Bundesgerichtshof Urteil, 18. Juli 2007 - VIII ZR 236/05

bei uns veröffentlicht am18.07.2007
vorgehend
Landgericht Stade, 8 O 50/98, 27.01.2005
Oberlandesgericht Celle, 3 U 28/05, 05.10.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 236/05
Verkündet am:
18. Juli 2007
Ermel
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wird dasjenige Zwischenurteil über den Grund des Anspruchs, auf dem das
Endurteil über den Betrag beruht, nach Erlass dieses Urteils rechtskräftig aufgehoben
, so verliert das Endurteil über den Betrag seine Wirkung, ohne dass
es eines gesonderten Ausspruchs bedürfte (Bestätigung von BGH, Urteil vom
20. Juli 2006 – IX ZR 47/04, NJW 2006, 3496, unter IV).
Für die durch § 286 ZPO gebotene sorgfältige und kritische Nachprüfung eines
gerichtlichen Sachverständigengutachtens durch das Gericht und zur Wahrung
des Anspruchs der Parteien auf ein rechtsstaatliches Verfahren und effektiven
Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG) kann es geboten
sein, dass der Sachverständige tatsächliche Umstände, die er mangels Erfahrungswissens
selbst erhoben und seinem Gutachten zugrunde gelegt hat, offen
legt (im Anschluss an BGHZ 116, 47; BVerfGE 91, 176, 181 ff.; BVerfG, NJW
1997, 1909).
Hat der Sachverständige, der mit der Erstattung eines Gutachtens zur Höhe
eines durch das Scheitern geplanter Geschäfte in Syrien entgangenen Gewinns
beauftragt ist, zur Ermittlung der Strukturen und Entwicklungen auf dem syrischen
Markt für die betreffenden Produkte Gespräche mit „Experten“ in Syrien
geführt und die Ergebnisse dieser Gespräche seinem Gutachten zugrunde gelegt
, setzt die Verwertbarkeit des Gutachtens voraus, dass er jedenfalls mitteilt,
welche Fragen er gestellt hat und aufgrund welcher konkreten Umstände die
jeweiligen Gesprächspartner als Experten für die Beantwortung dieser Fragen
anzusehen sind. Im Einzelfall kann darüber hinaus die Offenlegung der Namen
der Gesprächspartner geboten sein. Das gilt auch dann, wenn der Sachverständige
diesen Anonymität zugesichert hat.
BGH, Urteil vom 18. Juli 2007 - VIII ZR 236/05 - OLG Celle
LG Stade
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. Juni 2007 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richter Wiechers
und Dr. Frellesen sowie die Richterinnen Hermanns und Dr. Hessel

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten zu 1 wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 5. Oktober 2005 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als ihre Berufung gegen das 2. Teilurteil der 8. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Stade vom 27. Januar 2005 wegen der Abweisung der Widerklage zurückgewiesen worden ist. Auf die Berufung der Beklagten zu 1 wird das vorbezeichnete Urteil des Landgerichts Stade insoweit aufgehoben, als die Widerklage abgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren, an das Landgericht zurückverwiesen. Es wird festgestellt, dass die vorgenannten Urteile im Übrigen wirkungslos geworden sind, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin und die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1, die T. Werk GmbH (im Folgenden: T. ), schlossen am 22. Dezember 1994 einen "Vertriebs- und Handelsvertretungs-Vertrag", der die Klägerin zum ausschließlichen Vertrieb von Geflügelimpfstoffen und tierärztlichen Produkten der T. in Syrien auf eigene Kosten berechtigte. Die nach syrischem Recht erforderliche Registrierung der Produkte war Aufgabe der Klägerin ; die T. hatte die dadurch entstehenden Kosten zu tragen und alle dafür erforderlichen Dokumente und Unterlagen zur Verfügung zu stellen.
2
Anstelle der zur L. -Gruppe gehörenden T. trat infolge von Umstrukturierungsmaßnamen in dieser Gruppe zum 1. Juli 1996 die Beklagte zu 1, deren persönlich haftende Gesellschafterin die Beklagte zu 2 ist, in den Vertriebsvertrag ein. Die Klägerin erfuhr von der geplanten Umstrukturierung ("Fusion" ) spätestens im Februar 1996. Diese hatte zur Folge, dass die auf Veranlassung der Klägerin bereits durch syrische Behörden erteilten Registrierungen für Produkte der T. gegenstandslos wurden. Bei einer Besprechung im August 1996 vereinbarten die Klägerin und die Beklagte zu 1, dass die Klägerin versuchen sollte, in Syrien eine Umregistrierung der Produkte zu erreichen. Dies gelang in der Folgezeit nur teilweise. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Beklagte zu 1 für Verzögerungen verantwortlich ist, die im (Um-)Registrierungsverfahren eingetreten sind.
3
Am 5. November 1997 schlossen die Klägerin und die Beklagte zu 1 eine als Vergleich bezeichnete Vereinbarung, in der die Klägerin unter anderem anerkannte , der Beklagten zu 1 einen Betrag von 424.012,87 DM zu schulden, der in Raten getilgt werden sollte. Das Recht der Klägerin zur Aufrechnung mit etwaigen Gegenforderungen gleich welcher Art sowie ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem vorgenannten Zahlungsanspruch wurden ausgeschlossen. Die Klägerin behielt sich vor, Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten unter anderem wegen angeblicher Verzögerungen im Zusammenhang mit der fusionsbedingten Registrierung geltend zu machen. Im Übrigen sollten mit dem Abschluss und der Erfüllung des Vergleichs sämtliche bestehenden und gegenseitigen Ansprüche erledigt sein.
4
Bis April 1998 leistete die Klägerin auf die anerkannte Forderung fünf Raten à 10.000 DM; anschließend stellte sie die Zahlungen ein. Mit Schreiben vom 15. April 1998 vertrat sie die Auffassung, die Geschäftsgrundlage für die Vereinbarung vom 3. (richtig: 5.) November 1997 sei wegen des Verhaltens der Beklagten entfallen. Hilfsweise erklärte die Klägerin die Anfechtung der Vereinbarung. Des Weiteren rechnete sie mit Schadensersatzforderungen gegen den restlichen Zahlungsanspruch der Beklagten zu 1 von 374.012,87 DM auf. Ende Mai 1998 kündigten beide Parteien den Vertriebs- und Handelsvertretungsvertrag fristlos.
5
Die Klägerin hat die Beklagten auf Ersatz entgangenen Gewinns in Höhe von insgesamt 5.202.548 DM (2.660.020,55 €) nebst Zinsen in Anspruch genommen und außerdem die Feststellung weiterer Schadensersatzpflichten der Beklagten begehrt. Die Beklagte zu 1 verlangt im Wege der Widerklage Zahlung des Restbetrags von 374.012,87 DM (191.229,74 €) zuzüglich Zinsen.
6
Das Landgericht hat durch Grund- und Teilurteil vom 14. April 2000 festgestellt , dass der Klägerin dem Grunde nach Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns zustehe für importgenehmigte, nicht ausnutzbare T. -Mengen (Schadensposition I) sowie für geplante T. -Mengen, die wegen nicht vollzogener Registrierung nicht mehr zum Importverfahren zugelassen wurden (Schadensposition II), allerdings beschränkt auf den Zeitraum vom 1. Juli 1996 bis zum 5. November 1997. Eine Entscheidung über den von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruch wegen vergeblicher Kosten für Importlizenzen (Schadensposition IV) hat das Landgericht vorbehalten. Im Übrigen (Schadenspositionen I und II für die Zeit nach dem 5. November 1997, Schadenspositionen III, V, VI und VII sowie Feststellungsanträge) hat es die Klage abgewiesen, der Widerklage dagegen in vollem Umfang stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten war erfolglos geblieben; auf die Berufung der Klägerin hatte das Berufungsgericht durch Urteil vom 19. Mai 2004 das Urteil des Landgerichts teilweise abgeändert und unter anderem der Klägerin dem Grunde nach weitere Schadensersatzansprüche zuerkannt sowie hinsichtlich der Widerklage die Entscheidung des Landgerichts aufgehoben und die Sache an die erste Instanz zurückverwiesen.
7
Dieses Urteil hat der Senat auf die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht durch Beschluss vom 26. September 2006 (VIII ZR 180/04) wegen Verletzung des Anspruchs der Beklagten auf rechtliches Gehör aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Inzwischen hat das Berufungsgericht durch Urteil vom 27. Juni 2007 auf die Berufungen der Parteien das Grund- und Teilurteil des Landgerichts vom 14. April 2000 erneut teilweise aufgehoben und teilweise abgeändert. Es hat jetzt die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt, soweit die Klägerin gegen die Beklagten als Gesamtschuldner Schäden wegen entgangenen Gewinns geltend macht, weil im einzelnen aufgelistete L. -Produkte in der Zeit zwischen dem 1. Oktober 1998 bzw. dem 1. März 1999 und dem 31. Dezember 1999 von der Klägerin nicht eingeführt und vermarktet werden konnten; im Übrigen hat es die Klage, soweit sie Gegenstand des Berufungsverfahrens war, abgewiesen. Soweit die Klägerin auf die Widerklage der Beklagten zu 1 zur Zahlung verurteilt worden war, hat es das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen.
8
Im parallel dazu fortgesetzten Betragsverfahren hat die Klägerin auf der Grundlage des Urteils des Oberlandesgerichts vom 19. Mai 2004 ihre Forderungen neu beziffert und ihre Leistungsklage auf insgesamt 9.628.402,68 € erweitert. Das Landgericht hat durch 2. Teilurteil vom 27. Januar 2005 die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin zu den Positionen Geflügelvakzine und Veterinärmedikamente (Schadenspositionen I und II) für den Zeitraum vom 1. Juli 1996 bis zum 5. November 1997 529.221,65 € (1.035.067,58 DM) nebst Zinsen zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage hinsichtlich der Positionen Geflügelvakzine und Veterinärmedikamente betreffend den Zeitraum vom 1. Juli 1996 bis 5. November 1997 abgewiesen. Die Widerklage hat es wegen der Aufrechnung der Klägerin mit weitergehenden Schadensersatzansprüchen für diese Positionen und den genannten Zeitraum ebenfalls abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufungen der Parteien zurückgewiesen , die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe, dass diese 5 % Zinsen aus 529.221,65 € erst seit dem 12. Mai 1998 zu zahlen haben. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision erstreben die Beklagten in erster Linie die Feststellung, dass das Berufungsurteil wirkungslos geworden ist, soweit ihre Berufung gegen die der Klage stattgebende Entscheidung des Landgerichts zurückgewiesen worden ist; hilfsweise begehren sie die vollständige Abweisung der Klage zu den Schadenspositionen I und II für den Zeitraum vom 1. Juli 1996 bis zum 5. November 1997. Die Beklagte zu 1 verfolgt darüber hinaus ihren Widerklageanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

