Bundesgerichtshof Urteil, 19. Feb. 2013 - XI ZR 82/11

bei uns veröffentlicht am19.02.2013
vorgehend
Landgericht Kaiserslautern, 2 O 734/08, 30.10.2009
Landgericht Zweibrücken, 7 U 159/09, 24.01.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
XI ZR 82/11
Verkündet am:
19. Februar 2013
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Bei Höchstbetragsbürgschaften, bei denen sich die Haftung für Nebenforderungen
lediglich nach der Bürgschaftssumme und nicht nach der höheren Hauptschuld
richtet, ist Maßstab der krassen finanziellen Überforderung des dem
Hauptschuldner persönlich besonders nahe stehenden Bürgen die vertragliche
Zinslast aus der Bürgschaftssumme und nicht aus der höheren Hauptschuld
(Fortführung BGH, Urteile vom 14. Mai 2002 - XI ZR 50/01, BGHZ 151, 34, 38,
vom 28. Mai 2002 - XI ZR 199/01, WM 2002, 1647, 1648, vom 3. Dezember
2002 - XI ZR 311/01, BKR 2003, 157, 158, vom 25. Januar 2005 - XI ZR 28/04,
WM 2005, 421, 422 f. und vom 24. November 2009 - XI ZR 332/08, WM 2010,
32 Rn. 13).
BGH, Urteil vom 19. Februar 2013 - XI ZR 82/11 - OLG Zweibrücken
LG Kaiserslautern
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Februar 2013 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers, die Richter
Dr. Grüneberg, Maihold und Pamp sowie die Richterin Dr. Menges

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 24. Januar 2011 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der Wiedereinsetzung , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin, eine Sparkasse, nimmt den Beklagten aus einer Höchstbetragsbürgschaft in Anspruch.
2
Die Klägerin gewährte der damaligen Lebensgefährtin des Beklagten im Jahr 1999 für die Finanzierung des Erwerbs eines (Haus-)Grundstücks ein Darlehen über 160.000 DM zu einem Zinssatz von 5% p.a. und ein Darlehen über 200.000 DM zu einem Zinssatz von 5,5% p.a. Neben weiteren von der Darlehensnehmerin gestellten Sicherheiten übernahm der Beklagte, der niemandem unterhaltspflichtig war und zu diesem Zeitpunkt über ein Arbeitseinkommen von netto 2.500 DM verfügte, eine Höchstbetragsbürgschaft über 93.000 DM. Nach Kündigung der Darlehen nahm die Klägerin den Beklagten als Bürgen in Anspruch.
3
Das Landgericht hat die Klage auf den Einwand des Beklagten, das Rechtsgeschäft sei wegen seiner krassen finanziellen Überforderung sittenwidrig und nichtig, abgewiesen, wobei es das pfändbare Einkommen des Beklagten bei Übernahme der Höchstbetragsbürgschaft (vom Landgericht unterstellt monatlich 1.291 DM) zu der laufenden Zinsverpflichtung aus den Darlehen (monatlich 1.584 DM) ins Verhältnis gesetzt hat. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht den Beklagten zur Zahlung des Höchstbetrages nebst Zinsen verurteilt. Dagegen richtet sich die vom Senat nach Gewährung von Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde zugelassene Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe:

4
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

5
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
6
Der von den Parteien geschlossene Bürgschaftsvertrag sei nicht wegen einer krassen finanziellen Überforderung sittenwidrig und nichtig. Bei der Frage, ob der Bürge, der eine Höchstbetragsbürgschaft übernehme, finanziell krass überfordert sei, sei nicht die monatliche Zinsbelastung aus der Gesamtdarlehenssumme , sondern die den Beklagten neben der Bürgschaftssumme höchstens treffende zusätzliche Belastung mit Verzugszinsen - im konkreten Fall höchstens 581,25 DM monatlich - zu berücksichtigen. Da dieser Betrag unter dem pfändbaren Betrag seines monatlichen Arbeitseinkommens gelegen habe, habe ihn die Übernahme der Bürgschaft nicht überfordert. Zu einer Überrumpelung bei Abschluss des Bürgschaftsvertrages habe er nicht "plausibel" vorgetragen.

II.

7
Dies hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
8
1. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings eine krasse finanzielle Überforderung des Beklagten und eine daraus resultierende Nichtigkeit des Bürgschaftsvertrages verneint.
9
a) Nach gefestigter Rechtsprechung des erkennenden Senats liegt eine krasse finanzielle Überforderung eines Bürgen bei nicht ganz geringen Bankschulden grundsätzlich vor, wenn der Bürge voraussichtlich nicht einmal die von den Darlehensvertragsparteien festgelegte Zinslast aus dem pfändbaren Teil seines laufenden Einkommens und Vermögens bei Eintritt des Sicherungsfalles dauerhaft allein tragen kann oder - anders gewendet - wenn eine auf den Zeitpunkt der Abgabe der Bürgschaftserklärung bezogene Prognose ergibt, dass der Bürge allein voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, auf Dauer die laufenden Zinsen der gesicherten Forderung mit Hilfe des pfändbaren Teils seines Einkommens und Vermögens aufzubringen. In diesem Fall ist nach der allge- meinen Lebenserfahrung ohne Hinzutreten weiterer Umstände widerleglich zu vermuten, dass der dem Hauptschuldner persönlich besonders nahe stehende Bürge die ihn vielleicht bis an das Lebensende übermäßig finanziell belastende Personalsicherheit allein aus emotionaler Verbundenheit mit dem Hauptschuldner gestellt und der Kreditgeber dies in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt hat (Senatsurteile vom 14. Oktober 2003 - XI ZR 121/02, BGHZ 156, 302, 306, vom 28. Mai 2002 - XI ZR 205/01, WM 2002, 1649, 1651, vom 25. April 2006 - XI ZR 330/05, FamRZ 2006, 1024, 1025, vom 16. Juni 2009 - XI ZR 539/07, WM 2009, 1460 Rn. 18 und vom 24. November 2009 - XI ZR 332/08, WM 2010, 32 Rn. 11 mwN).
10
b) Diese Grundsätze gelten bei Höchstbetragsbürgschaften allerdings entgegen der vom Landgericht vertretenen Auffassung mit der Einschränkung, dass sich die krasse finanzielle Überforderung aus dem Verhältnis des pfändbaren Teils des laufenden Einkommens zur Zinslast nur aus der Bürgschaftssumme und nicht aus der gesamten Hauptschuld ergeben muss. Der Senat hat die Frage, ob insoweit auf die Zinslast nur aus der Bürgschaftssumme oder aber aus einer je nach Einzelfall höheren Hauptschuld abzustellen ist, bislang nicht ausdrücklich entscheiden müssen, weil sie in den von ihm zu beurteilenden Sachverhalten - anders als hier - nicht entscheidungserheblich war (Senatsurteile vom 14. Mai 2002 - XI ZR 50/01, BGHZ 151, 34, 38, vom 28. Mai 2002 - XI ZR 199/01, WM 2002, 1647, 1648, vom 3. Dezember 2002 - XI ZR 311/01, BKR 2003, 157, 158, vom 25. Januar 2005 - XI ZR 28/04, WM 2005, 421, 422 f. und vom 24. November 2009 - XI ZR 332/08, WM 2010, 32 Rn. 13). Sie ist im ersten Sinne zu beantworten (so ohne weitere Begründung auch Nobbe in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 91 Rn. 93; Nobbe, Kommentar zum Kreditrecht, 2. Aufl., § 765 Rn. 82; Staudinger/Horn, BGB, Neubearb. 2013, § 765 Rn. 41). Das Berufungsgericht hat das Bürgschaftsformular dahin ausgelegt, die auch absolut auf den Höchst- betrag begrenzte (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2002 - IX ZR 294/00, BGHZ 151, 374, 383) Haftung für Nebenforderungen richte sich nach der Bürgschaftssumme und nicht nach der höheren Hauptschuld. Eine andere als diese von den Parteien im Revisionsverfahren hingenommene Auslegung ist mit dem Sinn der Höchstbetragsbürgschaft, die das Risiko für den Bürgen in überschaubaren Grenzen halten soll, und damit mit den wohlverstandenen Interessen beider Parteien nicht zu vereinbaren. Der Bürge hat bei Übernahme einer Höchstbetragsbürgschaft die berechtigte Erwartung, dass sich nicht nur seine Haftung für die Hauptforderung, sondern auch seine Haftung für die Nebenforderungen wie insbesondere für Zinsen nach der Bürgschaftssumme und nicht nach der möglicherweise wesentlich höheren Hauptschuld richtet. Dem stehen schutzwürdige Interessen des Gläubigers nicht entgegen.
11
Ausgehend von diesen Grundsätzen traf den Beklagten eine Zinslast von 5% jährlich aus 93.000 DM oder jährlich 4.650 DM bzw. eine monatliche Zinslast von 387,50 DM (vgl. Senatsurteil vom 3. Dezember 2002 - XI ZR 311/01, BKR 2003, 157, 158). Zinsen in dieser Höhe konnte der Beklagte aus einem pfändbaren Betrag seines Arbeitseinkommens von richtig monatlich 903,70 DM gemäß der im Jahr 1999 gültigen Anlage zu § 850c ZPO ohne weiteres aufbringen , so dass er bei Übernahme der Bürgschaft nicht krass finanziell überfordert war.
12
2. Die Revision hat indessen mit einer in Übereinstimmung mit § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO begründeten Verfahrensrüge Erfolg, weil das Berufungsgericht einen erheblichen Beweisantrag des Beklagten auf Vernehmung zweier Zeugen zu den näheren Umständen des Zustandekommens des Bürgschaftsvertrages unter Verstoß gegen § 286 ZPO übergangen hat.
13
a) Der insoweit für die Voraussetzungen einer Nichtigkeit des Bürgschaftsvertrages nach § 138 BGB umfassenddarlegungs- und beweispflichtige Beklagte hat zu besonders erschwerenden, der Klägerin zurechenbaren und auch ohne krasse finanzielle Überforderung zu einer Sittenwidrigkeit des ihn finanziell belastenden Rechtsgeschäfts führenden Umständen bei Abschluss des Bürgschaftsvertrages - Beeinträchtigung seiner Willensbildung und Entschließungsfreiheit durch Schaffung einer seelischen Zwangslage bzw. durch Ausübung unzulässigen Drucks (vgl. Senatsurteile vom 17. September 2002 - XI ZR 306/01, ZIP 2002, 2249, 2252 und vom 28. Mai 2002 - XI ZR 199/01, WM 2002, 1647, 1649; Michel in Assies/Beule/Heise/Strube, Handbuch des Fachanwalts Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl., Kap. 5 Rn. 316) - in erster und zweiter Instanz unter Beweisantritt vorgetragen. Er hat geltend gemacht, die Klägerin habe zur Sicherung der Darlehensverbindlichkeit seiner früheren Lebensgefährtin die Stellung einer Bürgschaft zunächst nicht verlangt. Erst nach Abschluss des notariellen Kaufvertrages habe ein Mitarbeiter der Klägerin den Beklagten, der bei der Unterzeichnung der Darlehensverträge zugegen gewesen sei, zur Übernahme einer Bürgschaft mit dem Bemerken aufgefordert, die Gewährung der Darlehen, auf die seine Lebensgefährtin zur Finanzierung des Kaufpreises angewiesen gewesen sei, hänge von der Übernahme der Bürgschaft ab. Er habe daraufhin aus emotionaler Verbundenheit zu seiner Lebensgefährtin die Bürgschaft übernommen. Zum Beweis der Richtigkeit dieses Vorbringens hat er seine Lebensgefährtin und den Mitarbeiter der Klägerin als Zeugen benannt.
14
b) Das Berufungsgericht hat sich mit diesen Beweisangeboten nicht befasst , sondern bei der Entscheidung der Frage, ob das Vorbringen des Beklagten "plausibel" sei, allein auf die vorgelegten schriftlichen Unterlagen Bezug genommen. Das Nichterwähnen der vom Beklagten benannten Zeugen lässt sich nur damit erklären, das Berufungsgericht habe den Vortrag nicht zur Kenntnis genommen und sich - wie aber von § 286 ZPO geboten und einer Überprüfung durch das Revisionsgericht zugänglich (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 37 ff.; BGH, Urteil vom 11. September 2012 - VI ZR 92/11, WM 2012, 2195 Rn. 19 mwN) - mit dem Prozessstoff nicht umfassend auseinandergesetzt.
15
c) Das Berufungsurteil beruht auf dem Verfahrensverstoß (§ 545 Abs. 1 ZPO). Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens anders entschieden hätte, weil der Beklagte den Nachweis einer Überrumpelung bei Abschluss des Bürgschaftsvertrages mit den von ihm angebotenen Zeugen möglicherweise geführt hätte.

III.

16
Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 ZPO) und die nicht zur Endentscheidung reife Sache ist zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), das Gelegenheit erhält, die Beweiserhebung nachzuholen.
Wiechers Grüneberg Maihold Pamp Menges
Vorinstanzen:
LG Kaiserslautern, Entscheidung vom 30.10.2009 - 2 O 734/08 -
OLG Zweibrücken, Entscheidung vom 24.01.2011 - 7 U 159/09 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 19. Feb. 2013 - XI ZR 82/11

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 19. Feb. 2013 - XI ZR 82/11

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Feb. 2013 - XI ZR 82/11 zitiert 10 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 138 Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher


(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig. (2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen W

Zivilprozessordnung - ZPO | § 850c Pfändungsgrenzen für Arbeitseinkommen


(1) Arbeitseinkommen ist unpfändbar, wenn es, je nach dem Zeitraum, für den es gezahlt wird, nicht mehr als1.1 178,59 Euro monatlich,2.271,24 Euro wöchentlich oder3.54,25 Euro täglichbeträgt. (2) Gewährt der Schuldner auf Grund einer gesetzlichen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 545 Revisionsgründe


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht. (2) Die Revision kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 765 Vertragstypische Pflichten bei der Bürgschaft


(1) Durch den Bürgschaftsvertrag verpflichtet sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger eines Dritten, für die Erfüllung der Verbindlichkeit des Dritten einzustehen. (2) Die Bürgschaft kann auch für eine künftige oder eine bedingte Verbindlichkeit ü

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Feb. 2013 - XI ZR 82/11 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Feb. 2013 - XI ZR 82/11 zitiert 6 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 03. Dez. 2002 - XI ZR 311/01

bei uns veröffentlicht am 03.12.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 311/01 Verkündet am: 3. Dezember 2002 Weber, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Mai 2002 - XI ZR 50/01

bei uns veröffentlicht am 14.05.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 50/01 Verkündet am: 14. Mai 2002 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 28. Mai 2002 - XI ZR 199/01

bei uns veröffentlicht am 28.05.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 199/01 Verkündet am: 28. Mai 2002 Weber, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 17. Sept. 2002 - XI ZR 306/01

bei uns veröffentlicht am 17.09.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 306/01 Verkündet am: 17. September 2002 Weber, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshof

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Jan. 2005 - XI ZR 28/04

bei uns veröffentlicht am 25.01.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 28/04 Verkündet am: 25. Januar 2005 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ____

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Okt. 2003 - XI ZR 121/02

bei uns veröffentlicht am 14.10.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 121/02 Verkündet am: 14. Oktober 2003 Weber, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja ____________
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 19. Feb. 2013 - XI ZR 82/11.

Bundesgerichtshof Urteil, 04. Juni 2013 - II ZR 207/10

bei uns veröffentlicht am 04.06.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 207/10 Verkündet am: 4. Juni 2013 Stoll Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja   BGB § 138 A

Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Apr. 2014 - XI ZR 276/13

bei uns veröffentlicht am 01.04.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X I Z R 2 7 6 / 1 3 vom 1. April 2014 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB §§ 765, 138 Abs. 1 Bc Zur Sittenwidrigkeit einer aus emotionaler Verbundenheit erteilten Bürgschaft

Referenzen

(1) Durch den Bürgschaftsvertrag verpflichtet sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger eines Dritten, für die Erfüllung der Verbindlichkeit des Dritten einzustehen.

(2) Die Bürgschaft kann auch für eine künftige oder eine bedingte Verbindlichkeit übernommen werden.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 121/02 Verkündet am:
14. Oktober 2003
Weber,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
_____________________
Eine von einem Arbeitnehmer mit mäßigem Einkommen aus Sorge um den Erhalt
seines Arbeitsplatzes für einen Bankkredit des Arbeitgebers übernommene Bürgschaft
ist sittenwidrig, wenn sie den Arbeitnehmer finanziell kraß überfordert und
sich der Arbeitgeber in einer wirtschaftlichen Notlage befindet.
BGH, Urteil vom 14. Oktober 2003 - XI ZR 121/02 - OLG Rostock
LG Rostock
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 14. Oktober 2003 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe
und die Richter Dr. Bungeroth, Dr. Müller, Dr. Wassermann und Dr. Appl

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 21. März 2002 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Rostock vom 20. Juli 2000 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Bürgschaft. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Beklagte war seit dem 1. Januar 1991 bei der neu gegründeten H. Baugesellschaft mbH i.G. (nachfolgend: H. GmbH)
in M. als Bauleiter angestellt. Sein monatliches Nettoeinkommen, von dem er 356 DM Unterhalt für seine Tochter zu lei- sten hatte, betrug ab 1. Mai 1991 2.222,70 DM. Nachdem die Gesellschaft Ende 1991 in finanzielle Schwierigkeiten geraten war, verhandelte ihr Geschäftsführer mit der klagenden Sparkasse über die Gewährung eines kurzfristigen Kontokorrentkredits von 200.000 DM. Die Klägerin erklärte sich dazu nur unter der Voraussetzung bereit, daß die Gesellschaft hinreichende Sicherheiten stellt. Nach einem Gespräch mit der Klägerin über die Stellung von Arbeitnehmerbürgschaften am 17. Dezember 1991 übernahmen der Beklagte und zwei andere Arbeitnehmer am 6. Januar 1992 je eine selbstschuldnerische Bürgschaft mit weiter Sicherungszweckerklärung bis zum Höchstbetrag von 200.000 DM. Die formularmäßige Bürgschaft umfaßt nach ihrer Nr. 2 die auf die Bürgschaftssumme entfallenden Zinsen, Provisionen und Kosten auch dann, wenn dadurch der Höchstbetrag überschritten wird. Die Einrede der Aufrechenbarkeit und § 776 BGB sind ausgeschlossen.
Kurze Zeit später gab die H. GmbH das von ihr betriebene Baugeschäft auf und stellte im April 1992 einen Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens, der mangels Masse abgelehnt wurde. Am 5. Mai 1992 kündigte die Klägerin das Darlehen, für das sie 17% Zinsen berechnete, fristlos. Nach ihrer Darstellung betrugen die Verbindlichkeiten der Hauptschuldnerin zu diesem Zeitpunkt 121.831,92 DM.
Die Klägerin nimmt den Beklagten aus dem Bürgschaftsvertrag auf Zahlung eines Teilbetrages von 70.000 DM zuzüglich Zinsen in Anspruch. Der Beklagte, der nach eigenen Angaben über kein Vermögen verfügt, erachtet die Bürgschaft wegen krasser finanzieller Überforde-
rung und anderer Umstände für sittenwidrig. Die Bürgschaft habe er allein aus Sorge um den Erhalt seines Arbeitsplatzes bei der Hauptschuldnerin übernommen. Außerdem sei er durch schönende Angaben der Klägerin , die die Bürgschaft als bloße Formsache verharmlost habe, über die wirtschaftlichen Verhältnisse sowie die Ertragsaussichten der sanierungsbedürftigen Hauptschuldnerin getäuscht worden.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht ihr stattgegeben. Mit der Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

I.


Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Der Bürgschaftsvertrag über 200.000 DM sei nicht sittenwidrig. Zwar werde der Beklagte durch die Bürgschaft finanziell kraß überfordert. Von seinem Monatseinkommen sei nur ein Betrag von 564 DM pfändbar. Dieser reiche zur Zahlung der darlehensvertraglichen Zinsen nicht aus. Die finanzielle Überforderung des Beklagten könne eine Sit-
tenwidrigkeit der Bürgschaft grundsätzlich aber nur dann begründen, wenn zusätzlich erschwerende, dem Gläubiger zurechenbare Umstände hinzukämen. Der Grundsatz, daß eine krasse finanzielle Überforderung des dem Hauptschuldner persönlich nahe stehenden Bürgen ein gewichtiges Indiz dafür sei, daß er sich entgegen seinen eigenen Interessen nur aus einer - durch die emotionale Verbundenheit mit dem Hauptschuldner bedingten - unterlegenen Position heraus auf das Geschäft eingelassen und der Gläubiger dies in verwerflicher Weise ausgenutzt habe, komme hier nicht zum Tragen. Die vom Beklagten gegenüber der Klägerin bei den Vertragsverhandlungen nicht einmal offengelegte Sorge um den Erhalt seines Arbeitsplatzes stelle keinen erschwerenden Umstand dar, der die Sittenwidrigkeit der Bürgschaft begründe.
Aus der Entscheidung des Kammergerichts vom 25. April 1997 (MDR 1998, 234) zur Sittenwidrigkeit einer Arbeitnehmerbürgschaft ergebe sich nichts anderes. Sie betreffe einen besonders gelagerten Ausnahmefall , in dem die verbürgte Verbindlichkeit so hoch sei, daß bereits bei Vertragsschluß feststehe, der Bürge werde, wenn sich das Risiko verwirkliche, auch bei günstigster Prognose mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Forderung des Gläubigers nicht einmal zu großen Teilen tilgen können. Davon sei hier aber nicht auszugehen. Vielmehr habe der Beklagte sich nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin aufgrund seines Einsatzes eine baldige wirtschaftliche Gesundung der Hauptschuldnerin und höhere Bezüge versprochen. Außerdem habe bei den Vertragsverhandlungen eine Gesellschaftsbeteiligung des Beklagten und eine damit verbundene Einflußnahme auf die Unternehmensführung zur Diskussion gestanden. Für die Klägerin sei deshalb nicht auszuschließen gewesen, daß der Beklagte in Zukunft ein deutlich
höheres Einkommen erziele und die laufenden Zinsen des verbürgten Kredits tragen könne.
Besondere Umstände, die die Bürgschaft als sittenwidrig erscheinen lassen könnten, lägen nicht vor. Für die Behauptung, durch verharmlosende Erklärungen der Klägerin und/oder eine ihr anzulastende Überrumpelung zum Vertragsschluß veranlaßt worden zu sein, sei der Beklagte beweisfällig geblieben.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand.
Der Bürgschaftsvertrag über 200.000 DM ist, wie die Revision zutreffend rügt, wegen Verstoßes gegen die guten Sitten gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig.
1. Zutreffend ist allerdings die auch von der Klägerin nicht ernsthaft in Zweifel gezogene Ansicht des Berufungsgerichts, die Höchstbetragsbürgschaft über 200.000 DM überfordere den Beklagten finanziell in krasser Weise.
Nach der inzwischen übereinstimmenden Rechtsprechung des IX. und des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs liegt eine solche Überforderung des Bürgen oder Mitverpflichteten bei nicht ganz geringen Bankschulden grundsätzlich vor, wenn er voraussichtlich nicht einmal die
von den Darlehensvertragsparteien festgelegte Zinslast aus dem pfändbaren Teil seines Einkommens und Vermögens bei Eintritt des Sicherungsfalls dauerhaft tragen kann (siehe etwa Senatsurteile vom 28. Mai 2002 - XI ZR 205/01, WM 2002, 1649, 1651 und vom 11. Februar 2003 - XI ZR 214/01, ZIP 2003, 796, 797, jeweils m.w.Nachw.). Ob die von der Klägerin angesprochene Möglichkeit der Restschuldbefreiung, wie sie die seit dem 1. Januar 1999 geltenden §§ 286 ff. InsO vorsehen, Anlaß geben kann, die Grenze für eine finanzielle Überforderung anders festzulegen , kann offenbleiben. Bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit ist grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abzustellen (siehe etwa BGHZ 125, 206, 209; 140, 395, 399). Der Darlehensvertrag wurde indes bereits im Januar 1992, also vor Inkrafttreten der Insolvenzordnung , geschlossen. Schon deshalb ist es nicht möglich, das in ihr normierte Verfahren zur Restschuldbefreiung zu berücksichtigen (siehe bereits Senatsurteil vom 4. Dezember 2001 - XI ZR 56/01, WM 2002, 223, 225).
Bei Übernahme der Bürgschaft im Januar 1992 verdiente der Beklagte als Bauleiter bei der H. GmbH 2.222,70 DM netto im Monat. Der unter Berücksichtigung seiner Unterhaltspflicht pfändbare Teil von 564 DM reichte bei weitem nicht aus, die von der Klägerin berechneten laufenden Zinsen des verbürgten Geschäftskredits von 17% bis zum Vertragsende allein zu tragen. Hinzu kommt, daß sein Gehalt von dem finanziellen Leistungsvermögen der Hauptschuldnerin abhängig und davon auszugehen war, daß sie bei Eintritt des Sicherungsfalles entweder zahlungsunfähig oder überschuldet sein würde. Dies wird bei der vom Berufungsgericht in anderem Zusammenhang ohne ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte erwogenen Möglichkeit, der Beklagte werde bei
der Hauptschuldnerin künftig deutlich mehr verdienen und könne in der Lage sein, die laufenden Zinsen des verbürgten Kredits zu tragen, außer acht gelassen. Daß der Beklagte aufgrund seiner Ausbildung als Bauleiter oder in ähnlicher Stellung bei einem anderen Bauunternehmen in absehbarer Zeit wesentlich mehr verdienen könnte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
2. Zutreffend ist auch die Ansicht des Berufungsgerichts, dem Beklagten komme ohne Hinzutreten weiterer belastender Umstände nicht die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 136, 347, 351; 146, 37, 42; 151, 34, 37; BGH, Urteile vom 8. Oktober 1998 - IX ZR 257/97, WM 1998, 2327, 2328, vom 28. Mai 2002 - XI ZR 205/01, WM 2002, 1649, 1651, vom 11. Februar 2003 - XI ZR 214/01, ZIP 2003, 796, 797 und vom 27. Juli 2003 - IX ZR 283/99, ZIP 2003, 1596, 1598) anerkannte widerlegliche Vermutung zugute, daß ein kraß finanziell überforderter, dem Hauptschuldner persönlich nahestehender Bürge die Bürgschaft nur aus einer durch die emotionale Verbundenheit mit dem Hauptschuldner bedingten unterlegenen Position heraus übernommen und der Gläubiger dies in verwerflicher Weise ausgenutzt habe. Die Vermutung beruht auf der Lebenserfahrung, daß sich ein Bürge bei Übernahme einer ruinösen Bürgschaft für einen Ehe- oder Lebenspartner , einen engen Verwandten oder Freund vor allem von Emotionen hat leiten lassen und der Kreditgeber diese ausgenutzt hat.
Zwischen einem Arbeitgeber und einem Arbeitnehmer besteht in aller Regel kein von Emotionen geprägtes, einer Ehe, einer eheähnlichen Partnerschaft oder einer engen Verwandtschaft oder Freundschaft vergleichbares persönliches Näheverhältnis. Das gilt besonders, wenn der
Arbeitnehmer - wie hier der Beklagte - einer von etwa 20 und bei Über- nahme der Bürgschaft für den Arbeitgeber erst seit etwa einem Jahr tätig war. Bei einem Arbeitsverhältnis stehen nicht Emotionen, die die Fähigkeit zu rationalem Handeln erheblich beeinträchtigen, sondern die beiderseitigen , häufig gegensätzlichen Interessen der Arbeitsvertragsparteien im Vordergrund. Besondere Umstände, die hier eine andere Beurteilung nahelegen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
3. Dem Berufungsgericht kann aber nicht gefolgt werden, soweit es meint, die Bürgschaft sei wirksam, weil die Klägerin nicht in unzulässiger Weise auf die Entschließung des Beklagten durch die Tragweite der Haftung verharmlosende bzw. verschleiernde Erklärungen oder durch schönende Angaben über die wirtschaftlichen Verhältnisse und Aussichten der Hauptschuldnerin eingewirkt habe. Dabei kann dahinstehen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen sich auch im Bereich der Arbeitnehmerbürgschaften eine tatsächliche widerlegliche Vermutung für ein weitgehend fremdbestimmtes Handeln des Betroffenen ergibt. Jedenfalls liegen entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hinreichende Umstände vor, die den Beklagten auch ohne derartige verbotene Handlungen der Klägerin an einer freien und eigenverantwortlichen Entscheidung hinderten und von ihr in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt wurden.

a) Bei der zu beurteilenden ruinösen Bürgschaft des Beklagten handelt es sich um eine Arbeitnehmerbürgschaft für Bankverbindlichkeiten der Arbeitgeberin, einer finanzschwachen GmbH. Diese hatte erst Anfang 1991 mit Hilfe erheblicher Kredite ihre Geschäftstätigkeit aufgenommen und befand sich bei Aufnahme des verbürgten Kredits von
200.000 DM Ende 1991/Anfang 1992 in ernsten Liquiditätsschwierigkei- ten. Diese waren so akut, daß die Arbeitgeberin den Geschäftsbetrieb trotz des gewährten Kredits bereits drei Monate später einstellen und Antrag auf Eröffnung der Gesamtvollstreckung stellen mußte, der mangels Masse abgelehnt wurde. Der Beklagte stand damit bei Übernahme der Bürgschaft vor der Alternative, entweder dem über die Arbeitgeberin an ihn herangetragenen Sicherungsbegehren der Klägerin zusammen mit zwei anderen Arbeitskollegen nachzugeben oder den sofortigen Verlust seines Arbeitsplatzes in Kauf zu nehmen.
Ein unmittelbares eigenes wirtschaftliches Interesse an der Gewährung des verbürgten Kredits hatte der Beklagte für die Klägerin erkennbar nicht. An der GmbH war er nicht beteiligt, von Gewinnen und Wertsteigerungen der GmbH profitierte er deshalb nicht. Der Vorschlag der Klägerin im Rahmen der Verhandlungen über den Bürgschaftsvertrag , er solle möglichst in naher Zukunft Gesellschafter werden, wurde vom alleinigen Gesellschafter der GmbH nicht aufgegriffen, die Übernahme der risikoreichen Bürgschaft von einer wesentlichen und werthaltigen Beteiligung an der Hauptschuldnerin nicht abhängig gemacht. Eine etwaige Vorstellung des Beklagten, von einer Sanierung der Hauptschuldnerin mit Hilfe des verbürgten Kredits künftig durch ein höheres Gehalt zu profitieren, war ersichtlich nichts weiter als eine vage Hoffnung.
Durch die Übernahme der Bürgschaft über 200.000 DM wurde der Beklagte, der mit 2.222,70 DM monatlich nur über ein mäßiges Nettoeinkommen verfügte, ohne Gewinnbeteiligung und ohne irgendeine Gegenleistung in einem Umfang mit dem wirtschaftlichen Risiko der Arbeitgebe-
rin und dem Kreditrisiko belastet, der geeignet war, ihn für den Rest seines Lebens wirtschaftlich zu ruinieren. Wenn der Beklagte die ihn kraß überfordernde Bürgschaft dennoch übernahm, so geschah dies allein aus Angst um seinen Arbeitsplatz bei der Hauptschuldnerin und den Verlust seines Einkommens, mit dem er seinen Lebensunterhalt bestritt. Dafür besteht in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit, wie sie seit längerer Zeit vor allem auch in den neuen Bundesländern herrscht, eine tatsächliche, widerlegliche Vermutung (vgl. KG MDR 1998, 234, 235). Diese Angst, die sich der mit den dortigen Arbeitsmarktverhältnissen vertrauten Klägerin als Grund für die ersichtlich unüberlegte Übernahme der für ihn ruinösen Bürgschaft durch den Beklagten aufdrängte, hat den Beklagten daran gehindert, das Risiko der ruinösen, ohne jeden Ausgleich übernommenen Bürgschaft realistisch abzuschätzen, sich zu vergegenwärtigen, daß die Verpflichtung aus der Bürgschaft nicht mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit der Hauptschuldnerin endet, und eine vernünftige Entscheidung zu treffen.
Das hat die dem Beklagten strukturell weit überlegene Klägerin ausgenutzt, um das mit der Ausreichung des Geschäftskredits über 200.000 DM verbundene Risiko (auch) dem Beklagten sowie zwei anderen Arbeitnehmern der nahezu illiquiden Hauptschuldnerin aufzubürden, obwohl sich die Fragwürdigkeit der Arbeitnehmerbürgschaften für sie aufdrängen mußte. Sie hat damit versucht, von der aufgezeigten Zwangslage des Beklagten und seiner Angst um den Verlust des Arbeitsplatzes zu profitieren. Dies gibt, wie das Bundesarbeitsgericht (NJW 1991, 860, 861) für eine Vereinbarung über die Belastung eines am Gewinn nicht beteiligten Arbeitnehmers mit dem Wirtschaftsrisiko des Arbeitgebers entschieden hat, dem Bürgschaftsvertrag nach seinem aus
der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu beurtei- lenden Gesamtcharakter das Gepräge der Sittenwidrigkeit.

b) Hier kommt noch erschwerend hinzu, daß der formularmäßige Bürgschaftsvertrag mehrere den Bürgen unangemessen belastende Klauseln enthält. Die weite Sicherungszweckerklärung, die die Bürgschaft auf alle bestehenden und künftigen Forderungen der Klägerin gegen die Hauptschuldnerin aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung erweitert, verstößt nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gegen §§ 3 und 9 AGBG (BGHZ 126, 174, 177; 130, 19, 24 ff.; 137, 153, 155 f.; 142, 213, 215 f.; 143, 95, 96 f.; 151, 374, 377; BGH, Urteile vom 15. Januar 2002 - XI ZR 98/01, WM 2002, 436, 438 und vom 16. Januar 2003 - IX ZR 171/00, WM 2003, 669, 670, für BGHZ vorgesehen ). Die vorgesehene Erstreckung der Höchstbetragsbürgschaft auf Nebenforderungen über den Höchstbetrag hinaus ist mit § 9 AGBG unvereinbar (BGHZ 151, 374, 381 ff.). Der formularmäßige Verzicht auf die Einrede der Aufrechenbarkeit benachteiligt den Beklagten ebenfalls unangemessen (§ 9 AGBG), wenn er - wie hier - auch für den Fall gilt, daß die Gegenforderung des Hauptschuldners unbestritten oder rechtskräftig festgestellt ist (BGH, Urteil vom 16. Januar 2003 - IX ZR 171/00, WM 2003, 669, 671, für BGHZ vorgesehen). Der Ausschluß des § 776 BGB verstößt ebenfalls gegen § 9 AGBG (BGHZ 144, 52, 55 ff.; BGH, Urteil vom 6. April 2000 - IX ZR 2/98, WM 2000, 1141, 1144). Daß diese unangemessenen Klauseln, die bei der nach § 138 Abs. 1 BGB erforderlichen Gesamtbetrachtung einen Verstoß des Bürgschaftsvertrages gegen die guten Sitten allein nicht zu begründen vermöchten, unwirksam sind, kommt der Klägerin nach dem Schutzzweck des AGB-Gesetzes bei
der Beurteilung der Sittenwidrigkeit nicht zugute (BGHZ 80, 153, 172; 98, 174, 177; 136, 347, 355 f.).

III.


Die angefochtene Entscheidung war daher aufzuheben und das landgerichtliche Urteil wiederherzustellen.
Nobbe Bungeroth Müller
Wassermann Appl

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 50/01 Verkündet am:
14. Mai 2002
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
BGB §§ 138 Bb Abs. 1, 765
1. Bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Bürgen
oder Mithaftenden sind die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses auf
seinem Grundbesitz ruhenden dinglichen Belastungen grundsätzlich
wertmindernd zu berücksichtigen.
2. Ein Interesse des Kreditgebers, sich durch einen an sich wirtschaftlich
sinnlosen Bürgschafts- oder Mithaftungsübernahmevertrag vor Vermögensverschiebungen
zwischen Eheleuten zu schützen, vermag die Sittenwidrigkeit
grundsätzlich nur bei einer ausdrücklichen Haftungsbeschränkung
zu vermeiden. Das gilt auch für eine vor dem 1. Januar 1999
übernommene Bürgschaft (Aufgabe von BGH WM 1998, 2327, 2329 f.).
BGH, Urteil vom 14. Mai 2002 - XI ZR 50/01 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Mai 2002 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die
Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die Richterin Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten zu 2) wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 21. Dezember 2000 in der berichtigten Fassung vom 24. April 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als zu ihrem Nachteil erkannt worden ist.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Bürgschaft. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die klagende Sparkasse schloß am 13./14. April 1994 mit der R. Bau... GmbH (nachfolgend: R. GmbH), dem früheren Beklagten zu 1) und einem weiteren Gesellschafter der R. GmbH fünf Darlehensverträge, darunter einen Kontokorrentkreditvertrag über einen Höchstbetrag von 200.000 DM zu einem Zinssatz von 12,5% p.a.. Gleichzeitig übernahm die Beklagte zu 2) (nachfolgend: Beklagte), Ehefrau des früheren Beklagten zu 1), eine selbstschuldnerische Bürgschaft bis zum Höchstbetrag von 100.000 DM zur Sicherung für alle bestehenden und künftigen, auch bedingten und befristeten Forderungen der Klägerin gegen die Darlehensnehmer. Zuvor hatte die B.bank GmbH eine Ausfallbürgschaft über 80% für die gewährten Kredite bestellt. Nachdem eine Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der R. GmbH am 31. Mai 1996 mangels Masse abgelehnt worden war, kündigte die Klägerin sämtliche Darlehensverträge fristlos.
In der Folgezeit zahlte die B.bank GmbH der Klägerin einen Betrag von 207.471,01 DM und ermächtigte sie zur gerichtlichen Geltendmachung der ihr als Ausfallbürgin zustehenden Forderungen gegen die Darlehensnehmer und die Beklagte als Mitbürgin. Nach Verwertung verschiedener Sicherheiten hat die Klägerin Zahlungsklage erhoben.
Die Beklagte, die den Bürgschaftsvertrag für sittenwidrig erachtet, hat u.a. vorgetragen: Ihr gehöre ein sanierungsbedürftiges Mehrfamilienhaus , das bei Übernahme der Bürgschaft mit einem mit rund 300.000 DM valutierenden Hypothekendarlehen wertausschöpfend belastet gewesen sei. Als teilzeitbeschäftigte Lehrerin und Mutter eines siebenjährigen Sohnes habe sie im März 1994 1.470 DM netto verdient so-
wie mit ihrer Immobilie Mieteinnahmen von 1.232,50 DM erzielt. Die monatliche Annuitätenrate für das Hypothekendarlehen habe 2.143 DM betragen.
Das Landgericht hat der Klage gegen den früheren Beklagten zu
1) teilweise und der gegen die Beklagte antragsgemäß in Höhe von 100.000 DM zuzüglich Zinsen stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist weitgehend erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt sie ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Beklagten ist begründet; sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit zu ihrem Nachteil erkannt wurde.

I.


