Bundesgerichtshof Urteil, 19. Sept. 2017 - VI ZR 530/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:190917UVIZR530.16.0
bei uns veröffentlicht am19.09.2017
vorgehend
Landgericht Hamburg, 331 O 309/11, 27.11.2015
Hanseatisches Oberlandesgericht, 14 U 3/16, 17.10.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 530/16
Verkündet am:
19. September 2017
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zu den im Rahmen der Bemessung des Erwerbsschadens an die Darlegung
der hypothetischen Entwicklung des Geschäftsbetriebs eines Selbständigen
(hier: Zahnarztpraxis) zu stellenden Anforderungen.
BGH, Urteil vom 19. September 2017 - VI ZR 530/16 - OLG Hamburg
LG Hamburg
ECLI:DE:BGH:2017:190917UVIZR530.16.0

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. September 2017 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Offenloch, die Richterinnen Dr. Oehler und Dr. Roloff und den Richter Dr. Klein
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 17. Oktober 2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Klägers erkannt ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges , an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Beklagten sind dem Kläger aufgrund eines Verkehrsunfalls vom 26. Oktober 2006 dem Grunde nach uneingeschränkt zum Schadensersatz verpflichtet. Der Kläger, ein selbständiger Zahnarzt, hat bei dem Unfall unter anderem eine Verletzung am linken Handgelenk erlitten, die ihn bei seiner zahnärztlichen Tätigkeit dauerhaft beeinträchtigt.
2
Mit seiner Klage nimmt er die Beklagten auf Schmerzensgeld abzüglich bereits gezahlter 2.000 €, Verdienstausfall für sieben Fehltage nach dem Unfall in Höhe von 6.033,08 € und für den Zeitraum vom 1. November 2006 bis zum 31. Oktober 2011 in Höhe von weiteren 85.500 €, Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten und Feststellung in Anspruch. Das Landgericht hat die Beklagten zur Zahlung von (weiterem) Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 €, Verdienstausfall für sieben Fehltage in Höhe von 6.033,08 € sowie Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten in entsprechender Höhe verurteilt und die begehrte Feststellung in Bezug auf zukünftige materielle Schäden getroffen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
3
Das Berufungsgericht hat das Urteil auf die Berufungen beider Parteien unter Berufungszurückweisung im Übrigen abgeändert und - in Höhe von mit der Berufung der Beklagten nicht angegriffener 2.000 € Schmerzensgeld klarstellend - dahin neu gefasst, dass die Beklagten zur Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes in Höhe von 7.000 € sowie Verdienstausfall in Höhe von 5.824,79 € nebst Freistellung verurteilt sind. Die Feststellung hat es auch auf zukünftige immaterielle Schäden erstreckt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
4
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Ansprüche auf Schmerzensgeld in Höhe von (weiteren) 3.000 € und Verdienstausfall für sieben Fehltage im Zeitraum vom 26. Oktober bis 5. November 2006 in Höhe von zusätzlich 208,29 € (6.033,08 - 5.824,79 €) und in Höhe von 85.500 € für den Zeitraum vom 1. November 2006 bis 31. Oktober 2011 weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt , ein Schmerzensgeld in Höhe von 12.000 € übersteige Schmerzensgeld- beträge, die andere Gerichte bei vergleichbaren oder ähnlichen Verletzungsfolgen den Geschädigten zugesprochen hätten. Eine weitere Aufklärung der Unfallfolgen sei nicht angezeigt. Dabei könne dahinstehen, ob der neue Sachvortrag des Klägers im Hinblick auf die täglichen Ausfallzeiten wegen der Handgelenksverletzung gemäß § 531 Abs. 2 ZPO überhaupt zuzulassen sei. Einen weiteren therapeutischen Bedarf habe der Kläger nicht bewiesen. Aus Sicht des Sachverständigen seien allein drei Minuten pro Stunde zur Entlastung des Handgelenks erforderlich. Die Einholung eines zahnmedizinischen Gutachtens komme nicht in Betracht, da ein Zahnmediziner nicht die Sachkunde besitze, um die Erforderlichkeit einer weiteren Entlastung beurteilen zu können.
6
Unter Berücksichtigung der von dem Kläger ersparten Aufwendungen - Laborkosten, Betriebsbedarf und Praxiswäsche - sei der Verdienstausfall wegen der sieben Fehltage vom 26. Oktober bis 5. November 2006 nur auf 5.824,79 € - nicht auf 6.033,08 € - zu schätzen.
7
Zu Recht habe das Landgericht die Klage wegen des vom Kläger geltend gemachten Verdienstausfalls im Zeitraum vom 1. November 2006 bis 31. Oktober 2011 abgewiesen. Zwar bestünden aufgrund des Vorbringens des Klägers und des Ergebnisses der Beweisaufnahme Anhaltspunkte dafür, dass ihm ein Anspruch aus § 252 BGB zustehen könne. Der Kläger habe jedoch einen entgangenen Gewinn für diese Zeit der Höhe nach nicht schlüssig dargelegt. Zwar habe er auf den Hinweis des Senats in der Berufungsinstanz seine Gewinnermittlungen für die Jahre 2003 bis 2011 sowie Steuererklärungen und Festsetzungsbescheide des Finanzamts vorgelegt. Aus diesen lasse sich aber nicht entnehmen, dass er einen unfallbedingten Gewinnrückgang zu verzeichnen gehabt habe. Vielmehr habe er seinen Gewinn in den Jahren 2007 und 2008 gegenüber der Zeit vor dem Unfall noch gesteigert. Insoweit hätten die Feststellungen für die Jahre 2007 und 2008 auch Fernwirkung für die weiteren Jahre 2009 bis 2011. Es sei davon auszugehen, dass sich in den ersten beiden Jahren nach dem Unfall der Schaden bereits voll entfaltet habe.
8
Soweit der Kläger zu seinen Gewinnermittlungen für die Jahre 2003 bis 2005 ausführe, er habe in seinem Privathaus eine Zweigpraxis eingerichtet oder einrichten wollen, so dass die unter Stelle 10 der Gewinnermittlung bzw. Konto 4260 gebuchten Ausgaben in Höhe von 15.524,53 € (2003), 17.153,54 € (2004), 31.657,98 € (2005) und 27.737,80 € (2006) herausgerechnet werden müssten, sei dies für das Gericht nicht nachvollziehbar. Zudem würden auch im Jahr 2007 unter dem Konto 4260 höhere Instandhaltungskosten als 2.000 € verbucht. Rechne man auch diese heraus, ergebe sich nach wie vor in Bezug auf die Gewinnsituation kein signifikanter Unterschied zwischen den Jahren 2003 und 2007.
9
Ein Anspruch des Klägers sei vor dem Hintergrund der nahezu unverändert gebliebenen oder gar verbesserten Gewinnsituation in den Jahren 2007 und 2008 nur denkbar, wenn er Einsparungen veranlasst habe, die keiner Schadensminderungspflicht entsprächen. Denn grundsätzlich sei der Geschädigte verpflichtet, seinen Betrieb so umzustrukturieren, dass keine Gewinnausfälle entstünden. Sofern der Kläger sich darauf berufe, er habe in den Jahren 2006 bis 2008 die Material- und Laborkosten gegenüber den Jahren 2003 bis 2005 erheblich verringert, seien dies keine Einsparungen, denen keine Schadensminderungspflicht gegenüberstehe. Die Material- und Laborkosten würden letztlich den Patienten in Rechnung gestellt und seien damit lediglich ein durchlaufender Posten.
10
Sofern der Kläger vortrage, dass er eine Mitarbeiterin entlassen habe, deren Tätigkeit von seiner Ehefrau in Vollzeit wahrgenommen werde, diese aber nach wie vor nur das für eine Teilzeittätigkeit vereinbarte Bruttoarbeitsent- gelt beziehe, könne dies zwar eine Einsparung darstellen, der keine Schadensminderungspflicht gegenüberstehe. Allerdings habe der Kläger nach seinem Vortrag im Jahr 2007 gegenüber dem Vorjahr 2006 Personalkosten in Hö- he von ca. 13.500 € eingespart und im Jahr 2008 seine Personalkosten um ca. 17.500 € gegenüber dem Jahr 2006 reduziert. Ziehe man diese Beträge von den Gewinnen ab, ergebe sich immer noch kein signifikanter Gewinnrückgang gegenüber den Jahren 2003 bis 2005. Von daher lasse sich aus dem Vortrag des Klägers zur Entwicklung der Gewinnsituation der Praxis nicht der Rückschluss ziehen, dass sich die Gewinne aufgrund des streitgegenständlichen Unfalls verringert hätten. Bereits vor dem Unfall habe es nicht unerhebliche Gewinnschwankungen gegeben, die auch nicht ungewöhnlich seien. Deutlich zurückgegangen seien die Umsätze und Gewinne des Klägers erst ab dem Jahr 2009. Hinsichtlich dieses Gewinnrückgangs lasse sich aber kein Zusammenhang zu dem streitgegenständlichen Unfall mehr herstellen; der deutliche Gewinnrückgang ab dem Jahr 2009 müsse offenbar andere Ursachen haben.

