Bundesgerichtshof Urteil, 01. März 2006 - XII ZR 157/03
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien, die im Revisionsverfahren noch um Trennungsunterhalt streiten, schlossen am 27. Mai 1995 die Ehe, aus der der am 28. Dezember 1995 geborene Sohn Max hervorgegangen ist. Seit dem 30. Oktober 2000 leben sie voneinander getrennt. Das Kind lebt im Haushalt der Mutter. Es leidet an einem unklaren Dysmorphie-Syndrom; aufgrund seiner Schwerbehinderung ist eine Pflegebedürftigkeit nach der Pflegestufe III anerkannt. Das Pflegegeld in Höhe von monatlich 1.300 DM bzw. 665 € wird an die Klägerin gezahlt.
- 2
- Diese war bis zum 30. November 2002 bei der Stadt W. teilzeitbeschäftigt ; sie verrichtete ihre Tätigkeit von einem häuslichen Telearbeitsplatz aus. Seit dem 1. Dezember 2002 ist sie nicht mehr erwerbstätig. Sie lebt seit April 2002 mit einem neuen Partner zusammen.
- 3
- Der Beklagte ist als Industriekaufmann beschäftigt. Auf einen zusammen mit der Klägerin aufgenommenen Kredit entrichtete er - ebenso wie diese - bis Mai 2002 monatliche Raten von 250 DM (128 €). Seit der Trennung zahlte er Trennungsunterhalt in Höhe von 759,50 DM und Kindesunterhalt in Höhe von 345 DM (jeweils monatlich); seit Januar 2002 zahlt er insgesamt 507,20 € monatlich.
- 4
- Die Klägerin hat den Beklagten im Wege der Stufenklage auf Zahlung von Trennungs- und Kindesunterhalt für die Zeit ab August 2001 in Anspruch genommen. Bezüglich des begehrten Trennungsunterhalts (monatlich 925,03 € ab Mai 2002 zuzüglich eines Rückstandes für die Zeit bis April 2002) hat sie die Auffassung vertreten, ihr Erwerbseinkommen sei nicht zu berücksichtigen, da sie aufgrund der Versorgung des schwer behinderten Kindes erheblich belastet sei. Max fehle wegen zusätzlicher Erkrankungen häufig im Kindergarten; sie werde von ihrem Arbeitgeber zwar während dieser Betreuungszeiten freigestellt , müsse die Zeiten jedoch nacharbeiten, weshalb sie teilweise noch bis spät abends tätig sei.
- 5
- Der Beklagte ist dem Unterhaltsbegehren entgegengetreten. Er hat geltend gemacht, die Erwerbstätigkeit der Klägerin sei zumutbar, denn sie könne ihrer Arbeit in der Zeit nachgehen, in der Max den Kindergarten besuche. Soweit dies wegen akuter Erkrankungen des Kindes nicht möglich sei, könne die Klägerin die Betreuung durch eine Pflegekraft beanspruchen.
- 6
- Das Amtsgericht hat den Beklagten zur Zahlung von Kindesunterhalt sowie zur Zahlung folgenden Trennungsunterhalts verurteilt: monatlich 918 € für Mai 2002, monatlich 851 € ab Juni 2002 sowie für die Zeit von August 2001 bis April 2002 rückständiger 4.959,80 €. Auf die gegen die Verurteilung zur Zahlung von Trennungsunterhalt gerichtete Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht das angefochtene Urteil insoweit abgeändert und der Klägerin Beträge zuerkannt, die zwischen 862 € und 694 € (jeweils monatlich) liegen. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 7
- Das Rechtsmittel ist - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - uneingeschränkt zulässig. Die Revision hat zwar beantragt, das Berufungsurteil aufzuheben und die Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abzuweisen. Die Auslegung des in der Revisionsbegründung zum Ausdruck kommenden Rechtsmittelbegehrens ergibt indessen ohne jeden Zweifel, dass der Beklagte nicht Klageabweisung insgesamt, sondern hinsichtlich des in der Berufungsinstanz allein noch streitgegenständlichen Trennungsunterhalts begehrt, also nicht hinsichtlich seiner Verurteilung zur Zahlung von Kindesunterhalt , die bereits in Rechtskraft erwachsen ist. Das hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch klargestellt.
II.
- 8
- Die Revision ist auch begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 9
- 1. Die Klägerin hat nach § 1361 Abs. 1 BGB Anspruch auf den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Parteien angemessenen Trennungsunterhalt. Bei der Ermittlung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, dass diese durch die Einkünfte beider Parteien geprägt worden seien.
- 10
- Dazu hat es im Wesentlichen ausgeführt:
- 11
- Von dem Einkommen des Beklagten seien bis Mai 2002 keine berufsbedingten Aufwendungen in Abzug zu bringen, da ihm bis dahin ein Firmenwagen zur Verfügung gestanden habe und er bei seinem Arbeitgeber kostenlos habe tanken können. Vielmehr sei die private Nutzungsmöglichkeit des Firmenwagens als geldwerter Vorteil zu berücksichtigen. Der Entzug dieses Fahrzeugs ab Juni 2002 habe zur Folge, dass dieser Vorteil entfallen sei und die vom Beklagten geltend gemachten Fahrtkosten von da an als berufsbedingte Aufwendungen anzuerkennen seien. Die Benutzung eines Pkw für die Fahrten zur Arbeitsstelle müsse die Klägerin hinnehmen, weil die ehelichen Lebensverhältnisse hierdurch geprägt gewesen seien und kein Mangelfall vorliege. Gegen den Ansatz von 0,26 € pro Kilometer bestünden keine Bedenken, da die einfache Fahrtstrecke lediglich 25 km betrage. In dieser Fahrtkostenpauschale sei allerdings der Aufwand für die Anschaffung bzw. Finanzierung des Pkw enthalten, so dass der Beklagte die behaupteten Kreditraten von 150 € monatlich nicht zusätzlich von seinem Einkommen in Abzug bringen könne. Abzusetzen seien deshalb allein berufsbedingte Aufwendungen in Höhe von 240,50 € (50 km x 0,26 € x 222 Arbeitstage : 12). Unter Berücksichtigung der bis Mai 2002 zu zahlenden anderweitigen Kreditraten, des geschuldeten Kindesunterhalts sowie des in Abzug zu bringenden Erwerbstätigenbonus sei - wie vom Amtsgericht errechnet - von einem bereinigten monatlichen Einkommen des Beklagten von 3.360 DM bis November 2001, von 3.266 DM für Dezember 2001 und von 1.723 € von Januar bis Mai 2002 auszugehen. Ab Juni 2002 sei dagegen - unter zusätzlicher Berücksichtigung der vorgenannten Fahrtkosten - ein bereinigtes monatliches Einkommen von 1.486,35 € zugrunde zu legen.
