unmittelbar mit der Lage oder der Beschaffenheit des Mietobjekts in Verbindung steht. Dies kann etwa der Fall sein, wenn durch Baumaßnahmen der öffentlichen Hand im Umfeld des Mietobjekts der Zugang zu den Mieträumen erschwert ist (vgl. Schmidt-Futterer/Eisenschmid Mietrecht 15. Aufl. § 536 BGB Rn. 210 mwN). Im vorliegenden Fall beruht die Zugangsbeeinträchtigung jedoch nicht auf der konkreten baulichen Gegebenheit der Mietsache, sondern auf einer hoheitlichen Maßnahme, die flächendeckend für alle im gesamten Bereich des Freistaats Sachsen liegenden Geschäfte ein Öffnungsverbot anordnete, die nicht zu den in den Allgemeinverfügungen genannten Ausnahmen zählen. Auf die konkreten Umfeldbedingungen kam es dabei nicht an. Deshalb ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch die Belegenheit des Mietobjekts im Pandemiegebiet für die Einordnung als Mangel ohne Bedeutung (vgl. OLG München NJW 2021, 948, 949).

(3) Das Vorliegen eines Mangels i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt sich auch nicht daraus, dass die Mietvertragsparteien im vorliegenden Fall als Mietzweck die "Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts für Textilien aller Art, sowie Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs" vereinbart haben. Der Umfang der mit der Vereinbarung eines Mietzwecks übernommenen Leistungspflicht des Vermieters ist grundsätzlich durch Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont aus Sicht eines Mieters gemäß §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Ohne besondere Umstände, die hier nicht vorgetragen wurden, gehören nur rechtliche Umstände, die die körperliche Beschaffenheit, den Zustand oder die Lage der Mietsache betreffen oder Einfluss auf sie haben, zu der vom Vermieter geschuldeten Leistung (vgl. Streyl NZM 2020, 817, 819). Für öffentlich-rechtliche Gebrauchsbeschränkungen, Verbote oder Gebrauchshindernisse, die sich aus betriebsbezogenen Umständen ergeben oder in der Person des Mieters ihre Ursache haben, hat der Vermieter hingegen ohne eine anderslautende Vereinbarung nicht einzustehen (vgl. Günter NZM 2016, 569, 570). Ein redlicher Mieter darf daher das Leistungsversprechen seines Vermieters im Zweifel nicht dahin verstehen, dieser wolle ihm die vereinbarte Nutzung unter allen erdenklichen Umständen gewährleisten (Häublein/Müller NZM 2020, 481, 484). Deshalb konnte im vorliegenden Fall die Beklagte nicht davon ausgehen, dass die Klägerin mit der Vereinbarung des konkreten Mietzwecks eine unbedingte Einstandspflicht auch für den Fall einer hoheitlich angeordneten Öffnungsuntersagung im Falle einer Pandemie übernehmen wollte (vgl. OLG München NJW 2021, 948, 949).

(4) Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich ein Mangel der Mietsache im Falle der pandemiebedingten Schließung von gewerblich genutzten Mieträumen auch nicht aus der Rechtsprechung des Reichsgerichts.

Zwar hat das Reichsgericht (RGZ 87, 277, 280; 89, 203, 205) in Fällen, in denen die Durchführung von Tanzveranstaltungen wegen des Ersten Weltkriegs polizeilich untersagt worden war, für eine gepachtete Gastwirtschaft, in der vorwiegend Tanzveranstaltungen durchgeführt wurden, das Vorliegen eines Mangels bejaht. Nach Auffassung des Reichsgerichts hat das polizeiliche Tanzverbot den Pachtgegenstand selbst betroffen. Denn dieser sei der Eigenschaft einer Tanzwirtschaft beraubt worden und deshalb mit einem die Tauglichkeit zu der vertragsgemäßen Nutzung mindernden Fehler i.S.v. § 537 BGB a. F. behaftet.

Diese Rechtsprechung kann auf den vorliegenden Fall indes nicht übertragen werden, weil ihr noch ein anderes Verständnis des mietrechtlichen Mangelbegriffs zugrunde lag (vgl. OLG Frankfurt NZM 2021, 395, 397 f.). Zwischenzeitlich hat der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung zum Vorliegen eines Mangels i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB insbesondere bei öffentlich-rechtlichen Gebrauchsbeschränkungen fortentwickelt und hierbei gerade im Bereich der Vermietung von Gewerberäumen verstärkt die grundsätzliche Risikoverteilung zwischen Vermieter und Mieter in den Blick genommen (vgl. Senatsurteil vom 13. Juli 2011 - XII ZR 189/09 - NJW 2011, 3151 Rn. 9 mwN). Hinzu kommt, dass das Reichsgericht die Grundsätze über die Störung der Geschäftsgrundlage, über die ein interessengerechter Ausgleich zwischen den Mietvertragsparteien bei Einschränkung der Nutzbarkeit der Mietsache infolge von höherer Gewalt wie Kriegsereignissen oder einer weltweiten Pandemie erreicht werden kann, erst zu einem späteren Zeitpunkt entwickelt hat (vgl. RGZ 100, 129, 132 f.; MünchKommBGB/Finkenauer 8. Aufl. § 313 Rn. 23 mwN; Streyl NZM 2020, 817, 819).

3. Die Beklagte ist auch nicht deshalb von ihrer Verpflichtung zur Mietzahlung befreit, weil der Klägerin ihre vertraglich geschuldete Leistung zur Überlassung und Erhaltung der Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand ganz oder teilweise unmöglich gewesen wäre (§§ 326 Abs. 1, 275 Abs. 1 BGB). Dabei kann dahinstehen, ob diese Regelungen auch dann nach der Überlassung der Mietsache an den Mieter nicht mehr anwendbar und von den speziellen Regelungen des mietrechtlichen Gewährleistungsrechts (§§ 536 ff. BGB) verdrängt werden, wenn die Mietsache - wie hier - keinen Mangel aufweist (vgl. dazu MünchKommBGB/Häublein 8. Aufl. Vor § 536 Rn. 7; BeckOGK/Bieber [Stand: 1. April 2021] § 536 BGB Rn. 9; Staudinger/V. Emmerich BGB [2021] Vorb. zu §§ 536 ff. Rn. 5). Wie bereits ausgeführt, war es der Klägerin während des streitgegenständlichen Zeitraums trotz der behördlichen Schließungsanordnung nicht unmöglich, der Beklagten den Gebrauch der Mietsache entsprechend dem vereinbarten Mietzweck zu gewähren. Die Klägerin hat daher auch während der Zeit der Betriebsschließung die von ihr gemäß § 535 Abs. 1 BGB geschuldete Leistung erbracht. Eine Einstandspflicht für den Fall einer hoheitlich angeordneten Öffnungsuntersagung im Falle einer Pandemie hatte sie nicht übernommen.

4. Im Fall einer Geschäftsschließung, die auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie beruht, kommt allerdings ein Anspruch des Mieters von gewerblich genutzten Räumen auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB in Betracht. Dies hat das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend erkannt; seine Erwägungen zu einer möglichen Vertragsanpassung sind jedoch nicht frei von Rechtsfehlern.

a) Gemäß § 313 Abs. 1 BGB kann eine Anpassung des Vertrags verlangt werden, wenn sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten. Dabei kann eine Anpassung nur insoweit verlangt werden, als dem einen Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

aa) Durch die COVID-19-Pandemie und die damit verbundenen weitreichenden Beschränkungen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens hat sich die Geschäftsgrundlage für den zwischen den Parteien abgeschlossenen Mietvertrag schwerwiegend geändert.

(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird die Geschäftsgrundlage eines Vertrags durch die bei Vertragsabschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen der Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände gebildet, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut (vgl. BGH Urteil vom 1. Dezember 2012 - VIII ZR 307/10 - NJW 2012, 1718 Rn. 26 mwN).

Unstreitig hatte keine der Parteien bei Abschluss des Mietvertrags im Jahr 2013 die Vorstellung, während der vereinbarten Mietzeit werde es zu einer Pandemie und damit verbundenen erheblichen hoheitlichen Eingriffen in den Geschäftsbetrieb der Beklagten kommen, durch die die beabsichtigte Nutzung der Mieträume eingeschränkt wird. Aufgrund der vielfältigen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie wie Geschäftsschließungen, Kontakt- und Zugangsbeschränkungen und der damit verbundenen massiven Auswirkungen auf das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben in Deutschland während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 ist im vorliegenden Fall die sogenannte große Geschäftsgrundlage betroffen. Darunter versteht man die Erwartung der vertragschließenden Parteien, dass sich die grundlegenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen eines Vertrags nicht etwa durch Revolution, Krieg, Vertreibung, Hyperinflation oder eine (Natur-)Katastrophe ändern und die Sozialexistenz nicht erschüttert werde (MünchKommBGB/Finkenauer 8. Aufl. § 313 Rn. 17; Palandt/Grüneberg BGB 80. Aufl. § 313 Rn. 5; OLG München NJW 2021, 948, 949 f.; KG GE 2021, 570, 572; OLG Frankfurt NZM 2021, 395; Häublein/Müller NZM 2020, 482, 486 f.; Zehelein NZM 2020, 390, 398; Streyl NZM 2020, 817, 821; Warmuth COVuR 2020, 16, 18). Diese Erwartung der Parteien wurde dadurch schwerwiegend gestört, dass die Beklagte aufgrund der zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie erlassenen Allgemeinverfügungen des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. März 2020 und 20. März 2020 ihr Geschäftslokal in der Zeit vom 19. März 2020 bis einschließlich 19. April 2020 schließen musste.

(2) Dafür, dass bei einer zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie behördlich angeordneten Betriebsschließung die tatsächliche Voraussetzung des § 313 Abs. 1 Satz 1 BGB einer schwerwiegenden Störung der Geschäftsgrundlage erfüllt ist, spricht auch die durch Art. 10 des Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Patentrecht vom 22. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3328) eingefügte Vorschrift des Art. 240 § 7 EGBGB. Danach wird vermutet, dass sich ein Umstand im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat, wenn vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar sind (vgl. Klose NZM 2021, 832, 835).

Zwar wird im Schrifttum vereinzelt die Auffassung vertreten, die Vorschrift, die zum 31. Dezember 2020 in Kraft getreten ist (vgl. Art. 14 Abs. 2 des Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Patentrecht vom 22. Dezember 2020), entfalte eine echte Rückwirkung und könne deshalb auf Sachverhalte, die zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens abgeschlossen waren, nicht angewendet werden (Klimesch IMR 2021, 47 f.).

In der Gesetzesbegründung ist jedoch ausgeführt, dass die Vorschrift auch auf zurückliegende Sachverhalte anwendbar sein soll (BT-Drucks. 19/25322 S. 24). Auch in Rechtsprechung und Literatur wird die Auffassung vertreten, dass die Vorschrift auf Sachverhalte anwendbar ist, die zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens abgeschlossen waren, über die aber noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist (OLG Karlsruhe NJW 2021, 945; BeckOGK/Siegmund [Stand. 1. Oktober 2021] EGBGB Art. 240 § 7 Rn. 15; Blatt/Stobbe IMR 2021, 45). Diese Streitfrage kann jedoch dahinstehen. Art. 240 § 7 EGBGB hat nur einen eng begrenzten Regelungsgehalt. Die Vorschrift beschränkt sich auf die Vermutung, dass bei Mietverträgen über gewerblich genutzte Räumlichkeiten Gebrauchsbeschränkungen infolge von staatlich angeordneten Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie zu einer schwerwiegenden Störung der Geschäftsgrundlage führen. Der Regelungsgehalt der Vorschrift bezieht sich damit nur auf das reale Element des § 313 Abs. 1 BGB (BT-Drucks. 19/25322 S. 20), das in den Fällen einer Störung der großen Geschäftsgrundlage ohnehin unproblematisch erfüllt ist. Zu den weiteren Voraussetzungen für eine Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage verhält sich die Vorschrift nicht (BT-Drucks. 19/25322 S. 20 f.). Insbesondere sagt sie auch nichts darüber aus, ob und gegebenenfalls in welcher Form eine Vertragsanpassung erfolgen soll (BeckOGK/Martens [Stand. 1. Oktober 2021] BGB § 313 Rn. 247; BT-Drucks. 19/25322 S. 21).

bb) Für eine Berücksichtigung der Regelungen über die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) ist allerdings grundsätzlich insoweit kein Raum, als es um Erwartungen und um Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen sollen. Eine solche vertragliche Risikoverteilung bzw. Risikoübernahme schließt für die Vertragspartei regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf eine Störung der Geschäftsgrundlage zu berufen (Senatsurteil BGHZ 223, 290 = NJW 2020, 331 Rn. 37 mwN).

Entgegen der Auffassung der Klägerin hat die Beklagte im vorliegenden Fall nicht vertraglich das alleinige Verwendungsrisiko für den Fall einer pandemiebedingten Schließung ihres Einzelhandelsgeschäfts übernommen.

Zwar können die Mietvertragsparteien durch eine entsprechende vertragliche Abrede die Risikoverteilung ändern. Ob das der Fall ist, ist durch Auslegung der getroffenen Vertragsvereinbarungen zu ermitteln. Soweit die Klägerin meint, vorliegend sei in § 5 Nr. 3 des Mietvertrags eine entsprechende Vereinbarung getroffen worden, kann dem jedoch nicht gefolgt werden. Nach ihrem eindeutigen Wortlaut bezieht sich diese Regelung nur auf Mängel- und Schadensersatzansprüche des Mieters. Da Vertragsbestimmungen, mit denen die Mietvertragsparteien die Risikoverteilung abändern wollen, grundsätzlich eng auszulegen sind, kann aus dieser Regelung nicht geschlossen werden, dass die Beklagte über den umfangreichen Verzicht auf mietrechtliche Gewährleistungsansprüche in den von der Vertragsbestimmung erfassten Ereignissen hinaus auch im Fall einer weltweiten Pandemie das alleinige Risiko dafür übernehmen wollte, die Mietsache nicht vertragsgemäß verwenden zu können.

cc) Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte kann auch davon ausgegangen werden, dass die Parteien den Mietvertrag mit einem anderen Inhalt abgeschlossen hätten, wenn sie bei Vertragsschluss im Jahr 2013 die Möglichkeit einer Pandemie und die damit verbundene Gefahr einer hoheitlich angeordneten Betriebsschließung vorausgesehen und bedacht hätten. Es ist anzunehmen, dass redliche Mietvertragsparteien für diesen Fall das damit verbundene wirtschaftliche Risiko nicht einseitig zu Lasten des Mieters geregelt, sondern in dem Vertrag für diesen Fall eine Möglichkeit zur Mietanpassung vorgesehen hätten.

dd) Allein der Wegfall der Geschäftsgrundlage gem. § 313 Abs. 1 BGB berechtigt jedoch noch nicht zu einer Vertragsanpassung. Vielmehr verlangt die Vorschrift als weitere Voraussetzung, dass dem betroffenen Vertragspartner unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Durch diese Formulierung kommt zum Ausdruck, dass nicht jede einschneidende Veränderung der bei Vertragsschluss bestehenden oder gemeinsam erwarteten Verhältnisse eine Vertragsanpassung oder eine Kündigung (§ 313 Abs. 3 BGB) rechtfertigt. Hierfür ist vielmehr erforderlich, dass ein Festhalten an der vereinbarten Regelung für die betroffene Partei zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis führt (Senatsbeschluss vom 3. Dezember 2014 - XII ZB 181/13 - FamRZ 2015, 393 Rn. 19 mwN; BGH Urteil vom 1. Februar 2012 - VIII ZR 307/10 - NJW 2012, 1718 Rn. 30 mwN). Deshalb kommt eine Vertragsanpassung zugunsten des Mieters jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn ihm ein unverändertes Festhalten an der vertraglich vereinbarten Miethöhe unter Abwägung aller Umstände einschließlich der vertraglichen Risikoverteilung zumutbar ist (vgl. BGH Urteil vom 11. Dezember 2019 - VIII ZR 234/18 - NJW-RR 2020, 523 Rn. 20 ff.).

(1) Im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter trägt grundsätzlich der Mieter das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache. Dazu gehört bei der gewerblichen Miete vor allem die Chance, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können (Senatsurteil vom 21. September 2005 - XII ZR 66/03 - NJW 2006, 899, 901). Erfüllt sich die Gewinnerwartung des Mieters aufgrund eines nachträglich eintretenden Umstandes nicht, so verwirklicht sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters. Das gilt auch in Fällen, in denen es durch nachträgliche gesetzgeberische oder behördliche Maßnahmen zu einer Beeinträchtigung des Gewerbebetriebs des Mieters kommt (Senatsurteil vom 13. Juli 2011 - XII ZR 189/09 - NJW 2011, 3151 Rn. 9).

Beruht die enttäuschte Gewinnerwartung des Mieters jedoch auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie wie einer Betriebsschließung für einen gewissen Zeitraum, geht dies über das gewöhnliche Verwendungsrisiko des Mieters hinaus (vgl. OLG München NJW 2021, 948, 951 f.; KG GE 2021, 570, 572; Häublein/Müller NZM 2020, 482, 487; Streyl NZM 2020, 817, 822; Warmuth COVuR 2020, 16; 20; Römermann NJW 2021, 265, 268). Die wirtschaftlichen Nachteile, die ein gewerblicher Mieter aufgrund einer pandemiebedingten Betriebsschließung erlitten hat, beruhen nicht auf unternehmerischen Entscheidungen oder der enttäuschten Vorstellung, in den Mieträumen ein Geschäft betreiben zu können, mit dem Gewinne erwirtschaftet werden. Sie sind vielmehr Folge der umfangreichen staatlichen Eingriffe in das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie, für die keine der beiden Mietvertragsparteien verantwortlich gemacht werden kann. Die Art der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie wurde zudem von dem Ziel bestimmt, menschliche Kontakte aus Gründen des Infektionsschutzes weitgehend zu reduzieren. Die Maßnahmen waren nach epidemiologischen Gesichtspunkten ausgewählt, knüpften dabei aber grundsätzlich weder an spezifische Eigenschaften des vom Mieter geführten Gewerbebetriebs noch an solche des Mietobjekts an (BeckOGK/Martens [Stand: 1. Oktober 2021] BGB § 313 Rn. 246). Durch die COVID-19-Pandemie hat sich damit letztlich ein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht, das von der mietvertraglichen Risikoverteilung ohne eine entsprechende vertragliche Regelung nicht erfasst wird. Diese Systemkrise mit ihren weitreichenden Folgen hat vielmehr zu einer Störung der großen Geschäftsgrundlage geführt. Das damit verbundene Risiko kann regelmäßig keiner Vertragspartei allein zugewiesen werden (KG GE 2021, 570, 572; Häublein/Müller NZM 2020, 482, 487; Römermann NJW 2021, 265, 268). Schließlich ging auch der Gesetzgeber bei der Schaffung des Art. 240 § 7 EGBGB davon aus, dass ohne entsprechende vertragliche Regelungen Belastungen infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie regelmäßig weder der Sphäre des Vermieters noch des Mieters zuzuordnen sind (BT-Drucks. 19/25322 S. 21).

Danach hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass die pandemiebedingte Schließung von Geschäften nicht allein das Verwendungsrisiko der Beklagten betrifft und ihr daher auch nicht einseitig aufgebürdet werden kann.

(2) Auch wenn die mit einer pandemiebedingten Betriebsschließung verbundene Gebrauchsbeeinträchtigung der Mietsache nicht allein dem Verwendungsrisiko des Mieters zugeordnet werden kann, bedeutet dies aber nicht, dass der Mieter stets eine Anpassung der Miete für den Zeitraum der Schließung verlangen kann. Ob dem Mieter ein Festhalten an dem unveränderten Vertrag unzumutbar ist, bedarf auch in diesem Fall einer umfassenden Abwägung, bei der sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind (§ 313 Abs. 1 BGB). Eine pauschale Betrachtungsweise wird den Anforderungen an dieses normative Tatbestandsmerkmal der Vorschrift nicht gerecht. Deshalb kommt eine Vertragsanpassung dahingehend, dass ohne Berücksichtigung der konkreten Umstände die Miete für den Zeitraum der Geschäftsschließung grundsätzlich um die Hälfte herabgesetzt wird, weil das Risiko einer pandemiebedingten Gebrauchsbeschränkung der Mietsache keine der beiden Mietvertragsparteien allein trifft, nicht in Betracht (vgl. auch OLG München NJW 2021, 948, 952; OLG Hamm Urteil vom 24. September 2021 - 30 U 114/21 - juris Rn. 79; OLG Karlsruhe NJW 2021, 945, 947; Klose NZM 2021, 832, 839; a.A. KG GE 2021, 570, 572; OLG Köln NJW-RR 2021, 1218, 1221; Zehelein NZM 2020, 390, 399 f.; Römermann NJW 2021, 265, 269; Säcker/Schubert BB 2020, 2563, 2570; Klimesch/Walther ZMR 2020, 556, 557 f.).

Bei der vorzunehmenden Abwägung ist zunächst von Bedeutung, welche Nachteile dem Mieter durch die Geschäftsschließung und deren Dauer entstanden sind. Diese werden bei einem gewerblichen Mieter primär in einem konkreten Umsatzrückgang für die Zeit der Schließung bestehen, wobei jedoch nur auf das konkrete Mietobjekt und nicht auf einen möglichen Konzernumsatz abzustellen ist (Streyl NZM 2020, 817, 825). Zu berücksichtigen kann auch sein, welche Maßnahmen der Mieter ergriffen hat oder ergreifen konnte, um die drohenden Verluste während der Geschäftsschließung zu vermindern.

Da eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage aber nicht zu einer Überkompensierung der entstandenen Verluste führen darf, sind bei der Prüfung der Unzumutbarkeit grundsätzlich auch die finanziellen Vorteile zu berücksichtigen, die der Mieter aus staatlichen Leistungen zum Ausgleich dieser pandemiebedingten Nachteile erlangt hat (OLG München NJW 2021, 948, 952; OLG Karlsruhe NJW 2021, 945, 946 f.; KG GE 2021, 570, 572; Häublein/Müller NZM 2020, 482, 489; Zehelein NZM 2020, 390, 401; Saxinger ZMR 2020, 1002, 1007 f.; Tölle/Ehrentreich IMR 2021, 178, 179; Klimesch IMR 2021, 47; Güther ZMR 2021, 296 f.). Auch Leistungen einer einstandspflichtigen Betriebsversicherung des Mieters können zu berücksichtigen sein (OLG Frankfurt NZM 2021, 395, 402; Häublein/Müller NZM 2020, 482, 488 f.; vgl. auch den Verhandlungstermin des BGH am 26. Januar 2022 in dem Verfahren IV ZR 144/21). Staatliche Unterstützungsmaßnahmen, die nur auf Basis eines Darlehens gewährt wurden, bleiben hingegen bei der gebotenen Abwägung außer Betracht, weil der Mieter durch sie keine endgültige Kompensation der erlittenen Umsatzeinbußen erreicht (Häublein/Müller NZM 2020, 482, 489). Eine tatsächliche Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Mieters ist dagegen nicht erforderlich (KG GE 2021, 570, 572; OLG Frankfurt NZM 2021, 395, 402; Streyl NZM 2020, 817, 824; Römermann NJW 2021, 265, 268).

Schließlich sind bei der gebotenen Abwägung auch die Interessen des Vermieters in den Blick zu nehmen (vgl. OLG München NJW 2021, 948, 952).

(3) Dabei obliegt es grundsätzlich der Vertragspartei, die sich auf eine Störung der Geschäftsgrundlage beruft, nachzuweisen, dass ihr ein Festhalten am unveränderten Vertrag unzumutbar ist (MünchKommBGB/Finkenauer 8. Aufl. § 313 Rn. 135 mwN). Im Falle einer pandemiebedingten Geschäftsschließung muss daher der Mieter darlegen und gegebenenfalls beweisen, welche Nachteile ihm aus der Betriebsschließung entstanden sind, die ihm eine vollständige Mietzahlung für diesen Zeitraum unzumutbar machen (Saxinger ZMR 2020, 1002, 1007 f.; Tölle/Ehrentreich IMR 2021, 178, 180), und welche zumutbaren Anstrengungen er unternommen hat, um drohende Verluste auszugleichen. Behauptet der Mieter, keine staatlichen Unterstützungsleistungen erhalten zu haben, muss er darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass er sich um mögliche Hilfeleistungen vergeblich bemüht hat. Gelingt ihm dies nicht, muss er sich so behandeln lassen, als hätte er die staatlichen Unterstützungsleistungen erhalten (Häublein/Müller NZM 2020, 481, 489). Wendet hingegen der Vermieter ein, dass die vom Mieter behaupteten Verluste nicht auf der COVID-19-Pandemie beruhen, trifft ihn hierfür die Darlegungs- und Beweislast (BeckOGK/Martens [Stand: 1. Oktober 2021] BGB § 313 Rn. 251).

Auf dieser Grundlage hat das Gericht in tatrichterlicher Verantwortung und unter Berücksichtigung von § 287 ZPO für den konkreten Einzelfall die Voraussetzungen des § 313 BGB festzustellen und gegebenenfalls eine Vertragsanpassung vorzunehmen.

b) Nach diesen Grundsätzen ist die Auffassung des Berufungsgerichts, im vorliegenden Fall sei der Mietvertrag dahingehend anzupassen, dass die Beklagte für die Zeit der Geschäftsschließung nur die hälftige Miete schuldet, nicht frei von Rechtsfehlern.

Das Berufungsgericht hat verkannt, dass die Frage, ob dem Mieter ein Festhalten an dem Vertrag zumutbar ist, auch im Fall einer pandemiebedingten Geschäftsschließung eine konkret auf den Einzelfall bezogene Abwägung aller relevanten Umstände erfordert, die nicht durch eine pauschale Aufteilung der Miete ersetzt werden kann. Deshalb lässt sich die vom Berufungsgericht vorgenommene Absenkung der Kaltmiete um 50 % nicht mit der gegebenen Begründung rechtfertigen, die mit der pandemiebedingten Geschäftsschließung verbundenen Belastungen seien gleichmäßig auf beide Mietvertragsparteien zu verteilen, weil keine der Parteien eine Ursache für die Störung der Geschäftsgrundlage gesetzt habe. Das Berufungsgericht hätte vielmehr tragfähige Feststellungen dazu treffen müssen, welche konkreten wirtschaftlichen Auswirkungen die Geschäftsschließung in dem streitgegenständlichen Zeitraum für die Beklagte hatte und ob diese Nachteile ein Ausmaß erreicht haben, das eine Anpassung des Mietvertrags erforderlich macht. Deshalb durfte das Berufungsgericht es auch nicht dahinstehen lassen, ob die Beklagte für die Zeit der Geschäftsschließung entsprechende staatliche Hilfen erhalten hat oder hätte erhalten können. Die Beklagte hat zwar in den Instanzen vorgetragen, ihr seien keine staatlichen Unterstützungsleistungen zugeflossen. Die Klägerin hat diese Behauptung jedoch - auch noch im Berufungsverfahren - bestritten. Hinzu kommt, dass die Beklagte nur die Miete für April 2020 ausgesetzt und die weiteren Mieten im Jahr 2020 vollständig bezahlt hat. Auch dies hätte für das Berufungsgericht Anlass sein müssen, sich die Frage vorzulegen, ob der durch die Geschäftsschließung entstandene Umsatzrückgang tatsächlich so erheblich war, dass der Beklagten die vollständige Zahlung der Miete für den streitgegenständlichen Zeitraum unzumutbar war.

III.

Die angefochtene Entscheidung ist daher gemäß § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben und die Sache ist nach § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Dose

Klinkhammer

Günter

Botur

Krüger

(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.

(1a) Für die Dauer von drei Monaten bleibt eine Minderung der Tauglichkeit außer Betracht, soweit diese auf Grund einer Maßnahme eintritt, die einer energetischen Modernisierung nach § 555b Nummer 1 dient.

(2) Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt auch, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt.

(3) Wird dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch das Recht eines Dritten ganz oder zum Teil entzogen, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam.

Bundesgerichtshof

Urteil vom 12.01.2022

Az.: XII ZR 8/21

 

Tenor

Auf die Revisionen der Klägerin und der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 24. Februar 2021 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Zahlung von Gewerberaummiete für den Monat April 2020.

Die Parteien schlossen im September 2013 einen Mietvertrag über Gebäude und Parkplätze in S. Die Vermietung erfolgte "ausschließlich zu gewerblichen Zwecken zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts für Textilien aller Art, sowie Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs". Seit dem 1. Januar 2019 beträgt die monatliche Bruttomiete 7.854,00 €. Zusätzlich trägt die Beklagte als Mieterin im Vertrag näher beschriebene Nebenkosten. § 5 Nr. 3 des Mietvertrags enthält folgende Regelung: "Wenn die Gas-, Strom- und Wasserversorgung oder Entwässerung durch einen nicht von dem Vermieter zu vertretenden Umstand unterbrochen wurde oder wenn Überschwemmungen oder sonstige Katastrophen eintreten, steht dem Mieter ein Recht auf Mietminderung oder Schadensersatz nicht zu."

Aufgrund der sich verbreitenden Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19-Pandemie) erließ das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt am 18. März 2020 auf der Grundlage von § 28 Abs. 1 IfSG die "Allgemeinverfügung Vollzug des Infektionsschutzgesetzes Maßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie Verbot von Veranstaltungen", nach deren Ziffer 1 in Sachsen grundsätzlich alle Geschäfte geschlossen wurden, soweit sie nicht unter die in der Allgemeinverfügung ausdrücklich benannten - hier nicht relevanten - Ausnahmen fielen. Diese Allgemeinverfügung trat am 19. März 2020 um 0:00 Uhr in Kraft und wurde ab dem 22. März 2020, 0:00 Uhr von der "Allgemeinverfügung Vollzug des Infektionsschutzgesetzes Maßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie Verbot von Veranstaltungen" des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 20. März 2020 ersetzt, nach deren Ziffer 2, übereinstimmend mit der Allgemeinverfügung vom 18. März 2020, Geschäfte grundsätzlich geschlossen wurden, soweit nicht die in der Allgemeinverfügung vom 20. März 2020 formulierten Ausnahmen eingriffen. Aufgrund der genannten Allgemeinverfügungen war das Textileinzelhandelsgeschäft der Beklagten im Mietobjekt vom 19. März 2020 bis einschließlich 19. April 2020 geschlossen.

Nach entsprechender Ankündigung mit Schreiben vom 24. März 2020 zahlte die Beklagte die Miete für den Monat April 2020 nicht und rechnete gegen die Mietzahlungspflicht für die Zeit vom 20. bis 30. April 2020 mit der aus ihrer Sicht überzahlten Miete für die Zeit vom 19. bis 31. März 2020 auf. Die folgenden Mietzahlungen erbrachte die Beklagte vollständig.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung der Miete für den Monat April 2020 in Höhe von 7.854,00 € nebst Zinsen und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Beklagte - unter Abweisung der Klage im Übrigen - zur Zahlung von 3.720,09 € nebst Zinsen und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verurteilt. Hiergegen wenden sich die Klägerin, die ihr Klagebegehren vollständig weiterverfolgt, und die Beklagte, die nach wie vor Klageabweisung begehrt, mit ihren vom Oberlandesgericht zugelassenen Revisionen.

Gründe

Die Revisionen der Klägerin und der Beklagten sind begründet. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

I.

Das Oberlandesgericht hat seine in ZMR 2021, 476 veröffentlichte Entscheidung wie folgt begründet:

Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, der Anspruch auf Zahlung der Miete als Gegenleistung zur Verpflichtung der Klägerin als Vermieterin zur Überlassung des Gebrauchs der Mieträume sei gemäß § 326 Abs. 1 BGB entfallen. Soweit es um die Gebrauchsuntauglichkeit des Mietobjekts gehe, würden die Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts, zu denen auch diejenigen über die Unmöglichkeit gehörten, von den mietrechtlichen Gewährleistungsregelungen nach §§ 536 ff. BGB verdrängt, wenn das Mietobjekt - wie hier - bereits vom Vermieter an den Mieter überlassen worden sei.

Die Regelung in Art. 240 § 2 EGBGB entfalte keine Sperrwirkung, die eine Anwendung der mietrechtlichen Gewährleistungsvorschriften bei behördlichen Betriebsuntersagungen in Folge der COVID-19-Pandemie ausschließe.

Ein zur Minderung der Miete führender Mietmangel sei durch die staatlich angeordnete Schließung nicht begründet worden. Ohne die staatliche, nicht objektbezogene und von der Klägerin nicht zu beeinflussende Anordnung sei das Mietobjekt uneingeschränkt nutzbar und die Mieträume seien - im Rahmen der Beschränkungen der Corona-Schutzverordnung - frei zugänglich gewesen. Lediglich die von der Beklagten beabsichtigte Verwendung sei - vom Mietobjekt unabhängig - untersagt gewesen. Auch wenn Störungen, die außerhalb der Mietsache liegen, grundsätzlich einen Mangel begründen könnten und für den hier vereinbarten Betrieb eines Textileinzelhandelsgeschäfts die Möglichkeit des Zugangs des Publikums eine Voraussetzung sei, werde dem Vermieter damit nicht das Risiko der objekt- und lageunabhängigen Nutzbarkeit der Mieträume übertragen.

Infolge des Auftretens der COVID-19-Pandemie und der staatlichen Schließungsanordnung aus den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20. März 2020 sei jedoch eine Störung der Geschäftsgrundlage des Mietvertrags i.S.v. § 313 Abs. 1 BGB eingetreten, die eine Anpassung des Vertrags dahin auslöse, dass die Kaltmiete für die Dauer der angeordneten Schließung auf die Hälfte reduziert werde.

Zur Geschäftsgrundlage der Parteien als Vermieterin und Mieterin von Geschäftsräumen für die Nutzung als Textileinzelhandelsgeschäft habe die Vorstellung gehört, dass es nicht zu einer Pandemie mit weitgehender Stilllegung des öffentlichen Lebens infolge pandemiebedingter Nutzungsuntersagungen und -beeinträchtigungen kommen würde. Das Auftreten der Pandemie mit den entsprechenden weitreichenden staatlichen Eingriffen in das wirtschaftliche und soziale Leben bedeute eine schwerwiegende Änderung der für die Vertragslaufzeit vorgestellten Umstände. Damit sei das tatsächliche Element der Störung der Geschäftsgrundlage verwirklicht. Es liege eine Systemkrise und damit ein Fall der Störung der großen Geschäftsgrundlage vor, weil durch sie das allgemeine soziale und wirtschaftliche Gefüge nachhaltig erschüttert worden sei. Ohne dass es hierauf entscheidend ankommen würde, spreche für diese Annahme auch der Inhalt des mit Wirkung vom 31. Dezember 2020 neu geschaffenen Art. 240 § 7 Abs. 1 EGBGB.

Im Rahmen der Störung der großen Geschäftsgrundlage sei das hypothetische Element regelmäßig erfüllt, weil die Parteien den Vertrag dann nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten. Zudem sei zu beachten, dass es sich bei der Änderung der zur Geschäftsgrundlage gehörenden Umstände um sehr wesentliche Rahmenbedingungen für den Betrieb des Textileinzelhandelsgeschäfts der Beklagten gehandelt habe. Daher hätten im maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses verständige und wirtschaftlich denkende Vertragspartner dieses beide gleichermaßen betreffende und nicht zu beeinflussende Risiko nicht einseitig zu Lasten eines Vertragspartners verteilt.

Das normative Element des § 313 Abs. 1 BGB sei ebenfalls erfüllt. Es gehe hier nicht um ein "normales" Risiko der Gebrauchstauglichkeit bzw. der Verwendung des Mietobjekts durch den Mieter, sondern um weitgehende staatliche Eingriffe in das soziale und wirtschaftliche Leben aufgrund einer Pandemie, die als Systemkrise eine Störung der großen Geschäftsgrundlage sei. Das mit der Störung der großen Geschäftsgrundlage verbundene Risiko könne regelmäßig keiner Vertragspartei allein zugewiesen werden. Von der vertraglichen Risikozuweisung werde deshalb dieses von den Vertragsparteien nicht vorhergesehene und die Geschäftsgrundlage des Vertrags betreffende Geschehen nicht erfasst. Das Festhalten am unveränderten Mietvertrag sei der Beklagten nicht zumutbar, weshalb der Mietvertrag nach § 313 Abs. 1 BGB entsprechend anzupassen sei.

Vorliegend sei eine Absenkung der Kaltmiete um 50 % gerechtfertigt, weil keine der Vertragsparteien eine Ursache für die Störung der Geschäftsgrundlage gesetzt oder sie vorhergesehen habe. Es sei demzufolge angemessen, die damit verbundene Belastung gleichmäßig auf beide Parteien zu verteilen. Offenbleiben könne, ob die Zahlung staatlicher Hilfen an einen der Vertragspartner des Mietvertrags zu einer weiteren Anpassung der Höhe der Miete führen würde, weil nicht habe festgestellt werden können, dass die Klägerin oder die Beklagte solche staatlichen Hilfen erhalten habe. Der Klägerin sei auch keine Teilnutzung des Mietobjekts im Sinne eines "Außer-Haus-Verkaufs" bzw. eines entsprechenden Liefer- und Abholservice möglich, wie dies etwa bei Gaststätten erlaubt gewesen sei.

Dies führe dazu, dass die Beklagte für den Monat April 2020 anstelle der vertraglich vereinbarten Miete von 7.854,00 € nur 5.366,90 € zahlen müsse, während sie für den Monat März 2020 6.207,19 € zu zahlen gehabt hätte, also mit ihrer vollständigen Mietzahlung die Miete in Höhe von 1.646,81 € überzahlt habe. In dieser Höhe habe die Beklagte hilfsweise die Aufrechnung gegen die Forderung der Klägerin auf Zahlung der Miete für April 2020 erklärt, so dass sich im Ergebnis der Anspruch der Klägerin von 5.366,90 € auf 3.720,09 € reduziere.

II.