9
Das Berufungsgericht hat, soweit in der Revisionsinstanz noch von Interesse , zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
10
Das Landgericht habe der Klägerin zutreffend für Geflügelvakzine und Veterinärmedikamente in dem Zeitraum vom 1. Juli 1996 bis 5. November 1997 einen Schadensersatzanspruch wegen entgangenen Gewinns (§ 252 BGB) in Höhe von 529.221,65 € zuerkannt. Für das Betragsverfahren sei gemäß § 318 ZPO von den Feststellungen im Berufungsurteil vom 19. Mai 2004 auszugehen.
11
Die Beklagten hätten der Klägerin den Gewinn zu ersetzen, den diese bei Weiterführung des Vertriebs- und Handelsvertretungs-Vertrags bis zum Zeitpunkt der erstmals zulässigen ordentlichen Kündigung (31. Dezember 1999) erzielt hätte. Es liege auf der Hand, dass die Klägerin wegen des aus der Fusion folgenden Verlusts der Registrierungen keine bzw. jedenfalls weniger T. - Waren in Syrien habe veräußern können und dass ihr dadurch zu erwartender Gewinn entgangen sei. Die Klägerin habe ihr Kontingent an zugelassenen Produkten nicht in vollem Umfang ausschöpfen und zwecks späteren Verkaufs importieren können (Schadensposition I). Infolge des Wechsels des Namens des Herstellers und des daraus folgenden Erfordernisses der Um-(Neuregistrierung) hätten außerdem Produkte nicht mehr eingeführt werden können, die andernfalls am Importverfahren hätten teilnehmen und als registrierte Produkte auch hätten zugelassen werden können (Schadensposition II).
12
Das Landgericht habe zutreffend die Beweisaufnahme derart durchgeführt , dass es nur den Sachverständigen Prof. Dr. H. - unter weiterer Hinzuziehung des Diplom-Kaufmanns O. S. - mit der Ermittlung des entgangenen Gewinns betraut habe, ohne Zeugen dazu zu vernehmen oder weitere Sachverständige zu beauftragen. Die durch den Sachverständigen Prof. Dr. H. gewählte Methode für die Ermittlung des entgangenen Gewinns - er habe unter anderem in Syrien etwa sechzig von ihm ausgewählte Personen befragt -, begegne keinen durchgreifenden Bedenken. Der Sachverständige habe nachvollziehbar und unter Offenlegung seiner Methodik sowie der Herkunft der Quellen angegeben, wie er zu seinen Ergebnissen gelangt sei. Er habe ferner ausführlich und überzeugend dargelegt, dass es aufgrund der in Syrien herrschenden Verhältnisse nicht ausreichend gewesen wäre, ausschließlich auf offizielle amtliche Quellen und Statistiken zurückzugreifen. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass der Sachverständige seine Erhebungen in Syrien durchgeführt habe. Eine Erhebung, zu welchen Preisen die Klägerin ihre Ware an in Syrien ansässige Großhändler verkauft hätte, könne Erfolg versprechend nur vor Ort durchgeführt werden. Eine Überprüfung der gefundenen Ergebnisse anhand und unter Heranziehung der bei der Klägerin vorhandenen Daten scheide aus, weil diese Dateien ihrerseits einer unabhängigen Prüfung durch den Sachverständigen hätten unterzogen werden sollen.
13
Es sei ausreichend, dass das Landgericht seine Überzeugungsbildung einzig auf die schriftlichen und mündlichen Ausführungen des Sachverständigen gestützt habe, der Vernehmung von Zeugen bedürfe es zur Ermittlung des entgangenen Gewinns nicht. Der Sachverständige habe ausgeführt, dass er den von ihm befragten Personen zugesagt habe, deren Namen nicht preiszugeben , weil er andernfalls keine Informationen erhalten hätte, und dass er ihnen die Anonymität der Datenerfassung zugesichert habe. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (NJW 1995, 40, 41) seien Abstriche am Offenlegungsanspruch der Parteien gerechtfertigt, wenn das Schweigen des Sachverständigen auf anerkennenswerten Gründen beruhe und die Nichtverwertung eines Gutachtens zum materiellen Rechtsverlust eines Beteiligten führen würde. Das Gericht könne daher im Interesse einer beweisbelasteten Partei geringere Anforderungen an die Offenlegung durch den Sachverständigen stellen, wenn die von diesem dafür vorgebrachten Gründe hinreichend gewichtig seien. Dafür reiche zwar allein der Umstand, dass Dritte eine Bekanntgabe von Tatsachen aus ihrer Privatsphäre nicht wünschten und sich der Sachverständige daran gebunden fühle, nicht aus. Soweit aber eine vollständige Offenlegung von Tatsachen aus anerkennenswerten Gründen unterbleibe und auf eine Verwertung des Gutachtens aus überwiegenden Interessen der beweispflichtigen Partei dennoch nicht verzichtet werden könne, müsse das Gericht versuchen, sich Gewissheit zu verschaffen, in welcher Weise der Sachverständige seine Daten erhoben habe. Dies könne für die richterliche Überzeugungsbildung ausreichen. So liege der Fall hier. Die Parteien hätten zudem - ohne dass es entscheidend darauf ankomme - vor Beginn der Beweisaufnahme auf eine ihnen angebotene Begleitung des Sachverständigen verzichtet. Im Übrigen sei die Situation vergleichbar mit einer empirischen Erfassung in Deutschland, bei der sich der Sachverständige in welcher Form auch immer Kenntnisse über den Markt verschaffe und das gefundene Ergebnis dem Gericht mitteile.

II.

14
Die Revision hat Erfolg.
15
1. Soweit das Berufungsgericht die Berufung der Beklagten gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von 529.221,65 € nebst Zinsen zurückgewiesen hat, ist sein Urteil - unabhängig von dem Rechtsmittel der Beklagten - dadurch wirkungslos geworden, dass der Senat durch Beschluss vom 26. September 2006 das zugrunde liegende, im Verfahren über den Grund ergangene Berufungsurteil vom 19. Mai 2004 aufgehoben hat. Dasselbe gilt für das erstinstanzliche Urteil vom 27. Januar 2005, soweit die Beklagten dadurch zur Zahlung verurteilt worden sind.
16
a) Wird das Zwischenurteil über den Grund des Anspruchs nach Erlass des Endurteils über den Betrag aufgehoben, so verliert das Endurteil selbst dann, wenn es rechtskräftig geworden ist, seine Wirkung, ohne dass es eines gesonderten Ausspruchs bedürfte. Die Aufrechterhaltung des Grundurteils stellt eine auflösende Bedingung für das Endurteil dar (BGH, Urteil vom 20. Juli 2006 - IX ZR 47/04, NJW 2006, 3496, unter IV; MünchKommZPO/Musielak, 2. Aufl., § 304 Rdnr. 35; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 16. Aufl., § 59 Rdnr. 68; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 304 Rdnr. 55; Zöller/ Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 304 Rdnr. 27).
17
b) Dem Eintritt der Wirkungslosigkeit der im Betragsverfahren ergangenen Endurteile in dem oben genannten Umfang steht nicht entgegen, dass der Senat durch seinen Beschluss vom 26. September 2006 nur das Berufungsurteil vom 19. Mai 2004 aufgehoben hat, das in erster Instanz ergangene Grundurteil vom 14. April 2000 davon dagegen unberührt geblieben und bisher jedenfalls nicht rechtskräftig abgeändert worden ist. Allein das Berufungsurteil vom 19. Mai 2004 und nicht das Grundurteil des Landgerichts (oder das inzwischen im Verfahren über den Grund ergangene zweite Berufungsurteil vom 27. Juni 2007) ist dasjenige Urteil, von dessen Fortbestand die im Betragsverfahren ergangenen Endurteile erster und zweiter Instanz, soweit sie die Beklagten beschweren , inhaltlich - im Sinne einer Bedingung - abhängen.
18
Dabei kann offen bleiben, ob aus Gründen der Rechtssicherheit, insbesondere im Hinblick auf das Ob und den Umfang der (weiteren) Vollstreckbarkeit des Endurteils, eine rein formelle Betrachtungsweise angezeigt ist und die Wirksamkeit des Endurteils stets ohne weiteres entfällt, wenn das im Instan- zenzug vor seinem Erlass zuletzt zum Grund ergangene Urteil, hier das Berufungsurteil vom 19. Mai 2004, rechtskräftig aufgehoben wird. Im vorliegenden Fall beziehen sich die im Betragsverfahren ergangenen Entscheidungen auch materiell ausschließlich auf dieses Urteil.
19
Das Berufungsgericht hat in seinem hier angefochtenen Endurteil im Betragsverfahren für den Grund des Anspruchs ausdrücklich Bezug genommen auf die eigenen Ausführungen im Urteil vom 19. Mai 2004. Bestandteil dieser Ausführungen ist die Konkretisierung der Pflichtverletzung, die die Beklagte zu 1 gegenüber der Klägerin begangen haben soll. In diesem Punkt unterscheidet sich das Berufungsurteil vom 19. Mai 2004 von dem Grundurteil erster Instanz, auch wenn es die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten im Ergebnis zurückgewiesen hat. Nach Ansicht des Berufungsgerichts beschränkte die aus dem Vertriebs- und Handelsvertretungs-Vertrag folgende Rücksichtnahmepflicht der Beklagten zu 1 gegenüber der Klägerin nicht die unternehmerische Freiheit der Beklagten zu 1, eine Fusion durchzuführen, sondern verlangte lediglich von dieser, im Rahmen ihrer Entscheidung auf die berechtigten Interessen der Klägerin Rücksicht zu nehmen und sich sofort und umfassend zu bemühen, die Voraussetzungen für einen reibungslosen Übergang auch in Syrien zu schaffen.
20
Das Landgericht hat dagegen in seinem Grundurteil vom 14. April 2000 die zum Schadensersatz führende Pflichtverletzung der Beklagten zu 1 bereits darin gesehen, dass sie ohne zwingenden Grund die "Fusion" nebst Umfirmierung herbeigeführt habe, ohne dabei die berechtigten geschäftlichen Interessen der Klägerin zu berücksichtigen, insbesondere ohne der Klägerin eine ausreichende "Vorlaufzeit" einzuräumen im Hinblick auf die dadurch erforderlichen Neu- bzw. Umregistrierungen. Eine dahingehende Verpflichtung der Klägerin hat das Berufungsgericht in seinem Urteil vom 19. Mai 2004 - zu Recht (Se- natsbeschluss vom 26. September 2006, aaO, unter II 1) - verneint. Dieses Urteil lag bei Erlass des landgerichtlichen Urteils im Betragsverfahren bereits vor und ist vom Landgericht bei seiner Entscheidung auch berücksichtigt worden, so dass auch letzteres auf den Annahmen zum Grund beruht, die das Berufungsurteil vom 19. Mai 2004 enthält.
21
Das zweite Berufungsurteil im Verfahren über den Grund vom 27. Juni 2007 scheidet als Bezugspunkt der Entscheidungen im Betragsverfahren schon deshalb aus, weil es der Klägerin Schadensersatzansprüche wegen entgangenen Gewinns dem Grunde nach nur für andere Zeiträume zuerkennt, als sie Gegenstand des Betragsverfahrens waren.
22
2. Soweit das Berufungsgericht die Berufung der Beklagten zu 1 gegen die Abweisung ihrer Widerklage zurückgewiesen hat, handelt es sich bei dem angefochtenen Urteil um ein unzulässiges Teilurteil (§ 301 ZPO).
23
Seine Wirksamkeit ist durch die Aufhebung des Urteils vom 19. Mai 2004 nicht berührt worden, weil es sich bezüglich der Widerklage nicht um ein Urteil im Betragsverfahren handelt, dem ein Zwischenurteil über den Grund des Anspruchs vorausgegangen ist, sondern das Berufungsgericht - ebenso wie zuvor das Landgericht - zugleich über Grund und Höhe des mit der Widerklage geltend gemachten Anspruchs entschieden hat.
24
Es kann offen bleiben, ob das Berufungsurteil zur Widerklage schon deshalb rechtsfehlerhaft ist, weil sowohl das Landgericht - nachdem das Berufungsgericht durch sein Urteil vom 19. Mai 2004 den Rechtsstreit hinsichtlich der Widerklage an das Landgericht zurückverwiesen hatte - als auch das Berufungsgericht über die Widerklage entschieden haben, während noch die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Berufungsurteil vom 19. Mai 2004 beim Senat anhängig war.
25
Nachdem das jetzt angefochtene Endurteil, wie oben (unter 1) ausgeführt , hinsichtlich der Klage teilweise wirkungslos geworden ist, stellt es sich bezüglich der Widerklage jedenfalls als ein unzulässiges Teilurteil (§ 301 ZPO) dar. Ein Teilurteil ist nur dann zulässig, wenn die Entscheidung unabhängig davon ist, wie das Schlussurteil über den noch anhängigen Teil des Rechtsstreits entscheidet, die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen im Teilurteil und im Schlussurteil also ausgeschlossen ist (st. Rspr. des Bundesgerichtshofs; betreffend Klage und Widerklage Urteil vom 19. April 2000 - XII ZR 334/97, NJW 2000, 2512, unter I). Das ist hier nicht der Fall. Das Berufungsgericht hat die Widerklage mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin habe gegenüber dem damit geltend gemachten, als solchen unstreitigen Anspruch der Beklagten zu 1 mit einem Teil des Schadensersatzanspruchs aufgerechnet, den sie im Übrigen mit ihrer Klage verfolge. Sowohl für die Entscheidung über die Klage als auch für diejenige über die Widerklage kommt es demnach darauf an, ob der Klägerin ein Schadensersatzanspruch gegenüber den Beklagten zusteht und ob und in welchem Umfang sie damit trotz des in dem Vergleich vom 5. November 1997 vereinbarten Aufrechnungsverbots wirksam gegenüber der Widerklageforderung der Beklagten zu 1 aufgerechnet hat.

