Bundesgerichtshof Urteil, 20. Juni 2017 - XI ZR 716/16

bei uns veröffentlicht am20.06.2017
vorgehend
Landgericht Karlsruhe, 7 O 126/15, 09.10.2015
Oberlandesgericht Karlsruhe, 17 U 185/15, 08.11.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 716/16 Verkündet am:
20. Juni 2017
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2017:200617UXIZR716.16.0

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat gemäß § 128 Abs. 2 ZPO im schriftlichen Verfahren, in dem Schriftsätze bis zum 2. Mai 2017 eingereicht werden konnten, durch die Richter Dr. Joeres, Dr. Grüneberg und Maihold sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Derstadt
für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 8. November 2016 aufgehoben und das Urteil des Landgerichts Karlsruhe - Zivilkammer VII - vom 9. Oktober 2015 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Kläger begehren die Feststellung des Fortbestehens ihres Bausparvertrags.
2
Am 16. April 1991 schlossen die Kläger mit der Beklagten einen Bausparvertrag (Vertragsnummer: 2… ) über eine Bausparsumme von 23.000 DM (= 11.759,71 €). In den dem Bausparvertrag zugrundeliegenden Allgemeinen Bausparbedingungen (im Folgenden: ABB) heißt es auszugsweise wie folgt: "§ 1 Vertragszweck Zweck des Bausparvertrages ist die Erlangung eines unkündbaren, in der Regel zweitstellig zu sichernden Tilgungsdarlehens (Bauspardarlehen) aufgrund planmäßiger Spar- leistungen nach Maßgabe dieser Allgemeinen Bausparbedingungen … § 5 Sparzahlungen (1) Der monatliche Bausparbeitrag beträgt 4,17 vom Tausend der Bausparsumme (Regelsparbeitrag ). Er ist bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme am Ersten jedes Monats kostenfrei an die Bausparkasse zu entrichten. (2) … (3) Ist der Bausparer unter Anrechnung von Sonderzahlungen mit mehr als 12 Regelsparbeiträgen rückständig und hat er der schriftlichen Aufforderung der Bausparkasse, nicht geleistete Bausparbeiträge zu entrichten, länger als zwei Monate nach Zugang der Aufforderung nicht entsprochen, so kann die Bausparkasse den Bausparvertrag kündi- gen. … (4) … § 6 Verzinsung des Bausparguthabens (1) Das Bausparguthaben wird mit 2,5 vom Hundert jährlich verzinst. … § 14 Vertragsfortsetzung (1) Nimmt der Bausparer die Zuteilung nicht an oder gibt er die Annahmeerklärung nicht fristgemäß ab oder wird die Annahme der Zuteilung widerrufen, so wird der Vertrag fortgesetzt. …"
3
Der Bausparvertrag war am 15. April 2002 erstmalig zuteilungsreif. Ein Bauspardarlehen nahmen die Kläger nicht in Anspruch. Mit Schreiben vom 16. Februar 2015 erklärte die Beklagte die Kündigung des Bausparvertrages zum 20. August 2015 unter Berufung auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Zum Zeitpunkt der Kündigung belief sich das Bausparguthaben der Kläger auf 9.726,79 €.
4
Die Kläger sind der Ansicht, dass die Kündigung unwirksam sei, weil der Beklagten kein Kündigungsrecht zugestanden habe. Das Landgericht hat an- tragsgemäß festgestellt, dass der Bausparvertrag mit der Beklagten fortbestehe. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision begehrt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision ist begründet.

I.

6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung (OLG Karlsruhe, Urteil vom 8. November 2016 - 17 U 185/15, juris) im Wesentlichen ausgeführt:
7
Die Kündigung des Bausparvertrags sei unwirksam, weil der Beklagten kein Kündigungsrecht zugestanden habe.
8
Auf das Vertragsverhältnis finde gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB seit dem 1. Januar 2003 das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 Anwendung. Ein Kündigungsrecht ergebe sich weder aus § 488 Abs. 3 BGB oder aus § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB noch aus § 490 Abs. 3, § 314 BGB oder aus § 490 Abs. 3, § 313 Abs. 3 BGB.
9
Die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung gemäß § 488 Abs. 3 BGB seien nicht gegeben, weil dies nach herrschender Meinung eine vollständige Ansparung der Bausparsumme voraussetze, die vorliegend nicht gegeben sei.
10
Die Kündigung könne auch nicht auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gestützt werden, weil es jedenfalls an der Voraussetzung des vollständigen Empfangs des Darlehens fehle. Das im Rahmen der Ansparphase vom Bausparer gewährte Darlehen weise die Besonderheit auf, dass für die Rückerstattung eine Zeit nicht bestimmt und auch der Zeitpunkt des vollständigen Empfangs nicht festgelegt sei. Vollständig empfangen sei das Darlehen daher erst mit der letzten vertragsgemäßen Teilzahlung. Der erstmalige Eintritt der Zuteilungsreife sei hierfür ohne Bedeutung. Denn wenn der Bausparer die Zuteilung des Bausparvertrages nicht annehme, werde der Vertrag gemäß § 14 Abs. 1 ABB in das Sparstadium zurückversetzt. Eine weitere Besparung sei nur über die Bausparsumme hinaus unzulässig. Auch aus der Vereinbarung eines Mindestsparguthabens für die Zuteilung folge keine Begrenzung desNettodarlehensbetrages, da der Bausparer unabhängig von dem Erreichen der Zuteilungsreife zur Fortführung des Vertrages bis zur vollständigen Ansparung der Bausparsumme berechtigt sei.
11
Eine entsprechende Anwendung von § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu Gunsten der Beklagten komme nicht in Betracht, weil es an einer planwidrigen Regelungslücke in Bezug auf die von gewöhnlichen Darlehensverträgen abweichenden Bausparverträge fehle.
12
Die Beklagte könne die Kündigung auch nicht auf § 490 Abs. 3, § 314 Abs. 1 BGB stützen; denn die Nichtinanspruchnahme des Bauspardarlehens stelle kein vertragswidriges Verhalten des Bausparers dar.
13
Schließlich ergebe sich ein Recht zur Kündigung auch nicht aus § 490 Abs. 3, § 313 Abs. 3 Satz 2 BGB. Selbst wenn die Kläger ihre Absicht zur Inanspruchnahme eines Bauspardarlehens aufgegeben hätten, wäre die Geschäftsgrundlage des Vertrags nicht entfallen. Denn die ABB sähen gerade für den Fall der Nichtinanspruchnahme eines Bauspardarlehens eine Fortsetzung des Vertrages vor und träfen damit eine verbindliche Regelung. Selbst wenn das Gleichgewicht zwischen Bauspareinlagen und Bauspardarlehen mit der Folge dauerhaft gestört wäre, dass die Beklagte ihre Verpflichtungen nicht mehr erfüllen könnte, führte dies nicht zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage. Denn die Beklagte habe das entsprechende vertragsspezifische Risiko übernommen, weil es ihr oblegen hätte, von der bestehenden Möglichkeit Gebrauch zu machen , das Risiko der Zinsentwicklung durch eine geeignete Vertragsgestaltung anders zu gewichten.

II.

14
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Beklagte den mit den Klägern geschlossenen Bausparvertrag gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB in der vom 1. Januar 2002 bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung (nunmehr § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB) wirksam gekündigt.
15
1. Auf den am 16. April 1991 abgeschlossenen Bausparvertrag findet - wovon im Ansatz auch das Berufungsgericht ausgegangen ist - Darlehensrecht Anwendung (vgl. Senatsurteil vom 21. Februar 2017 - XI ZR 185/16, WM 2017, 616 Rn. 20 ff., zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). In zeitlicher Hinsicht ist - soweit für die Entscheidung von Bedeutung - gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB, Art. 229 § 22 Abs. 2 und 3 EGBGB und Art. 229 § 38 Abs. 1 und 2 EGBGB das Darlehensrecht der §§ 488 ff. BGB in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) maßgeblich (vgl. Senatsurteil vom 21. Februar 2017 aaO Rn. 18 f.).
16
2. Demgegenüber hält die Ansicht des Berufungsgerichts, dass die Beklagte den Bausparvertrag nicht gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF habe kündigen können, einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
17
a) Wie der Senat in seinem Urteil vom 21. Februar 2017 (XI ZR 185/16, WM 2017, 616 Rn. 34 ff.) entschieden und im Einzelnen begründet hat, steht auch einer Bausparkasse das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF zu.
18
b) Die Voraussetzungen dieses Kündigungsrechts liegen vor.
19
aa) Das der Bausparkasse gewährte Darlehen weist einen festen Zinssatz auf, weil bereits bei Vertragsschluss der Guthabenzins für die Dauer der Ansparphase in Höhe von 2,5% p.a. fest vereinbart worden ist (§ 6 Abs. 1 ABB).
20
bb) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist auch die weitere Voraussetzung des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF, der Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens, erfüllt, weil der Bausparvertrag der Kläger zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung im Februar 2015 seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif war, nachdem die erstmalige Zuteilungsreife am 15. April 2002 eingetreten war.
21
Wie der Senat in seinem Urteil vom 21. Februar 2017 näher dargelegt hat (XI ZR 185/16, WM 2017, 616 Rn. 71 ff.), ist im Regelfall mit Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife von einem vollständigen Empfang des Darlehens auszugehen. Denn unter Berücksichtigung des vorliegend auch in § 1 ABB zum Ausdruck kommenden Zwecks eines Bausparvertrages hat der Bausparer zu diesem Zeitpunkt der Bausparkasse das zur Erlangung eines Anspruchs auf Gewährung eines Bauspardarlehens gerichtete Zweckdarlehen vollständig gewährt (vgl. Senatsurteil aaO Rn. 79).
22
Eine vom Regelfall abweichende Modifikation des Vertragszwecks, etwa in Gestalt eines zeitlich begrenzten Verzichts auf das zugeteilte Bauspardarlehen unter Gewährung eines Zinsbonus nach Ablauf einer bestimmten Treuezeit (vgl. Senatsurteil vom 21. Februar 2017 - XI ZR 185/16, WM 2017, 616 Rn. 81), haben die Parteien nicht vereinbart.
23
cc) Die Kündigung ist mit Schreiben vom 16. Februar 2015 mit Wirkung zum 20. August 2015 erklärt worden, so dass auch die sechsmonatige Kündigungsfrist des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF gewahrt ist.
24
dd) Die Kündigung des Bausparvertrages gilt auch nicht gemäß § 489 Abs. 3 BGB aF als nicht erfolgt. Da die Parteien gerade um die Wirksamkeit der Kündigung streiten, können sich die Kläger auf diese Vorschrift nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auf Grund eines widersprüchlichen Verhaltens nicht berufen (Senatsurteil vom 21. Februar 2017 - XI ZR 185/16, WM 2017, 616 Rn. 89).

III.

25
Das Berufungsurteil ist demnach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da keine weiteren Feststellungen erforderlich sind und die Sache damit zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt - unter Abänderung des Urteils des Landgerichts - zur Abweisung der Klage.
Joeres Grüneberg Maihold Menges Derstadt

Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 09.10.2015 - 7 O 126/15 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 08.11.2016 - 17 U 185/15 -

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(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,1.wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist,

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(1) Wenn in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers oder in der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit eine wesentliche Verschlechterung eintritt oder einzutreten droht, durch die die Rückzahlung des Darlehens, auch unter

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Tenor 1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 09.10.2015, Az. 7 O 126/15, wird zurückgewiesen. 2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsrechtszugs zu tragen. 3. Dieses Urteil und das angefoc

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(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich.

(2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Es bestimmt alsbald den Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, und den Termin zur Verkündung der Entscheidung. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist unzulässig, wenn seit der Zustimmung der Parteien mehr als drei Monate verstrichen sind.

(3) Ist nur noch über die Kosten oder Nebenforderungen zu entscheiden, kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(4) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 09.10.2015, Az. 7 O 126/15, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsrechtszugs zu tragen.

3. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

5. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf EUR 680,88 festgesetzt. In Abänderung der Festsetzung durch das Landgericht vom 23.10.2015 wird der Streitwert für den ersten Rechtszug ebenfalls auf EUR 680,88 festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Kläger verlangen die Feststellung des Fortbestehens ihres von der Beklagten gekündigten Bausparvertrags (Anlage K 1), den die Parteien am 16.04.1991 über eine Bausparsumme von 23.000 DM (11.759,71 EUR) im Tarif T 1 auf der Grundlage der als Anlage B 3 vorgelegten Allgemeinen Bedingungen der Beklagten für Bausparverträge (ABB) abgeschlossen haben. Die Mindestansparung beträgt 40 % der Bausparsumme (=4.703,89 EUR) bei einem monatlichen Regelsparbeitrag von 95,91 DM (= 49,04 EUR).
Die dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Bedingungen der Beklagten für Bausparverträge (im Folgenden ABB) enthalten auszugsweise folgende Bestimmungen:
§ 1 Vertragszweck
Zweck des Bausparvertrages ist die Erlangung eines unkündbaren, in der Regel zweistellig zu sichernden Tilgungsdarlehens (Bauspardarlehen) aufgrund planmäßiger Sparleistungen nach Maßgabe dieser Allgemeinen Bedingungen ….
§ 5 Sparzahlungen
(1) Der monatliche Bausparbeitrag beträgt 4,17 vom Tausend der Bausparsumme (Regelsparbeitrag). Er ist bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme am Ersten jedes Monats kostenfrei an die Bausparkasse zu entrichten.
(2) Sonderzahlungen sind grundsätzlich zulässig. Die Bausparkasse kann deren Annahme von ihrer Zustimmung abhängig machen.
(3) Ist der Bausparer unter Anrechnung von Sonderzahlungen mit mehr als 12 Regelsparbeiträgen rückständig und hat er der schriftlichen Aufforderung der Bausparkasse, nicht geleistete Bausparverträge zu entrichten, länger als zwei Monate nach Zugang der Aufforderung nicht entsprochen, so kann die Bausparkasse den Bausparvertrag kündigen. Im Fall der Kündigung gilt § 9 Abs. 2 entsprechend.
(4) Ist der Bausparvertrag zugeteilt, so tritt an die Stelle des Rechts der Bausparkasse, den Vertrag zu kündigen, das Recht, das dem Bausparer bereitgestellte (§ 13) oder bereitzustellende (§ 14) Bauspardarlehen um die rückständigen Bausparbeiträge zu kürzen.
10 
§ 6 Verzinsung des Bausparguthabens
11 
(1) Das Bausparguthaben wird mit 2,5 vom Hundert jährlich verzinst.
12 
(2) Die Verzinsung beginnt für Sparzahlungen mit dem Tag nach Zahlungseingang. Sie endet mit Ablauf des Tages vor der 1. Auszahlung des Sparguthabens, spätestens jedoch mit Ablauf des Monats, in dem die Bausparsumme bereitgestellt wird…
13 
(3) Die Zinsen werden dem Bausparguthaben jeweils am Ende des Kalenderjahres gutgeschrieben. …
14 
(4) Die Zinsen werden nicht gesondert ausgezahlt.
15 
§ 10 Zuteilung
16 
(1) Die Sparzahlungen, die gutgeschriebenen Zinsen, die Tilgungszahlungen und die von der Bausparkasse zur beschleunigten Zuteilung etwa aufgenommenen Mittel fließen in die für alle Vertragsarten gemeinsame Zuteilungsmasse.
17 
§ 11 Voraussetzungen und Reihenfolge der Zuteilung
18 
(1) Die Bausparsumme eines Vertrages wird zugeteilt, wenn an dem jeweiligen Zuteilungstermin zugehörigen Bewertungsstichtag
19 
a) das Bausparguthaben des Vertrages mindestens 40 vom Hundert der Bausparsumme (Mindestsparguthaben) betragen hat
und wenn
b) die Bewertungszahl - auf drei Stellen nach dem Komma auf- bzw. abgerundet - mindestens 14,400 (Mindestbewertungszahl) beträgt. …
20 
§ 12 Zuteilungsnachricht
21 
(1) Die Zuteilung wird dem Bausparer unverzüglich schriftlich mitgeteilt mit der Aufforderung, binnen 4 Wochen ab Datum der Zuteilung zu erklären, ob er die Zuteilung annimmt.
22 
(2) Der Bausparer kann die Annahme der Zuteilung widerrufen, solange die Auszahlung der Bausparsumme noch nicht begonnen hat.
23 
§ 14 Vertragsfortsetzung
24 
(1) Nimmt der Bausparer die Zuteilung nicht an oder gibt er die Annahmeerklärung nicht fristgemäß ab oder wird die Annahme der Zuteilung widerrufen, so wird der Vertrag fortgesetzt.
25 
(2) Setzt der Bausparer seinen Vertrag fort, kann er seine Rechte aus der Zuteilung je-derzeit wieder geltend machen. …
26 
§ 32 Bedingungsänderungen
27 

(2) Ohne Einverständnis des Bausparers, aber mit Zustimmung des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen können die Bestimmungen der §§ 5 bis 11, 14, 20 und 33(2) mit Wirkung für bestehende Verträge geändert werden. Sonstige Änderungen bedürfen des Einverständnisses des Bausparers…
28 
Unstreitig ist die Bausparsumme aus dem Bausparvertrag der Kläger gemäß § 11 Abs. 1 lit.a) ABB seit dem 15.04.2002 zuteilungsreif. Die Kläger erhielten Zuteilungsnachricht, haben diese jedoch nicht angenommen, sondern den Vertrag fortgesetzt. Die vereinbarte Bausparsumme ist bislang nicht angespart worden.
29 
Mit Schreiben vom 16.02.2015 erklärte die Beklagte die Kündigung des Bausparvertrags zum 20.08.2015 unter Berufung auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB (Anlage K 2).
30 
Die Kläger sind der Auffassung, die Voraussetzungen für eine Kündigung nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB lägen nicht vor, da ein vollständiger Empfang des Darlehens auf Seiten der Beklagten nicht etwa schon mit Zuteilungsreife der Bausparsumme gegeben sei, sondern erst dann, wenn der Bausparer die vereinbarte Bausparsumme vollständig angespart habe. Durch die Kündigung würde der Bausparer in seinem vertraglichen Recht auf Erhalt eines Bauspardarlehens unzulässig beschnitten. Nach den von der Beklagten selbst vorgegebenen Vertragsbedingungen sei der Bausparer schließlich berechtigt, den Bausparvertrag auch nach Zuteilungsreife fortzusetzen. Ein Kündigungsrecht für die vorliegende Fallkonstellation habe die Beklagte in ihren ABB gerade nicht vorgesehen.
31 
Demgegenüber ist die Beklagte der Auffassung, sie sei nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zur Kündigung des Bausparvertrags berechtigt gewesen. Ab Zuteilungsreife liege ein vollständiger Empfang des Darlehens auf Seiten der Beklagten in ihrer Rolle als Darlehensnehmerin im Sinne dieser Vorschrift vor. Das Kündigungsrecht aus § 489 BGB könne den Bausparkassen auch deshalb nicht abgeschnitten werden, weil aufgrund des Kollektivcharakters des Bausparens die Gesamtinteressen der Bauspargemeinschaft zu berücksichtigen seien.
32 
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der Anträge wird auf die in dem angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
33 
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Ein Kündigungsrecht der Beklagten ergebe sich weder aus den dem Vertrag zu Grunde liegenden ABB - die gemäß § 1 Abs. 1 einen Rückgriff auf das dispositive gesetzliche Kündigungsrecht nach § 488 Abs. 3 BGB vor Vollansparung der Bausparsumme ausschlössen - noch aus der unabdingbaren Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB noch aus § 314 BGB. Der Anwendungsbereich von § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB sei nicht eröffnet, da die Bausparkasse vor der Zuteilung des Bauspardarlehens nicht nur Darlehensnehmerin, sondern zugleich Darlehensgeberin bezüglich des von ihr künftig zur Verfügung zu stellenden Bauspardarlehens sei, also eine vertragsimmanente „Doppelrolle“ innehabe. Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift sei nicht gerechtfertigt. Denn die Ausdehnung des Anwendungsbereichs von § 489 BGB zugunsten der Bausparkassen würde einen Eingriff in die vertragliche Risikoverteilung bedeuten, da nach den Bedingungen des Bausparvertrags jede Partei das Risiko einer ihr ungünstigen Zinsentwicklung trage. Der von der Beklagten angesprochene Schutz der Kollektivinteressen sei bereits dadurch gewährleistet, dass die vorgelegten ABB unter bestimmten Voraussetzungen eine Änderung der Bedingungen - z.B. die Senkung der Verzinsung des Bausparguthabens - auch für bestehende Verträge zulassen (§ 32 ABB). Dass die BaFin einer entsprechenden Bedingungsänderung gemäß § 9 BSpkG bisher nicht zugestimmt hat, lasse darauf schließen, dass eine Gefährdung der Belange des Bausparerkollektivs derzeit nicht vorliege.
34 
Wegen der weiteren Einzelheiten der Ausführungen des Landgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
35 
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ihren Klagabweisungsantrag weiterverfolgt.
36 
Die Kläger beantragen Zurückweisung der Berufung. Sie verteidigen das Urteil des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
37 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
38 
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen die nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).
39 
Die dem Vertrag zugrunde liegenden ABB stützen die Kündigungsbefugnis der Beklagten nicht. Auch ein gesetzliches Kündigungsrecht steht ihr nicht zu. Auf das Vertragsverhältnis findet gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) seit dem 1. Januar 2003 Anwendung. Die maßgebenden Vorschriften rechtfertigen nicht die von der Beklagten erklärte Kündigung.
40 
Ein Grund für die von der Beklagten erklärte Kündigung kann weder dem § 488 Abs. 3 BGB (a) noch der Regelung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB entnommen werden (b); auch aus §§ 490 Abs. 3, 314, 313 Abs. 3 S. 2 BGB ergibt sich ein Kündigungsrecht nicht (c).
41 
a) Auf das ordentliche Kündigungsrecht gemäß § 488 Abs. 3 BGB kann sich die Beklagte nicht berufen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.
42 
Zwar kann nach der herrschenden Meinung zu § 488 Abs. 3 BGB ein Bausparvertrag gekündigt werden, wenn er bis zur Bausparsumme vollständig angespart ist. Denn während der Ansparphase ist der Bausparvertrag ein Darlehensvertrag i. S. d. § 488 BGB, bei dem der Bausparer Darlehensgeber und die Bausparkasse Darlehensnehmerin ist. Nach § 1 Abs. 1 ABB ist im Einklang mit dem in § 1 BausparKG besonders definierten Zweck der Erlangung eines Bauspardarlehens eine Besparung des Bausparvertrages über die Bausparsumme hinaus ist nicht zulässig. Mit vollständiger Ansparung des Vertrages bis zur Bausparsumme kann dieser Zweck nicht mehr erreicht werden (OLG Stuttgart, Urteil vom 30.03.2016 - 9 U 171/15 Rn. 33 mit Hinweis auf OLG Köln, Beschluss vom 23.03.2015 - 13 U 104/14, juris; erneut OLG Stuttgart, Urteil vom 04.05.2016 - 9 U 230/15 Rn. 40; OLG Frankfurt, Beschluss vom 02.10.2013 - 19 U 106/13, juris; Staudinger/Mülbert, BGB 2015, § 488 548).
43 
Im Streitfall ist die Bausparsumme nach den Feststellungen des Landgerichts jedoch noch nicht vollständig angespart, lediglich Zuteilungsreife ist seit geraumer Zeit eingetreten. Eine sogenannte Vollbesparung liegt damit nicht vor.
44 
b) Einen Kündigungsgrund liefert entgegen der Auffassung der Berufung auch nicht die Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, auf welche die Beklagte die Kündigung primär stützt.
45 
Dabei braucht die Streitfrage, ob die Bestimmung von ihrem Sinn und Zweck her auf Sparverträge überhaupt Anwendung findet, bei denen Einlagen an sogenannte „professionelle Darlehensnehmer“ geleistet werden, nicht beantwortet zu werden (zum Meinungsstand OLG Stuttgart, Urteil vom 30.03.2016 - 9 U 171/15 Rn. 40 m.w.N.; OLG Stuttgart, Urteil vom 04.05.2016 - 9 U 230/15 Rn. 68 ff.). Denn es fehlt jedenfalls an der Voraussetzung des „vollständigen Empfangs“ des vom Bausparer an die Bausparkasse gegebenen Darlehens, dem der erstmalige Eintritt der Zuteilungsreife des Bauspardarlehens nicht gleichgestellt werden kann (aa). Auch eine analoge Anwendung der Vorschrift kommt nicht in Betracht (bb).
46 
aa) Nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kann der Darlehensnehmer einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten ganz oder teilweise kündigen.
47 
Das im Rahmen der Ansparphase eines Bausparvertrages vom Bausparer (Darlehensgeber) gewährte und von der Bausparkasse in Anspruch genommene Darlehen weist die Besonderheit auf, dass für die Rückerstattung der Spareinlagen eine Zeit nicht bestimmt und auch der Zeitpunkt für den vollständigen Darlehensempfang nicht festgelegt ist. Solange die Valutierungsphase andauert, ist das Darlehen vollständig erst mit der letzten vertragsgemäßen Teilzahlung des Darlehensgebers empfangen (näher OLG Stuttgart, Urteil vom 30.03.2016 - 9 U 171/15 Rn. 43 und OLG Bamberg, Urteil vom 10.08.2016 - 8 U 24/16 Rn. 60 f.; a.A. OLG Hamm, Urteil vom 22.06.2016 - 31 U 271/15 Rn. 32, OLG Köln, Urteil vom 11.01.2016 - 13 U 151/15 Rn. 7 und OLG Celle, Urteil vom 14.09.2016 - 3 U 230/15 Rn. 68; ).
48 
Dieser Zeitpunkt ist entgegen der Rechtsauffassung der Berufung im Streitfall nicht erreicht. Das Stadium der Zuteilungsreife ist hierfür ohne Bedeutung (Beck-Online-Großkommentar/Weber, Stand 01.02.2016, BGB, § 489 Rn. 49.1). Vielmehr kann der Bausparer nach dem hier maßgebenden § 12 Abs. 2 ABB sogar eine eventuell angenommene Zuteilung widerrufen, solange die Auszahlung der Bausparsumme noch nicht begonnen hat. Dann wird ebenso wie in dem Fall, dass der Bausparer die Zuteilung nicht fristgemäß angenommen hat, nach § 14 Abs. 1 ABB „der Vertrag fortgesetzt“, d.h. er wird in das Sparstadium zurückversetzt, wobei dem Bausparer die aus der Zuteilung eingeräumten Rechte prinzipiell aufrechterhalten werden (§ 14 Abs. 2 ABB). Nach Sinn und Zweck des Bausparvertrages ist lediglich eine Besparung über die Bausparsumme hinaus unzulässig. Wenn das Bausparguthaben die Bausparsumme erreicht, unterliegt der Bausparvertrag der ordentlichen Kündigung durch die Bausparkasse.
49 
Aus der Vereinbarung des Mindestsparguthabens für die Zuteilung (hier i.H.v. 40 % der Bausparsumme) folgt daher nicht eine Begrenzung des Nettodarlehensbetrags in der Ansparphase. Da der Bausparer unabhängig von dem Erreichen der Zuteilungsreife zur Fortführung der Teilvalutierung im Rahmen des Ansparmodus berechtigt ist, tritt nach dem Vertragsmechanismus eine immanente Limitierung des Darlehens erst durch die Bausparsumme selbst ein. Damit tragen die ABB der Beklagten auch den Interessen der Zweckgemeinschaft der Bausparer Rechnung, weil der stetige Zufluss von Spareinlagen die Zuteilungsmasse vergrößert. Schon mit Rücksicht hierauf verbietet sich, das Tatbestandsmerkmal des „vollständigen Empfangs“ gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB allein aus der Sicht der Beklagten auszulegen (OLG Stuttgart, Urteil vom 30.03.2016 - 9 U 171/15 Rn. 52).
50 
bb) Eine entsprechende Anwendung der Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu Gunsten der Beklagten kommt nicht in Betracht (so zutreffend OLG Stuttgart, Urteil vom 30.03.2016 - 9 U 171/15 Rn. 53 ff.; gegen OLG Celle, Beschluss vom 3. Februar 2016 - 3 U 192/15; OLG Koblenz, Beschluss vom 18. Januar 2016 - 5 O 38/15; OLG Köln, Beschluss vom 11. Januar 2016 - 13 U 151/15; OLG Hamm, Beschluss vom 30.12.2015 - 31 U 191/15).
51 
Eine planwidrige Gesetzeslücke in Bezug auf die von den gewöhnlichen Darlehensverträgen abweichenden Bausparverträge liegt nicht vor. Abgesehen von der Gesetzgebungsgeschichte (dazu ausführlich OLG Stuttgart, Urteil vom 30.03.2016 - 9 U 171/15 Rn. 55 - 57), fehlt es auch wegen der Besonderheiten bei Bausparverträgen an einem vergleichbaren Sachverhalt, der eine analoge Anwendung dieser Vorschrift mit Eintritt der bloßen Zuteilungsreife des Bausparvertrages rechtfertigen würde.
52 
Anders als in gewöhnlichen Darlehensrechtsbeziehungen erschöpft sich das Bauspargeschäft nicht in der Erlangung des Anspruchs auf Zuteilung eines zinsgünstigen (Bauspar-) Darlehens. Eine solche Betrachtungsweise greift zu kurz, weil sie die bausparvertragstypischen Ansparleistungen im Kontext mit den Sparleistungen des Kollektivs außer Acht lässt. Vielmehr handelt es sich hier um ein geschlossenes System der Bausparzweckgemeinschaft, bei der das einzelne Mitglied zunächst auf einen marktüblichen Anlagezins verzichtet, um später nach Zuteilung der Bausparsumme von einem günstigen - marktunabhängigen - Darlehenszins zu profitieren (Senat, Urteil vom 16.06.2015 - 17 U 5/14, WM 2015, 2039, Rn. 47). Dieser Vertragszweck kann nur erreicht werden, wenn dem Bausparkollektiv kontinuierlich neue Mittel zugeführt werden und die Bausparer zugleich auf einen marktgerechten Einlagezins verzichten.
53 
Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass die mit den Besonderheiten des Verfahrens verbundene Ungewissheit der Zuteilung eines Bausparvertrages und die Beschränkung des Darlehens auf den wohnungswirtschaftlichen Zweck dazu führen können, dass die Inanspruchnahme des Darlehens zu einem bestimmten Zeitpunkt den Interessen des Bausparers zuwiderlaufen kann, weil sich der Verwendungszweck (noch) nicht oder nicht (mehr) realisieren lässt oder bereits auf eine spätere Zeit verschoben wurde (oder verschoben werden musste).
54 
Außerdem ist zu berücksichtigen, dass eine übermäßig lange Zinsbindung der Bausparkasse von mehr als zehn Jahren, gerechnet ab dem Zeitpunkt der Zuteilungsreife, regelmäßig nur aufgrund einer Einstellung der Zahlung der Regelsparbeiträge durch den Bausparer entsteht. Das muss die Bausparkasse freilich nicht hinnehmen. Sie hat demgegenüber einen Anspruch auf Weiterzahlung der Einlagen bis zur Höhe der Bausparsumme. Ist diese erreicht, besteht, wie ausgeführt, in jedem Fall ein Kündigungsrecht der Beklagten gemäß § 488 Abs. 3 BGB (vgl. auch § 15 Abs. 4 b der Muster-ABB). Leistet der Bausparer den Regelsparbeitrag nicht (mehr), so kann die Beklagte ebenfalls ordentlich kündigen, § 5 Abs. 3 ABB. Damit verschafft der Eintritt der Zuteilungsreife dem Bausparer nicht etwa einen Vorteil dahingehend, dass er die Beklagte unangemessen lange an den vertraglichen Guthabenszins binden kann. Die Dauer der Ansparphase wird nämlich keineswegs in das „uneingeschränkte Belieben des Bausparers“ (so OLG Köln, Urteil vom 11.01.2016 - 13 U 151/15 Rn. 11) gestellt: Gemäß § 5 Abs. 1 ABB ist der Bausparer bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme - mithin auch im Fall der Vertragsfortsetzung nach Zuteilungsreife der Bausparsumme - verpflichtet, fortlaufend den vertraglich vereinbarten monatlichen Bausparbeitrag an die Bausparkasse zu entrichten. Kommt der Bausparer dieser vertraglichen Verpflichtung nach, so tritt zwangsläufig zu einem bestimmten Zeitpunkt Vollbesparung ein und ein Kündigungsrecht der Bausparkasse gemäß § 488 Abs. 3 BGB besteht. Kommt der Bausparer seiner vertraglichen Zahlungspflicht nicht nach, so besteht für die Bausparkasse ein Kündigungsrecht gemäß § 5 Abs. 3 ABB. Nach alledem ist eine analoge Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht gerechtfertigt.
55 
c) Der Beklagten steht auch kein außerordentliches Recht zur Kündigung gemäß § 490 Abs. 3, §§ 314, 313 Abs. 3 BGB zu.
56 
aa) Zu Recht beruft sich die Beklagte nicht auf ein Kündigungsrecht aus § 490 Abs. 3, § 314 Abs. 1 BGB. Nach § 314 BGB ist eine Kündigung aus wichtigem Grundzulässig, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Die Nichtabnahme des Bauspardarlehens stellt indes kein vertragswidriges Verhalten des Bausparers dar. Hinsichtlich der Nichtzahlung der Regelsparbeiträge steht der Beklagten vielmehr ein spezielleres Kündigungsrecht aus § 5 Abs. 3 ABB zu, dessen Voraussetzungen im Streitfall jedoch nicht vorliegen.
57 
bb) Auch aus § 490 Abs. 3, § 313 Abs. 3 Satz 2 BGB ergibt sich ein Recht der Beklagten zur Kündigung nicht. Nach diesen Bestimmungen kann eine Vertragsanpassung verlangt werden, wenn sich die Umstände, die Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert haben, die Parteien deshalb den Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten und das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zumutbar ist.
58 
Die Geschäftsgrundlage eines Vertrages wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gebildet durch die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut (statt aller BGH, Urteil vom 28.03.2006 - XI ZR 425/04, BGHZ 167, 25 Rn. 24). Diese Vorstellungen müssen sich als falsch herausgestellt haben. Die Parteien müssten, wenn sie dies vorausgesehen hätten, den Vertrag anders geschlossen haben. Eine Anpassung des Vertrages kann zudem nur gefordert werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann (BGHZ 167, 25 Rn. 30 m.w.N.). Bei der Auflösung eines Vertrags wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB handelt es sich um eine von vornherein auf besondere Ausnahmefälle beschränkte rechtliche Möglichkeit, die zur Vermeidung untragbarer, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin unvereinbarer Folgen unabweisbar erscheinen muss (OLG Stuttgart, 30.03.2016 - 9 U 171/15 Rn. 78). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
59 
Selbst wenn die Kläger ihre Absicht zur Inanspruchnahme des Bauspardarlehens endgültig aufgegeben hätten, wäre die Geschäftsgrundlage nicht entfallen. Nach seinem Sinn und Zweck dient der Bausparvertrag zwar der Erlangung von Mitteln zur wohnwirtschaftlichen Verwendung, vgl. § 1 BauSparkG und § 1 ABB des streitigen Bausparvertrages. Dennoch kann der Wegfall dieser Grundlage für den Abschluss des Bausparvertrages nicht allein daraus abgeleitet werden, dass der Kläger seit über zehn Jahre das Bauspardarlehen nicht abgerufen hat. Das kann angesichts der Notwendigkeit der wohnwirtschaftlichen Verwendung des Bauspardarlehens viele persönliche oder wirtschaftliche Gründe haben. Unabhängig von den hierfür maßgebenden Gründen im Einzelfall sehen die Vertragsbedingungen der ABB der Beklagten die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses vor, die damit eine verbindliche Risikoverteilung treffen.
60 
Mit Rücksicht auf diese Vertragsordnung kann vom Wegfall der Geschäftsgrundlage selbst dann keine Rede sein, wenn das Gleichgewicht zwischen Bauspareinlagen und Bauspardarlehen mit der Folge dauerhaft gestört wäre, dass die Beklagte ihre Verpflichtungen nicht mehr erfüllen könnte. Die Beklagte hat über den gesetzlich vorgegebenen Rahmen hinaus insoweit das vertragsspezifische Risiko übernommen, was ein weiteres Festhalten am Vertrag nicht als unzumutbar erscheinen lässt. Eine solche vertragliche Risikoübernahme schließt die Rechte aus § 313 BGB regelmäßig aus (BGH, Urteil vom 21.02.2014 - V ZR 176/12, NJW 2014, 2177). Eine Abweichung hiervon ist hier nicht geboten. Es hätte der Beklagten oblegen, von der bestehenden Möglichkeit Gebrauch zu machen, das Risiko der Zinsentwicklung durch eine geeignete Vertragsgestaltung anders zu gewichten oder ihre vereinbarten Rechte auszuüben. Zu diesen vertraglich vereinbarten Rechten gehört im Übrigen - worauf das Landgericht zutreffend hingewiesen hat - auch die Möglichkeit, gemäß § 32 ABB i. V. m. § 9 BSpkG die Genehmigung der Bundesaufsichtsbehörde zu einer Absenkung des Zinssatzes zu erwirken und somit über einen vertraglich vorgesehenen Mechanismus eine Vertragsanpassung zu erreichen.
III.
61 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
62 
Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung hat und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. In der obergerichtlichen Rechtsprechung besteht, wie ausgeführt, keine einheitliche Meinung zur Frage, ob § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB die Kündigung eines Bausparvertrages durch die Bausparkasse 10 Jahre nach Eintritt von Zuteilungsreife rechtfertigt.
63 
Gemäß § 63 Abs. 2 GKG war der Streitwert des Berufungsverfahrens festzusetzen. Bei der Klage auf Feststellung des Fortbestehens eines Bausparvertrages kommt es der Klagepartei hinsichtlich des Bausparguthabens nicht auf den Rückerhalt oder die eigene Nichtzahlung eines Kapitalbetrages in Höhe des Guthabens an, sondern auf den fortgesetzten Erhalt des vereinbarten Entgelts für die Kapitalüberlassung. Maßstab für die Festsetzung des Streitwerts ist folglich das objektive wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses der Parteien. Maß und Richtung des wirtschaftlichen Interesses des Klägers orientieren sich dabei grundsätzlich an den in der Klageschrift dargelegten objektiven Erwartungen des Klägers, wenn sich hierfür hinreichend objektive Anhaltspunkte ergeben (BGH NJW 2006, 3060, juris Rn. 8). Zu bewerten ist vorliegend daher das Interesse der Kläger, den Bausparvertrag weiterhin in der Ansparphase zu belassen und unter Inanspruchnahme der vereinbarten Guthabenverzinsung fortführen zu können. Das erklärte wirtschaftliche Interesse der Kläger besteht hier darin, sich auch für die Zukunft die - gegenüber dem aktuellen Markt höheren - vertraglich vereinbarten Guthabenzinsen auf das Bausparguthaben zu sichern (Senat, Beschluss vom 16.02.2016 - 17 W 3/16, juris; OLG Stuttgart, Beschluss vom 19.06.2015 - 9 W 25/15; OLG Koblenz, Beschluss vom 20.08.2015 - 8 W 536/15). Im Rahmen der Feststellungsklage ist zudem der Rechtsgedanke des § 9 S. 1 ZPO zu berücksichtigen, wonach sich das wirtschaftliche Interesse der Klagepartei aus dem dreieinhalbfachen Wert der einjährigen Zinserwartung berechnet (BGH NVwZ-RR 2008, 741; Münch-Komm/Wöstmann, ZPO, 4. Aufl., § 9 Rn. 2).
64 
Bei einem Bausparguthaben zum Zeitpunkt der Klageeinreichung von 9.726,79 EUR ist bei einem Zinssatz von 2,5 % von einem jährlichen Zinsertrag von 243,17 EUR auszugehen. Der dreieinhalbfache Betrag beläuft sich auf 851,09 EUR, der Wert des Feststellungsbegehrens damit - abzüglich 20 % - auf 680,88 EUR.
65 
Entgegen der Rechtsprechung des OLG Stuttgart (Urteil vom 30.03.2016 - 9 U 171/15, Rn. 85) sieht der Senat davon ab, zusätzlich den bestehenden Anspruch des Klägers auf Inanspruchnahme eines Bauspardarlehens zu berücksichtigen. Nach den maßgeblichen, in der Klageschrift dokumentierten und objektiv nachvollziehbaren Umständen des konkreten Falls erschöpft sich das wirtschaftliche Interesse der Kläger am Fortbestand des Bausparvertrages im Streitfall nämlich in der Guthabenverzinsung. Das Bauspardarlehen wollen sie dagegen gerade nicht in Anspruch nehmen. Eine schematische Einbeziehung des theoretisch bestehenden Anspruchs auf Ausreichung eines Bauspardarlehens gegen den erklärten Willen der Anspruchsberechtigten ist daher nicht vorzunehmen, zumal sich das wirtschaftliche Interesse des Bausparers am Fortbestand seines Bausparvertrages nicht für den gleichen Zeitraum sowohl auf die Guthabenverzinsung als auch auf die Ausreichung der Bauspardarlehens richten kann, beides in insoweit sich vielmehr in einem Alternativverhältnis befindet.
66 
Die Abänderung des erstinstanzlichen Streitwerts erfolgt gemäß § 63 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GKG.

(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.

(2) Die vereinbarten Zinsen sind, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nach dem Ablauf je eines Jahres und, wenn das Darlehen vor dem Ablauf eines Jahres zurückzuzahlen ist, bei der Rückzahlung zu entrichten.

(3) Ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, dass der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer kündigt. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. Sind Zinsen nicht geschuldet, so ist der Darlehensnehmer auch ohne Kündigung zur Rückzahlung berechtigt.

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

(1) Wenn in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers oder in der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit eine wesentliche Verschlechterung eintritt oder einzutreten droht, durch die die Rückzahlung des Darlehens, auch unter Verwertung der Sicherheit, gefährdet wird, kann der Darlehensgeber den Darlehensvertrag vor Auszahlung des Darlehens im Zweifel stets, nach Auszahlung nur in der Regel fristlos kündigen.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag, bei dem der Sollzinssatz gebunden und das Darlehen durch ein Grund- oder Schiffspfandrecht gesichert ist, unter Einhaltung der Fristen des § 488 Abs. 3 Satz 2 vorzeitig kündigen, wenn seine berechtigten Interessen dies gebieten und seit dem vollständigen Empfang des Darlehens sechs Monate abgelaufen sind. Ein solches Interesse liegt insbesondere vor, wenn der Darlehensnehmer ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung der zur Sicherung des Darlehens beliehenen Sache hat. Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber denjenigen Schaden zu ersetzen, der diesem aus der vorzeitigen Kündigung entsteht (Vorfälligkeitsentschädigung).

(3) Die Vorschriften der §§ 313 und 314 bleiben unberührt.

(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.

(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

(1) Wenn in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers oder in der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit eine wesentliche Verschlechterung eintritt oder einzutreten droht, durch die die Rückzahlung des Darlehens, auch unter Verwertung der Sicherheit, gefährdet wird, kann der Darlehensgeber den Darlehensvertrag vor Auszahlung des Darlehens im Zweifel stets, nach Auszahlung nur in der Regel fristlos kündigen.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag, bei dem der Sollzinssatz gebunden und das Darlehen durch ein Grund- oder Schiffspfandrecht gesichert ist, unter Einhaltung der Fristen des § 488 Abs. 3 Satz 2 vorzeitig kündigen, wenn seine berechtigten Interessen dies gebieten und seit dem vollständigen Empfang des Darlehens sechs Monate abgelaufen sind. Ein solches Interesse liegt insbesondere vor, wenn der Darlehensnehmer ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung der zur Sicherung des Darlehens beliehenen Sache hat. Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber denjenigen Schaden zu ersetzen, der diesem aus der vorzeitigen Kündigung entsteht (Vorfälligkeitsentschädigung).

(3) Die Vorschriften der §§ 313 und 314 bleiben unberührt.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.

(2) Die vereinbarten Zinsen sind, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nach dem Ablauf je eines Jahres und, wenn das Darlehen vor dem Ablauf eines Jahres zurückzuzahlen ist, bei der Rückzahlung zu entrichten.

(3) Ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, dass der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer kündigt. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. Sind Zinsen nicht geschuldet, so ist der Darlehensnehmer auch ohne Kündigung zur Rückzahlung berechtigt.

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

(1) Wenn in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers oder in der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit eine wesentliche Verschlechterung eintritt oder einzutreten droht, durch die die Rückzahlung des Darlehens, auch unter Verwertung der Sicherheit, gefährdet wird, kann der Darlehensgeber den Darlehensvertrag vor Auszahlung des Darlehens im Zweifel stets, nach Auszahlung nur in der Regel fristlos kündigen.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag, bei dem der Sollzinssatz gebunden und das Darlehen durch ein Grund- oder Schiffspfandrecht gesichert ist, unter Einhaltung der Fristen des § 488 Abs. 3 Satz 2 vorzeitig kündigen, wenn seine berechtigten Interessen dies gebieten und seit dem vollständigen Empfang des Darlehens sechs Monate abgelaufen sind. Ein solches Interesse liegt insbesondere vor, wenn der Darlehensnehmer ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung der zur Sicherung des Darlehens beliehenen Sache hat. Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber denjenigen Schaden zu ersetzen, der diesem aus der vorzeitigen Kündigung entsteht (Vorfälligkeitsentschädigung).

(3) Die Vorschriften der §§ 313 und 314 bleiben unberührt.

(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.