II.

11
Die Revision hat Erfolg. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann ein Anspruch auf Ersatz des weiter geltend gemachten Verdienstausfalls sowie auf Zahlung weiteren Schmerzensgeldes nicht verneint werden, §§ 842, 249 Abs. 1, § 252 Satz 2, § 253 Abs. 2 BGB, § 287 Abs. 1 ZPO.
12
1. Die Revision rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht keinen über einen Betrag von 5.824,79 € hinausgehenden Verdienstausfallschaden des Klägers hat feststellen können. Zwar ist die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruches in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders freigestellten Tatrichters. Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Richter Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Be- messungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (Senat, Urteil vom 9. November 2010 - VI ZR 300/08, VersR 2011, 229 Rn. 16 mwN; BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 - VII ZR 84/10, NJW 2013, 525 Rn. 17 mwN). Solche Rechtsfehler hat die Revision hier indes aufgezeigt.
13
a) Der Ausfall der Arbeitskraft als solcher ist kein Vermögensschaden. Dem in seiner Arbeitsfähigkeit Geschädigten entsteht ein gegebenenfalls zu ersetzender Vermögensschaden erst dann, wenn sich der Ausfall oder die Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit konkret und sichtbar ausgewirkt hat. Das muss sich allerdings nicht im Verlust bisher bezogener Einnahmen zeigen, sondern kann auch dadurch sichtbar werden, dass ohne die Schädigung zu erwartende , gegebenenfalls auch gesteigerte Gewinne nicht gemacht werden konnten (Senatsurteile vom 5. Mai 1970 - VI ZR 212/68, BGHZ 54, 45, 50 ff.; vom 31. März 1992 - VI ZR 143/91, NJW-RR 1992, 852 unter II 1; vom 12. Januar 2016 - VI ZR 491/14, VersR 2016, 415 Rn. 17).
14
Wie der Senat wiederholt ausgesprochen hat, bedarf es daher bei selbständig Tätigen zur Beantwortung der Frage, ob diese einen Verdienstausfallschaden erlitten haben, der Prüfung, wie sich das von ihnen betriebene Unternehmen ohne den Unfall voraussichtlich entwickelt hätte. Für die Grundlagen der danach erforderlichen Prognose des erzielbaren Gewinns ist nicht auf den Zeitpunkt des Schadensereignisses, sondern auf denjenigen der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen (Senatsurteil vom 27. Oktober 1998 - VI ZR 322/97, DB 1999, 379 unter II 1 mwN).
15
Dabei kommen dem Geschädigten die Darlegungs- und Beweiserleichterungen nach § 252 BGB, § 287 ZPO zugute. Diese Erleichterungen ändern nichts daran, dass es im Rahmen der notwendigen Prognose des entgangenen Gewinns im Sinn des § 252 Satz 2 BGB ebenso wie für die Ermittlung des Erwerbsschadens nach § 287 ZPO konkreter Anknüpfungstatsachen bedarf, die der Geschädigte darlegen und zur Überzeugung des Gerichts nachweisen muss. Dabei wird es in der Regel erforderlich und angebracht sein, an die Geschäftsentwicklung und die Geschäftsergebnisse in den letzten Jahren vor dem Unfall anzuknüpfen (Senat, Urteil vom 6. Februar 2001 - VI ZR 339/99, NJW 2001, 1640 unter II 2 b aa mwN).
16
An die schwierige Darlegung der hypothetischen Entwicklung des Geschäftsbetriebs eines Selbständigen dürfen aber keine zu strengen Maßstäbe angelegt werden (st. Rspr., Senatsurteile vom 6. Juli 1993 - VI ZR 228/92, NJW 1993, 2673 unter II; vom 23. Februar 2010 - VI ZR 331/08, NJW 2010, 1532 Rn. 13 mwN; BGH, Urteil vom 27. Oktober 2010 - XII ZR 128/09, GE 2010, 1741 unter 1 a). Die Klage darf nicht wegen lückenhaften Vortrags zur Schadensentstehung und Schadenshöhe abgewiesen werden, solange greifbare Anhaltspunkte für eine Schadensschätzung vorhanden sind (BGH, Urteil vom 22. Oktober 1987 - III ZR 197/86, NJW-RR 1988, 410 unter II 3 a).
17
b) Diesen Grundsätzen wird die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht gerecht. Es ist zum einen von einem fehlerhaften Rechtsgrundsatz ausgegangen und hat zum anderen die Anforderungen an einen schlüssigen Vortrag des Geschädigten überspannt.
18
aa) Rechtsfehlerhaft meint das Berufungsgericht, ein im Rahmen der Darlegungen zu § 252 Satz 2 BGB, § 287 ZPO schlüssiger Vortrag des Geschädigten setze voraus, dass er einen deutlichen Rückgang gegenüber der vor dem Unfall erzielten Gewinne aufzeige. Für die vom Berufungsgericht aufgestellte Voraussetzung der "Deutlichkeit" gibt es nach den obigen Grundsätzen keine Grundlage. Schon auf der Basis der von dem Berufungsgericht zugunsten des Klägers für die streitgegenständlichen Jahre unterstellten Gewinnentwicklung hätte das Berufungsgericht einen (Mindest-)schaden schätzen können.
19
Das Berufungsgericht hat zugunsten des Klägers unterstellt, dass er aufgrund von überpflichtmäßigen, den Beklagten nicht zugutekommenden Anstrengungen seiner Ehefrau (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 2001 - IX ZR 64/01, NJW 2002, 292 unter II 1 b bb) seine Personalkosten in den Jahren 2007 und 2008 um 13.500 € sowie 17.500 € habe verringern können. Unter Zugrundelegung der von dem Berufungsgericht angesetzten Gewinne in Höhe von 194.500 € im Jahr 2007 und 192.000 € im Jahr 2008 ergibt sich auf dieser Grundlage schlüssig eine gegenüber dem durchschnittlichen Gewinn in Höhe von 187.333,33 € vor dem Unfallereignisunfallbedingte Verringerung des Gewinns von 6.333,33 € für das Jahr 2007 (194.500 € abzüglich 13.500 €, mithin 181.000 €) und in Höhe von 12.833,33 € für das Jahr 2008 (192.000 € abzüg- lich 17.500 €, mithin 174.500 €). Dem Kläger steht (schon) danach mehr als die Hälfte des von ihm für beide Jahre geforderten Einnahmeausfalls in Höhe von 34.000 € zu. Sind- wozu das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen hat - die vorgelegten Gewinnermittlungen um die Ausgaben des Klägers für die von ihm geplante Zweigpraxis zu bereinigen, steht der geltend gemachte Anspruch dem Kläger bei Abzug der - unterstellt - eingesparten überpflichtmäßigen Personalkosten sogar in voller Höhe zu.
20
bb) Das Berufungsgericht hat die von ihm festgestellten und von dem Kläger vorgetragenen konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die erlittenen Verletzungen zu einem Gewinnrückgang geführt haben, übergangen und die Anforderungen an einen schlüssigen Vortrag deutlich überspannt (§ 287 ZPO). Es hat sich bei seiner Betrachtung zu Unrecht auf die beiden Jahre nach dem Unfallereignis beschränkt und die Entwicklungen, die sich danach ergeben haben, außer Acht gelassen.
21
(1) Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der Kläger bei dem Verkehrsunfall am 26. Oktober 2006 einen Dauerschaden im Bereich der linken Hand erlitten hat, die zu einer funktionellen Beeinträchtigung bei seiner Tätigkeit als Zahnarzt führt. Danach muss er während der Eingriffe teilweise kurze Pausen einlegen, um das Handgelenk zu lockern und entsprechendeBewegungsund Dehnübungen zu machen. Nach den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. S. in seinem Gutachten vom 4. Februar 2015 in Verbindung mit dem fachradiologischen Zusatzgutachten vom 27. Mai 2015 ist die Einschränkung der zahnärztlichen Tätigkeit auf Dauer mit 5 % oder in einer Größenordnung von 24 Minuten pro Behandlungstag zu beziffern.
22