- 12
- Hinsichtlich der Einkommensverhältnisse der Klägerin hat das Berufungsgericht ausgeführt: Das ihr zufließende Pflegegeld für Max habe gemäß § 13 Abs. 6 SGB XI unberücksichtigt zu bleiben, weil keine der in dieser Bestimmung genannten Ausnahmen vorliege. Die bis November 2002 ausgeübte Halbtagsbeschäftigung der Klägerin sei als überobligationsmäßige Tätigkeit zu bewerten. Grundsätzlich bestehe keine Erwerbsverpflichtung des ein Kind betreuenden Ehegatten, solange dieses nicht die dritte Grundschulklasse besuche. Max sei erst sieben Jahre alt, stehe aber infolge seiner Behinderung auf der Entwicklungsstufe eines Kleinkindes. Die Betreuungsleistungen der Mutter seien auch nicht mit denen für ein Schulkind im Alter von acht Jahren zu vergleichen , auch wenn Max, der den Lebenshilfekindergarten besuche, dadurch in der Regel mindestens so lange von zu Hause abwesend sei wie ein Grundschulkind. Aufgrund des von Max gewonnenen Eindrucks stehe außer Frage, dass die Klägerin morgens, bis das Kind abgeholt werde, und nachmittags von seiner Rückkehr bis zum Dienstbeginn der Nachtwache ungleich mehr an Betreuungsleistungen für ihn zu erbringen habe als für ein gesundes Kindergartenkind. Auf den gesamten Tagesablauf bezogen ergebe sich deshalb jedenfalls keine nennenswerte Entlastung der Klägerin gegenüber der Betreuungssituation für ein gesundes Kind im Kindergarten- oder Grundschulalter. Das daher überobligationsmäßig erzielte Einkommen (von - bereinigt um die Kreditrate sowie den Erwerbstätigenbonus - 1.428 DM im Jahr 2001, 760 € für Januar bis Mai 2002 und 875 € von Juni bis November 2002) sei in voller Höhe als bedarfsprägend anzusetzen, jedoch in Anwendung von § 1577 Abs. 2 BGB nur teilweise, nämlich zur Hälfte, als bedarfsmindernd zu berücksichtigen. Die Bewertung der Berufstätigkeit der Klägerin als überobligationsmäßig habe weiter zur Folge, dass sie diese jederzeit habe aufgeben dürfen. Das gelte um so mehr, als sie einleuchtende Gründe für ihre Entscheidung, sich beurlauben zu lassen, vorgebracht habe. Neben ihren Erwerbseinkünften müsse die Klägerin sich allerdings fiktive Einkünfte aus der - in relativ geringem Umfang übernommenen - Haushaltsführung für ihren neuen Partner anrechnen lassen. Angemessen sei insofern für die Zeit ab April 2002 ein Betrag von monatlich 100 € (1/2 des üblicherweise nach Ziff. 6 der Süddeutschen Leitlinien - Stand: 1. Januar 2002 - anzusetzenden Mindestbetrages von 200 €). Das betreffende Einkommen sei in der selben Weise wie das Erwerbseinkommen im Rahmen der Unterhaltsberechnung zu berücksichtigen.
- 13
- Diese Ausführungen halten nicht in allen Punkten der rechtlichen Nachprüfung stand.
- 14
- 2. Die Ermittlung des Einkommens des Beklagten ist allerdings aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Soweit die Revision die Auffassung vertritt , das Berufungsgericht habe es zu Unrecht abgelehnt, den Aufwand des Beklagten für die Finanzierung des Pkw in Höhe von monatlich 150 € zu berücksichtigen , kann ihr nicht gefolgt werden.
- 15
- Das Berufungsgericht hat die Höhe der als abzugsfähig anzuerkennenden Fahrtkosten zur Arbeit in tatrichterlicher Verantwortung und entsprechendem eigenen Vortrag des Beklagten nach einem Satz von 0,26 €/km bestimmt.
- 16
- Damit ist der Unterhaltsberechnung das vom Berufungsgericht festgestellte Einkommen des Beklagten zugrunde zu legen, gegen dessen Ermittlung die Revision im Übrigen auch keine Einwendungen erhoben hat.
- 17
- 3. a) Gegen das vom Berufungsgericht errechnete Einkommen der Klägerin aus Erwerbstätigkeit bestehen ebenfalls keine Bedenken. Auch die Revision erinnert hiergegen nichts.
- 18
- b) Sie wendet sich allerdings gegen die Beurteilung der Erwerbstätigkeit der Klägerin als überobligationsmäßig. Insofern weist sie darauf hin, dass nach allgemeiner Ansicht zwar in der Regel eine Erwerbsobliegenheit des betreuenden Ehegatten erst dann bestehe, wenn das jüngste Kind die dritte Grundschulklasse besuche. Hiervon könne aber vor allem bei der Fortsetzung einer bereits vor der Trennung nicht wegen einer Notlage ausgeübten Tätigkeit abgewichen werden. Das Berufungsgericht habe diesen Grundsatz nicht beachtet und infolgedessen nicht geprüft, ob nach den vorliegenden Umständen ein Abweichen von der Regel in Betracht komme. Der Beklagte habe unwidersprochen vorgetragen , dass die Klägerin bereits ab dem zweiten Lebensjahr des Sohnes, nämlich von Anfang 1998 an, freiwillig einer Halbtagstätigkeit nachgegangen sei. Sie müsse für mehr als 7 ½ Stunden pro Tag keine Betreuungsleistungen erbringen, weil Max insoweit im Lebenshilfekindergarten betreut werde. Damit seien die Betreuungsleistungen eher geringer als für ein gesundes Kind im Kindergarten - oder Grundschulalter. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin für die Betreuungsdienste Pflegegeld beziehe und zusätzlich Leistungen im Rahmen der Verhinderungspflege durch die Krankenkasse erhalten habe.
- 19
- Damit kann die Revision nicht durchdringen.
- 20
- c) Inwieweit für einen Ehegatten, der ein gemeinsames Kind betreut, eine Erwerbsobliegenheit besteht, ist nach objektiven Kriterien zu entscheiden. Bei der vorzunehmenden Abwägung der Umstände des Einzelfalls kommt es neben den persönlichen Verhältnissen des Unterhalt fordernden Ehegatten vor allem auf die Betreuungsbedürftigkeit des Kindes an. Dabei spielt nicht nur das Alter des Kindes eine Rolle, sondern insbesondere auch sein Gesundheitszustand, sein sonstiger Entwicklungsstand sowie möglicherweise bei ihm aufgetretene Verhaltensstörungen. Demgemäß ist auch ein überdurchschnittlich hoher Betreuungsbedarf so genannter Problemkinder zu berücksichtigen (Senatsurteile vom 26. Oktober 1984 - IVb ZR 44/83 - FamRZ 1985, 50, 51 und vom 18. April 1984 - IVb ZR 80/82 - FamRZ 1984, 769, 770; Wendl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 4 Rdn. 68, 70; Schwab/Borth Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. Kap. IV Rdn. 162; Kleffmann in Scholz/Stein Praxishandbuch Familienrecht Teil H Rdn. 65).