(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

(1) Wenn in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers oder in der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit eine wesentliche Verschlechterung eintritt oder einzutreten droht, durch die die Rückzahlung des Darlehens, auch unter Verwertung der Sicherheit, gefährdet wird, kann der Darlehensgeber den Darlehensvertrag vor Auszahlung des Darlehens im Zweifel stets, nach Auszahlung nur in der Regel fristlos kündigen.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag, bei dem der Sollzinssatz gebunden und das Darlehen durch ein Grund- oder Schiffspfandrecht gesichert ist, unter Einhaltung der Fristen des § 488 Abs. 3 Satz 2 vorzeitig kündigen, wenn seine berechtigten Interessen dies gebieten und seit dem vollständigen Empfang des Darlehens sechs Monate abgelaufen sind. Ein solches Interesse liegt insbesondere vor, wenn der Darlehensnehmer ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung der zur Sicherung des Darlehens beliehenen Sache hat. Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber denjenigen Schaden zu ersetzen, der diesem aus der vorzeitigen Kündigung entsteht (Vorfälligkeitsentschädigung).

(3) Die Vorschriften der §§ 313 und 314 bleiben unberührt.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 30. März 2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als auf die Berufung der Klägerin das Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 15. September 2015 zum Nachteil der Beklagten abgeändert worden ist.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 15. September 2015 wird insgesamt zurückgewiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt die Klägerin.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt in der Hauptsache die Feststellung des Fortbestehens ihres Bausparvertrages.

2

Am 13. September 1978 schloss die Klägerin mit der Beklagten einen Bausparvertrag (Vertragsnummer:        ) über eine Bausparsumme von 40.000 DM (= 20.451,68 €). In den dem Bausparvertrag zugrundeliegenden Allgemeinen Bausparbedingungen (im Folgenden: ABB) heißt es auszugsweise wie folgt:

"§ 1 Vertragszweck

(1) Zweck des Bausparvertrages ist die Erlangung eines unkündbaren, in der Regel zweitstellig zu sichernden Tilgungsdarlehens (Bauspardarlehen) aufgrund planmäßiger Sparleistungen nach Maßgabe dieser Allgemeinen Bedingungen.

§ 5 Sparzahlungen

(1) Der monatliche Bausparbeitrag beträgt 4,2 vom Tausend der Bausparsumme (Regelsparbeitrag). Er ist bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme am Ersten jeden Monats kostenfrei an die Bausparkasse zu entrichten.

(2) Sonderzahlungen sind grundsätzlich zulässig. Die Bausparkasse kann deren Annahme von ihrer Zustimmung abhängig machen.

(3) Ist der Bausparer unter Anrechnung von Sonderzahlungen mit mehr als 6 Regelsparbeiträgen rückständig und hat er der schriftlichen Aufforderung der Bausparkasse, nicht geleistete Bausparbeiträge zu entrichten, länger als 2 Monate nach Zugang der Aufforderung nicht entsprochen, so kann die Bausparkasse den Bausparvertrag kündigen. …

(4) Ist der Bausparvertrag zugeteilt, so tritt an die Stelle des Rechtes der Bausparkasse, den Bausparvertrag zu kündigen, das Recht, das dem Bausparer bereitgestellte (§ 13) oder bereitzustellende (§ 14) Bauspardarlehen um die rückständigen Bausparbeiträge samt deren Zinsen zu kürzen.

§ 12 Zuteilungsnachricht

(1) Die Zuteilung wird dem Bausparer unverzüglich schriftlich mitgeteilt mit der Aufforderung, binnen 4 Wochen ab Datum der Zuteilung zu erklären, ob er die Zuteilung annimmt.

(2) Der Bausparer kann die Annahme der Zuteilung widerrufen, solange die Auszahlung der Bausparsumme noch nicht begonnen hat.

§ 13 Bereithaltung der Bausparsumme

(1) Mit Annahme der Zuteilung stellt die Bausparkasse dem Bausparer sein Bausparguthaben und ein Bauspardarlehen in Höhe des das Bausparguthaben übersteigenden Teiles der Bausparsumme bereit.

(2) …

§ 14 Vertragsfortsetzung

(1) Nimmt der Bausparer die Zuteilung nicht an oder gibt er die Annahmeerklärung nicht fristgemäß ab oder wird die Annahme der Zuteilung widerrufen, so wird der Bausparvertrag fortgesetzt.

(2) Setzt der Bausparer seinen Bausparvertrag fort, so kann er seine Rechte aus der Zuteilung jederzeit wieder geltend machen. …"

3

Gemäß § 6 Abs. 1 ABB ist das Bausparguthaben mit 3% p.a. zu verzinsen, gemäß § 20 Abs. 1 ABB ist das Bauspardarlehen mit einem Zinssatz von 5% p.a. zu gewähren.

4

Der seit dem 1. April 1993 zuteilungsreife Bausparvertrag wies am 1. Januar 2015 ein Bausparguthaben in Höhe von 15.772 € auf. Am 12. Januar 2015 erklärte die Beklagte unter Berufung auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB die Kündigung des Bausparvertrages zum 24. Juli 2015.

5

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Kündigung unwirksam sei, weil der Beklagten kein Kündigungsrecht zugestanden habe. Sie hat in der Hauptsache die Feststellung des Fortbestehens ihres Bausparvertrages begehrt. Ferner hat sie - nach teilweiser Klagerücknahme - die Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 571,44 € verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht der Klage mit Ausnahme eines Teils der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten stattgegeben und im Übrigen die Berufung zurückgewiesen. Mit ihrer - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision ist begründet.

I.

7

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung (OLG Stuttgart, WM 2016, 742) im Wesentlichen ausgeführt:

8

Die Kündigung des Bausparvertrages sei unwirksam, weil der Beklagten kein Kündigungsrecht zugestanden habe.

9

Auf das Vertragsverhältnis finde gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB seit dem 1. Januar 2003 das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 Anwendung. Ein Kündigungsrecht ergebe sich aber weder aus § 488 Abs. 3 BGB oder aus § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB noch aus § 490 Abs. 3, § 314 BGB oder aus § 490 Abs. 3, § 313 Abs. 3 BGB.

10

Die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung gemäß § 488 Abs. 3 BGB seien nicht gegeben. Zwar handele es sich bei einem Bausparvertrag in der Ansparphase um einen Darlehensvertrag, bei dem der Bausparer der Darlehensgeber und die Bausparkasse die Darlehensnehmerin seien. Jedoch könne der Bausparvertrag gemäß § 488 Abs. 3 BGB erst ab vollständiger Besparung gekündigt werden. Denn der Vertragszweck des Bausparvertrages, der in der Erlangung eines Bauspardarlehens bestehe, könne erst ab der vollständigen Ansparung nicht mehr erreicht werden. Entgegen der Auffassung der Beklagten liege keine der Vollbesparung vergleichbare Situation vor, selbst wenn die rückständigen Sparbeiträge der Klägerin die Differenz zwischen dem Bausparguthaben und der Bausparsumme überstiegen. § 5 Abs. 4 ABB führe nicht dazu, dass die Bausparsumme erreicht sei, da diese Norm nur auf zugeteilte Bausparverträge Anwendung finde und an die Stelle des Kündigungsrechts aus § 5 Abs. 3 ABB trete. Dass deren Voraussetzungen vorlägen, behaupte die Beklagte nicht, zumal sie ihre Kündigung auch nicht auf dieses Recht stütze.

11

Ein Kündigungsrecht stehe der Beklagten auch nicht auf Grund eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Klägerin zu. Diese verhalte sich nicht rechtsmissbräuchlich, wenn sie in der gegenwärtigen Niedrigzinsphase kein Bauspardarlehen in Anspruch nehme.

12

Die Beklagte könne die Kündigung des Bausparvertrags auch nicht auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB stützen. Dabei könne dahinstehen, ob diese Vorschrift überhaupt auf Sparverträge Anwendung finde. Es lägen nämlich bereits die Voraussetzungen des Kündigungsrechts nicht vor, weil der erstmalige Eintritt der Zuteilungsreife nicht der "vollständige Empfang" des an die Bausparkasse zu gewährenden Darlehens sei. Ein Darlehen sei vollständig empfangen, wenn es der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer entsprechend der vertraglichen Vereinbarungen vollständig zur Verfügung gestellt habe. Beim Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife liege ein vollständiger Empfang des Darlehens nicht vor, weil dies auf die Verpflichtung des Bausparers zur Erbringung der Regelsparbeiträge keinen Einfluss habe. Denn der Vertrag werde bei der Nichtannahme fortgesetzt, so dass auch die Verpflichtung zur Zahlung des Regelsparbeitrages fortbestehe. Zudem habe der Bausparer keinen Einfluss auf den Zeitpunkt des Eintritts der Zuteilungsreife. Die Verpflichtung zur Zahlung der Regelsparbeiträge werde allein durch die Bausparsumme begrenzt.

13

Auch Sinn und Zweck von § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforderten es nicht, die Norm unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Bausparvertrages dahingehend auszulegen, dass der vollständige Empfang den Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife umfasse. Eine solche Auslegung widerspreche dem Wesen des Bausparvertrages, weil die Bausparkasse ein Interesse habe, durch einen stetigen Zufluss von Sparbeiträgen die Zuteilungsmasse zu vergrößern, um die Zuteilung von Bauspardarlehen zu beschleunigen.

14

Eine analoge Anwendung von § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB komme nicht in Betracht. Voraussetzung für eine Analogie sei eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit. Zudem müsse der zu beurteilende Sachverhalt mit dem gesetzlich geregelten Tatbestand vergleichbar sein, so dass angenommen werden könne, dass der Gesetzgeber bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen wäre. Beides liege nicht vor.

15

Der Beklagten habe auch kein Kündigungsrecht gemäß § 490 Abs. 3, § 314 Abs. 1 BGB zugestanden. Die Nichtabnahme des Darlehens stelle kein vertragswidriges Verhalten des Bausparers dar, sondern sei im Bausparvertrag ausdrücklich vorgesehen. Hinsichtlich der Nichtzahlung der Regelsparbeiträge habe die Beklagte ein spezielleres Kündigungsrecht aus § 5 Abs. 3 ABB. Insoweit sei ihr zuzumuten, dessen Voraussetzungen herbeizuführen.

16

Eine Kündigung könne schließlich auch nicht auf § 490 Abs. 3, § 313 Abs. 3 BGB gestützt werden. Die Geschäftsgrundlage des Bausparvertrags wäre selbst dann nicht entfallen, wenn die Klägerin ihre Absicht zur Inanspruchnahme des Darlehens endgültig aufgegeben hätte. Abgesehen davon, dass die Beklagte hinsichtlich dieses Vorbringens beweisfällig geblieben sei, sei der Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht allein aus der über zehn Jahre dauernden Nichtinanspruchnahme des Darlehens abzuleiten, weil die vertraglichen Vereinbarungen auch für diesen Fall eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses vorsehen. Die Geschäftsgrundlage wäre aber auch dann nicht entfallen, wenn das Gleichgewicht zwischen Bauspareinlagen und Bauspardarlehen dergestalt gestört wäre, dass die Beklagte ihre Verpflichtungen nicht mehr erfüllen könnte. Die Beklagte habe dieses vertragsspezifische Risiko übernommen. Es hätte ihr oblegen, von der bestehenden Möglichkeit Gebrauch zu machen, das Risiko der Zinsentwicklung durch eine geeignete Vertragsgestaltung anders zu gewichten oder ihre vereinbarten Rechte anders auszuüben.

II.

17

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Beklagte den mit der Klägerin geschlossenen Bausparvertrag gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB in der vom 1. Januar 2002 bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung (nunmehr § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB) wirksam gekündigt.

18

1. In zeitlicher Hinsicht ist auf den am 13. September 1978 abgeschlossenen Bausparvertrag, bei dem es sich um ein Dauerschuldverhältnis handelt, gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB seit dem 1. Januar 2003 das Bürgerliche Gesetzbuch in der dann geltenden Fassung anzuwenden (vgl. OLG Hamm, ZIP 2016, 1475; OLG Köln, WM 2016, 740; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1259; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3). Die durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2355) erfolgten Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden - was das Berufungsgericht unberücksichtigt gelassen hat - gemäß Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB auf den vorliegenden Bausparvertrag mit Ausnahme der in Art. 229 § 22 Abs. 3 EGBGB genannten - hier nicht einschlägigen - Vorschriften keine Anwendung, weswegen insoweit das Darlehensrecht der §§ 488 ff. BGB in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) maßgeblich ist (vgl. Senatsurteil vom 19. Januar 2016 - XI ZR 103/15, BGHZ 208, 278 Rn. 15; OLG Köln, aaO).

19

Die durch das Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften vom 11. März 2016 (BGBl. I S. 396) erfolgten Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des Darlehensrechts sind gemäß Art. 229 § 38 Abs. 1 EGBGB mit Ausnahme der in Art. 229 § 38 Abs. 2 EGBGB genannten - hier nicht einschlägigen - Vorschriften nicht zu berücksichtigen.

20

2. Rechtsfehlerfrei ist die Annahme des Berufungsgerichts, dass auf einen Bausparvertrag Darlehensrecht anzuwenden ist.

21

Gemäß § 1 Abs. 2 BauSparkG erwirbt der Bausparer zwar durch die Leistung von Bauspareinlagen in der Ansparphase einen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens, mit dessen Inanspruchnahme nach Zuteilungsreife der Bausparvertrag in die Darlehensphase übergeht. Im Hinblick auf die Verknüpfung von Ansparphase und Darlehensphase gehen aber die Ansichten darüber auseinander, ob der Bausparer bei Abschluss des Bausparvertrages einen bedingten Anspruch auf Valutierung eines Bauspardarlehens erwirbt und es sich somit bei dem Bausparvertrag um einen einheitlichen Darlehensvertrag mit der Besonderheit handelt, dass Bausparer und Bausparkasse bei Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer tauschen (vgl. MünchKommBGB/Berger, 7. Aufl., Vor § 488 Rn. 28; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rn. 539 und Rn. 543; Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 778; Schäfer/Cirpka/Zehnder, Bausparkassengesetz und Bausparkassenverordnung, 5. Aufl., § 1 Anm. 12 f.; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3; Schultheiß, WuB 2015, 139, 140 f.; Yildirim, VuR 2015, 258, 259), oder ob der Bausparer lediglich einen Vorvertrag über die spätere Gewährung eines Bauspardarlehens schließt (vgl. Fandrich in Graf von Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Stand: 30. Dezember 2011, Bausparbedingungen Rn. 5; Haertlein/Thümmler, ZIP 2009, 1197, 1198 f.; Kronenburg in Derleder/Knops/Bamberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, 2. Aufl., § 17 Bauspardarlehen Rn. 4; Erman/Saenger, BGB, 14. Aufl., Vorbem. §§ 488-490 Rn. 27).

22

Der Senat hat diese Frage bislang offen gelassen (vgl. Senatsurteile vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 Rn. 32 und vom 8. November 2016 - XI ZR 552/15, WM 2017, 87 Rn. 37, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Sie bedarf auch vorliegend keiner Entscheidung. Denn unabhängig von der rechtlichen Konstruktion besteht sowohl in der Ansparphase als auch in der Darlehensphase zwischen den Vertragsparteien ein Darlehensverhältnis, wobei der Bausparer in der Ansparphase der Darlehensgeber und die Bausparkasse die Darlehensnehmerin ist (vgl. OLG Bamberg, WM 2016, 2067, 2068; OLG Celle, WM 2016, 738; OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2071; OLG Hamm, ZIP 2016, 1475; OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 12; OLG Köln, WM 2016, 740, 741; OLG Stuttgart, WM 2013, 508, 509; MünchKommBGB/Berger, 7. Aufl., Vor § 488 Rn. 28; Bergmann, WM 2016, 2153, 2154; Buhl/Münder, NJW 2016, 1991; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1801; Fandrich in Graf von Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Stand: 30. Dezember 2011, Bausparbedingungen Rn. 5; Haertlein/Thümmler, ZIP 2009, 1197, 1198; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1258 und 1260; Kronenburg in Derleder/Knops/Bamberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, 2. Aufl., § 17 Bauspardarlehen Rn. 4; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rn. 539 und Rn. 549; Omlor/Meier, EWiR 2016, 323, 324; Rollberg, EWiR 2016, 3; Schäfer/Cirpka/Zehnder, Bausparkassengesetz und Bausparkassenverordnung, 5. Aufl., § 1 Anm. 12; Schultheiß, WuB 2015, 139, 141; Servatius, ZfIR 2016, 649, 651; von Stumm, GWR 2015, 357; Weber, ZIP 2015, 961, 962).

23

Die von der Revisionserwiderung gegen eine Anwendbarkeit der darlehensrechtlichen Vorschriften vorgebrachten Bedenken greifen nicht durch. Soweit sie darauf hinweist, dass auf Namensschuldverschreibungen wie Sparkassenbriefe das Darlehensrecht keine Anwendung finde (so OLG München, WM 2012, 1535), ist dies - die Richtigkeit dieser These unterstellt - unbehelflich, weil Sparkassenbriefe und Bausparverträge ihrer Rechtsnatur nach nicht vergleichbar sind. Soweit sie des Weiteren meint, in der Ansparphase bestehe deshalb kein Darlehensverhältnis, weil die Allgemeinen Bausparbedingungen der Beklagten nur für den Ausnahmefall der Kündigung durch den Bausparer eine Rückzahlungsverpflichtung vorsehen, das angesparte Geld im Regelfall aber in dem Bauspardarlehen aufgehe und nicht die Bausparkasse, sondern der Bausparer im Grundsatz einen bestimmten Geldbetrag zurückzuzahlen habe, verkennt sie, dass eine Rückzahlungsverpflichtung des Bausparers erst mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens in der Darlehensphase und nur in Höhe des Differenzbetrages zwischen Bausparsumme und Bausparguthaben entsteht, während die Ansparleistungen dem Bausparer als Bausparguthaben zurückgewährt werden (§ 13 Abs. 1 ABB).

24

3. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht zu Recht eine Kündigungsmöglichkeit der Beklagten gemäß § 488 Abs. 3 BGB aF verneint. Ein solches Kündigungsrecht haben die Parteien zumindest stillschweigend abbedungen.

25

a) Gemäß § 5 Abs. 3 Nr. 7 BauSparkG haben die Allgemeinen Bausparbedingungen Bestimmungen darüber zu enthalten, unter welchen Voraussetzungen ein Bausparvertrag gekündigt werden kann. Die Allgemeinen Bausparbedingungen der Beklagten sehen ein Kündigungsrecht der Beklagten während der Ansparphase nur unter den - vorliegend nicht erfüllten - Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 ABB vor. Hieraus folgt, dass einem Bausparer bei vertragsgemäßer Erbringung der Ansparleistungen grundsätzlich ein Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens zusteht. Dies bedingt einen stillschweigend vereinbarten Ausschluss des gesetzlichen Kündigungsrechts aus § 488 Abs. 3 BGB aF, weil anderenfalls die Bausparkasse dem Bausparer jederzeit den bedingungsgemäßen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens entziehen könnte (vgl. OLG Stuttgart, WM 2013, 508, 509; OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 2. Oktober 2013 - 19 U 106/13, juris Rn. 11; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1805; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl., (10) Bausparbedingungen Rn. 9; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1264; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rn. 548; Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 782 f.; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3; Schäfer/Cirpka/Zehnder, Bausparkassengesetz und Bausparkassenverordnung, 5. Aufl., § 5 Anm. 37; Servatius, ZfIR 2016, 649, 652; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2840; Weber, ZIP 2015, 961, 962; Yildirim, VuR 2015, 258, 260).

26

b) Etwas anderes gilt hingegen, wenn die Bausparsumme - was hier nicht der Fall ist - voll angespart worden ist. Denn ab diesem Zeitpunkt kann ein Bauspardarlehen nicht mehr beansprucht werden (vgl. OLG Bamberg, WM 2016, 2067, 2068; OLG Celle, BKR 2016, 509 Rn. 24; OLG Stuttgart, WM 2013, 508, 509; OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 14; Bergmann, WM 2016, 2153, 2155; Buhl/Münder, NJW 2016, 1991, 1995; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079, 3083 f.; Flick, jurisPR-BKR 5/2016 Anm. 5; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 199; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl., (10) Bausparbedingungen Rn. 9; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1264; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rn. 548; Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 782 f.; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3; Servatius, ZfIR 2016, 649, 651; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2840; Weber, ZIP 2015, 961, 962; Yildirim, VuR 2015, 258, 260 f.).

27

c) Anders als die Revision meint, steht der Beklagten ein Kündigungsrecht gemäß § 488 Abs. 3 BGB aF auch nicht deshalb zu, weil die Klägerin sich so behandeln lassen muss, als hätte sie die Bausparsumme vollständig angespart. Auch wenn die von der Klägerin in der Vergangenheit nicht erbrachten Regelsparbeiträge die Differenz zwischen ihrem Bausparguthaben und der Bausparsumme übersteigen, sieht § 5 Abs. 3 ABB für den Fall des Rückstandes mit der Zahlung von Regelsparbeiträgen eine spezielle Regelung vor, die den allgemeinen Kündigungstatbestand des § 488 Abs. 3 BGB aF verdrängt. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 ABB, insbesondere die Aufforderung zur Erbringung der rückständigen Regelsparbeiträge, können nicht durch einen Rückgriff auf den allgemeinen Kündigungstatbestand aus § 488 Abs. 3 BGB aF unterlaufen werden. Deren Einhaltung stellt entgegen der Ansicht der Revision keine überflüssige Förmelei dar.

28

d) Entgegen einer vereinzelten Auffassung im Schrifttum ist einer Bausparkasse eine Kündigungsmöglichkeit nach § 488 Abs. 3 BGB aF auch nicht dann eröffnet, wenn der Bausparer trotz erstmaliger Zuteilungsreife kein Bauspardarlehen in Anspruch nimmt. Dies wird damit begründet, dass der Bausparer mit der Nichtannahme zum Ausdruck bringe, von seiner Option auf Gewährung eines Bauspardarlehens keinen Gebrauch machen zu wollen (vgl. Schultheiß, WuB 2015, 139, 141). Dem ist nicht zu folgen.

29

Bausparen ist zwar, wie aus § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 und 3 BauSparkG sowie § 1 ABB folgt, ein zielgerichtetes Sparen, um für wohnungswirtschaftliche Maßnahmen ein Darlehen beanspruchen zu können (vgl. Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1803; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1258; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rn. 550; Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 782 und 786). Hiermit geht aber, was die Bestimmungen über die Fortsetzung des Vertrages bei Nichtannahme der Zuteilung (§ 14 Abs. 1 ABB) zeigen, keine Pflicht einher, ein Bauspardarlehen tatsächlich in Anspruch zu nehmen (vgl. OLG Celle, WM 2016, 738, 739; OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2072; OLG Hamm, ZIP 2016, 306, 307 und NJW-RR 2016, 747 Rn. 17; Batereau, WuB 2016, 76, 77; Edelmann/Suchowerskyj, aaO; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 203; Herresthal, aaO; Yildirim, VuR 2015, 258, 260 f.).

30

Aus diesem Grunde besteht, anders als das Berufungsgericht meint, der Vertragszweck in der Erlangung eines Anspruchs auf Gewährung eines Bauspardarlehens (§ 1 Abs. 2 Satz 1 BauSparkG) und nicht in der tatsächlichen Inanspruchnahme des Bauspardarlehens. Gegenteiliges folgt auch nicht aus dem Wortlaut von § 1 ABB, weil diese Bestimmung ein Darlehen nach Maßgabe der Allgemeinen Bausparbedingungen vorsieht, welches aber von dem Bausparer gerade nicht in Anspruch zu nehmen ist. Der Bausparer erwirbt vielmehr die Option, ein Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen (vgl. LG Stuttgart, ZIP 2015, 2363, 2367; Bergmann, WM 2016, 2153, 2154; Schäfer/Cirpka/Zehnder, Bausparkassengesetz und Bausparkassenverordnung, 5. Aufl., § 1 Anm. 13), hinsichtlich derer ihm aber eine flexible Handhabung zuzubilligen ist, weil er nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt mit der Darlehensgewährung rechnen kann (vgl. Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 204 und 206; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1258). Denn die Bausparkasse kann gemäß § 4 Abs. 5 BauSparkG bei Vertragsschluss keinen festen Termin für die Auszahlung des Bauspardarlehens zusagen. Zudem kann der Bausparer auch bei einer kontinuierlichen Erbringung der Regelsparbeiträge unter Beachtung der Mindestspardauer den genauen Zeitpunkt der Zuteilung nicht selbst bestimmen, weil dieser unter anderem von dem Vorhandensein einer ausreichenden Zuteilungsmasse abhängt (vgl. BGH, Urteil vom 23. Oktober 1975 - III ZR 95/73, WM 1976, 50, 51).

31

e) Entgegen einer weiteren Auffassung im Schrifttum steht einer Bausparkasse das Kündigungsrecht aus § 488 Abs. 3 BGB aF auch nicht dann zu, wenn der Bausparer - wie im vorliegenden Fall die Klägerin - länger als zehn Jahre ab erstmaliger Zuteilungsreife das Bauspardarlehen nicht in Anspruch nimmt. Dies wird damit begründet, dass der Bausparer mit einem solchen Verhalten auf sein Recht auf Gewährung des Bauspardarlehens verzichte oder dieses Recht verwirke und deshalb von einer der vollständigen Besparung eines Bausparvertrages gleichstehenden Zweckerreichung auszugehen sei (vgl. Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1805, die sich zu Unrecht auf OLG Stuttgart, WM 2013, 508 berufen). Auch dieser Ansicht ist nicht zu folgen (ebenso Bergmann, WM 2016, 2153, 2155; Buhl/Münder, NJW 2016, 1991, 1995; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1264 f.; Servatius, ZfIR 2016, 649, 654; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2840).

32

Dem in der Nichtannahme der Zuteilung liegenden Schweigen des Bausparers - hier der Klägerin - kommt bereits nach allgemeinen rechtsgeschäftlichen Grundsätzen kein Erklärungsgehalt zu (vgl. dazu Palandt/Ellenberger, BGB, 76. Aufl., Einf. v. § 116 Rn. 7). Es beinhaltet schon aus diesem Grunde kein an die Bausparkasse gerichtetes Angebot auf Abschluss eines entsprechenden Erlassvertrages (§ 397 Abs. 1 BGB).

33

Die Nichtannahme des Bauspardarlehens mehr als zehn Jahre nach Zuteilungsreife füllt auch den Tatbestand der Verwirkung nicht aus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (vgl. nur Senatsurteile vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, WM 2016, 1835 Rn. 40 mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen, und vom 11. Oktober 2016 - XI ZR 482/15, WM 2016, 2295 Rn. 30 mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Dafür, dass die Beklagte auf die Nichtannahme des Bauspardarlehens vertraut und infolgedessen Dispositionen getroffen hätte, ist nichts vorgetragen oder sonst erkennbar.

34

4. Dagegen hält die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte könne sich nicht auf das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB - zutreffend: der nahezu wortgleiche § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF - stützen, den Angriffen der Revision nicht stand. Das Gegenteil ist richtig. § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF ist auch auf das Einlagengeschäft von Bausparkassen anzuwenden und unterliegt insoweit keiner teleologischen Reduktion (dazu unter a). Es sind auch die Voraussetzungen des Kündigungsrechts aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF in direkter Anwendung der Norm erfüllt, ohne dass es eines Analogieschlusses bedarf (dazu unter b).

35

a) Nach der ganz herrschenden Ansicht in der Instanzrechtsprechung und Literatur steht das ordentliche Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF auch einer Bausparkasse - wie hier der Beklagten - zu (vgl. OLG Celle, WM 2016, 738 und BKR 2016, 509 Rn. 39; OLG Düsseldorf, Urteil vom 1. Dezember 2016 - 6 U 124/16, juris Rn. 25; OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2071; OLG Hamm, ZIP 2016, 306, 307; NJW-RR 2016, 747 Rn. 14 und ZIP 2016, 1475 f.; OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 15 ff.; OLG Köln, WM 2016, 740, 741; OLG München, Urteile vom 27. September 2016 - 5 U 1637/16, juris Rn. 30 und vom 17. Oktober 2016 - 17 U 2643/16, juris Rn. 15; LG Aachen, Urteil vom 29. Mai 2015 - 10 O 404/14, juris Rn. 16; LG Bremen, Urteil vom 12. August 2016 - 4 S 47/16, juris Rn. 18; LG Düsseldorf, Urteil vom 8. April 2016 - 8 O 109/15, juris Rn. 15; LG Hamburg, Urteil vom 24. März 2016 - 330 O 314/15, juris Rn. 18; LG Hannover, Urteil vom 10. September 2015 - 3 O 59/15, juris Rn. 24; LG Mainz, WM 2015, 181 f.; LG München I, ZIP 2015, 2360, 2361 f.; LG Münster, Urteil vom 25. August 2015 - 14 O 183/15, juris Rn. 20 f.; LG Nürnberg-Fürth, ZIP 2015, 1870 f.; LG Osnabrück, Urteil vom 21. August 2015 - 7 O 545/15, juris Rn. 18 f.; LG Stralsund, Urteil vom 3. Februar 2016 - 7 O 264/15, juris Rn. 14; LG Stuttgart, ZIP 2015, 2363, 2364 f.; Batereau, WuB 2016, 76, 77; Bergmann, WM 2016, 2153, 2156; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1801 und BB 2015, 3079, 3080; Flick, jurisPR-BKR 5/2016 Anm. 5; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 200; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1259 f.; Kruis ZIP 2017, 270 f.; Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 783; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 489 Rn. 51; Omlor/Meier, EWiR 2016, 323 f.; Rollberg, EWiR 2016, 3; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3; Schultheiß, WuB 2015, 139, 142; Servatius, ZfIR 2016, 649, 657 f.; Simon, EWiR 2016, 723, 724; von Stumm, GWR 2015, 357, 358; Welter, WuB 2016, 597, 601 ff. und WuB 2017, 9, 12; Yildirim, VuR 2015, 258, 259 f.).

36

Demgegenüber gehen lediglich vereinzelte Stimmen in der Instanzrechtsprechung und Literatur davon aus, dass das Kündigungsrecht zugunsten einer Bausparkasse keine Anwendung findet (so das Berufungsgericht, WM 2016, 1440, 1442; ferner AG Ludwigsburg, Urteil vom 7. August 2015 - 10 C 1154/15, juris Rn. 40 ff.; MünchKommBGB/Berger, 7. Aufl., § 489 Rn. 2; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2843; Weber, ZIP 2016, 961; BB 2015, 2185, 2186 und BB 2016, 584, 586 f.; BeckOGK/C. Weber BGB, Stand: 1. Juli 2016, § 489 Rn. 15).

37

Die herrschende Ansicht ist zutreffend. Für sie spricht das Ergebnis einer grammatikalischen, systematischen, historischen und teleologischen Auslegung von § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF, was zugleich einer teleologischen Reduktion der Norm entgegensteht.

38

aa) Der Wortlaut des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF gewährt dem Darlehensnehmer bei einem Darlehensvertrag mit einem festen Zinssatz ein Kündigungsrecht, und zwar in jedem Fall zehn Jahre nach dem vollständigen Empfang der Darlehensvaluta unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten. In persönlicher Hinsicht wird dabei nicht danach unterschieden, ob es sich bei dem Darlehensnehmer um eine natürliche oder juristische Person handelt und ob dieser Verbraucher oder Unternehmer ist. Danach kann auch eine Bausparkasse Darlehensnehmer im Sinne dieser Vorschrift sein (so auch OLG Celle, WM 2016, 738 und BKR 2016, 509 Rn. 40; OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2071; OLG Hamm, NJW-RR 2016, 747 Rn. 14 und ZIP 2016, 1475, 1476; OLG Köln, WM 2016, 740, 741; LG Mainz, WM 2015, 181 f.; LG Nürnberg-Fürth, ZIP 2015, 1870 f.; LG München I, ZIP 2015, 2360, 2361 f.; LG Stuttgart, ZIP 2015, 2363, 2364 f.; Bergmann, WM 2016, 2153, 2156; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1801 und BB 2015, 3079, 3080; Flick, jurisPR-BKR 5/2016 Anm. 5; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 200; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1260; Rollberg, EWiR 2016, 3; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2841).

39

bb) Die Gesetzessystematik bestätigt die Auslegung nach dem Wortlaut, d.h. eine Anwendbarkeit der Norm auch zugunsten einer Bausparkasse.

40

§ 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF gewährt allen Darlehensnehmern ein Kündigungsrecht, während ein spezielles Kündigungsrecht nur für Verbraucher in § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB aF - bzw. nach dem intertemporal gemäß Art. 229 § 22 Abs. 3 EGBGB maßgeblichen Recht in § 500 Abs. 1 BGB - geregelt worden ist. Nach der gesetzlichen Systematik kann sich daher eine Bausparkasse auf das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF berufen (so auch OLG Celle, WM 2016, 738 und BKR 2016, 509 Rn. 41; OLG Hamm, NJW-RR 2016, 747 Rn. 14 und ZIP 2016, 1475, 1476; OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 33; OLG Köln, WM 2016, 740, 741; LG Nürnberg-Fürth, ZIP 2015, 1870 f.; LG München I, ZIP 2015, 2360, 2361; LG Stuttgart, ZIP 2015, 2363, 2364 f.; Bergmann, WM 2016, 2153, 2156; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1801 und BB 2015, 3079, 3080; Flick, jurisPR-BKR 5/2016 Anm. 5; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 200; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1260; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3; Omlor/Meier, EWiR 2016, 323, 324; Rollberg, EWiR 2016, 3; Servatius, ZfIR 2016, 649, 656; Simon, EWiR 2015, 723, 724; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2841; Yildirim, VuR 2015, 258, 259 f.).

41

Gegen eine Beschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs der Norm spricht in gesetzessystematischer Hinsicht ferner, dass § 489 Abs. 4 Satz 2 BGB aF eine Ausnahmeregelung hinsichtlich der Abdingbarkeit des Kündigungsrechts aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF vorsieht, welche sich ausschließlich auf Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften bezieht. Hieraus folgt zum einen, dass das Kündigungsrecht grundsätzlich auch öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaften zusteht und dessen Anwendungsbereich damit insbesondere nicht auf Verbraucher beschränkt ist (vgl. OLG Hamm, ZIP 2016, 1475, 1476; LG München I, ZIP 2015, 2360, 2361; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1801 und BB 2015, 3079, 3080 f.; Flick, jurisPR-BKR 5/2016 Anm. 5; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1260; Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 783; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3; Simon, EWiR 2016, 723, 724). Zum anderen kann danach das Kündigungsrecht allen anderen Darlehensnehmern gegenüber nicht abbedungen werden. Nach seiner Regelungssystematik schließt das Gesetz damit bestimmte Darlehensnehmer, die bei einer typisierenden Betrachtungsweise weniger schutzbedürftig erscheinen - wie insbesondere öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaften - nicht von vornherein aus dem Anwendungsbereich der Norm aus, sondern gestaltet sie diesen gegenüber nur disponibel aus. Dagegen ist dies im Hinblick auf Kaufleute und Unternehmer, die bei einer typisierenden Betrachtungsweise ebenfalls weniger schutzbedürftig erscheinen könnten, gerade nicht geschehen (vgl. Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079, 3080 f.).

42

cc) Die Entstehungsgeschichte des in § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF normierten Kündigungsrechts belegt ebenfalls, dass dieses Recht auch Kaufleuten und Unternehmern und damit auch Kreditinstituten wie Bausparkassen zusteht.

43

(1) Das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF ist über die früheren Regelungen in § 609a BGB in der Fassung vom 25. Juli 1986 (BGBl. I S. 1169; künftig: aF) und in § 247 BGB in der Fassung von 1. Januar 1900 (künftig: aF), eingeführt durch das Bürgerliche Gesetzbuch vom 18. August 1896 (RGBl. 1896, S. 195), auf das "Gesetz, betreffend die vertragsgemäßen Zinsen" vom 14. November 1867 (Bundes-Gesetzblatt des Norddeutschen Bundes, 1867, S. 159, 160) zurückzuführen (vgl. "Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§ 247 BGB)" (künftig: RefE), ZIP 1985, 1291, 1292; Weber, BB 2015, 2185, 2186). Während § 1 dieses Gesetzes jede Beschränkung von Zinsvereinbarungen aufhob, gewährte § 2 Abs. 1 des Gesetzes dem Schuldner bei einem Zinssatz von mehr als 6% p.a. gleichsam als Kompensation für die Aufhebung gesetzlicher Beschränkungen hinsichtlich der Zinshöhe das Recht, nach Ablauf eines halben Jahres mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten den Vertrag zu kündigen (vgl. Bergmann, WM 2016, 2153, 2156; Landau in Gedächtnisschrift Conrad, 1979, S. 385, 399; Welter, WuB 2016, 597, 601). Dieses Kündigungsrecht bestand jedoch gemäß § 2 Abs. 3 des Gesetzes nicht bei Inhaberschuldverschreibungen und Darlehen, die einem Kaufmann gewährt wurden.

44

(2) Das Kündigungsrecht aus § 2 Abs. 1 des Gesetzes, betreffend die vertragsgemäßen Zinsen wurde zum 1. Januar 1900 als § 247 BGB aF in das Bürgerliche Gesetzbuch übernommen (vgl. Schubert/Schmiedel/Krampe, Quellen zum Handelsgesetzbuch von 1897, Bd. II, S. 1347) und damit als eine Regelung im Allgemeinen Teil des Schuldrechts gefasst, die nicht nur auf Darlehensverträge Anwendung fand. § 247 Abs. 1 BGB aF bestimmte, dass in den Fällen, in denen ein höherer Zinssatz als 6% p.a. vereinbart war, der Schuldner nach Ablauf von sechs Monaten das Kapital unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten kündigen konnte. Das Kündigungsrecht galt gemäß § 247 Abs. 2 BGB aF nur nicht bei Schuldverschreibungen auf den Inhaber. Der ursprüngliche Ausnahmetatbestand, wonach das Kündigungsrecht nicht für Kaufleute galt, wurde vom Gesetzgeber bewusst nicht fortgeschrieben (vgl. Bergmann, WM 2016, 2153, 2157; Landau in Gedächtnisschrift Conrad, 1979, S. 385, 403; Weber, ZIP 2015, 961, 965 und BB 2015, 2185, 2187).

45

Zwar wird in den Materialien zu § 247 BGB aF ausgeführt, dass das Kündigungsrecht des Schuldners bei hohen Zinsen, jedenfalls seiner Wirkung nach, ein Mittel gegen den Missbrauch der wirtschaftlichen Übermacht des Gläubigers gegenüber dem Schuldner sei und es sich bei der herrschenden starken Strömung, welche auf eine Verstärkung des Schutzes des wirtschaftlich Schwächeren gehe, nicht empfehle, dieses bestehende Schutzmittel für den Schuldner fallen zu lassen (vgl. Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, Bd. II, Recht der Schuldverhältnisse, S. 628 f.). Hieraus folgt aber nicht, dass das Kündigungsrecht nur solchen Personen zustehen sollte, die hinsichtlich ihrer persönlichen Eigenschaften bei einer typisierenden Betrachtungsweise schutzbedürftig sind (vgl. Landau in Gedächtnisschrift Conrad, 1979, S. 385, 403).

46

Denn zu dem Kreis der durch § 247 BGB aF zu schützenden Personen sollten auch Kaufleute gehören, wie der "Kommissionsbericht über den Entwurf eines H.G.B." belegt (siehe dazu Schubert/Schmiedel/Krampe, Quellen zum Handelsgesetzbuch von 1897, Bd. II, S. 1343 ff.). Der Entwurf sah in § 342 vor, dass einem Kaufmann bei Schulden aus seinen Handelsgeschäften trotz eines Zinssatzes von mehr als 6% p.a. - ein Zinssatz von 6% p.a. lag zur Zeit des Inkrafttretens des BGB etwa um das Eineinhalbfache über dem Marktniveau (vgl. RefE, ZIP 1985, 1291, 1292; Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP (künftig: FraktionsE), BT-Drucks. 10/4741, S. 20 re. Sp.) - kein Kündigungsrecht zustehen sollte (vgl. Bergmann, WM 2016, 2153, 2157; Landau in Gedächtnisschrift Conrad, 1979, S. 385, 403; Schubert/Schmiedel/Krampe, aaO, S. 1343). Diese Ausnahmeregelung zu § 247 BGB aF wurde jedoch nicht Gesetz, nachdem darauf hingewiesen worden war, dass die Kündigungsbefugnis im Bürgerlichen Gesetzbuch als geeignetes Mittel anerkannt worden sei, dem Schuldner gegen die Übermacht des Gläubigers Schutz zu gewähren, und dies auch im kaufmännischen Verkehr angebracht sei (vgl. Bergmann, aaO; Landau, aaO; Schubert/Schmiedel/Krampe, aaO, S. 1347). Als schutzbedürftig wurde demnach derjenige angesehen, der gegenüber einem Gläubiger eine hochverzinste Schuld übernahm, weswegen es in persönlicher Hinsicht allein auf die Stellung als Schuldner, nicht aber auf sonstige persönliche Eigenschaften ankam.

47

(3) An diesem Befund, wonach das Kündigungsrecht aus § 247 Abs. 1 Satz 1 BGB aF als reine Schuldnerschutzbestimmung in persönlicher Hinsicht keiner weiteren Beschränkung unterlag, hat sich in der Folgezeit nichts geändert. Durch das Gesetz zur Wiederherstellung der Gesetzeseinheit auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts vom 5. März 1953 (BGBl. I S. 33) wurde lediglich der Ausnahmetatbestand des § 247 Abs. 2 BGB aF auf Orderschuldverschreibungen erweitert. Durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Hypothekenbankgesetzes vom 14. Januar 1963 (BGBl. I S. 9) wurde § 247 Abs. 2 BGB aF dahingehend ergänzt, dass das Kündigungsrecht aus § 247 Abs. 1 Satz 1 BGB aF bei Darlehen, die zu einer auf Grund gesetzlicher Vorschriften gebildeten Deckungsmasse für Schuldverschreibungen gehörten, abdingbar sein sollte.

48

(4) § 247 BGB aF wurde sodann durch das Gesetz zur Änderung wirtschafts-, verbraucher-, arbeits- und sozialrechtlicher Vorschriften vom 25. Juli 1986 (BGBl. I S. 1169) zum 31. Dezember 1986 aufgehoben und zugleich für das Darlehensrecht mit Wirkung ab dem 1. Januar 1987 durch die neue, inhaltlich geänderte Vorschrift des § 609a BGB aF ersetzt.

49

Mit der Verlagerung des Kündigungsrechts in das Darlehensrecht wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass die Vorschrift für andere verzinsliche Geldschulden keine praktische Bedeutung erlangt hatte (vgl. RefE, ZIP 1985, 1291, 1294; FraktionsE, BT-Drucks. 10/4741, S. 22 re. Sp.). Anlass für die Aufhebung von § 247 BGB aF war, dass das Kündigungsrecht auf Grund der zwischenzeitlichen Entwicklungen des Zinsniveaus seit Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs von einem Ausnahmerechtsbehelf zu einem weitgehend voraussetzungslosen Kündigungsrecht geworden war, was mit dem Wesen einer Festzinsabrede bei längerfristigen Krediten nicht zu vereinbaren war und in größerem Umfang zur Kündigung von Darlehen gegenüber Kreditinstituten geführt hatte (vgl. RefE, ZIP 1985, 1291, 1292; FraktionsE, BT-Drucks. 10/4741, S. 1 und S. 20). Die mit einer Kündigung einhergehende einseitige Verlagerung des Zinsänderungsrisikos auf den Darlehensgeber wurde als gesamtwirtschaftlich nachteilig angesehen, weil professionellen Kreditgebern eine laufzeit- und zinskongruente Refinanzierung erschwert wurde und zudem das Risiko gesehen wurde, dass vermehrt Kredite nur mit kurzen Zinsbindungsfristen oder Kredite mit langfristiger Zinsbindung nur gegen Kostenaufschläge herausgegeben würden (vgl. RefE, aaO; FraktionsE, aaO, S. 20 re. Sp.).

50

Gleichwohl sollte das Kündigungsrecht aus § 247 BGB aF nicht ersatzlos gestrichen werden. Vielmehr sollte der Schuldnerschutz gerade bei festverzinslichen Krediten nur auf ein angemessenes Maß zurückgeführt werden (vgl. RefE, ZIP 1985, 1291, 1293; FraktionsE, BT-Drucks. 10/4741, S. 21 re. Sp.). Aus diesem Grunde sollte bei Auslaufen einer beiderseitigen Zinsbindung der Schuldner nicht einem einseitigen Zinsbestimmungsrecht des Gläubigers unterliegen (§ 609a Abs. 1 Nr. 1 BGB aF). Nach einer Laufzeit von zehn Jahren sollte ein Schuldner in jedem Fall kündigen können (§ 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF). Ferner sollte bei Verbraucherdarlehen im engeren Sinne aus sozialen Gründen ein kurzfristiges Kündigungsrecht (§ 609a Abs. 1 Nr. 2 BGB aF) bestehen (vgl. RefE, aaO; FraktionsE, aaO, S. 21 re. Sp. und S. 22 li. Sp.). Die Höhe des vereinbarten Zinssatzes, die ursprünglich für die Einführung des Kündigungsrechts von Bedeutung war, sollte hingegen für die Frage der Kündbarkeit des Darlehens keine Bedeutung mehr haben (RefE, ZIP 1985, 1291, 1294).

51

Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs sollte das Kündigungsrecht aus § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF dem Schuldner bei allen festverzinslichen Darlehen nach Ablauf von zehn Jahren nach dessen Auszahlung zustehen, um ihm spätestens dann die Möglichkeit zu geben, sich von dem Darlehensvertrag und damit von der weiteren Bindung an einen nicht mehr zeitgemäßen Zinssatz zu lösen (vgl. RefE, ZIP 1985, 1291, 1294 f.; FraktionsE, BT-Drucks. 10/4741, S. 23 li. Sp.).