III.

26
Das Berufungsurteil kann danach keinen Bestand haben, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
27
1. Soweit es die Widerklage betrifft, ist es auf die Revision der Beklagten zu 1 aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Im Umfang der Aufhebung kann der Senat selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO); er verweist den Rechtsstreit insoweit anstelle des Berufungsgerichts gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 3 ZPO an das Landgericht zurück (vgl. zu § 540 ZPO aF BGH, Urteil vom 4. November 2002 – II ZR 287/01, DStR 2003, 563, unter 2). Auch bei der erstinstanzlichen Entscheidung zur Widerklage handelt es sich nunmehr um ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 ZPO erlassenes Teilurteil. Für das Urteil des Landgerichts gilt insofern wegen der nachträglich eingetretenen teilweisen Wirkungslosigkeit dieses Urteils (siehe oben unter II 1) nichts anderes als für das Berufungsurteil zur Widerklage (siehe oben unter II 2). Eine Zurückverweisung an die erste Instanz ist geboten, weil über die Widerklage nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand erst entschieden werden kann, wenn feststeht , in welcher Höhe der Klägerin der von ihr teils mit der Klage und teils im Wege der Aufrechnung gegenüber der Widerklage geltend gemachte Schadensersatzanspruch zusteht. Darüber wird - nach § 304 Abs. 2 ZPO grundsätzlich erst nach Rechtskraft des Grundurteils (Musielak/Musielak, ZPO, 5. Aufl., § 304 Rdnr. 29) - erneut das Landgericht zu befinden haben, nachdem die im Betragsverfahren zur Klage ergangenen Entscheidungen der Vorinstanzen, soweit sie die Beklagten beschweren, wirkungslos geworden sind. Letzteres war lediglich deklaratorisch festzustellen.
28
2. Für das weitere Verfahren geben die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Höhe des der Klägerin entgangenen Gewinns für den Fall, dass es darauf nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens über den Grund noch ankommen sollte, Anlass zu folgenden Hinweisen: Das Berufungsgericht stützt seine Feststellungen zur Schadenshöhe auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. H. . Dagegen bestehen Bedenken.
29
a) Das Gericht darf grundsätzlich die Richtigkeit bestrittener Tatsachen nicht ohne eine eigene Prüfung bejahen (§ 286 ZPO). Dabei handelt es sich um eine für einen fairen Prozess und einen wirkungsvollen Rechtsschutz in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten unerlässliche Verfahrensregel. Ohne eine solche Prüfung fehlt es an einer dem Rechtsstaatsprinzip genügenden Entscheidungsgrundlage (BVerfG, Beschluss vom 28. Dezember 1999 - 1 BvR 2203/98, VersR 2000, 214, unter II 1 a; Beschluss vom 21. Februar 2001 - 2 BvR 140/00, NJW 2001, 2531, unter III 1 a).
30
Soweit das Gericht sich bei der Tatsachenfeststellung auf ein Sachverständigengutachten stützt, muss es dieses sorgfältig und kritisch würdigen (BGHZ 116, 47, 58; BGH, Urteil vom 16. Januar 2001 - VI ZR 408/99, NJW 2001, 1787, unter II 2). Muss sich der Sachverständige zur Erstattung seines Gutachtens zunächst Kenntnisse verschaffen, die die anzuwendende Sachkunde selbst betreffen, ist dies zwar vom Gutachtenauftrag umfasst (Zöller/Greger, aaO, § 402 Rdnr. 5d); auch diese sogenannten Befundtatsachen hat das Gericht jedoch nachzuprüfen, wenn sie bestritten sind. Zudem muss den Parteien die Möglichkeit gegeben werden, an der Prüfung mitzuwirken. Das gebietet deren aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgender Anspruch auf ein rechtstaatliches Verfahren und auf effektiven Rechtsschutz (BVerfGE 91, 176, 181 ff.; BVerfG, Beschluss vom 7. April 1997 - 1 BvR 587/95, NJW 1997, 1909, unter II 1 a).
31
b) Für die erforderliche Nachprüfung eines Sachverständigengutachtens kann deshalb die Kenntnis der einzelnen tatsächlichen Umstände, die der Sachverständige selbst erhoben und seinem Gutachten zugrunde gelegt hat, unentbehrlich sein. In einem solchen Fall ist regelmäßig die Offenlegung dieser Tatsachen durch den Sachverständigen geboten (BVerfGE 91, 176, 182; BVerfG, Beschluss vom 7. April 1997, aaO). Ob und inwieweit das Gericht und die Verfahrensbeteiligten die Kenntnis von Tatsachen, die ein Sachverständiger seinem Gutachten zugrunde gelegt hat, für eine kritische Würdigung des Gutachtens tatsächlich benötigen, ist eine Frage des Einzelfalls. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (aaO) ist grundsätzlich die Forde- rung nach einer eigenen Überprüfung durch die Beteiligten umso berechtigter, je weniger das Gutachten auf dem Erfahrungswissen des Sachverständigen und je mehr es auf einzelnen konkreten Befundtatsachen aufbaut.
32
aa) Letzteres war hier in erheblichem Umfang der Fall. Der Sachverständige hat sein Gutachten nicht ausschließlich auf amtliches Daten- und Informationsmaterial gestützt, weil dieses nach seiner Darstellung zum einen „Mangelware“ und zum anderen, soweit vorhanden, mit so großen Fehlern behaftet ist, dass es entweder nicht oder erst nach Bearbeitung und sachgerechter Aufbereitung verwendet werden kann. Ähnliche Defizite sind nach den Angaben des Sachverständigen im Bereich der wirtschaftsnahen syrischen Institutionen sowie der staatlichen und halbstaatlichen Ämter (Industrie- und Handelskammern, Wirtschaftsverbände, Zollbehörden, Wirtschafts- und Fachabteilungen der Ministerien usw.) zu konstatieren, die bei der Beschaffung halbamtlicher statistischer Daten und anderer wichtiger Informationen behilflich sein könnten. Er hat deshalb zur Bewertung des Marktvolumens, der Absetzbarkeit der Produkte und der Marktbedeutung der Klägerin für die einzelnen Produkte, die diese vertrieben hat bzw. hat vertreiben wollen, sogenannte Expertengespräche geführt. Dafür hat er insgesamt etwa 60 Gesprächspartner aus verschiedenen Akteursgruppen ausgewählt: Repräsentanten der syrischen Agrarverwaltung, insbesondere der zentralen Tiergesundheitsbehörde in Damaskus; Vertreter relevanter Verbände (Verband syrischer Geflügelzüchter) und halbstaatlicher Institutionen (Landwirtschaftskammer); Veterinärmediziner in freier Anstellung oder in selbständiger Tätigkeit bzw. als Beamte des syrischen Staates; einschlägig ausgewiesene Agraringenieure bzw. Tierzuchtexperten; Abteilungsleiter der syrischen Zollbehörden sowie private Zollagenten; Inhaber von privaten sowie Leiter von staatlichen Tierzuchtbetrieben; Vertreter von Groß- und Einzelhandelsbetrieben für Veterinärprodukte sowie Agenten von Importfirmen für Tiermedikamente.
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bb) Zur Nachprüfung der von den Experten erteilten Auskünfte und zur Überprüfung, ob die Auskünfte zutreffend und schlüssig in das Gutachten eingeflossen sind, hätte es sowohl für das Gericht als auch für die Parteien näherer Angaben dazu bedurft, welche Tätigkeit die befragten Experten ausüben, ob und warum es sich also tatsächlich um Experten handelt, was sie von dem Sachverständigen konkret gefragt worden sind und wie ihre Antwort lautete. Entsprechende Angaben sind von den Beklagten, wie die Revision zu Recht geltend macht, wiederholt gefordert worden. Der insoweit grundsätzlich bestehende Offenlegungsanspruch der Parteien wird auch vom Berufungsgericht nicht in Zweifel gezogen. Der Sachverständige war jedoch unter Hinweis auf die den Experten von ihm zugesicherte Anonymität nicht bereit, entsprechende Angaben zu machen.
34
cc) Berechtigt ist zumindest teilweise auch die Rüge der Revision, dass in diesem Sonderfall jedenfalls bei einigen der befragten Experten für eine Nachprüfung des Gutachtens über die oben genannten Angaben hinaus die Namen der Experten von Bedeutung sein können. Der Sachverständige hat unter anderem Vertreter von Groß- und Einzelhandelsbetrieben für Veterinärprodukte sowie Agenten von Importfirmen für Tiermedikamente befragt. Dabei kann es sich einerseits um Konkurrenten der Klägerin handeln; andererseits kann der Sachverständige auch Personen befragt haben, die "dem Lager" der Klägerin zuzurechnen sind. Daraus kann sich eine unterschiedliche Sichtweise und ein Eigeninteresse der Experten an einer bestimmten Beantwortung der Beweisfrage ergeben, die bei der Bewertung ihrer Auskünfte zu berücksichtigen ist.
35
Offen gelegt hat der Sachverständige insoweit nur eine Befragung des Partnerunternehmens der Klägerin in Damaskus A. . Soweit sich bei den übrigen von ihm befragten Experten aus Angaben zu deren jeweiliger Tätigkeit und zu den Umständen, aus denen sich ihre Experteneigenschaft ergibt, nicht ableiten lässt, ob sie im Verhältnis zur Klägerin "neutral" sind oder auf welcher Seite sie stehen, kann es im Hinblick auf diese Personen aus rechtsstaatlichen Gründen geboten sein, dass der Sachverständige sie namhaft macht. Das gilt um so mehr, als nach den Angaben des Sachverständigen gerade solche Personen , die Kontakte zu beiden Parteien haben, nur bei Wahrung ihrer Anonymität zu Auskünften gegenüber dem Sachverständigen bereit waren.
36
c) Die Annahme des Berufungsgerichts, im vorliegenden Fall seien Abstriche am Offenlegungsanspruch der Parteien gerechtfertigt, weil das Schweigen des Sachverständigen auf anerkennenswerten Gründen beruhe und auf eine Verwertung des Gutachtens aus überwiegenden Interessen der Klägerin nicht verzichtet werden könne, ist von Rechtsfehlern beeinflusst. Im Ansatz können unter den genannten Voraussetzungen zwar Einschränkungen der im rechtsstaatlichen Fairnessgebot verankerten Pflicht des Gerichts, die tatsächlichen Grundlagen eines Gutachtens hinreichend zu überprüfen und daran auch die Parteien mitwirken zu lassen, zulässig sein. Das Berufungsgericht hat jedoch das Vorliegen dieser Voraussetzungen rechtsfehlerhaft bejaht.