(2) Der Kläger hat diese Bewertung des Sachverständigen - wie die Revision zutreffend aufzeigt - bereits in erster Instanz angegriffen. Er hat vorgetragen , die vom Sachverständigen zugrunde gelegte zeitliche Einschränkung stelle lediglich eine Schätzung dar, die keinen Bestand haben könne. Die Schädigung wirke sich auch dahingehend aus, dass der Kläger neben rein zeitlich zu bestimmenden Verlusten auch eine Einschränkung seines Behandlungsspektrums in dem Sinne erleide, dass er endodontische Behandlungsmaßnahmen nicht mehr selbst durchführen sowie dass er aufwendige Zahnbehandlungen nicht mehr in einer Sitzung vornehmen könne. Dies könne nur ein zahnmedizinisch tätiger Sachverständiger beurteilen.
23
In der Berufung hat er gerügt, dass dieser Vortrag übergangen worden sei. Zusätzlich hat er ausgeführt, der Zeitaufwand für die erforderlichen Lockerungs - und Dehnungsübungen steige über den Arbeitstag hinweg an und belaufe sich auf 57 Minuten. Eine Kompensation dieser unfallbedingten Pausen sei nicht oder nur durch einen erhöhten Einsatz des Klägers möglich, der dem Schädiger nicht zugutekommen dürfe. Tatsächlich sei ein Ausgleich auch nicht möglich, da der Kläger abends so starke Schmerzen habe, dass er nicht weiterarbeiten könne.
24
Der Kläger hat seinen Vortrag durch Vorlage der Quartalsabrechnungen der Kassenärztlichen Vereinigung untermauert und dargelegt, dass seine Umsätze für konservierend chirurgische Leistungen und Zahnersatz nach dem Unfallereignis in den Jahren 2007 und 2008 um 59.535,90 € jährlich gesunken seien und sich seither kontinuierlich weiter reduziert hätten, so dass sich seine Einnahmen nunmehr jährlich durchschnittlich lediglich auf 230.000 € bis 250.000 € beliefen.
25
Die vorgelegten Gewinnermittlungen für die Jahre 2003 bis 2011 und die entsprechenden Steuerbescheide belegten, dass sich die körperlichen und seelischen Belastungen und Einschränkungen des Klägers seit dem Unfallereignis auf seine zahnärztliche Tätigkeit ausgewirkt hätten, was der unfallchirurgische Sachverständige aufgrund seiner fehlenden zahnärztlichen Sachkunde nicht gewürdigt habe. Dabei hätten sich diese Beeinträchtigungen in einem schleichenden Prozess immer mehr intensiviert. Auch wenn sich die unfallbedingten Einschränkungen des Klägers besonders deutlich erst in den Jahren 2009 bis 2011 gezeigt hätten, habe er auch in den Jahren 2007 und 2008 bereits erhebliche Einnahmeausfälle hinnehmen müssen, die sich (nur) aufgrund der überpflichtmäßigen Kostenreduzierungen bei den Personalkosten geringer ausgewirkt hätten.
26
(3) Diesen Vortrag hat das Berufungsgericht zu Unrecht für unschlüssig gehalten. Es hat die angesichts der bereits sachverständig festgestellten unfallbedingten Körperschäden und Beeinträchtigungen der zahnärztlichen Tätigkeit des Klägers ohnehin geringen Substantiierungsanforderungen in unvertretbarer Weise überspannt, § 252 BGB, § 287 ZPO.
27
Entgegen der nicht begründeten Ansicht des Berufungsgerichts ist es nicht von vornherein unmöglich, dass unfallbedingte Einnahmeausfälle erst nach einiger Zeit eintreten. Trifft es zu, dass - was zugunsten des Klägers revisionsrechtlich zu unterstellen ist und wofür angesichts der seit dem Unfallereignis insoweit gesunkenen Umsätze einiges spricht - der Kläger wegen seiner Beeinträchtigungen seit dem Unfall bestimmte endodontische Behandlungen nicht mehr vornehmen kann und die Patienten an andere Ärzte weiterverweist, kann ein solches Vorgehen beispielsweise dazu führen, dass sich der Patientenstamm mit der Zeit insgesamt verkleinert. Es erscheint auch nicht von vornherein ausgeschlossen, dass Beeinträchtigungen wie Verspannungen und dauerhafte Schmerzen aufgrund eines eingetretenen Körperschadens zwar anfänglich ausgeglichen werden können, dies aber nach einer gewissen Zeit nicht mehr möglich oder auch im Rahmen der dem Geschädigten grundsätzlich obliegenden Pflicht zur Schadensminderung nicht mehr zumutbar ist und die unfallbedingten Beeinträchtigungen daher (erst) mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung zu Einnahmeausfällen führen.
28
cc) Das Berufungsgericht hätte dem Vortrag des Klägers daher nachgehen müssen. Wenn es die Einholung des von dem Kläger bereits in erster Instanz und erneut in der Berufungsinstanz angebotenen zahnmedizinischen oder arbeitsmedizinischen Gutachtens im Rahmen des ihm zustehenden pflichtgemäßen Ermessens (§ 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO) nicht für geboten erachtete, hätte es zunächst den Sachverständigen Prof. S. in Bezug auf die Behauptungen des Klägers ergänzend befragen können, § 411 ZPO.
29
Der Gutachter hatte angesichts der ihm in erster Instanz gestellten Beweisfrage - es sei aufgrund der unfallbedingten Verletzungen der linken Hand mit einer vorzeitigen Arthrose und einer berufsbedingten Arbeitsunfähigkeit zu rechnen - keine Veranlassung, sich im Einzelnen damit auseinanderzusetzen, ob der Kläger aufgrund der erlittenen dauerhaften Beeinträchtigungen bestimmte aufwendigere Zahnbehandlungen nicht mehr vornehmen kann und welche Auswirkungen die Beeinträchtigungen auf die Tätigkeit des Klägers in der Vergangenheit gehabt haben. Soweit der Sachverständige die Einschränkung der Arbeitsfähigkeit des Klägers annäherungsweise mit dauerhaft 5 % angenommen hat, war dies unter dem Blickwinkel des Beweisthemas möglicherweise ausreichend, ist aber im Hinblick auf den Anspruch auf Verdienstausfall für den streitgegenständlichen Zeitraum nur von eingeschränkter Relevanz. Gleiches gilt für die Aussage des Sachverständigen, eine arbeitsmedizinische Zusatzbegutachtung sei nicht erforderlich. Diese ist zudem ohne Begründung geblieben, was für sich allein schon eine weitere Aufklärung nahelegt.
30
Das Berufungsgericht hätte ferner in Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens ggf. unter Hinzuziehung eines Sachverständigen die für die maßgeblichen Jahre zugrunde zu legenden Gewinne ermitteln und aufklären müssen , ob und in welcher Höhe der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum durch überpflichtmäßige Anstrengungen seiner Ehefrau Personalkosten eingespart hat.
31
c) Das Berufungsurteil ist auch aufzuheben, soweit die Klage wegen des weitergehenden Verdienstausfalls für sieben Fehltage im Zeitraum vom 26. Oktober bis 5. November 2006 nach dem Unfall abgewiesen worden ist. Das Berufungsgericht hat der Klage auf Verdienstausfall im Hinblick auf den Zeitraum vom 1. bis 5. November 2006 einerseits (teilweise) stattgegeben, andererseits aber ausgeführt, sie sei mangels ausreichenden Vortrags unschlüssig. Dabei hat es übersehen, dass für den denselben Zeitraum nur eine einheitliche Entscheidung ergehen kann (§ 287 ZPO).
32
2. Die unter 1 festgestellten Mängel des Berufungsurteils wirken sich - was die Revision zutreffend aufzeigt - auch auf den von dem Kläger geltend gemachten Anspruch auf Schmerzensgeld aus, weil die von dem Berufungsgericht vorgenommene Schätzung der Höhe des Schmerzensgeldes aufgrund der nicht ausreichenden Berücksichtigung des Vortrags des Klägers und unterbliebenen Aufklärung des Sachverhalts revisionsrechtlich erhebliche Mängel aufweist , § 253 Abs. 2 BGB, § 287 Abs. 1 ZPO.