- 21
- Nach der Rechtsprechung des Senats braucht sich eine Ehefrau, die Unterhalt von ihrem Ehemann verlangt, im Regelfall nicht auf eine eigene Erwerbstätigkeit verweisen zu lassen, solange sie ein Kind betreut, das noch nicht acht Jahre alt ist (vgl. Senatsurteile vom 30. November 1994 - XII ZR 226/93 - FamRZ 1995, 291, 292 und vom 21. Dezember 1988 - IVb ZR 18/88 - FamRZ 1989, 487 m.w.N.). Dieser Beurteilung liegt die Erfahrung zugrunde, dass ein schulpflichtiges Kind in den ersten Schuljahren noch einer verstärkten Beaufsichtigung und Fürsorge bedarf, die nicht auf bestimmte Zeitabschnitte eines Tages beschränkt ist (Senatsurteil vom 23. Februar 1983 - IVb ZR 363/81 - FamRZ 1983, 456, 458). Im Prozess hat deshalb derjenige, der sich auf eine Ausnahme von dieser auf der Lebenserfahrung beruhenden Regel beruft, die hierfür erforderlichen Voraussetzungen darzulegen und notfalls zu beweisen (Senatsurteile vom 26. Oktober 1984 aaO S. 51 und vom 23. Februar 1983 aaO S. 458).
- 22
- d) Der Beklagte hat zwar Umstände vorgetragen, aus denen sich nach seiner Auffassung eine Erwerbsobliegenheit der Klägerin ergibt. Das Berufungsgericht hat sich hierdurch jedoch nicht veranlasst gesehen, von seiner dem vorgenannten Grundsatz entsprechenden Beurteilung abzuweichen. Das ist im Ergebnis aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
- 23
- Die Revision weist im Ansatz zutreffend darauf hin, dass es nach der Rechtsprechung des Senats im Rahmen der Prüfung der persönlichen Verhältnisse des betreuenden Ehegatten regelmäßig von Bedeutung ist, ob er bereits während der bestehenden ehelichen Lebensgemeinschaft eine berufliche Tätigkeit ausgeübt hat. Der Senat hat dabei maßgeblich darauf abgehoben, dass eine Erwerbstätigkeit, die nicht aus Not, also wegen unzureichender Versorgung durch den unterhaltspflichtigen Ehegatten, sondern aus freien Stücken aufgenommen worden sei, im Allgemeinen zu einer Überprüfung Anlass geben werde, ob nicht die Grenzen des Zumutbaren zunächst zu eng gezogen worden seien. Die Ausübung der Erwerbstätigkeit könne in diesem Zusammenhang ein bedeutsames Indiz für die vorhandene tatsächliche Arbeitsfähigkeit sein (Senatsurteile vom 23. September 1981 - IVb ZR 600/80 - FamRZ 1981, 1159, 1161 und vom 21. Januar 1998 aaO S. 1502).
- 24
- Entgegen der Auffassung der Revision lässt sich hieraus indessen kein für eine Erwerbsobliegenheit sprechender Grundsatz herleiten; vielmehr gilt es allein, die mögliche indizielle Bedeutung einer tatsächlich ausgeübten Erwerbstätigkeit zu beachten. Ob diese mit Rücksicht auf die Betreuungsbedürftigkeit eines Kindes zumutbar ist oder entsprechend dem Grundsatz, dass etwa bei Betreuung eines - wie hier zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht - noch nicht acht Jahre alten Kindes regelmäßig keine Erwerbsobliegenheit besteht, als überobligationsmäßig zu bewerten ist, muss aber nach der konkreten Situation, in der sich ein Ehegatte nach der Trennung oder Scheidung befindet, beurteilt werden. Es ist deshalb auch zu berücksichtigen , dass mit der Trennung die Mehrbelastung des ein Kind betreuenden Ehegatten nicht wie früher durch den anderen Ehegatten aufgefangen werden kann, sondern der betreuende Ehegatte nunmehr grundsätzlich auf sich allein angewiesen ist, was die Fortsetzung der bisherigen Erwerbstätigkeit unzumutbar erscheinen lassen kann (vgl. Senatsurteil vom 4. November 1987 - IVb ZR 81/86 - FamRZ 1988, 145, 148 f.; Göppinger/Bäumel Unterhaltsrecht 8. Aufl. Rdn. 957; Wendl/Pauling aaO § 4 Rdn. 28; Kleffmann in Scholz/Stein aaO Teil H Rdn. 67; Johannsen/Henrich/Büttner Eherecht 4. Aufl. § 1570 Rdn. 24; Schwab/Borth aaO Kap. IV Rdn. 172; FA-FamR/Gerhardt 5. Aufl. 6. Kap. Rdn. 264; Luthin Handbuch des Unterhaltsrechts 10. Aufl. Rdn. 2108; Weinreich /Klein Familienrecht 2. Aufl. § 1570 Rdn. 8; vgl. auch Born FamRZ 1997, 129, 132).
- 25
- Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen tragen die tatrichterliche Würdigung, dass die Klägerin überobligationsmäßig gearbeitet hat. Das Berufungsgericht hat entscheidend darauf abgestellt, dass das zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz sieben Jahre alte Kind aufgrund seiner Schwerbehinderung auf der Entwicklungsstufe eines Kleinkindes steht, weshalb die Mutter - bevor Max morgens zum Kindergarten abgeholt wird sowie nach seiner Rückkehr bis zum Beginn der Tätigkeit der für die nächtliche Überwachung erforderlichen Hilfskräfte - ungleich mehr an Betreuungsleistungen für ihn zu erbringen hat als für ein gesundes Kindergartenkind. Auf den gesamten Tagesablauf bezogen ergibt sich deshalb durch den Besuch des Kindergartens keine nennenswerte Entlastung der Klägerin gegenüber der Betreuungssituation für ein gesundes Kindergartenkind. Vielmehr war die Klägerin darauf angewiesen, in der Zeit, während der sich Max im Kindergarten aufhielt, die notwendige Hausarbeit zu verrichten, um sich dem Kind nach seiner Rückkehr (nach 15.00 Uhr) wieder uneingeschränkt widmen und es beaufsichtigen zu können. Die daneben ausgeübte Erwerbstätigkeit stellt deshalb, auch wenn sie im Wesentlichen von einem häuslichen Telearbeitsplatz aus verrichtet werden konnte, eine überobligationsmäßige Tätigkeit der Klägerin dar, die von ihr nicht verlangt werden kann.
- 26
- e) Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass die Klägerin für ihre Betreuungsleistungen Pflegegeld in Höhe von monatlich 1.300 DM bzw. 665 € erhält. Das nach § 37 Abs. 1 SGB XI gewährte Pflegegeld bleibt, wenn es an eine Pflegeperson weitergeleitet wird, bei der Ermittlung von Unterhaltsansprü- chen der Pflegeperson grundsätzlich unberücksichtigt (§ 13 Abs. 6 Satz 1 SGB XI). Mit dieser Regelung soll erreicht werden, dass das Pflegegeld nicht nur dem Pflegebedürftigen selbst, sondern auch der Pflegeperson, die die häusliche Pflege unentgeltlich übernommen hat, möglichst ungeschmälert erhalten bleibt. In dem Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Elften Buches Sozialgesetzbuch wird hierzu ausgeführt: Ohne eine gesetzliche Regelung würde die unterhaltsrechtliche Berücksichtigung des Pflegegeldes weiterhin allein durch richterliche Entscheidung bestimmt. Dabei ist davon auszugehen, dass auf der Basis der bisherigen zivilrechtlichen Rechtsprechung zum BSHG- und SGB V-Pflegegeld das vom Pflegebedürftigen an die Pflegeperson weitergeleitete Pflegegeld zu einem erheblichen Teil als "Vergütungsanteil" der Pflegeperson bewertet und demzufolge unterhaltsrechtlich als Einkommen der Pflegeperson berücksichtigt wird (so auch noch Senatsbeschluss vom 24. April 1996 - XII ZR 7/96 - FamRZ 1996, 933). Dies ist mit dem sozialpolitischen Anliegen, die häusliche Pflege zu fördern und die Pflegebereitschaft und -fähigkeit im häuslichen Bereich zu stärken, nicht vereinbar. Mit der Neuregelung wird erreicht , dass z.B. bei einer geschiedenen Ehefrau nicht mehr der Unterhaltsanspruch gegenüber dem geschiedenen Ehemann gemindert wird, wenn sie für die Pflege des gemeinsamen behinderten pflegebedürftigen Kindes Pflegegeld erhält (BT-Drucks. 14/580 S. 5).