Das Berufungsgericht hat die Bürgschaftsübernahme der Beklagten für wirksam erachtet und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt :
Der Bürgschaftsvertrag der Parteien verstoße entgegen der Ansicht der Beklagten nicht gegen die guten Sitten. Eine krasse finanzielle Überforderung bei Abgabe der Bürgschaftserklärung lasse sich nach
dem Vortrag der Beklagten nicht feststellen. Zwar seien die Mieteinkünfte aus ihrer Immobilie nur zu erzielen, wenn zugleich das auf ihr lastende Hypothekendarlehen ordnungsgemäû zurückgezahlt werde. Solange sie aber mit ihren gesamten Einnahmen und der Schuldentilgung eigenes Vermögen bilden könne, sei die Annahme einer krassen finanziellen Überforderung sachlich nicht gerechtfertigt.
Überdies komme nach der Rechtsprechung des IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs eine Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB auch deswegen nicht in Betracht, weil das Interesse der Klägerin, sich vor Vermögensverschiebungen zwischen Eheleuten zu schützen, die Bürgschaft rechtfertige. Die vom XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs vertretene Gegenmeinung überzeuge nicht. Wie die Regeln über die Anfechtung von Rechtsgeschäften des Schuldners in der Zwangsvollstreckung und Insolvenz zeigten, seien Vermögensverschiebungen unter Eheleuten nicht nur eine abstrakte Möglichkeit, sondern eine von der Rechtsordnung wahrgenommene, ernsthaft bestehende Gefährdung der Gläubigerinteressen. Wenn ein Gläubiger nach den Grundsätzen der Privatautonomie diesem rechtlich anerkannten Interesse Rechnung trage und sich durch einen Bürgschaftsvertrag einen eigenständigen Zahlungsanspruch gegen den finanzschwachen Ehegatten des Hauptschuldners verschaffe, könne die Rechtsordnung diesem Handeln grundsätzlich nicht das Urteil der Sittenwidrigkeit entgegenhalten.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts verstöût der Bürgschaftsvertrag der Parteien nach dem streitigen Vorbringen der Beklagten , von dem für die Revisionsinstanz auszugehen ist, gegen die guten Sitten und ist infolgedessen nichtig.
1. Nach der inzwischen übereinstimmenden Rechtsprechung des IX. und des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs hängt die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB auf von Kreditinstituten mit privaten Sicherungsgebern geschlossene Bürgschafts- oder Mithaftungsverträge regelmäûig entscheidend vom Grad des Miûverhältnisses zwischen dem Verpflichtungsumfang und der finanziellen Leistungsfähigkeit des dem Hauptschuldner persönlich nahe stehenden Bürgen oder Mitverpflichteten ab (BGHZ 125, 206, 211; 136, 347, 351; 137, 329, 333 f.; 146, 37, 42; Senatsurteile vom 13. November 2001 - XI ZR 82/01, WM 2002, 125 und vom 4. Dezember 2001 - XI ZR 56/01, WM 2002, 223, 224). Zwar reicht selbst der Umstand, daû der Betroffene voraussichtlich nicht einmal die von den Darlehensvertragsparteien festgelegte Zinslast aus dem pfändbaren Teil seines Einkommens oder Vermögens bei Eintritt des Sicherungsfalles dauerhaft tragen kann, regelmäûig nicht aus, um das Unwerturteil der Sittenwidrigkeit zu begründen. In einem solchen Falle krasser finanzieller Überforderung ist aber nach der allgemeinen Lebenserfahrung ohne Hinzutreten weiterer Umstände widerleglich zu vermuten , daû er die ruinöse Bürgschaft oder Mithaftung allein aus emotionaler Verbundenheit mit dem Hauptschuldner übernommen und der Kre-
ditgeber dies in sittlich anstöûiger Weise ausgenutzt hat (st.Rspr., siehe Senatsurteile vom 13. November 2001 aaO S. 126 und vom 4. Dezember 2001 aaO).
2. Anders als das Berufungsgericht angenommen hat, war die Beklagte nach ihrem Vorbringen bei Übernahme der Bürgschaft voraussichtlich nicht in der Lage, die in den Kreditverträgen, welche Anlaû der Höchstbetragsbürgschaftserklärung über 100.000 DM waren, vereinbarten Zinsen aus eigenem pfändbaren Einkommen und/oder Vermögen dauerhaft allein zu tragen. Es spricht deshalb eine von der Klägerin zu widerlegende tatsächliche Vermutung dafür, daû sie die Bürgschaft nur aus emotionaler Verbundenheit mit ihrem Ehemann übernommen hat.

a) Nach ihren unwidersprochen gebliebenen Angaben verdiente die Beklagte bei Übernahme der Bürgschaft im März 1994 als teilzeitbeschäftigte Lehrerin lediglich 1.470 DM netto im Monat. Dieses Einkommen war unter Berücksichtigung ihrer Unterhaltspflicht gegenüber ihrem damals sieben Jahre alten Sohn unpfändbar (§ 850 c Abs. 1 ZPO). Ihren Einkünften aus der Vermietung eines Mehrfamilienhauses in Höhe von 1.232,50 DM monatlich standen nach ihrem streitigen Vorbringen Aufwendungen von 2.143 DM für Zinsen und Tilgung des angeblich mit rund 300.000 DM valutierenden Hypothekendarlehens gegenüber. Diese Aufwendungen waren, wie auch das Berufungsgericht nicht verkennt, notwendig , um die Mieteinnahmen erzielen zu können. Daû von den Aufwendungen weniger als 1.232,50 DM monatlich auf Zinsen entfielen, ist nicht festgestellt und angesichts der Höhe des Hypothekendarlehens auch nicht ersichtlich. Nach dem Vorbringen der Beklagten ist vielmehr
davon auszugehen, daû von ihren Mieteinnahmen nicht einmal ein Teil zur Bedienung der laufenden Zinsen aus der verbürgten Darlehenssumme von 100.000 DM zur Verfügung stand. Die Annahme des Berufungsgerichts , die Beklagte sei mit Hilfe ihres Arbeitseinkommens und ihrer Mieteinnahmen in der Lage, Vermögensbildung zu betreiben, entbehrt danach jeder Grundlage.

b) Auch über pfändbares Vermögen, das bei der Beurteilung ihrer Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen wäre, verfügt die Beklagte nach ihren Angaben nicht. Ihr Mehrfamilienhausgrundstück hat nach ihrem unter Beweis gestellten Vorbringen, dem das Berufungsgericht, wie die Revision zu Recht rügt, verfahrensfehlerhaft nicht nachgegangen ist, lediglich einen Verkehrswert von 300.000 DM und ist wertausschöpfend belastet. Diese Belastung ist bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Bürgen zu berücksichtigen. Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in zwei älteren Entscheidungen zwar die gegenteilige Ansicht vertreten (BGH, Urteile vom 7. März 1996 - IX ZR 43/95, WM 1996, 766, 768 und vom 13. November 1997 - IX ZR 289/96, WM 1998, 67, 69, insoweit in BGHZ 137, 153 ff. nicht abgedruckt). Diese Ansicht ist angesichts der jetzt auch vom IX. Zivilsenat geteilten Auffassung, daû sich die Wirksamkeit einer Bürgschaft nur nach der tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Bürgen richtet (BGHZ 146, 37, 43 f.; BGH, Urteil vom 27. Januar 2000 - IX ZR 298/98, WM 2000, 410, 412), aber überholt. Nach dieser neuen Rechtsprechung ist es allein folgerichtig, das verbürgte Risiko nur um den im Einzelfall effektiv verfügbaren Sicherungswert des mitverhafteten dinglichen Vermögens zu mindern, also valutierende dingliche Belastungen vermögensmindernd zu berücksichti-
gen. Deren Nichtberücksichtigung widerspräche auch der banküblichen Praxis und würde insbesondere bei wertausschöpfenden dinglichen Belastungen dazu führen, daû ein Bürge als finanziell leistungsfähig behandelt werden müûte, obwohl er dies ersichtlich nicht ist (Nobbe /Kirchhof BKR 2001, 1, 9 f.). An der vorgenannten älteren Rechtsprechung des IX. Zivilsenats kann deshalb nicht festgehalten werden. Zu dieser Änderung der Rechtsprechung ist der erkennende Senat ohne Anrufung des Groûen Senats für Zivilsachen gemäû § 132 GVG in der Lage, da er nach dem Geschäftsverteilungsplan des Bundesgerichtshofs seit dem 1. Januar 2001 an Stelle des IX. Zivilsenats für Bürgschaftssachen zuständig ist.

c) Aus der maûgeblichen Sicht eines rational handelnden Kreditinstituts war bei Hereinnahme der Bürgschaft im März 1994 auch mit einer alsbaldigen wesentlichen und dauerhaften Verbesserung der Einkommens - und Vermögensverhältnisse der Beklagten nicht zu rechnen. Angesichts des Alters des von ihr betreuten Sohnes von sieben Jahren erschien eine ganztätige berufliche Tätigkeit der Beklagten in naher Zukunft vielmehr eher unwahrscheinlich. Daû sich die Einkommens- und Vermögensverhältnisse günstiger entwickelt hätten, als dies bei Übernahme der Bürgschaft zu erwarten war, ist weder substantiiert vorgetragen noch festgestellt, so daû sich die von der Revisionserwiderung erörterte Streitfrage, ob auch die finanzielle Situation des Bürgen bei Eintritt des Bürgschaftsfalles bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit Berücksichtigung finden muû, nicht stellt.
3. Anders als das Berufungsgericht unter Berufung auf die Rechtsprechung des vormals für das Bürgschaftsrecht zuständigen IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs angenommen hat, ändert auch ein Interesse des Gläubigers, sich vor Vermögensverschiebungen zwischen Eheleuten zu schützen, an der Sittenwidrigkeit einer den bürgenden Ehegatten finanziell kraû überfordernden Bürgschaft nichts. Überdies hat das Berufungsgericht übersehen, daû eine Klage gegen einen kraû finanziell überforderten bürgenden Ehegatten auch nach der Rechtsprechung des IX. Zivilsenats - als derzeit unbegründet - abzuweisen ist, wenn eine Vermögensverschiebung - wie hier - nicht stattgefunden hat (BGHZ 128, 230, 235 f.; 134, 325, 328 ff.; BGH, Urteil vom 25. November 1999 - IX ZR 40/98, WM 2000, 23, 25).

a) Wie der erkennende Senat bereits in seinem Vorlagebeschluû vom 29. Juni 1999 an den Groûen Senat für Zivilsachen (XI ZR 10/98, WM 1999, 1556, 1558) ausgeführt hat, rechtfertigt allein das Ziel, etwaigen Vermögensverschiebungen vorzubeugen, ein unbeschränktes Mithaftungsbegehren nicht. Ohne besondere, vom Kreditgeber darzulegende und notfalls zu beweisende Anhaltspunkte kann grundsätzlich nicht davon ausgegangen werden, daû eine kraû überfordernde Bürgschaft oder Mithaftungsübernahme inhaltlich von vornherein nur eine erhebliche Vermögensverlagerung zwischen Hauptschuldner und Sicherungsgeber verhindern soll. Eine solche Vereinbarung, die der Personalsicherheit einen ganz besonderen Sinn verleiht, ist keineswegs üblich oder den auûerhalb der Vertragsurkunde liegenden Umständen zu entnehmen. Wer unter Berufung auf den wirklichen Willen verständiger Vertragsparteien eine solche einschränkende Auslegung der Bürgschaft
oder Mithaftungsabrede vornimmt, setzt sich daher über allgemein anerkannte Auslegungsgrundsätze hinweg und verstöût überdies gegen das Verbot einer geltungserhaltenden Reduktion formularmäûiger Bürgschafts - oder Mithaftungsverträge. Nimmt der Kreditgeber den Betroffenen - wie hier - in Anspruch, ohne auch nur ansatzweise zu behaupten, daû und in welchem Umfang eine im Verhältnis zur Kreditsumme erhebliche Vermögensverschiebung stattgefunden hat, so zeigt auch dieses im Rahmen der Vertragsauslegung zu berücksichtigende nachvertragliche Verhalten (vgl. dazu etwa BGH, Urteil vom 16. Oktober 1997 - IX ZR 164/96, WM 1997, 2305, 2306 m.w.Nachw.), daû die Annahme einer stillschweigend getroffenen Haftungsbeschränkung nicht gerechtfertigt ist.

b) Diese Auffassung wird inzwischen im Grundsatz auch vom IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs geteilt. Er sieht sich jedoch daran gehindert, die von ihm für die Zukunft anerkannten Grundsätze auch auf Bürgschaftsverträge aus der Zeit vor dem 1. Januar 1999 anzuwenden (Urteil vom 8. Oktober 1998 - IX ZR 257/97, WM 1998, 2327, 2329 f.), weil für die Kreditinstitute nicht hinreichend klar gewesen sei, inwieweit sie ihr Interesse an einem möglichst wirksamen Schutz vor Vermögensverschiebungen über die bloûe Hereinnahme einer Bürgschaft hinaus durch geeignete vertragliche Regelungen absichern muûten. Dieser differenzierenden Betrachtungsweise vermag sich der erkennende Senat nicht anzuschlieûen.
Dabei kann offenbleiben, ob und inwieweit das Vertrauen einer Prozeûpartei in den Fortbestand höchstrichterlicher Rechtsprechung
überhaupt schutzwürdig ist (siehe dazu Schimansky WM 2001, 1889 ff. m.w.Nachw.). Auf die Beantwortung dieser Frage kommt es hier nicht entscheidend an, weil sich bei einem vernünftigen Gläubiger kein für einen etwaigen Dispositionsschutz unerläûliches Vertrauen bilden konnte. Der Gesichtspunkt der Verhinderung von Vermögensverschiebungen des Hauptschuldners als ein die Sittenwidrigkeit vermeidendes Moment ist erstmals als Reaktion auf die Grundsatzentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Oktober 1993 (BVerfGE 89, 214, 229 ff.) und 5. August 1994 (BVerfG NJW 1994, 2749) vom IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs berücksichtigt worden (vgl. BGHZ 128, 230, 234 f.; 132, 328, 331; 134, 325, 327 f.). Er hat dabei ausdrücklich der abweichenden Rechtsprechung des XI. Zivilsenats (BGHZ 120, 272, 278 f. und Urteil vom 22. Januar 1991 - XI ZR 111/90, WM 1991, 313, 315) widersprochen. Der XI. Zivilsenat hat auch in der Folgezeit stets daran festgehalten , daû allein das Ziel, etwaigen Vermögensverschiebungen vorzubeugen , ein wirtschaftlich sinnloses Mithaftungsbegehren des Kreditgebers grundsätzlich nicht rechtfertigt (BGHZ 134, 42, 49; 135, 66, 69; Vorlagebeschluû vom 29. Juni 1999 - XI ZR 10/98, WM 1999, 1556, 1558). Von einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Berücksichtigungsfähigkeit des Schutzinteresses des Gläubigers vor Vermögensverschiebungen ohne eine ausdrückliche Beschränkung von Bürgschaften auf diesen Zweck konnte daher keine Rede sein (Vorlagebeschluû des erkennenden Senats vom 29. Juni 1999 - XI ZR 10/98, aaO S. 1558 f.; siehe auch Schimansky aaO S. 1892).

III.



Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, weil insbesondere tatrichterliche Feststellungen zum Wert des Mehrfamilienhauses der Beklagten , der Valutierung des Hypothekendarlehens und zu den monatlichen Zins- und Tilgungslasten der Beklagten bei Abschluû des Bürg-
schaftsvertrages fehlen. Zur weiteren Sachaufklärung war die Sache deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F.).
Nobbe Müller Joeres
Wassermann Mayen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 199/01 Verkündet am:
28. Mai 2002
Weber,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Die vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze zur Sittenwidrigkeit
von Mithaftung und Bürgschaft finanziell überforderter Angehöriger gelten
grundsätzlich nicht für Kommanditisten einer KG, die für Verbindlichkeiten
der KG die Mithaftung oder Bürgschaft übernehmen. Etwas anderes gilt,
wenn der Kommanditist ausschließlich Strohmannfunktion hat, die Mithaftung
oder Bürgschaft nur aus emotionaler Verbundenheit mit der hinter ihm
stehenden Person übernimmt und beides für die kreditgebende Bank evident
ist.
BGH, Urteil vom 28. Mai 2002 - XI ZR 199/01 - OLG Naumburg
LG Magdeburg
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Mai 2002 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die
Richter Dr. Siol, Dr. Bungeroth, Dr. Joeres und die Richterin Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 26. April 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die klagende Bank nimmt die Beklagte im Wege der Teilklage aus einer Bürgschaft für Verbindlichkeiten einer Kommanditgesellschaft in Anspruch.
Die Mutter der Beklagten entschloß sich im Jahr 1996 zur Fortführung eines in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft betriebenen Unternehmens, dessen Betriebsleiterin sie früher gewesen war. Zu die-
sem Zweck trat sie als Komplementärin in die KG ein. Die Beklagte übernahm eine Kommanditeinlage von 810.000 DM.
Mit Kontokorrentkredit- bzw. Darlehensverträgen vom 16. März und 30. Oktober 1996 gewährte die Klägerin der KG Kredite in Höhe von insgesamt 2.506.000 DM zu einem jährlichen Zinssatz von 8,25%. Für diese übernahm die Beklagte im Januar 1997 eine selbstschuldnerische Bürgschaft bis zu einem Höchstbetrag von 1 Million DM.
Die Beklagte, eine damals 30 Jahre alte Diplomjuristin, verheiratet und kinderlos, war seit 1992 als selbständige Finanz- und Versorgungsberaterin tätig. Ausweislich des Einkommenssteuerbescheides für 1996 betrugen ihre jährlichen Einnahmen 18.241 DM. In einer Selbstauskunft vom 18. Juli 1996 hatte sie ihr Jahreseinkommen hingegen auf 64.000 DM und das ihres Ehemannes auf 34.000 DM, zusammen 98.000 DM, beziffert. Ihr Bankguthaben hatte sie dort mit 20.000 DM und den Wert von Grundeigentum, das mit Grundpfandrechten in Höhe von 145.000 DM belastet war, mit 145.000 DM angegeben. In einem Sachbericht der M. Beteiligungsgesellschaft mbH und der B.bank GmbH vom 19. August 1996 an die Klägerin wurde der Verkehrswert des belasteten, der Beklagten nur zu ein halb zustehenden Grundstücks hingegen auf 300.000 DM und das Bankguthaben der Beklagten auf 21.000 DM beziffert.
Nachdem die KG im November 1999 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt hatte, kündigte die Klägerin am 3. Dezember 1999 die in Höhe von 1.768.886,41 DM valutierenden Kredite und nahm die Beklagte aus der Bürgschaft in Anspruch.

Die Beklagte macht die Sittenwidrigkeit der Bürgschaft wegen krasser finanzieller Überforderung geltend. Sie sei nicht in der Lage gewesen , die laufenden Zinsen zu tilgen. Die Gesellschafterstellung habe sie nur als Strohfrau und die Bürgschaft nur aufgrund familiären Drucks übernommen. Sie sei geschäftsunerfahren gewesen. Überdies habe der Mitarbeiter der Klägerin die Übernahme der Bürgschaft als bloße Formsache verharmlost.
Das Landgericht hat der Teilklage auf Zahlung von 100.000 DM nebst Zinsen stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Revision.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Die Bürgschaft sei wegen krasser finanzieller Überforderung der Bürgin sittenwidrig. Die Beklagte sei allerdings weder geschäftlich uner-
fahren gewesen noch seien der von ihr behauptete familiäre Druck oder die angebliche Verharmlosung der Bürgschaftsübernahme durch einen Mitarbeiter der Klägerin geeignet, die Sittenwidrigkeit zu begründen. Daß die Kreditgewährung von der Gestellung einer Bürgschaft abhängig gemacht worden sei, entspreche der banküblichen Praxis und rechtfertige die Annahme der Sittenwidrigkeit auch dann nicht, wenn die Beklagte - wie sie behaupte - nur als Strohfrau Gesellschafterin geworden sei. Bürgschaften von Angehörigen des Hauptschuldners oder eines persönlich haftenden Gesellschafters seien jedoch auch bei Fehlen weiterer Umstände als sittenwidrig anzusehen, wenn ein krasses Mißverhältnis zwischen dem Haftungsumfang und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Bürgen bestehe. So sei es hier. Die Beklagte sei bei Berücksichtigung ihres pfändbaren Einkommens und Vermögens nicht in der Lage, auch nur die laufende Zinslast zu tragen. Dies gelte auch dann, wenn man zugunsten der Klägerin von dem in der Selbstauskunft vom 18. Juli 1996 angegebenen Jahreseinkommen von 98.000 DM ausgehe sowie die Vermögensverhältnisse aus dem Sachbericht der M. Beteiligungsgesellschaft mbH und der B.bank GmbH vom 19. August 1996 zugrunde lege. Die Klägerin habe auch berücksichtigen müssen, daß die Beklagte für die Übernahme des Kommanditanteils von 810.000 DM noch den Kaufpreis in einer Rate zu 110.000 DM und sieben jährlichen Folgeraten von 100.000 DM habe zahlen müssen. Auf den mit dem Erwerb des Kommanditanteils verbundenen Vermögenszuwachs komme es nicht an, da der Kommanditanteil im Falle der Insolvenz des Hauptschuldners keinen Wert mehr habe. Das Interesse der Klägerin, sich vor Vermögensverschiebungen zu schützen, rechtfertige die Hereinnahme der die Beklagte finanziell kraß überfordernden Bürgschaft hier nicht.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht in allen Punkten stand.
1. Im Ergebnis zutreffend ist allerdings die Ansicht des Berufungsgerichts , die Beklagte werde durch die Übernahme der Höchstbetragsbürgschaft von 1 Million DM finanziell kraû überfordert.

a) Nach der inzwischen übereinstimmenden Rechtsprechung des IX. und des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes liegt eine solche Überforderung des Bürgen oder Mitverpflichteten bei nicht ganz geringen Bankschulden grundsätzlich vor, wenn er innerhalb der vertraglich festgelegten Kreditlaufzeit voraussichtlich nicht einmal die laufenden Zinsen aus dem pfändbaren Teil seines Einkommens und Vermögens dauerhaft aufbringen kann (BGHZ 136, 347, 351; 146, 37, 42; BGH, Urteile vom 27. Januar 2000 - IX ZR 198/98, WM 2000, 410, 411; vom 13. November 2001 - XI ZR 82/01, WM 2002, 125, 126; vom 4. Dezember 2001 - XI ZR 56/01, WM 2002, 223, 224 und vom 14. Mai 2002 - XI ZR 50/01 und 81/01, beide zur Veröffentlichung vorgesehen). Bei der Beurteilung der krassen finanziellen Überforderung von Bürgen und Mithaftenden ist pfändbares Vermögen in der Weise zu berücksichtigen, daû der ermittelte Wert von der Bürgschafts- oder mitübernommenen Schuld abgezogen wird. Nur wenn der pfändbare Teil des Einkommens des Bürgen oder Mithaftenden die auf den so ermittelten Schuldbetrag entfallenden laufenden Zinsen voraussichtlich nicht abdeckt, liegt eine krasse finanzielle Überforderung vor (Nobbe/Kirchhof BKR 2001, 5, 10).