37
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 91, 176, 183 f.; Beschluss vom 7. April 1997, aaO, unter II 1 b) kann das Gericht im Interesse der beweisbelasteten Prozesspartei geringere Anforderungen an die Offenlegung durch den Sachverständigen stellen, wenn die von diesem dafür vorgebrachten Gründe hinreichend gewichtig sind, und kommt dies insbesondere in Betracht, wenn es sich um Daten aus der engsten Privat- oder Intimsphäre unbeteiligter Dritter handelt, deren Preisgabe niemandem zuzumuten ist. In derartigen Fällen muss regelmäßig damit gerechnet werden, dass auch ein anderer Sachverständiger nicht in der Lage sein wird, zu der Beweisfrage unter Offenlegung einschlägiger Tatsachen Stellung zu nehmen. Allein der Um- stand, dass Dritte eine Bekanntgabe von Tatsachen aus ihrer Privatsphäre nicht wünschen und der Sachverständige sich daran gebunden fühlt, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts allerdings kein ausreichender Grund dafür, das Urteil auf ein solches Gutachten zu stützen.
38
bb) Um die Preisgabe von Daten aus der engsten Privat- oder Intimsphäre unbeteiligter Dritter geht es hier nicht. Die von dem Sachverständigen erbetenen Daten beziehen sich ausweislich des Gutachtens auf das Marktvolumen, die Absetzbarkeit der Produkte und die Marktbedeutung der Klägerin für diejenigen Produkte, die die Klägerin vertrieben hat bzw. hat vertreiben wollen. Die erforderliche Offenlegung betrifft weiter die jeweilige Tätigkeit der befragten Personen, d. h. die Umstände, die sie zu Experten machen, und - soweit dies zur Nachprüfung des Gutachtens nicht ausreicht - deren Namen. Dass die befragten Personen die Bekanntgabe dieser Daten nicht wünschen, genügt nach dem oben Ausgeführten als rechtfertigender Grund für eine Verwertung des Gutachtens ohne Offenlegung dieser für die Nachprüfung des Gutachtens relevanten Fakten nicht.
39
Etwas anderes gilt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch nicht deshalb, weil die Parteien vor der ersten Reise des Sachverständigen auf die ihnen angebotene Begleitung des Sachverständigen verzichtet haben. Denn die Parteien brauchten nicht davon auszugehen, sie würden nur auf diese Weise Einzelheiten darüber erfahren, wen der Sachverständige wie befragt hat.
40
cc) Das Berufungsgericht hat nicht geprüft, ob und in welchem Umfang der Sachverständige jedenfalls die oben (unter b bb) aufgeführten allgemeinen Angaben zu den befragten Experten hätte machen können, ohne deren Anonymität zu gefährden. Es ist weiter weder festgestellt noch zumindest die Vermutung gerechtfertigt, dass nicht entweder der Sachverständige Prof. Dr. H. selbst oder jedenfalls ein anderer Sachverständiger hinreichende Informationen für die Erstellung des Gutachtens auch hätte erlangen können, ohne den befragten Quellen Anonymität gegenüber den Prozessparteien zuzusichern.
41
Der Sachverständige hat bei seiner Anhörung zunächst nur angegeben, eine Vielzahl von Probanden habe von sich aus darauf aufmerksam gemacht, sie wünschten nicht, in einen Gerichtsprozess hineingezogen zu werden. Das geschieht nicht oder jedenfalls nicht unmittelbar, solange lediglich der Sachverständige dem Gericht und den Prozessparteien die Befragung der betreffenden Personen und die dadurch gewonnenen Erkenntnisse mitteilt, aber nicht die Personen selbst als Zeugen und/oder (weitere) Sachverständige an dem Prozess beteiligt werden. Eine Vernehmung als Zeuge wird allenfalls in Ausnahmefällen in Betracht kommen, weil es vorrangig nicht um die persönliche Glaubwürdigkeit der Auskunftspersonen bei der Bekundung eigener Wahrnehmungen , sondern um die Frage geht, ob und in welcher Hinsicht sie als Experten, also als sachverständig für die ihnen gestellten Fragen anzusehen sind. Für die Hinzuziehung als weiterer, örtlicher Sachverständiger wird schon wegen der Beauftragung des Sachverständigen Prof. Dr. H. kein Bedürfnis bestehen. Bei denjenigen Personen, die nur unter der Voraussetzung absoluter Verschwiegenheit des Sachverständigen bereit waren, Informationen zu geben, handelt es sich nach der Aussage des Sachverständigen nur um "einige der Probanden". Der Sachverständige hat dennoch von sich aus gegenüber allen erklärt, die Daten würden anonym erfasst werden, um "Distanz aufzulösen und Vertrauen zu schaffen". Dabei ging er nach seinen Angaben davon aus, es genüge , wenn er eine Liste der Gesprächspartner bei Gericht hinterlege - auf das Gericht bezog sich die Zusicherung der Anonymität also offensichtlich nicht -, ohne dass diese an die Parteien weitergereicht werden müsse.
42
Die vom Sachverständigen geschilderte Vorgehensweise lässt durchaus die Möglichkeit offen, dass er selbst oder ein anderer Sachverständiger bei Kenntnis und Berücksichtigung der sich aus dem prozess- und verfassungsrechtlichen Gebot der gerichtlichen Nachprüfung des Gutachtens ergebenden Anforderungen an die Offenlegung der Befundtatsachen die - zur Gewinnung einer hinreichenden Sachkunde erforderliche - Marktsondierung durch Befragung der relevanten Marktteilnehmer und -regulierer auch so hätte vornehmen können, dass er die Befundtatsachen in ausreichendem Umfang hätte offen legen können.
43
dd) Die Zulässigkeit eines Verzichts darauf ergibt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht aus einem Vergleich mit einer empirischen Marktforschung oder Meinungsforschung in Deutschland, bei der sich der Sachverständige zunächst Kenntnisse über den Markt verschafft und das gefundene Ergebnis dem Gericht mitteilt. Soweit er dafür Umfragen vornimmt, sind zum einen regelmäßig zumindest die Kriterien, nach denen die befragten Personen ausgesucht worden sind - etwa als repräsentativer Querschnitt der gesamten oder eines näher bestimmten Teils der Bevölkerung -, und die gestellten Fragen bekannt. Zum andern werden die für die Umfrage ausgewählten Personen üblicherweise nicht als Experten, sondern als Marktteilnehmer, Wahlberechtigte oder Bürger zu persönlichen Kenntnissen, Vorlieben, Einschätzungen , Wünschen oder Entscheidungen befragt. Auf eine bestimmte Qualifikation, ihre berufliche Position oder besondere fachliche Erfahrungen, die die Validität ihrer Auskünfte sichern, kommt es dabei anders als im vorliegenden Fall nicht an, so dass sich die Frage der Überprüfbarkeit dieser Umstände durch das Gericht und die Parteien nicht stellt.
44
ee) Sollte sich ergeben, dass nach dem oben Ausgeführten eine rechtsstaatlichen Anforderungen genügende, verwertbare Aufklärung der Marktver- hältnisse in Syrien nicht möglich ist, müsste zwar letztlich die Klägerin, die die Darlegungs- und Beweislast für die Höhe des eingetretenen Schadens trägt, insoweit als beweisfällig angesehen werden. Die Revision weist jedoch zu Recht darauf hin, dass die Klägerin auch in diesem Fall nicht ohne jede Rechtsschutzmöglichkeit dasteht, sondern zumindest eine Schadensberechnung auf der Grundlage der von der Klägerin in der Vergangenheit aus Geschäften in Syrien erwirtschafteten Gewinne erfolgen könnte. Dabei bliebe zwar die von der Klägerin angestrebte Marktentwicklung außer Betracht, soweit sich nicht aus den Umständen, insbesondere den von ihr bereits getroffenen Anstalten und Vorkehrungen zureichende Anhaltspunkte dafür ergeben (§ 252 Satz 2 BGB). Es kann aber auf dieser Grundlage jedenfalls nach § 287 Abs. 1 ZPO die Schätzung eines Mindestschadens erfolgen (Senatsurteile vom 30. Mai 2001 - VIII ZR 70/00, WM 2001, 2010, unter II 3, und vom 19. Oktober 2005 - VIII ZR 392/03, WM 2006, 544, unter II 2). Ball Wiechers Dr.Frellesen Hermanns Dr.Hessel
Vorinstanzen:
LG Stade, Entscheidung vom 27.01.2005 - 8 O 50/98 -
OLG Celle, Entscheidung vom 05.10.2005 - 3 U 28/05 -

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(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

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Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrschei

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(1) Ist ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig, so kann das Gericht über den Grund vorab entscheiden. (2) Das Urteil ist in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen; das Gericht kann jedoch, wenn der Anspruch für begründet erklärt is

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(1) Ist ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig, so kann das Gericht über den Grund vorab entscheiden.

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(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR 180/04
vom
26. September 2006
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. September 2006 durch
den Vorsitzenden Richter Ball, die Richter Dr. Wolst und Dr. Frellesen sowie die
Richterinnen Hermanns und Dr. Hessel

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 19. Mai 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde , an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird für die Zeit bis zum 3. Januar 2005 auf 2.930.663,33 € und für die Zeit ab dem 4. Januar 2005 auf 2.699.690,04 € festgesetzt. An diesem Streitwert ist die Beklagte zu 2 bis zum 3. Januar 2005 mit 2.739.433,59 € und für die Zeit ab dem 4. Januar 2005 mit 2.508.460,30 € beteiligt.