- 27
- Der Senat hält mit Blick auf die zum 1. August 1999 in Kraft getretene Neufassung des § 13 Abs. 6 SGB XI an seiner früheren Auffassung nicht mehr fest. Da einer der in § 13 Abs. 6 Satz 2 SGB XI geregelten Ausnahmefälle nicht vorliegt, verbietet sich mithin eine unterhaltsrechtliche Berücksichtigung des Pflegegeldes, die zu einer Verkürzung des der Klägerin zustehenden Unterhaltsanspruchs führen würde (vgl. auch Trenk-Hinterberger in Wannagat SGB XI § 13 Rdn. 172 a).
- 28
- 4. Die Bewertung der Erwerbstätigkeit der Klägerin als überobligatorisch hat - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - zugleich zur Folge , dass sie diese Beschäftigung jederzeit aufgeben konnte. Das gilt vorliegend in besonderem Maße, da die Klägerin, wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht dargelegt hat, keine Telearbeit mehr hätte verrichten können, sondern darauf angewiesen gewesen wäre, in der Behörde zu arbeiten. Diesem Vorbringen ist der Beklagte nicht mehr entgegengetreten.
- 29
- 5. Von der Frage, ob Einkünfte durch überobligationsmäßige Tätigkeit erreicht werden, ist diejenige zu unterscheiden, in welcher Höhe solche Einkünfte unterhaltsrechtlich relevant sind. Soweit das Berufungsgericht das Einkommen der Klägerin in voller Höhe in die Bedarfsberechnung eingestellt, aber nur anteilig , nämlich in Höhe der Hälfte (nach Abzug eines Erwerbstätigenbonus von 1/10), als bedarfsdeckend berücksichtigt hat, begegnet diese Vorgehensweise durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
- 30
- a) Nach der Rechtsprechung des Senats ist bei der Ermittlung des angemessenen Unterhaltsbedarfs nur der unterhaltsrelevante Anteil eines überobligatorisch erzielten Einkommens als eheprägend zu berücksichtigen. Der nicht unterhaltsrelevante Anteil der überobligationsmäßig erzielten Einkünfte prägt die ehelichen Lebensverhältnisse dagegen nicht (Senatsurteil vom 13. April 2005 - XII ZR 273/02 - FamRZ 2005, 1154, 1157 f.). Damit steht nicht in Einklang , dass das Berufungsgericht das volle Einkommen der Klägerin in die Bedarfsbemessung einbezogen hat.
- 31
- b) Die Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Einkommen aus einer überobligatorischen Tätigkeit des Unterhaltsberechtigten bei der Unterhaltsberechnung zu berücksichtigen ist, lässt sich nach der Rechtsprechung des Senats nicht pauschal beantworten, sondern hängt von den besonderen Umständen des Einzelfalles ab. Maßgebend ist hierbei insbesondere, wie etwa die Kinderbetreuung mit den konkreten Arbeitszeiten unter Berücksichtigung erforderlicher Fahrzeiten zu vereinbaren ist und ob und gegebenenfalls zu welchen Zeiten die Kinder infolge eines Kindergarten- oder Schulbesuchs der Betreuung nicht bedürfen (vgl. zuletzt Senatsurteile vom 15. Dezember 2004 - XII ZR 121/03 - FamRZ 2005, 442, 444 und vom 13. April 2005 - XII ZR 48/02 - FamRZ 2005, 967, 970).
- 32
- Eine solche Abwägung hat das Berufungsgericht nicht vorgenommen. Es ist vielmehr allein aufgrund der Bewertung der Tätigkeit der Klägerin als überobligationsmäßig zu dem Ergebnis gelangt, das Einkommen sei (nur) zur Hälfte anzurechnen. Demgemäß ist z.B. unberücksichtigt geblieben, dass die Klägerin zumindest teilweise von zu Hause aus arbeiten, mithin sich die Arbeitszeit vermutlich einteilen konnte, und Fahrzeiten jedenfalls überwiegend nicht anfielen. Die Beurteilung, inwieweit das überobligationsmäßig erzielte Einkommen anrechnungsfrei zu bleiben hat, hängt aber maßgeblich davon ab, welchen Schwierigkeiten die Klägerin hinsichtlich der Vereinbarkeit von Arbeit und Kinderbetreuung im Einzelnen ausgesetzt war, z.B. auch davon, welcher Zeitaufwand morgens erforderlich war, bevor Max zum Kindergarten abgeholt wurde.
- 33
- 6. Soweit das Berufungsgericht der Klägerin fiktive Einkünfte für die Haushaltsführung für ihren neuen Partner zugerechnet hat, erhebt die Revision hiergegen weder hinsichtlich des zugrunde gelegten Zeitraums noch bezüglich der Höhe Einwendungen. Die Behandlung dieses Einkommens, das das Berufungsgericht gleichermaßen in die Unterhaltsberechnung im Wege der Additionsmethode eingestellt hat, begegnet keinen rechtlichen Bedenken, sondern entspricht der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsurteil vom 5. Mai 2004 - XII ZR 132/02 - FamRZ 2004, 1173 ff. mit zustimmender Anm. Born FamRZ 2004, 1175 und Harms jurisPR-FamR 13/2004; ablehnend: Gerhardt FamRZ 2004, 1545).
- 34
- 7. Das angefochtene Urteil kann danach keinen Bestand haben. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es über die Bestimmung des der Klägerin anrechnungsfrei zu belassenden Einkommensteils unter Nachholung der hierfür erforderlichen Feststellungen erneut befinden kann.
- 35
- 8. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
- 36
- a) Die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung eines Unterhaltsrückstands von 17.502,82 € für die Zeit von August 2001 bis Juni 2003 beinhaltet für die Zeit von August 2001 bis April 2002 einen Betrag von 7.668,82 € (4.270,82 € + 2.586 € + 812 €), obwohl - mit Rücksicht auf die vom Beklagten geleisteten Zahlungen - insoweit nur ein rückständiger Betrag von 4.959,80 € verlangt worden war. Das Berufungsurteil geht somit - entgegen § 308 Abs. 1 ZPO - über den Klageantrag hinaus.