b) So ist es hier, ohne daû es auf die vom Berufungsgericht berücksichtigten Ratenzahlungsverpflichtungen der Beklagten aus dem Erwerb des Kommanditanteils ankommt.
aa) Selbst wenn man zugunsten der Klägerin von den bestrittenen Vermögensverhältnissen der Beklagten ausgeht, wie sie sich aus dem Sachbericht der M. Beteiligungsgesellschaft mbH und der B.bank GmbH vom 19. August 1996 ergeben, betrug das pfändbare Vermögen der Beklagten , wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, bei Abschluû des Bürgschaftsvertrages nur 98.500 DM. Die Beklagte verfügte danach über ein Bankguthaben von 21.000 DM und war zu ein halb mitbeteiligt an einem Grundstück mit einem Verkehrswert von 300.000 DM, das mit valutierenden Grundpfandrechten von 145.000 DM belastet war. Diese Belastung ist der banküblichen Praxis entsprechend bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Beklagten vermögensmindernd zu berücksichtigen ; denn im Falle der Veräuûerung des Grundstücksanteils der Beklagten stünde nur der um die Belastung geminderte Erlös zur Erfüllung ihrer Bürgschaftsschuld zur Verfügung (vgl. Senatsurteil vom 14. Mai 2002 - XI ZR 50/01, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Dies wären hier 77.500 DM. Diese sowie das Bankguthaben von 21.000 DM sind danach von der Bürgschaftsschuld von 1 Million DM abzuziehen , so daû sich bei dem vom Berufungsgericht zugrunde gelegten Vertragszinssatz von 8,25% eine monatliche Zinsbelastung in Höhe von 6.197,81 DM ergibt.
bb) Diese laufende Zinslast konnte die Beklagte nicht aus dem pfändbaren Teil ihres Einkommens tragen. Nach der vom Berufungsge-
richt zugrundegelegten Selbstauskunft vom 18. Juli 1996 verfügte die Beklagte selbst über jährliche Einnahmen von 64.000 DM. Das angegebene Jahreseinkommen ihres Ehemannes von 34.000 DM ist, da es auf die Leistungsfähigkeit nur des Bürgen persönlich ankommt, insoweit nicht unmittelbar zu berücksichtigen, sondern führt nur dazu, daû sich der pfändungsfreie Betrag nicht durch Unterhaltspflichten erhöht. Auszugehen ist somit entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht von einem Jahreseinkommen der Beklagten von 98.000 DM, sondern nur von 64.000 DM, d.h. monatlichen Einkünften von 5.333,33 DM. Der 1997 nach § 850 c ZPO monatlich pfändbare Betrag beläuft sich danach auf 3.337,03 DM und bleibt damit weit hinter der monatlichen Zinsbelastung zurück.
2. Nicht rechtsfehlerfrei ist aber die Ansicht des Berufungsgerichts, die krasse finanzielle Überforderung habe ohne weiteres die Sittenwidrigkeit der Bürgschaft der Beklagten zur Folge.
a) Die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Sittenwidrigkeit von Mithaftung und Bürgschaft finanziell überforderter Familienangehöriger entwickelten Grundsätze (vgl. BGH, Urteil vom 27. Januar 2000 - IX ZR 198/98, WM 2000, 410, 411; Senat BGHZ 146, 37 ff.; Senatsurteil vom 15. Januar 2002 - XI ZR 98/01, WM 2002, 436 f., jeweils m.w.Nachw.) gelten, was das Berufungsgericht verkannt hat, für die Bürgschaft der Beklagten als einziger Kommanditistin der Hauptschuldnerin grundsätzlich nicht.
aa) Ein Kreditinstitut, das einer GmbH ein Darlehen gewährt, hat nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein berechtigtes Interesse an der persönlichen Haftung der maûgeblich beteiligten
Gesellschafter. Die gängige Bankpraxis, bei der Gewährung von Geschäftskrediten für eine GmbH Bürgschaften der Gesellschafter zu verlangen , ist deshalb rechtlich nicht zu beanstanden (BGHZ 137, 329, 336; BGH, Urteile vom 11. Dezember 1997 - IX ZR 274/96, WM 1998, 235, 236, insoweit in BGHZ 137, 292 ff. nicht abgedruckt; vom 16. Dezember 1999 - IX ZR 36/98, WM 2000, 514, 516; vom 18. September 2001 - IX ZR 183/00, WM 2001, 2156, 2157 und Senatsurteil vom 15. Januar 2002 - XI ZR 98/01, WM 2002, 436). Das gilt in gleicher Weise, wenn der Kredit - wie hier - einer Kommanditgesellschaft gewährt und vom Kommanditisten eine entsprechende Sicherheit verlangt wird (Nobbe/Kirchhof BKR 2001, 5, 14). Auch in diesem Fall kann die kreditgebende Bank im allgemeinen davon ausgehen, daû bei einem Gesellschafterbürgen, der einen bedeutsamen Gesellschaftsanteil hält, das eigene wirtschaftliche Interesse im Vordergrund steht und er schon deshalb durch die Haftung kein unzumutbares Risiko auf sich nimmt. Auch hier begründen daher weder die krasse finanzielle Überforderung eines bürgenden Gesellschafters noch seine emotionale Verbundenheit mit einem die Gesellschaft beherrschenden Dritten die Vermutung der Sittenwidrigkeit (vgl. Senatsurteil vom 15. Januar 2002 aaO S. 436 f. m.w.Nachw.).
bb) Dies gilt in der Regel selbst dann, wenn der Gesellschafter - wie die Beklagte dies behauptet - lediglich die Funktion eines Strohmannes hat. Nur wenn für das Kreditinstitut klar ersichtlich ist, daû derjenige , der bürgen soll, finanziell nicht beteiligt ist und die Stellung eines Gesellschafters ohne eigenes wirtschaftliches Interesse nur aus persönlicher Verbundenheit mit einer die Gesellschaft wirtschaftlich beherrschenden Person übernommen hat, gelten die Grundsätze zur Sittenwidrigkeit von Bürgschaften naher Angehöriger entsprechend (Senatsurteil
vom 15. Januar 2002 aaO S. 437 m.w.Nachw.). Wird die Bank in die wirtschaftlichen Hintergründe der Gesellschaftsgründung so einbezogen, daû für sie die wirklichen Motive des Bürgen klar hervortreten, so darf sie davor nicht die Augen verschlieûen. Erkennt das Kreditinstitut infolge der ihm offenbarten Tatsachen, daû derjenige, der die Haftung übernehmen soll, finanziell nicht beteiligt ist und die Stellung eines Gesellschafters nur aus emotionaler Abhängigkeit übernommen hat, er also keine eigenen wirtschaftlichen Interessen verfolgt, ist der überforderte Bürge in gleicher Weise schutzwürdig wie in den typischen Fällen von Haftungserklärungen für die Verbindlichkeiten von Personen, denen er emotional eng verbunden ist (BGHZ 137, 329, 337; BGH, Urteil vom 18. September 2001 - IX ZR 183/00, WM 2001, 2156, 2157).

b) Das Berufungsgericht hat, wie die Revisionserwiderung zu Recht rügt, bislang weder zu der zwischen den Parteien streitigen Frage, ob die Beklagte lediglich als Strohfrau ohne eigene wirtschaftliche Interessen Gesellschafterin geworden war, Feststellungen getroffen noch zu der Frage, ob das der Klägerin bekannt war oder sie davor die Augen verschlossen hat.
3. Eine finanziell belastende Bürgschaftsübernahme kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auch aufgrund besonderer erschwerender, dem Kreditinstitut zurechenbarer Umstände sittenwidrig sein. Das ist etwa der Fall, wenn das Kreditinstitut die geschäftliche Unerfahrenheit des Bürgen ausnutzt oder die Willensbildung und Entschlieûungsfreiheit durch Irreführung, Schaffung einer seelischen Zwangslage oder die Ausübung unzulässigen Drucks beeinträchtigt hat (vgl. BGHZ 125, 206, 210; 128, 230, 232; 132, 328, 329 f.; 137, 329,
333; BGH, Urteile vom 15. Februar 1996 - IX ZR 245/94, WM 1996, 588, 592; vom 16. Januar 1997 - IX ZR 250/95, WM 1997, 511, 512 und Senatsurteil vom 15. Januar 2002 - XI ZR 98/01, WM 2002, 436, 437). Derartige Umstände hat das Berufungsgericht bislang ebenfalls nicht festgestellt.

a) Dies läût keinen Rechtsfehler erkennen, soweit das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt ist, die Klägerin habe nicht eine bestehende geschäftliche Unerfahrenheit der Beklagten ausgenutzt. Dieser Umstand, der in der Praxis bei einem Kommanditisten ohnedies so gut wie nie zu bejahen sein wird (Nobbe/Kirchhof aaO S. 15), scheidet hier angesichts der Berufsausbildung der Beklagten als Diplomjuristin und ihrer seit 1992 ausgeübten Tätigkeit als Finanz- und Versorgungsberaterin aus.

b) Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Berufungsgericht auch eine zur Sittenwidrigkeit der Bürgschaft führende seelische Zwangslage der Beklagten verneint. Die Beklagte hat sich zwar darauf berufen, sie sei von ihrem Vater am Hochzeitstag ihrer Eltern massiv unter Druck gesetzt worden. Das Berufungsgericht weist aber zutreffend darauf hin, es sei nicht dargetan, daû diese Umstände der Klägerin bekannt geworden sind.

c) Dem Berufungsgericht kann hingegen nicht gefolgt werden, soweit es den unter Beweis gestellten Vortrag der Beklagten als unerheblich ansieht, der Mitarbeiter J. der Klägerin habe auf Nachfrage die Bürgschaft als bloûe Formsache bezeichnet und die Rechtsfolgen verharmlost. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann in einer Verharmlosung der Rechtsfolgen einer Bürgschaft eine Irreführung des Bürgen liegen und damit zugleich ein besonderer Umstand, der die Sittenwidrigkeit der Bürgschaft (mit)begründen kann (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 1997 - IX ZR 271/96, WM 1998, 239, 240, insoweit in BGHZ 137, 329 ff. nicht abgedruckt; Urteil vom 8. November 2001 - IX ZR 46/99, WM 2002, 919, 922; Nobbe/Kirchhof aaO S. 15).
4. Im Ergebnis nicht zu beanstanden ist schlieûlich die Ansicht des Berufungsgerichts, ein Interesse der Klägerin, sich vor Vermögensverschiebungen unter Verwandten zu schützen, rechtfertige die kraû überfordernde Bürgschaft nicht. Wie der erkennende Senat bereits in seinem Vorlagebeschluû vom 29. Juni 1999 an den Groûen Senat für Zivilsachen (XI ZR 10/98, WM 1999, 1556, 1558) ausgeführt hat, rechtfertigt allein das Ziel, etwaigen Vermögensverschiebungen vorzubeugen, ein unbeschränktes Mithaftungsbegehren nicht. Gleiches gilt für eine kraû überfordernde Bürgschaft. Ohne besondere, vom Kreditgeber darzulegende und notfalls zu beweisende Anhaltspunkte kann grundsätzlich nicht davon ausgegangen werden, daû eine kraû überfordernde Bürgschaft inhaltlich von vornherein nur eine erhebliche Vermögensverlagerung zwischen Hauptschuldner und Sicherungsgeber verhindern soll. Nimmt der Kreditgeber den Bürgen - wie hier - in Anspruch, ohne auch nur ansatzweise zu behaupten, daû und in welchem Umfang eine im Verhältnis zur Kreditsumme erhebliche Vermögensverschiebung statt-
gefunden hat, so zeigt dieses im Rahmen der Vertragsauslegung zu berücksichtigende nachvertragliche Verhalten, daû die Annahme einer stillschweigend getroffenen Haftungsbeschränkung nicht gerechtfertigt ist. Das gilt, wie der erkennende Senat in seinen Urteilen vom 14. Mai 2002 (XI ZR 50/01 und 81/01, beide zur Veröffentlichung vorgesehen) unter Änderung der Rechtsprechung des IX. Zivilsenats (vgl. Urteil vom 8. Oktober 1998 - IX ZR 257/97, WM 1998, 2327, 2329 f.) näher ausgeführt hat, auch für Bürgschaftsverträge aus der Zeit vor dem 1. Januar 1999.

III.


Das Berufungsurteil war danach aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, war sie zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F.).
Nobbe Siol Bungeroth Richter am Bundesge- Mayen richtshof Dr. Joeres ist wegen Urlaubs gehindert , seine Unterschrift beizufügen. Nobbe

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 311/01 Verkündet am:
3. Dezember 2002
Weber,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 3. Dezember 2002 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe,
die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die Richterin
Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten zu 1) werden das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 1. August 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten zu 1) erkannt worden ist, und das Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 9. Februar 2001 teilweise abgeändert.
Die gegen die Beklagte zu 1) gerichtete Klage wird abgewiesen.
Die Kosten erster und zweiter Instanz werden wie folgt verteilt: Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen sie selbst 13/14 und der Beklagte zu 2) 1/14. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 3) hat die Klägerin zu erstatten. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) trägt er selbst.
Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Bürgschaft. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die klagende Sparkasse stand seit 1991 mit dem Ehemann der Beklagten zu 1) (nachfolgend: Beklagte), einem Transportunternehmer, in ständiger Geschäftsbeziehung. In deren Verlauf gewährte die Klägerin ihm mehrere, zum Teil staatlich geförderte Existenzgründungskredite und am 25. November 1996 zwei variabel verzinsliche Darlehen über 660.805,51 DM und 582.000 DM zu Zinssätzen von damals 7,10% und 6,55%, die unter anderem durch eine erstrangige Grundschuld über 2 Millionen DM an dem Betriebsgrundstück des Kreditnehmers gesichert wurden.
Mit schriftlicher Erklärung vom 25. November 1996 übernahm die Beklagte eine selbstschuldnerische Bürgschaft bis zum Höchstbetrag von 500.000 DM für die Verbindlichkeiten ihres Ehemannes gegenüber der Klägerin einschließlich der vorgenannten Darlehen.
Nach Kündigung der Geschäftsbeziehung und Verwertung eines Teils der Sicherheiten geht die Klägerin gegen die Beklagte aus dem
Bürgschaftsvertrag vom 25. November 1996 vor. Die Beklagte, die die Bürgschaft wegen krasser finanzieller Überforderung für sittenwidrig erachtet , hält dem vor allem entgegen: Bei Abgabe der Bürgschaftserklärung habe der pfändbare Teil ihres Monatseinkommens von etwa 2.000 DM als Angestellte im Betrieb ihres Ehemannes nur 553,70 DM betragen. Vermögen habe sie nicht besessen. Das neu errichtete Zweifamilienhaus gehöre allein ihrem Ehemann.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung eines Teilbetrages in Höhe von 300.000 DM zuzüglich Zinsen verurteilt. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt sie ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Klageabweisung.

I.


Das Berufungsgericht hat die Bürgschaftsübernahme der Beklagten für wirksam erachtet und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt :
Der Bürgschaftsvertrag der Parteien verstoße nicht gegen die guten Sitten. Eine krasse finanzielle Überforderung der Beklagten lasse
sich nicht feststellen. Neben dem nicht substantiiert bestrittenen pfändbaren Einkommensanteil von 553,70 DM monatlich verfüge sie über hälftiges Sondermiteigentum an dem auf fremdem Grund und Boden errichteten Zweifamilienhaus. Ausweislich der vorgelegten Fotos erscheine der von der Klägerin angegebene reine Gebäudewert in Höhe von rund 400.000 DM nicht unangemessen.
Die Beklagte habe außerdem nicht bewiesen, daß die Klägerin das persönliche Näheverhältnis zu ihrem Ehemann in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt habe. Vielmehr habe sie ihrerseits dargelegt, daß dessen Transportunternehmen die Existenzgrundlage der ganzen Familie gewesen sei und die Beklagte die Kreditverhandlungen nahezu selbständig geführt sowie überhaupt die kaufmännische Verantwortung getragen habe.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts überforderte die Höchstbetragsbürgschaft über 500.000 DM die Beklagte von Anfang an finanziell in krasser Weise, ohne daß es die Klägerin entlastende Momente gibt.
1. Nach der inzwischen übereinstimmenden Rechtsprechung des IX. und des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs hängt die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB auf von Kreditinstituten mit privaten Sicherungsgebern geschlossene Bürgschafts- oder Mithaftungsverträge regelmäßig
entscheidend vom Grad des Mißverhältnisses zwischen dem Verpflichtungsumfang und der finanziellen Leistungsfähigkeit des dem Hauptschuldner persönlich nahe stehenden Bürgen oder Mitverpflichteten ab (BGHZ 125, 206, 211; 136, 347, 351; 137, 329, 333 f.; 146, 37, 42; Senatsurteile vom 13. November 2001 - XI ZR 82/01, WM 2002, 125; vom 4. Dezember 2001 - XI ZR 56/01, WM 2002, 223, 224; vom 14. Mai 2002 - XI ZR 50/01, WM 2002, 1347, 1348, für BGHZ vorgesehen; vom 14. Mai 2002 - XI ZR 81/01, WM 2002, 1350, 1351 und vom 28. Mai 2002 - XI ZR 199/01, WM 2002, 1647, 1648 sowie XI ZR 205/01, WM 2002, 1649, 1651). Zwar reicht selbst der Umstand, daß der Betroffene voraussichtlich nicht einmal die von den Darlehensvertragsparteien festgelegte Zinslast aus dem pfändbaren Teil seines Einkommens oder Vermögens bei Eintritt des Sicherungsfalles dauerhaft tragen kann, regelmäßig nicht aus, um das Unwerturteil der Sittenwidrigkeit zu begründen. In einem solchen Falle krasser finanzieller Überforderung ist aber nach der allgemeinen Lebenserfahrung ohne Hinzutreten weiterer Umstände widerleglich zu vermuten, daß er die ruinöse Bürgschaft oder Mithaftung allein aus emotionaler Verbundenheit mit dem Hauptschuldner übernommen und der Kreditgeber dies in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt hat (st.Rspr., siehe z.B. Senatsurteile vom 14. Mai 2002 - XI ZR 50/01 aaO S. 1348 und vom 28. Mai 2002 - XI ZR 205/01 aaO, jeweils m.w.Nachw.).
2. Anders als das Berufungsgericht angenommen hat, war die Beklagte bei Vertragsschluß voraussichtlich nicht einmal in der Lage, die nach den Kreditverträgen, welche Anlaß der streitgegenständlichen Bürgschaftserklärung waren, bestehende Zinslast aus eigenem pfändbaren Einkommen und/oder Vermögen dauerhaft allein zu tragen.

a) Nach dem nicht substantiiert bestrittenen Vortrag der Beklagten betrug der pfändbare Teil ihres monatlichen Einkommens aus der Mitarbeit im Transportunternehmen ihres Ehemannes lediglich 553,70 DM. Daß aus der maßgebenden Sicht eines seriösen und vernünftigen Kreditgebers in absehbarer Zeit mit einer wesentlichen und nachhaltigen Verbesserung der Einkommensverhältnisse zu rechnen war, ist nicht vorgetragen. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Beklagten belief sich der pfändbare Teil ihres Monatseinkommens bei Eintritt des Sicherungsfalles im Jahre 2000 auf 763,70 DM.

b) An pfändbarem Vermögen besaß die Beklagte nach den nicht angegriffenen Ausführungen des Berufungsgerichts hälftiges Sondermiteigentum an einem Zweifamilienhaus. Ausgehend von dem Gebäudewert , den die Klägerin mit 400.000 DM angegeben hat, entfielen auf die Beklagte 200.000 DM.

c) Dieses pfändbare Vermögen ist bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Beklagten in der Weise zu berücksichtigen , daß der Wert von 200.000 DM von der Bürgschaftsschuld über 500.000 DM abgezogen wird. Nur wenn der pfändbare Teil des Einkommens der Beklagten die auf den so ermittelten Schuldbetrag entfallenden laufenden Zinsen voraussichtlich nicht abdeckt, liegt eine krasse finanzielle Überforderung vor (Senatsurteil vom 28. Mai 2002 - XI ZR 199/01, aaO S. 1648).
Das ist hier offensichtlich der Fall. Ausgehend von dem bei Übernahme der Bürgschaft geltenden günstigsten Zinssatz von 6,55% belaufen sich die Zinsen bei einer Schuld von 300.000 DM auf 19.650 DM
jährlich oder 1.637,50 DM monatlich. Sie übersteigen damit den pfändbaren Teil des Einkommens der Beklagten von höchstens 763,70 DM monatlich bei weitem. Das würde sogar auch dann noch gelten, wenn man angesichts der variabel verzinslichen Darlehen von sehr günstigen durchschnittlichen Zinsen von lediglich 5%, d.h. hier 15.000 DM jährlich ausgehen wollte.
2. Die danach bestehende tatsächliche Vermutung eines sittlich anstößigen fremdbestimmten Handelns der Beklagten ist nicht widerlegt oder entkräftet. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts liegt die Darlegungs- und Beweislast insoweit bei der Klägerin (vgl. Senatsurteil vom 28. Mai 2002 - XI ZR 205/01, aaO S. 1652).

a) Daß die Beklagte nach den Angaben der Klägerin mehrere Kreditgespräche für ihren Ehemann allein geführt und auch sonst die kaufmännische Verantwortung für das von ihm betriebene Transportunternehmen getragen haben soll, fällt als Beweisanzeichen schon deshalb nicht ins Gewicht, weil nach der allgemeinen Lebenserfahrung auch erfahrene und geschäftsgewandte Personen aus emotionaler Verbundenheit zu ihren Ehegatten Verbindlichkeiten eingehen, die sie finanziell kraß überfordern (Senatsurteil vom 14. Mai 2002 - XI ZR 81/01, WM 2002, 1350, 1351 m.w.Nachw.).

b) Ebenso ist der Einwand der Klägerin, der Gewerbebetrieb sei die Existenzgrundlage der ganzen Familie gewesen, keine geeignete Indiztatsache. Denn abgesehen davon, daß nicht einmal sicher ist, ob die Beklagte von einem unternehmerischen Erfolg ihres Ehemannes in einem nennenswerten Umfang profitiert hätte, wiegt die Verbesserung des
allgemeinen Lebensstandards das Mithaftungsrisiko bei weitem nicht auf. Bloße mittelbare Vorteile sind daher grundsätzlich - und erst recht bei weitgehend fremdfinanzierten Existenzgründungen - kein Gesichtspunkt, den finanziell kraß überforderten Ehepartner unter bewußter Ausnutzung des persönlichen Näheverhältnisses in das unternehmerische Risiko des anderen einzubinden. Zudem würde der gegenteilige Standpunkt zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Benachteiligung der Ehepartner selbständiger Unternehmer führen (Senat BGHZ 146, 37, 46).