Gründe:

I.

1
Die Klägerin und die T. (im Folgenden: T. ), die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1, schlossen am 22. Dezember 1994 einen "Vertriebs- und Handelsvertretungs-Vertrag" (Anlage K 1 zur GA). Danach war die Klägerin zum ausschließlichen Vertrieb von Geflügelimpfstoffen und tierärztlichen Produkten der T. in Syrien auf eigene Kosten berechtigt. Die nach syrischem Recht erforderliche Registrierung dieser Produkte war Aufgabe der Klägerin; gemäß Ziff. 6 des Vertrags hatte T. die hierdurch entstehenden Kosten zu tragen und alle erforderlichen Dokumente und Unterlagen zur Verfügung zu stellen.
2
Die Beklagte zu 1, deren persönlich haftende Gesellschafterin die Beklagte zu 2 ist, wurde im Jahre 1996 anlässlich einer Zusammenlegung von Unternehmensbereichen der sogenannten L. -Gruppe gegründet; aufgrund dessen trat die Beklagte zu 1 im Sommer 1996 an Stelle der T. in den Vertriebsvertrag ein. Infolge dieser Umstrukturierungsmaßnahme ("Fusion"), deren Bevorstehen der Klägerin spätestens seit dem 7. Februar 1996 bekannt war, wurden die auf Veranlassung der Klägerin bereits durch syrische Behörden erteilten Registrierungen für Produkte der T. gegenstandslos. Die Klägerin und die Beklagte zu 1 vereinbarten am 9. August 1996 (Besprechungsprotokoll Anlage B 3 zur GA, S. 7), dass die Klägerin versuchen sollte, eine - im syrischen Recht nicht vorgesehene - "Umregistrierung" der Produktzulassungen zu erreichen. Dies gelang in der Folgezeit nur teilweise. Zwischen den Parteien ist streitig , ob die Beklagte zu 1 für Verzögerungen verantwortlich ist, die im Registrierungsverfahren eingetreten sind.
3
Am 5. November 1997 schlossen die Klägerin und die Beklagte zu 1 eine Vereinbarung (GA I 89 ff.), in der die Klägerin unter Ziff. 3 anerkannte, der Beklagten zu 1 den Betrag von 424.012,87 DM zu schulden. Die Parteien vereinbarten in Ziff. 4 Ratenzahlung durch die Klägerin; gemäß Ziff. 6 sind ein Recht der Klägerin zur Aufrechnung mit etwaigen Gegenforderungen gleich welcher Art sowie ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem vorgenannten Zahlungsanspruch grundsätzlich ausgeschlossen. Unter Ziff. 9 ist der Klägerin die Geltendmachung von ihr behaupteter Schadensersatzansprüche unter anderem wegen angeblicher Verzögerungen im Zusammenhang mit der fusionsbedingten neuen Registrierung und wegen angeblicher Haltbarkeitsmängel gelieferter Ware vorbehalten ; nach Ziff. 11 sind mit dem Abschluss und der Erfüllung des Vergleichs sämtliche bestehenden gegenseitigen Ansprüche - mit Ausnahme der vorgenannten Schadensersatzansprüche der Klägerin - erledigt. Die Klägerin zahlte bis April 1998 einen Teilbetrag von 50.000 DM an die Beklagte zu 1.
4
In einem Schreiben vom 15. April 1998 (GA I 94 f.) vertrat die Klägerin die Auffassung, die Geschäftsgrundlage für die Vereinbarung vom 3. (richtig: 5.) November 1997 sei wegen des Verhaltens der Beklagten entfallen; sie habe deshalb die Ratenzahlungen auf die Restschuld eingestellt. Hilfsweise erklärte sie die Anfechtung der Vereinbarung. Des Weiteren rechnete sie mit Schadensersatzforderungen gegen den restlichen Zahlungsanspruch der Beklagten zu 1 von 374.012,87 DM auf. Ende Mai 1998 erklärten die Beklagte zu 1 und die Klägerin wechselseitig die fristlose Kündigung des Vertriebs- und Handelsvertretungsvertrags vom 22. Dezember 1994 (Anlage B 1 und B 2 i.V.m. Anlage K 59 zur GA).
5
Mit ihrer Klage hat die Klägerin von den Beklagten als Gesamtschuldnern Zahlung von Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns in Höhe von 5.202.548 DM (2.660.020,50 €) nebst Zinsen verlangt und mit zwei weiteren Anträgen die Feststellung darüber hinausgehender Schadensersatzpflichten der Beklagten begehrt. Die Beklagte zu 1 hat im Wege der Widerklage von der Klägerin Zahlung von 191.229,74 € (374.012,87 DM) nebst Zinsen verlangt.
6
Das Landgericht hat durch Grund- und Teilurteil die Klage hinsichtlich zweier Schadenspositionen dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt - jedoch beschränkt auf den Zeitraum vom 1. Juli 1996 bis zum 5. November 1997 - und die Klage hinsichtlich etwaiger später eingetretener Schäden und weiterer Schadensersatzansprüche der Klägerin sowie beider Feststellungsanträge abgewiesen ; der Widerklage hat das Landgericht stattgegeben. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht - unter Zurückweisung ihrer weitergehenden Berufung - die Schadensersatzansprüche der Klägerin ohne die vorgenannte zeitliche Beschränkung sowie hinsichtlich weiterer Schadenspositionen dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und dem ersten - umformulierten - Feststellungsantrag der Klägerin im Wesentlichen stattgegeben; die Widerklage hat es abgewiesen. Die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde erstreben die Beklagten im Ergebnis die vollständige Abweisung der Klage; die Beklagte zu 1 begehrt des Weiteren die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils hinsichtlich der Widerklage.

II.

7
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision hat Erfolg. Der Beschwerde ist stattzugeben, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 2. Alt., 544 Abs. 6 und 7 ZPO). Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt.
8
Das Berufungsgericht hat dem Grunde nach eine gesamtschuldnerische Verpflichtung der Beklagten zur Leistung von Schadensersatz aus positiver Vertragsverletzung mit der Begründung bejaht, die Beklagte zu 1 habe eine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Klägerin verletzt; die Beklagte zu 1 habe es unterlassen, bei der "Fusion" die schützenswerten Belange der Klägerin zu berücksichtigen und geeignete Maßnahmen zu treffen, um durch die Umstrukturierung bedingte Schäden von ihr abzuwenden. Zu Recht rügt die Nichtzulassungsbeschwerde , dass diese Annahme des Berufungsgerichts von den bisher getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht getragen wird und dass das Berufungsgericht unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG Vorbringen der Beklagten übergangen hat.
9
1. Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings angenommen , dass die Beklagte zu 1 aufgrund des Vertriebs- und Handelsvertretungsvertrags vom 22. Dezember 1994 - in den sie als Rechtsnachfolgerin der T. eingetreten ist - nicht verpflichtet war, im Hinblick auf die Interessen der Klägerin von der Fusion insgesamt Abstand zu nehmen. Im Bereich des Vertriebs durch Handelsvertreter und Vertragshändler entspricht es ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 136, 295, 298 f. m.w.Nachw.), dass der Unternehmer grundsätzlich in seinen geschäftlichen Dispositionen frei ist und die in diesem Bereich anfallenden Entscheidungen in eigener Verantwortung zu treffen hat.
10
Dabei darf er jedoch - auch das hat das Berufungsgericht im Ansatz richtig gesehen - den Interessen des Absatzmittlers nicht willkürlich ohne vertretbaren Grund zuwiderhandeln, sondern muss vielmehr dessen schutzwürdigen Belangen angemessen Rechnung tragen (BGHZ aaO). Wie das Berufungsgericht unangegriffen festgestellt hat, wurde die Klägerin, die nach dem Vertriebsvertrag zum ausschließlichen Vertrieb von Geflügelimpfstoffen und tierärztlichen Produkten der T. in Syrien berechtigt war, durch die Umstrukturierungsmaßnahme, aus der die Beklagte zu 1 hervorgegangen ist, in ihren Absatzinteressen schwerwiegend betroffen. Denn die Umstrukturierung hatte zur Folge, dass die auf Veranlassung der Klägerin bereits durch syrische Behörden erteilten Registrierungen für Produkte der T. - die Voraussetzung für deren Vertrieb durch die Klägerin in Syrien waren - gegenstandslos wurden und es daher einer erneuten Registrierung beziehungsweise "Umregistrierung" der Produktzulassungen bedurfte.
11
Das Berufungsurteil lässt aber Ausführungen dazu vermissen, welche konkrete Handlungspflicht - deren Verletzung einen Schadensersatzanspruch der Klägerin zur Folge haben könnte - sich daraus für die Beklagte zu 1 zum Schutz der Interessen der Klägerin ergab. Soweit es hierzu in den Gründen des Berufungsurteils heißt, die Beklagte zu 1 hätte sich sofort und umfassend bemühen müssen, die Voraussetzungen für einen reibungslosen Übergang in Syrien zu schaffen, war die Beklagte zu 1 jedenfalls nicht dazu verpflichtet, von sich aus für eine Neu- oder "Umregistrierung" ihrer Produkte in Syrien zu sorgen; denn nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war es im Rahmen des Vertriebsvertrags Aufgabe der Klägerin, die erforderlichen Registrierungen zu veranlassen. Das Berufungsgericht hat im Übrigen keine Feststellungen getroffen, aus denen sich ergibt, welche anderen konkreten Maßnahmen die Beklagte zu 1 in der Zeit vor oder nach der zum 1. Juli 1996 erfolgten Fusion von sich aus hätte ergreifen können und müssen, um der Klägerin die von dieser aufgebauten Vertriebsmöglichkeiten in Syrien so weit wie möglich zu erhalten. Nachdem die Klägerin - spätestens am 7. Februar 1996 - von der bevorstehenden Umstrukturierung Kenntnis erlangt hatte, haben sie und die Beklagte zu 1 am 9. August 1996 vereinbart, dass die Klägerin versuchen sollte, eine - im syrischen Recht nicht vorgesehene - "Umregistrierung" der Produktzulassungen zu erreichen. Eine (schuldhafte) Verletzung vertraglicher Pflichten durch die Beklagte zu 1 kommt daher von diesem Zeitpunkt an nur unter dem Gesichtspunkt in Betracht, dass sie es unterlassen hat, der Klägerin gemäß Ziff. 6 des Vertriebsvertrags alle für das Registrierungsverfahren erforderlichen Dokumente und Unterlagen zur Verfügung zu stellen und hierbei - zur Wahrung der berechtigten Belange der Klägerin - unnötige Verzögerungen zu vermeiden.
12
2. Zu Recht rügt die Nichtzulassungsbeschwerde, dass das Berufungsgericht Vorbringen der Beklagten bezüglich der Erfüllung dieser vertraglichen Mitwirkungspflicht der Beklagten zu 1 übergangen und hierdurch das Grundrecht der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat. Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet das entscheidende Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (BVerfGE 96, 205, 216 m.w.Nachw.). Ein Verstoß gegen dieses Gebot liegt hier vor.
13
a) Wie die Nichtzulassungsbeschwerde zutreffend aufzeigt, haben die Beklagten in den Vorinstanzen unter anderem vorgetragen, die Klägerin habe - im Anschluss an die vorgenannte Vereinbarung vom 9. August 1996, bei der die Klägerin darauf bestanden habe, "alles nach ihren Vorstellungen und mit ihren Beziehungen regeln" zu dürfen (GA VIII 1157; Besprechungsprotokoll Anl. B 3 S. 7) - erstmals mit Telefaxschreiben vom 6. Oktober 1996 mitgeteilt, welche Unterlagen sie für die "Umregistrierung" in Syrien konkret benötigte. Die Beklagte zu 1 habe daraufhin - wie sie im Einzelnen dargelegt hat - alle Anstrengungen unternommen, um diese Anforderungen zu erfüllen und den Änderungsund Ergänzungswünschen der Klägerin zeitnah zu entsprechen; soweit es zu Verzögerungen bei der Beschaffung behördlicher Bescheinigungen gekommen sei, seien ihr keine Versäumnisse anzulasten. Dies ergebe sich auch aus einer "Erfolgsmeldung" der Klägerin vom 18. Januar 1997, in der die Klägerin der Beklagten zu 1 keine Vorhaltungen in Bezug auf eine etwaige fehlende oder verzögerte Mitwirkung gemacht, sondern ihr vielmehr mitgeteilt habe, dass sie mit den Registrierungsbehörden alles geklärt habe und dass sämtliche in der Anlage aufgeführten T. -Produkte auf die Beklagte zu 1 umgeschrieben würden (Anl. B 7).
14
Soweit das Berufungsgericht des Weiteren eine Schadensersatzverpflichtung der Beklagten betreffend Desinfektionsmittel und Insektizide für den tiermedizinischen Bereich - für die es keiner förmlichen Zulassung bedurfte - darauf gestützt hat, dass die Beklagte zu 1 es "nach der entsprechenden Anforderung mit Schreiben vom 9. August 1996" versäumt habe, schnellstmöglich für die Beschaffung der erforderlichen "Free-Sales"-Zertifikate zu sorgen, zeigt die Nichtzulassungsbeschwerde zutreffend auf, dass die Beklagten den Erhalt einer solchen Bestellung der Klägerin bestritten haben. Eine (mündliche) Anforderung von Zertifikaten, die die Beklagte zu 1 zu deren unverzüglicher Übersendung hätte verpflichten können, ist auch nicht ohne weiteres dem Besprechungsprotokoll vom 9. August 1996 zu entnehmen; danach hat die Klägerin erklärt, sie wer- de die gleichen Dossiers und "neue alte" Free-Sales-Zertifikate verwenden, "deren Wortlaut L. [die Beklagte zu 1] noch erhält" (Anl. B 3 S. 8).
15
b) Die Gründe des Berufungsurteils lassen nicht erkennen, dass das Berufungsgericht dieses Vorbringen der Beklagten bei seiner Entscheidung berücksichtigt hat. Zwar ist in der Sachverhaltsdarstellung der Urteilsgründe ausgeführt , zwischen den Parteien sei streitig, welche Unterlagen im Einzelnen für die "Umregistrierung" erforderlich waren, wie weit die Verhandlungen der Klägerin mit den syrischen Behörden zu bestimmten Zeitpunkten gediehen waren und ob die Beklagte zu 1 die Zuarbeiten zeitnah und ordnungsgemäß erledigt hat, die erforderlich waren, um die "Umregistrierung" herbeizuführen; im Einzelnen sei streitig, ob und inwieweit eine schnellere Bearbeitung durch die Beklagte zu 1 möglich gewesen wäre. In der Begründung seiner Entscheidung hat sich das Berufungsgericht jedoch nicht mit dem entsprechenden Sachvortrag der Beklagten auseinandergesetzt. Da dieser den Kern des Vorwurfs pflichtwidrigen Verhaltens betrifft, der für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, lässt dies auf eine Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen (BGH, Urteil vom 18. Mai 2006 - IX ZR 53/05, WM 2006, 1736, unter II 1 b bb (3)). Darin liegt ein Verstoß gegen den Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs, auf dem das angefochtene Urteil beruht. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht - hätte es das Vorbringen der Beklagten berücksichtigt - eine (schuldhafte) Pflichtverletzung der Beklagten zu 1 als Grundlage des Schadensersatzbegehrens der Klägerin verneint hätte.