- 37
- b) Soweit das Berufungsgericht den Beklagten mit der Maßgabe verurteilt hat, "geleistete Zahlungen sind anzurechnen", widerspricht dies dem Bestimmtheitserfordernis eines Vollstreckungstitels mit der Folge, dass das Berufungsurteil , jedenfalls für die Vergangenheit, nicht als vollstreckungsfähig anzusehen sein dürfte (vgl. im Einzelnen Senatsurteil vom 7. Dezember 2005 - XII ZR 94/03 - FamRZ 2006, 261, 262 f.).
Vorinstanzen:
AG Wiesloch, Entscheidung vom 19.09.2002 - 2 F 188/01 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 17.06.2003 - 2 UF 130/02 -
moreResultsText
moreResultsText
Annotations
(1) Leben die Ehegatten getrennt, so kann ein Ehegatte von dem anderen den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen; für Aufwendungen infolge eines Körper- oder Gesundheitsschadens gilt § 1610a. Ist zwischen den getrennt lebenden Ehegatten ein Scheidungsverfahren rechtshängig, so gehören zum Unterhalt vom Eintritt der Rechtshängigkeit an auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderten Erwerbsfähigkeit.
(2) Der nicht erwerbstätige Ehegatte kann nur dann darauf verwiesen werden, seinen Unterhalt durch eine Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen, wenn dies von ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen, insbesondere wegen einer früheren Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe, und nach den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Ehegatten erwartet werden kann.
(3) Die Vorschrift des § 1579 Nr. 2 bis 8 über die Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit ist entsprechend anzuwenden.
(4) Der laufende Unterhalt ist durch Zahlung einer Geldrente zu gewähren. Die Rente ist monatlich im Voraus zu zahlen. Der Verpflichtete schuldet den vollen Monatsbetrag auch dann, wenn der Berechtigte im Laufe des Monats stirbt. § 1360a Abs. 3, 4 und die §§ 1360b, 1605 sind entsprechend anzuwenden.
(1) Zur einheitlichen und überprüfbaren Ermittlung des individuellen Rehabilitationsbedarfs verwenden die Rehabilitationsträger systematische Arbeitsprozesse und standardisierte Arbeitsmittel (Instrumente) nach den für sie geltenden Leistungsgesetzen. Die Instrumente sollen den von den Rehabilitationsträgern vereinbarten Grundsätzen für Instrumente zur Bedarfsermittlung nach § 26 Absatz 2 Nummer 7 entsprechen. Die Rehabilitationsträger können die Entwicklung von Instrumenten durch ihre Verbände und Vereinigungen wahrnehmen lassen oder Dritte mit der Entwicklung beauftragen.
(2) Die Instrumente nach Absatz 1 Satz 1 gewährleisten eine individuelle und funktionsbezogene Bedarfsermittlung und sichern die Dokumentation und Nachprüfbarkeit der Bedarfsermittlung, indem sie insbesondere erfassen,
- 1.
ob eine Behinderung vorliegt oder einzutreten droht, - 2.
welche Auswirkung die Behinderung auf die Teilhabe der Leistungsberechtigten hat, - 3.
welche Ziele mit Leistungen zur Teilhabe erreicht werden sollen und - 4.
welche Leistungen im Rahmen einer Prognose zur Erreichung der Ziele voraussichtlich erfolgreich sind.
(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales untersucht die Wirkung der Instrumente nach Absatz 1 und veröffentlicht die Untersuchungsergebnisse bis zum 31. Dezember 2019.
(4) Auf Vorschlag der Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 6 und 7 und mit Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörden kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die von diesen Rehabilitationsträgern eingesetzten Instrumente im Sinne von Absatz 1 in die Untersuchung nach Absatz 3 einbeziehen.
(1) Die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 bis 5 vereinbaren gemeinsame Empfehlungen zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität der Leistungen, insbesondere zur barrierefreien Leistungserbringung, sowie für die Durchführung vergleichender Qualitätsanalysen als Grundlage für ein effektives Qualitätsmanagement der Leistungserbringer. § 26 Absatz 4 ist entsprechend anzuwenden. Die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 6 und 7 können den Empfehlungen beitreten.
(2) Die Erbringer von Leistungen stellen ein Qualitätsmanagement sicher, das durch zielgerichtete und systematische Verfahren und Maßnahmen die Qualität der Versorgung gewährleistet und kontinuierlich verbessert. Stationäre Rehabilitationseinrichtungen haben sich an dem Zertifizierungsverfahren nach Absatz 3 zu beteiligen.
(3) Die Spitzenverbände der Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 und 3 bis 5 vereinbaren im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation grundsätzliche Anforderungen an ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement nach Absatz 2 Satz 1 sowie ein einheitliches, unabhängiges Zertifizierungsverfahren, mit dem die erfolgreiche Umsetzung des Qualitätsmanagements in regelmäßigen Abständen nachgewiesen wird. Den für die Wahrnehmung der Interessen der stationären Rehabilitationseinrichtungen auf Bundesebene maßgeblichen Spitzenverbänden sowie den Verbänden von Menschen mit Behinderungen einschließlich der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege, der Selbsthilfegruppen und der Interessenvertretungen von Frauen mit Behinderungen ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Stationäre Rehabilitationseinrichtungen sind nur dann als geeignet anzusehen, wenn sie zertifiziert sind.
(4) Die Rehabilitationsträger können mit den Einrichtungen, die für sie Leistungen erbringen, über Absatz 1 hinausgehende Anforderungen an die Qualität und das Qualitätsmanagement vereinbaren.
(5) In Rehabilitationseinrichtungen mit Vertretungen der Menschen mit Behinderungen sind die nach Absatz 3 Satz 1 zu erstellenden Nachweise über die Umsetzung des Qualitätsmanagements diesen Vertretungen zur Verfügung zu stellen.
(6) § 26 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden für Vereinbarungen auf Grund gesetzlicher Vorschriften für die Rehabilitationsträger.
(1) Zur einheitlichen und überprüfbaren Ermittlung des individuellen Rehabilitationsbedarfs verwenden die Rehabilitationsträger systematische Arbeitsprozesse und standardisierte Arbeitsmittel (Instrumente) nach den für sie geltenden Leistungsgesetzen. Die Instrumente sollen den von den Rehabilitationsträgern vereinbarten Grundsätzen für Instrumente zur Bedarfsermittlung nach § 26 Absatz 2 Nummer 7 entsprechen. Die Rehabilitationsträger können die Entwicklung von Instrumenten durch ihre Verbände und Vereinigungen wahrnehmen lassen oder Dritte mit der Entwicklung beauftragen.
(2) Die Instrumente nach Absatz 1 Satz 1 gewährleisten eine individuelle und funktionsbezogene Bedarfsermittlung und sichern die Dokumentation und Nachprüfbarkeit der Bedarfsermittlung, indem sie insbesondere erfassen,
- 1.
ob eine Behinderung vorliegt oder einzutreten droht, - 2.
welche Auswirkung die Behinderung auf die Teilhabe der Leistungsberechtigten hat, - 3.
welche Ziele mit Leistungen zur Teilhabe erreicht werden sollen und - 4.
welche Leistungen im Rahmen einer Prognose zur Erreichung der Ziele voraussichtlich erfolgreich sind.