Diese Ausführungen halten in einem wesentlichen Punkt der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass die Anwendbarkeit der mietrechtlichen Gewährleistungsvorschriften und der Regelungen des allgemeinen schuldrechtlichen Leistungsstörungsrechts, insbesondere des § 313 Abs. 1 BGB, nicht durch Art. 240 § 2 EGBGB, mit dem die Kündigungsmöglichkeit des Vermieters wegen eines coronabedingten Zahlungsverzugs des Mieters ausgesetzt wurde, ausgeschlossen ist.

a) Zwar wird in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum teilweise die Auffassung vertreten, der Gesetzgeber habe mit Einführung dieser Vorschrift durch Art. 5 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27. März 2020 (BGBl. I S. 569) eine Sonderregelung getroffen, mit der die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Rechte und Pflichten von Mietvertragsparteien abschließend geregelt werden sollten (vgl. Jung BB 2021, 329, 331 f.; Klimesch/Walther ZMR 2020, 556, 557; LG München II Urteil vom 6. Oktober 2020 - 13 O 2044/20 - BeckRS 2020, 34263). Die überwiegende Auffassung lehnt mit dem Berufungsgericht eine entsprechende Sperrwirkung des Art. 240 § 2 EGBGB hingegen ab (ebenso OLG München NJW 2021, 948, 950; KG GE 2021, 570, 572; OLG Frankfurt NZM 2021, 395, 396 f.; LG Mönchengladbach Urteil vom 2. November 2020 - 12 O 154/20 - BeckRS 2020, 30731 Rn. 39; LG München I Urteil vom 25. Januar 2021 - 31 O 7743/20 - BeckRS 2021, 453 Rn. 53 ff.; MünchKommBGB/Häublein 8. Aufl. EGBGB Art. 240 § 2 Rn. 6; BeckOGK/Martens [Stand: 1. Oktober 2021] BGB § 313 Rn. 239; BeckOGK/Geib [Stand: 1. Oktober 2021] EGBGB Art. 240 § 2 Rn. 18 und 20; BeckOK BGB/Wiederhold [Stand: 1. August 2021] EGBGB Art. 240 § 2 Rn. 10; Brinkmann/Thüsing NZM 2021, 5, 9 f.; Herlitz NJ 2021, 56, 58; Zehelein NZM 2020, 390, 401; Streyl NZM 2020, 817, 823; Warmuth COVuR 2020, 16, 17; Klose NZM 2021, 832 f.).

b) Die letztgenannte Auffassung trifft zu. Entgegen der Ansicht der Klägerin lässt sich weder aus dem Wortlaut der Vorschrift noch aus der Gesetzesbegründung schließen, dass der Gesetzgeber mit Einführung des Art. 240 § 2 EGBGB die Folgen, die sich aus den umfangreichen hoheitlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie insbesondere für gewerbliche Mietverhältnisse ergeben können, abschließend regeln wollte.

aa) Nach seinem eindeutigen Wortlaut enthält Art. 240 § 2 Abs. 1 Satz 1 EGBGB nur eine Beschränkung des Kündigungsrechts des Vermieters, sofern die Nichtleistung der vom Mieter geschuldeten Mietzahlung allein auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Die Vorschrift geht daher davon aus, dass - anders als bei den in Art. 240 § 1 EGBGB genannten Dauerschuldverhältnissen - die Verpflichtung des Mieters zur Mietzahlung grundsätzlich weiter bestehen bleibt. Regelungen zur Höhe der Miete oder zu sonstigen Auswirkungen der Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung auf die Verpflichtung des Mieters zur Mietzahlung enthält die Vorschrift jedoch nicht. Auch aus der zeitlichen Beschränkung des Kündigungsausschlusses bis zum 30. Juni 2022 in Art. 240 § 2 Abs. 4 EGBGB kann nicht darauf geschlossen werden, dass der Gesetzgeber für die Zahlungspflicht des Mieters eine abschließende Regelung treffen wollte. Die Vorschrift zeigt zwar ebenfalls, dass das Gesetz grundsätzlich von einer fortbestehenden Zahlungspflicht des Mieters ausgeht. Ob der Mieter in dem maßgeblichen Zeitraum jedoch die volle vereinbarte Miete schuldet, folgt daraus nicht.

bb) Auch der Gesetzeszweck lässt nicht darauf schließen, dass Art. 240 § 2 EGBGB eine abschließende Sonderregelung darstellt, die der Anwendbarkeit der mietrechtlichen Gewährleistungsvorschriften und der Regelungen des allgemeinen schuldrechtlichen Leistungsstörungsrechts entgegensteht.

Zum Zeitpunkt des Erlasses des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27. März 2020 (BGBl. I S. 569) sah der Gesetzgeber die Gefahr, dass es aufgrund der umfangreichen behördlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus im März 2020 zu erheblichen Einkommensverlusten bei einer Vielzahl von Menschen kommt, wodurch diese bis zur Aufhebung der Maßnahmen nicht oder nur eingeschränkt in der Lage sein könnten, ihre laufenden Verbindlichkeiten zu begleichen. Dieses Problem sollte dadurch gelöst werden, dass für den Bereich des Zivilrechts ein Moratorium für die Erfüllung bestimmter vertraglicher Ansprüche aus Dauerschuldverhältnissen eingeführt werden sollte, das betroffenen Verbrauchern und Kleinstunternehmern, die wegen der COVID-19-Pandemie ihre vertraglich geschuldeten Leistungen nicht erbringen können, im Zeitraum bis zum 30. Juni 2020 einen Zahlungsaufschub gewährt (BT-Drucks. 19/18110 S. 1). Entgegen diesem in Art. 240 § 1 EGBGB niedergelegten Grundsatz hat der Gesetzgeber im Bereich des Mietrechts hingegen von einem Leistungsverweigerungsrecht des Mieters abgesehen und nur das Recht des Vermieters zur Kündigung von Mietverhältnissen wegen Zahlungsverzugs eingeschränkt, sofern Mietschulden aus dem Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruhen. Die Verpflichtung der Mieter zur Zahlung der Miete sollte jedoch im Grundsatz bestehen bleiben (BT-Drucks. 19/18119 S. 35).

Zweck der gesetzlichen Regelung war es, Mieter und Pächter vor dem Verlust ihres Lebensmittelpunkts und ihrer Existenzgrundlage zu schützen, wenn diese unverschuldet durch die Pandemie in Zahlungsverzug geraten sollten. Hätte der Gesetzgeber mit der Einführung von Art. 240 § 2 EGBGB tatsächlich eine abschließende Regelung im Hinblick auf die Auswirkungen der Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung treffen wollen, würde sich die Vorschrift jedoch zum Nachteil des gewerblichen Mieters auswirken. Denn dieser wäre auch dann, wenn er die von ihm angemieteten Gewerberäume aufgrund einer hoheitlichen Betriebsschließungsanordnung nicht entsprechend seinem Geschäftszweck nutzen kann, stets zur Zahlung der vollständigen Miete verpflichtet. Das Risiko, während der Pandemie die Mietsache nicht oder nur eingeschränkt nutzen zu können, wäre damit vollständig auf den Mieter verlagert. Art. 240 § 2 EGBGB, der erkennbar dem Mieterschutz dienen sollte, würde dadurch zu einer Vorschrift, die letztlich dem Schutz des Vermieters dient, dem unabhängig von den Auswirkungen der Pandemiebekämpfungsmaßnahmen auf die Nutzbarkeit des Mietobjekts der Anspruch auf vollständige Miete erhalten bliebe (ähnlich auch BeckOK BGB/Wiederhold [Stand: 1. August 2021] EGBGB Art. 240 § 2 Rn. 10; BeckOGK/Martens [Stand: 1. Oktober 2021] BGB § 313 Rn. 240). Dafür, dass der Gesetzgeber eine solche weitreichende Regelung dahin, dass der Mieter während der COVID-19-Pandemie das Verwendungsrisiko allein zu tragen hat, treffen wollte, bestehen keine Anhaltspunkte. Dagegen spricht auch die Kürze der Zeit, in der dieses Gesetzgebungsvorhaben umgesetzt worden ist (vgl. OLG Frankfurt NZM 2021, 395, 397; MünchKommBGB/Häublein 8. Aufl. Art. 240 § 2 EGBGB Rn. 6; Zehelein NJW 2020, 1169, 1172). Mithin hat der Gesetzgeber nur das von ihm als dringlich identifizierte Problem, dass Mieter von Wohn- und Geschäftsräumen aufgrund der zu erwartenden negativen wirtschaftlichen Auswirkungen ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen und deshalb die angemieteten Räumlichkeiten verlieren könnten, schnell einer vorübergehenden Lösung zuführen und die Stellung der Mieter im Hinblick auf die Kündbarkeit des Mietverhältnisses verbessern wollen.

cc) Schließlich lassen sich auch der Gesetzesbegründung keine ausreichenden Hinweise dafür entnehmen, dass der Gesetzgeber die Auswirkung der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie auf Mietverhältnisse abschließend regeln wollte. Zwar ist an mehreren Stellen der Gesetzesbegründung ausgeführt, dass der Mieter grundsätzlich zur Leistung der Miete verpflichtet bleibt (vgl. BT-Drucks. 19/18110 S. 4, 35 f.). Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass ihm damit jede Möglichkeit genommen werden sollte, Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf sein Mietverhältnis und insbesondere auf die Höhe der geschuldeten Miete nach allgemeinen Grundsätzen geltend machen zu können (vgl. Streyl NZM 2020, 817, 823; BeckOGK/Martens [Stand: 1. Oktober 2021] BGB § 313 Rn. 240.2). Zum einen enthält die Gesetzesbegründung den Hinweis, dass die Mieter "nach allgemeinen Grundsätzen zur Leistung verpflichtet" bleiben (BT-Drucks. 19/18110 S. 35). Dies deutet bereits darauf hin, dass die allgemeinen Regelungen des mietrechtlichen Gewährleistungsrechts und des allgemeinen Schuldrechts weiterhin Anwendung finden sollen (a.A. Jung BB 2021, 329, 331). Zum anderen lassen sich diese Formulierungen auch mit der unterschiedlichen Behandlung von Miet- und Pachtverhältnissen gegenüber anderen Dauerschuldverhältnissen im Gesetz erklären. Denn mit dem Hinweis, dass die Verpflichtung des Mieters zur Mietzahlung bestehen bleibt, wird in der Gesetzesbegründung deutlich gemacht, dass dem Mieter, abweichend von der Grundregel des Art. 240 § 1 EGBGB für andere Dauerschuldverhältnisse, kein zeitlich begrenztes Leistungsverweigerungsrecht eingeräumt, sondern nur die Kündigungsmöglichkeit des Vermieters wegen Zahlungsverzugs eingeschränkt wird (BT-Drucks. 19/18110 S. 35 f.). Zur Höhe der geschuldeten Miete verhält sich die Gesetzesbegründung jedoch ebenso wenig wie zu der Frage, welche sonstigen rechtlichen Auswirkungen die pandemiebedingten Beschränkungen des Wirtschaftslebens insbesondere auf gewerbliche Mietverhältnisse haben sollen. Letztlich wird in der Gesetzesbegründung als Gesetzeszweck allein die Bestandssicherung des Mietverhältnisses genannt.

2. Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Miete in dem streitgegenständlichen Zeitraum nicht nach § 536 Abs. 1 BGB gemindert war, weil die auf den Allgemeinverfügungen des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. und 20. März 2020 beruhende Betriebsschließung nicht zu einem Mangel des Mietgegenstands i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB geführt hat.

a) Ob eine staatlich angeordnete Geschäftsschließung wegen der COVID-19-Pandemie einen Mangel der Mietsache darstellt, ist umstritten. Teilweise wird dies mit der Begründung bejaht, die Schließungsanordnung knüpfe unmittelbar an das Mietobjekt und dessen Lage im Epidemiegebiet an und beziehe sich daher nicht auf die persönlichen oder betrieblichen Umstände des Mieters (vgl. OLG Nürnberg MDR 2021, 56; LG Kaiserlautern Urteil vom 13. April 2021 - 4 O 284/20 - juris; Jauernig/Teichmann BGB 18. Aufl. § 536 Rn. 12a; BeckOGK/Geib [Stand: 1. Oktober 2021] EGBGB Art. 240 § 2 Rn. 16; Selk NZM 2021, 369, 374 ff.; Sentek/Ludley NZM 2020, 406, 410; Krepold WM 2020, 726, 729 ff.; Säcker/Schubert BB 2020, 2563).

Die überwiegende Auffassung in der Rechtsprechung und im Schrifttum lehnt hingegen das Vorliegen eines Mangels i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB ab (vgl. OLG München NJW 2021, 948, 949; OLG Karlsruhe NJW 2021, 945 f.; KG GE 2021, 570, 571; OLG Schleswig NZM 2021, 605, 607; OLG Frankfurt NZM 2021, 395, 397 f.; Butenberg/Drasdo/Först/Hannemann/Heilmann NZM 2020, 493, 497; Häublein/Müller NZM 2020, 481, 484 f.; Leo/Götz NZM 2020, 402, 403; Zehelein NZM 2020, 390, 392 ff.; Sittner NJW 2020, 1169, 1171; Sachsinger ZMR 2020, 1002 ff.; Gerlach/Manzke ZMR 2020, 551, 554; Klimesch/Walther ZMR 2020, 353, 354; Both in Zehelein Miete in Zeiten von Corona § 3 Rn. 18 ff.; Klose NZM 2021, 832, 833 f.). Zur Begründung wird überwiegend darauf abgestellt, dass eine pandemiebedingte Betriebsuntersagung ein Gebrauchshindernis darstelle, das nicht auf Beschaffenheit, Zustand oder Lage der Mietsache beruhe, sondern allein das Verwendungsrisiko des Mieters betreffe.

b) Die letztgenannte Meinung trifft im Ergebnis zu. Die behördliche Untersagung der Öffnung der Filiale der Beklagten stellt keinen Mangel der Mietsache i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB dar.

aa) Unter einem Mangel i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustands der Mietsache von dem vertraglich geschuldeten zu verstehen, wobei sowohl tatsächliche Umstände als auch rechtliche Verhältnisse in Bezug auf die Mietsache als Mangel in Betracht kommen können. Öffentlich-rechtliche Gebrauchshindernisse und Gebrauchsbeschränkungen, die dem vertragsgemäßen Gebrauch eines Mietobjekts entgegenstehen, begründen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allerdings nur dann einen Sachmangel im Sinne der §§ 536 ff. BGB, wenn sie auf der konkreten Beschaffenheit der Mietsache beruhen und nicht in persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters ihre Ursache haben (Senatsurteil vom 2. November 2016 - XII ZR 153/15 - NJW 2017, 1104 Rn. 15 mwN).

Ergeben sich aufgrund von gesetzgeberischen Maßnahmen erst während eines laufenden Mietverhältnisses Beeinträchtigungen des vertragsmäßigen Gebrauchs eines gewerblichen Mietobjekts, kann auch dies einen Mangel i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB begründen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die durch die gesetzgeberische Maßnahme bewirkte Gebrauchsbeschränkung unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage des Mietobjekts in Zusammenhang steht. Andere gesetzgeberische Maßnahmen, die den geschäftlichen Erfolg beeinträchtigen, fallen dagegen in den Risikobereich des Mieters. Denn der Vermieter von Gewerberäumen ist gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB lediglich verpflichtet, den Mietgegenstand während der Vertragslaufzeit in einem Zustand zu erhalten, der dem Mieter die vertraglich vorgesehene Nutzung ermöglicht. Das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache trägt bei der Gewerberaummiete dagegen grundsätzlich der Mieter. Dazu gehört vor allem das Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können. Erfüllt sich die Gewinnerwartung des Mieters aufgrund eines nachträglich eintretenden Umstandes nicht, so verwirklicht sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters. Das gilt auch in Fällen, in denen es durch nachträgliche gesetzgeberische oder behördliche Maßnahmen zu einer Beeinträchtigung des Gewerbebetriebs des Mieters kommt (Senatsurteil vom 13. Juli 2011 - XII ZR 189/09 - NJW 2011, 3151 Rn. 8 f. mwN).

bb) Auf dieser rechtlichen Grundlage führt die auf den Allgemeinverfügungen des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. und 20. März 2020 beruhende Schließung des Einzelhandelsgeschäfts der Beklagten nicht zu einem Mangel der Mietsache i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB, weil die mit der Schließungsanordnung zusammenhängende Gebrauchsbeschränkung nicht auf der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der Mietsache beruht, sondern an den Geschäftsbetrieb der Beklagten als Mieterin anknüpft.

(1) Durch Ziffer 1 der Allgemeinverfügung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. März 2020 wurde mit Wirkung zum 19. März 2020 im gesamten Freistaat Sachsen die Schließung aller Geschäfte und Einrichtungen angeordnet, die nicht der Grundversorgung der Bevölkerung dienen. Damit sollte die dynamische Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus eingedämmt werden, um die besonders vulnerablen Personengruppen vor einer Ansteckung mit dem neuartigen Virus zu schützen und eine Überlastung des Gesundheitswesens zu verhindern. Da eine besonders hohe Ansteckungsgefahr dort gesehen wurde, wo es zu einem Zusammentreffen einer Vielzahl von Menschen kommt, sollte durch die Schließung aller Geschäfte und Einrichtungen, die nicht der täglichen Daseinsvorsorge dienen, eine deutliche Reduzierung menschlicher Kontakte erreicht werden (vgl. Allgemeinverfügung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. März 2020, S. 4).

Die mit der Schließungsanordnung verbundene Gebrauchsbeschränkung der Beklagten beruhte damit nicht auf der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage des Mietobjekts. Die behördlich angeordnete Geschäftsschließung knüpft allein an die Nutzungsart und den sich daraus ergebenden Publikumsverkehr an, der die Gefahr einer verstärkten Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus begünstigt und der aus Gründen des Infektionsschutzes untersagt werden sollte. Durch die Allgemeinverfügung wird jedoch weder der Beklagten die Nutzung der angemieteten Geschäftsräume im Übrigen noch der Klägerin tatsächlich oder rechtlich die Überlassung der Mieträumlichkeiten verboten. Das Mietobjekt stand daher trotz der Schließungsanordnung weiterhin für den vereinbarten Mietzweck zur Verfügung.

(2) Eine Mangelhaftigkeit der Mietsache lässt sich auch nicht damit begründen, dass durch die behördliche Schließungsanordnung faktisch der Zugang zu den Mieträumen für potentielle Kunden der Beklagten verhindert oder beschränkt war. Zwar ist der ungehinderte Zugang zu den Mieträumen gerade bei der Vermietung von Gewerberäumen Voraussetzung für eine vertragsgemäße Nutzung des Mietobjekts, wenn das dort betriebene Gewerbe auf Kundenverkehr angewiesen ist. Eine Zugangsbehinderung kann daher einen Mangel i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB darstellen (vgl. Schmidt-Futterer/Eisenschmid Mietrecht 15. Aufl. § 536 BGB Rn. 210 mwN). Um eine Ausuferung des Mangelbegriffs zu verhindern, ist aber Voraussetzung hierfür, dass die Zugangsbeschränkung unmittelbar mit der Lage oder der Beschaffenheit des Mietobjekts in Verbindung steht. Dies kann etwa der Fall sein, wenn durch Baumaßnahmen der öffentlichen Hand im Umfeld des Mietobjekts der Zugang zu den Mieträumen erschwert ist (vgl. Schmidt-Futterer/Eisenschmid Mietrecht 15. Aufl. § 536 BGB Rn. 210 mwN). Im vorliegenden Fall beruht die Zugangsbeeinträchtigung jedoch nicht auf der konkreten baulichen Gegebenheit der Mietsache, sondern auf einer hoheitlichen Maßnahme, die flächendeckend für alle im gesamten Bereich des Freistaats Sachsen liegenden Geschäfte ein Öffnungsverbot anordnete, die nicht zu den in den Allgemeinverfügungen genannten Ausnahmen zählen. Auf die konkreten Umfeldbedingungen kam es dabei nicht an. Deshalb ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch die Belegenheit des Mietobjekts im Pandemiegebiet für die Einordnung als Mangel ohne Bedeutung (vgl. OLG München NJW 2021, 948, 949).

(3) Das Vorliegen eines Mangels i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt sich auch nicht daraus, dass die Mietvertragsparteien im vorliegenden Fall als Mietzweck die "Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts für Textilien aller Art, sowie Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs" vereinbart haben. Der Umfang der mit der Vereinbarung eines Mietzwecks übernommenen Leistungspflicht des Vermieters ist grundsätzlich durch Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont aus Sicht eines Mieters gemäß §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Ohne besondere Umstände, die hier nicht vorgetragen wurden, gehören nur rechtliche Umstände, die die körperliche Beschaffenheit, den Zustand oder die Lage der Mietsache betreffen oder Einfluss auf sie haben, zu der vom Vermieter geschuldeten Leistung (vgl. Streyl NZM 2020, 817, 819). Für öffentlich-rechtliche Gebrauchsbeschränkungen, Verbote oder Gebrauchshindernisse, die sich aus betriebsbezogenen Umständen ergeben oder in der Person des Mieters ihre Ursache haben, hat der Vermieter hingegen ohne eine anderslautende Vereinbarung nicht einzustehen (vgl. Günter NZM 2016, 569, 570). Ein redlicher Mieter darf daher das Leistungsversprechen seines Vermieters im Zweifel nicht dahin verstehen, dieser wolle ihm die vereinbarte Nutzung unter allen erdenklichen Umständen gewährleisten (Häublein/Müller NZM 2020, 481, 484). Deshalb konnte im vorliegenden Fall die Beklagte nicht davon ausgehen, dass die Klägerin mit der Vereinbarung des konkreten Mietzwecks eine unbedingte Einstandspflicht auch für den Fall einer hoheitlich angeordneten Öffnungsuntersagung im Falle einer Pandemie übernehmen wollte (vgl. OLG München NJW 2021, 948, 949).

(4) Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich ein Mangel der Mietsache im Falle der pandemiebedingten Schließung von gewerblich genutzten Mieträumen auch nicht aus der Rechtsprechung des Reichsgerichts.

Zwar hat das Reichsgericht (RGZ 87, 277, 280; 89, 203, 205) in Fällen, in denen die Durchführung von Tanzveranstaltungen wegen des Ersten Weltkriegs polizeilich untersagt worden war, für eine gepachtete Gastwirtschaft, in der vorwiegend Tanzveranstaltungen durchgeführt wurden, das Vorliegen eines Mangels bejaht. Nach Auffassung des Reichsgerichts hat das polizeiliche Tanzverbot den Pachtgegenstand selbst betroffen. Denn dieser sei der Eigenschaft einer Tanzwirtschaft beraubt worden und deshalb mit einem die Tauglichkeit zu der vertragsgemäßen Nutzung mindernden Fehler i.S.v. § 537 BGB a. F. behaftet.

Diese Rechtsprechung kann auf den vorliegenden Fall indes nicht übertragen werden, weil ihr noch ein anderes Verständnis des mietrechtlichen Mangelbegriffs zugrunde lag (vgl. OLG Frankfurt NZM 2021, 395, 397 f.). Zwischenzeitlich hat der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung zum Vorliegen eines Mangels i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB insbesondere bei öffentlich-rechtlichen Gebrauchsbeschränkungen fortentwickelt und hierbei gerade im Bereich der Vermietung von Gewerberäumen verstärkt die grundsätzliche Risikoverteilung zwischen Vermieter und Mieter in den Blick genommen (vgl. Senatsurteil vom 13. Juli 2011 - XII ZR 189/09 - NJW 2011, 3151 Rn. 9 mwN). Hinzu kommt, dass das Reichsgericht die Grundsätze über die Störung der Geschäftsgrundlage, über die ein interessengerechter Ausgleich zwischen den Mietvertragsparteien bei Einschränkung der Nutzbarkeit der Mietsache infolge von höherer Gewalt wie Kriegsereignissen oder einer weltweiten Pandemie erreicht werden kann, erst zu einem späteren Zeitpunkt entwickelt hat (vgl. RGZ 100, 129, 132 f.; MünchKommBGB/Finkenauer 8. Aufl. § 313 Rn. 23 mwN; Streyl NZM 2020, 817, 819).

3. Die Beklagte ist auch nicht deshalb von ihrer Verpflichtung zur Mietzahlung befreit, weil der Klägerin ihre vertraglich geschuldete Leistung zur Überlassung und Erhaltung der Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand ganz oder teilweise unmöglich gewesen wäre (§§ 326 Abs. 1, 275 Abs. 1 BGB). Dabei kann dahinstehen, ob diese Regelungen auch dann nach der Überlassung der Mietsache an den Mieter nicht mehr anwendbar und von den speziellen Regelungen des mietrechtlichen Gewährleistungsrechts (§§ 536 ff. BGB) verdrängt werden, wenn die Mietsache - wie hier - keinen Mangel aufweist (vgl. dazu MünchKommBGB/Häublein 8. Aufl. Vor § 536 Rn. 7; BeckOGK/Bieber [Stand: 1. April 2021] § 536 BGB Rn. 9; Staudinger/V. Emmerich BGB [2021] Vorb. zu §§ 536 ff. Rn. 5). Wie bereits ausgeführt, war es der Klägerin während des streitgegenständlichen Zeitraums trotz der behördlichen Schließungsanordnung nicht unmöglich, der Beklagten den Gebrauch der Mietsache entsprechend dem vereinbarten Mietzweck zu gewähren. Die Klägerin hat daher auch während der Zeit der Betriebsschließung die von ihr gemäß § 535 Abs. 1 BGB geschuldete Leistung erbracht. Eine Einstandspflicht für den Fall einer hoheitlich angeordneten Öffnungsuntersagung im Falle einer Pandemie hatte sie nicht übernommen.

4. Im Fall einer Geschäftsschließung, die auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie beruht, kommt allerdings ein Anspruch des Mieters von gewerblich genutzten Räumen auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB in Betracht. Dies hat das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend erkannt; seine Erwägungen zu einer möglichen Vertragsanpassung sind jedoch nicht frei von Rechtsfehlern.

a) Gemäß § 313 Abs. 1 BGB kann eine Anpassung des Vertrags verlangt werden, wenn sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten. Dabei kann eine Anpassung nur insoweit verlangt werden, als dem einen Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

aa) Durch die COVID-19-Pandemie und die damit verbundenen weitreichenden Beschränkungen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens hat sich die Geschäftsgrundlage für den zwischen den Parteien abgeschlossenen Mietvertrag schwerwiegend geändert.

(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird die Geschäftsgrundlage eines Vertrags durch die bei Vertragsabschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen der Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände gebildet, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut (vgl. BGH Urteil vom 1. Dezember 2012 - VIII ZR 307/10 - NJW 2012, 1718 Rn. 26 mwN).

Unstreitig hatte keine der Parteien bei Abschluss des Mietvertrags im Jahr 2013 die Vorstellung, während der vereinbarten Mietzeit werde es zu einer Pandemie und damit verbundenen erheblichen hoheitlichen Eingriffen in den Geschäftsbetrieb der Beklagten kommen, durch die die beabsichtigte Nutzung der Mieträume eingeschränkt wird. Aufgrund der vielfältigen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie wie Geschäftsschließungen, Kontakt- und Zugangsbeschränkungen und der damit verbundenen massiven Auswirkungen auf das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben in Deutschland während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 ist im vorliegenden Fall die sogenannte große Geschäftsgrundlage betroffen. Darunter versteht man die Erwartung der vertragschließenden Parteien, dass sich die grundlegenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen eines Vertrags nicht etwa durch Revolution, Krieg, Vertreibung, Hyperinflation oder eine (Natur-)Katastrophe ändern und die Sozialexistenz nicht erschüttert werde (MünchKommBGB/Finkenauer 8. Aufl. § 313 Rn. 17; Palandt/Grüneberg BGB 80. Aufl. § 313 Rn. 5; OLG München NJW 2021, 948, 949 f.; KG GE 2021, 570, 572; OLG Frankfurt NZM 2021, 395; Häublein/Müller NZM 2020, 482, 486 f.; Zehelein NZM 2020, 390, 398; Streyl NZM 2020, 817, 821; Warmuth COVuR 2020, 16, 18). Diese Erwartung der Parteien wurde dadurch schwerwiegend gestört, dass die Beklagte aufgrund der zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie erlassenen Allgemeinverfügungen des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. März 2020 und 20. März 2020 ihr Geschäftslokal in der Zeit vom 19. März 2020 bis einschließlich 19. April 2020 schließen musste.

(2) Dafür, dass bei einer zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie behördlich angeordneten Betriebsschließung die tatsächliche Voraussetzung des § 313 Abs. 1 Satz 1 BGB einer schwerwiegenden Störung der Geschäftsgrundlage erfüllt ist, spricht auch die durch Art. 10 des Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Patentrecht vom 22. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3328) eingefügte Vorschrift des Art. 240 § 7 EGBGB. Danach wird vermutet, dass sich ein Umstand im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat, wenn vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar sind (vgl. Klose NZM 2021, 832, 835).

Zwar wird im Schrifttum vereinzelt die Auffassung vertreten, die Vorschrift, die zum 31. Dezember 2020 in Kraft getreten ist (vgl. Art. 14 Abs. 2 des Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Patentrecht vom 22. Dezember 2020), entfalte eine echte Rückwirkung und könne deshalb auf Sachverhalte, die zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens abgeschlossen waren, nicht angewendet werden (Klimesch IMR 2021, 47 f.).

In der Gesetzesbegründung ist jedoch ausgeführt, dass die Vorschrift auch auf zurückliegende Sachverhalte anwendbar sein soll (BT-Drucks. 19/25322 S. 24). Auch in Rechtsprechung und Literatur wird die Auffassung vertreten, dass die Vorschrift auf Sachverhalte anwendbar ist, die zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens abgeschlossen waren, über die aber noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist (OLG Karlsruhe NJW 2021, 945; BeckOGK/Siegmund [Stand. 1. Oktober 2021] EGBGB Art. 240 § 7 Rn. 15; Blatt/Stobbe IMR 2021, 45). Diese Streitfrage kann jedoch dahinstehen. Art. 240 § 7 EGBGB hat nur einen eng begrenzten Regelungsgehalt. Die Vorschrift beschränkt sich auf die Vermutung, dass bei Mietverträgen über gewerblich genutzte Räumlichkeiten Gebrauchsbeschränkungen infolge von staatlich angeordneten Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie zu einer schwerwiegenden Störung der Geschäftsgrundlage führen. Der Regelungsgehalt der Vorschrift bezieht sich damit nur auf das reale Element des § 313 Abs. 1 BGB (BT-Drucks. 19/25322 S. 20), das in den Fällen einer Störung der großen Geschäftsgrundlage ohnehin unproblematisch erfüllt ist. Zu den weiteren Voraussetzungen für eine Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage verhält sich die Vorschrift nicht (BT-Drucks. 19/25322 S. 20 f.). Insbesondere sagt sie auch nichts darüber aus, ob und gegebenenfalls in welcher Form eine Vertragsanpassung erfolgen soll (BeckOGK/Martens [Stand. 1. Oktober 2021] BGB § 313 Rn. 247; BT-Drucks. 19/25322 S. 21).

bb) Für eine Berücksichtigung der Regelungen über die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) ist allerdings grundsätzlich insoweit kein Raum, als es um Erwartungen und um Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen sollen. Eine solche vertragliche Risikoverteilung bzw. Risikoübernahme schließt für die Vertragspartei regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf eine Störung der Geschäftsgrundlage zu berufen (Senatsurteil BGHZ 223, 290 = NJW 2020, 331 Rn. 37 mwN).

Entgegen der Auffassung der Klägerin hat die Beklagte im vorliegenden Fall nicht vertraglich das alleinige Verwendungsrisiko für den Fall einer pandemiebedingten Schließung ihres Einzelhandelsgeschäfts übernommen.

Zwar können die Mietvertragsparteien durch eine entsprechende vertragliche Abrede die Risikoverteilung ändern. Ob das der Fall ist, ist durch Auslegung der getroffenen Vertragsvereinbarungen zu ermitteln. Soweit die Klägerin meint, vorliegend sei in § 5 Nr. 3 des Mietvertrags eine entsprechende Vereinbarung getroffen worden, kann dem jedoch nicht gefolgt werden. Nach ihrem eindeutigen Wortlaut bezieht sich diese Regelung nur auf Mängel- und Schadensersatzansprüche des Mieters. Da Vertragsbestimmungen, mit denen die Mietvertragsparteien die Risikoverteilung abändern wollen, grundsätzlich eng auszulegen sind, kann aus dieser Regelung nicht geschlossen werden, dass die Beklagte über den umfangreichen Verzicht auf mietrechtliche Gewährleistungsansprüche in den von der Vertragsbestimmung erfassten Ereignissen hinaus auch im Fall einer weltweiten Pandemie das alleinige Risiko dafür übernehmen wollte, die Mietsache nicht vertragsgemäß verwenden zu können.

cc) Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte kann auch davon ausgegangen werden, dass die Parteien den Mietvertrag mit einem anderen Inhalt abgeschlossen hätten, wenn sie bei Vertragsschluss im Jahr 2013 die Möglichkeit einer Pandemie und die damit verbundene Gefahr einer hoheitlich angeordneten Betriebsschließung vorausgesehen und bedacht hätten. Es ist anzunehmen, dass redliche Mietvertragsparteien für diesen Fall das damit verbundene wirtschaftliche Risiko nicht einseitig zu Lasten des Mieters geregelt, sondern in dem Vertrag für diesen Fall eine Möglichkeit zur Mietanpassung vorgesehen hätten.

dd) Allein der Wegfall der Geschäftsgrundlage gem. § 313 Abs. 1 BGB berechtigt jedoch noch nicht zu einer Vertragsanpassung. Vielmehr verlangt die Vorschrift als weitere Voraussetzung, dass dem betroffenen Vertragspartner unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Durch diese Formulierung kommt zum Ausdruck, dass nicht jede einschneidende Veränderung der bei Vertragsschluss bestehenden oder gemeinsam erwarteten Verhältnisse eine Vertragsanpassung oder eine Kündigung (§ 313 Abs. 3 BGB) rechtfertigt. Hierfür ist vielmehr erforderlich, dass ein Festhalten an der vereinbarten Regelung für die betroffene Partei zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis führt (Senatsbeschluss vom 3. Dezember 2014 - XII ZB 181/13 - FamRZ 2015, 393 Rn. 19 mwN; BGH Urteil vom 1. Februar 2012 - VIII ZR 307/10 - NJW 2012, 1718 Rn. 30 mwN). Deshalb kommt eine Vertragsanpassung zugunsten des Mieters jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn ihm ein unverändertes Festhalten an der vertraglich vereinbarten Miethöhe unter Abwägung aller Umstände einschließlich der vertraglichen Risikoverteilung zumutbar ist (vgl. BGH Urteil vom 11. Dezember 2019 - VIII ZR 234/18 - NJW-RR 2020, 523 Rn. 20 ff.).

(1) Im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter trägt grundsätzlich der Mieter das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache. Dazu gehört bei der gewerblichen Miete vor allem die Chance, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können (Senatsurteil vom 21. September 2005 - XII ZR 66/03 - NJW 2006, 899, 901). Erfüllt sich die Gewinnerwartung des Mieters aufgrund eines nachträglich eintretenden Umstandes nicht, so verwirklicht sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters. Das gilt auch in Fällen, in denen es durch nachträgliche gesetzgeberische oder behördliche Maßnahmen zu einer Beeinträchtigung des Gewerbebetriebs des Mieters kommt (Senatsurteil vom 13. Juli 2011 - XII ZR 189/09 - NJW 2011, 3151 Rn. 9).

Beruht die enttäuschte Gewinnerwartung des Mieters jedoch auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie wie einer Betriebsschließung für einen gewissen Zeitraum, geht dies über das gewöhnliche Verwendungsrisiko des Mieters hinaus (vgl. OLG München NJW 2021, 948, 951 f.; KG GE 2021, 570, 572; Häublein/Müller NZM 2020, 482, 487; Streyl NZM 2020, 817, 822; Warmuth COVuR 2020, 16; 20; Römermann NJW 2021, 265, 268). Die wirtschaftlichen Nachteile, die ein gewerblicher Mieter aufgrund einer pandemiebedingten Betriebsschließung erlitten hat, beruhen nicht auf unternehmerischen Entscheidungen oder der enttäuschten Vorstellung, in den Mieträumen ein Geschäft betreiben zu können, mit dem Gewinne erwirtschaftet werden. Sie sind vielmehr Folge der umfangreichen staatlichen Eingriffe in das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie, für die keine der beiden Mietvertragsparteien verantwortlich gemacht werden kann. Die Art der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie wurde zudem von dem Ziel bestimmt, menschliche Kontakte aus Gründen des Infektionsschutzes weitgehend zu reduzieren. Die Maßnahmen waren nach epidemiologischen Gesichtspunkten ausgewählt, knüpften dabei aber grundsätzlich weder an spezifische Eigenschaften des vom Mieter geführten Gewerbebetriebs noch an solche des Mietobjekts an (BeckOGK/Martens [Stand: 1. Oktober 2021] BGB § 313 Rn. 246). Durch die COVID-19-Pandemie hat sich damit letztlich ein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht, das von der mietvertraglichen Risikoverteilung ohne eine entsprechende vertragliche Regelung nicht erfasst wird. Diese Systemkrise mit ihren weitreichenden Folgen hat vielmehr zu einer Störung der großen Geschäftsgrundlage geführt. Das damit verbundene Risiko kann regelmäßig keiner Vertragspartei allein zugewiesen werden (KG GE 2021, 570, 572; Häublein/Müller NZM 2020, 482, 487; Römermann NJW 2021, 265, 268). Schließlich ging auch der Gesetzgeber bei der Schaffung des Art. 240 § 7 EGBGB davon aus, dass ohne entsprechende vertragliche Regelungen Belastungen infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie regelmäßig weder der Sphäre des Vermieters noch des Mieters zuzuordnen sind (BT-Drucks. 19/25322 S. 21).

Danach hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass die pandemiebedingte Schließung von Geschäften nicht allein das Verwendungsrisiko der Beklagten betrifft und ihr daher auch nicht einseitig aufgebürdet werden kann.

(2) Auch wenn die mit einer pandemiebedingten Betriebsschließung verbundene Gebrauchsbeeinträchtigung der Mietsache nicht allein dem Verwendungsrisiko des Mieters zugeordnet werden kann, bedeutet dies aber nicht, dass der Mieter stets eine Anpassung der Miete für den Zeitraum der Schließung verlangen kann. Ob dem Mieter ein Festhalten an dem unveränderten Vertrag unzumutbar ist, bedarf auch in diesem Fall einer umfassenden Abwägung, bei der sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind (§ 313 Abs. 1 BGB). Eine pauschale Betrachtungsweise wird den Anforderungen an dieses normative Tatbestandsmerkmal der Vorschrift nicht gerecht. Deshalb kommt eine Vertragsanpassung dahingehend, dass ohne Berücksichtigung der konkreten Umstände die Miete für den Zeitraum der Geschäftsschließung grundsätzlich um die Hälfte herabgesetzt wird, weil das Risiko einer pandemiebedingten Gebrauchsbeschränkung der Mietsache keine der beiden Mietvertragsparteien allein trifft, nicht in Betracht (vgl. auch OLG München NJW 2021, 948, 952; OLG Hamm Urteil vom 24. September 2021 - 30 U 114/21 - juris Rn. 79; OLG Karlsruhe NJW 2021, 945, 947; Klose NZM 2021, 832, 839; a.A. KG GE 2021, 570, 572; OLG Köln NJW-RR 2021, 1218, 1221; Zehelein NZM 2020, 390, 399 f.; Römermann NJW 2021, 265, 269; Säcker/Schubert BB 2020, 2563, 2570; Klimesch/Walther ZMR 2020, 556, 557 f.).

Bei der vorzunehmenden Abwägung ist zunächst von Bedeutung, welche Nachteile dem Mieter durch die Geschäftsschließung und deren Dauer entstanden sind. Diese werden bei einem gewerblichen Mieter primär in einem konkreten Umsatzrückgang für die Zeit der Schließung bestehen, wobei jedoch nur auf das konkrete Mietobjekt und nicht auf einen möglichen Konzernumsatz abzustellen ist (Streyl NZM 2020, 817, 825). Zu berücksichtigen kann auch sein, welche Maßnahmen der Mieter ergriffen hat oder ergreifen konnte, um die drohenden Verluste während der Geschäftsschließung zu vermindern.