52

Aufgrund dessen galt die Neuregelung des Kündigungsrechts in § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF nicht nur für das Aktivgeschäft, sondern auch für das Passivgeschäft von Kreditinstituten. Zwar waren die negativen Auswirkungen des Kündigungsrechts aus § 247 BGB aF auf das Aktivgeschäft der Kreditinstitute der Anlass für die Neuregelung des Kündigungsrechts. Zudem sind sowohl die Ausführungen in der Begründung des Referentenentwurfs als auch des Fraktionsentwurfs zu § 609a BGB aF auf die Gewährung von Darlehen durch Kreditinstitute zugeschnitten (vgl. Bergmann, WM 2016, 2153, 2157). Allein daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass der Gesetzgeber eine Regelung schaffen wollte, die nur für das Aktiv-, nicht aber auch für das Passivgeschäft von Kreditinstituten gelten sollte (so aber das Berufungsgericht, WM 2016, 1440, 1443 f.; ähnlich AG Ludwigsburg, Urteil vom 7. August 2015 - 10 C 1154/15, juris Rn. 43 ff.). Dagegen spricht bereits, dass sich hierzu weder im Referentenentwurf (ZIP 1985, 1291) noch in der Begründung zum Fraktionsentwurf (BT-Drucks. 10/4741) entsprechende Erwägungen finden (zutreffend OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 24; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 200 und 201) noch im Wortlaut des § 609a BGB aF Anhaltspunkte dafür zu erkennen sind.

53

In diesem Zusammenhang kann eine einschränkende Auslegung des Kündigungsrechts aus § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF nicht damit begründet werden, dieses sollte ein Gegengewicht zu dem den Kreditinstituten zustehenden Zinsbestimmungsrecht bilden (so aber das Berufungsgericht, WM 2016, 1440, 1444; ferner AG Ludwigsburg, Urteil vom 7. August 2015 - 10 C 1154/15, juris Rn. 47; Weber, BB 2015, 2185, 2187). Denn das Bestehen eines Zinsbestimmungsrechts des Gläubigers wird in den Materialien zu § 609a BGB aF allein im Zusammenhang mit dem Kündigungsrecht aus § 609a Abs. 1 Nr. 1 BGB aF, betreffend die Kündigungsmöglichkeit bei Auslaufen einer vereinbarten Zinsbindung bei festverzinslichen Darlehen, und dem Kündigungsrecht aus § 609a Abs. 2 BGB aF, betreffend die Kündigung von Darlehen mit einem veränderlichen Zinssatz, nicht aber im Zusammenhang mit dem Kündigungsrecht aus § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF erörtert (vgl. BT-Drucks. 10/4741, S. 22 re. Sp. und S. 23 li. Sp.; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079, 3082; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1261; Welter, WuB 2016, 597, 602).

54

Für eine in personeller und sachlicher Hinsicht uneingeschränkte Geltung des § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF sprechen auch weitere Erwägungen. Das für alle Schuldner geltende Kündigungsrecht aus § 247 BGB aF wurde vom Gesetzgeber gerade nicht ersatzlos gestrichen, sondern durch allgemeine Regelungen zur Kündigung von Darlehensverträgen ersetzt. Während in § 609a Abs. 1 Nr. 2 BGB aF ein besonderes Kündigungsrecht für natürliche Personen normiert wurde, sollte das Kündigungsrecht aus § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF ausdrücklich für alle festverzinslichen Darlehen gelten (vgl. BT-Drucks. 10/4741, S. 23 li. Sp.; OLG Celle, WM 2016, 738 f.; OLG Hamm, NJW-RR 2016, 747 Rn. 13 und ZIP 2016, 1475 f.; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079, 3082; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 200). Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber Kreditinstitute als Darlehensnehmer nicht im Blick hatte (vgl. OLG Köln, WM 2016, 740, 741; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 201; aA Weber, ZIP 2015, 961, 965 Fn. 50 und BB 2015, 2185, 2187). Dagegen spricht, dass mit § 247 Abs. 2 Satz 1 BGB aF ein gesetzlich verankerter Ausnahmetatbestand für Inhaber- und Orderschuldverschreibungen aufgehoben wurde, bei dem ausweislich der Begründung des Referentenentwurfs gerade Kreditinstitute als Schuldner im Blickpunkt standen (vgl. Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079, 3081 Fn. 19). Zudem wurde die Neuregelung nur in einem eng umgrenzten Rahmen disponibel ausgestaltet, ohne dass Anhaltspunkte dafür bestehen, dass diese Regelung nur versehentlich auf öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaften beschränkt wurde (vgl. LG München I, ZIP 2015, 2360, 2363; LG Nürnberg-Fürth, ZIP 2015, 1870, 1871).

55

(5) Durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) wurde das Kündigungsrecht aus § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF in § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF normiert. Eine Einschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs des Kündigungsrechts war damit nicht verbunden. Vielmehr erfolgte nur eine sprachliche Anpassung an die durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts neu gefasste Diktion des Darlehensrechts, ohne dass hiermit sachliche Änderungen einhergingen (BT-Drucks. 14/6040, S. 253; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1260).

56

(6) Auch die nachfolgenden Gesetzesänderungen, welche in zeitlicher Hinsicht, wie bereits ausgeführt, für die Anwendbarkeit von § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF auf den vorliegenden Fall ohne Bedeutung sind, belegen, dass keine Änderung des persönlichen Anwendungsbereichs in Betracht kommt.

57

Durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2355) wurde das - vorliegend streitgegenständliche - Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF ohne wesentliche inhaltliche Änderung nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB verschoben. Dies hatte allein gesetzestechnische Gründe, weil das bisherige Kündigungsrecht des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB aF aus systematischen Gründen in § 500 Abs. 1 BGB einen neuen Standort fand (vgl. BT-Drucks. 16/11643, S. 74 re. Sp.).

58

In der Folgezeit bis heute hat die Kündigungsvorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB keine Änderungen mehr erfahren.

59

dd) Dass das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF (auch) Bausparkassen zusteht, wird durch eine teleologische Auslegung der Norm bestätigt.

60

Ebenso wie § 247 BGB aF als reine Schuldnerschutzbestimmung ausgelegt war, lag auch dem Kündigungsrecht aus § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF die für § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF fortgeltende Erwägung zugrunde, dass ein Schuldner bei allen festverzinslichen Darlehen spätestens nach Ablauf von zehn Jahren die Möglichkeit haben soll, sich durch Kündigung von dem Vertrag und damit von einer Bindung an einen nicht mehr marktgerechten Zinssatz zu lösen. Dies gilt auch für das Einlagengeschäft der Bausparkassen (so auch OLG Celle, WM 2016, 738 f. und BKR 2016, 509 Rn. 42; OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2071; OLG Hamm, NJW-RR 2016, 747 Rn. 13; OLG Köln, WM 2016, 740, 741; LG München I, ZIP 2015, 2360, 2361 f.; LG Stuttgart, ZIP 2015, 2363, 2364; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1801 und BB 2015, 3079, 3081; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 200; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1259; Kruis, ZIP 2017, 270 f.; Rollberg, EWiR 2016, 3; Servatius, ZfIR 2016, 649, 657; aA AG Ludwigsburg, Urteil vom 7. August 2015 - 10 C 1154/15, juris Rn. 40 ff.; Weber, ZIP 2015, 961, 965, BB 2015, 2185, 2187 f. und BB 2016, 584, 586).

61

(1) Es liegt im Interesse der Bausparkasse, Bausparverträge kündigen zu können, bei denen nicht mehr marktgerechte Einlagenzinsen vereinbart sind (vgl. OLG Celle, WM 2016, 738 f.; OLG Hamm, ZIP 2016, 1475, 1476; OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 25; LG München I, ZIP 2015, 2360, 2361 f.; Bergmann, WM 2016, 2153; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079, 3081; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 200 f.; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3). Bei Abschluss des Bausparvertrages kann eine künftige Zinsentwicklung nicht sicher prognostiziert werden, so dass Fehleinschätzungen die Bausparkassen nachteilig betreffen (vgl. Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 784; dies konzediert auch Weber, ZIP 2015, 961, 965 und BB 2015, 2185, 2187). Gerade dieses Interesse des Darlehensnehmers an der Möglichkeit, sich von einer langfristigen Zinsbindung spätestens nach zehn Jahren lösen zu können, soll durch das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF befriedigt werden.

62

(2) Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass ein Schutz der Bausparkassen nicht bezweckt sei, weil diese gemäß § 5 Abs. 3 Nr. 7 BauSparkG ein entsprechendes Kündigungsrecht in ihren Allgemeinen Bausparbedingungen hätten vorsehen können (so das Berufungsgericht, WM 2016, 1440, 1446; Weber, ZIP 2015, 961, 964 und BB 2015, 2185, 2187). Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber Bausparkassen auf einen Selbstschutz durch Ausbedingung eines Kündigungsrechts hat verweisen wollen (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 30). Ganz im Gegenteil ist das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF gemäß § 489 Abs. 4 Satz 1 BGB aF zwingend ausgestaltet und bedarf damit keiner Vereinbarung.

63

(3) Vor diesem Hintergrund kommt es nicht darauf an, inwieweit die Beklagte die Möglichkeit hat, gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 BauSparkG ihre Allgemeinen Bausparbedingungen mit aufsichtsrechtlicher Genehmigung auch mit Wirkung für bestehende Verträge zu ändern, ungeachtet des Umstandes, dass es sich insoweit ausweislich der Begründung des Regierungsentwurfs zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Bausparkassen um eine subsidiäre Maßnahme handelt (vgl. BT-Drucks. 11/8089, S. 19 li. Sp.; OLG Celle, Beschluss vom 3. März 2016 - 3 U 202/15, juris Rn. 37; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 198; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1261 f.). Von daher ist eine Bausparkasse auch nicht gehalten, vorrangig eine aufsichtsrechtlich genehmigte Herabsetzung des Guthabenzinses herbeizuführen (vgl. Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 205).

64

ee) Entgegen einer von Teilen in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Ansicht kommt eine teleologische Reduktion von § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF dahin, Kreditinstitute wie Bausparkassen aus dem Anwendungsbereich der Norm herauszunehmen, nicht in Betracht (so aber das Berufungsgericht, WM 2016, 1440, 1442; Weber, ZIP 2015, 961, 965, BB 2015, 2185, 2188 und BB 2016, 584, 586; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2843).

65

Eine Rechtsfortbildung im Wege der teleologischen Reduktion setzt eine verdeckte Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus (vgl. nur BGH, Urteil vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27 Rn. 22). Von dem planwidrigen Fehlen eines Ausnahmetatbestandes für Bausparkassen in der Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF kann indes nicht ausgegangen werden (so auch OLG Hamm, ZIP 2016, 1475, 1476; OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 17; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1803 und BB 2015, 3079; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 201; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1261).

66

(1) Aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift und ihrem Regelungszweck kann entgegen der Ansicht der Befürworter einer teleologischen Reduktion der Norm nicht abgeleitet werden, dass der Gesetzgeber mit dem Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF nur den Schutz eines wirtschaftlich schwächeren Darlehensnehmers gegenüber einem wirtschaftlich stärkeren Darlehensgeber bezweckt habe (so aber das Berufungsgericht, WM 2016, 1440, 1444 f.; Weber, ZIP 2015, 961, 965, BB 2015, 2185, 2186 f. und BB 2016, 584, 586). Das Gegenteil ist der Fall. Wie oben zu Sinn und Zweck des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF und seiner Vorgängernormen im Einzelnen dargelegt worden ist, soll das Kündigungsrecht auch Bausparkassen zustehen.

67

(2) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung und einer vereinzelt in der Rechtsprechung vertretenen Ansicht (vgl. LG Karlsruhe, Urteil vom 9. Oktober 2015 - 7 O 126/15, juris Rn. 25) steht einer Anwendbarkeit des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF auch nicht entgegen, dass sich eine Bausparkasse mit einer auf diese Norm gestützten Kündigung des Bausparvertrages ihrer Rolle als Darlehensgeberin des Bausparers entzieht. Dabei wird übersehen, dass - was bereits oben dargelegt worden ist - die Bausparkasse in der Ansparphase nur Darlehensnehmerin des Bausparers ist. Der weitere Einwand, dass eine Teilkündigung von Vertragsverhältnissen nur in Betracht komme, wenn das Gesetz dies vorsehe (vgl. LG Karlsruhe, aaO), trifft ebenfalls nicht zu; denn mit der Anwendung des Kündigungsrechts aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF auf den Bausparvertrag wird das Vertragsverhältnis - wie unten näher ausgeführt - insgesamt beendet.

68

ff) Das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF ist auch nicht auf Grund einer - hier ohnehin nicht gegebenen - abschließenden Regelung der Kündigungsrechte in den Allgemeinen Bausparbedingungen ausgeschlossen (so aber Buhl/Münder, NJW 2016, 1991, 1992). Gemäß § 489 Abs. 4 Satz 1 BGB aF ist es zwingendes Recht (vgl. OLG Celle, WM 2016, 738, 739; OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2072; OLG Hamm, NJW-RR 2016, 747 Rn. 15 und ZIP 2016, 1475, 1476; OLG Köln, WM 2016, 740, 741 f.). Erst recht scheidet aufgrund des Normzwecks des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF eine analoge Anwendung des Ausnahmetatbestands des § 489 Abs. 4 Satz 2 BGB aF auf Bausparkassen aus (vgl. LG München I, ZIP 2016, 2360, 2363; LG Nürnberg-Fürth, ZIP 2015, 1870, 1871 f.).

69

b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des Kündigungsrechts aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF erfüllt.

70

aa) Das der Bausparkasse gewährte Darlehen weist einen festen Zinssatz auf, weil bereits bei Vertragsschluss der Guthabenzins für die Dauer der Ansparphase in Höhe von 3% p.a. fest vereinbart worden ist (vgl. OLG Celle, WM 2016, 738, 739; LG Stuttgart, ZIP 2015, 2363, 2365; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1263).

71

bb) Auch die weitere Voraussetzung des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF, der Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens, ist erfüllt, weil der Bausparvertrag der Klägerin zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung im Januar 2015 seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif war, nachdem die erstmalige Zuteilungsreife am 1. April 1993 eingetreten war.

72

(1) Nach fast einhelliger Meinung in der Instanzrechtsprechung und Literatur ist bei Bausparverträgen von einem vollständigen Empfang des Darlehens im Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife auszugehen (vgl. OLG Celle, WM 2016, 738, 739 und BKR 2016, 509, 512; OLG Düsseldorf, Urteil vom 1. Dezember 2016 - 6 U 124/16, juris Rn. 37; OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2072 f.; OLG Hamm, ZIP 2016, 306, 307, NJW-RR 2016, 747 Rn. 17 und ZIP 2016, 1475, 1476; OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 45; OLG Köln, WM 2016, 740, 741; OLG München, Urteile vom 27. September 2016 - 5 U 1637/16, juris Rn. 35 und vom 17. Oktober 2016 - 17 U 2643/16, juris Rn. 20; LG Aachen, Urteil vom 29. Mai 2015 - 10 O 404/14, juris Rn. 20; LG Bremen, Urteil vom 12. August 2016 - 4 S 47/16, juris Rn. 22; LG Düsseldorf, Urteil vom 8. April 2016 - 8 O 109/15, juris Rn. 25; LG Hamburg, Urteil vom 24. März 2016 - 330 O 314/15, juris Rn. 27; LG Hannover, Urteil vom 10. September 2015 - 3 O 59/15, juris Rn. 29; LG Mainz, WM 2015, 181 f.; LG München I, ZIP 2015, 2360, 2362; LG Münster, Urteil vom 25. August 2015 - 14 O 183/15, juris Rn. 28; LG Nürnberg-Fürth, ZIP 2015, 1870, 1871; LG Osnabrück, Urteil vom 21. August 2015 - 7 O 545/15, juris Rn. 21; LG Stralsund, Urteil vom 3. Februar 2016 - 7 O 264/15, juris Rn. 16; Batereau, WuB 2016, 76, 78; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1803 und BB 2015, 3079, 3083; Flick, jurisPR-BKR 5/2016 Anm. 5; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 203; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1262 ff.; Kruis, ZIP 2017, 270, 271 f.; Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 785 f.; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rn. 550; Rollberg, EWiR 2016, 3, 4; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3; Schultheiß, WuB 2015, 139, 142; Servatius, ZfIR 2016, 649, 658; Simon, EWiR 2015, 723, 724; Welter, WuB 2016, 592, 596 und WuB 2017, 11, 13).

73

(2) Demgegenüber geht eine Mindermeinung, der im Ergebnis auch das Berufungsgericht folgt, davon aus, dass das Darlehen von der Bausparkasse erst dann vollständig empfangen sei, wenn der Bausparer die volle Bausparsumme angespart hat (vgl. OLG Bamberg, WM 2016, 2067, 2069; OLG Karlsruhe, Urteil vom 8. November 2016 - 17 U 185/15, juris Rn. 48; LG Stuttgart, ZIP 2015, 2363, 2366; von Stumm, GWR 2015, 357, 359).

74

(3) Eine dritte Meinung geht davon aus, es fehle bei einem Bausparvertrag an einer Vereinbarung über die Höhe der zu gewährenden Darlehensvaluta; dieser könne daher sogar "überspart" werden (vgl. AG Ludwigsburg, Urteil vom 7. August 2015 - 10 C 1154/15, juris Rn. 85 ff.; BeckOGK/C. Weber BGB, Stand: 1. Juli 2016, § 489 Rn. 49.1; ders., ZIP 2015, 961, 964 f.; im Ergebnis zustimmend: Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl., (10) Bausparbedingungen Rn. 9).

75

(4) Nach einer vierten Ansicht sei - jedenfalls der Sache nach - jeder einzelne Regelsparbeitrag als vollständig empfangenes Darlehen zu behandeln, so dass für jeden einzelnen gezahlten Beitrag die zehnjährige Frist des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF zu laufen beginne (vgl. Bergmann, WM 2016, 2153, 2168 f.).

76

(5) Der Senat hält jedenfalls für den Regelfall die fast einhellig vertretene Auffassung für richtig.

77

(a) Der vollständige Empfang eines Darlehens im Sinne von § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF setzt die Auszahlung der Darlehensvaluta und damit die Erfüllung des Anspruchs auf Darlehensvalutierung voraus. Sind Teilzahlungen vereinbart, ist der Erhalt der letzten Rate maßgeblich (vgl. MünchKommBGB/Berger, 7. Aufl., § 489 Rn. 12; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 489 Rn. 43; BeckOGK/C. Weber BGB, Stand: 1. Juli 2016, § 489 Rn. 47; Palandt/Weidenkaff, BGB, 76. Aufl., § 489 Rn. 5).

78

Zur Beurteilung der Frage, wann die geschuldete Darlehensvaluta vollständig ausgezahlt worden ist, kommt es auf die vertraglichen Vereinbarungen über die Pflicht des Bausparers zur Darlehensgewährung und den Vertragszweck an. Danach ist ein vollständiger Empfang des Darlehens im Sinne des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF im Regelfall im Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife des Bauspardarlehens anzunehmen.

79

Zu diesem Zeitpunkt hat der Bausparer der Bausparkasse durch die Zahlung der Regelsparbeiträge einschließlich der Gutschrift von Zinserträgen vereinbarungsgemäß ein Darlehen vollständig gewährt und seine entsprechende vertragliche Verpflichtung erfüllt. Beim Bausparvertrag ist typischerweise zwischen zwei Phasen zu unterscheiden, nämlich zwischen der Zeit bis zur Erreichung der erstmaligen Zuteilungsreife und der Zeit danach. Gemäß § 1 Abs. 2 BauSparkG ist Bausparer, wer mit einer Bausparkasse einen Vertrag schließt, durch den er nach Leistung von Bauspareinlagen einen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens erwirbt. Die vom Bausparer zu erbringenden Sparleistungen sind demnach - was auch § 1 ABB deutlich belegt - zweckgebunden, um einen Anspruch auf Darlehensgewährung zu erlangen (vgl. OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2072 f.). Hiermit einher geht die Gewährung eines entsprechenden Zweckdarlehens an die Bausparkasse. Da nach dem Bausparvertrag - was oben bereits ausgeführt worden ist - lediglich ein Anspruch auf Gewährung eines Darlehens und nicht der Abschluss des Darlehensvertrags selbst erlangt wird, ist es für die Frage der Zweckerreichung unerheblich, ob der Bausparer ein Bauspardarlehen tatsächlich in Anspruch nimmt.

80

Maßgeblich ist vielmehr im Regelfall die erstmalige Zuteilungsreife, denn (nur) zu diesem Zeitpunkt kann auch der maximal mögliche Darlehensbetrag - die Differenz zwischen Bausparguthaben und Bausparsumme - beansprucht werden. Sie bildet den Dreh- und Angelpunkt des Bausparvertrages (vgl. Laux, Der Bausparvertrag als Kapitalanlage und Finanzierungsinstrument in Frankfurter Vorträge zum Versicherungswesen Bd. 23, S. 8; Zink, Der Bausparvertrag, 3. Aufl., S. 45) und ermöglicht dem Bausparer, von der Rolle des Darlehensgebers in diejenige des Darlehensnehmers zu wechseln. Die erstmalige Zuteilungsreife stellt daher bestimmungsgemäß eine Zäsur im typischen Ablauf eines Bausparvertrags dar. Dies unterstreicht die Regelung in § 14 Abs. 1 ABB, wonach der Vertrag mit der Nichtannahme der Zuteilung ausdrücklich fortgesetzt wird, obwohl an sich ein Endzeitpunkt erreicht ist.

81

Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn nach den vertraglichen Vereinbarungen der Bausparer z.B. im Falle eines (zeitlich begrenzten) Verzichts auf das zugeteilte Bauspardarlehen und nach Ablauf einer bestimmten Treuezeit einen (Zins-)Bonus erhält. In einem solchen Fall ist der Vertragszweck von den Vertragsparteien dahingehend modifiziert, dass er erst mit Erlangung des Bonus erreicht ist, so dass auch erst zu diesem Zeitpunkt ein vollständiger Empfang des Darlehens im Sinne des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF anzunehmen ist.

82

(b) Der Schutzzweck des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF spricht ebenfalls dafür, den vollständigen Empfang des Darlehens im Regelfall im Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife des Bauspardarlehens anzunehmen.

83

(aa) Im Hinblick darauf, dass die Bausparkasse hinsichtlich des Zweckdarlehens einer langfristigen Zinsbindung unterliegt und der zu entrichtende Guthabenzins zwischenzeitlich nicht mehr marktgerecht sein kann, soll ihr als Darlehensnehmerin des "Anspardarlehens" das Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF eine Beendigung des Darlehensvertrages ermöglichen, um sich von einem nicht mehr marktgerechten Zinssatz zu lösen. Aufgrund dessen ist es geboten, den in dieser Vorschrift normierten 10-Jahres-Zeitraum mit dem Ende der Ansparphase beginnen zu lassen.

84

Berechtigte Interessen des Bausparers stehen dem nicht entgegen, insbesondere nicht der Umstand, dass er durch die Kündigung seinen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens verliert (so aber von Stumm, GWR 2015, 357, 359; Yildirim, VuR 2015, 257, 260). Zwar steht dem Bausparer - wie zu § 488 Abs. 3 BGB aF ausgeführt - ausweislich der ABB bei vertragsgemäßer Erbringung der Ansparleistungen grundsätzlich ein Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens zu, der einen stillschweigend vereinbarten Ausschluss des gesetzlichen Kündigungsrechts aus § 488 Abs. 3 BGB aF bedingt, weil anderenfalls die Bausparkasse dem Bausparer jederzeit den bedingungsgemäßen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens entziehen könnte. Sind seit der erstmaligen Zuteilungsreife aber zehn Jahre vergangen, hat der Bausparer - ungeachtet der ebenfalls einzuhaltenden Kündigungsfrist von sechs Monaten - eine dem Zweck des Bausparvertrags entsprechende ausreichend lange Überlegungsfrist, um zu entscheiden, ob er das Bauspardarlehen in Anspruch nehmen will, und insoweit zu disponieren (vgl. Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 205). Eine jederzeitige Kündigungsmöglichkeit der Bausparkasse besteht - anders als bei § 488 Abs. 3 BGB aF - gerade nicht.

85

(bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts folgt nichts anderes daraus, dass eine Bausparkasse grundsätzlich ein Interesse daran hat, langfristig Einlagen von Bausparern entgegenzunehmen, um diese an andere Bausparer als Bauspardarlehen wieder auszureichen. Denn eine Kündigung durch die Bausparkasse läuft entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht dem Wesen des Bausparens zuwider, weil Einlagen nicht zu jedem Preis entgegengenommen werden können. Es liegt vielmehr, wie bereits oben ausgeführt worden ist, im Ertragsinteresse der Bausparkasse, Verträge mit einem nicht mehr marktgerechten Einlagenzins zu kündigen. Das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF soll der Bausparkasse gerade die Entscheidung in die Hand geben, ob sie das Darlehen des Bausparers kündigen oder dessen Einlagen weiter verzinsen will.

86

Anders als das Berufungsgericht meint, ist es auch nicht von Belang, dass die Voraussetzungen des Kündigungsrechts nach § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF nicht hätten eintreten können, wenn die Bausparkasse die Erbringung der nach Zuteilungsreife fälligen Regelsparbeiträge verlangt und gegebenenfalls den Vertrag nach § 488 Abs. 3 BGB aF oder gemäß § 5 Abs. 3 ABB wegen Zahlungsverzuges gekündigt hätte. Das mögliche Bestehen dieser Kündigungsrechte schließt das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF nicht aus. Dagegen spricht bereits, dass dieses Recht gemäß § 489 Abs. 4 Satz 1 BGB aF nicht zur Disposition der Vertragsparteien steht. Zudem kann der Umstand, dass die Klägerin die monatlichen Sparraten entgegen § 5 Abs. 1 ABB nicht mehr gezahlt hat, nicht dazu führen, dass das Kündigungsrecht der Beklagten entfällt (OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2072; OLG Hamm, NJW-RR 2016, 747 Rn. 20).

87

(c) Einer Gleichsetzung der erstmaligen Zuteilungsreife mit einer vollständigen Darlehensgewährung steht nicht entgegen, dass die genaue Höhe des zu gewährenden Zweckdarlehens im Vorfeld nicht betragsmäßig bestimmt ist (vgl. Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3; aA AG Ludwigsburg, Urteil vom 7. August 2015 - 10 C 1154/15, juris Rn. 86 f.; BeckOGK/C. Weber BGB, Stand: 1. Juli 2016, § 489 Rn. 49.1 f.; ders., ZIP 2015, 961, 964 f.). Ein fester Darlehensbetrag kann nicht vereinbart werden, weil es der Bausparkasse gemäß § 4 Abs. 5 BauSparkG untersagt ist, die Bausparsumme vor der Zuteilung zu einem bestimmten Zeitpunkt zuzusagen. Aus dem gleichen Grunde kommt es nicht darauf an, dass der Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife nicht kalendarisch bestimmt ist (vgl. Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1263; Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 787 f.). Trotz dieser Ungewissheit fehlt es nicht an einer hinreichend bestimmten Leistungspflicht des Bausparers zur Darlehensgewährung, weil deren Umfang anhand der Bestimmungen der Regelungen in den Allgemeinen Bausparbedingungen über die Zuteilungsreife bestimmt werden kann.

88

c) Die Kündigung ist am 12. Januar 2015 mit Wirkung zum 24. Juli 2015 erklärt worden, so dass auch die sechsmonatige Kündigungsfrist des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF gewahrt worden ist. Der Kündigung kommt nach dem Rechtsgedanken des § 139 BGB Gesamtwirkung zu, weil die Fortführung des Bausparvertrages ohne das Zweckdarlehen nicht sinnvoll möglich ist. Denn der Anspruch des Bausparers auf Gewährung eines Bauspardarlehens ist an die Höhe des Differenzbetrages zwischen Bausparguthaben und Bausparsumme geknüpft (vgl. Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1263).

89

Die Kündigung des Bausparvertrages gilt auch nicht gemäß § 489 Abs. 3 BGB aF als nicht erfolgt. Da die Parteien gerade um die Wirksamkeit der Kündigung streiten, kann sich die Klägerin - was sie im Übrigen auch nicht getan hat - auf diese Vorschrift nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auf Grund eines widersprüchlichen Verhaltens nicht berufen.

90

5. Der Beklagten steht - was das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - dagegen kein Kündigungsrecht gemäß § 490 Abs. 3 BGB aF, § 314 Abs. 1 BGB zu. Ein die Kündigung rechtfertigender wichtiger Grund liegt nur vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertrages nicht zugemutet werden kann. Dies ist hier nicht der Fall.

91

a) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein wichtiger Grund für die Kündigung des Bausparvertrages nicht darin gesehen werden kann, dass die Klägerin trotz mehr als zehnjähriger Zuteilungsreife kein Bauspardarlehen in Anspruch genommen hat. Dafür fehlt es bereits an einer entsprechenden vertraglichen Verpflichtung (Buhl/Münder, NJW 2016, 1991, 1995; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2845). Ein Bausparer verhält sich auch nicht vertragszweckwidrig, wenn er das Darlehen (noch) nicht in Anspruch nimmt und den Bausparvertrag weiter bespart (Buhl/Münder, aaO; Tröger/Kelm, aaO; aA LG Mainz, WM 2015, 181, 182; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1806). Der Zweck des Bausparvertrages besteht - was bereits oben ausgeführt worden ist - aus der Sicht des Bausparers nur in der Erlangung eines Anspruchs auf Gewährung eines Bauspardarlehens. Dieser Zweck wird indes nicht in Frage gestellt, wenn der erlangte Anspruch nicht geltend gemacht wird. Es kann in diesem Zusammenhang auch nicht darauf abgestellt werden, dass das Prinzip des kollektiven Bausparens auf dem Gedanken beruht, dass dieselbe Personengruppe zunächst als Darlehensgeber und später als Darlehensnehmer agiert (vgl BT-Drucks. IV/2747 S. 9 und BT-Drucks. VI/1900, S. 10) und der Bausparer gemäß § 1 Abs. 2 Satz 3 BauSparkG Mitglied des Bausparerkollektivs ist. Denn hieraus kann keine Pflicht abgeleitet werden, ein Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen, weil dies § 14 Abs. 1 ABB zuwiderliefe, der gerade die Fortsetzung des Vertrages bei Nichtannahme der Zuteilung regelt.

92

b) Ein wichtiger Grund liegt auch nicht in der Änderung des allgemeinen Zinsniveaus seit dem Abschluss des Bausparvertrags im Jahr 1978. Im Allgemeinen müssen die Gründe, auf die die Kündigung gestützt wird, im Risikobereich des Kündigungsgegners liegen; andernfalls ist eine fristlose Kündigung nur ausnahmsweise gerechtfertigt (vgl. BGH, Urteile vom 31. Mai 2016 - XI ZR 370/15, WM 2016, 1293 Rn. 35 und vom 4. Mai 2016 - XII ZR 62/15, WM 2016, 1360 Rn. 12; Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 314 Rn. 7). Das Risiko von Änderungen des allgemeinen Zinsniveaus übernimmt bei Darlehensverträgen mit einer Festzinsvereinbarung jeweils der Vertragspartner, zu dessen Lasten die Zinsänderung geht. Dies ist vorliegend die Bausparkasse (vgl. Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1806; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1265; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2845, aA Bergmann, WM 2016, 2153, 2159).

93

6. Ein Recht zur Kündigung des Bausparvertrages folgt auch nicht aus § 490 Abs. 3 BGB aF, § 313 Abs. 1 und 3 BGB.

94

Es kann dahinstehen, ob - was das Berufungsgericht in Erwägung gezogen hat - die Absicht der Klägerin, ein Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen, oder das Gleichgewicht zwischen Bauspareinlagen und Bauspardarlehen überhaupt zur Geschäftsgrundlage des zwischen den Parteien geschlossenen Bausparvertrags geworden ist. Auch kommt es nicht darauf an, ob das allgemeine Zinsniveau am Kapitalmarkt Geschäftsgrundlage des Vertrages war (vgl. Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1265 f.; von Stumm, GWR 2015, 357, 359) und ob diese durch die gegenwärtige Niedrigzinsphase gestört worden ist oder ob dem nicht die vertragliche Risikoverteilung auf Grund der festen Zusage eines Guthabenzinses für die Ansparphase gemäß § 6 Abs. 1 ABB entgegensteht (vgl. Buhl/Münder, NJW 2016, 1991, 1995; Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 313 Rn. 36; Herresthal, aaO; von Stumm, aaO; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2844). Denn vor einer Kündigung wäre gemäß § 490 Abs. 3 BGB aF, § 313 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 BGB vorrangig eine Anpassung des Vertrages durch eine Herabsetzung des Guthabenzinssatzes vorzunehmen (aA Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1806). Dass eine solche Anpassung des Guthabenzinses nicht möglich oder der Beklagten nicht zumutbar wäre, was Voraussetzung für ein Recht zur Kündigung nach § 313 Abs. 3 BGB ist, zeigt die Revision nicht auf und ist auch im Übrigen nicht erkennbar.

III.

95

Das Berufungsurteil ist demnach im ausgeurteilten Umfang aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts insgesamt zurückzuweisen. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil die Sache entscheidungsreif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das Berufungsgericht hat die erforderlichen Feststellungen getroffen.

96

Dem steht nicht entgegen, dass das Berufungsgericht keine Feststellungen zu dem unter Beweis gestellten Vortrag der Klägerin getroffen hat, dass der von ihr abgeschlossene Bausparvertrag von der Beklagten alternativ zum Bauspardarlehen auch als "Altersvorsorge" angepriesen worden sei. Dieser Vortrag als wahr unterstellt führt nicht dazu, dass das Feststellungsbegehren der Klägerin begründet ist. Vielmehr ist der mit der Beklagten geschlossene Bausparvertrag auch dann durch die am 12. Januar 2015 erklärte Kündigung mit Wirkung zum 24. Juli 2015 beendet worden. Die Anpreisung des Bausparvertrages als Altersvorsorge alternativ zur Inanspruchnahme des Bauspardarlehens bedeutet nicht, dass das - ohnehin unabdingbare - Kündigungsrecht der Beklagten gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF ausgeschlossen ist. Denn die Anpreisung als Altersvorsorge ändert ungeachtet ihres ohnehin nur werbenden Charakters nichts daran, dass die Klägerin der Beklagten mit der Erbringung ihrer Sparbeiträge ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife ein Zweckdarlehen vollständig gewährt hat, um einen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens zu erlangen. Da bedingungsgemäß keine Verpflichtung besteht, das Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen, geht mit dem Ansparvorgang zwangsläufig die Bildung eines Kapitalstocks einher, welcher als Rücklage der Altersvorsorge dienen kann. Zur Erreichung dieses Zwecks ist die unbefristete und von Seiten der Bausparkasse unkündbare Fortsetzung des Ansparvorgangs aber nicht erforderlich.

Ellenberger      

        

Grüneberg      

        

Maihold

        

Menges      

        

Derstadt      

        

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 30. März 2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als auf die Berufung der Klägerin das Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 15. September 2015 zum Nachteil der Beklagten abgeändert worden ist.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 15. September 2015 wird insgesamt zurückgewiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt die Klägerin.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt in der Hauptsache die Feststellung des Fortbestehens ihres Bausparvertrages.

2

Am 13. September 1978 schloss die Klägerin mit der Beklagten einen Bausparvertrag (Vertragsnummer:        ) über eine Bausparsumme von 40.000 DM (= 20.451,68 €). In den dem Bausparvertrag zugrundeliegenden Allgemeinen Bausparbedingungen (im Folgenden: ABB) heißt es auszugsweise wie folgt:

"§ 1 Vertragszweck

(1) Zweck des Bausparvertrages ist die Erlangung eines unkündbaren, in der Regel zweitstellig zu sichernden Tilgungsdarlehens (Bauspardarlehen) aufgrund planmäßiger Sparleistungen nach Maßgabe dieser Allgemeinen Bedingungen.

§ 5 Sparzahlungen

(1) Der monatliche Bausparbeitrag beträgt 4,2 vom Tausend der Bausparsumme (Regelsparbeitrag). Er ist bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme am Ersten jeden Monats kostenfrei an die Bausparkasse zu entrichten.

(2) Sonderzahlungen sind grundsätzlich zulässig. Die Bausparkasse kann deren Annahme von ihrer Zustimmung abhängig machen.

(3) Ist der Bausparer unter Anrechnung von Sonderzahlungen mit mehr als 6 Regelsparbeiträgen rückständig und hat er der schriftlichen Aufforderung der Bausparkasse, nicht geleistete Bausparbeiträge zu entrichten, länger als 2 Monate nach Zugang der Aufforderung nicht entsprochen, so kann die Bausparkasse den Bausparvertrag kündigen. …

(4) Ist der Bausparvertrag zugeteilt, so tritt an die Stelle des Rechtes der Bausparkasse, den Bausparvertrag zu kündigen, das Recht, das dem Bausparer bereitgestellte (§ 13) oder bereitzustellende (§ 14) Bauspardarlehen um die rückständigen Bausparbeiträge samt deren Zinsen zu kürzen.

§ 12 Zuteilungsnachricht

(1) Die Zuteilung wird dem Bausparer unverzüglich schriftlich mitgeteilt mit der Aufforderung, binnen 4 Wochen ab Datum der Zuteilung zu erklären, ob er die Zuteilung annimmt.

(2) Der Bausparer kann die Annahme der Zuteilung widerrufen, solange die Auszahlung der Bausparsumme noch nicht begonnen hat.

§ 13 Bereithaltung der Bausparsumme

(1) Mit Annahme der Zuteilung stellt die Bausparkasse dem Bausparer sein Bausparguthaben und ein Bauspardarlehen in Höhe des das Bausparguthaben übersteigenden Teiles der Bausparsumme bereit.

(2) …

§ 14 Vertragsfortsetzung

(1) Nimmt der Bausparer die Zuteilung nicht an oder gibt er die Annahmeerklärung nicht fristgemäß ab oder wird die Annahme der Zuteilung widerrufen, so wird der Bausparvertrag fortgesetzt.

(2) Setzt der Bausparer seinen Bausparvertrag fort, so kann er seine Rechte aus der Zuteilung jederzeit wieder geltend machen. …"

3

Gemäß § 6 Abs. 1 ABB ist das Bausparguthaben mit 3% p.a. zu verzinsen, gemäß § 20 Abs. 1 ABB ist das Bauspardarlehen mit einem Zinssatz von 5% p.a. zu gewähren.

4

Der seit dem 1. April 1993 zuteilungsreife Bausparvertrag wies am 1. Januar 2015 ein Bausparguthaben in Höhe von 15.772 € auf. Am 12. Januar 2015 erklärte die Beklagte unter Berufung auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB die Kündigung des Bausparvertrages zum 24. Juli 2015.

5

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Kündigung unwirksam sei, weil der Beklagten kein Kündigungsrecht zugestanden habe. Sie hat in der Hauptsache die Feststellung des Fortbestehens ihres Bausparvertrages begehrt. Ferner hat sie - nach teilweiser Klagerücknahme - die Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 571,44 € verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht der Klage mit Ausnahme eines Teils der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten stattgegeben und im Übrigen die Berufung zurückgewiesen. Mit ihrer - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision ist begründet.

I.

7

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung (OLG Stuttgart, WM 2016, 742) im Wesentlichen ausgeführt:

8

Die Kündigung des Bausparvertrages sei unwirksam, weil der Beklagten kein Kündigungsrecht zugestanden habe.

9

Auf das Vertragsverhältnis finde gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB seit dem 1. Januar 2003 das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 Anwendung. Ein Kündigungsrecht ergebe sich aber weder aus § 488 Abs. 3 BGB oder aus § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB noch aus § 490 Abs. 3, § 314 BGB oder aus § 490 Abs. 3, § 313 Abs. 3 BGB.

10

Die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung gemäß § 488 Abs. 3 BGB seien nicht gegeben. Zwar handele es sich bei einem Bausparvertrag in der Ansparphase um einen Darlehensvertrag, bei dem der Bausparer der Darlehensgeber und die Bausparkasse die Darlehensnehmerin seien. Jedoch könne der Bausparvertrag gemäß § 488 Abs. 3 BGB erst ab vollständiger Besparung gekündigt werden. Denn der Vertragszweck des Bausparvertrages, der in der Erlangung eines Bauspardarlehens bestehe, könne erst ab der vollständigen Ansparung nicht mehr erreicht werden. Entgegen der Auffassung der Beklagten liege keine der Vollbesparung vergleichbare Situation vor, selbst wenn die rückständigen Sparbeiträge der Klägerin die Differenz zwischen dem Bausparguthaben und der Bausparsumme überstiegen. § 5 Abs. 4 ABB führe nicht dazu, dass die Bausparsumme erreicht sei, da diese Norm nur auf zugeteilte Bausparverträge Anwendung finde und an die Stelle des Kündigungsrechts aus § 5 Abs. 3 ABB trete. Dass deren Voraussetzungen vorlägen, behaupte die Beklagte nicht, zumal sie ihre Kündigung auch nicht auf dieses Recht stütze.

11

Ein Kündigungsrecht stehe der Beklagten auch nicht auf Grund eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Klägerin zu. Diese verhalte sich nicht rechtsmissbräuchlich, wenn sie in der gegenwärtigen Niedrigzinsphase kein Bauspardarlehen in Anspruch nehme.

12

Die Beklagte könne die Kündigung des Bausparvertrags auch nicht auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB stützen. Dabei könne dahinstehen, ob diese Vorschrift überhaupt auf Sparverträge Anwendung finde. Es lägen nämlich bereits die Voraussetzungen des Kündigungsrechts nicht vor, weil der erstmalige Eintritt der Zuteilungsreife nicht der "vollständige Empfang" des an die Bausparkasse zu gewährenden Darlehens sei. Ein Darlehen sei vollständig empfangen, wenn es der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer entsprechend der vertraglichen Vereinbarungen vollständig zur Verfügung gestellt habe. Beim Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife liege ein vollständiger Empfang des Darlehens nicht vor, weil dies auf die Verpflichtung des Bausparers zur Erbringung der Regelsparbeiträge keinen Einfluss habe. Denn der Vertrag werde bei der Nichtannahme fortgesetzt, so dass auch die Verpflichtung zur Zahlung des Regelsparbeitrages fortbestehe. Zudem habe der Bausparer keinen Einfluss auf den Zeitpunkt des Eintritts der Zuteilungsreife. Die Verpflichtung zur Zahlung der Regelsparbeiträge werde allein durch die Bausparsumme begrenzt.

13

Auch Sinn und Zweck von § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforderten es nicht, die Norm unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Bausparvertrages dahingehend auszulegen, dass der vollständige Empfang den Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife umfasse. Eine solche Auslegung widerspreche dem Wesen des Bausparvertrages, weil die Bausparkasse ein Interesse habe, durch einen stetigen Zufluss von Sparbeiträgen die Zuteilungsmasse zu vergrößern, um die Zuteilung von Bauspardarlehen zu beschleunigen.

14

Eine analoge Anwendung von § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB komme nicht in Betracht. Voraussetzung für eine Analogie sei eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit. Zudem müsse der zu beurteilende Sachverhalt mit dem gesetzlich geregelten Tatbestand vergleichbar sein, so dass angenommen werden könne, dass der Gesetzgeber bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen wäre. Beides liege nicht vor.

15

Der Beklagten habe auch kein Kündigungsrecht gemäß § 490 Abs. 3, § 314 Abs. 1 BGB zugestanden. Die Nichtabnahme des Darlehens stelle kein vertragswidriges Verhalten des Bausparers dar, sondern sei im Bausparvertrag ausdrücklich vorgesehen. Hinsichtlich der Nichtzahlung der Regelsparbeiträge habe die Beklagte ein spezielleres Kündigungsrecht aus § 5 Abs. 3 ABB. Insoweit sei ihr zuzumuten, dessen Voraussetzungen herbeizuführen.

16

Eine Kündigung könne schließlich auch nicht auf § 490 Abs. 3, § 313 Abs. 3 BGB gestützt werden. Die Geschäftsgrundlage des Bausparvertrags wäre selbst dann nicht entfallen, wenn die Klägerin ihre Absicht zur Inanspruchnahme des Darlehens endgültig aufgegeben hätte. Abgesehen davon, dass die Beklagte hinsichtlich dieses Vorbringens beweisfällig geblieben sei, sei der Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht allein aus der über zehn Jahre dauernden Nichtinanspruchnahme des Darlehens abzuleiten, weil die vertraglichen Vereinbarungen auch für diesen Fall eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses vorsehen. Die Geschäftsgrundlage wäre aber auch dann nicht entfallen, wenn das Gleichgewicht zwischen Bauspareinlagen und Bauspardarlehen dergestalt gestört wäre, dass die Beklagte ihre Verpflichtungen nicht mehr erfüllen könnte. Die Beklagte habe dieses vertragsspezifische Risiko übernommen. Es hätte ihr oblegen, von der bestehenden Möglichkeit Gebrauch zu machen, das Risiko der Zinsentwicklung durch eine geeignete Vertragsgestaltung anders zu gewichten oder ihre vereinbarten Rechte anders auszuüben.

II.

17

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Beklagte den mit der Klägerin geschlossenen Bausparvertrag gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB in der vom 1. Januar 2002 bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung (nunmehr § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB) wirksam gekündigt.