(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales untersucht die Wirkung der Instrumente nach Absatz 1 und veröffentlicht die Untersuchungsergebnisse bis zum 31. Dezember 2019.
(4) Auf Vorschlag der Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 6 und 7 und mit Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörden kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die von diesen Rehabilitationsträgern eingesetzten Instrumente im Sinne von Absatz 1 in die Untersuchung nach Absatz 3 einbeziehen.
(1) Die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 bis 5 vereinbaren gemeinsame Empfehlungen zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität der Leistungen, insbesondere zur barrierefreien Leistungserbringung, sowie für die Durchführung vergleichender Qualitätsanalysen als Grundlage für ein effektives Qualitätsmanagement der Leistungserbringer. § 26 Absatz 4 ist entsprechend anzuwenden. Die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 6 und 7 können den Empfehlungen beitreten.
(2) Die Erbringer von Leistungen stellen ein Qualitätsmanagement sicher, das durch zielgerichtete und systematische Verfahren und Maßnahmen die Qualität der Versorgung gewährleistet und kontinuierlich verbessert. Stationäre Rehabilitationseinrichtungen haben sich an dem Zertifizierungsverfahren nach Absatz 3 zu beteiligen.
(3) Die Spitzenverbände der Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 und 3 bis 5 vereinbaren im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation grundsätzliche Anforderungen an ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement nach Absatz 2 Satz 1 sowie ein einheitliches, unabhängiges Zertifizierungsverfahren, mit dem die erfolgreiche Umsetzung des Qualitätsmanagements in regelmäßigen Abständen nachgewiesen wird. Den für die Wahrnehmung der Interessen der stationären Rehabilitationseinrichtungen auf Bundesebene maßgeblichen Spitzenverbänden sowie den Verbänden von Menschen mit Behinderungen einschließlich der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege, der Selbsthilfegruppen und der Interessenvertretungen von Frauen mit Behinderungen ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Stationäre Rehabilitationseinrichtungen sind nur dann als geeignet anzusehen, wenn sie zertifiziert sind.
(4) Die Rehabilitationsträger können mit den Einrichtungen, die für sie Leistungen erbringen, über Absatz 1 hinausgehende Anforderungen an die Qualität und das Qualitätsmanagement vereinbaren.
(5) In Rehabilitationseinrichtungen mit Vertretungen der Menschen mit Behinderungen sind die nach Absatz 3 Satz 1 zu erstellenden Nachweise über die Umsetzung des Qualitätsmanagements diesen Vertretungen zur Verfügung zu stellen.
(6) § 26 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden für Vereinbarungen auf Grund gesetzlicher Vorschriften für die Rehabilitationsträger.
(1) Leben die Ehegatten getrennt, so kann ein Ehegatte von dem anderen den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen; für Aufwendungen infolge eines Körper- oder Gesundheitsschadens gilt § 1610a. Ist zwischen den getrennt lebenden Ehegatten ein Scheidungsverfahren rechtshängig, so gehören zum Unterhalt vom Eintritt der Rechtshängigkeit an auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderten Erwerbsfähigkeit.
(2) Der nicht erwerbstätige Ehegatte kann nur dann darauf verwiesen werden, seinen Unterhalt durch eine Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen, wenn dies von ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen, insbesondere wegen einer früheren Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe, und nach den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Ehegatten erwartet werden kann.
(3) Die Vorschrift des § 1579 Nr. 2 bis 8 über die Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit ist entsprechend anzuwenden.
(4) Der laufende Unterhalt ist durch Zahlung einer Geldrente zu gewähren. Die Rente ist monatlich im Voraus zu zahlen. Der Verpflichtete schuldet den vollen Monatsbetrag auch dann, wenn der Berechtigte im Laufe des Monats stirbt. § 1360a Abs. 3, 4 und die §§ 1360b, 1605 sind entsprechend anzuwenden.
(1) Den Leistungen der Pflegeversicherung gehen die Entschädigungsleistungen wegen Pflegebedürftigkeit
- 1.
nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen, - 2.
aus der gesetzlichen Unfallversicherung und - 3.
aus öffentlichen Kassen auf Grund gesetzlich geregelter Unfallversorgung oder Unfallfürsorge
(2) Die Leistungen nach dem Fünften Buch einschließlich der Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 des Fünften Buches bleiben unberührt. Dies gilt auch für krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen, soweit diese im Rahmen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 des Fünften Buches oder der außerklinischen Intensivpflege nach § 37c des Fünften Buches zu leisten sind.
(3) Die Leistungen der Pflegeversicherung gehen den Fürsorgeleistungen zur Pflege
- 1.
nach dem Zwölften Buch, - 2.
nach dem Lastenausgleichsgesetz, dem Reparationsschädengesetz und dem Flüchtlingshilfegesetz, - 3.
nach dem Bundesversorgungsgesetz (Kriegsopferfürsorge) und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen,
(3a) (weggefallen)
(4) Treffen Leistungen der Pflegeversicherung und Leistungen der Eingliederungshilfe zusammen, vereinbaren mit Zustimmung des Leistungsberechtigten die zuständige Pflegekasse und der für die Eingliederungshilfe zuständige Träger,
- 1.
dass im Verhältnis zum Pflegebedürftigen der für die Eingliederungshilfe zuständige Träger die Leistungen der Pflegeversicherung auf der Grundlage des von der Pflegekasse erlassenen Leistungsbescheids zu übernehmen hat, - 2.
dass die zuständige Pflegekasse dem für die Eingliederungshilfe zuständigen Träger die Kosten der von ihr zu tragenden Leistungen zu erstatten hat sowie - 3.
die Modalitäten der Übernahme und der Durchführung der Leistungen sowie der Erstattung.
(4a) Bestehen im Einzelfall Anhaltspunkte für ein Zusammentreffen von Leistungen der Pflegeversicherung und Leistungen der Eingliederungshilfe, bezieht der für die Durchführung eines Teilhabeplanverfahrens oder Gesamtplanverfahrens verantwortliche Träger mit Zustimmung des Leistungsberechtigten die zuständige Pflegekasse in das Verfahren beratend mit ein, um die Vereinbarung nach Absatz 4 gemeinsam vorzubereiten.
(4b) Die Regelungen nach Absatz 3 Satz 3, Absatz 4 und 4a werden bis zum 1. Juli 2019 evaluiert.
(5) Die Leistungen der Pflegeversicherung bleiben als Einkommen bei Sozialleistungen und bei Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, deren Gewährung von anderen Einkommen abhängig ist, unberücksichtigt; dies gilt nicht für das Pflegeunterstützungsgeld gemäß § 44a Absatz 3. Satz 1 gilt entsprechend bei Vertragsleistungen aus privaten Pflegeversicherungen, die der Art und dem Umfang nach den Leistungen der sozialen Pflegeversicherung gleichwertig sind. Rechtsvorschriften, die weitergehende oder ergänzende Leistungen aus einer privaten Pflegeversicherung von der Einkommensermittlung ausschließen, bleiben unberührt.