Da eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage aber nicht zu einer Überkompensierung der entstandenen Verluste führen darf, sind bei der Prüfung der Unzumutbarkeit grundsätzlich auch die finanziellen Vorteile zu berücksichtigen, die der Mieter aus staatlichen Leistungen zum Ausgleich dieser pandemiebedingten Nachteile erlangt hat (OLG München NJW 2021, 948, 952; OLG Karlsruhe NJW 2021, 945, 946 f.; KG GE 2021, 570, 572; Häublein/Müller NZM 2020, 482, 489; Zehelein NZM 2020, 390, 401; Saxinger ZMR 2020, 1002, 1007 f.; Tölle/Ehrentreich IMR 2021, 178, 179; Klimesch IMR 2021, 47; Güther ZMR 2021, 296 f.). Auch Leistungen einer einstandspflichtigen Betriebsversicherung des Mieters können zu berücksichtigen sein (OLG Frankfurt NZM 2021, 395, 402; Häublein/Müller NZM 2020, 482, 488 f.; vgl. auch den Verhandlungstermin des BGH am 26. Januar 2022 in dem Verfahren IV ZR 144/21). Staatliche Unterstützungsmaßnahmen, die nur auf Basis eines Darlehens gewährt wurden, bleiben hingegen bei der gebotenen Abwägung außer Betracht, weil der Mieter durch sie keine endgültige Kompensation der erlittenen Umsatzeinbußen erreicht (Häublein/Müller NZM 2020, 482, 489). Eine tatsächliche Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Mieters ist dagegen nicht erforderlich (KG GE 2021, 570, 572; OLG Frankfurt NZM 2021, 395, 402; Streyl NZM 2020, 817, 824; Römermann NJW 2021, 265, 268).

Schließlich sind bei der gebotenen Abwägung auch die Interessen des Vermieters in den Blick zu nehmen (vgl. OLG München NJW 2021, 948, 952).

(3) Dabei obliegt es grundsätzlich der Vertragspartei, die sich auf eine Störung der Geschäftsgrundlage beruft, nachzuweisen, dass ihr ein Festhalten am unveränderten Vertrag unzumutbar ist (MünchKommBGB/Finkenauer 8. Aufl. § 313 Rn. 135 mwN). Im Falle einer pandemiebedingten Geschäftsschließung muss daher der Mieter darlegen und gegebenenfalls beweisen, welche Nachteile ihm aus der Betriebsschließung entstanden sind, die ihm eine vollständige Mietzahlung für diesen Zeitraum unzumutbar machen (Saxinger ZMR 2020, 1002, 1007 f.; Tölle/Ehrentreich IMR 2021, 178, 180), und welche zumutbaren Anstrengungen er unternommen hat, um drohende Verluste auszugleichen. Behauptet der Mieter, keine staatlichen Unterstützungsleistungen erhalten zu haben, muss er darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass er sich um mögliche Hilfeleistungen vergeblich bemüht hat. Gelingt ihm dies nicht, muss er sich so behandeln lassen, als hätte er die staatlichen Unterstützungsleistungen erhalten (Häublein/Müller NZM 2020, 481, 489). Wendet hingegen der Vermieter ein, dass die vom Mieter behaupteten Verluste nicht auf der COVID-19-Pandemie beruhen, trifft ihn hierfür die Darlegungs- und Beweislast (BeckOGK/Martens [Stand: 1. Oktober 2021] BGB § 313 Rn. 251).

Auf dieser Grundlage hat das Gericht in tatrichterlicher Verantwortung und unter Berücksichtigung von § 287 ZPO für den konkreten Einzelfall die Voraussetzungen des § 313 BGB festzustellen und gegebenenfalls eine Vertragsanpassung vorzunehmen.

b) Nach diesen Grundsätzen ist die Auffassung des Berufungsgerichts, im vorliegenden Fall sei der Mietvertrag dahingehend anzupassen, dass die Beklagte für die Zeit der Geschäftsschließung nur die hälftige Miete schuldet, nicht frei von Rechtsfehlern.

Das Berufungsgericht hat verkannt, dass die Frage, ob dem Mieter ein Festhalten an dem Vertrag zumutbar ist, auch im Fall einer pandemiebedingten Geschäftsschließung eine konkret auf den Einzelfall bezogene Abwägung aller relevanten Umstände erfordert, die nicht durch eine pauschale Aufteilung der Miete ersetzt werden kann. Deshalb lässt sich die vom Berufungsgericht vorgenommene Absenkung der Kaltmiete um 50 % nicht mit der gegebenen Begründung rechtfertigen, die mit der pandemiebedingten Geschäftsschließung verbundenen Belastungen seien gleichmäßig auf beide Mietvertragsparteien zu verteilen, weil keine der Parteien eine Ursache für die Störung der Geschäftsgrundlage gesetzt habe. Das Berufungsgericht hätte vielmehr tragfähige Feststellungen dazu treffen müssen, welche konkreten wirtschaftlichen Auswirkungen die Geschäftsschließung in dem streitgegenständlichen Zeitraum für die Beklagte hatte und ob diese Nachteile ein Ausmaß erreicht haben, das eine Anpassung des Mietvertrags erforderlich macht. Deshalb durfte das Berufungsgericht es auch nicht dahinstehen lassen, ob die Beklagte für die Zeit der Geschäftsschließung entsprechende staatliche Hilfen erhalten hat oder hätte erhalten können. Die Beklagte hat zwar in den Instanzen vorgetragen, ihr seien keine staatlichen Unterstützungsleistungen zugeflossen. Die Klägerin hat diese Behauptung jedoch - auch noch im Berufungsverfahren - bestritten. Hinzu kommt, dass die Beklagte nur die Miete für April 2020 ausgesetzt und die weiteren Mieten im Jahr 2020 vollständig bezahlt hat. Auch dies hätte für das Berufungsgericht Anlass sein müssen, sich die Frage vorzulegen, ob der durch die Geschäftsschließung entstandene Umsatzrückgang tatsächlich so erheblich war, dass der Beklagten die vollständige Zahlung der Miete für den streitgegenständlichen Zeitraum unzumutbar war.

III.

Die angefochtene Entscheidung ist daher gemäß § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben und die Sache ist nach § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Dose

Klinkhammer

Günter

Botur

Krüger

(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.

(1a) Für die Dauer von drei Monaten bleibt eine Minderung der Tauglichkeit außer Betracht, soweit diese auf Grund einer Maßnahme eintritt, die einer energetischen Modernisierung nach § 555b Nummer 1 dient.

(2) Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt auch, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt.

(3) Wird dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch das Recht eines Dritten ganz oder zum Teil entzogen, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam.

Bundesgerichtshof

Urteil vom 12.01.2022

Az.: XII ZR 8/21

 

Tenor

Auf die Revisionen der Klägerin und der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 24. Februar 2021 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Zahlung von Gewerberaummiete für den Monat April 2020.

Die Parteien schlossen im September 2013 einen Mietvertrag über Gebäude und Parkplätze in S. Die Vermietung erfolgte "ausschließlich zu gewerblichen Zwecken zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts für Textilien aller Art, sowie Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs". Seit dem 1. Januar 2019 beträgt die monatliche Bruttomiete 7.854,00 €. Zusätzlich trägt die Beklagte als Mieterin im Vertrag näher beschriebene Nebenkosten. § 5 Nr. 3 des Mietvertrags enthält folgende Regelung: "Wenn die Gas-, Strom- und Wasserversorgung oder Entwässerung durch einen nicht von dem Vermieter zu vertretenden Umstand unterbrochen wurde oder wenn Überschwemmungen oder sonstige Katastrophen eintreten, steht dem Mieter ein Recht auf Mietminderung oder Schadensersatz nicht zu."

Aufgrund der sich verbreitenden Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19-Pandemie) erließ das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt am 18. März 2020 auf der Grundlage von § 28 Abs. 1 IfSG die "Allgemeinverfügung Vollzug des Infektionsschutzgesetzes Maßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie Verbot von Veranstaltungen", nach deren Ziffer 1 in Sachsen grundsätzlich alle Geschäfte geschlossen wurden, soweit sie nicht unter die in der Allgemeinverfügung ausdrücklich benannten - hier nicht relevanten - Ausnahmen fielen. Diese Allgemeinverfügung trat am 19. März 2020 um 0:00 Uhr in Kraft und wurde ab dem 22. März 2020, 0:00 Uhr von der "Allgemeinverfügung Vollzug des Infektionsschutzgesetzes Maßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie Verbot von Veranstaltungen" des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 20. März 2020 ersetzt, nach deren Ziffer 2, übereinstimmend mit der Allgemeinverfügung vom 18. März 2020, Geschäfte grundsätzlich geschlossen wurden, soweit nicht die in der Allgemeinverfügung vom 20. März 2020 formulierten Ausnahmen eingriffen. Aufgrund der genannten Allgemeinverfügungen war das Textileinzelhandelsgeschäft der Beklagten im Mietobjekt vom 19. März 2020 bis einschließlich 19. April 2020 geschlossen.

Nach entsprechender Ankündigung mit Schreiben vom 24. März 2020 zahlte die Beklagte die Miete für den Monat April 2020 nicht und rechnete gegen die Mietzahlungspflicht für die Zeit vom 20. bis 30. April 2020 mit der aus ihrer Sicht überzahlten Miete für die Zeit vom 19. bis 31. März 2020 auf. Die folgenden Mietzahlungen erbrachte die Beklagte vollständig.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung der Miete für den Monat April 2020 in Höhe von 7.854,00 € nebst Zinsen und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Beklagte - unter Abweisung der Klage im Übrigen - zur Zahlung von 3.720,09 € nebst Zinsen und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verurteilt. Hiergegen wenden sich die Klägerin, die ihr Klagebegehren vollständig weiterverfolgt, und die Beklagte, die nach wie vor Klageabweisung begehrt, mit ihren vom Oberlandesgericht zugelassenen Revisionen.

Gründe

Die Revisionen der Klägerin und der Beklagten sind begründet. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

I.

Das Oberlandesgericht hat seine in ZMR 2021, 476 veröffentlichte Entscheidung wie folgt begründet:

Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, der Anspruch auf Zahlung der Miete als Gegenleistung zur Verpflichtung der Klägerin als Vermieterin zur Überlassung des Gebrauchs der Mieträume sei gemäß § 326 Abs. 1 BGB entfallen. Soweit es um die Gebrauchsuntauglichkeit des Mietobjekts gehe, würden die Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts, zu denen auch diejenigen über die Unmöglichkeit gehörten, von den mietrechtlichen Gewährleistungsregelungen nach §§ 536 ff. BGB verdrängt, wenn das Mietobjekt - wie hier - bereits vom Vermieter an den Mieter überlassen worden sei.

Die Regelung in Art. 240 § 2 EGBGB entfalte keine Sperrwirkung, die eine Anwendung der mietrechtlichen Gewährleistungsvorschriften bei behördlichen Betriebsuntersagungen in Folge der COVID-19-Pandemie ausschließe.

Ein zur Minderung der Miete führender Mietmangel sei durch die staatlich angeordnete Schließung nicht begründet worden. Ohne die staatliche, nicht objektbezogene und von der Klägerin nicht zu beeinflussende Anordnung sei das Mietobjekt uneingeschränkt nutzbar und die Mieträume seien - im Rahmen der Beschränkungen der Corona-Schutzverordnung - frei zugänglich gewesen. Lediglich die von der Beklagten beabsichtigte Verwendung sei - vom Mietobjekt unabhängig - untersagt gewesen. Auch wenn Störungen, die außerhalb der Mietsache liegen, grundsätzlich einen Mangel begründen könnten und für den hier vereinbarten Betrieb eines Textileinzelhandelsgeschäfts die Möglichkeit des Zugangs des Publikums eine Voraussetzung sei, werde dem Vermieter damit nicht das Risiko der objekt- und lageunabhängigen Nutzbarkeit der Mieträume übertragen.

Infolge des Auftretens der COVID-19-Pandemie und der staatlichen Schließungsanordnung aus den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20. März 2020 sei jedoch eine Störung der Geschäftsgrundlage des Mietvertrags i.S.v. § 313 Abs. 1 BGB eingetreten, die eine Anpassung des Vertrags dahin auslöse, dass die Kaltmiete für die Dauer der angeordneten Schließung auf die Hälfte reduziert werde.

Zur Geschäftsgrundlage der Parteien als Vermieterin und Mieterin von Geschäftsräumen für die Nutzung als Textileinzelhandelsgeschäft habe die Vorstellung gehört, dass es nicht zu einer Pandemie mit weitgehender Stilllegung des öffentlichen Lebens infolge pandemiebedingter Nutzungsuntersagungen und -beeinträchtigungen kommen würde. Das Auftreten der Pandemie mit den entsprechenden weitreichenden staatlichen Eingriffen in das wirtschaftliche und soziale Leben bedeute eine schwerwiegende Änderung der für die Vertragslaufzeit vorgestellten Umstände. Damit sei das tatsächliche Element der Störung der Geschäftsgrundlage verwirklicht. Es liege eine Systemkrise und damit ein Fall der Störung der großen Geschäftsgrundlage vor, weil durch sie das allgemeine soziale und wirtschaftliche Gefüge nachhaltig erschüttert worden sei. Ohne dass es hierauf entscheidend ankommen würde, spreche für diese Annahme auch der Inhalt des mit Wirkung vom 31. Dezember 2020 neu geschaffenen Art. 240 § 7 Abs. 1 EGBGB.

Im Rahmen der Störung der großen Geschäftsgrundlage sei das hypothetische Element regelmäßig erfüllt, weil die Parteien den Vertrag dann nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten. Zudem sei zu beachten, dass es sich bei der Änderung der zur Geschäftsgrundlage gehörenden Umstände um sehr wesentliche Rahmenbedingungen für den Betrieb des Textileinzelhandelsgeschäfts der Beklagten gehandelt habe. Daher hätten im maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses verständige und wirtschaftlich denkende Vertragspartner dieses beide gleichermaßen betreffende und nicht zu beeinflussende Risiko nicht einseitig zu Lasten eines Vertragspartners verteilt.

Das normative Element des § 313 Abs. 1 BGB sei ebenfalls erfüllt. Es gehe hier nicht um ein "normales" Risiko der Gebrauchstauglichkeit bzw. der Verwendung des Mietobjekts durch den Mieter, sondern um weitgehende staatliche Eingriffe in das soziale und wirtschaftliche Leben aufgrund einer Pandemie, die als Systemkrise eine Störung der großen Geschäftsgrundlage sei. Das mit der Störung der großen Geschäftsgrundlage verbundene Risiko könne regelmäßig keiner Vertragspartei allein zugewiesen werden. Von der vertraglichen Risikozuweisung werde deshalb dieses von den Vertragsparteien nicht vorhergesehene und die Geschäftsgrundlage des Vertrags betreffende Geschehen nicht erfasst. Das Festhalten am unveränderten Mietvertrag sei der Beklagten nicht zumutbar, weshalb der Mietvertrag nach § 313 Abs. 1 BGB entsprechend anzupassen sei.

Vorliegend sei eine Absenkung der Kaltmiete um 50 % gerechtfertigt, weil keine der Vertragsparteien eine Ursache für die Störung der Geschäftsgrundlage gesetzt oder sie vorhergesehen habe. Es sei demzufolge angemessen, die damit verbundene Belastung gleichmäßig auf beide Parteien zu verteilen. Offenbleiben könne, ob die Zahlung staatlicher Hilfen an einen der Vertragspartner des Mietvertrags zu einer weiteren Anpassung der Höhe der Miete führen würde, weil nicht habe festgestellt werden können, dass die Klägerin oder die Beklagte solche staatlichen Hilfen erhalten habe. Der Klägerin sei auch keine Teilnutzung des Mietobjekts im Sinne eines "Außer-Haus-Verkaufs" bzw. eines entsprechenden Liefer- und Abholservice möglich, wie dies etwa bei Gaststätten erlaubt gewesen sei.

Dies führe dazu, dass die Beklagte für den Monat April 2020 anstelle der vertraglich vereinbarten Miete von 7.854,00 € nur 5.366,90 € zahlen müsse, während sie für den Monat März 2020 6.207,19 € zu zahlen gehabt hätte, also mit ihrer vollständigen Mietzahlung die Miete in Höhe von 1.646,81 € überzahlt habe. In dieser Höhe habe die Beklagte hilfsweise die Aufrechnung gegen die Forderung der Klägerin auf Zahlung der Miete für April 2020 erklärt, so dass sich im Ergebnis der Anspruch der Klägerin von 5.366,90 € auf 3.720,09 € reduziere.

II.

Diese Ausführungen halten in einem wesentlichen Punkt der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass die Anwendbarkeit der mietrechtlichen Gewährleistungsvorschriften und der Regelungen des allgemeinen schuldrechtlichen Leistungsstörungsrechts, insbesondere des § 313 Abs. 1 BGB, nicht durch Art. 240 § 2 EGBGB, mit dem die Kündigungsmöglichkeit des Vermieters wegen eines coronabedingten Zahlungsverzugs des Mieters ausgesetzt wurde, ausgeschlossen ist.

a) Zwar wird in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum teilweise die Auffassung vertreten, der Gesetzgeber habe mit Einführung dieser Vorschrift durch Art. 5 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27. März 2020 (BGBl. I S. 569) eine Sonderregelung getroffen, mit der die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Rechte und Pflichten von Mietvertragsparteien abschließend geregelt werden sollten (vgl. Jung BB 2021, 329, 331 f.; Klimesch/Walther ZMR 2020, 556, 557; LG München II Urteil vom 6. Oktober 2020 - 13 O 2044/20 - BeckRS 2020, 34263). Die überwiegende Auffassung lehnt mit dem Berufungsgericht eine entsprechende Sperrwirkung des Art. 240 § 2 EGBGB hingegen ab (ebenso OLG München NJW 2021, 948, 950; KG GE 2021, 570, 572; OLG Frankfurt NZM 2021, 395, 396 f.; LG Mönchengladbach Urteil vom 2. November 2020 - 12 O 154/20 - BeckRS 2020, 30731 Rn. 39; LG München I Urteil vom 25. Januar 2021 - 31 O 7743/20 - BeckRS 2021, 453 Rn. 53 ff.; MünchKommBGB/Häublein 8. Aufl. EGBGB Art. 240 § 2 Rn. 6; BeckOGK/Martens [Stand: 1. Oktober 2021] BGB § 313 Rn. 239; BeckOGK/Geib [Stand: 1. Oktober 2021] EGBGB Art. 240 § 2 Rn. 18 und 20; BeckOK BGB/Wiederhold [Stand: 1. August 2021] EGBGB Art. 240 § 2 Rn. 10; Brinkmann/Thüsing NZM 2021, 5, 9 f.; Herlitz NJ 2021, 56, 58; Zehelein NZM 2020, 390, 401; Streyl NZM 2020, 817, 823; Warmuth COVuR 2020, 16, 17; Klose NZM 2021, 832 f.).

b) Die letztgenannte Auffassung trifft zu. Entgegen der Ansicht der Klägerin lässt sich weder aus dem Wortlaut der Vorschrift noch aus der Gesetzesbegründung schließen, dass der Gesetzgeber mit Einführung des Art. 240 § 2 EGBGB die Folgen, die sich aus den umfangreichen hoheitlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie insbesondere für gewerbliche Mietverhältnisse ergeben können, abschließend regeln wollte.

aa) Nach seinem eindeutigen Wortlaut enthält Art. 240 § 2 Abs. 1 Satz 1 EGBGB nur eine Beschränkung des Kündigungsrechts des Vermieters, sofern die Nichtleistung der vom Mieter geschuldeten Mietzahlung allein auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Die Vorschrift geht daher davon aus, dass - anders als bei den in Art. 240 § 1 EGBGB genannten Dauerschuldverhältnissen - die Verpflichtung des Mieters zur Mietzahlung grundsätzlich weiter bestehen bleibt. Regelungen zur Höhe der Miete oder zu sonstigen Auswirkungen der Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung auf die Verpflichtung des Mieters zur Mietzahlung enthält die Vorschrift jedoch nicht. Auch aus der zeitlichen Beschränkung des Kündigungsausschlusses bis zum 30. Juni 2022 in Art. 240 § 2 Abs. 4 EGBGB kann nicht darauf geschlossen werden, dass der Gesetzgeber für die Zahlungspflicht des Mieters eine abschließende Regelung treffen wollte. Die Vorschrift zeigt zwar ebenfalls, dass das Gesetz grundsätzlich von einer fortbestehenden Zahlungspflicht des Mieters ausgeht. Ob der Mieter in dem maßgeblichen Zeitraum jedoch die volle vereinbarte Miete schuldet, folgt daraus nicht.

bb) Auch der Gesetzeszweck lässt nicht darauf schließen, dass Art. 240 § 2 EGBGB eine abschließende Sonderregelung darstellt, die der Anwendbarkeit der mietrechtlichen Gewährleistungsvorschriften und der Regelungen des allgemeinen schuldrechtlichen Leistungsstörungsrechts entgegensteht.

Zum Zeitpunkt des Erlasses des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27. März 2020 (BGBl. I S. 569) sah der Gesetzgeber die Gefahr, dass es aufgrund der umfangreichen behördlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus im März 2020 zu erheblichen Einkommensverlusten bei einer Vielzahl von Menschen kommt, wodurch diese bis zur Aufhebung der Maßnahmen nicht oder nur eingeschränkt in der Lage sein könnten, ihre laufenden Verbindlichkeiten zu begleichen. Dieses Problem sollte dadurch gelöst werden, dass für den Bereich des Zivilrechts ein Moratorium für die Erfüllung bestimmter vertraglicher Ansprüche aus Dauerschuldverhältnissen eingeführt werden sollte, das betroffenen Verbrauchern und Kleinstunternehmern, die wegen der COVID-19-Pandemie ihre vertraglich geschuldeten Leistungen nicht erbringen können, im Zeitraum bis zum 30. Juni 2020 einen Zahlungsaufschub gewährt (BT-Drucks. 19/18110 S. 1). Entgegen diesem in Art. 240 § 1 EGBGB niedergelegten Grundsatz hat der Gesetzgeber im Bereich des Mietrechts hingegen von einem Leistungsverweigerungsrecht des Mieters abgesehen und nur das Recht des Vermieters zur Kündigung von Mietverhältnissen wegen Zahlungsverzugs eingeschränkt, sofern Mietschulden aus dem Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruhen. Die Verpflichtung der Mieter zur Zahlung der Miete sollte jedoch im Grundsatz bestehen bleiben (BT-Drucks. 19/18119 S. 35).

Zweck der gesetzlichen Regelung war es, Mieter und Pächter vor dem Verlust ihres Lebensmittelpunkts und ihrer Existenzgrundlage zu schützen, wenn diese unverschuldet durch die Pandemie in Zahlungsverzug geraten sollten. Hätte der Gesetzgeber mit der Einführung von Art. 240 § 2 EGBGB tatsächlich eine abschließende Regelung im Hinblick auf die Auswirkungen der Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung treffen wollen, würde sich die Vorschrift jedoch zum Nachteil des gewerblichen Mieters auswirken. Denn dieser wäre auch dann, wenn er die von ihm angemieteten Gewerberäume aufgrund einer hoheitlichen Betriebsschließungsanordnung nicht entsprechend seinem Geschäftszweck nutzen kann, stets zur Zahlung der vollständigen Miete verpflichtet. Das Risiko, während der Pandemie die Mietsache nicht oder nur eingeschränkt nutzen zu können, wäre damit vollständig auf den Mieter verlagert. Art. 240 § 2 EGBGB, der erkennbar dem Mieterschutz dienen sollte, würde dadurch zu einer Vorschrift, die letztlich dem Schutz des Vermieters dient, dem unabhängig von den Auswirkungen der Pandemiebekämpfungsmaßnahmen auf die Nutzbarkeit des Mietobjekts der Anspruch auf vollständige Miete erhalten bliebe (ähnlich auch BeckOK BGB/Wiederhold [Stand: 1. August 2021] EGBGB Art. 240 § 2 Rn. 10; BeckOGK/Martens [Stand: 1. Oktober 2021] BGB § 313 Rn. 240). Dafür, dass der Gesetzgeber eine solche weitreichende Regelung dahin, dass der Mieter während der COVID-19-Pandemie das Verwendungsrisiko allein zu tragen hat, treffen wollte, bestehen keine Anhaltspunkte. Dagegen spricht auch die Kürze der Zeit, in der dieses Gesetzgebungsvorhaben umgesetzt worden ist (vgl. OLG Frankfurt NZM 2021, 395, 397; MünchKommBGB/Häublein 8. Aufl. Art. 240 § 2 EGBGB Rn. 6; Zehelein NJW 2020, 1169, 1172). Mithin hat der Gesetzgeber nur das von ihm als dringlich identifizierte Problem, dass Mieter von Wohn- und Geschäftsräumen aufgrund der zu erwartenden negativen wirtschaftlichen Auswirkungen ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen und deshalb die angemieteten Räumlichkeiten verlieren könnten, schnell einer vorübergehenden Lösung zuführen und die Stellung der Mieter im Hinblick auf die Kündbarkeit des Mietverhältnisses verbessern wollen.

cc) Schließlich lassen sich auch der Gesetzesbegründung keine ausreichenden Hinweise dafür entnehmen, dass der Gesetzgeber die Auswirkung der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie auf Mietverhältnisse abschließend regeln wollte. Zwar ist an mehreren Stellen der Gesetzesbegründung ausgeführt, dass der Mieter grundsätzlich zur Leistung der Miete verpflichtet bleibt (vgl. BT-Drucks. 19/18110 S. 4, 35 f.). Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass ihm damit jede Möglichkeit genommen werden sollte, Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf sein Mietverhältnis und insbesondere auf die Höhe der geschuldeten Miete nach allgemeinen Grundsätzen geltend machen zu können (vgl. Streyl NZM 2020, 817, 823; BeckOGK/Martens [Stand: 1. Oktober 2021] BGB § 313 Rn. 240.2). Zum einen enthält die Gesetzesbegründung den Hinweis, dass die Mieter "nach allgemeinen Grundsätzen zur Leistung verpflichtet" bleiben (BT-Drucks. 19/18110 S. 35). Dies deutet bereits darauf hin, dass die allgemeinen Regelungen des mietrechtlichen Gewährleistungsrechts und des allgemeinen Schuldrechts weiterhin Anwendung finden sollen (a.A. Jung BB 2021, 329, 331). Zum anderen lassen sich diese Formulierungen auch mit der unterschiedlichen Behandlung von Miet- und Pachtverhältnissen gegenüber anderen Dauerschuldverhältnissen im Gesetz erklären. Denn mit dem Hinweis, dass die Verpflichtung des Mieters zur Mietzahlung bestehen bleibt, wird in der Gesetzesbegründung deutlich gemacht, dass dem Mieter, abweichend von der Grundregel des Art. 240 § 1 EGBGB für andere Dauerschuldverhältnisse, kein zeitlich begrenztes Leistungsverweigerungsrecht eingeräumt, sondern nur die Kündigungsmöglichkeit des Vermieters wegen Zahlungsverzugs eingeschränkt wird (BT-Drucks. 19/18110 S. 35 f.). Zur Höhe der geschuldeten Miete verhält sich die Gesetzesbegründung jedoch ebenso wenig wie zu der Frage, welche sonstigen rechtlichen Auswirkungen die pandemiebedingten Beschränkungen des Wirtschaftslebens insbesondere auf gewerbliche Mietverhältnisse haben sollen. Letztlich wird in der Gesetzesbegründung als Gesetzeszweck allein die Bestandssicherung des Mietverhältnisses genannt.

2. Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Miete in dem streitgegenständlichen Zeitraum nicht nach § 536 Abs. 1 BGB gemindert war, weil die auf den Allgemeinverfügungen des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. und 20. März 2020 beruhende Betriebsschließung nicht zu einem Mangel des Mietgegenstands i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB geführt hat.

a) Ob eine staatlich angeordnete Geschäftsschließung wegen der COVID-19-Pandemie einen Mangel der Mietsache darstellt, ist umstritten. Teilweise wird dies mit der Begründung bejaht, die Schließungsanordnung knüpfe unmittelbar an das Mietobjekt und dessen Lage im Epidemiegebiet an und beziehe sich daher nicht auf die persönlichen oder betrieblichen Umstände des Mieters (vgl. OLG Nürnberg MDR 2021, 56; LG Kaiserlautern Urteil vom 13. April 2021 - 4 O 284/20 - juris; Jauernig/Teichmann BGB 18. Aufl. § 536 Rn. 12a; BeckOGK/Geib [Stand: 1. Oktober 2021] EGBGB Art. 240 § 2 Rn. 16; Selk NZM 2021, 369, 374 ff.; Sentek/Ludley NZM 2020, 406, 410; Krepold WM 2020, 726, 729 ff.; Säcker/Schubert BB 2020, 2563).

Die überwiegende Auffassung in der Rechtsprechung und im Schrifttum lehnt hingegen das Vorliegen eines Mangels i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB ab (vgl. OLG München NJW 2021, 948, 949; OLG Karlsruhe NJW 2021, 945 f.; KG GE 2021, 570, 571; OLG Schleswig NZM 2021, 605, 607; OLG Frankfurt NZM 2021, 395, 397 f.; Butenberg/Drasdo/Först/Hannemann/Heilmann NZM 2020, 493, 497; Häublein/Müller NZM 2020, 481, 484 f.; Leo/Götz NZM 2020, 402, 403; Zehelein NZM 2020, 390, 392 ff.; Sittner NJW 2020, 1169, 1171; Sachsinger ZMR 2020, 1002 ff.; Gerlach/Manzke ZMR 2020, 551, 554; Klimesch/Walther ZMR 2020, 353, 354; Both in Zehelein Miete in Zeiten von Corona § 3 Rn. 18 ff.; Klose NZM 2021, 832, 833 f.). Zur Begründung wird überwiegend darauf abgestellt, dass eine pandemiebedingte Betriebsuntersagung ein Gebrauchshindernis darstelle, das nicht auf Beschaffenheit, Zustand oder Lage der Mietsache beruhe, sondern allein das Verwendungsrisiko des Mieters betreffe.

b) Die letztgenannte Meinung trifft im Ergebnis zu. Die behördliche Untersagung der Öffnung der Filiale der Beklagten stellt keinen Mangel der Mietsache i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB dar.

aa) Unter einem Mangel i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustands der Mietsache von dem vertraglich geschuldeten zu verstehen, wobei sowohl tatsächliche Umstände als auch rechtliche Verhältnisse in Bezug auf die Mietsache als Mangel in Betracht kommen können. Öffentlich-rechtliche Gebrauchshindernisse und Gebrauchsbeschränkungen, die dem vertragsgemäßen Gebrauch eines Mietobjekts entgegenstehen, begründen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allerdings nur dann einen Sachmangel im Sinne der §§ 536 ff. BGB, wenn sie auf der konkreten Beschaffenheit der Mietsache beruhen und nicht in persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters ihre Ursache haben (Senatsurteil vom 2. November 2016 - XII ZR 153/15 - NJW 2017, 1104 Rn. 15 mwN).

Ergeben sich aufgrund von gesetzgeberischen Maßnahmen erst während eines laufenden Mietverhältnisses Beeinträchtigungen des vertragsmäßigen Gebrauchs eines gewerblichen Mietobjekts, kann auch dies einen Mangel i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB begründen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die durch die gesetzgeberische Maßnahme bewirkte Gebrauchsbeschränkung unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage des Mietobjekts in Zusammenhang steht. Andere gesetzgeberische Maßnahmen, die den geschäftlichen Erfolg beeinträchtigen, fallen dagegen in den Risikobereich des Mieters. Denn der Vermieter von Gewerberäumen ist gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB lediglich verpflichtet, den Mietgegenstand während der Vertragslaufzeit in einem Zustand zu erhalten, der dem Mieter die vertraglich vorgesehene Nutzung ermöglicht. Das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache trägt bei der Gewerberaummiete dagegen grundsätzlich der Mieter. Dazu gehört vor allem das Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können. Erfüllt sich die Gewinnerwartung des Mieters aufgrund eines nachträglich eintretenden Umstandes nicht, so verwirklicht sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters. Das gilt auch in Fällen, in denen es durch nachträgliche gesetzgeberische oder behördliche Maßnahmen zu einer Beeinträchtigung des Gewerbebetriebs des Mieters kommt (Senatsurteil vom 13. Juli 2011 - XII ZR 189/09 - NJW 2011, 3151 Rn. 8 f. mwN).

bb) Auf dieser rechtlichen Grundlage führt die auf den Allgemeinverfügungen des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. und 20. März 2020 beruhende Schließung des Einzelhandelsgeschäfts der Beklagten nicht zu einem Mangel der Mietsache i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB, weil die mit der Schließungsanordnung zusammenhängende Gebrauchsbeschränkung nicht auf der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der Mietsache beruht, sondern an den Geschäftsbetrieb der Beklagten als Mieterin anknüpft.

(1) Durch Ziffer 1 der Allgemeinverfügung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. März 2020 wurde mit Wirkung zum 19. März 2020 im gesamten Freistaat Sachsen die Schließung aller Geschäfte und Einrichtungen angeordnet, die nicht der Grundversorgung der Bevölkerung dienen. Damit sollte die dynamische Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus eingedämmt werden, um die besonders vulnerablen Personengruppen vor einer Ansteckung mit dem neuartigen Virus zu schützen und eine Überlastung des Gesundheitswesens zu verhindern. Da eine besonders hohe Ansteckungsgefahr dort gesehen wurde, wo es zu einem Zusammentreffen einer Vielzahl von Menschen kommt, sollte durch die Schließung aller Geschäfte und Einrichtungen, die nicht der täglichen Daseinsvorsorge dienen, eine deutliche Reduzierung menschlicher Kontakte erreicht werden (vgl. Allgemeinverfügung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. März 2020, S. 4).

Die mit der Schließungsanordnung verbundene Gebrauchsbeschränkung der Beklagten beruhte damit nicht auf der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage des Mietobjekts. Die behördlich angeordnete Geschäftsschließung knüpft allein an die Nutzungsart und den sich daraus ergebenden Publikumsverkehr an, der die Gefahr einer verstärkten Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus begünstigt und der aus Gründen des Infektionsschutzes untersagt werden sollte. Durch die Allgemeinverfügung wird jedoch weder der Beklagten die Nutzung der angemieteten Geschäftsräume im Übrigen noch der Klägerin tatsächlich oder rechtlich die Überlassung der Mieträumlichkeiten verboten. Das Mietobjekt stand daher trotz der Schließungsanordnung weiterhin für den vereinbarten Mietzweck zur Verfügung.

(2) Eine Mangelhaftigkeit der Mietsache lässt sich auch nicht damit begründen, dass durch die behördliche Schließungsanordnung faktisch der Zugang zu den Mieträumen für potentielle Kunden der Beklagten verhindert oder beschränkt war. Zwar ist der ungehinderte Zugang zu den Mieträumen gerade bei der Vermietung von Gewerberäumen Voraussetzung für eine vertragsgemäße Nutzung des Mietobjekts, wenn das dort betriebene Gewerbe auf Kundenverkehr angewiesen ist. Eine Zugangsbehinderung kann daher einen Mangel i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB darstellen (vgl. Schmidt-Futterer/Eisenschmid Mietrecht 15. Aufl. § 536 BGB Rn. 210 mwN). Um eine Ausuferung des Mangelbegriffs zu verhindern, ist aber Voraussetzung hierfür, dass die Zugangsbeschränkung unmittelbar mit der Lage oder der Beschaffenheit des Mietobjekts in Verbindung steht. Dies kann etwa der Fall sein, wenn durch Baumaßnahmen der öffentlichen Hand im Umfeld des Mietobjekts der Zugang zu den Mieträumen erschwert ist (vgl. Schmidt-Futterer/Eisenschmid Mietrecht 15. Aufl. § 536 BGB Rn. 210 mwN). Im vorliegenden Fall beruht die Zugangsbeeinträchtigung jedoch nicht auf der konkreten baulichen Gegebenheit der Mietsache, sondern auf einer hoheitlichen Maßnahme, die flächendeckend für alle im gesamten Bereich des Freistaats Sachsen liegenden Geschäfte ein Öffnungsverbot anordnete, die nicht zu den in den Allgemeinverfügungen genannten Ausnahmen zählen. Auf die konkreten Umfeldbedingungen kam es dabei nicht an. Deshalb ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch die Belegenheit des Mietobjekts im Pandemiegebiet für die Einordnung als Mangel ohne Bedeutung (vgl. OLG München NJW 2021, 948, 949).

(3) Das Vorliegen eines Mangels i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt sich auch nicht daraus, dass die Mietvertragsparteien im vorliegenden Fall als Mietzweck die "Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts für Textilien aller Art, sowie Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs" vereinbart haben. Der Umfang der mit der Vereinbarung eines Mietzwecks übernommenen Leistungspflicht des Vermieters ist grundsätzlich durch Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont aus Sicht eines Mieters gemäß §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Ohne besondere Umstände, die hier nicht vorgetragen wurden, gehören nur rechtliche Umstände, die die körperliche Beschaffenheit, den Zustand oder die Lage der Mietsache betreffen oder Einfluss auf sie haben, zu der vom Vermieter geschuldeten Leistung (vgl. Streyl NZM 2020, 817, 819). Für öffentlich-rechtliche Gebrauchsbeschränkungen, Verbote oder Gebrauchshindernisse, die sich aus betriebsbezogenen Umständen ergeben oder in der Person des Mieters ihre Ursache haben, hat der Vermieter hingegen ohne eine anderslautende Vereinbarung nicht einzustehen (vgl. Günter NZM 2016, 569, 570). Ein redlicher Mieter darf daher das Leistungsversprechen seines Vermieters im Zweifel nicht dahin verstehen, dieser wolle ihm die vereinbarte Nutzung unter allen erdenklichen Umständen gewährleisten (Häublein/Müller NZM 2020, 481, 484). Deshalb konnte im vorliegenden Fall die Beklagte nicht davon ausgehen, dass die Klägerin mit der Vereinbarung des konkreten Mietzwecks eine unbedingte Einstandspflicht auch für den Fall einer hoheitlich angeordneten Öffnungsuntersagung im Falle einer Pandemie übernehmen wollte (vgl. OLG München NJW 2021, 948, 949).

(4) Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich ein Mangel der Mietsache im Falle der pandemiebedingten Schließung von gewerblich genutzten Mieträumen auch nicht aus der Rechtsprechung des Reichsgerichts.

Zwar hat das Reichsgericht (RGZ 87, 277, 280; 89, 203, 205) in Fällen, in denen die Durchführung von Tanzveranstaltungen wegen des Ersten Weltkriegs polizeilich untersagt worden war, für eine gepachtete Gastwirtschaft, in der vorwiegend Tanzveranstaltungen durchgeführt wurden, das Vorliegen eines Mangels bejaht. Nach Auffassung des Reichsgerichts hat das polizeiliche Tanzverbot den Pachtgegenstand selbst betroffen. Denn dieser sei der Eigenschaft einer Tanzwirtschaft beraubt worden und deshalb mit einem die Tauglichkeit zu der vertragsgemäßen Nutzung mindernden Fehler i.S.v. § 537 BGB a. F. behaftet.