III.


Die angefochtene Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO a.F.). Durch die anderweitigen Sicherheiten der Klägerin war das Haftungsrisiko der Beklagten nicht in einer die Sittenwidrigkeit ausschließenden Weise begrenzt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind anderweitige Sicherheiten des Kreditnehmers - vor allem dingliche Sicherheiten - grundsätzlich nur dann zu berücksichtigen, wenn sie das Haftungsrisiko des Betroffenen in rechtlich gesicherter Weise auf ein vertretbares Maß beschränken (vgl. BGHZ 136, 347, 352 f.; Senat BGHZ 146, 37, 44 m.w.Nachw.; Senatsurteil vom 28. Mai 2002 - XI ZR 205/01, aaO S. 1651). Diese engen Voraussetzungen erfüllt die von dem Ehemann der Beklagten auf dem Betriebsgrundstück bestellte erstrangige Sicherungsgrundschuld nicht, weil die Klägerin gemäß Nr. 3 der Bürgschaftsurkunde vom 26. November 1996 nicht verpflichtet ist, sich zunächst an andere Sicherheiten zu halten, bevor sie die Beklagte in An-
spruch nimmt, und die Beklagte aus der Aufgabe anderweitiger Sicher- heiten keine Rechte herleiten kann. Daß ein solcher Ausschluß des § 776 BGB gegen § 9 AGBG verstößt (BGHZ 144, 52, 56 ff.), ändert nichts. Bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit der Bürgschaft kann es der Klägerin nicht zugute kommen, wenn die formularmäßige Bürgschaft unangemessene und deshalb unwirksame Klauseln enthält.

IV.


Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F.) und die Klage abweisen.
Nobbe Müller Joeres
Wassermann Mayen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 28/04 Verkündet am:
25. Januar 2005
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Verbürgt sich der finanziell kraß überforderte Ehepartner für ein staatlich gefördertes
Existenzgründungsdarlehen des anderen, so genügt es zur Widerlegung der
Vermutung eines Handelns aus emotionaler Verbundenheiten nicht, daß der Bürge
in dem künftigen Gewerbebetrieb an verantwortlicher Stelle mitarbeiten soll.
BGH, Urteil vom 25. Januar 2005 - XI ZR 28/04 - OLG Düsseldorf
LG Wuppertal
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Januar 2005 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe
und die Richter Dr. Müller, Dr. Wassermann, Dr. Appl und
Dr. Ellenberger

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 9. Mai 2003 aufgehoben und das Urteil der 19. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 22. November 2001 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Bür gschaft. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Beklagte und ihr Ehemann waren über viele Jahr e im Transportgewerbe tätig. Im Jahre 1997 verdienten die Eheleute zusammen mehr als 200.000 DM brutto, wovon rund 70.000 DM auf die als Prokuristin tätige Beklagte entfielen. Als beide ihren Arbeitsplatz verloren hatten , wandte sich der Ehemann der Beklagten im September 1998 an die klagende Sparkasse, um staatlich geförderte Existenzgründungsdarlehen und weitere Kredite über insgesamt ca. 1,2 Millionen DM für die von ihm beabsichtigte Gründung einer Einzelfirma zu erhalten. Nach dem vorgelegten Gründungskonzept sollte der Betrieb auf dem Gebiet des Transportwesens tätig werden. Ferner war vorgesehen, daß die Beklagte die Büroleitung zusammen mit der Auftragsbearbeitung übernimmt und ab März 1999 ein steigerungsfähiges Jahresgehalt von 75.000 DM brutto bezieht. Mit notariellem Vertrag vom 29. Dezember 1998 gründeten die Eheleute eine GmbH, die später das Unternehmen des Ehemannes der Beklagten übernehmen und fortführen sollte, aber den Geschäftsbetrieb nie aufgenommen hat.
Am 26. Februar 1999 bewilligte die Klägerin die be antragten Kredite zu unterschiedlichen Zinssätzen. Die damals 51 Jahre alte arbeitslose Beklagte übernahm dafür am selben Tag eine Höchstbetragsbürgschaft über 300.000 DM. Außerdem bestellte sie mit notarieller Urkunde vom 6. April 2000 an ihrem Wohnungseigentum eine wertausschöpfende Grundschuld von 400.000 DM. Ab Juli 1999 bezog sie als Angestellte im Unternehmen ihres Ehemannes ein Monatsgehalt von 2.365 DM netto.
Die Existenzgründung ihres Ehemannes scheiterte. N ach Einstellung des Gewerbebetriebes wurde im November 2000 über sein Vermö-
gen das Insolvenzverfahren eröffnet. Die ausgereichten Geschäftskredite wurden deshalb von der Klägerin fristlos gekündigt.
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus der Höchstbetr agsbürgschaft auf Zahlung von 300.000 DM zuzüglich Zinsen in Anspruch. Die Beklagte hält die Bürgschaft wegen krasser finanzieller Überforderung für sittenwidrig.
Beide Vorinstanzen haben dem Zahlungsbegehren der Klägerin antragsgemäß stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet.

I.


Das Berufungsgericht hat die Höchstbetragsbürgscha ft der Beklagten über 300.000 DM für wirksam erachtet und zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt:
Die Bürgschaft verstoße nicht gegen die guten Sitt en. Eine krasse finanzielle Überforderung der Beklagten lasse sich trotz ihrer Arbeitslosigkeit zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht feststellen. Vor dem beruflichen Hintergrund der Beklagten habe die Klägerin nämlich darauf
vertrauen dürfen, daß die Planung ihres Ehemannes aufgehen und sie schon alsbald als Büroleiterin seines Betriebes jährlich 75.000 DM brutto verdienen werde. Das sogar noch für steigerungsfähig gehaltene Gehalt der Beklagten habe ausgereicht, um die nach ihren Angaben auf die verbürgten Existenzgründungsdarlehen entfallende Zinslast von höchstens 4,58% p.a. aus dem pfändbaren Teil ihres Einkommens dauerhaft allein zu tragen. Daß die Sicherheit der Einkünfte von dem wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens abhängig gewesen sei, rechtfertige keine andere rechtliche Beurteilung, da die Klägerin ein Scheitern der überzeugenden Geschäftsidee nicht habe ernsthaft in Betracht ziehen müssen.
Darüber hinaus habe die Beklagte an der Kreditaufn ahme ersichtlich ein eigenes wirtschaftliches Interesse gehabt. Dieses ergebe sich daraus, daß sie in dem Betrieb als leitende Angestellte mitarbeiten und Jahreseinkünfte von 75.000 DM erhalten sollte. Da die Beklagte bei Abgabe der Bürgschaftserklärung arbeitslos gewesen sei und sich nach ihrem Vortrag bei der Arbeitssuche vermutlich Schwierigkeiten ergeben hätten, sei die Existenzgründung ihres seinerzeit ebenfalls erwerbslosen Ehemannes für sie beide eine gute Lösung gewesen.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
1. Entgegen der Ansicht der Revision ist das Beruf ungsurteil allerdings nicht bereits deshalb aufzuheben, weil die Darstellung des Tatbestands nicht den Anforderungen des § 543 Abs. 2 ZPO a.F. entspreche.
Der Senat hat die entsprechende Rüge der Revision geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO).
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts v erstößt die Höchstbetragsbürgschaft der Beklagten gemäß § 138 Abs. 1 BGB gegen die guten Sitten und ist daher nichtig.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesger ichtshofs hängt die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB auf von Kreditinstituten mit privaten Sicherungsgebern geschlossene Bürgschafts- oder Mithaftungsverträge regelmäßig entscheidend vom Grad des Mißverhältnisses zwischen dem Verpflichtungsumfang und der finanziellen Leistungsfähigkeit des dem Hauptschuldner persönlich nahe stehenden Bürgen oder Mitverpflichteten ab (BGHZ 136, 347, 351; 146, 37, 42; 151, 34, 36 f.; zuletzt Senatsurteil vom 11. Februar 2003 - XI ZR 214/01, ZIP 2003, 796, 797 und Senat BGHZ 156, 302, 307 m.w.Nachw.). Zwar reicht selbst der Umstand, daß der Betroffene voraussichtlich nicht einmal die von den Darlehensvertragsparteien festgelegte Zinslast aus dem pfändbaren Teil seines laufenden Einkommens und/oder Vermögens bei Eintritt des Sicherungsfalles dauerhaft tragen kann, regelmäßig nicht aus, um das Unwerturteil der Sittenwidrigkeit zu begründen. In einem solchen Fall krasser finanzieller Überforderung ist aber nach der allgemeinen Lebenserfahrung ohne Hinzutreten weiterer Umstände widerleglich zu vermuten, daß er die ruinöse Bürgschaft oder Mithaftung allein aus emotionaler Verbundenheit mit dem Hauptschuldner übernommen und der Kreditgeber dies in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt hat (st.Rspr., siehe z.B. Senatsurteil vom 11. Februar 2003 aaO, m.w.Nachw. und BGHZ 156, aaO).


b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts war die Beklagte bei Übernahme der Bürgschaft über 300.000 DM im Februar 1999 kraß finanziell überfordert, weil sie die Zinsen von 4,58% für das verbürgte Existenzgründungsdarlehen über 230.000 DM und von 10% variabel für den Kontokorrentkredit über 100.000 DM aus eigenem pfändbaren Einkommen und/oder Vermögen auf Dauer allein nicht aufbringen konnte.
aa) Da die Beklagte bei Übernahme der Bürgschaft a rbeitslos war, konnte sie zunächst nicht das Geringste zur vertragsgemäßen Erfüllung der Zinsansprüche der Klägerin aus dem verbürgten Existenzgründungsdarlehen und dem Kontokorrentkredit ihres Ehemannes beitragen. Daß die den Wert ihrer Eigentumswohnung unstreitig ausschöpfende Grundschuld über 400.000 DM erst im April 2000, also weit nach Vertragsschluß bestellt wurde, rechtfertigt keine andere rechtliche Beurteilung. Die Bestellung der Grundschuld ist bereits in den Darlehensverträgen vom 26. Februar 1999 vorgesehen.
bb) Aus der maßgebenden Sicht eines seriösen und v ernünftigen Kreditgebers war auch nicht mit einer die krasse finanzielle Überforderung der Beklagten beseitigenden Verbesserung ihres finanziellen Leistungsvermögens bis zum ungewissen Zeitpunkt der Inanspruchnahme aus der Bürgschaft zu rechnen.
(1) Nach der gefestigten Rechtsprechung des erkenn enden Senats sind bei der gebotenen Prognose grundsätzlich alle erwerbsrelevanten Umstände und Verhältnisse - wie z.B. Alter, Schul- und Berufsausbildung sowie etwaige besondere familiäre oder vergleichbare Belastungen - des
erkennbar finanzschwachen Bürgen oder Mithaftenden zu berücksichtigen (vgl. z.B. Senat BGHZ 146, 37, 43; Senatsurteile vom 26. April 1994 - XI ZR 184/93, WM 1994, 1022, 1024, vom 13. November 2001 - XI ZR 82/01, WM 2002, 125, 126 und vom 11. Februar 2003 - XI ZR 214/01, ZIP 2003, 796, 797). Erst wenn danach bei lebensnaher Betrachtung feststeht, daß der Betroffene voraussichtlich nicht einmal die von den Darlehensvertragsparteien festgelegten Zinsen aus dem pfändbaren Teil seines eigenen Einkommens und/oder Vermögens bis zum Vertragsende allein aufbringen kann, ist eine krasse finanzielle Überforderung zu bejahen.
(2) So ist es hier. Die Klägerin durfte die damals 51-jährige Beklagte - anders als das Berufungsgericht angenommen hat - nicht im Vertrauen auf die Realisierbarkeit des Gründungskonzepts ihres Ehemannes in die von den staatlichen Förderstellen vorgeschriebene Bürgenhaftung für das ausgereichte Existenzgründungsdarlehen und den Kontokorrentkredit nehmen. Zwar sollte sie danach als leitende Angestellte des Gewerbebetriebes ab dem 1. März 1999 im Jahr 75.000 DM brutto und in absehbarer Zeit sogar noch mehr verdienen. Dieser Plan beruhte aber auf einer unrealistischen Marktanalyse und Überschätzung der künftigen Ertragskraft des tatsächlich nur bis zum Herbst 2000 werbend tätigen Unternehmens. In Wirklichkeit hat die Beklagte denn auch unstreitig nie das vorgesehene Gehalt bezogen, sondern seit dem 1. Juli 1999 lediglich im Monat 2.365 DM netto verdient. Außerdem läßt das Berufungsgericht unberücksichtigt, daß das weitgehend fremdfinanzierte und offenbar von vornherein nicht lebensfähige Unternehmen bei Eintritt des Sicherungsfalles entweder zahlungsunfähig oder überschuldet sein würde, das vorgesehene Gehalt der Beklagten also nicht von der Insolvenz des
Hauptschuldners unabhängig war. Daß die Klägerin diesen wichtigen und nach der allgemeinen Lebenserfahrung gerade bei besonders risikohaften Existenzgründungen häufig eintretenden Umstand nach dem Schutzzweck des § 138 Abs. 1 BGB berücksichtigen mußte, versteht sich von selbst (Nobbe/Kirchhof BKR 2002, 5, 9; Schimansky WM 2002, 2437, 2440).
(3) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderun g bestand zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses auch keine hinreichend gesicherte Aussicht, daß die Beklagte aufgrund ihrer Ausbildung und langjährigen Berufserfahrung in absehbarer Zeit bei einem Konkurrenzunternehmen oder anderswo eine Anstellung mit einem dem vorgesehenen vergleichbaren Gehalt findet. Dazu hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus konsequent - keine näheren Feststellungen getroffen, sondern lediglich auf die sich für die Beklagte bei der Arbeitssuche vermutlich ergebenden Schwierigkeiten hingewiesen. Der Einwand der Revisionserwiderung , daß die Beklagte von 1984 bis 1998 zu relativ hohen Bezügen gearbeitet habe und sogar Prokuristin gewesen sei, greift nicht. Denn abgesehen davon, daß ihr Ehemann das Unternehmen der früheren Arbeitgeberin leitete, darf in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit, wie sie bei Vertragsschluß herrschten, nicht unberücksichtigt bleiben, daß die Beklagte damals bereits 51 Jahre alt war und nach der Lebenserfahrung ältere Arbeitnehmer große Probleme haben, einen ihrer Qualifikation entsprechenden Arbeitsplatz zu finden.
(4) Bei Übernahme der Bürgschaft über 300.000 DM d urch die damals arbeitslose Beklagte war aus der maßgebenden Sicht eines vernünftigen und seriösen Kreditgebers nicht damit zu rechnen, daß die Be-
klagte bei Eintritt des Sicherungsfalles die laufenden Zinsen der verbürgten Kredite mit Hilfe des pfändbaren Teils ihres Einkommens werde aufbringen können. Die Zinsen beliefen sich auf 10.000 DM jährlich für den verbürgten Kontokorrentkredit über 100.000 DM zu 10% Zinsen variabel sowie ausgehend von 200.000 DM auf 9.160 DM für das verbürgte staatlich geförderte Existenzgründungsdarlehen zu 4,58% Zinsen. Um die insgesamt 19.160 DM jährlich, d.h. 1.596,67 DM monatlich betragenden Zinsen aus dem pfändbaren Teil ihres Einkommens tragen zu können, hätte die niemandem unterhaltspflichtige Beklagte nach der im Jahre 1999 geltenden Pfändungstabelle ein monatliches Nettoeinkommen von mindestens 3.500 DM erzielen müssen. Ein solches Einkommen hat die Beklagte nach Übernahme der Bürgschaft unstreitig nie erhalten und es bestand angesichts des Alters der Beklagten von damals 51 Jahren auch keine realistische Aussicht, daß sie ein solches Gehalt außerhalb des Unternehmens ihres Ehemannes erzielen konnte. Eine krasse finanzielle Überforderung der Beklagten ist danach gegeben.

c) Der Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB stehen entge gen der Auffassung des Berufungsgerichts auch keine anderen Hinderungsgründe entgegen. Die tatsächliche Vermutung, daß die Beklagte die ruinöse Bürgschaft aus emotionaler Verbundenheit mit ihrem Ehemann übernommen und die Klägerin dies in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt hat, ist nicht widerlegt bzw. entkräftet.
aa) Daß das Einzelunternehmen des Ehemannes der Be klagten bei Abschluß des Bürgschaftsvertrages die Existenzgrundlage der ganzen Familie bilden sollte, ist - anders als das Berufungsgericht angenommen hat - nicht von wesentlicher Bedeutung. Der Erwerb eines blo-
ßen mittelbaren geldwerten Vorteils aus der Unternehmensfinanzierung - wie etwa eine häufig nur schwer feststellbare und flüchtige Verbesserung des allgemeinen Lebensstandards oder die Aussicht auf einen Arbeitsplatz - wiegt nach gefestigter Rechtsprechung des erkennenden Senats das bei Betriebsmittelkrediten und erst recht bei Existenzgründungsdarlehen erfahrungsgemäß ganz besonders große Bürgschaftsbzw. Mithaftungsrisiko bei weitem nicht auf. Vielmehr wird der erkennbar nicht hinreichend solvente Ehepartner durch die Bindung der Fördermaßnahme an seine Bürgschafts- oder Mithaftungserklärung in eine wirtschaftlich sinnlose Garantenstellung für den ungewissen wirtschaftlichen Erfolg einer Berufsentscheidung des anderen gedrängt und möglicherweise bis zum Lebensende finanziell unzumutbar belastet (Senat BGHZ 135, 66, 71 f.). Zudem würde der gegenteilige Standpunkt zu einer erheblichen und sachlich nicht gerechtfertigten Benachteiligung der Ehepartner selbständiger Unternehmer oder Gesellschafter führen (Senat BGHZ 146, 37, 45 f. und Senatsurteil vom 11. Februar 2003 - XI ZR 214/01, ZIP 2003, 796, 798).
bb) Allerdings ergibt sich in aller Regel eine and ere rechtliche Beurteilung , wenn der ersichtlich finanziell kraß überforderte Bürge oder Mitverpflichtete aufgrund konkreter und rechtlich hinreichend gesicherter Vereinbarungen mit dem Kreditnehmer an dem finanzierten Objekt in einem nennenswerten Umfang beteiligt werden soll. Da der Betroffene hier freiwillig das unternehmerische Risiko eingehen will und sich seine Rechtsstellung bei wertender Betrachtung häufig nicht wesentlich von der eines echten Mitdarlehensnehmers unterscheidet, ist es der kreditgebenden Bank grundsätzlich gestattet, ihn ohne Rücksicht auf eine geringe finanzielle Leistungsfähigkeit in die darlehensvertragliche Haftung
einzubinden (vgl. BGH, Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 283/99, WM 2003, 1563, 1565). Hierfür spricht ferner, daß Gesellschafter einer kreditsuchenden GmbH gewöhnlich ohne weiteres in die Mithaftung genommen werden können (st.Rspr., siehe z.B. Senatsurteil vom 10. Dezember 2002 - XI ZR 82/02, WM 2003, 275, 276 m.w.Nachw.) und hierfür unter Umständen auch ein unmittelbar bevorstehender Erwerb einer bedeutsamen Beteiligung an der Hauptschuldnerin ausreichen kann.
So ist es hier aber nicht. Zwar war geplant, daß d ie von den Eheleuten mit notariellem Vertrag vom 29. Dezember 1998 gegründete und der Beklagten zu 25,1% gehörende GmbH zu einem noch nicht festgelegten Zeitpunkt das kreditfinanzierte Einzelunternehmen ihres Ehemannes mit allen Aktiva sowie Passiva übernimmt und weiterführt. Diese in dem Gründungskonzept dargelegte und der Klägerin bei Abschluß des Bürgschaftsvertrages bekannte Absicht der Eheleute reicht aber, wie auch die Revisionserwiderung nicht in Zweifel zieht, für sich genommen nicht aus, um von einer rechtlich oder wirtschaftlich hinreichend gesicherten Beteiligung der Beklagten an dem Einzelunternehmen ihres Ehemannes auszugehen.