18

1. In zeitlicher Hinsicht ist auf den am 13. September 1978 abgeschlossenen Bausparvertrag, bei dem es sich um ein Dauerschuldverhältnis handelt, gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB seit dem 1. Januar 2003 das Bürgerliche Gesetzbuch in der dann geltenden Fassung anzuwenden (vgl. OLG Hamm, ZIP 2016, 1475; OLG Köln, WM 2016, 740; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1259; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3). Die durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2355) erfolgten Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden - was das Berufungsgericht unberücksichtigt gelassen hat - gemäß Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB auf den vorliegenden Bausparvertrag mit Ausnahme der in Art. 229 § 22 Abs. 3 EGBGB genannten - hier nicht einschlägigen - Vorschriften keine Anwendung, weswegen insoweit das Darlehensrecht der §§ 488 ff. BGB in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) maßgeblich ist (vgl. Senatsurteil vom 19. Januar 2016 - XI ZR 103/15, BGHZ 208, 278 Rn. 15; OLG Köln, aaO).

19

Die durch das Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften vom 11. März 2016 (BGBl. I S. 396) erfolgten Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des Darlehensrechts sind gemäß Art. 229 § 38 Abs. 1 EGBGB mit Ausnahme der in Art. 229 § 38 Abs. 2 EGBGB genannten - hier nicht einschlägigen - Vorschriften nicht zu berücksichtigen.

20

2. Rechtsfehlerfrei ist die Annahme des Berufungsgerichts, dass auf einen Bausparvertrag Darlehensrecht anzuwenden ist.

21

Gemäß § 1 Abs. 2 BauSparkG erwirbt der Bausparer zwar durch die Leistung von Bauspareinlagen in der Ansparphase einen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens, mit dessen Inanspruchnahme nach Zuteilungsreife der Bausparvertrag in die Darlehensphase übergeht. Im Hinblick auf die Verknüpfung von Ansparphase und Darlehensphase gehen aber die Ansichten darüber auseinander, ob der Bausparer bei Abschluss des Bausparvertrages einen bedingten Anspruch auf Valutierung eines Bauspardarlehens erwirbt und es sich somit bei dem Bausparvertrag um einen einheitlichen Darlehensvertrag mit der Besonderheit handelt, dass Bausparer und Bausparkasse bei Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer tauschen (vgl. MünchKommBGB/Berger, 7. Aufl., Vor § 488 Rn. 28; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rn. 539 und Rn. 543; Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 778; Schäfer/Cirpka/Zehnder, Bausparkassengesetz und Bausparkassenverordnung, 5. Aufl., § 1 Anm. 12 f.; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3; Schultheiß, WuB 2015, 139, 140 f.; Yildirim, VuR 2015, 258, 259), oder ob der Bausparer lediglich einen Vorvertrag über die spätere Gewährung eines Bauspardarlehens schließt (vgl. Fandrich in Graf von Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Stand: 30. Dezember 2011, Bausparbedingungen Rn. 5; Haertlein/Thümmler, ZIP 2009, 1197, 1198 f.; Kronenburg in Derleder/Knops/Bamberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, 2. Aufl., § 17 Bauspardarlehen Rn. 4; Erman/Saenger, BGB, 14. Aufl., Vorbem. §§ 488-490 Rn. 27).

22

Der Senat hat diese Frage bislang offen gelassen (vgl. Senatsurteile vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 Rn. 32 und vom 8. November 2016 - XI ZR 552/15, WM 2017, 87 Rn. 37, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Sie bedarf auch vorliegend keiner Entscheidung. Denn unabhängig von der rechtlichen Konstruktion besteht sowohl in der Ansparphase als auch in der Darlehensphase zwischen den Vertragsparteien ein Darlehensverhältnis, wobei der Bausparer in der Ansparphase der Darlehensgeber und die Bausparkasse die Darlehensnehmerin ist (vgl. OLG Bamberg, WM 2016, 2067, 2068; OLG Celle, WM 2016, 738; OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2071; OLG Hamm, ZIP 2016, 1475; OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 12; OLG Köln, WM 2016, 740, 741; OLG Stuttgart, WM 2013, 508, 509; MünchKommBGB/Berger, 7. Aufl., Vor § 488 Rn. 28; Bergmann, WM 2016, 2153, 2154; Buhl/Münder, NJW 2016, 1991; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1801; Fandrich in Graf von Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Stand: 30. Dezember 2011, Bausparbedingungen Rn. 5; Haertlein/Thümmler, ZIP 2009, 1197, 1198; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1258 und 1260; Kronenburg in Derleder/Knops/Bamberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, 2. Aufl., § 17 Bauspardarlehen Rn. 4; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rn. 539 und Rn. 549; Omlor/Meier, EWiR 2016, 323, 324; Rollberg, EWiR 2016, 3; Schäfer/Cirpka/Zehnder, Bausparkassengesetz und Bausparkassenverordnung, 5. Aufl., § 1 Anm. 12; Schultheiß, WuB 2015, 139, 141; Servatius, ZfIR 2016, 649, 651; von Stumm, GWR 2015, 357; Weber, ZIP 2015, 961, 962).

23

Die von der Revisionserwiderung gegen eine Anwendbarkeit der darlehensrechtlichen Vorschriften vorgebrachten Bedenken greifen nicht durch. Soweit sie darauf hinweist, dass auf Namensschuldverschreibungen wie Sparkassenbriefe das Darlehensrecht keine Anwendung finde (so OLG München, WM 2012, 1535), ist dies - die Richtigkeit dieser These unterstellt - unbehelflich, weil Sparkassenbriefe und Bausparverträge ihrer Rechtsnatur nach nicht vergleichbar sind. Soweit sie des Weiteren meint, in der Ansparphase bestehe deshalb kein Darlehensverhältnis, weil die Allgemeinen Bausparbedingungen der Beklagten nur für den Ausnahmefall der Kündigung durch den Bausparer eine Rückzahlungsverpflichtung vorsehen, das angesparte Geld im Regelfall aber in dem Bauspardarlehen aufgehe und nicht die Bausparkasse, sondern der Bausparer im Grundsatz einen bestimmten Geldbetrag zurückzuzahlen habe, verkennt sie, dass eine Rückzahlungsverpflichtung des Bausparers erst mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens in der Darlehensphase und nur in Höhe des Differenzbetrages zwischen Bausparsumme und Bausparguthaben entsteht, während die Ansparleistungen dem Bausparer als Bausparguthaben zurückgewährt werden (§ 13 Abs. 1 ABB).

24

3. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht zu Recht eine Kündigungsmöglichkeit der Beklagten gemäß § 488 Abs. 3 BGB aF verneint. Ein solches Kündigungsrecht haben die Parteien zumindest stillschweigend abbedungen.

25

a) Gemäß § 5 Abs. 3 Nr. 7 BauSparkG haben die Allgemeinen Bausparbedingungen Bestimmungen darüber zu enthalten, unter welchen Voraussetzungen ein Bausparvertrag gekündigt werden kann. Die Allgemeinen Bausparbedingungen der Beklagten sehen ein Kündigungsrecht der Beklagten während der Ansparphase nur unter den - vorliegend nicht erfüllten - Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 ABB vor. Hieraus folgt, dass einem Bausparer bei vertragsgemäßer Erbringung der Ansparleistungen grundsätzlich ein Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens zusteht. Dies bedingt einen stillschweigend vereinbarten Ausschluss des gesetzlichen Kündigungsrechts aus § 488 Abs. 3 BGB aF, weil anderenfalls die Bausparkasse dem Bausparer jederzeit den bedingungsgemäßen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens entziehen könnte (vgl. OLG Stuttgart, WM 2013, 508, 509; OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 2. Oktober 2013 - 19 U 106/13, juris Rn. 11; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1805; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl., (10) Bausparbedingungen Rn. 9; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1264; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rn. 548; Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 782 f.; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3; Schäfer/Cirpka/Zehnder, Bausparkassengesetz und Bausparkassenverordnung, 5. Aufl., § 5 Anm. 37; Servatius, ZfIR 2016, 649, 652; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2840; Weber, ZIP 2015, 961, 962; Yildirim, VuR 2015, 258, 260).

26

b) Etwas anderes gilt hingegen, wenn die Bausparsumme - was hier nicht der Fall ist - voll angespart worden ist. Denn ab diesem Zeitpunkt kann ein Bauspardarlehen nicht mehr beansprucht werden (vgl. OLG Bamberg, WM 2016, 2067, 2068; OLG Celle, BKR 2016, 509 Rn. 24; OLG Stuttgart, WM 2013, 508, 509; OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 14; Bergmann, WM 2016, 2153, 2155; Buhl/Münder, NJW 2016, 1991, 1995; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079, 3083 f.; Flick, jurisPR-BKR 5/2016 Anm. 5; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 199; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl., (10) Bausparbedingungen Rn. 9; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1264; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rn. 548; Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 782 f.; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3; Servatius, ZfIR 2016, 649, 651; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2840; Weber, ZIP 2015, 961, 962; Yildirim, VuR 2015, 258, 260 f.).

27

c) Anders als die Revision meint, steht der Beklagten ein Kündigungsrecht gemäß § 488 Abs. 3 BGB aF auch nicht deshalb zu, weil die Klägerin sich so behandeln lassen muss, als hätte sie die Bausparsumme vollständig angespart. Auch wenn die von der Klägerin in der Vergangenheit nicht erbrachten Regelsparbeiträge die Differenz zwischen ihrem Bausparguthaben und der Bausparsumme übersteigen, sieht § 5 Abs. 3 ABB für den Fall des Rückstandes mit der Zahlung von Regelsparbeiträgen eine spezielle Regelung vor, die den allgemeinen Kündigungstatbestand des § 488 Abs. 3 BGB aF verdrängt. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 ABB, insbesondere die Aufforderung zur Erbringung der rückständigen Regelsparbeiträge, können nicht durch einen Rückgriff auf den allgemeinen Kündigungstatbestand aus § 488 Abs. 3 BGB aF unterlaufen werden. Deren Einhaltung stellt entgegen der Ansicht der Revision keine überflüssige Förmelei dar.

28

d) Entgegen einer vereinzelten Auffassung im Schrifttum ist einer Bausparkasse eine Kündigungsmöglichkeit nach § 488 Abs. 3 BGB aF auch nicht dann eröffnet, wenn der Bausparer trotz erstmaliger Zuteilungsreife kein Bauspardarlehen in Anspruch nimmt. Dies wird damit begründet, dass der Bausparer mit der Nichtannahme zum Ausdruck bringe, von seiner Option auf Gewährung eines Bauspardarlehens keinen Gebrauch machen zu wollen (vgl. Schultheiß, WuB 2015, 139, 141). Dem ist nicht zu folgen.

29

Bausparen ist zwar, wie aus § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 und 3 BauSparkG sowie § 1 ABB folgt, ein zielgerichtetes Sparen, um für wohnungswirtschaftliche Maßnahmen ein Darlehen beanspruchen zu können (vgl. Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1803; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1258; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rn. 550; Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 782 und 786). Hiermit geht aber, was die Bestimmungen über die Fortsetzung des Vertrages bei Nichtannahme der Zuteilung (§ 14 Abs. 1 ABB) zeigen, keine Pflicht einher, ein Bauspardarlehen tatsächlich in Anspruch zu nehmen (vgl. OLG Celle, WM 2016, 738, 739; OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2072; OLG Hamm, ZIP 2016, 306, 307 und NJW-RR 2016, 747 Rn. 17; Batereau, WuB 2016, 76, 77; Edelmann/Suchowerskyj, aaO; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 203; Herresthal, aaO; Yildirim, VuR 2015, 258, 260 f.).

30

Aus diesem Grunde besteht, anders als das Berufungsgericht meint, der Vertragszweck in der Erlangung eines Anspruchs auf Gewährung eines Bauspardarlehens (§ 1 Abs. 2 Satz 1 BauSparkG) und nicht in der tatsächlichen Inanspruchnahme des Bauspardarlehens. Gegenteiliges folgt auch nicht aus dem Wortlaut von § 1 ABB, weil diese Bestimmung ein Darlehen nach Maßgabe der Allgemeinen Bausparbedingungen vorsieht, welches aber von dem Bausparer gerade nicht in Anspruch zu nehmen ist. Der Bausparer erwirbt vielmehr die Option, ein Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen (vgl. LG Stuttgart, ZIP 2015, 2363, 2367; Bergmann, WM 2016, 2153, 2154; Schäfer/Cirpka/Zehnder, Bausparkassengesetz und Bausparkassenverordnung, 5. Aufl., § 1 Anm. 13), hinsichtlich derer ihm aber eine flexible Handhabung zuzubilligen ist, weil er nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt mit der Darlehensgewährung rechnen kann (vgl. Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 204 und 206; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1258). Denn die Bausparkasse kann gemäß § 4 Abs. 5 BauSparkG bei Vertragsschluss keinen festen Termin für die Auszahlung des Bauspardarlehens zusagen. Zudem kann der Bausparer auch bei einer kontinuierlichen Erbringung der Regelsparbeiträge unter Beachtung der Mindestspardauer den genauen Zeitpunkt der Zuteilung nicht selbst bestimmen, weil dieser unter anderem von dem Vorhandensein einer ausreichenden Zuteilungsmasse abhängt (vgl. BGH, Urteil vom 23. Oktober 1975 - III ZR 95/73, WM 1976, 50, 51).

31

e) Entgegen einer weiteren Auffassung im Schrifttum steht einer Bausparkasse das Kündigungsrecht aus § 488 Abs. 3 BGB aF auch nicht dann zu, wenn der Bausparer - wie im vorliegenden Fall die Klägerin - länger als zehn Jahre ab erstmaliger Zuteilungsreife das Bauspardarlehen nicht in Anspruch nimmt. Dies wird damit begründet, dass der Bausparer mit einem solchen Verhalten auf sein Recht auf Gewährung des Bauspardarlehens verzichte oder dieses Recht verwirke und deshalb von einer der vollständigen Besparung eines Bausparvertrages gleichstehenden Zweckerreichung auszugehen sei (vgl. Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1805, die sich zu Unrecht auf OLG Stuttgart, WM 2013, 508 berufen). Auch dieser Ansicht ist nicht zu folgen (ebenso Bergmann, WM 2016, 2153, 2155; Buhl/Münder, NJW 2016, 1991, 1995; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1264 f.; Servatius, ZfIR 2016, 649, 654; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2840).

32

Dem in der Nichtannahme der Zuteilung liegenden Schweigen des Bausparers - hier der Klägerin - kommt bereits nach allgemeinen rechtsgeschäftlichen Grundsätzen kein Erklärungsgehalt zu (vgl. dazu Palandt/Ellenberger, BGB, 76. Aufl., Einf. v. § 116 Rn. 7). Es beinhaltet schon aus diesem Grunde kein an die Bausparkasse gerichtetes Angebot auf Abschluss eines entsprechenden Erlassvertrages (§ 397 Abs. 1 BGB).

33

Die Nichtannahme des Bauspardarlehens mehr als zehn Jahre nach Zuteilungsreife füllt auch den Tatbestand der Verwirkung nicht aus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (vgl. nur Senatsurteile vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, WM 2016, 1835 Rn. 40 mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen, und vom 11. Oktober 2016 - XI ZR 482/15, WM 2016, 2295 Rn. 30 mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Dafür, dass die Beklagte auf die Nichtannahme des Bauspardarlehens vertraut und infolgedessen Dispositionen getroffen hätte, ist nichts vorgetragen oder sonst erkennbar.

34

4. Dagegen hält die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte könne sich nicht auf das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB - zutreffend: der nahezu wortgleiche § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF - stützen, den Angriffen der Revision nicht stand. Das Gegenteil ist richtig. § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF ist auch auf das Einlagengeschäft von Bausparkassen anzuwenden und unterliegt insoweit keiner teleologischen Reduktion (dazu unter a). Es sind auch die Voraussetzungen des Kündigungsrechts aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF in direkter Anwendung der Norm erfüllt, ohne dass es eines Analogieschlusses bedarf (dazu unter b).

35

a) Nach der ganz herrschenden Ansicht in der Instanzrechtsprechung und Literatur steht das ordentliche Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF auch einer Bausparkasse - wie hier der Beklagten - zu (vgl. OLG Celle, WM 2016, 738 und BKR 2016, 509 Rn. 39; OLG Düsseldorf, Urteil vom 1. Dezember 2016 - 6 U 124/16, juris Rn. 25; OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2071; OLG Hamm, ZIP 2016, 306, 307; NJW-RR 2016, 747 Rn. 14 und ZIP 2016, 1475 f.; OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 15 ff.; OLG Köln, WM 2016, 740, 741; OLG München, Urteile vom 27. September 2016 - 5 U 1637/16, juris Rn. 30 und vom 17. Oktober 2016 - 17 U 2643/16, juris Rn. 15; LG Aachen, Urteil vom 29. Mai 2015 - 10 O 404/14, juris Rn. 16; LG Bremen, Urteil vom 12. August 2016 - 4 S 47/16, juris Rn. 18; LG Düsseldorf, Urteil vom 8. April 2016 - 8 O 109/15, juris Rn. 15; LG Hamburg, Urteil vom 24. März 2016 - 330 O 314/15, juris Rn. 18; LG Hannover, Urteil vom 10. September 2015 - 3 O 59/15, juris Rn. 24; LG Mainz, WM 2015, 181 f.; LG München I, ZIP 2015, 2360, 2361 f.; LG Münster, Urteil vom 25. August 2015 - 14 O 183/15, juris Rn. 20 f.; LG Nürnberg-Fürth, ZIP 2015, 1870 f.; LG Osnabrück, Urteil vom 21. August 2015 - 7 O 545/15, juris Rn. 18 f.; LG Stralsund, Urteil vom 3. Februar 2016 - 7 O 264/15, juris Rn. 14; LG Stuttgart, ZIP 2015, 2363, 2364 f.; Batereau, WuB 2016, 76, 77; Bergmann, WM 2016, 2153, 2156; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1801 und BB 2015, 3079, 3080; Flick, jurisPR-BKR 5/2016 Anm. 5; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 200; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1259 f.; Kruis ZIP 2017, 270 f.; Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 783; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 489 Rn. 51; Omlor/Meier, EWiR 2016, 323 f.; Rollberg, EWiR 2016, 3; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3; Schultheiß, WuB 2015, 139, 142; Servatius, ZfIR 2016, 649, 657 f.; Simon, EWiR 2016, 723, 724; von Stumm, GWR 2015, 357, 358; Welter, WuB 2016, 597, 601 ff. und WuB 2017, 9, 12; Yildirim, VuR 2015, 258, 259 f.).

36

Demgegenüber gehen lediglich vereinzelte Stimmen in der Instanzrechtsprechung und Literatur davon aus, dass das Kündigungsrecht zugunsten einer Bausparkasse keine Anwendung findet (so das Berufungsgericht, WM 2016, 1440, 1442; ferner AG Ludwigsburg, Urteil vom 7. August 2015 - 10 C 1154/15, juris Rn. 40 ff.; MünchKommBGB/Berger, 7. Aufl., § 489 Rn. 2; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2843; Weber, ZIP 2016, 961; BB 2015, 2185, 2186 und BB 2016, 584, 586 f.; BeckOGK/C. Weber BGB, Stand: 1. Juli 2016, § 489 Rn. 15).

37

Die herrschende Ansicht ist zutreffend. Für sie spricht das Ergebnis einer grammatikalischen, systematischen, historischen und teleologischen Auslegung von § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF, was zugleich einer teleologischen Reduktion der Norm entgegensteht.

38

aa) Der Wortlaut des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF gewährt dem Darlehensnehmer bei einem Darlehensvertrag mit einem festen Zinssatz ein Kündigungsrecht, und zwar in jedem Fall zehn Jahre nach dem vollständigen Empfang der Darlehensvaluta unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten. In persönlicher Hinsicht wird dabei nicht danach unterschieden, ob es sich bei dem Darlehensnehmer um eine natürliche oder juristische Person handelt und ob dieser Verbraucher oder Unternehmer ist. Danach kann auch eine Bausparkasse Darlehensnehmer im Sinne dieser Vorschrift sein (so auch OLG Celle, WM 2016, 738 und BKR 2016, 509 Rn. 40; OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2071; OLG Hamm, NJW-RR 2016, 747 Rn. 14 und ZIP 2016, 1475, 1476; OLG Köln, WM 2016, 740, 741; LG Mainz, WM 2015, 181 f.; LG Nürnberg-Fürth, ZIP 2015, 1870 f.; LG München I, ZIP 2015, 2360, 2361 f.; LG Stuttgart, ZIP 2015, 2363, 2364 f.; Bergmann, WM 2016, 2153, 2156; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1801 und BB 2015, 3079, 3080; Flick, jurisPR-BKR 5/2016 Anm. 5; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 200; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1260; Rollberg, EWiR 2016, 3; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2841).

39

bb) Die Gesetzessystematik bestätigt die Auslegung nach dem Wortlaut, d.h. eine Anwendbarkeit der Norm auch zugunsten einer Bausparkasse.

40

§ 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF gewährt allen Darlehensnehmern ein Kündigungsrecht, während ein spezielles Kündigungsrecht nur für Verbraucher in § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB aF - bzw. nach dem intertemporal gemäß Art. 229 § 22 Abs. 3 EGBGB maßgeblichen Recht in § 500 Abs. 1 BGB - geregelt worden ist. Nach der gesetzlichen Systematik kann sich daher eine Bausparkasse auf das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF berufen (so auch OLG Celle, WM 2016, 738 und BKR 2016, 509 Rn. 41; OLG Hamm, NJW-RR 2016, 747 Rn. 14 und ZIP 2016, 1475, 1476; OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 33; OLG Köln, WM 2016, 740, 741; LG Nürnberg-Fürth, ZIP 2015, 1870 f.; LG München I, ZIP 2015, 2360, 2361; LG Stuttgart, ZIP 2015, 2363, 2364 f.; Bergmann, WM 2016, 2153, 2156; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1801 und BB 2015, 3079, 3080; Flick, jurisPR-BKR 5/2016 Anm. 5; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 200; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1260; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3; Omlor/Meier, EWiR 2016, 323, 324; Rollberg, EWiR 2016, 3; Servatius, ZfIR 2016, 649, 656; Simon, EWiR 2015, 723, 724; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2841; Yildirim, VuR 2015, 258, 259 f.).

41

Gegen eine Beschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs der Norm spricht in gesetzessystematischer Hinsicht ferner, dass § 489 Abs. 4 Satz 2 BGB aF eine Ausnahmeregelung hinsichtlich der Abdingbarkeit des Kündigungsrechts aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF vorsieht, welche sich ausschließlich auf Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften bezieht. Hieraus folgt zum einen, dass das Kündigungsrecht grundsätzlich auch öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaften zusteht und dessen Anwendungsbereich damit insbesondere nicht auf Verbraucher beschränkt ist (vgl. OLG Hamm, ZIP 2016, 1475, 1476; LG München I, ZIP 2015, 2360, 2361; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1801 und BB 2015, 3079, 3080 f.; Flick, jurisPR-BKR 5/2016 Anm. 5; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1260; Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 783; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3; Simon, EWiR 2016, 723, 724). Zum anderen kann danach das Kündigungsrecht allen anderen Darlehensnehmern gegenüber nicht abbedungen werden. Nach seiner Regelungssystematik schließt das Gesetz damit bestimmte Darlehensnehmer, die bei einer typisierenden Betrachtungsweise weniger schutzbedürftig erscheinen - wie insbesondere öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaften - nicht von vornherein aus dem Anwendungsbereich der Norm aus, sondern gestaltet sie diesen gegenüber nur disponibel aus. Dagegen ist dies im Hinblick auf Kaufleute und Unternehmer, die bei einer typisierenden Betrachtungsweise ebenfalls weniger schutzbedürftig erscheinen könnten, gerade nicht geschehen (vgl. Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079, 3080 f.).

42

cc) Die Entstehungsgeschichte des in § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF normierten Kündigungsrechts belegt ebenfalls, dass dieses Recht auch Kaufleuten und Unternehmern und damit auch Kreditinstituten wie Bausparkassen zusteht.

43

(1) Das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF ist über die früheren Regelungen in § 609a BGB in der Fassung vom 25. Juli 1986 (BGBl. I S. 1169; künftig: aF) und in § 247 BGB in der Fassung von 1. Januar 1900 (künftig: aF), eingeführt durch das Bürgerliche Gesetzbuch vom 18. August 1896 (RGBl. 1896, S. 195), auf das "Gesetz, betreffend die vertragsgemäßen Zinsen" vom 14. November 1867 (Bundes-Gesetzblatt des Norddeutschen Bundes, 1867, S. 159, 160) zurückzuführen (vgl. "Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§ 247 BGB)" (künftig: RefE), ZIP 1985, 1291, 1292; Weber, BB 2015, 2185, 2186). Während § 1 dieses Gesetzes jede Beschränkung von Zinsvereinbarungen aufhob, gewährte § 2 Abs. 1 des Gesetzes dem Schuldner bei einem Zinssatz von mehr als 6% p.a. gleichsam als Kompensation für die Aufhebung gesetzlicher Beschränkungen hinsichtlich der Zinshöhe das Recht, nach Ablauf eines halben Jahres mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten den Vertrag zu kündigen (vgl. Bergmann, WM 2016, 2153, 2156; Landau in Gedächtnisschrift Conrad, 1979, S. 385, 399; Welter, WuB 2016, 597, 601). Dieses Kündigungsrecht bestand jedoch gemäß § 2 Abs. 3 des Gesetzes nicht bei Inhaberschuldverschreibungen und Darlehen, die einem Kaufmann gewährt wurden.

44

(2) Das Kündigungsrecht aus § 2 Abs. 1 des Gesetzes, betreffend die vertragsgemäßen Zinsen wurde zum 1. Januar 1900 als § 247 BGB aF in das Bürgerliche Gesetzbuch übernommen (vgl. Schubert/Schmiedel/Krampe, Quellen zum Handelsgesetzbuch von 1897, Bd. II, S. 1347) und damit als eine Regelung im Allgemeinen Teil des Schuldrechts gefasst, die nicht nur auf Darlehensverträge Anwendung fand. § 247 Abs. 1 BGB aF bestimmte, dass in den Fällen, in denen ein höherer Zinssatz als 6% p.a. vereinbart war, der Schuldner nach Ablauf von sechs Monaten das Kapital unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten kündigen konnte. Das Kündigungsrecht galt gemäß § 247 Abs. 2 BGB aF nur nicht bei Schuldverschreibungen auf den Inhaber. Der ursprüngliche Ausnahmetatbestand, wonach das Kündigungsrecht nicht für Kaufleute galt, wurde vom Gesetzgeber bewusst nicht fortgeschrieben (vgl. Bergmann, WM 2016, 2153, 2157; Landau in Gedächtnisschrift Conrad, 1979, S. 385, 403; Weber, ZIP 2015, 961, 965 und BB 2015, 2185, 2187).

45

Zwar wird in den Materialien zu § 247 BGB aF ausgeführt, dass das Kündigungsrecht des Schuldners bei hohen Zinsen, jedenfalls seiner Wirkung nach, ein Mittel gegen den Missbrauch der wirtschaftlichen Übermacht des Gläubigers gegenüber dem Schuldner sei und es sich bei der herrschenden starken Strömung, welche auf eine Verstärkung des Schutzes des wirtschaftlich Schwächeren gehe, nicht empfehle, dieses bestehende Schutzmittel für den Schuldner fallen zu lassen (vgl. Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, Bd. II, Recht der Schuldverhältnisse, S. 628 f.). Hieraus folgt aber nicht, dass das Kündigungsrecht nur solchen Personen zustehen sollte, die hinsichtlich ihrer persönlichen Eigenschaften bei einer typisierenden Betrachtungsweise schutzbedürftig sind (vgl. Landau in Gedächtnisschrift Conrad, 1979, S. 385, 403).

46

Denn zu dem Kreis der durch § 247 BGB aF zu schützenden Personen sollten auch Kaufleute gehören, wie der "Kommissionsbericht über den Entwurf eines H.G.B." belegt (siehe dazu Schubert/Schmiedel/Krampe, Quellen zum Handelsgesetzbuch von 1897, Bd. II, S. 1343 ff.). Der Entwurf sah in § 342 vor, dass einem Kaufmann bei Schulden aus seinen Handelsgeschäften trotz eines Zinssatzes von mehr als 6% p.a. - ein Zinssatz von 6% p.a. lag zur Zeit des Inkrafttretens des BGB etwa um das Eineinhalbfache über dem Marktniveau (vgl. RefE, ZIP 1985, 1291, 1292; Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP (künftig: FraktionsE), BT-Drucks. 10/4741, S. 20 re. Sp.) - kein Kündigungsrecht zustehen sollte (vgl. Bergmann, WM 2016, 2153, 2157; Landau in Gedächtnisschrift Conrad, 1979, S. 385, 403; Schubert/Schmiedel/Krampe, aaO, S. 1343). Diese Ausnahmeregelung zu § 247 BGB aF wurde jedoch nicht Gesetz, nachdem darauf hingewiesen worden war, dass die Kündigungsbefugnis im Bürgerlichen Gesetzbuch als geeignetes Mittel anerkannt worden sei, dem Schuldner gegen die Übermacht des Gläubigers Schutz zu gewähren, und dies auch im kaufmännischen Verkehr angebracht sei (vgl. Bergmann, aaO; Landau, aaO; Schubert/Schmiedel/Krampe, aaO, S. 1347). Als schutzbedürftig wurde demnach derjenige angesehen, der gegenüber einem Gläubiger eine hochverzinste Schuld übernahm, weswegen es in persönlicher Hinsicht allein auf die Stellung als Schuldner, nicht aber auf sonstige persönliche Eigenschaften ankam.

47

(3) An diesem Befund, wonach das Kündigungsrecht aus § 247 Abs. 1 Satz 1 BGB aF als reine Schuldnerschutzbestimmung in persönlicher Hinsicht keiner weiteren Beschränkung unterlag, hat sich in der Folgezeit nichts geändert. Durch das Gesetz zur Wiederherstellung der Gesetzeseinheit auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts vom 5. März 1953 (BGBl. I S. 33) wurde lediglich der Ausnahmetatbestand des § 247 Abs. 2 BGB aF auf Orderschuldverschreibungen erweitert. Durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Hypothekenbankgesetzes vom 14. Januar 1963 (BGBl. I S. 9) wurde § 247 Abs. 2 BGB aF dahingehend ergänzt, dass das Kündigungsrecht aus § 247 Abs. 1 Satz 1 BGB aF bei Darlehen, die zu einer auf Grund gesetzlicher Vorschriften gebildeten Deckungsmasse für Schuldverschreibungen gehörten, abdingbar sein sollte.

48

(4) § 247 BGB aF wurde sodann durch das Gesetz zur Änderung wirtschafts-, verbraucher-, arbeits- und sozialrechtlicher Vorschriften vom 25. Juli 1986 (BGBl. I S. 1169) zum 31. Dezember 1986 aufgehoben und zugleich für das Darlehensrecht mit Wirkung ab dem 1. Januar 1987 durch die neue, inhaltlich geänderte Vorschrift des § 609a BGB aF ersetzt.

49

Mit der Verlagerung des Kündigungsrechts in das Darlehensrecht wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass die Vorschrift für andere verzinsliche Geldschulden keine praktische Bedeutung erlangt hatte (vgl. RefE, ZIP 1985, 1291, 1294; FraktionsE, BT-Drucks. 10/4741, S. 22 re. Sp.). Anlass für die Aufhebung von § 247 BGB aF war, dass das Kündigungsrecht auf Grund der zwischenzeitlichen Entwicklungen des Zinsniveaus seit Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs von einem Ausnahmerechtsbehelf zu einem weitgehend voraussetzungslosen Kündigungsrecht geworden war, was mit dem Wesen einer Festzinsabrede bei längerfristigen Krediten nicht zu vereinbaren war und in größerem Umfang zur Kündigung von Darlehen gegenüber Kreditinstituten geführt hatte (vgl. RefE, ZIP 1985, 1291, 1292; FraktionsE, BT-Drucks. 10/4741, S. 1 und S. 20). Die mit einer Kündigung einhergehende einseitige Verlagerung des Zinsänderungsrisikos auf den Darlehensgeber wurde als gesamtwirtschaftlich nachteilig angesehen, weil professionellen Kreditgebern eine laufzeit- und zinskongruente Refinanzierung erschwert wurde und zudem das Risiko gesehen wurde, dass vermehrt Kredite nur mit kurzen Zinsbindungsfristen oder Kredite mit langfristiger Zinsbindung nur gegen Kostenaufschläge herausgegeben würden (vgl. RefE, aaO; FraktionsE, aaO, S. 20 re. Sp.).

50

Gleichwohl sollte das Kündigungsrecht aus § 247 BGB aF nicht ersatzlos gestrichen werden. Vielmehr sollte der Schuldnerschutz gerade bei festverzinslichen Krediten nur auf ein angemessenes Maß zurückgeführt werden (vgl. RefE, ZIP 1985, 1291, 1293; FraktionsE, BT-Drucks. 10/4741, S. 21 re. Sp.). Aus diesem Grunde sollte bei Auslaufen einer beiderseitigen Zinsbindung der Schuldner nicht einem einseitigen Zinsbestimmungsrecht des Gläubigers unterliegen (§ 609a Abs. 1 Nr. 1 BGB aF). Nach einer Laufzeit von zehn Jahren sollte ein Schuldner in jedem Fall kündigen können (§ 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF). Ferner sollte bei Verbraucherdarlehen im engeren Sinne aus sozialen Gründen ein kurzfristiges Kündigungsrecht (§ 609a Abs. 1 Nr. 2 BGB aF) bestehen (vgl. RefE, aaO; FraktionsE, aaO, S. 21 re. Sp. und S. 22 li. Sp.). Die Höhe des vereinbarten Zinssatzes, die ursprünglich für die Einführung des Kündigungsrechts von Bedeutung war, sollte hingegen für die Frage der Kündbarkeit des Darlehens keine Bedeutung mehr haben (RefE, ZIP 1985, 1291, 1294).

51

Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs sollte das Kündigungsrecht aus § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF dem Schuldner bei allen festverzinslichen Darlehen nach Ablauf von zehn Jahren nach dessen Auszahlung zustehen, um ihm spätestens dann die Möglichkeit zu geben, sich von dem Darlehensvertrag und damit von der weiteren Bindung an einen nicht mehr zeitgemäßen Zinssatz zu lösen (vgl. RefE, ZIP 1985, 1291, 1294 f.; FraktionsE, BT-Drucks. 10/4741, S. 23 li. Sp.).

52

Aufgrund dessen galt die Neuregelung des Kündigungsrechts in § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF nicht nur für das Aktivgeschäft, sondern auch für das Passivgeschäft von Kreditinstituten. Zwar waren die negativen Auswirkungen des Kündigungsrechts aus § 247 BGB aF auf das Aktivgeschäft der Kreditinstitute der Anlass für die Neuregelung des Kündigungsrechts. Zudem sind sowohl die Ausführungen in der Begründung des Referentenentwurfs als auch des Fraktionsentwurfs zu § 609a BGB aF auf die Gewährung von Darlehen durch Kreditinstitute zugeschnitten (vgl. Bergmann, WM 2016, 2153, 2157). Allein daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass der Gesetzgeber eine Regelung schaffen wollte, die nur für das Aktiv-, nicht aber auch für das Passivgeschäft von Kreditinstituten gelten sollte (so aber das Berufungsgericht, WM 2016, 1440, 1443 f.; ähnlich AG Ludwigsburg, Urteil vom 7. August 2015 - 10 C 1154/15, juris Rn. 43 ff.). Dagegen spricht bereits, dass sich hierzu weder im Referentenentwurf (ZIP 1985, 1291) noch in der Begründung zum Fraktionsentwurf (BT-Drucks. 10/4741) entsprechende Erwägungen finden (zutreffend OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 24; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 200 und 201) noch im Wortlaut des § 609a BGB aF Anhaltspunkte dafür zu erkennen sind.

53

In diesem Zusammenhang kann eine einschränkende Auslegung des Kündigungsrechts aus § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF nicht damit begründet werden, dieses sollte ein Gegengewicht zu dem den Kreditinstituten zustehenden Zinsbestimmungsrecht bilden (so aber das Berufungsgericht, WM 2016, 1440, 1444; ferner AG Ludwigsburg, Urteil vom 7. August 2015 - 10 C 1154/15, juris Rn. 47; Weber, BB 2015, 2185, 2187). Denn das Bestehen eines Zinsbestimmungsrechts des Gläubigers wird in den Materialien zu § 609a BGB aF allein im Zusammenhang mit dem Kündigungsrecht aus § 609a Abs. 1 Nr. 1 BGB aF, betreffend die Kündigungsmöglichkeit bei Auslaufen einer vereinbarten Zinsbindung bei festverzinslichen Darlehen, und dem Kündigungsrecht aus § 609a Abs. 2 BGB aF, betreffend die Kündigung von Darlehen mit einem veränderlichen Zinssatz, nicht aber im Zusammenhang mit dem Kündigungsrecht aus § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF erörtert (vgl. BT-Drucks. 10/4741, S. 22 re. Sp. und S. 23 li. Sp.; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079, 3082; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1261; Welter, WuB 2016, 597, 602).

54

Für eine in personeller und sachlicher Hinsicht uneingeschränkte Geltung des § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF sprechen auch weitere Erwägungen. Das für alle Schuldner geltende Kündigungsrecht aus § 247 BGB aF wurde vom Gesetzgeber gerade nicht ersatzlos gestrichen, sondern durch allgemeine Regelungen zur Kündigung von Darlehensverträgen ersetzt. Während in § 609a Abs. 1 Nr. 2 BGB aF ein besonderes Kündigungsrecht für natürliche Personen normiert wurde, sollte das Kündigungsrecht aus § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF ausdrücklich für alle festverzinslichen Darlehen gelten (vgl. BT-Drucks. 10/4741, S. 23 li. Sp.; OLG Celle, WM 2016, 738 f.; OLG Hamm, NJW-RR 2016, 747 Rn. 13 und ZIP 2016, 1475 f.; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079, 3082; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 200). Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber Kreditinstitute als Darlehensnehmer nicht im Blick hatte (vgl. OLG Köln, WM 2016, 740, 741; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 201; aA Weber, ZIP 2015, 961, 965 Fn. 50 und BB 2015, 2185, 2187). Dagegen spricht, dass mit § 247 Abs. 2 Satz 1 BGB aF ein gesetzlich verankerter Ausnahmetatbestand für Inhaber- und Orderschuldverschreibungen aufgehoben wurde, bei dem ausweislich der Begründung des Referentenentwurfs gerade Kreditinstitute als Schuldner im Blickpunkt standen (vgl. Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079, 3081 Fn. 19). Zudem wurde die Neuregelung nur in einem eng umgrenzten Rahmen disponibel ausgestaltet, ohne dass Anhaltspunkte dafür bestehen, dass diese Regelung nur versehentlich auf öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaften beschränkt wurde (vgl. LG München I, ZIP 2015, 2360, 2363; LG Nürnberg-Fürth, ZIP 2015, 1870, 1871).

55

(5) Durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) wurde das Kündigungsrecht aus § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF in § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF normiert. Eine Einschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs des Kündigungsrechts war damit nicht verbunden. Vielmehr erfolgte nur eine sprachliche Anpassung an die durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts neu gefasste Diktion des Darlehensrechts, ohne dass hiermit sachliche Änderungen einhergingen (BT-Drucks. 14/6040, S. 253; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1260).

56

(6) Auch die nachfolgenden Gesetzesänderungen, welche in zeitlicher Hinsicht, wie bereits ausgeführt, für die Anwendbarkeit von § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF auf den vorliegenden Fall ohne Bedeutung sind, belegen, dass keine Änderung des persönlichen Anwendungsbereichs in Betracht kommt.

57

Durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2355) wurde das - vorliegend streitgegenständliche - Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF ohne wesentliche inhaltliche Änderung nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB verschoben. Dies hatte allein gesetzestechnische Gründe, weil das bisherige Kündigungsrecht des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB aF aus systematischen Gründen in § 500 Abs. 1 BGB einen neuen Standort fand (vgl. BT-Drucks. 16/11643, S. 74 re. Sp.).

58

In der Folgezeit bis heute hat die Kündigungsvorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB keine Änderungen mehr erfahren.

59

dd) Dass das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF (auch) Bausparkassen zusteht, wird durch eine teleologische Auslegung der Norm bestätigt.

60

Ebenso wie § 247 BGB aF als reine Schuldnerschutzbestimmung ausgelegt war, lag auch dem Kündigungsrecht aus § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF die für § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF fortgeltende Erwägung zugrunde, dass ein Schuldner bei allen festverzinslichen Darlehen spätestens nach Ablauf von zehn Jahren die Möglichkeit haben soll, sich durch Kündigung von dem Vertrag und damit von einer Bindung an einen nicht mehr marktgerechten Zinssatz zu lösen. Dies gilt auch für das Einlagengeschäft der Bausparkassen (so auch OLG Celle, WM 2016, 738 f. und BKR 2016, 509 Rn. 42; OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2071; OLG Hamm, NJW-RR 2016, 747 Rn. 13; OLG Köln, WM 2016, 740, 741; LG München I, ZIP 2015, 2360, 2361 f.; LG Stuttgart, ZIP 2015, 2363, 2364; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1801 und BB 2015, 3079, 3081; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 200; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1259; Kruis, ZIP 2017, 270 f.; Rollberg, EWiR 2016, 3; Servatius, ZfIR 2016, 649, 657; aA AG Ludwigsburg, Urteil vom 7. August 2015 - 10 C 1154/15, juris Rn. 40 ff.; Weber, ZIP 2015, 961, 965, BB 2015, 2185, 2187 f. und BB 2016, 584, 586).

61

(1) Es liegt im Interesse der Bausparkasse, Bausparverträge kündigen zu können, bei denen nicht mehr marktgerechte Einlagenzinsen vereinbart sind (vgl. OLG Celle, WM 2016, 738 f.; OLG Hamm, ZIP 2016, 1475, 1476; OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 25; LG München I, ZIP 2015, 2360, 2361 f.; Bergmann, WM 2016, 2153; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079, 3081; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 200 f.; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3). Bei Abschluss des Bausparvertrages kann eine künftige Zinsentwicklung nicht sicher prognostiziert werden, so dass Fehleinschätzungen die Bausparkassen nachteilig betreffen (vgl. Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 784; dies konzediert auch Weber, ZIP 2015, 961, 965 und BB 2015, 2185, 2187). Gerade dieses Interesse des Darlehensnehmers an der Möglichkeit, sich von einer langfristigen Zinsbindung spätestens nach zehn Jahren lösen zu können, soll durch das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF befriedigt werden.

62

(2) Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass ein Schutz der Bausparkassen nicht bezweckt sei, weil diese gemäß § 5 Abs. 3 Nr. 7 BauSparkG ein entsprechendes Kündigungsrecht in ihren Allgemeinen Bausparbedingungen hätten vorsehen können (so das Berufungsgericht, WM 2016, 1440, 1446; Weber, ZIP 2015, 961, 964 und BB 2015, 2185, 2187). Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber Bausparkassen auf einen Selbstschutz durch Ausbedingung eines Kündigungsrechts hat verweisen wollen (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 30). Ganz im Gegenteil ist das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF gemäß § 489 Abs. 4 Satz 1 BGB aF zwingend ausgestaltet und bedarf damit keiner Vereinbarung.

63

(3) Vor diesem Hintergrund kommt es nicht darauf an, inwieweit die Beklagte die Möglichkeit hat, gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 BauSparkG ihre Allgemeinen Bausparbedingungen mit aufsichtsrechtlicher Genehmigung auch mit Wirkung für bestehende Verträge zu ändern, ungeachtet des Umstandes, dass es sich insoweit ausweislich der Begründung des Regierungsentwurfs zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Bausparkassen um eine subsidiäre Maßnahme handelt (vgl. BT-Drucks. 11/8089, S. 19 li. Sp.; OLG Celle, Beschluss vom 3. März 2016 - 3 U 202/15, juris Rn. 37; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 198; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1261 f.). Von daher ist eine Bausparkasse auch nicht gehalten, vorrangig eine aufsichtsrechtlich genehmigte Herabsetzung des Guthabenzinses herbeizuführen (vgl. Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 205).

64

ee) Entgegen einer von Teilen in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Ansicht kommt eine teleologische Reduktion von § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF dahin, Kreditinstitute wie Bausparkassen aus dem Anwendungsbereich der Norm herauszunehmen, nicht in Betracht (so aber das Berufungsgericht, WM 2016, 1440, 1442; Weber, ZIP 2015, 961, 965, BB 2015, 2185, 2188 und BB 2016, 584, 586; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2843).

65

Eine Rechtsfortbildung im Wege der teleologischen Reduktion setzt eine verdeckte Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus (vgl. nur BGH, Urteil vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27 Rn. 22). Von dem planwidrigen Fehlen eines Ausnahmetatbestandes für Bausparkassen in der Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF kann indes nicht ausgegangen werden (so auch OLG Hamm, ZIP 2016, 1475, 1476; OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 17; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1803 und BB 2015, 3079; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 201; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1261).

66

(1) Aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift und ihrem Regelungszweck kann entgegen der Ansicht der Befürworter einer teleologischen Reduktion der Norm nicht abgeleitet werden, dass der Gesetzgeber mit dem Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF nur den Schutz eines wirtschaftlich schwächeren Darlehensnehmers gegenüber einem wirtschaftlich stärkeren Darlehensgeber bezweckt habe (so aber das Berufungsgericht, WM 2016, 1440, 1444 f.; Weber, ZIP 2015, 961, 965, BB 2015, 2185, 2186 f. und BB 2016, 584, 586). Das Gegenteil ist der Fall. Wie oben zu Sinn und Zweck des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF und seiner Vorgängernormen im Einzelnen dargelegt worden ist, soll das Kündigungsrecht auch Bausparkassen zustehen.