Diese Rechtsprechung kann auf den vorliegenden Fall indes nicht übertragen werden, weil ihr noch ein anderes Verständnis des mietrechtlichen Mangelbegriffs zugrunde lag (vgl. OLG Frankfurt NZM 2021, 395, 397 f.). Zwischenzeitlich hat der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung zum Vorliegen eines Mangels i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB insbesondere bei öffentlich-rechtlichen Gebrauchsbeschränkungen fortentwickelt und hierbei gerade im Bereich der Vermietung von Gewerberäumen verstärkt die grundsätzliche Risikoverteilung zwischen Vermieter und Mieter in den Blick genommen (vgl. Senatsurteil vom 13. Juli 2011 - XII ZR 189/09 - NJW 2011, 3151 Rn. 9 mwN). Hinzu kommt, dass das Reichsgericht die Grundsätze über die Störung der Geschäftsgrundlage, über die ein interessengerechter Ausgleich zwischen den Mietvertragsparteien bei Einschränkung der Nutzbarkeit der Mietsache infolge von höherer Gewalt wie Kriegsereignissen oder einer weltweiten Pandemie erreicht werden kann, erst zu einem späteren Zeitpunkt entwickelt hat (vgl. RGZ 100, 129, 132 f.; MünchKommBGB/Finkenauer 8. Aufl. § 313 Rn. 23 mwN; Streyl NZM 2020, 817, 819).

3. Die Beklagte ist auch nicht deshalb von ihrer Verpflichtung zur Mietzahlung befreit, weil der Klägerin ihre vertraglich geschuldete Leistung zur Überlassung und Erhaltung der Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand ganz oder teilweise unmöglich gewesen wäre (§§ 326 Abs. 1, 275 Abs. 1 BGB). Dabei kann dahinstehen, ob diese Regelungen auch dann nach der Überlassung der Mietsache an den Mieter nicht mehr anwendbar und von den speziellen Regelungen des mietrechtlichen Gewährleistungsrechts (§§ 536 ff. BGB) verdrängt werden, wenn die Mietsache - wie hier - keinen Mangel aufweist (vgl. dazu MünchKommBGB/Häublein 8. Aufl. Vor § 536 Rn. 7; BeckOGK/Bieber [Stand: 1. April 2021] § 536 BGB Rn. 9; Staudinger/V. Emmerich BGB [2021] Vorb. zu §§ 536 ff. Rn. 5). Wie bereits ausgeführt, war es der Klägerin während des streitgegenständlichen Zeitraums trotz der behördlichen Schließungsanordnung nicht unmöglich, der Beklagten den Gebrauch der Mietsache entsprechend dem vereinbarten Mietzweck zu gewähren. Die Klägerin hat daher auch während der Zeit der Betriebsschließung die von ihr gemäß § 535 Abs. 1 BGB geschuldete Leistung erbracht. Eine Einstandspflicht für den Fall einer hoheitlich angeordneten Öffnungsuntersagung im Falle einer Pandemie hatte sie nicht übernommen.

4. Im Fall einer Geschäftsschließung, die auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie beruht, kommt allerdings ein Anspruch des Mieters von gewerblich genutzten Räumen auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB in Betracht. Dies hat das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend erkannt; seine Erwägungen zu einer möglichen Vertragsanpassung sind jedoch nicht frei von Rechtsfehlern.

a) Gemäß § 313 Abs. 1 BGB kann eine Anpassung des Vertrags verlangt werden, wenn sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten. Dabei kann eine Anpassung nur insoweit verlangt werden, als dem einen Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

aa) Durch die COVID-19-Pandemie und die damit verbundenen weitreichenden Beschränkungen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens hat sich die Geschäftsgrundlage für den zwischen den Parteien abgeschlossenen Mietvertrag schwerwiegend geändert.

(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird die Geschäftsgrundlage eines Vertrags durch die bei Vertragsabschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen der Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände gebildet, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut (vgl. BGH Urteil vom 1. Dezember 2012 - VIII ZR 307/10 - NJW 2012, 1718 Rn. 26 mwN).

Unstreitig hatte keine der Parteien bei Abschluss des Mietvertrags im Jahr 2013 die Vorstellung, während der vereinbarten Mietzeit werde es zu einer Pandemie und damit verbundenen erheblichen hoheitlichen Eingriffen in den Geschäftsbetrieb der Beklagten kommen, durch die die beabsichtigte Nutzung der Mieträume eingeschränkt wird. Aufgrund der vielfältigen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie wie Geschäftsschließungen, Kontakt- und Zugangsbeschränkungen und der damit verbundenen massiven Auswirkungen auf das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben in Deutschland während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 ist im vorliegenden Fall die sogenannte große Geschäftsgrundlage betroffen. Darunter versteht man die Erwartung der vertragschließenden Parteien, dass sich die grundlegenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen eines Vertrags nicht etwa durch Revolution, Krieg, Vertreibung, Hyperinflation oder eine (Natur-)Katastrophe ändern und die Sozialexistenz nicht erschüttert werde (MünchKommBGB/Finkenauer 8. Aufl. § 313 Rn. 17; Palandt/Grüneberg BGB 80. Aufl. § 313 Rn. 5; OLG München NJW 2021, 948, 949 f.; KG GE 2021, 570, 572; OLG Frankfurt NZM 2021, 395; Häublein/Müller NZM 2020, 482, 486 f.; Zehelein NZM 2020, 390, 398; Streyl NZM 2020, 817, 821; Warmuth COVuR 2020, 16, 18). Diese Erwartung der Parteien wurde dadurch schwerwiegend gestört, dass die Beklagte aufgrund der zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie erlassenen Allgemeinverfügungen des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. März 2020 und 20. März 2020 ihr Geschäftslokal in der Zeit vom 19. März 2020 bis einschließlich 19. April 2020 schließen musste.

(2) Dafür, dass bei einer zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie behördlich angeordneten Betriebsschließung die tatsächliche Voraussetzung des § 313 Abs. 1 Satz 1 BGB einer schwerwiegenden Störung der Geschäftsgrundlage erfüllt ist, spricht auch die durch Art. 10 des Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Patentrecht vom 22. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3328) eingefügte Vorschrift des Art. 240 § 7 EGBGB. Danach wird vermutet, dass sich ein Umstand im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat, wenn vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar sind (vgl. Klose NZM 2021, 832, 835).

Zwar wird im Schrifttum vereinzelt die Auffassung vertreten, die Vorschrift, die zum 31. Dezember 2020 in Kraft getreten ist (vgl. Art. 14 Abs. 2 des Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Patentrecht vom 22. Dezember 2020), entfalte eine echte Rückwirkung und könne deshalb auf Sachverhalte, die zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens abgeschlossen waren, nicht angewendet werden (Klimesch IMR 2021, 47 f.).

In der Gesetzesbegründung ist jedoch ausgeführt, dass die Vorschrift auch auf zurückliegende Sachverhalte anwendbar sein soll (BT-Drucks. 19/25322 S. 24). Auch in Rechtsprechung und Literatur wird die Auffassung vertreten, dass die Vorschrift auf Sachverhalte anwendbar ist, die zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens abgeschlossen waren, über die aber noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist (OLG Karlsruhe NJW 2021, 945; BeckOGK/Siegmund [Stand. 1. Oktober 2021] EGBGB Art. 240 § 7 Rn. 15; Blatt/Stobbe IMR 2021, 45). Diese Streitfrage kann jedoch dahinstehen. Art. 240 § 7 EGBGB hat nur einen eng begrenzten Regelungsgehalt. Die Vorschrift beschränkt sich auf die Vermutung, dass bei Mietverträgen über gewerblich genutzte Räumlichkeiten Gebrauchsbeschränkungen infolge von staatlich angeordneten Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie zu einer schwerwiegenden Störung der Geschäftsgrundlage führen. Der Regelungsgehalt der Vorschrift bezieht sich damit nur auf das reale Element des § 313 Abs. 1 BGB (BT-Drucks. 19/25322 S. 20), das in den Fällen einer Störung der großen Geschäftsgrundlage ohnehin unproblematisch erfüllt ist. Zu den weiteren Voraussetzungen für eine Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage verhält sich die Vorschrift nicht (BT-Drucks. 19/25322 S. 20 f.). Insbesondere sagt sie auch nichts darüber aus, ob und gegebenenfalls in welcher Form eine Vertragsanpassung erfolgen soll (BeckOGK/Martens [Stand. 1. Oktober 2021] BGB § 313 Rn. 247; BT-Drucks. 19/25322 S. 21).

bb) Für eine Berücksichtigung der Regelungen über die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) ist allerdings grundsätzlich insoweit kein Raum, als es um Erwartungen und um Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen sollen. Eine solche vertragliche Risikoverteilung bzw. Risikoübernahme schließt für die Vertragspartei regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf eine Störung der Geschäftsgrundlage zu berufen (Senatsurteil BGHZ 223, 290 = NJW 2020, 331 Rn. 37 mwN).

Entgegen der Auffassung der Klägerin hat die Beklagte im vorliegenden Fall nicht vertraglich das alleinige Verwendungsrisiko für den Fall einer pandemiebedingten Schließung ihres Einzelhandelsgeschäfts übernommen.

Zwar können die Mietvertragsparteien durch eine entsprechende vertragliche Abrede die Risikoverteilung ändern. Ob das der Fall ist, ist durch Auslegung der getroffenen Vertragsvereinbarungen zu ermitteln. Soweit die Klägerin meint, vorliegend sei in § 5 Nr. 3 des Mietvertrags eine entsprechende Vereinbarung getroffen worden, kann dem jedoch nicht gefolgt werden. Nach ihrem eindeutigen Wortlaut bezieht sich diese Regelung nur auf Mängel- und Schadensersatzansprüche des Mieters. Da Vertragsbestimmungen, mit denen die Mietvertragsparteien die Risikoverteilung abändern wollen, grundsätzlich eng auszulegen sind, kann aus dieser Regelung nicht geschlossen werden, dass die Beklagte über den umfangreichen Verzicht auf mietrechtliche Gewährleistungsansprüche in den von der Vertragsbestimmung erfassten Ereignissen hinaus auch im Fall einer weltweiten Pandemie das alleinige Risiko dafür übernehmen wollte, die Mietsache nicht vertragsgemäß verwenden zu können.

cc) Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte kann auch davon ausgegangen werden, dass die Parteien den Mietvertrag mit einem anderen Inhalt abgeschlossen hätten, wenn sie bei Vertragsschluss im Jahr 2013 die Möglichkeit einer Pandemie und die damit verbundene Gefahr einer hoheitlich angeordneten Betriebsschließung vorausgesehen und bedacht hätten. Es ist anzunehmen, dass redliche Mietvertragsparteien für diesen Fall das damit verbundene wirtschaftliche Risiko nicht einseitig zu Lasten des Mieters geregelt, sondern in dem Vertrag für diesen Fall eine Möglichkeit zur Mietanpassung vorgesehen hätten.

dd) Allein der Wegfall der Geschäftsgrundlage gem. § 313 Abs. 1 BGB berechtigt jedoch noch nicht zu einer Vertragsanpassung. Vielmehr verlangt die Vorschrift als weitere Voraussetzung, dass dem betroffenen Vertragspartner unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Durch diese Formulierung kommt zum Ausdruck, dass nicht jede einschneidende Veränderung der bei Vertragsschluss bestehenden oder gemeinsam erwarteten Verhältnisse eine Vertragsanpassung oder eine Kündigung (§ 313 Abs. 3 BGB) rechtfertigt. Hierfür ist vielmehr erforderlich, dass ein Festhalten an der vereinbarten Regelung für die betroffene Partei zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis führt (Senatsbeschluss vom 3. Dezember 2014 - XII ZB 181/13 - FamRZ 2015, 393 Rn. 19 mwN; BGH Urteil vom 1. Februar 2012 - VIII ZR 307/10 - NJW 2012, 1718 Rn. 30 mwN). Deshalb kommt eine Vertragsanpassung zugunsten des Mieters jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn ihm ein unverändertes Festhalten an der vertraglich vereinbarten Miethöhe unter Abwägung aller Umstände einschließlich der vertraglichen Risikoverteilung zumutbar ist (vgl. BGH Urteil vom 11. Dezember 2019 - VIII ZR 234/18 - NJW-RR 2020, 523 Rn. 20 ff.).

(1) Im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter trägt grundsätzlich der Mieter das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache. Dazu gehört bei der gewerblichen Miete vor allem die Chance, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können (Senatsurteil vom 21. September 2005 - XII ZR 66/03 - NJW 2006, 899, 901). Erfüllt sich die Gewinnerwartung des Mieters aufgrund eines nachträglich eintretenden Umstandes nicht, so verwirklicht sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters. Das gilt auch in Fällen, in denen es durch nachträgliche gesetzgeberische oder behördliche Maßnahmen zu einer Beeinträchtigung des Gewerbebetriebs des Mieters kommt (Senatsurteil vom 13. Juli 2011 - XII ZR 189/09 - NJW 2011, 3151 Rn. 9).

Beruht die enttäuschte Gewinnerwartung des Mieters jedoch auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie wie einer Betriebsschließung für einen gewissen Zeitraum, geht dies über das gewöhnliche Verwendungsrisiko des Mieters hinaus (vgl. OLG München NJW 2021, 948, 951 f.; KG GE 2021, 570, 572; Häublein/Müller NZM 2020, 482, 487; Streyl NZM 2020, 817, 822; Warmuth COVuR 2020, 16; 20; Römermann NJW 2021, 265, 268). Die wirtschaftlichen Nachteile, die ein gewerblicher Mieter aufgrund einer pandemiebedingten Betriebsschließung erlitten hat, beruhen nicht auf unternehmerischen Entscheidungen oder der enttäuschten Vorstellung, in den Mieträumen ein Geschäft betreiben zu können, mit dem Gewinne erwirtschaftet werden. Sie sind vielmehr Folge der umfangreichen staatlichen Eingriffe in das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie, für die keine der beiden Mietvertragsparteien verantwortlich gemacht werden kann. Die Art der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie wurde zudem von dem Ziel bestimmt, menschliche Kontakte aus Gründen des Infektionsschutzes weitgehend zu reduzieren. Die Maßnahmen waren nach epidemiologischen Gesichtspunkten ausgewählt, knüpften dabei aber grundsätzlich weder an spezifische Eigenschaften des vom Mieter geführten Gewerbebetriebs noch an solche des Mietobjekts an (BeckOGK/Martens [Stand: 1. Oktober 2021] BGB § 313 Rn. 246). Durch die COVID-19-Pandemie hat sich damit letztlich ein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht, das von der mietvertraglichen Risikoverteilung ohne eine entsprechende vertragliche Regelung nicht erfasst wird. Diese Systemkrise mit ihren weitreichenden Folgen hat vielmehr zu einer Störung der großen Geschäftsgrundlage geführt. Das damit verbundene Risiko kann regelmäßig keiner Vertragspartei allein zugewiesen werden (KG GE 2021, 570, 572; Häublein/Müller NZM 2020, 482, 487; Römermann NJW 2021, 265, 268). Schließlich ging auch der Gesetzgeber bei der Schaffung des Art. 240 § 7 EGBGB davon aus, dass ohne entsprechende vertragliche Regelungen Belastungen infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie regelmäßig weder der Sphäre des Vermieters noch des Mieters zuzuordnen sind (BT-Drucks. 19/25322 S. 21).

Danach hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass die pandemiebedingte Schließung von Geschäften nicht allein das Verwendungsrisiko der Beklagten betrifft und ihr daher auch nicht einseitig aufgebürdet werden kann.

(2) Auch wenn die mit einer pandemiebedingten Betriebsschließung verbundene Gebrauchsbeeinträchtigung der Mietsache nicht allein dem Verwendungsrisiko des Mieters zugeordnet werden kann, bedeutet dies aber nicht, dass der Mieter stets eine Anpassung der Miete für den Zeitraum der Schließung verlangen kann. Ob dem Mieter ein Festhalten an dem unveränderten Vertrag unzumutbar ist, bedarf auch in diesem Fall einer umfassenden Abwägung, bei der sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind (§ 313 Abs. 1 BGB). Eine pauschale Betrachtungsweise wird den Anforderungen an dieses normative Tatbestandsmerkmal der Vorschrift nicht gerecht. Deshalb kommt eine Vertragsanpassung dahingehend, dass ohne Berücksichtigung der konkreten Umstände die Miete für den Zeitraum der Geschäftsschließung grundsätzlich um die Hälfte herabgesetzt wird, weil das Risiko einer pandemiebedingten Gebrauchsbeschränkung der Mietsache keine der beiden Mietvertragsparteien allein trifft, nicht in Betracht (vgl. auch OLG München NJW 2021, 948, 952; OLG Hamm Urteil vom 24. September 2021 - 30 U 114/21 - juris Rn. 79; OLG Karlsruhe NJW 2021, 945, 947; Klose NZM 2021, 832, 839; a.A. KG GE 2021, 570, 572; OLG Köln NJW-RR 2021, 1218, 1221; Zehelein NZM 2020, 390, 399 f.; Römermann NJW 2021, 265, 269; Säcker/Schubert BB 2020, 2563, 2570; Klimesch/Walther ZMR 2020, 556, 557 f.).

Bei der vorzunehmenden Abwägung ist zunächst von Bedeutung, welche Nachteile dem Mieter durch die Geschäftsschließung und deren Dauer entstanden sind. Diese werden bei einem gewerblichen Mieter primär in einem konkreten Umsatzrückgang für die Zeit der Schließung bestehen, wobei jedoch nur auf das konkrete Mietobjekt und nicht auf einen möglichen Konzernumsatz abzustellen ist (Streyl NZM 2020, 817, 825). Zu berücksichtigen kann auch sein, welche Maßnahmen der Mieter ergriffen hat oder ergreifen konnte, um die drohenden Verluste während der Geschäftsschließung zu vermindern.

Da eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage aber nicht zu einer Überkompensierung der entstandenen Verluste führen darf, sind bei der Prüfung der Unzumutbarkeit grundsätzlich auch die finanziellen Vorteile zu berücksichtigen, die der Mieter aus staatlichen Leistungen zum Ausgleich dieser pandemiebedingten Nachteile erlangt hat (OLG München NJW 2021, 948, 952; OLG Karlsruhe NJW 2021, 945, 946 f.; KG GE 2021, 570, 572; Häublein/Müller NZM 2020, 482, 489; Zehelein NZM 2020, 390, 401; Saxinger ZMR 2020, 1002, 1007 f.; Tölle/Ehrentreich IMR 2021, 178, 179; Klimesch IMR 2021, 47; Güther ZMR 2021, 296 f.). Auch Leistungen einer einstandspflichtigen Betriebsversicherung des Mieters können zu berücksichtigen sein (OLG Frankfurt NZM 2021, 395, 402; Häublein/Müller NZM 2020, 482, 488 f.; vgl. auch den Verhandlungstermin des BGH am 26. Januar 2022 in dem Verfahren IV ZR 144/21). Staatliche Unterstützungsmaßnahmen, die nur auf Basis eines Darlehens gewährt wurden, bleiben hingegen bei der gebotenen Abwägung außer Betracht, weil der Mieter durch sie keine endgültige Kompensation der erlittenen Umsatzeinbußen erreicht (Häublein/Müller NZM 2020, 482, 489). Eine tatsächliche Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Mieters ist dagegen nicht erforderlich (KG GE 2021, 570, 572; OLG Frankfurt NZM 2021, 395, 402; Streyl NZM 2020, 817, 824; Römermann NJW 2021, 265, 268).

Schließlich sind bei der gebotenen Abwägung auch die Interessen des Vermieters in den Blick zu nehmen (vgl. OLG München NJW 2021, 948, 952).

(3) Dabei obliegt es grundsätzlich der Vertragspartei, die sich auf eine Störung der Geschäftsgrundlage beruft, nachzuweisen, dass ihr ein Festhalten am unveränderten Vertrag unzumutbar ist (MünchKommBGB/Finkenauer 8. Aufl. § 313 Rn. 135 mwN). Im Falle einer pandemiebedingten Geschäftsschließung muss daher der Mieter darlegen und gegebenenfalls beweisen, welche Nachteile ihm aus der Betriebsschließung entstanden sind, die ihm eine vollständige Mietzahlung für diesen Zeitraum unzumutbar machen (Saxinger ZMR 2020, 1002, 1007 f.; Tölle/Ehrentreich IMR 2021, 178, 180), und welche zumutbaren Anstrengungen er unternommen hat, um drohende Verluste auszugleichen. Behauptet der Mieter, keine staatlichen Unterstützungsleistungen erhalten zu haben, muss er darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass er sich um mögliche Hilfeleistungen vergeblich bemüht hat. Gelingt ihm dies nicht, muss er sich so behandeln lassen, als hätte er die staatlichen Unterstützungsleistungen erhalten (Häublein/Müller NZM 2020, 481, 489). Wendet hingegen der Vermieter ein, dass die vom Mieter behaupteten Verluste nicht auf der COVID-19-Pandemie beruhen, trifft ihn hierfür die Darlegungs- und Beweislast (BeckOGK/Martens [Stand: 1. Oktober 2021] BGB § 313 Rn. 251).

Auf dieser Grundlage hat das Gericht in tatrichterlicher Verantwortung und unter Berücksichtigung von § 287 ZPO für den konkreten Einzelfall die Voraussetzungen des § 313 BGB festzustellen und gegebenenfalls eine Vertragsanpassung vorzunehmen.

b) Nach diesen Grundsätzen ist die Auffassung des Berufungsgerichts, im vorliegenden Fall sei der Mietvertrag dahingehend anzupassen, dass die Beklagte für die Zeit der Geschäftsschließung nur die hälftige Miete schuldet, nicht frei von Rechtsfehlern.

Das Berufungsgericht hat verkannt, dass die Frage, ob dem Mieter ein Festhalten an dem Vertrag zumutbar ist, auch im Fall einer pandemiebedingten Geschäftsschließung eine konkret auf den Einzelfall bezogene Abwägung aller relevanten Umstände erfordert, die nicht durch eine pauschale Aufteilung der Miete ersetzt werden kann. Deshalb lässt sich die vom Berufungsgericht vorgenommene Absenkung der Kaltmiete um 50 % nicht mit der gegebenen Begründung rechtfertigen, die mit der pandemiebedingten Geschäftsschließung verbundenen Belastungen seien gleichmäßig auf beide Mietvertragsparteien zu verteilen, weil keine der Parteien eine Ursache für die Störung der Geschäftsgrundlage gesetzt habe. Das Berufungsgericht hätte vielmehr tragfähige Feststellungen dazu treffen müssen, welche konkreten wirtschaftlichen Auswirkungen die Geschäftsschließung in dem streitgegenständlichen Zeitraum für die Beklagte hatte und ob diese Nachteile ein Ausmaß erreicht haben, das eine Anpassung des Mietvertrags erforderlich macht. Deshalb durfte das Berufungsgericht es auch nicht dahinstehen lassen, ob die Beklagte für die Zeit der Geschäftsschließung entsprechende staatliche Hilfen erhalten hat oder hätte erhalten können. Die Beklagte hat zwar in den Instanzen vorgetragen, ihr seien keine staatlichen Unterstützungsleistungen zugeflossen. Die Klägerin hat diese Behauptung jedoch - auch noch im Berufungsverfahren - bestritten. Hinzu kommt, dass die Beklagte nur die Miete für April 2020 ausgesetzt und die weiteren Mieten im Jahr 2020 vollständig bezahlt hat. Auch dies hätte für das Berufungsgericht Anlass sein müssen, sich die Frage vorzulegen, ob der durch die Geschäftsschließung entstandene Umsatzrückgang tatsächlich so erheblich war, dass der Beklagten die vollständige Zahlung der Miete für den streitgegenständlichen Zeitraum unzumutbar war.

III.

Die angefochtene Entscheidung ist daher gemäß § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben und die Sache ist nach § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Dose

Klinkhammer

Günter

Botur

Krüger

(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.

(1a) Für die Dauer von drei Monaten bleibt eine Minderung der Tauglichkeit außer Betracht, soweit diese auf Grund einer Maßnahme eintritt, die einer energetischen Modernisierung nach § 555b Nummer 1 dient.

(2) Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt auch, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt.

(3) Wird dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch das Recht eines Dritten ganz oder zum Teil entzogen, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam.

(1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn

1.
dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird,
2.
der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet oder sie unbefugt einem Dritten überlässt oder
3.
der Mieter
a)
für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder
b)
in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.
Im Falle des Satzes 1 Nr. 3 ist die Kündigung ausgeschlossen, wenn der Vermieter vorher befriedigt wird. Sie wird unwirksam, wenn sich der Mieter von seiner Schuld durch Aufrechnung befreien konnte und unverzüglich nach der Kündigung die Aufrechnung erklärt.

(3) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag, so ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Dies gilt nicht, wenn

1.
eine Frist oder Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht,
2.
die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist oder
3.
der Mieter mit der Entrichtung der Miete im Sinne des Absatzes 2 Nr. 3 in Verzug ist.

(4) Auf das dem Mieter nach Absatz 2 Nr. 1 zustehende Kündigungsrecht sind die §§ 536b und 536d entsprechend anzuwenden. Ist streitig, ob der Vermieter den Gebrauch der Mietsache rechtzeitig gewährt oder die Abhilfe vor Ablauf der hierzu bestimmten Frist bewirkt hat, so trifft ihn die Beweislast.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

Bundesgerichtshof

Urteil vom 12.01.2022

Az.: XII ZR 8/21

 

Tenor

Auf die Revisionen der Klägerin und der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 24. Februar 2021 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Zahlung von Gewerberaummiete für den Monat April 2020.

Die Parteien schlossen im September 2013 einen Mietvertrag über Gebäude und Parkplätze in S. Die Vermietung erfolgte "ausschließlich zu gewerblichen Zwecken zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts für Textilien aller Art, sowie Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs". Seit dem 1. Januar 2019 beträgt die monatliche Bruttomiete 7.854,00 €. Zusätzlich trägt die Beklagte als Mieterin im Vertrag näher beschriebene Nebenkosten. § 5 Nr. 3 des Mietvertrags enthält folgende Regelung: "Wenn die Gas-, Strom- und Wasserversorgung oder Entwässerung durch einen nicht von dem Vermieter zu vertretenden Umstand unterbrochen wurde oder wenn Überschwemmungen oder sonstige Katastrophen eintreten, steht dem Mieter ein Recht auf Mietminderung oder Schadensersatz nicht zu."

Aufgrund der sich verbreitenden Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19-Pandemie) erließ das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt am 18. März 2020 auf der Grundlage von § 28 Abs. 1 IfSG die "Allgemeinverfügung Vollzug des Infektionsschutzgesetzes Maßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie Verbot von Veranstaltungen", nach deren Ziffer 1 in Sachsen grundsätzlich alle Geschäfte geschlossen wurden, soweit sie nicht unter die in der Allgemeinverfügung ausdrücklich benannten - hier nicht relevanten - Ausnahmen fielen. Diese Allgemeinverfügung trat am 19. März 2020 um 0:00 Uhr in Kraft und wurde ab dem 22. März 2020, 0:00 Uhr von der "Allgemeinverfügung Vollzug des Infektionsschutzgesetzes Maßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie Verbot von Veranstaltungen" des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 20. März 2020 ersetzt, nach deren Ziffer 2, übereinstimmend mit der Allgemeinverfügung vom 18. März 2020, Geschäfte grundsätzlich geschlossen wurden, soweit nicht die in der Allgemeinverfügung vom 20. März 2020 formulierten Ausnahmen eingriffen. Aufgrund der genannten Allgemeinverfügungen war das Textileinzelhandelsgeschäft der Beklagten im Mietobjekt vom 19. März 2020 bis einschließlich 19. April 2020 geschlossen.

Nach entsprechender Ankündigung mit Schreiben vom 24. März 2020 zahlte die Beklagte die Miete für den Monat April 2020 nicht und rechnete gegen die Mietzahlungspflicht für die Zeit vom 20. bis 30. April 2020 mit der aus ihrer Sicht überzahlten Miete für die Zeit vom 19. bis 31. März 2020 auf. Die folgenden Mietzahlungen erbrachte die Beklagte vollständig.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung der Miete für den Monat April 2020 in Höhe von 7.854,00 € nebst Zinsen und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Beklagte - unter Abweisung der Klage im Übrigen - zur Zahlung von 3.720,09 € nebst Zinsen und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verurteilt. Hiergegen wenden sich die Klägerin, die ihr Klagebegehren vollständig weiterverfolgt, und die Beklagte, die nach wie vor Klageabweisung begehrt, mit ihren vom Oberlandesgericht zugelassenen Revisionen.

Gründe

Die Revisionen der Klägerin und der Beklagten sind begründet. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

I.

Das Oberlandesgericht hat seine in ZMR 2021, 476 veröffentlichte Entscheidung wie folgt begründet:

Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, der Anspruch auf Zahlung der Miete als Gegenleistung zur Verpflichtung der Klägerin als Vermieterin zur Überlassung des Gebrauchs der Mieträume sei gemäß § 326 Abs. 1 BGB entfallen. Soweit es um die Gebrauchsuntauglichkeit des Mietobjekts gehe, würden die Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts, zu denen auch diejenigen über die Unmöglichkeit gehörten, von den mietrechtlichen Gewährleistungsregelungen nach §§ 536 ff. BGB verdrängt, wenn das Mietobjekt - wie hier - bereits vom Vermieter an den Mieter überlassen worden sei.

Die Regelung in Art. 240 § 2 EGBGB entfalte keine Sperrwirkung, die eine Anwendung der mietrechtlichen Gewährleistungsvorschriften bei behördlichen Betriebsuntersagungen in Folge der COVID-19-Pandemie ausschließe.

Ein zur Minderung der Miete führender Mietmangel sei durch die staatlich angeordnete Schließung nicht begründet worden. Ohne die staatliche, nicht objektbezogene und von der Klägerin nicht zu beeinflussende Anordnung sei das Mietobjekt uneingeschränkt nutzbar und die Mieträume seien - im Rahmen der Beschränkungen der Corona-Schutzverordnung - frei zugänglich gewesen. Lediglich die von der Beklagten beabsichtigte Verwendung sei - vom Mietobjekt unabhängig - untersagt gewesen. Auch wenn Störungen, die außerhalb der Mietsache liegen, grundsätzlich einen Mangel begründen könnten und für den hier vereinbarten Betrieb eines Textileinzelhandelsgeschäfts die Möglichkeit des Zugangs des Publikums eine Voraussetzung sei, werde dem Vermieter damit nicht das Risiko der objekt- und lageunabhängigen Nutzbarkeit der Mieträume übertragen.

Infolge des Auftretens der COVID-19-Pandemie und der staatlichen Schließungsanordnung aus den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20. März 2020 sei jedoch eine Störung der Geschäftsgrundlage des Mietvertrags i.S.v. § 313 Abs. 1 BGB eingetreten, die eine Anpassung des Vertrags dahin auslöse, dass die Kaltmiete für die Dauer der angeordneten Schließung auf die Hälfte reduziert werde.

Zur Geschäftsgrundlage der Parteien als Vermieterin und Mieterin von Geschäftsräumen für die Nutzung als Textileinzelhandelsgeschäft habe die Vorstellung gehört, dass es nicht zu einer Pandemie mit weitgehender Stilllegung des öffentlichen Lebens infolge pandemiebedingter Nutzungsuntersagungen und -beeinträchtigungen kommen würde. Das Auftreten der Pandemie mit den entsprechenden weitreichenden staatlichen Eingriffen in das wirtschaftliche und soziale Leben bedeute eine schwerwiegende Änderung der für die Vertragslaufzeit vorgestellten Umstände. Damit sei das tatsächliche Element der Störung der Geschäftsgrundlage verwirklicht. Es liege eine Systemkrise und damit ein Fall der Störung der großen Geschäftsgrundlage vor, weil durch sie das allgemeine soziale und wirtschaftliche Gefüge nachhaltig erschüttert worden sei. Ohne dass es hierauf entscheidend ankommen würde, spreche für diese Annahme auch der Inhalt des mit Wirkung vom 31. Dezember 2020 neu geschaffenen Art. 240 § 7 Abs. 1 EGBGB.

Im Rahmen der Störung der großen Geschäftsgrundlage sei das hypothetische Element regelmäßig erfüllt, weil die Parteien den Vertrag dann nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten. Zudem sei zu beachten, dass es sich bei der Änderung der zur Geschäftsgrundlage gehörenden Umstände um sehr wesentliche Rahmenbedingungen für den Betrieb des Textileinzelhandelsgeschäfts der Beklagten gehandelt habe. Daher hätten im maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses verständige und wirtschaftlich denkende Vertragspartner dieses beide gleichermaßen betreffende und nicht zu beeinflussende Risiko nicht einseitig zu Lasten eines Vertragspartners verteilt.

Das normative Element des § 313 Abs. 1 BGB sei ebenfalls erfüllt. Es gehe hier nicht um ein "normales" Risiko der Gebrauchstauglichkeit bzw. der Verwendung des Mietobjekts durch den Mieter, sondern um weitgehende staatliche Eingriffe in das soziale und wirtschaftliche Leben aufgrund einer Pandemie, die als Systemkrise eine Störung der großen Geschäftsgrundlage sei. Das mit der Störung der großen Geschäftsgrundlage verbundene Risiko könne regelmäßig keiner Vertragspartei allein zugewiesen werden. Von der vertraglichen Risikozuweisung werde deshalb dieses von den Vertragsparteien nicht vorhergesehene und die Geschäftsgrundlage des Vertrags betreffende Geschehen nicht erfasst. Das Festhalten am unveränderten Mietvertrag sei der Beklagten nicht zumutbar, weshalb der Mietvertrag nach § 313 Abs. 1 BGB entsprechend anzupassen sei.

Vorliegend sei eine Absenkung der Kaltmiete um 50 % gerechtfertigt, weil keine der Vertragsparteien eine Ursache für die Störung der Geschäftsgrundlage gesetzt oder sie vorhergesehen habe. Es sei demzufolge angemessen, die damit verbundene Belastung gleichmäßig auf beide Parteien zu verteilen. Offenbleiben könne, ob die Zahlung staatlicher Hilfen an einen der Vertragspartner des Mietvertrags zu einer weiteren Anpassung der Höhe der Miete führen würde, weil nicht habe festgestellt werden können, dass die Klägerin oder die Beklagte solche staatlichen Hilfen erhalten habe. Der Klägerin sei auch keine Teilnutzung des Mietobjekts im Sinne eines "Außer-Haus-Verkaufs" bzw. eines entsprechenden Liefer- und Abholservice möglich, wie dies etwa bei Gaststätten erlaubt gewesen sei.

Dies führe dazu, dass die Beklagte für den Monat April 2020 anstelle der vertraglich vereinbarten Miete von 7.854,00 € nur 5.366,90 € zahlen müsse, während sie für den Monat März 2020 6.207,19 € zu zahlen gehabt hätte, also mit ihrer vollständigen Mietzahlung die Miete in Höhe von 1.646,81 € überzahlt habe. In dieser Höhe habe die Beklagte hilfsweise die Aufrechnung gegen die Forderung der Klägerin auf Zahlung der Miete für April 2020 erklärt, so dass sich im Ergebnis der Anspruch der Klägerin von 5.366,90 € auf 3.720,09 € reduziere.

II.

Diese Ausführungen halten in einem wesentlichen Punkt der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass die Anwendbarkeit der mietrechtlichen Gewährleistungsvorschriften und der Regelungen des allgemeinen schuldrechtlichen Leistungsstörungsrechts, insbesondere des § 313 Abs. 1 BGB, nicht durch Art. 240 § 2 EGBGB, mit dem die Kündigungsmöglichkeit des Vermieters wegen eines coronabedingten Zahlungsverzugs des Mieters ausgesetzt wurde, ausgeschlossen ist.

a) Zwar wird in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum teilweise die Auffassung vertreten, der Gesetzgeber habe mit Einführung dieser Vorschrift durch Art. 5 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27. März 2020 (BGBl. I S. 569) eine Sonderregelung getroffen, mit der die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Rechte und Pflichten von Mietvertragsparteien abschließend geregelt werden sollten (vgl. Jung BB 2021, 329, 331 f.; Klimesch/Walther ZMR 2020, 556, 557; LG München II Urteil vom 6. Oktober 2020 - 13 O 2044/20 - BeckRS 2020, 34263). Die überwiegende Auffassung lehnt mit dem Berufungsgericht eine entsprechende Sperrwirkung des Art. 240 § 2 EGBGB hingegen ab (ebenso OLG München NJW 2021, 948, 950; KG GE 2021, 570, 572; OLG Frankfurt NZM 2021, 395, 396 f.; LG Mönchengladbach Urteil vom 2. November 2020 - 12 O 154/20 - BeckRS 2020, 30731 Rn. 39; LG München I Urteil vom 25. Januar 2021 - 31 O 7743/20 - BeckRS 2021, 453 Rn. 53 ff.; MünchKommBGB/Häublein 8. Aufl. EGBGB Art. 240 § 2 Rn. 6; BeckOGK/Martens [Stand: 1. Oktober 2021] BGB § 313 Rn. 239; BeckOGK/Geib [Stand: 1. Oktober 2021] EGBGB Art. 240 § 2 Rn. 18 und 20; BeckOK BGB/Wiederhold [Stand: 1. August 2021] EGBGB Art. 240 § 2 Rn. 10; Brinkmann/Thüsing NZM 2021, 5, 9 f.; Herlitz NJ 2021, 56, 58; Zehelein NZM 2020, 390, 401; Streyl NZM 2020, 817, 823; Warmuth COVuR 2020, 16, 17; Klose NZM 2021, 832 f.).

b) Die letztgenannte Auffassung trifft zu. Entgegen der Ansicht der Klägerin lässt sich weder aus dem Wortlaut der Vorschrift noch aus der Gesetzesbegründung schließen, dass der Gesetzgeber mit Einführung des Art. 240 § 2 EGBGB die Folgen, die sich aus den umfangreichen hoheitlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie insbesondere für gewerbliche Mietverhältnisse ergeben können, abschließend regeln wollte.

aa) Nach seinem eindeutigen Wortlaut enthält Art. 240 § 2 Abs. 1 Satz 1 EGBGB nur eine Beschränkung des Kündigungsrechts des Vermieters, sofern die Nichtleistung der vom Mieter geschuldeten Mietzahlung allein auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Die Vorschrift geht daher davon aus, dass - anders als bei den in Art. 240 § 1 EGBGB genannten Dauerschuldverhältnissen - die Verpflichtung des Mieters zur Mietzahlung grundsätzlich weiter bestehen bleibt. Regelungen zur Höhe der Miete oder zu sonstigen Auswirkungen der Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung auf die Verpflichtung des Mieters zur Mietzahlung enthält die Vorschrift jedoch nicht. Auch aus der zeitlichen Beschränkung des Kündigungsausschlusses bis zum 30. Juni 2022 in Art. 240 § 2 Abs. 4 EGBGB kann nicht darauf geschlossen werden, dass der Gesetzgeber für die Zahlungspflicht des Mieters eine abschließende Regelung treffen wollte. Die Vorschrift zeigt zwar ebenfalls, dass das Gesetz grundsätzlich von einer fortbestehenden Zahlungspflicht des Mieters ausgeht. Ob der Mieter in dem maßgeblichen Zeitraum jedoch die volle vereinbarte Miete schuldet, folgt daraus nicht.

bb) Auch der Gesetzeszweck lässt nicht darauf schließen, dass Art. 240 § 2 EGBGB eine abschließende Sonderregelung darstellt, die der Anwendbarkeit der mietrechtlichen Gewährleistungsvorschriften und der Regelungen des allgemeinen schuldrechtlichen Leistungsstörungsrechts entgegensteht.