III.


Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 56 2 Abs. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und die Klage abweisen.
Nobbe Müller Wassermann
Appl Ellenberger

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 311/01 Verkündet am:
3. Dezember 2002
Weber,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 3. Dezember 2002 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe,
die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die Richterin
Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten zu 1) werden das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 1. August 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten zu 1) erkannt worden ist, und das Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 9. Februar 2001 teilweise abgeändert.
Die gegen die Beklagte zu 1) gerichtete Klage wird abgewiesen.
Die Kosten erster und zweiter Instanz werden wie folgt verteilt: Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen sie selbst 13/14 und der Beklagte zu 2) 1/14. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 3) hat die Klägerin zu erstatten. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) trägt er selbst.
Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Bürgschaft. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die klagende Sparkasse stand seit 1991 mit dem Ehemann der Beklagten zu 1) (nachfolgend: Beklagte), einem Transportunternehmer, in ständiger Geschäftsbeziehung. In deren Verlauf gewährte die Klägerin ihm mehrere, zum Teil staatlich geförderte Existenzgründungskredite und am 25. November 1996 zwei variabel verzinsliche Darlehen über 660.805,51 DM und 582.000 DM zu Zinssätzen von damals 7,10% und 6,55%, die unter anderem durch eine erstrangige Grundschuld über 2 Millionen DM an dem Betriebsgrundstück des Kreditnehmers gesichert wurden.
Mit schriftlicher Erklärung vom 25. November 1996 übernahm die Beklagte eine selbstschuldnerische Bürgschaft bis zum Höchstbetrag von 500.000 DM für die Verbindlichkeiten ihres Ehemannes gegenüber der Klägerin einschließlich der vorgenannten Darlehen.
Nach Kündigung der Geschäftsbeziehung und Verwertung eines Teils der Sicherheiten geht die Klägerin gegen die Beklagte aus dem
Bürgschaftsvertrag vom 25. November 1996 vor. Die Beklagte, die die Bürgschaft wegen krasser finanzieller Überforderung für sittenwidrig erachtet , hält dem vor allem entgegen: Bei Abgabe der Bürgschaftserklärung habe der pfändbare Teil ihres Monatseinkommens von etwa 2.000 DM als Angestellte im Betrieb ihres Ehemannes nur 553,70 DM betragen. Vermögen habe sie nicht besessen. Das neu errichtete Zweifamilienhaus gehöre allein ihrem Ehemann.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung eines Teilbetrages in Höhe von 300.000 DM zuzüglich Zinsen verurteilt. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt sie ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Klageabweisung.

I.


Das Berufungsgericht hat die Bürgschaftsübernahme der Beklagten für wirksam erachtet und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt :
Der Bürgschaftsvertrag der Parteien verstoße nicht gegen die guten Sitten. Eine krasse finanzielle Überforderung der Beklagten lasse
sich nicht feststellen. Neben dem nicht substantiiert bestrittenen pfändbaren Einkommensanteil von 553,70 DM monatlich verfüge sie über hälftiges Sondermiteigentum an dem auf fremdem Grund und Boden errichteten Zweifamilienhaus. Ausweislich der vorgelegten Fotos erscheine der von der Klägerin angegebene reine Gebäudewert in Höhe von rund 400.000 DM nicht unangemessen.
Die Beklagte habe außerdem nicht bewiesen, daß die Klägerin das persönliche Näheverhältnis zu ihrem Ehemann in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt habe. Vielmehr habe sie ihrerseits dargelegt, daß dessen Transportunternehmen die Existenzgrundlage der ganzen Familie gewesen sei und die Beklagte die Kreditverhandlungen nahezu selbständig geführt sowie überhaupt die kaufmännische Verantwortung getragen habe.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts überforderte die Höchstbetragsbürgschaft über 500.000 DM die Beklagte von Anfang an finanziell in krasser Weise, ohne daß es die Klägerin entlastende Momente gibt.
1. Nach der inzwischen übereinstimmenden Rechtsprechung des IX. und des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs hängt die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB auf von Kreditinstituten mit privaten Sicherungsgebern geschlossene Bürgschafts- oder Mithaftungsverträge regelmäßig
entscheidend vom Grad des Mißverhältnisses zwischen dem Verpflichtungsumfang und der finanziellen Leistungsfähigkeit des dem Hauptschuldner persönlich nahe stehenden Bürgen oder Mitverpflichteten ab (BGHZ 125, 206, 211; 136, 347, 351; 137, 329, 333 f.; 146, 37, 42; Senatsurteile vom 13. November 2001 - XI ZR 82/01, WM 2002, 125; vom 4. Dezember 2001 - XI ZR 56/01, WM 2002, 223, 224; vom 14. Mai 2002 - XI ZR 50/01, WM 2002, 1347, 1348, für BGHZ vorgesehen; vom 14. Mai 2002 - XI ZR 81/01, WM 2002, 1350, 1351 und vom 28. Mai 2002 - XI ZR 199/01, WM 2002, 1647, 1648 sowie XI ZR 205/01, WM 2002, 1649, 1651). Zwar reicht selbst der Umstand, daß der Betroffene voraussichtlich nicht einmal die von den Darlehensvertragsparteien festgelegte Zinslast aus dem pfändbaren Teil seines Einkommens oder Vermögens bei Eintritt des Sicherungsfalles dauerhaft tragen kann, regelmäßig nicht aus, um das Unwerturteil der Sittenwidrigkeit zu begründen. In einem solchen Falle krasser finanzieller Überforderung ist aber nach der allgemeinen Lebenserfahrung ohne Hinzutreten weiterer Umstände widerleglich zu vermuten, daß er die ruinöse Bürgschaft oder Mithaftung allein aus emotionaler Verbundenheit mit dem Hauptschuldner übernommen und der Kreditgeber dies in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt hat (st.Rspr., siehe z.B. Senatsurteile vom 14. Mai 2002 - XI ZR 50/01 aaO S. 1348 und vom 28. Mai 2002 - XI ZR 205/01 aaO, jeweils m.w.Nachw.).
2. Anders als das Berufungsgericht angenommen hat, war die Beklagte bei Vertragsschluß voraussichtlich nicht einmal in der Lage, die nach den Kreditverträgen, welche Anlaß der streitgegenständlichen Bürgschaftserklärung waren, bestehende Zinslast aus eigenem pfändbaren Einkommen und/oder Vermögen dauerhaft allein zu tragen.

a) Nach dem nicht substantiiert bestrittenen Vortrag der Beklagten betrug der pfändbare Teil ihres monatlichen Einkommens aus der Mitarbeit im Transportunternehmen ihres Ehemannes lediglich 553,70 DM. Daß aus der maßgebenden Sicht eines seriösen und vernünftigen Kreditgebers in absehbarer Zeit mit einer wesentlichen und nachhaltigen Verbesserung der Einkommensverhältnisse zu rechnen war, ist nicht vorgetragen. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Beklagten belief sich der pfändbare Teil ihres Monatseinkommens bei Eintritt des Sicherungsfalles im Jahre 2000 auf 763,70 DM.

b) An pfändbarem Vermögen besaß die Beklagte nach den nicht angegriffenen Ausführungen des Berufungsgerichts hälftiges Sondermiteigentum an einem Zweifamilienhaus. Ausgehend von dem Gebäudewert , den die Klägerin mit 400.000 DM angegeben hat, entfielen auf die Beklagte 200.000 DM.

c) Dieses pfändbare Vermögen ist bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Beklagten in der Weise zu berücksichtigen , daß der Wert von 200.000 DM von der Bürgschaftsschuld über 500.000 DM abgezogen wird. Nur wenn der pfändbare Teil des Einkommens der Beklagten die auf den so ermittelten Schuldbetrag entfallenden laufenden Zinsen voraussichtlich nicht abdeckt, liegt eine krasse finanzielle Überforderung vor (Senatsurteil vom 28. Mai 2002 - XI ZR 199/01, aaO S. 1648).
Das ist hier offensichtlich der Fall. Ausgehend von dem bei Übernahme der Bürgschaft geltenden günstigsten Zinssatz von 6,55% belaufen sich die Zinsen bei einer Schuld von 300.000 DM auf 19.650 DM
jährlich oder 1.637,50 DM monatlich. Sie übersteigen damit den pfändbaren Teil des Einkommens der Beklagten von höchstens 763,70 DM monatlich bei weitem. Das würde sogar auch dann noch gelten, wenn man angesichts der variabel verzinslichen Darlehen von sehr günstigen durchschnittlichen Zinsen von lediglich 5%, d.h. hier 15.000 DM jährlich ausgehen wollte.
2. Die danach bestehende tatsächliche Vermutung eines sittlich anstößigen fremdbestimmten Handelns der Beklagten ist nicht widerlegt oder entkräftet. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts liegt die Darlegungs- und Beweislast insoweit bei der Klägerin (vgl. Senatsurteil vom 28. Mai 2002 - XI ZR 205/01, aaO S. 1652).

a) Daß die Beklagte nach den Angaben der Klägerin mehrere Kreditgespräche für ihren Ehemann allein geführt und auch sonst die kaufmännische Verantwortung für das von ihm betriebene Transportunternehmen getragen haben soll, fällt als Beweisanzeichen schon deshalb nicht ins Gewicht, weil nach der allgemeinen Lebenserfahrung auch erfahrene und geschäftsgewandte Personen aus emotionaler Verbundenheit zu ihren Ehegatten Verbindlichkeiten eingehen, die sie finanziell kraß überfordern (Senatsurteil vom 14. Mai 2002 - XI ZR 81/01, WM 2002, 1350, 1351 m.w.Nachw.).

b) Ebenso ist der Einwand der Klägerin, der Gewerbebetrieb sei die Existenzgrundlage der ganzen Familie gewesen, keine geeignete Indiztatsache. Denn abgesehen davon, daß nicht einmal sicher ist, ob die Beklagte von einem unternehmerischen Erfolg ihres Ehemannes in einem nennenswerten Umfang profitiert hätte, wiegt die Verbesserung des
allgemeinen Lebensstandards das Mithaftungsrisiko bei weitem nicht auf. Bloße mittelbare Vorteile sind daher grundsätzlich - und erst recht bei weitgehend fremdfinanzierten Existenzgründungen - kein Gesichtspunkt, den finanziell kraß überforderten Ehepartner unter bewußter Ausnutzung des persönlichen Näheverhältnisses in das unternehmerische Risiko des anderen einzubinden. Zudem würde der gegenteilige Standpunkt zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Benachteiligung der Ehepartner selbständiger Unternehmer führen (Senat BGHZ 146, 37, 46).

III.


Die angefochtene Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO a.F.). Durch die anderweitigen Sicherheiten der Klägerin war das Haftungsrisiko der Beklagten nicht in einer die Sittenwidrigkeit ausschließenden Weise begrenzt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind anderweitige Sicherheiten des Kreditnehmers - vor allem dingliche Sicherheiten - grundsätzlich nur dann zu berücksichtigen, wenn sie das Haftungsrisiko des Betroffenen in rechtlich gesicherter Weise auf ein vertretbares Maß beschränken (vgl. BGHZ 136, 347, 352 f.; Senat BGHZ 146, 37, 44 m.w.Nachw.; Senatsurteil vom 28. Mai 2002 - XI ZR 205/01, aaO S. 1651). Diese engen Voraussetzungen erfüllt die von dem Ehemann der Beklagten auf dem Betriebsgrundstück bestellte erstrangige Sicherungsgrundschuld nicht, weil die Klägerin gemäß Nr. 3 der Bürgschaftsurkunde vom 26. November 1996 nicht verpflichtet ist, sich zunächst an andere Sicherheiten zu halten, bevor sie die Beklagte in An-
spruch nimmt, und die Beklagte aus der Aufgabe anderweitiger Sicher- heiten keine Rechte herleiten kann. Daß ein solcher Ausschluß des § 776 BGB gegen § 9 AGBG verstößt (BGHZ 144, 52, 56 ff.), ändert nichts. Bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit der Bürgschaft kann es der Klägerin nicht zugute kommen, wenn die formularmäßige Bürgschaft unangemessene und deshalb unwirksame Klauseln enthält.

IV.


Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F.) und die Klage abweisen.
Nobbe Müller Joeres
Wassermann Mayen

(1) Arbeitseinkommen ist unpfändbar, wenn es, je nach dem Zeitraum, für den es gezahlt wird, nicht mehr als

1.
1 178,59 Euro monatlich,
2.
271,24 Euro wöchentlich oder
3.
54,25 Euro täglich
beträgt.

(2) Gewährt der Schuldner auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung seinem Ehegatten, einem früheren Ehegatten, seinem Lebenspartner, einem früheren Lebenspartner, einem Verwandten oder nach den §§ 1615l und 1615n des Bürgerlichen Gesetzbuchs einem Elternteil Unterhalt, so erhöht sich der Betrag nach Absatz 1 für die erste Person, der Unterhalt gewährt wird, und zwar um

1.
443,57 Euro monatlich,
2.
102,08 Euro wöchentlich oder
3.
20,42 Euro täglich.
Für die zweite bis fünfte Person, der Unterhalt gewährt wird, erhöht sich der Betrag nach Absatz 1 um je
1.
247,12 Euro monatlich,
2.
56,87 Euro wöchentlich oder
3.
11,37 Euro täglich.

(3) Übersteigt das Arbeitseinkommen den Betrag nach Absatz 1, so ist es hinsichtlich des überschießenden Teils in Höhe von drei Zehnteln unpfändbar. Gewährt der Schuldner nach Absatz 2 Unterhalt, so sind für die erste Person weitere zwei Zehntel und für die zweite bis fünfte Person jeweils ein weiteres Zehntel unpfändbar. Der Teil des Arbeitseinkommens, der

1.
3 613,08 Euro monatlich,
2.
831,50 Euro wöchentlich oder
3.
166,30 Euro täglich
übersteigt, bleibt bei der Berechnung des unpfändbaren Betrages unberücksichtigt.

(4) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz macht im Bundesgesetzblatt Folgendes bekannt (Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung):

1.
die Höhe des unpfändbaren Arbeitseinkommens nach Absatz 1,
2.
die Höhe der Erhöhungsbeträge nach Absatz 2,
3.
die Höhe der in Absatz 3 Satz 3 genannten Höchstbeträge.
Die Beträge werden jeweils zum 1. Juli eines Jahres entsprechend der im Vergleich zum jeweiligen Vorjahreszeitraum sich ergebenden prozentualen Entwicklung des Grundfreibetrages nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 des Einkommensteuergesetzes angepasst; der Berechnung ist die am 1. Januar des jeweiligen Jahres geltende Fassung des § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 des Einkommensteuergesetzes zugrunde zu legen.

(5) Um den nach Absatz 3 pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens zu berechnen, ist das Arbeitseinkommen, gegebenenfalls nach Abzug des nach Absatz 3 Satz 3 pfändbaren Betrages, auf eine Zahl abzurunden, die bei einer Auszahlung für

1.
Monate bei einer Teilung durch 10 eine natürliche Zahl ergibt,
2.
Wochen bei einer Teilung durch 2,5 eine natürliche Zahl ergibt,
3.
Tage bei einer Teilung durch 0,5 eine natürliche Zahl ergibt.
Die sich aus der Berechnung nach Satz 1 ergebenden Beträge sind in der Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung als Tabelle enthalten. Im Pfändungsbeschluss genügt die Bezugnahme auf die Tabelle.