67

(2) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung und einer vereinzelt in der Rechtsprechung vertretenen Ansicht (vgl. LG Karlsruhe, Urteil vom 9. Oktober 2015 - 7 O 126/15, juris Rn. 25) steht einer Anwendbarkeit des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF auch nicht entgegen, dass sich eine Bausparkasse mit einer auf diese Norm gestützten Kündigung des Bausparvertrages ihrer Rolle als Darlehensgeberin des Bausparers entzieht. Dabei wird übersehen, dass - was bereits oben dargelegt worden ist - die Bausparkasse in der Ansparphase nur Darlehensnehmerin des Bausparers ist. Der weitere Einwand, dass eine Teilkündigung von Vertragsverhältnissen nur in Betracht komme, wenn das Gesetz dies vorsehe (vgl. LG Karlsruhe, aaO), trifft ebenfalls nicht zu; denn mit der Anwendung des Kündigungsrechts aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF auf den Bausparvertrag wird das Vertragsverhältnis - wie unten näher ausgeführt - insgesamt beendet.

68

ff) Das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF ist auch nicht auf Grund einer - hier ohnehin nicht gegebenen - abschließenden Regelung der Kündigungsrechte in den Allgemeinen Bausparbedingungen ausgeschlossen (so aber Buhl/Münder, NJW 2016, 1991, 1992). Gemäß § 489 Abs. 4 Satz 1 BGB aF ist es zwingendes Recht (vgl. OLG Celle, WM 2016, 738, 739; OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2072; OLG Hamm, NJW-RR 2016, 747 Rn. 15 und ZIP 2016, 1475, 1476; OLG Köln, WM 2016, 740, 741 f.). Erst recht scheidet aufgrund des Normzwecks des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF eine analoge Anwendung des Ausnahmetatbestands des § 489 Abs. 4 Satz 2 BGB aF auf Bausparkassen aus (vgl. LG München I, ZIP 2016, 2360, 2363; LG Nürnberg-Fürth, ZIP 2015, 1870, 1871 f.).

69

b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des Kündigungsrechts aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF erfüllt.

70

aa) Das der Bausparkasse gewährte Darlehen weist einen festen Zinssatz auf, weil bereits bei Vertragsschluss der Guthabenzins für die Dauer der Ansparphase in Höhe von 3% p.a. fest vereinbart worden ist (vgl. OLG Celle, WM 2016, 738, 739; LG Stuttgart, ZIP 2015, 2363, 2365; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1263).

71

bb) Auch die weitere Voraussetzung des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF, der Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens, ist erfüllt, weil der Bausparvertrag der Klägerin zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung im Januar 2015 seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif war, nachdem die erstmalige Zuteilungsreife am 1. April 1993 eingetreten war.

72

(1) Nach fast einhelliger Meinung in der Instanzrechtsprechung und Literatur ist bei Bausparverträgen von einem vollständigen Empfang des Darlehens im Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife auszugehen (vgl. OLG Celle, WM 2016, 738, 739 und BKR 2016, 509, 512; OLG Düsseldorf, Urteil vom 1. Dezember 2016 - 6 U 124/16, juris Rn. 37; OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2072 f.; OLG Hamm, ZIP 2016, 306, 307, NJW-RR 2016, 747 Rn. 17 und ZIP 2016, 1475, 1476; OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 45; OLG Köln, WM 2016, 740, 741; OLG München, Urteile vom 27. September 2016 - 5 U 1637/16, juris Rn. 35 und vom 17. Oktober 2016 - 17 U 2643/16, juris Rn. 20; LG Aachen, Urteil vom 29. Mai 2015 - 10 O 404/14, juris Rn. 20; LG Bremen, Urteil vom 12. August 2016 - 4 S 47/16, juris Rn. 22; LG Düsseldorf, Urteil vom 8. April 2016 - 8 O 109/15, juris Rn. 25; LG Hamburg, Urteil vom 24. März 2016 - 330 O 314/15, juris Rn. 27; LG Hannover, Urteil vom 10. September 2015 - 3 O 59/15, juris Rn. 29; LG Mainz, WM 2015, 181 f.; LG München I, ZIP 2015, 2360, 2362; LG Münster, Urteil vom 25. August 2015 - 14 O 183/15, juris Rn. 28; LG Nürnberg-Fürth, ZIP 2015, 1870, 1871; LG Osnabrück, Urteil vom 21. August 2015 - 7 O 545/15, juris Rn. 21; LG Stralsund, Urteil vom 3. Februar 2016 - 7 O 264/15, juris Rn. 16; Batereau, WuB 2016, 76, 78; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1803 und BB 2015, 3079, 3083; Flick, jurisPR-BKR 5/2016 Anm. 5; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 203; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1262 ff.; Kruis, ZIP 2017, 270, 271 f.; Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 785 f.; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rn. 550; Rollberg, EWiR 2016, 3, 4; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3; Schultheiß, WuB 2015, 139, 142; Servatius, ZfIR 2016, 649, 658; Simon, EWiR 2015, 723, 724; Welter, WuB 2016, 592, 596 und WuB 2017, 11, 13).

73

(2) Demgegenüber geht eine Mindermeinung, der im Ergebnis auch das Berufungsgericht folgt, davon aus, dass das Darlehen von der Bausparkasse erst dann vollständig empfangen sei, wenn der Bausparer die volle Bausparsumme angespart hat (vgl. OLG Bamberg, WM 2016, 2067, 2069; OLG Karlsruhe, Urteil vom 8. November 2016 - 17 U 185/15, juris Rn. 48; LG Stuttgart, ZIP 2015, 2363, 2366; von Stumm, GWR 2015, 357, 359).

74

(3) Eine dritte Meinung geht davon aus, es fehle bei einem Bausparvertrag an einer Vereinbarung über die Höhe der zu gewährenden Darlehensvaluta; dieser könne daher sogar "überspart" werden (vgl. AG Ludwigsburg, Urteil vom 7. August 2015 - 10 C 1154/15, juris Rn. 85 ff.; BeckOGK/C. Weber BGB, Stand: 1. Juli 2016, § 489 Rn. 49.1; ders., ZIP 2015, 961, 964 f.; im Ergebnis zustimmend: Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl., (10) Bausparbedingungen Rn. 9).

75

(4) Nach einer vierten Ansicht sei - jedenfalls der Sache nach - jeder einzelne Regelsparbeitrag als vollständig empfangenes Darlehen zu behandeln, so dass für jeden einzelnen gezahlten Beitrag die zehnjährige Frist des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF zu laufen beginne (vgl. Bergmann, WM 2016, 2153, 2168 f.).

76

(5) Der Senat hält jedenfalls für den Regelfall die fast einhellig vertretene Auffassung für richtig.

77

(a) Der vollständige Empfang eines Darlehens im Sinne von § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF setzt die Auszahlung der Darlehensvaluta und damit die Erfüllung des Anspruchs auf Darlehensvalutierung voraus. Sind Teilzahlungen vereinbart, ist der Erhalt der letzten Rate maßgeblich (vgl. MünchKommBGB/Berger, 7. Aufl., § 489 Rn. 12; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 489 Rn. 43; BeckOGK/C. Weber BGB, Stand: 1. Juli 2016, § 489 Rn. 47; Palandt/Weidenkaff, BGB, 76. Aufl., § 489 Rn. 5).

78

Zur Beurteilung der Frage, wann die geschuldete Darlehensvaluta vollständig ausgezahlt worden ist, kommt es auf die vertraglichen Vereinbarungen über die Pflicht des Bausparers zur Darlehensgewährung und den Vertragszweck an. Danach ist ein vollständiger Empfang des Darlehens im Sinne des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF im Regelfall im Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife des Bauspardarlehens anzunehmen.

79

Zu diesem Zeitpunkt hat der Bausparer der Bausparkasse durch die Zahlung der Regelsparbeiträge einschließlich der Gutschrift von Zinserträgen vereinbarungsgemäß ein Darlehen vollständig gewährt und seine entsprechende vertragliche Verpflichtung erfüllt. Beim Bausparvertrag ist typischerweise zwischen zwei Phasen zu unterscheiden, nämlich zwischen der Zeit bis zur Erreichung der erstmaligen Zuteilungsreife und der Zeit danach. Gemäß § 1 Abs. 2 BauSparkG ist Bausparer, wer mit einer Bausparkasse einen Vertrag schließt, durch den er nach Leistung von Bauspareinlagen einen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens erwirbt. Die vom Bausparer zu erbringenden Sparleistungen sind demnach - was auch § 1 ABB deutlich belegt - zweckgebunden, um einen Anspruch auf Darlehensgewährung zu erlangen (vgl. OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2072 f.). Hiermit einher geht die Gewährung eines entsprechenden Zweckdarlehens an die Bausparkasse. Da nach dem Bausparvertrag - was oben bereits ausgeführt worden ist - lediglich ein Anspruch auf Gewährung eines Darlehens und nicht der Abschluss des Darlehensvertrags selbst erlangt wird, ist es für die Frage der Zweckerreichung unerheblich, ob der Bausparer ein Bauspardarlehen tatsächlich in Anspruch nimmt.

80

Maßgeblich ist vielmehr im Regelfall die erstmalige Zuteilungsreife, denn (nur) zu diesem Zeitpunkt kann auch der maximal mögliche Darlehensbetrag - die Differenz zwischen Bausparguthaben und Bausparsumme - beansprucht werden. Sie bildet den Dreh- und Angelpunkt des Bausparvertrages (vgl. Laux, Der Bausparvertrag als Kapitalanlage und Finanzierungsinstrument in Frankfurter Vorträge zum Versicherungswesen Bd. 23, S. 8; Zink, Der Bausparvertrag, 3. Aufl., S. 45) und ermöglicht dem Bausparer, von der Rolle des Darlehensgebers in diejenige des Darlehensnehmers zu wechseln. Die erstmalige Zuteilungsreife stellt daher bestimmungsgemäß eine Zäsur im typischen Ablauf eines Bausparvertrags dar. Dies unterstreicht die Regelung in § 14 Abs. 1 ABB, wonach der Vertrag mit der Nichtannahme der Zuteilung ausdrücklich fortgesetzt wird, obwohl an sich ein Endzeitpunkt erreicht ist.

81

Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn nach den vertraglichen Vereinbarungen der Bausparer z.B. im Falle eines (zeitlich begrenzten) Verzichts auf das zugeteilte Bauspardarlehen und nach Ablauf einer bestimmten Treuezeit einen (Zins-)Bonus erhält. In einem solchen Fall ist der Vertragszweck von den Vertragsparteien dahingehend modifiziert, dass er erst mit Erlangung des Bonus erreicht ist, so dass auch erst zu diesem Zeitpunkt ein vollständiger Empfang des Darlehens im Sinne des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF anzunehmen ist.

82

(b) Der Schutzzweck des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF spricht ebenfalls dafür, den vollständigen Empfang des Darlehens im Regelfall im Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife des Bauspardarlehens anzunehmen.

83

(aa) Im Hinblick darauf, dass die Bausparkasse hinsichtlich des Zweckdarlehens einer langfristigen Zinsbindung unterliegt und der zu entrichtende Guthabenzins zwischenzeitlich nicht mehr marktgerecht sein kann, soll ihr als Darlehensnehmerin des "Anspardarlehens" das Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF eine Beendigung des Darlehensvertrages ermöglichen, um sich von einem nicht mehr marktgerechten Zinssatz zu lösen. Aufgrund dessen ist es geboten, den in dieser Vorschrift normierten 10-Jahres-Zeitraum mit dem Ende der Ansparphase beginnen zu lassen.

84

Berechtigte Interessen des Bausparers stehen dem nicht entgegen, insbesondere nicht der Umstand, dass er durch die Kündigung seinen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens verliert (so aber von Stumm, GWR 2015, 357, 359; Yildirim, VuR 2015, 257, 260). Zwar steht dem Bausparer - wie zu § 488 Abs. 3 BGB aF ausgeführt - ausweislich der ABB bei vertragsgemäßer Erbringung der Ansparleistungen grundsätzlich ein Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens zu, der einen stillschweigend vereinbarten Ausschluss des gesetzlichen Kündigungsrechts aus § 488 Abs. 3 BGB aF bedingt, weil anderenfalls die Bausparkasse dem Bausparer jederzeit den bedingungsgemäßen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens entziehen könnte. Sind seit der erstmaligen Zuteilungsreife aber zehn Jahre vergangen, hat der Bausparer - ungeachtet der ebenfalls einzuhaltenden Kündigungsfrist von sechs Monaten - eine dem Zweck des Bausparvertrags entsprechende ausreichend lange Überlegungsfrist, um zu entscheiden, ob er das Bauspardarlehen in Anspruch nehmen will, und insoweit zu disponieren (vgl. Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 205). Eine jederzeitige Kündigungsmöglichkeit der Bausparkasse besteht - anders als bei § 488 Abs. 3 BGB aF - gerade nicht.

85

(bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts folgt nichts anderes daraus, dass eine Bausparkasse grundsätzlich ein Interesse daran hat, langfristig Einlagen von Bausparern entgegenzunehmen, um diese an andere Bausparer als Bauspardarlehen wieder auszureichen. Denn eine Kündigung durch die Bausparkasse läuft entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht dem Wesen des Bausparens zuwider, weil Einlagen nicht zu jedem Preis entgegengenommen werden können. Es liegt vielmehr, wie bereits oben ausgeführt worden ist, im Ertragsinteresse der Bausparkasse, Verträge mit einem nicht mehr marktgerechten Einlagenzins zu kündigen. Das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF soll der Bausparkasse gerade die Entscheidung in die Hand geben, ob sie das Darlehen des Bausparers kündigen oder dessen Einlagen weiter verzinsen will.

86

Anders als das Berufungsgericht meint, ist es auch nicht von Belang, dass die Voraussetzungen des Kündigungsrechts nach § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF nicht hätten eintreten können, wenn die Bausparkasse die Erbringung der nach Zuteilungsreife fälligen Regelsparbeiträge verlangt und gegebenenfalls den Vertrag nach § 488 Abs. 3 BGB aF oder gemäß § 5 Abs. 3 ABB wegen Zahlungsverzuges gekündigt hätte. Das mögliche Bestehen dieser Kündigungsrechte schließt das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF nicht aus. Dagegen spricht bereits, dass dieses Recht gemäß § 489 Abs. 4 Satz 1 BGB aF nicht zur Disposition der Vertragsparteien steht. Zudem kann der Umstand, dass die Klägerin die monatlichen Sparraten entgegen § 5 Abs. 1 ABB nicht mehr gezahlt hat, nicht dazu führen, dass das Kündigungsrecht der Beklagten entfällt (OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2072; OLG Hamm, NJW-RR 2016, 747 Rn. 20).

87

(c) Einer Gleichsetzung der erstmaligen Zuteilungsreife mit einer vollständigen Darlehensgewährung steht nicht entgegen, dass die genaue Höhe des zu gewährenden Zweckdarlehens im Vorfeld nicht betragsmäßig bestimmt ist (vgl. Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3; aA AG Ludwigsburg, Urteil vom 7. August 2015 - 10 C 1154/15, juris Rn. 86 f.; BeckOGK/C. Weber BGB, Stand: 1. Juli 2016, § 489 Rn. 49.1 f.; ders., ZIP 2015, 961, 964 f.). Ein fester Darlehensbetrag kann nicht vereinbart werden, weil es der Bausparkasse gemäß § 4 Abs. 5 BauSparkG untersagt ist, die Bausparsumme vor der Zuteilung zu einem bestimmten Zeitpunkt zuzusagen. Aus dem gleichen Grunde kommt es nicht darauf an, dass der Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife nicht kalendarisch bestimmt ist (vgl. Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1263; Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 787 f.). Trotz dieser Ungewissheit fehlt es nicht an einer hinreichend bestimmten Leistungspflicht des Bausparers zur Darlehensgewährung, weil deren Umfang anhand der Bestimmungen der Regelungen in den Allgemeinen Bausparbedingungen über die Zuteilungsreife bestimmt werden kann.

88

c) Die Kündigung ist am 12. Januar 2015 mit Wirkung zum 24. Juli 2015 erklärt worden, so dass auch die sechsmonatige Kündigungsfrist des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF gewahrt worden ist. Der Kündigung kommt nach dem Rechtsgedanken des § 139 BGB Gesamtwirkung zu, weil die Fortführung des Bausparvertrages ohne das Zweckdarlehen nicht sinnvoll möglich ist. Denn der Anspruch des Bausparers auf Gewährung eines Bauspardarlehens ist an die Höhe des Differenzbetrages zwischen Bausparguthaben und Bausparsumme geknüpft (vgl. Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1263).

89

Die Kündigung des Bausparvertrages gilt auch nicht gemäß § 489 Abs. 3 BGB aF als nicht erfolgt. Da die Parteien gerade um die Wirksamkeit der Kündigung streiten, kann sich die Klägerin - was sie im Übrigen auch nicht getan hat - auf diese Vorschrift nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auf Grund eines widersprüchlichen Verhaltens nicht berufen.

90

5. Der Beklagten steht - was das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - dagegen kein Kündigungsrecht gemäß § 490 Abs. 3 BGB aF, § 314 Abs. 1 BGB zu. Ein die Kündigung rechtfertigender wichtiger Grund liegt nur vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertrages nicht zugemutet werden kann. Dies ist hier nicht der Fall.

91

a) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein wichtiger Grund für die Kündigung des Bausparvertrages nicht darin gesehen werden kann, dass die Klägerin trotz mehr als zehnjähriger Zuteilungsreife kein Bauspardarlehen in Anspruch genommen hat. Dafür fehlt es bereits an einer entsprechenden vertraglichen Verpflichtung (Buhl/Münder, NJW 2016, 1991, 1995; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2845). Ein Bausparer verhält sich auch nicht vertragszweckwidrig, wenn er das Darlehen (noch) nicht in Anspruch nimmt und den Bausparvertrag weiter bespart (Buhl/Münder, aaO; Tröger/Kelm, aaO; aA LG Mainz, WM 2015, 181, 182; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1806). Der Zweck des Bausparvertrages besteht - was bereits oben ausgeführt worden ist - aus der Sicht des Bausparers nur in der Erlangung eines Anspruchs auf Gewährung eines Bauspardarlehens. Dieser Zweck wird indes nicht in Frage gestellt, wenn der erlangte Anspruch nicht geltend gemacht wird. Es kann in diesem Zusammenhang auch nicht darauf abgestellt werden, dass das Prinzip des kollektiven Bausparens auf dem Gedanken beruht, dass dieselbe Personengruppe zunächst als Darlehensgeber und später als Darlehensnehmer agiert (vgl BT-Drucks. IV/2747 S. 9 und BT-Drucks. VI/1900, S. 10) und der Bausparer gemäß § 1 Abs. 2 Satz 3 BauSparkG Mitglied des Bausparerkollektivs ist. Denn hieraus kann keine Pflicht abgeleitet werden, ein Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen, weil dies § 14 Abs. 1 ABB zuwiderliefe, der gerade die Fortsetzung des Vertrages bei Nichtannahme der Zuteilung regelt.

92

b) Ein wichtiger Grund liegt auch nicht in der Änderung des allgemeinen Zinsniveaus seit dem Abschluss des Bausparvertrags im Jahr 1978. Im Allgemeinen müssen die Gründe, auf die die Kündigung gestützt wird, im Risikobereich des Kündigungsgegners liegen; andernfalls ist eine fristlose Kündigung nur ausnahmsweise gerechtfertigt (vgl. BGH, Urteile vom 31. Mai 2016 - XI ZR 370/15, WM 2016, 1293 Rn. 35 und vom 4. Mai 2016 - XII ZR 62/15, WM 2016, 1360 Rn. 12; Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 314 Rn. 7). Das Risiko von Änderungen des allgemeinen Zinsniveaus übernimmt bei Darlehensverträgen mit einer Festzinsvereinbarung jeweils der Vertragspartner, zu dessen Lasten die Zinsänderung geht. Dies ist vorliegend die Bausparkasse (vgl. Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1806; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1265; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2845, aA Bergmann, WM 2016, 2153, 2159).

93

6. Ein Recht zur Kündigung des Bausparvertrages folgt auch nicht aus § 490 Abs. 3 BGB aF, § 313 Abs. 1 und 3 BGB.

94

Es kann dahinstehen, ob - was das Berufungsgericht in Erwägung gezogen hat - die Absicht der Klägerin, ein Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen, oder das Gleichgewicht zwischen Bauspareinlagen und Bauspardarlehen überhaupt zur Geschäftsgrundlage des zwischen den Parteien geschlossenen Bausparvertrags geworden ist. Auch kommt es nicht darauf an, ob das allgemeine Zinsniveau am Kapitalmarkt Geschäftsgrundlage des Vertrages war (vgl. Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1265 f.; von Stumm, GWR 2015, 357, 359) und ob diese durch die gegenwärtige Niedrigzinsphase gestört worden ist oder ob dem nicht die vertragliche Risikoverteilung auf Grund der festen Zusage eines Guthabenzinses für die Ansparphase gemäß § 6 Abs. 1 ABB entgegensteht (vgl. Buhl/Münder, NJW 2016, 1991, 1995; Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 313 Rn. 36; Herresthal, aaO; von Stumm, aaO; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2844). Denn vor einer Kündigung wäre gemäß § 490 Abs. 3 BGB aF, § 313 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 BGB vorrangig eine Anpassung des Vertrages durch eine Herabsetzung des Guthabenzinssatzes vorzunehmen (aA Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1806). Dass eine solche Anpassung des Guthabenzinses nicht möglich oder der Beklagten nicht zumutbar wäre, was Voraussetzung für ein Recht zur Kündigung nach § 313 Abs. 3 BGB ist, zeigt die Revision nicht auf und ist auch im Übrigen nicht erkennbar.

III.

95

Das Berufungsurteil ist demnach im ausgeurteilten Umfang aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts insgesamt zurückzuweisen. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil die Sache entscheidungsreif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das Berufungsgericht hat die erforderlichen Feststellungen getroffen.

96

Dem steht nicht entgegen, dass das Berufungsgericht keine Feststellungen zu dem unter Beweis gestellten Vortrag der Klägerin getroffen hat, dass der von ihr abgeschlossene Bausparvertrag von der Beklagten alternativ zum Bauspardarlehen auch als "Altersvorsorge" angepriesen worden sei. Dieser Vortrag als wahr unterstellt führt nicht dazu, dass das Feststellungsbegehren der Klägerin begründet ist. Vielmehr ist der mit der Beklagten geschlossene Bausparvertrag auch dann durch die am 12. Januar 2015 erklärte Kündigung mit Wirkung zum 24. Juli 2015 beendet worden. Die Anpreisung des Bausparvertrages als Altersvorsorge alternativ zur Inanspruchnahme des Bauspardarlehens bedeutet nicht, dass das - ohnehin unabdingbare - Kündigungsrecht der Beklagten gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF ausgeschlossen ist. Denn die Anpreisung als Altersvorsorge ändert ungeachtet ihres ohnehin nur werbenden Charakters nichts daran, dass die Klägerin der Beklagten mit der Erbringung ihrer Sparbeiträge ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife ein Zweckdarlehen vollständig gewährt hat, um einen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens zu erlangen. Da bedingungsgemäß keine Verpflichtung besteht, das Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen, geht mit dem Ansparvorgang zwangsläufig die Bildung eines Kapitalstocks einher, welcher als Rücklage der Altersvorsorge dienen kann. Zur Erreichung dieses Zwecks ist die unbefristete und von Seiten der Bausparkasse unkündbare Fortsetzung des Ansparvorgangs aber nicht erforderlich.

Ellenberger      

        

Grüneberg      

        

Maihold

        

Menges      

        

Derstadt      

        

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 30. März 2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als auf die Berufung der Klägerin das Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 15. September 2015 zum Nachteil der Beklagten abgeändert worden ist.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 15. September 2015 wird insgesamt zurückgewiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt die Klägerin.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt in der Hauptsache die Feststellung des Fortbestehens ihres Bausparvertrages.

2

Am 13. September 1978 schloss die Klägerin mit der Beklagten einen Bausparvertrag (Vertragsnummer:        ) über eine Bausparsumme von 40.000 DM (= 20.451,68 €). In den dem Bausparvertrag zugrundeliegenden Allgemeinen Bausparbedingungen (im Folgenden: ABB) heißt es auszugsweise wie folgt:

"§ 1 Vertragszweck

(1) Zweck des Bausparvertrages ist die Erlangung eines unkündbaren, in der Regel zweitstellig zu sichernden Tilgungsdarlehens (Bauspardarlehen) aufgrund planmäßiger Sparleistungen nach Maßgabe dieser Allgemeinen Bedingungen.

§ 5 Sparzahlungen

(1) Der monatliche Bausparbeitrag beträgt 4,2 vom Tausend der Bausparsumme (Regelsparbeitrag). Er ist bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme am Ersten jeden Monats kostenfrei an die Bausparkasse zu entrichten.

(2) Sonderzahlungen sind grundsätzlich zulässig. Die Bausparkasse kann deren Annahme von ihrer Zustimmung abhängig machen.

(3) Ist der Bausparer unter Anrechnung von Sonderzahlungen mit mehr als 6 Regelsparbeiträgen rückständig und hat er der schriftlichen Aufforderung der Bausparkasse, nicht geleistete Bausparbeiträge zu entrichten, länger als 2 Monate nach Zugang der Aufforderung nicht entsprochen, so kann die Bausparkasse den Bausparvertrag kündigen. …

(4) Ist der Bausparvertrag zugeteilt, so tritt an die Stelle des Rechtes der Bausparkasse, den Bausparvertrag zu kündigen, das Recht, das dem Bausparer bereitgestellte (§ 13) oder bereitzustellende (§ 14) Bauspardarlehen um die rückständigen Bausparbeiträge samt deren Zinsen zu kürzen.

§ 12 Zuteilungsnachricht

(1) Die Zuteilung wird dem Bausparer unverzüglich schriftlich mitgeteilt mit der Aufforderung, binnen 4 Wochen ab Datum der Zuteilung zu erklären, ob er die Zuteilung annimmt.

(2) Der Bausparer kann die Annahme der Zuteilung widerrufen, solange die Auszahlung der Bausparsumme noch nicht begonnen hat.

§ 13 Bereithaltung der Bausparsumme

(1) Mit Annahme der Zuteilung stellt die Bausparkasse dem Bausparer sein Bausparguthaben und ein Bauspardarlehen in Höhe des das Bausparguthaben übersteigenden Teiles der Bausparsumme bereit.

(2) …

§ 14 Vertragsfortsetzung

(1) Nimmt der Bausparer die Zuteilung nicht an oder gibt er die Annahmeerklärung nicht fristgemäß ab oder wird die Annahme der Zuteilung widerrufen, so wird der Bausparvertrag fortgesetzt.

(2) Setzt der Bausparer seinen Bausparvertrag fort, so kann er seine Rechte aus der Zuteilung jederzeit wieder geltend machen. …"

3

Gemäß § 6 Abs. 1 ABB ist das Bausparguthaben mit 3% p.a. zu verzinsen, gemäß § 20 Abs. 1 ABB ist das Bauspardarlehen mit einem Zinssatz von 5% p.a. zu gewähren.

4

Der seit dem 1. April 1993 zuteilungsreife Bausparvertrag wies am 1. Januar 2015 ein Bausparguthaben in Höhe von 15.772 € auf. Am 12. Januar 2015 erklärte die Beklagte unter Berufung auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB die Kündigung des Bausparvertrages zum 24. Juli 2015.

5

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Kündigung unwirksam sei, weil der Beklagten kein Kündigungsrecht zugestanden habe. Sie hat in der Hauptsache die Feststellung des Fortbestehens ihres Bausparvertrages begehrt. Ferner hat sie - nach teilweiser Klagerücknahme - die Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 571,44 € verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht der Klage mit Ausnahme eines Teils der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten stattgegeben und im Übrigen die Berufung zurückgewiesen. Mit ihrer - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision ist begründet.

I.

7

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung (OLG Stuttgart, WM 2016, 742) im Wesentlichen ausgeführt:

8

Die Kündigung des Bausparvertrages sei unwirksam, weil der Beklagten kein Kündigungsrecht zugestanden habe.

9

Auf das Vertragsverhältnis finde gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB seit dem 1. Januar 2003 das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 Anwendung. Ein Kündigungsrecht ergebe sich aber weder aus § 488 Abs. 3 BGB oder aus § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB noch aus § 490 Abs. 3, § 314 BGB oder aus § 490 Abs. 3, § 313 Abs. 3 BGB.

10

Die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung gemäß § 488 Abs. 3 BGB seien nicht gegeben. Zwar handele es sich bei einem Bausparvertrag in der Ansparphase um einen Darlehensvertrag, bei dem der Bausparer der Darlehensgeber und die Bausparkasse die Darlehensnehmerin seien. Jedoch könne der Bausparvertrag gemäß § 488 Abs. 3 BGB erst ab vollständiger Besparung gekündigt werden. Denn der Vertragszweck des Bausparvertrages, der in der Erlangung eines Bauspardarlehens bestehe, könne erst ab der vollständigen Ansparung nicht mehr erreicht werden. Entgegen der Auffassung der Beklagten liege keine der Vollbesparung vergleichbare Situation vor, selbst wenn die rückständigen Sparbeiträge der Klägerin die Differenz zwischen dem Bausparguthaben und der Bausparsumme überstiegen. § 5 Abs. 4 ABB führe nicht dazu, dass die Bausparsumme erreicht sei, da diese Norm nur auf zugeteilte Bausparverträge Anwendung finde und an die Stelle des Kündigungsrechts aus § 5 Abs. 3 ABB trete. Dass deren Voraussetzungen vorlägen, behaupte die Beklagte nicht, zumal sie ihre Kündigung auch nicht auf dieses Recht stütze.

11

Ein Kündigungsrecht stehe der Beklagten auch nicht auf Grund eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Klägerin zu. Diese verhalte sich nicht rechtsmissbräuchlich, wenn sie in der gegenwärtigen Niedrigzinsphase kein Bauspardarlehen in Anspruch nehme.

12

Die Beklagte könne die Kündigung des Bausparvertrags auch nicht auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB stützen. Dabei könne dahinstehen, ob diese Vorschrift überhaupt auf Sparverträge Anwendung finde. Es lägen nämlich bereits die Voraussetzungen des Kündigungsrechts nicht vor, weil der erstmalige Eintritt der Zuteilungsreife nicht der "vollständige Empfang" des an die Bausparkasse zu gewährenden Darlehens sei. Ein Darlehen sei vollständig empfangen, wenn es der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer entsprechend der vertraglichen Vereinbarungen vollständig zur Verfügung gestellt habe. Beim Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife liege ein vollständiger Empfang des Darlehens nicht vor, weil dies auf die Verpflichtung des Bausparers zur Erbringung der Regelsparbeiträge keinen Einfluss habe. Denn der Vertrag werde bei der Nichtannahme fortgesetzt, so dass auch die Verpflichtung zur Zahlung des Regelsparbeitrages fortbestehe. Zudem habe der Bausparer keinen Einfluss auf den Zeitpunkt des Eintritts der Zuteilungsreife. Die Verpflichtung zur Zahlung der Regelsparbeiträge werde allein durch die Bausparsumme begrenzt.

13

Auch Sinn und Zweck von § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforderten es nicht, die Norm unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Bausparvertrages dahingehend auszulegen, dass der vollständige Empfang den Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife umfasse. Eine solche Auslegung widerspreche dem Wesen des Bausparvertrages, weil die Bausparkasse ein Interesse habe, durch einen stetigen Zufluss von Sparbeiträgen die Zuteilungsmasse zu vergrößern, um die Zuteilung von Bauspardarlehen zu beschleunigen.

14

Eine analoge Anwendung von § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB komme nicht in Betracht. Voraussetzung für eine Analogie sei eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit. Zudem müsse der zu beurteilende Sachverhalt mit dem gesetzlich geregelten Tatbestand vergleichbar sein, so dass angenommen werden könne, dass der Gesetzgeber bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen wäre. Beides liege nicht vor.

15

Der Beklagten habe auch kein Kündigungsrecht gemäß § 490 Abs. 3, § 314 Abs. 1 BGB zugestanden. Die Nichtabnahme des Darlehens stelle kein vertragswidriges Verhalten des Bausparers dar, sondern sei im Bausparvertrag ausdrücklich vorgesehen. Hinsichtlich der Nichtzahlung der Regelsparbeiträge habe die Beklagte ein spezielleres Kündigungsrecht aus § 5 Abs. 3 ABB. Insoweit sei ihr zuzumuten, dessen Voraussetzungen herbeizuführen.

16

Eine Kündigung könne schließlich auch nicht auf § 490 Abs. 3, § 313 Abs. 3 BGB gestützt werden. Die Geschäftsgrundlage des Bausparvertrags wäre selbst dann nicht entfallen, wenn die Klägerin ihre Absicht zur Inanspruchnahme des Darlehens endgültig aufgegeben hätte. Abgesehen davon, dass die Beklagte hinsichtlich dieses Vorbringens beweisfällig geblieben sei, sei der Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht allein aus der über zehn Jahre dauernden Nichtinanspruchnahme des Darlehens abzuleiten, weil die vertraglichen Vereinbarungen auch für diesen Fall eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses vorsehen. Die Geschäftsgrundlage wäre aber auch dann nicht entfallen, wenn das Gleichgewicht zwischen Bauspareinlagen und Bauspardarlehen dergestalt gestört wäre, dass die Beklagte ihre Verpflichtungen nicht mehr erfüllen könnte. Die Beklagte habe dieses vertragsspezifische Risiko übernommen. Es hätte ihr oblegen, von der bestehenden Möglichkeit Gebrauch zu machen, das Risiko der Zinsentwicklung durch eine geeignete Vertragsgestaltung anders zu gewichten oder ihre vereinbarten Rechte anders auszuüben.

II.

17

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Beklagte den mit der Klägerin geschlossenen Bausparvertrag gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB in der vom 1. Januar 2002 bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung (nunmehr § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB) wirksam gekündigt.

18

1. In zeitlicher Hinsicht ist auf den am 13. September 1978 abgeschlossenen Bausparvertrag, bei dem es sich um ein Dauerschuldverhältnis handelt, gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB seit dem 1. Januar 2003 das Bürgerliche Gesetzbuch in der dann geltenden Fassung anzuwenden (vgl. OLG Hamm, ZIP 2016, 1475; OLG Köln, WM 2016, 740; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1259; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3). Die durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2355) erfolgten Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden - was das Berufungsgericht unberücksichtigt gelassen hat - gemäß Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB auf den vorliegenden Bausparvertrag mit Ausnahme der in Art. 229 § 22 Abs. 3 EGBGB genannten - hier nicht einschlägigen - Vorschriften keine Anwendung, weswegen insoweit das Darlehensrecht der §§ 488 ff. BGB in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) maßgeblich ist (vgl. Senatsurteil vom 19. Januar 2016 - XI ZR 103/15, BGHZ 208, 278 Rn. 15; OLG Köln, aaO).

19

Die durch das Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften vom 11. März 2016 (BGBl. I S. 396) erfolgten Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des Darlehensrechts sind gemäß Art. 229 § 38 Abs. 1 EGBGB mit Ausnahme der in Art. 229 § 38 Abs. 2 EGBGB genannten - hier nicht einschlägigen - Vorschriften nicht zu berücksichtigen.

20

2. Rechtsfehlerfrei ist die Annahme des Berufungsgerichts, dass auf einen Bausparvertrag Darlehensrecht anzuwenden ist.

21

Gemäß § 1 Abs. 2 BauSparkG erwirbt der Bausparer zwar durch die Leistung von Bauspareinlagen in der Ansparphase einen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens, mit dessen Inanspruchnahme nach Zuteilungsreife der Bausparvertrag in die Darlehensphase übergeht. Im Hinblick auf die Verknüpfung von Ansparphase und Darlehensphase gehen aber die Ansichten darüber auseinander, ob der Bausparer bei Abschluss des Bausparvertrages einen bedingten Anspruch auf Valutierung eines Bauspardarlehens erwirbt und es sich somit bei dem Bausparvertrag um einen einheitlichen Darlehensvertrag mit der Besonderheit handelt, dass Bausparer und Bausparkasse bei Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer tauschen (vgl. MünchKommBGB/Berger, 7. Aufl., Vor § 488 Rn. 28; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rn. 539 und Rn. 543; Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 778; Schäfer/Cirpka/Zehnder, Bausparkassengesetz und Bausparkassenverordnung, 5. Aufl., § 1 Anm. 12 f.; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3; Schultheiß, WuB 2015, 139, 140 f.; Yildirim, VuR 2015, 258, 259), oder ob der Bausparer lediglich einen Vorvertrag über die spätere Gewährung eines Bauspardarlehens schließt (vgl. Fandrich in Graf von Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Stand: 30. Dezember 2011, Bausparbedingungen Rn. 5; Haertlein/Thümmler, ZIP 2009, 1197, 1198 f.; Kronenburg in Derleder/Knops/Bamberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, 2. Aufl., § 17 Bauspardarlehen Rn. 4; Erman/Saenger, BGB, 14. Aufl., Vorbem. §§ 488-490 Rn. 27).

22

Der Senat hat diese Frage bislang offen gelassen (vgl. Senatsurteile vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 Rn. 32 und vom 8. November 2016 - XI ZR 552/15, WM 2017, 87 Rn. 37, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Sie bedarf auch vorliegend keiner Entscheidung. Denn unabhängig von der rechtlichen Konstruktion besteht sowohl in der Ansparphase als auch in der Darlehensphase zwischen den Vertragsparteien ein Darlehensverhältnis, wobei der Bausparer in der Ansparphase der Darlehensgeber und die Bausparkasse die Darlehensnehmerin ist (vgl. OLG Bamberg, WM 2016, 2067, 2068; OLG Celle, WM 2016, 738; OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2071; OLG Hamm, ZIP 2016, 1475; OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 12; OLG Köln, WM 2016, 740, 741; OLG Stuttgart, WM 2013, 508, 509; MünchKommBGB/Berger, 7. Aufl., Vor § 488 Rn. 28; Bergmann, WM 2016, 2153, 2154; Buhl/Münder, NJW 2016, 1991; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1801; Fandrich in Graf von Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Stand: 30. Dezember 2011, Bausparbedingungen Rn. 5; Haertlein/Thümmler, ZIP 2009, 1197, 1198; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1258 und 1260; Kronenburg in Derleder/Knops/Bamberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, 2. Aufl., § 17 Bauspardarlehen Rn. 4; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rn. 539 und Rn. 549; Omlor/Meier, EWiR 2016, 323, 324; Rollberg, EWiR 2016, 3; Schäfer/Cirpka/Zehnder, Bausparkassengesetz und Bausparkassenverordnung, 5. Aufl., § 1 Anm. 12; Schultheiß, WuB 2015, 139, 141; Servatius, ZfIR 2016, 649, 651; von Stumm, GWR 2015, 357; Weber, ZIP 2015, 961, 962).

23

Die von der Revisionserwiderung gegen eine Anwendbarkeit der darlehensrechtlichen Vorschriften vorgebrachten Bedenken greifen nicht durch. Soweit sie darauf hinweist, dass auf Namensschuldverschreibungen wie Sparkassenbriefe das Darlehensrecht keine Anwendung finde (so OLG München, WM 2012, 1535), ist dies - die Richtigkeit dieser These unterstellt - unbehelflich, weil Sparkassenbriefe und Bausparverträge ihrer Rechtsnatur nach nicht vergleichbar sind. Soweit sie des Weiteren meint, in der Ansparphase bestehe deshalb kein Darlehensverhältnis, weil die Allgemeinen Bausparbedingungen der Beklagten nur für den Ausnahmefall der Kündigung durch den Bausparer eine Rückzahlungsverpflichtung vorsehen, das angesparte Geld im Regelfall aber in dem Bauspardarlehen aufgehe und nicht die Bausparkasse, sondern der Bausparer im Grundsatz einen bestimmten Geldbetrag zurückzuzahlen habe, verkennt sie, dass eine Rückzahlungsverpflichtung des Bausparers erst mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens in der Darlehensphase und nur in Höhe des Differenzbetrages zwischen Bausparsumme und Bausparguthaben entsteht, während die Ansparleistungen dem Bausparer als Bausparguthaben zurückgewährt werden (§ 13 Abs. 1 ABB).

24

3. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht zu Recht eine Kündigungsmöglichkeit der Beklagten gemäß § 488 Abs. 3 BGB aF verneint. Ein solches Kündigungsrecht haben die Parteien zumindest stillschweigend abbedungen.

25

a) Gemäß § 5 Abs. 3 Nr. 7 BauSparkG haben die Allgemeinen Bausparbedingungen Bestimmungen darüber zu enthalten, unter welchen Voraussetzungen ein Bausparvertrag gekündigt werden kann. Die Allgemeinen Bausparbedingungen der Beklagten sehen ein Kündigungsrecht der Beklagten während der Ansparphase nur unter den - vorliegend nicht erfüllten - Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 ABB vor. Hieraus folgt, dass einem Bausparer bei vertragsgemäßer Erbringung der Ansparleistungen grundsätzlich ein Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens zusteht. Dies bedingt einen stillschweigend vereinbarten Ausschluss des gesetzlichen Kündigungsrechts aus § 488 Abs. 3 BGB aF, weil anderenfalls die Bausparkasse dem Bausparer jederzeit den bedingungsgemäßen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens entziehen könnte (vgl. OLG Stuttgart, WM 2013, 508, 509; OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 2. Oktober 2013 - 19 U 106/13, juris Rn. 11; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1805; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl., (10) Bausparbedingungen Rn. 9; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1264; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rn. 548; Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 782 f.; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3; Schäfer/Cirpka/Zehnder, Bausparkassengesetz und Bausparkassenverordnung, 5. Aufl., § 5 Anm. 37; Servatius, ZfIR 2016, 649, 652; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2840; Weber, ZIP 2015, 961, 962; Yildirim, VuR 2015, 258, 260).

26

b) Etwas anderes gilt hingegen, wenn die Bausparsumme - was hier nicht der Fall ist - voll angespart worden ist. Denn ab diesem Zeitpunkt kann ein Bauspardarlehen nicht mehr beansprucht werden (vgl. OLG Bamberg, WM 2016, 2067, 2068; OLG Celle, BKR 2016, 509 Rn. 24; OLG Stuttgart, WM 2013, 508, 509; OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 14; Bergmann, WM 2016, 2153, 2155; Buhl/Münder, NJW 2016, 1991, 1995; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079, 3083 f.; Flick, jurisPR-BKR 5/2016 Anm. 5; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 199; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl., (10) Bausparbedingungen Rn. 9; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1264; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rn. 548; Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 782 f.; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3; Servatius, ZfIR 2016, 649, 651; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2840; Weber, ZIP 2015, 961, 962; Yildirim, VuR 2015, 258, 260 f.).

27

c) Anders als die Revision meint, steht der Beklagten ein Kündigungsrecht gemäß § 488 Abs. 3 BGB aF auch nicht deshalb zu, weil die Klägerin sich so behandeln lassen muss, als hätte sie die Bausparsumme vollständig angespart. Auch wenn die von der Klägerin in der Vergangenheit nicht erbrachten Regelsparbeiträge die Differenz zwischen ihrem Bausparguthaben und der Bausparsumme übersteigen, sieht § 5 Abs. 3 ABB für den Fall des Rückstandes mit der Zahlung von Regelsparbeiträgen eine spezielle Regelung vor, die den allgemeinen Kündigungstatbestand des § 488 Abs. 3 BGB aF verdrängt. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 ABB, insbesondere die Aufforderung zur Erbringung der rückständigen Regelsparbeiträge, können nicht durch einen Rückgriff auf den allgemeinen Kündigungstatbestand aus § 488 Abs. 3 BGB aF unterlaufen werden. Deren Einhaltung stellt entgegen der Ansicht der Revision keine überflüssige Förmelei dar.

28

d) Entgegen einer vereinzelten Auffassung im Schrifttum ist einer Bausparkasse eine Kündigungsmöglichkeit nach § 488 Abs. 3 BGB aF auch nicht dann eröffnet, wenn der Bausparer trotz erstmaliger Zuteilungsreife kein Bauspardarlehen in Anspruch nimmt. Dies wird damit begründet, dass der Bausparer mit der Nichtannahme zum Ausdruck bringe, von seiner Option auf Gewährung eines Bauspardarlehens keinen Gebrauch machen zu wollen (vgl. Schultheiß, WuB 2015, 139, 141). Dem ist nicht zu folgen.

29

Bausparen ist zwar, wie aus § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 und 3 BauSparkG sowie § 1 ABB folgt, ein zielgerichtetes Sparen, um für wohnungswirtschaftliche Maßnahmen ein Darlehen beanspruchen zu können (vgl. Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1803; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1258; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rn. 550; Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 782 und 786). Hiermit geht aber, was die Bestimmungen über die Fortsetzung des Vertrages bei Nichtannahme der Zuteilung (§ 14 Abs. 1 ABB) zeigen, keine Pflicht einher, ein Bauspardarlehen tatsächlich in Anspruch zu nehmen (vgl. OLG Celle, WM 2016, 738, 739; OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2072; OLG Hamm, ZIP 2016, 306, 307 und NJW-RR 2016, 747 Rn. 17; Batereau, WuB 2016, 76, 77; Edelmann/Suchowerskyj, aaO; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 203; Herresthal, aaO; Yildirim, VuR 2015, 258, 260 f.).