Zum Zeitpunkt des Erlasses des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27. März 2020 (BGBl. I S. 569) sah der Gesetzgeber die Gefahr, dass es aufgrund der umfangreichen behördlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus im März 2020 zu erheblichen Einkommensverlusten bei einer Vielzahl von Menschen kommt, wodurch diese bis zur Aufhebung der Maßnahmen nicht oder nur eingeschränkt in der Lage sein könnten, ihre laufenden Verbindlichkeiten zu begleichen. Dieses Problem sollte dadurch gelöst werden, dass für den Bereich des Zivilrechts ein Moratorium für die Erfüllung bestimmter vertraglicher Ansprüche aus Dauerschuldverhältnissen eingeführt werden sollte, das betroffenen Verbrauchern und Kleinstunternehmern, die wegen der COVID-19-Pandemie ihre vertraglich geschuldeten Leistungen nicht erbringen können, im Zeitraum bis zum 30. Juni 2020 einen Zahlungsaufschub gewährt (BT-Drucks. 19/18110 S. 1). Entgegen diesem in Art. 240 § 1 EGBGB niedergelegten Grundsatz hat der Gesetzgeber im Bereich des Mietrechts hingegen von einem Leistungsverweigerungsrecht des Mieters abgesehen und nur das Recht des Vermieters zur Kündigung von Mietverhältnissen wegen Zahlungsverzugs eingeschränkt, sofern Mietschulden aus dem Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruhen. Die Verpflichtung der Mieter zur Zahlung der Miete sollte jedoch im Grundsatz bestehen bleiben (BT-Drucks. 19/18119 S. 35).

Zweck der gesetzlichen Regelung war es, Mieter und Pächter vor dem Verlust ihres Lebensmittelpunkts und ihrer Existenzgrundlage zu schützen, wenn diese unverschuldet durch die Pandemie in Zahlungsverzug geraten sollten. Hätte der Gesetzgeber mit der Einführung von Art. 240 § 2 EGBGB tatsächlich eine abschließende Regelung im Hinblick auf die Auswirkungen der Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung treffen wollen, würde sich die Vorschrift jedoch zum Nachteil des gewerblichen Mieters auswirken. Denn dieser wäre auch dann, wenn er die von ihm angemieteten Gewerberäume aufgrund einer hoheitlichen Betriebsschließungsanordnung nicht entsprechend seinem Geschäftszweck nutzen kann, stets zur Zahlung der vollständigen Miete verpflichtet. Das Risiko, während der Pandemie die Mietsache nicht oder nur eingeschränkt nutzen zu können, wäre damit vollständig auf den Mieter verlagert. Art. 240 § 2 EGBGB, der erkennbar dem Mieterschutz dienen sollte, würde dadurch zu einer Vorschrift, die letztlich dem Schutz des Vermieters dient, dem unabhängig von den Auswirkungen der Pandemiebekämpfungsmaßnahmen auf die Nutzbarkeit des Mietobjekts der Anspruch auf vollständige Miete erhalten bliebe (ähnlich auch BeckOK BGB/Wiederhold [Stand: 1. August 2021] EGBGB Art. 240 § 2 Rn. 10; BeckOGK/Martens [Stand: 1. Oktober 2021] BGB § 313 Rn. 240). Dafür, dass der Gesetzgeber eine solche weitreichende Regelung dahin, dass der Mieter während der COVID-19-Pandemie das Verwendungsrisiko allein zu tragen hat, treffen wollte, bestehen keine Anhaltspunkte. Dagegen spricht auch die Kürze der Zeit, in der dieses Gesetzgebungsvorhaben umgesetzt worden ist (vgl. OLG Frankfurt NZM 2021, 395, 397; MünchKommBGB/Häublein 8. Aufl. Art. 240 § 2 EGBGB Rn. 6; Zehelein NJW 2020, 1169, 1172). Mithin hat der Gesetzgeber nur das von ihm als dringlich identifizierte Problem, dass Mieter von Wohn- und Geschäftsräumen aufgrund der zu erwartenden negativen wirtschaftlichen Auswirkungen ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen und deshalb die angemieteten Räumlichkeiten verlieren könnten, schnell einer vorübergehenden Lösung zuführen und die Stellung der Mieter im Hinblick auf die Kündbarkeit des Mietverhältnisses verbessern wollen.

cc) Schließlich lassen sich auch der Gesetzesbegründung keine ausreichenden Hinweise dafür entnehmen, dass der Gesetzgeber die Auswirkung der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie auf Mietverhältnisse abschließend regeln wollte. Zwar ist an mehreren Stellen der Gesetzesbegründung ausgeführt, dass der Mieter grundsätzlich zur Leistung der Miete verpflichtet bleibt (vgl. BT-Drucks. 19/18110 S. 4, 35 f.). Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass ihm damit jede Möglichkeit genommen werden sollte, Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf sein Mietverhältnis und insbesondere auf die Höhe der geschuldeten Miete nach allgemeinen Grundsätzen geltend machen zu können (vgl. Streyl NZM 2020, 817, 823; BeckOGK/Martens [Stand: 1. Oktober 2021] BGB § 313 Rn. 240.2). Zum einen enthält die Gesetzesbegründung den Hinweis, dass die Mieter "nach allgemeinen Grundsätzen zur Leistung verpflichtet" bleiben (BT-Drucks. 19/18110 S. 35). Dies deutet bereits darauf hin, dass die allgemeinen Regelungen des mietrechtlichen Gewährleistungsrechts und des allgemeinen Schuldrechts weiterhin Anwendung finden sollen (a.A. Jung BB 2021, 329, 331). Zum anderen lassen sich diese Formulierungen auch mit der unterschiedlichen Behandlung von Miet- und Pachtverhältnissen gegenüber anderen Dauerschuldverhältnissen im Gesetz erklären. Denn mit dem Hinweis, dass die Verpflichtung des Mieters zur Mietzahlung bestehen bleibt, wird in der Gesetzesbegründung deutlich gemacht, dass dem Mieter, abweichend von der Grundregel des Art. 240 § 1 EGBGB für andere Dauerschuldverhältnisse, kein zeitlich begrenztes Leistungsverweigerungsrecht eingeräumt, sondern nur die Kündigungsmöglichkeit des Vermieters wegen Zahlungsverzugs eingeschränkt wird (BT-Drucks. 19/18110 S. 35 f.). Zur Höhe der geschuldeten Miete verhält sich die Gesetzesbegründung jedoch ebenso wenig wie zu der Frage, welche sonstigen rechtlichen Auswirkungen die pandemiebedingten Beschränkungen des Wirtschaftslebens insbesondere auf gewerbliche Mietverhältnisse haben sollen. Letztlich wird in der Gesetzesbegründung als Gesetzeszweck allein die Bestandssicherung des Mietverhältnisses genannt.

2. Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Miete in dem streitgegenständlichen Zeitraum nicht nach § 536 Abs. 1 BGB gemindert war, weil die auf den Allgemeinverfügungen des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. und 20. März 2020 beruhende Betriebsschließung nicht zu einem Mangel des Mietgegenstands i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB geführt hat.

a) Ob eine staatlich angeordnete Geschäftsschließung wegen der COVID-19-Pandemie einen Mangel der Mietsache darstellt, ist umstritten. Teilweise wird dies mit der Begründung bejaht, die Schließungsanordnung knüpfe unmittelbar an das Mietobjekt und dessen Lage im Epidemiegebiet an und beziehe sich daher nicht auf die persönlichen oder betrieblichen Umstände des Mieters (vgl. OLG Nürnberg MDR 2021, 56; LG Kaiserlautern Urteil vom 13. April 2021 - 4 O 284/20 - juris; Jauernig/Teichmann BGB 18. Aufl. § 536 Rn. 12a; BeckOGK/Geib [Stand: 1. Oktober 2021] EGBGB Art. 240 § 2 Rn. 16; Selk NZM 2021, 369, 374 ff.; Sentek/Ludley NZM 2020, 406, 410; Krepold WM 2020, 726, 729 ff.; Säcker/Schubert BB 2020, 2563).

Die überwiegende Auffassung in der Rechtsprechung und im Schrifttum lehnt hingegen das Vorliegen eines Mangels i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB ab (vgl. OLG München NJW 2021, 948, 949; OLG Karlsruhe NJW 2021, 945 f.; KG GE 2021, 570, 571; OLG Schleswig NZM 2021, 605, 607; OLG Frankfurt NZM 2021, 395, 397 f.; Butenberg/Drasdo/Först/Hannemann/Heilmann NZM 2020, 493, 497; Häublein/Müller NZM 2020, 481, 484 f.; Leo/Götz NZM 2020, 402, 403; Zehelein NZM 2020, 390, 392 ff.; Sittner NJW 2020, 1169, 1171; Sachsinger ZMR 2020, 1002 ff.; Gerlach/Manzke ZMR 2020, 551, 554; Klimesch/Walther ZMR 2020, 353, 354; Both in Zehelein Miete in Zeiten von Corona § 3 Rn. 18 ff.; Klose NZM 2021, 832, 833 f.). Zur Begründung wird überwiegend darauf abgestellt, dass eine pandemiebedingte Betriebsuntersagung ein Gebrauchshindernis darstelle, das nicht auf Beschaffenheit, Zustand oder Lage der Mietsache beruhe, sondern allein das Verwendungsrisiko des Mieters betreffe.

b) Die letztgenannte Meinung trifft im Ergebnis zu. Die behördliche Untersagung der Öffnung der Filiale der Beklagten stellt keinen Mangel der Mietsache i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB dar.

aa) Unter einem Mangel i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustands der Mietsache von dem vertraglich geschuldeten zu verstehen, wobei sowohl tatsächliche Umstände als auch rechtliche Verhältnisse in Bezug auf die Mietsache als Mangel in Betracht kommen können. Öffentlich-rechtliche Gebrauchshindernisse und Gebrauchsbeschränkungen, die dem vertragsgemäßen Gebrauch eines Mietobjekts entgegenstehen, begründen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allerdings nur dann einen Sachmangel im Sinne der §§ 536 ff. BGB, wenn sie auf der konkreten Beschaffenheit der Mietsache beruhen und nicht in persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters ihre Ursache haben (Senatsurteil vom 2. November 2016 - XII ZR 153/15 - NJW 2017, 1104 Rn. 15 mwN).

Ergeben sich aufgrund von gesetzgeberischen Maßnahmen erst während eines laufenden Mietverhältnisses Beeinträchtigungen des vertragsmäßigen Gebrauchs eines gewerblichen Mietobjekts, kann auch dies einen Mangel i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB begründen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die durch die gesetzgeberische Maßnahme bewirkte Gebrauchsbeschränkung unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage des Mietobjekts in Zusammenhang steht. Andere gesetzgeberische Maßnahmen, die den geschäftlichen Erfolg beeinträchtigen, fallen dagegen in den Risikobereich des Mieters. Denn der Vermieter von Gewerberäumen ist gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB lediglich verpflichtet, den Mietgegenstand während der Vertragslaufzeit in einem Zustand zu erhalten, der dem Mieter die vertraglich vorgesehene Nutzung ermöglicht. Das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache trägt bei der Gewerberaummiete dagegen grundsätzlich der Mieter. Dazu gehört vor allem das Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können. Erfüllt sich die Gewinnerwartung des Mieters aufgrund eines nachträglich eintretenden Umstandes nicht, so verwirklicht sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters. Das gilt auch in Fällen, in denen es durch nachträgliche gesetzgeberische oder behördliche Maßnahmen zu einer Beeinträchtigung des Gewerbebetriebs des Mieters kommt (Senatsurteil vom 13. Juli 2011 - XII ZR 189/09 - NJW 2011, 3151 Rn. 8 f. mwN).

bb) Auf dieser rechtlichen Grundlage führt die auf den Allgemeinverfügungen des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. und 20. März 2020 beruhende Schließung des Einzelhandelsgeschäfts der Beklagten nicht zu einem Mangel der Mietsache i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB, weil die mit der Schließungsanordnung zusammenhängende Gebrauchsbeschränkung nicht auf der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der Mietsache beruht, sondern an den Geschäftsbetrieb der Beklagten als Mieterin anknüpft.

(1) Durch Ziffer 1 der Allgemeinverfügung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. März 2020 wurde mit Wirkung zum 19. März 2020 im gesamten Freistaat Sachsen die Schließung aller Geschäfte und Einrichtungen angeordnet, die nicht der Grundversorgung der Bevölkerung dienen. Damit sollte die dynamische Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus eingedämmt werden, um die besonders vulnerablen Personengruppen vor einer Ansteckung mit dem neuartigen Virus zu schützen und eine Überlastung des Gesundheitswesens zu verhindern. Da eine besonders hohe Ansteckungsgefahr dort gesehen wurde, wo es zu einem Zusammentreffen einer Vielzahl von Menschen kommt, sollte durch die Schließung aller Geschäfte und Einrichtungen, die nicht der täglichen Daseinsvorsorge dienen, eine deutliche Reduzierung menschlicher Kontakte erreicht werden (vgl. Allgemeinverfügung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. März 2020, S. 4).

Die mit der Schließungsanordnung verbundene Gebrauchsbeschränkung der Beklagten beruhte damit nicht auf der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage des Mietobjekts. Die behördlich angeordnete Geschäftsschließung knüpft allein an die Nutzungsart und den sich daraus ergebenden Publikumsverkehr an, der die Gefahr einer verstärkten Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus begünstigt und der aus Gründen des Infektionsschutzes untersagt werden sollte. Durch die Allgemeinverfügung wird jedoch weder der Beklagten die Nutzung der angemieteten Geschäftsräume im Übrigen noch der Klägerin tatsächlich oder rechtlich die Überlassung der Mieträumlichkeiten verboten. Das Mietobjekt stand daher trotz der Schließungsanordnung weiterhin für den vereinbarten Mietzweck zur Verfügung.

(2) Eine Mangelhaftigkeit der Mietsache lässt sich auch nicht damit begründen, dass durch die behördliche Schließungsanordnung faktisch der Zugang zu den Mieträumen für potentielle Kunden der Beklagten verhindert oder beschränkt war. Zwar ist der ungehinderte Zugang zu den Mieträumen gerade bei der Vermietung von Gewerberäumen Voraussetzung für eine vertragsgemäße Nutzung des Mietobjekts, wenn das dort betriebene Gewerbe auf Kundenverkehr angewiesen ist. Eine Zugangsbehinderung kann daher einen Mangel i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB darstellen (vgl. Schmidt-Futterer/Eisenschmid Mietrecht 15. Aufl. § 536 BGB Rn. 210 mwN). Um eine Ausuferung des Mangelbegriffs zu verhindern, ist aber Voraussetzung hierfür, dass die Zugangsbeschränkung unmittelbar mit der Lage oder der Beschaffenheit des Mietobjekts in Verbindung steht. Dies kann etwa der Fall sein, wenn durch Baumaßnahmen der öffentlichen Hand im Umfeld des Mietobjekts der Zugang zu den Mieträumen erschwert ist (vgl. Schmidt-Futterer/Eisenschmid Mietrecht 15. Aufl. § 536 BGB Rn. 210 mwN). Im vorliegenden Fall beruht die Zugangsbeeinträchtigung jedoch nicht auf der konkreten baulichen Gegebenheit der Mietsache, sondern auf einer hoheitlichen Maßnahme, die flächendeckend für alle im gesamten Bereich des Freistaats Sachsen liegenden Geschäfte ein Öffnungsverbot anordnete, die nicht zu den in den Allgemeinverfügungen genannten Ausnahmen zählen. Auf die konkreten Umfeldbedingungen kam es dabei nicht an. Deshalb ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch die Belegenheit des Mietobjekts im Pandemiegebiet für die Einordnung als Mangel ohne Bedeutung (vgl. OLG München NJW 2021, 948, 949).

(3) Das Vorliegen eines Mangels i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt sich auch nicht daraus, dass die Mietvertragsparteien im vorliegenden Fall als Mietzweck die "Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts für Textilien aller Art, sowie Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs" vereinbart haben. Der Umfang der mit der Vereinbarung eines Mietzwecks übernommenen Leistungspflicht des Vermieters ist grundsätzlich durch Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont aus Sicht eines Mieters gemäß §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Ohne besondere Umstände, die hier nicht vorgetragen wurden, gehören nur rechtliche Umstände, die die körperliche Beschaffenheit, den Zustand oder die Lage der Mietsache betreffen oder Einfluss auf sie haben, zu der vom Vermieter geschuldeten Leistung (vgl. Streyl NZM 2020, 817, 819). Für öffentlich-rechtliche Gebrauchsbeschränkungen, Verbote oder Gebrauchshindernisse, die sich aus betriebsbezogenen Umständen ergeben oder in der Person des Mieters ihre Ursache haben, hat der Vermieter hingegen ohne eine anderslautende Vereinbarung nicht einzustehen (vgl. Günter NZM 2016, 569, 570). Ein redlicher Mieter darf daher das Leistungsversprechen seines Vermieters im Zweifel nicht dahin verstehen, dieser wolle ihm die vereinbarte Nutzung unter allen erdenklichen Umständen gewährleisten (Häublein/Müller NZM 2020, 481, 484). Deshalb konnte im vorliegenden Fall die Beklagte nicht davon ausgehen, dass die Klägerin mit der Vereinbarung des konkreten Mietzwecks eine unbedingte Einstandspflicht auch für den Fall einer hoheitlich angeordneten Öffnungsuntersagung im Falle einer Pandemie übernehmen wollte (vgl. OLG München NJW 2021, 948, 949).

(4) Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich ein Mangel der Mietsache im Falle der pandemiebedingten Schließung von gewerblich genutzten Mieträumen auch nicht aus der Rechtsprechung des Reichsgerichts.

Zwar hat das Reichsgericht (RGZ 87, 277, 280; 89, 203, 205) in Fällen, in denen die Durchführung von Tanzveranstaltungen wegen des Ersten Weltkriegs polizeilich untersagt worden war, für eine gepachtete Gastwirtschaft, in der vorwiegend Tanzveranstaltungen durchgeführt wurden, das Vorliegen eines Mangels bejaht. Nach Auffassung des Reichsgerichts hat das polizeiliche Tanzverbot den Pachtgegenstand selbst betroffen. Denn dieser sei der Eigenschaft einer Tanzwirtschaft beraubt worden und deshalb mit einem die Tauglichkeit zu der vertragsgemäßen Nutzung mindernden Fehler i.S.v. § 537 BGB a. F. behaftet.

Diese Rechtsprechung kann auf den vorliegenden Fall indes nicht übertragen werden, weil ihr noch ein anderes Verständnis des mietrechtlichen Mangelbegriffs zugrunde lag (vgl. OLG Frankfurt NZM 2021, 395, 397 f.). Zwischenzeitlich hat der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung zum Vorliegen eines Mangels i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB insbesondere bei öffentlich-rechtlichen Gebrauchsbeschränkungen fortentwickelt und hierbei gerade im Bereich der Vermietung von Gewerberäumen verstärkt die grundsätzliche Risikoverteilung zwischen Vermieter und Mieter in den Blick genommen (vgl. Senatsurteil vom 13. Juli 2011 - XII ZR 189/09 - NJW 2011, 3151 Rn. 9 mwN). Hinzu kommt, dass das Reichsgericht die Grundsätze über die Störung der Geschäftsgrundlage, über die ein interessengerechter Ausgleich zwischen den Mietvertragsparteien bei Einschränkung der Nutzbarkeit der Mietsache infolge von höherer Gewalt wie Kriegsereignissen oder einer weltweiten Pandemie erreicht werden kann, erst zu einem späteren Zeitpunkt entwickelt hat (vgl. RGZ 100, 129, 132 f.; MünchKommBGB/Finkenauer 8. Aufl. § 313 Rn. 23 mwN; Streyl NZM 2020, 817, 819).

3. Die Beklagte ist auch nicht deshalb von ihrer Verpflichtung zur Mietzahlung befreit, weil der Klägerin ihre vertraglich geschuldete Leistung zur Überlassung und Erhaltung der Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand ganz oder teilweise unmöglich gewesen wäre (§§ 326 Abs. 1, 275 Abs. 1 BGB). Dabei kann dahinstehen, ob diese Regelungen auch dann nach der Überlassung der Mietsache an den Mieter nicht mehr anwendbar und von den speziellen Regelungen des mietrechtlichen Gewährleistungsrechts (§§ 536 ff. BGB) verdrängt werden, wenn die Mietsache - wie hier - keinen Mangel aufweist (vgl. dazu MünchKommBGB/Häublein 8. Aufl. Vor § 536 Rn. 7; BeckOGK/Bieber [Stand: 1. April 2021] § 536 BGB Rn. 9; Staudinger/V. Emmerich BGB [2021] Vorb. zu §§ 536 ff. Rn. 5). Wie bereits ausgeführt, war es der Klägerin während des streitgegenständlichen Zeitraums trotz der behördlichen Schließungsanordnung nicht unmöglich, der Beklagten den Gebrauch der Mietsache entsprechend dem vereinbarten Mietzweck zu gewähren. Die Klägerin hat daher auch während der Zeit der Betriebsschließung die von ihr gemäß § 535 Abs. 1 BGB geschuldete Leistung erbracht. Eine Einstandspflicht für den Fall einer hoheitlich angeordneten Öffnungsuntersagung im Falle einer Pandemie hatte sie nicht übernommen.

4. Im Fall einer Geschäftsschließung, die auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie beruht, kommt allerdings ein Anspruch des Mieters von gewerblich genutzten Räumen auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB in Betracht. Dies hat das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend erkannt; seine Erwägungen zu einer möglichen Vertragsanpassung sind jedoch nicht frei von Rechtsfehlern.

a) Gemäß § 313 Abs. 1 BGB kann eine Anpassung des Vertrags verlangt werden, wenn sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten. Dabei kann eine Anpassung nur insoweit verlangt werden, als dem einen Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

aa) Durch die COVID-19-Pandemie und die damit verbundenen weitreichenden Beschränkungen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens hat sich die Geschäftsgrundlage für den zwischen den Parteien abgeschlossenen Mietvertrag schwerwiegend geändert.

(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird die Geschäftsgrundlage eines Vertrags durch die bei Vertragsabschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen der Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände gebildet, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut (vgl. BGH Urteil vom 1. Dezember 2012 - VIII ZR 307/10 - NJW 2012, 1718 Rn. 26 mwN).

Unstreitig hatte keine der Parteien bei Abschluss des Mietvertrags im Jahr 2013 die Vorstellung, während der vereinbarten Mietzeit werde es zu einer Pandemie und damit verbundenen erheblichen hoheitlichen Eingriffen in den Geschäftsbetrieb der Beklagten kommen, durch die die beabsichtigte Nutzung der Mieträume eingeschränkt wird. Aufgrund der vielfältigen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie wie Geschäftsschließungen, Kontakt- und Zugangsbeschränkungen und der damit verbundenen massiven Auswirkungen auf das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben in Deutschland während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 ist im vorliegenden Fall die sogenannte große Geschäftsgrundlage betroffen. Darunter versteht man die Erwartung der vertragschließenden Parteien, dass sich die grundlegenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen eines Vertrags nicht etwa durch Revolution, Krieg, Vertreibung, Hyperinflation oder eine (Natur-)Katastrophe ändern und die Sozialexistenz nicht erschüttert werde (MünchKommBGB/Finkenauer 8. Aufl. § 313 Rn. 17; Palandt/Grüneberg BGB 80. Aufl. § 313 Rn. 5; OLG München NJW 2021, 948, 949 f.; KG GE 2021, 570, 572; OLG Frankfurt NZM 2021, 395; Häublein/Müller NZM 2020, 482, 486 f.; Zehelein NZM 2020, 390, 398; Streyl NZM 2020, 817, 821; Warmuth COVuR 2020, 16, 18). Diese Erwartung der Parteien wurde dadurch schwerwiegend gestört, dass die Beklagte aufgrund der zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie erlassenen Allgemeinverfügungen des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. März 2020 und 20. März 2020 ihr Geschäftslokal in der Zeit vom 19. März 2020 bis einschließlich 19. April 2020 schließen musste.

(2) Dafür, dass bei einer zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie behördlich angeordneten Betriebsschließung die tatsächliche Voraussetzung des § 313 Abs. 1 Satz 1 BGB einer schwerwiegenden Störung der Geschäftsgrundlage erfüllt ist, spricht auch die durch Art. 10 des Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Patentrecht vom 22. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3328) eingefügte Vorschrift des Art. 240 § 7 EGBGB. Danach wird vermutet, dass sich ein Umstand im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat, wenn vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar sind (vgl. Klose NZM 2021, 832, 835).

Zwar wird im Schrifttum vereinzelt die Auffassung vertreten, die Vorschrift, die zum 31. Dezember 2020 in Kraft getreten ist (vgl. Art. 14 Abs. 2 des Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Patentrecht vom 22. Dezember 2020), entfalte eine echte Rückwirkung und könne deshalb auf Sachverhalte, die zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens abgeschlossen waren, nicht angewendet werden (Klimesch IMR 2021, 47 f.).

In der Gesetzesbegründung ist jedoch ausgeführt, dass die Vorschrift auch auf zurückliegende Sachverhalte anwendbar sein soll (BT-Drucks. 19/25322 S. 24). Auch in Rechtsprechung und Literatur wird die Auffassung vertreten, dass die Vorschrift auf Sachverhalte anwendbar ist, die zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens abgeschlossen waren, über die aber noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist (OLG Karlsruhe NJW 2021, 945; BeckOGK/Siegmund [Stand. 1. Oktober 2021] EGBGB Art. 240 § 7 Rn. 15; Blatt/Stobbe IMR 2021, 45). Diese Streitfrage kann jedoch dahinstehen. Art. 240 § 7 EGBGB hat nur einen eng begrenzten Regelungsgehalt. Die Vorschrift beschränkt sich auf die Vermutung, dass bei Mietverträgen über gewerblich genutzte Räumlichkeiten Gebrauchsbeschränkungen infolge von staatlich angeordneten Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie zu einer schwerwiegenden Störung der Geschäftsgrundlage führen. Der Regelungsgehalt der Vorschrift bezieht sich damit nur auf das reale Element des § 313 Abs. 1 BGB (BT-Drucks. 19/25322 S. 20), das in den Fällen einer Störung der großen Geschäftsgrundlage ohnehin unproblematisch erfüllt ist. Zu den weiteren Voraussetzungen für eine Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage verhält sich die Vorschrift nicht (BT-Drucks. 19/25322 S. 20 f.). Insbesondere sagt sie auch nichts darüber aus, ob und gegebenenfalls in welcher Form eine Vertragsanpassung erfolgen soll (BeckOGK/Martens [Stand. 1. Oktober 2021] BGB § 313 Rn. 247; BT-Drucks. 19/25322 S. 21).

bb) Für eine Berücksichtigung der Regelungen über die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) ist allerdings grundsätzlich insoweit kein Raum, als es um Erwartungen und um Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen sollen. Eine solche vertragliche Risikoverteilung bzw. Risikoübernahme schließt für die Vertragspartei regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf eine Störung der Geschäftsgrundlage zu berufen (Senatsurteil BGHZ 223, 290 = NJW 2020, 331 Rn. 37 mwN).

Entgegen der Auffassung der Klägerin hat die Beklagte im vorliegenden Fall nicht vertraglich das alleinige Verwendungsrisiko für den Fall einer pandemiebedingten Schließung ihres Einzelhandelsgeschäfts übernommen.

Zwar können die Mietvertragsparteien durch eine entsprechende vertragliche Abrede die Risikoverteilung ändern. Ob das der Fall ist, ist durch Auslegung der getroffenen Vertragsvereinbarungen zu ermitteln. Soweit die Klägerin meint, vorliegend sei in § 5 Nr. 3 des Mietvertrags eine entsprechende Vereinbarung getroffen worden, kann dem jedoch nicht gefolgt werden. Nach ihrem eindeutigen Wortlaut bezieht sich diese Regelung nur auf Mängel- und Schadensersatzansprüche des Mieters. Da Vertragsbestimmungen, mit denen die Mietvertragsparteien die Risikoverteilung abändern wollen, grundsätzlich eng auszulegen sind, kann aus dieser Regelung nicht geschlossen werden, dass die Beklagte über den umfangreichen Verzicht auf mietrechtliche Gewährleistungsansprüche in den von der Vertragsbestimmung erfassten Ereignissen hinaus auch im Fall einer weltweiten Pandemie das alleinige Risiko dafür übernehmen wollte, die Mietsache nicht vertragsgemäß verwenden zu können.

cc) Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte kann auch davon ausgegangen werden, dass die Parteien den Mietvertrag mit einem anderen Inhalt abgeschlossen hätten, wenn sie bei Vertragsschluss im Jahr 2013 die Möglichkeit einer Pandemie und die damit verbundene Gefahr einer hoheitlich angeordneten Betriebsschließung vorausgesehen und bedacht hätten. Es ist anzunehmen, dass redliche Mietvertragsparteien für diesen Fall das damit verbundene wirtschaftliche Risiko nicht einseitig zu Lasten des Mieters geregelt, sondern in dem Vertrag für diesen Fall eine Möglichkeit zur Mietanpassung vorgesehen hätten.

dd) Allein der Wegfall der Geschäftsgrundlage gem. § 313 Abs. 1 BGB berechtigt jedoch noch nicht zu einer Vertragsanpassung. Vielmehr verlangt die Vorschrift als weitere Voraussetzung, dass dem betroffenen Vertragspartner unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Durch diese Formulierung kommt zum Ausdruck, dass nicht jede einschneidende Veränderung der bei Vertragsschluss bestehenden oder gemeinsam erwarteten Verhältnisse eine Vertragsanpassung oder eine Kündigung (§ 313 Abs. 3 BGB) rechtfertigt. Hierfür ist vielmehr erforderlich, dass ein Festhalten an der vereinbarten Regelung für die betroffene Partei zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis führt (Senatsbeschluss vom 3. Dezember 2014 - XII ZB 181/13 - FamRZ 2015, 393 Rn. 19 mwN; BGH Urteil vom 1. Februar 2012 - VIII ZR 307/10 - NJW 2012, 1718 Rn. 30 mwN). Deshalb kommt eine Vertragsanpassung zugunsten des Mieters jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn ihm ein unverändertes Festhalten an der vertraglich vereinbarten Miethöhe unter Abwägung aller Umstände einschließlich der vertraglichen Risikoverteilung zumutbar ist (vgl. BGH Urteil vom 11. Dezember 2019 - VIII ZR 234/18 - NJW-RR 2020, 523 Rn. 20 ff.).

(1) Im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter trägt grundsätzlich der Mieter das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache. Dazu gehört bei der gewerblichen Miete vor allem die Chance, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können (Senatsurteil vom 21. September 2005 - XII ZR 66/03 - NJW 2006, 899, 901). Erfüllt sich die Gewinnerwartung des Mieters aufgrund eines nachträglich eintretenden Umstandes nicht, so verwirklicht sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters. Das gilt auch in Fällen, in denen es durch nachträgliche gesetzgeberische oder behördliche Maßnahmen zu einer Beeinträchtigung des Gewerbebetriebs des Mieters kommt (Senatsurteil vom 13. Juli 2011 - XII ZR 189/09 - NJW 2011, 3151 Rn. 9).

Beruht die enttäuschte Gewinnerwartung des Mieters jedoch auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie wie einer Betriebsschließung für einen gewissen Zeitraum, geht dies über das gewöhnliche Verwendungsrisiko des Mieters hinaus (vgl. OLG München NJW 2021, 948, 951 f.; KG GE 2021, 570, 572; Häublein/Müller NZM 2020, 482, 487; Streyl NZM 2020, 817, 822; Warmuth COVuR 2020, 16; 20; Römermann NJW 2021, 265, 268). Die wirtschaftlichen Nachteile, die ein gewerblicher Mieter aufgrund einer pandemiebedingten Betriebsschließung erlitten hat, beruhen nicht auf unternehmerischen Entscheidungen oder der enttäuschten Vorstellung, in den Mieträumen ein Geschäft betreiben zu können, mit dem Gewinne erwirtschaftet werden. Sie sind vielmehr Folge der umfangreichen staatlichen Eingriffe in das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie, für die keine der beiden Mietvertragsparteien verantwortlich gemacht werden kann. Die Art der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie wurde zudem von dem Ziel bestimmt, menschliche Kontakte aus Gründen des Infektionsschutzes weitgehend zu reduzieren. Die Maßnahmen waren nach epidemiologischen Gesichtspunkten ausgewählt, knüpften dabei aber grundsätzlich weder an spezifische Eigenschaften des vom Mieter geführten Gewerbebetriebs noch an solche des Mietobjekts an (BeckOGK/Martens [Stand: 1. Oktober 2021] BGB § 313 Rn. 246). Durch die COVID-19-Pandemie hat sich damit letztlich ein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht, das von der mietvertraglichen Risikoverteilung ohne eine entsprechende vertragliche Regelung nicht erfasst wird. Diese Systemkrise mit ihren weitreichenden Folgen hat vielmehr zu einer Störung der großen Geschäftsgrundlage geführt. Das damit verbundene Risiko kann regelmäßig keiner Vertragspartei allein zugewiesen werden (KG GE 2021, 570, 572; Häublein/Müller NZM 2020, 482, 487; Römermann NJW 2021, 265, 268). Schließlich ging auch der Gesetzgeber bei der Schaffung des Art. 240 § 7 EGBGB davon aus, dass ohne entsprechende vertragliche Regelungen Belastungen infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie regelmäßig weder der Sphäre des Vermieters noch des Mieters zuzuordnen sind (BT-Drucks. 19/25322 S. 21).

Danach hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass die pandemiebedingte Schließung von Geschäften nicht allein das Verwendungsrisiko der Beklagten betrifft und ihr daher auch nicht einseitig aufgebürdet werden kann.

(2) Auch wenn die mit einer pandemiebedingten Betriebsschließung verbundene Gebrauchsbeeinträchtigung der Mietsache nicht allein dem Verwendungsrisiko des Mieters zugeordnet werden kann, bedeutet dies aber nicht, dass der Mieter stets eine Anpassung der Miete für den Zeitraum der Schließung verlangen kann. Ob dem Mieter ein Festhalten an dem unveränderten Vertrag unzumutbar ist, bedarf auch in diesem Fall einer umfassenden Abwägung, bei der sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind (§ 313 Abs. 1 BGB). Eine pauschale Betrachtungsweise wird den Anforderungen an dieses normative Tatbestandsmerkmal der Vorschrift nicht gerecht. Deshalb kommt eine Vertragsanpassung dahingehend, dass ohne Berücksichtigung der konkreten Umstände die Miete für den Zeitraum der Geschäftsschließung grundsätzlich um die Hälfte herabgesetzt wird, weil das Risiko einer pandemiebedingten Gebrauchsbeschränkung der Mietsache keine der beiden Mietvertragsparteien allein trifft, nicht in Betracht (vgl. auch OLG München NJW 2021, 948, 952; OLG Hamm Urteil vom 24. September 2021 - 30 U 114/21 - juris Rn. 79; OLG Karlsruhe NJW 2021, 945, 947; Klose NZM 2021, 832, 839; a.A. KG GE 2021, 570, 572; OLG Köln NJW-RR 2021, 1218, 1221; Zehelein NZM 2020, 390, 399 f.; Römermann NJW 2021, 265, 269; Säcker/Schubert BB 2020, 2563, 2570; Klimesch/Walther ZMR 2020, 556, 557 f.).

Bei der vorzunehmenden Abwägung ist zunächst von Bedeutung, welche Nachteile dem Mieter durch die Geschäftsschließung und deren Dauer entstanden sind. Diese werden bei einem gewerblichen Mieter primär in einem konkreten Umsatzrückgang für die Zeit der Schließung bestehen, wobei jedoch nur auf das konkrete Mietobjekt und nicht auf einen möglichen Konzernumsatz abzustellen ist (Streyl NZM 2020, 817, 825). Zu berücksichtigen kann auch sein, welche Maßnahmen der Mieter ergriffen hat oder ergreifen konnte, um die drohenden Verluste während der Geschäftsschließung zu vermindern.

Da eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage aber nicht zu einer Überkompensierung der entstandenen Verluste führen darf, sind bei der Prüfung der Unzumutbarkeit grundsätzlich auch die finanziellen Vorteile zu berücksichtigen, die der Mieter aus staatlichen Leistungen zum Ausgleich dieser pandemiebedingten Nachteile erlangt hat (OLG München NJW 2021, 948, 952; OLG Karlsruhe NJW 2021, 945, 946 f.; KG GE 2021, 570, 572; Häublein/Müller NZM 2020, 482, 489; Zehelein NZM 2020, 390, 401; Saxinger ZMR 2020, 1002, 1007 f.; Tölle/Ehrentreich IMR 2021, 178, 179; Klimesch IMR 2021, 47; Güther ZMR 2021, 296 f.). Auch Leistungen einer einstandspflichtigen Betriebsversicherung des Mieters können zu berücksichtigen sein (OLG Frankfurt NZM 2021, 395, 402; Häublein/Müller NZM 2020, 482, 488 f.; vgl. auch den Verhandlungstermin des BGH am 26. Januar 2022 in dem Verfahren IV ZR 144/21). Staatliche Unterstützungsmaßnahmen, die nur auf Basis eines Darlehens gewährt wurden, bleiben hingegen bei der gebotenen Abwägung außer Betracht, weil der Mieter durch sie keine endgültige Kompensation der erlittenen Umsatzeinbußen erreicht (Häublein/Müller NZM 2020, 482, 489). Eine tatsächliche Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Mieters ist dagegen nicht erforderlich (KG GE 2021, 570, 572; OLG Frankfurt NZM 2021, 395, 402; Streyl NZM 2020, 817, 824; Römermann NJW 2021, 265, 268).

Schließlich sind bei der gebotenen Abwägung auch die Interessen des Vermieters in den Blick zu nehmen (vgl. OLG München NJW 2021, 948, 952).