III.

16
Der Senat hat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, das Berufungsurteil gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
17
Soweit es danach noch darauf ankommen sollte, wird sich das Berufungsgericht dabei auch mit den Einwänden der Nichtzulassungsbeschwerde gegen die von ihm angenommene Kündigung der Vereinbarung vom 5. November 1997 durch das Schreiben der Klägerin vom 15. April 1998 zu befassen haben. Ball Dr. Wolst Dr. Frellesen Hermanns Dr. Hessel
Vorinstanzen:
LG Stade, Entscheidung vom 14.04.2000 - 8 O 50/98 -
OLG Celle, Entscheidung vom 19.05.2004 - 3 U 251/00 -

Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

Das Gericht ist an die Entscheidung, die in den von ihm erlassenen End- und Zwischenurteilen enthalten ist, gebunden.

(1) Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder ist nur ein Teil eines Anspruchs oder bei erhobener Widerklage nur die Klage oder die Widerklage zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil (Teilurteil) zu erlassen. Über einen Teil eines einheitlichen Anspruchs, der nach Grund und Höhe streitig ist, kann durch Teilurteil nur entschieden werden, wenn zugleich ein Grundurteil über den restlichen Teil des Anspruchs ergeht.

(2) Der Erlass eines Teilurteils kann unterbleiben, wenn es das Gericht nach Lage der Sache nicht für angemessen erachtet.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 334/97 Verkündet am:
19. April 2000
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
ZPO §§ 296 a, 297, 301 Abs. 1
Zur Behandlung einer nach Schluß der mündlichen Verhandlung zugestellten Widerklage.
BGH, Urteil vom 19. April 2000 - XII ZR 334/97 - Thüringer OLG in Jena
LG Erfurt
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. April 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die
Richter Dr. Hahne, Gerber, Sprick und Prof. Dr. Wagenitz

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 8. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 18. November 1997 und das Teilurteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Erfurt vom 26. November 1996 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an das Landgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Zahlung von Mietzins. Mit Vertrag vom 28. Februar/24. März 1992 vermietete die Klägerin der Beklagten Geschäftsräume in einem der Klägerin gehörenden Haus in E.. Das Mietverhältnis begann am 1. März 1992 und war auf zehn Jahre befristet.
Mit Schreiben vom 28. August 1994 kündigte die Beklagte das Mietverhältnis zum 31. März 1995. Zur Begründung macht die Beklagte geltend, die Klägerin habe ihr vor Abschluß des Mietvertrags anläßlich einer gemeinsamen Begehung des Hauses zugesagt, das Haus werde noch im Jahre 1992, spätestens jedoch Anfang 1993 saniert, umgebaut und unter anderem mit einer Bankfiliale sowie mit einer Augenarztpraxis belegt. Diese Zusagen seien nicht eingehalten worden. Im Hinblick auf - im Januar 1995 beginnende - Renovierungsmaßnahmen der Klägerin vereinbarten die Parteien am 1. November 1994, daß der Mietzins für die Dauer der Einrüstung des Hauses um monatlich 2.000 DM gemindert werde. In einer Abrede vom 6. April 1995 kamen die Parteien überein, daß für die Monate April und Mai 1995 keine "Grundmiete" zu zahlen sei und mit Bauarbeiten in den Geschäftsräumen der Beklagten "erst Ende April/Anfang Mai" begonnen werde. Die Beklagte hat hierzu vorgetragen, sie habe Mitte März 1995 absehen können, daß sich die Renovierung der von ihr neu angemieteten Geschäftsräume und damit auch ihr Auszug aus den von der Klägerin gemieteten Räumen bis in den Mai 1995 verzögern werde; dies habe sie der Klägerin auch mitgeteilt. Die Beklagte zahlte Mietzins für die Zeit bis einschließlich März 1995 und räumte die Geschäftsräume im April 1995. Im Oktober 1995 kündigte die Klägerin das - nach ihrer Auffassung fortbestehende - Mietverhältnis mit der Beklagten fristlos. Außerdem nahm sie eine für die Verbindlichkeiten der Beklagten aus dem Mietvertrag gestellte Bankbürgschaft über einen Betrag von 15.000 DM in Anspruch, der bei ihr im November 1995 einging. Die Klägerin hat Mietzins für die Zeit von Juli 1995 bis einschließlich Oktober 1996 nebst Zinsen begehrt. Die Beklagte hat nach der mündlichen
Verhandlung am 15. Oktober 1996 mit einem der Klägerin am 18. November 1996 zugestellten Schriftsatz vom 5. November 1996 Widerklage auf Zahlung von 15.000 DM nebst Zinsen wegen unberechtigter Inanspruchnahme der Bürgschaft erhoben. Das Landgericht hat einen Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung abgelehnt. Es hat der Klage durch Teilurteil vom 26. November 1996 - und zwar hinsichtlich der Hauptforderung in vollem Umfang - stattgegeben. Hinsichtlich der Widerklage hat es mit Beschluß vom 27. Januar 1997 das Ruhen des Verfahrens "bis zur Entscheidung in der Rechtsmittelinstanz" angeordnet. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht den der Klägerin zugesprochenen Betrag um den Mietzins für die Monate Juli bis Oktober 1995 herabgesetzt. Mit der Revision begehrt die Beklagte die Abweisung der Klage auch im übrigen.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie des vom Landgericht erlassenen Teilurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