(6) Hat eine Person, welcher der Schuldner auf Grund gesetzlicher Verpflichtung Unterhalt gewährt, eigene Einkünfte, so kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers nach billigem Ermessen bestimmen, dass diese Person bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens ganz oder teilweise unberücksichtigt bleibt; soll die Person nur teilweise berücksichtigt werden, so ist Absatz 5 Satz 3 nicht anzuwenden.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 306/01 Verkündet am:
17. September 2002
Weber,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 17. September 2002 durch den Vorsitzenden Richter
Nobbe, die Richter Dr. Siol, Dr. Bungeroth, Dr. Joeres und die Richterin
Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 19. Juli 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die klagende Bank nimmt die Beklagte im Wege der Teilklage aus einer als Garantie bezeichneten Erklärung für Verbindlichkeiten einer Kommanditgesellschaft in Anspruch.
Die Mutter der Beklagten entschloß sich im Jahr 1996 zur Fortführung eines in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft betriebenen Unternehmens, dessen Betriebsleiterin sie früher gewesen war. Zu die-
sem Zweck trat sie als Komplementärin in die KG ein. Die Beklagte übernahm eine Kommanditeinlage von 810.000 DM. Stille Gesellschafterin der KG wurde gemäß Gesellschafts- und Beteiligungsvertrag vom 10. Dezember 1996 die M. Beteiligungsgesellschaft mbH (M.) mit einer Einlage von ebenfalls 810.000 DM. Für die Beteiligung war an die M. u.a. ein Festentgelt in Höhe von zunächst jährlich 7,75% der Beteiligungssumme zu zahlen, das sich mit Ablauf des dritten Verlustjahres auf jährlich 8,25% erhöhen sollte.
Gemäß § 6 des Vertrages, der mit "Rückzahlungsgarantien" überschrieben ist, garantierten die Beklagte und ihre Mutter der M. u.a. die Rückzahlung der Einlage und die Zahlung rückständigen Beteiligungsentgelts. Als weitere Garantin trat die Klägerin auf. Im Innenverhältnis zu ihr waren aber die Beklagte und ihre Mutter allein verpflichtet.
Die Beklagte, eine damals 30 Jahre alte Diplomjuristin, verheiratet und kinderlos, war seit 1992 als selbständige Finanz- und Versorgungsberaterin tätig. Ausweislich des Einkommenssteuerbescheides für 1996 betrugen ihre jährlichen Einnahmen 18.241 DM. In einer Selbstauskunft vom 20. Juni 1996 hatte sie ihr Jahreseinkommen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hingegen auf 64.000 DM beziffert. Ihr Bankguthaben hatte sie dort mit 21.000 DM und den Wert von Grundeigentum , das mit Grundpfandrechten in Höhe von 145.000 DM belastet war, mit 145.000 DM angegeben. Die Klägerin hat den Verkehrswert des belasteten , der Beklagten nur zu ein halb zustehenden Grundstücks hingegen auf 300.000 DM beziffert. Sie hat zudem eine Gewinnermittlung der Beklagten vorgelegt, die für den Zeitraum 1. Januar 1995 bis 30. Sep-
tember 1995 einen Gewinn von 73.310,86 DM und für das Vorjahr einen solchen von 46.906,01 DM auswies.
Nachdem die KG im November 1999 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt hatte, kündigte die M. ihre Beteiligung fristlos und nahm die Klägerin aus der Garantie auf Zahlung von 690.000 DM in Anspruch. Die Klägerin verlangt ihrerseits von der Beklagten und deren - mittlerweile rechtskräftig verurteilter - Mutter Zahlung.
Die Beklagte macht die Sittenwidrigkeit der als Garantie bezeichneten Erklärung wegen krasser finanzieller Überforderung geltend. Sie sei nicht in der Lage gewesen, auch nur das laufende zinsähnliche Beteiligungsentgelt aus ihrem pfändbaren Einkommen zu tilgen. Die Gesellschafterstellung habe sie nur als Strohfrau und die Garantie nur aufgrund familiären Drucks übernommen. Sie sei geschäftsunerfahren gewesen. Auch seien ihr gegenüber die aus der Übernahme der Garantie folgenden Risiken verharmlost worden.
Das Landgericht hat der Teilklage auf Zahlung von 200.000 DM nebst Zinsen stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Revision.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Bei der getroffenen Vereinbarung handele es sich trotz der anders lautenden Bezeichnung nicht um eine Garantie, sondern um eine Bürgschaft , da die Verpflichtung der Beklagten die Verbindlichkeiten der KG gegenüber der M. unstreitig nur akzessorisch habe sichern sollen und die Beklagte als Kommanditistin kein starkes eigenes wirtschaftliches Interesse an der Erfüllung der Hauptverpflichtung gehabt habe. Die Bürgschaft sei wegen krasser finanzieller Überforderung der Bürgin sittenwidrig. Die Beklagte sei bei Berücksichtigung ihres pfändbaren Einkommens und Vermögens nicht in der Lage, auch nur die für die stille Beteiligung anfallenden laufenden Verbindlichkeiten von jährlich rund 70.000 DM zu tragen. Dies gelte auch dann, wenn man zugunsten der Klägerin von dem in der Selbstauskunft vom 20. Juni 1996 angegebenen Jahreseinkommen von 64.000 DM und dem von der Klägerin behaupteten Verkehrswert des Grundstücks in Höhe von 300.000 DM ausgehe. Aus dem in der Gewinnermittlung für den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. September 1995 ausgewiesenen Gewinn von 73.310,86 DM lasse sich zwar theoretisch ein Jahresgewinn von rund 98.000 DM hochrech-
nen. Ein solcher Gewinn könne aber nicht zugrunde gelegt werden, da er die realistische Einkommenserwartung nicht zutreffend wiedergebe, nachdem in der Gewinnermittlung zugleich ausgewiesen sei, daß die Beklagte im Jahr zuvor lediglich 46.906,01 DM Gewinn erwirtschaftet habe. Die Klägerin habe ferner berücksichtigen müssen, daß die Beklagte für die Übernahme des Kommanditanteils von 810.000 DM noch den Kaufpreis in einer Rate zu 110.000 DM und sieben jährlichen Folgeraten von 100.000 DM habe zahlen müssen. Auf den mit dem Erwerb des Kommanditanteils verbundenen Vermögenszuwachs komme es nicht an, da der Kommanditanteil im Falle der Insolvenz des Hauptschuldners keinen Wert mehr habe. Die Beklagte habe die Bürgschaft aus emotionaler Verbundenheit zu ihrer Mutter übernommen. Mit dem Erwerb der bloßen Kommanditistenstellung habe sie keinen eigenen geldwerten Vorteil erlangt , zumal sie nach dem Beteiligungsvertrag auf Tantiemezahlungen und Gewinnausschüttungen solange verzichtet habe, bis das wirtschaftliche Eigenkapital der KG einen Anteil von mindestens 10% der Bilanzsumme erreicht habe.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht in allen Punkten stand.
1. Ohne Erfolg beanstandet die Revision allerdings die Auslegung des Berufungsgerichts, es handele sich bei der sogenannten Rückzahlungsgarantie - entgegen dem Wortlaut - um eine Bürgschaft. Die Auslegung einer Individualvereinbarung durch den Tatrichter kann revisions-
rechtlich nur daraufhin nachgeprüft werden, ob sie gesetzliche und allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt oder auf Verfahrensverstößen beruht (BGH, Urteile vom 29. März 2000 - VIII ZR 297/98, WM 2000, 1289, 1291 f., vom 3. April 2000 - II ZR 194/98, WM 2000, 1195, 1196 und vom 25. Juni 2002 - XI ZR 239/01, WM 2002, 1687, 1688). Derartige Fehler werden von der Revision nicht aufgezeigt und sind nicht erkennbar.
Angesichts der für das Revisionsverfahren bindenden Feststellung des Berufungsgerichts, die Verpflichtung der Beklagten habe nach dem unstreitigen Sachverhalt nur akzessorisch sein sollen, hält sich das Berufungsgericht mit seiner Auslegung vielmehr innerhalb des dem Tatrichter zur Verfügung stehenden Spielraums. Die Auslegung ist jedenfalls möglich, da das wichtigste Auslegungskriterium dafür, ob in einer Haftungserklärung eine Garantie oder aber eine Bürgschaft zu sehen ist, die Frage ist, ob der für eine fremde Schuld Eintretende unter allen Umständen für den Leistungserfolg einstehen will, also unabhängig vom Entstehen und Fortbestand der fremden Schuld; im Zweifel ist zum Schutz des Verpflichteten eine Bürgschaft anzunehmen (Schmitz in: Schimansky/ Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 92 Rdn. 5).
2. Im Ergebnis zutreffend ist auch die Ansicht des Berufungsgerichts , die Beklagte werde durch die Übernahme der Bürgschaft finanziell kraß überfordert.

a) Nach der inzwischen übereinstimmenden Rechtsprechung des IX. und des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes liegt eine solche Überforderung des Bürgen oder Mitverpflichteten bei nicht ganz geringen
Bankschulden grundsätzlich vor, wenn er innerhalb der vertraglich festgelegten Kreditlaufzeit voraussichtlich nicht einmal die laufenden Zinsen aus dem pfändbaren Teil seines Einkommens und Vermögens dauerhaft aufbringen kann (BGHZ 136, 347, 351; 146, 37, 42; BGH, Urteile vom 27. Januar 2000 - IX ZR 198/98, WM 2000, 410, 411; vom 13. November 2001 - XI ZR 82/01, WM 2002, 125, 126; vom 4. Dezember 2001 - XI ZR 56/01, WM 2002, 223, 224; vom 14. Mai 2002 - XI ZR 50/01, WM 2002 1347, 1348 und XI ZR 81/01, WM 2002, 1350, 1351 sowie vom 28. Mai 2002 - XI ZR 199/01, WM 2002, 1647, 1648). Bei der Beurteilung der krassen finanziellen Überforderung von Bürgen und Mithaftenden ist pfändbares Vermögen in der Weise zu berücksichtigen, daß der ermittelte Wert von der Bürgschafts- oder mitübernommenen Schuld abgezogen wird. Nur wenn der pfändbare Teil des Einkommens des Bürgen oder Mithaftenden die auf den so ermittelten Schuldbetrag entfallenden laufenden Zinsen voraussichtlich nicht abdeckt, liegt eine krasse finanzielle Überforderung vor (Senatsurteil vom 28. Mai 2002 - XI ZR 199/01, WM 2002, 1647, 1648; Nobbe/Kirchhof BKR 2001, 5, 10).

b) So ist es hier, ohne daß es auf die vom Berufungsgericht berücksichtigten Ratenzahlungsverpflichtungen der Beklagten aus dem Erwerb des Kommanditanteils ankommt.
aa) Richtig und von der Revision nicht beanstandet ist zunächst, daß das Berufungsgericht das für die stille Einlage von 810.000 DM zu entrichtende jährliche Entgelt als zinsähnliche Leistung behandelt hat. Daraus resultiert eine monatliche Belastung der Beklagten in Höhe von 4.595,10 DM, selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin nur das laufende Festentgelt für die stille Beteiligung in Höhe von anfänglich 7,75%
berücksichtigt und von den - bestrittenen - Vermögensverhältnissen der Beklagten ausgeht, wie sie sich aus der Selbstauskunft vom 20. Juni 1996 unter Berücksichtigung des von der Klägerin behaupteten Grundstücksverkehrswertes ergeben.
Das pfändbare Vermögen der Beklagten bei Abschluß des Bürgschaftsvertrages betrug entgegen der Auffassung der Revision nur 98.500 DM. Die Beklagte verfügte über ein Bankguthaben von 21.000 DM und war zu ein halb mitbeteiligt an einem Grundstück mit einem Verkehrswert von 300.000 DM, das mit valutierenden Grundpfandrechten von 145.000 DM belastet war. Diese Belastung ist der banküblichen Praxis entsprechend bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Beklagten vermögensmindernd zu berücksichtigen; denn im Falle der Veräußerung des Grundstücksanteils der Beklagten stünde nur der um die Belastung geminderte Erlös zur Erfüllung ihrer Bürgschaftsschuld zur Verfügung (vgl. Senatsurteile vom 14. Mai 2002 - XI ZR 50/01, WM 2002, 1347, 1349 und vom 28. Mai 2002 - XI ZR 199/01, WM 2002, 1647, 1648). Dies wären hier, wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat, 77.500 DM. Diese sowie das Bankguthaben von 21.000 DM sind danach von der Bürgschaftsschuld von 810.000 DM abzuziehen, so daß sich bei Berücksichtigung des Festentgelts von jährlich 7,75% die genannte monatliche Belastung von 4.595,10 DM ergibt.
Der Wert des noch nicht bezahlten Kommanditanteils der Beklagten war entgegen der Ansicht der Revision nicht anzusetzen. Er war, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, im Falle der Insolvenz der Hauptschuldnerin wertlos und stand deshalb gerade bei Eintritt des
Bürgschaftsfalls als Vermögensgegenstand zur Befriedigung der Gläubigerin nicht zur Verfügung.
bb) Die laufende Zinslast konnte die Beklagte allein nicht aus dem pfändbaren Teil ihres Einkommens tragen. Nach der vom Berufungsgericht zugrundegelegten Selbstauskunft vom 20. Juni 1996 verfügte die Beklagte über jährliche Einnahmen von 64.000 DM. Das in der Gewinnermittlung für 1995 ausgewiesene höhere Einkommen hat das Berufungsgericht zu Recht nicht berücksichtigt. Der Einwand der Revision, das Berufungsgericht habe einen Jahresgewinn von 98.000 DM ermittelt, trifft nicht zu. Das Berufungsgericht hat vielmehr zu Recht darauf verwiesen , daß angesichts der im übrigen wesentlich niedriger liegenden Jahresgewinne realistischerweise nicht von der nachhaltigen Erzielbarkeit eines solchen Jahreseinkommens ausgegangen werden könne. Zu Recht hat das Berufungsgericht auch das in der Selbstauskunft angegebene Jahreseinkommen der gleichfalls als Bürgin haftenden Mutter der Beklagten sowie ihres Ehemannes unberücksichtigt gelassen. Die Beklagte haftete für die Bürgschaftsschuld über 810.000 DM gemäß § 769 BGB zusammen mit ihrer Mutter als Gesamtschuldnerin, d.h. die Gläubigerin konnte von ihr die gesamte Leistung verlangen. Es ist danach allein auf die Leistungsfähigkeit der Beklagten abzustellen. Das Einkommen ihrer Mutter resultierte nur aus deren Tätigkeit für die Hauptschuldnerin, verminderte das Risiko der Beklagten bei Eintritt des Bürgschaftsfalles also nicht. Das Einkommen des Ehemannes der Beklagten ist für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit nur insofern von Bedeutung, als bei der Berechnung des pfändungsfreien Betrages ihres Einkommens keine Unterhaltspflichten zu berücksichtigen sind (BGH, Urteil vom 28. Mai 2002 - XI ZR 199/01, WM 2002, 1647, 1648). Auszugehen ist daher von einem
Jahreseinkommen der Beklagten in Höhe von 64.000 DM, d.h. monatlichen Einkünften von 5.333,33 DM. Der 1996 nach § 850 c ZPO monatlich pfändbare Betrag beläuft sich danach auf 3.337,03 DM und bleibt damit erheblich hinter der monatlichen Belastung zurück.
3. Nicht rechtsfehlerfrei ist aber die Ansicht des Berufungsgerichts, die krasse finanzielle Überforderung habe hier die Sittenwidrigkeit der Bürgschaft der Beklagten zur Folge.

a) Die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Sittenwidrigkeit von Mithaftung und Bürgschaft finanziell überforderter Familienangehöriger entwickelten Grundsätze (vgl. BGH, Urteil vom 27. Januar 2000 - IX ZR 198/98, WM 2000, 410, 411; Senat BGHZ 146, 37 ff.; Senatsurteil vom 15. Januar 2002 - XI ZR 98/01, WM 2002, 436 f., jeweils m.w.Nachw.) gelten für die Bürgschaft der Beklagten als einziger Kommanditistin der Hauptschuldnerin grundsätzlich nicht.
aa) Ein Kreditinstitut, das einer GmbH ein Darlehen gewährt, hat nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein berechtigtes Interesse an der persönlichen Haftung der maßgeblich beteiligten Gesellschafter. Die gängige Bankpraxis, bei der Gewährung von Geschäftskrediten für eine GmbH Bürgschaften der Gesellschafter zu verlangen , ist deshalb rechtlich nicht zu beanstanden (BGHZ 137, 329, 336; BGH, Urteile vom 11. Dezember 1997 - IX ZR 274/96, WM 1998, 235, 236, insoweit in BGHZ 137, 292 ff. nicht abgedruckt; vom 16. Dezember 1999 - IX ZR 36/98, WM 2000, 514, 516; vom 18. September 2001 - IX ZR 183/00, WM 2001, 2156, 2157 und Senatsurteil vom 15. Januar 2002 - XI ZR 98/01, WM 2002, 436). Das gilt - wie der Senat bereits mit
Urteil vom 28. Mai 2002 (XI ZR 199/01, WM 2002, 1647, 1648) in einem ebenfalls die Beklagte betreffenden Verfahren entschieden hat - in glei- cher Weise, wenn der Kredit einer Kommanditgesellschaft gewährt und vom Kommanditisten eine entsprechende Sicherheit verlangt wird. Auch in diesem Fall kann die kreditgebende Bank im allgemeinen davon ausgehen , daß bei einem Gesellschafterbürgen, der einen bedeutsamen Gesellschaftsanteil hält, das eigene wirtschaftliche Interesse im Vordergrund steht und er schon deshalb durch die Haftung kein unzumutbares Risiko auf sich nimmt. Auch hier begründen daher weder die krasse finanzielle Überforderung eines bürgenden Gesellschafters noch seine emotionale Verbundenheit mit einem die Gesellschaft beherrschenden Dritten die Vermutung der Sittenwidrigkeit (vgl. Senatsurteile vom 15. Januar 2002 aaO S. 436 f. und vom 28. Mai 2002 aaO, jeweils m.w.Nachw.).
bb) Dies gilt in der Regel selbst dann, wenn der Gesellschafter - wie die Beklagte dies behauptet - lediglich die Funktion eines Strohmannes hat. Nur wenn für das Kreditinstitut klar ersichtlich ist, daß derjenige , der bürgen soll, finanziell nicht beteiligt ist und die Stellung eines Gesellschafters ohne eigenes wirtschaftliches Interesse nur aus persönlicher Verbundenheit mit einer die Gesellschaft wirtschaftlich beherrschenden Person übernommen hat, gelten die Grundsätze zur Sittenwidrigkeit von Bürgschaften naher Angehöriger entsprechend (Senatsurteile vom 15. Januar 2002 aaO S. 437 m.w.Nachw. und vom 28. Mai 2002 aaO S. 1649). Wird die Bank in die wirtschaftlichen Hintergründe der Gesellschaftsgründung so einbezogen, daß für sie die wirklichen Motive des Bürgen klar hervortreten, so darf sie davor nicht die Augen verschließen. Erkennt das Kreditinstitut infolge der ihm offenbarten Tatsachen, daß
derjenige, der die Haftung übernehmen soll, finanziell nicht beteiligt ist und die Stellung eines Gesellschafters nur aus emotionaler Abhängigkeit übernommen hat, er also keine eigenen wirtschaftlichen Interessen verfolgt , ist der überforderte Bürge in gleicher Weise schutzwürdig wie in den typischen Fällen von Haftungserklärungen für die Verbindlichkeiten von Personen, denen er emotional eng verbunden ist (BGHZ 137, 329, 337; BGH, Urteil vom 18. September 2001 - IX ZR 183/00, WM 2001, 2156, 2157; Senatsurteil vom 28. Mai 2002 - XI ZR 199/01, WM 2002, 1647, 1649).

b) Das Berufungsgericht hat bislang weder zu der zwischen den Parteien streitigen Frage, ob die Beklagte lediglich als Strohfrau ohne eigene wirtschaftliche Interessen Gesellschafterin geworden war, ausreichende Feststellungen getroffen noch zu der Frage, ob das der Klägerin bekannt war oder sie davor die Augen verschlossen hat.
Zwar hat die Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Bürgschaft aus emotionaler Verbundenheit mit ihrer Mutter übernommen. Es fehlt aber an Feststellungen, daß die Verbundenheit zu ihrer Mutter für die Beklagte der einzige Beweggrund zur Übernahme der Bürgschaft war. Nach der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bedarf es bei einem Gesellschafterbürgen außerdem zusätzlicher - bisher fehlender - Feststellungen dazu, daß für das Kreditinstitut das mangelnde eigene wirtschaftliche Interesse des Bürgen und die Übernahme nur aus persönlicher Verbundenheit klar ersichtlich war. Soweit das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang darauf verweist, daß die Beklagte nach dem Beteiligungsvertrag auf Tantiemezahlungen und Gewinnausschüttungen solange verzichtet habe, bis das wirtschaftli-
che Eigenkapital einen Anteil von mindestens 10% der Bilanzsumme er- reicht habe, läßt es unberücksichtigt, daß die Beklagte mittelfristig gesehen durchaus wirtschaftliche Interessen mit der KG verfolgt haben könnte.

III.


Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO a.F.).
Zwar kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eine finanziell belastende Bürgschaftsübernahme auch aufgrund besonderer erschwerender, dem Kreditinstitut zurechenbarer Umstände sittenwidrig sein. Das ist etwa der Fall, wenn das Kreditinstitut die geschäftliche Unerfahrenheit des Bürgen ausgenutzt oder die Willensbildung und Entschließungsfreiheit durch Irreführung, Schaffung einer seelischen Zwangslage oder die Ausübung unzulässigen Drucks beeinträchtigt hat (vgl. BGHZ 125, 206, 210; 128, 230, 232; 132, 328, 329 f.; 137, 329, 333; BGH, Urteile vom 15. Februar 1996 - IX ZR 245/94, WM 1996, 588, 592; vom 16. Januar 1997 - IX ZR 250/95, WM 1997, 511, 512 sowie Senatsurteile vom 15. Januar 2002 - XI ZR 98/01, WM 2002, 436, 437 und vom 28. Mai 2002 - XI ZR 199/01, WM 2002, 1647, 1649). Auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen rechtfertigt aber auch dies die Annahme der Sittenwidrigkeit der Bürgschaft hier nicht.
1. Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, die Klägerin habe ihre geschäftliche Unerfahrenheit ausgenutzt. Wie der Senat
mit Urteil vom 28. Mai 2002 (XI ZR 199/01, WM 2002, 1647, 1649) entschieden hat, scheidet dieser Umstand, der in der Praxis bei einem Kommanditisten ohnedies so gut wie nie zu bejahen sein wird (Nobbe/ Kirchhof aaO S. 15), hier angesichts der Berufsausbildung der Beklagten als Diplomjuristin und ihrer seit 1992 ausgeübten Tätigkeit als Finanzund Versorgungsberaterin aus.
2. Ohne Erfolg bleibt auch der Hinweis der Beklagten, sie sei von ihrem Vater massiv unter Druck gesetzt worden. Hieraus läßt sich schon deshalb keine zur Sittenwidrigkeit der Bürgschaft führende seelische Zwangslage der Beklagten herleiten, weil nicht dargetan ist, daß diese Umstände der Gläubigerin bekannt geworden sind.
3. Soweit die Beklagte behauptet hat, ihr gegenüber sei die Übernahme der Bürgschaft verharmlost worden, handelt es sich um einen Gesichtspunkt, der nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die Sittenwidrigkeit der Bürgschaft (mit)begründen kann (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 1997 - IX ZR 271/96, WM 1998, 239, 240, insoweit in BGHZ 137, 329 ff. nicht abgedruckt; Urteil vom 8. November 2001 - IX ZR 46/99, WM 2002, 919, 922 und Senatsurteil vom 28. Mai 2002 - XI ZR 199/01, WM 2002, 1647, 1649 m.w.Nachw.). Allerdings hat sich das Landgericht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme nicht von der Richtigkeit der Behauptung der Beklagten überzeugen können. Das Berufungsgericht hat sich mit den gegen diese Beweiswürdigung gerichteten Angriffen - von seinem Standpunkt aus konsequent - bislang noch nicht befaßt.