(3) Dabei obliegt es grundsätzlich der Vertragspartei, die sich auf eine Störung der Geschäftsgrundlage beruft, nachzuweisen, dass ihr ein Festhalten am unveränderten Vertrag unzumutbar ist (MünchKommBGB/Finkenauer 8. Aufl. § 313 Rn. 135 mwN). Im Falle einer pandemiebedingten Geschäftsschließung muss daher der Mieter darlegen und gegebenenfalls beweisen, welche Nachteile ihm aus der Betriebsschließung entstanden sind, die ihm eine vollständige Mietzahlung für diesen Zeitraum unzumutbar machen (Saxinger ZMR 2020, 1002, 1007 f.; Tölle/Ehrentreich IMR 2021, 178, 180), und welche zumutbaren Anstrengungen er unternommen hat, um drohende Verluste auszugleichen. Behauptet der Mieter, keine staatlichen Unterstützungsleistungen erhalten zu haben, muss er darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass er sich um mögliche Hilfeleistungen vergeblich bemüht hat. Gelingt ihm dies nicht, muss er sich so behandeln lassen, als hätte er die staatlichen Unterstützungsleistungen erhalten (Häublein/Müller NZM 2020, 481, 489). Wendet hingegen der Vermieter ein, dass die vom Mieter behaupteten Verluste nicht auf der COVID-19-Pandemie beruhen, trifft ihn hierfür die Darlegungs- und Beweislast (BeckOGK/Martens [Stand: 1. Oktober 2021] BGB § 313 Rn. 251).

Auf dieser Grundlage hat das Gericht in tatrichterlicher Verantwortung und unter Berücksichtigung von § 287 ZPO für den konkreten Einzelfall die Voraussetzungen des § 313 BGB festzustellen und gegebenenfalls eine Vertragsanpassung vorzunehmen.

b) Nach diesen Grundsätzen ist die Auffassung des Berufungsgerichts, im vorliegenden Fall sei der Mietvertrag dahingehend anzupassen, dass die Beklagte für die Zeit der Geschäftsschließung nur die hälftige Miete schuldet, nicht frei von Rechtsfehlern.

Das Berufungsgericht hat verkannt, dass die Frage, ob dem Mieter ein Festhalten an dem Vertrag zumutbar ist, auch im Fall einer pandemiebedingten Geschäftsschließung eine konkret auf den Einzelfall bezogene Abwägung aller relevanten Umstände erfordert, die nicht durch eine pauschale Aufteilung der Miete ersetzt werden kann. Deshalb lässt sich die vom Berufungsgericht vorgenommene Absenkung der Kaltmiete um 50 % nicht mit der gegebenen Begründung rechtfertigen, die mit der pandemiebedingten Geschäftsschließung verbundenen Belastungen seien gleichmäßig auf beide Mietvertragsparteien zu verteilen, weil keine der Parteien eine Ursache für die Störung der Geschäftsgrundlage gesetzt habe. Das Berufungsgericht hätte vielmehr tragfähige Feststellungen dazu treffen müssen, welche konkreten wirtschaftlichen Auswirkungen die Geschäftsschließung in dem streitgegenständlichen Zeitraum für die Beklagte hatte und ob diese Nachteile ein Ausmaß erreicht haben, das eine Anpassung des Mietvertrags erforderlich macht. Deshalb durfte das Berufungsgericht es auch nicht dahinstehen lassen, ob die Beklagte für die Zeit der Geschäftsschließung entsprechende staatliche Hilfen erhalten hat oder hätte erhalten können. Die Beklagte hat zwar in den Instanzen vorgetragen, ihr seien keine staatlichen Unterstützungsleistungen zugeflossen. Die Klägerin hat diese Behauptung jedoch - auch noch im Berufungsverfahren - bestritten. Hinzu kommt, dass die Beklagte nur die Miete für April 2020 ausgesetzt und die weiteren Mieten im Jahr 2020 vollständig bezahlt hat. Auch dies hätte für das Berufungsgericht Anlass sein müssen, sich die Frage vorzulegen, ob der durch die Geschäftsschließung entstandene Umsatzrückgang tatsächlich so erheblich war, dass der Beklagten die vollständige Zahlung der Miete für den streitgegenständlichen Zeitraum unzumutbar war.

III.

Die angefochtene Entscheidung ist daher gemäß § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben und die Sache ist nach § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Dose

Klinkhammer

Günter

Botur

Krüger

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

Bundesgerichtshof

Urteil vom 12.01.2022

Az.: XII ZR 8/21

 

Tenor

Auf die Revisionen der Klägerin und der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 24. Februar 2021 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Zahlung von Gewerberaummiete für den Monat April 2020.

Die Parteien schlossen im September 2013 einen Mietvertrag über Gebäude und Parkplätze in S. Die Vermietung erfolgte "ausschließlich zu gewerblichen Zwecken zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts für Textilien aller Art, sowie Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs". Seit dem 1. Januar 2019 beträgt die monatliche Bruttomiete 7.854,00 €. Zusätzlich trägt die Beklagte als Mieterin im Vertrag näher beschriebene Nebenkosten. § 5 Nr. 3 des Mietvertrags enthält folgende Regelung: "Wenn die Gas-, Strom- und Wasserversorgung oder Entwässerung durch einen nicht von dem Vermieter zu vertretenden Umstand unterbrochen wurde oder wenn Überschwemmungen oder sonstige Katastrophen eintreten, steht dem Mieter ein Recht auf Mietminderung oder Schadensersatz nicht zu."

Aufgrund der sich verbreitenden Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19-Pandemie) erließ das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt am 18. März 2020 auf der Grundlage von § 28 Abs. 1 IfSG die "Allgemeinverfügung Vollzug des Infektionsschutzgesetzes Maßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie Verbot von Veranstaltungen", nach deren Ziffer 1 in Sachsen grundsätzlich alle Geschäfte geschlossen wurden, soweit sie nicht unter die in der Allgemeinverfügung ausdrücklich benannten - hier nicht relevanten - Ausnahmen fielen. Diese Allgemeinverfügung trat am 19. März 2020 um 0:00 Uhr in Kraft und wurde ab dem 22. März 2020, 0:00 Uhr von der "Allgemeinverfügung Vollzug des Infektionsschutzgesetzes Maßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie Verbot von Veranstaltungen" des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 20. März 2020 ersetzt, nach deren Ziffer 2, übereinstimmend mit der Allgemeinverfügung vom 18. März 2020, Geschäfte grundsätzlich geschlossen wurden, soweit nicht die in der Allgemeinverfügung vom 20. März 2020 formulierten Ausnahmen eingriffen. Aufgrund der genannten Allgemeinverfügungen war das Textileinzelhandelsgeschäft der Beklagten im Mietobjekt vom 19. März 2020 bis einschließlich 19. April 2020 geschlossen.

Nach entsprechender Ankündigung mit Schreiben vom 24. März 2020 zahlte die Beklagte die Miete für den Monat April 2020 nicht und rechnete gegen die Mietzahlungspflicht für die Zeit vom 20. bis 30. April 2020 mit der aus ihrer Sicht überzahlten Miete für die Zeit vom 19. bis 31. März 2020 auf. Die folgenden Mietzahlungen erbrachte die Beklagte vollständig.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung der Miete für den Monat April 2020 in Höhe von 7.854,00 € nebst Zinsen und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Beklagte - unter Abweisung der Klage im Übrigen - zur Zahlung von 3.720,09 € nebst Zinsen und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verurteilt. Hiergegen wenden sich die Klägerin, die ihr Klagebegehren vollständig weiterverfolgt, und die Beklagte, die nach wie vor Klageabweisung begehrt, mit ihren vom Oberlandesgericht zugelassenen Revisionen.

Gründe

Die Revisionen der Klägerin und der Beklagten sind begründet. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

I.

Das Oberlandesgericht hat seine in ZMR 2021, 476 veröffentlichte Entscheidung wie folgt begründet:

Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, der Anspruch auf Zahlung der Miete als Gegenleistung zur Verpflichtung der Klägerin als Vermieterin zur Überlassung des Gebrauchs der Mieträume sei gemäß § 326 Abs. 1 BGB entfallen. Soweit es um die Gebrauchsuntauglichkeit des Mietobjekts gehe, würden die Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts, zu denen auch diejenigen über die Unmöglichkeit gehörten, von den mietrechtlichen Gewährleistungsregelungen nach §§ 536 ff. BGB verdrängt, wenn das Mietobjekt - wie hier - bereits vom Vermieter an den Mieter überlassen worden sei.

Die Regelung in Art. 240 § 2 EGBGB entfalte keine Sperrwirkung, die eine Anwendung der mietrechtlichen Gewährleistungsvorschriften bei behördlichen Betriebsuntersagungen in Folge der COVID-19-Pandemie ausschließe.

Ein zur Minderung der Miete führender Mietmangel sei durch die staatlich angeordnete Schließung nicht begründet worden. Ohne die staatliche, nicht objektbezogene und von der Klägerin nicht zu beeinflussende Anordnung sei das Mietobjekt uneingeschränkt nutzbar und die Mieträume seien - im Rahmen der Beschränkungen der Corona-Schutzverordnung - frei zugänglich gewesen. Lediglich die von der Beklagten beabsichtigte Verwendung sei - vom Mietobjekt unabhängig - untersagt gewesen. Auch wenn Störungen, die außerhalb der Mietsache liegen, grundsätzlich einen Mangel begründen könnten und für den hier vereinbarten Betrieb eines Textileinzelhandelsgeschäfts die Möglichkeit des Zugangs des Publikums eine Voraussetzung sei, werde dem Vermieter damit nicht das Risiko der objekt- und lageunabhängigen Nutzbarkeit der Mieträume übertragen.

Infolge des Auftretens der COVID-19-Pandemie und der staatlichen Schließungsanordnung aus den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20. März 2020 sei jedoch eine Störung der Geschäftsgrundlage des Mietvertrags i.S.v. § 313 Abs. 1 BGB eingetreten, die eine Anpassung des Vertrags dahin auslöse, dass die Kaltmiete für die Dauer der angeordneten Schließung auf die Hälfte reduziert werde.

Zur Geschäftsgrundlage der Parteien als Vermieterin und Mieterin von Geschäftsräumen für die Nutzung als Textileinzelhandelsgeschäft habe die Vorstellung gehört, dass es nicht zu einer Pandemie mit weitgehender Stilllegung des öffentlichen Lebens infolge pandemiebedingter Nutzungsuntersagungen und -beeinträchtigungen kommen würde. Das Auftreten der Pandemie mit den entsprechenden weitreichenden staatlichen Eingriffen in das wirtschaftliche und soziale Leben bedeute eine schwerwiegende Änderung der für die Vertragslaufzeit vorgestellten Umstände. Damit sei das tatsächliche Element der Störung der Geschäftsgrundlage verwirklicht. Es liege eine Systemkrise und damit ein Fall der Störung der großen Geschäftsgrundlage vor, weil durch sie das allgemeine soziale und wirtschaftliche Gefüge nachhaltig erschüttert worden sei. Ohne dass es hierauf entscheidend ankommen würde, spreche für diese Annahme auch der Inhalt des mit Wirkung vom 31. Dezember 2020 neu geschaffenen Art. 240 § 7 Abs. 1 EGBGB.

Im Rahmen der Störung der großen Geschäftsgrundlage sei das hypothetische Element regelmäßig erfüllt, weil die Parteien den Vertrag dann nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten. Zudem sei zu beachten, dass es sich bei der Änderung der zur Geschäftsgrundlage gehörenden Umstände um sehr wesentliche Rahmenbedingungen für den Betrieb des Textileinzelhandelsgeschäfts der Beklagten gehandelt habe. Daher hätten im maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses verständige und wirtschaftlich denkende Vertragspartner dieses beide gleichermaßen betreffende und nicht zu beeinflussende Risiko nicht einseitig zu Lasten eines Vertragspartners verteilt.

Das normative Element des § 313 Abs. 1 BGB sei ebenfalls erfüllt. Es gehe hier nicht um ein "normales" Risiko der Gebrauchstauglichkeit bzw. der Verwendung des Mietobjekts durch den Mieter, sondern um weitgehende staatliche Eingriffe in das soziale und wirtschaftliche Leben aufgrund einer Pandemie, die als Systemkrise eine Störung der großen Geschäftsgrundlage sei. Das mit der Störung der großen Geschäftsgrundlage verbundene Risiko könne regelmäßig keiner Vertragspartei allein zugewiesen werden. Von der vertraglichen Risikozuweisung werde deshalb dieses von den Vertragsparteien nicht vorhergesehene und die Geschäftsgrundlage des Vertrags betreffende Geschehen nicht erfasst. Das Festhalten am unveränderten Mietvertrag sei der Beklagten nicht zumutbar, weshalb der Mietvertrag nach § 313 Abs. 1 BGB entsprechend anzupassen sei.

Vorliegend sei eine Absenkung der Kaltmiete um 50 % gerechtfertigt, weil keine der Vertragsparteien eine Ursache für die Störung der Geschäftsgrundlage gesetzt oder sie vorhergesehen habe. Es sei demzufolge angemessen, die damit verbundene Belastung gleichmäßig auf beide Parteien zu verteilen. Offenbleiben könne, ob die Zahlung staatlicher Hilfen an einen der Vertragspartner des Mietvertrags zu einer weiteren Anpassung der Höhe der Miete führen würde, weil nicht habe festgestellt werden können, dass die Klägerin oder die Beklagte solche staatlichen Hilfen erhalten habe. Der Klägerin sei auch keine Teilnutzung des Mietobjekts im Sinne eines "Außer-Haus-Verkaufs" bzw. eines entsprechenden Liefer- und Abholservice möglich, wie dies etwa bei Gaststätten erlaubt gewesen sei.

Dies führe dazu, dass die Beklagte für den Monat April 2020 anstelle der vertraglich vereinbarten Miete von 7.854,00 € nur 5.366,90 € zahlen müsse, während sie für den Monat März 2020 6.207,19 € zu zahlen gehabt hätte, also mit ihrer vollständigen Mietzahlung die Miete in Höhe von 1.646,81 € überzahlt habe. In dieser Höhe habe die Beklagte hilfsweise die Aufrechnung gegen die Forderung der Klägerin auf Zahlung der Miete für April 2020 erklärt, so dass sich im Ergebnis der Anspruch der Klägerin von 5.366,90 € auf 3.720,09 € reduziere.

II.

Diese Ausführungen halten in einem wesentlichen Punkt der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass die Anwendbarkeit der mietrechtlichen Gewährleistungsvorschriften und der Regelungen des allgemeinen schuldrechtlichen Leistungsstörungsrechts, insbesondere des § 313 Abs. 1 BGB, nicht durch Art. 240 § 2 EGBGB, mit dem die Kündigungsmöglichkeit des Vermieters wegen eines coronabedingten Zahlungsverzugs des Mieters ausgesetzt wurde, ausgeschlossen ist.

a) Zwar wird in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum teilweise die Auffassung vertreten, der Gesetzgeber habe mit Einführung dieser Vorschrift durch Art. 5 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27. März 2020 (BGBl. I S. 569) eine Sonderregelung getroffen, mit der die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Rechte und Pflichten von Mietvertragsparteien abschließend geregelt werden sollten (vgl. Jung BB 2021, 329, 331 f.; Klimesch/Walther ZMR 2020, 556, 557; LG München II Urteil vom 6. Oktober 2020 - 13 O 2044/20 - BeckRS 2020, 34263). Die überwiegende Auffassung lehnt mit dem Berufungsgericht eine entsprechende Sperrwirkung des Art. 240 § 2 EGBGB hingegen ab (ebenso OLG München NJW 2021, 948, 950; KG GE 2021, 570, 572; OLG Frankfurt NZM 2021, 395, 396 f.; LG Mönchengladbach Urteil vom 2. November 2020 - 12 O 154/20 - BeckRS 2020, 30731 Rn. 39; LG München I Urteil vom 25. Januar 2021 - 31 O 7743/20 - BeckRS 2021, 453 Rn. 53 ff.; MünchKommBGB/Häublein 8. Aufl. EGBGB Art. 240 § 2 Rn. 6; BeckOGK/Martens [Stand: 1. Oktober 2021] BGB § 313 Rn. 239; BeckOGK/Geib [Stand: 1. Oktober 2021] EGBGB Art. 240 § 2 Rn. 18 und 20; BeckOK BGB/Wiederhold [Stand: 1. August 2021] EGBGB Art. 240 § 2 Rn. 10; Brinkmann/Thüsing NZM 2021, 5, 9 f.; Herlitz NJ 2021, 56, 58; Zehelein NZM 2020, 390, 401; Streyl NZM 2020, 817, 823; Warmuth COVuR 2020, 16, 17; Klose NZM 2021, 832 f.).

b) Die letztgenannte Auffassung trifft zu. Entgegen der Ansicht der Klägerin lässt sich weder aus dem Wortlaut der Vorschrift noch aus der Gesetzesbegründung schließen, dass der Gesetzgeber mit Einführung des Art. 240 § 2 EGBGB die Folgen, die sich aus den umfangreichen hoheitlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie insbesondere für gewerbliche Mietverhältnisse ergeben können, abschließend regeln wollte.

aa) Nach seinem eindeutigen Wortlaut enthält Art. 240 § 2 Abs. 1 Satz 1 EGBGB nur eine Beschränkung des Kündigungsrechts des Vermieters, sofern die Nichtleistung der vom Mieter geschuldeten Mietzahlung allein auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Die Vorschrift geht daher davon aus, dass - anders als bei den in Art. 240 § 1 EGBGB genannten Dauerschuldverhältnissen - die Verpflichtung des Mieters zur Mietzahlung grundsätzlich weiter bestehen bleibt. Regelungen zur Höhe der Miete oder zu sonstigen Auswirkungen der Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung auf die Verpflichtung des Mieters zur Mietzahlung enthält die Vorschrift jedoch nicht. Auch aus der zeitlichen Beschränkung des Kündigungsausschlusses bis zum 30. Juni 2022 in Art. 240 § 2 Abs. 4 EGBGB kann nicht darauf geschlossen werden, dass der Gesetzgeber für die Zahlungspflicht des Mieters eine abschließende Regelung treffen wollte. Die Vorschrift zeigt zwar ebenfalls, dass das Gesetz grundsätzlich von einer fortbestehenden Zahlungspflicht des Mieters ausgeht. Ob der Mieter in dem maßgeblichen Zeitraum jedoch die volle vereinbarte Miete schuldet, folgt daraus nicht.

bb) Auch der Gesetzeszweck lässt nicht darauf schließen, dass Art. 240 § 2 EGBGB eine abschließende Sonderregelung darstellt, die der Anwendbarkeit der mietrechtlichen Gewährleistungsvorschriften und der Regelungen des allgemeinen schuldrechtlichen Leistungsstörungsrechts entgegensteht.

Zum Zeitpunkt des Erlasses des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27. März 2020 (BGBl. I S. 569) sah der Gesetzgeber die Gefahr, dass es aufgrund der umfangreichen behördlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus im März 2020 zu erheblichen Einkommensverlusten bei einer Vielzahl von Menschen kommt, wodurch diese bis zur Aufhebung der Maßnahmen nicht oder nur eingeschränkt in der Lage sein könnten, ihre laufenden Verbindlichkeiten zu begleichen. Dieses Problem sollte dadurch gelöst werden, dass für den Bereich des Zivilrechts ein Moratorium für die Erfüllung bestimmter vertraglicher Ansprüche aus Dauerschuldverhältnissen eingeführt werden sollte, das betroffenen Verbrauchern und Kleinstunternehmern, die wegen der COVID-19-Pandemie ihre vertraglich geschuldeten Leistungen nicht erbringen können, im Zeitraum bis zum 30. Juni 2020 einen Zahlungsaufschub gewährt (BT-Drucks. 19/18110 S. 1). Entgegen diesem in Art. 240 § 1 EGBGB niedergelegten Grundsatz hat der Gesetzgeber im Bereich des Mietrechts hingegen von einem Leistungsverweigerungsrecht des Mieters abgesehen und nur das Recht des Vermieters zur Kündigung von Mietverhältnissen wegen Zahlungsverzugs eingeschränkt, sofern Mietschulden aus dem Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruhen. Die Verpflichtung der Mieter zur Zahlung der Miete sollte jedoch im Grundsatz bestehen bleiben (BT-Drucks. 19/18119 S. 35).

Zweck der gesetzlichen Regelung war es, Mieter und Pächter vor dem Verlust ihres Lebensmittelpunkts und ihrer Existenzgrundlage zu schützen, wenn diese unverschuldet durch die Pandemie in Zahlungsverzug geraten sollten. Hätte der Gesetzgeber mit der Einführung von Art. 240 § 2 EGBGB tatsächlich eine abschließende Regelung im Hinblick auf die Auswirkungen der Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung treffen wollen, würde sich die Vorschrift jedoch zum Nachteil des gewerblichen Mieters auswirken. Denn dieser wäre auch dann, wenn er die von ihm angemieteten Gewerberäume aufgrund einer hoheitlichen Betriebsschließungsanordnung nicht entsprechend seinem Geschäftszweck nutzen kann, stets zur Zahlung der vollständigen Miete verpflichtet. Das Risiko, während der Pandemie die Mietsache nicht oder nur eingeschränkt nutzen zu können, wäre damit vollständig auf den Mieter verlagert. Art. 240 § 2 EGBGB, der erkennbar dem Mieterschutz dienen sollte, würde dadurch zu einer Vorschrift, die letztlich dem Schutz des Vermieters dient, dem unabhängig von den Auswirkungen der Pandemiebekämpfungsmaßnahmen auf die Nutzbarkeit des Mietobjekts der Anspruch auf vollständige Miete erhalten bliebe (ähnlich auch BeckOK BGB/Wiederhold [Stand: 1. August 2021] EGBGB Art. 240 § 2 Rn. 10; BeckOGK/Martens [Stand: 1. Oktober 2021] BGB § 313 Rn. 240). Dafür, dass der Gesetzgeber eine solche weitreichende Regelung dahin, dass der Mieter während der COVID-19-Pandemie das Verwendungsrisiko allein zu tragen hat, treffen wollte, bestehen keine Anhaltspunkte. Dagegen spricht auch die Kürze der Zeit, in der dieses Gesetzgebungsvorhaben umgesetzt worden ist (vgl. OLG Frankfurt NZM 2021, 395, 397; MünchKommBGB/Häublein 8. Aufl. Art. 240 § 2 EGBGB Rn. 6; Zehelein NJW 2020, 1169, 1172). Mithin hat der Gesetzgeber nur das von ihm als dringlich identifizierte Problem, dass Mieter von Wohn- und Geschäftsräumen aufgrund der zu erwartenden negativen wirtschaftlichen Auswirkungen ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen und deshalb die angemieteten Räumlichkeiten verlieren könnten, schnell einer vorübergehenden Lösung zuführen und die Stellung der Mieter im Hinblick auf die Kündbarkeit des Mietverhältnisses verbessern wollen.

cc) Schließlich lassen sich auch der Gesetzesbegründung keine ausreichenden Hinweise dafür entnehmen, dass der Gesetzgeber die Auswirkung der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie auf Mietverhältnisse abschließend regeln wollte. Zwar ist an mehreren Stellen der Gesetzesbegründung ausgeführt, dass der Mieter grundsätzlich zur Leistung der Miete verpflichtet bleibt (vgl. BT-Drucks. 19/18110 S. 4, 35 f.). Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass ihm damit jede Möglichkeit genommen werden sollte, Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf sein Mietverhältnis und insbesondere auf die Höhe der geschuldeten Miete nach allgemeinen Grundsätzen geltend machen zu können (vgl. Streyl NZM 2020, 817, 823; BeckOGK/Martens [Stand: 1. Oktober 2021] BGB § 313 Rn. 240.2). Zum einen enthält die Gesetzesbegründung den Hinweis, dass die Mieter "nach allgemeinen Grundsätzen zur Leistung verpflichtet" bleiben (BT-Drucks. 19/18110 S. 35). Dies deutet bereits darauf hin, dass die allgemeinen Regelungen des mietrechtlichen Gewährleistungsrechts und des allgemeinen Schuldrechts weiterhin Anwendung finden sollen (a.A. Jung BB 2021, 329, 331). Zum anderen lassen sich diese Formulierungen auch mit der unterschiedlichen Behandlung von Miet- und Pachtverhältnissen gegenüber anderen Dauerschuldverhältnissen im Gesetz erklären. Denn mit dem Hinweis, dass die Verpflichtung des Mieters zur Mietzahlung bestehen bleibt, wird in der Gesetzesbegründung deutlich gemacht, dass dem Mieter, abweichend von der Grundregel des Art. 240 § 1 EGBGB für andere Dauerschuldverhältnisse, kein zeitlich begrenztes Leistungsverweigerungsrecht eingeräumt, sondern nur die Kündigungsmöglichkeit des Vermieters wegen Zahlungsverzugs eingeschränkt wird (BT-Drucks. 19/18110 S. 35 f.). Zur Höhe der geschuldeten Miete verhält sich die Gesetzesbegründung jedoch ebenso wenig wie zu der Frage, welche sonstigen rechtlichen Auswirkungen die pandemiebedingten Beschränkungen des Wirtschaftslebens insbesondere auf gewerbliche Mietverhältnisse haben sollen. Letztlich wird in der Gesetzesbegründung als Gesetzeszweck allein die Bestandssicherung des Mietverhältnisses genannt.

2. Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Miete in dem streitgegenständlichen Zeitraum nicht nach § 536 Abs. 1 BGB gemindert war, weil die auf den Allgemeinverfügungen des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. und 20. März 2020 beruhende Betriebsschließung nicht zu einem Mangel des Mietgegenstands i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB geführt hat.

a) Ob eine staatlich angeordnete Geschäftsschließung wegen der COVID-19-Pandemie einen Mangel der Mietsache darstellt, ist umstritten. Teilweise wird dies mit der Begründung bejaht, die Schließungsanordnung knüpfe unmittelbar an das Mietobjekt und dessen Lage im Epidemiegebiet an und beziehe sich daher nicht auf die persönlichen oder betrieblichen Umstände des Mieters (vgl. OLG Nürnberg MDR 2021, 56; LG Kaiserlautern Urteil vom 13. April 2021 - 4 O 284/20 - juris; Jauernig/Teichmann BGB 18. Aufl. § 536 Rn. 12a; BeckOGK/Geib [Stand: 1. Oktober 2021] EGBGB Art. 240 § 2 Rn. 16; Selk NZM 2021, 369, 374 ff.; Sentek/Ludley NZM 2020, 406, 410; Krepold WM 2020, 726, 729 ff.; Säcker/Schubert BB 2020, 2563).

Die überwiegende Auffassung in der Rechtsprechung und im Schrifttum lehnt hingegen das Vorliegen eines Mangels i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB ab (vgl. OLG München NJW 2021, 948, 949; OLG Karlsruhe NJW 2021, 945 f.; KG GE 2021, 570, 571; OLG Schleswig NZM 2021, 605, 607; OLG Frankfurt NZM 2021, 395, 397 f.; Butenberg/Drasdo/Först/Hannemann/Heilmann NZM 2020, 493, 497; Häublein/Müller NZM 2020, 481, 484 f.; Leo/Götz NZM 2020, 402, 403; Zehelein NZM 2020, 390, 392 ff.; Sittner NJW 2020, 1169, 1171; Sachsinger ZMR 2020, 1002 ff.; Gerlach/Manzke ZMR 2020, 551, 554; Klimesch/Walther ZMR 2020, 353, 354; Both in Zehelein Miete in Zeiten von Corona § 3 Rn. 18 ff.; Klose NZM 2021, 832, 833 f.). Zur Begründung wird überwiegend darauf abgestellt, dass eine pandemiebedingte Betriebsuntersagung ein Gebrauchshindernis darstelle, das nicht auf Beschaffenheit, Zustand oder Lage der Mietsache beruhe, sondern allein das Verwendungsrisiko des Mieters betreffe.

b) Die letztgenannte Meinung trifft im Ergebnis zu. Die behördliche Untersagung der Öffnung der Filiale der Beklagten stellt keinen Mangel der Mietsache i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB dar.

aa) Unter einem Mangel i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustands der Mietsache von dem vertraglich geschuldeten zu verstehen, wobei sowohl tatsächliche Umstände als auch rechtliche Verhältnisse in Bezug auf die Mietsache als Mangel in Betracht kommen können. Öffentlich-rechtliche Gebrauchshindernisse und Gebrauchsbeschränkungen, die dem vertragsgemäßen Gebrauch eines Mietobjekts entgegenstehen, begründen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allerdings nur dann einen Sachmangel im Sinne der §§ 536 ff. BGB, wenn sie auf der konkreten Beschaffenheit der Mietsache beruhen und nicht in persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters ihre Ursache haben (Senatsurteil vom 2. November 2016 - XII ZR 153/15 - NJW 2017, 1104 Rn. 15 mwN).

Ergeben sich aufgrund von gesetzgeberischen Maßnahmen erst während eines laufenden Mietverhältnisses Beeinträchtigungen des vertragsmäßigen Gebrauchs eines gewerblichen Mietobjekts, kann auch dies einen Mangel i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB begründen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die durch die gesetzgeberische Maßnahme bewirkte Gebrauchsbeschränkung unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage des Mietobjekts in Zusammenhang steht. Andere gesetzgeberische Maßnahmen, die den geschäftlichen Erfolg beeinträchtigen, fallen dagegen in den Risikobereich des Mieters. Denn der Vermieter von Gewerberäumen ist gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB lediglich verpflichtet, den Mietgegenstand während der Vertragslaufzeit in einem Zustand zu erhalten, der dem Mieter die vertraglich vorgesehene Nutzung ermöglicht. Das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache trägt bei der Gewerberaummiete dagegen grundsätzlich der Mieter. Dazu gehört vor allem das Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können. Erfüllt sich die Gewinnerwartung des Mieters aufgrund eines nachträglich eintretenden Umstandes nicht, so verwirklicht sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters. Das gilt auch in Fällen, in denen es durch nachträgliche gesetzgeberische oder behördliche Maßnahmen zu einer Beeinträchtigung des Gewerbebetriebs des Mieters kommt (Senatsurteil vom 13. Juli 2011 - XII ZR 189/09 - NJW 2011, 3151 Rn. 8 f. mwN).

bb) Auf dieser rechtlichen Grundlage führt die auf den Allgemeinverfügungen des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. und 20. März 2020 beruhende Schließung des Einzelhandelsgeschäfts der Beklagten nicht zu einem Mangel der Mietsache i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB, weil die mit der Schließungsanordnung zusammenhängende Gebrauchsbeschränkung nicht auf der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der Mietsache beruht, sondern an den Geschäftsbetrieb der Beklagten als Mieterin anknüpft.

(1) Durch Ziffer 1 der Allgemeinverfügung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. März 2020 wurde mit Wirkung zum 19. März 2020 im gesamten Freistaat Sachsen die Schließung aller Geschäfte und Einrichtungen angeordnet, die nicht der Grundversorgung der Bevölkerung dienen. Damit sollte die dynamische Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus eingedämmt werden, um die besonders vulnerablen Personengruppen vor einer Ansteckung mit dem neuartigen Virus zu schützen und eine Überlastung des Gesundheitswesens zu verhindern. Da eine besonders hohe Ansteckungsgefahr dort gesehen wurde, wo es zu einem Zusammentreffen einer Vielzahl von Menschen kommt, sollte durch die Schließung aller Geschäfte und Einrichtungen, die nicht der täglichen Daseinsvorsorge dienen, eine deutliche Reduzierung menschlicher Kontakte erreicht werden (vgl. Allgemeinverfügung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. März 2020, S. 4).

Die mit der Schließungsanordnung verbundene Gebrauchsbeschränkung der Beklagten beruhte damit nicht auf der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage des Mietobjekts. Die behördlich angeordnete Geschäftsschließung knüpft allein an die Nutzungsart und den sich daraus ergebenden Publikumsverkehr an, der die Gefahr einer verstärkten Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus begünstigt und der aus Gründen des Infektionsschutzes untersagt werden sollte. Durch die Allgemeinverfügung wird jedoch weder der Beklagten die Nutzung der angemieteten Geschäftsräume im Übrigen noch der Klägerin tatsächlich oder rechtlich die Überlassung der Mieträumlichkeiten verboten. Das Mietobjekt stand daher trotz der Schließungsanordnung weiterhin für den vereinbarten Mietzweck zur Verfügung.

(2) Eine Mangelhaftigkeit der Mietsache lässt sich auch nicht damit begründen, dass durch die behördliche Schließungsanordnung faktisch der Zugang zu den Mieträumen für potentielle Kunden der Beklagten verhindert oder beschränkt war. Zwar ist der ungehinderte Zugang zu den Mieträumen gerade bei der Vermietung von Gewerberäumen Voraussetzung für eine vertragsgemäße Nutzung des Mietobjekts, wenn das dort betriebene Gewerbe auf Kundenverkehr angewiesen ist. Eine Zugangsbehinderung kann daher einen Mangel i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB darstellen (vgl. Schmidt-Futterer/Eisenschmid Mietrecht 15. Aufl. § 536 BGB Rn. 210 mwN). Um eine Ausuferung des Mangelbegriffs zu verhindern, ist aber Voraussetzung hierfür, dass die Zugangsbeschränkung unmittelbar mit der Lage oder der Beschaffenheit des Mietobjekts in Verbindung steht. Dies kann etwa der Fall sein, wenn durch Baumaßnahmen der öffentlichen Hand im Umfeld des Mietobjekts der Zugang zu den Mieträumen erschwert ist (vgl. Schmidt-Futterer/Eisenschmid Mietrecht 15. Aufl. § 536 BGB Rn. 210 mwN). Im vorliegenden Fall beruht die Zugangsbeeinträchtigung jedoch nicht auf der konkreten baulichen Gegebenheit der Mietsache, sondern auf einer hoheitlichen Maßnahme, die flächendeckend für alle im gesamten Bereich des Freistaats Sachsen liegenden Geschäfte ein Öffnungsverbot anordnete, die nicht zu den in den Allgemeinverfügungen genannten Ausnahmen zählen. Auf die konkreten Umfeldbedingungen kam es dabei nicht an. Deshalb ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch die Belegenheit des Mietobjekts im Pandemiegebiet für die Einordnung als Mangel ohne Bedeutung (vgl. OLG München NJW 2021, 948, 949).

(3) Das Vorliegen eines Mangels i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt sich auch nicht daraus, dass die Mietvertragsparteien im vorliegenden Fall als Mietzweck die "Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts für Textilien aller Art, sowie Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs" vereinbart haben. Der Umfang der mit der Vereinbarung eines Mietzwecks übernommenen Leistungspflicht des Vermieters ist grundsätzlich durch Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont aus Sicht eines Mieters gemäß §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Ohne besondere Umstände, die hier nicht vorgetragen wurden, gehören nur rechtliche Umstände, die die körperliche Beschaffenheit, den Zustand oder die Lage der Mietsache betreffen oder Einfluss auf sie haben, zu der vom Vermieter geschuldeten Leistung (vgl. Streyl NZM 2020, 817, 819). Für öffentlich-rechtliche Gebrauchsbeschränkungen, Verbote oder Gebrauchshindernisse, die sich aus betriebsbezogenen Umständen ergeben oder in der Person des Mieters ihre Ursache haben, hat der Vermieter hingegen ohne eine anderslautende Vereinbarung nicht einzustehen (vgl. Günter NZM 2016, 569, 570). Ein redlicher Mieter darf daher das Leistungsversprechen seines Vermieters im Zweifel nicht dahin verstehen, dieser wolle ihm die vereinbarte Nutzung unter allen erdenklichen Umständen gewährleisten (Häublein/Müller NZM 2020, 481, 484). Deshalb konnte im vorliegenden Fall die Beklagte nicht davon ausgehen, dass die Klägerin mit der Vereinbarung des konkreten Mietzwecks eine unbedingte Einstandspflicht auch für den Fall einer hoheitlich angeordneten Öffnungsuntersagung im Falle einer Pandemie übernehmen wollte (vgl. OLG München NJW 2021, 948, 949).

(4) Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich ein Mangel der Mietsache im Falle der pandemiebedingten Schließung von gewerblich genutzten Mieträumen auch nicht aus der Rechtsprechung des Reichsgerichts.

Zwar hat das Reichsgericht (RGZ 87, 277, 280; 89, 203, 205) in Fällen, in denen die Durchführung von Tanzveranstaltungen wegen des Ersten Weltkriegs polizeilich untersagt worden war, für eine gepachtete Gastwirtschaft, in der vorwiegend Tanzveranstaltungen durchgeführt wurden, das Vorliegen eines Mangels bejaht. Nach Auffassung des Reichsgerichts hat das polizeiliche Tanzverbot den Pachtgegenstand selbst betroffen. Denn dieser sei der Eigenschaft einer Tanzwirtschaft beraubt worden und deshalb mit einem die Tauglichkeit zu der vertragsgemäßen Nutzung mindernden Fehler i.S.v. § 537 BGB a. F. behaftet.

Diese Rechtsprechung kann auf den vorliegenden Fall indes nicht übertragen werden, weil ihr noch ein anderes Verständnis des mietrechtlichen Mangelbegriffs zugrunde lag (vgl. OLG Frankfurt NZM 2021, 395, 397 f.). Zwischenzeitlich hat der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung zum Vorliegen eines Mangels i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB insbesondere bei öffentlich-rechtlichen Gebrauchsbeschränkungen fortentwickelt und hierbei gerade im Bereich der Vermietung von Gewerberäumen verstärkt die grundsätzliche Risikoverteilung zwischen Vermieter und Mieter in den Blick genommen (vgl. Senatsurteil vom 13. Juli 2011 - XII ZR 189/09 - NJW 2011, 3151 Rn. 9 mwN). Hinzu kommt, dass das Reichsgericht die Grundsätze über die Störung der Geschäftsgrundlage, über die ein interessengerechter Ausgleich zwischen den Mietvertragsparteien bei Einschränkung der Nutzbarkeit der Mietsache infolge von höherer Gewalt wie Kriegsereignissen oder einer weltweiten Pandemie erreicht werden kann, erst zu einem späteren Zeitpunkt entwickelt hat (vgl. RGZ 100, 129, 132 f.; MünchKommBGB/Finkenauer 8. Aufl. § 313 Rn. 23 mwN; Streyl NZM 2020, 817, 819).

3. Die Beklagte ist auch nicht deshalb von ihrer Verpflichtung zur Mietzahlung befreit, weil der Klägerin ihre vertraglich geschuldete Leistung zur Überlassung und Erhaltung der Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand ganz oder teilweise unmöglich gewesen wäre (§§ 326 Abs. 1, 275 Abs. 1 BGB). Dabei kann dahinstehen, ob diese Regelungen auch dann nach der Überlassung der Mietsache an den Mieter nicht mehr anwendbar und von den speziellen Regelungen des mietrechtlichen Gewährleistungsrechts (§§ 536 ff. BGB) verdrängt werden, wenn die Mietsache - wie hier - keinen Mangel aufweist (vgl. dazu MünchKommBGB/Häublein 8. Aufl. Vor § 536 Rn. 7; BeckOGK/Bieber [Stand: 1. April 2021] § 536 BGB Rn. 9; Staudinger/V. Emmerich BGB [2021] Vorb. zu §§ 536 ff. Rn. 5). Wie bereits ausgeführt, war es der Klägerin während des streitgegenständlichen Zeitraums trotz der behördlichen Schließungsanordnung nicht unmöglich, der Beklagten den Gebrauch der Mietsache entsprechend dem vereinbarten Mietzweck zu gewähren. Die Klägerin hat daher auch während der Zeit der Betriebsschließung die von ihr gemäß § 535 Abs. 1 BGB geschuldete Leistung erbracht. Eine Einstandspflicht für den Fall einer hoheitlich angeordneten Öffnungsuntersagung im Falle einer Pandemie hatte sie nicht übernommen.