30

Aus diesem Grunde besteht, anders als das Berufungsgericht meint, der Vertragszweck in der Erlangung eines Anspruchs auf Gewährung eines Bauspardarlehens (§ 1 Abs. 2 Satz 1 BauSparkG) und nicht in der tatsächlichen Inanspruchnahme des Bauspardarlehens. Gegenteiliges folgt auch nicht aus dem Wortlaut von § 1 ABB, weil diese Bestimmung ein Darlehen nach Maßgabe der Allgemeinen Bausparbedingungen vorsieht, welches aber von dem Bausparer gerade nicht in Anspruch zu nehmen ist. Der Bausparer erwirbt vielmehr die Option, ein Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen (vgl. LG Stuttgart, ZIP 2015, 2363, 2367; Bergmann, WM 2016, 2153, 2154; Schäfer/Cirpka/Zehnder, Bausparkassengesetz und Bausparkassenverordnung, 5. Aufl., § 1 Anm. 13), hinsichtlich derer ihm aber eine flexible Handhabung zuzubilligen ist, weil er nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt mit der Darlehensgewährung rechnen kann (vgl. Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 204 und 206; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1258). Denn die Bausparkasse kann gemäß § 4 Abs. 5 BauSparkG bei Vertragsschluss keinen festen Termin für die Auszahlung des Bauspardarlehens zusagen. Zudem kann der Bausparer auch bei einer kontinuierlichen Erbringung der Regelsparbeiträge unter Beachtung der Mindestspardauer den genauen Zeitpunkt der Zuteilung nicht selbst bestimmen, weil dieser unter anderem von dem Vorhandensein einer ausreichenden Zuteilungsmasse abhängt (vgl. BGH, Urteil vom 23. Oktober 1975 - III ZR 95/73, WM 1976, 50, 51).

31

e) Entgegen einer weiteren Auffassung im Schrifttum steht einer Bausparkasse das Kündigungsrecht aus § 488 Abs. 3 BGB aF auch nicht dann zu, wenn der Bausparer - wie im vorliegenden Fall die Klägerin - länger als zehn Jahre ab erstmaliger Zuteilungsreife das Bauspardarlehen nicht in Anspruch nimmt. Dies wird damit begründet, dass der Bausparer mit einem solchen Verhalten auf sein Recht auf Gewährung des Bauspardarlehens verzichte oder dieses Recht verwirke und deshalb von einer der vollständigen Besparung eines Bausparvertrages gleichstehenden Zweckerreichung auszugehen sei (vgl. Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1805, die sich zu Unrecht auf OLG Stuttgart, WM 2013, 508 berufen). Auch dieser Ansicht ist nicht zu folgen (ebenso Bergmann, WM 2016, 2153, 2155; Buhl/Münder, NJW 2016, 1991, 1995; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1264 f.; Servatius, ZfIR 2016, 649, 654; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2840).

32

Dem in der Nichtannahme der Zuteilung liegenden Schweigen des Bausparers - hier der Klägerin - kommt bereits nach allgemeinen rechtsgeschäftlichen Grundsätzen kein Erklärungsgehalt zu (vgl. dazu Palandt/Ellenberger, BGB, 76. Aufl., Einf. v. § 116 Rn. 7). Es beinhaltet schon aus diesem Grunde kein an die Bausparkasse gerichtetes Angebot auf Abschluss eines entsprechenden Erlassvertrages (§ 397 Abs. 1 BGB).

33

Die Nichtannahme des Bauspardarlehens mehr als zehn Jahre nach Zuteilungsreife füllt auch den Tatbestand der Verwirkung nicht aus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (vgl. nur Senatsurteile vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, WM 2016, 1835 Rn. 40 mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen, und vom 11. Oktober 2016 - XI ZR 482/15, WM 2016, 2295 Rn. 30 mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Dafür, dass die Beklagte auf die Nichtannahme des Bauspardarlehens vertraut und infolgedessen Dispositionen getroffen hätte, ist nichts vorgetragen oder sonst erkennbar.

34

4. Dagegen hält die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte könne sich nicht auf das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB - zutreffend: der nahezu wortgleiche § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF - stützen, den Angriffen der Revision nicht stand. Das Gegenteil ist richtig. § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF ist auch auf das Einlagengeschäft von Bausparkassen anzuwenden und unterliegt insoweit keiner teleologischen Reduktion (dazu unter a). Es sind auch die Voraussetzungen des Kündigungsrechts aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF in direkter Anwendung der Norm erfüllt, ohne dass es eines Analogieschlusses bedarf (dazu unter b).

35

a) Nach der ganz herrschenden Ansicht in der Instanzrechtsprechung und Literatur steht das ordentliche Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF auch einer Bausparkasse - wie hier der Beklagten - zu (vgl. OLG Celle, WM 2016, 738 und BKR 2016, 509 Rn. 39; OLG Düsseldorf, Urteil vom 1. Dezember 2016 - 6 U 124/16, juris Rn. 25; OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2071; OLG Hamm, ZIP 2016, 306, 307; NJW-RR 2016, 747 Rn. 14 und ZIP 2016, 1475 f.; OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 15 ff.; OLG Köln, WM 2016, 740, 741; OLG München, Urteile vom 27. September 2016 - 5 U 1637/16, juris Rn. 30 und vom 17. Oktober 2016 - 17 U 2643/16, juris Rn. 15; LG Aachen, Urteil vom 29. Mai 2015 - 10 O 404/14, juris Rn. 16; LG Bremen, Urteil vom 12. August 2016 - 4 S 47/16, juris Rn. 18; LG Düsseldorf, Urteil vom 8. April 2016 - 8 O 109/15, juris Rn. 15; LG Hamburg, Urteil vom 24. März 2016 - 330 O 314/15, juris Rn. 18; LG Hannover, Urteil vom 10. September 2015 - 3 O 59/15, juris Rn. 24; LG Mainz, WM 2015, 181 f.; LG München I, ZIP 2015, 2360, 2361 f.; LG Münster, Urteil vom 25. August 2015 - 14 O 183/15, juris Rn. 20 f.; LG Nürnberg-Fürth, ZIP 2015, 1870 f.; LG Osnabrück, Urteil vom 21. August 2015 - 7 O 545/15, juris Rn. 18 f.; LG Stralsund, Urteil vom 3. Februar 2016 - 7 O 264/15, juris Rn. 14; LG Stuttgart, ZIP 2015, 2363, 2364 f.; Batereau, WuB 2016, 76, 77; Bergmann, WM 2016, 2153, 2156; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1801 und BB 2015, 3079, 3080; Flick, jurisPR-BKR 5/2016 Anm. 5; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 200; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1259 f.; Kruis ZIP 2017, 270 f.; Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 783; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 489 Rn. 51; Omlor/Meier, EWiR 2016, 323 f.; Rollberg, EWiR 2016, 3; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3; Schultheiß, WuB 2015, 139, 142; Servatius, ZfIR 2016, 649, 657 f.; Simon, EWiR 2016, 723, 724; von Stumm, GWR 2015, 357, 358; Welter, WuB 2016, 597, 601 ff. und WuB 2017, 9, 12; Yildirim, VuR 2015, 258, 259 f.).

36

Demgegenüber gehen lediglich vereinzelte Stimmen in der Instanzrechtsprechung und Literatur davon aus, dass das Kündigungsrecht zugunsten einer Bausparkasse keine Anwendung findet (so das Berufungsgericht, WM 2016, 1440, 1442; ferner AG Ludwigsburg, Urteil vom 7. August 2015 - 10 C 1154/15, juris Rn. 40 ff.; MünchKommBGB/Berger, 7. Aufl., § 489 Rn. 2; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2843; Weber, ZIP 2016, 961; BB 2015, 2185, 2186 und BB 2016, 584, 586 f.; BeckOGK/C. Weber BGB, Stand: 1. Juli 2016, § 489 Rn. 15).

37

Die herrschende Ansicht ist zutreffend. Für sie spricht das Ergebnis einer grammatikalischen, systematischen, historischen und teleologischen Auslegung von § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF, was zugleich einer teleologischen Reduktion der Norm entgegensteht.

38

aa) Der Wortlaut des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF gewährt dem Darlehensnehmer bei einem Darlehensvertrag mit einem festen Zinssatz ein Kündigungsrecht, und zwar in jedem Fall zehn Jahre nach dem vollständigen Empfang der Darlehensvaluta unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten. In persönlicher Hinsicht wird dabei nicht danach unterschieden, ob es sich bei dem Darlehensnehmer um eine natürliche oder juristische Person handelt und ob dieser Verbraucher oder Unternehmer ist. Danach kann auch eine Bausparkasse Darlehensnehmer im Sinne dieser Vorschrift sein (so auch OLG Celle, WM 2016, 738 und BKR 2016, 509 Rn. 40; OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2071; OLG Hamm, NJW-RR 2016, 747 Rn. 14 und ZIP 2016, 1475, 1476; OLG Köln, WM 2016, 740, 741; LG Mainz, WM 2015, 181 f.; LG Nürnberg-Fürth, ZIP 2015, 1870 f.; LG München I, ZIP 2015, 2360, 2361 f.; LG Stuttgart, ZIP 2015, 2363, 2364 f.; Bergmann, WM 2016, 2153, 2156; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1801 und BB 2015, 3079, 3080; Flick, jurisPR-BKR 5/2016 Anm. 5; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 200; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1260; Rollberg, EWiR 2016, 3; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2841).

39

bb) Die Gesetzessystematik bestätigt die Auslegung nach dem Wortlaut, d.h. eine Anwendbarkeit der Norm auch zugunsten einer Bausparkasse.

40

§ 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF gewährt allen Darlehensnehmern ein Kündigungsrecht, während ein spezielles Kündigungsrecht nur für Verbraucher in § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB aF - bzw. nach dem intertemporal gemäß Art. 229 § 22 Abs. 3 EGBGB maßgeblichen Recht in § 500 Abs. 1 BGB - geregelt worden ist. Nach der gesetzlichen Systematik kann sich daher eine Bausparkasse auf das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF berufen (so auch OLG Celle, WM 2016, 738 und BKR 2016, 509 Rn. 41; OLG Hamm, NJW-RR 2016, 747 Rn. 14 und ZIP 2016, 1475, 1476; OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 33; OLG Köln, WM 2016, 740, 741; LG Nürnberg-Fürth, ZIP 2015, 1870 f.; LG München I, ZIP 2015, 2360, 2361; LG Stuttgart, ZIP 2015, 2363, 2364 f.; Bergmann, WM 2016, 2153, 2156; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1801 und BB 2015, 3079, 3080; Flick, jurisPR-BKR 5/2016 Anm. 5; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 200; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1260; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3; Omlor/Meier, EWiR 2016, 323, 324; Rollberg, EWiR 2016, 3; Servatius, ZfIR 2016, 649, 656; Simon, EWiR 2015, 723, 724; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2841; Yildirim, VuR 2015, 258, 259 f.).

41

Gegen eine Beschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs der Norm spricht in gesetzessystematischer Hinsicht ferner, dass § 489 Abs. 4 Satz 2 BGB aF eine Ausnahmeregelung hinsichtlich der Abdingbarkeit des Kündigungsrechts aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF vorsieht, welche sich ausschließlich auf Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften bezieht. Hieraus folgt zum einen, dass das Kündigungsrecht grundsätzlich auch öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaften zusteht und dessen Anwendungsbereich damit insbesondere nicht auf Verbraucher beschränkt ist (vgl. OLG Hamm, ZIP 2016, 1475, 1476; LG München I, ZIP 2015, 2360, 2361; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1801 und BB 2015, 3079, 3080 f.; Flick, jurisPR-BKR 5/2016 Anm. 5; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1260; Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 783; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3; Simon, EWiR 2016, 723, 724). Zum anderen kann danach das Kündigungsrecht allen anderen Darlehensnehmern gegenüber nicht abbedungen werden. Nach seiner Regelungssystematik schließt das Gesetz damit bestimmte Darlehensnehmer, die bei einer typisierenden Betrachtungsweise weniger schutzbedürftig erscheinen - wie insbesondere öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaften - nicht von vornherein aus dem Anwendungsbereich der Norm aus, sondern gestaltet sie diesen gegenüber nur disponibel aus. Dagegen ist dies im Hinblick auf Kaufleute und Unternehmer, die bei einer typisierenden Betrachtungsweise ebenfalls weniger schutzbedürftig erscheinen könnten, gerade nicht geschehen (vgl. Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079, 3080 f.).

42

cc) Die Entstehungsgeschichte des in § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF normierten Kündigungsrechts belegt ebenfalls, dass dieses Recht auch Kaufleuten und Unternehmern und damit auch Kreditinstituten wie Bausparkassen zusteht.

43

(1) Das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF ist über die früheren Regelungen in § 609a BGB in der Fassung vom 25. Juli 1986 (BGBl. I S. 1169; künftig: aF) und in § 247 BGB in der Fassung von 1. Januar 1900 (künftig: aF), eingeführt durch das Bürgerliche Gesetzbuch vom 18. August 1896 (RGBl. 1896, S. 195), auf das "Gesetz, betreffend die vertragsgemäßen Zinsen" vom 14. November 1867 (Bundes-Gesetzblatt des Norddeutschen Bundes, 1867, S. 159, 160) zurückzuführen (vgl. "Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§ 247 BGB)" (künftig: RefE), ZIP 1985, 1291, 1292; Weber, BB 2015, 2185, 2186). Während § 1 dieses Gesetzes jede Beschränkung von Zinsvereinbarungen aufhob, gewährte § 2 Abs. 1 des Gesetzes dem Schuldner bei einem Zinssatz von mehr als 6% p.a. gleichsam als Kompensation für die Aufhebung gesetzlicher Beschränkungen hinsichtlich der Zinshöhe das Recht, nach Ablauf eines halben Jahres mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten den Vertrag zu kündigen (vgl. Bergmann, WM 2016, 2153, 2156; Landau in Gedächtnisschrift Conrad, 1979, S. 385, 399; Welter, WuB 2016, 597, 601). Dieses Kündigungsrecht bestand jedoch gemäß § 2 Abs. 3 des Gesetzes nicht bei Inhaberschuldverschreibungen und Darlehen, die einem Kaufmann gewährt wurden.

44

(2) Das Kündigungsrecht aus § 2 Abs. 1 des Gesetzes, betreffend die vertragsgemäßen Zinsen wurde zum 1. Januar 1900 als § 247 BGB aF in das Bürgerliche Gesetzbuch übernommen (vgl. Schubert/Schmiedel/Krampe, Quellen zum Handelsgesetzbuch von 1897, Bd. II, S. 1347) und damit als eine Regelung im Allgemeinen Teil des Schuldrechts gefasst, die nicht nur auf Darlehensverträge Anwendung fand. § 247 Abs. 1 BGB aF bestimmte, dass in den Fällen, in denen ein höherer Zinssatz als 6% p.a. vereinbart war, der Schuldner nach Ablauf von sechs Monaten das Kapital unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten kündigen konnte. Das Kündigungsrecht galt gemäß § 247 Abs. 2 BGB aF nur nicht bei Schuldverschreibungen auf den Inhaber. Der ursprüngliche Ausnahmetatbestand, wonach das Kündigungsrecht nicht für Kaufleute galt, wurde vom Gesetzgeber bewusst nicht fortgeschrieben (vgl. Bergmann, WM 2016, 2153, 2157; Landau in Gedächtnisschrift Conrad, 1979, S. 385, 403; Weber, ZIP 2015, 961, 965 und BB 2015, 2185, 2187).

45

Zwar wird in den Materialien zu § 247 BGB aF ausgeführt, dass das Kündigungsrecht des Schuldners bei hohen Zinsen, jedenfalls seiner Wirkung nach, ein Mittel gegen den Missbrauch der wirtschaftlichen Übermacht des Gläubigers gegenüber dem Schuldner sei und es sich bei der herrschenden starken Strömung, welche auf eine Verstärkung des Schutzes des wirtschaftlich Schwächeren gehe, nicht empfehle, dieses bestehende Schutzmittel für den Schuldner fallen zu lassen (vgl. Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, Bd. II, Recht der Schuldverhältnisse, S. 628 f.). Hieraus folgt aber nicht, dass das Kündigungsrecht nur solchen Personen zustehen sollte, die hinsichtlich ihrer persönlichen Eigenschaften bei einer typisierenden Betrachtungsweise schutzbedürftig sind (vgl. Landau in Gedächtnisschrift Conrad, 1979, S. 385, 403).

46

Denn zu dem Kreis der durch § 247 BGB aF zu schützenden Personen sollten auch Kaufleute gehören, wie der "Kommissionsbericht über den Entwurf eines H.G.B." belegt (siehe dazu Schubert/Schmiedel/Krampe, Quellen zum Handelsgesetzbuch von 1897, Bd. II, S. 1343 ff.). Der Entwurf sah in § 342 vor, dass einem Kaufmann bei Schulden aus seinen Handelsgeschäften trotz eines Zinssatzes von mehr als 6% p.a. - ein Zinssatz von 6% p.a. lag zur Zeit des Inkrafttretens des BGB etwa um das Eineinhalbfache über dem Marktniveau (vgl. RefE, ZIP 1985, 1291, 1292; Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP (künftig: FraktionsE), BT-Drucks. 10/4741, S. 20 re. Sp.) - kein Kündigungsrecht zustehen sollte (vgl. Bergmann, WM 2016, 2153, 2157; Landau in Gedächtnisschrift Conrad, 1979, S. 385, 403; Schubert/Schmiedel/Krampe, aaO, S. 1343). Diese Ausnahmeregelung zu § 247 BGB aF wurde jedoch nicht Gesetz, nachdem darauf hingewiesen worden war, dass die Kündigungsbefugnis im Bürgerlichen Gesetzbuch als geeignetes Mittel anerkannt worden sei, dem Schuldner gegen die Übermacht des Gläubigers Schutz zu gewähren, und dies auch im kaufmännischen Verkehr angebracht sei (vgl. Bergmann, aaO; Landau, aaO; Schubert/Schmiedel/Krampe, aaO, S. 1347). Als schutzbedürftig wurde demnach derjenige angesehen, der gegenüber einem Gläubiger eine hochverzinste Schuld übernahm, weswegen es in persönlicher Hinsicht allein auf die Stellung als Schuldner, nicht aber auf sonstige persönliche Eigenschaften ankam.

47

(3) An diesem Befund, wonach das Kündigungsrecht aus § 247 Abs. 1 Satz 1 BGB aF als reine Schuldnerschutzbestimmung in persönlicher Hinsicht keiner weiteren Beschränkung unterlag, hat sich in der Folgezeit nichts geändert. Durch das Gesetz zur Wiederherstellung der Gesetzeseinheit auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts vom 5. März 1953 (BGBl. I S. 33) wurde lediglich der Ausnahmetatbestand des § 247 Abs. 2 BGB aF auf Orderschuldverschreibungen erweitert. Durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Hypothekenbankgesetzes vom 14. Januar 1963 (BGBl. I S. 9) wurde § 247 Abs. 2 BGB aF dahingehend ergänzt, dass das Kündigungsrecht aus § 247 Abs. 1 Satz 1 BGB aF bei Darlehen, die zu einer auf Grund gesetzlicher Vorschriften gebildeten Deckungsmasse für Schuldverschreibungen gehörten, abdingbar sein sollte.

48

(4) § 247 BGB aF wurde sodann durch das Gesetz zur Änderung wirtschafts-, verbraucher-, arbeits- und sozialrechtlicher Vorschriften vom 25. Juli 1986 (BGBl. I S. 1169) zum 31. Dezember 1986 aufgehoben und zugleich für das Darlehensrecht mit Wirkung ab dem 1. Januar 1987 durch die neue, inhaltlich geänderte Vorschrift des § 609a BGB aF ersetzt.

49

Mit der Verlagerung des Kündigungsrechts in das Darlehensrecht wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass die Vorschrift für andere verzinsliche Geldschulden keine praktische Bedeutung erlangt hatte (vgl. RefE, ZIP 1985, 1291, 1294; FraktionsE, BT-Drucks. 10/4741, S. 22 re. Sp.). Anlass für die Aufhebung von § 247 BGB aF war, dass das Kündigungsrecht auf Grund der zwischenzeitlichen Entwicklungen des Zinsniveaus seit Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs von einem Ausnahmerechtsbehelf zu einem weitgehend voraussetzungslosen Kündigungsrecht geworden war, was mit dem Wesen einer Festzinsabrede bei längerfristigen Krediten nicht zu vereinbaren war und in größerem Umfang zur Kündigung von Darlehen gegenüber Kreditinstituten geführt hatte (vgl. RefE, ZIP 1985, 1291, 1292; FraktionsE, BT-Drucks. 10/4741, S. 1 und S. 20). Die mit einer Kündigung einhergehende einseitige Verlagerung des Zinsänderungsrisikos auf den Darlehensgeber wurde als gesamtwirtschaftlich nachteilig angesehen, weil professionellen Kreditgebern eine laufzeit- und zinskongruente Refinanzierung erschwert wurde und zudem das Risiko gesehen wurde, dass vermehrt Kredite nur mit kurzen Zinsbindungsfristen oder Kredite mit langfristiger Zinsbindung nur gegen Kostenaufschläge herausgegeben würden (vgl. RefE, aaO; FraktionsE, aaO, S. 20 re. Sp.).

50

Gleichwohl sollte das Kündigungsrecht aus § 247 BGB aF nicht ersatzlos gestrichen werden. Vielmehr sollte der Schuldnerschutz gerade bei festverzinslichen Krediten nur auf ein angemessenes Maß zurückgeführt werden (vgl. RefE, ZIP 1985, 1291, 1293; FraktionsE, BT-Drucks. 10/4741, S. 21 re. Sp.). Aus diesem Grunde sollte bei Auslaufen einer beiderseitigen Zinsbindung der Schuldner nicht einem einseitigen Zinsbestimmungsrecht des Gläubigers unterliegen (§ 609a Abs. 1 Nr. 1 BGB aF). Nach einer Laufzeit von zehn Jahren sollte ein Schuldner in jedem Fall kündigen können (§ 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF). Ferner sollte bei Verbraucherdarlehen im engeren Sinne aus sozialen Gründen ein kurzfristiges Kündigungsrecht (§ 609a Abs. 1 Nr. 2 BGB aF) bestehen (vgl. RefE, aaO; FraktionsE, aaO, S. 21 re. Sp. und S. 22 li. Sp.). Die Höhe des vereinbarten Zinssatzes, die ursprünglich für die Einführung des Kündigungsrechts von Bedeutung war, sollte hingegen für die Frage der Kündbarkeit des Darlehens keine Bedeutung mehr haben (RefE, ZIP 1985, 1291, 1294).

51

Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs sollte das Kündigungsrecht aus § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF dem Schuldner bei allen festverzinslichen Darlehen nach Ablauf von zehn Jahren nach dessen Auszahlung zustehen, um ihm spätestens dann die Möglichkeit zu geben, sich von dem Darlehensvertrag und damit von der weiteren Bindung an einen nicht mehr zeitgemäßen Zinssatz zu lösen (vgl. RefE, ZIP 1985, 1291, 1294 f.; FraktionsE, BT-Drucks. 10/4741, S. 23 li. Sp.).

52

Aufgrund dessen galt die Neuregelung des Kündigungsrechts in § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF nicht nur für das Aktivgeschäft, sondern auch für das Passivgeschäft von Kreditinstituten. Zwar waren die negativen Auswirkungen des Kündigungsrechts aus § 247 BGB aF auf das Aktivgeschäft der Kreditinstitute der Anlass für die Neuregelung des Kündigungsrechts. Zudem sind sowohl die Ausführungen in der Begründung des Referentenentwurfs als auch des Fraktionsentwurfs zu § 609a BGB aF auf die Gewährung von Darlehen durch Kreditinstitute zugeschnitten (vgl. Bergmann, WM 2016, 2153, 2157). Allein daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass der Gesetzgeber eine Regelung schaffen wollte, die nur für das Aktiv-, nicht aber auch für das Passivgeschäft von Kreditinstituten gelten sollte (so aber das Berufungsgericht, WM 2016, 1440, 1443 f.; ähnlich AG Ludwigsburg, Urteil vom 7. August 2015 - 10 C 1154/15, juris Rn. 43 ff.). Dagegen spricht bereits, dass sich hierzu weder im Referentenentwurf (ZIP 1985, 1291) noch in der Begründung zum Fraktionsentwurf (BT-Drucks. 10/4741) entsprechende Erwägungen finden (zutreffend OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 24; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 200 und 201) noch im Wortlaut des § 609a BGB aF Anhaltspunkte dafür zu erkennen sind.

53

In diesem Zusammenhang kann eine einschränkende Auslegung des Kündigungsrechts aus § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF nicht damit begründet werden, dieses sollte ein Gegengewicht zu dem den Kreditinstituten zustehenden Zinsbestimmungsrecht bilden (so aber das Berufungsgericht, WM 2016, 1440, 1444; ferner AG Ludwigsburg, Urteil vom 7. August 2015 - 10 C 1154/15, juris Rn. 47; Weber, BB 2015, 2185, 2187). Denn das Bestehen eines Zinsbestimmungsrechts des Gläubigers wird in den Materialien zu § 609a BGB aF allein im Zusammenhang mit dem Kündigungsrecht aus § 609a Abs. 1 Nr. 1 BGB aF, betreffend die Kündigungsmöglichkeit bei Auslaufen einer vereinbarten Zinsbindung bei festverzinslichen Darlehen, und dem Kündigungsrecht aus § 609a Abs. 2 BGB aF, betreffend die Kündigung von Darlehen mit einem veränderlichen Zinssatz, nicht aber im Zusammenhang mit dem Kündigungsrecht aus § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF erörtert (vgl. BT-Drucks. 10/4741, S. 22 re. Sp. und S. 23 li. Sp.; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079, 3082; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1261; Welter, WuB 2016, 597, 602).

54

Für eine in personeller und sachlicher Hinsicht uneingeschränkte Geltung des § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF sprechen auch weitere Erwägungen. Das für alle Schuldner geltende Kündigungsrecht aus § 247 BGB aF wurde vom Gesetzgeber gerade nicht ersatzlos gestrichen, sondern durch allgemeine Regelungen zur Kündigung von Darlehensverträgen ersetzt. Während in § 609a Abs. 1 Nr. 2 BGB aF ein besonderes Kündigungsrecht für natürliche Personen normiert wurde, sollte das Kündigungsrecht aus § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF ausdrücklich für alle festverzinslichen Darlehen gelten (vgl. BT-Drucks. 10/4741, S. 23 li. Sp.; OLG Celle, WM 2016, 738 f.; OLG Hamm, NJW-RR 2016, 747 Rn. 13 und ZIP 2016, 1475 f.; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079, 3082; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 200). Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber Kreditinstitute als Darlehensnehmer nicht im Blick hatte (vgl. OLG Köln, WM 2016, 740, 741; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 201; aA Weber, ZIP 2015, 961, 965 Fn. 50 und BB 2015, 2185, 2187). Dagegen spricht, dass mit § 247 Abs. 2 Satz 1 BGB aF ein gesetzlich verankerter Ausnahmetatbestand für Inhaber- und Orderschuldverschreibungen aufgehoben wurde, bei dem ausweislich der Begründung des Referentenentwurfs gerade Kreditinstitute als Schuldner im Blickpunkt standen (vgl. Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079, 3081 Fn. 19). Zudem wurde die Neuregelung nur in einem eng umgrenzten Rahmen disponibel ausgestaltet, ohne dass Anhaltspunkte dafür bestehen, dass diese Regelung nur versehentlich auf öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaften beschränkt wurde (vgl. LG München I, ZIP 2015, 2360, 2363; LG Nürnberg-Fürth, ZIP 2015, 1870, 1871).

55

(5) Durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) wurde das Kündigungsrecht aus § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF in § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF normiert. Eine Einschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs des Kündigungsrechts war damit nicht verbunden. Vielmehr erfolgte nur eine sprachliche Anpassung an die durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts neu gefasste Diktion des Darlehensrechts, ohne dass hiermit sachliche Änderungen einhergingen (BT-Drucks. 14/6040, S. 253; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1260).

56

(6) Auch die nachfolgenden Gesetzesänderungen, welche in zeitlicher Hinsicht, wie bereits ausgeführt, für die Anwendbarkeit von § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF auf den vorliegenden Fall ohne Bedeutung sind, belegen, dass keine Änderung des persönlichen Anwendungsbereichs in Betracht kommt.

57

Durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2355) wurde das - vorliegend streitgegenständliche - Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF ohne wesentliche inhaltliche Änderung nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB verschoben. Dies hatte allein gesetzestechnische Gründe, weil das bisherige Kündigungsrecht des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB aF aus systematischen Gründen in § 500 Abs. 1 BGB einen neuen Standort fand (vgl. BT-Drucks. 16/11643, S. 74 re. Sp.).

58

In der Folgezeit bis heute hat die Kündigungsvorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB keine Änderungen mehr erfahren.

59

dd) Dass das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF (auch) Bausparkassen zusteht, wird durch eine teleologische Auslegung der Norm bestätigt.

60

Ebenso wie § 247 BGB aF als reine Schuldnerschutzbestimmung ausgelegt war, lag auch dem Kündigungsrecht aus § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF die für § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF fortgeltende Erwägung zugrunde, dass ein Schuldner bei allen festverzinslichen Darlehen spätestens nach Ablauf von zehn Jahren die Möglichkeit haben soll, sich durch Kündigung von dem Vertrag und damit von einer Bindung an einen nicht mehr marktgerechten Zinssatz zu lösen. Dies gilt auch für das Einlagengeschäft der Bausparkassen (so auch OLG Celle, WM 2016, 738 f. und BKR 2016, 509 Rn. 42; OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2071; OLG Hamm, NJW-RR 2016, 747 Rn. 13; OLG Köln, WM 2016, 740, 741; LG München I, ZIP 2015, 2360, 2361 f.; LG Stuttgart, ZIP 2015, 2363, 2364; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1801 und BB 2015, 3079, 3081; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 200; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1259; Kruis, ZIP 2017, 270 f.; Rollberg, EWiR 2016, 3; Servatius, ZfIR 2016, 649, 657; aA AG Ludwigsburg, Urteil vom 7. August 2015 - 10 C 1154/15, juris Rn. 40 ff.; Weber, ZIP 2015, 961, 965, BB 2015, 2185, 2187 f. und BB 2016, 584, 586).

61

(1) Es liegt im Interesse der Bausparkasse, Bausparverträge kündigen zu können, bei denen nicht mehr marktgerechte Einlagenzinsen vereinbart sind (vgl. OLG Celle, WM 2016, 738 f.; OLG Hamm, ZIP 2016, 1475, 1476; OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 25; LG München I, ZIP 2015, 2360, 2361 f.; Bergmann, WM 2016, 2153; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079, 3081; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 200 f.; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3). Bei Abschluss des Bausparvertrages kann eine künftige Zinsentwicklung nicht sicher prognostiziert werden, so dass Fehleinschätzungen die Bausparkassen nachteilig betreffen (vgl. Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 784; dies konzediert auch Weber, ZIP 2015, 961, 965 und BB 2015, 2185, 2187). Gerade dieses Interesse des Darlehensnehmers an der Möglichkeit, sich von einer langfristigen Zinsbindung spätestens nach zehn Jahren lösen zu können, soll durch das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF befriedigt werden.

62

(2) Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass ein Schutz der Bausparkassen nicht bezweckt sei, weil diese gemäß § 5 Abs. 3 Nr. 7 BauSparkG ein entsprechendes Kündigungsrecht in ihren Allgemeinen Bausparbedingungen hätten vorsehen können (so das Berufungsgericht, WM 2016, 1440, 1446; Weber, ZIP 2015, 961, 964 und BB 2015, 2185, 2187). Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber Bausparkassen auf einen Selbstschutz durch Ausbedingung eines Kündigungsrechts hat verweisen wollen (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 30). Ganz im Gegenteil ist das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF gemäß § 489 Abs. 4 Satz 1 BGB aF zwingend ausgestaltet und bedarf damit keiner Vereinbarung.

63

(3) Vor diesem Hintergrund kommt es nicht darauf an, inwieweit die Beklagte die Möglichkeit hat, gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 BauSparkG ihre Allgemeinen Bausparbedingungen mit aufsichtsrechtlicher Genehmigung auch mit Wirkung für bestehende Verträge zu ändern, ungeachtet des Umstandes, dass es sich insoweit ausweislich der Begründung des Regierungsentwurfs zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Bausparkassen um eine subsidiäre Maßnahme handelt (vgl. BT-Drucks. 11/8089, S. 19 li. Sp.; OLG Celle, Beschluss vom 3. März 2016 - 3 U 202/15, juris Rn. 37; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 198; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1261 f.). Von daher ist eine Bausparkasse auch nicht gehalten, vorrangig eine aufsichtsrechtlich genehmigte Herabsetzung des Guthabenzinses herbeizuführen (vgl. Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 205).

64

ee) Entgegen einer von Teilen in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Ansicht kommt eine teleologische Reduktion von § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF dahin, Kreditinstitute wie Bausparkassen aus dem Anwendungsbereich der Norm herauszunehmen, nicht in Betracht (so aber das Berufungsgericht, WM 2016, 1440, 1442; Weber, ZIP 2015, 961, 965, BB 2015, 2185, 2188 und BB 2016, 584, 586; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2843).

65

Eine Rechtsfortbildung im Wege der teleologischen Reduktion setzt eine verdeckte Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus (vgl. nur BGH, Urteil vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27 Rn. 22). Von dem planwidrigen Fehlen eines Ausnahmetatbestandes für Bausparkassen in der Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF kann indes nicht ausgegangen werden (so auch OLG Hamm, ZIP 2016, 1475, 1476; OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 17; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1803 und BB 2015, 3079; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 201; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1261).

66

(1) Aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift und ihrem Regelungszweck kann entgegen der Ansicht der Befürworter einer teleologischen Reduktion der Norm nicht abgeleitet werden, dass der Gesetzgeber mit dem Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF nur den Schutz eines wirtschaftlich schwächeren Darlehensnehmers gegenüber einem wirtschaftlich stärkeren Darlehensgeber bezweckt habe (so aber das Berufungsgericht, WM 2016, 1440, 1444 f.; Weber, ZIP 2015, 961, 965, BB 2015, 2185, 2186 f. und BB 2016, 584, 586). Das Gegenteil ist der Fall. Wie oben zu Sinn und Zweck des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF und seiner Vorgängernormen im Einzelnen dargelegt worden ist, soll das Kündigungsrecht auch Bausparkassen zustehen.

67

(2) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung und einer vereinzelt in der Rechtsprechung vertretenen Ansicht (vgl. LG Karlsruhe, Urteil vom 9. Oktober 2015 - 7 O 126/15, juris Rn. 25) steht einer Anwendbarkeit des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF auch nicht entgegen, dass sich eine Bausparkasse mit einer auf diese Norm gestützten Kündigung des Bausparvertrages ihrer Rolle als Darlehensgeberin des Bausparers entzieht. Dabei wird übersehen, dass - was bereits oben dargelegt worden ist - die Bausparkasse in der Ansparphase nur Darlehensnehmerin des Bausparers ist. Der weitere Einwand, dass eine Teilkündigung von Vertragsverhältnissen nur in Betracht komme, wenn das Gesetz dies vorsehe (vgl. LG Karlsruhe, aaO), trifft ebenfalls nicht zu; denn mit der Anwendung des Kündigungsrechts aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF auf den Bausparvertrag wird das Vertragsverhältnis - wie unten näher ausgeführt - insgesamt beendet.

68

ff) Das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF ist auch nicht auf Grund einer - hier ohnehin nicht gegebenen - abschließenden Regelung der Kündigungsrechte in den Allgemeinen Bausparbedingungen ausgeschlossen (so aber Buhl/Münder, NJW 2016, 1991, 1992). Gemäß § 489 Abs. 4 Satz 1 BGB aF ist es zwingendes Recht (vgl. OLG Celle, WM 2016, 738, 739; OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2072; OLG Hamm, NJW-RR 2016, 747 Rn. 15 und ZIP 2016, 1475, 1476; OLG Köln, WM 2016, 740, 741 f.). Erst recht scheidet aufgrund des Normzwecks des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF eine analoge Anwendung des Ausnahmetatbestands des § 489 Abs. 4 Satz 2 BGB aF auf Bausparkassen aus (vgl. LG München I, ZIP 2016, 2360, 2363; LG Nürnberg-Fürth, ZIP 2015, 1870, 1871 f.).

69

b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des Kündigungsrechts aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF erfüllt.

70

aa) Das der Bausparkasse gewährte Darlehen weist einen festen Zinssatz auf, weil bereits bei Vertragsschluss der Guthabenzins für die Dauer der Ansparphase in Höhe von 3% p.a. fest vereinbart worden ist (vgl. OLG Celle, WM 2016, 738, 739; LG Stuttgart, ZIP 2015, 2363, 2365; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1263).

71

bb) Auch die weitere Voraussetzung des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF, der Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens, ist erfüllt, weil der Bausparvertrag der Klägerin zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung im Januar 2015 seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif war, nachdem die erstmalige Zuteilungsreife am 1. April 1993 eingetreten war.

72

(1) Nach fast einhelliger Meinung in der Instanzrechtsprechung und Literatur ist bei Bausparverträgen von einem vollständigen Empfang des Darlehens im Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife auszugehen (vgl. OLG Celle, WM 2016, 738, 739 und BKR 2016, 509, 512; OLG Düsseldorf, Urteil vom 1. Dezember 2016 - 6 U 124/16, juris Rn. 37; OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2072 f.; OLG Hamm, ZIP 2016, 306, 307, NJW-RR 2016, 747 Rn. 17 und ZIP 2016, 1475, 1476; OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 45; OLG Köln, WM 2016, 740, 741; OLG München, Urteile vom 27. September 2016 - 5 U 1637/16, juris Rn. 35 und vom 17. Oktober 2016 - 17 U 2643/16, juris Rn. 20; LG Aachen, Urteil vom 29. Mai 2015 - 10 O 404/14, juris Rn. 20; LG Bremen, Urteil vom 12. August 2016 - 4 S 47/16, juris Rn. 22; LG Düsseldorf, Urteil vom 8. April 2016 - 8 O 109/15, juris Rn. 25; LG Hamburg, Urteil vom 24. März 2016 - 330 O 314/15, juris Rn. 27; LG Hannover, Urteil vom 10. September 2015 - 3 O 59/15, juris Rn. 29; LG Mainz, WM 2015, 181 f.; LG München I, ZIP 2015, 2360, 2362; LG Münster, Urteil vom 25. August 2015 - 14 O 183/15, juris Rn. 28; LG Nürnberg-Fürth, ZIP 2015, 1870, 1871; LG Osnabrück, Urteil vom 21. August 2015 - 7 O 545/15, juris Rn. 21; LG Stralsund, Urteil vom 3. Februar 2016 - 7 O 264/15, juris Rn. 16; Batereau, WuB 2016, 76, 78; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1803 und BB 2015, 3079, 3083; Flick, jurisPR-BKR 5/2016 Anm. 5; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 203; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1262 ff.; Kruis, ZIP 2017, 270, 271 f.; Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 785 f.; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rn. 550; Rollberg, EWiR 2016, 3, 4; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3; Schultheiß, WuB 2015, 139, 142; Servatius, ZfIR 2016, 649, 658; Simon, EWiR 2015, 723, 724; Welter, WuB 2016, 592, 596 und WuB 2017, 11, 13).

73

(2) Demgegenüber geht eine Mindermeinung, der im Ergebnis auch das Berufungsgericht folgt, davon aus, dass das Darlehen von der Bausparkasse erst dann vollständig empfangen sei, wenn der Bausparer die volle Bausparsumme angespart hat (vgl. OLG Bamberg, WM 2016, 2067, 2069; OLG Karlsruhe, Urteil vom 8. November 2016 - 17 U 185/15, juris Rn. 48; LG Stuttgart, ZIP 2015, 2363, 2366; von Stumm, GWR 2015, 357, 359).

74

(3) Eine dritte Meinung geht davon aus, es fehle bei einem Bausparvertrag an einer Vereinbarung über die Höhe der zu gewährenden Darlehensvaluta; dieser könne daher sogar "überspart" werden (vgl. AG Ludwigsburg, Urteil vom 7. August 2015 - 10 C 1154/15, juris Rn. 85 ff.; BeckOGK/C. Weber BGB, Stand: 1. Juli 2016, § 489 Rn. 49.1; ders., ZIP 2015, 961, 964 f.; im Ergebnis zustimmend: Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl., (10) Bausparbedingungen Rn. 9).

75

(4) Nach einer vierten Ansicht sei - jedenfalls der Sache nach - jeder einzelne Regelsparbeitrag als vollständig empfangenes Darlehen zu behandeln, so dass für jeden einzelnen gezahlten Beitrag die zehnjährige Frist des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF zu laufen beginne (vgl. Bergmann, WM 2016, 2153, 2168 f.).

76

(5) Der Senat hält jedenfalls für den Regelfall die fast einhellig vertretene Auffassung für richtig.

77

(a) Der vollständige Empfang eines Darlehens im Sinne von § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF setzt die Auszahlung der Darlehensvaluta und damit die Erfüllung des Anspruchs auf Darlehensvalutierung voraus. Sind Teilzahlungen vereinbart, ist der Erhalt der letzten Rate maßgeblich (vgl. MünchKommBGB/Berger, 7. Aufl., § 489 Rn. 12; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 489 Rn. 43; BeckOGK/C. Weber BGB, Stand: 1. Juli 2016, § 489 Rn. 47; Palandt/Weidenkaff, BGB, 76. Aufl., § 489 Rn. 5).

78

Zur Beurteilung der Frage, wann die geschuldete Darlehensvaluta vollständig ausgezahlt worden ist, kommt es auf die vertraglichen Vereinbarungen über die Pflicht des Bausparers zur Darlehensgewährung und den Vertragszweck an. Danach ist ein vollständiger Empfang des Darlehens im Sinne des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF im Regelfall im Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife des Bauspardarlehens anzunehmen.

79

Zu diesem Zeitpunkt hat der Bausparer der Bausparkasse durch die Zahlung der Regelsparbeiträge einschließlich der Gutschrift von Zinserträgen vereinbarungsgemäß ein Darlehen vollständig gewährt und seine entsprechende vertragliche Verpflichtung erfüllt. Beim Bausparvertrag ist typischerweise zwischen zwei Phasen zu unterscheiden, nämlich zwischen der Zeit bis zur Erreichung der erstmaligen Zuteilungsreife und der Zeit danach. Gemäß § 1 Abs. 2 BauSparkG ist Bausparer, wer mit einer Bausparkasse einen Vertrag schließt, durch den er nach Leistung von Bauspareinlagen einen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens erwirbt. Die vom Bausparer zu erbringenden Sparleistungen sind demnach - was auch § 1 ABB deutlich belegt - zweckgebunden, um einen Anspruch auf Darlehensgewährung zu erlangen (vgl. OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2072 f.). Hiermit einher geht die Gewährung eines entsprechenden Zweckdarlehens an die Bausparkasse. Da nach dem Bausparvertrag - was oben bereits ausgeführt worden ist - lediglich ein Anspruch auf Gewährung eines Darlehens und nicht der Abschluss des Darlehensvertrags selbst erlangt wird, ist es für die Frage der Zweckerreichung unerheblich, ob der Bausparer ein Bauspardarlehen tatsächlich in Anspruch nimmt.

80

Maßgeblich ist vielmehr im Regelfall die erstmalige Zuteilungsreife, denn (nur) zu diesem Zeitpunkt kann auch der maximal mögliche Darlehensbetrag - die Differenz zwischen Bausparguthaben und Bausparsumme - beansprucht werden. Sie bildet den Dreh- und Angelpunkt des Bausparvertrages (vgl. Laux, Der Bausparvertrag als Kapitalanlage und Finanzierungsinstrument in Frankfurter Vorträge zum Versicherungswesen Bd. 23, S. 8; Zink, Der Bausparvertrag, 3. Aufl., S. 45) und ermöglicht dem Bausparer, von der Rolle des Darlehensgebers in diejenige des Darlehensnehmers zu wechseln. Die erstmalige Zuteilungsreife stellt daher bestimmungsgemäß eine Zäsur im typischen Ablauf eines Bausparvertrags dar. Dies unterstreicht die Regelung in § 14 Abs. 1 ABB, wonach der Vertrag mit der Nichtannahme der Zuteilung ausdrücklich fortgesetzt wird, obwohl an sich ein Endzeitpunkt erreicht ist.

81

Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn nach den vertraglichen Vereinbarungen der Bausparer z.B. im Falle eines (zeitlich begrenzten) Verzichts auf das zugeteilte Bauspardarlehen und nach Ablauf einer bestimmten Treuezeit einen (Zins-)Bonus erhält. In einem solchen Fall ist der Vertragszweck von den Vertragsparteien dahingehend modifiziert, dass er erst mit Erlangung des Bonus erreicht ist, so dass auch erst zu diesem Zeitpunkt ein vollständiger Empfang des Darlehens im Sinne des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF anzunehmen ist.

82

(b) Der Schutzzweck des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF spricht ebenfalls dafür, den vollständigen Empfang des Darlehens im Regelfall im Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife des Bauspardarlehens anzunehmen.

83

(aa) Im Hinblick darauf, dass die Bausparkasse hinsichtlich des Zweckdarlehens einer langfristigen Zinsbindung unterliegt und der zu entrichtende Guthabenzins zwischenzeitlich nicht mehr marktgerecht sein kann, soll ihr als Darlehensnehmerin des "Anspardarlehens" das Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF eine Beendigung des Darlehensvertrages ermöglichen, um sich von einem nicht mehr marktgerechten Zinssatz zu lösen. Aufgrund dessen ist es geboten, den in dieser Vorschrift normierten 10-Jahres-Zeitraum mit dem Ende der Ansparphase beginnen zu lassen.

84

Berechtigte Interessen des Bausparers stehen dem nicht entgegen, insbesondere nicht der Umstand, dass er durch die Kündigung seinen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens verliert (so aber von Stumm, GWR 2015, 357, 359; Yildirim, VuR 2015, 257, 260). Zwar steht dem Bausparer - wie zu § 488 Abs. 3 BGB aF ausgeführt - ausweislich der ABB bei vertragsgemäßer Erbringung der Ansparleistungen grundsätzlich ein Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens zu, der einen stillschweigend vereinbarten Ausschluss des gesetzlichen Kündigungsrechts aus § 488 Abs. 3 BGB aF bedingt, weil anderenfalls die Bausparkasse dem Bausparer jederzeit den bedingungsgemäßen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens entziehen könnte. Sind seit der erstmaligen Zuteilungsreife aber zehn Jahre vergangen, hat der Bausparer - ungeachtet der ebenfalls einzuhaltenden Kündigungsfrist von sechs Monaten - eine dem Zweck des Bausparvertrags entsprechende ausreichend lange Überlegungsfrist, um zu entscheiden, ob er das Bauspardarlehen in Anspruch nehmen will, und insoweit zu disponieren (vgl. Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 205). Eine jederzeitige Kündigungsmöglichkeit der Bausparkasse besteht - anders als bei § 488 Abs. 3 BGB aF - gerade nicht.