III.

33
Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben, sondern ist aufzuheben und mangels Entscheidungsreife zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Galke Offenloch Oehler Roloff Klein
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 27.11.2015 - 331 O 309/11 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 17.10.2016 - 14 U 3/16 -

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 295/17 Verkündet am: 8. Mai 2018 Holmes Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

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Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

Die Verpflichtung zum Schadensersatz wegen einer gegen die Person gerichteten unerlaubten Handlung erstreckt sich auf die Nachteile, welche die Handlung für den Erwerb oder das Fortkommen des Verletzten herbeiführt.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.

(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

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a) Eine vom Tatrichter gemäß § 287 Abs. 1 ZPO nach freiem Ermessen vorzunehmende Schadensschätzung unterliegt allerdings nur der beschränkten Nachprüfung durch das Revisionsgericht dahin, ob der Tatrichter Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (vgl. Senatsurteile vom 10. Juli 1984 - VI ZR 262/82, BGHZ 92, 85, 86 f. = VersR 1984, 966; vom 8. Dezember 1987 - VI ZR 53/87, BGHZ 102, 322, 330 = VersR 1989, 299, 301; vom 24. Januar 1995 - VI ZR 354/93, VersR 1995, 469, 470; vom 9. Dezember 2008 - VI ZR 173/07, VersR 2009, 408 Rn. 12; vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 186/08, Rn. 17, z.V.b.). Derartige Fehler zu Lasten der Beklagten liegen hier indes vor.
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Die erleichterte Schadensberechnung nach § 252 Satz 2 BGB in Verbindung mit § 287 Abs. 1 ZPO lässt eine völlig abstrakte Berechnung des Erwerbsschadens nicht zu. Sie verlangt vielmehr die Darlegung konkreter Anhaltspunkte für die Schadensermittlung. Der zu ersetzende Schaden liegt nicht im Wegfall oder der Minderung der Arbeitskraft als solcher, sondern setzt voraus , dass sich dieser Ausfall oder die Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit sichtbar im Erwerbsergebnis konkret ausgewirkt hat (Senat, Urteil vom 5. Mai 1970 - VI ZR 212/68, BGHZ 54, 45, 52 f.). Daher geht es nicht an, einem Verletzten , dessen Arbeitskraft im arbeitsfähigen Alter beeinträchtigt worden ist, ohne hinreichende Anhaltspunkte dafür, wie sich seine Erwerbstätigkeit ohne das schädigende Ereignis voraussichtlich entwickelt hätte, gleichsam pauschal einen (abstrakt geschätzten) "Mindestschaden" zuzusprechen (Senat, Urteil vom 17. Januar 1995 - VI ZR 62/94, NJW 1995, 1023 unter II 2 a).

Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

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c) Aus dieser systematischen Stellung der Verletztenrente ist ersichtlich, dass die im Sozialrecht vorgenommene abstrakte Berechnung des Erwerbsschadens nicht auf den für den Forderungsübergang nach § 116 Abs. 1 SGB X maßgeblichen zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch des Geschädigten übertragen werden kann, vielmehr hier nach haftpflichtrechtlichen Grundsätzen auf den tatsächlich eingetretenen Erwerbsschaden abzustellen ist (vgl. Senatsurteile BGHZ 153, 113, 125; vom 20. Mai 1958 - VI ZR 130/57 - VersR 1958, 454, 456; vom 9. März 1982 - VI ZR 317/80 - aaO). Dies muss auch für das Verletztengeld eines Unternehmers gelten, bei dem der Jahresarbeitsverdienst nach der Satzung des Unfallversicherungsträgers fiktiv festgesetzt wird. Mithin sind im Streitfall für den übergangsfähigen Erwerbsschaden des Mitglieds N. der Klägerin die haftpflichtrechtlichen Grundsätze für die Ermittlung des entgangenen Gewinns der Geschädigten zugrunde zu legen. Die Höhe des zum gezahlten Verletztengeld kongruenten Schadensersatzanspruchs der Geschädigten aus § 842 BGB, §§ 7 Abs. 1, 11 StVG ist unter Berücksichtigung der durch §§ 287 Abs. 1 ZPO, 252 Satz 2 BGB gewährten Erleichterungen festzustellen. Nach der Rechtsprechung des Senats dürfen dabei zwar im Allgemeinen für die schwierige Darlegung der hypothetischen Entwicklung des Geschäftsbetriebs eines Selbständigen keine zu strengen Maßstäbe angelegt werden (vgl. Senat, Urteil vom 16. März 2004 - VI ZR 138/03 - VersR 2004, 874, 875 m.w.N.). Für die Schätzung des Erwerbsschadens müssen aber hinreichende Anknüpfungstatsachen dargelegt werden. Es bedarf grundsätzlich der Darlegung konkreter Anhaltspunkte für die Schadensermittlung, um eine ausreichende Grundlage für die sachlich-rechtliche Wahrscheinlichkeitsprognose des § 252 BGB und in der Folge für eine gerichtliche Schadensschätzung nach § 287 ZPO zu haben, weil sich der Ausfall oder die Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit sichtbar im Erwerbsergebnis konkret ausgewirkt haben muss (vgl. Senat, BGHZ 54, 45, 49 ff.; 90, 334, 336 f.; Urteile vom 22. Dezember 1987 - VI ZR 6/87 - VersR 1988, 466, 467; vom 17. Januar 1995 - VI ZR 62/94 - VersR 1995, 422, 424). Auch die erleichterte Schadensberechnung nach § 252 Satz 2 BGB in Verbindung mit § 287 Abs. 1 ZPO lässt eine völlig abstrakte Berechnung eines Erwerbsschadens nicht zu (vgl. Senat, Urteil vom 16. März 2004 - VI ZR 138/03 - aaO m.w.N.). Soweit die Revisionserwiderung darauf verweist, dass im Bereich der Behandlungskosten eine Pauschalierung im Regress des Sozialversicherungsträgers in § 116 Abs. 8 SGB X zugelassen sei, handelt es sich um eine gesetzliche Ausnahmeregelung, die auf den Erwerbsschaden nicht übertragbar ist.

Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 64/01
Verkündet am:
8. November 2001
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein

a) Zu den Pflichten eines Anwalts, der den Mandanten beim Abschluß eines
Abfindungsvergleichs berät.

b) Leistungen des Sozialhilfeträgers wegen unfallbedingt vermehrter Bedürfnisse
sind dem Anspruch des Empfängers auf Ersatz seines Erwerbsschadens
nicht kongruent (im Anschluß an BGH NJW 1997,
256).
BGH, Urteil vom 8. November 2001 - IX ZR 64/01 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Kreft und die Richter Stodolkowitz, Dr. Ganter, Raebel und Kayser auf die
mündliche Verhandlung vom 8. November 2001

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 26. Januar 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin nimmt die Beklagten - in einer Sozietät verbundene Rechtsanwälte - wegen Schlechterfüllung eines Anwaltsvertrages auf Schadensersatz in Anspruch.
Am 26. September 1992 erlitt die damals 25jährige, verheiratete Klägerin aus dem alleinigen Verschulden des bei der Versicherung AG (i.f. nur noch: Versicherung) haftpflichtversicherten Unfallgegners einen Verkehrsunfall. Seit
dem 1. September 1992 lebte sie von ihrem Ehemann getrennt; ihr am 6. Dezember 1990 geborener, schwerbehinderter Sohn, der nicht von dem Ehemann abstammt, wurde in einer Pflegestelle betreut. Die Klägerin ging keiner Erwerbstätigkeit nach und bezog - allerdings erst seit kurzem - Sozialhilfe. Ob die Klägerin vor dem Unfall jemals einen selbständigen Haushalt geführt hatte, ist streitig.
Bei dem Unfall wurde die Klägerin schwer verletzt. Sie sitzt seither im Rollstuhl. Im Schwerbehindertenausweis ist der Grad ihrer Behinderung seit dem 29. Oktober 1997 mit 100 % angegeben [GA II 105]. Sie bezieht weiterhin Sozialhilfe (mit einem 20 %igen Aufschlag zum Regelsatz) und auûerdem Pflegegeld gemäû § 69 a Abs. 2 BSHG. Nach dem Unfall nahmen die Klägerin und ihr Ehemann die eheliche Gemeinschaft wieder auf. Den - nach dem Vortrag der Klägerin seit 20. August 1993 (wieder) bestehenden - gemeinsamen Haushalt führt der nicht mehr berufstätige Ehemann, der zudem die Klägerin und deren Sohn versorgt.
Anfang 1995 beauftragte die Klägerin die Beklagten mit der Geltendmachung von Schadensersatz und Schmerzensgeld gegenüber der Versicherung. Diese zahlte aufgrund von Verhandlungen mit dem sachbearbeitenden Beklagten zu 2 als Vorschuû auf das Schmerzensgeld bis Dezember 1995 insgesamt 50.000 DM. Anschlieûend bemühte sich der Beklagte zu 2 um eine abschlieûende Regulierung. Mit Schreiben vom 26. November 1996 bat er die Klägerin, sie möge, nachdem ihr inzwischen eine restliche Schmerzensgeldzahlung in Höhe von 46.000 DM zugegangen sei, die anliegende Abfindungserklärung unterzeichnen. Mit ihrer am 4. Dezember 1996 geleisteten Unterschrift erklärte sich die Klägerin wegen aller Ersatzansprüche aus dem Scha-
densereignis vom 26. September 1992 gegen Zahlung eines Abfindungsbetrages von 96.000 DM abzüglich bereits bezahlter 50.000 DM endgültig und vorbehaltlos (ausgenommen weitere immaterielle Ansprüche für den Fall, daû der Klägerin unfallbedingt das linke Bein abgenommen werden müûte) für abgefunden.
Die Klägerin wirft den Beklagten vor, sie hätten sie nicht darüber aufgeklärt , daû sie, wenn sie die Abfindungserklärung abgebe, auf Ansprüche wegen des materiellen Schadens verzichte. Eines solchen Hinweises hätte es um so mehr bedurft, als die Positionen Haushaltsführungs- und Kinderbetreuungskosten für sie überragende Bedeutung hätten. Die Beklagten hätten ihr den Abschluû des Abfindungsvergleichs überhaupt nicht vorschlagen dürfen, weil er für sie handgreiflich ungünstig gewesen sei.
Die auf Zahlung eines Betrages von 112.451,95 DM sowie einer monatlichen Rente gerichtete Klage haben die Vorinstanzen abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

I.


Das Berufungsgericht hat sein Urteil wie folgt begründet:
Es spreche zwar einiges dafür, daû die Beklagten die Klägerin nicht hinreichend über die Tragweite der Abfindungsvereinbarung belehrt hätten. Letztlich könne dies aber dahinstehen. Denn der geltend gemachte Regreûanspruch scheitere jedenfalls an dem fehlenden Nachweis, daû die Klägerin bei richtiger und vollständiger Aufklärung die Abfindungserklärung nicht unterschrieben hätte. Es sei auch nicht dargetan, daû die Versicherung den Schmerzensgeldanspruch im November 1996 reguliert hätte, wenn Ansprüche wegen des materiellen Schadens offengeblieben wären.

II.


Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Die Beklagten haben ihre anwaltlichen Pflichten schuldhaft verletzt.

a) Die Klägerin ist pflichtwidrig nicht darüber aufgeklärt worden, daû sie nach dem Wortlaut des Abfindungsvergleichs keine Ansprüche wegen eines materiellen Schadens mehr geltend machen kann.
aa) Da der Mandant eigenverantwortlich zu entscheiden hat, wie er seine Interessen in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht zur Geltung bringt, ist
es auch seine Sache, darüber zu befinden, ob und mit welchem Inhalt er einen Rechtsstreit durch Vergleich beendet. Will der Prozeûbevollmächtigte einen solchen abschlieûen, hat er sich deshalb grundsätzlich der vorherigen Zustimmung der Partei zu versichern. Zuvor muû er diese darüber informieren, mit welchem Inhalt er den Vergleich abzuschlieûen gedenkt, und sie über die Vorund Nachteile ins Bild setzen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Rechtsanwalt Anhaltspunkte dafür hat, daû der Mandant sich mehr davon verspricht. Selbst wenn der Rechtsanwalt der Meinung ist, das von ihm ausgehandelte Ergebnis sei schon das Äuûerste, was bei der Gegenseite zu erreichen sei, entbindet ihn das nicht von seiner Aufklärungspflicht (BGH, Urt. v. 14. Januar 1993 - IX ZR 76/92, WM 1993, 1197, 1199; vgl. auch Urt. v. 7. Dezember 1995 - IX ZR 238/94, NJW-RR 1996, 567). Für einen Abfindungsvergleich gilt das in besonderem Maûe (BGH, Urt. v. 21. April 1994 - IX ZR 23/93, NJW 1994, 2085, 2086; v. 13. April 2000 - IX ZR 372/98, NJW 2000, 1944).
bb) Das Berufungsgericht hat es letztlich zwar offengelassen, ob die Beklagten dieser Aufklärungspflicht gerecht geworden sind. Nach seinen - durchaus erschöpfenden - tatsächlichen Feststellungen ist die Frage jedoch zu verneinen.
Danach haben die Beklagten zunächst die Erwartungshaltung der Klägerin durch ein Schreiben vom 1. Dezember 1995 [Anlage K 1] geprägt. Darin teilten sie mit, daû die Versicherung dem Grunde nach Haushaltsführungs- sowie Kinderbetreuungskosten anerkenne, daû also eines "hoffentlich nicht mehr allzufernen Tages ein Gesamtkapitalbetrag für die Gesamtkosten ausgeschüttet ... (wird), die bis zum 16. Lebensjahr Ihres Sohnes auflaufen werden". Daû die Klägerin angenommen hat, auf die Positionen Haushaltsführung und Kin-
derbetreuung werde ein gröûerer Betrag gezahlt, geht aus ihrem Schreiben vom 2. April 1996 [Anlage B 20] hervor. Darin bat sie den Beklagten zu 2, eben dies mit der Versicherung zu klären. Mit Schreiben vom 6. November 1996 [Anlage K 3 = GA II 63] teilten die Beklagten der Klägerin u.a. mit: "Aufgrund Ihrer persönlichen Situation ist es zunächst einmal (Unterstreichung nicht im Original) sinnvoll, jetzt im Zusammenhang mit den Unfallfolgen nur die Schmerzensgeldfrage zu regeln." Dies lieû es möglich erscheinen, daû der materielle Schaden später geregelt werden sollte. Zwar fuhren die Beklagten in dem Schreiben fort: "Ansprüche auf Verdienstausfall oder andere stehen offensichtlich nicht im Raum. Sie waren bereits bei Eintritt des Unfalls Sozialhilfeempfängerin , Sie sind dies bis zum heutigen Tage." Schon das Berufungsgericht hat es aber als "zumindest fraglich" bezeichnet, ob die einfach strukturierte Klägerin die Bedeutung dieses Satzes verstanden hat. Davon kann in der Tat nicht ausgegangen werden, weil ein rechtlicher Laie Haushaltsführungsund Kinderbetreuungskosten nicht als Verdienstausfall qualifiziert. Die erforderliche Aufklärung hat auch nicht das Schreiben der Beklagten vom 26. November 1996 gebracht, in dem nur das Schmerzensgeld angesprochen wurde: "... nachdem Ihnen die restliche Schmerzensgeldzahlung in Höhe von DM 46.000,-- zugegangen ist ..." [Anlage K 2 = GA II 61]. Das Aufklärungsdefizit wird schlieûlich auch dadurch belegt, daû die Beklagten selbst keine zutreffenden Vorstellungen über die Rechtslage hatten (dazu Näheres unter b ee).
cc) Daû sie an der Pflichtverletzung kein Verschulden trifft, haben die darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten (vgl. BGH, Urt. v. 18. September 1986 - IX ZR 204/85, WM 1986, 1500, 1501; v. 20. Juni 1996 - IX ZR 106/95, WM 1996, 1832, 1835) nicht dargetan.