4. Im Fall einer Geschäftsschließung, die auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie beruht, kommt allerdings ein Anspruch des Mieters von gewerblich genutzten Räumen auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB in Betracht. Dies hat das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend erkannt; seine Erwägungen zu einer möglichen Vertragsanpassung sind jedoch nicht frei von Rechtsfehlern.

a) Gemäß § 313 Abs. 1 BGB kann eine Anpassung des Vertrags verlangt werden, wenn sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten. Dabei kann eine Anpassung nur insoweit verlangt werden, als dem einen Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

aa) Durch die COVID-19-Pandemie und die damit verbundenen weitreichenden Beschränkungen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens hat sich die Geschäftsgrundlage für den zwischen den Parteien abgeschlossenen Mietvertrag schwerwiegend geändert.

(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird die Geschäftsgrundlage eines Vertrags durch die bei Vertragsabschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen der Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände gebildet, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut (vgl. BGH Urteil vom 1. Dezember 2012 - VIII ZR 307/10 - NJW 2012, 1718 Rn. 26 mwN).

Unstreitig hatte keine der Parteien bei Abschluss des Mietvertrags im Jahr 2013 die Vorstellung, während der vereinbarten Mietzeit werde es zu einer Pandemie und damit verbundenen erheblichen hoheitlichen Eingriffen in den Geschäftsbetrieb der Beklagten kommen, durch die die beabsichtigte Nutzung der Mieträume eingeschränkt wird. Aufgrund der vielfältigen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie wie Geschäftsschließungen, Kontakt- und Zugangsbeschränkungen und der damit verbundenen massiven Auswirkungen auf das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben in Deutschland während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 ist im vorliegenden Fall die sogenannte große Geschäftsgrundlage betroffen. Darunter versteht man die Erwartung der vertragschließenden Parteien, dass sich die grundlegenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen eines Vertrags nicht etwa durch Revolution, Krieg, Vertreibung, Hyperinflation oder eine (Natur-)Katastrophe ändern und die Sozialexistenz nicht erschüttert werde (MünchKommBGB/Finkenauer 8. Aufl. § 313 Rn. 17; Palandt/Grüneberg BGB 80. Aufl. § 313 Rn. 5; OLG München NJW 2021, 948, 949 f.; KG GE 2021, 570, 572; OLG Frankfurt NZM 2021, 395; Häublein/Müller NZM 2020, 482, 486 f.; Zehelein NZM 2020, 390, 398; Streyl NZM 2020, 817, 821; Warmuth COVuR 2020, 16, 18). Diese Erwartung der Parteien wurde dadurch schwerwiegend gestört, dass die Beklagte aufgrund der zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie erlassenen Allgemeinverfügungen des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. März 2020 und 20. März 2020 ihr Geschäftslokal in der Zeit vom 19. März 2020 bis einschließlich 19. April 2020 schließen musste.

(2) Dafür, dass bei einer zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie behördlich angeordneten Betriebsschließung die tatsächliche Voraussetzung des § 313 Abs. 1 Satz 1 BGB einer schwerwiegenden Störung der Geschäftsgrundlage erfüllt ist, spricht auch die durch Art. 10 des Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Patentrecht vom 22. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3328) eingefügte Vorschrift des Art. 240 § 7 EGBGB. Danach wird vermutet, dass sich ein Umstand im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat, wenn vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar sind (vgl. Klose NZM 2021, 832, 835).

Zwar wird im Schrifttum vereinzelt die Auffassung vertreten, die Vorschrift, die zum 31. Dezember 2020 in Kraft getreten ist (vgl. Art. 14 Abs. 2 des Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Patentrecht vom 22. Dezember 2020), entfalte eine echte Rückwirkung und könne deshalb auf Sachverhalte, die zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens abgeschlossen waren, nicht angewendet werden (Klimesch IMR 2021, 47 f.).

In der Gesetzesbegründung ist jedoch ausgeführt, dass die Vorschrift auch auf zurückliegende Sachverhalte anwendbar sein soll (BT-Drucks. 19/25322 S. 24). Auch in Rechtsprechung und Literatur wird die Auffassung vertreten, dass die Vorschrift auf Sachverhalte anwendbar ist, die zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens abgeschlossen waren, über die aber noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist (OLG Karlsruhe NJW 2021, 945; BeckOGK/Siegmund [Stand. 1. Oktober 2021] EGBGB Art. 240 § 7 Rn. 15; Blatt/Stobbe IMR 2021, 45). Diese Streitfrage kann jedoch dahinstehen. Art. 240 § 7 EGBGB hat nur einen eng begrenzten Regelungsgehalt. Die Vorschrift beschränkt sich auf die Vermutung, dass bei Mietverträgen über gewerblich genutzte Räumlichkeiten Gebrauchsbeschränkungen infolge von staatlich angeordneten Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie zu einer schwerwiegenden Störung der Geschäftsgrundlage führen. Der Regelungsgehalt der Vorschrift bezieht sich damit nur auf das reale Element des § 313 Abs. 1 BGB (BT-Drucks. 19/25322 S. 20), das in den Fällen einer Störung der großen Geschäftsgrundlage ohnehin unproblematisch erfüllt ist. Zu den weiteren Voraussetzungen für eine Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage verhält sich die Vorschrift nicht (BT-Drucks. 19/25322 S. 20 f.). Insbesondere sagt sie auch nichts darüber aus, ob und gegebenenfalls in welcher Form eine Vertragsanpassung erfolgen soll (BeckOGK/Martens [Stand. 1. Oktober 2021] BGB § 313 Rn. 247; BT-Drucks. 19/25322 S. 21).

bb) Für eine Berücksichtigung der Regelungen über die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) ist allerdings grundsätzlich insoweit kein Raum, als es um Erwartungen und um Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen sollen. Eine solche vertragliche Risikoverteilung bzw. Risikoübernahme schließt für die Vertragspartei regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf eine Störung der Geschäftsgrundlage zu berufen (Senatsurteil BGHZ 223, 290 = NJW 2020, 331 Rn. 37 mwN).

Entgegen der Auffassung der Klägerin hat die Beklagte im vorliegenden Fall nicht vertraglich das alleinige Verwendungsrisiko für den Fall einer pandemiebedingten Schließung ihres Einzelhandelsgeschäfts übernommen.

Zwar können die Mietvertragsparteien durch eine entsprechende vertragliche Abrede die Risikoverteilung ändern. Ob das der Fall ist, ist durch Auslegung der getroffenen Vertragsvereinbarungen zu ermitteln. Soweit die Klägerin meint, vorliegend sei in § 5 Nr. 3 des Mietvertrags eine entsprechende Vereinbarung getroffen worden, kann dem jedoch nicht gefolgt werden. Nach ihrem eindeutigen Wortlaut bezieht sich diese Regelung nur auf Mängel- und Schadensersatzansprüche des Mieters. Da Vertragsbestimmungen, mit denen die Mietvertragsparteien die Risikoverteilung abändern wollen, grundsätzlich eng auszulegen sind, kann aus dieser Regelung nicht geschlossen werden, dass die Beklagte über den umfangreichen Verzicht auf mietrechtliche Gewährleistungsansprüche in den von der Vertragsbestimmung erfassten Ereignissen hinaus auch im Fall einer weltweiten Pandemie das alleinige Risiko dafür übernehmen wollte, die Mietsache nicht vertragsgemäß verwenden zu können.

cc) Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte kann auch davon ausgegangen werden, dass die Parteien den Mietvertrag mit einem anderen Inhalt abgeschlossen hätten, wenn sie bei Vertragsschluss im Jahr 2013 die Möglichkeit einer Pandemie und die damit verbundene Gefahr einer hoheitlich angeordneten Betriebsschließung vorausgesehen und bedacht hätten. Es ist anzunehmen, dass redliche Mietvertragsparteien für diesen Fall das damit verbundene wirtschaftliche Risiko nicht einseitig zu Lasten des Mieters geregelt, sondern in dem Vertrag für diesen Fall eine Möglichkeit zur Mietanpassung vorgesehen hätten.

dd) Allein der Wegfall der Geschäftsgrundlage gem. § 313 Abs. 1 BGB berechtigt jedoch noch nicht zu einer Vertragsanpassung. Vielmehr verlangt die Vorschrift als weitere Voraussetzung, dass dem betroffenen Vertragspartner unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Durch diese Formulierung kommt zum Ausdruck, dass nicht jede einschneidende Veränderung der bei Vertragsschluss bestehenden oder gemeinsam erwarteten Verhältnisse eine Vertragsanpassung oder eine Kündigung (§ 313 Abs. 3 BGB) rechtfertigt. Hierfür ist vielmehr erforderlich, dass ein Festhalten an der vereinbarten Regelung für die betroffene Partei zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis führt (Senatsbeschluss vom 3. Dezember 2014 - XII ZB 181/13 - FamRZ 2015, 393 Rn. 19 mwN; BGH Urteil vom 1. Februar 2012 - VIII ZR 307/10 - NJW 2012, 1718 Rn. 30 mwN). Deshalb kommt eine Vertragsanpassung zugunsten des Mieters jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn ihm ein unverändertes Festhalten an der vertraglich vereinbarten Miethöhe unter Abwägung aller Umstände einschließlich der vertraglichen Risikoverteilung zumutbar ist (vgl. BGH Urteil vom 11. Dezember 2019 - VIII ZR 234/18 - NJW-RR 2020, 523 Rn. 20 ff.).

(1) Im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter trägt grundsätzlich der Mieter das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache. Dazu gehört bei der gewerblichen Miete vor allem die Chance, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können (Senatsurteil vom 21. September 2005 - XII ZR 66/03 - NJW 2006, 899, 901). Erfüllt sich die Gewinnerwartung des Mieters aufgrund eines nachträglich eintretenden Umstandes nicht, so verwirklicht sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters. Das gilt auch in Fällen, in denen es durch nachträgliche gesetzgeberische oder behördliche Maßnahmen zu einer Beeinträchtigung des Gewerbebetriebs des Mieters kommt (Senatsurteil vom 13. Juli 2011 - XII ZR 189/09 - NJW 2011, 3151 Rn. 9).

Beruht die enttäuschte Gewinnerwartung des Mieters jedoch auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie wie einer Betriebsschließung für einen gewissen Zeitraum, geht dies über das gewöhnliche Verwendungsrisiko des Mieters hinaus (vgl. OLG München NJW 2021, 948, 951 f.; KG GE 2021, 570, 572; Häublein/Müller NZM 2020, 482, 487; Streyl NZM 2020, 817, 822; Warmuth COVuR 2020, 16; 20; Römermann NJW 2021, 265, 268). Die wirtschaftlichen Nachteile, die ein gewerblicher Mieter aufgrund einer pandemiebedingten Betriebsschließung erlitten hat, beruhen nicht auf unternehmerischen Entscheidungen oder der enttäuschten Vorstellung, in den Mieträumen ein Geschäft betreiben zu können, mit dem Gewinne erwirtschaftet werden. Sie sind vielmehr Folge der umfangreichen staatlichen Eingriffe in das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie, für die keine der beiden Mietvertragsparteien verantwortlich gemacht werden kann. Die Art der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie wurde zudem von dem Ziel bestimmt, menschliche Kontakte aus Gründen des Infektionsschutzes weitgehend zu reduzieren. Die Maßnahmen waren nach epidemiologischen Gesichtspunkten ausgewählt, knüpften dabei aber grundsätzlich weder an spezifische Eigenschaften des vom Mieter geführten Gewerbebetriebs noch an solche des Mietobjekts an (BeckOGK/Martens [Stand: 1. Oktober 2021] BGB § 313 Rn. 246). Durch die COVID-19-Pandemie hat sich damit letztlich ein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht, das von der mietvertraglichen Risikoverteilung ohne eine entsprechende vertragliche Regelung nicht erfasst wird. Diese Systemkrise mit ihren weitreichenden Folgen hat vielmehr zu einer Störung der großen Geschäftsgrundlage geführt. Das damit verbundene Risiko kann regelmäßig keiner Vertragspartei allein zugewiesen werden (KG GE 2021, 570, 572; Häublein/Müller NZM 2020, 482, 487; Römermann NJW 2021, 265, 268). Schließlich ging auch der Gesetzgeber bei der Schaffung des Art. 240 § 7 EGBGB davon aus, dass ohne entsprechende vertragliche Regelungen Belastungen infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie regelmäßig weder der Sphäre des Vermieters noch des Mieters zuzuordnen sind (BT-Drucks. 19/25322 S. 21).

Danach hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass die pandemiebedingte Schließung von Geschäften nicht allein das Verwendungsrisiko der Beklagten betrifft und ihr daher auch nicht einseitig aufgebürdet werden kann.

(2) Auch wenn die mit einer pandemiebedingten Betriebsschließung verbundene Gebrauchsbeeinträchtigung der Mietsache nicht allein dem Verwendungsrisiko des Mieters zugeordnet werden kann, bedeutet dies aber nicht, dass der Mieter stets eine Anpassung der Miete für den Zeitraum der Schließung verlangen kann. Ob dem Mieter ein Festhalten an dem unveränderten Vertrag unzumutbar ist, bedarf auch in diesem Fall einer umfassenden Abwägung, bei der sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind (§ 313 Abs. 1 BGB). Eine pauschale Betrachtungsweise wird den Anforderungen an dieses normative Tatbestandsmerkmal der Vorschrift nicht gerecht. Deshalb kommt eine Vertragsanpassung dahingehend, dass ohne Berücksichtigung der konkreten Umstände die Miete für den Zeitraum der Geschäftsschließung grundsätzlich um die Hälfte herabgesetzt wird, weil das Risiko einer pandemiebedingten Gebrauchsbeschränkung der Mietsache keine der beiden Mietvertragsparteien allein trifft, nicht in Betracht (vgl. auch OLG München NJW 2021, 948, 952; OLG Hamm Urteil vom 24. September 2021 - 30 U 114/21 - juris Rn. 79; OLG Karlsruhe NJW 2021, 945, 947; Klose NZM 2021, 832, 839; a.A. KG GE 2021, 570, 572; OLG Köln NJW-RR 2021, 1218, 1221; Zehelein NZM 2020, 390, 399 f.; Römermann NJW 2021, 265, 269; Säcker/Schubert BB 2020, 2563, 2570; Klimesch/Walther ZMR 2020, 556, 557 f.).

Bei der vorzunehmenden Abwägung ist zunächst von Bedeutung, welche Nachteile dem Mieter durch die Geschäftsschließung und deren Dauer entstanden sind. Diese werden bei einem gewerblichen Mieter primär in einem konkreten Umsatzrückgang für die Zeit der Schließung bestehen, wobei jedoch nur auf das konkrete Mietobjekt und nicht auf einen möglichen Konzernumsatz abzustellen ist (Streyl NZM 2020, 817, 825). Zu berücksichtigen kann auch sein, welche Maßnahmen der Mieter ergriffen hat oder ergreifen konnte, um die drohenden Verluste während der Geschäftsschließung zu vermindern.

Da eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage aber nicht zu einer Überkompensierung der entstandenen Verluste führen darf, sind bei der Prüfung der Unzumutbarkeit grundsätzlich auch die finanziellen Vorteile zu berücksichtigen, die der Mieter aus staatlichen Leistungen zum Ausgleich dieser pandemiebedingten Nachteile erlangt hat (OLG München NJW 2021, 948, 952; OLG Karlsruhe NJW 2021, 945, 946 f.; KG GE 2021, 570, 572; Häublein/Müller NZM 2020, 482, 489; Zehelein NZM 2020, 390, 401; Saxinger ZMR 2020, 1002, 1007 f.; Tölle/Ehrentreich IMR 2021, 178, 179; Klimesch IMR 2021, 47; Güther ZMR 2021, 296 f.). Auch Leistungen einer einstandspflichtigen Betriebsversicherung des Mieters können zu berücksichtigen sein (OLG Frankfurt NZM 2021, 395, 402; Häublein/Müller NZM 2020, 482, 488 f.; vgl. auch den Verhandlungstermin des BGH am 26. Januar 2022 in dem Verfahren IV ZR 144/21). Staatliche Unterstützungsmaßnahmen, die nur auf Basis eines Darlehens gewährt wurden, bleiben hingegen bei der gebotenen Abwägung außer Betracht, weil der Mieter durch sie keine endgültige Kompensation der erlittenen Umsatzeinbußen erreicht (Häublein/Müller NZM 2020, 482, 489). Eine tatsächliche Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Mieters ist dagegen nicht erforderlich (KG GE 2021, 570, 572; OLG Frankfurt NZM 2021, 395, 402; Streyl NZM 2020, 817, 824; Römermann NJW 2021, 265, 268).

Schließlich sind bei der gebotenen Abwägung auch die Interessen des Vermieters in den Blick zu nehmen (vgl. OLG München NJW 2021, 948, 952).

(3) Dabei obliegt es grundsätzlich der Vertragspartei, die sich auf eine Störung der Geschäftsgrundlage beruft, nachzuweisen, dass ihr ein Festhalten am unveränderten Vertrag unzumutbar ist (MünchKommBGB/Finkenauer 8. Aufl. § 313 Rn. 135 mwN). Im Falle einer pandemiebedingten Geschäftsschließung muss daher der Mieter darlegen und gegebenenfalls beweisen, welche Nachteile ihm aus der Betriebsschließung entstanden sind, die ihm eine vollständige Mietzahlung für diesen Zeitraum unzumutbar machen (Saxinger ZMR 2020, 1002, 1007 f.; Tölle/Ehrentreich IMR 2021, 178, 180), und welche zumutbaren Anstrengungen er unternommen hat, um drohende Verluste auszugleichen. Behauptet der Mieter, keine staatlichen Unterstützungsleistungen erhalten zu haben, muss er darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass er sich um mögliche Hilfeleistungen vergeblich bemüht hat. Gelingt ihm dies nicht, muss er sich so behandeln lassen, als hätte er die staatlichen Unterstützungsleistungen erhalten (Häublein/Müller NZM 2020, 481, 489). Wendet hingegen der Vermieter ein, dass die vom Mieter behaupteten Verluste nicht auf der COVID-19-Pandemie beruhen, trifft ihn hierfür die Darlegungs- und Beweislast (BeckOGK/Martens [Stand: 1. Oktober 2021] BGB § 313 Rn. 251).

Auf dieser Grundlage hat das Gericht in tatrichterlicher Verantwortung und unter Berücksichtigung von § 287 ZPO für den konkreten Einzelfall die Voraussetzungen des § 313 BGB festzustellen und gegebenenfalls eine Vertragsanpassung vorzunehmen.

b) Nach diesen Grundsätzen ist die Auffassung des Berufungsgerichts, im vorliegenden Fall sei der Mietvertrag dahingehend anzupassen, dass die Beklagte für die Zeit der Geschäftsschließung nur die hälftige Miete schuldet, nicht frei von Rechtsfehlern.

Das Berufungsgericht hat verkannt, dass die Frage, ob dem Mieter ein Festhalten an dem Vertrag zumutbar ist, auch im Fall einer pandemiebedingten Geschäftsschließung eine konkret auf den Einzelfall bezogene Abwägung aller relevanten Umstände erfordert, die nicht durch eine pauschale Aufteilung der Miete ersetzt werden kann. Deshalb lässt sich die vom Berufungsgericht vorgenommene Absenkung der Kaltmiete um 50 % nicht mit der gegebenen Begründung rechtfertigen, die mit der pandemiebedingten Geschäftsschließung verbundenen Belastungen seien gleichmäßig auf beide Mietvertragsparteien zu verteilen, weil keine der Parteien eine Ursache für die Störung der Geschäftsgrundlage gesetzt habe. Das Berufungsgericht hätte vielmehr tragfähige Feststellungen dazu treffen müssen, welche konkreten wirtschaftlichen Auswirkungen die Geschäftsschließung in dem streitgegenständlichen Zeitraum für die Beklagte hatte und ob diese Nachteile ein Ausmaß erreicht haben, das eine Anpassung des Mietvertrags erforderlich macht. Deshalb durfte das Berufungsgericht es auch nicht dahinstehen lassen, ob die Beklagte für die Zeit der Geschäftsschließung entsprechende staatliche Hilfen erhalten hat oder hätte erhalten können. Die Beklagte hat zwar in den Instanzen vorgetragen, ihr seien keine staatlichen Unterstützungsleistungen zugeflossen. Die Klägerin hat diese Behauptung jedoch - auch noch im Berufungsverfahren - bestritten. Hinzu kommt, dass die Beklagte nur die Miete für April 2020 ausgesetzt und die weiteren Mieten im Jahr 2020 vollständig bezahlt hat. Auch dies hätte für das Berufungsgericht Anlass sein müssen, sich die Frage vorzulegen, ob der durch die Geschäftsschließung entstandene Umsatzrückgang tatsächlich so erheblich war, dass der Beklagten die vollständige Zahlung der Miete für den streitgegenständlichen Zeitraum unzumutbar war.

III.

Die angefochtene Entscheidung ist daher gemäß § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben und die Sache ist nach § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Dose

Klinkhammer

Günter

Botur

Krüger

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

Bundesgerichtshof

Urteil vom 12.01.2022

Az.: XII ZR 8/21

 

Tenor

Auf die Revisionen der Klägerin und der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 24. Februar 2021 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Zahlung von Gewerberaummiete für den Monat April 2020.

Die Parteien schlossen im September 2013 einen Mietvertrag über Gebäude und Parkplätze in S. Die Vermietung erfolgte "ausschließlich zu gewerblichen Zwecken zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts für Textilien aller Art, sowie Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs". Seit dem 1. Januar 2019 beträgt die monatliche Bruttomiete 7.854,00 €. Zusätzlich trägt die Beklagte als Mieterin im Vertrag näher beschriebene Nebenkosten. § 5 Nr. 3 des Mietvertrags enthält folgende Regelung: "Wenn die Gas-, Strom- und Wasserversorgung oder Entwässerung durch einen nicht von dem Vermieter zu vertretenden Umstand unterbrochen wurde oder wenn Überschwemmungen oder sonstige Katastrophen eintreten, steht dem Mieter ein Recht auf Mietminderung oder Schadensersatz nicht zu."

Aufgrund der sich verbreitenden Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19-Pandemie) erließ das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt am 18. März 2020 auf der Grundlage von § 28 Abs. 1 IfSG die "Allgemeinverfügung Vollzug des Infektionsschutzgesetzes Maßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie Verbot von Veranstaltungen", nach deren Ziffer 1 in Sachsen grundsätzlich alle Geschäfte geschlossen wurden, soweit sie nicht unter die in der Allgemeinverfügung ausdrücklich benannten - hier nicht relevanten - Ausnahmen fielen. Diese Allgemeinverfügung trat am 19. März 2020 um 0:00 Uhr in Kraft und wurde ab dem 22. März 2020, 0:00 Uhr von der "Allgemeinverfügung Vollzug des Infektionsschutzgesetzes Maßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie Verbot von Veranstaltungen" des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 20. März 2020 ersetzt, nach deren Ziffer 2, übereinstimmend mit der Allgemeinverfügung vom 18. März 2020, Geschäfte grundsätzlich geschlossen wurden, soweit nicht die in der Allgemeinverfügung vom 20. März 2020 formulierten Ausnahmen eingriffen. Aufgrund der genannten Allgemeinverfügungen war das Textileinzelhandelsgeschäft der Beklagten im Mietobjekt vom 19. März 2020 bis einschließlich 19. April 2020 geschlossen.

Nach entsprechender Ankündigung mit Schreiben vom 24. März 2020 zahlte die Beklagte die Miete für den Monat April 2020 nicht und rechnete gegen die Mietzahlungspflicht für die Zeit vom 20. bis 30. April 2020 mit der aus ihrer Sicht überzahlten Miete für die Zeit vom 19. bis 31. März 2020 auf. Die folgenden Mietzahlungen erbrachte die Beklagte vollständig.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung der Miete für den Monat April 2020 in Höhe von 7.854,00 € nebst Zinsen und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Beklagte - unter Abweisung der Klage im Übrigen - zur Zahlung von 3.720,09 € nebst Zinsen und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verurteilt. Hiergegen wenden sich die Klägerin, die ihr Klagebegehren vollständig weiterverfolgt, und die Beklagte, die nach wie vor Klageabweisung begehrt, mit ihren vom Oberlandesgericht zugelassenen Revisionen.

Gründe

Die Revisionen der Klägerin und der Beklagten sind begründet. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

I.

Das Oberlandesgericht hat seine in ZMR 2021, 476 veröffentlichte Entscheidung wie folgt begründet:

Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, der Anspruch auf Zahlung der Miete als Gegenleistung zur Verpflichtung der Klägerin als Vermieterin zur Überlassung des Gebrauchs der Mieträume sei gemäß § 326 Abs. 1 BGB entfallen. Soweit es um die Gebrauchsuntauglichkeit des Mietobjekts gehe, würden die Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts, zu denen auch diejenigen über die Unmöglichkeit gehörten, von den mietrechtlichen Gewährleistungsregelungen nach §§ 536 ff. BGB verdrängt, wenn das Mietobjekt - wie hier - bereits vom Vermieter an den Mieter überlassen worden sei.

Die Regelung in Art. 240 § 2 EGBGB entfalte keine Sperrwirkung, die eine Anwendung der mietrechtlichen Gewährleistungsvorschriften bei behördlichen Betriebsuntersagungen in Folge der COVID-19-Pandemie ausschließe.

Ein zur Minderung der Miete führender Mietmangel sei durch die staatlich angeordnete Schließung nicht begründet worden. Ohne die staatliche, nicht objektbezogene und von der Klägerin nicht zu beeinflussende Anordnung sei das Mietobjekt uneingeschränkt nutzbar und die Mieträume seien - im Rahmen der Beschränkungen der Corona-Schutzverordnung - frei zugänglich gewesen. Lediglich die von der Beklagten beabsichtigte Verwendung sei - vom Mietobjekt unabhängig - untersagt gewesen. Auch wenn Störungen, die außerhalb der Mietsache liegen, grundsätzlich einen Mangel begründen könnten und für den hier vereinbarten Betrieb eines Textileinzelhandelsgeschäfts die Möglichkeit des Zugangs des Publikums eine Voraussetzung sei, werde dem Vermieter damit nicht das Risiko der objekt- und lageunabhängigen Nutzbarkeit der Mieträume übertragen.

Infolge des Auftretens der COVID-19-Pandemie und der staatlichen Schließungsanordnung aus den Allgemeinverfügungen vom 18. bzw. 20. März 2020 sei jedoch eine Störung der Geschäftsgrundlage des Mietvertrags i.S.v. § 313 Abs. 1 BGB eingetreten, die eine Anpassung des Vertrags dahin auslöse, dass die Kaltmiete für die Dauer der angeordneten Schließung auf die Hälfte reduziert werde.

Zur Geschäftsgrundlage der Parteien als Vermieterin und Mieterin von Geschäftsräumen für die Nutzung als Textileinzelhandelsgeschäft habe die Vorstellung gehört, dass es nicht zu einer Pandemie mit weitgehender Stilllegung des öffentlichen Lebens infolge pandemiebedingter Nutzungsuntersagungen und -beeinträchtigungen kommen würde. Das Auftreten der Pandemie mit den entsprechenden weitreichenden staatlichen Eingriffen in das wirtschaftliche und soziale Leben bedeute eine schwerwiegende Änderung der für die Vertragslaufzeit vorgestellten Umstände. Damit sei das tatsächliche Element der Störung der Geschäftsgrundlage verwirklicht. Es liege eine Systemkrise und damit ein Fall der Störung der großen Geschäftsgrundlage vor, weil durch sie das allgemeine soziale und wirtschaftliche Gefüge nachhaltig erschüttert worden sei. Ohne dass es hierauf entscheidend ankommen würde, spreche für diese Annahme auch der Inhalt des mit Wirkung vom 31. Dezember 2020 neu geschaffenen Art. 240 § 7 Abs. 1 EGBGB.

Im Rahmen der Störung der großen Geschäftsgrundlage sei das hypothetische Element regelmäßig erfüllt, weil die Parteien den Vertrag dann nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten. Zudem sei zu beachten, dass es sich bei der Änderung der zur Geschäftsgrundlage gehörenden Umstände um sehr wesentliche Rahmenbedingungen für den Betrieb des Textileinzelhandelsgeschäfts der Beklagten gehandelt habe. Daher hätten im maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses verständige und wirtschaftlich denkende Vertragspartner dieses beide gleichermaßen betreffende und nicht zu beeinflussende Risiko nicht einseitig zu Lasten eines Vertragspartners verteilt.

Das normative Element des § 313 Abs. 1 BGB sei ebenfalls erfüllt. Es gehe hier nicht um ein "normales" Risiko der Gebrauchstauglichkeit bzw. der Verwendung des Mietobjekts durch den Mieter, sondern um weitgehende staatliche Eingriffe in das soziale und wirtschaftliche Leben aufgrund einer Pandemie, die als Systemkrise eine Störung der großen Geschäftsgrundlage sei. Das mit der Störung der großen Geschäftsgrundlage verbundene Risiko könne regelmäßig keiner Vertragspartei allein zugewiesen werden. Von der vertraglichen Risikozuweisung werde deshalb dieses von den Vertragsparteien nicht vorhergesehene und die Geschäftsgrundlage des Vertrags betreffende Geschehen nicht erfasst. Das Festhalten am unveränderten Mietvertrag sei der Beklagten nicht zumutbar, weshalb der Mietvertrag nach § 313 Abs. 1 BGB entsprechend anzupassen sei.

Vorliegend sei eine Absenkung der Kaltmiete um 50 % gerechtfertigt, weil keine der Vertragsparteien eine Ursache für die Störung der Geschäftsgrundlage gesetzt oder sie vorhergesehen habe. Es sei demzufolge angemessen, die damit verbundene Belastung gleichmäßig auf beide Parteien zu verteilen. Offenbleiben könne, ob die Zahlung staatlicher Hilfen an einen der Vertragspartner des Mietvertrags zu einer weiteren Anpassung der Höhe der Miete führen würde, weil nicht habe festgestellt werden können, dass die Klägerin oder die Beklagte solche staatlichen Hilfen erhalten habe. Der Klägerin sei auch keine Teilnutzung des Mietobjekts im Sinne eines "Außer-Haus-Verkaufs" bzw. eines entsprechenden Liefer- und Abholservice möglich, wie dies etwa bei Gaststätten erlaubt gewesen sei.

Dies führe dazu, dass die Beklagte für den Monat April 2020 anstelle der vertraglich vereinbarten Miete von 7.854,00 € nur 5.366,90 € zahlen müsse, während sie für den Monat März 2020 6.207,19 € zu zahlen gehabt hätte, also mit ihrer vollständigen Mietzahlung die Miete in Höhe von 1.646,81 € überzahlt habe. In dieser Höhe habe die Beklagte hilfsweise die Aufrechnung gegen die Forderung der Klägerin auf Zahlung der Miete für April 2020 erklärt, so dass sich im Ergebnis der Anspruch der Klägerin von 5.366,90 € auf 3.720,09 € reduziere.

II.

Diese Ausführungen halten in einem wesentlichen Punkt der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass die Anwendbarkeit der mietrechtlichen Gewährleistungsvorschriften und der Regelungen des allgemeinen schuldrechtlichen Leistungsstörungsrechts, insbesondere des § 313 Abs. 1 BGB, nicht durch Art. 240 § 2 EGBGB, mit dem die Kündigungsmöglichkeit des Vermieters wegen eines coronabedingten Zahlungsverzugs des Mieters ausgesetzt wurde, ausgeschlossen ist.

a) Zwar wird in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum teilweise die Auffassung vertreten, der Gesetzgeber habe mit Einführung dieser Vorschrift durch Art. 5 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27. März 2020 (BGBl. I S. 569) eine Sonderregelung getroffen, mit der die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Rechte und Pflichten von Mietvertragsparteien abschließend geregelt werden sollten (vgl. Jung BB 2021, 329, 331 f.; Klimesch/Walther ZMR 2020, 556, 557; LG München II Urteil vom 6. Oktober 2020 - 13 O 2044/20 - BeckRS 2020, 34263). Die überwiegende Auffassung lehnt mit dem Berufungsgericht eine entsprechende Sperrwirkung des Art. 240 § 2 EGBGB hingegen ab (ebenso OLG München NJW 2021, 948, 950; KG GE 2021, 570, 572; OLG Frankfurt NZM 2021, 395, 396 f.; LG Mönchengladbach Urteil vom 2. November 2020 - 12 O 154/20 - BeckRS 2020, 30731 Rn. 39; LG München I Urteil vom 25. Januar 2021 - 31 O 7743/20 - BeckRS 2021, 453 Rn. 53 ff.; MünchKommBGB/Häublein 8. Aufl. EGBGB Art. 240 § 2 Rn. 6; BeckOGK/Martens [Stand: 1. Oktober 2021] BGB § 313 Rn. 239; BeckOGK/Geib [Stand: 1. Oktober 2021] EGBGB Art. 240 § 2 Rn. 18 und 20; BeckOK BGB/Wiederhold [Stand: 1. August 2021] EGBGB Art. 240 § 2 Rn. 10; Brinkmann/Thüsing NZM 2021, 5, 9 f.; Herlitz NJ 2021, 56, 58; Zehelein NZM 2020, 390, 401; Streyl NZM 2020, 817, 823; Warmuth COVuR 2020, 16, 17; Klose NZM 2021, 832 f.).

b) Die letztgenannte Auffassung trifft zu. Entgegen der Ansicht der Klägerin lässt sich weder aus dem Wortlaut der Vorschrift noch aus der Gesetzesbegründung schließen, dass der Gesetzgeber mit Einführung des Art. 240 § 2 EGBGB die Folgen, die sich aus den umfangreichen hoheitlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie insbesondere für gewerbliche Mietverhältnisse ergeben können, abschließend regeln wollte.

aa) Nach seinem eindeutigen Wortlaut enthält Art. 240 § 2 Abs. 1 Satz 1 EGBGB nur eine Beschränkung des Kündigungsrechts des Vermieters, sofern die Nichtleistung der vom Mieter geschuldeten Mietzahlung allein auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Die Vorschrift geht daher davon aus, dass - anders als bei den in Art. 240 § 1 EGBGB genannten Dauerschuldverhältnissen - die Verpflichtung des Mieters zur Mietzahlung grundsätzlich weiter bestehen bleibt. Regelungen zur Höhe der Miete oder zu sonstigen Auswirkungen der Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung auf die Verpflichtung des Mieters zur Mietzahlung enthält die Vorschrift jedoch nicht. Auch aus der zeitlichen Beschränkung des Kündigungsausschlusses bis zum 30. Juni 2022 in Art. 240 § 2 Abs. 4 EGBGB kann nicht darauf geschlossen werden, dass der Gesetzgeber für die Zahlungspflicht des Mieters eine abschließende Regelung treffen wollte. Die Vorschrift zeigt zwar ebenfalls, dass das Gesetz grundsätzlich von einer fortbestehenden Zahlungspflicht des Mieters ausgeht. Ob der Mieter in dem maßgeblichen Zeitraum jedoch die volle vereinbarte Miete schuldet, folgt daraus nicht.

bb) Auch der Gesetzeszweck lässt nicht darauf schließen, dass Art. 240 § 2 EGBGB eine abschließende Sonderregelung darstellt, die der Anwendbarkeit der mietrechtlichen Gewährleistungsvorschriften und der Regelungen des allgemeinen schuldrechtlichen Leistungsstörungsrechts entgegensteht.

Zum Zeitpunkt des Erlasses des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27. März 2020 (BGBl. I S. 569) sah der Gesetzgeber die Gefahr, dass es aufgrund der umfangreichen behördlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus im März 2020 zu erheblichen Einkommensverlusten bei einer Vielzahl von Menschen kommt, wodurch diese bis zur Aufhebung der Maßnahmen nicht oder nur eingeschränkt in der Lage sein könnten, ihre laufenden Verbindlichkeiten zu begleichen. Dieses Problem sollte dadurch gelöst werden, dass für den Bereich des Zivilrechts ein Moratorium für die Erfüllung bestimmter vertraglicher Ansprüche aus Dauerschuldverhältnissen eingeführt werden sollte, das betroffenen Verbrauchern und Kleinstunternehmern, die wegen der COVID-19-Pandemie ihre vertraglich geschuldeten Leistungen nicht erbringen können, im Zeitraum bis zum 30. Juni 2020 einen Zahlungsaufschub gewährt (BT-Drucks. 19/18110 S. 1). Entgegen diesem in Art. 240 § 1 EGBGB niedergelegten Grundsatz hat der Gesetzgeber im Bereich des Mietrechts hingegen von einem Leistungsverweigerungsrecht des Mieters abgesehen und nur das Recht des Vermieters zur Kündigung von Mietverhältnissen wegen Zahlungsverzugs eingeschränkt, sofern Mietschulden aus dem Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruhen. Die Verpflichtung der Mieter zur Zahlung der Miete sollte jedoch im Grundsatz bestehen bleiben (BT-Drucks. 19/18119 S. 35).