I.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat das Landgericht zu Recht zunächst ein Teilurteil über die Klagforderung erlassen, da nur die Klage zur Entscheidung reif gewesen sei. Die Widerklage sei zwar unzulässig, da sie erst
nach Schluß der mündlichen Verhandlung erhoben worden sei. Dennoch sei die Widerklage noch nicht entscheidungsreif, da über sie zunächst mündlich verhandelt werden müsse. Gegen diese Auffassung wendet sich die Revision im Ergebnis zu Recht: Die Widerklage ist aus den zutreffenden Gründen des Berufungsurteils unzulässig. Daraus folgt jedoch nicht, daß das Gericht zunächst über die Widerklage mündlich verhandeln müsse und diese sodann als unzulässig abweisen könne. Die Unzulässigkeit der Widerklage ergibt sich nämlich gerade aus dem Umstand, daß die Widerklage erst nach dem Schluß der mündlichen Verhandlung eingegangen ist, das Gericht eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung abgelehnt hat und deshalb über die Widerklage nicht mehr mündlich verhandelt werden konnte. Würde über die unzulässige Widerklage mündlich verhandelt, würde die bis dahin unzulässige Widerklage nachträglich zulässig. Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat es deshalb gebilligt, eine erst nach dem Schluß der mündlichen Verhandlung erhobene Widerklage ohne mündliche Verhandlung als unzulässig abzuweisen (Beschluß vom 12. Mai 1992 - XI ZR 251/91 - NJW-RR 1992, 1085). Folgt man dem, war der vorliegende Rechtsstreit nicht nur hinsichtlich der Klage, sondern auch in Ansehung der Widerklage entscheidungsreif: Das Landgericht hätte dann - zugleich mit der Entscheidung über die Klage - die unzulässige Widerklage abweisen müssen ; für den Erlaß eines nur auf die Klage beschränkten Teilurteils nach § 301 Abs. 1 ZPO wäre kein Raum gewesen.
Die Frage, ob die Widerklage ohne mündliche Verhandlung beschieden werden kann, bedarf hier indessen keiner Entscheidung; denn das Teilurteil hätte bereits aus anderem Grunde nicht ergehen dürfen. Ein Teilurteil ist nur dann zulässig, wenn die Entscheidung unabhängig davon ist, wie das Schlußurteil über den noch anhängigen Teil des Rechtsstreits entscheidet, die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen im Teilurteil und im Schlußurteil also ausgeschlossen ist (st.Rspr. des Bundesgerichtshofs, vgl. etwa Senatsurteil vom 29. Oktober 1986 - IVb ZR 88/85 - BGHR ZPO § 301 Abs. 1 Unterhaltsabänderung 1). Das ist hier nicht der Fall: Der mit der Widerklage geltend gemachte Anspruch wegen unberechtigter Inanspruchnahme der Mietbürgschaft setzt voraus, daß die Beklagte der Klägerin im Zeitpunkt dieser Inanspruchnahme nicht länger Mietzins schuldete, weil die von der Beklagten zum 31. März 1995 erklärte Kündigung wirksam war. Andererseits hängt von der Unwirksamkeit dieser Kündigung die Begründetheit der Klage ab; denn bei Beendigung des Mietverhältnisses zum 31. März 1995 konnte ein - erst für die Zeit ab Juli 1995 geltend gemachter - Mietzins- und Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte nicht mehr bestehen. Damit ist die Wirksamkeit der Kündigung für die Klage und die Widerklage erheblich. Diese doppelte Erheblichkeit birgt bei Erlaß eines auf die Klage beschränkten Teilurteils die Gefahr, daß das Teilurteil der Klage stattgibt, weil die Kündigung der Beklagten das Mietverhältnis nicht wirksam beendet habe, im Schlußurteil aber auch der Widerklage entsprochen wird, wenn das Gericht diese Kündigung nunmehr für wirksam erachtet. Die Unzulässigkeit der Widerklage hindert die Gefahr eines solchen Widerspruchs nicht; denn das Gericht könnte bei der Entscheidung über die Widerklage deren Zulässigkeit anders beurteilen oder durch Widereröffnung der mündlichen Verhandlung deren Zulässigkeit bewirken. Die Unzu-
lässigkeit eines Teilurteils beugt dem vor. Damit hätte das Teilurteil nicht erlassen werden dürfen. Wegen dieses Verfahrensmangels muß das Berufungsurteil, soweit das landgerichtliche Teilurteil bestätigt worden ist, aufgehoben werden. Insoweit hat der Senat zugleich das verfahrensfehlerhaft ergangene Teilurteil des Landgerichts aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

II.

Bei seiner erneuten Entscheidung wird das Landgericht folgendes zu berücksichtigen haben: 1. Die Klägerin kann von der Beklagten für die Zeit von November 1995 bis einschließlich Oktober 1996 nur dann Mietzins verlangen, wenn die Beklagte das Mietverhältnis nicht zum 31. März 1995 wirksam gekündigt hat. Eine solche Kündigung kann sich aus § 542 BGB oder aus § 564 Abs. 2, § 566 Satz 2 BGB rechtfertigen, wenn die Klägerin der Beklagten, wie von dieser unter Beweisantritt vorgetragen, anläßlich einer gemeinsamen Begehung des Hauses und vor Vertragsschluß zugesagt hat, das Haus bis Ende 1992, spätestens Anfang 1993 zu renovieren und die frei werdenden Räume unter anderem mit einer Bankfiliale und einer Augenarztpraxis zu belegen. In der behaupteten Zusage liegt eine vertragliche Bestimmung der Sollbeschaffenheit der von der Beklagten gemieteten Räume, die fehlerhaft werden, wenn - wie hier geltend gemacht - die angebliche Zusage nicht rechtzeitig eingehalten wird. Diese Fehlerhaftigkeit der Mietsache konnte die Beklagte - bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 542 BGB - berechtigen, das Mietverhältnis außer-
ordentlich zu kündigen. Außerdem konnte die behauptete mündliche Zusage bewirken, daß der von den Parteien geschlossene Mietvertrag in einem wesentlichen Punkt nicht der von § 566 Satz 1 BGB vorgeschriebenen Schriftform entspricht, deshalb auf unbefristete Zeit geschlossen war und folglich von der Beklagten ordentlich gekündigt werden konnte. Der Vortrag der Beklagten hierzu ist - entgegen der Auffassung von Oberlandesgericht und Landgericht - hinreichend substantiiert. Er wird nicht dadurch widerlegt, daß die behauptete Zusage weder Eingang in den Mietvertrag gefunden hat noch sonst schriftlich fixiert worden ist: Die Vermutung der Vollständigkeit des schriftlichen Mietvertrags, auf die das Oberlandesgericht maßgebend abhebt, ist widerlegbar. Zudem hat die Beklagte auf ihre wiederholten Bemühungen verwiesen, von der Klägerin eine schriftliche Bestätigung der von ihr - der Beklagten - behaupteten Zusagen zu erhalten. Die Zusatzvereinbarungen vom 1. November 1994 und 6. April 1995 erlauben, wie auch die Überlegungen der Revision zeigen, keine zwingenden Schlüsse auf eine Unrichtigkeit des Beklagtenvortrags; sie lassen sich vielmehr auch dann plausibel begründen, wenn man mit dem Vortrag der Beklagten von deren berechtigt erklärtem und fortbestehendem Willen, das Mietverhältnis mit der Klägerin zum 31. März 1995 zu beenden, ausgeht. 2. Nimmt man mit der Klägerin an, daß die Beklagte das Mietverhältnis - mangels eines Kündigungsgrundes - nicht bereits wirksam zum 31. März 1995 gekündigt hat, so könnte das Mietverhältnis durch die von der Klägerin im Oktober 1995 erklärte fristlose Kündigung nur aufgelöst worden sein, wenn die Beklagte zu diesem Zeitpunkt mit der Zahlung von mehr als einer Monatsmiete im Rückstand war (§ 2 Nr. 4 Mietvertrag). Das erscheint im Hinblick auf die Feststellungen des Berufungsgerichts zweifelhaft. Danach hat die Beklagte den
Mietzins bis einschließlich März 1995 bezahlt. Für die Monate April und Mai 1995 war nach der Abrede vom 6. April 1995 keine "Grundmiete" zu zahlen. Für die Monate Juli bis Oktober 1995 hat das Berufungsgericht einen Mietzinsanspruch der Klägerin für nicht begründet erachtet. Das Berufungsgericht geht mit Recht davon aus, daß der Klägerin ein Anspruch auf den vertraglich vereinbarten Mietzins nur zusteht, wenn und solange sie die der Beklagten vermieteten Räume in einem vertragsgemäßen Zustand erhält (§§ 536, 537 BGB). Für einen Schadensersatzanspruch, welcher der Klägerin gegen die Beklagte zustehen könnte, wenn ihre im Oktober 1995 erklärte Kündigung wirksam ist, kann nichts anderes gelten; denn nur solange die Klägerin zur Überlassung der Räume in vertragsgemäßem Zustand bereit und in der Lage ist, begründet deren Leerstand einen von der Beklagten zu ersetzenden (Mietausfall-) Schaden. Auch diese Voraussetzungen bedürfen im Hinblick auf die Feststellungen des Berufungsgerichts der Überprüfung. Das Berufungsgericht hat die der Beklagten vermieteten Räume als im September und Oktober 1995 nicht nutzbar angesehen und den Vortrag der Klägerin, die Beklagte habe bei ihrem Auszug diesen Zustand durch die Wegnahme von ihr selbst eingebauter Heizungen und Decken selbst herbeigeführt, für nicht hinreichend substantiiert erachtet. Die Beklagte hat vorgetragen, daß der auch vom Oberlandesgericht beanstandete Zustand der Mieträume nach der von der Klägerin erklärten fristlosen Kündigung von der Klägerin nicht behoben worden ist und jedenfalls bis zum Oktober 1996 fortbestand. Bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung wird erforderlichenfalls auch dieser Vortrag zu würdigen sein. Blumenröhr Hahne Gerber Sprick Wagenitz

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 287/01 Verkündet am:
4. November 2002
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. November 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und
die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und Kraemer

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 28. September 2001 und der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hannover vom 18. Januar 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren, an das Landgericht Hannover zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte erwarb an der G. H. GmbH & Co. Produktions KG sowie an deren Komplementär-GmbH mit Vertrag vom 6. Februar 1992 Unterbeteiligungen von je 8,218 %.
Der Unterbeteiligungsvertrag verweist in § 5 bezüglich des Abfindungsanspruchs im Falle des Ausscheidens auf die entsprechenden Regelungen in § 19 des KG- bzw. § 14 des GmbH-Vertrages, welche jeweils in Ziffer 1 und 3 - nahezu wortgleich - bestimmen, daß zur Ermittlung des Abfindungsguthabens (bzw. der Abfindungsschuld) eine Abschichtungsbilanz aufzustellen ist und in diese sämtliche Vermögenswerte und -schulden mit den vermögensteuerrechtlichen Ansätzen nach dem Bewertungsgesetz einzustellen sind.
Mit Vertrag vom 2. Januar 1992 hatte die Beklagte der Klägerin eine dort als "atypische Unterbeteiligung" bezeichnete hälftige Beteiligung an ihren zukünftigen (Unter-)Anteilen an den eingangs genannten Gesellschaften eingeräumt. Die Abfindungsregelung in diesem Vertragswerk findet sich in § 8 und lautet:
"(1) Bei Beendigung der Unterbeteiligung steht der Unterbeteiligten ein Abfindungsguthaben zu, das dem Buchwert des Anteils der Unterbeteiligten (Summe sämtlicher für ihn im Rahmen der Unterbeteiligung geführter Konten) zuzüglich seines (richtig: ihres) Anteils an den stillen Reserven der Innengesellschaft entspricht. Die stillen Reserven der Innengesellschaft entsprechen dem Anteil an den stillen Reserven der Hauptgesellschaft , auf die die Hauptunterbeteiligte bei ihrem Ausscheiden aus der Hauptgesellschaft im Zeitpunkt der Beendigung der Unterbeteiligung Anspruch hätte. Ergibt sich ein negativer Saldo, so ist dieser nur insoweit auszugleichen, als er auf einem negativen Saldo des Privatkontos beruht.
(2) Zur Ermittlung der stillen Reserven der Innengesellschaft ist zum Zeitpunkt der Beendigung der Unterbeteiligung eine Auseinandersetzungsbilanz aufzustellen, in der die stillen Reserven der Innengesellschaft nach den gleichen Kriterien zu ermitteln sind, wie sie im Gesellschaftsvertrag der Hauptgesell- schaft für das Ausscheiden des Hauptgesellschafters zu ermitteln sind. (...)."
Ferner ist in § 12 Abs. 3 des Vertrages vom 2. Januar 1992 bestimmt:
"Sollte zwischen den Rechten und Pflichten der Hauptunterbeteiligten aus ihrer Beteiligung an der Hauptgesellschaft und den Bestimmungen des Unterbeteiligungsvertrages ein Widerspruch bestehen oder entstehen, so ist der Unterbeteiligungsvertrag so anzupassen , daß er mit den für die Hauptgesellschaft geltenden Bestimmungen übereinstimmt."
Mit Schreiben vom 26. Juni 1995 kündigte die Beklagte den Vertrag vom 2. Januar 1992 zum 31. Dezember 1995. Sie ermittelte die der Klägerin zustehende Abfindung zunächst mit 102.247,00 DM und zahlte hierauf 57.273,44 DM. Weitere Zahlungen erfolgten nicht, da die Beklagte später unter Berücksichtigung eines durch buchmäßige Überbewertungen entstandenen Abschichtungsminderwertes eine Abfindung von nur noch 53.751,68 DM errechnete.
Die Klägerin, die mit ihrer Klage neben verschiedenen Auskünften eine weitergehende Zahlung der Beklagten begehrt, geht dagegen von einem Abfin-
dungsanspruch von mindestens 161.595,35 DM (ohne Berücksichtigung etwai- ger stiller Reserven) aus.
Das Landgericht hat die Beklagte durch Teilurteil zur Zahlung von 107.370,13 DM nebst Zinsen verurteilt und sich die übrigen Entscheidungen vorbehalten. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und überdies im Tenor festgestellt, daß die Klägerin nach dem Buchwert ihrer Unterbeteiligung zuzüglich des auf sie entfallenden Anteils an etwaigen stillen Reserven abzufinden ist.
Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
1. Soweit das Berufungsgericht die Bestimmungen des zwischen den Parteien geschlossenen atypischen Unterbeteiligungsvertrages vom 2. Januar 1992 dahingehend ausgelegt hat, daß ein eventueller Abschichtungsminderwert bei der Berechnung der klägerischen Abfindung keine Berücksichtigung finden könne, hält dies revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.