b) Nach dem Vortrag der Klägerin [GA I 6, 61], mit dem sich das Berufungsgericht nicht befaût hat, kommt als weitere schuldhafte Pflichtverletzung in Betracht, daû die Beklagten der Klägerin überhaupt den Abschluû des Abfindungsvergleichs vorgeschlagen haben. Dieser war für die Klägerin insofern nachteilig, als sie sich darin - zumindest dem Wortlaut nach - wegen ihrer Ansprüche auf Ersatz materiellen Schadens für abgefunden erklärte, ohne daû ihr eine entsprechende Leistung zufloû.
aa) Auf der Grundlage des für die Revisionsinstanz zu unterstellenden Sachverhalts hatte die Klägerin einen Anspruch auf Schadensersatz für den Wegfall ihrer Arbeitskraft als Hausfrau und Mutter, durch deren Einsatz sie gemäû § 1360 Satz 2 BGB ihre Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind und - nach Beendigung des Getrenntlebens - dem Ehegatten hätte erfüllen können (vgl. BGHZ 38, 55, 58; 50, 304, 306; 77, 157, 160 ff.; Palandt/Thomas, BGB 60. Aufl. Vorbem. vor § 249 Rn. 42 und § 845 Rn. 2). Insoweit stellte sich die Einschränkung der Fähigkeit, Hausarbeiten zu verrichten, als Erwerbsschaden im Sinne von § 843 Abs. 1 Alt. 1 BGB dar (BGH, Urt. v. 8. Oktober 1996 - VI ZR 247/95, NJW 1997, 256 f.). Allerdings begründet der bloûe Ausfall der Arbeitskraft noch keinen Vermögensschaden (BGHZ 54, 45, 50 ff.; BGH, Urt. v. 31. März 1992 - VI ZR 143/91, NJW-RR 1992, 852), ebensowenig die abstrakte Minderung der Erwerbsfähigkeit (BGHZ 38, 55, 58 f.; BGH, Urt. v. 17. Januar 1995 - VI ZR 62/94, NJW 1995, 1023, 1024). Erforderlich ist vielmehr ein konkreter Ausfall an Arbeitsleistung oder Verdienst. Daran fehlt es aber nicht schon deshalb, weil die Klägerin im Zeitpunkt des Unfalls keinen eigenen Haushalt unterhielt und das Kind in einer Pflegestelle betreut wurde [vgl. GA I 38, 64, 79]. Etwas anderes hätte zwar zu gelten, wenn die Klägerin auch schon
vor dem Unfall nie in der Lage gewesen wäre, einen eigenen Haushalt zu führen und ein Kind zu versorgen, und dies demgemäû auch nie getan hätte. Das haben die Beklagten - unter Berufung auf "chronischen Alkoholabusus" der Klägerin - in der Tat behauptet [GA I 77-79]. Indes hat die Klägerin das Gegenteil vorgetragen und dafür Beweis angetreten [GA I 40, 65, 91, II 31]. Dieser Beweis ist - wie die Revision mit Recht rügt - nicht erhoben worden. Es ist deshalb zu unterstellen, daû die Klägerin vor dem Unfall - wenn auch nicht im Unfallzeitpunkt - einen eigenen Haushalt hatte und ohne den Unfall mit Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen gewesen wäre (§ 252 Satz 2 BGB), daû sie irgendwann wieder einen solchen haben würde. Das genügt für die Annahme eines konkreten Erwerbsschadens.
bb) Der Schaden entfiel nicht dadurch, daû der unterhaltsberechtigte Ehemann nach Beendigung des Getrenntlebens den Ausfall der "Hausfrau" ausglich, indem er deren Rolle selbst mit übernahm. Dies folgt aus dem allgemeinen Rechtsgedanken, wonach ein Schadensersatzanspruch nicht dadurch geschmälert oder ausgeschlossen wird, daû der Vermögensnachteil durch freiwillige Leistung eines Dritten ausgeglichen wird (BGHZ 21, 112, 117; 54, 269, 274; 91, 357, 364; Palandt/Heinrichs, Vorbem. vor § 249 BGB Rn. 131).
cc) Der Anspruch auf Ersatz des Erwerbsschadens war nicht auf den Sozialhilfeträger übergegangen und konnte auch nie auf diesen übergehen.
Wegen des Erwerbsschadens hatte der Sozialhilfeträger keine Leistungen erbracht, und etwas Derartiges war auch in Zukunft nicht zu erwarten. Der Beklagte bezieht sich in diesem Zusammenhang vergeblich auf den 20 %igen Aufschlag zum Regelsatz der Hilfe zum Lebensunterhalt (monatlich 86,40 DM)
und das in wechselnder Höhe gewährte Pflegegeld gemäû § 69 a Abs. 2 BSHG [vgl. Bescheide v. 21. September 1995, Anlage B 7, v. 5. Juli 1996, Anlage B 5, v. 18. Februar 1998, GA II 67, ferner Mitteilungen der Sozialämter GA I 28, II 101, Anlage K 13 alter Zählung]. Diese Leistungen des Sozialhilfeträgers waren dem Anspruch der Klägerin auf Ersatz ihres Erwerbsschadens nicht kongruent (vgl. BGH, Urt. v. 8. Oktober 1996 - VI ZR 247/95, aaO S. 257). Der 20 %ige Aufschlag soll vermehrte Bedürfnisse zum Lebensunterhalt der Klägerin selbst abdecken und hat mit ihrem Beitrag zum Familienunterhalt nichts zu tun. Ähnlich verhält es sich mit dem Pflegegeld. Nach § 69 a Abs. 1 BSHG erhalten Pflegebedürftige, die bei der Körperpflege, der Ernährung und der Mobilität für mehrere Verrichtungen mindestens einmal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen, ein Pflegegeld; dieses wird gemäû § 69 a Abs. 2 BSHG auf das Doppelte angehoben, wenn die Notwendigkeit der Hilfe bei den Verrichtungen zur Körperpflege, Ernährung und Mobilität mindestens dreimal täglich besteht. Dabei geht es immer um Hilfen für den Pflegebedürftigen selbst, nicht um einen Ersatz für Leistungen, die er ohne seine Behinderung Dritten erbracht hätte.
dd) Der Anspruch auf den Erwerbsschaden ist durch den - nach seinem Wortlaut umfassend angelegten - Abfindungsvergleich ausgeschlossen. Da die Klägerin die Versicherung insoweit aus eigenem Recht und nicht nur aufgrund einer Einziehungsbefugnis (vgl. dazu unten ee) in Anspruch nehmen konnte, stellt sich die Frage nicht, ob sich die Versicherung gegenüber dem Sozialhilfeträger auf den Abfindungsvergleich hätte berufen können (vgl. BGHZ 131, 274, 284 ff.).
ee) Die im Vorstehenden beschriebene Rechtslage haben die Beklagten , als sie der Klägerin den Abschluû des Abfindungsvergleichs empfahlen, verkannt. Sie haben damals gemeint, es gebe - abgesehen vom Schmerzensgeld - keine Ansprüche der Klägerin, die nicht auf den Sozialhilfeträger übergegangen seien; mit den übergegangenen Ansprüchen habe die Klägerin nichts zu tun. Diese Vorstellungen der Beklagten kommen in ihrem oben (1 a bb) bereits wiedergegebenen Schreiben an die Klägerin vom 6. November 1996 zum Ausdruck. An diesem Irrtum haben die Beklagten auch später festgehalten. Dies ergibt sich zum einen aus ihrem Schreiben an die Klägerin vom 16. März 1998 [Anlage K 8], in dem sie ausführen: "Die Vereinbarung, die wir seinerzeit mit der ... (Versicherung) getroffen haben, betrifft eindeutig nur solche Ansprüche, über die Sie selbst zum damaligen Zeitpunkt überhaupt noch verfügen konnten. Nicht beinhaltet sind damit alle Ansprüche, die zum damaligen Zeitpunkt bereits auf eine der vorgenannten Stellen im Wege des gesetzlichen Forderungsübergangs übergegangen waren. Ich verweise hierzu auf die Bestimmung des § 116 SGB X. Es ist grundsätzlich nicht Ihre und auch nicht unsere Sache, sich in den Regressstreit zwischen den vorgenannten Stellen und der ... Versicherung einzumengen. Die Ansprüche stehen Ihnen insoweit nicht mehr zu. Es handelt sich dabei vor allem um die Dinge, deren Fehlen Sie heute aufs Schärfste monieren", sowie - nach Geltendmachung des Regreûanspruchs - aus dem Schreiben der Beklagten an die Klägerin vom 27. April 1998 [Anlage K 15 neuer Zählung]: "Es wurde nicht übersehen, dass die Abfindungserklärung nur Schmerzensgeldansprüche betrifft. Zum Zeitpunkt der Abfindungserklärung war klar, dass auûer dem immateriellen Schmerzensgeldanspruch sonstige materielle Schadensersatzansprüche der Frau ... (Klägerin) wegen der Bestimmung des § 116 SGB X mit der... (Versicherung) nicht zu regulieren sind, da diese Ansprüche aufgrund der vorgenannten Rechtsvor-
schrift zumindest zum Zeitpunkt der Abfindungserklärung samt und sonders auf die beteiligten Sozialhilfe- und Versorgungsträger übergegangen waren. Über diese Ansprüche hat Frau ... (Klägerin) auch nicht verfügt, was zwischen ihr und der ... (Versicherung) klar war." In dieselbe Richtung zielt der Prozeûvortrag der Beklagten [GA I 21]: "Damit wäre ein eventueller Erwerbs- und Fortkommensschadensersatzanspruch des den Haushalt führenden Ehepartners und Lebensgefährten gemäû § 116 SGB X bereits mit dem Unfallereignis auf die jeweils beteiligten Träger der Sozialhilfe übergegangen."
Selbst wenn die Beklagten im Ausgangspunkt Recht gehabt hätten - Ansprüche wegen Haushaltsführung und Kinderbetreuung also auf den Sozialhilfeträger übergegangen gewesen wären oder noch hätten übergehen können -, wäre die Ansicht verfehlt gewesen, die Klägerin könne solche Ansprüche nicht geltend machen. Im Hinblick auf den Nachrang der Sozialhilfe und das Zusammenspiel des § 116 SGB X mit § 2 BSHG ist der Geschädigte sogar nach dem Rechtsübergang auf den Sozialhilfeträger - der nicht stets bereits mit dem Unfallereignis stattfindet (BGHZ 131, 274, 278 ff.) - ermächtigt, zur Vermeidung der Hilfsbedürftigkeit die Ersatzleistung im eigenen Namen vom Schädiger einzufordern (BGHZ 131, 274, 282 ff.; 133, 129, 135 f.,140).
Tatsächlich stand hier - wie bereits ausgeführt - in bezug auf den Erwerbsschaden der Klägerin ein Übergang auf den Sozialhilfeträger nicht in Rede.
ff) Der Rechtsirrtum der Beklagten war schon deshalb schuldhaft, weil sie die anstehenden (insbesondere im Lichte der am 12. Dezember 1995 ergangenen Entscheidung BGHZ 131, 274 ff. zu sehenden) Rechtsfragen weder
eigenverantwortlich noch gar mit der gebührenden Sorgfalt geprüft haben. Sie haben sich vielmehr insoweit auf die gegnerische Haftpflichtversicherung verlassen. Das ergibt sich aus dem von dem Beklagten zu 2 gefertigten Aktenvermerk vom 1. Dezember 1995 [Anlage K 4]: "Herr ... (Sachbearbeiter der Versicherung ) versprach in der Zwischenzeit abzuklären, wieweit die Haushaltsführung und Kinderbetreuung überhaupt noch Anspruchsgegenstand bei unserer Mandantin sein kann", sowie aus seinem inhaltsgleichen Schreiben vom selben Tage an die Versicherung [Anlage K 2 neuer Zählung].
2. Hatte die Klägerin - was vom Berufungsgericht nicht aufgeklärt worden ist - Ansprüche wegen eines Erwerbsschadens, besteht der regreûfähige Schaden darin, daû sie nach dem Wortlaut des Abfindungsvergleichs solche Ansprüche nicht mehr geltend machen kann, obwohl sie darauf nichts erhalten hat.