(6) Wird Pflegegeld nach § 37 oder eine vergleichbare Geldleistung an eine Pflegeperson (§ 19) weitergeleitet, bleibt dies bei der Ermittlung von Unterhaltsansprüchen und Unterhaltsverpflichtungen der Pflegeperson unberücksichtigt. Dies gilt nicht
- 1.
in den Fällen des § 1361 Abs. 3, der §§ 1579, 1603 Abs. 2 und des § 1611 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, - 2.
für Unterhaltsansprüche der Pflegeperson, wenn von dieser erwartet werden kann, ihren Unterhaltsbedarf ganz oder teilweise durch eigene Einkünfte zu decken und der Pflegebedürftige mit dem Unterhaltspflichtigen nicht in gerader Linie verwandt ist.
(1) Der geschiedene Ehegatte kann den Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1573, 1575 und 1576 nicht verlangen, solange und soweit er sich aus seinen Einkünften und seinem Vermögen selbst unterhalten kann.
(2) Einkünfte sind nicht anzurechnen, soweit der Verpflichtete nicht den vollen Unterhalt (§§ 1578 und 1578b) leistet. Einkünfte, die den vollen Unterhalt übersteigen, sind insoweit anzurechnen, als dies unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse der Billigkeit entspricht.
(3) Den Stamm des Vermögens braucht der Berechtigte nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre.
(4) War zum Zeitpunkt der Ehescheidung zu erwarten, dass der Unterhalt des Berechtigten aus seinem Vermögen nachhaltig gesichert sein würde, fällt das Vermögen aber später weg, so besteht kein Anspruch auf Unterhalt. Dies gilt nicht, wenn im Zeitpunkt des Vermögenswegfalls von dem Ehegatten wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann.
(1) Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 können anstelle der häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld beantragen. Der Anspruch setzt voraus, dass der Pflegebedürftige mit dem Pflegegeld dessen Umfang entsprechend die erforderlichen körperbezogenen Pflegemaßnahmen und pflegerischen Betreuungsmaßnahmen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung in geeigneter Weise selbst sicherstellt. Das Pflegegeld beträgt je Kalendermonat
- 1.
316 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 2, - 2.
545 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 3, - 3.
728 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 4, - 4.
901 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 5.
(2) Besteht der Anspruch nach Absatz 1 nicht für den vollen Kalendermonat, ist der Geldbetrag entsprechend zu kürzen; dabei ist der Kalendermonat mit 30 Tagen anzusetzen. Die Hälfte des bisher bezogenen Pflegegeldes wird während einer Kurzzeitpflege nach § 42 für bis zu acht Wochen und während einer Verhinderungspflege nach § 39 für bis zu sechs Wochen je Kalenderjahr fortgewährt. Das Pflegegeld wird bis zum Ende des Kalendermonats geleistet, in dem der Pflegebedürftige gestorben ist. § 118 Abs. 3 und 4 des Sechsten Buches gilt entsprechend, wenn für die Zeit nach dem Monat, in dem der Pflegebedürftige verstorben ist, Pflegegeld überwiesen wurde.
(3) Pflegebedürftige, die Pflegegeld nach Absatz 1 beziehen, haben in folgenden Intervallen eine Beratung in der eigenen Häuslichkeit abzurufen:
- 1.
bei den Pflegegraden 2 und 3 halbjährlich einmal, - 2.
bei den Pflegegraden 4 und 5 vierteljährlich einmal.
(3a) Die Beratung nach Absatz 3 dient der Sicherung der Qualität der häuslichen Pflege und der regelmäßigen Hilfestellung und praktischen pflegefachlichen Unterstützung der häuslich Pflegenden. Die Pflegebedürftigen und die häuslich Pflegenden sind bei der Beratung auch auf die Auskunfts-, Beratungs- und Unterstützungsangebote des für sie zuständigen Pflegestützpunktes sowie auf die Pflegeberatung nach § 7a hinzuweisen.
(3b) Die Beratung nach Absatz 3 kann durchgeführt werden durch
- 1.
einen zugelassenen Pflegedienst, - 2.
eine von den Landesverbänden der Pflegekassen nach Absatz 7 anerkannte Beratungsstelle mit nachgewiesener pflegefachlicher Kompetenz oder - 3.
eine von der Pflegekasse beauftragte, jedoch von ihr nicht beschäftigte Pflegefachkraft, sofern die Durchführung der Beratung durch einen zugelassenen Pflegedienst vor Ort oder eine von den Landesverbänden der Pflegekassen nach Absatz 7 anerkannte Beratungsstelle mit nachgewiesener pflegefachlicher Kompetenz nicht gewährleistet werden kann.
(3c) Die Vergütung für die Beratung nach Absatz 3 ist von der zuständigen Pflegekasse, bei privat Pflegeversicherten von dem zuständigen privaten Versicherungsunternehmen zu tragen, im Fall der Beihilfeberechtigung anteilig von dem zuständigen Beihilfeträger. Die Höhe der Vergütung für die Beratung durch einen zugelassenen Pflegedienst oder durch eine von der Pflegekasse beauftragte Pflegefachkraft vereinbaren die Pflegekassen oder deren Arbeitsgemeinschaften in entsprechender Anwendung des § 89 Absatz 1 und 3 mit dem Träger des zugelassenen Pflegedienstes oder mit der von der Pflegekasse beauftragten Pflegefachkraft unter Berücksichtigung der Empfehlungen nach Absatz 5. Die Vergütung kann nach Pflegegraden gestaffelt werden. Über die Höhe der Vergütung anerkannter Beratungsstellen und von Beratungspersonen der kommunalen Gebietskörperschaften entscheiden die Landesverbände der Pflegekassen unter Zugrundelegung der im jeweiligen Land nach den Sätzen 2 und 4 vereinbarten Vergütungssätze jeweils für die Dauer eines Jahres. Die Landesverbände haben die jeweilige Festlegung der Vergütungshöhe in geeigneter Weise zu veröffentlichen.
(4) Die Pflegedienste und die anerkannten Beratungsstellen sowie die beauftragten Pflegefachkräfte haben die Durchführung der Beratungseinsätze gegenüber der Pflegekasse oder dem privaten Versicherungsunternehmen zu bestätigen sowie die bei dem Beratungsbesuch gewonnenen Erkenntnisse über die Möglichkeiten der Verbesserung der häuslichen Pflegesituation dem Pflegebedürftigen und mit dessen Einwilligung der Pflegekasse oder dem privaten Versicherungsunternehmen mitzuteilen, im Fall der Beihilfeberechtigung auch der zuständigen Beihilfefestsetzungsstelle. Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen und die privaten Versicherungsunternehmen stellen ihnen für diese Mitteilung ein einheitliches Formular zur Verfügung. Erteilt die pflegebedürftige Person die Einwilligung nicht, ist jedoch nach Überzeugung der Beratungsperson eine weitergehende Beratung angezeigt, übermittelt die jeweilige Beratungsstelle diese Einschätzung über die Erforderlichkeit einer weitergehenden Beratung der zuständigen Pflegekasse oder dem zuständigen privaten Versicherungsunternehmen. Diese haben eine weitergehende Beratung nach § 7a anzubieten. Der beauftragte Pflegedienst und die anerkannte Beratungsstelle haben dafür Sorge zu tragen, dass für einen Beratungsbesuch im häuslichen Bereich Pflegekräfte eingesetzt werden, die spezifisches Wissen zu dem Krankheits- und Behinderungsbild sowie des sich daraus ergebenden Hilfebedarfs des Pflegebedürftigen mitbringen und über besondere Beratungskompetenz verfügen. Zudem soll bei der Planung für die Beratungsbesuche weitestgehend sichergestellt werden, dass der Beratungsbesuch bei einem Pflegebedürftigen möglichst auf Dauer von derselben Pflegekraft durchgeführt wird.