a) Das Berufungsgericht hat dabei zunächst die die Abfindung der ausscheidenden Klägerin betreffende Regelung in § 8 Abs. 1 des Vertrages vom 2. Januar 1992 so verstanden, daß der sich aus dem anteiligen Buchwert ergebende Anspruch durch etwa vorhandene stille Reserven - die ihrer Definition nach stets eine positive Differenz zwischen dem wahren und dem in der Bilanz
angesetzten (Buch-)Wert darstellten - ausschließlich erhöht werden könne. Dementsprechend sei im Vertrag auch von einem Anspruch auf stille Reserven die Rede.
Lediglich hinsichtlich der Ermittlung der Höhe der stillen Reserven werde in dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag auf § 19 des KG-Vertrages Bezug genommen.
Diese Auslegung ist - wie die Revision mit Recht rügt - nicht frei von Rechtsfehlern.

b) Allerdings ist die Auslegung eines Individualvertrages wie des vorliegenden grundsätzlich Sache des Tatrichters; das Revisionsgericht prüft nur nach, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Auslegungsstoff außer Acht gelassen wurde (st. Rspr., vgl. Sen.Urt. v. 3. April 2000 - II ZR 194/98, WM 2000, 1195, 1196 m.w.N.).
Dabei hat die Auslegung in erster Linie von dem von den Parteien gewählten Wortlaut und dem diesem zu entnehmenden objektiven Parteiwillen auszugehen und diesen gegebenenfalls nach dem zu den allgemeinen Auslegungsregeln zählenden Grundsatz einer nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung auf einen vertretbaren Sinn zurückzuführen. Der Tatrichter hat in diesem Zusammenhang alle für die Auslegung erheblichen Umstände umfassend zu würdigen und seine Erwägungen in den Entscheidungsgründen nachvollziehbar darzulegen. Zumindest die wichtigsten für und gegen eine bestimmte Auslegung sprechenden Umstände sind in ihrer Bedeutung für das Auslegungsergebnis zu erörtern und gegeneinander abzuwägen (st. Rspr., vgl.
BGH, Urt. v. 16. Oktober 1991 - VIII ZR 140/90, NJW 1992, 170; Sen.Urt. aaO, je m.w.N.).

c) Bereits aus Wortlaut und Aufbau des § 8 des atypischen (Unter-) Unterbeteiligungsvertrages folgt, daß die Parteien hinsichtlich der Abfindungsregelung eine enge Anlehnung an den (Haupt-)Unterbeteiligungsvertrag der Beklagten bzw. an die Gesellschaftsverträge beabsichtigten. So stellt § 8 Abs. 1 Satz 2 hinsichtlich der in Ergänzung zum reinen Buchwert zu berücksichtigenden stillen Reserven die Parallele zum entsprechenden Anspruch der Beklagten im Falle ihres Ausscheidens her. Nach § 5 des (Haupt-)Unterbeteiligungsvertrages in Verbindung mit §§ 19 bzw. 14 des KG- bzw. GmbH-Vertrages muß dies jedoch gerade nicht zwangsläufig zu einer Erhöhung des Abfindungsanspruchs führen, sondern kann diesen auch mindern, wenn nämlich die bilanzmäßig erfaßten Buchwerte die tatsächlichen Verkehrswerte einzelner Positionen des Gesellschaftsvermögens übersteigen. Der Wille der Beteiligten, die Ermittlung dieser Position des Abfindungsanspruchs der Klägerin nach den Regeln der Gesellschaftsverträge vorzunehmen, tritt zudem besonders deutlich in § 8 Abs. 2 hervor. Soweit dort stets von "stillen Reserven" die Rede ist und diese grundsätzlich als positive Differenz zwischen Buchwert und tatsächlichem Wert zu verstehen sind, vermag dies nichts daran zu ändern, daß sich nach den in Bezug genommenen, sprachlich und inhaltlich eindeutigen Bestimmungen der Gesellschaftsverträge, die den Parteien bei Unterzeichnung des Vertrages bekannt waren (vgl. Abs. 2 der Präambel des Vertrages vom 2. Januar 1992), auch ein Abschichtungsminderwert ergeben kann.
Dies gilt um so mehr als auch die in § 12 Abs. 3 getroffene Vereinbarung herangezogen werden muß, die das Berufungsgericht nicht berücksichtigt hat. Daraus erschließt sich endgültig der Wille der Parteien, die Rechte und Pflich-
ten der Klägerin aus dem (Unter-)Unterbeteiligungsvertrag ebenso auszugestalten , wie diejenigen der Beklagten aus dem (Haupt-)Unterbeteiligungsvertrag. Es erscheint nicht zuletzt lebensfremd anzunehmen, die Beklagte habe in dem (Unter-)Unterbeteiligungsvertrag in Kenntnis sämtlicher Verträge, also sehenden Auges, die Klägerin im Falle ihres Ausscheidens besser stellen wollen , als sie selbst bei Beendigung ihres Unterbeteiligungsverhältnisses stünde.
2. Eine Entscheidung in der Sache selbst ist dem Senat trotzdem nicht möglich. Vielmehr ist die Sache unmittelbar an das Landgericht zurückzuverweisen. Es fehlt schon an vollständigen Feststellungen zu den im Rahmen der Berechnung der klägerischen Abfindung zu berücksichtigenden Einzelpositionen , insbesondere den fraglichen stillen Reserven bzw. Bilanzüberbewertungen.
Da die vom Berufungsgericht vertretene Ansicht, wonach ein eventueller Abschichtungsminderwert bei der Ermittlung des klägerischen Abfindungsanspruchs nicht zu berücksichtigen sei, nicht haltbar ist, ist die im Berufungsurteil tenorierte Zwischenfeststellung unzutreffend. Damit stellt die angefochtene erstinstanzliche Entscheidung ein unzulässiges Teilurteil dar.
Ein Teilurteil kann nach § 301 ZPO u.a. dann erlassen werden, wenn die Sache nur hinsichtlich eines von mehreren gehäuften Ansprüchen zur Entscheidung reif ist und eine Unabhängigkeit von der Entscheidung über den Rest besteht, d.h. die Gefahr widersprechender Entscheidungen, auch infolge einer abweichenden Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht, ausgeschlossen ist (st. Rspr., vgl. BGHZ 120, 376, 38 m.w.N.). Ein Teilurteil ist daher schon dann unzulässig, wenn sich durch die bloße Möglichkeit einer abweichenden Entscheidung im Instanzenzug die Gefahr widersprechender Entscheidungen er-
geben kann (BGH, Urt. v. 12. Januar 1999 - VI ZR 77/98, NJW 1999, 1035). Das ist hier der Fall, weil bei einer abschließenden Entscheidung über die der Klägerin zustehende Abfindung die Berechnungsgrundlagen zu klären gewesen wären und bei abweichender Beurteilung die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen bestanden hätte.
Der von der Revision gerügte Erlaß des unzulässigen Teilurteils durch das Landgericht stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel im Sinne des § 539 ZPO a.F. dar, aufgrund dessen das Berufungsgericht bei zutreffender Auslegung der Abfindungsklausel gehalten gewesen wäre, das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen.
Diese gebotene Zurückverweisung ist nunmehr durch das Revisionsgericht nachzuholen (st. Rspr., vgl. Sen.Urt. v. 13. April 1992 - II ZR 105/91, WM 1992, 985; BGH, Urt. v. 12. Januar 1994 - XII ZR 167/92, NJW-RR 1994, 379, 380 f.; Urt. v. 12. April 2000 - I ZR 220/97, NJW 2000, 3716, 3717, je m.w.N.). Zwar können Gründe der Prozeßwirtschaftlichkeit im Einzelfall dafür sprechen, daß der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen wird und dieses ausnahmsweise den noch im ersten Rechtszug anhängigen Teil an sich zieht (BGH, Urt. v. 12. Januar 1994 aaO). Solche prozeßökonomischen Gründe sind vorliegend jedoch nicht ersichtlich und ein Einverständnis der Parteien mit einer Entscheidung des gesamten Streitgegenstandes durch das Berufungsgericht liegt ebenfalls nicht vor.
Die Entscheidung über die Kosten der Rechtsmittel war dem Landgericht vorzubehalten.
Röhricht Hesselberger Goette
Kurzwelly Kraemer

(1) Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder ist nur ein Teil eines Anspruchs oder bei erhobener Widerklage nur die Klage oder die Widerklage zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil (Teilurteil) zu erlassen. Über einen Teil eines einheitlichen Anspruchs, der nach Grund und Höhe streitig ist, kann durch Teilurteil nur entschieden werden, wenn zugleich ein Grundurteil über den restlichen Teil des Anspruchs ergeht.

(2) Der Erlass eines Teilurteils kann unterbleiben, wenn es das Gericht nach Lage der Sache nicht für angemessen erachtet.

(1) Ist ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig, so kann das Gericht über den Grund vorab entscheiden.

(2) Das Urteil ist in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen; das Gericht kann jedoch, wenn der Anspruch für begründet erklärt ist, auf Antrag anordnen, dass über den Betrag zu verhandeln sei.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.