Zweck der gesetzlichen Regelung war es, Mieter und Pächter vor dem Verlust ihres Lebensmittelpunkts und ihrer Existenzgrundlage zu schützen, wenn diese unverschuldet durch die Pandemie in Zahlungsverzug geraten sollten. Hätte der Gesetzgeber mit der Einführung von Art. 240 § 2 EGBGB tatsächlich eine abschließende Regelung im Hinblick auf die Auswirkungen der Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung treffen wollen, würde sich die Vorschrift jedoch zum Nachteil des gewerblichen Mieters auswirken. Denn dieser wäre auch dann, wenn er die von ihm angemieteten Gewerberäume aufgrund einer hoheitlichen Betriebsschließungsanordnung nicht entsprechend seinem Geschäftszweck nutzen kann, stets zur Zahlung der vollständigen Miete verpflichtet. Das Risiko, während der Pandemie die Mietsache nicht oder nur eingeschränkt nutzen zu können, wäre damit vollständig auf den Mieter verlagert. Art. 240 § 2 EGBGB, der erkennbar dem Mieterschutz dienen sollte, würde dadurch zu einer Vorschrift, die letztlich dem Schutz des Vermieters dient, dem unabhängig von den Auswirkungen der Pandemiebekämpfungsmaßnahmen auf die Nutzbarkeit des Mietobjekts der Anspruch auf vollständige Miete erhalten bliebe (ähnlich auch BeckOK BGB/Wiederhold [Stand: 1. August 2021] EGBGB Art. 240 § 2 Rn. 10; BeckOGK/Martens [Stand: 1. Oktober 2021] BGB § 313 Rn. 240). Dafür, dass der Gesetzgeber eine solche weitreichende Regelung dahin, dass der Mieter während der COVID-19-Pandemie das Verwendungsrisiko allein zu tragen hat, treffen wollte, bestehen keine Anhaltspunkte. Dagegen spricht auch die Kürze der Zeit, in der dieses Gesetzgebungsvorhaben umgesetzt worden ist (vgl. OLG Frankfurt NZM 2021, 395, 397; MünchKommBGB/Häublein 8. Aufl. Art. 240 § 2 EGBGB Rn. 6; Zehelein NJW 2020, 1169, 1172). Mithin hat der Gesetzgeber nur das von ihm als dringlich identifizierte Problem, dass Mieter von Wohn- und Geschäftsräumen aufgrund der zu erwartenden negativen wirtschaftlichen Auswirkungen ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen und deshalb die angemieteten Räumlichkeiten verlieren könnten, schnell einer vorübergehenden Lösung zuführen und die Stellung der Mieter im Hinblick auf die Kündbarkeit des Mietverhältnisses verbessern wollen.

cc) Schließlich lassen sich auch der Gesetzesbegründung keine ausreichenden Hinweise dafür entnehmen, dass der Gesetzgeber die Auswirkung der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie auf Mietverhältnisse abschließend regeln wollte. Zwar ist an mehreren Stellen der Gesetzesbegründung ausgeführt, dass der Mieter grundsätzlich zur Leistung der Miete verpflichtet bleibt (vgl. BT-Drucks. 19/18110 S. 4, 35 f.). Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass ihm damit jede Möglichkeit genommen werden sollte, Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf sein Mietverhältnis und insbesondere auf die Höhe der geschuldeten Miete nach allgemeinen Grundsätzen geltend machen zu können (vgl. Streyl NZM 2020, 817, 823; BeckOGK/Martens [Stand: 1. Oktober 2021] BGB § 313 Rn. 240.2). Zum einen enthält die Gesetzesbegründung den Hinweis, dass die Mieter "nach allgemeinen Grundsätzen zur Leistung verpflichtet" bleiben (BT-Drucks. 19/18110 S. 35). Dies deutet bereits darauf hin, dass die allgemeinen Regelungen des mietrechtlichen Gewährleistungsrechts und des allgemeinen Schuldrechts weiterhin Anwendung finden sollen (a.A. Jung BB 2021, 329, 331). Zum anderen lassen sich diese Formulierungen auch mit der unterschiedlichen Behandlung von Miet- und Pachtverhältnissen gegenüber anderen Dauerschuldverhältnissen im Gesetz erklären. Denn mit dem Hinweis, dass die Verpflichtung des Mieters zur Mietzahlung bestehen bleibt, wird in der Gesetzesbegründung deutlich gemacht, dass dem Mieter, abweichend von der Grundregel des Art. 240 § 1 EGBGB für andere Dauerschuldverhältnisse, kein zeitlich begrenztes Leistungsverweigerungsrecht eingeräumt, sondern nur die Kündigungsmöglichkeit des Vermieters wegen Zahlungsverzugs eingeschränkt wird (BT-Drucks. 19/18110 S. 35 f.). Zur Höhe der geschuldeten Miete verhält sich die Gesetzesbegründung jedoch ebenso wenig wie zu der Frage, welche sonstigen rechtlichen Auswirkungen die pandemiebedingten Beschränkungen des Wirtschaftslebens insbesondere auf gewerbliche Mietverhältnisse haben sollen. Letztlich wird in der Gesetzesbegründung als Gesetzeszweck allein die Bestandssicherung des Mietverhältnisses genannt.

2. Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Miete in dem streitgegenständlichen Zeitraum nicht nach § 536 Abs. 1 BGB gemindert war, weil die auf den Allgemeinverfügungen des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. und 20. März 2020 beruhende Betriebsschließung nicht zu einem Mangel des Mietgegenstands i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB geführt hat.

a) Ob eine staatlich angeordnete Geschäftsschließung wegen der COVID-19-Pandemie einen Mangel der Mietsache darstellt, ist umstritten. Teilweise wird dies mit der Begründung bejaht, die Schließungsanordnung knüpfe unmittelbar an das Mietobjekt und dessen Lage im Epidemiegebiet an und beziehe sich daher nicht auf die persönlichen oder betrieblichen Umstände des Mieters (vgl. OLG Nürnberg MDR 2021, 56; LG Kaiserlautern Urteil vom 13. April 2021 - 4 O 284/20 - juris; Jauernig/Teichmann BGB 18. Aufl. § 536 Rn. 12a; BeckOGK/Geib [Stand: 1. Oktober 2021] EGBGB Art. 240 § 2 Rn. 16; Selk NZM 2021, 369, 374 ff.; Sentek/Ludley NZM 2020, 406, 410; Krepold WM 2020, 726, 729 ff.; Säcker/Schubert BB 2020, 2563).

Die überwiegende Auffassung in der Rechtsprechung und im Schrifttum lehnt hingegen das Vorliegen eines Mangels i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB ab (vgl. OLG München NJW 2021, 948, 949; OLG Karlsruhe NJW 2021, 945 f.; KG GE 2021, 570, 571; OLG Schleswig NZM 2021, 605, 607; OLG Frankfurt NZM 2021, 395, 397 f.; Butenberg/Drasdo/Först/Hannemann/Heilmann NZM 2020, 493, 497; Häublein/Müller NZM 2020, 481, 484 f.; Leo/Götz NZM 2020, 402, 403; Zehelein NZM 2020, 390, 392 ff.; Sittner NJW 2020, 1169, 1171; Sachsinger ZMR 2020, 1002 ff.; Gerlach/Manzke ZMR 2020, 551, 554; Klimesch/Walther ZMR 2020, 353, 354; Both in Zehelein Miete in Zeiten von Corona § 3 Rn. 18 ff.; Klose NZM 2021, 832, 833 f.). Zur Begründung wird überwiegend darauf abgestellt, dass eine pandemiebedingte Betriebsuntersagung ein Gebrauchshindernis darstelle, das nicht auf Beschaffenheit, Zustand oder Lage der Mietsache beruhe, sondern allein das Verwendungsrisiko des Mieters betreffe.

b) Die letztgenannte Meinung trifft im Ergebnis zu. Die behördliche Untersagung der Öffnung der Filiale der Beklagten stellt keinen Mangel der Mietsache i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB dar.

aa) Unter einem Mangel i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustands der Mietsache von dem vertraglich geschuldeten zu verstehen, wobei sowohl tatsächliche Umstände als auch rechtliche Verhältnisse in Bezug auf die Mietsache als Mangel in Betracht kommen können. Öffentlich-rechtliche Gebrauchshindernisse und Gebrauchsbeschränkungen, die dem vertragsgemäßen Gebrauch eines Mietobjekts entgegenstehen, begründen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allerdings nur dann einen Sachmangel im Sinne der §§ 536 ff. BGB, wenn sie auf der konkreten Beschaffenheit der Mietsache beruhen und nicht in persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters ihre Ursache haben (Senatsurteil vom 2. November 2016 - XII ZR 153/15 - NJW 2017, 1104 Rn. 15 mwN).

Ergeben sich aufgrund von gesetzgeberischen Maßnahmen erst während eines laufenden Mietverhältnisses Beeinträchtigungen des vertragsmäßigen Gebrauchs eines gewerblichen Mietobjekts, kann auch dies einen Mangel i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB begründen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die durch die gesetzgeberische Maßnahme bewirkte Gebrauchsbeschränkung unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage des Mietobjekts in Zusammenhang steht. Andere gesetzgeberische Maßnahmen, die den geschäftlichen Erfolg beeinträchtigen, fallen dagegen in den Risikobereich des Mieters. Denn der Vermieter von Gewerberäumen ist gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB lediglich verpflichtet, den Mietgegenstand während der Vertragslaufzeit in einem Zustand zu erhalten, der dem Mieter die vertraglich vorgesehene Nutzung ermöglicht. Das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache trägt bei der Gewerberaummiete dagegen grundsätzlich der Mieter. Dazu gehört vor allem das Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können. Erfüllt sich die Gewinnerwartung des Mieters aufgrund eines nachträglich eintretenden Umstandes nicht, so verwirklicht sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters. Das gilt auch in Fällen, in denen es durch nachträgliche gesetzgeberische oder behördliche Maßnahmen zu einer Beeinträchtigung des Gewerbebetriebs des Mieters kommt (Senatsurteil vom 13. Juli 2011 - XII ZR 189/09 - NJW 2011, 3151 Rn. 8 f. mwN).

bb) Auf dieser rechtlichen Grundlage führt die auf den Allgemeinverfügungen des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. und 20. März 2020 beruhende Schließung des Einzelhandelsgeschäfts der Beklagten nicht zu einem Mangel der Mietsache i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB, weil die mit der Schließungsanordnung zusammenhängende Gebrauchsbeschränkung nicht auf der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der Mietsache beruht, sondern an den Geschäftsbetrieb der Beklagten als Mieterin anknüpft.

(1) Durch Ziffer 1 der Allgemeinverfügung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. März 2020 wurde mit Wirkung zum 19. März 2020 im gesamten Freistaat Sachsen die Schließung aller Geschäfte und Einrichtungen angeordnet, die nicht der Grundversorgung der Bevölkerung dienen. Damit sollte die dynamische Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus eingedämmt werden, um die besonders vulnerablen Personengruppen vor einer Ansteckung mit dem neuartigen Virus zu schützen und eine Überlastung des Gesundheitswesens zu verhindern. Da eine besonders hohe Ansteckungsgefahr dort gesehen wurde, wo es zu einem Zusammentreffen einer Vielzahl von Menschen kommt, sollte durch die Schließung aller Geschäfte und Einrichtungen, die nicht der täglichen Daseinsvorsorge dienen, eine deutliche Reduzierung menschlicher Kontakte erreicht werden (vgl. Allgemeinverfügung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. März 2020, S. 4).

Die mit der Schließungsanordnung verbundene Gebrauchsbeschränkung der Beklagten beruhte damit nicht auf der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage des Mietobjekts. Die behördlich angeordnete Geschäftsschließung knüpft allein an die Nutzungsart und den sich daraus ergebenden Publikumsverkehr an, der die Gefahr einer verstärkten Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus begünstigt und der aus Gründen des Infektionsschutzes untersagt werden sollte. Durch die Allgemeinverfügung wird jedoch weder der Beklagten die Nutzung der angemieteten Geschäftsräume im Übrigen noch der Klägerin tatsächlich oder rechtlich die Überlassung der Mieträumlichkeiten verboten. Das Mietobjekt stand daher trotz der Schließungsanordnung weiterhin für den vereinbarten Mietzweck zur Verfügung.

(2) Eine Mangelhaftigkeit der Mietsache lässt sich auch nicht damit begründen, dass durch die behördliche Schließungsanordnung faktisch der Zugang zu den Mieträumen für potentielle Kunden der Beklagten verhindert oder beschränkt war. Zwar ist der ungehinderte Zugang zu den Mieträumen gerade bei der Vermietung von Gewerberäumen Voraussetzung für eine vertragsgemäße Nutzung des Mietobjekts, wenn das dort betriebene Gewerbe auf Kundenverkehr angewiesen ist. Eine Zugangsbehinderung kann daher einen Mangel i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB darstellen (vgl. Schmidt-Futterer/Eisenschmid Mietrecht 15. Aufl. § 536 BGB Rn. 210 mwN). Um eine Ausuferung des Mangelbegriffs zu verhindern, ist aber Voraussetzung hierfür, dass die Zugangsbeschränkung unmittelbar mit der Lage oder der Beschaffenheit des Mietobjekts in Verbindung steht. Dies kann etwa der Fall sein, wenn durch Baumaßnahmen der öffentlichen Hand im Umfeld des Mietobjekts der Zugang zu den Mieträumen erschwert ist (vgl. Schmidt-Futterer/Eisenschmid Mietrecht 15. Aufl. § 536 BGB Rn. 210 mwN). Im vorliegenden Fall beruht die Zugangsbeeinträchtigung jedoch nicht auf der konkreten baulichen Gegebenheit der Mietsache, sondern auf einer hoheitlichen Maßnahme, die flächendeckend für alle im gesamten Bereich des Freistaats Sachsen liegenden Geschäfte ein Öffnungsverbot anordnete, die nicht zu den in den Allgemeinverfügungen genannten Ausnahmen zählen. Auf die konkreten Umfeldbedingungen kam es dabei nicht an. Deshalb ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch die Belegenheit des Mietobjekts im Pandemiegebiet für die Einordnung als Mangel ohne Bedeutung (vgl. OLG München NJW 2021, 948, 949).

(3) Das Vorliegen eines Mangels i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt sich auch nicht daraus, dass die Mietvertragsparteien im vorliegenden Fall als Mietzweck die "Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts für Textilien aller Art, sowie Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs" vereinbart haben. Der Umfang der mit der Vereinbarung eines Mietzwecks übernommenen Leistungspflicht des Vermieters ist grundsätzlich durch Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont aus Sicht eines Mieters gemäß §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Ohne besondere Umstände, die hier nicht vorgetragen wurden, gehören nur rechtliche Umstände, die die körperliche Beschaffenheit, den Zustand oder die Lage der Mietsache betreffen oder Einfluss auf sie haben, zu der vom Vermieter geschuldeten Leistung (vgl. Streyl NZM 2020, 817, 819). Für öffentlich-rechtliche Gebrauchsbeschränkungen, Verbote oder Gebrauchshindernisse, die sich aus betriebsbezogenen Umständen ergeben oder in der Person des Mieters ihre Ursache haben, hat der Vermieter hingegen ohne eine anderslautende Vereinbarung nicht einzustehen (vgl. Günter NZM 2016, 569, 570). Ein redlicher Mieter darf daher das Leistungsversprechen seines Vermieters im Zweifel nicht dahin verstehen, dieser wolle ihm die vereinbarte Nutzung unter allen erdenklichen Umständen gewährleisten (Häublein/Müller NZM 2020, 481, 484). Deshalb konnte im vorliegenden Fall die Beklagte nicht davon ausgehen, dass die Klägerin mit der Vereinbarung des konkreten Mietzwecks eine unbedingte Einstandspflicht auch für den Fall einer hoheitlich angeordneten Öffnungsuntersagung im Falle einer Pandemie übernehmen wollte (vgl. OLG München NJW 2021, 948, 949).

(4) Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich ein Mangel der Mietsache im Falle der pandemiebedingten Schließung von gewerblich genutzten Mieträumen auch nicht aus der Rechtsprechung des Reichsgerichts.

Zwar hat das Reichsgericht (RGZ 87, 277, 280; 89, 203, 205) in Fällen, in denen die Durchführung von Tanzveranstaltungen wegen des Ersten Weltkriegs polizeilich untersagt worden war, für eine gepachtete Gastwirtschaft, in der vorwiegend Tanzveranstaltungen durchgeführt wurden, das Vorliegen eines Mangels bejaht. Nach Auffassung des Reichsgerichts hat das polizeiliche Tanzverbot den Pachtgegenstand selbst betroffen. Denn dieser sei der Eigenschaft einer Tanzwirtschaft beraubt worden und deshalb mit einem die Tauglichkeit zu der vertragsgemäßen Nutzung mindernden Fehler i.S.v. § 537 BGB a. F. behaftet.

Diese Rechtsprechung kann auf den vorliegenden Fall indes nicht übertragen werden, weil ihr noch ein anderes Verständnis des mietrechtlichen Mangelbegriffs zugrunde lag (vgl. OLG Frankfurt NZM 2021, 395, 397 f.). Zwischenzeitlich hat der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung zum Vorliegen eines Mangels i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB insbesondere bei öffentlich-rechtlichen Gebrauchsbeschränkungen fortentwickelt und hierbei gerade im Bereich der Vermietung von Gewerberäumen verstärkt die grundsätzliche Risikoverteilung zwischen Vermieter und Mieter in den Blick genommen (vgl. Senatsurteil vom 13. Juli 2011 - XII ZR 189/09 - NJW 2011, 3151 Rn. 9 mwN). Hinzu kommt, dass das Reichsgericht die Grundsätze über die Störung der Geschäftsgrundlage, über die ein interessengerechter Ausgleich zwischen den Mietvertragsparteien bei Einschränkung der Nutzbarkeit der Mietsache infolge von höherer Gewalt wie Kriegsereignissen oder einer weltweiten Pandemie erreicht werden kann, erst zu einem späteren Zeitpunkt entwickelt hat (vgl. RGZ 100, 129, 132 f.; MünchKommBGB/Finkenauer 8. Aufl. § 313 Rn. 23 mwN; Streyl NZM 2020, 817, 819).

3. Die Beklagte ist auch nicht deshalb von ihrer Verpflichtung zur Mietzahlung befreit, weil der Klägerin ihre vertraglich geschuldete Leistung zur Überlassung und Erhaltung der Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand ganz oder teilweise unmöglich gewesen wäre (§§ 326 Abs. 1, 275 Abs. 1 BGB). Dabei kann dahinstehen, ob diese Regelungen auch dann nach der Überlassung der Mietsache an den Mieter nicht mehr anwendbar und von den speziellen Regelungen des mietrechtlichen Gewährleistungsrechts (§§ 536 ff. BGB) verdrängt werden, wenn die Mietsache - wie hier - keinen Mangel aufweist (vgl. dazu MünchKommBGB/Häublein 8. Aufl. Vor § 536 Rn. 7; BeckOGK/Bieber [Stand: 1. April 2021] § 536 BGB Rn. 9; Staudinger/V. Emmerich BGB [2021] Vorb. zu §§ 536 ff. Rn. 5). Wie bereits ausgeführt, war es der Klägerin während des streitgegenständlichen Zeitraums trotz der behördlichen Schließungsanordnung nicht unmöglich, der Beklagten den Gebrauch der Mietsache entsprechend dem vereinbarten Mietzweck zu gewähren. Die Klägerin hat daher auch während der Zeit der Betriebsschließung die von ihr gemäß § 535 Abs. 1 BGB geschuldete Leistung erbracht. Eine Einstandspflicht für den Fall einer hoheitlich angeordneten Öffnungsuntersagung im Falle einer Pandemie hatte sie nicht übernommen.

4. Im Fall einer Geschäftsschließung, die auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie beruht, kommt allerdings ein Anspruch des Mieters von gewerblich genutzten Räumen auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB in Betracht. Dies hat das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend erkannt; seine Erwägungen zu einer möglichen Vertragsanpassung sind jedoch nicht frei von Rechtsfehlern.

a) Gemäß § 313 Abs. 1 BGB kann eine Anpassung des Vertrags verlangt werden, wenn sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten. Dabei kann eine Anpassung nur insoweit verlangt werden, als dem einen Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

aa) Durch die COVID-19-Pandemie und die damit verbundenen weitreichenden Beschränkungen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens hat sich die Geschäftsgrundlage für den zwischen den Parteien abgeschlossenen Mietvertrag schwerwiegend geändert.

(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird die Geschäftsgrundlage eines Vertrags durch die bei Vertragsabschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen der Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände gebildet, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut (vgl. BGH Urteil vom 1. Dezember 2012 - VIII ZR 307/10 - NJW 2012, 1718 Rn. 26 mwN).

Unstreitig hatte keine der Parteien bei Abschluss des Mietvertrags im Jahr 2013 die Vorstellung, während der vereinbarten Mietzeit werde es zu einer Pandemie und damit verbundenen erheblichen hoheitlichen Eingriffen in den Geschäftsbetrieb der Beklagten kommen, durch die die beabsichtigte Nutzung der Mieträume eingeschränkt wird. Aufgrund der vielfältigen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie wie Geschäftsschließungen, Kontakt- und Zugangsbeschränkungen und der damit verbundenen massiven Auswirkungen auf das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben in Deutschland während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 ist im vorliegenden Fall die sogenannte große Geschäftsgrundlage betroffen. Darunter versteht man die Erwartung der vertragschließenden Parteien, dass sich die grundlegenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen eines Vertrags nicht etwa durch Revolution, Krieg, Vertreibung, Hyperinflation oder eine (Natur-)Katastrophe ändern und die Sozialexistenz nicht erschüttert werde (MünchKommBGB/Finkenauer 8. Aufl. § 313 Rn. 17; Palandt/Grüneberg BGB 80. Aufl. § 313 Rn. 5; OLG München NJW 2021, 948, 949 f.; KG GE 2021, 570, 572; OLG Frankfurt NZM 2021, 395; Häublein/Müller NZM 2020, 482, 486 f.; Zehelein NZM 2020, 390, 398; Streyl NZM 2020, 817, 821; Warmuth COVuR 2020, 16, 18). Diese Erwartung der Parteien wurde dadurch schwerwiegend gestört, dass die Beklagte aufgrund der zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie erlassenen Allgemeinverfügungen des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. März 2020 und 20. März 2020 ihr Geschäftslokal in der Zeit vom 19. März 2020 bis einschließlich 19. April 2020 schließen musste.

(2) Dafür, dass bei einer zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie behördlich angeordneten Betriebsschließung die tatsächliche Voraussetzung des § 313 Abs. 1 Satz 1 BGB einer schwerwiegenden Störung der Geschäftsgrundlage erfüllt ist, spricht auch die durch Art. 10 des Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Patentrecht vom 22. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3328) eingefügte Vorschrift des Art. 240 § 7 EGBGB. Danach wird vermutet, dass sich ein Umstand im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat, wenn vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar sind (vgl. Klose NZM 2021, 832, 835).

Zwar wird im Schrifttum vereinzelt die Auffassung vertreten, die Vorschrift, die zum 31. Dezember 2020 in Kraft getreten ist (vgl. Art. 14 Abs. 2 des Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Patentrecht vom 22. Dezember 2020), entfalte eine echte Rückwirkung und könne deshalb auf Sachverhalte, die zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens abgeschlossen waren, nicht angewendet werden (Klimesch IMR 2021, 47 f.).

In der Gesetzesbegründung ist jedoch ausgeführt, dass die Vorschrift auch auf zurückliegende Sachverhalte anwendbar sein soll (BT-Drucks. 19/25322 S. 24). Auch in Rechtsprechung und Literatur wird die Auffassung vertreten, dass die Vorschrift auf Sachverhalte anwendbar ist, die zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens abgeschlossen waren, über die aber noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist (OLG Karlsruhe NJW 2021, 945; BeckOGK/Siegmund [Stand. 1. Oktober 2021] EGBGB Art. 240 § 7 Rn. 15; Blatt/Stobbe IMR 2021, 45). Diese Streitfrage kann jedoch dahinstehen. Art. 240 § 7 EGBGB hat nur einen eng begrenzten Regelungsgehalt. Die Vorschrift beschränkt sich auf die Vermutung, dass bei Mietverträgen über gewerblich genutzte Räumlichkeiten Gebrauchsbeschränkungen infolge von staatlich angeordneten Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie zu einer schwerwiegenden Störung der Geschäftsgrundlage führen. Der Regelungsgehalt der Vorschrift bezieht sich damit nur auf das reale Element des § 313 Abs. 1 BGB (BT-Drucks. 19/25322 S. 20), das in den Fällen einer Störung der großen Geschäftsgrundlage ohnehin unproblematisch erfüllt ist. Zu den weiteren Voraussetzungen für eine Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage verhält sich die Vorschrift nicht (BT-Drucks. 19/25322 S. 20 f.). Insbesondere sagt sie auch nichts darüber aus, ob und gegebenenfalls in welcher Form eine Vertragsanpassung erfolgen soll (BeckOGK/Martens [Stand. 1. Oktober 2021] BGB § 313 Rn. 247; BT-Drucks. 19/25322 S. 21).

bb) Für eine Berücksichtigung der Regelungen über die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) ist allerdings grundsätzlich insoweit kein Raum, als es um Erwartungen und um Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen sollen. Eine solche vertragliche Risikoverteilung bzw. Risikoübernahme schließt für die Vertragspartei regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf eine Störung der Geschäftsgrundlage zu berufen (Senatsurteil BGHZ 223, 290 = NJW 2020, 331 Rn. 37 mwN).

Entgegen der Auffassung der Klägerin hat die Beklagte im vorliegenden Fall nicht vertraglich das alleinige Verwendungsrisiko für den Fall einer pandemiebedingten Schließung ihres Einzelhandelsgeschäfts übernommen.

Zwar können die Mietvertragsparteien durch eine entsprechende vertragliche Abrede die Risikoverteilung ändern. Ob das der Fall ist, ist durch Auslegung der getroffenen Vertragsvereinbarungen zu ermitteln. Soweit die Klägerin meint, vorliegend sei in § 5 Nr. 3 des Mietvertrags eine entsprechende Vereinbarung getroffen worden, kann dem jedoch nicht gefolgt werden. Nach ihrem eindeutigen Wortlaut bezieht sich diese Regelung nur auf Mängel- und Schadensersatzansprüche des Mieters. Da Vertragsbestimmungen, mit denen die Mietvertragsparteien die Risikoverteilung abändern wollen, grundsätzlich eng auszulegen sind, kann aus dieser Regelung nicht geschlossen werden, dass die Beklagte über den umfangreichen Verzicht auf mietrechtliche Gewährleistungsansprüche in den von der Vertragsbestimmung erfassten Ereignissen hinaus auch im Fall einer weltweiten Pandemie das alleinige Risiko dafür übernehmen wollte, die Mietsache nicht vertragsgemäß verwenden zu können.

cc) Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte kann auch davon ausgegangen werden, dass die Parteien den Mietvertrag mit einem anderen Inhalt abgeschlossen hätten, wenn sie bei Vertragsschluss im Jahr 2013 die Möglichkeit einer Pandemie und die damit verbundene Gefahr einer hoheitlich angeordneten Betriebsschließung vorausgesehen und bedacht hätten. Es ist anzunehmen, dass redliche Mietvertragsparteien für diesen Fall das damit verbundene wirtschaftliche Risiko nicht einseitig zu Lasten des Mieters geregelt, sondern in dem Vertrag für diesen Fall eine Möglichkeit zur Mietanpassung vorgesehen hätten.

dd) Allein der Wegfall der Geschäftsgrundlage gem. § 313 Abs. 1 BGB berechtigt jedoch noch nicht zu einer Vertragsanpassung. Vielmehr verlangt die Vorschrift als weitere Voraussetzung, dass dem betroffenen Vertragspartner unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Durch diese Formulierung kommt zum Ausdruck, dass nicht jede einschneidende Veränderung der bei Vertragsschluss bestehenden oder gemeinsam erwarteten Verhältnisse eine Vertragsanpassung oder eine Kündigung (§ 313 Abs. 3 BGB) rechtfertigt. Hierfür ist vielmehr erforderlich, dass ein Festhalten an der vereinbarten Regelung für die betroffene Partei zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis führt (Senatsbeschluss vom 3. Dezember 2014 - XII ZB 181/13 - FamRZ 2015, 393 Rn. 19 mwN; BGH Urteil vom 1. Februar 2012 - VIII ZR 307/10 - NJW 2012, 1718 Rn. 30 mwN). Deshalb kommt eine Vertragsanpassung zugunsten des Mieters jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn ihm ein unverändertes Festhalten an der vertraglich vereinbarten Miethöhe unter Abwägung aller Umstände einschließlich der vertraglichen Risikoverteilung zumutbar ist (vgl. BGH Urteil vom 11. Dezember 2019 - VIII ZR 234/18 - NJW-RR 2020, 523 Rn. 20 ff.).

(1) Im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter trägt grundsätzlich der Mieter das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache. Dazu gehört bei der gewerblichen Miete vor allem die Chance, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können (Senatsurteil vom 21. September 2005 - XII ZR 66/03 - NJW 2006, 899, 901). Erfüllt sich die Gewinnerwartung des Mieters aufgrund eines nachträglich eintretenden Umstandes nicht, so verwirklicht sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters. Das gilt auch in Fällen, in denen es durch nachträgliche gesetzgeberische oder behördliche Maßnahmen zu einer Beeinträchtigung des Gewerbebetriebs des Mieters kommt (Senatsurteil vom 13. Juli 2011 - XII ZR 189/09 - NJW 2011, 3151 Rn. 9).

Beruht die enttäuschte Gewinnerwartung des Mieters jedoch auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie wie einer Betriebsschließung für einen gewissen Zeitraum, geht dies über das gewöhnliche Verwendungsrisiko des Mieters hinaus (vgl. OLG München NJW 2021, 948, 951 f.; KG GE 2021, 570, 572; Häublein/Müller NZM 2020, 482, 487; Streyl NZM 2020, 817, 822; Warmuth COVuR 2020, 16; 20; Römermann NJW 2021, 265, 268). Die wirtschaftlichen Nachteile, die ein gewerblicher Mieter aufgrund einer pandemiebedingten Betriebsschließung erlitten hat, beruhen nicht auf unternehmerischen Entscheidungen oder der enttäuschten Vorstellung, in den Mieträumen ein Geschäft betreiben zu können, mit dem Gewinne erwirtschaftet werden. Sie sind vielmehr Folge der umfangreichen staatlichen Eingriffe in das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie, für die keine der beiden Mietvertragsparteien verantwortlich gemacht werden kann. Die Art der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie wurde zudem von dem Ziel bestimmt, menschliche Kontakte aus Gründen des Infektionsschutzes weitgehend zu reduzieren. Die Maßnahmen waren nach epidemiologischen Gesichtspunkten ausgewählt, knüpften dabei aber grundsätzlich weder an spezifische Eigenschaften des vom Mieter geführten Gewerbebetriebs noch an solche des Mietobjekts an (BeckOGK/Martens [Stand: 1. Oktober 2021] BGB § 313 Rn. 246). Durch die COVID-19-Pandemie hat sich damit letztlich ein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht, das von der mietvertraglichen Risikoverteilung ohne eine entsprechende vertragliche Regelung nicht erfasst wird. Diese Systemkrise mit ihren weitreichenden Folgen hat vielmehr zu einer Störung der großen Geschäftsgrundlage geführt. Das damit verbundene Risiko kann regelmäßig keiner Vertragspartei allein zugewiesen werden (KG GE 2021, 570, 572; Häublein/Müller NZM 2020, 482, 487; Römermann NJW 2021, 265, 268). Schließlich ging auch der Gesetzgeber bei der Schaffung des Art. 240 § 7 EGBGB davon aus, dass ohne entsprechende vertragliche Regelungen Belastungen infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie regelmäßig weder der Sphäre des Vermieters noch des Mieters zuzuordnen sind (BT-Drucks. 19/25322 S. 21).

Danach hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass die pandemiebedingte Schließung von Geschäften nicht allein das Verwendungsrisiko der Beklagten betrifft und ihr daher auch nicht einseitig aufgebürdet werden kann.

(2) Auch wenn die mit einer pandemiebedingten Betriebsschließung verbundene Gebrauchsbeeinträchtigung der Mietsache nicht allein dem Verwendungsrisiko des Mieters zugeordnet werden kann, bedeutet dies aber nicht, dass der Mieter stets eine Anpassung der Miete für den Zeitraum der Schließung verlangen kann. Ob dem Mieter ein Festhalten an dem unveränderten Vertrag unzumutbar ist, bedarf auch in diesem Fall einer umfassenden Abwägung, bei der sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind (§ 313 Abs. 1 BGB). Eine pauschale Betrachtungsweise wird den Anforderungen an dieses normative Tatbestandsmerkmal der Vorschrift nicht gerecht. Deshalb kommt eine Vertragsanpassung dahingehend, dass ohne Berücksichtigung der konkreten Umstände die Miete für den Zeitraum der Geschäftsschließung grundsätzlich um die Hälfte herabgesetzt wird, weil das Risiko einer pandemiebedingten Gebrauchsbeschränkung der Mietsache keine der beiden Mietvertragsparteien allein trifft, nicht in Betracht (vgl. auch OLG München NJW 2021, 948, 952; OLG Hamm Urteil vom 24. September 2021 - 30 U 114/21 - juris Rn. 79; OLG Karlsruhe NJW 2021, 945, 947; Klose NZM 2021, 832, 839; a.A. KG GE 2021, 570, 572; OLG Köln NJW-RR 2021, 1218, 1221; Zehelein NZM 2020, 390, 399 f.; Römermann NJW 2021, 265, 269; Säcker/Schubert BB 2020, 2563, 2570; Klimesch/Walther ZMR 2020, 556, 557 f.).

Bei der vorzunehmenden Abwägung ist zunächst von Bedeutung, welche Nachteile dem Mieter durch die Geschäftsschließung und deren Dauer entstanden sind. Diese werden bei einem gewerblichen Mieter primär in einem konkreten Umsatzrückgang für die Zeit der Schließung bestehen, wobei jedoch nur auf das konkrete Mietobjekt und nicht auf einen möglichen Konzernumsatz abzustellen ist (Streyl NZM 2020, 817, 825). Zu berücksichtigen kann auch sein, welche Maßnahmen der Mieter ergriffen hat oder ergreifen konnte, um die drohenden Verluste während der Geschäftsschließung zu vermindern.

Da eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage aber nicht zu einer Überkompensierung der entstandenen Verluste führen darf, sind bei der Prüfung der Unzumutbarkeit grundsätzlich auch die finanziellen Vorteile zu berücksichtigen, die der Mieter aus staatlichen Leistungen zum Ausgleich dieser pandemiebedingten Nachteile erlangt hat (OLG München NJW 2021, 948, 952; OLG Karlsruhe NJW 2021, 945, 946 f.; KG GE 2021, 570, 572; Häublein/Müller NZM 2020, 482, 489; Zehelein NZM 2020, 390, 401; Saxinger ZMR 2020, 1002, 1007 f.; Tölle/Ehrentreich IMR 2021, 178, 179; Klimesch IMR 2021, 47; Güther ZMR 2021, 296 f.). Auch Leistungen einer einstandspflichtigen Betriebsversicherung des Mieters können zu berücksichtigen sein (OLG Frankfurt NZM 2021, 395, 402; Häublein/Müller NZM 2020, 482, 488 f.; vgl. auch den Verhandlungstermin des BGH am 26. Januar 2022 in dem Verfahren IV ZR 144/21). Staatliche Unterstützungsmaßnahmen, die nur auf Basis eines Darlehens gewährt wurden, bleiben hingegen bei der gebotenen Abwägung außer Betracht, weil der Mieter durch sie keine endgültige Kompensation der erlittenen Umsatzeinbußen erreicht (Häublein/Müller NZM 2020, 482, 489). Eine tatsächliche Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Mieters ist dagegen nicht erforderlich (KG GE 2021, 570, 572; OLG Frankfurt NZM 2021, 395, 402; Streyl NZM 2020, 817, 824; Römermann NJW 2021, 265, 268).

Schließlich sind bei der gebotenen Abwägung auch die Interessen des Vermieters in den Blick zu nehmen (vgl. OLG München NJW 2021, 948, 952).

(3) Dabei obliegt es grundsätzlich der Vertragspartei, die sich auf eine Störung der Geschäftsgrundlage beruft, nachzuweisen, dass ihr ein Festhalten am unveränderten Vertrag unzumutbar ist (MünchKommBGB/Finkenauer 8. Aufl. § 313 Rn. 135 mwN). Im Falle einer pandemiebedingten Geschäftsschließung muss daher der Mieter darlegen und gegebenenfalls beweisen, welche Nachteile ihm aus der Betriebsschließung entstanden sind, die ihm eine vollständige Mietzahlung für diesen Zeitraum unzumutbar machen (Saxinger ZMR 2020, 1002, 1007 f.; Tölle/Ehrentreich IMR 2021, 178, 180), und welche zumutbaren Anstrengungen er unternommen hat, um drohende Verluste auszugleichen. Behauptet der Mieter, keine staatlichen Unterstützungsleistungen erhalten zu haben, muss er darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass er sich um mögliche Hilfeleistungen vergeblich bemüht hat. Gelingt ihm dies nicht, muss er sich so behandeln lassen, als hätte er die staatlichen Unterstützungsleistungen erhalten (Häublein/Müller NZM 2020, 481, 489). Wendet hingegen der Vermieter ein, dass die vom Mieter behaupteten Verluste nicht auf der COVID-19-Pandemie beruhen, trifft ihn hierfür die Darlegungs- und Beweislast (BeckOGK/Martens [Stand: 1. Oktober 2021] BGB § 313 Rn. 251).

Auf dieser Grundlage hat das Gericht in tatrichterlicher Verantwortung und unter Berücksichtigung von § 287 ZPO für den konkreten Einzelfall die Voraussetzungen des § 313 BGB festzustellen und gegebenenfalls eine Vertragsanpassung vorzunehmen.

b) Nach diesen Grundsätzen ist die Auffassung des Berufungsgerichts, im vorliegenden Fall sei der Mietvertrag dahingehend anzupassen, dass die Beklagte für die Zeit der Geschäftsschließung nur die hälftige Miete schuldet, nicht frei von Rechtsfehlern.

Das Berufungsgericht hat verkannt, dass die Frage, ob dem Mieter ein Festhalten an dem Vertrag zumutbar ist, auch im Fall einer pandemiebedingten Geschäftsschließung eine konkret auf den Einzelfall bezogene Abwägung aller relevanten Umstände erfordert, die nicht durch eine pauschale Aufteilung der Miete ersetzt werden kann. Deshalb lässt sich die vom Berufungsgericht vorgenommene Absenkung der Kaltmiete um 50 % nicht mit der gegebenen Begründung rechtfertigen, die mit der pandemiebedingten Geschäftsschließung verbundenen Belastungen seien gleichmäßig auf beide Mietvertragsparteien zu verteilen, weil keine der Parteien eine Ursache für die Störung der Geschäftsgrundlage gesetzt habe. Das Berufungsgericht hätte vielmehr tragfähige Feststellungen dazu treffen müssen, welche konkreten wirtschaftlichen Auswirkungen die Geschäftsschließung in dem streitgegenständlichen Zeitraum für die Beklagte hatte und ob diese Nachteile ein Ausmaß erreicht haben, das eine Anpassung des Mietvertrags erforderlich macht. Deshalb durfte das Berufungsgericht es auch nicht dahinstehen lassen, ob die Beklagte für die Zeit der Geschäftsschließung entsprechende staatliche Hilfen erhalten hat oder hätte erhalten können. Die Beklagte hat zwar in den Instanzen vorgetragen, ihr seien keine staatlichen Unterstützungsleistungen zugeflossen. Die Klägerin hat diese Behauptung jedoch - auch noch im Berufungsverfahren - bestritten. Hinzu kommt, dass die Beklagte nur die Miete für April 2020 ausgesetzt und die weiteren Mieten im Jahr 2020 vollständig bezahlt hat. Auch dies hätte für das Berufungsgericht Anlass sein müssen, sich die Frage vorzulegen, ob der durch die Geschäftsschließung entstandene Umsatzrückgang tatsächlich so erheblich war, dass der Beklagten die vollständige Zahlung der Miete für den streitgegenständlichen Zeitraum unzumutbar war.

III.

Die angefochtene Entscheidung ist daher gemäß § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben und die Sache ist nach § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Dose

Klinkhammer

Günter

Botur

Krüger

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.