85

(bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts folgt nichts anderes daraus, dass eine Bausparkasse grundsätzlich ein Interesse daran hat, langfristig Einlagen von Bausparern entgegenzunehmen, um diese an andere Bausparer als Bauspardarlehen wieder auszureichen. Denn eine Kündigung durch die Bausparkasse läuft entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht dem Wesen des Bausparens zuwider, weil Einlagen nicht zu jedem Preis entgegengenommen werden können. Es liegt vielmehr, wie bereits oben ausgeführt worden ist, im Ertragsinteresse der Bausparkasse, Verträge mit einem nicht mehr marktgerechten Einlagenzins zu kündigen. Das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF soll der Bausparkasse gerade die Entscheidung in die Hand geben, ob sie das Darlehen des Bausparers kündigen oder dessen Einlagen weiter verzinsen will.

86

Anders als das Berufungsgericht meint, ist es auch nicht von Belang, dass die Voraussetzungen des Kündigungsrechts nach § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF nicht hätten eintreten können, wenn die Bausparkasse die Erbringung der nach Zuteilungsreife fälligen Regelsparbeiträge verlangt und gegebenenfalls den Vertrag nach § 488 Abs. 3 BGB aF oder gemäß § 5 Abs. 3 ABB wegen Zahlungsverzuges gekündigt hätte. Das mögliche Bestehen dieser Kündigungsrechte schließt das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF nicht aus. Dagegen spricht bereits, dass dieses Recht gemäß § 489 Abs. 4 Satz 1 BGB aF nicht zur Disposition der Vertragsparteien steht. Zudem kann der Umstand, dass die Klägerin die monatlichen Sparraten entgegen § 5 Abs. 1 ABB nicht mehr gezahlt hat, nicht dazu führen, dass das Kündigungsrecht der Beklagten entfällt (OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2072; OLG Hamm, NJW-RR 2016, 747 Rn. 20).

87

(c) Einer Gleichsetzung der erstmaligen Zuteilungsreife mit einer vollständigen Darlehensgewährung steht nicht entgegen, dass die genaue Höhe des zu gewährenden Zweckdarlehens im Vorfeld nicht betragsmäßig bestimmt ist (vgl. Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3; aA AG Ludwigsburg, Urteil vom 7. August 2015 - 10 C 1154/15, juris Rn. 86 f.; BeckOGK/C. Weber BGB, Stand: 1. Juli 2016, § 489 Rn. 49.1 f.; ders., ZIP 2015, 961, 964 f.). Ein fester Darlehensbetrag kann nicht vereinbart werden, weil es der Bausparkasse gemäß § 4 Abs. 5 BauSparkG untersagt ist, die Bausparsumme vor der Zuteilung zu einem bestimmten Zeitpunkt zuzusagen. Aus dem gleichen Grunde kommt es nicht darauf an, dass der Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife nicht kalendarisch bestimmt ist (vgl. Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1263; Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 787 f.). Trotz dieser Ungewissheit fehlt es nicht an einer hinreichend bestimmten Leistungspflicht des Bausparers zur Darlehensgewährung, weil deren Umfang anhand der Bestimmungen der Regelungen in den Allgemeinen Bausparbedingungen über die Zuteilungsreife bestimmt werden kann.

88

c) Die Kündigung ist am 12. Januar 2015 mit Wirkung zum 24. Juli 2015 erklärt worden, so dass auch die sechsmonatige Kündigungsfrist des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF gewahrt worden ist. Der Kündigung kommt nach dem Rechtsgedanken des § 139 BGB Gesamtwirkung zu, weil die Fortführung des Bausparvertrages ohne das Zweckdarlehen nicht sinnvoll möglich ist. Denn der Anspruch des Bausparers auf Gewährung eines Bauspardarlehens ist an die Höhe des Differenzbetrages zwischen Bausparguthaben und Bausparsumme geknüpft (vgl. Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1263).

89

Die Kündigung des Bausparvertrages gilt auch nicht gemäß § 489 Abs. 3 BGB aF als nicht erfolgt. Da die Parteien gerade um die Wirksamkeit der Kündigung streiten, kann sich die Klägerin - was sie im Übrigen auch nicht getan hat - auf diese Vorschrift nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auf Grund eines widersprüchlichen Verhaltens nicht berufen.

90

5. Der Beklagten steht - was das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - dagegen kein Kündigungsrecht gemäß § 490 Abs. 3 BGB aF, § 314 Abs. 1 BGB zu. Ein die Kündigung rechtfertigender wichtiger Grund liegt nur vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertrages nicht zugemutet werden kann. Dies ist hier nicht der Fall.

91

a) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein wichtiger Grund für die Kündigung des Bausparvertrages nicht darin gesehen werden kann, dass die Klägerin trotz mehr als zehnjähriger Zuteilungsreife kein Bauspardarlehen in Anspruch genommen hat. Dafür fehlt es bereits an einer entsprechenden vertraglichen Verpflichtung (Buhl/Münder, NJW 2016, 1991, 1995; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2845). Ein Bausparer verhält sich auch nicht vertragszweckwidrig, wenn er das Darlehen (noch) nicht in Anspruch nimmt und den Bausparvertrag weiter bespart (Buhl/Münder, aaO; Tröger/Kelm, aaO; aA LG Mainz, WM 2015, 181, 182; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1806). Der Zweck des Bausparvertrages besteht - was bereits oben ausgeführt worden ist - aus der Sicht des Bausparers nur in der Erlangung eines Anspruchs auf Gewährung eines Bauspardarlehens. Dieser Zweck wird indes nicht in Frage gestellt, wenn der erlangte Anspruch nicht geltend gemacht wird. Es kann in diesem Zusammenhang auch nicht darauf abgestellt werden, dass das Prinzip des kollektiven Bausparens auf dem Gedanken beruht, dass dieselbe Personengruppe zunächst als Darlehensgeber und später als Darlehensnehmer agiert (vgl BT-Drucks. IV/2747 S. 9 und BT-Drucks. VI/1900, S. 10) und der Bausparer gemäß § 1 Abs. 2 Satz 3 BauSparkG Mitglied des Bausparerkollektivs ist. Denn hieraus kann keine Pflicht abgeleitet werden, ein Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen, weil dies § 14 Abs. 1 ABB zuwiderliefe, der gerade die Fortsetzung des Vertrages bei Nichtannahme der Zuteilung regelt.

92

b) Ein wichtiger Grund liegt auch nicht in der Änderung des allgemeinen Zinsniveaus seit dem Abschluss des Bausparvertrags im Jahr 1978. Im Allgemeinen müssen die Gründe, auf die die Kündigung gestützt wird, im Risikobereich des Kündigungsgegners liegen; andernfalls ist eine fristlose Kündigung nur ausnahmsweise gerechtfertigt (vgl. BGH, Urteile vom 31. Mai 2016 - XI ZR 370/15, WM 2016, 1293 Rn. 35 und vom 4. Mai 2016 - XII ZR 62/15, WM 2016, 1360 Rn. 12; Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 314 Rn. 7). Das Risiko von Änderungen des allgemeinen Zinsniveaus übernimmt bei Darlehensverträgen mit einer Festzinsvereinbarung jeweils der Vertragspartner, zu dessen Lasten die Zinsänderung geht. Dies ist vorliegend die Bausparkasse (vgl. Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1806; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1265; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2845, aA Bergmann, WM 2016, 2153, 2159).

93

6. Ein Recht zur Kündigung des Bausparvertrages folgt auch nicht aus § 490 Abs. 3 BGB aF, § 313 Abs. 1 und 3 BGB.

94

Es kann dahinstehen, ob - was das Berufungsgericht in Erwägung gezogen hat - die Absicht der Klägerin, ein Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen, oder das Gleichgewicht zwischen Bauspareinlagen und Bauspardarlehen überhaupt zur Geschäftsgrundlage des zwischen den Parteien geschlossenen Bausparvertrags geworden ist. Auch kommt es nicht darauf an, ob das allgemeine Zinsniveau am Kapitalmarkt Geschäftsgrundlage des Vertrages war (vgl. Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1265 f.; von Stumm, GWR 2015, 357, 359) und ob diese durch die gegenwärtige Niedrigzinsphase gestört worden ist oder ob dem nicht die vertragliche Risikoverteilung auf Grund der festen Zusage eines Guthabenzinses für die Ansparphase gemäß § 6 Abs. 1 ABB entgegensteht (vgl. Buhl/Münder, NJW 2016, 1991, 1995; Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 313 Rn. 36; Herresthal, aaO; von Stumm, aaO; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2844). Denn vor einer Kündigung wäre gemäß § 490 Abs. 3 BGB aF, § 313 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 BGB vorrangig eine Anpassung des Vertrages durch eine Herabsetzung des Guthabenzinssatzes vorzunehmen (aA Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1806). Dass eine solche Anpassung des Guthabenzinses nicht möglich oder der Beklagten nicht zumutbar wäre, was Voraussetzung für ein Recht zur Kündigung nach § 313 Abs. 3 BGB ist, zeigt die Revision nicht auf und ist auch im Übrigen nicht erkennbar.

III.

95

Das Berufungsurteil ist demnach im ausgeurteilten Umfang aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts insgesamt zurückzuweisen. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil die Sache entscheidungsreif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das Berufungsgericht hat die erforderlichen Feststellungen getroffen.

96

Dem steht nicht entgegen, dass das Berufungsgericht keine Feststellungen zu dem unter Beweis gestellten Vortrag der Klägerin getroffen hat, dass der von ihr abgeschlossene Bausparvertrag von der Beklagten alternativ zum Bauspardarlehen auch als "Altersvorsorge" angepriesen worden sei. Dieser Vortrag als wahr unterstellt führt nicht dazu, dass das Feststellungsbegehren der Klägerin begründet ist. Vielmehr ist der mit der Beklagten geschlossene Bausparvertrag auch dann durch die am 12. Januar 2015 erklärte Kündigung mit Wirkung zum 24. Juli 2015 beendet worden. Die Anpreisung des Bausparvertrages als Altersvorsorge alternativ zur Inanspruchnahme des Bauspardarlehens bedeutet nicht, dass das - ohnehin unabdingbare - Kündigungsrecht der Beklagten gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF ausgeschlossen ist. Denn die Anpreisung als Altersvorsorge ändert ungeachtet ihres ohnehin nur werbenden Charakters nichts daran, dass die Klägerin der Beklagten mit der Erbringung ihrer Sparbeiträge ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife ein Zweckdarlehen vollständig gewährt hat, um einen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens zu erlangen. Da bedingungsgemäß keine Verpflichtung besteht, das Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen, geht mit dem Ansparvorgang zwangsläufig die Bildung eines Kapitalstocks einher, welcher als Rücklage der Altersvorsorge dienen kann. Zur Erreichung dieses Zwecks ist die unbefristete und von Seiten der Bausparkasse unkündbare Fortsetzung des Ansparvorgangs aber nicht erforderlich.

Ellenberger      

        

Grüneberg      

        

Maihold

        

Menges      

        

Derstadt      

        

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 30. März 2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als auf die Berufung der Klägerin das Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 15. September 2015 zum Nachteil der Beklagten abgeändert worden ist.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 15. September 2015 wird insgesamt zurückgewiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt die Klägerin.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt in der Hauptsache die Feststellung des Fortbestehens ihres Bausparvertrages.

2

Am 13. September 1978 schloss die Klägerin mit der Beklagten einen Bausparvertrag (Vertragsnummer:        ) über eine Bausparsumme von 40.000 DM (= 20.451,68 €). In den dem Bausparvertrag zugrundeliegenden Allgemeinen Bausparbedingungen (im Folgenden: ABB) heißt es auszugsweise wie folgt:

"§ 1 Vertragszweck

(1) Zweck des Bausparvertrages ist die Erlangung eines unkündbaren, in der Regel zweitstellig zu sichernden Tilgungsdarlehens (Bauspardarlehen) aufgrund planmäßiger Sparleistungen nach Maßgabe dieser Allgemeinen Bedingungen.

§ 5 Sparzahlungen

(1) Der monatliche Bausparbeitrag beträgt 4,2 vom Tausend der Bausparsumme (Regelsparbeitrag). Er ist bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme am Ersten jeden Monats kostenfrei an die Bausparkasse zu entrichten.

(2) Sonderzahlungen sind grundsätzlich zulässig. Die Bausparkasse kann deren Annahme von ihrer Zustimmung abhängig machen.

(3) Ist der Bausparer unter Anrechnung von Sonderzahlungen mit mehr als 6 Regelsparbeiträgen rückständig und hat er der schriftlichen Aufforderung der Bausparkasse, nicht geleistete Bausparbeiträge zu entrichten, länger als 2 Monate nach Zugang der Aufforderung nicht entsprochen, so kann die Bausparkasse den Bausparvertrag kündigen. …

(4) Ist der Bausparvertrag zugeteilt, so tritt an die Stelle des Rechtes der Bausparkasse, den Bausparvertrag zu kündigen, das Recht, das dem Bausparer bereitgestellte (§ 13) oder bereitzustellende (§ 14) Bauspardarlehen um die rückständigen Bausparbeiträge samt deren Zinsen zu kürzen.

§ 12 Zuteilungsnachricht

(1) Die Zuteilung wird dem Bausparer unverzüglich schriftlich mitgeteilt mit der Aufforderung, binnen 4 Wochen ab Datum der Zuteilung zu erklären, ob er die Zuteilung annimmt.

(2) Der Bausparer kann die Annahme der Zuteilung widerrufen, solange die Auszahlung der Bausparsumme noch nicht begonnen hat.

§ 13 Bereithaltung der Bausparsumme

(1) Mit Annahme der Zuteilung stellt die Bausparkasse dem Bausparer sein Bausparguthaben und ein Bauspardarlehen in Höhe des das Bausparguthaben übersteigenden Teiles der Bausparsumme bereit.

(2) …

§ 14 Vertragsfortsetzung

(1) Nimmt der Bausparer die Zuteilung nicht an oder gibt er die Annahmeerklärung nicht fristgemäß ab oder wird die Annahme der Zuteilung widerrufen, so wird der Bausparvertrag fortgesetzt.

(2) Setzt der Bausparer seinen Bausparvertrag fort, so kann er seine Rechte aus der Zuteilung jederzeit wieder geltend machen. …"

3

Gemäß § 6 Abs. 1 ABB ist das Bausparguthaben mit 3% p.a. zu verzinsen, gemäß § 20 Abs. 1 ABB ist das Bauspardarlehen mit einem Zinssatz von 5% p.a. zu gewähren.

4

Der seit dem 1. April 1993 zuteilungsreife Bausparvertrag wies am 1. Januar 2015 ein Bausparguthaben in Höhe von 15.772 € auf. Am 12. Januar 2015 erklärte die Beklagte unter Berufung auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB die Kündigung des Bausparvertrages zum 24. Juli 2015.

5

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Kündigung unwirksam sei, weil der Beklagten kein Kündigungsrecht zugestanden habe. Sie hat in der Hauptsache die Feststellung des Fortbestehens ihres Bausparvertrages begehrt. Ferner hat sie - nach teilweiser Klagerücknahme - die Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 571,44 € verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht der Klage mit Ausnahme eines Teils der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten stattgegeben und im Übrigen die Berufung zurückgewiesen. Mit ihrer - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision ist begründet.

I.

7

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung (OLG Stuttgart, WM 2016, 742) im Wesentlichen ausgeführt:

8

Die Kündigung des Bausparvertrages sei unwirksam, weil der Beklagten kein Kündigungsrecht zugestanden habe.

9

Auf das Vertragsverhältnis finde gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB seit dem 1. Januar 2003 das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 Anwendung. Ein Kündigungsrecht ergebe sich aber weder aus § 488 Abs. 3 BGB oder aus § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB noch aus § 490 Abs. 3, § 314 BGB oder aus § 490 Abs. 3, § 313 Abs. 3 BGB.

10

Die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung gemäß § 488 Abs. 3 BGB seien nicht gegeben. Zwar handele es sich bei einem Bausparvertrag in der Ansparphase um einen Darlehensvertrag, bei dem der Bausparer der Darlehensgeber und die Bausparkasse die Darlehensnehmerin seien. Jedoch könne der Bausparvertrag gemäß § 488 Abs. 3 BGB erst ab vollständiger Besparung gekündigt werden. Denn der Vertragszweck des Bausparvertrages, der in der Erlangung eines Bauspardarlehens bestehe, könne erst ab der vollständigen Ansparung nicht mehr erreicht werden. Entgegen der Auffassung der Beklagten liege keine der Vollbesparung vergleichbare Situation vor, selbst wenn die rückständigen Sparbeiträge der Klägerin die Differenz zwischen dem Bausparguthaben und der Bausparsumme überstiegen. § 5 Abs. 4 ABB führe nicht dazu, dass die Bausparsumme erreicht sei, da diese Norm nur auf zugeteilte Bausparverträge Anwendung finde und an die Stelle des Kündigungsrechts aus § 5 Abs. 3 ABB trete. Dass deren Voraussetzungen vorlägen, behaupte die Beklagte nicht, zumal sie ihre Kündigung auch nicht auf dieses Recht stütze.

11

Ein Kündigungsrecht stehe der Beklagten auch nicht auf Grund eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Klägerin zu. Diese verhalte sich nicht rechtsmissbräuchlich, wenn sie in der gegenwärtigen Niedrigzinsphase kein Bauspardarlehen in Anspruch nehme.

12

Die Beklagte könne die Kündigung des Bausparvertrags auch nicht auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB stützen. Dabei könne dahinstehen, ob diese Vorschrift überhaupt auf Sparverträge Anwendung finde. Es lägen nämlich bereits die Voraussetzungen des Kündigungsrechts nicht vor, weil der erstmalige Eintritt der Zuteilungsreife nicht der "vollständige Empfang" des an die Bausparkasse zu gewährenden Darlehens sei. Ein Darlehen sei vollständig empfangen, wenn es der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer entsprechend der vertraglichen Vereinbarungen vollständig zur Verfügung gestellt habe. Beim Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife liege ein vollständiger Empfang des Darlehens nicht vor, weil dies auf die Verpflichtung des Bausparers zur Erbringung der Regelsparbeiträge keinen Einfluss habe. Denn der Vertrag werde bei der Nichtannahme fortgesetzt, so dass auch die Verpflichtung zur Zahlung des Regelsparbeitrages fortbestehe. Zudem habe der Bausparer keinen Einfluss auf den Zeitpunkt des Eintritts der Zuteilungsreife. Die Verpflichtung zur Zahlung der Regelsparbeiträge werde allein durch die Bausparsumme begrenzt.

13

Auch Sinn und Zweck von § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforderten es nicht, die Norm unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Bausparvertrages dahingehend auszulegen, dass der vollständige Empfang den Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife umfasse. Eine solche Auslegung widerspreche dem Wesen des Bausparvertrages, weil die Bausparkasse ein Interesse habe, durch einen stetigen Zufluss von Sparbeiträgen die Zuteilungsmasse zu vergrößern, um die Zuteilung von Bauspardarlehen zu beschleunigen.

14

Eine analoge Anwendung von § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB komme nicht in Betracht. Voraussetzung für eine Analogie sei eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit. Zudem müsse der zu beurteilende Sachverhalt mit dem gesetzlich geregelten Tatbestand vergleichbar sein, so dass angenommen werden könne, dass der Gesetzgeber bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen wäre. Beides liege nicht vor.

15

Der Beklagten habe auch kein Kündigungsrecht gemäß § 490 Abs. 3, § 314 Abs. 1 BGB zugestanden. Die Nichtabnahme des Darlehens stelle kein vertragswidriges Verhalten des Bausparers dar, sondern sei im Bausparvertrag ausdrücklich vorgesehen. Hinsichtlich der Nichtzahlung der Regelsparbeiträge habe die Beklagte ein spezielleres Kündigungsrecht aus § 5 Abs. 3 ABB. Insoweit sei ihr zuzumuten, dessen Voraussetzungen herbeizuführen.

16

Eine Kündigung könne schließlich auch nicht auf § 490 Abs. 3, § 313 Abs. 3 BGB gestützt werden. Die Geschäftsgrundlage des Bausparvertrags wäre selbst dann nicht entfallen, wenn die Klägerin ihre Absicht zur Inanspruchnahme des Darlehens endgültig aufgegeben hätte. Abgesehen davon, dass die Beklagte hinsichtlich dieses Vorbringens beweisfällig geblieben sei, sei der Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht allein aus der über zehn Jahre dauernden Nichtinanspruchnahme des Darlehens abzuleiten, weil die vertraglichen Vereinbarungen auch für diesen Fall eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses vorsehen. Die Geschäftsgrundlage wäre aber auch dann nicht entfallen, wenn das Gleichgewicht zwischen Bauspareinlagen und Bauspardarlehen dergestalt gestört wäre, dass die Beklagte ihre Verpflichtungen nicht mehr erfüllen könnte. Die Beklagte habe dieses vertragsspezifische Risiko übernommen. Es hätte ihr oblegen, von der bestehenden Möglichkeit Gebrauch zu machen, das Risiko der Zinsentwicklung durch eine geeignete Vertragsgestaltung anders zu gewichten oder ihre vereinbarten Rechte anders auszuüben.

II.

17

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Beklagte den mit der Klägerin geschlossenen Bausparvertrag gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB in der vom 1. Januar 2002 bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung (nunmehr § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB) wirksam gekündigt.

18

1. In zeitlicher Hinsicht ist auf den am 13. September 1978 abgeschlossenen Bausparvertrag, bei dem es sich um ein Dauerschuldverhältnis handelt, gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB seit dem 1. Januar 2003 das Bürgerliche Gesetzbuch in der dann geltenden Fassung anzuwenden (vgl. OLG Hamm, ZIP 2016, 1475; OLG Köln, WM 2016, 740; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1259; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3). Die durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2355) erfolgten Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden - was das Berufungsgericht unberücksichtigt gelassen hat - gemäß Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB auf den vorliegenden Bausparvertrag mit Ausnahme der in Art. 229 § 22 Abs. 3 EGBGB genannten - hier nicht einschlägigen - Vorschriften keine Anwendung, weswegen insoweit das Darlehensrecht der §§ 488 ff. BGB in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) maßgeblich ist (vgl. Senatsurteil vom 19. Januar 2016 - XI ZR 103/15, BGHZ 208, 278 Rn. 15; OLG Köln, aaO).

19

Die durch das Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften vom 11. März 2016 (BGBl. I S. 396) erfolgten Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des Darlehensrechts sind gemäß Art. 229 § 38 Abs. 1 EGBGB mit Ausnahme der in Art. 229 § 38 Abs. 2 EGBGB genannten - hier nicht einschlägigen - Vorschriften nicht zu berücksichtigen.

20

2. Rechtsfehlerfrei ist die Annahme des Berufungsgerichts, dass auf einen Bausparvertrag Darlehensrecht anzuwenden ist.

21

Gemäß § 1 Abs. 2 BauSparkG erwirbt der Bausparer zwar durch die Leistung von Bauspareinlagen in der Ansparphase einen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens, mit dessen Inanspruchnahme nach Zuteilungsreife der Bausparvertrag in die Darlehensphase übergeht. Im Hinblick auf die Verknüpfung von Ansparphase und Darlehensphase gehen aber die Ansichten darüber auseinander, ob der Bausparer bei Abschluss des Bausparvertrages einen bedingten Anspruch auf Valutierung eines Bauspardarlehens erwirbt und es sich somit bei dem Bausparvertrag um einen einheitlichen Darlehensvertrag mit der Besonderheit handelt, dass Bausparer und Bausparkasse bei Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer tauschen (vgl. MünchKommBGB/Berger, 7. Aufl., Vor § 488 Rn. 28; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rn. 539 und Rn. 543; Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 778; Schäfer/Cirpka/Zehnder, Bausparkassengesetz und Bausparkassenverordnung, 5. Aufl., § 1 Anm. 12 f.; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3; Schultheiß, WuB 2015, 139, 140 f.; Yildirim, VuR 2015, 258, 259), oder ob der Bausparer lediglich einen Vorvertrag über die spätere Gewährung eines Bauspardarlehens schließt (vgl. Fandrich in Graf von Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Stand: 30. Dezember 2011, Bausparbedingungen Rn. 5; Haertlein/Thümmler, ZIP 2009, 1197, 1198 f.; Kronenburg in Derleder/Knops/Bamberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, 2. Aufl., § 17 Bauspardarlehen Rn. 4; Erman/Saenger, BGB, 14. Aufl., Vorbem. §§ 488-490 Rn. 27).

22

Der Senat hat diese Frage bislang offen gelassen (vgl. Senatsurteile vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 Rn. 32 und vom 8. November 2016 - XI ZR 552/15, WM 2017, 87 Rn. 37, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Sie bedarf auch vorliegend keiner Entscheidung. Denn unabhängig von der rechtlichen Konstruktion besteht sowohl in der Ansparphase als auch in der Darlehensphase zwischen den Vertragsparteien ein Darlehensverhältnis, wobei der Bausparer in der Ansparphase der Darlehensgeber und die Bausparkasse die Darlehensnehmerin ist (vgl. OLG Bamberg, WM 2016, 2067, 2068; OLG Celle, WM 2016, 738; OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2071; OLG Hamm, ZIP 2016, 1475; OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 12; OLG Köln, WM 2016, 740, 741; OLG Stuttgart, WM 2013, 508, 509; MünchKommBGB/Berger, 7. Aufl., Vor § 488 Rn. 28; Bergmann, WM 2016, 2153, 2154; Buhl/Münder, NJW 2016, 1991; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1801; Fandrich in Graf von Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Stand: 30. Dezember 2011, Bausparbedingungen Rn. 5; Haertlein/Thümmler, ZIP 2009, 1197, 1198; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1258 und 1260; Kronenburg in Derleder/Knops/Bamberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, 2. Aufl., § 17 Bauspardarlehen Rn. 4; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rn. 539 und Rn. 549; Omlor/Meier, EWiR 2016, 323, 324; Rollberg, EWiR 2016, 3; Schäfer/Cirpka/Zehnder, Bausparkassengesetz und Bausparkassenverordnung, 5. Aufl., § 1 Anm. 12; Schultheiß, WuB 2015, 139, 141; Servatius, ZfIR 2016, 649, 651; von Stumm, GWR 2015, 357; Weber, ZIP 2015, 961, 962).

23

Die von der Revisionserwiderung gegen eine Anwendbarkeit der darlehensrechtlichen Vorschriften vorgebrachten Bedenken greifen nicht durch. Soweit sie darauf hinweist, dass auf Namensschuldverschreibungen wie Sparkassenbriefe das Darlehensrecht keine Anwendung finde (so OLG München, WM 2012, 1535), ist dies - die Richtigkeit dieser These unterstellt - unbehelflich, weil Sparkassenbriefe und Bausparverträge ihrer Rechtsnatur nach nicht vergleichbar sind. Soweit sie des Weiteren meint, in der Ansparphase bestehe deshalb kein Darlehensverhältnis, weil die Allgemeinen Bausparbedingungen der Beklagten nur für den Ausnahmefall der Kündigung durch den Bausparer eine Rückzahlungsverpflichtung vorsehen, das angesparte Geld im Regelfall aber in dem Bauspardarlehen aufgehe und nicht die Bausparkasse, sondern der Bausparer im Grundsatz einen bestimmten Geldbetrag zurückzuzahlen habe, verkennt sie, dass eine Rückzahlungsverpflichtung des Bausparers erst mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens in der Darlehensphase und nur in Höhe des Differenzbetrages zwischen Bausparsumme und Bausparguthaben entsteht, während die Ansparleistungen dem Bausparer als Bausparguthaben zurückgewährt werden (§ 13 Abs. 1 ABB).

24

3. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht zu Recht eine Kündigungsmöglichkeit der Beklagten gemäß § 488 Abs. 3 BGB aF verneint. Ein solches Kündigungsrecht haben die Parteien zumindest stillschweigend abbedungen.

25

a) Gemäß § 5 Abs. 3 Nr. 7 BauSparkG haben die Allgemeinen Bausparbedingungen Bestimmungen darüber zu enthalten, unter welchen Voraussetzungen ein Bausparvertrag gekündigt werden kann. Die Allgemeinen Bausparbedingungen der Beklagten sehen ein Kündigungsrecht der Beklagten während der Ansparphase nur unter den - vorliegend nicht erfüllten - Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 ABB vor. Hieraus folgt, dass einem Bausparer bei vertragsgemäßer Erbringung der Ansparleistungen grundsätzlich ein Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens zusteht. Dies bedingt einen stillschweigend vereinbarten Ausschluss des gesetzlichen Kündigungsrechts aus § 488 Abs. 3 BGB aF, weil anderenfalls die Bausparkasse dem Bausparer jederzeit den bedingungsgemäßen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens entziehen könnte (vgl. OLG Stuttgart, WM 2013, 508, 509; OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 2. Oktober 2013 - 19 U 106/13, juris Rn. 11; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1805; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl., (10) Bausparbedingungen Rn. 9; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1264; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rn. 548; Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 782 f.; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3; Schäfer/Cirpka/Zehnder, Bausparkassengesetz und Bausparkassenverordnung, 5. Aufl., § 5 Anm. 37; Servatius, ZfIR 2016, 649, 652; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2840; Weber, ZIP 2015, 961, 962; Yildirim, VuR 2015, 258, 260).

26

b) Etwas anderes gilt hingegen, wenn die Bausparsumme - was hier nicht der Fall ist - voll angespart worden ist. Denn ab diesem Zeitpunkt kann ein Bauspardarlehen nicht mehr beansprucht werden (vgl. OLG Bamberg, WM 2016, 2067, 2068; OLG Celle, BKR 2016, 509 Rn. 24; OLG Stuttgart, WM 2013, 508, 509; OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 14; Bergmann, WM 2016, 2153, 2155; Buhl/Münder, NJW 2016, 1991, 1995; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079, 3083 f.; Flick, jurisPR-BKR 5/2016 Anm. 5; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 199; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl., (10) Bausparbedingungen Rn. 9; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1264; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rn. 548; Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 782 f.; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3; Servatius, ZfIR 2016, 649, 651; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2840; Weber, ZIP 2015, 961, 962; Yildirim, VuR 2015, 258, 260 f.).

27

c) Anders als die Revision meint, steht der Beklagten ein Kündigungsrecht gemäß § 488 Abs. 3 BGB aF auch nicht deshalb zu, weil die Klägerin sich so behandeln lassen muss, als hätte sie die Bausparsumme vollständig angespart. Auch wenn die von der Klägerin in der Vergangenheit nicht erbrachten Regelsparbeiträge die Differenz zwischen ihrem Bausparguthaben und der Bausparsumme übersteigen, sieht § 5 Abs. 3 ABB für den Fall des Rückstandes mit der Zahlung von Regelsparbeiträgen eine spezielle Regelung vor, die den allgemeinen Kündigungstatbestand des § 488 Abs. 3 BGB aF verdrängt. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 ABB, insbesondere die Aufforderung zur Erbringung der rückständigen Regelsparbeiträge, können nicht durch einen Rückgriff auf den allgemeinen Kündigungstatbestand aus § 488 Abs. 3 BGB aF unterlaufen werden. Deren Einhaltung stellt entgegen der Ansicht der Revision keine überflüssige Förmelei dar.

28

d) Entgegen einer vereinzelten Auffassung im Schrifttum ist einer Bausparkasse eine Kündigungsmöglichkeit nach § 488 Abs. 3 BGB aF auch nicht dann eröffnet, wenn der Bausparer trotz erstmaliger Zuteilungsreife kein Bauspardarlehen in Anspruch nimmt. Dies wird damit begründet, dass der Bausparer mit der Nichtannahme zum Ausdruck bringe, von seiner Option auf Gewährung eines Bauspardarlehens keinen Gebrauch machen zu wollen (vgl. Schultheiß, WuB 2015, 139, 141). Dem ist nicht zu folgen.

29

Bausparen ist zwar, wie aus § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 und 3 BauSparkG sowie § 1 ABB folgt, ein zielgerichtetes Sparen, um für wohnungswirtschaftliche Maßnahmen ein Darlehen beanspruchen zu können (vgl. Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1803; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1258; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rn. 550; Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 782 und 786). Hiermit geht aber, was die Bestimmungen über die Fortsetzung des Vertrages bei Nichtannahme der Zuteilung (§ 14 Abs. 1 ABB) zeigen, keine Pflicht einher, ein Bauspardarlehen tatsächlich in Anspruch zu nehmen (vgl. OLG Celle, WM 2016, 738, 739; OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2072; OLG Hamm, ZIP 2016, 306, 307 und NJW-RR 2016, 747 Rn. 17; Batereau, WuB 2016, 76, 77; Edelmann/Suchowerskyj, aaO; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 203; Herresthal, aaO; Yildirim, VuR 2015, 258, 260 f.).

30

Aus diesem Grunde besteht, anders als das Berufungsgericht meint, der Vertragszweck in der Erlangung eines Anspruchs auf Gewährung eines Bauspardarlehens (§ 1 Abs. 2 Satz 1 BauSparkG) und nicht in der tatsächlichen Inanspruchnahme des Bauspardarlehens. Gegenteiliges folgt auch nicht aus dem Wortlaut von § 1 ABB, weil diese Bestimmung ein Darlehen nach Maßgabe der Allgemeinen Bausparbedingungen vorsieht, welches aber von dem Bausparer gerade nicht in Anspruch zu nehmen ist. Der Bausparer erwirbt vielmehr die Option, ein Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen (vgl. LG Stuttgart, ZIP 2015, 2363, 2367; Bergmann, WM 2016, 2153, 2154; Schäfer/Cirpka/Zehnder, Bausparkassengesetz und Bausparkassenverordnung, 5. Aufl., § 1 Anm. 13), hinsichtlich derer ihm aber eine flexible Handhabung zuzubilligen ist, weil er nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt mit der Darlehensgewährung rechnen kann (vgl. Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 204 und 206; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1258). Denn die Bausparkasse kann gemäß § 4 Abs. 5 BauSparkG bei Vertragsschluss keinen festen Termin für die Auszahlung des Bauspardarlehens zusagen. Zudem kann der Bausparer auch bei einer kontinuierlichen Erbringung der Regelsparbeiträge unter Beachtung der Mindestspardauer den genauen Zeitpunkt der Zuteilung nicht selbst bestimmen, weil dieser unter anderem von dem Vorhandensein einer ausreichenden Zuteilungsmasse abhängt (vgl. BGH, Urteil vom 23. Oktober 1975 - III ZR 95/73, WM 1976, 50, 51).

31

e) Entgegen einer weiteren Auffassung im Schrifttum steht einer Bausparkasse das Kündigungsrecht aus § 488 Abs. 3 BGB aF auch nicht dann zu, wenn der Bausparer - wie im vorliegenden Fall die Klägerin - länger als zehn Jahre ab erstmaliger Zuteilungsreife das Bauspardarlehen nicht in Anspruch nimmt. Dies wird damit begründet, dass der Bausparer mit einem solchen Verhalten auf sein Recht auf Gewährung des Bauspardarlehens verzichte oder dieses Recht verwirke und deshalb von einer der vollständigen Besparung eines Bausparvertrages gleichstehenden Zweckerreichung auszugehen sei (vgl. Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1805, die sich zu Unrecht auf OLG Stuttgart, WM 2013, 508 berufen). Auch dieser Ansicht ist nicht zu folgen (ebenso Bergmann, WM 2016, 2153, 2155; Buhl/Münder, NJW 2016, 1991, 1995; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1264 f.; Servatius, ZfIR 2016, 649, 654; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2840).

32

Dem in der Nichtannahme der Zuteilung liegenden Schweigen des Bausparers - hier der Klägerin - kommt bereits nach allgemeinen rechtsgeschäftlichen Grundsätzen kein Erklärungsgehalt zu (vgl. dazu Palandt/Ellenberger, BGB, 76. Aufl., Einf. v. § 116 Rn. 7). Es beinhaltet schon aus diesem Grunde kein an die Bausparkasse gerichtetes Angebot auf Abschluss eines entsprechenden Erlassvertrages (§ 397 Abs. 1 BGB).

33

Die Nichtannahme des Bauspardarlehens mehr als zehn Jahre nach Zuteilungsreife füllt auch den Tatbestand der Verwirkung nicht aus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (vgl. nur Senatsurteile vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, WM 2016, 1835 Rn. 40 mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen, und vom 11. Oktober 2016 - XI ZR 482/15, WM 2016, 2295 Rn. 30 mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Dafür, dass die Beklagte auf die Nichtannahme des Bauspardarlehens vertraut und infolgedessen Dispositionen getroffen hätte, ist nichts vorgetragen oder sonst erkennbar.

34

4. Dagegen hält die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte könne sich nicht auf das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB - zutreffend: der nahezu wortgleiche § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF - stützen, den Angriffen der Revision nicht stand. Das Gegenteil ist richtig. § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF ist auch auf das Einlagengeschäft von Bausparkassen anzuwenden und unterliegt insoweit keiner teleologischen Reduktion (dazu unter a). Es sind auch die Voraussetzungen des Kündigungsrechts aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF in direkter Anwendung der Norm erfüllt, ohne dass es eines Analogieschlusses bedarf (dazu unter b).

35

a) Nach der ganz herrschenden Ansicht in der Instanzrechtsprechung und Literatur steht das ordentliche Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF auch einer Bausparkasse - wie hier der Beklagten - zu (vgl. OLG Celle, WM 2016, 738 und BKR 2016, 509 Rn. 39; OLG Düsseldorf, Urteil vom 1. Dezember 2016 - 6 U 124/16, juris Rn. 25; OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2071; OLG Hamm, ZIP 2016, 306, 307; NJW-RR 2016, 747 Rn. 14 und ZIP 2016, 1475 f.; OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 15 ff.; OLG Köln, WM 2016, 740, 741; OLG München, Urteile vom 27. September 2016 - 5 U 1637/16, juris Rn. 30 und vom 17. Oktober 2016 - 17 U 2643/16, juris Rn. 15; LG Aachen, Urteil vom 29. Mai 2015 - 10 O 404/14, juris Rn. 16; LG Bremen, Urteil vom 12. August 2016 - 4 S 47/16, juris Rn. 18; LG Düsseldorf, Urteil vom 8. April 2016 - 8 O 109/15, juris Rn. 15; LG Hamburg, Urteil vom 24. März 2016 - 330 O 314/15, juris Rn. 18; LG Hannover, Urteil vom 10. September 2015 - 3 O 59/15, juris Rn. 24; LG Mainz, WM 2015, 181 f.; LG München I, ZIP 2015, 2360, 2361 f.; LG Münster, Urteil vom 25. August 2015 - 14 O 183/15, juris Rn. 20 f.; LG Nürnberg-Fürth, ZIP 2015, 1870 f.; LG Osnabrück, Urteil vom 21. August 2015 - 7 O 545/15, juris Rn. 18 f.; LG Stralsund, Urteil vom 3. Februar 2016 - 7 O 264/15, juris Rn. 14; LG Stuttgart, ZIP 2015, 2363, 2364 f.; Batereau, WuB 2016, 76, 77; Bergmann, WM 2016, 2153, 2156; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1801 und BB 2015, 3079, 3080; Flick, jurisPR-BKR 5/2016 Anm. 5; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 200; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1259 f.; Kruis ZIP 2017, 270 f.; Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 783; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 489 Rn. 51; Omlor/Meier, EWiR 2016, 323 f.; Rollberg, EWiR 2016, 3; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3; Schultheiß, WuB 2015, 139, 142; Servatius, ZfIR 2016, 649, 657 f.; Simon, EWiR 2016, 723, 724; von Stumm, GWR 2015, 357, 358; Welter, WuB 2016, 597, 601 ff. und WuB 2017, 9, 12; Yildirim, VuR 2015, 258, 259 f.).

36

Demgegenüber gehen lediglich vereinzelte Stimmen in der Instanzrechtsprechung und Literatur davon aus, dass das Kündigungsrecht zugunsten einer Bausparkasse keine Anwendung findet (so das Berufungsgericht, WM 2016, 1440, 1442; ferner AG Ludwigsburg, Urteil vom 7. August 2015 - 10 C 1154/15, juris Rn. 40 ff.; MünchKommBGB/Berger, 7. Aufl., § 489 Rn. 2; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2843; Weber, ZIP 2016, 961; BB 2015, 2185, 2186 und BB 2016, 584, 586 f.; BeckOGK/C. Weber BGB, Stand: 1. Juli 2016, § 489 Rn. 15).

37

Die herrschende Ansicht ist zutreffend. Für sie spricht das Ergebnis einer grammatikalischen, systematischen, historischen und teleologischen Auslegung von § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF, was zugleich einer teleologischen Reduktion der Norm entgegensteht.

38

aa) Der Wortlaut des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF gewährt dem Darlehensnehmer bei einem Darlehensvertrag mit einem festen Zinssatz ein Kündigungsrecht, und zwar in jedem Fall zehn Jahre nach dem vollständigen Empfang der Darlehensvaluta unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten. In persönlicher Hinsicht wird dabei nicht danach unterschieden, ob es sich bei dem Darlehensnehmer um eine natürliche oder juristische Person handelt und ob dieser Verbraucher oder Unternehmer ist. Danach kann auch eine Bausparkasse Darlehensnehmer im Sinne dieser Vorschrift sein (so auch OLG Celle, WM 2016, 738 und BKR 2016, 509 Rn. 40; OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2071; OLG Hamm, NJW-RR 2016, 747 Rn. 14 und ZIP 2016, 1475, 1476; OLG Köln, WM 2016, 740, 741; LG Mainz, WM 2015, 181 f.; LG Nürnberg-Fürth, ZIP 2015, 1870 f.; LG München I, ZIP 2015, 2360, 2361 f.; LG Stuttgart, ZIP 2015, 2363, 2364 f.; Bergmann, WM 2016, 2153, 2156; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1801 und BB 2015, 3079, 3080; Flick, jurisPR-BKR 5/2016 Anm. 5; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 200; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1260; Rollberg, EWiR 2016, 3; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2841).

39

bb) Die Gesetzessystematik bestätigt die Auslegung nach dem Wortlaut, d.h. eine Anwendbarkeit der Norm auch zugunsten einer Bausparkasse.

40

§ 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF gewährt allen Darlehensnehmern ein Kündigungsrecht, während ein spezielles Kündigungsrecht nur für Verbraucher in § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB aF - bzw. nach dem intertemporal gemäß Art. 229 § 22 Abs. 3 EGBGB maßgeblichen Recht in § 500 Abs. 1 BGB - geregelt worden ist. Nach der gesetzlichen Systematik kann sich daher eine Bausparkasse auf das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF berufen (so auch OLG Celle, WM 2016, 738 und BKR 2016, 509 Rn. 41; OLG Hamm, NJW-RR 2016, 747 Rn. 14 und ZIP 2016, 1475, 1476; OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 33; OLG Köln, WM 2016, 740, 741; LG Nürnberg-Fürth, ZIP 2015, 1870 f.; LG München I, ZIP 2015, 2360, 2361; LG Stuttgart, ZIP 2015, 2363, 2364 f.; Bergmann, WM 2016, 2153, 2156; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1801 und BB 2015, 3079, 3080; Flick, jurisPR-BKR 5/2016 Anm. 5; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 200; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1260; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3; Omlor/Meier, EWiR 2016, 323, 324; Rollberg, EWiR 2016, 3; Servatius, ZfIR 2016, 649, 656; Simon, EWiR 2015, 723, 724; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2841; Yildirim, VuR 2015, 258, 259 f.).

41

Gegen eine Beschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs der Norm spricht in gesetzessystematischer Hinsicht ferner, dass § 489 Abs. 4 Satz 2 BGB aF eine Ausnahmeregelung hinsichtlich der Abdingbarkeit des Kündigungsrechts aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF vorsieht, welche sich ausschließlich auf Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften bezieht. Hieraus folgt zum einen, dass das Kündigungsrecht grundsätzlich auch öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaften zusteht und dessen Anwendungsbereich damit insbesondere nicht auf Verbraucher beschränkt ist (vgl. OLG Hamm, ZIP 2016, 1475, 1476; LG München I, ZIP 2015, 2360, 2361; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1801 und BB 2015, 3079, 3080 f.; Flick, jurisPR-BKR 5/2016 Anm. 5; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1260; Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 783; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3; Simon, EWiR 2016, 723, 724). Zum anderen kann danach das Kündigungsrecht allen anderen Darlehensnehmern gegenüber nicht abbedungen werden. Nach seiner Regelungssystematik schließt das Gesetz damit bestimmte Darlehensnehmer, die bei einer typisierenden Betrachtungsweise weniger schutzbedürftig erscheinen - wie insbesondere öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaften - nicht von vornherein aus dem Anwendungsbereich der Norm aus, sondern gestaltet sie diesen gegenüber nur disponibel aus. Dagegen ist dies im Hinblick auf Kaufleute und Unternehmer, die bei einer typisierenden Betrachtungsweise ebenfalls weniger schutzbedürftig erscheinen könnten, gerade nicht geschehen (vgl. Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079, 3080 f.).

42

cc) Die Entstehungsgeschichte des in § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF normierten Kündigungsrechts belegt ebenfalls, dass dieses Recht auch Kaufleuten und Unternehmern und damit auch Kreditinstituten wie Bausparkassen zusteht.