a) Allerdings muû sich die Versicherung möglicherweise wegen eines "doppelten Motivirrtums" auf eine Anpassung des Vergleichs nach den Grundsätzen über das Fehlen der Geschäftsgrundlage einlassen (vgl. BGHZ 25, 390, 392 f.; 58, 355, 361 f.; 62, 20, 24 f.; BGH, Urt. v. 13. November 1975 - III ZR 106/72, NJW 1976, 565 f.; Palandt/Heinrichs, § 119 BGB Rn. 30 und § 242 BGB Rn. 149). Das kommt dann in Betracht, wenn nicht nur die Klägerin, sondern auch die Versicherung bei Abschluû des Vergleichs davon ausgegangen ist, materieller Schaden werde davon nicht erfaût. Das Vorbringen der Beklagten [GA II 85] könnte in diese Richtung deuten (vgl. auch deren - oben teilweise wiedergegebenes - Schreiben vom 27. April 1998 [Anlage K 15 neuer Zählung ]).
Falls danach noch ein Anspruch der Klägerin gegen die Versicherung bestehen sollte, entfällt deswegen aber nicht ihr Schaden. Denn es ist durchaus fraglich, ob die Versicherung sich nicht doch auf die Abfindungsklausel berufen wird. Gegebenenfalls droht der Klägerin ein langwieriger Prozeû mit ungewissem Ausgang. Diese von den Beklagten zu verantwortende Unsicherheit darf nicht zu Lasten der Klägerin gehen (vgl. Senatsurt. v. 19. Juli 2001 - IX ZR 62/00, WM 2001, 1605, 1607). Die Beklagten können nur analog § 255 BGB Abtretung etwa noch bestehender Ansprüche gegen die Versicherung verlangen.

b) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht gemeint, die Klägerin habe "wohl schon damals" (als sie durch die Beklagten ihre Ansprüche gegen die Versicherung geltend machte), "wie auch jetzt im Prozess", keinen ausreichenden Vortrag "für einen konkreten Schaden ... erbracht".
Nach dem - hier anzuwendenden - § 287 ZPO reicht eine deutlich überwiegende , auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit, daû ein Schaden entstanden ist, für die richterlicher Überzeugungsbildung aus (BGH, Urt. v. 2. Juli 1992 - IX ZR 256/91, NJW 1992, 2694, 2695; v. 5. November 1992 - IX ZR 12/92, NJW 1993, 734). § 287 ZPO erleichtert dem Geschädigten darüber hinaus die Darlegungslast. Die Klage darf nicht wegen eines lückenhaften Vortrags zum Schaden abgewiesen werden, solange greifbare Anhaltspunkte für eine Schätzung vorhanden sind (BGH, Urt. v. 23. Oktober 1991 - XII ZR 144/90, NJW-RR 1992, 202, 203; v. 2. Juli 1992 - IX ZR 256/91, aaO S. 2695 f.; v. 5. November 1992 - IX ZR 12/92, aaO). § 252 Satz 2 BGB bringt für den Geschädigten eine zusätzliche Erleichterung, soweit er entgangenen Gewinn darzulegen und nachzuweisen hat. Nach dieser Vorschrift gilt als ent-
gangen der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen , mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Entscheidend ist somit eine Prognose über die künftige Entwicklung (BGH, Urt. v. 14. Januar 1997 - VI ZR 366/95, NJW 1997, 937, 938). Fällt die Arbeitskraft einer Hausfrau aus, kann der Schaden anhand der in der Praxis entwickelten Berechnungsmodelle hinreichend genau erfaût werden (vgl. etwa BGH, Urt. v. 8. Oktober 1996 - VI ZR 247/95, NJW 1997, 256, 257 m.w.N.). Daû die Klägerin nach ihrem Vortrag gewisse hausfrauliche Tätigkeiten im Sitzen verrichten kann, sie also insoweit nicht zu 100 % ausfällt, steht einer Schätzung des konkreten Schadens nicht entgegen.
3. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts scheitert die Haftung der Beklagten auch nicht an der fehlenden Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden.

a) Liegt die Pflichtverletzung in der Empfehlung eines der Klägerin nachteiligen Vergleichs (vgl. oben 1 b), ist die Frage des Ursachenzusammenhangs möglicherweise noch weniger problematisch als bei einer bloûen Aufklärungspflichtverletzung. Die zuerst genannte Alternative hat das Berufungsgericht nicht geprüft.

b) Aber auch dann, wenn man - wie das Berufungsgericht - nur die Aufklärungspflichtverletzung im Auge hat, kann die Kausalität für den Schaden nicht verneint werden.
aa) Das Berufungsgericht hat nicht verkannt, daû grundsätzlich ein Anscheinsbeweis dafür spricht, der Mandant hätte sich bei pflichtgemäûer Beratung durch seinen Rechtsanwalt "beratungsgerecht" verhalten (grundlegend BGHZ 123, 311, 315; st. Rspr.). Es hat indes gemeint, hier hätten die Beklagten den Anscheinsbeweis erschüttert. Sie hätten dargetan, daû es der Klägerin darauf angekommen sei, möglichst schnell eine möglichst hohe Summe von der Versicherung zu erhalten. Sie habe noch "im November/Dezember 1996" einen Abfindungsbetrag erhalten wollen. Daraus ergebe sich zumindest die ernsthafte Möglichkeit, daû sie den Abfindungsvergleich auch bei pflichtgemäûer Aufklärung über dessen weittragende Folgen abgeschlossen hätte.
bb) Dem kann nicht gefolgt werden. Soweit das Berufungsgericht zur Bekräftigung seines Standpunkts den Gedanken herangezogen hat, die Klägerin habe zunächst selbst nicht behauptet, daû sie im Falle ordnungsgemäûer Aufklärung den Abfindungsvergleich nicht unterschrieben hätte, hat es gegenteiligen Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 17. Dezember 1999 [GA I 97] übersehen.
Ferner ist zwar zutreffend, daû die Klägerin im November/Dezember 1996 Geldbedarf anmeldete, weil sie eine behindertengerechte Kücheneinrichtung bestellt hatte, die am 5. Dezember 1996 geliefert und deren Preis von ca. 17.000 DM bar bezahlt werden sollte. Auch darf davon ausgegangen werden , daû die Klägerin zur Bezahlung mit vorhandenen Mitteln nicht in der Lage war. Es erscheint jedoch wenig lebensnah, daû die Klägerin - wenn die Beklagten ihr gesagt hätten, daû sie bei Annahme des vorgeschlagenen Abfindungsvergleichs auf andere Ansprüche als Schmerzensgeld verzichte - sich auf diesen Vergleich eingelassen hätte, nur um die bestellte Küche zu erhalten,
die ohne Bezahlung wohl nicht ausgeliefert worden wäre. Es ist nicht vorgetragen , daû die neue Küche zur Behebung einer dringenden Notlage unabweisbar gebraucht wurde. Die Lieferung hätte ohne weiteres zurückgestellt werden können. Zwar hatte die Klägerin eine neue Wohnung bezogen. Der Umzug hatte aber [ausweislich der Anlage B 6] spätestens im Juli 1996 stattgefunden. In der Zwischenzeit hatte sich die Klägerin offenbar mit der alten Küche beholfen. Das hätte auch künftig geschehen können. Selbst wenn die neue Küche dringend benötigt wurde, ist die Ansicht des Berufungsgerichts nicht nachvollziehbar , daû die Klägerin die Mittel zu ihrer Bezahlung von der Versicherung nur erhalten konnte, wenn sie den Abfindungsvergleich akzeptierte. Nach den Vorstellungen der Versicherung hatte die Klägerin allein als Schmerzensgeld noch 46.000 DM (allerdings darüber hinaus nichts) zu erwarten. Daû die Versicherung nicht bereit gewesen wäre, eine weitere Abschlagszahlung in Höhe von 17.000 DM zu leisten, haben die Beklagten nicht dargetan. Dazu sind sie wohl auch nicht in der Lage, weil sie in der bezeichneten Richtung keine Bemühungen entfaltet haben. Die Bereitschaft der Versicherung, den Betrag von 17.000 DM (oder auch mehr) als weiteren Abschlag zu zahlen, wäre überdies gefördert worden, wenn die Beklagten ihr pflichtgemäû deutlich gemacht hätten , daû wegen eines Haushaltsführungsschadens kein Anspruchsübergang auf den Sozialhilfeträger stattgefunden hat. Wieso die Klägerin bei pflichtgemäûem Verhalten der Beklagten mit einem "langwierigen Prozeû mit ... ungewissem Ausgang" hätte rechnen müssen, ist deshalb nicht ohne weiteres ersichtlich.

III.


Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1
ZPO), weil sie noch nicht entscheidungsreif ist. Das Berufungsgericht wird zunächst feststellen müssen, ob die Klägerin ohne den Unfall wahrscheinlich irgendwann (wieder) einen Haushalt geführt und ihr Kind betreut hätte, also dem Grunde nach einen Erwerbsschaden hatte (vgl. oben II 1 b aa). Gegebenenfalls wird es die Höhe des Schadens schätzen müssen.
Kreft Stodolkowitz Ganter Raebel Kayser

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat.

(2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverständiger die Frist, so soll gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden. Das Ordnungsgeld muss vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht werden. Im Falle wiederholter Fristversäumnis kann das Ordnungsgeld in der gleichen Weise noch einmal festgesetzt werden. Das einzelne Ordnungsgeld darf 3 000 Euro nicht übersteigen. § 409 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Das Gericht kann das Erscheinen des Sachverständigen anordnen, damit er das schriftliche Gutachten erläutere. Das Gericht kann auch eine schriftliche Erläuterung oder Ergänzung des Gutachtens anordnen.

(4) Die Parteien haben dem Gericht innerhalb eines angemessenen Zeitraums ihre Einwendungen gegen das Gutachten, die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen zu dem schriftlichen Gutachten mitzuteilen. Das Gericht kann ihnen hierfür eine Frist setzen; § 296 Abs. 1, 4 gilt entsprechend.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.

(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.