IV.


Das Berufungsurteil war danach aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, war sie zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F.).
Nobbe Richter am Bundes- Bungeroth gerichtshof Dr. Siol ist wegen Urlaubs gehindert, seine Unterschrift beizufügen Nobbe
Joeres Mayen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 199/01 Verkündet am:
28. Mai 2002
Weber,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Die vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze zur Sittenwidrigkeit
von Mithaftung und Bürgschaft finanziell überforderter Angehöriger gelten
grundsätzlich nicht für Kommanditisten einer KG, die für Verbindlichkeiten
der KG die Mithaftung oder Bürgschaft übernehmen. Etwas anderes gilt,
wenn der Kommanditist ausschließlich Strohmannfunktion hat, die Mithaftung
oder Bürgschaft nur aus emotionaler Verbundenheit mit der hinter ihm
stehenden Person übernimmt und beides für die kreditgebende Bank evident
ist.
BGH, Urteil vom 28. Mai 2002 - XI ZR 199/01 - OLG Naumburg
LG Magdeburg
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Mai 2002 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die
Richter Dr. Siol, Dr. Bungeroth, Dr. Joeres und die Richterin Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 26. April 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die klagende Bank nimmt die Beklagte im Wege der Teilklage aus einer Bürgschaft für Verbindlichkeiten einer Kommanditgesellschaft in Anspruch.
Die Mutter der Beklagten entschloß sich im Jahr 1996 zur Fortführung eines in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft betriebenen Unternehmens, dessen Betriebsleiterin sie früher gewesen war. Zu die-
sem Zweck trat sie als Komplementärin in die KG ein. Die Beklagte übernahm eine Kommanditeinlage von 810.000 DM.
Mit Kontokorrentkredit- bzw. Darlehensverträgen vom 16. März und 30. Oktober 1996 gewährte die Klägerin der KG Kredite in Höhe von insgesamt 2.506.000 DM zu einem jährlichen Zinssatz von 8,25%. Für diese übernahm die Beklagte im Januar 1997 eine selbstschuldnerische Bürgschaft bis zu einem Höchstbetrag von 1 Million DM.
Die Beklagte, eine damals 30 Jahre alte Diplomjuristin, verheiratet und kinderlos, war seit 1992 als selbständige Finanz- und Versorgungsberaterin tätig. Ausweislich des Einkommenssteuerbescheides für 1996 betrugen ihre jährlichen Einnahmen 18.241 DM. In einer Selbstauskunft vom 18. Juli 1996 hatte sie ihr Jahreseinkommen hingegen auf 64.000 DM und das ihres Ehemannes auf 34.000 DM, zusammen 98.000 DM, beziffert. Ihr Bankguthaben hatte sie dort mit 20.000 DM und den Wert von Grundeigentum, das mit Grundpfandrechten in Höhe von 145.000 DM belastet war, mit 145.000 DM angegeben. In einem Sachbericht der M. Beteiligungsgesellschaft mbH und der B.bank GmbH vom 19. August 1996 an die Klägerin wurde der Verkehrswert des belasteten, der Beklagten nur zu ein halb zustehenden Grundstücks hingegen auf 300.000 DM und das Bankguthaben der Beklagten auf 21.000 DM beziffert.
Nachdem die KG im November 1999 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt hatte, kündigte die Klägerin am 3. Dezember 1999 die in Höhe von 1.768.886,41 DM valutierenden Kredite und nahm die Beklagte aus der Bürgschaft in Anspruch.

Die Beklagte macht die Sittenwidrigkeit der Bürgschaft wegen krasser finanzieller Überforderung geltend. Sie sei nicht in der Lage gewesen , die laufenden Zinsen zu tilgen. Die Gesellschafterstellung habe sie nur als Strohfrau und die Bürgschaft nur aufgrund familiären Drucks übernommen. Sie sei geschäftsunerfahren gewesen. Überdies habe der Mitarbeiter der Klägerin die Übernahme der Bürgschaft als bloße Formsache verharmlost.
Das Landgericht hat der Teilklage auf Zahlung von 100.000 DM nebst Zinsen stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Revision.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Die Bürgschaft sei wegen krasser finanzieller Überforderung der Bürgin sittenwidrig. Die Beklagte sei allerdings weder geschäftlich uner-
fahren gewesen noch seien der von ihr behauptete familiäre Druck oder die angebliche Verharmlosung der Bürgschaftsübernahme durch einen Mitarbeiter der Klägerin geeignet, die Sittenwidrigkeit zu begründen. Daß die Kreditgewährung von der Gestellung einer Bürgschaft abhängig gemacht worden sei, entspreche der banküblichen Praxis und rechtfertige die Annahme der Sittenwidrigkeit auch dann nicht, wenn die Beklagte - wie sie behaupte - nur als Strohfrau Gesellschafterin geworden sei. Bürgschaften von Angehörigen des Hauptschuldners oder eines persönlich haftenden Gesellschafters seien jedoch auch bei Fehlen weiterer Umstände als sittenwidrig anzusehen, wenn ein krasses Mißverhältnis zwischen dem Haftungsumfang und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Bürgen bestehe. So sei es hier. Die Beklagte sei bei Berücksichtigung ihres pfändbaren Einkommens und Vermögens nicht in der Lage, auch nur die laufende Zinslast zu tragen. Dies gelte auch dann, wenn man zugunsten der Klägerin von dem in der Selbstauskunft vom 18. Juli 1996 angegebenen Jahreseinkommen von 98.000 DM ausgehe sowie die Vermögensverhältnisse aus dem Sachbericht der M. Beteiligungsgesellschaft mbH und der B.bank GmbH vom 19. August 1996 zugrunde lege. Die Klägerin habe auch berücksichtigen müssen, daß die Beklagte für die Übernahme des Kommanditanteils von 810.000 DM noch den Kaufpreis in einer Rate zu 110.000 DM und sieben jährlichen Folgeraten von 100.000 DM habe zahlen müssen. Auf den mit dem Erwerb des Kommanditanteils verbundenen Vermögenszuwachs komme es nicht an, da der Kommanditanteil im Falle der Insolvenz des Hauptschuldners keinen Wert mehr habe. Das Interesse der Klägerin, sich vor Vermögensverschiebungen zu schützen, rechtfertige die Hereinnahme der die Beklagte finanziell kraß überfordernden Bürgschaft hier nicht.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht in allen Punkten stand.
1. Im Ergebnis zutreffend ist allerdings die Ansicht des Berufungsgerichts , die Beklagte werde durch die Übernahme der Höchstbetragsbürgschaft von 1 Million DM finanziell kraû überfordert.

a) Nach der inzwischen übereinstimmenden Rechtsprechung des IX. und des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes liegt eine solche Überforderung des Bürgen oder Mitverpflichteten bei nicht ganz geringen Bankschulden grundsätzlich vor, wenn er innerhalb der vertraglich festgelegten Kreditlaufzeit voraussichtlich nicht einmal die laufenden Zinsen aus dem pfändbaren Teil seines Einkommens und Vermögens dauerhaft aufbringen kann (BGHZ 136, 347, 351; 146, 37, 42; BGH, Urteile vom 27. Januar 2000 - IX ZR 198/98, WM 2000, 410, 411; vom 13. November 2001 - XI ZR 82/01, WM 2002, 125, 126; vom 4. Dezember 2001 - XI ZR 56/01, WM 2002, 223, 224 und vom 14. Mai 2002 - XI ZR 50/01 und 81/01, beide zur Veröffentlichung vorgesehen). Bei der Beurteilung der krassen finanziellen Überforderung von Bürgen und Mithaftenden ist pfändbares Vermögen in der Weise zu berücksichtigen, daû der ermittelte Wert von der Bürgschafts- oder mitübernommenen Schuld abgezogen wird. Nur wenn der pfändbare Teil des Einkommens des Bürgen oder Mithaftenden die auf den so ermittelten Schuldbetrag entfallenden laufenden Zinsen voraussichtlich nicht abdeckt, liegt eine krasse finanzielle Überforderung vor (Nobbe/Kirchhof BKR 2001, 5, 10).


b) So ist es hier, ohne daû es auf die vom Berufungsgericht berücksichtigten Ratenzahlungsverpflichtungen der Beklagten aus dem Erwerb des Kommanditanteils ankommt.
aa) Selbst wenn man zugunsten der Klägerin von den bestrittenen Vermögensverhältnissen der Beklagten ausgeht, wie sie sich aus dem Sachbericht der M. Beteiligungsgesellschaft mbH und der B.bank GmbH vom 19. August 1996 ergeben, betrug das pfändbare Vermögen der Beklagten , wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, bei Abschluû des Bürgschaftsvertrages nur 98.500 DM. Die Beklagte verfügte danach über ein Bankguthaben von 21.000 DM und war zu ein halb mitbeteiligt an einem Grundstück mit einem Verkehrswert von 300.000 DM, das mit valutierenden Grundpfandrechten von 145.000 DM belastet war. Diese Belastung ist der banküblichen Praxis entsprechend bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Beklagten vermögensmindernd zu berücksichtigen ; denn im Falle der Veräuûerung des Grundstücksanteils der Beklagten stünde nur der um die Belastung geminderte Erlös zur Erfüllung ihrer Bürgschaftsschuld zur Verfügung (vgl. Senatsurteil vom 14. Mai 2002 - XI ZR 50/01, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Dies wären hier 77.500 DM. Diese sowie das Bankguthaben von 21.000 DM sind danach von der Bürgschaftsschuld von 1 Million DM abzuziehen , so daû sich bei dem vom Berufungsgericht zugrunde gelegten Vertragszinssatz von 8,25% eine monatliche Zinsbelastung in Höhe von 6.197,81 DM ergibt.
bb) Diese laufende Zinslast konnte die Beklagte nicht aus dem pfändbaren Teil ihres Einkommens tragen. Nach der vom Berufungsge-
richt zugrundegelegten Selbstauskunft vom 18. Juli 1996 verfügte die Beklagte selbst über jährliche Einnahmen von 64.000 DM. Das angegebene Jahreseinkommen ihres Ehemannes von 34.000 DM ist, da es auf die Leistungsfähigkeit nur des Bürgen persönlich ankommt, insoweit nicht unmittelbar zu berücksichtigen, sondern führt nur dazu, daû sich der pfändungsfreie Betrag nicht durch Unterhaltspflichten erhöht. Auszugehen ist somit entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht von einem Jahreseinkommen der Beklagten von 98.000 DM, sondern nur von 64.000 DM, d.h. monatlichen Einkünften von 5.333,33 DM. Der 1997 nach § 850 c ZPO monatlich pfändbare Betrag beläuft sich danach auf 3.337,03 DM und bleibt damit weit hinter der monatlichen Zinsbelastung zurück.
2. Nicht rechtsfehlerfrei ist aber die Ansicht des Berufungsgerichts, die krasse finanzielle Überforderung habe ohne weiteres die Sittenwidrigkeit der Bürgschaft der Beklagten zur Folge.
a) Die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Sittenwidrigkeit von Mithaftung und Bürgschaft finanziell überforderter Familienangehöriger entwickelten Grundsätze (vgl. BGH, Urteil vom 27. Januar 2000 - IX ZR 198/98, WM 2000, 410, 411; Senat BGHZ 146, 37 ff.; Senatsurteil vom 15. Januar 2002 - XI ZR 98/01, WM 2002, 436 f., jeweils m.w.Nachw.) gelten, was das Berufungsgericht verkannt hat, für die Bürgschaft der Beklagten als einziger Kommanditistin der Hauptschuldnerin grundsätzlich nicht.
aa) Ein Kreditinstitut, das einer GmbH ein Darlehen gewährt, hat nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein berechtigtes Interesse an der persönlichen Haftung der maûgeblich beteiligten
Gesellschafter. Die gängige Bankpraxis, bei der Gewährung von Geschäftskrediten für eine GmbH Bürgschaften der Gesellschafter zu verlangen , ist deshalb rechtlich nicht zu beanstanden (BGHZ 137, 329, 336; BGH, Urteile vom 11. Dezember 1997 - IX ZR 274/96, WM 1998, 235, 236, insoweit in BGHZ 137, 292 ff. nicht abgedruckt; vom 16. Dezember 1999 - IX ZR 36/98, WM 2000, 514, 516; vom 18. September 2001 - IX ZR 183/00, WM 2001, 2156, 2157 und Senatsurteil vom 15. Januar 2002 - XI ZR 98/01, WM 2002, 436). Das gilt in gleicher Weise, wenn der Kredit - wie hier - einer Kommanditgesellschaft gewährt und vom Kommanditisten eine entsprechende Sicherheit verlangt wird (Nobbe/Kirchhof BKR 2001, 5, 14). Auch in diesem Fall kann die kreditgebende Bank im allgemeinen davon ausgehen, daû bei einem Gesellschafterbürgen, der einen bedeutsamen Gesellschaftsanteil hält, das eigene wirtschaftliche Interesse im Vordergrund steht und er schon deshalb durch die Haftung kein unzumutbares Risiko auf sich nimmt. Auch hier begründen daher weder die krasse finanzielle Überforderung eines bürgenden Gesellschafters noch seine emotionale Verbundenheit mit einem die Gesellschaft beherrschenden Dritten die Vermutung der Sittenwidrigkeit (vgl. Senatsurteil vom 15. Januar 2002 aaO S. 436 f. m.w.Nachw.).
bb) Dies gilt in der Regel selbst dann, wenn der Gesellschafter - wie die Beklagte dies behauptet - lediglich die Funktion eines Strohmannes hat. Nur wenn für das Kreditinstitut klar ersichtlich ist, daû derjenige , der bürgen soll, finanziell nicht beteiligt ist und die Stellung eines Gesellschafters ohne eigenes wirtschaftliches Interesse nur aus persönlicher Verbundenheit mit einer die Gesellschaft wirtschaftlich beherrschenden Person übernommen hat, gelten die Grundsätze zur Sittenwidrigkeit von Bürgschaften naher Angehöriger entsprechend (Senatsurteil
vom 15. Januar 2002 aaO S. 437 m.w.Nachw.). Wird die Bank in die wirtschaftlichen Hintergründe der Gesellschaftsgründung so einbezogen, daû für sie die wirklichen Motive des Bürgen klar hervortreten, so darf sie davor nicht die Augen verschlieûen. Erkennt das Kreditinstitut infolge der ihm offenbarten Tatsachen, daû derjenige, der die Haftung übernehmen soll, finanziell nicht beteiligt ist und die Stellung eines Gesellschafters nur aus emotionaler Abhängigkeit übernommen hat, er also keine eigenen wirtschaftlichen Interessen verfolgt, ist der überforderte Bürge in gleicher Weise schutzwürdig wie in den typischen Fällen von Haftungserklärungen für die Verbindlichkeiten von Personen, denen er emotional eng verbunden ist (BGHZ 137, 329, 337; BGH, Urteil vom 18. September 2001 - IX ZR 183/00, WM 2001, 2156, 2157).

b) Das Berufungsgericht hat, wie die Revisionserwiderung zu Recht rügt, bislang weder zu der zwischen den Parteien streitigen Frage, ob die Beklagte lediglich als Strohfrau ohne eigene wirtschaftliche Interessen Gesellschafterin geworden war, Feststellungen getroffen noch zu der Frage, ob das der Klägerin bekannt war oder sie davor die Augen verschlossen hat.
3. Eine finanziell belastende Bürgschaftsübernahme kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auch aufgrund besonderer erschwerender, dem Kreditinstitut zurechenbarer Umstände sittenwidrig sein. Das ist etwa der Fall, wenn das Kreditinstitut die geschäftliche Unerfahrenheit des Bürgen ausnutzt oder die Willensbildung und Entschlieûungsfreiheit durch Irreführung, Schaffung einer seelischen Zwangslage oder die Ausübung unzulässigen Drucks beeinträchtigt hat (vgl. BGHZ 125, 206, 210; 128, 230, 232; 132, 328, 329 f.; 137, 329,
333; BGH, Urteile vom 15. Februar 1996 - IX ZR 245/94, WM 1996, 588, 592; vom 16. Januar 1997 - IX ZR 250/95, WM 1997, 511, 512 und Senatsurteil vom 15. Januar 2002 - XI ZR 98/01, WM 2002, 436, 437). Derartige Umstände hat das Berufungsgericht bislang ebenfalls nicht festgestellt.

a) Dies läût keinen Rechtsfehler erkennen, soweit das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt ist, die Klägerin habe nicht eine bestehende geschäftliche Unerfahrenheit der Beklagten ausgenutzt. Dieser Umstand, der in der Praxis bei einem Kommanditisten ohnedies so gut wie nie zu bejahen sein wird (Nobbe/Kirchhof aaO S. 15), scheidet hier angesichts der Berufsausbildung der Beklagten als Diplomjuristin und ihrer seit 1992 ausgeübten Tätigkeit als Finanz- und Versorgungsberaterin aus.

b) Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Berufungsgericht auch eine zur Sittenwidrigkeit der Bürgschaft führende seelische Zwangslage der Beklagten verneint. Die Beklagte hat sich zwar darauf berufen, sie sei von ihrem Vater am Hochzeitstag ihrer Eltern massiv unter Druck gesetzt worden. Das Berufungsgericht weist aber zutreffend darauf hin, es sei nicht dargetan, daû diese Umstände der Klägerin bekannt geworden sind.

c) Dem Berufungsgericht kann hingegen nicht gefolgt werden, soweit es den unter Beweis gestellten Vortrag der Beklagten als unerheblich ansieht, der Mitarbeiter J. der Klägerin habe auf Nachfrage die Bürgschaft als bloûe Formsache bezeichnet und die Rechtsfolgen verharmlost. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann in einer Verharmlosung der Rechtsfolgen einer Bürgschaft eine Irreführung des Bürgen liegen und damit zugleich ein besonderer Umstand, der die Sittenwidrigkeit der Bürgschaft (mit)begründen kann (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 1997 - IX ZR 271/96, WM 1998, 239, 240, insoweit in BGHZ 137, 329 ff. nicht abgedruckt; Urteil vom 8. November 2001 - IX ZR 46/99, WM 2002, 919, 922; Nobbe/Kirchhof aaO S. 15).
4. Im Ergebnis nicht zu beanstanden ist schlieûlich die Ansicht des Berufungsgerichts, ein Interesse der Klägerin, sich vor Vermögensverschiebungen unter Verwandten zu schützen, rechtfertige die kraû überfordernde Bürgschaft nicht. Wie der erkennende Senat bereits in seinem Vorlagebeschluû vom 29. Juni 1999 an den Groûen Senat für Zivilsachen (XI ZR 10/98, WM 1999, 1556, 1558) ausgeführt hat, rechtfertigt allein das Ziel, etwaigen Vermögensverschiebungen vorzubeugen, ein unbeschränktes Mithaftungsbegehren nicht. Gleiches gilt für eine kraû überfordernde Bürgschaft. Ohne besondere, vom Kreditgeber darzulegende und notfalls zu beweisende Anhaltspunkte kann grundsätzlich nicht davon ausgegangen werden, daû eine kraû überfordernde Bürgschaft inhaltlich von vornherein nur eine erhebliche Vermögensverlagerung zwischen Hauptschuldner und Sicherungsgeber verhindern soll. Nimmt der Kreditgeber den Bürgen - wie hier - in Anspruch, ohne auch nur ansatzweise zu behaupten, daû und in welchem Umfang eine im Verhältnis zur Kreditsumme erhebliche Vermögensverschiebung statt-
gefunden hat, so zeigt dieses im Rahmen der Vertragsauslegung zu berücksichtigende nachvertragliche Verhalten, daû die Annahme einer stillschweigend getroffenen Haftungsbeschränkung nicht gerechtfertigt ist. Das gilt, wie der erkennende Senat in seinen Urteilen vom 14. Mai 2002 (XI ZR 50/01 und 81/01, beide zur Veröffentlichung vorgesehen) unter Änderung der Rechtsprechung des IX. Zivilsenats (vgl. Urteil vom 8. Oktober 1998 - IX ZR 257/97, WM 1998, 2327, 2329 f.) näher ausgeführt hat, auch für Bürgschaftsverträge aus der Zeit vor dem 1. Januar 1999.

III.


Das Berufungsurteil war danach aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, war sie zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F.).
Nobbe Siol Bungeroth Richter am Bundesge- Mayen richtshof Dr. Joeres ist wegen Urlaubs gehindert , seine Unterschrift beizufügen. Nobbe

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht.

(2) Die Revision kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.