43

(1) Das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF ist über die früheren Regelungen in § 609a BGB in der Fassung vom 25. Juli 1986 (BGBl. I S. 1169; künftig: aF) und in § 247 BGB in der Fassung von 1. Januar 1900 (künftig: aF), eingeführt durch das Bürgerliche Gesetzbuch vom 18. August 1896 (RGBl. 1896, S. 195), auf das "Gesetz, betreffend die vertragsgemäßen Zinsen" vom 14. November 1867 (Bundes-Gesetzblatt des Norddeutschen Bundes, 1867, S. 159, 160) zurückzuführen (vgl. "Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§ 247 BGB)" (künftig: RefE), ZIP 1985, 1291, 1292; Weber, BB 2015, 2185, 2186). Während § 1 dieses Gesetzes jede Beschränkung von Zinsvereinbarungen aufhob, gewährte § 2 Abs. 1 des Gesetzes dem Schuldner bei einem Zinssatz von mehr als 6% p.a. gleichsam als Kompensation für die Aufhebung gesetzlicher Beschränkungen hinsichtlich der Zinshöhe das Recht, nach Ablauf eines halben Jahres mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten den Vertrag zu kündigen (vgl. Bergmann, WM 2016, 2153, 2156; Landau in Gedächtnisschrift Conrad, 1979, S. 385, 399; Welter, WuB 2016, 597, 601). Dieses Kündigungsrecht bestand jedoch gemäß § 2 Abs. 3 des Gesetzes nicht bei Inhaberschuldverschreibungen und Darlehen, die einem Kaufmann gewährt wurden.

44

(2) Das Kündigungsrecht aus § 2 Abs. 1 des Gesetzes, betreffend die vertragsgemäßen Zinsen wurde zum 1. Januar 1900 als § 247 BGB aF in das Bürgerliche Gesetzbuch übernommen (vgl. Schubert/Schmiedel/Krampe, Quellen zum Handelsgesetzbuch von 1897, Bd. II, S. 1347) und damit als eine Regelung im Allgemeinen Teil des Schuldrechts gefasst, die nicht nur auf Darlehensverträge Anwendung fand. § 247 Abs. 1 BGB aF bestimmte, dass in den Fällen, in denen ein höherer Zinssatz als 6% p.a. vereinbart war, der Schuldner nach Ablauf von sechs Monaten das Kapital unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten kündigen konnte. Das Kündigungsrecht galt gemäß § 247 Abs. 2 BGB aF nur nicht bei Schuldverschreibungen auf den Inhaber. Der ursprüngliche Ausnahmetatbestand, wonach das Kündigungsrecht nicht für Kaufleute galt, wurde vom Gesetzgeber bewusst nicht fortgeschrieben (vgl. Bergmann, WM 2016, 2153, 2157; Landau in Gedächtnisschrift Conrad, 1979, S. 385, 403; Weber, ZIP 2015, 961, 965 und BB 2015, 2185, 2187).

45

Zwar wird in den Materialien zu § 247 BGB aF ausgeführt, dass das Kündigungsrecht des Schuldners bei hohen Zinsen, jedenfalls seiner Wirkung nach, ein Mittel gegen den Missbrauch der wirtschaftlichen Übermacht des Gläubigers gegenüber dem Schuldner sei und es sich bei der herrschenden starken Strömung, welche auf eine Verstärkung des Schutzes des wirtschaftlich Schwächeren gehe, nicht empfehle, dieses bestehende Schutzmittel für den Schuldner fallen zu lassen (vgl. Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, Bd. II, Recht der Schuldverhältnisse, S. 628 f.). Hieraus folgt aber nicht, dass das Kündigungsrecht nur solchen Personen zustehen sollte, die hinsichtlich ihrer persönlichen Eigenschaften bei einer typisierenden Betrachtungsweise schutzbedürftig sind (vgl. Landau in Gedächtnisschrift Conrad, 1979, S. 385, 403).

46

Denn zu dem Kreis der durch § 247 BGB aF zu schützenden Personen sollten auch Kaufleute gehören, wie der "Kommissionsbericht über den Entwurf eines H.G.B." belegt (siehe dazu Schubert/Schmiedel/Krampe, Quellen zum Handelsgesetzbuch von 1897, Bd. II, S. 1343 ff.). Der Entwurf sah in § 342 vor, dass einem Kaufmann bei Schulden aus seinen Handelsgeschäften trotz eines Zinssatzes von mehr als 6% p.a. - ein Zinssatz von 6% p.a. lag zur Zeit des Inkrafttretens des BGB etwa um das Eineinhalbfache über dem Marktniveau (vgl. RefE, ZIP 1985, 1291, 1292; Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP (künftig: FraktionsE), BT-Drucks. 10/4741, S. 20 re. Sp.) - kein Kündigungsrecht zustehen sollte (vgl. Bergmann, WM 2016, 2153, 2157; Landau in Gedächtnisschrift Conrad, 1979, S. 385, 403; Schubert/Schmiedel/Krampe, aaO, S. 1343). Diese Ausnahmeregelung zu § 247 BGB aF wurde jedoch nicht Gesetz, nachdem darauf hingewiesen worden war, dass die Kündigungsbefugnis im Bürgerlichen Gesetzbuch als geeignetes Mittel anerkannt worden sei, dem Schuldner gegen die Übermacht des Gläubigers Schutz zu gewähren, und dies auch im kaufmännischen Verkehr angebracht sei (vgl. Bergmann, aaO; Landau, aaO; Schubert/Schmiedel/Krampe, aaO, S. 1347). Als schutzbedürftig wurde demnach derjenige angesehen, der gegenüber einem Gläubiger eine hochverzinste Schuld übernahm, weswegen es in persönlicher Hinsicht allein auf die Stellung als Schuldner, nicht aber auf sonstige persönliche Eigenschaften ankam.

47

(3) An diesem Befund, wonach das Kündigungsrecht aus § 247 Abs. 1 Satz 1 BGB aF als reine Schuldnerschutzbestimmung in persönlicher Hinsicht keiner weiteren Beschränkung unterlag, hat sich in der Folgezeit nichts geändert. Durch das Gesetz zur Wiederherstellung der Gesetzeseinheit auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts vom 5. März 1953 (BGBl. I S. 33) wurde lediglich der Ausnahmetatbestand des § 247 Abs. 2 BGB aF auf Orderschuldverschreibungen erweitert. Durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Hypothekenbankgesetzes vom 14. Januar 1963 (BGBl. I S. 9) wurde § 247 Abs. 2 BGB aF dahingehend ergänzt, dass das Kündigungsrecht aus § 247 Abs. 1 Satz 1 BGB aF bei Darlehen, die zu einer auf Grund gesetzlicher Vorschriften gebildeten Deckungsmasse für Schuldverschreibungen gehörten, abdingbar sein sollte.

48

(4) § 247 BGB aF wurde sodann durch das Gesetz zur Änderung wirtschafts-, verbraucher-, arbeits- und sozialrechtlicher Vorschriften vom 25. Juli 1986 (BGBl. I S. 1169) zum 31. Dezember 1986 aufgehoben und zugleich für das Darlehensrecht mit Wirkung ab dem 1. Januar 1987 durch die neue, inhaltlich geänderte Vorschrift des § 609a BGB aF ersetzt.

49

Mit der Verlagerung des Kündigungsrechts in das Darlehensrecht wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass die Vorschrift für andere verzinsliche Geldschulden keine praktische Bedeutung erlangt hatte (vgl. RefE, ZIP 1985, 1291, 1294; FraktionsE, BT-Drucks. 10/4741, S. 22 re. Sp.). Anlass für die Aufhebung von § 247 BGB aF war, dass das Kündigungsrecht auf Grund der zwischenzeitlichen Entwicklungen des Zinsniveaus seit Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs von einem Ausnahmerechtsbehelf zu einem weitgehend voraussetzungslosen Kündigungsrecht geworden war, was mit dem Wesen einer Festzinsabrede bei längerfristigen Krediten nicht zu vereinbaren war und in größerem Umfang zur Kündigung von Darlehen gegenüber Kreditinstituten geführt hatte (vgl. RefE, ZIP 1985, 1291, 1292; FraktionsE, BT-Drucks. 10/4741, S. 1 und S. 20). Die mit einer Kündigung einhergehende einseitige Verlagerung des Zinsänderungsrisikos auf den Darlehensgeber wurde als gesamtwirtschaftlich nachteilig angesehen, weil professionellen Kreditgebern eine laufzeit- und zinskongruente Refinanzierung erschwert wurde und zudem das Risiko gesehen wurde, dass vermehrt Kredite nur mit kurzen Zinsbindungsfristen oder Kredite mit langfristiger Zinsbindung nur gegen Kostenaufschläge herausgegeben würden (vgl. RefE, aaO; FraktionsE, aaO, S. 20 re. Sp.).

50

Gleichwohl sollte das Kündigungsrecht aus § 247 BGB aF nicht ersatzlos gestrichen werden. Vielmehr sollte der Schuldnerschutz gerade bei festverzinslichen Krediten nur auf ein angemessenes Maß zurückgeführt werden (vgl. RefE, ZIP 1985, 1291, 1293; FraktionsE, BT-Drucks. 10/4741, S. 21 re. Sp.). Aus diesem Grunde sollte bei Auslaufen einer beiderseitigen Zinsbindung der Schuldner nicht einem einseitigen Zinsbestimmungsrecht des Gläubigers unterliegen (§ 609a Abs. 1 Nr. 1 BGB aF). Nach einer Laufzeit von zehn Jahren sollte ein Schuldner in jedem Fall kündigen können (§ 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF). Ferner sollte bei Verbraucherdarlehen im engeren Sinne aus sozialen Gründen ein kurzfristiges Kündigungsrecht (§ 609a Abs. 1 Nr. 2 BGB aF) bestehen (vgl. RefE, aaO; FraktionsE, aaO, S. 21 re. Sp. und S. 22 li. Sp.). Die Höhe des vereinbarten Zinssatzes, die ursprünglich für die Einführung des Kündigungsrechts von Bedeutung war, sollte hingegen für die Frage der Kündbarkeit des Darlehens keine Bedeutung mehr haben (RefE, ZIP 1985, 1291, 1294).

51

Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs sollte das Kündigungsrecht aus § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF dem Schuldner bei allen festverzinslichen Darlehen nach Ablauf von zehn Jahren nach dessen Auszahlung zustehen, um ihm spätestens dann die Möglichkeit zu geben, sich von dem Darlehensvertrag und damit von der weiteren Bindung an einen nicht mehr zeitgemäßen Zinssatz zu lösen (vgl. RefE, ZIP 1985, 1291, 1294 f.; FraktionsE, BT-Drucks. 10/4741, S. 23 li. Sp.).

52

Aufgrund dessen galt die Neuregelung des Kündigungsrechts in § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF nicht nur für das Aktivgeschäft, sondern auch für das Passivgeschäft von Kreditinstituten. Zwar waren die negativen Auswirkungen des Kündigungsrechts aus § 247 BGB aF auf das Aktivgeschäft der Kreditinstitute der Anlass für die Neuregelung des Kündigungsrechts. Zudem sind sowohl die Ausführungen in der Begründung des Referentenentwurfs als auch des Fraktionsentwurfs zu § 609a BGB aF auf die Gewährung von Darlehen durch Kreditinstitute zugeschnitten (vgl. Bergmann, WM 2016, 2153, 2157). Allein daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass der Gesetzgeber eine Regelung schaffen wollte, die nur für das Aktiv-, nicht aber auch für das Passivgeschäft von Kreditinstituten gelten sollte (so aber das Berufungsgericht, WM 2016, 1440, 1443 f.; ähnlich AG Ludwigsburg, Urteil vom 7. August 2015 - 10 C 1154/15, juris Rn. 43 ff.). Dagegen spricht bereits, dass sich hierzu weder im Referentenentwurf (ZIP 1985, 1291) noch in der Begründung zum Fraktionsentwurf (BT-Drucks. 10/4741) entsprechende Erwägungen finden (zutreffend OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 24; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 200 und 201) noch im Wortlaut des § 609a BGB aF Anhaltspunkte dafür zu erkennen sind.

53

In diesem Zusammenhang kann eine einschränkende Auslegung des Kündigungsrechts aus § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF nicht damit begründet werden, dieses sollte ein Gegengewicht zu dem den Kreditinstituten zustehenden Zinsbestimmungsrecht bilden (so aber das Berufungsgericht, WM 2016, 1440, 1444; ferner AG Ludwigsburg, Urteil vom 7. August 2015 - 10 C 1154/15, juris Rn. 47; Weber, BB 2015, 2185, 2187). Denn das Bestehen eines Zinsbestimmungsrechts des Gläubigers wird in den Materialien zu § 609a BGB aF allein im Zusammenhang mit dem Kündigungsrecht aus § 609a Abs. 1 Nr. 1 BGB aF, betreffend die Kündigungsmöglichkeit bei Auslaufen einer vereinbarten Zinsbindung bei festverzinslichen Darlehen, und dem Kündigungsrecht aus § 609a Abs. 2 BGB aF, betreffend die Kündigung von Darlehen mit einem veränderlichen Zinssatz, nicht aber im Zusammenhang mit dem Kündigungsrecht aus § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF erörtert (vgl. BT-Drucks. 10/4741, S. 22 re. Sp. und S. 23 li. Sp.; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079, 3082; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1261; Welter, WuB 2016, 597, 602).

54

Für eine in personeller und sachlicher Hinsicht uneingeschränkte Geltung des § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF sprechen auch weitere Erwägungen. Das für alle Schuldner geltende Kündigungsrecht aus § 247 BGB aF wurde vom Gesetzgeber gerade nicht ersatzlos gestrichen, sondern durch allgemeine Regelungen zur Kündigung von Darlehensverträgen ersetzt. Während in § 609a Abs. 1 Nr. 2 BGB aF ein besonderes Kündigungsrecht für natürliche Personen normiert wurde, sollte das Kündigungsrecht aus § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF ausdrücklich für alle festverzinslichen Darlehen gelten (vgl. BT-Drucks. 10/4741, S. 23 li. Sp.; OLG Celle, WM 2016, 738 f.; OLG Hamm, NJW-RR 2016, 747 Rn. 13 und ZIP 2016, 1475 f.; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079, 3082; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 200). Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber Kreditinstitute als Darlehensnehmer nicht im Blick hatte (vgl. OLG Köln, WM 2016, 740, 741; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 201; aA Weber, ZIP 2015, 961, 965 Fn. 50 und BB 2015, 2185, 2187). Dagegen spricht, dass mit § 247 Abs. 2 Satz 1 BGB aF ein gesetzlich verankerter Ausnahmetatbestand für Inhaber- und Orderschuldverschreibungen aufgehoben wurde, bei dem ausweislich der Begründung des Referentenentwurfs gerade Kreditinstitute als Schuldner im Blickpunkt standen (vgl. Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079, 3081 Fn. 19). Zudem wurde die Neuregelung nur in einem eng umgrenzten Rahmen disponibel ausgestaltet, ohne dass Anhaltspunkte dafür bestehen, dass diese Regelung nur versehentlich auf öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaften beschränkt wurde (vgl. LG München I, ZIP 2015, 2360, 2363; LG Nürnberg-Fürth, ZIP 2015, 1870, 1871).

55

(5) Durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) wurde das Kündigungsrecht aus § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF in § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF normiert. Eine Einschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs des Kündigungsrechts war damit nicht verbunden. Vielmehr erfolgte nur eine sprachliche Anpassung an die durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts neu gefasste Diktion des Darlehensrechts, ohne dass hiermit sachliche Änderungen einhergingen (BT-Drucks. 14/6040, S. 253; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1260).

56

(6) Auch die nachfolgenden Gesetzesänderungen, welche in zeitlicher Hinsicht, wie bereits ausgeführt, für die Anwendbarkeit von § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF auf den vorliegenden Fall ohne Bedeutung sind, belegen, dass keine Änderung des persönlichen Anwendungsbereichs in Betracht kommt.

57

Durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2355) wurde das - vorliegend streitgegenständliche - Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF ohne wesentliche inhaltliche Änderung nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB verschoben. Dies hatte allein gesetzestechnische Gründe, weil das bisherige Kündigungsrecht des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB aF aus systematischen Gründen in § 500 Abs. 1 BGB einen neuen Standort fand (vgl. BT-Drucks. 16/11643, S. 74 re. Sp.).

58

In der Folgezeit bis heute hat die Kündigungsvorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB keine Änderungen mehr erfahren.

59

dd) Dass das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF (auch) Bausparkassen zusteht, wird durch eine teleologische Auslegung der Norm bestätigt.

60

Ebenso wie § 247 BGB aF als reine Schuldnerschutzbestimmung ausgelegt war, lag auch dem Kündigungsrecht aus § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB aF die für § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF fortgeltende Erwägung zugrunde, dass ein Schuldner bei allen festverzinslichen Darlehen spätestens nach Ablauf von zehn Jahren die Möglichkeit haben soll, sich durch Kündigung von dem Vertrag und damit von einer Bindung an einen nicht mehr marktgerechten Zinssatz zu lösen. Dies gilt auch für das Einlagengeschäft der Bausparkassen (so auch OLG Celle, WM 2016, 738 f. und BKR 2016, 509 Rn. 42; OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2071; OLG Hamm, NJW-RR 2016, 747 Rn. 13; OLG Köln, WM 2016, 740, 741; LG München I, ZIP 2015, 2360, 2361 f.; LG Stuttgart, ZIP 2015, 2363, 2364; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1801 und BB 2015, 3079, 3081; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 200; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1259; Kruis, ZIP 2017, 270 f.; Rollberg, EWiR 2016, 3; Servatius, ZfIR 2016, 649, 657; aA AG Ludwigsburg, Urteil vom 7. August 2015 - 10 C 1154/15, juris Rn. 40 ff.; Weber, ZIP 2015, 961, 965, BB 2015, 2185, 2187 f. und BB 2016, 584, 586).

61

(1) Es liegt im Interesse der Bausparkasse, Bausparverträge kündigen zu können, bei denen nicht mehr marktgerechte Einlagenzinsen vereinbart sind (vgl. OLG Celle, WM 2016, 738 f.; OLG Hamm, ZIP 2016, 1475, 1476; OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 25; LG München I, ZIP 2015, 2360, 2361 f.; Bergmann, WM 2016, 2153; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079, 3081; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 200 f.; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3). Bei Abschluss des Bausparvertrages kann eine künftige Zinsentwicklung nicht sicher prognostiziert werden, so dass Fehleinschätzungen die Bausparkassen nachteilig betreffen (vgl. Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 784; dies konzediert auch Weber, ZIP 2015, 961, 965 und BB 2015, 2185, 2187). Gerade dieses Interesse des Darlehensnehmers an der Möglichkeit, sich von einer langfristigen Zinsbindung spätestens nach zehn Jahren lösen zu können, soll durch das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF befriedigt werden.

62

(2) Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass ein Schutz der Bausparkassen nicht bezweckt sei, weil diese gemäß § 5 Abs. 3 Nr. 7 BauSparkG ein entsprechendes Kündigungsrecht in ihren Allgemeinen Bausparbedingungen hätten vorsehen können (so das Berufungsgericht, WM 2016, 1440, 1446; Weber, ZIP 2015, 961, 964 und BB 2015, 2185, 2187). Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber Bausparkassen auf einen Selbstschutz durch Ausbedingung eines Kündigungsrechts hat verweisen wollen (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 30). Ganz im Gegenteil ist das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF gemäß § 489 Abs. 4 Satz 1 BGB aF zwingend ausgestaltet und bedarf damit keiner Vereinbarung.

63

(3) Vor diesem Hintergrund kommt es nicht darauf an, inwieweit die Beklagte die Möglichkeit hat, gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 BauSparkG ihre Allgemeinen Bausparbedingungen mit aufsichtsrechtlicher Genehmigung auch mit Wirkung für bestehende Verträge zu ändern, ungeachtet des Umstandes, dass es sich insoweit ausweislich der Begründung des Regierungsentwurfs zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Bausparkassen um eine subsidiäre Maßnahme handelt (vgl. BT-Drucks. 11/8089, S. 19 li. Sp.; OLG Celle, Beschluss vom 3. März 2016 - 3 U 202/15, juris Rn. 37; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 198; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1261 f.). Von daher ist eine Bausparkasse auch nicht gehalten, vorrangig eine aufsichtsrechtlich genehmigte Herabsetzung des Guthabenzinses herbeizuführen (vgl. Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 205).

64

ee) Entgegen einer von Teilen in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Ansicht kommt eine teleologische Reduktion von § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF dahin, Kreditinstitute wie Bausparkassen aus dem Anwendungsbereich der Norm herauszunehmen, nicht in Betracht (so aber das Berufungsgericht, WM 2016, 1440, 1442; Weber, ZIP 2015, 961, 965, BB 2015, 2185, 2188 und BB 2016, 584, 586; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2843).

65

Eine Rechtsfortbildung im Wege der teleologischen Reduktion setzt eine verdeckte Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus (vgl. nur BGH, Urteil vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27 Rn. 22). Von dem planwidrigen Fehlen eines Ausnahmetatbestandes für Bausparkassen in der Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF kann indes nicht ausgegangen werden (so auch OLG Hamm, ZIP 2016, 1475, 1476; OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 17; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1803 und BB 2015, 3079; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 201; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1261).

66

(1) Aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift und ihrem Regelungszweck kann entgegen der Ansicht der Befürworter einer teleologischen Reduktion der Norm nicht abgeleitet werden, dass der Gesetzgeber mit dem Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF nur den Schutz eines wirtschaftlich schwächeren Darlehensnehmers gegenüber einem wirtschaftlich stärkeren Darlehensgeber bezweckt habe (so aber das Berufungsgericht, WM 2016, 1440, 1444 f.; Weber, ZIP 2015, 961, 965, BB 2015, 2185, 2186 f. und BB 2016, 584, 586). Das Gegenteil ist der Fall. Wie oben zu Sinn und Zweck des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF und seiner Vorgängernormen im Einzelnen dargelegt worden ist, soll das Kündigungsrecht auch Bausparkassen zustehen.

67

(2) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung und einer vereinzelt in der Rechtsprechung vertretenen Ansicht (vgl. LG Karlsruhe, Urteil vom 9. Oktober 2015 - 7 O 126/15, juris Rn. 25) steht einer Anwendbarkeit des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF auch nicht entgegen, dass sich eine Bausparkasse mit einer auf diese Norm gestützten Kündigung des Bausparvertrages ihrer Rolle als Darlehensgeberin des Bausparers entzieht. Dabei wird übersehen, dass - was bereits oben dargelegt worden ist - die Bausparkasse in der Ansparphase nur Darlehensnehmerin des Bausparers ist. Der weitere Einwand, dass eine Teilkündigung von Vertragsverhältnissen nur in Betracht komme, wenn das Gesetz dies vorsehe (vgl. LG Karlsruhe, aaO), trifft ebenfalls nicht zu; denn mit der Anwendung des Kündigungsrechts aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF auf den Bausparvertrag wird das Vertragsverhältnis - wie unten näher ausgeführt - insgesamt beendet.

68

ff) Das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF ist auch nicht auf Grund einer - hier ohnehin nicht gegebenen - abschließenden Regelung der Kündigungsrechte in den Allgemeinen Bausparbedingungen ausgeschlossen (so aber Buhl/Münder, NJW 2016, 1991, 1992). Gemäß § 489 Abs. 4 Satz 1 BGB aF ist es zwingendes Recht (vgl. OLG Celle, WM 2016, 738, 739; OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2072; OLG Hamm, NJW-RR 2016, 747 Rn. 15 und ZIP 2016, 1475, 1476; OLG Köln, WM 2016, 740, 741 f.). Erst recht scheidet aufgrund des Normzwecks des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF eine analoge Anwendung des Ausnahmetatbestands des § 489 Abs. 4 Satz 2 BGB aF auf Bausparkassen aus (vgl. LG München I, ZIP 2016, 2360, 2363; LG Nürnberg-Fürth, ZIP 2015, 1870, 1871 f.).

69

b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des Kündigungsrechts aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF erfüllt.

70

aa) Das der Bausparkasse gewährte Darlehen weist einen festen Zinssatz auf, weil bereits bei Vertragsschluss der Guthabenzins für die Dauer der Ansparphase in Höhe von 3% p.a. fest vereinbart worden ist (vgl. OLG Celle, WM 2016, 738, 739; LG Stuttgart, ZIP 2015, 2363, 2365; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1263).

71

bb) Auch die weitere Voraussetzung des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF, der Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens, ist erfüllt, weil der Bausparvertrag der Klägerin zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung im Januar 2015 seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif war, nachdem die erstmalige Zuteilungsreife am 1. April 1993 eingetreten war.

72

(1) Nach fast einhelliger Meinung in der Instanzrechtsprechung und Literatur ist bei Bausparverträgen von einem vollständigen Empfang des Darlehens im Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife auszugehen (vgl. OLG Celle, WM 2016, 738, 739 und BKR 2016, 509, 512; OLG Düsseldorf, Urteil vom 1. Dezember 2016 - 6 U 124/16, juris Rn. 37; OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2072 f.; OLG Hamm, ZIP 2016, 306, 307, NJW-RR 2016, 747 Rn. 17 und ZIP 2016, 1475, 1476; OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016 - 8 U 11/16, juris Rn. 45; OLG Köln, WM 2016, 740, 741; OLG München, Urteile vom 27. September 2016 - 5 U 1637/16, juris Rn. 35 und vom 17. Oktober 2016 - 17 U 2643/16, juris Rn. 20; LG Aachen, Urteil vom 29. Mai 2015 - 10 O 404/14, juris Rn. 20; LG Bremen, Urteil vom 12. August 2016 - 4 S 47/16, juris Rn. 22; LG Düsseldorf, Urteil vom 8. April 2016 - 8 O 109/15, juris Rn. 25; LG Hamburg, Urteil vom 24. März 2016 - 330 O 314/15, juris Rn. 27; LG Hannover, Urteil vom 10. September 2015 - 3 O 59/15, juris Rn. 29; LG Mainz, WM 2015, 181 f.; LG München I, ZIP 2015, 2360, 2362; LG Münster, Urteil vom 25. August 2015 - 14 O 183/15, juris Rn. 28; LG Nürnberg-Fürth, ZIP 2015, 1870, 1871; LG Osnabrück, Urteil vom 21. August 2015 - 7 O 545/15, juris Rn. 21; LG Stralsund, Urteil vom 3. Februar 2016 - 7 O 264/15, juris Rn. 16; Batereau, WuB 2016, 76, 78; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1803 und BB 2015, 3079, 3083; Flick, jurisPR-BKR 5/2016 Anm. 5; Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 203; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1262 ff.; Kruis, ZIP 2017, 270, 271 f.; Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 785 f.; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rn. 550; Rollberg, EWiR 2016, 3, 4; Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3; Schultheiß, WuB 2015, 139, 142; Servatius, ZfIR 2016, 649, 658; Simon, EWiR 2015, 723, 724; Welter, WuB 2016, 592, 596 und WuB 2017, 11, 13).

73

(2) Demgegenüber geht eine Mindermeinung, der im Ergebnis auch das Berufungsgericht folgt, davon aus, dass das Darlehen von der Bausparkasse erst dann vollständig empfangen sei, wenn der Bausparer die volle Bausparsumme angespart hat (vgl. OLG Bamberg, WM 2016, 2067, 2069; OLG Karlsruhe, Urteil vom 8. November 2016 - 17 U 185/15, juris Rn. 48; LG Stuttgart, ZIP 2015, 2363, 2366; von Stumm, GWR 2015, 357, 359).

74

(3) Eine dritte Meinung geht davon aus, es fehle bei einem Bausparvertrag an einer Vereinbarung über die Höhe der zu gewährenden Darlehensvaluta; dieser könne daher sogar "überspart" werden (vgl. AG Ludwigsburg, Urteil vom 7. August 2015 - 10 C 1154/15, juris Rn. 85 ff.; BeckOGK/C. Weber BGB, Stand: 1. Juli 2016, § 489 Rn. 49.1; ders., ZIP 2015, 961, 964 f.; im Ergebnis zustimmend: Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl., (10) Bausparbedingungen Rn. 9).

75

(4) Nach einer vierten Ansicht sei - jedenfalls der Sache nach - jeder einzelne Regelsparbeitrag als vollständig empfangenes Darlehen zu behandeln, so dass für jeden einzelnen gezahlten Beitrag die zehnjährige Frist des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF zu laufen beginne (vgl. Bergmann, WM 2016, 2153, 2168 f.).

76

(5) Der Senat hält jedenfalls für den Regelfall die fast einhellig vertretene Auffassung für richtig.

77

(a) Der vollständige Empfang eines Darlehens im Sinne von § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF setzt die Auszahlung der Darlehensvaluta und damit die Erfüllung des Anspruchs auf Darlehensvalutierung voraus. Sind Teilzahlungen vereinbart, ist der Erhalt der letzten Rate maßgeblich (vgl. MünchKommBGB/Berger, 7. Aufl., § 489 Rn. 12; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 489 Rn. 43; BeckOGK/C. Weber BGB, Stand: 1. Juli 2016, § 489 Rn. 47; Palandt/Weidenkaff, BGB, 76. Aufl., § 489 Rn. 5).

78

Zur Beurteilung der Frage, wann die geschuldete Darlehensvaluta vollständig ausgezahlt worden ist, kommt es auf die vertraglichen Vereinbarungen über die Pflicht des Bausparers zur Darlehensgewährung und den Vertragszweck an. Danach ist ein vollständiger Empfang des Darlehens im Sinne des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF im Regelfall im Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife des Bauspardarlehens anzunehmen.

79

Zu diesem Zeitpunkt hat der Bausparer der Bausparkasse durch die Zahlung der Regelsparbeiträge einschließlich der Gutschrift von Zinserträgen vereinbarungsgemäß ein Darlehen vollständig gewährt und seine entsprechende vertragliche Verpflichtung erfüllt. Beim Bausparvertrag ist typischerweise zwischen zwei Phasen zu unterscheiden, nämlich zwischen der Zeit bis zur Erreichung der erstmaligen Zuteilungsreife und der Zeit danach. Gemäß § 1 Abs. 2 BauSparkG ist Bausparer, wer mit einer Bausparkasse einen Vertrag schließt, durch den er nach Leistung von Bauspareinlagen einen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens erwirbt. Die vom Bausparer zu erbringenden Sparleistungen sind demnach - was auch § 1 ABB deutlich belegt - zweckgebunden, um einen Anspruch auf Darlehensgewährung zu erlangen (vgl. OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2072 f.). Hiermit einher geht die Gewährung eines entsprechenden Zweckdarlehens an die Bausparkasse. Da nach dem Bausparvertrag - was oben bereits ausgeführt worden ist - lediglich ein Anspruch auf Gewährung eines Darlehens und nicht der Abschluss des Darlehensvertrags selbst erlangt wird, ist es für die Frage der Zweckerreichung unerheblich, ob der Bausparer ein Bauspardarlehen tatsächlich in Anspruch nimmt.

80

Maßgeblich ist vielmehr im Regelfall die erstmalige Zuteilungsreife, denn (nur) zu diesem Zeitpunkt kann auch der maximal mögliche Darlehensbetrag - die Differenz zwischen Bausparguthaben und Bausparsumme - beansprucht werden. Sie bildet den Dreh- und Angelpunkt des Bausparvertrages (vgl. Laux, Der Bausparvertrag als Kapitalanlage und Finanzierungsinstrument in Frankfurter Vorträge zum Versicherungswesen Bd. 23, S. 8; Zink, Der Bausparvertrag, 3. Aufl., S. 45) und ermöglicht dem Bausparer, von der Rolle des Darlehensgebers in diejenige des Darlehensnehmers zu wechseln. Die erstmalige Zuteilungsreife stellt daher bestimmungsgemäß eine Zäsur im typischen Ablauf eines Bausparvertrags dar. Dies unterstreicht die Regelung in § 14 Abs. 1 ABB, wonach der Vertrag mit der Nichtannahme der Zuteilung ausdrücklich fortgesetzt wird, obwohl an sich ein Endzeitpunkt erreicht ist.

81

Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn nach den vertraglichen Vereinbarungen der Bausparer z.B. im Falle eines (zeitlich begrenzten) Verzichts auf das zugeteilte Bauspardarlehen und nach Ablauf einer bestimmten Treuezeit einen (Zins-)Bonus erhält. In einem solchen Fall ist der Vertragszweck von den Vertragsparteien dahingehend modifiziert, dass er erst mit Erlangung des Bonus erreicht ist, so dass auch erst zu diesem Zeitpunkt ein vollständiger Empfang des Darlehens im Sinne des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF anzunehmen ist.

82

(b) Der Schutzzweck des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF spricht ebenfalls dafür, den vollständigen Empfang des Darlehens im Regelfall im Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife des Bauspardarlehens anzunehmen.

83

(aa) Im Hinblick darauf, dass die Bausparkasse hinsichtlich des Zweckdarlehens einer langfristigen Zinsbindung unterliegt und der zu entrichtende Guthabenzins zwischenzeitlich nicht mehr marktgerecht sein kann, soll ihr als Darlehensnehmerin des "Anspardarlehens" das Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF eine Beendigung des Darlehensvertrages ermöglichen, um sich von einem nicht mehr marktgerechten Zinssatz zu lösen. Aufgrund dessen ist es geboten, den in dieser Vorschrift normierten 10-Jahres-Zeitraum mit dem Ende der Ansparphase beginnen zu lassen.

84

Berechtigte Interessen des Bausparers stehen dem nicht entgegen, insbesondere nicht der Umstand, dass er durch die Kündigung seinen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens verliert (so aber von Stumm, GWR 2015, 357, 359; Yildirim, VuR 2015, 257, 260). Zwar steht dem Bausparer - wie zu § 488 Abs. 3 BGB aF ausgeführt - ausweislich der ABB bei vertragsgemäßer Erbringung der Ansparleistungen grundsätzlich ein Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens zu, der einen stillschweigend vereinbarten Ausschluss des gesetzlichen Kündigungsrechts aus § 488 Abs. 3 BGB aF bedingt, weil anderenfalls die Bausparkasse dem Bausparer jederzeit den bedingungsgemäßen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens entziehen könnte. Sind seit der erstmaligen Zuteilungsreife aber zehn Jahre vergangen, hat der Bausparer - ungeachtet der ebenfalls einzuhaltenden Kündigungsfrist von sechs Monaten - eine dem Zweck des Bausparvertrags entsprechende ausreichend lange Überlegungsfrist, um zu entscheiden, ob er das Bauspardarlehen in Anspruch nehmen will, und insoweit zu disponieren (vgl. Freise/Bonke, ZBB 2016, 196, 205). Eine jederzeitige Kündigungsmöglichkeit der Bausparkasse besteht - anders als bei § 488 Abs. 3 BGB aF - gerade nicht.

85

(bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts folgt nichts anderes daraus, dass eine Bausparkasse grundsätzlich ein Interesse daran hat, langfristig Einlagen von Bausparern entgegenzunehmen, um diese an andere Bausparer als Bauspardarlehen wieder auszureichen. Denn eine Kündigung durch die Bausparkasse läuft entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht dem Wesen des Bausparens zuwider, weil Einlagen nicht zu jedem Preis entgegengenommen werden können. Es liegt vielmehr, wie bereits oben ausgeführt worden ist, im Ertragsinteresse der Bausparkasse, Verträge mit einem nicht mehr marktgerechten Einlagenzins zu kündigen. Das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF soll der Bausparkasse gerade die Entscheidung in die Hand geben, ob sie das Darlehen des Bausparers kündigen oder dessen Einlagen weiter verzinsen will.

86

Anders als das Berufungsgericht meint, ist es auch nicht von Belang, dass die Voraussetzungen des Kündigungsrechts nach § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF nicht hätten eintreten können, wenn die Bausparkasse die Erbringung der nach Zuteilungsreife fälligen Regelsparbeiträge verlangt und gegebenenfalls den Vertrag nach § 488 Abs. 3 BGB aF oder gemäß § 5 Abs. 3 ABB wegen Zahlungsverzuges gekündigt hätte. Das mögliche Bestehen dieser Kündigungsrechte schließt das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF nicht aus. Dagegen spricht bereits, dass dieses Recht gemäß § 489 Abs. 4 Satz 1 BGB aF nicht zur Disposition der Vertragsparteien steht. Zudem kann der Umstand, dass die Klägerin die monatlichen Sparraten entgegen § 5 Abs. 1 ABB nicht mehr gezahlt hat, nicht dazu führen, dass das Kündigungsrecht der Beklagten entfällt (OLG Frankfurt/Main, WM 2016, 2070, 2072; OLG Hamm, NJW-RR 2016, 747 Rn. 20).

87

(c) Einer Gleichsetzung der erstmaligen Zuteilungsreife mit einer vollständigen Darlehensgewährung steht nicht entgegen, dass die genaue Höhe des zu gewährenden Zweckdarlehens im Vorfeld nicht betragsmäßig bestimmt ist (vgl. Salger, jurisPR-BKR 7/2016 Anm. 3; aA AG Ludwigsburg, Urteil vom 7. August 2015 - 10 C 1154/15, juris Rn. 86 f.; BeckOGK/C. Weber BGB, Stand: 1. Juli 2016, § 489 Rn. 49.1 f.; ders., ZIP 2015, 961, 964 f.). Ein fester Darlehensbetrag kann nicht vereinbart werden, weil es der Bausparkasse gemäß § 4 Abs. 5 BauSparkG untersagt ist, die Bausparsumme vor der Zuteilung zu einem bestimmten Zeitpunkt zuzusagen. Aus dem gleichen Grunde kommt es nicht darauf an, dass der Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife nicht kalendarisch bestimmt ist (vgl. Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1263; Mülbert/Schmitz in Festschrift Horn, 2006, S. 777, 787 f.). Trotz dieser Ungewissheit fehlt es nicht an einer hinreichend bestimmten Leistungspflicht des Bausparers zur Darlehensgewährung, weil deren Umfang anhand der Bestimmungen der Regelungen in den Allgemeinen Bausparbedingungen über die Zuteilungsreife bestimmt werden kann.

88

c) Die Kündigung ist am 12. Januar 2015 mit Wirkung zum 24. Juli 2015 erklärt worden, so dass auch die sechsmonatige Kündigungsfrist des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF gewahrt worden ist. Der Kündigung kommt nach dem Rechtsgedanken des § 139 BGB Gesamtwirkung zu, weil die Fortführung des Bausparvertrages ohne das Zweckdarlehen nicht sinnvoll möglich ist. Denn der Anspruch des Bausparers auf Gewährung eines Bauspardarlehens ist an die Höhe des Differenzbetrages zwischen Bausparguthaben und Bausparsumme geknüpft (vgl. Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1263).

89

Die Kündigung des Bausparvertrages gilt auch nicht gemäß § 489 Abs. 3 BGB aF als nicht erfolgt. Da die Parteien gerade um die Wirksamkeit der Kündigung streiten, kann sich die Klägerin - was sie im Übrigen auch nicht getan hat - auf diese Vorschrift nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auf Grund eines widersprüchlichen Verhaltens nicht berufen.

90

5. Der Beklagten steht - was das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - dagegen kein Kündigungsrecht gemäß § 490 Abs. 3 BGB aF, § 314 Abs. 1 BGB zu. Ein die Kündigung rechtfertigender wichtiger Grund liegt nur vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertrages nicht zugemutet werden kann. Dies ist hier nicht der Fall.

91

a) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein wichtiger Grund für die Kündigung des Bausparvertrages nicht darin gesehen werden kann, dass die Klägerin trotz mehr als zehnjähriger Zuteilungsreife kein Bauspardarlehen in Anspruch genommen hat. Dafür fehlt es bereits an einer entsprechenden vertraglichen Verpflichtung (Buhl/Münder, NJW 2016, 1991, 1995; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2845). Ein Bausparer verhält sich auch nicht vertragszweckwidrig, wenn er das Darlehen (noch) nicht in Anspruch nimmt und den Bausparvertrag weiter bespart (Buhl/Münder, aaO; Tröger/Kelm, aaO; aA LG Mainz, WM 2015, 181, 182; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1806). Der Zweck des Bausparvertrages besteht - was bereits oben ausgeführt worden ist - aus der Sicht des Bausparers nur in der Erlangung eines Anspruchs auf Gewährung eines Bauspardarlehens. Dieser Zweck wird indes nicht in Frage gestellt, wenn der erlangte Anspruch nicht geltend gemacht wird. Es kann in diesem Zusammenhang auch nicht darauf abgestellt werden, dass das Prinzip des kollektiven Bausparens auf dem Gedanken beruht, dass dieselbe Personengruppe zunächst als Darlehensgeber und später als Darlehensnehmer agiert (vgl BT-Drucks. IV/2747 S. 9 und BT-Drucks. VI/1900, S. 10) und der Bausparer gemäß § 1 Abs. 2 Satz 3 BauSparkG Mitglied des Bausparerkollektivs ist. Denn hieraus kann keine Pflicht abgeleitet werden, ein Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen, weil dies § 14 Abs. 1 ABB zuwiderliefe, der gerade die Fortsetzung des Vertrages bei Nichtannahme der Zuteilung regelt.

92

b) Ein wichtiger Grund liegt auch nicht in der Änderung des allgemeinen Zinsniveaus seit dem Abschluss des Bausparvertrags im Jahr 1978. Im Allgemeinen müssen die Gründe, auf die die Kündigung gestützt wird, im Risikobereich des Kündigungsgegners liegen; andernfalls ist eine fristlose Kündigung nur ausnahmsweise gerechtfertigt (vgl. BGH, Urteile vom 31. Mai 2016 - XI ZR 370/15, WM 2016, 1293 Rn. 35 und vom 4. Mai 2016 - XII ZR 62/15, WM 2016, 1360 Rn. 12; Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 314 Rn. 7). Das Risiko von Änderungen des allgemeinen Zinsniveaus übernimmt bei Darlehensverträgen mit einer Festzinsvereinbarung jeweils der Vertragspartner, zu dessen Lasten die Zinsänderung geht. Dies ist vorliegend die Bausparkasse (vgl. Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1806; Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1265; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2845, aA Bergmann, WM 2016, 2153, 2159).

93

6. Ein Recht zur Kündigung des Bausparvertrages folgt auch nicht aus § 490 Abs. 3 BGB aF, § 313 Abs. 1 und 3 BGB.

94

Es kann dahinstehen, ob - was das Berufungsgericht in Erwägung gezogen hat - die Absicht der Klägerin, ein Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen, oder das Gleichgewicht zwischen Bauspareinlagen und Bauspardarlehen überhaupt zur Geschäftsgrundlage des zwischen den Parteien geschlossenen Bausparvertrags geworden ist. Auch kommt es nicht darauf an, ob das allgemeine Zinsniveau am Kapitalmarkt Geschäftsgrundlage des Vertrages war (vgl. Herresthal, ZIP 2016, 1257, 1265 f.; von Stumm, GWR 2015, 357, 359) und ob diese durch die gegenwärtige Niedrigzinsphase gestört worden ist oder ob dem nicht die vertragliche Risikoverteilung auf Grund der festen Zusage eines Guthabenzinses für die Ansparphase gemäß § 6 Abs. 1 ABB entgegensteht (vgl. Buhl/Münder, NJW 2016, 1991, 1995; Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 313 Rn. 36; Herresthal, aaO; von Stumm, aaO; Tröger/Kelm, NJW 2016, 2839, 2844). Denn vor einer Kündigung wäre gemäß § 490 Abs. 3 BGB aF, § 313 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 BGB vorrangig eine Anpassung des Vertrages durch eine Herabsetzung des Guthabenzinssatzes vorzunehmen (aA Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800, 1806). Dass eine solche Anpassung des Guthabenzinses nicht möglich oder der Beklagten nicht zumutbar wäre, was Voraussetzung für ein Recht zur Kündigung nach § 313 Abs. 3 BGB ist, zeigt die Revision nicht auf und ist auch im Übrigen nicht erkennbar.

III.

95

Das Berufungsurteil ist demnach im ausgeurteilten Umfang aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts insgesamt zurückzuweisen. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil die Sache entscheidungsreif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das Berufungsgericht hat die erforderlichen Feststellungen getroffen.

96

Dem steht nicht entgegen, dass das Berufungsgericht keine Feststellungen zu dem unter Beweis gestellten Vortrag der Klägerin getroffen hat, dass der von ihr abgeschlossene Bausparvertrag von der Beklagten alternativ zum Bauspardarlehen auch als "Altersvorsorge" angepriesen worden sei. Dieser Vortrag als wahr unterstellt führt nicht dazu, dass das Feststellungsbegehren der Klägerin begründet ist. Vielmehr ist der mit der Beklagten geschlossene Bausparvertrag auch dann durch die am 12. Januar 2015 erklärte Kündigung mit Wirkung zum 24. Juli 2015 beendet worden. Die Anpreisung des Bausparvertrages als Altersvorsorge alternativ zur Inanspruchnahme des Bauspardarlehens bedeutet nicht, dass das - ohnehin unabdingbare - Kündigungsrecht der Beklagten gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF ausgeschlossen ist. Denn die Anpreisung als Altersvorsorge ändert ungeachtet ihres ohnehin nur werbenden Charakters nichts daran, dass die Klägerin der Beklagten mit der Erbringung ihrer Sparbeiträge ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife ein Zweckdarlehen vollständig gewährt hat, um einen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens zu erlangen. Da bedingungsgemäß keine Verpflichtung besteht, das Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen, geht mit dem Ansparvorgang zwangsläufig die Bildung eines Kapitalstocks einher, welcher als Rücklage der Altersvorsorge dienen kann. Zur Erreichung dieses Zwecks ist die unbefristete und von Seiten der Bausparkasse unkündbare Fortsetzung des Ansparvorgangs aber nicht erforderlich.

Ellenberger      

        

Grüneberg      

        

Maihold

        

Menges      

        

Derstadt      

        

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.