(5) Die Vertragsparteien nach § 113 beschließen gemäß § 113b bis zum 1. Januar 2018 unter Beachtung der in Absatz 4 festgelegten Anforderungen Empfehlungen zur Qualitätssicherung der Beratungsbesuche nach Absatz 3. Die Empfehlungen enthalten Ausführungen wenigstens
- 1.
zu Beratungsstandards, - 2.
zur erforderlichen Qualifikation der Beratungspersonen sowie - 3.
zu erforderlichenfalls einzuleitenden Maßnahmen im Einzelfall.
(5a) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen beschließt mit dem Verband der privaten Krankenversicherung e. V. bis zum 1. Januar 2020 Richtlinien zur Aufbereitung, Bewertung und standardisierten Dokumentation der Erkenntnisse aus dem jeweiligen Beratungsbesuch durch die Pflegekasse oder das private Versicherungsunternehmen. Die Richtlinien werden erst wirksam, wenn das Bundesministerium für Gesundheit sie genehmigt. Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn die Richtlinien nicht innerhalb von zwei Monaten, nachdem sie dem Bundesministerium für Gesundheit vorgelegt worden sind, beanstandet werden. Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit sind innerhalb der von ihm gesetzten Frist zu beheben.
(6) Rufen Pflegebedürftige die Beratung nach Absatz 3 Satz 1 nicht ab, hat die Pflegekasse oder das private Versicherungsunternehmen das Pflegegeld angemessen zu kürzen und im Wiederholungsfall zu entziehen.
(7) Die Landesverbände der Pflegekassen haben neutrale und unabhängige Beratungsstellen zur Durchführung der Beratung nach den Absätzen 3 bis 4 anzuerkennen. Dem Antrag auf Anerkennung ist ein Nachweis über die erforderliche pflegefachliche Kompetenz der Beratungsstelle und ein Konzept zur Qualitätssicherung des Beratungsangebotes beizufügen. Die Landesverbände der Pflegekassen regeln das Nähere zur Anerkennung der Beratungsstellen.
(8) Die Beratungsbesuche nach Absatz 3 können auch von Pflegeberaterinnen und Pflegeberatern im Sinne des § 7a oder von Beratungspersonen der kommunalen Gebietskörperschaften, die die erforderliche pflegefachliche Kompetenz aufweisen, durchgeführt werden. Absatz 4 findet entsprechende Anwendung. Die Inhalte der Empfehlungen zur Qualitätssicherung der Beratungsbesuche nach Absatz 5 sind zu beachten.
(9) Beratungsbesuche nach Absatz 3 dürfen von Betreuungsdiensten im Sinne des § 71 Absatz 1a nicht durchgeführt werden.
(1) Den Leistungen der Pflegeversicherung gehen die Entschädigungsleistungen wegen Pflegebedürftigkeit
- 1.
nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen, - 2.
aus der gesetzlichen Unfallversicherung und - 3.
aus öffentlichen Kassen auf Grund gesetzlich geregelter Unfallversorgung oder Unfallfürsorge
(2) Die Leistungen nach dem Fünften Buch einschließlich der Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 des Fünften Buches bleiben unberührt. Dies gilt auch für krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen, soweit diese im Rahmen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 des Fünften Buches oder der außerklinischen Intensivpflege nach § 37c des Fünften Buches zu leisten sind.
(3) Die Leistungen der Pflegeversicherung gehen den Fürsorgeleistungen zur Pflege
- 1.
nach dem Zwölften Buch, - 2.
nach dem Lastenausgleichsgesetz, dem Reparationsschädengesetz und dem Flüchtlingshilfegesetz, - 3.
nach dem Bundesversorgungsgesetz (Kriegsopferfürsorge) und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen,
(3a) (weggefallen)
(4) Treffen Leistungen der Pflegeversicherung und Leistungen der Eingliederungshilfe zusammen, vereinbaren mit Zustimmung des Leistungsberechtigten die zuständige Pflegekasse und der für die Eingliederungshilfe zuständige Träger,
- 1.
dass im Verhältnis zum Pflegebedürftigen der für die Eingliederungshilfe zuständige Träger die Leistungen der Pflegeversicherung auf der Grundlage des von der Pflegekasse erlassenen Leistungsbescheids zu übernehmen hat, - 2.
dass die zuständige Pflegekasse dem für die Eingliederungshilfe zuständigen Träger die Kosten der von ihr zu tragenden Leistungen zu erstatten hat sowie - 3.
die Modalitäten der Übernahme und der Durchführung der Leistungen sowie der Erstattung.
(4a) Bestehen im Einzelfall Anhaltspunkte für ein Zusammentreffen von Leistungen der Pflegeversicherung und Leistungen der Eingliederungshilfe, bezieht der für die Durchführung eines Teilhabeplanverfahrens oder Gesamtplanverfahrens verantwortliche Träger mit Zustimmung des Leistungsberechtigten die zuständige Pflegekasse in das Verfahren beratend mit ein, um die Vereinbarung nach Absatz 4 gemeinsam vorzubereiten.
(4b) Die Regelungen nach Absatz 3 Satz 3, Absatz 4 und 4a werden bis zum 1. Juli 2019 evaluiert.
(5) Die Leistungen der Pflegeversicherung bleiben als Einkommen bei Sozialleistungen und bei Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, deren Gewährung von anderen Einkommen abhängig ist, unberücksichtigt; dies gilt nicht für das Pflegeunterstützungsgeld gemäß § 44a Absatz 3. Satz 1 gilt entsprechend bei Vertragsleistungen aus privaten Pflegeversicherungen, die der Art und dem Umfang nach den Leistungen der sozialen Pflegeversicherung gleichwertig sind. Rechtsvorschriften, die weitergehende oder ergänzende Leistungen aus einer privaten Pflegeversicherung von der Einkommensermittlung ausschließen, bleiben unberührt.
(6) Wird Pflegegeld nach § 37 oder eine vergleichbare Geldleistung an eine Pflegeperson (§ 19) weitergeleitet, bleibt dies bei der Ermittlung von Unterhaltsansprüchen und Unterhaltsverpflichtungen der Pflegeperson unberücksichtigt. Dies gilt nicht
- 1.
in den Fällen des § 1361 Abs. 3, der §§ 1579, 1603 Abs. 2 und des § 1611 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, - 2.
für Unterhaltsansprüche der Pflegeperson, wenn von dieser erwartet werden kann, ihren Unterhaltsbedarf ganz oder teilweise durch eigene Einkünfte zu decken und der Pflegebedürftige mit dem Unterhaltspflichtigen nicht in gerader Linie verwandt ist.